Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Apr. 2018 - 9 K 4546/16

bei uns veröffentlicht am26.04.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung des Beklagten, mit der ihm die gegenüber der X GmbH Verfügung über die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten bekannt gemacht und festgestellt wird, dass er Rechtsnachfolger der X GmbH sei.
In den Geschäftsräumen am XX, in denen der Kläger Sportwetten an die maltesische IBA Entertainment Ltd. vermittelt, befinden sich drei Spielhallen (Diamond I, II, III). Bis zum 09.05.2016 vermittelte in diesen Räumlichkeiten die X GmbH Sportwetten. Dieser wurde mit Bescheid vom 18.04.2016 die Vermittlung von Sportwetten wegen Verstoßes gegen das in § 21 Abs. 2 GlüÄndStV normierte Trennungsgebot untersagt. Die X GmbH meldete daraufhin rückwirkend zum 09.05.2016 das Gewerbe ab. Ab dem 10.05.2016 vermittelte in denselben Räumlichkeiten die X GmbH wiederum Sportwetten. Dieser wurde mit Bescheid vom 23.06.2016 die Vermittlung von Sportwetten ebenfalls wegen Verstoßes gegen das in § 21 Abs. 2 Erster GlüÄndStV normierte Trennungsgebot untersagt. Die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte seien dauerhaft aus den öffentlich zugänglichen Räumen zu entfernen (Ziff. 1) und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Ziff. 2). Für den Fall, dass den Verpflichtungen nicht binnen zwei Wochen Folge geleistet würde, wurde ein Zwangsgeld i.H.v. 10.000 Euro angedroht. Die X GmbH meldete rückwirkend zum 27.06.2017 das Gewerbe ab. Die Untersagungsverfügungen sind bislang nicht bestandskräftig, da sowohl die X GmbH als auch die X GmbH fristgerecht Klage erhoben haben (Az: 9 K 1687/16 und 9 K 2489/16). Am 06.07.2016 wurde von dem Kläger eine Gewerbeanmeldung mit Schwerpunkt „Vermittlung von Wetten“ bei der Stadt X für die streitgegenständlichen Räumlichkeiten eingereicht und der Beginn der angemeldeten Tätigkeit auf den 28.06.2016 datiert.
Mit Bescheid vom 15.11.2016, dem Kläger zugestellt am 17.11.2016, wurde dem Kläger die Untersagungsverfügung vom 23.06.2016 gegenüber der X GmbH bekannt gemacht (Ziff. 1 S. 1), festgestellt, der Kläger sei bezüglich der vollziehbaren, objekt- und betriebsbezogenen Verpflichtungen Rechtsnachfolger der X GmbH (Ziff. 1 S. 2), und ein Zwangsgeld i.H.v. 10.000 Euro angedroht, für den Fall, dass er der Verpflichtung aus Ziff. 1 nicht binnen zwei Wochen nachkomme (Ziff. 2).
Zur Begründung des Bescheides führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass die vollziehbare Untersagungsverfügung gegen die X GmbH gleichermaßen für den Kläger gelte, da er nach der Betriebsübernahme Einzelrechtsnachfolger sei. Aus dem Bericht der Gewerbebehörde ergebe sich, dass der Betreiberwechsel zunächst gar nicht aufgefallen sei, da die Verhältnisse (Personal, Ausstattung etc.) unverändert seien. Da es sich bei der Untersagung wegen des Trennungsgebotes um ein betriebsbezogenes Verbot handele, binde diese ebenso den Rechtsnachfolger. Die Androhung des Zwangsgeldes sei ebenso zulässig, da die Klage der X GmbH gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüÄndStV keine aufschiebende Wirkung entfalte und somit die wesentlichen Vollstreckungsvoraussetzungen vorlägen.
Der Kläger hat am 06.12.2016 Klage erhoben.
Da der Beklagte davon ausging, dass die Verfügung kraft Gesetzes sofort vollziehbar wäre, stellte der Kläger am 06.12.2016 einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (Az: 7 K 4547/16). Den insoweit ablehnenden Beschluss des VG Freiburg vom 29.06.2017 änderte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim am 18.12.2017 (Az: 6 S 1734/17) dahingehend ab, dass festgestellt wurde, dass die Klage des Klägers gegen Ziff. 1 Satz 2 der Verfügung des Beklagten vom 15.11.2016 aufschiebende Wirkung habe. Die aufschiebende Wirkung der Klage wurde hinsichtlich Ziff. 2 Satz 1 der Verfügung angeordnet. Die Feststellung der Rechtsnachfolge stelle einen feststellenden Verwaltungsakt dar. Einer Klage hiergegen komme, da es sich bei dieser Feststellung nicht um eine Anordnung nach § 9 Abs. 1 GlüÄndStV handele, die kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei, aufschiebende Wirkung zu.
Daraufhin hat der Beklagte mit Verfügung vom 17.01.2018 die sofortige Vollziehung von Ziff. 1 Satz 2 der Verfügung vom 15.11.2016 angeordnet (Ziff. 1) und eine Frist für die Einstellung der Sportwettenvermittlung von einer Woche nach Zustellung der Anordnung gesetzt (Ziff. 2). Vollstreckungsmaßnahmen hat der Beklagte jedoch bisher in Anbetracht der angekündigten gerichtlichen Hauptsacheentscheidung unterlassen.
Der Kläger hat seine Klage insbesondere wie folgt begründet: Die Untersagung sei ihm gegenüber nicht wirksam ausgesprochen worden, da eine reine Bekanntmachung nicht ausreichend sei. Die angenommene Einzelrechtsnachfolge sei nicht belegt und lediglich pauschal behauptet. Dass der Betreiberwechsel der Stadt X zunächst nicht aufgefallen sei, liege nur daran, dass der Prozessvertreter beide Betreiber anwaltlich vertrete. Zudem sei die Verfügung gegenüber der X GmbH nicht lediglich objektbezogen, sondern konkret an die X GmbH als Adressatin gerichtet. Im Übrigen sei die Untersagungsverfügung gegenüber der X GmbH rechtswidrig, weil das in § 21 Abs. 2 GlüÄndStV verankerte Trennungsgebot gegen Unions- und Verfassungsrecht verstoße. Eine Untersagung aus Gründen der fehlenden Erlaubnisfähigkeit erfordere ein Erlaubnisverfahren, das mit Unions- und Verfassungsrecht im Einklang stehe. Dies sei in Hinblick auf das Urteil des EuGH (EuGH, U. v. 04.02.2016 – C-336/14 –, juris) jedoch derzeit nicht der Fall. Im Übrigen sei die Regelung ungeeignet und nicht erforderlich, da insgesamt nicht von einer kohärenten und systematischen Begrenzung der Spieltätigkeit auszugehen sei.
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 15.11.2016 bis auf die Ziff. 1 Satz 1 aufzuheben und außerdem den Bescheid des Beklagten vom 17.01.2018 hinsichtlich seiner Ziff. 2 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger den Betrieb von der X GmbH nahtlos und unverändert samt Personal und Einrichtung übernommen habe. Dies bedeute eine Betriebsübernahme im Sinne des Zivilrechts, womit auch die dem Betrieb anhaftenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen übergingen. Dass Nutzungsuntersagungen auch gegen Rechtsnachfolgern Wirkung entfalten und ohne erneutes Erlassen einer Grundverfügung vollstreckbar seien, sei nach ständiger Rechtsprechung des BVerwG und der Obergerichte geklärt. Nichts Anderes gelte für Untersagungsverfügungen aus betriebsbezogenen Gründen, die - wie das hier vorliegende Trennungsgebot - insbesondere aufgrund der Lage des Betriebes ergingen. Die Untersagungsverfügung gegenüber der X GmbH als Grundverfügung könne der Kläger wegen deren Vollziehbarkeit nicht angreifen, selbst wenn diese noch nicht bestandskräftig sei. Im Übrigen würden die Argumente hiergegen nicht durchgreifen, insbesondere läge eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Fälle in der Untersagungspraxis des Beklagten nicht vor.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Behördenakte, sowie der Gericht- und Behördenakten zu den Parallelverfahren 9 K 1687/16 und 9 K 2489/16 (jeweils eine Gerichts- und eine Behördenakte) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

 
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
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Die Anfechtungsklage ist die statthafte Rechtsschutzform. Die Feststellung, dass die objekt- und betriebsbezogenen Verpflichtungen der X GmbH aufgrund einer Rechtsnachfolge auf den Kläger übergegangen sind, stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 LVwVfG dar. Es handelt sich bei der Feststellung der Rechtsnachfolge um einen sog. feststellenden Verwaltungsakt, denn der Beklagte hat nach außen verbindlich festgelegt, dass im Einzelfall der Kläger als Rechtsnachfolger in die objekt- und betriebsbezogenen Verpflichtungen der X GmbH eingetreten ist, und hat mithin nicht bloß unverbindlich auf die bestehende Rechtslage hingewiesen (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 18.12.2017 – 6 S 1734/17 –; OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 –, Rn. 10, juris).
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Da die ebenfalls klagende Rechtsvorgängerin trotz eingetretener Rechtsnachfolge ein eigenes Interesse am Fortgang des Prozesses geltend gemacht hat (erneuter Bezug der Räumlichkeiten nach erfolgreichem verwaltungsgerichtlichen Verfahren) und damit auch eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ausreichend dargelegt hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 23. Auflage 2017, § 42 Rn. 61), konnte und musste der Kläger auch nicht in dieses Verfahren eintreten.
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Die Klage ist aber unbegründet.
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Der angefochtene Untersagungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Zur Feststellung der Rechtsnachfolge war der Beklagte im Rahmen der ihm nach dem GlüÄndStV (in der Fassung des Art. 1 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GBl. 2012, S. 385 ff.) übertragenen Zuständigkeit (vgl. § 9 Abs. 1 GlüÄndStV i.V.m. §§ 47 Abs. 1 LGlüG (Landesglücksspielgesetz vom 20. November 2012)) befugt (vgl. zur Rechtsnachfolge im Bereich der Hundehaltung OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 –, juris, Rn. 10; für den Glücksspielbereich: VG Hannover, U. v. 15.08.2016 – 10 A 2173/16 –, juris, Rn. 18). Ob für den Übergang der Polizeipflicht ein die Rechtsnachfolge feststellender Verwaltungsakt bzw. eine Bekanntgabe der die Polizeipflicht begründende Anordnung (mit Verwaltungsaktsqualität) gegenüber dem Rechtsnachfolger überhaupt notwendig ist, oder ob die Pflicht schon automatisch mit der Rechtsnachfolge eintritt, wird unterschiedlich beurteilt (diese Frage aufwerfend OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 –, juris; für das Erfordernis eines Verwaltungsaktes Denninger, in: Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage 2010, Buchst. D, Rn. 124, der nur dann von einer „Vollzugsfähigkeit“ des Ausgangsverwaltungsakts ausgeht; verneinend wohl Hess. VGH, B. v. 01.12.2014 – 3 B 1633/14 –, juris, der den Einwand fehlender Rechtsnachfolge im Rahmen der Vollstreckung als ausreichend gesichert erachtet). Dies kann hier jedoch dahinstehen, da der Beklagte mit Bescheid vom 15.11.2016 die Rechtsnachfolge und die damit verbundenen Pflichten gegenüber dem Kläger verbindlich festgestellt hat.
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2. Es liegt auch kein durchgreifender Anhörungsfehler vor. Denn der Kläger wurde nachträglich gem. §§ 45 Abs. 1 Nr. 3, 28 Abs. 1 VwVfG angehört (GAS 185).
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3. Die Verfügung ist auch materiell rechtmäßig, da die glücksspielrechtliche Untersagung rechtsnachfolgefähig ist (3.1.), der Kläger Rechtsnachfolger der X GmbH ist (3.2) und die gegenüber der Rechtsvorgängerin ergangene nicht bestandskräftige Verfügung rechtmäßig ist (3.3).
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3.1. Die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten und deren Unterstützung begründet eine übergangsfähige Polizeipflicht dar. Jedenfalls für den Fall, dass die Polizeipflichtigkeit an einer Sache haftet und in Bezug auf diese Sache eine Polizeipflicht durch Verwaltungsakt bestandskräftig konkretisiert wird, geht die Zustandsverantwortlichkeit für die Sache bei einem Eigentumswechsel oder einer Übertragung der Sachgewalt auf den Rechtsnachfolger über (OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 –, juris). In der Rechtsprechung ist dieser Gedanke für sog. dingliche Verwaltungsakte anerkannt, die ungeachtet personaler Elemente den öffentlich-rechtlichen Status einer Sache regeln, wobei die Rechtsnachfolgefähigkeit dabei nicht ausdrücklich gesetzlich angeordnet werden muss, sondern dem Fachrecht auch durch Auslegung entnommen werden kann (Vgl. Stelken/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 260 mit Verweis auf Reimer DVBl 2011, 201 ff.; vgl. zur baurechtlichen Beseitigungsanordnung OVG Lüneburg, B. v. 15.11.2013 – 1 LA 65/13 –; BVerwG, U. v. 22.01.1971 – IV C 62/66 –; zur wasserrechtlichen Unterhaltungspflicht: VG München, U. v. 09.06.2015 – M 2 K 13.5604 –; zur Zuweisung eines Mieters an den über den Wohnraum Verfügungsberechtigten, bei der die Verpflichtung des Verfügungsberechtigten nicht höchstpersönlich ist: BVerwG, U. v. 19.03.1956 – V C 265.54 –, BVerwGE 3, 208-212; zur Wiederaufforstungsanordnung: OVG Lüneburg, B. v. 06.03.1989 – 3 L 19/89 –; zur Hundehaltung: OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 – und VG Hannover, U. v. 19.01.2015 – 10 A 13066/14 –, jeweils juris). Im Glücksspielbereich, allerdings im baurechtlichen Kontext, wurde ebenfalls angenommen, dass Nutzungsuntersagungsverfügungen auf ihre Liegenschaft bezogene dingliche Verwaltungsakte mit der Folge seien, dass sie sachbezogen mit der Liegenschaft verbunden sind und dies auch dann bleiben, wenn ein Eigentums- oder Besitzerwechsel stattgefunden hat (vgl. Hess. VGH, B. v. 01.12.2014 – 3 B 1633/14 –; VG Düsseldorf, U. v. 14.01.2011 – 25 K 2745/10 –, VG Ansbach, U. v. 13.07.2017 – AN 9 K 16.00632 –, jeweils juris). Dies trifft ebenso auf Untersagungsverfügungen zu, die einen Verstoß gegen § 21 Abs. 2 GlüÄndStV verhindern sollen. Auch hier knüpfen die Umstände, die zu einer Untersagung führen, nicht an der Person des Betreibers an, sondern sind rein auf den Betrieb, bzw. auf dessen Lage in Bezug auf Spielhallen und Spielbanken bezogen. Dafür im Zusammenhang mit glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot eine grundsätzliche Rechtsnachfolgefähigkeit anzunehmen, sprechen auch Gründe der Praktikabilität, der Verfahrensökonomie und der Verwaltungseffizienz. Dass dies zulässige Auslegungsgesichtspunkte sind, wurde durch das Bundesverwaltungsgericht klargestellt (BVerwG, U. v. 22.01.1971 – IV C 62.66 –, juris, Rn. 19). Danach könne es keinem Zweifel unterliegen, dass es nicht nur für die Praxis der Verwaltungsbehörden, sondern auch für die Verwirklichung des Rechtsstaats unbefriedigend sei, wenn rechtmäßige und sogar durch evtl. mehrere Gerichtsinstanzen als rechtmäßig bestätigte Beseitigungsanordnungen nur deswegen nicht sollten durchgesetzt werden dürfen, weil ein - möglicherweise nur vorgeschobener - Eigentumswechsel herbeigeführt worden sei. Der jeweilige Eigentümer/Gewaltinhaber hätte es sonst in der Hand, durch Übertragung die Vollstreckung von Verfügungen zu verhindern. Das könne - in durchaus nicht nur seltenen Fällen - zur Folge haben, dass die Verwirklichung des Rechts praktisch für die Dauer verhindert werde. Etwaige Einwände der Rechtswidrigkeit wegen in der Person des Rechtsnachfolgers liegender Gründe könnten zudem im Widerspruchsverfahren oder im Verwaltungszwangsverfahren durch den Rechtsnachfolger geltend gemacht werden (Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Auflage 2005, E V Rn. 454; vgl. zur Rechtsnachfolge bei Untersagung unerlaubten Glücksspiels wegen des Vertriebes im Internet: VG Hannover, U. v. 15.08.2016 – 10 A 2173/16 –; zu den Praktikabilitätserwägungen im Glücksspielsektor: VG Düsseldorf, U. v. 14.01.2011 – 25 K 2745/10 –, jeweils juris). Schon aus dem vorliegenden Verfahrensgang ergibt sich, dass es für den Beklagten nahezu praktisch unmöglich ist, wirksam und durchgreifend gegen illegal betriebene Wettvermittlungsstellen vorzugehen. Dies liegt darin begründet, dass der jeweilige Betreiber nach Erlass der Untersagungsverfügung sein Gewerbe (rückwirkend) abmeldet und ein Nachfolger ein identisches Gewerbe in den - unverändert gebliebenen - Räumlichkeiten anmeldet. Es besteht daher das praktische Bedürfnis, nicht gegen jeden neuen Betreiber jeweils eine neue Untersagungsverfügung erlassen zu müssen (s. die hier anhängigen drei Verfahren bezüglich derselben Örtlichkeit). Von einer Rechtsnachfolgefähigkeit glücksspielrechtlicher Untersagungsverfügungen wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot ist danach auszugehen. Dass die ursprüngliche Verfügung an die Rechtsvorgängerin als Adressatin gerichtet war, ändert nichts an der Rechtsnachfolgefähigkeit, da auch dingliche Verwaltungsakte stets an einen konkreten Adressaten gerichtet werden.
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Der Rechtsnachfolge steht auch nicht entgegen, dass die Untersagungsverfügung gegenüber der Rechtsvorgängerin noch nicht bestandskräftig geworden ist. In der Regel dürfte ein Verwaltungsakt bei einer im Raum stehenden Rechtsnachfolge bestandskräftig werden, da der Rechtvorgänger kein Interesse an einem Weiterbetreiben des verwaltungsrechtlichen/verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat. Gerade in Fällen der Untervermietung wird jedoch deutlich, dass das Austauschen der Polizeipflichtigen kurzfristig und ohne größeren Aufwand möglich ist und auch als Mittel genutzt werden kann, um sich der Verantwortlichkeit zu entziehen, da ohne Probleme wieder in die ursprüngliche Konstellation zurückgewechselt werden kann. In diesen Fällen hat der Rechtsvorgänger auch durchaus ein Interesse daran, gegen die ihm gegenüber ergangene Untersagung gerichtlich vorzugehen, sodass der Zeitpunkt der Bestandskraft in solchen Fällen willkürlich ist. Gerade in unter Umständen lang andauernden gerichtlichen Verfahren ist es den Verwaltungsbehörden in Hinblick auf die oben genannten Praktikabilitätserwägungen nicht zumutbar, rechtswidrige Zustände zu dulden, weil sie durch den Rechtsnachfolger aufrechterhalten werden, gegen den dann wiederum nur mit einer neuen Verfügung vorgegangen werden kann, die ein neues Verwaltungs- und Gerichtsverfahren in Gang bringt. In diesen Fällen macht es auch keinen Unterschied, ob die ursprüngliche Verfügung bestandskräftig ist oder nicht. Der Umstand, dass dem Betroffenen ein nicht bestandskräftiger Verwaltungsakt entgegengehalten wird, führt dann allerdings dazu, dass er diesen auch inhaltlich angreifen kann (s. dazu unten 3.3).
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3.2. Der Kläger ist Rechtsnachfolger der X GmbH. Die Praktikabilitätserwägung gelten dabei auch für die Feststellung der Rechtsnachfolge an sich (VG Düsseldorf, U. v. 14.01.2011 – 25 K 2745/10 –, juris, Rn. 38, wonach der Behörde im Regelfall eine Aufklärung des Innenverhältnisses zwischen den ständig wechselnden Betreibern weder möglich noch - im Hinblick auf die Effektivität der Gefahrenabwehr – zumutbar sei. Soweit ein Betreiberwechsel hinsichtlich eines zum Betrieb zweckentsprechend eingerichteten Wettbüros stattgefunden habe, sei daher von einer Rechtsnachfolge auszugehen). Dies kann hier jedoch dahinstehen, da von einer Rechtsnachfolge aus tatsächlichen Gründen ausgegangen werden kann. Der Begriff des Rechtsnachfolgers ist dahingehend auszulegen, dass insbesondere bei wechselnden Besitzverhältnissen neben den zivilrechtlichen Rechtsnachfolgetatbeständen Rechtsnachfolger auch ist, wer als Inhaber der tatsächlichen Gewalt in die relevante Nutzung, die Gegenstand der Untersagungsverfügung gewesen ist, eintritt und diese fortführt (vgl. Hess. VGH, B. v. 01.12.2014 – 3 B 1633/14 –, Rn. 16, juris). Würde bei derartigen Konstellationen derjenige, der die Nutzung in demselben Umfang und hinsichtlich derselben Liegenschaft fortführt, nicht zu Verantwortung gezogen werden können, hätte dies zur Konsequenz, dass durch mehrfache Weitergabe der Liegenschaft und Schaffung neuer Untermiet- und Besitzverhältnisse die Durchsetzung von Verfügungen und damit die Verwirklichung des Rechts praktisch auf Dauer verhindert werden könnte (vgl. Hess. VGH, B. v. 01.12.2014 – 3 B 1633/14 –, Rn. 16, juris mit Verweis auf BVerwG, U. v. 22.01.1971, a.a.O., Rn. 19). Voraussetzung für die Annahme der Rechtsnachfolge ist daher lediglich in tatsächlicher Hinsicht der Eintritt in die relevante Nutzung durch Schaffung neuer Untermiet- und Besitzverhältnisse. Laut Aktenvermerk des Beklagten vom 10.11.2016 sind bei Routinekontrollen durch das Gewerbeamt keine Änderungen an der Betriebsform, dem Personal oder den Gerätschaften seit der Übernahme der Räumlichkeiten durch den Kläger erkennbar gewesen. Die Annahme der Rechtsnachfolge ist demnach nicht, wie der Kläger vorträgt, lediglich darauf gestützt, dass beide Betreiber denselben anwaltlichen Vertreter eingeschaltet haben. Der Kläger vermittelt zudem, wie auch die vorherige X GmbH, Sportwetten an die X Ltd. Auch das von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung beschriebene Franchise-System, wonach alle Betreiber unter dem Markennamen, bzw. dem Logo „X“ tätig werden, ändert nichts an der Annahme der Rechtsnachfolge. Auch in Franchise-Systemen können die einzelnen Betriebe durch Rechtsnachfolge übernommen werden. In tatsächlicher Hinsicht ist daher davon auszugehen, dass der Kläger nunmehr als Inhaber der tatsächlichen Gewalt in die relevante Nutzung eingetreten ist. Auch eine möglicherweise notwendige vertragliche Beziehung zwischen der X GmbH (als Rechtsvorgängerin) und dem Kläger (als Rechtnachfolger) ist vorhanden. So wurde in der Abmeldung der X GmbH (GAS 65 im Verfahren 9 K 1687/16) und der Anmeldung des Klägers (Behördenakte des Beklagten) als Grund für die Ab- bzw. Anmeldung in dem entsprechenden Formular jeweils die Rubrik: „Erbfolge/Kauf/Pacht“ angekreuzt. Jede dieser drei Alternativen wäre aber entweder als Gesamtrechts- oder Einzelrechtsnachfolge zu qualifizieren (vgl. VG Düsseldorf, a.a.O., juris, Rn. 34). Hinzukommt, dass die X GmbH in ihrem Verfahren selbst angegeben hat, jederzeit wieder Zugriff auf die Räumlichkeiten nehmen zu können (GAS 63 im Verfahren 9 K 1687/16). Diese Umstände belegen, dass zwischen der X GmbH und dem Kläger eine vertragliche Verbindung besteht, die die beiden Vertragspartner als Rechtsvorgänger/-nachfolger qualifiziert.
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3.3. Die Untersagungsverfügung gegen die Rechtsvorgängerin ist ihrerseits rechtmäßig. Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger mit materiellen Einwänden gegen die gegen die Rechtsvorgängerin erlassene Verfügung präkludiert sei. Dies trifft zwar für bestandskräftige Untersagungsverfügungen zu (vgl. VG Hannover, U. v. 15.08.2016 - 10 A 2173/16 –, juris, Rn. 29 mit Verweis auf Gusy, Polizeirecht, 8. Auflage 2011, Rn. 364; Denninger, a.a.O., Buchstabe D, Rn. 124). Liegt jedoch keine Bestandskraft vor, wäre es grundsätzlich zulässig, dass der Rechtsnachfolger das Ausgangsverfahren (weiter-)führt. So sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B. v. 12.06.2006 – 3 B 181/05 –, juris) auch Rechtsnachfolger klagebefugt, wenn und soweit der Verwaltungsakt auch ihnen gegenüber Rechtswirkungen hat (vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 42 Rn. 174). In Fällen in denen dies jedoch nicht möglich ist, da der Rechtsvorgänger das gerichtliche Ausgangsverfahren selbst führen möchte (und wegen seiner weiter bestehenden Klagebefugnis auch zulässigerweise führen kann [s.o. 3.1.]), ist dem Umstand der fehlenden Bestandskraft insoweit Rechnung zu tragen, als dem Rechtsnachfolger dann auch die Erhebung von Einwänden materiellrechtlicher Art zugestanden werden muss. Darauf kommt es im vorliegenden Fall jedoch auch nicht an, da die Untersagungsverfügung gegenüber der Rechtsvorgängerin rechtmäßig ist.
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Rechtsgrundlage für den Erlass der Verfügung vom 23.06.2016 ist § 9 Abs. 1 S. 2 GlüÄndStV i.V.m. § 21 Abs. 2 GlüÄndStV. Nach § 9 Abs. 1 S. 1 GlüÄndStV i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 LGlüG hat der Beklagte als nach Landesrecht zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Ersten Glückspieländerungsvertrag bestehenden oder aufgrund dieses Staatsvertrags begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Er ist nach § 9 Abs. 1 S. 2 GlüÄndStV befugt, die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall zu erlassen, und kann nach § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GlüÄndStV insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und die Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. So liegt der Fall hier: Die Wettvermittlungsstelle in der streitgegenständlichen Örtlichkeit verstößt gegen § 21 Abs. 2 GlüÄndStV, weil nach dieser Vorschrift in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Entsprechend darf der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle nur erlaubt werden, wenn sie sich nicht in einem solchen Gebäude oder Gebäudekomplex befindet (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 LGlüG).
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Das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüÄndStV, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5a LGlüG verstößt auch nicht gegenhöherrangiges Recht. Es genügt den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung, weil hinreichende Gründe des Gemeinwohls vorliegen, die das Trennungsgebot tragen können. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG und gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht (B. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris) und das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 –, juris) haben sich mit vergleichbaren suchtpräventiven Vorschriften anderer Länder zum einzuhaltenden Mindestabstand (Abstandsgebot) und dem Verbot ihres Verbundes an einen Standort befasst und dargelegt, dass diese unter Einhaltung der Gesetzgebungskompetenzen erlassen wurden und die Spielhallenbetreiber nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG verletzen sowie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind. Der damit verfolgte Hauptzweck der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel ausgehenden Suchtgefahren stelle ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel dar und wiege besonders schwer, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. Daher sei selbst eine objektive Berufszugangsvoraussetzung rechtfertigbar (BVerfG, a.a.O., Rn. 131 ff.). Diese Rechtsprechung zum Abstandsgebot ist nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs von Baden-Württemberg vom 26.10.2017 auch auf das Trennungsgebot übertragbar (U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 10). Das Trennungsgebot sei im Gesamtzusammenhang der glücksspielrechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolge der Gesetzgeber mit dem Trennungsgebot den Zweck, generell eine Vermischung der unterschiedlichen Glücksspielangebote aus Gründen der Suchtprävention zu vermeiden (vgl. LT-Drs. 15/2431, S. 83). Das Trennungsgebot bewirke, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle befindet, keine Sportwetten vermittelt werden dürfen und kein Anreiz geschaffen wird, vom Automatenspiel zum Abschluss von Sportwetten überzugehen. Damit verfolge der Gesetzgeber das legitime Ziel, durch das Trennungsgebot zu Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht beizutragen und Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Dies ist nach den Ergebnissen der Suchtforschung auch zweckdienlich, da die Zugriffsmöglichkeit bzw. Griffnähe auf die jeweiligen Glücksspiele entscheidender Faktor der Entstehung und Andauer einer Spielsucht ist (vgl. BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 -, juris, Rn. 41; vgl. auch Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage 2013, § 21 Rn. 38 mit Verweis auf Schmidt/Kähnert, Abschlussbericht an das Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen, 2003; Hayer, Sucht aktuell 2010, 47 (49); Becker, Entwicklung eines pathologischen Spielverhaltens, S. 9, vgl. auch VerfGH des Saarlandes, B. v. 08.10.2012 – Lv 1/13 –, Rn. 58, juris). Die Regelungen des § 21 Abs. 2 GlüÄndStV, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5a LGlüG sind zur Erreichung dieses Ziels ebenso verhältnismäßig wie die den Entscheidungen des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Regelungen der anderen Länder. Das Trennungsgebot ist auch geeignet und erforderlich, da dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zukommt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 18.16 –, Rn. 34 mit Verweis auf BVerfG, B. v. 14.10.2008 – 1 BvR 928/08 –, NVwZ 2008, 133 und BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6.15 –, BVerwGE 157, 126 <143>, jeweils juris). Eine derartige Überschreitung liegt in Bezug auf das Trennungsgebot nicht vor (VGH Bad.-Württ., U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 11).
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Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung gegenüber der Pferdewettenvermittlung anführt, da nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 3, 3 Abs. 1 SpielV in Wettannahmestellen konzessionierter Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes drei Geldspielgeräte aufgestellt werden dürfen, dringt er nicht durch. Pferdewetten spielen im Verhältnis zum gesamten Glücksspielbereich eine sehr untergeordnete Rolle und beziehen sich auf ein enges und deshalb leicht überschaubares Sportgeschehen (BVerwG, U. v. 11.07.2011 – 8 C 12/10 –, juris, Rn. 51; OVG Saarland, B. v. 18.05.2017 – 1 B 165/17 –, juris, Rn. 44). Die Vermittlung von Pferdewetten unterscheidet sich auch sonst von der Vermittlung von sonstigen Sportwetten. Es handelt sich dabei um ein historisch gewachsenes Sondersegment innerhalb des Glücksspielmarkts mit einem vergleichsweise geringen Anteil. Eine unterschiedliche Behandlung ist daher auf die Besonderheiten des Sektors der Pferdewetten zurückzuführen (vgl. Bayer. VerfGH, B. v. 25.09.2015 – Vf. 9-VII-13 –, juris, Rn. 208).
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Auch die Rüge der Ungleichbehandlung gegenüber Spielhallen und Spielbanken, die nicht dem Trennungsgebot unterfallen, obwohl sie die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischen Spielverhalten hervorbringt (LT-Drs. 15/1570, S. 41 f.), verfängt nicht. Der Betrieb von Spielbanken ist in eigener Weise an den in § 1 GlüÄndStV benannten Zielen ausgerichtet und unterliegt einer besonderen staatlichen Aufsicht. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung liegt zudem in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential beider Typen von Spielstätten (Verankerung im Alltag bei Sportwetten gegenüber Abstand vom Alltag bei Spielbanken) und insbesondere der sehr unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten, selbst wenn man die Dependancen bzw. Zweigniederlassungen berücksichtigt (vgl. zum Vergleich Spielhalle – Spielbank: BVerfG, B. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 –, juris, Rn. 174; BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 –, juris, Rn. 46 und 77). Für Spielhallen und Spielbanken gelten außerdem ganz andere Erlaubnisvoraussetzungen (vgl. hierzu § 24 GlüÄndStV i.V.m. §§ 40 ff. LGlüG und §§ 27 ff. LGlüG), sodass kein vergleichbarer Sachverhalt gegeben ist (VGH Bad.-Württ., B. v. 04.10.2017 – 6 S 1144/16 –, EA S. 4). Auch stellt der Umstand, dass der Gesetzgeber eine Geltung des Trennungsgebots nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 GlüÄndStV bzw. des § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 5a LGlüG nur im Verhältnis von Wettvermittlungsstellen zu vorexistierenden Spielhallen bzw. Spielbanken angeordnet hat, während die entsprechende Ansiedlung einer Spielhalle bzw. Spielbank neben einer vorexistierenden Spielhalle ihrem Wortlaut nach nicht entgegenstehen (und die bestehende Sportwettenvermittlung daher verdrängen könnten), jedenfalls dann keinen Gleichheitsverstoß dar, wenn man auch die nachträgliche Ansiedlung einer Spielhalle bzw. einer Spielbank als nach § 24 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1 Nr. 1 GlüÄndStV bzw. nach § 41 Abs. 2 Nr. 4 LGlüG unzulässig ansieht (so Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, Rn. 38, juris; VG Karlsruhe, B. v. 12.07.2016 – 3 K 1270/16 –, EA S. 8, mit Verweis auf VG Stuttgart, U. v. 16.07.2015 – 4 K 3133/13 –, (unveröffentlicht) und VG Regensburg, B. v. 28.01.2014 – RO 5 S 13.2190 –, juris, Rn. 51). Dieser Auslegung schließt sich die Kammer an.
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Ungleichbehandlungen gegenüber Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, sind aufgrund der Unterschiede der Spielorte gerechtfertigt. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liegt nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeit und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Wettbüros sind daher typischerweise größer als in Gaststätten (vgl. zu Spielhallen – Gaststätten: BVerfG, B. v. 07.03.2018 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris, Rn. 175 mit Verweis auf BVerfG, B. v. 14.01.1991 – 174.90 –, NVwZ-RR 1991, S. 403 <404>; BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 –, BVerwGE 157, 127-168, juris, Rn. 45). Hinzukommt, dass gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV höchstens drei, ab dem 10.11.2019 nur noch zwei Geldspielgeräte je Gaststätte aufgestellt werden dürfen (vgl. Art. 5 Nr. 1 Sechste Verordnung zur Reform der Spielverordnung vom 04.11.2014, BGBl I S. 1678 <1682>). Das Gefährdungspotenzial in Gaststätten ist somit aufgrund der geringeren Verfügbarkeit des Glücksspiels geringer als in Sportwettenvermittlungsstellen und ermöglicht durch die Einbettung in den Gaststättenbetrieb darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle. Der Betrieb von „Spielcafés“ oder „Cafécasinos“ als Gaststätten mit höchstens drei Spielgeräten, die faktisch das Gepräge von kleinen Spielhallen haben, ändert daran nichts, da solche Cafés als Spielhallen gelten und damit denselben Regeln unterworfen sind (vgl. BVerfG, B. v. 07.03.2017, a.a.O., Rn. 175).
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Auch dass sich § 21 Abs. 2 GlüÄndStV dem Wortlaut nach nur an „Sportwettenvermittler“ und nicht anSportwettenveranstalter“ richtet, führt nicht zu einer Ungleichbehandlung. Zwar würde es an einer Binnenkohärenz des Trennungsgebots fehlen, wenn im Gegensatz zur Sportwettenvermittlung, die private Sportwettenveranstaltung in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich auch eine Spielhalle befindet, stattfinden darf, obwohl von dieser das gleiche - wenn nicht gar ein höheres - Gefährdungspotential ausgeht. Dies setzt allerdings voraus, dass § 21 Abs. 2 GlüÄndStV tatsächlich nur die Vermittlertätigkeit untersagt und nicht verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass auch das Veranstalten von Sportwetten untersagt werden kann. Der Wortlaut der Norm richtet das Verbot zunächst eindeutig nur an Vermittler. Grundsätzlich dürften Veranstalter und Vermittler personenverschieden sein. So kann als „Veranstalter“ diejenige Person definiert werden, in deren Händen die planmäßige Organisation des Glücksspiels liegt und die hierfür die (insbesondere ökonomische, haftungsrechtliche) Verantwortung trägt; Vermittler ist demgegenüber diejenige Person, in deren Händen die Zuleitung von Spielverträgen und Spielbeteiligungen an den Veranstalter liegt und die hierfür die (ökonomische, haftungsrechtliche) Verantwortung trägt (vgl. Becker/Hilf/Nolte/Uwer, Glücksspielregulierung § 2 Rn. 21, 26). Eine strikte Trennung ist jedoch nicht immer möglich, da die Tätigkeitsformen oft parallel laufen oder aneinander anknüpfen (vgl. Dietlein/Hüsken in: Dietlein a.a.O., § 3 GlüStV, Rn. 18 und § 2 Rn. 3 und 6, der die Differenzierung als lediglich formalgesetzliche Trennung ohne inhaltliche Bedeutung einschätzt). Sogar die strafrechtliche Judikatur stuft die ungenehmigte bloße (akzessorische) Vermittlung von Sportwetten in der Regel als Form der ungenehmigten (unmittelbaren) Veranstaltung ein (vgl. Dietlein/Hüsken in: Dietlein a.a.O., § 2 Rn. 3 mit Verweis auf VGH München, U. v. 29.09.2004 – AN 5 K 03/443 –; OLG Hamburg, MMR 2002, 471; vgl. zudem: BGH, U. v. 28.11.2002 – 4 StR 260/02 –, NStZ 2003, 373; BVerwG, U. v. 28.03.2001 – 6 C 2/01 –, NJW 2001, 2648). Zudem lassen die Gesetzesmaterialien zum GlüÄndStV und zum LGlüG durchaus den Schluss zu, dass der Gesetzgeber nicht trennscharf zwischen Veranstaltern und Vermittlern differenziert hat. Nach § 3 Nr. 4 GlüÄndStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet oder vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Danach ist die Eröffnung zur Teilnahme maßgebliches Kriterium, nicht hingegen die Qualifizierung als Veranstaltung oder Vermittlung (zumindest für die Bestimmung der Örtlichkeit, vgl. Dietlein/Hüsken, in: Dietlein, a.a.O. § 2 Rn. 3). Die Gesetzesbegründung zum LGlüG (LT-Drs. 15/2431, S. 82 f.) führt außerdem aus: „Wie sich aus Artikel 1 § 10a Absatz 5 Erster GlüÄndStV ergibt, berechtigt die Konzession den Konzessionsnehmer auch, dem Verbraucher sein Angebotüber Wettvermittlungsstellen zu unterbreiten. […]. Nach § 20 Abs. 6 LGlüG ist eine Vermittlung von Sportwetten in anderen Stellen als Wettvermittlungsstellen nicht zulässig.“ Dies lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber auch eine „Vermittlung an sich selbst“ - wie es der Beklagte ausführt - für möglich hielt und jedes Angebot von Sportwetten an den Endkunden (ob als Vermittler oder Veranstalter) als „Vermittlung“ auffasste. Deutlich wird nach Auslegung der Gesetzesbegründung und insbesondere des Zwecks der Regelung (Suchtprävention) jedenfalls, dass der Gesetzgeber an jedes Angebot an den Endkunden die Einhaltung der Regelung des GlüÄndStV knüpfen wollte. Für den Nutzer der Annahme- oder Wettvermittlungsstelle ist es nämlich unerheblich, ob die Wetten von dem Anbieter direkt angeboten werden, oder diese an einen Dritten (den Veranstalter) vermittelt werden. Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung lassen eine verfassungskonforme Auslegung nicht nur zu, sondern erfordern diese geradezu (vgl. zur Auslegung von § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG: VGH Bad.-Württ., B. v. 22.04.2014 – 6 S 215/14 -, juris, Rn. 21). In der Rechtsprechung wird teilweise auch erwogen, Anbietungsformen von Glücksspiel, die nicht mit der gesetzgeberischen Zielsetzung in Einklang zu bringen sind und trotzdem nicht ausdrücklich gesetzlich untersagt sind, wegen Verstoßes gegen die in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüÄndStV normierte Zielsetzung (Suchtprävention) zu untersagen. Dies soll auch nicht gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und den Vorbehalt des Gesetzes verstoßen (in Bezug auf das Trennungsgebot für Geldspielautomaten in Sportwettvermittlungsstellen: Bayer. VGH, B. v. 24.07.2017 – 10 CS 17.1147 –, juris, Rn. 15; kritisch hierzu Sächs. OVG, B. v. 12.01.2017 – 3 B 135/16 –, juris, Rn. 11, wobei das OVG ohne weiteres davon ausging, dass auch das Veranstalten von Sportwetten gem. § 21 Abs. 2 GlüÄndStV untersagt werden könne). Es läuft jedenfalls dem Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüÄndStV zuwider, wenn in Gebäuden oder Gebäudekomplexen, in denen sich auch eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten veranstaltet werden. Hierdurch wird die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Anzahl anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht ist. Denn das Geldautomatenspiel bringt die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervor (LT-Drs. 15/1570 S. 41 f.).Gerade die räumliche Verknüpfung von (suchtgefährlicheren) Spielhallen/Spielbanken und Sportwetten bietet für diese in hohem Maße suchtgefährdeten Personen einen nach der Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags unerwünschten Anreiz, sich auch den Sportwetten zuzuwenden. Ebenso kann eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden dazu animieren, sich auch dem Geldautomatenspiel zuzuwenden (vgl. Bayer VGH, B. v. 24.07.2017 – 10 CS 17.1147 –, juris, Rn. 15). Daher ist in § 20 Abs. 2 GlüÄndStV, wie auch in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 1 und 2 LGlüG eine absolute Trennung vorgesehen. Der Einwand des Klägervertreters, dass § 21 Abs. 2 GlüÄndStV die Veranstalter bewusst ausnehme, weil damit verhindert werden sollte, dass staatliche Anbieter (Oddsline und Toto-Lotto-GmbH als Veranstalterin der ODDSET-Wetten), die stets als Veranstalter tätig würden, bevorzugt werden, überzeugt nicht. Auch hier ging der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung davon aus, dass diese die Sportwetten nicht selbst veranstalten, sondern an sich vermitteln lassen. So heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 13 LGlüG, der die „Annahmestellen“ für staatliche Sportwetten regelt: „Nach der Legaldefinition des Art. 3 Abs. 5 Absatz 5 Erster GlüÄndStV sind Annahmestellen die in die Vertriebsorganisation des staatlichen Anbieters eingegliederten Vermittler“ (LT-Drs. 15/2431, S. 74). Und weiter heißt es auf S. 77: „Solange nur der Veranstalter nach Art. 1 § 10 Absatz 2 Erster GlüÄndStV Sportwetten anbieten darf, dürfen – unterstellt, dass seine Vertriebskonzeption nichts Anderes vorsieht – grundsätzlich in allen Annahmestellen dessen Sportwetten vermittelt werden. (…) Wird von Artikel 1 § 29 Absatz 1 Erster GlüÄndStV Gebrauch gemacht, ist nach Ablauf der Frist des Artikels 1 § 29 Absatz 1 Erster GlüÄndStV eine Vermittlung von Sportwetten in Annahmestellen nur zulässig, wenn der Veranstalter nach Art. 1 § 3 Absatz 2 Erster GlüÄndStV selbst oder eine Gesellschaft, an der er beteiligt ist, Konzessionsnehmer ist und erklärt hat, keine „reinen“ Wettvermittlungsstellen betreiben zu wollen. Auf die Ausführungen zu § 20 [in dem das Trennungsgebot geregelt ist] wird verwiesen.“ Daraus ergibt sich zum einen, dass der Gesetzgeber auch bei staatlichen Anbietern nicht davon ausgegangen ist, dass diese selbst Wetten anbieten, sondern durch Annahmestellen an sich vermitteln lassen, und zum anderen, dass für diese ebenfalls die Regelungen des § 20 LGlüG gelten, womit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LGlüG auch das Trennungsgebot eingehalten werden muss. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 29 Abs. 1 S. 1 GlüÄndStV, wonach die Erlaubnisse der Veranstalter im Sinne des § 10 Abs. 2 und 3 GlüÄndStV mit der Maßgabe fortgelten, dass die Regelungen des GlüÄndStV Anwendung finden (vgl. dazu auch VG Regensburg, B. v. 28.01.2014 – RO 5 S 13.2190 –, juris, Rn. 35). Angesichts dieser gesetzgeberischen Wertungen ist nicht von einer materiellen Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltung von Sportwetten in Gebäuden oder Gebäudekomplexen, in denen sich auch eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, auszugehen (vgl. zum Trennungsgebot für Geldspielautomaten in Sportwettvermittlungsstellen: Bayer. VGH, B. v. 24.07.2017, a.a.O., Rn. 15; Bayer. VGH, B. v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 –, juris, Rn. 22) und die Norm dahingehend verfassungskonform auslegbar.
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Selbst wenn dies in Anbetracht des eindeutigen Wortlautes (in sämtlichen Normen des GlüÄndStV werden Vermittlung und Veranstaltung entweder als Begriffspaar verwendet [z.B. §§ 4, 6, 7 GlüÄndStV] oder richten sich explizit nur an eine der Angebotsformen [z.B. §§ 4 a – 4 e, 7, 8 GlüÄndStV gelten nur für Veranstalter) als Überspannung der Wortlautgrenze aufgefasst werden sollte, ist auch eine teleologische Extension der Norm in dem Sinne möglich, sodass auch Sportwettenveranstalter unter das Verbot fallen. Gerichte sind nämlich nicht allein darauf verwiesen, gesetzgeberische Weisungen in den Grenzen des möglichen Wortsinns auf den Einzelfall anzuwenden. Die Aufgabe der Rechtsprechung kann es insbesondere erfordern, in einem Akt bewertenden Erkennens, dem auch willenhafte Elementen nicht fehlen, Wertvorstellungen, die der Rechtsordnung immanent sind, ans Licht und in Entscheidungen in willkürfreier Weise zu Geltung zu bringen (BVerfG, B. v. 14.02.1973 – 1 BvR 112/65 –, BVerfGE 34, 269 (287)). Im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung durch teleologische Korrektur des Normtextes liegt es auf der Hand, dass der Wortlaut der Norm als solcher gerade nicht begrenzend wirken kann. Die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind weiter, soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird. Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt. Die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die zur Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt (BVerfG, B. v. 24.02.2015 – 1 BvR 472/14 –, BVerfGE 138, 177, Rn. 41 m.w.N.). Grenze ist dabei jedenfalls die ausdrückliche gesetzgeberische Entscheidung, über die sich nicht hinweggesetzt werden darf (vgl. BVerfG, B. v. 31.10.2016 – 1 BvR 871/13 –, NVwZ 2017, 617, Rn. 23; zum Ganzen: VGH Bad.-Württ., B. v. 22.03.2018 – 11 S 2776/17 –, juris, Rn. 17). Dass der Gesetzgeber eine Bevorzugung von Veranstaltern gegenüber Vermittlern gewollt hatte, erscheint anhand der Gesetzesmaterialien ausgeschlossen (s.o.). Im Gegenteil wird deutlich, dass der Gesetzgeber an jedes Angebot an den Endkunden die Einhaltung der Regelung des GlüÄndStV knüpfen wollte. Die Begründung zum Gesetzentwurf lässt mithin keinen anderen Schluss zu, als dass in einem Gebäude oder einem Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht nur nicht vermittelt, sondern dann erst recht auch nicht direkt veranstaltet werden sollen. Dies stellt für den Wettveranstalter zwar eine Verkürzung der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit dar, verhilft demgegenüber dem (hier klagenden) Wettvermittler zu einer Gleichbehandlung, die über Art. 3 Abs. 1 GG geschützt ist. Somit kann die Binnenkohärenz auch durch teleologische Extension wiederhergestellt werden.
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Eine solche Extension bzw. verfassungskonforme Auslegung durch Gleichsetzung des Veranstalters mit dem in § 21 Abs. 2 GlüÄndStV nur erwähnten Vermittler führt auch nicht mittelbar zu einem Verstoß gegen das strafrechtliche Analogieverbot. § 284 StGB stellt nämlich die „Veranstaltung“ öffentlichen Glücksspiels „ohne behördliche Erlaubnis“ unter Strafe. Vermittlung und Veranstaltung werden dabei von der Rechtsprechung ohnehin gleichbehandelt (BGH, U. v. 28.11.2002 - 4 StR 260/02, NStZ 2003, 373; BVerwG, U. v. 28.03.2001 - 6 C 2/01 –, NJW 2001, 2648). Da das strafrechtliche Verbot lediglich an die fehlende Erlaubnis anknüpft, ist im strafrechtlichen Bereich auch kein Analogieschluss vom direkten Veranstalten auf das bloß indirekte, zum Veranstalten akzessorische Vermitteln nötig. Tatbestandsebene ist nämlich nicht das „verbotene Spiel“ was durch seine Auslegungsbedürftigkeit unbestimmt wäre, sondern die fehlende Erlaubnis. Ob der Betreiber eines Wettbüros (als Vermittler oder als Veranstalter) eine Erlaubnis hat oder nicht, ist für den Betroffenen eindeutig erkennbar. Aufgrund des Urteils des EuGH vom 04. Februar 2016 (EuGH, U. v. 04.02.2016 – C-336/14 –, juris) ist derzeit zudem der Betrieb von Wettbüros auch ohne Erlaubnis möglich, ohne dass eine strafrechtliche Sanktion droht, denn die Strafbarkeit kann nicht auf das Fehlen einer unionsrechtswidrigen Erlaubnis gestützt werden (Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Auflage 2016, § 284 Rn. 21; EuGH a.a.O., Rn. 63 m.w.N). Die Strafbarkeit bezieht sich auch nicht auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit. Strafrechtlich kommt es ausschließlich auf die formelle Wirksamkeit der Genehmigung an (BeckOK StGB/Feilcke/Hollering StGB § 284 Rn. 24-26c, beck-online m.w.N.), ist eine solche Genehmigung aus europarechtlichen Gründen nicht zu erlangen, ist § 284 StGB generell nicht anwendbar.
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Gegenüber der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit europäischem Unionsrecht bestehen ebenfalls keine Bedenken. Im Hinblick auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 56, 57 AEUV) ist im Falle des Klägers und seiner Rechtsvorgänger bereits das Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden, grenzüberschreitenden Sachverhaltes nicht ersichtlich (vgl. VGH Bad-Württ., B. v. 04.10.2016 – 6 S 1144/16 –, EA S. 5). Nicht ausreichend ist dafür, dass der Kläger die Sportwetten an ein im EU-Ausland konzessioniertes Unternehmen vermittelt. Es ist nämlich nicht der Sportwettenvermittler, der unionsrechtlich durch die Beschränkung der Vermittlungsmöglichkeit betroffen ist, sondern vielmehr der Sportwettenanbieter als mittelbar betroffener Dritter. Die hier maßgebliche vom Kläger dem Verbraucher angebotene Dienstleistung, in Gestalt der Vermittlung der Teilnahme an einer im Ausland angebotenen Sportwette, erfolgt durch den Kläger als deutsches Unternehmen im Bundesgebiet an dort ansässige Kunden (vgl. BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 67/15 –, juris, Rn. 83; VGH Bad.-Württ., U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 12; VG Karlsruhe, B. v. 17.01.2018 – 3 K 11163/17 –, juris, Rn. 33; Dietlein, a.a.O. Einf. Rn. 31 mit Verweis auf Korte, NVwZ 2004, 1449 (1451); OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 28.09.2006 – 6 B 10895/06 –, juris, Rn. 16 ff.). Selbst wenn aber ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge, wären Eingriffe nach dem oben Gesagten aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nach Unionsrecht ebenso gerechtfertigt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 12). Auch im Hinblick auf das unionsrechtliche Kohärenzgebot bestehen insoweit keine Bedenken (BVerfG, B. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris, Rn. 124; BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 –, juris, Rn. 83 ff.). Es ist obergerichtlich geklärt, dass dem Erlass einer auf materielle Verbotsgründe gestützte Untersagungsverfügung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 04.02.2016 – C-336/14 –, juris, Rn. 50 ff., 65) nicht entgegensteht, der zufolge Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörde daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder die Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatlichen Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht (so im Ergebnis BVerfG, B. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris; vgl. auch BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 14.16 – und – 8 C 18/8 C 18/16 –, juris, Rn. 28 bzw. Rn. 30; VGH Bad.-Württ., B. v. 20.02.2017 – 6 S 916/16 –, juris, Rn. 4; B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, juris, Rn. 4 und vom 04.10.2016 – 6 S 1144/16 –, EA S. 5; OVG Saarland, B. v. 19.05.2017 – 1 B 164/17 –, juris, Rn. 21 ff. und B. v. 12.05.2016 – 1 B 199/15 –, juris, Rn. 46 ff.; OVG NRW, B. v. 09.06.2016 – 4 B 860/15 –, juris, Rn. 22 und – 4 B 1437/15 –, juris, Rn. 16; Bayer. VGH, B. v. 01.08.2016 – 10 CS 16.893 – juris, Rn. 27 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 10.05.2017 – OVG 1 N 72.15 –, Rn. 8, juris; OVG Lüneburg, B. v. 17.08.2016 – 11 ME 61/16 –, Rn. 22 ff., juris; OVG Schleswig-Holstein, B. v. 04.05.2015 – 2 MB 1/15 –, juris). Dass das Fehlen einer Erlaubnis in einem solchen Fall keine Untersagung der Wettvermittlung begründen kann (vgl. BVerwG, U. v. 15.06.2016 – 8 C 5/15 –, BVerwGE 155, 261-270, juris), ist im vorliegenden Fall unerheblich, da der Beklagte die Untersagungsverfügung ausschließlich auf den Verstoß gegen § 21 Abs. 2 GlüÄndStV gestützt hat. Aus einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit der Erlaubnispflichtigkeit in ihrer derzeitigen Ausgestaltung folgt auch nicht - wie der Kläger meint - gleichsam die Unionsrechtswidrigkeit weiterer materiell-rechtlicher Anforderungen, die - wie das Trennungsgebot - unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettvermittlung gestellt werden (vgl. zu § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 a) LGlüG: VGH Bad.-Württ., B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, Rn. 13; zu § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c LGlüG B. v. 20.02.2017 – 6 S 916/16 –, jeweils juris). Auch das von dem Kläger herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2016 (BVerwG, U. v. 15.06.2016 – 8 C 5/15 –, BVerwGE 155, 261-270, juris) befasst sich lediglich mit der Frage, ob die fehlende Erlaubnis allein einer Untersagung zugrunde gelegt werden darf, worauf es hier nicht ankommt.
36 
Die Verfügung ist nicht unbestimmt (§ 37 Abs. 1 LVwVfG), soweit dem Kläger in Ziffer 1 der Verfügung untersagt wird, Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen. Was „Unterstützen“ im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar gesetzlich nicht festgelegt, wird aber aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde unzweifelhaft deutlich (vgl. BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 14/16 –, Rn. 17 und – 8 C 18/16 –, Rn. 18, jeweils juris). Es sollen damit sämtliche Handlungsbeiträge unterbunden werden, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, dem Kläger selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa zu Verfügungstellen der Räumlichkeiten oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung solcher Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte (vgl. auch VGH Bad.-Württ., B. v. 04.10.2017 – 6 S 1144/16 –, EA S. 3 zu sog. „Umgehungshandlungen“). Zudem wird in dem hier angefochtenen Bescheid sogar ausdrücklich klarstellend und erläuternd noch selbst umschrieben wie eine untersagte Unterstützungshandlung aussehen würde: „Damit ist gemeint, dass Sie keinen Beitrag dazu leisten dürfen, dass ein Dritter Sportwetten in ihrer Gaststätte vermittelt. Insbesondere sollen Sie nicht Ihre Räumlichkeiten für die Aufstellung von Sportgeräten an einen Dritten zur Verfügung stellen, ohne selbst Vermittler der Sportwetten zu sein.“ Für den Kläger ist daher ohne weiteres erkennbar, welche Pflichten ihm mit der Untersagungsverfügung aufgegeben werden (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ. U. v. 26.10.2017 - 6 S 1924/15 -, EA S. 7 f.).
37 
Auch im Hinblick auf die Beschreibung der Örtlichkeit und Genehmigungsstatus der Spielhalle folgt das Gericht nicht der Ansicht des Klägers, die Verfügung sei unbestimmt. Anhand der Verfügung ist unzweideutig erkennbar, dass, so lange in der genannten Örtlichkeit X eine Spielhalle betrieben wird, eine Sportwettenvermittlungsstelle nicht erlaubt ist. Da die klägerische Sportwettenvermittlung unmittelbar an die konkurrierende Spielhalle angrenzt und die Örtlichkeit auch nicht außergewöhnlich groß oder unübersichtlich ist, ist ausgeschlossen, dass der Kläger nicht weiß, auf welche Spielhalle sich die Verfügung bezieht. Der Genehmigungsstatus wäre zudem selbst bei Unkenntnis unschwer durch Nachfrage bei der Beklagten ermittelbar gewesen.
38 
Die streitgegenständliche Verfügung ist auch im Übrigen materiell rechtmäßig. So handelt es sich bei dem Angebot des Klägers um Glücksspiel im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GlüÄndStV, das der Kläger nach seinen Angaben an die IBA Entertainment Ltd. aus Malta vermittelt. Das Angebot erfüllt die Voraussetzungen der Legaldefinition des Glücksspiels nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüÄndStV, wonach auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses Glücksspiele sind.
39 
Nach § 21 Abs. 2 GlüÄndStV dürfen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden. In dem Gebäude, in dem der Kläger Sportwetten vermitteln will, befinden sich drei Spielhallen „Diamond I, II und III“, deren Weiterbetrieb bis zum 30.06.2021 erlaubt worden ist (vgl. Bescheide vom 19.06.2017, GAS 447 ff.). § 21 Abs. 2 GlüÄndStV ist auf den vorliegenden Fallgrundsätzlich anwendbar. Soweit der Kläger sich unter Heranziehung der Urteile des BVerwG vom 24. November 2010 (– 8 C 13/09 –; – 8 C 14/09 –; – 8 C 15/09 –, jeweils juris) darauf stützt, § 21 Abs. 2 GlüÄndStV regle nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger, so übersieht er, dass sich diese Argumentation auf die Rechtslage bei Geltung des staatlichen Monopols und dem damit verbundenen Ausschluss privater Sportwettenanbieter bezieht. Mit dem Wegfall des staatlichen Monopols gilt diese Argumentation nicht mehr (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 21.06.2011 – 11 LC 348/10 –, juris, Rn. 66).
40 
§ 21 Abs. 2 GlüÄndStV ist im Hinblick auf die verwendeten Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei der Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (vgl. Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 20; OVG NRW, B. v. 21.04.2015 – 4 B 1376/14 –, juris, Rn. 16 f.). Als Gebäude wird nach § 2 Abs. 2 LBO (Landesbauordnung für Baden-Württemberg, in der Fassung vom 5. März 2010) eine selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und geeignet ist, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen bezeichnet. Im Gegensatz dazu ist der Begriff „Gebäudekomplex“ nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamtheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen (Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 20). Angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) ist eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeiten oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann oder umgekehrt (vgl. LT-Drs. 15/1570, S. 87; zum Kriterium der sog. Griffnähe bzw. unmittelbaren Nähe: VGH Bad.-Württ. B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, juris, Rn. 6; Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 21 m.w.N.). Diese einschränkende Auslegung ist für die Auslegung des Begriffs „Gebäude“ zumindest für Fälle großer, eventuell stark untergliederter Gebäude mit mehreren Etagen und Zugängen vorzunehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –; Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, Rn. 21, jeweils juris).
41 
Nach diesen Maßstäben liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüÄndStV vor, denn die Sportwettenvermittlung befindet sich - auch nach einschränkender Auslegung des Begriffs - in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtliche erlaubte) Spielhalle betrieben wird. Der X ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder und Pläne, ein einheitlicher, zweigeschossiger Baukörper und damit ein Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 LBO. Auch der so bezeichnete „Anbau Ost“ macht den X nicht zu einem Gebäudekomplex. Dieser Anbau ist als unselbständiger Teil in das Gebäude integriert und kann nicht als selbstständiges Gebäude aufgefasst werden. Insofern fehlt es an der für einen Gebäudekomplex notwendige Mehrheit von Gebäuden. Auch die im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüÄndStV gebotene einschränkende Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis, da die für die Verbotsnorm maßgeblichen Gesichtspunkte der typischen glücksspielrechtlichen „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte (vgl. Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 24), im konkreten Fall vorliegen. Die maßgeblichen Kriterien, die für den Zweck der Spielsuchtprävention bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Verbotsvorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Griffnähe) und so eine Vermischung der unterschiedlichen Angebote nicht vermieden werden kann (vgl. amtl. Begründung zu § 20 LGlüG, LT-Drs. 15/2431, S. 83; zur Wechselwirkung zwischen Spielgeräten und Sportwetten vgl. OVG Saarland, B. v. 19.05.2017 – 1 B 164/17 –, juris, Rn. 42). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, als bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind (vgl. Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 25). Nicht notwendigerweise erforderlich ist, dass die Spielstätten miteinander verbunden, bzw. ohne Betreten des öffentlichen Straßenraums zugänglich sind (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, Rn. 7, juris und B. v. 04.10.2016 – 6 S 1144/16 –, EA S. 5; OVG Nds., B. v. 11.12.2014 – 11 ME 211/14 –, juris, Rn. 9 ff.; a.A. OVG NRW, B. v. 20.02.2017 – 4 B 609/16 –, juris; B. v. 04.09.2015 – 4 B 247/15 –, juris, das das Betreten des öffentlichen Straßenraums als ausschlaggebenden Faktor ansieht). Die nach diesen Maßstäben notwendige Nähebeziehung ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Eingänge zu der Sportwettenvermittlungsstelle und der Spielhalle Diamond II im ersten Obergeschoss (wegen der Erhöhung der Gleise liegen die Eingänge in diese Richtung jedoch ebenerdig) befinden sich ausweislich der Fotos unmittelbar nebeneinander (s. Behördenakte). Dass diese Eingänge lediglich Notausgänge sind (und auch als solche genutzt werden), hält das Gericht für ausgeschlossen. Dagegen sprechen entscheidend die angebrachten Werbeschilder, die Schilder mit den Öffnungszeiten und der Hinweis, dass der Eintritt erst ab 18 Jahren erlaubt ist. Auf den vorgelegten Bildern sind die Türen zudem geöffnet und Aschenbecher sind daneben aufgestellt. Dass sich die Sportwettenvermittlung im 2. Obergeschoss des Gebäudes befindet und daher noch eine Treppe zu überwinden ist, fällt ebenso wenig ins Gewicht, wie der Umstand, dass der direkte Wechsel zwischen den Lokalitäten nicht möglich ist. Der Besucher der Sportwettenvermittlung ist unmittelbar nach dem Heraustreten aus dem Eingang des Gebäudes wieder mit dem Eingang der Spielhalle und der zugehörigen Werbung konfrontiert und umgekehrt (vgl. zu dem Beispiel der unterschiedlichen Etagen: Hecker/Ruttig, in: Dietlein a.a.O., § 21 Rn. 39). Auch dass es einen weiteren (Haupt-)eingang zu der Sportvermittlungsstelle auf der anderen Gebäudeseite (Richtung Bahnhofsvorplatz) auf Niveau des Bahnhofsvorplatzes über einen Aufzug gibt, ist unerheblich. Zum einen ist bereits fraglich, ob der zu den Gleisen ausgerichtete Eingang, zumindest für Besucher, die mit dem Zug anreisen, nicht der attraktivere ist und in Anbetracht der aufgestellten Aschenbecher auch für „Raucherpausen“ genutzt wird. Zum anderen wird auch auf der anderen Gebäudeseite (in Richtung Bahnhofsvorplatz) für beide Spielstätten großflächig geworben, nämlich für die Sportwettenvermittlungsstelle über weite Teile der Fensterfront im zweiten Obergeschoss, für die Spielhalle Diamond I an deren Eingang im Erdgeschoss (nur durch eine Bäckerei von dem Auszug getrennt, über den die Sportwettenvermittlungsstelle zu erreichen ist), sowie an dem Aufzug, der zur Sportwettenvermittlungsstelle führt. Auf der den Gleisen zugewandten Seite führt die mögliche gemeinsame Nutzung der aufgestellten Aschenbecher von Besuchern der Spielhalle und der Sportwettenvermittlung zu einer weiteren räumlichen Verknüpfung der Spielstätten und lädt bei einem kürzeren Verweilen geradezu zu einem Wechsel in die jeweilige andere Spielstätte ein. Beim Verlassen des Sportwettbüros ist die Spielhalle – auch durch die entsprechende Werbung über der Eingangstür – ohne Weiteres sichtbar. Die kurze Distanz kann an der Gebäudefront mit wenigen Schritten innerhalb von Sekunden und infolge der vorhandenen Überdachung auch ohne Unannehmlichkeiten überwunden werden. Damit ist auf beiden Gebäudeseiten diejenige Gefahrenlage eröffnet, die § 21 Abs. 2 GlüÄndStV verhindern will.
42 
Der Beklagte hat von dem ihm mithin durch § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV eröffnetenErmessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. § 40 LVwVfG, § 114 VwGO) Gebrauch gemacht. Dies ergibt sich explizit aus der Untersagungsverfügung vom 23.06.2016 (II. 3. Absatz). Nach Bejahung der Tatbestandsvoraussetzungen wird ausgeführt: „Nachdem Sie nicht freiwillig bereit sind, die Vermittlung von Sportwetten […] einzustellen, hat sich das Regierungspräsidium nach Ausübung seines Ermessens dazu entschlossen, Ihnen das Vermitteln von Sportwetten […] zu untersagen.“ Im Anschluss daran folgen die Erwägungen, nach denen das Interesse der damaligen Betreiberin an der Fortführung der Sportwettenvermittlungsstelle und damit dem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen, dem Interesse an einer Vermeidung der Ausnutzung des Spieltriebs zurückstehen muss. Zudem wird auch der Aspekt des Vertrauensschutzes ausdrücklich genannt, der aber als nicht durchgreifend angesehen wird.
43 
Die Ermessenerwägungen sind auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie im Einzelfall auf einer Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG beruhen, da der Beklagte nicht gleichmäßig in allen Einzelfällen einschreite. Ermächtigt ein Gesetz, wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV, dazu bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren (BVerwG, U. v. 09.07.2014 – 8 C 36/12 –, juris). Der Kläger trägt dazu vor, dass derzeit bundesweit geschätzt 10.000 Wettvermittlungsstellen geduldet würden. Dabei berücksichtigt er jedoch nicht, dass es sich vorliegend um die Besonderheit einer Wettvermittlungsstelle handelt, die gegen das in § 21 Abs. 2 GlüÄndStV normierte Trennungsgebot verstößt und daher signifikant erhöhte Gefahren für die Glücksspiel- und Wettsucht begründet. Der Beklagte hat demgegenüber nachvollziehbar dargelegt, dass er bereits seit Anfang 2013 gegen alle ihm bekannten Fälle, in denen Sportwetten unter Verstoß gegen das in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 a und c LGlüG oder in § 21 Abs. 2 GlüÄndStV angeordnete Trennungsgebot angeboten werden, vorgehe. Es seien 540 Anhörungen versendet worden; in 170 Fällen (in denen die Vermittlung nicht freiwillig aufgegeben wurde) sei die Sportwettenvermittlung förmlich untersagt worden (GAS 53 im Verfahren 9 K 2489/16). In dem vorgelegten Rundschreiben an die Gewerbebehörden / Polizeibehörden (GAS 67 im Verfahren 9 K 2489/16) werden die Gemeinden zudem aufgefordert, zu kontrollieren, ob Sportwetten unter Verstoß gegen das Trennungsgebot angeboten werden, und etwaige Verstöße dem Beklagten zu melden. Dies wurde von dem Kläger nicht bestritten. Das Gericht sieht keinen Anlass, die Ausführungen des Beklagten in Zweifel zu ziehen. Untermauert wird dies durch die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württembergs (U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 14 und B. v. 20.02.2017 – 6 S 916/16 –, juris, Rn. 8), der ebenfalls nicht von einer unzureichenden Vollzugspraxis des Beklagten ausgeht.
44 
Die Untersagungsverfügung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil es im Bereich des Onlinesektor ein bundesweites Vollzugsdefizit gebe und daher eine Untersagung im terrestrischen Bereich nicht geeignet sei, das legitime Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren zu fördern. Dem ist entgegenzuhalten, dass das in den „gemeinsamen Leitlinien für ein Vorgehen der Bundesländer gegen illegales Glücksspiel im Internet“ dargestellte Vorgehenskonzept eine geeignete, nicht gleichheitswidrige oder unverhältnismäßige und damit kohärente Verwaltungspraxis darstellt (OVG Saarland, B. v. 12.05.2016 – 1 B 199/15 –, juris, Rn. 27, 34 und B. v. 18.05.2017 – 1 B 165/17 –, Rn. 73, juris; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 02.12.2016 – 1 S 104.15 –, juris, Rn. 26; OVG Lüneburg, B. v. 17.08.2016 – 11 ME 61/16 –, juris, Rn. 30 ff, 39). Vor diesem Hintergrund kann auch nicht festgestellt werden, dass die Vollzugslage im Online-Bereich sektorenübergreifend zur Folge hat, dass die in Rede stehende Untersagungsverfügung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann und daher ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (vgl. BVerwG, U. v. 20.06.2013 – 8 C 39/12 –, juris, Rn. 36; OVG Saarland, B. v. 18.05.2017 – 1 B 165/17 –, Rn. 74, juris). Die von dem Kläger angeführten Entscheidungen des VGH Baden-Württemberg vom 08.09.2015 (VGH Bad.-Württ., U. v. 09.09.2015 – 6 S 1426/14 – und – 6 S 1406/14 –, juris), die ein Vollzugsdefizit im Onlinebereich konstatierten, wurden durch das Bundesverwaltungsgericht als zu restriktiv aufgehoben (BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 18.16 – und – 8 C 14.16 –, jeweils juris). Darüber hinaus findet bei Sportwettenvermittlungen, die gegen das Trennungsgebot verstoßen, eine Kumulation von Suchtgefahren statt, sodass das Einschreiten des Beklagten gegen die Betriebsstätte des Klägers auch unter Prioritätsgesichtspunkten keinen durchgreifenden Zweifeln begegnet.
45 
Soweit der Kläger einen Verstoß gegen Art. 3 GG in dem Sinne geltend macht, dass er in Bezug auf die bestehenden Spielhallen benachteiligt sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass für Spielhallen und Spielbanken andere Erlaubnisvoraussetzungen gelten (s.o.). Auf die Frage, ob einer bestehenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis der Vorrang in Bezug auf eine nachträgliche Spielhallenerlaubnis zu gewähren ist, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da die Spielhallen nach Auskunft der Beklagten in der mündlichen Verhandlung seit 2009 in der Örtlichkeit erlaubterweise betrieben werden und der Kläger das Gewerbe erst am 06.07.2016 angezeigt hat. Es liegt auch keine fehlerhafte Störerauswahl des Beklagten etwa deshalb vor, weil die konkurrierenden Spielhallenbetriebe ihrerseits gegen das in § 42 Abs. 1 LGlüG geregelte Abstandsgebot zu anderen Spielhallen verstoßen. Die Spielhallen verfügten stets über eine glücksspielrechtliche Erlaubnis. Bis zum 30.06.2017 konnte den Spielhallen wegen der in § 51 Abs. 4 LGlüG geregelten Übergangsfrist der Verstoß gegen das Abstandsgebot nicht entgegengehalten werden. Da es sich bei der hier angefochtenen Untersagungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend (Becker/Hilf/Nolte/Uwer, a.a.O. § 9 Rn. 23). Am 19.06.2017 wurde jedoch sowohl den Spielhallen im X als auch den schräg gegenüberliegenden Spielhallen in der X Erlaubnisse bis zum 30.06.2021 erteilt (GAS 157 ff.; 235 ff.). Dass diese Erlaubnisse möglicherweise rechtswidrig sind, weil nach Auskunft der Stadt X eine Abwägung zwischen den Standorten, die unter 500 m zueinander liegen, nicht stattgefunden hat, sondern vielmehr allen bestehenden Spielhallen gleichermaßen eine Erlaubnis für vier Jahre erteilt wurde, ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Zum einen ist gesetzlich nicht geregelt, wie der Konflikt zwischen mehreren bereits vorhandenen Spielhallen im Umkreis von 500 m zu lösen ist. Es obliegt der zuständigen Behörde, Maßstäbe für die zu treffende Auswahlentscheidung zu etablieren, die die grundrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigen und die den Schutzzweck des Gesetzes, den Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Erlaubnis, die im jeweiligen Einzelfall bestehende Anpassungsmöglichkeiten und den Grad der Amortisierung der Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der Spielhalle getätigt wurden, in die Auswahlentscheidung einzubeziehen (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 25.04.2017 – 6 S 1765/15 –, juris und B. v. 16.04.2018 – 6 S 2250/17 –, juris, Rn. 7 ff. mit Verweis auf StGH [VerfGH] Bad.-Württ., U. v. 17.06.2014 – 15/13 –, juris, Rn. 357 f.). Im vorliegenden Fall ist nicht von vornherein ersichtlich, wie eine Auswahlentscheidung im konkreten Fall richtigerweise hätte ausfallen müssen und ob gerade alle Spielhallen in dem Gebäudekomplex, in dem sich die Sportwettenvermittlungsstelle befindet, davon negativ betroffen gewesen wären. Zum anderen konnte der Beklagte diese Auswahlentscheidung selbst auch gar nicht treffen, da er für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht zuständig ist. Gem. §§ 41 Abs. 3, 47 Abs. 5 LGlüG ist für die Erlaubniserteilung von Spielhallen die untere Verwaltungsbehörde, hier die Stadt X, zuständig und bedarf der Zustimmung der Glücksspielaufsichtsbehörde lediglich hinsichtlich des Sozialkonzepts gem. § 7 LGlüG. An die unangefochtene Genehmigung der zuständigen Behörde ist der Beklagte grundsätzlich gebunden. Dies ergibt sich auch aus § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüÄndStV, wonach die Glücksspielaufsicht nur „unerlaubtes Glücksspiel“ untersagen darf, welches nicht vorliegt, wenn eine Erlaubnis durch die zuständige Behörde erteilt wurde. Es ist vielmehr Aufgabe der unteren Verwaltungsbehörde möglicherweise rechtswidrig erteilte Erlaubnisse zurückzunehmen (vgl. § 48 Abs. 5 VwVfG) bzw. nach § 41 Abs. 4 LGlüG zu widerrufen. Diesbezüglich bleibt es dem Kläger unbenommen, die Erlaubnisse der Spielhallen anzugreifen, wobei womöglich die Widerspruchfrist wegen Verwirkung abgelaufen sein könnte. Er könnte aber auch im Verwaltungsverfahren versuchen, einen Antrag auf Einschreiten gegen die Inhaber bestandskräftiger Erlaubnisse im Wege des Wiederaufgreifens und der Rücknahme oder des Widerrufs zu stellen. Den Kläger auf diesen Weg zu verweisen, stellt auch keine unbillige Härte dar. Zwar ist möglich, dass die Untersagungsverfügung bestandskräftig wird, diese ist jedoch explizit nur so lange wirksam wie sich in demselben Gebäudekomplex eine Spielhalle befindet. Wenn der Kläger zur Begründung der von ihm gerügten Fehlerhaftigkeit der Ermessenserwägungen den Beschluss des OVG NRW vom 20. Februar 2017 (– 4 B 609/16 –, juris) heranzieht, übersieht er, dass in dem dortigen Fall sowohl die Spielhalle als auch das Wettbüro in einer Hand waren. In diesem Fall kann und muss dem Betroffenen selbstverständlich die Wahl zwischen seinen beiden Betrieben gegeben werden. Dies ist auch ohne Kompetenzverstoß möglich. Das unterscheidet jedoch den Sachverhalt des Beschlusses von dem hier vorliegenden, da hier für den Widerruf bzw. die Rücknahme der Spielhallenerlaubnis eines Dritten nach § 41 Abs. 4, 47 Abs. 4 LGlüG originär die untere Verwaltungsbehörde zuständig ist. Den von dem Gericht im dortigen Beschluss aufgezeigten Wertungswiderspruch, der sich daraus ergäbe, dass Bestandsspielhallen nach Maßgabe des § 29 Abs. 4 GlüÄndStV eine fünfjährige Übergangsfrist und weitere Befreiungsmöglichkeiten eingeräumt würden, für rechtmäßig betriebene Wettbüros hingegen keine derartigen Begünstigungen vorgesehen wären (vgl. OVG NRW, B. v. 20.02.2017 – 4 B 609/16 –, juris, Rn. 30), vermag die Kammer nicht zu erkennen, da die Einrichtung einer Spielhalle im Vergleich zu einer Sportwettenvermittlung mit erheblich höheren Investitionskosten verbunden ist und bei Sportwettenvermittlungen - anders als der Automatenbetrieb bei Spielhallen - regelmäßig weitere Einnahmequellen bestehen, die die wirtschaftlichen Nachteile eines nur mit kurzer Übergangsfrist eingreifenden standortbezogenen Vermittlungsverbots abzumildern vermögen (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, Rn. 14, juris).
46 
Auch die mit der hier angefochtenen Untersagungsverfügung verbundene Zwangsmittelandrohung ist rechtmäßig. Sie beruht auf §§ 20, 23 LVwVG. Hinsichtlich der gerügten Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit der Zwangsmittelandrohung wird auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 2017 verwiesen, die wortgleichen Verfügungen (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 08.09.2015 – 6 S 1426/14, juris, Rn. 3) als „rechtlich nicht zu beanstanden“ bewerteten (s. BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 –; – 8 C 14.16 –, jeweils juris). Dies gilt auch für die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens (19.01.2018) für die Einstellung der Sportwettenvermittlung. Da der Kläger lediglich eine Tätigkeit unterlassen muss, ist auch eine kürzere Frist von einer Woche angemessen.
47 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Die Zulassung der Berufung erfolgt nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Gründe

 
15 
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
16 
Die Anfechtungsklage ist die statthafte Rechtsschutzform. Die Feststellung, dass die objekt- und betriebsbezogenen Verpflichtungen der X GmbH aufgrund einer Rechtsnachfolge auf den Kläger übergegangen sind, stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 LVwVfG dar. Es handelt sich bei der Feststellung der Rechtsnachfolge um einen sog. feststellenden Verwaltungsakt, denn der Beklagte hat nach außen verbindlich festgelegt, dass im Einzelfall der Kläger als Rechtsnachfolger in die objekt- und betriebsbezogenen Verpflichtungen der X GmbH eingetreten ist, und hat mithin nicht bloß unverbindlich auf die bestehende Rechtslage hingewiesen (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 18.12.2017 – 6 S 1734/17 –; OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 –, Rn. 10, juris).
17 
Da die ebenfalls klagende Rechtsvorgängerin trotz eingetretener Rechtsnachfolge ein eigenes Interesse am Fortgang des Prozesses geltend gemacht hat (erneuter Bezug der Räumlichkeiten nach erfolgreichem verwaltungsgerichtlichen Verfahren) und damit auch eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ausreichend dargelegt hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 23. Auflage 2017, § 42 Rn. 61), konnte und musste der Kläger auch nicht in dieses Verfahren eintreten.
18 
Die Klage ist aber unbegründet.
19 
Der angefochtene Untersagungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
20 
1. Zur Feststellung der Rechtsnachfolge war der Beklagte im Rahmen der ihm nach dem GlüÄndStV (in der Fassung des Art. 1 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GBl. 2012, S. 385 ff.) übertragenen Zuständigkeit (vgl. § 9 Abs. 1 GlüÄndStV i.V.m. §§ 47 Abs. 1 LGlüG (Landesglücksspielgesetz vom 20. November 2012)) befugt (vgl. zur Rechtsnachfolge im Bereich der Hundehaltung OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 –, juris, Rn. 10; für den Glücksspielbereich: VG Hannover, U. v. 15.08.2016 – 10 A 2173/16 –, juris, Rn. 18). Ob für den Übergang der Polizeipflicht ein die Rechtsnachfolge feststellender Verwaltungsakt bzw. eine Bekanntgabe der die Polizeipflicht begründende Anordnung (mit Verwaltungsaktsqualität) gegenüber dem Rechtsnachfolger überhaupt notwendig ist, oder ob die Pflicht schon automatisch mit der Rechtsnachfolge eintritt, wird unterschiedlich beurteilt (diese Frage aufwerfend OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 –, juris; für das Erfordernis eines Verwaltungsaktes Denninger, in: Handbuch des Polizeirechts, 5. Auflage 2010, Buchst. D, Rn. 124, der nur dann von einer „Vollzugsfähigkeit“ des Ausgangsverwaltungsakts ausgeht; verneinend wohl Hess. VGH, B. v. 01.12.2014 – 3 B 1633/14 –, juris, der den Einwand fehlender Rechtsnachfolge im Rahmen der Vollstreckung als ausreichend gesichert erachtet). Dies kann hier jedoch dahinstehen, da der Beklagte mit Bescheid vom 15.11.2016 die Rechtsnachfolge und die damit verbundenen Pflichten gegenüber dem Kläger verbindlich festgestellt hat.
21 
2. Es liegt auch kein durchgreifender Anhörungsfehler vor. Denn der Kläger wurde nachträglich gem. §§ 45 Abs. 1 Nr. 3, 28 Abs. 1 VwVfG angehört (GAS 185).
22 
3. Die Verfügung ist auch materiell rechtmäßig, da die glücksspielrechtliche Untersagung rechtsnachfolgefähig ist (3.1.), der Kläger Rechtsnachfolger der X GmbH ist (3.2) und die gegenüber der Rechtsvorgängerin ergangene nicht bestandskräftige Verfügung rechtmäßig ist (3.3).
23 
3.1. Die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten und deren Unterstützung begründet eine übergangsfähige Polizeipflicht dar. Jedenfalls für den Fall, dass die Polizeipflichtigkeit an einer Sache haftet und in Bezug auf diese Sache eine Polizeipflicht durch Verwaltungsakt bestandskräftig konkretisiert wird, geht die Zustandsverantwortlichkeit für die Sache bei einem Eigentumswechsel oder einer Übertragung der Sachgewalt auf den Rechtsnachfolger über (OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 –, juris). In der Rechtsprechung ist dieser Gedanke für sog. dingliche Verwaltungsakte anerkannt, die ungeachtet personaler Elemente den öffentlich-rechtlichen Status einer Sache regeln, wobei die Rechtsnachfolgefähigkeit dabei nicht ausdrücklich gesetzlich angeordnet werden muss, sondern dem Fachrecht auch durch Auslegung entnommen werden kann (Vgl. Stelken/Bonk/Sachs/Stelkens, VwVfG Kommentar, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 260 mit Verweis auf Reimer DVBl 2011, 201 ff.; vgl. zur baurechtlichen Beseitigungsanordnung OVG Lüneburg, B. v. 15.11.2013 – 1 LA 65/13 –; BVerwG, U. v. 22.01.1971 – IV C 62/66 –; zur wasserrechtlichen Unterhaltungspflicht: VG München, U. v. 09.06.2015 – M 2 K 13.5604 –; zur Zuweisung eines Mieters an den über den Wohnraum Verfügungsberechtigten, bei der die Verpflichtung des Verfügungsberechtigten nicht höchstpersönlich ist: BVerwG, U. v. 19.03.1956 – V C 265.54 –, BVerwGE 3, 208-212; zur Wiederaufforstungsanordnung: OVG Lüneburg, B. v. 06.03.1989 – 3 L 19/89 –; zur Hundehaltung: OVG Lüneburg, B. v. 25.03.2013 – 11 ME 34/13 – und VG Hannover, U. v. 19.01.2015 – 10 A 13066/14 –, jeweils juris). Im Glücksspielbereich, allerdings im baurechtlichen Kontext, wurde ebenfalls angenommen, dass Nutzungsuntersagungsverfügungen auf ihre Liegenschaft bezogene dingliche Verwaltungsakte mit der Folge seien, dass sie sachbezogen mit der Liegenschaft verbunden sind und dies auch dann bleiben, wenn ein Eigentums- oder Besitzerwechsel stattgefunden hat (vgl. Hess. VGH, B. v. 01.12.2014 – 3 B 1633/14 –; VG Düsseldorf, U. v. 14.01.2011 – 25 K 2745/10 –, VG Ansbach, U. v. 13.07.2017 – AN 9 K 16.00632 –, jeweils juris). Dies trifft ebenso auf Untersagungsverfügungen zu, die einen Verstoß gegen § 21 Abs. 2 GlüÄndStV verhindern sollen. Auch hier knüpfen die Umstände, die zu einer Untersagung führen, nicht an der Person des Betreibers an, sondern sind rein auf den Betrieb, bzw. auf dessen Lage in Bezug auf Spielhallen und Spielbanken bezogen. Dafür im Zusammenhang mit glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot eine grundsätzliche Rechtsnachfolgefähigkeit anzunehmen, sprechen auch Gründe der Praktikabilität, der Verfahrensökonomie und der Verwaltungseffizienz. Dass dies zulässige Auslegungsgesichtspunkte sind, wurde durch das Bundesverwaltungsgericht klargestellt (BVerwG, U. v. 22.01.1971 – IV C 62.66 –, juris, Rn. 19). Danach könne es keinem Zweifel unterliegen, dass es nicht nur für die Praxis der Verwaltungsbehörden, sondern auch für die Verwirklichung des Rechtsstaats unbefriedigend sei, wenn rechtmäßige und sogar durch evtl. mehrere Gerichtsinstanzen als rechtmäßig bestätigte Beseitigungsanordnungen nur deswegen nicht sollten durchgesetzt werden dürfen, weil ein - möglicherweise nur vorgeschobener - Eigentumswechsel herbeigeführt worden sei. Der jeweilige Eigentümer/Gewaltinhaber hätte es sonst in der Hand, durch Übertragung die Vollstreckung von Verfügungen zu verhindern. Das könne - in durchaus nicht nur seltenen Fällen - zur Folge haben, dass die Verwirklichung des Rechts praktisch für die Dauer verhindert werde. Etwaige Einwände der Rechtswidrigkeit wegen in der Person des Rechtsnachfolgers liegender Gründe könnten zudem im Widerspruchsverfahren oder im Verwaltungszwangsverfahren durch den Rechtsnachfolger geltend gemacht werden (Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Auflage 2005, E V Rn. 454; vgl. zur Rechtsnachfolge bei Untersagung unerlaubten Glücksspiels wegen des Vertriebes im Internet: VG Hannover, U. v. 15.08.2016 – 10 A 2173/16 –; zu den Praktikabilitätserwägungen im Glücksspielsektor: VG Düsseldorf, U. v. 14.01.2011 – 25 K 2745/10 –, jeweils juris). Schon aus dem vorliegenden Verfahrensgang ergibt sich, dass es für den Beklagten nahezu praktisch unmöglich ist, wirksam und durchgreifend gegen illegal betriebene Wettvermittlungsstellen vorzugehen. Dies liegt darin begründet, dass der jeweilige Betreiber nach Erlass der Untersagungsverfügung sein Gewerbe (rückwirkend) abmeldet und ein Nachfolger ein identisches Gewerbe in den - unverändert gebliebenen - Räumlichkeiten anmeldet. Es besteht daher das praktische Bedürfnis, nicht gegen jeden neuen Betreiber jeweils eine neue Untersagungsverfügung erlassen zu müssen (s. die hier anhängigen drei Verfahren bezüglich derselben Örtlichkeit). Von einer Rechtsnachfolgefähigkeit glücksspielrechtlicher Untersagungsverfügungen wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot ist danach auszugehen. Dass die ursprüngliche Verfügung an die Rechtsvorgängerin als Adressatin gerichtet war, ändert nichts an der Rechtsnachfolgefähigkeit, da auch dingliche Verwaltungsakte stets an einen konkreten Adressaten gerichtet werden.
24 
Der Rechtsnachfolge steht auch nicht entgegen, dass die Untersagungsverfügung gegenüber der Rechtsvorgängerin noch nicht bestandskräftig geworden ist. In der Regel dürfte ein Verwaltungsakt bei einer im Raum stehenden Rechtsnachfolge bestandskräftig werden, da der Rechtvorgänger kein Interesse an einem Weiterbetreiben des verwaltungsrechtlichen/verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hat. Gerade in Fällen der Untervermietung wird jedoch deutlich, dass das Austauschen der Polizeipflichtigen kurzfristig und ohne größeren Aufwand möglich ist und auch als Mittel genutzt werden kann, um sich der Verantwortlichkeit zu entziehen, da ohne Probleme wieder in die ursprüngliche Konstellation zurückgewechselt werden kann. In diesen Fällen hat der Rechtsvorgänger auch durchaus ein Interesse daran, gegen die ihm gegenüber ergangene Untersagung gerichtlich vorzugehen, sodass der Zeitpunkt der Bestandskraft in solchen Fällen willkürlich ist. Gerade in unter Umständen lang andauernden gerichtlichen Verfahren ist es den Verwaltungsbehörden in Hinblick auf die oben genannten Praktikabilitätserwägungen nicht zumutbar, rechtswidrige Zustände zu dulden, weil sie durch den Rechtsnachfolger aufrechterhalten werden, gegen den dann wiederum nur mit einer neuen Verfügung vorgegangen werden kann, die ein neues Verwaltungs- und Gerichtsverfahren in Gang bringt. In diesen Fällen macht es auch keinen Unterschied, ob die ursprüngliche Verfügung bestandskräftig ist oder nicht. Der Umstand, dass dem Betroffenen ein nicht bestandskräftiger Verwaltungsakt entgegengehalten wird, führt dann allerdings dazu, dass er diesen auch inhaltlich angreifen kann (s. dazu unten 3.3).
25 
3.2. Der Kläger ist Rechtsnachfolger der X GmbH. Die Praktikabilitätserwägung gelten dabei auch für die Feststellung der Rechtsnachfolge an sich (VG Düsseldorf, U. v. 14.01.2011 – 25 K 2745/10 –, juris, Rn. 38, wonach der Behörde im Regelfall eine Aufklärung des Innenverhältnisses zwischen den ständig wechselnden Betreibern weder möglich noch - im Hinblick auf die Effektivität der Gefahrenabwehr – zumutbar sei. Soweit ein Betreiberwechsel hinsichtlich eines zum Betrieb zweckentsprechend eingerichteten Wettbüros stattgefunden habe, sei daher von einer Rechtsnachfolge auszugehen). Dies kann hier jedoch dahinstehen, da von einer Rechtsnachfolge aus tatsächlichen Gründen ausgegangen werden kann. Der Begriff des Rechtsnachfolgers ist dahingehend auszulegen, dass insbesondere bei wechselnden Besitzverhältnissen neben den zivilrechtlichen Rechtsnachfolgetatbeständen Rechtsnachfolger auch ist, wer als Inhaber der tatsächlichen Gewalt in die relevante Nutzung, die Gegenstand der Untersagungsverfügung gewesen ist, eintritt und diese fortführt (vgl. Hess. VGH, B. v. 01.12.2014 – 3 B 1633/14 –, Rn. 16, juris). Würde bei derartigen Konstellationen derjenige, der die Nutzung in demselben Umfang und hinsichtlich derselben Liegenschaft fortführt, nicht zu Verantwortung gezogen werden können, hätte dies zur Konsequenz, dass durch mehrfache Weitergabe der Liegenschaft und Schaffung neuer Untermiet- und Besitzverhältnisse die Durchsetzung von Verfügungen und damit die Verwirklichung des Rechts praktisch auf Dauer verhindert werden könnte (vgl. Hess. VGH, B. v. 01.12.2014 – 3 B 1633/14 –, Rn. 16, juris mit Verweis auf BVerwG, U. v. 22.01.1971, a.a.O., Rn. 19). Voraussetzung für die Annahme der Rechtsnachfolge ist daher lediglich in tatsächlicher Hinsicht der Eintritt in die relevante Nutzung durch Schaffung neuer Untermiet- und Besitzverhältnisse. Laut Aktenvermerk des Beklagten vom 10.11.2016 sind bei Routinekontrollen durch das Gewerbeamt keine Änderungen an der Betriebsform, dem Personal oder den Gerätschaften seit der Übernahme der Räumlichkeiten durch den Kläger erkennbar gewesen. Die Annahme der Rechtsnachfolge ist demnach nicht, wie der Kläger vorträgt, lediglich darauf gestützt, dass beide Betreiber denselben anwaltlichen Vertreter eingeschaltet haben. Der Kläger vermittelt zudem, wie auch die vorherige X GmbH, Sportwetten an die X Ltd. Auch das von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung beschriebene Franchise-System, wonach alle Betreiber unter dem Markennamen, bzw. dem Logo „X“ tätig werden, ändert nichts an der Annahme der Rechtsnachfolge. Auch in Franchise-Systemen können die einzelnen Betriebe durch Rechtsnachfolge übernommen werden. In tatsächlicher Hinsicht ist daher davon auszugehen, dass der Kläger nunmehr als Inhaber der tatsächlichen Gewalt in die relevante Nutzung eingetreten ist. Auch eine möglicherweise notwendige vertragliche Beziehung zwischen der X GmbH (als Rechtsvorgängerin) und dem Kläger (als Rechtnachfolger) ist vorhanden. So wurde in der Abmeldung der X GmbH (GAS 65 im Verfahren 9 K 1687/16) und der Anmeldung des Klägers (Behördenakte des Beklagten) als Grund für die Ab- bzw. Anmeldung in dem entsprechenden Formular jeweils die Rubrik: „Erbfolge/Kauf/Pacht“ angekreuzt. Jede dieser drei Alternativen wäre aber entweder als Gesamtrechts- oder Einzelrechtsnachfolge zu qualifizieren (vgl. VG Düsseldorf, a.a.O., juris, Rn. 34). Hinzukommt, dass die X GmbH in ihrem Verfahren selbst angegeben hat, jederzeit wieder Zugriff auf die Räumlichkeiten nehmen zu können (GAS 63 im Verfahren 9 K 1687/16). Diese Umstände belegen, dass zwischen der X GmbH und dem Kläger eine vertragliche Verbindung besteht, die die beiden Vertragspartner als Rechtsvorgänger/-nachfolger qualifiziert.
26 
3.3. Die Untersagungsverfügung gegen die Rechtsvorgängerin ist ihrerseits rechtmäßig. Der Beklagte trägt vor, dass der Kläger mit materiellen Einwänden gegen die gegen die Rechtsvorgängerin erlassene Verfügung präkludiert sei. Dies trifft zwar für bestandskräftige Untersagungsverfügungen zu (vgl. VG Hannover, U. v. 15.08.2016 - 10 A 2173/16 –, juris, Rn. 29 mit Verweis auf Gusy, Polizeirecht, 8. Auflage 2011, Rn. 364; Denninger, a.a.O., Buchstabe D, Rn. 124). Liegt jedoch keine Bestandskraft vor, wäre es grundsätzlich zulässig, dass der Rechtsnachfolger das Ausgangsverfahren (weiter-)führt. So sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B. v. 12.06.2006 – 3 B 181/05 –, juris) auch Rechtsnachfolger klagebefugt, wenn und soweit der Verwaltungsakt auch ihnen gegenüber Rechtswirkungen hat (vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 42 Rn. 174). In Fällen in denen dies jedoch nicht möglich ist, da der Rechtsvorgänger das gerichtliche Ausgangsverfahren selbst führen möchte (und wegen seiner weiter bestehenden Klagebefugnis auch zulässigerweise führen kann [s.o. 3.1.]), ist dem Umstand der fehlenden Bestandskraft insoweit Rechnung zu tragen, als dem Rechtsnachfolger dann auch die Erhebung von Einwänden materiellrechtlicher Art zugestanden werden muss. Darauf kommt es im vorliegenden Fall jedoch auch nicht an, da die Untersagungsverfügung gegenüber der Rechtsvorgängerin rechtmäßig ist.
27 
Rechtsgrundlage für den Erlass der Verfügung vom 23.06.2016 ist § 9 Abs. 1 S. 2 GlüÄndStV i.V.m. § 21 Abs. 2 GlüÄndStV. Nach § 9 Abs. 1 S. 1 GlüÄndStV i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 LGlüG hat der Beklagte als nach Landesrecht zuständige Glücksspielaufsichtsbehörde die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Ersten Glückspieländerungsvertrag bestehenden oder aufgrund dieses Staatsvertrags begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Er ist nach § 9 Abs. 1 S. 2 GlüÄndStV befugt, die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall zu erlassen, und kann nach § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 GlüÄndStV insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und die Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und die Werbung hierfür untersagen. So liegt der Fall hier: Die Wettvermittlungsstelle in der streitgegenständlichen Örtlichkeit verstößt gegen § 21 Abs. 2 GlüÄndStV, weil nach dieser Vorschrift in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Entsprechend darf der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle nur erlaubt werden, wenn sie sich nicht in einem solchen Gebäude oder Gebäudekomplex befindet (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 LGlüG).
28 
Das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüÄndStV, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5a LGlüG verstößt auch nicht gegenhöherrangiges Recht. Es genügt den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung, weil hinreichende Gründe des Gemeinwohls vorliegen, die das Trennungsgebot tragen können. Ein Verstoß gegen Art. 14 GG und gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. Das Bundesverfassungsgericht (B. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris) und das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 –, juris) haben sich mit vergleichbaren suchtpräventiven Vorschriften anderer Länder zum einzuhaltenden Mindestabstand (Abstandsgebot) und dem Verbot ihres Verbundes an einen Standort befasst und dargelegt, dass diese unter Einhaltung der Gesetzgebungskompetenzen erlassen wurden und die Spielhallenbetreiber nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG verletzen sowie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind. Der damit verfolgte Hauptzweck der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel ausgehenden Suchtgefahren stelle ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel dar und wiege besonders schwer, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. Daher sei selbst eine objektive Berufszugangsvoraussetzung rechtfertigbar (BVerfG, a.a.O., Rn. 131 ff.). Diese Rechtsprechung zum Abstandsgebot ist nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs von Baden-Württemberg vom 26.10.2017 auch auf das Trennungsgebot übertragbar (U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 10). Das Trennungsgebot sei im Gesamtzusammenhang der glücksspielrechtlichen Vorschriften zu beurteilen. Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolge der Gesetzgeber mit dem Trennungsgebot den Zweck, generell eine Vermischung der unterschiedlichen Glücksspielangebote aus Gründen der Suchtprävention zu vermeiden (vgl. LT-Drs. 15/2431, S. 83). Das Trennungsgebot bewirke, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle befindet, keine Sportwetten vermittelt werden dürfen und kein Anreiz geschaffen wird, vom Automatenspiel zum Abschluss von Sportwetten überzugehen. Damit verfolge der Gesetzgeber das legitime Ziel, durch das Trennungsgebot zu Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht beizutragen und Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Dies ist nach den Ergebnissen der Suchtforschung auch zweckdienlich, da die Zugriffsmöglichkeit bzw. Griffnähe auf die jeweiligen Glücksspiele entscheidender Faktor der Entstehung und Andauer einer Spielsucht ist (vgl. BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 -, juris, Rn. 41; vgl. auch Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage 2013, § 21 Rn. 38 mit Verweis auf Schmidt/Kähnert, Abschlussbericht an das Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes Nordrhein-Westfalen, 2003; Hayer, Sucht aktuell 2010, 47 (49); Becker, Entwicklung eines pathologischen Spielverhaltens, S. 9, vgl. auch VerfGH des Saarlandes, B. v. 08.10.2012 – Lv 1/13 –, Rn. 58, juris). Die Regelungen des § 21 Abs. 2 GlüÄndStV, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5a LGlüG sind zur Erreichung dieses Ziels ebenso verhältnismäßig wie die den Entscheidungen des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Regelungen der anderen Länder. Das Trennungsgebot ist auch geeignet und erforderlich, da dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zukommt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 18.16 –, Rn. 34 mit Verweis auf BVerfG, B. v. 14.10.2008 – 1 BvR 928/08 –, NVwZ 2008, 133 und BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6.15 –, BVerwGE 157, 126 <143>, jeweils juris). Eine derartige Überschreitung liegt in Bezug auf das Trennungsgebot nicht vor (VGH Bad.-Württ., U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 11).
29 
Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung gegenüber der Pferdewettenvermittlung anführt, da nach §§ 1 Abs. 1 Nr. 3, 3 Abs. 1 SpielV in Wettannahmestellen konzessionierter Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes drei Geldspielgeräte aufgestellt werden dürfen, dringt er nicht durch. Pferdewetten spielen im Verhältnis zum gesamten Glücksspielbereich eine sehr untergeordnete Rolle und beziehen sich auf ein enges und deshalb leicht überschaubares Sportgeschehen (BVerwG, U. v. 11.07.2011 – 8 C 12/10 –, juris, Rn. 51; OVG Saarland, B. v. 18.05.2017 – 1 B 165/17 –, juris, Rn. 44). Die Vermittlung von Pferdewetten unterscheidet sich auch sonst von der Vermittlung von sonstigen Sportwetten. Es handelt sich dabei um ein historisch gewachsenes Sondersegment innerhalb des Glücksspielmarkts mit einem vergleichsweise geringen Anteil. Eine unterschiedliche Behandlung ist daher auf die Besonderheiten des Sektors der Pferdewetten zurückzuführen (vgl. Bayer. VerfGH, B. v. 25.09.2015 – Vf. 9-VII-13 –, juris, Rn. 208).
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Auch die Rüge der Ungleichbehandlung gegenüber Spielhallen und Spielbanken, die nicht dem Trennungsgebot unterfallen, obwohl sie die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischen Spielverhalten hervorbringt (LT-Drs. 15/1570, S. 41 f.), verfängt nicht. Der Betrieb von Spielbanken ist in eigener Weise an den in § 1 GlüÄndStV benannten Zielen ausgerichtet und unterliegt einer besonderen staatlichen Aufsicht. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung liegt zudem in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential beider Typen von Spielstätten (Verankerung im Alltag bei Sportwetten gegenüber Abstand vom Alltag bei Spielbanken) und insbesondere der sehr unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten, selbst wenn man die Dependancen bzw. Zweigniederlassungen berücksichtigt (vgl. zum Vergleich Spielhalle – Spielbank: BVerfG, B. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 –, juris, Rn. 174; BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 –, juris, Rn. 46 und 77). Für Spielhallen und Spielbanken gelten außerdem ganz andere Erlaubnisvoraussetzungen (vgl. hierzu § 24 GlüÄndStV i.V.m. §§ 40 ff. LGlüG und §§ 27 ff. LGlüG), sodass kein vergleichbarer Sachverhalt gegeben ist (VGH Bad.-Württ., B. v. 04.10.2017 – 6 S 1144/16 –, EA S. 4). Auch stellt der Umstand, dass der Gesetzgeber eine Geltung des Trennungsgebots nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 GlüÄndStV bzw. des § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 5a LGlüG nur im Verhältnis von Wettvermittlungsstellen zu vorexistierenden Spielhallen bzw. Spielbanken angeordnet hat, während die entsprechende Ansiedlung einer Spielhalle bzw. Spielbank neben einer vorexistierenden Spielhalle ihrem Wortlaut nach nicht entgegenstehen (und die bestehende Sportwettenvermittlung daher verdrängen könnten), jedenfalls dann keinen Gleichheitsverstoß dar, wenn man auch die nachträgliche Ansiedlung einer Spielhalle bzw. einer Spielbank als nach § 24 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1 Nr. 1 GlüÄndStV bzw. nach § 41 Abs. 2 Nr. 4 LGlüG unzulässig ansieht (so Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, Rn. 38, juris; VG Karlsruhe, B. v. 12.07.2016 – 3 K 1270/16 –, EA S. 8, mit Verweis auf VG Stuttgart, U. v. 16.07.2015 – 4 K 3133/13 –, (unveröffentlicht) und VG Regensburg, B. v. 28.01.2014 – RO 5 S 13.2190 –, juris, Rn. 51). Dieser Auslegung schließt sich die Kammer an.
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Ungleichbehandlungen gegenüber Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, sind aufgrund der Unterschiede der Spielorte gerechtfertigt. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liegt nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeit und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Wettbüros sind daher typischerweise größer als in Gaststätten (vgl. zu Spielhallen – Gaststätten: BVerfG, B. v. 07.03.2018 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris, Rn. 175 mit Verweis auf BVerfG, B. v. 14.01.1991 – 174.90 –, NVwZ-RR 1991, S. 403 <404>; BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 –, BVerwGE 157, 127-168, juris, Rn. 45). Hinzukommt, dass gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV höchstens drei, ab dem 10.11.2019 nur noch zwei Geldspielgeräte je Gaststätte aufgestellt werden dürfen (vgl. Art. 5 Nr. 1 Sechste Verordnung zur Reform der Spielverordnung vom 04.11.2014, BGBl I S. 1678 <1682>). Das Gefährdungspotenzial in Gaststätten ist somit aufgrund der geringeren Verfügbarkeit des Glücksspiels geringer als in Sportwettenvermittlungsstellen und ermöglicht durch die Einbettung in den Gaststättenbetrieb darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle. Der Betrieb von „Spielcafés“ oder „Cafécasinos“ als Gaststätten mit höchstens drei Spielgeräten, die faktisch das Gepräge von kleinen Spielhallen haben, ändert daran nichts, da solche Cafés als Spielhallen gelten und damit denselben Regeln unterworfen sind (vgl. BVerfG, B. v. 07.03.2017, a.a.O., Rn. 175).
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Auch dass sich § 21 Abs. 2 GlüÄndStV dem Wortlaut nach nur an „Sportwettenvermittler“ und nicht anSportwettenveranstalter“ richtet, führt nicht zu einer Ungleichbehandlung. Zwar würde es an einer Binnenkohärenz des Trennungsgebots fehlen, wenn im Gegensatz zur Sportwettenvermittlung, die private Sportwettenveranstaltung in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich auch eine Spielhalle befindet, stattfinden darf, obwohl von dieser das gleiche - wenn nicht gar ein höheres - Gefährdungspotential ausgeht. Dies setzt allerdings voraus, dass § 21 Abs. 2 GlüÄndStV tatsächlich nur die Vermittlertätigkeit untersagt und nicht verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass auch das Veranstalten von Sportwetten untersagt werden kann. Der Wortlaut der Norm richtet das Verbot zunächst eindeutig nur an Vermittler. Grundsätzlich dürften Veranstalter und Vermittler personenverschieden sein. So kann als „Veranstalter“ diejenige Person definiert werden, in deren Händen die planmäßige Organisation des Glücksspiels liegt und die hierfür die (insbesondere ökonomische, haftungsrechtliche) Verantwortung trägt; Vermittler ist demgegenüber diejenige Person, in deren Händen die Zuleitung von Spielverträgen und Spielbeteiligungen an den Veranstalter liegt und die hierfür die (ökonomische, haftungsrechtliche) Verantwortung trägt (vgl. Becker/Hilf/Nolte/Uwer, Glücksspielregulierung § 2 Rn. 21, 26). Eine strikte Trennung ist jedoch nicht immer möglich, da die Tätigkeitsformen oft parallel laufen oder aneinander anknüpfen (vgl. Dietlein/Hüsken in: Dietlein a.a.O., § 3 GlüStV, Rn. 18 und § 2 Rn. 3 und 6, der die Differenzierung als lediglich formalgesetzliche Trennung ohne inhaltliche Bedeutung einschätzt). Sogar die strafrechtliche Judikatur stuft die ungenehmigte bloße (akzessorische) Vermittlung von Sportwetten in der Regel als Form der ungenehmigten (unmittelbaren) Veranstaltung ein (vgl. Dietlein/Hüsken in: Dietlein a.a.O., § 2 Rn. 3 mit Verweis auf VGH München, U. v. 29.09.2004 – AN 5 K 03/443 –; OLG Hamburg, MMR 2002, 471; vgl. zudem: BGH, U. v. 28.11.2002 – 4 StR 260/02 –, NStZ 2003, 373; BVerwG, U. v. 28.03.2001 – 6 C 2/01 –, NJW 2001, 2648). Zudem lassen die Gesetzesmaterialien zum GlüÄndStV und zum LGlüG durchaus den Schluss zu, dass der Gesetzgeber nicht trennscharf zwischen Veranstaltern und Vermittlern differenziert hat. Nach § 3 Nr. 4 GlüÄndStV wird ein Glücksspiel dort veranstaltet oder vermittelt, wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird. Danach ist die Eröffnung zur Teilnahme maßgebliches Kriterium, nicht hingegen die Qualifizierung als Veranstaltung oder Vermittlung (zumindest für die Bestimmung der Örtlichkeit, vgl. Dietlein/Hüsken, in: Dietlein, a.a.O. § 2 Rn. 3). Die Gesetzesbegründung zum LGlüG (LT-Drs. 15/2431, S. 82 f.) führt außerdem aus: „Wie sich aus Artikel 1 § 10a Absatz 5 Erster GlüÄndStV ergibt, berechtigt die Konzession den Konzessionsnehmer auch, dem Verbraucher sein Angebotüber Wettvermittlungsstellen zu unterbreiten. […]. Nach § 20 Abs. 6 LGlüG ist eine Vermittlung von Sportwetten in anderen Stellen als Wettvermittlungsstellen nicht zulässig.“ Dies lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber auch eine „Vermittlung an sich selbst“ - wie es der Beklagte ausführt - für möglich hielt und jedes Angebot von Sportwetten an den Endkunden (ob als Vermittler oder Veranstalter) als „Vermittlung“ auffasste. Deutlich wird nach Auslegung der Gesetzesbegründung und insbesondere des Zwecks der Regelung (Suchtprävention) jedenfalls, dass der Gesetzgeber an jedes Angebot an den Endkunden die Einhaltung der Regelung des GlüÄndStV knüpfen wollte. Für den Nutzer der Annahme- oder Wettvermittlungsstelle ist es nämlich unerheblich, ob die Wetten von dem Anbieter direkt angeboten werden, oder diese an einen Dritten (den Veranstalter) vermittelt werden. Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung lassen eine verfassungskonforme Auslegung nicht nur zu, sondern erfordern diese geradezu (vgl. zur Auslegung von § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG: VGH Bad.-Württ., B. v. 22.04.2014 – 6 S 215/14 -, juris, Rn. 21). In der Rechtsprechung wird teilweise auch erwogen, Anbietungsformen von Glücksspiel, die nicht mit der gesetzgeberischen Zielsetzung in Einklang zu bringen sind und trotzdem nicht ausdrücklich gesetzlich untersagt sind, wegen Verstoßes gegen die in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüÄndStV normierte Zielsetzung (Suchtprävention) zu untersagen. Dies soll auch nicht gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und den Vorbehalt des Gesetzes verstoßen (in Bezug auf das Trennungsgebot für Geldspielautomaten in Sportwettvermittlungsstellen: Bayer. VGH, B. v. 24.07.2017 – 10 CS 17.1147 –, juris, Rn. 15; kritisch hierzu Sächs. OVG, B. v. 12.01.2017 – 3 B 135/16 –, juris, Rn. 11, wobei das OVG ohne weiteres davon ausging, dass auch das Veranstalten von Sportwetten gem. § 21 Abs. 2 GlüÄndStV untersagt werden könne). Es läuft jedenfalls dem Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüÄndStV zuwider, wenn in Gebäuden oder Gebäudekomplexen, in denen sich auch eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten veranstaltet werden. Hierdurch wird die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Anzahl anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht ist. Denn das Geldautomatenspiel bringt die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervor (LT-Drs. 15/1570 S. 41 f.).Gerade die räumliche Verknüpfung von (suchtgefährlicheren) Spielhallen/Spielbanken und Sportwetten bietet für diese in hohem Maße suchtgefährdeten Personen einen nach der Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags unerwünschten Anreiz, sich auch den Sportwetten zuzuwenden. Ebenso kann eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden dazu animieren, sich auch dem Geldautomatenspiel zuzuwenden (vgl. Bayer VGH, B. v. 24.07.2017 – 10 CS 17.1147 –, juris, Rn. 15). Daher ist in § 20 Abs. 2 GlüÄndStV, wie auch in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 1 und 2 LGlüG eine absolute Trennung vorgesehen. Der Einwand des Klägervertreters, dass § 21 Abs. 2 GlüÄndStV die Veranstalter bewusst ausnehme, weil damit verhindert werden sollte, dass staatliche Anbieter (Oddsline und Toto-Lotto-GmbH als Veranstalterin der ODDSET-Wetten), die stets als Veranstalter tätig würden, bevorzugt werden, überzeugt nicht. Auch hier ging der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung davon aus, dass diese die Sportwetten nicht selbst veranstalten, sondern an sich vermitteln lassen. So heißt es in der Gesetzesbegründung zu § 13 LGlüG, der die „Annahmestellen“ für staatliche Sportwetten regelt: „Nach der Legaldefinition des Art. 3 Abs. 5 Absatz 5 Erster GlüÄndStV sind Annahmestellen die in die Vertriebsorganisation des staatlichen Anbieters eingegliederten Vermittler“ (LT-Drs. 15/2431, S. 74). Und weiter heißt es auf S. 77: „Solange nur der Veranstalter nach Art. 1 § 10 Absatz 2 Erster GlüÄndStV Sportwetten anbieten darf, dürfen – unterstellt, dass seine Vertriebskonzeption nichts Anderes vorsieht – grundsätzlich in allen Annahmestellen dessen Sportwetten vermittelt werden. (…) Wird von Artikel 1 § 29 Absatz 1 Erster GlüÄndStV Gebrauch gemacht, ist nach Ablauf der Frist des Artikels 1 § 29 Absatz 1 Erster GlüÄndStV eine Vermittlung von Sportwetten in Annahmestellen nur zulässig, wenn der Veranstalter nach Art. 1 § 3 Absatz 2 Erster GlüÄndStV selbst oder eine Gesellschaft, an der er beteiligt ist, Konzessionsnehmer ist und erklärt hat, keine „reinen“ Wettvermittlungsstellen betreiben zu wollen. Auf die Ausführungen zu § 20 [in dem das Trennungsgebot geregelt ist] wird verwiesen.“ Daraus ergibt sich zum einen, dass der Gesetzgeber auch bei staatlichen Anbietern nicht davon ausgegangen ist, dass diese selbst Wetten anbieten, sondern durch Annahmestellen an sich vermitteln lassen, und zum anderen, dass für diese ebenfalls die Regelungen des § 20 LGlüG gelten, womit nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LGlüG auch das Trennungsgebot eingehalten werden muss. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 29 Abs. 1 S. 1 GlüÄndStV, wonach die Erlaubnisse der Veranstalter im Sinne des § 10 Abs. 2 und 3 GlüÄndStV mit der Maßgabe fortgelten, dass die Regelungen des GlüÄndStV Anwendung finden (vgl. dazu auch VG Regensburg, B. v. 28.01.2014 – RO 5 S 13.2190 –, juris, Rn. 35). Angesichts dieser gesetzgeberischen Wertungen ist nicht von einer materiellen Erlaubnisfähigkeit der Veranstaltung von Sportwetten in Gebäuden oder Gebäudekomplexen, in denen sich auch eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, auszugehen (vgl. zum Trennungsgebot für Geldspielautomaten in Sportwettvermittlungsstellen: Bayer. VGH, B. v. 24.07.2017, a.a.O., Rn. 15; Bayer. VGH, B. v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 –, juris, Rn. 22) und die Norm dahingehend verfassungskonform auslegbar.
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Selbst wenn dies in Anbetracht des eindeutigen Wortlautes (in sämtlichen Normen des GlüÄndStV werden Vermittlung und Veranstaltung entweder als Begriffspaar verwendet [z.B. §§ 4, 6, 7 GlüÄndStV] oder richten sich explizit nur an eine der Angebotsformen [z.B. §§ 4 a – 4 e, 7, 8 GlüÄndStV gelten nur für Veranstalter) als Überspannung der Wortlautgrenze aufgefasst werden sollte, ist auch eine teleologische Extension der Norm in dem Sinne möglich, sodass auch Sportwettenveranstalter unter das Verbot fallen. Gerichte sind nämlich nicht allein darauf verwiesen, gesetzgeberische Weisungen in den Grenzen des möglichen Wortsinns auf den Einzelfall anzuwenden. Die Aufgabe der Rechtsprechung kann es insbesondere erfordern, in einem Akt bewertenden Erkennens, dem auch willenhafte Elementen nicht fehlen, Wertvorstellungen, die der Rechtsordnung immanent sind, ans Licht und in Entscheidungen in willkürfreier Weise zu Geltung zu bringen (BVerfG, B. v. 14.02.1973 – 1 BvR 112/65 –, BVerfGE 34, 269 (287)). Im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung durch teleologische Korrektur des Normtextes liegt es auf der Hand, dass der Wortlaut der Norm als solcher gerade nicht begrenzend wirken kann. Die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind weiter, soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird. Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt. Die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die zur Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt (BVerfG, B. v. 24.02.2015 – 1 BvR 472/14 –, BVerfGE 138, 177, Rn. 41 m.w.N.). Grenze ist dabei jedenfalls die ausdrückliche gesetzgeberische Entscheidung, über die sich nicht hinweggesetzt werden darf (vgl. BVerfG, B. v. 31.10.2016 – 1 BvR 871/13 –, NVwZ 2017, 617, Rn. 23; zum Ganzen: VGH Bad.-Württ., B. v. 22.03.2018 – 11 S 2776/17 –, juris, Rn. 17). Dass der Gesetzgeber eine Bevorzugung von Veranstaltern gegenüber Vermittlern gewollt hatte, erscheint anhand der Gesetzesmaterialien ausgeschlossen (s.o.). Im Gegenteil wird deutlich, dass der Gesetzgeber an jedes Angebot an den Endkunden die Einhaltung der Regelung des GlüÄndStV knüpfen wollte. Die Begründung zum Gesetzentwurf lässt mithin keinen anderen Schluss zu, als dass in einem Gebäude oder einem Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht nur nicht vermittelt, sondern dann erst recht auch nicht direkt veranstaltet werden sollen. Dies stellt für den Wettveranstalter zwar eine Verkürzung der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit dar, verhilft demgegenüber dem (hier klagenden) Wettvermittler zu einer Gleichbehandlung, die über Art. 3 Abs. 1 GG geschützt ist. Somit kann die Binnenkohärenz auch durch teleologische Extension wiederhergestellt werden.
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Eine solche Extension bzw. verfassungskonforme Auslegung durch Gleichsetzung des Veranstalters mit dem in § 21 Abs. 2 GlüÄndStV nur erwähnten Vermittler führt auch nicht mittelbar zu einem Verstoß gegen das strafrechtliche Analogieverbot. § 284 StGB stellt nämlich die „Veranstaltung“ öffentlichen Glücksspiels „ohne behördliche Erlaubnis“ unter Strafe. Vermittlung und Veranstaltung werden dabei von der Rechtsprechung ohnehin gleichbehandelt (BGH, U. v. 28.11.2002 - 4 StR 260/02, NStZ 2003, 373; BVerwG, U. v. 28.03.2001 - 6 C 2/01 –, NJW 2001, 2648). Da das strafrechtliche Verbot lediglich an die fehlende Erlaubnis anknüpft, ist im strafrechtlichen Bereich auch kein Analogieschluss vom direkten Veranstalten auf das bloß indirekte, zum Veranstalten akzessorische Vermitteln nötig. Tatbestandsebene ist nämlich nicht das „verbotene Spiel“ was durch seine Auslegungsbedürftigkeit unbestimmt wäre, sondern die fehlende Erlaubnis. Ob der Betreiber eines Wettbüros (als Vermittler oder als Veranstalter) eine Erlaubnis hat oder nicht, ist für den Betroffenen eindeutig erkennbar. Aufgrund des Urteils des EuGH vom 04. Februar 2016 (EuGH, U. v. 04.02.2016 – C-336/14 –, juris) ist derzeit zudem der Betrieb von Wettbüros auch ohne Erlaubnis möglich, ohne dass eine strafrechtliche Sanktion droht, denn die Strafbarkeit kann nicht auf das Fehlen einer unionsrechtswidrigen Erlaubnis gestützt werden (Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Auflage 2016, § 284 Rn. 21; EuGH a.a.O., Rn. 63 m.w.N). Die Strafbarkeit bezieht sich auch nicht auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit. Strafrechtlich kommt es ausschließlich auf die formelle Wirksamkeit der Genehmigung an (BeckOK StGB/Feilcke/Hollering StGB § 284 Rn. 24-26c, beck-online m.w.N.), ist eine solche Genehmigung aus europarechtlichen Gründen nicht zu erlangen, ist § 284 StGB generell nicht anwendbar.
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Gegenüber der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit europäischem Unionsrecht bestehen ebenfalls keine Bedenken. Im Hinblick auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit (Art. 56, 57 AEUV) ist im Falle des Klägers und seiner Rechtsvorgänger bereits das Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden, grenzüberschreitenden Sachverhaltes nicht ersichtlich (vgl. VGH Bad-Württ., B. v. 04.10.2016 – 6 S 1144/16 –, EA S. 5). Nicht ausreichend ist dafür, dass der Kläger die Sportwetten an ein im EU-Ausland konzessioniertes Unternehmen vermittelt. Es ist nämlich nicht der Sportwettenvermittler, der unionsrechtlich durch die Beschränkung der Vermittlungsmöglichkeit betroffen ist, sondern vielmehr der Sportwettenanbieter als mittelbar betroffener Dritter. Die hier maßgebliche vom Kläger dem Verbraucher angebotene Dienstleistung, in Gestalt der Vermittlung der Teilnahme an einer im Ausland angebotenen Sportwette, erfolgt durch den Kläger als deutsches Unternehmen im Bundesgebiet an dort ansässige Kunden (vgl. BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 67/15 –, juris, Rn. 83; VGH Bad.-Württ., U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 12; VG Karlsruhe, B. v. 17.01.2018 – 3 K 11163/17 –, juris, Rn. 33; Dietlein, a.a.O. Einf. Rn. 31 mit Verweis auf Korte, NVwZ 2004, 1449 (1451); OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 28.09.2006 – 6 B 10895/06 –, juris, Rn. 16 ff.). Selbst wenn aber ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge, wären Eingriffe nach dem oben Gesagten aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nach Unionsrecht ebenso gerechtfertigt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 12). Auch im Hinblick auf das unionsrechtliche Kohärenzgebot bestehen insoweit keine Bedenken (BVerfG, B. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris, Rn. 124; BVerwG, U. v. 16.12.2016 – 8 C 6/15 –, juris, Rn. 83 ff.). Es ist obergerichtlich geklärt, dass dem Erlass einer auf materielle Verbotsgründe gestützte Untersagungsverfügung die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U. v. 04.02.2016 – C-336/14 –, juris, Rn. 50 ff., 65) nicht entgegensteht, der zufolge Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörde daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder die Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatlichen Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht (so im Ergebnis BVerfG, B. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris; vgl. auch BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 14.16 – und – 8 C 18/8 C 18/16 –, juris, Rn. 28 bzw. Rn. 30; VGH Bad.-Württ., B. v. 20.02.2017 – 6 S 916/16 –, juris, Rn. 4; B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, juris, Rn. 4 und vom 04.10.2016 – 6 S 1144/16 –, EA S. 5; OVG Saarland, B. v. 19.05.2017 – 1 B 164/17 –, juris, Rn. 21 ff. und B. v. 12.05.2016 – 1 B 199/15 –, juris, Rn. 46 ff.; OVG NRW, B. v. 09.06.2016 – 4 B 860/15 –, juris, Rn. 22 und – 4 B 1437/15 –, juris, Rn. 16; Bayer. VGH, B. v. 01.08.2016 – 10 CS 16.893 – juris, Rn. 27 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 10.05.2017 – OVG 1 N 72.15 –, Rn. 8, juris; OVG Lüneburg, B. v. 17.08.2016 – 11 ME 61/16 –, Rn. 22 ff., juris; OVG Schleswig-Holstein, B. v. 04.05.2015 – 2 MB 1/15 –, juris). Dass das Fehlen einer Erlaubnis in einem solchen Fall keine Untersagung der Wettvermittlung begründen kann (vgl. BVerwG, U. v. 15.06.2016 – 8 C 5/15 –, BVerwGE 155, 261-270, juris), ist im vorliegenden Fall unerheblich, da der Beklagte die Untersagungsverfügung ausschließlich auf den Verstoß gegen § 21 Abs. 2 GlüÄndStV gestützt hat. Aus einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit der Erlaubnispflichtigkeit in ihrer derzeitigen Ausgestaltung folgt auch nicht - wie der Kläger meint - gleichsam die Unionsrechtswidrigkeit weiterer materiell-rechtlicher Anforderungen, die - wie das Trennungsgebot - unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettvermittlung gestellt werden (vgl. zu § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 a) LGlüG: VGH Bad.-Württ., B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, Rn. 13; zu § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c LGlüG B. v. 20.02.2017 – 6 S 916/16 –, jeweils juris). Auch das von dem Kläger herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2016 (BVerwG, U. v. 15.06.2016 – 8 C 5/15 –, BVerwGE 155, 261-270, juris) befasst sich lediglich mit der Frage, ob die fehlende Erlaubnis allein einer Untersagung zugrunde gelegt werden darf, worauf es hier nicht ankommt.
36 
Die Verfügung ist nicht unbestimmt (§ 37 Abs. 1 LVwVfG), soweit dem Kläger in Ziffer 1 der Verfügung untersagt wird, Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen. Was „Unterstützen“ im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar gesetzlich nicht festgelegt, wird aber aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde unzweifelhaft deutlich (vgl. BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 14/16 –, Rn. 17 und – 8 C 18/16 –, Rn. 18, jeweils juris). Es sollen damit sämtliche Handlungsbeiträge unterbunden werden, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, dem Kläger selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa zu Verfügungstellen der Räumlichkeiten oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung solcher Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte (vgl. auch VGH Bad.-Württ., B. v. 04.10.2017 – 6 S 1144/16 –, EA S. 3 zu sog. „Umgehungshandlungen“). Zudem wird in dem hier angefochtenen Bescheid sogar ausdrücklich klarstellend und erläuternd noch selbst umschrieben wie eine untersagte Unterstützungshandlung aussehen würde: „Damit ist gemeint, dass Sie keinen Beitrag dazu leisten dürfen, dass ein Dritter Sportwetten in ihrer Gaststätte vermittelt. Insbesondere sollen Sie nicht Ihre Räumlichkeiten für die Aufstellung von Sportgeräten an einen Dritten zur Verfügung stellen, ohne selbst Vermittler der Sportwetten zu sein.“ Für den Kläger ist daher ohne weiteres erkennbar, welche Pflichten ihm mit der Untersagungsverfügung aufgegeben werden (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ. U. v. 26.10.2017 - 6 S 1924/15 -, EA S. 7 f.).
37 
Auch im Hinblick auf die Beschreibung der Örtlichkeit und Genehmigungsstatus der Spielhalle folgt das Gericht nicht der Ansicht des Klägers, die Verfügung sei unbestimmt. Anhand der Verfügung ist unzweideutig erkennbar, dass, so lange in der genannten Örtlichkeit X eine Spielhalle betrieben wird, eine Sportwettenvermittlungsstelle nicht erlaubt ist. Da die klägerische Sportwettenvermittlung unmittelbar an die konkurrierende Spielhalle angrenzt und die Örtlichkeit auch nicht außergewöhnlich groß oder unübersichtlich ist, ist ausgeschlossen, dass der Kläger nicht weiß, auf welche Spielhalle sich die Verfügung bezieht. Der Genehmigungsstatus wäre zudem selbst bei Unkenntnis unschwer durch Nachfrage bei der Beklagten ermittelbar gewesen.
38 
Die streitgegenständliche Verfügung ist auch im Übrigen materiell rechtmäßig. So handelt es sich bei dem Angebot des Klägers um Glücksspiel im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 GlüÄndStV, das der Kläger nach seinen Angaben an die IBA Entertainment Ltd. aus Malta vermittelt. Das Angebot erfüllt die Voraussetzungen der Legaldefinition des Glücksspiels nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüÄndStV, wonach auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses Glücksspiele sind.
39 
Nach § 21 Abs. 2 GlüÄndStV dürfen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden. In dem Gebäude, in dem der Kläger Sportwetten vermitteln will, befinden sich drei Spielhallen „Diamond I, II und III“, deren Weiterbetrieb bis zum 30.06.2021 erlaubt worden ist (vgl. Bescheide vom 19.06.2017, GAS 447 ff.). § 21 Abs. 2 GlüÄndStV ist auf den vorliegenden Fallgrundsätzlich anwendbar. Soweit der Kläger sich unter Heranziehung der Urteile des BVerwG vom 24. November 2010 (– 8 C 13/09 –; – 8 C 14/09 –; – 8 C 15/09 –, jeweils juris) darauf stützt, § 21 Abs. 2 GlüÄndStV regle nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger, so übersieht er, dass sich diese Argumentation auf die Rechtslage bei Geltung des staatlichen Monopols und dem damit verbundenen Ausschluss privater Sportwettenanbieter bezieht. Mit dem Wegfall des staatlichen Monopols gilt diese Argumentation nicht mehr (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 21.06.2011 – 11 LC 348/10 –, juris, Rn. 66).
40 
§ 21 Abs. 2 GlüÄndStV ist im Hinblick auf die verwendeten Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei der Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (vgl. Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 20; OVG NRW, B. v. 21.04.2015 – 4 B 1376/14 –, juris, Rn. 16 f.). Als Gebäude wird nach § 2 Abs. 2 LBO (Landesbauordnung für Baden-Württemberg, in der Fassung vom 5. März 2010) eine selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und geeignet ist, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen bezeichnet. Im Gegensatz dazu ist der Begriff „Gebäudekomplex“ nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamtheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen (Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 20). Angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) ist eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeiten oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann oder umgekehrt (vgl. LT-Drs. 15/1570, S. 87; zum Kriterium der sog. Griffnähe bzw. unmittelbaren Nähe: VGH Bad.-Württ. B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, juris, Rn. 6; Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 21 m.w.N.). Diese einschränkende Auslegung ist für die Auslegung des Begriffs „Gebäude“ zumindest für Fälle großer, eventuell stark untergliederter Gebäude mit mehreren Etagen und Zugängen vorzunehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –; Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, Rn. 21, jeweils juris).
41 
Nach diesen Maßstäben liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüÄndStV vor, denn die Sportwettenvermittlung befindet sich - auch nach einschränkender Auslegung des Begriffs - in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtliche erlaubte) Spielhalle betrieben wird. Der X ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder und Pläne, ein einheitlicher, zweigeschossiger Baukörper und damit ein Gebäude im Sinne des § 2 Abs. 2 LBO. Auch der so bezeichnete „Anbau Ost“ macht den X nicht zu einem Gebäudekomplex. Dieser Anbau ist als unselbständiger Teil in das Gebäude integriert und kann nicht als selbstständiges Gebäude aufgefasst werden. Insofern fehlt es an der für einen Gebäudekomplex notwendige Mehrheit von Gebäuden. Auch die im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüÄndStV gebotene einschränkende Auslegung führt zu keinem anderen Ergebnis, da die für die Verbotsnorm maßgeblichen Gesichtspunkte der typischen glücksspielrechtlichen „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte (vgl. Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 24), im konkreten Fall vorliegen. Die maßgeblichen Kriterien, die für den Zweck der Spielsuchtprävention bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Verbotsvorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Griffnähe) und so eine Vermischung der unterschiedlichen Angebote nicht vermieden werden kann (vgl. amtl. Begründung zu § 20 LGlüG, LT-Drs. 15/2431, S. 83; zur Wechselwirkung zwischen Spielgeräten und Sportwetten vgl. OVG Saarland, B. v. 19.05.2017 – 1 B 164/17 –, juris, Rn. 42). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, als bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind (vgl. Bayer. VGH, U. v. 11.10.2016 – 10 BV 15.590 –, juris, Rn. 25). Nicht notwendigerweise erforderlich ist, dass die Spielstätten miteinander verbunden, bzw. ohne Betreten des öffentlichen Straßenraums zugänglich sind (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, Rn. 7, juris und B. v. 04.10.2016 – 6 S 1144/16 –, EA S. 5; OVG Nds., B. v. 11.12.2014 – 11 ME 211/14 –, juris, Rn. 9 ff.; a.A. OVG NRW, B. v. 20.02.2017 – 4 B 609/16 –, juris; B. v. 04.09.2015 – 4 B 247/15 –, juris, das das Betreten des öffentlichen Straßenraums als ausschlaggebenden Faktor ansieht). Die nach diesen Maßstäben notwendige Nähebeziehung ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Die Eingänge zu der Sportwettenvermittlungsstelle und der Spielhalle Diamond II im ersten Obergeschoss (wegen der Erhöhung der Gleise liegen die Eingänge in diese Richtung jedoch ebenerdig) befinden sich ausweislich der Fotos unmittelbar nebeneinander (s. Behördenakte). Dass diese Eingänge lediglich Notausgänge sind (und auch als solche genutzt werden), hält das Gericht für ausgeschlossen. Dagegen sprechen entscheidend die angebrachten Werbeschilder, die Schilder mit den Öffnungszeiten und der Hinweis, dass der Eintritt erst ab 18 Jahren erlaubt ist. Auf den vorgelegten Bildern sind die Türen zudem geöffnet und Aschenbecher sind daneben aufgestellt. Dass sich die Sportwettenvermittlung im 2. Obergeschoss des Gebäudes befindet und daher noch eine Treppe zu überwinden ist, fällt ebenso wenig ins Gewicht, wie der Umstand, dass der direkte Wechsel zwischen den Lokalitäten nicht möglich ist. Der Besucher der Sportwettenvermittlung ist unmittelbar nach dem Heraustreten aus dem Eingang des Gebäudes wieder mit dem Eingang der Spielhalle und der zugehörigen Werbung konfrontiert und umgekehrt (vgl. zu dem Beispiel der unterschiedlichen Etagen: Hecker/Ruttig, in: Dietlein a.a.O., § 21 Rn. 39). Auch dass es einen weiteren (Haupt-)eingang zu der Sportvermittlungsstelle auf der anderen Gebäudeseite (Richtung Bahnhofsvorplatz) auf Niveau des Bahnhofsvorplatzes über einen Aufzug gibt, ist unerheblich. Zum einen ist bereits fraglich, ob der zu den Gleisen ausgerichtete Eingang, zumindest für Besucher, die mit dem Zug anreisen, nicht der attraktivere ist und in Anbetracht der aufgestellten Aschenbecher auch für „Raucherpausen“ genutzt wird. Zum anderen wird auch auf der anderen Gebäudeseite (in Richtung Bahnhofsvorplatz) für beide Spielstätten großflächig geworben, nämlich für die Sportwettenvermittlungsstelle über weite Teile der Fensterfront im zweiten Obergeschoss, für die Spielhalle Diamond I an deren Eingang im Erdgeschoss (nur durch eine Bäckerei von dem Auszug getrennt, über den die Sportwettenvermittlungsstelle zu erreichen ist), sowie an dem Aufzug, der zur Sportwettenvermittlungsstelle führt. Auf der den Gleisen zugewandten Seite führt die mögliche gemeinsame Nutzung der aufgestellten Aschenbecher von Besuchern der Spielhalle und der Sportwettenvermittlung zu einer weiteren räumlichen Verknüpfung der Spielstätten und lädt bei einem kürzeren Verweilen geradezu zu einem Wechsel in die jeweilige andere Spielstätte ein. Beim Verlassen des Sportwettbüros ist die Spielhalle – auch durch die entsprechende Werbung über der Eingangstür – ohne Weiteres sichtbar. Die kurze Distanz kann an der Gebäudefront mit wenigen Schritten innerhalb von Sekunden und infolge der vorhandenen Überdachung auch ohne Unannehmlichkeiten überwunden werden. Damit ist auf beiden Gebäudeseiten diejenige Gefahrenlage eröffnet, die § 21 Abs. 2 GlüÄndStV verhindern will.
42 
Der Beklagte hat von dem ihm mithin durch § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV eröffnetenErmessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. § 40 LVwVfG, § 114 VwGO) Gebrauch gemacht. Dies ergibt sich explizit aus der Untersagungsverfügung vom 23.06.2016 (II. 3. Absatz). Nach Bejahung der Tatbestandsvoraussetzungen wird ausgeführt: „Nachdem Sie nicht freiwillig bereit sind, die Vermittlung von Sportwetten […] einzustellen, hat sich das Regierungspräsidium nach Ausübung seines Ermessens dazu entschlossen, Ihnen das Vermitteln von Sportwetten […] zu untersagen.“ Im Anschluss daran folgen die Erwägungen, nach denen das Interesse der damaligen Betreiberin an der Fortführung der Sportwettenvermittlungsstelle und damit dem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen, dem Interesse an einer Vermeidung der Ausnutzung des Spieltriebs zurückstehen muss. Zudem wird auch der Aspekt des Vertrauensschutzes ausdrücklich genannt, der aber als nicht durchgreifend angesehen wird.
43 
Die Ermessenerwägungen sind auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie im Einzelfall auf einer Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG beruhen, da der Beklagte nicht gleichmäßig in allen Einzelfällen einschreite. Ermächtigt ein Gesetz, wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV, dazu bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren (BVerwG, U. v. 09.07.2014 – 8 C 36/12 –, juris). Der Kläger trägt dazu vor, dass derzeit bundesweit geschätzt 10.000 Wettvermittlungsstellen geduldet würden. Dabei berücksichtigt er jedoch nicht, dass es sich vorliegend um die Besonderheit einer Wettvermittlungsstelle handelt, die gegen das in § 21 Abs. 2 GlüÄndStV normierte Trennungsgebot verstößt und daher signifikant erhöhte Gefahren für die Glücksspiel- und Wettsucht begründet. Der Beklagte hat demgegenüber nachvollziehbar dargelegt, dass er bereits seit Anfang 2013 gegen alle ihm bekannten Fälle, in denen Sportwetten unter Verstoß gegen das in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 a und c LGlüG oder in § 21 Abs. 2 GlüÄndStV angeordnete Trennungsgebot angeboten werden, vorgehe. Es seien 540 Anhörungen versendet worden; in 170 Fällen (in denen die Vermittlung nicht freiwillig aufgegeben wurde) sei die Sportwettenvermittlung förmlich untersagt worden (GAS 53 im Verfahren 9 K 2489/16). In dem vorgelegten Rundschreiben an die Gewerbebehörden / Polizeibehörden (GAS 67 im Verfahren 9 K 2489/16) werden die Gemeinden zudem aufgefordert, zu kontrollieren, ob Sportwetten unter Verstoß gegen das Trennungsgebot angeboten werden, und etwaige Verstöße dem Beklagten zu melden. Dies wurde von dem Kläger nicht bestritten. Das Gericht sieht keinen Anlass, die Ausführungen des Beklagten in Zweifel zu ziehen. Untermauert wird dies durch die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württembergs (U. v. 26.10.2017 – 6 S 1924/15 –, EA S. 14 und B. v. 20.02.2017 – 6 S 916/16 –, juris, Rn. 8), der ebenfalls nicht von einer unzureichenden Vollzugspraxis des Beklagten ausgeht.
44 
Die Untersagungsverfügung ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil es im Bereich des Onlinesektor ein bundesweites Vollzugsdefizit gebe und daher eine Untersagung im terrestrischen Bereich nicht geeignet sei, das legitime Ziel der Bekämpfung von Suchtgefahren zu fördern. Dem ist entgegenzuhalten, dass das in den „gemeinsamen Leitlinien für ein Vorgehen der Bundesländer gegen illegales Glücksspiel im Internet“ dargestellte Vorgehenskonzept eine geeignete, nicht gleichheitswidrige oder unverhältnismäßige und damit kohärente Verwaltungspraxis darstellt (OVG Saarland, B. v. 12.05.2016 – 1 B 199/15 –, juris, Rn. 27, 34 und B. v. 18.05.2017 – 1 B 165/17 –, Rn. 73, juris; OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 02.12.2016 – 1 S 104.15 –, juris, Rn. 26; OVG Lüneburg, B. v. 17.08.2016 – 11 ME 61/16 –, juris, Rn. 30 ff, 39). Vor diesem Hintergrund kann auch nicht festgestellt werden, dass die Vollzugslage im Online-Bereich sektorenübergreifend zur Folge hat, dass die in Rede stehende Untersagungsverfügung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann und daher ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (vgl. BVerwG, U. v. 20.06.2013 – 8 C 39/12 –, juris, Rn. 36; OVG Saarland, B. v. 18.05.2017 – 1 B 165/17 –, Rn. 74, juris). Die von dem Kläger angeführten Entscheidungen des VGH Baden-Württemberg vom 08.09.2015 (VGH Bad.-Württ., U. v. 09.09.2015 – 6 S 1426/14 – und – 6 S 1406/14 –, juris), die ein Vollzugsdefizit im Onlinebereich konstatierten, wurden durch das Bundesverwaltungsgericht als zu restriktiv aufgehoben (BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 18.16 – und – 8 C 14.16 –, jeweils juris). Darüber hinaus findet bei Sportwettenvermittlungen, die gegen das Trennungsgebot verstoßen, eine Kumulation von Suchtgefahren statt, sodass das Einschreiten des Beklagten gegen die Betriebsstätte des Klägers auch unter Prioritätsgesichtspunkten keinen durchgreifenden Zweifeln begegnet.
45 
Soweit der Kläger einen Verstoß gegen Art. 3 GG in dem Sinne geltend macht, dass er in Bezug auf die bestehenden Spielhallen benachteiligt sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass für Spielhallen und Spielbanken andere Erlaubnisvoraussetzungen gelten (s.o.). Auf die Frage, ob einer bestehenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis der Vorrang in Bezug auf eine nachträgliche Spielhallenerlaubnis zu gewähren ist, kommt es im vorliegenden Fall nicht an, da die Spielhallen nach Auskunft der Beklagten in der mündlichen Verhandlung seit 2009 in der Örtlichkeit erlaubterweise betrieben werden und der Kläger das Gewerbe erst am 06.07.2016 angezeigt hat. Es liegt auch keine fehlerhafte Störerauswahl des Beklagten etwa deshalb vor, weil die konkurrierenden Spielhallenbetriebe ihrerseits gegen das in § 42 Abs. 1 LGlüG geregelte Abstandsgebot zu anderen Spielhallen verstoßen. Die Spielhallen verfügten stets über eine glücksspielrechtliche Erlaubnis. Bis zum 30.06.2017 konnte den Spielhallen wegen der in § 51 Abs. 4 LGlüG geregelten Übergangsfrist der Verstoß gegen das Abstandsgebot nicht entgegengehalten werden. Da es sich bei der hier angefochtenen Untersagungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, ist für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend (Becker/Hilf/Nolte/Uwer, a.a.O. § 9 Rn. 23). Am 19.06.2017 wurde jedoch sowohl den Spielhallen im X als auch den schräg gegenüberliegenden Spielhallen in der X Erlaubnisse bis zum 30.06.2021 erteilt (GAS 157 ff.; 235 ff.). Dass diese Erlaubnisse möglicherweise rechtswidrig sind, weil nach Auskunft der Stadt X eine Abwägung zwischen den Standorten, die unter 500 m zueinander liegen, nicht stattgefunden hat, sondern vielmehr allen bestehenden Spielhallen gleichermaßen eine Erlaubnis für vier Jahre erteilt wurde, ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Zum einen ist gesetzlich nicht geregelt, wie der Konflikt zwischen mehreren bereits vorhandenen Spielhallen im Umkreis von 500 m zu lösen ist. Es obliegt der zuständigen Behörde, Maßstäbe für die zu treffende Auswahlentscheidung zu etablieren, die die grundrechtlich geschützten Positionen der Beteiligten berücksichtigen und die den Schutzzweck des Gesetzes, den Zeitpunkt der Erteilung der jeweiligen Erlaubnis, die im jeweiligen Einzelfall bestehende Anpassungsmöglichkeiten und den Grad der Amortisierung der Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der Spielhalle getätigt wurden, in die Auswahlentscheidung einzubeziehen (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 25.04.2017 – 6 S 1765/15 –, juris und B. v. 16.04.2018 – 6 S 2250/17 –, juris, Rn. 7 ff. mit Verweis auf StGH [VerfGH] Bad.-Württ., U. v. 17.06.2014 – 15/13 –, juris, Rn. 357 f.). Im vorliegenden Fall ist nicht von vornherein ersichtlich, wie eine Auswahlentscheidung im konkreten Fall richtigerweise hätte ausfallen müssen und ob gerade alle Spielhallen in dem Gebäudekomplex, in dem sich die Sportwettenvermittlungsstelle befindet, davon negativ betroffen gewesen wären. Zum anderen konnte der Beklagte diese Auswahlentscheidung selbst auch gar nicht treffen, da er für die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht zuständig ist. Gem. §§ 41 Abs. 3, 47 Abs. 5 LGlüG ist für die Erlaubniserteilung von Spielhallen die untere Verwaltungsbehörde, hier die Stadt X, zuständig und bedarf der Zustimmung der Glücksspielaufsichtsbehörde lediglich hinsichtlich des Sozialkonzepts gem. § 7 LGlüG. An die unangefochtene Genehmigung der zuständigen Behörde ist der Beklagte grundsätzlich gebunden. Dies ergibt sich auch aus § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GlüÄndStV, wonach die Glücksspielaufsicht nur „unerlaubtes Glücksspiel“ untersagen darf, welches nicht vorliegt, wenn eine Erlaubnis durch die zuständige Behörde erteilt wurde. Es ist vielmehr Aufgabe der unteren Verwaltungsbehörde möglicherweise rechtswidrig erteilte Erlaubnisse zurückzunehmen (vgl. § 48 Abs. 5 VwVfG) bzw. nach § 41 Abs. 4 LGlüG zu widerrufen. Diesbezüglich bleibt es dem Kläger unbenommen, die Erlaubnisse der Spielhallen anzugreifen, wobei womöglich die Widerspruchfrist wegen Verwirkung abgelaufen sein könnte. Er könnte aber auch im Verwaltungsverfahren versuchen, einen Antrag auf Einschreiten gegen die Inhaber bestandskräftiger Erlaubnisse im Wege des Wiederaufgreifens und der Rücknahme oder des Widerrufs zu stellen. Den Kläger auf diesen Weg zu verweisen, stellt auch keine unbillige Härte dar. Zwar ist möglich, dass die Untersagungsverfügung bestandskräftig wird, diese ist jedoch explizit nur so lange wirksam wie sich in demselben Gebäudekomplex eine Spielhalle befindet. Wenn der Kläger zur Begründung der von ihm gerügten Fehlerhaftigkeit der Ermessenserwägungen den Beschluss des OVG NRW vom 20. Februar 2017 (– 4 B 609/16 –, juris) heranzieht, übersieht er, dass in dem dortigen Fall sowohl die Spielhalle als auch das Wettbüro in einer Hand waren. In diesem Fall kann und muss dem Betroffenen selbstverständlich die Wahl zwischen seinen beiden Betrieben gegeben werden. Dies ist auch ohne Kompetenzverstoß möglich. Das unterscheidet jedoch den Sachverhalt des Beschlusses von dem hier vorliegenden, da hier für den Widerruf bzw. die Rücknahme der Spielhallenerlaubnis eines Dritten nach § 41 Abs. 4, 47 Abs. 4 LGlüG originär die untere Verwaltungsbehörde zuständig ist. Den von dem Gericht im dortigen Beschluss aufgezeigten Wertungswiderspruch, der sich daraus ergäbe, dass Bestandsspielhallen nach Maßgabe des § 29 Abs. 4 GlüÄndStV eine fünfjährige Übergangsfrist und weitere Befreiungsmöglichkeiten eingeräumt würden, für rechtmäßig betriebene Wettbüros hingegen keine derartigen Begünstigungen vorgesehen wären (vgl. OVG NRW, B. v. 20.02.2017 – 4 B 609/16 –, juris, Rn. 30), vermag die Kammer nicht zu erkennen, da die Einrichtung einer Spielhalle im Vergleich zu einer Sportwettenvermittlung mit erheblich höheren Investitionskosten verbunden ist und bei Sportwettenvermittlungen - anders als der Automatenbetrieb bei Spielhallen - regelmäßig weitere Einnahmequellen bestehen, die die wirtschaftlichen Nachteile eines nur mit kurzer Übergangsfrist eingreifenden standortbezogenen Vermittlungsverbots abzumildern vermögen (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, Rn. 14, juris).
46 
Auch die mit der hier angefochtenen Untersagungsverfügung verbundene Zwangsmittelandrohung ist rechtmäßig. Sie beruht auf §§ 20, 23 LVwVG. Hinsichtlich der gerügten Bestimmtheit und Verhältnismäßigkeit der Zwangsmittelandrohung wird auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 2017 verwiesen, die wortgleichen Verfügungen (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 08.09.2015 – 6 S 1426/14, juris, Rn. 3) als „rechtlich nicht zu beanstanden“ bewerteten (s. BVerwG, U. v. 26.10.2017 – 8 C 18/16 –; – 8 C 14.16 –, jeweils juris). Dies gilt auch für die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verbundene Frist von einer Woche ab Zustellung des Schreibens (19.01.2018) für die Einstellung der Sportwettenvermittlung. Da der Kläger lediglich eine Tätigkeit unterlassen muss, ist auch eine kürzere Frist von einer Woche angemessen.
47 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
48 
Die Zulassung der Berufung erfolgt nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Apr. 2018 - 9 K 4546/16

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Apr. 2018 - 9 K 4546/16 zitiert 20 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 48 Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erhebliche

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 45 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern


(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn 1. der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;2. die erforderliche Be

Strafgesetzbuch - StGB | § 284 Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels


(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch

Spielverordnung - SpielV | § 3


(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum

Spielverordnung - SpielV | § 1


(1) Ein Spielgerät, bei dem der Gewinn in Geld besteht (Geldspielgerät), darf nur aufgestellt werden in 1. Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, oder i

Rennwett- und Lotteriegesetz - RennwLottG | § 2


(1) Wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde. (2) Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Apr. 2018 - 9 K 4546/16 zitiert oder wird zitiert von 28 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 26. Apr. 2018 - 9 K 4546/16 zitiert 28 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2016 - 10 BV 15.590

bei uns veröffentlicht am 11.10.2016

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hi

Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Juni 2015 - M 2 K 13.5604

bei uns veröffentlicht am 09.06.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München Aktenzeichen: M 2 K 13.5604 Im Namen des Volkes Urteil 9. Juni 2015 2. Kammer Sachgebiets-Nr. 1030 Hauptpunkte: Wasserrecht; Rechtsnachfolge in übertragene Gew

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2017 - 10 CS 17.1147

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt. Gründe I

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2015 - 10 CS 15.1538

bei uns veröffentlicht am 10.11.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antra

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Aug. 2016 - 10 CS 16.893

bei uns veröffentlicht am 01.08.2016

Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. März 2016 wird angeordnet, soweit die Antragsgegnerin in Nr. 1 des Bescheides die Vermittlung von - (Live-)Wetten Über/Unte

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Apr. 2018 - 6 S 2250/17

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. März 2018 - 11 S 2776/17

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Tenor Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2017 - 4 K 5304/17 - teilweise geändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwalt ..., ..., beigeo

Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 17. Jan. 2018 - 3 K 11163/17

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens unter Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese auf sich behält.Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt. Gründe  I.1 Der Antrags

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 26. Okt. 2017 - 8 C 14/16

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Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung. 2

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 26. Okt. 2017 - 8 C 18/16

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Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung. 2

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 25. Apr. 2017 - 6 S 1765/15

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. August 2015 - 3 K 1196/13 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Kläger

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. Feb. 2017 - 6 S 916/16

bei uns veröffentlicht am 20.02.2017

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 06. April 2016 - 5 K 650/16 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfah

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 16. Dez. 2016 - 8 C 6/15

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Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 15. Juni 2016 - 8 C 5/15

bei uns veröffentlicht am 15.06.2016

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der der Klägerin die Annahme und die Vermittlung von Sportwetten untersagt wurde

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 09. Juni 2016 - 4 B 1437/15

bei uns veröffentlicht am 09.06.2016

Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 1.12.2015 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 5401/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3.9

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 09. Juni 2016 - 4 B 860/15

bei uns veröffentlicht am 09.06.2016

Tenor Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 1808/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.3.2015 durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. Sept. 2015 - 6 S 1426/14

bei uns veröffentlicht am 08.09.2015

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - geändert. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 wird aufgehoben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08.09

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 04. Sept. 2015 - 4 B 247/15

bei uns veröffentlicht am 04.09.2015

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 19. Februar 2015 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerde- verfahrens. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah- ren

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 04. Mai 2015 - 2 MB 1/15

bei uns veröffentlicht am 04.05.2015

Tenor Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 28.07.2014 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 21. Apr. 2015 - 4 B 1376/14

bei uns veröffentlicht am 21.04.2015

Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt. 1Die Beschwerde hat keinen Erfolg. 2Das Verwaltungsgericht hat d

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 24. Feb. 2015 - 1 BvR 472/14

bei uns veröffentlicht am 24.02.2015

Tenor 1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 27. September 2013 - 13a F 40/13 - sowie des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - verletzen die

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 09. Juli 2014 - 8 C 36/12

bei uns veröffentlicht am 09.07.2014

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, durch den ihr untersagt wurde, auf ihrer Internetseite für öffentliches Glücksspiel zu werben.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 22. Apr. 2014 - 6 S 215/14

bei uns veröffentlicht am 22.04.2014

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Januar 2014 - 3 K 1786/13 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfahr

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Juni 2013 - 8 C 39/12

bei uns veröffentlicht am 20.06.2013

Tenor Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit - in Bezug auf den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2007 für die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 11. Juli 2011 - 8 C 12/10

bei uns veröffentlicht am 11.07.2011

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels. Er ist Geschäftsführer der Firma W. ... GmbH, die in I. u.a. eine An

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 24. Nov. 2010 - 8 C 15/09

bei uns veröffentlicht am 24.11.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten an einen ausländischen privaten Wettanbieter.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 24. Nov. 2010 - 8 C 14/09

bei uns veröffentlicht am 24.11.2010

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten an einen ausländischen privaten Wettanbieter.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 24. Nov. 2010 - 8 C 13/09

bei uns veröffentlicht am 24.11.2010

Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich gegen das Verbot, in den Räumen eines Sportvereins Sportwetten an einen privaten Wettanbieter zu vermitteln.

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 2 K 13.5604

Im Namen des Volkes

Urteil

9. Juni 2015

2. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1030

Hauptpunkte: Wasserrecht; Rechtsnachfolge in übertragene Gewässerunterhaltungspflicht

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte -

bevollmächtigt: ...

wegen Wasserrecht; Feststellung der Unterhaltungslast

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 2. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ... den Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2015 am 9. Juni 2015 folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Einzelrechtsnachfolgerin einer Privatperson im Eigentum an einem Grundstück oder ob kraft Gesetzes die beklagte Gemeinde eine wasserrechtliche Unterhaltungsverpflichtung trifft.

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2009 Eigentümerin des Seeufergrundstücks ... 56 (FlNr. ..., Gemarkung ...) im Gebiet der Beklagten. Dieses Grundstück wird durch den ...bach, der auf FlNr. ... (Gemarkung ...) verläuft, in zwei Teilflächen geteilt. Der ...bach, ein Gewässer dritter Ordnung, mündet an der westlichen Grenze der vorgenannten Flurstücke in den ... See.

Am ... August 1982 erteilte das Landratsamt ... dem seinerzeitigen, im Jahr 2007 verstorbenen Eigentümer des vorgenannten Grundstücks antragsgemäß eine wasserrechtliche Plangenehmigung zum Gewässerausbau (Verbauung des Bachs) auf diesem Grundstück. In Ziffer 1.2.7 der Nebenbestimmungen dieses Bescheids wurde dem Antragsteller der Genehmigung gemäß Art. 44 BayWG a. F. die Gewässerunterhaltung „im Bereich des Grundstücks mit Fl.Nr. ...“ übertragen, „da der Antragsteller Hauptnutznießer aus der Maßnahme ist und die Unterhaltung allein dessen Interessen dient“. Diese Nebenbestimmung wurde von dem am Plangenehmigungsverfahren beteiligten Wasserwirtschaftsamt vorgeschlagen und vom Landratsamt in die Plangenehmigung übernommen. Die Plangenehmigung wurde mit Bescheid des Landratsamts vom ... März 1984 aufgrund einer Tektur der Planung wegen tatsächlich nicht plangemäßer Ausführung des Gewässerausbaus „geändert“. In Ziffer 2.2.5 der Nebenbestimmungen dieses Bescheids wurde eine mit der vorgenannten Nebenbestimmung gleichlautende Übertragung der Gewässerunterhaltungspflicht aufgenommen.

Im Jahr 2009 wurde nach einem schweren Unwetter und teilweiser Beschädigung der Uferverbauung des Bachverlaufs sowie Unterspülung der Gründung eines angrenzenden Bootshauses durch die Klägerin (mit Kenntnis des Landratsamts, das insoweit von einer Unterhaltungsmaßnahme ausging) die bisherige Ufersicherung durch Betonwände in einem Teilbereich des Grundstücks durch eine naturnähere Gestaltung mittels Steinsatz ersetzt.

In der Folgezeit erörterten die Beteiligten und das Landratsamt ... aufgrund eines erhöhten Geschiebeaufkommens im Bereich des Grundstücks der Klägerin die Frage der Unterhaltungslast am ...bach. Am 2. Oktober 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine grundsätzliche Klärung zwischen den beteiligten Behörden noch nicht habe herbeigeführt werden können.

Am 10. Dezember 2013 erhob die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, festzustellen, dass der Klägerin nicht die Unterhaltung des Gewässers ...bach im Bereich ... 56, Gemeinde ... (FlNr. ..., Gemarkung ...) obliegt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Bis zum Jahr 2010 habe es im Oberlauf des ...bachs zwei Stauwehre gegeben, eines davon, das die Funktion eines Kiesfangs gehabt habe, sei jedoch entfernt worden. Seither habe sich der Geschiebetransport des Bachs dauerhaft massiv erhöht. Im Mündungsbereich des Bachs komme es zu erheblichen Kiesanlandungen, die für das Grundstück der Klägerin und ein Nachbargrundstück die Gefahr von Überschwemmungen hervorrufen würden. Nach Aufforderung durch das Landratsamt ... ... ... habe die Beklagte im Jahr 2010 einmal den Bach und den Mündungsbereich ausbaggern lassen. Weitere Maßnahmen verweigere die Beklagte jedoch, da sie der Auffassung sei, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des früheren Grundstückseigentümers unterhaltungspflichtig sei und alle Unterhaltungsmaßnahmen allein ihrem Interesse dienen würden. Die Gewässerunterhaltung im fraglichen Bereich obliege kraft der gesetzlichen Regelung für Gewässer dritter Ordnung (wieder) der Beklagten, die auf den früheren Eigentümer übertragene Unterhaltungslast sei nicht auf die Klägerin übergegangen. Zu berücksichtigen sei bereits, dass die Klägerin mit der Renaturierung des Bachs den früheren Gewässerausbau (Betonwanne) beseitigt habe und damit die Übertragung der Unterhaltungslast ihren Anknüpfungspunkt verloren habe. Die Unterhaltungslast sei nicht im Wege der Rechtsnachfolge übergegangen. Die Regelung zur Übertragung der Unterhaltungslast habe bereits keinen rechtsnachfolgefähigen Inhalt. Die Übertragung erfolge nur, wenn und soweit die Voraussetzungen vorlägen. Diese Systematik bei der Übertragung der Unterhaltungslast stehe einem gleichsam automatischen Übergang der Unterhaltungsverpflichtung im Wege der Rechtsnachfolge entgegen. Sie könne mithin nicht mehr fortbestehen, wenn das Interesse des Dritten entfalle. Dies sei vorliegend wegen des Rückbaus der Uferverbauung der Fall. Hinzu komme, dass eine Übertragung nur auf Personen möglich sei, die in der Lage seien, die Aufgabe sachgerecht zu erfüllen. Dies sei bei automatischem Übergang auf einen Rechtsnachfolger nicht gewährleistet. Auch sei die Unterhaltungslast kein dinglicher Verwaltungsakt, bei dem teilweise eine Rechtsnachfolgefähigkeit angenommen werde. Die Regelung des Art. 23 Abs. 3 BayWG knüpfe indes personenbezogen an in einer Person liegende Umstände an. Tragende Grundsätze des Wasserrechts wie der fehlende Bestandsschutz würden die fehlende Nachfolgefähigkeit bestätigen.

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 beantragte die Beklagte

die Klage abzuweisen,

und erwiderte mit Schriftsatz vom 29. Januar 2014 im Wesentlichen: Die Beklagte gehe davon aus, dass die Übertragung der Unterhaltungspflicht durch die Plangenehmigung aus dem Jahr 1984 nur den Bereich habe umfassen sollen, in dem der ...bach auf dem Grundstück der Klägerin verlaufe. Diese Pflicht obliege der Klägerin. Die Unterhaltungspflicht sei als grundstücksbezogene Verpflichtung auf die Klägerin als Grundstückseigentümerin übergegangen und umfasse auch die Entfernung von Geschiebe im Gewässerbett. Der seinerzeitige Gewässerausbau habe im Interesse des damaligen Eigentümers gelegen. Er habe das „wilde Wasser gezähmt“, die Gefahr von Überschwemmungen und Hochwasserschäden habe minimiert werden sollen. Deshalb und weil der ...bach durch das Privatgrundstück verlaufe, sei der Eintritt der Rechtsnachfolge im Fall eines privatnützigen Gewässerausbaus sinnvoll. Die Gewässeranlage sei auf Dauer geschaffen worden und die Plangenehmigung sei unbefristet erteilt worden. Der Grundgedanke, der hinter der Maßnahme gestanden habe, wirke bis heute fort. Es sei ein (materielles) grundstücksbezogenes Interesse des jetzigen Grundstückseigentümers und damit Profiteurs der früheren Ausbaumaßnahme vorhanden. Bei den von der Klägerin vorgenommenen Umbaumaßnahmen an dem Gewässer handle es sich um unwesentliche Änderungen, welche die Unterhaltungspflicht nicht entfallen ließen.

Nach Akteneinsicht nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. April 2014 umfassend zu der Klageerwiderung und dem Verfahren Stellung: Zunächst sei klarzustellen, dass der frühere Eigentümer aus der Plangenehmigung allein deshalb berechtigt und verpflichtet worden sei, weil er als seinerzeitiger Ausbauunternehmer der Antragsteller im Plangenehmigungsverfahren gewesen sei. Die Klägerin halte an ihrer Auffassung fest, dass sie nicht gewässerunterhaltungspflichtig sei für den ...bach im Bereich ihres Grundstücks. Aus den Akten ergebe sich, dass die Sachbearbeiterin des Landratsamts die Rechtsauffassung vertreten habe, dass das ankommende Geschiebe nicht ausschließlich der Klägerin zugerechnet werden könne und dass wegen der allgemeinen Verpflichtung der Beklagten zum vorbeugenden Hochwasserschutz das Ausbaggern der Kiesablagerungen sowie die Errichtung eines Kiesfangs nicht allein im Interesse der Klägerin lägen. Zwar könne eine Plangenehmigung grundstücksbezogen sein, dies allein führe aber noch nicht dazu, dass eine Rechtsnachfolge in diesen Bescheid zwingend stattfinde. Obendrein treffe dies keine Aussage dazu, ob die Auflage selbst, die einen feststellenden Verwaltungsakt darstelle, personen- oder grundstücksbezogen sei. Die Übertragung nach Art. 23 Abs. 3 BayWG sei an einen bestimmten Adressaten gerichtet und ergehe in Bezugnahme auf dessen besonderes Interesse oder Aufwandsverursachung. Ausschlaggebend für die Übertragung seien personenbezogene Eigenschaften des Adressaten und keine sachbezogenen Eigenschaften des Grundstücks. Selbst wenn die Auflage jedoch grundstücksbezogen sei, sei eine Rechtsnachfolge ausgeschlossen. Die Übertragung der Unterhaltungslast setze voraus, dass der potentiell Unterhaltungspflichtige überhaupt zuverlässig und geeignet sei. Dies erfordere eine personenbezogene Einzelfallbetrachtung, die eine Rechtsnachfolge in den Bescheid nach Art. 23 Abs. 3 BayWG ausschließe. Die Beklagte treffe deshalb wieder die gesetzliche Unterhaltungspflicht.

Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 26. Juni 2014. Mit der Unterhaltungsverpflichtung würden die Rechte und Pflichten einer Person im Hinblick auf ein konkretes Grundstück bzw. Gewässer festgeschrieben, ohne dass es hierbei auf Voraussetzungen ankomme, die in der Person des Verpflichteten selbst liegen. Eine Regelung nach Art. 23 Abs. 3 BayWG setze beispielsweise keine Zuverlässigkeitsprüfung voraus und erfolge gerade nicht in Ansehen einer ganz bestimmten Person. Als grundstücksbezogene Regelung sei die Gewässerunterhaltungspflicht auch rechtsnachfolgefähig. Der Grundstücksbezug stelle hierfür ein Indiz dar, das Wasserrecht kenne Rechtsnachfolgeklauseln und enthalte den Grundsatz, dass immer für eine ordnungsgemäße Gewässerbewirtschaftung zu sorgen sei. Selbst wenn aber die Auflage als solche isoliert betrachtet nicht rechtsnachfolgefähig wäre, dann sei ihre Rechtsnachfolgefähigkeit jedenfalls über die Akzessorietät zur grundstücks- und sachbezogenen, nach wie vor wirksamen Plangenehmigung anzunehmen.

Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2014 nahm die Klägerin erneut umfassend zum weiteren Vorbringen der Beklagten Stellung.

Aufgrund entsprechender Empfehlung der Kammer in der ersten mündlichen Verhandlung am 22. Juli 2014 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 8. August 2014 beim Landratsamt ... die Überprüfung und Neubescheidung der mit Plangenehmigung vom ... August 1982, dort Auflage Ziffer 2.2.5 übertragenen Sonderunterhaltungslast, die wegen mehrerer veränderter Umstände angebracht sei.

Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2014 teilte die Klägerin mit, dass das Landratsamt mit Schreiben vom 18. September 2014 den Antrag der Klägerin abgelehnt habe und dass hiergegen Klage (M 2 K 14.4686) erhoben worden sei. Dieses neue Klageverfahren sei der anhängigen Feststellungsklage vorgreiflich.

In den Terminen der zweiten (am 10. März 2015) und dritten (am 9. Juni 2015) mündlichen Verhandlung wurde jeweils auch das Parallelverfahren (M 2 K 14.4686), an dem auch die Beteiligten dieses Verfahrens beteiligt waren, erörtert. Am 10. März 2015 wurden insbesondere die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse am ...bach mit einem Vertreter des Wasserwirtschaftsamts und einem Vertreter eines von der Klägerin beauftragten Ingenieurbüros erörtert. Im Übrigen wiederholten und vertieften die Beteiligten jeweils ihr schriftsätzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin trifft die Gewässerunterhaltungsverpflichtung nach Ziffer 2.2.5 der Plangenehmigung des Landratsamts ... vom ... März 1984; auf den rechtlichen Fortbestand der Ziffer 1.2.7 der ursprünglichen, mit dem Bescheid vom ... März 1984 geänderten Plangenehmigung des Landratsamts ... vom ... August 1982 kommt es nicht weiter an, da beide Nebenbestimmungen gleichlautend sind. Danach wurde dem Adressaten der Plangenehmigungen und früheren Eigentümer des Grundstücks FlNr. ... (Gemarkung ...) die Gewässerunterhaltung im Umfang des Art. 42 BayWG a. F. (wobei Art. 42 Satz 2 Nr. 1 BayWG a. F. im Wesentlichen § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG entspricht) „im Bereich des Grundstücks FlNr. ...“ übertragen. Diese Verpflichtung bezieht sich aber nur insoweit auf den auf FlNr. ... (Gemarkung ...) fließenden ...bach, als dieser im Bereich des klägerischen Grundstücks verläuft (dies ist zwischen den Beteiligten inzwischen unstreitig und wurde vom Landratsamt ... auch auf Seite 2 des Bescheids vom ... September 2014, der Gegenstand des Verfahrens M 2 K 14.4686 ist, klargestellt). Als Einzelrechtsnachfolgerin im Eigentum am Grundstück FlNr. ... (Gemarkung ...) trifft nunmehr die Klägerin diese Verpflichtung.

Im Einzelnen:

Zwar besteht keine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Rechtsnachfolge in eine (abstrakte oder konkrete) wasserrechtliche Unterhaltungsverpflichtung (nachfolgend 1.). Im Wege der Auslegung ergibt sich jedoch, dass es sich bei der Übertragung der Unterhaltungsverpflichtung um eine rechtsnachfolgefähige Verpflichtung handelt (nachfolgend 2.) und auch ein Rechtsnachfolgetatbestand erfüllt ist (nachfolgend 3.).

1. Eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Rechtsnachfolge in die konkret streitige wasserrechtliche Unterhaltungsverpflichtung besteht nicht.

In den Plangenehmigungen vom ... August 1982 und ... März 1984 wurde insoweit keine Bestimmung für den Fall der Rechtsnachfolge getroffen. Aus der insoweit fehlenden Regelung sowie aus den Formulierungen der jeweiligen Nebenbestimmungen, wonach „der Antragsteller“ (und nicht etwa „der Eigentümer“) verpflichtet wurde, kann entgegen der Auffassung der Klägerin kein Rückschluss darauf gezogen werden, das Landratsamt hätte seinerzeit eine Rechtsnachfolge in diese Verpflichtung ausschließen wollen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass das Landratsamt mit der Formulierung seinerzeit exakt einen Auflagenvorschlag des die Maßnahme vorrangig unter wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilenden Wasserwirtschaftsamts übernahm (vgl. dessen Stellungnahmen vom 2.6.1982 /28.10.1983).

Auch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht nicht (vgl. die lediglich punktuellen wasserrechtlichen Regelungen etwa in § 8 Abs. 4 WHG oder Art. 55 Abs. 1 BayWG, die keinen Umkehrschluss dahingehend erlauben, dass hinsichtlich der Übertragung der Gewässerunterhaltungsverpflichtung eine Rechtsnachfolge ausgeschlossen wäre). Eine explizite Regelung zur Rechtsnachfolge in eine öffentlichrechtliche Verpflichtung ist indes im jeweiligen materiellen Recht auch nicht zwingend erforderlich, sondern kann ihm auch durch Auslegung entnommen werden (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 260). Zu prüfen ist deshalb, ob die konkret streitige, durch die Plangenehmigungen konkretisierte Verpflichtung nach Art. 44 Abs. 3 BayWG a. F. bzw. Art. 23 Abs. 3 BayWG rechtsnachfolgefähig ist und ob ein Rechtsnachfolgetatbestand erfüllt ist (vgl. zu diesen Merkmalen: OVG NRW, U.v. 7.11.1995 - 11 A 5922/94 - juris Rn. 4; Reimer, DVBl 2011, 201/202, 207; Peine, JuS 1997, 984/988).

2. Bei der vorliegend konkret übertragenen Gewässerunterhaltungsverpflichtung handelt es sich um eine sachbezogene und rechtsnachfolgefähige Verpflichtung (schon deshalb und auch wegen der Selbstständigkeit der mit Ziffer 1.2.7 der Plangenehmigung vom ... August 1982 und Ziffer 2.2.5 der Plangenehmigung vom ... März 1984 ausgesprochenen Verpflichtung kommt es auf den Rechtscharakter der Plangenehmigung selbst nicht weiter an).

a) Zu den sachbezogenen Verwaltungsakten zählen (auch) solche, die zwar konkret die Pflichten einer bestimmten Person (z. B. des Eigentümers) im Hinblick auf eine konkrete Sache festschreiben, die nach dem gesetzlichen Prüfprogramm jedoch ohne Ansehen der Person, insbesondere ohne Zuverlässigkeitsüberprüfungen, sondern im Hinblick auf den Zustand einer Sache ergehen (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 259). Während - stets unter Berücksichtigung ggf. bestehender Besonderheiten des jeweils maßgeblichen materiellen Rechts - höchstpersönliche Pflichten, also solche, die sich nicht von der Person des Trägers lösen lassen und sich in diesem persönlichen Bezug erschöpfen, nicht rechtsnachfolgefähig sind, ist dies bei sachbezogenen, durch Verwaltungsakt konkretisierten öffentlichrechtlichen Verhaltenspflichten regelmäßig der Fall (BVerwG, U.v. 16.3.2006 - 7 C 3/05 - juris Rn. 19 f., 27; HessVGH, B.v. 17.6.1997 - 14 TG 2673/95 - juris Rn. 17 m. w. N.; OVG Lüneburg, B.v. 6.3.1989 - 3 L 19/89 - juris; vgl. auch: Peine, JuS 1997, 984/986; Stelkens, a. a. O., Rn. 260: Sachbezug jedenfalls Indiz für Rechtsnachfolgefähigkeit). Ob hierfür sogar schon ein Überwiegen der sachbestimmten Bezüge gegenüber den personalen Elementen der Verpflichtung ausreicht (vgl. hierzu: BVerwG, U.v. 29.4.2015 - 6 C 39/13 - juris Rn. 17) kann offen bleiben, denn die vorliegend streitige Verpflichtung aus den Plangenehmigungen vom ... August 1982 und ... März 1984 stellt eine rein sachbezogene Regelung dar.

Die Kammer teilt nicht die Auffassung der Klägerin, für die Übertragung der Unterhaltungslast seien personenbezogene Eigenschaften des Adressaten der Plangenehmigungen ausschlaggebend gewesen. Hiergegen spricht schon, dass - wie bereits dargelegt - das Landratsamt mit der Nebenbestimmung seinerzeit einen Auflagenvorschlag des die Maßnahme vorrangig unter wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilenden Wasserwirtschaftsamts übernahm. Auch können den Behördenakten des seinerzeitigen Genehmigungsverfahrens keine Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass die persönliche Eignung, finanzielle Leistungsfähigkeit oder individuelle Zuverlässigkeit des früheren Grundstückseigentümers bei der Übertragung der Unterhaltungslast eine Rolle gespielt hätten. Dies entspricht dem gesetzlichen Tatbestand des Art. 44 Abs. 3 BayWG a. F., der an die persönliche Eignung der „Beteiligten“, auf die die Unterhaltungslast übertragen werden kann, keine Anforderungen stellte. Vielmehr definierte Art. 50 BayWG a. F. die Beteiligten als „die Eigentümer der Gewässer, die Anlieger und diejenigen Eigentümer von Grundstücken und Anlagen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben oder die Unterhaltung erschweren“. Auch die gesetzliche Regelung betonte mithin sachbezogene Aspekte, nämlich im Kern die Eigentümerstellung des Beteiligten oder jedenfalls die ebenfalls sachbezogene Anliegerstellung einer Person hinsichtlich eines Grundstücks. Damit erfüllt die Übertragung der Unterhaltungslast die vorgenannten Merkmale eines sachbezogenen Verwaltungsakts, der zwar konkret die Pflichten einer bestimmten Person im Hinblick auf eine konkrete Sache, hier ein Gewässergrundstück, festschreibt und ohne Betonung des Ansehens der Person vor allem im Hinblick auf den Zustand einer Sache ergeht. Im Übrigen verwirklichte sich auch der die Übertragung rechtfertigende Vorteil des Pflichtigen vorrangig in Bezug auf sein Grundstück (und nicht in Bezug auf seine konkrete Person).

Zwar ist zutreffend, worauf die Klägerin hingewiesen hat, dass die Behörde nicht gleichsam „sehenden Auges“ die Gewässerunterhaltungslast auf einen unzuverlässigen oder nicht leistungsfähigen Beteiligten übertragen soll (vgl. Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand September 2014, Art. 23 BayWG Rn. 24). Allein hierdurch wird indes die Regelung noch nicht maßgeblich von personalen Elementen geprägt. Inhaltlich besteht die Erfüllung der Unterhaltungslast vielmehr zweifellos aus vertretbaren Handlungen, wie die derzeitige tatsächliche Wahrnehmung der Unterhaltungslast durch die Klägerin zeigt und auch die ausdrückliche Regelung zur Ersatzvornahme in Art. 24 Abs. 2 BayWG belegt. Vertretbare Handlungen stellen aber regelmäßig keine höchstpersönliche Pflicht dar und sind rechtsnachfolgefähig (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 - 7 C 3/05 - juris Rn. 27). Deshalb greift auch die von der Klägerin angeführte Überlegung, dass bei Annahme einer Nachfolgefähigkeit die Unterhaltungslast eine Person treffen könnte, die zur sachgerechten Wahrnehmung der Verpflichtung nicht in der Lage ist, nicht durch. Neben der Möglichkeit der Ersatzvornahme besteht in diesem Fall für die zuständige Behörde immer auch die Möglichkeit, die früher ausgesprochene Übertragung wieder aufzuheben.

b) Auch die weitere Argumentation der Klägerin greift nicht durch. Sie macht geltend, Art. 44 Abs. 3 BayWG a. F. sehe eine Begrenzung in zeitlicher und sachlicher Hinsicht vor („wenn und soweit…“), der Vorteil des früheren Grundstückseigentümers liege aktuell bei der Klägerin aber nicht mehr vor, woraus sich die fehlende Nachfolgefähigkeit ergebe. Maßgeblich für die Rechtsnachfolgefähigkeit sind indes nicht die abstrakten Tatbestandsmerkmale der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm, sondern die in den Nebenbestimmungen zu den Plangenehmigungen konkretisierte und bestandskräftige Regelung. Sie wurde unbefristet und unbedingt ausgesprochen und so vom seinerzeitigen Eigentümer des Grundstücks akzeptiert. Mögliche spätere tatsächliche Veränderungen vermögen nicht die Sachbezogenheit und Rechtsnachfolgefähigkeit dieser Verpflichtung in Frage zu stellen, sondern allenfalls einen Anlass dafür geben, ggf. mit den rechtlichen Instrumentarien zur Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsakten (insbesondere Art. 51 BayVwVfG) hierauf zu reagieren. Im Übrigen trifft auch in tatsächlicher Hinsicht die Darstellung der Klägerin, durch die naturnähere Umgestaltung der früheren Betonverbauung des ...bachs habe die Übertragung der Unterhaltungslast ihren „Anknüpfungspunkt“ verloren, schon deshalb nicht zu, weil die Betonverbauung teilweise noch besteht (vgl. Fotos in Anlage K 2). Für die Frage des Vorteils i. S.v. Art. 44 Abs. 3 BayWG a. F. ist aber ohnehin nicht der Fortbestand der seinerzeit konkret vorgenommenen Art und Weise der Verbauung maßgeblich, sondern die auch nach der Umgestaltung fortbestehende, mit dem Eingriff in den natürlichen Bachverlauf verbundene günstigere und in Bezug auf Hochwasser- und Starkregenereignisse sicherere - insbesondere bauliche - Nutzungsmöglichkeit des Seeufergrundstücks.

3. Schließlich ist auch ein Rechtsnachfolgetatbestand erfüllt. Dieser kann sich aus Gesetz, Verwaltungsakt oder Rechtsgeschäft ergeben (OVG NRW, U.v. 7.11.1995 - 11 A 5922/94 - juris Rn. 6) und liegt vorliegend im rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb der Klägerin an dem Grundstück, auf das sich die sachbezogene Regelung der Unterhaltungslast bezieht, begründet.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 15.000,00 festgesetzt

(Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an den in einem Zeitraum von drei Jahren zu erwartenden Unterhaltungsaufwendungen der Klägerin).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

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Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

71

ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

84

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

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Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

70

Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

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ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

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Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

(1) Ein Spielgerät, bei dem der Gewinn in Geld besteht (Geldspielgerät), darf nur aufgestellt werden in

1.
Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, oder in Beherbergungsbetrieben,
2.
Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen oder
3.
Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes, es sei denn, in der Wettannahmestelle werden Sportwetten vermittelt.

(2) Ein Geldspielgerät darf nicht aufgestellt werden in

1.
Betrieben auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten,
2.
Trinkhallen, Speiseeiswirtschaften, Milchstuben, Betrieben, in denen die Verabreichung von Speisen oder Getränken nur eine untergeordnete Rollespielt,
3.
Schank- oder Speisewirtschaften oder Beherbergungsbetrieben, die sich auf Sportplätzen, in Sporthallen, Tanzschulen, Badeanstalten, Sport- oder Jugendheimen oder Jugendherbergen befinden, oder in anderen Schank- oder Speisewirtschaften oder Beherbergungsbetrieben, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden oder
4.
Betriebsformen, die unter Betriebe im Sinne von § 2 Absatz 2 des Gaststättengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3418), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist, fallen.

(1) Wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde.

(2) Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, und auch für die Personen, deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf die Erlaubnis nur für die Örtlichkeiten ihres Landesgebiets erteilen. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung oder einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt oder mit einer Auflage oder einem Vorbehalt einer nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage verbunden werden.

(3)

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels. Er ist Geschäftsführer der Firma W. ... GmbH, die in I. u.a. eine Annahmestelle für Sportwetten mit festen Gewinnquoten betrieb. Sie vermittelte Wetten an die Firma P. GmbH mit Sitz in Österreich sowie an die Firma I. ... mit Sitz in Großbritannien, die nach Angaben des Klägers in ihren Heimatländern zum Abschluss und zur Vermittlung von Wetten konzessioniert sind. Mit Verfügung vom 23. Februar 2005 untersagte die Beklagte dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs und unter Androhung von Zwangsgeld, im Geschäftslokal der Firma W. ... GmbH in I. Sportwetten zu vermitteln, und gab ihm auf, die untersagte Tätigkeit unverzüglich einzustellen. Zur Begründung hieß es, dass die Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis verboten sei und daher eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstelle, gegen welche die Polizeibehörde einschreiten könne. Den Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt R. mit Bescheid vom 12. Juni 2006 zurück.

2

Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. November 2007 abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 1. April 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

3

Die Untersagungsverfügung sei ein Dauerverwaltungsakt. Für die Beurteilung maßgeblich sei damit die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Die Untersagungsverfügung habe sich für die Zeiträume vor dem 1. Januar 2009 durch Zeitablauf erledigt. Der Kläger habe seinen Anfechtungsantrag insoweit nicht auf einen Feststellungsantrag umgestellt.

4

Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung sei §§ 1, 3 des Polizeigesetzes, nunmehr in Verbindung mit dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Der Kläger habe keine Erlaubnis für eine Vermittlungstätigkeit und könne wegen des staatlichen Monopols auch keine Erlaubnis erhalten. Das staatliche Monopol sei verfassungsgemäß. Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG sei verhältnismäßig. Der Gesetzgeber habe mit der Errichtung des staatlichen Monopols ein geeignetes und erforderliches Mittel gewählt, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Das Monopol sei in materiellrechtlicher und organisatorischer Hinsicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft und Wettsucht ausgerichtet. Die Erzielung von Einnahmen sei nicht Gesetzeszweck.

5

Der Gesetzgeber habe ausreichende inhaltliche Kriterien zu Art und Zuschnitt der Sportwetten sowie zu ihrer Vermarktung im Glücksspielstaatsvertrag festgelegt. Wetten seien nur als Kombinationswetten oder Einzelwetten auf den Spielausgang erlaubt. Wetten über das Internet seien nicht gestattet. Diese Vorschriften dienten dem Spielerschutz. Der Glücksspielstaatsvertrag enthalte die erforderlichen wesentlichen Vorschriften zur Vertriebsstruktur. Alle Annahmestellen und Vermittler bedürften der Erlaubnis. Die Vertriebswege seien so ausgewählt und eingerichtet, dass der Spieler- und Jugendschutz gewährleistet sei und der Eindruck vermieden werde, bei der Wettabgabe handele es sich um ein Gut des täglichen Lebens. Das staatliche Angebot über Zeitschriften- und Tabakläden zu vertreiben, vermeide eine Wettabgabe in Anonymität und erleichtere die Information der Spieler. Die Kundenkarte diene dem Spielerschutz. Die Mitarbeiter in den Annahmestellen würden im Hinblick auf problematisches Suchtverhalten geschult. Auch würden Sozialkonzepte kontinuierlich evaluiert. Die Werbung stehe mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages in Einklang. Eine allgemeine Imagewerbung für den Deutschen Toto- und Lottoblock sei zulässig. Ein gewisser Umfang an Werbung sei erforderlich, um eine Kanalisierung der Spielleidenschaft zu bewirken. Es bestehe auch kein strukturelles Vollzugsdefizit im Hinblick auf die Suchtprävention und den Jugendschutz.

6

Das Monopol verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Der Gleichheitssatz binde jeden Träger der öffentlichen Gewalt nur in seinem Zuständigkeitsbereich. Pferdewetten und das Aufstellen, die Zulassung und der Betrieb von Geldspielautomaten fielen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Landesgesetzgebers und seien deshalb als Vergleichsmaßstab nicht heranzuziehen. Bezüglich der Spielbanken liege kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, weil der Gesetzgeber unterschiedliche Ausgangslagen vorgefunden habe und der Glücksspielstaatsvertrag in wesentlichen Bereichen auch auf Spielbanken anwendbar sei.

7

Das Monopol sei auch mit Unionsrecht vereinbar. Tangiert sei die Dienstleistungs- oder die Niederlassungsfreiheit. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses rechtfertigten das Monopol, wobei die Festlegung des Schutzniveaus Sache des Mitgliedstaates sei. Der Gesetzgeber müsse das gesteckte Ziel nicht im gesamten Glücksspielbereich in kohärenter und systematischer Weise verfolgen, sondern nur im Bereich der Sportwetten. Das Kohärenzgebot werde durch die noch von der DDR erteilten Gewerbeerlaubnisse nicht in Frage gestellt. Diese beruhten auf Alt-Rechten und führten nicht zu einer Ausweitung des Sportwettenangebots. Die Länder strebten an, diese Erlaubnisse zum Erlöschen zu bringen. Das gemeinschaftsrechtliche Kohärenzgebot werde auch erfüllt, wenn dieses eine kohärente Glücksspielpolitik insgesamt erfordere. Die Erteilung von Buchmacherkonzessionen sei nicht inkohärent. Diese spielten im Verhältnis zum gesamten Glücksspielbereich nur eine sehr untergeordnete Rolle und machten nach Angaben der Bundesregierung nur 0,5 % des Glücksspielmarktes aus. Für das Spielen in Casinos enthalte das Spielbankengesetz für Baden-Württemberg erhebliche Begrenzungen und Maßgaben zum Spielerschutz. Auch bezüglich der Spielbanken anderer Länder bestünden keine Bedenken hinsichtlich einer konsistenten bereichsübergreifenden Glücksspielpolitik. Dasselbe gelte für das Automatenspiel.

8

Mit der Revision rügt der Kläger, die angefochtenen Bescheide seien gegen den falschen Adressaten gerichtet. Zudem verletze der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV. Das staatliche Sportwettenmonopol verstoße gegen die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Die gesetzlichen Regelungen über Art und Zuschnitt der im staatlichen Monopol vertriebenen Sportwetten, Vertriebsstruktur und Werbung ließen keine konsequente Ausrichtung am Spieler- und Jugendschutz erkennen. Ferner sei offenkundig, ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Vermarktung der staatlichen Sportwetten gegeben, das eine Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs ebenfalls ausschließe. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit verlange des Weiteren, dass staatliches Handeln widerspruchsfrei sei. Daran fehle es, weil eine harmonisierte, einheitliche Glücksspielpolitik, die Pferdewetten, Spielbanken sowie das gewerbliche Automatenspiel einbeziehe, nicht ersichtlich sei. Die ungleiche Ausgestaltung der verschiedenen Glücksspielbereiche begründe zudem einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Aus der inkohärenten Glücksspielpolitik des Staates ergebe sich auch eine Verletzung der unionsrechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit. Das Erfordernis der Kohärenz verlange, dass das Sportwettenmonopol in seiner rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung mit Blick auch auf andere Glückspielbereiche geeignet sei, das mit der Monopolregelung angestrebte Ziel des Spieler- und Jugendschutzes und der Spielsuchtbekämpfung zu erreichen. Das sei nicht der Fall. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne eine sektorenbeschränkte Betrachtung nicht rechtfertigen.

9

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2007 und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. April 2010 zu ändern

und den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2005 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts R. vom 12. Juni 2006 aufzuheben.

10

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Ein staatliches Glücksspielmonopol sei unionsrechtlich auch nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich zulässig.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Zwar kann er nicht damit gehört werden, dass die angefochtenen Bescheide nicht gegen ihn hätten gerichtet werden dürfen; diese Rüge betrifft kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO), sondern nur die Anwendung der polizeirechtlichen Generalklausel, die dem Landesrecht angehört. Der angefochtene Beschluss beruht aber auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit er ohne Differenzierung nach dem Aussagegehalt davon ausgeht, eine allgemeine Imagewerbung des Monopolanbieters sei verfassungs- und unionsrechtlich unbedenklich. Darüber hinaus beruht er auf der fehlerhaften Annahme, Art. 49 und 56 AEUV erforderten eine Kohärenzprüfung der Monopolregelung nur anhand des betroffenen Glücksspielsektors bezogen auf das jeweilige Bundesland. Da sich der Beschluss auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt, war die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 4 und Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

13

1. Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Anfechtungsantrag des Klägers, soweit er die Betriebsuntersagung für die Zeit vor dem 1. Januar 2009 betrifft, unzulässig ist, und der Kläger eine effektive gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide anhand der Rechtslage vor dem 1. Januar 2009 nur über eine Feststellungsklage hätte erreichen können. Da sich die Anfechtung auf ein Unterlassungsgebot bezieht, das sich für den jeweils zurückliegenden Zeitraum erledigt, ist die in der Vergangenheit liegende Sach- und Rechtslage nicht erheblich; der Verwaltungsakt würde nur mit Wirkung ex nunc aufgehoben. Für die Vergangenheit hätte der Kläger nur die Feststellung begehren können, die Behörden seien bis zur Rechtsänderung zum Erlass des Verwaltungsaktes nicht berechtigt gewesen (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 25.93 - BVerwGE 97, 214 <220> = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 31; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: 1997, § 113 Rn. 34, 83).

14

Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen.

15

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist entschieden, dass sich der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem jeweiligen materiellen Recht richtet (Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 25.93 - a.a.O.). Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes (Urteil vom 28. Juli 1989 - BVerwG 7 C 39.87 - BVerwGE 82, 260 <261> = Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 29). Es ist aber auch anerkannt, dass die Gerichte bei der Beurteilung von Dauerverwaltungsakten die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung jedenfalls dann zu berücksichtigen haben, wenn das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 3 C 6.97 - BVerwGE 106, 141 <143 f.> = Buchholz 418.21 ApBO Nr. 15).

16

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt eingeordnet und ist durch Auslegung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages zu der Einschätzung gekommen, die Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, da sich aus irrevisiblem Landesrecht kein anderer Zeitpunkt ergebe. An diese Annahme und die sich daran anschließende Einschätzung ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO; vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

17

Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 f.). Danach ist ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bei einer "Alt-Verfügung" wie der gegenüber dem Kläger ergangenen Untersagungsverfügung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange und soweit daraus nicht gefolgert werden kann, diese stelle sich schon ursprünglich als rechtmäßig dar. Das ist vorliegend der Fall. Die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist weder Gegenstand des angegriffenen Urteils noch der Revisionsentscheidung. Auch aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ergibt sich nichts Abweichendes. Mit der prozessualen Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung für die Zeit vor dem 1. Januar 2009 im Rahmen eines Feststellungsbegehrens überprüfen zu lassen, ist dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, hinreichend Rechnung getragen (vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Februar 2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405). Dies gilt auch in Ansehung dessen, dass die Beklagte die Untersagungsanordnung infolge des Inkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrages auf eine neue Rechtsgrundlage stützt. Der Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ist nicht unzumutbar beschränkt, wenn die Überprüfung der Untersagungsverfügung am Maßstab der neuen Rechtslage durch die Tatsacheninstanz eröffnet ist. Schließlich ist gegen ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch aus Sicht des Unionsrechts nichts zu erinnern.

18

2. Das Revisionsgericht hat seiner Entscheidung nach § 137 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO die berufungsgerichtliche Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen baden-württembergischen Ausführungsgesetzes vom 4. März 2008 zugrundezulegen und nur zu überprüfen, ob diese mit revisiblem Recht in Einklang stehen. Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet und dass die vom Kläger vermittelten Sportwetten als Glücksspiele anzusehen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV in Baden-Württemberg nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung einer Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil diese Vorschriften eine Vermittlung von Sportwetten an andere Veranstalter als die Träger des staatlichen Sportwettenmonopols verbieten. Die den in Österreich und in Großbritannien ansässigen Wettunternehmen erteilten Konzessionen ersetzen nicht die für die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Sportwetten notwendige Erlaubnis durch das Land Baden-Württemberg.

19

3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtenen Bescheide seien mit dem Grundgesetz vereinbar, ist revisionsrechtlich fehlerhaft. Die dem zugrunde liegende Erwägung, der Eingriff sei am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt, beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

20

a) Der Senat hat bereits entschieden, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt ist und dass die Monopolregelung nach dem Glücksspielstaatsvertrag verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen (vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - NVwZ 2011, 554 Rn. 23 ff.). Daran hält der Senat auch für das baden-württembergische Sportwettenmonopol fest. Die dem zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen hat, sind für das revisionsgerichtliche Verfahren bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).

21

Danach verfolgt der Gesetzgeber mit dem staatlichen Sportwettenmonopol keine rein fiskalischen Interessen. Eine solche illegitime Zwecksetzung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Inhaber des Monopols Andere mit Unterlassungsklagen überziehen, die sie auf das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb - UWG - stützen. Das UWG ist anwendbar, ohne dass es auf ein Wettbewerbsverhältnis ankommt (vgl. Keller, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl. 2009, § 2 Rn. 4). Dementsprechend hat sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. Februar 2008 - I ZR 140/04 - (juris) nicht mit der Frage eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen dem staatlichen Monopolanbieter von Sportwetten und einem Anbieter von Sportwetten über das Internet befasst.

22

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand, soweit sie Art und Zuschnitt der Sportwetten, ihre Vermarktung und den Vertrieb über gewerbliche Annahmestellen betrifft. Sie berücksichtigt die rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen, die das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit an die Ausgestaltung der Werbung für das Monopol stellt, jedoch nur unzureichend.

23

aa) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die glücksspielstaatsvertragliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (in engerem Sinne) gerecht wird (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 32 f., 35). Der Verwaltungsgerichtshof durfte davon ausgehen, dass über § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3, § 4 Abs. 4 GlüStV hinaus eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails nicht erforderlich war. Die nähere Konkretisierung der Angebotsformen ist auf der Grundlage von § 4 GlüStV geregelt. Die Erlaubniserteilung ist streng an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Monopolangebot, die nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wurden, entspricht die Praxis diesen Anforderungen. So hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Spieleinsätze und der Verlusthöhe darauf hingewiesen, dass die dem Monopolträger erteilte Erlaubnis vom 20. November 2008 (GA Bl. 2008 S. 410) entsprechende Begrenzungen vorgenommen hat, die dem Zweck der Suchtprävention dienen.

24

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen baden-württembergischen Ausführungsvorschriften genügen auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne), soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird. Der Gesetzgeber hat die Zahl der Annahmestellen begrenzt (§ 10 Abs. 3 GlüStV, § 7 Abs. 1 AGGlüStV) und ein strenges Erlaubnisverfahren für alle Annahmestellen vorgesehen (§ 4 Abs. 1 GlüStV, § 7 AGGlüStV).

25

Der Verwaltungsgerichtshof musste auch nicht von einer Verpflichtung des Gesetzgebers ausgehen, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe aufzugeben. Seine Annahme, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbare normale Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich auch dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden, schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 39). Eine quantitative Begrenzung der Annahmestellen hat das Berufungsgericht über die verbindliche Vorgabe in der dem Monopolträger erteilten Erlaubnis (GA Bl. 2008 S. 410; Begrenzung auf 3 630 Annahmestellen) und zudem über das Vertriebskonzept als gewährleistet angesehen, das nach seinen Feststellungen Bestandteil der Erlaubnis ist. Der Einwand der Revision, das Vertriebsnetz habe sich seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht nicht verändert, geht an diesen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren angenommen, durch ergänzende Maßnahmen (Einführung einer Kundenkarte, Identitätskontrollen, persönliche Registrierung des Spielers, Einführung eines Spielersperrsystems, separate Abrechnung und Bezahlung der Wetten, Warnhinweise auf den Spielscheinen und -quittungen, vgl. §§ 7, 8, § 21 Abs. 3 Satz 2 GlüStV, §§ 9 f. AGGlüStV) sei sichergestellt, dass die Wettabgabe im gewählten System des Vertriebs über Zeitschriften-, Schreibwaren- und Tabakläden nicht als Geschäft des täglichen Lebens und unbedenkliche Freizeitbeschäftigung erscheint. Auch insoweit werden von der Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben.

26

Der Verwaltungsgerichtshof durfte des Weiteren zugrunde legen, dass das Ziel der Kanalisierung des vorhandenen Spieltriebs in geordnete und überwachte Bahnen und damit verbunden das Ziel des Jugend- und Spielerschutzes im Verbundbetrieb besser gewährleistet sind als bei einem Vertrieb über gesonderte Wettlokale. Nach seinen Feststellungen kann in den Annahmestellen des Verbundbetriebs eine soziale Kontrolle sichergestellt und eine Wettabgabe in der Anonymität verhindert werden; zudem ist der Verbundbetrieb geeignet, den Zugang zu Informationen und Maßnahmen der Suchtprävention zu erleichtern (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 40). Auch die Kontrolle der Vermittler trägt dazu bei, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten.

27

Der Gesetzgeber war schließlich auch nicht verpflichtet, die Vermarktung des staatlichen Wettangebots mit einem Provisionsverbot zu belegen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dies erübrige sich bei einem Vertrieb nur durch untergeordnete Nebentätigkeiten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung (vgl. Urteil des Senats vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 42).

28

Entgegen der Annahme der Revision verlangt die verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht die Einbeziehung sonstiger Glücksspielbereiche. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht darauf abgestellt, dass es insoweit allein auf eine konsequente und konsistente Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols ankommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 a.a.O. Rn. 17 unter Verweis auf das Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276).

29

bb) Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Konkretisierung der Werbebeschränkung in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie eine allgemeine Imagewerbung für den Deutschen Toto- und Lotto-Block ohne Differenzierung nach dem Aussagegehalt für rechtlich zulässig erachtet.

30

Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon ausgegangen, dass sich die Werbung für das staatliche Wettangebot zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Wetten zu beschränken hat und nicht zum Wetten auffordern, anreizen und ermuntern darf (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318). Jedoch lassen seine Ausführungen im Zuge der Anwendung dieser Maßstäbe erkennen, dass er sich von einer unzutreffenden Unterscheidung zwischen zulässiger und unzulässiger Werbung hat leiten lassen.

31

Richtig ist, dass eine allgemeine Imagewerbung und die Verwendung einer Dachmarke nicht zwangsläufig unzulässig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 52). Eine solche Werbung muss sich aber ebenfalls auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten beschränken. Sie darf auf die Legalität und Seriosität des Monopolangebots hinweisen, aber nach ihrem Aussagegehalt nicht zum Wetten motivieren. Die zulässige Kanalisierung der Wettleidenschaft rechtfertigt nur, bereits zum Wetten Entschlossene zum Monopolangebot hin zu lenken, nicht jedoch, noch Unentschlossene zur Teilnahme an Wetten anzureizen oder zu ermuntern (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48). Unzulässig sind daher stimulierende Bezugnahmen auf herausragende Sportereignisse oder die Verknüpfung auch rein informativer Hinweise mit der Ankündigung von Sonderausschüttungen oder anderen höheren oder zusätzlichen Gewinnchancen. Auch eine Aufmachung, die etwa durch befristete Angebote Entscheidungsdruck suggeriert, ist nicht erlaubt. Weist der Monopolträger auf eine Verwendung der geflossenen Geldmittel hin, ist dies unbedenklich, wenn es sich nach der konkreten Aufmachung nur um eine sachliche Information im Sinne einer Rechenschaftslegung ohne Bezug zu konkreten Spielmöglichkeiten handelt. Dagegen darf der Hinweis nicht mit einem solchen Bezug verknüpft und das Wetten selbst nicht zum sozialadäquaten oder gar wünschenswerten, positiv zu beurteilenden, sozial verantwortlichen Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 51).

32

Dass der Verwaltungsgerichtshof die ihm vorgelegten Werbebeispiele nicht als Anhaltspunkte für eine systematisch zum Wetten anreizende Werbung gewertet hat und den entsprechenden Beweisanregungen nicht nachgegangen ist, lässt auf einen fehlerhaften rechtlichen Maßstab schließen. Die Verknüpfung populärer Sportereignisse mit befristeten Sonderausschüttungen und zum Teil hochwertigen "Boni" hat stimulierenden Charakter und ist nach ihrem Aussagegehalt darauf gerichtet, auch bis dahin Unentschlossene zum Wetten zu veranlassen.

33

c) Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der ehemaligen DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Landes Baden-Württemberg ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Glücksspiele im Rundfunk und anderen Telemedien (vgl. §§ 8a, 58 Abs. 4 RStV) werden vom Glücksspielstaatsvertrag erfasst (vgl. LTDrucks 14/1930 S. 6 zu § 3 GlüStV; LTDrucks 14/2705 S. 26 zu § 8a RStV; Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 54).

34

Hinsichtlich der Spielbanken liegt ebenfalls keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Baden-Württemberg zwar kein rechtliches, aber ein faktisches Monopol, weil die Beklagte Teilhaberin des Erlaubnisträgers ist. Außerdem hat der Gesetzgeber nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs in diesem Bereich eine Ausgangslage vorgefunden, die eine Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigt. Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zur Nichtigkeit von Teilen des Spielbankengesetzes von 1995, das ein staatliches Spielbankenmonopol vorsah (BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 - BVerfGE 102, 197), war das Land Baden-Württemberg gezwungen, die berechtigten Belange der vorhandenen zwei privaten Spielbankenbetreiber zu berücksichtigen, die seit Jahrzehnten beanstandungsfrei ihre Unternehmen betrieben hatten. Eine vergleichbare Ausgangslage hat der Gesetzgeber bei Erlass der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vorgefunden.

35

4. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verstößt auch gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit. Die berufungsgerichtliche Annahme, die durch den Glücksspielstaatsvertrag bewirkten Beschränkungen seien mit beiden Grundfreiheiten vereinbar und wahrten den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gründet sich auf eine unrichtige Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

36

Der Kläger unterfällt in sachlicher und persönlicher Hinsicht dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit, soweit nicht die Niederlassungsfreiheit eingreift. Da sich die hier entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) nicht unterscheiden, muss nicht geklärt werden, welches der beiden Freiheitsrechte einschlägig ist. Der Anwendung der Dienstleistungs- oder der Niederlassungsfreiheit auf die Vermittlung von Sportwetten stehen auch keine anderweitigen unionsrechtlichen Bestimmungen entgegen (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 59).

37

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV und der Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter - auch - in anderen Mitgliedstaaten stellen eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung dieser Freiheit dar. Derartige staatliche Maßnahmen müssen vier Voraussetzungen erfüllen, um mit Unionsrecht in Einklang zu stehen: Sie müssen mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar, nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 AEUV (Ausübung öffentlicher Gewalt), Art. 52 AEUV (öffentliche Ordnung; Sicherheit; Gesundheit) oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten; ferner dürfen sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

38

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV verneint; denn die der Untersagungsverfügung der Beklagten zugrunde liegenden Rechtsnormen gelten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichermaßen für Inländer wie für Ausländer. Auch eine Anerkennung der von den österreichischen und britischen Behörden den dort jeweils ansässigen Wettanbietern erteilten Konzessionen zugunsten des Klägers ist im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unionsrechtlich nicht geboten (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 f. und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - NVwZ 2010, 1422 Rn. 44).

39

Das Berufungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Ausführungsbestimmungen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit im Bereich der Sportwetten mit den in § 1 GlüStV genannten Zielen, insbesondere mit dem Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugendschutzes unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 66 ff.).

40

Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Glücksspielbereich bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen und zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten im Glücksspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu kontrollieren. Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409 Rn. 79 und Carmen Media, a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Danach ist es im Grundsatz unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass sich der Gesetzgeber für den Bereich der Sportwetten für ein staatliches Monopol entschieden hat (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - Rs. C-124/97, Läärä u.a. - Slg. 1999, I-6067 Rn. 37 und vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Er war unionsrechtlich auch nicht gehindert, vor einer abschließenden wissenschaftlichen Klärung des Suchtpotenzials von Sportwetten mit festen Gewinnquoten präventive Regelungen zu erlassen, die durch begleitende Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen ergänzt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - Slg. 2003, I-13519 Rn. 25 und vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a). Um dem aktuellen Defizit an belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begegnen, haben die Normgeber in § 10 Abs. 1 GlüStV die Berufung eines unabhängigen Fachbeirates zur Beratung der Länder vorgesehen, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt. Darüber hinaus haben die Länder gemäß § 11 GlüStV die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicherzustellen. Das Berufungsgericht hat vor diesem Hintergrund unionsrechtlich zu Recht keinen Anlass gesehen, die Gefahrenprognose des Gesetzgebers in Frage zu stellen (vgl. bereits Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 73 ff.).

41

b) Das Berufungsgericht hat aber revisionsrechtlich fehlerhaft angenommen, das Sportwettenmonopol sei im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet, die legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes zu erreichen.

42

Eine Monopolregelung, die auf diese zwingenden Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, muss ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - NVwZ 2010, 1081 Rn. 21 sowie vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 88 ff. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 55, 64 ff.). Innerhalb dieses sog. Kohärenzgebots lassen sich zwei Anforderungen unterscheiden. Zum einen muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003, Gambelli, a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 65; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 77, 80). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Zwar ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen; das Kohärenzgebot ist kein Uniformitätsgebot (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 95 f. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 62 f.; vgl. auch Urteile vom 10. März 2009 - Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721 Rn. 60). Es verlangt auch keine Optimierung der Zielverwirklichung. Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 106 und Carmen Media, a.a.O. Rn. 68 f.; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 82).

43

Das Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, kann nur dann in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, wenn der Monopolträger darauf verzichtet, die Wettbereitschaft zu fördern. Er darf dem Wetten kein positives Image verleihen, indem er auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist, und die Anziehungskraft des Wettspiels nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 103) oder sonst eine zum Wetten stimulierende Aussage treffen. Werbung, die über eine Information und Aufklärung bezüglich legaler Möglichkeiten zum Sportwetten hinausgeht und einzelne Sportereignisse mit der Möglichkeit zusätzlicher oder höherer Gewinne verknüpft, wirkt dieser Zielsetzung entgegen. Wie gezeigt (oben 3. b. bb.), wird der Beschluss des Berufungsgerichts diesen Anforderungen nicht gerecht.

44

Die Annahme des Berufungsgerichts, eine sektorenübergreifende Kohärenzprüfung sei nicht erforderlich, vernachlässigt die zweite Anforderung des Kohärenzgebots und versäumt zu prüfen, ob die rechtliche Regelung anderer Glücksspielbereiche mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial oder die dortige Praxis die mit dem Monopol verfolgten Ziele konterkarieren. Dabei sind die Besonderheiten der jeweiligen Glücksspielart in Rechnung zu stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 60 f.). Die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelten Kriterien machen deutlich, dass eine Kohärenz nur entfällt, wenn die Politik dem mit der Monopolregelung verfolgten Ziel aktiv zuwider handelt oder wenn Zuwiderhandlungen im Verwaltungsvollzug systematisch geduldet werden und deshalb auf strukturelle Mängel der Aufsichts- und Sanktionsregelungen hindeuten.

45

Das Sportwettenmonopol wird durch das Konzessionsmodell im Pferderennwettbereich nicht konterkariert. Die Erreichbarkeit der mit dem Sportwettenmonopol verfolgten Ziele wird dadurch schon deshalb nicht in Frage gestellt, weil die Pferdewetten nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im Verhältnis zum gesamten Glücksspielbereich eine nur sehr untergeordnete Rolle spielen und sich auf ein enges und deshalb leicht überschaubares Sportgeschehen beziehen. Wirksame Verfahrensrügen wurden dagegen nicht erhoben. Der Einwand der Revision, der Pferdesportwettenmarkt stelle mit 250 Mio. € Umsatz pro Jahr mit steigender Tendenz die zweitumsatzstärkste Sportwette mit einem höheren Suchtpotenzial dar, als es Oddset-Wetten aufweisen, weshalb das Sportwettenmonopol in sich widersprüchlich und inkohärent sei, berücksichtigt zudem nicht, dass als Vergleichsmaßstab für eine umfassende Kohärenzbetrachtung der gesamte Glücksspielmarkt heranzuziehen ist und nicht nur der Bereich der Sportwetten. Unabhängig davon hat das Fehlen eines Monopols im Bereich der Pferdesportwetten nicht zur Folge, dass das Ziel der Suchtbekämpfung mit dem Monopol im sonstigen Sportwetten- und im Lotteriebereich nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Medien, a.a.O. Rn. 68). Denn der Staat verfolgt auch im Bereich der Pferdesportwetten keine Politik, die darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen Spielen zu ermuntern. Namentlich gilt auch für diese Wetten gemäß § 2 Abs. 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) ein § 4 Abs. 4 GlüStV entsprechendes Internetverbot (siehe Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 5.10 -).

46

Was den Bereich der Sportwetten anbelangt, die auf der Grundlage von Erlaubnissen nach den gewerberechtlichen Vorschriften der ehemaligen DDR veranstaltet und vermittelt werden, so hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend darauf abgestellt, dass das unionsrechtliche Kohärenzgebot nicht verlangt, alle Inhaber "alter" Genehmigungen sogleich dem staatlichen Sportwettenmonopol unterzuordnen. Entscheidend sei vielmehr, dass eine weitere Ausdehnung des Sektors der Sportwetten verhindert werde. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die auf Alt-Rechten beruhenden Sonderfälle nicht zu einer systemwidrigen, mit den Zielen des § 1 GlüStV unvereinbaren Ausweitung des Sportwettenangebots führen. Eine Politik der Expansion und ein strukturelles Defizit im Vollzug lassen sich hieraus nicht entnehmen, zumal die Länder auch gegenüber diesen sog. Alt-Rechten bestrebt sind, die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrages durchzusetzen (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 5.10 -).

47

Die vom Verwaltungsgerichtshof für den Bereich der Spielbanken getroffenen Feststellungen lassen ebenfalls nicht auf eine in sich widersprüchliche und expansive Glücksspielpolitik schließen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zugrunde gelegt, dass die für den Spielbankensektor geltenden Regelungen des GlüStV (vgl. § 2 Satz 2 GlüStV) sowie die weiteren Beschränkungen im Spielbankengesetz in vergleichbarer Weise wie im Sportwettensektor der Bekämpfung der Wettsucht und der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren dienen. Bedenken hinsichtlich einer konsistenten bereichsübergreifenden Glücksspielpolitik im Verhältnis zum Spielbankensektor anderer Länder hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Mitteilung der Bundesregierung an die EU-Kommission vom 20. Mai 2008 (ZfWG 2008 S. 173) nicht gesehen. Dagegen hat die Revision keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben, so dass der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an diese Feststellungen gebunden ist.

48

Für den Bereich des in der Spielverordnung geregelten Automatenspiels musste der Verwaltungsgerichtshof nicht schon wegen der mit der 5. Änderungsverordnung (BGBl I 2005 S. 3495) verbundenen Liberalisierung von einer Inkohärenz ausgehen. Die Absicht des Gesetzgebers, einen bestimmten Glücksspielbereich zu liberalisieren, zwingt nicht schon für sich genommen zu der Annahme, das mit der Monopolregelung im Sportwettenbereich verfolgte Ziel lasse sich damit nicht mehr erreichen. Wird jedoch eine solche Liberalisierung trotz vergleichbaren oder höheren Suchtpotenzials als im Monopolbereich nicht durch ausreichende Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz ausgeglichen, kann dies zur Folge haben, dass das Ziel des Monopols konterkariert wird. Deshalb hätte der Verwaltungsgerichtshof prüfen müssen, ob das Suchtpotenzial des Automatenspiels mindestens gleich groß wie das der Sportwetten ist, und bejahendenfalls, ob die zum Spieler- und Jugendschutz getroffenen Maßnahmen ausreichen. Dabei hätte er auch die tatsächlichen Auswirkungen der Liberalisierung und deren mögliche Folgewirkungen auf den gesamten Glücksspielbereich, mithin auch die Sportwetten, berücksichtigen und klären müssen, inwieweit dadurch die Geeignetheit der Monopolregelung im Bereich der Sportwetten in Frage gestellt wird.

49

5. Der angefochtene Beschluss beruht auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit. Er stellt sich nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Ob die Untersagungsverfügung der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtmäßig ist, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

50

Bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine anlassbezogene Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf zusätzliche Gewinne und eine gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, kommt es darauf an, inwieweit eine danach unzulässige Werbung in Baden-Württemberg seit dem 1. Januar 2009 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wird. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - bislang keine Feststellungen getroffen.

51

Sie sind auch nicht entbehrlich, weil die Frage der unionsrechtlichen Kohärenz auf der Grundlage der bereits festgestellten Tatsachen zu beantworten wäre. Ob die im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen über das staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten im unionsrechtlichen Sinne geeignet sind, zum Erreichen der legitimen Zwecke der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots sowie der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und der vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV) beizutragen, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich der Werbung und des Automatenspiels nicht hinreichend beurteilen.

52

Die Sache war daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

70

Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

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ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

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Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

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Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

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Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

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4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit dem seine Anfechtungsklage gegen den mit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung verbundenen Widerruf einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung abgewiesen wurde.

Der Kläger betreibt in W. eine Annahmestelle zur Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV), die sich in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung befindet, die von der Bahnhofshalle aus betreten werden kann. Er erhielt mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 eine mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., im Ladengeschäft als Annahmestelle der SLV die von dieser veranstalteten Glücksspiele zu vermitteln. Die Erlaubnis wurde mit Bescheid vom 2. November 2011 bis 31. Dezember 2015 verlängert.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 wies der Beklagte den Kläger auf die Rechtsänderungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag hin, insbesondere auf den ab 1. Juli 2012 geltenden § 21 Abs. 2 GlüStV, der es verbiete, Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde, zu vermitteln. Mit Bescheid vom 12. November 2013 widerrief der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die - zuletzt mit Bescheid vom 2. November 2011 geänderte - Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 insoweit, als sie die Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten umfasst (Nr. 1), und untersagte ab dem 3. Dezember 2013 die Annahme von Sportwetten (Nr. 2). Bei der Erlaubnis handle es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, dessen Widerruf im Bescheid vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich vorbehalten sei. In dem Gebäude bzw. Gebäudekomplex, in dem der Kläger seine Annahmestelle betreibe, befinde sich eine Spielhalle; sie könne sowohl vom überdachten Gleisbereich (von Westen) als auch vom Bahnhofsvorplatz (von Osten) aus betreten werden. Mit dem teilweisen Widerruf werde das mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgte Ziel der Spielsuchtprävention erreicht, ohne dass ein milderes Mittel ersichtlich sei. Der Widerruf der Erlaubnis setze die materiell ohnehin zu beachtende Regelung um. Letztlich seien Erlaubnisse zur Vermittlung von Glücksspielen stets widerruflich zu erteilen und zu befristen, so dass auch im konkreten Fall ein Vertrauen in den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis allenfalls sehr vage sei. Der Bestand der Annahmestelle sei nicht gefährdet; nach den Geschäftsberichten der SLV Bayern für die Jahre 2010 und 2011 würden die Umsätze aus Oddset-Wetten zusammen etwa 3% des Gesamtumsatzes der Annahmestellen betragen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2014 (RO 5 S. 14.30) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner am 5. Dezember 2013 erhobenen Klage bezüglich Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen und bezüglich Nr. 2 anzuordnen, ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 11. Juni 2014 (10 CS 14.505) ab; es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob das in § 21 Abs. 2 GlüStV verankerte Trennungsgebot, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder Spielbank befinde, Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, im vorliegenden Fall tatbestandlich eingreife. Zum anderen sei die schwierige Rechtsfrage der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit dem Gleichheitsgrundsatz als offen anzusehen. In dieser Situation sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung den Interessen des Beklagten der Vorrang einzuräumen.

Mit Urteil vom 22. Januar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins ab. Der Beklagte habe das Widerrufsermessen vor dem Hintergrund des wirksamen Widerrufsvorbehalts gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Bei § 21 Abs. 2 GlüStV handle es sich um eine verfassungsgemäße, seit 1. Juli 2012 bindende Verbotsnorm, die Konfliktfälle zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten auflöse und deren tatbestandliche Voraussetzungen vorlägen. Die Sportwettenvermittlung des Klägers befinde sich in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde. Die Annahmestelle und die Spielhalle seien in aneinander anschließenden, optisch quasi Wand an Wand gelegenen Gebäudeteilen untergebracht. Sie hätten zwar separate Zugänge; allerdings könne man mit gerade einmal 43 Schritten und zudem unterhalb eines überdachten Bereichs von der Spielhalle zur Vermittlungsstelle des Klägers wechseln; es bestehe auch Sichtkontakt zwischen den beiden Spielstätten. Ein das Trennungsgebot rechtfertigender enger räumlicher Zusammenhang wie bei einem Gebäude sei zu bejahen. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entbinde nicht von der Einhaltung der sonstigen, nicht in § 10a Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV geregelten materiellen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrages, wie § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV klarstelle. Die Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Sie entspreche dem Bestimmtheitsgebot, denn die Begriffe „Gebäude“ und „Gebäudekomplex“ seien anhand ihres Wortlauts und des Gesetzeszwecks hinreichend bestimmt auslegbar; durch das Kriterium der „Griffnähe“ ergäben sich keine Probleme im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm, vielmehr werde durch die damit verbundene einschränkende Auslegung der Norm vermieden, dass ein in Grundrechte eingreifendes Gesetz in unzulässiger Weise erweiternd ausgelegt werde. § 21 Abs. 2 GlüStV verstoße nicht gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vermittlungserlaubnis des Antragstellers genieße nicht den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genieße, könne offen bleiben. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls verhältnismäßig. Während auf Seiten des Spielhallenbetreibers regelmäßig hohe Investitionen notwendig seien, um die entsprechenden, genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu schaffen und die Spielgeräte selbst zu beschaffen, bedürfe es zur Vermittlung von Sportwetten keiner besonderen Investitionen, da diese im Rahmen ohnehin bestehender Betriebsstrukturen vermittelt würden und die Vermittlung von Sportwetten nicht das einzige Geschäft der Annahmestellenbetreiber sei. Die Umsätze aus Sportwetten betrügen nur 2,8% bzw. 3 bis 5% des Gesamtumsatzes. Auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht verletzt, wie sich bereits aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145) ergebe. Ebensowenig sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, denn der Konflikt zwischen Betreibern bestehender Spielhallen und Sportwettenvermittlern sei erkannt und durch § 21 Abs. 2 GlüStV in der Weise gelöst worden, dass Ersteren ein größerer Bestandsschutz wegen der zwangsläufig mit ihrer Errichtung verbundenen höheren Investitionen zuerkannt worden sei. Eine neue Spielhalle dagegen bedürfe der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV, die nur erteilt werde, wenn die Errichtung und der Betrieb der Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwider liefen, so dass für nicht bestandsgeschützte Spielhallen der Kollisionsfall des § 21 Abs. 2 GlüStV auch zu einer Versagung der beantragten Spielhallenerlaubnis führen könne. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vorschrift keine Angebote erfasse, die sich in Gebäuden befänden, die in offener Bauweise errichtet seien oder in Gebäuden, die sich gegenüber stünden. Einer Abstandsregelung wie etwa bei Spielhallen sei nicht geboten gewesen. Im Rahmen der Einschätzungsprärogative sei es vielmehr zulässig, nur solche typisierten baulichen Situationen zu erfassen, die es zuließen, dass ein Spieler in bequemer Weise im Gebäudeinneren oder in einem überdachten Bereich von einem Glücksspielangebot zum nächsten wechseln könne. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV entfalte lediglich unechte Rückwirkung, die aber nicht unzulässig sei, denn das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage sei nicht schutzwürdiger als die mit der Rechtsänderung verfolgten Anliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Übergangsregelung. Es seien die wichtigen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zu bedenken. Auch habe der Antragsteller nach alter Rechtslage nicht unbegrenzt darauf vertrauen können, dass die Sportwetten des staatlichen Monopolveranstalters unbeschränkt vermittelt werden dürften, ohne Rechtsänderungen befürchten zu müssen. Zudem sei die Vermittlungserlaubnis immer befristet und jederzeit widerruflich gewesen, so dass sich kein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage habe aufbauen können. Schließlich sei auch das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Zweck des Widerrufsvorbehalts sei es gerade, auf eine veränderte Sach- und Rechtslage reagieren zu können. Entsprechend der zum 1. Juli 2012 wirksam gewordenen Änderung des Glücksspielstaatsvertrags sei der Beklagte daher befugt gewesen, den Rechtsschein einer wirksamen Erlaubnis, die bereits nach der neuen Rechtslage durch § 21 Abs. 2 GlüStV eingeschränkt worden sei, zu beseitigen.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht der Kläger in erster Linie die Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 2 GlüStV geltend. Die Bestimmung stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die in unverhältnismäßiger und gleichheitswidriger Weise gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße. Dies folge zum einen aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift zum Schutz des Klägers, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift die Vermittlungstätigkeit mit einer Erlaubnis ausgeübt habe, auf deren Fortbestand er trotz des Widerrufsvorbehalts habe vertrauen dürfen. Auch für andere Glücksspielbetriebe habe der Gesetzgeber Übergangsregelungen geschaffen, soweit der Glücksspielstaatsvertrag deren bestehende Rechtspositionen geschmälert habe. Zum anderen enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV als unmittelbares gesetzliches Verbot eine gleichheitssatzwidrige Beschränkung der Berufsfreiheit. Zweck des Trennungsgebots sei die Spielsuchtprävention, die im Interesse des Allgemeinwohls das Kernziel des Glücksspielstaatsvertrags sei. Allerdings habe der Gesetzgeber sein Regelungskonzept folgerichtig aufzubauen und identischen Gefährdungen auch gleiches Gewicht zuzumessen. § 21 Abs. 2 GlüStV erfasse jedoch nur einen Teil der möglichen Nähebeziehungen im Falle des räumlichen Aufeinandertreffens verschiedener Glücksspielangebote; schon deshalb fehle es an einer kohärenten Regelung. Die Vorschrift lasse bestimmte, nahe liegende Situationen ungeregelt, etwa wenn sich eine Spielhalle bei offener Bauweise mit seitlichem Grenzabstand in direkter Nachbarschaft zu einem Vermittlungsbüro befinde oder wenn sich beide Lokale in einer schmalen Straße unmittelbar gegenüberliegen würden; gleiches gelte für die Situierung beider Lokale in einer Fußgängerzone oder an einem innerstädtischen Platz. Dagegen sei dem Zusammentreffen verschiedener Spielhallen in § 25 GlüStV durch das Erfordernis eines landesrechtlich zu bestimmenden Mindestabstandes Rechnung getragen worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit ein Regelungskonzept nicht schlüssig verfolgt werde, solange identische Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliche Gewichtungen erfahren würden. Sportwettenanbieter würden anders behandelt als Personen, die Spielhallen oder Spielbanken betrieben und für die nach § 24 Abs. 2 GlüStV lediglich die Erteilung einer Erlaubnis ausgeschlossen sei, während ihr Bestand nach dieser Vorschrift geschützt werde. Ein sachlicher Grund für die ungleiche Behandlung bestehe nicht; im Übrigen reguliere der Gesetzgeber Spielhallen insgesamt eher strenger als Vermittlungsstellen von Sportwetten. § 25 Abs. 1 GlüStV zeige, dass auch ein räumliches Aufeinandertreffen außerhalb eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes gleichermaßen Allgemeinwohlbelange berühre, ohne dass insoweit eine andere Gefährdungslage mit Blick auf die Suchtprävention erkennbar sei. Hier helfe auch die vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Einschätzungsprärogative nicht weiter, denn sie beschränke nicht Art. 3 Abs. 1 GG, sondern werde umgekehrt durch das Grundrecht begrenzt. Weiter sei keine gesetzliche Vorsorge für den Fall getroffen worden, dass sich eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle für Sportwetten befinde, nachträglich ansiedeln wolle, wobei ebenfalls das Verbot der Vermittlungsstelle greife. Die für diese Situation vom Verwaltungsgericht vorgesehene Lösung, wonach hier die für die Spielhalle erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis versagt werden könne, überschreite die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Nach dem klaren Wortlaut enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV eine Beschränkung der Ausübung des Glücksspiels nur in eine Richtung, und zwar nur gegenüber der Vermittlungsstelle, während ein Verbot des Betriebs einer Spielhalle oder einer Spielbank in einem Gebäudekomplex, in dem bereits Sportwetten vermittelt würden, nicht bestehe. Aus § 2 Abs. 4 GlüStV ergebe sich der Anwendungsbereich des Staatsvertrags eindeutig. Auch aus § 4 Abs. 2 i.V.m. § 1 GlüStV könne kein neuer Versagungsgrund abgeleitet werden, denn die Ziele des Staatsvertrages fänden zwar im Rahmen der Auslegung der einzelnen Bestimmungen Beachtung, ermöglichten jedoch nicht die Schaffung neuer Versagungsgründe. Solche könnten auch nicht unmittelbar aus § 1 Satz 1 GlüStV abgeleitet werden; vielmehr seien nach § 1 Satz 2 GlüStV differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen, ohne dass den Genehmigungsbehörden insoweit ein Spielraum eingeräumt habe werden sollen. Aus § 1 Satz 1 GlüStV lasse sich auch kein allgemeines Trennungsverbot für die verschiedenen Glücksspielangebote ableiten, denn es fehle an der hierzu erforderlichen gesetzlichen Regelung. Ungeachtet der Verfassungwidrigkeit sei § 21 Abs. 2 GlüStV im vorliegenden Fall auch tatbestandlich schon deswegen nicht erfüllt, weil eine systematische und verfassungskonforme Auslegung eine Einschränkung der Bestimmung dahingehend erfordere, dass nur die Erteilung einer Erlaubnis für ein neues Angebot der Sportwettenvermittlung in einem Gebäude/Gebäudekomplex ausgeschlossen sein solle, in dem sich bereits eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Im vorliegenden Fall werde jedoch die Vermittlungsstelle des Klägers schon länger geführt (2006) als die benachbarte Spielhalle (2008). Des Weiteren sei bei der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex festzuhalten, dass es für die Auslegung nicht entscheidend auf die bauordnungsrechtliche Beurteilung oder auf das allgemeine Verständnis ankommen könne, vielmehr die Frage nach dem Bestehen einer ausreichenden Nähebeziehung zwischen den beiden Lokalen das aus glücksspielrechtlicher Perspektive maßgebliche Kriterium darstelle. Ein typisches Gebäude durchschnittlicher Größe biete keinen Anlass zu Streitfragen, während der Begriff des Gebäudekomplexes einschränkend auszulegen sei. Von Interesse sei die Gesetzesbegründung, die von einem „Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken“ spreche und damit zu erkennen gebe, dass der Gesetzgeber zumindest vorrangig ein Angebot im gleichen Betrieb im Auge gehabt habe, was auch durch das Verbot von Mehrfachkonzessionen in § 25 Abs. 2 GlüStV bestätigt werde. Für die hier vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommene Nähebeziehung sei entscheidend, dass ein direkter Weg vom Lokal des Klägers zur Spielhalle nicht bestehe, vielmehr müsse das Bahnhofsgebäude verlassen und entweder der Vordereingang über den Bahnhofsvorplatz oder der - überdachte - Weg auf der Gleisseite genommen werden. Weder die vom Verwaltungsgericht ermittelte Schrittzahl zur Bewältigung der Wegstrecke noch der von ihm hervorgehobene Umstand einer bestehenden Überdachung sei ein entscheidendes Kriterium für die Nähebeziehung. Die Schrittzahl entspreche der Wegeverbindung einer typischen Entfernung bei innerstädtischer Bebauung in offener Bauweise. Es seien also vielfältige Fallkonstellationen denkbar, in denen bei gleicher räumlicher Entfernung die Bestimmung von vornherein nicht einschlägig sein könne, wenn es sich um zwei getrennte Gebäude handle. Außerdem fehle es an der bei Verlassen einer Glücksspielstätte bestehenden Möglichkeit, die nächste unmittelbar optisch wahrzunehmen. Erst hierdurch werde aber der Anreiz zum Aufsuchen der weiteren Glücksspieleinrichtung gesetzt. Im vorliegenden Fall würden den Weg unter dem überdachten Bahnsteig nur diejenigen Personen wählen, die eine Fahrt mit der Bahn antreten wollten; durch diese Absicht werde aber die Aufmerksamkeit bezüglich der Wahrnehmung des zweiten Lokals zusätzlich eingeschränkt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Januar 2015 den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013 in den Nrn. 2, 4, 6 und 7 aufzuheben, die Untersagungsverfügung in Nr. 2 mit Wirkung für die Zukunft,

sowie festzustellen, dass die Untersagungsverfügung in Nr. 2 und der korrespondierende Widerruf der Erlaubnis in Nr. 1 des Bescheids rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zwar treffe zu, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Mindestabstand zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle vorsehe; unrichtig sei aber die Folgerung, solche Angebote seien bei offener Bauweise in unmittelbarer Nachbarschaft zulässig. Vielmehr greife der Versagungstatbestand in der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV, soweit das Angebot den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufe. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle könne, abhängig von den konkreten Verhältnissen, mit dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV nicht mehr vereinbar sein; die unterschiedliche Handhabung rechtfertige sich durch das erhebliche höhere Gefährdungspotenzial von Spielhallen gegenüber dem eines Sportwettbüros. Außerdem trete eine Konzentration von Spielhallen- und Sportwettangeboten - anders als die Konzentration von Spielhallen - bisher eher selten auf. § 21 Abs. 2 GlüStV sei vor dem Hintergrund der durch die Multiplikation von Glücksspielangeboten in Gebäuden und Gebäudekomplexen reduzierten Hemmschwelle im Sinn der Griffnähe zu verstehen und reagiere auf die bequeme Erreichbarkeit und den bereits getroffenen Entschluss, das entsprechende Gebäude zu betreten. Sei eine Gebäudeschwelle bereits überschritten, bestehe eine erhöhte Anreizsituation. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine erst nach dem 1. Juli 2012 beantragte Erlaubnis für eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits ein Sportwettbüro befinde, könne im Einzelfall wegen der entgegenstehenden Ziele des § 1 GlüStV versagt werden, sei nicht zu beanstanden. Die Ziele des § 1 GlüStV entfalteten bereits auf der Tatbestandsebene der Norm unmittelbare Verbindlichkeit bei Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Auch die Gesetzesbegründung spreche dafür, dass die Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags materielle Erlaubnisvoraussetzungen darstellten. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Beklagten (Schriftsatz v. 12. 2. 2015 im Verfahren 10 BV 15.430) eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäudekomplex“ oder sogar beider Begriffe vornehmen wollte, wäre im vorliegenden Fall das entscheidende Kriterium der „Griffnähe“ zu bejahen. Die Ortseinsicht habe ergeben, dass Spielhalle und Wettannahmestelle quasi „Wand an Wand“ lägen und trotz jeweils separater Zugänge beide Lokale von der Seite der Bahngleise her unter Nutzung einer vollständigen Überdachung kurzläufig erreicht werden könnten. Zudem bestehe Sichtkontakt von der einen zur anderen Spielstätte. Da das Angebot hauptsächlich auf Reisende ausgelegt sei, könne außer Betracht bleiben, dass es zur Spielhalle einen weiteren Eingang vom Bahnhofsvorplatz aus gebe. Im Übrigen sei nicht erforderlich, dass die beiden im Gebäudekomplex untergebrachten Lokale ohne Verlassen derselben gegenseitig erreicht werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Regierung der Oberpfalz sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013, soweit er mit seiner für die Zukunft rechtliche Wirkungen entfaltenden Untersagungsverfügung (mit Zwangsgeldandrohung, Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen; der Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; I.). Auch das im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klagebegehren, soweit es sich durch Zeitablauf erledigt hat, bleibt erfolglos (II.).

I. Die Anfechtungsklage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung ist zulässig, jedoch unbegründet und daher zu Recht abgewiesen worden.

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) mit dem Ziel einer (kassatorischen) Aufhebung der glücksspielrechtlichen Untersagung ist zulässig, soweit sie (noch) Wirkungen für die Zukunft entfaltet, also soweit sie sich auf den Zeitraum ab der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bezieht. Im Übrigen sind weder der Widerruf der Erlaubnis noch die Untersagung der weiteren Vermittlungstätigkeit (jeweils mit Wirkung ab 3. Dezember 2013) für den vergangenen Zeitraum statthafter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage, weil sie insoweit erledigt sind (Art. 43 BayVwVfG). Eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung erledigt sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung träte nur dann nicht ein, wenn sich aus der Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Adressaten ergeben, etwa weil ein Zwangsgeld vollstreckt wurde, dessen Rückzahlung die Beseitigung der mit seiner Hilfe durchgesetzten Grundverfügung voraussetzen würde (stRspr zu glücksspielrechtlichen Untersagungen, zuletzt BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.9.2014 - 10 ZB 12.1484 - juris Rn. 11). Eine derartige Situation besteht im vorliegenden Fall nicht; der Kläger hat ausdrücklich erklärt, dass für den vergangenen Zeitraum keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angefochtenen Bescheid bestünden. Auch der Widerruf der zuletzt mit Wirkung bis 31. Dezember 2015 erteilten Vermittlungserlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil die Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).

2. Die in diesem Rahmen zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angefochtene Untersagung ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV findet. Eine im Bahnhofsgebäude der Stadt W. betriebene Sportwettenvermittlung verstößt zum maßgeblichen Zeitpunkt (2.1) gegen die tatbestandlich einschlägige Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV (2.2), die verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (2.3). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.4).

2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist derjenige der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren. Zur Begründung kann auf die bereits dargestellte Rechtsnatur der Untersagung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung verwiesen werden. Die Untersagung erschöpft sich nicht in einem einmaligen Verbot, sondern bringt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zum Entstehen, das sie ständig aktualisiert. Deshalb muss die Untersagung auch während ihrer Wirksamkeit mit der jeweils aktuellen Rechtslage in Übereinstimmung stehen; nachträgliche Veränderungen der ihr zugrunde liegenden Sach- oder Rechtslage müssen gesondert geprüft werden und ggf. Berücksichtigung finden (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 42 - 44 m.w.N.). Aus § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt sich kein anderer, wegen einer tatbestandlichen Voraussetzung der Norm vorgelagerter maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, etwa der des Erlasses des angefochtenen Bescheids.

2.2 Der Kläger hat in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung entgegen dem seit 1. Juli 2012 geltenden Verbot in § 21 Abs. 2 GlüStV - damit materiell unerlaubt - Sportwetten vermittelt. Außerdem besitzt er die für diese Betätigung erforderliche Erlaubnis (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV), deren Erteilung hier der Regierung der Oberpfalz obliegt (Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV), seit dem mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 ausgesprochenen, auf die Vermittlung von Sportwetten beschränkten Widerruf der Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 nicht mehr. Mit der (in die Zukunft fortwirkenden) streitgegenständlichen Untersagung konnte der Beklagte in Erfüllung der ihm obliegenden Glücksspielaufsicht eine erforderliche Anordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV zur Unterbindung einer gegen § 21 Abs. 2 GlüStV verstoßenden Vermittlung von Sportwetten erlassen.

2.2.1 § 21 Abs. 2 GlüStV bestimmt, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Mit dieser der Spielsuchtprävention dienenden Bestimmung soll „einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs“ dadurch entgegengewirkt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten „in Spielhallen und Spielbanken“ untersagt wird (amtl. Begr. LT-Drs. 16/11995, S. 30). Mit dem gesetzlichen Vermittlungsverbot wird insbesondere der bereits in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zum Ziel des Staatsvertrags erklärte Schutz von spielsuchtgefährdeten Personen im Wege einer räumlichen Entzerrung unterschiedlicher Glücksspielgelegenheiten verfolgt (Dietlein/Hecker/Rutting, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 GlüStV Rn. 38). Allerdings ist der Wortlaut der Norm im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei ein Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Rutting, a.a.O., § 21 GlüStV Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 16 f.).

Bei der Auslegung der Begriffe ist zunächst zu beachten, dass als „Gebäude“ nach den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer (vgl. Art. 2 Abs. 2 BayBO, s.a. § 2 Abs. 2 MusterBO) selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, bezeichnet werden. Der Begriff „Gebäudekomplex“ ist hingegen nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamteinheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen. Dabei ist angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeit oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann und umgekehrt (Kriterium der sog. Griffnähe; OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris und B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 27.5.2014 - 10 CS 14.503 - juris Rn. 18; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 38, 40, § 25 Rn. 10). Der Senat hat darüber hinaus im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O) eine einschränkende Auslegung auch des Begriffs „Gebäude“ im dargestellten Sinne zumindest für die Fälle eines sehr großen, eventuell noch stark untergliederten Gebäudes mit mehreren Etagen und Zugängen für denkbar gehalten; im Hinblick auf das Ziel der Spielsuchtprävention sei maßgeblich, ob der Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne Verlassen des Gebäudes kurzläufig möglich sei und der Spieler bereits die andere Spielstätte im Blick habe, wodurch ein besonderer Anreiz zum Wechsel hervorgerufen werde (BayVGH, B.v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 18; noch nicht thematisiert: BayVGH, B.v. 25.06.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 9, 10). Urteile zur Frage der Auslegung der beiden Begriffe liegen, soweit ersichtlich, bisher nicht vor.

2.2.2 Vor diesem Hintergrund liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüStV hier vor, denn die Vermittlungsstelle für Sportwetten (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV, Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV) in der Bahnhofsbuchhandlung befindet sich in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtlich erlaubte) Spielhalle betrieben wird (2.2.2.1). Auch bei einer einschränkenden Auslegung des Begriffs „Gebäude“ käme man zu keinem anderen Ergebnis (2.2.2.2).

2.2.2.1 Der „Bahnhof“ ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, wie er sich dem Senat aus den in den vorliegenden Akten (insbes. Bl. 83 d. Berufungsakte, Bl. 34 d. Akte 10 CS 14.509 und Bl. 19 Behördenakte) befindlichen Lichtbildern präsentiert, als einheitliches, in seinem Hauptteil drei-, in den beiden Seitenteilen viergeschossiges Gebäude im Sinn von Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen, das seine typische Prägung durch den (durch ein Vordach optisch) auffällig gestalteten Eingang in die zu den Gleisen hin durchgängige Bahnhofshalle erhält. Dass sich im unmittelbaren Anschluss an die beiden viergeschossigen Gebäudeteile (in nördlicher und südlicher Richtung) jeweils ein erdgeschossiger, offenbar zum Bahnhof gehörender Anbau befindet, an den weitere Gebäude anschließen (vgl. Luftbild Bl. 19 Behördenakte), macht das Bahnhofsgebäude nicht zu einem Gebäudekomplex, weil es sich bei ihm nicht um eine Mehrzahl miteinander verbundener und wegen ihrer inneren Durchlässigkeit als Gesamteinheit wahrgenommener Gebäude handelt. Vielmehr ist das Bahnhofsgebäude durch seine offenkundige und typische Funktion, einen zentralen Zugang zu den Gleisen mit diversen Einkaufs- und anderen Versorgungsmöglichkeiten zu bieten, als eigenständige bauliche Einheit gekennzeichnet. Spielhalle und Buchhandlung des Klägers (mit Nebenraum) liegen - wie sich aus dem vorliegenden Grundriss (Bl. 87 h, k, l Berufungsakte) ergibt - Wand an Wand im südlichen Teil des Gebäudes. Dass die Spielhalle nach der aktuellen baulichen Gestaltung des Bahnhofsgebäudes keinen Zugang von der Bahnhofshalle aus besitzt, ist insoweit ohne Bedeutung; dieser Umstand könnte allenfalls im Rahmen einer wegen der Größe des Gebäudes aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzunehmenden teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm von Bedeutung sein (vgl. 2.2.2.2). Angesichts des dargestellten Befundes der konkreten örtlichen und baulichen Verhältnisse hält der Senat seine noch im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O., Rn. 18) geäußerte Auffassung, der Bahnhof dürfte „schon als Gebäudekomplex einzuordnen“ sein, nicht mehr aufrecht.

2.2.2.2 Selbst wenn man aber vor allem im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüStV eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäude“ als geboten ansehen wollte, um eine ausufernde und damit möglicherweise verfassungswidrige Anwendung der Vorschrift auszuschließen, führt dies bei den oben dargelegten konkreten Verhältnissen zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch bei Abstellen auf die für die Verbotsnorm insofern maßgeblichen Gesichtspunkte besteht im vorliegenden Fall die typische glücksspielrechtliche „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte.

Die Kriterien, auf die der Senat in diesem Zusammenhang als maßgeblich abzustellen hat und die im Hinblick auf den verfolgten Zweck (Spielsuchtprävention) bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Vorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Erfordernis der „Griffnähe“). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, also bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind. Eine Rolle spielt auch die Frage, ob zum Erreichen der anderen Spielstätte ein Verlassen des Gebäudes erforderlich ist oder ob der bereits getroffene Entschluss, das Gebäude zum Besuch der ersten Spielstätte zu betreten, in einer die „Hemmschwelle“ für weitere Glücksspielangebote herabsetzenden Weise fortwirkt. Der Senat sieht es dementsprechend als sachgerecht an, für die Beantwortung der Frage, ob die erforderliche „Griffnähe“ in der konkreten Situation vorliegt, auf die jeweiligen Umstände einzelfallbezogen und nicht auf einen nach Metern bestimmten Abstand zwischen den Spielstätten (etwa 250 m in Anlehnung an Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV) abzustellen.

Für das Vorliegen des Tatbestands von § 21 Abs. 2 GlüStV selbst bei einschränkender Auslegung des Gebäudebegriffs spricht insbesondere die geringe, fußläufig in wenigen Augenblicken zu überbrückende Entfernung zwischen dem Eingang zur Buchhandlung durch die Bahnhofshalle und dem Eingang zur Spielhalle vom Gleisbereich aus, die vom Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins - von der Klägerseite unwidersprochen - mit 43 Schritten angegeben wird. Nur unwesentlich länger ist die Wegstrecke, wenn man den zum Bahnhofsvorplatz hin liegenden Eingang zur Spielhalle als Ausgangspunkt nimmt. In keinem Fall kann von einem mehr als unbedeutendem Fußweg gesprochen werden; dies ergibt sich zwangsläufig schon aus dem Umstand, dass beide Spielstätten eine (teilweise) gemeinsame Gebäudeinnenwand besitzen, damit sozusagen „Rücken an Rücken“ liegen. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass es andere Sachverhalte geben mag, in denen sich die beiden Spielstätten in zwei getrennt nebeneinander oder gegenüber gelegenen Gebäuden befinden, weswegen § 21 Abs. 2 GlüStV von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann, obwohl die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten auch nur 43 Schritte oder weniger beträgt.

Für einen Wechsel zwischen den - im Übrigen beide im Erdgeschoss gelegenen - Spielstätten ist zwar ein Verlassen des eigentlichen Bahnhofsgebäudes erforderlich (zum Abgrenzungskriterium des Betretens von öffentlichem Verkehrsraum für einen Spielstättenwechsel: OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 19). Dennoch muss hier von der besonderen „Griffnähe“ ausgegangen werden. Zum einen ist schon die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten äußerst gering. Zum anderen spricht für die Annahme der „Griffnähe“ auch der Umstand, dass von einer Spielstätte in die andere auf der Bahnsteigseite im überdachten Bereich und damit geschützt vor Witterungseinflüssen gewechselt werden kann, ohne dass diesem Umstand in der vorliegenden Konstellation ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Wichtiger ist, dass das Verlassen des Gebäudes nicht dazu führt, dass mit dem kurzzeitigen Betreten von öffentlichen bzw. dem Reiseverkehr gewidmeten Verkehrsflächen eine erneute glücksspielrechtliche „Hemmschwelle“ aufgebaut würde, deren notwendige Überwindung eine räumliche Nähebeziehung im dargestellten Sinn ausschlösse. Schließlich besteht zwischen beiden Spielstätten auch eine hinreichende Sichtbeziehung. Bei Verlassen der Sportwettenvermittlung wird der interessierte Kunde zwar erst nach Verlassen der Bahnhofshalle - entweder in Richtung Gleisbereich oder Bahnhofsvorplatz - auf die Spielhalle aufmerksam; umgekehrt fallen sofort nach Verlassen der Spielhalle in Richtung Gleisbereich/Bahnhofshalle die entsprechenden Hinweise („Lotto“) im Schaufenster der Buchhandlung und im Ladeninneren ins Auge (Bl. 87d, e, g Berufungsakte). Hinzu kommt, dass den mit dem Zug ankommenden Reisenden zwangsläufig beide Spielstätten von den Bahnsteigen aus gleichzeitig ins Auge fallen (Bl. 87h, i Berufungsakte) und daher die bestehende „Griffnähe“ gerade für diesen Personen- und Adressatenkreis deutlich wird.

Keine Bedeutung für die Verwirklichung des Verbotstatbestandes hat der vom Kläger geltend gemachte Umstand, die ihm im Jahre 2006 erteilte Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten bestehe schon länger als die - erstmals im Jahr 2008 erteilte - Erlaubnis für die Spielhalle. Denn § 21 Abs. 2 GlüStV entfaltet schon in Ermangelung einer Übergangsvorschrift Wirkung für alle zum Zeitpunkt seines Inkrafttreten zum 1. Juli 2012 bestehenden Kollisionsfälle. Im Übrigen war dem Kläger die hier streitige Vermittlungserlaubnis nur befristet und unter Beifügung eines Widerrufsvorbehalts erteilt worden, dessen Zweck gerade darin bestand, ein Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Erlaubnis im Falle einer Änderung der Sach- oder Rechtslage auszuschließen. Diese „Bevorzugung“ von Spielhallen gegenüber Vermittlungsstellen für Sportwetten ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. im Folgenden).

2.3 Die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV ist verfassungsgemäß; ihre Anwendung im konkreten Fall verletzt keine Grundrechte des Klägers. Die von ihm insoweit erhobenen Rügen im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit (2.3.1) und das Gleichbehandlungsgebot (2.3.2) greifen nicht durch. Mit der Berufung macht der Kläger im Übrigen eine - hier schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten eher fernliegende - Verletzung seines Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht mehr geltend.

2.3.1 Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit erhebt und im Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechende Berufsausübungsregelung sieht, hat auch die mündliche Verhandlung für den Senat keine Veranlassung gegeben, von seiner bereits in den Beschlüssenvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145, juris Rn. 18 f.) und 11. Juni 2014 (10 CS 14.505, juris Rn. 17, 21) dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen.

Regelungen zur Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, U. v. 13.12.2000 - 1 BvR 335/9 - juris Rn. 26; BVerfG, U. v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Die Verbotsnorm überschreitet nicht die Ebene der Berufsausübung, weil regelmäßig nur ein untergeordneter Teil der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen (Sportwettenvermittlung an der konkreten Örtlichkeit) betroffen ist, während die Vermittlung anderer Glücksspiele davon unberührt bleibt; selbst wenn man vom Bestehen eines Berufsbilds des „Sportwettenvermittlers“ ausgehen wollte, beschränkt die Bestimmung diese Tätigkeit nur räumlich und verhindert nicht eine Sportwettenvermittlung an anderen Standorten. Das Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV genügt den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil es durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel der Spielsuchtprävention legitimiert ist und der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014, a.a.O., Rn. 21; OVG Bremen, B. v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 11).

§ 21 Abs. 2 GlüStV stellt auch nicht deswegen eine gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßende unzulässige Berufsausübungsbestimmung dar, weil der Vorrang einer Spielhalle ohne Übergangsregelung auch in Konstellationen gilt, in denen - wie hier - die Erlaubnis für die Sportwettenvermittlung vor derjenigen für die Spielhalle erteilt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 25.6.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 25, 26). Bereits der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (a.F.) enthielt in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a.F. nicht nur eine Ermächtigung für die Erlaubnisbehörde, die Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen und zu befristen, sondern schrieb dies sogar zwingend vor. Ziel der Befristungsregelung und des Widerrufsvorbehalt war die Sicherung der staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten; die Vorschrift soll es den Genehmigungsbehörden ermöglichen, Entwicklungen im Glücksspielbereich auch kurzfristig berücksichtigen (LT-Drs. 15/716 S. 13) und so auf Änderungen der Sach- und Rechtslage auch während der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis kurzfristig reagieren zu können (vgl. LT-Drs. 15/8468 S. 17); der Widerrufsvorbehalt sollte also nicht nur zum Tragen kommen, wenn der Erlaubnisinhaber beispielsweise die Voraussetzungen, die der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugrunde lagen, nicht mehr erfüllt, sondern auch dann, wenn - wie hier - während der Laufzeit der Erlaubnis eine Änderung der Rechtslage eintritt, die sich zu Ungunsten des Inhabers einer Vermittlungserlaubnis auswirkt. Ein Vertrauenstatbestand dergestalt, dass dieser darauf vertrauen durfte, er könne bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von ihr uneingeschränkt Gebrauch machen, ist aufgrund des Widerrufsvorbehalts nicht gegeben; erst recht kann kein Vertrauensschutz bestehen, der eine Übergangsvorschrift erforderlich machen würde, wenn die Verlängerung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis über den ursprünglichen Befristungszeitpunkt hinaus begehrt wird. Zudem bedeutet die Aufgabe der Vermittlung von Sportwetten nicht, dass Investitionen des Gewerbetreibenden in größerem Umfang fehlgeschlagen sind, weil es insoweit in erster Linie um ein von der Staatlichen Lotterieverwaltung zur Verfügung gestelltes und programmiertes Terminal geht.

2.3.2 § 21 Abs. 2 GlüStV ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern mit Spielhallenbetreibern verfassungswidrig. Berufsausübungsregelungen müssen sich nicht nur an den unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen messen lassen, sondern auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein, insbesondere den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (BVerfG, B. v. 24.1.2012 - 1 BvL 21/11 - juris Rn. 40 f.). § 21 Abs. 2 GlüStV ist danach weder deshalb verfassungswidrig, weil er nicht sämtliche im Hinblick auf den Normzweck vergleichbaren potentiellen Gefahrensituationen im Verhältnis der beiden Anbieter erfasst (2.3.2.1), noch deshalb, weil der Tatbestand der Verbotsvorschrift zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten grundsätzlich auch durch eine (spätere) Erteilung einer Erlaubnis für eine hinzutretende Spielhalle ausgelöst wird (2.3.2.2).

2.3.2.1 Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nicht gehalten, neben der hier streitgegenständlichen Konstellation auch alle anderen denkbaren und unter dem Gesichtspunkt der Spielsuchtprävention möglicherweise relevanten „Nähebeziehungen“ zwischen einer Spielhalle/Spielbank und einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zu regeln.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass er darauf verzichtet hat, eine Ermächtigung für die Länder zu schaffen, im Wege der Ausführungsbestimmungen einen bestimmten Mindestabstand festzulegen, wie es § 25 Abs. 1 GlüStV für die räumliche Beziehung zwischen Spielhallen ermöglicht und Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV (250 m Luftlinie) umsetzt. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative die unterschiedlichen Sachverhalte wegen des ihnen innewohnenden unterschiedlichen Gefährdungspotenzials im Hinblick auf problematisches Spielverhalten nicht gleichermaßen über einen Mindestabstand regeln habe müssen; denn das bekanntermaßen mit Geldspielautomaten verbundene hohe Spielsuchtpotenzial (vgl. nur LT-Drs. 16/11995, S. 30, zu §§ 24 - 26) übersteigt das durch Sportwetten beförderte Suchtpotenzial erheblich, sodass für das - zumindest derzeit als Einzelfall zu betrachtende - Aufeinandertreffen von einer Wettvermittlungsstelle mit einer Spielhalle keine alle denkbaren räumlichen Beziehungen regelnde Vorschrift als erforderlich angesehen werden musste. Das Fehlen einer generell gültigen Mindestabstandsregel für den Fall einer räumlichen Nähebeziehung führt daher schon wegen der ungleichen Sachverhalte nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung einer von der Verbotsregelung betroffenen Vermittlungsstelle für Sportwetten.

Ebensowenig führt der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass § 21 Abs. 2 GlüStV auch nur einen Teil der denkbaren Nähebeziehungen - soweit sich nämlich beide Spielstätten im gleichen Gebäude oder Gebäudekomplex befinden - erfasst, zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es trifft zwar zu, dass die Verbotsvorschrift keine Fälle erfasst, in denen sich die beiden Spielstätten in (getrennten) Gebäuden mit seitlichem Grenzabstand oder auf sich unmittelbar gegenüberliegenden Seiten einer möglicherweise engen Straße befinden und damit u.U. einen sogar wesentlich geringeren Abstand voneinander aufweisen können, als dies der Fall wäre, befänden sie sich in einem einheitlich zu betrachtenden Gebäudekomplex (etwa einem Einkaufszentrum). Zu Recht weist das Verwaltungsgericht jedoch darauf hin, dass der Gesetzgeber eine nur im Hinblick auf Gebäude und Gebäudekomplexe beschränkte Regelung erlassen konnte, um hiermit typischerweise gerade bei solchen Örtlichkeiten im Fall einer geringen Entfernung zwischen den Spielstätten entstehende Konflikte zu lösen. Zudem ist eine derartige „unvollständige“ Regelung auch mit dem eher seltenen Zusammentreffen von Vermittlungsstellen mit Spielhallen/Spielbanken zu begründen. Eine in sich nicht stimmige („inkohärente“) Regelung liegt damit nicht vor.

2.3.2.2. Schließlich führt auch die in § 21 Abs. 2 GlüStV angelegte Möglichkeit, dass sich eine Spielhalle im gleichen Gebäude, in dem sich bereits eine erlaubte Sportwettenvermittlungsstelle befindet, ansiedeln will und damit die Anwendung dieser Norm ausgelöst werden könnte, nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bereits im Beschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O.) hat der Senat zwar festgestellt, dass die Verbotsregelung grundsätzlich auch in Fällen greift, in denen die für den Betrieb einer Spielhalle notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten im gleichen Gebäude/Gebäudekomplex beantragt und erteilt wird; damit besteht die Gefahr, dass die mit einer nachträglichen Ansiedlung einhergehende Kollision zu Lasten eines bereits erlaubt tätigen Sportwettenvermittlers gelöst werden müsste, dessen Erlaubnis zu widerrufen wäre (vgl. a. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 42 f., § 24 Rn. 33, mit dem Vorschlag, diese Kollision wegen des mit Spielhallen verbundenen hohen Gefährdungspotenzials durch landesrechtliche Bestimmung nach § 24 Abs. 3 GlüStV zu Gunsten der bestehenden Vermittlungsstelle aufzulösen). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt gleichwohl schon deswegen nicht vor, weil die Erteilung der Spielhallenerlaubnis in dieser Konstellation versagt werden müsste (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), denn sie liefe offensichtlich dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziel zuwider, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht auch infolge einer räumlichen Konzentration von Spiel-/Wettangeboten zu verhindern (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: VG Regensburg, U. v. 22.1.2015 - RO 5 K 14.90 - juris). Diesem Ansatz steht auch nicht § 2 Abs. 3 GlüStV entgegen, der zwar die Anwendung von § 21 Abs. 2 GlüStV auf Spielhallen ausschließt, jedoch die Beachtung der in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele des Staatsvertrages bestimmt.

In § 24 Abs. 2 GlüStV ist aus Gründen der Spielsuchtprävention gerade der Versagungsgrund des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV angelegt, der u.a. auch den Fall eines Bewerbers um eine Spielhallenerlaubnis in einem Gebäude, in dem bereits eine Sportwettenvermittlung tätig ist, erfasst. Der Senat teilt daher nicht den vom Kläger erhobenen Vorwurf, mit einer Versagung der Spielhallenerlaubnis würden die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und aus den Zielen des § 1 Satz 1 GlüStV neue Versagungsgründe abgeleitet.

Der Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis kann auch nicht geltend machen, ihre Versagung liefe dem mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgten Vorrang einer Spielhalle gegenüber einer im gleichen Gebäude befindlichen Vermittlungsstelle zuwider. Denn die Bestimmung des Vorrangs, die - wie hier - für die Situation zweier bereits zum 1. Juli 2012 in einem Gebäude befindlicher Betriebsstätten gilt, findet ihre wirtschaftliche Begründung darin, dass bereits getätigte, auf längere Zeit angelegte und unter Umständen erhebliche bauliche Investitionen des Spielhallenbetreibers schützenswerter sind als die relativ überschaubaren Investitionen des nur mit der Aufstellung eines Terminals belasteten Vermittlers von Sportwetten im Nebengeschäft. Dieses Argument kann jedoch ein Bewerber um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für eine Spielhalle, die er künftig in einem Gebäude betreiben will, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle befindet, nicht ins Feld führen, weil er in aller Regel noch keine größeren Investitionen getätigt hat. Damit besteht keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen erlaubten Spielhallen, die in den Genuss von § 21 Abs. 2 GlüStV kommen, und solchen, die sich im Erlaubnisverfahren befinden, und für die daher das Konzentrationsverbot (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) Geltung beansprucht.

2.4 Schließlich begegnet auch die Ermessensausübung, die der Untersagung zugrunde liegt, keinen rechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Beklagte das ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV i.V.m. Art. 4 AGGlüStV eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. Art. 40 BayVwVfG) ausgeübt; eine darüberhinausgehende Prüfungskompetenz des Gerichts besteht nicht (§ 114 Satz 1 VwGO). Die zur Ermessensausübung im erstinstanzlichen Urteil gemachten Ausführungen (UA, S. 19, 20) werden dementsprechend vom Kläger im Berufungsverfahren nicht infrage gestellt.

Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für den Kläger gewahrt ist. Sein wirtschaftliches Interesse an einem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen durch die Vermittlung von Sportwetten hat gegenüber den mit der Regelung verfolgten Zwecken, insbesondere der Spielsuchtbekämpfung, zurückzutreten. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich der Umsatzanteil aus den im Nebengeschäft vermittelten Sportwetten der Staatlichen Lotterieverwaltung im Bereich von 3 bis 5% des Gesamtumsatzes der Annahmestellenbetreiber beläuft (vgl. LT-Drs. 16/12192, S. 12, Begründung zu Art. 7 Abs. 3 AGGlüStV). Diesem auch im verwaltungsgerichtlichen Urteil angegebenen Korridor ist der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Die Existenz des Gewerbebetriebs (Bahnhofsbuchhandlung mit Annahmestelle der SLV) ist jedenfalls nicht gefährdet, nachdem die Vermittlung von Sportwetten nur einen untergeordneten Teil des gesamten Betriebs darstellt, selbst wenn man berücksichtigt, dass die nun ausbleibenden Sportwettkunden auch noch weitere Umsätze getätigt haben.

II. Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos, als sie der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Berufung von einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt hat, soweit der Bescheid die bereits vergangenen Zeiträume erfasst hat und damit zum maßgeblichen Zeitpunkt erledigt war. Zwar stellt sich in dieser Situation einer (teilweisen) Erledigung das prozessuale Vorgehen des Klägers als grundsätzlich statthaft dar, weil für eine Aufhebung des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Vergangenheit mangels belastender Wirkung die Anfechtungsklage nicht mehr statthaft wäre. Dem Kläger fehlt jedoch das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Ein solches ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere nicht aus einer möglichen Präjudizialität der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen noch zu führenden Amtshaftungs- oder sonstigen Schadensersatzprozess des Klägers. Eine denkbare Amtshaftungsklage erscheint nämlich schon deshalb offensichtlich aussichtslos, weil das beanstandete Verwaltungshandeln von einem Kollegialgericht erster Instanz, nämlich dem Verwaltungsgericht Regensburg, als rechtmäßig beurteilt wurde (stRspr BVerwG U. v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9 m.w.N.). Hat nämlich ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die beanstandete Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, fehlt es in der Regel bereits an dem für die Schadensersatzklage notwendigen Verschulden des Beamten. Dabei scheitert die schuldausschließende Wirkung einer erstinstanzlichen Kollegialentscheidung grundsätzlich nicht einmal dann, wenn dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte und der Beklagte - in der Situation einer Verpflichtungsklage - zur Neubescheidung verpflichtet wurde (vgl. BVerwG, U. v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat sich jedoch das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis als zutreffend herausgestellt, weil der angefochtene Bescheid (Erlaubniswiderruf und Untersagung) in vollem Umfang und von Anfang an rechtmäßig war (s.o. I.). Das Vorliegen einer der weiteren Fallgruppen, in denen ein berechtigtes Interesse zu bejahen wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei erledigten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen: BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - und B. v. 17.12.2015 - 8 B 10.15 - jeweils juris).

Selbst wenn man sich über das fehlende besondere Feststellungsinteresse hinwegsetzen und eine Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage annehmen wollte, wäre sie schon deshalb unbegründet, weil der angefochtene Bescheid von Anfang an rechtmäßig war.

Der mit seinem Rechtsmittel unterlegene Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war wegen der der Rechtssache zukommenden grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die sich u.a. aus der Frage der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex in § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt (vgl. § 33 GlüStV).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

70

Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

71

ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

84

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens zwei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Bei Geld- oder Warenspielgeräten mit mehreren Spielstellen (Mehrplatzspielgeräte) gilt jede Spielstelle als Geld- oder Warenspielgerät nach Satz 1. Der Gewerbetreibende hat bei den aufgestellten Geräten durch ständige Aufsicht und durch zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen an den Geräten die Einhaltung von § 6 Absatz 2 des Jugendschutzgesetzes sicherzustellen. Die Zahl der Warenspielgeräte, die auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten aufgestellt werden dürfen, ist nicht beschränkt.

(2) In Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch zwölf Geräte nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. Bei der Berechnung der Grundfläche bleiben Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen außer Ansatz.

(3) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Januar 2014 - 3 K 1786/13 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die von dem Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 03.09.2013, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“ in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben. Entsprechendes gilt für den hilfsweisen Antrag auf zeitlich befristete Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
Das Verwaltungsgericht, das maßgeblich auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die angefochtene Verfügung voraussichtlich rechtmäßig ist, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG, wonach der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten nur erlaubt werden darf, wenn die Wettvermittlungsstelle nicht in einer Gaststätte betrieben werden soll, Sportwetten vermittelt und der Antragsgegner ihm deshalb diese Tätigkeit gestützt auf § 9 Abs. 1 GlüStV n.F. verbieten durfte. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gegen Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verstößt. Es liege eine Berufsausübungsregelung vor, welche der Spielsuchtprävention diene, hierfür (im Ergebnis) erforderlich sei und sich auch nicht als unverhältnismäßig darstelle. Das Trennungsgebot verstoße auch nicht gegen Art. 56 AEUV. Selbst wenn hierdurch die Dienstleistungsfreiheit beschränkt werde, stehe dies mit Unionsrecht in Einklang. Das Trennungsgebot habe keine diskriminierende Wirkung. Auch gelte § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG für staatliche Vermittler, wenn sie die Art von Sportwetten anböten, die der Antragsteller anbiete. Ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit sei auch europarechtlich mit Blick auf die Spielsuchtprävention zu legitimieren. Fraglich sei allenfalls, ob es als milderes Mittel und entsprechend den gesetzgeberischen Erwägungen nicht ausgereicht hätte, Wettvermittlungsstellen in Gaststätten mit Alkoholausschank oder in Gaststätten, in denen sich Geldspielgeräte befinden, zu verbieten. Darauf komme es aber nicht an, weil in der Gaststätte des Antragstellers Alkohol ausgeschenkt werde und auch Geldspielgeräte aufgestellt seien. Außerdem wende der Antragsgegner § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG derzeit nur an, wenn mindestens eine dieser Voraussetzungen gegeben sei. Nicht entscheidend sei, ob die Untersagungsverfügung auch auf das bloße Fehlen einer Erlaubnis gestützt werden könnte, was nicht erfolgt sei; dementsprechend sei auch nicht entscheidend, was insoweit mit Blick auf das fortdauernde Konzessionsverfahren zu beachten wäre. Der Umstand, dass in anderen Bundesländern die Vermittlung von Sportwetten in Gaststätten nicht ausgeschlossen sei, begründe auch keinen Verstoß gegen das europarechtliche Kohärenzgebot. Es liege auch keine intersektorale Inkohärenz mit Blick auf die Regulierung des gewerblichen Automatenspiels vor. Soweit der Antragsteller geltend mache, die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes seien wegen fehlender Notifizierung nicht anwendbar, könne er damit ebenfalls nicht durchdringen. Selbst wenn § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG notifizierungspflichtig wäre, hätte dies nicht zur Folge, dass das gesamte Landesglücksspielgesetz unanwendbar wäre. Das Verwaltungsgericht geht im Weiteren ausdrücklich davon aus, dass § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht notifizierungspflichtig sei. Die angefochtene Verfügung sei auch ermessensfehlerfrei ergangen.
Der Antragsteller dringt mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde nicht durch.
I.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die angegriffene Verfügung voraussichtlich rechtmäßig ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Veranstaltung von Sportwetten betreffende Untersagungsverfügungen, die - wie hier - unter der Geltung des neuen Glücksspielstaatsvertrags vor Abschluss des Konzessionsverfahrens ergehen, rechtmäßig, wenn die Veranstaltung nicht erlaubnisfähig ist, es sei denn, die fehlende Genehmigungsfähigkeit könnte durch vom Antragsgegner im Rahmen seiner Ermessensausübung zu prüfende Nebenbestimmungen zu einer etwaigen Konzession beseitigt werden (Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Dieser Maßstab gilt auch für die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten vor Erteilung einer Vermittlungserlaubnis.
Die Vermittlung von Sportwetten durch den Antragsteller ist nicht erlaubnisfähig, weil sie gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG verstößt. Das Trennungsgebot bedarf zwar der verfassungskonformen Auslegung über den Weg der teleologischen Reduktion (1.). Auch ist eine europarechtskonforme Auslegung der für staatliche Annahmestellen geltenden Regelungen notwendig (2.). Die danach zu beachtenden Modifizierungen sind aber im Fall des Antragstellers nicht einschlägig. Auch liegt kein Fall vor, in dem dem Verstoß des Antragstellers gegen das Trennungsgebot durch Nebenbestimmungen begegnet zu werden brauchte (3.). Das Trennungsgebot ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (im Folgenden: Richtlinie 98/34/EG) notifiziert wurde (4.).
1. Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG ist bei verfassungskonformer Auslegung mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG vereinbar.
Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG darf der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten nur erlaubt werden, wenn die Wettvermittlungsstelle nicht in einer Gaststätte betrieben werden soll. Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG dient nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 83) der Suchtprävention. Der Gesetzgeber sieht gaststättenspezifische Gefahren darin, dass durch den Genuss von Alkohol die Hemmschwelle zum Glücksspiel herabgesetzt wird; außerdem soll eine Vermischung der „unterschiedlichen Angebote“ vermieden werden. Dies zielt auf den in Gaststätten grundsätzlich zulässigen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SpielVO) Betrieb von Gewinnspielgeräten ab (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG a.E., wonach eine Annahmestelle nicht in Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, sowie in sonstigen Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt werden, betrieben werden soll).
Die in dem Trennungsgebot liegende Berufsausübungsbeschränkung, von der das Verwaltungsgericht ebenso ausgegangen ist wie von einer darin liegenden Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV, ist - je nach persönlichem Anwendungsbereich - als Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG in ihrer weiten Fassung nur zum Teil gerechtfertigt. Sie ist zwar zur Erreichung des Gemeinwohlziels Suchtprävention geeignet, aber schon nach der Gesetzesbegründung nur insoweit erforderlich (und auch verhältnismäßig im engeren Sinn), als in Gaststätten Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind.
10 
§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG kann aber in diesem Sinn einschränkend verfassungskonform ausgelegt werden. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 8. Aufl., Art. 20 Rdnr. 34 m.w.N.). Der Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Der Begriff „Gaststätte“ ist nicht zwingend so zu verstehen, dass er jede Gaststätte umfassen soll. Insbesondere verwendet § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht den umfassenden Begriff des Gaststättengewerbes der §§ 1 LGastG, 1 ff. GastG. Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht ausweislich der Gesetzesbegründung für eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass sie sich nur auf Gaststätten bezieht, in denen Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind. Entsprechendes gilt für den sich daraus ergebenden Sinn und Zweck der Regelung. Auch die Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG a.E., welche die Zulässigkeit von staatlichen Annahmestellen in Gaststätten regelt, spricht für diese Interpretation, da sie ausdrücklich einen Zusammenhang mit Alkoholausschank und/oder dem Betrieb von Geldspielgeräten herstellt. Auch in dieser Auslegung ist die für Wettvermittlungsstellen geltende Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt (LT-Drs. 15/2431, S. 83), noch strenger als § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG (siehe aber unten 2. zur Vermittlung von Sportwetten in staatlichen Annahmestellen in Gaststätten). Im Übrigen geht auch die Verwaltungspraxis des Antragsgegners dahin, Untersagungsverfügungen nur gegenüber Gaststättenbetreibern zu erlassen, die Alkohol ausschenken und/oder Geldspielgeräte aufgestellt haben.
11 
2. Die verfassungskonform ausgelegte Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG ist bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG i.V.m. § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG auch mit Art. 56 AEUV vereinbar.
12 
Die staatliche Lottogesellschaft (§ 9 Abs. 4 LGlüG) kann unter den Voraussetzungen des § 20 LGlüG Wettvermittlungsstellen für Sportwetten betreiben. Für diese gelten dann dieselben gesetzlichen Voraussetzungen wie für private Wettvermittlungsstellen einschließlich der Möglichkeit, nach § 21 Abs. 4 GlüStV n.F. erlaubte Live-Wetten zu vermitteln (arg. e § 20 Abs. 7 LGlüG). Verzichtet der staatliche Veranstalter hierauf, dürfen aber gem. § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG auch in staatlichen Annahmestellen i.S.v. § 13 Abs. 3 LGlüG Sportwetten mit Ausnahme von Live-Wetten als Nebengeschäft vermittelt werden.
13 
a) Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG darf der Betrieb einer staatlichen Annahmestelle nur erlaubt werden, wenn die Annahmestelle nicht in Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, sowie in sonstigen Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt werden, betrieben werden soll.
14 
Der Wortlaut der Regelung schließt, anders als § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG dies für private Wettvermittlungsstellen regelt, nicht aus, staatliche Annahmestellen auch in Gaststätten zu betreiben, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte aufgestellt werden, vorausgesetzt die Annahmestelle befindet sich in einem Raum, in dem weder Alkohol ausgeschenkt wird noch Geldspielgeräte aufgestellt sind.
15 
Es erscheint bereits fraglich, ob dies vom Gesetzgeber gewollt war. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 76) soll mit der Regelung grundsätzlich auch vermieden werden, dass Glücksspiel in einer Umgebung stattfindet, in der durch den Ausschank von Alkohol die Hemmschwelle herabgesetzt werden könne. Aus diesem Grund dürften in Räumlichkeiten von Gaststätten, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, keine Annahmestelle betrieben werden. Die Begründung zum Gesetzentwurf lässt mithin den Schluss zu, dass in Gaststätten, die Alkohol ausschenken, keine staatliche Annahmestelle eingerichtet werden darf. Dem entspricht auch die weitere Passage der Gesetzesbegründung, durch die fragliche Regelung solle ausgeschlossen werden, dass Annahmestellen „in einer Gaststätte, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, betrieben werden“. Für das Aufstellen von Geldspielgeräten fehlt es aber an einem solchen Befund. Nach der Gesetzesbegründung soll insoweit ausgeschlossen werden, dass Annahmestellen „in sonstigen Räumen einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, betrieben werden“.
16 
§ 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG ist aber jedenfalls dann, wenn in staatlichen Annahmestellen Sportwetten vermittelt werden, nur für den Fall unionsrechtskonform, wenn hierdurch staatliche Annahmestellen in Gaststätten, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, ausgeschlossen werden.
17 
b) Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG beschränkt die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) aufgrund des auch unionsrechtlich legitimen Gemeinwohlziels der Suchtprävention. Das Trennungsgebot ist auch grundsätzlich zur Suchtprävention geeignet und auch im Übrigen zulässig.
18 
Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs steht den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen. Dabei ist jede beschränkende Regelung gesondert zu prüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 10.12 -, juris, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH). Die Eignung des Trennungsgebotes setzt dabei zusätzlich voraus, dass es zur Erreichung des mit ihm verfolgten Gemeinwohlziels in systematischer und kohärenter Weise beiträgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, BVerwGE 140, 1, Rdnr. 35).
19 
aa) Soweit sich das Sportwettenangebot privater Vermittlungsstellen mit dem Sportwettenangebot in staatlichen Annahmestellen deckt, also dann, wenn ein privater Vermittler Sportwetten ohne die Möglichkeit von Livewetten (§ 20 Abs. 7 Satz 2 LGlüG) anbietet, fehlt es aber an der Binnenkohärenz des Trennungsgebots.
20 
Erforderlich ist insoweit, dass die unionsrechtlich legitimen Ziele tatsächlich verfolgt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013, a.a.O., Rdnr. 31). Daran fehlt es, soweit private Wettvermittlungsstellen in Gaststätten, in denen Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Sportwetten ohne Live-Wetten nicht vermitteln dürfen, dasselbe Angebot staatlicher Annahmestellen aber in Gaststätten mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten zulässig ist. Allein der Umstand, dass in dem Raum der Gaststätte, in dem sich die Annahmestelle befindet, kein Alkohol ausgeschenkt wird bzw. kein Geldspielgerät aufgestellt werden darf, würde dabei keinen effektiven Schutz vor den Gefahren darstellen, denen mit dem Trennungsgebot gerade begegnet werden soll. Auch der Umstand, dass private Wettvermittlungsstellen anders als staatliche Annahmestellen auch Sportwetten in Form von - aus Sicht des Gesetzgebers - gefährlicheren Live-Wetten anbieten dürfen und (auch) deshalb strengere Anforderungen an sie gestellt werden sollten, rechtfertigt nicht die fragliche Privilegierung staatlicher Annahmestellen in Gaststätten. An der erforderlichen und vorliegend fehlenden Binnenkohärenz der gesetzlichen Regelung ändert sich auch nichts dadurch, dass nach dem Vortrag des Antragsgegners derzeit in Baden-Württemberg nur in wenigen Gaststätten Annahmestellen eingerichtet sind.
21 
§ 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG in Verbindung mit § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG lässt sich aber europarechtskonform auslegen, also so, dass der Binnenkohärenz genügt ist, und zwar dahingehend, dass auch staatliche Annahmestellen, in denen Sportwetten vermittelt werden, sich nicht in Gaststätten befinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt wird oder Geldspielgeräte aufgestellt sind. Für die europarechtskonforme Auslegung gelten die Überlegungen zur verfassungskonformen Auslegung entsprechend (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 23 Rdnr. 41). Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung lassen eine solche Auslegung zu. Soweit der Gesetzgeber die generell strengere Reglementierung von Wettvermittlungsstellen im Vergleich zu Annahmestellen damit begründet hat, in Wettvermittlungsstellen hielten sich Kunden länger auf (LT-Drs. 15/2431, S. 83, 85), trifft dies im Übrigen dann nicht zu, wenn sich die Annahmestelle in einer Gaststätte befindet. Entsprechendes gilt, soweit das besondere Suchtpotential von in Wettvermittlungsstellen zulässigen Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n.F.) im wiederholten Spiel und - dem vorangehend - im längeren Aufenthalt in der Wettvermittlungsstelle gesehen wird. Auch der Wortlaut des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG, der allgemein für Annahmestellen gilt, schließt Modifizierungen für den Fall des Angebots von Sportwetten nicht aus, wenn sich aufgrund dieses „Nebengeschäfts“ (§ 20 Abs. 7 Satz 1 LGlüG) weitere Anforderungen ergeben.
22 
bb) Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG erweist sich aber nicht als horizontal inkohärent, weil einzelne Bundesländer keine entsprechenden Regelungen getroffen haben und auch nicht als intersektoral inkohärent, weil andere Glücksspiele in Gaststätten stattfinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte betrieben werden.
23 
Art. 56 AEUV verlangt keine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei an der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasst. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Das gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Regelungsbefugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013, a.a.O., Rdnr. 52).
24 
Eine intersektorale oder horizontale Inkohärenz liegt vielmehr erst vor, wenn unterschiedliche Regelungen oder deren Handhabung dazu führen, dass das mit einer einschränkenden Regelung verfolgte Schutzziel mit dieser Regelung nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. BVerwG, a.a.O., Rdnr. 53 m.w.N.). Festgestellt werden muss, inwieweit das Fehlen einer entsprechenden Regelung in anderen Bundesländern oder der Umstand, dass andere Glücksspiele in Gaststätten stattfinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte betrieben werden, die Wirksamkeit des Trennungsgebotes und dessen Beitrag zur Verwirklichung des mit ihm verfolgten Ziels beeinträchtigt (vgl. BVerwG, a.a.O.). Dies ist weder ersichtlich noch mit der Beschwerdebegründung dargelegt worden (vgl. demgegenüber Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris).
25 
3. Die vorzunehmende Auslegung der §§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4, 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5, 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG wirkt sich für den Antragsteller aber nicht aus, da er eine Gaststätte betreibt, in der Alkohol ausgeschenkt wird und Geldspielgeräte vorhanden sind, und nicht lediglich das in staatlichen Annahmestellen zulässige Sportwettenangebot, sondern auch Live-Wetten vermittelt.
26 
Dem Verstoß gegen das Trennungsgebot brauchte der Antragsgegner auch nicht durch Nebenbestimmungen begegnen. Die Sportwettenvermittlung in der Gaststätte stellte nur dann keinen Verstoß gegen das Trennungsgebot dar, wenn der Antragsteller keinen Alkohol ausschenken und keine Geldspielgeräte betreiben würde. Ermessenserwägungen zu entsprechenden Nebenbestimmungen brauchte der Antragsgegner aber nicht anzustellen, solange dem Antragsteller der Ausschank von Alkohol aufgrund einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis erlaubt ist und für das Aufstellen von Geldspielgeräten eine Bestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO vorliegt. Aus dem gleichen Grund kommt eine Teilstattgabe im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht.
27 
4. Das Trennungsgebot ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 Richtlinie 98/34/EG notifiziert wurde.
28 
Nach Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 Richtlinie 98/34/EG übermitteln die Mitgliedstaaten grundsätzlich der Kommission jeden Entwurf einer technischen Vorschrift und unterrichten sie gleichzeitig über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen. Auch stellt der Verstoß gegen diese Regelung einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschrift führen kann, so dass sie im Einzelnen nicht entgegengehalten werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - C-303/04 -, juris, Rdnr. 23). Das nationale Gericht hat eine Vorschrift des nationalen Rechts, die eine technische Vorschrift darstellt, deshalb nicht anzuwenden, wenn sie der Kommission vor ihrem Erlass nicht übermittelt worden ist (vgl. EuGH, a.a.O., Rdnr. 24).
29 
Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nach dieser Vorschrift nicht notifizierungspflichtig ist und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass, soweit der Anwendungsbereich der Richtlinie überhaupt eröffnet ist, die für die Annahme einer Notifizierungspflicht nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 19.07.2012 - C-213/11, C-214/11 - und - C-217/11 -) erforderliche wesentliche Einschränkung bei der Vermarktung durch die fragliche Vorschrift nicht gegeben ist, weil nach § 20 Abs. 2 LGlüG in Baden-Württemberg bis zu 600 Wettvermittlungsstellen zulässig sein werden mit der Folge, dass eine Vermarktung durch das Verbot, sie (gerade) in (bestimmten) Gaststätten vorzunehmen, allenfalls marginal beeinflusst wird. Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht.
II.
30 
Unabhängig von der Frage, ob die angefochtene Verfügung sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und deshalb eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausscheidet, führt auch eine Interessenabwägung im Übrigen nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Antragsteller hat - auch im Beschwerdeverfahren - bereits nicht dargelegt, welche wirtschaftlichen Konsequenzen der Vollzug der Untersagungsverfügung für ihn haben würde. Es bleibt insbesondere unklar, welchen Umsatz und Gewinn der Antragsteller aus der Vermittlung von Sportwetten erzielt und wie sich diese Beträge jeweils zum Gesamtumsatz und -gewinn verhalten.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der eine Gaststätte betreibt, in der sich neben Geldspielgeräten auch ein Terminal für die Vermittlung von Sportwetten an die Firma C. M. Ltd. befindet, wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017, mit dem ihm – gestützt auf § 9 Abs. 1 Satz 1, 2 und 3 Nr. 3 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) – unter Androhung von Zwangsgeldern die Vermittlung von Sportwetten untersagt und die Entfernung sämtlicher diesbezüglicher Einrichtungen verlangt wird.

Das Verwaltungsgericht München hat den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der dort anhängigen Klage (M 16 K 17.1129) des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017 anzuordnen, mit Beschluss vom 18. Mai 2017 abgelehnt. Das öffentliche Interesse am Vollzug der Untersagung überwiege das Suspensivinteresse des Antragstellers; der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Zwar finde § 21 Abs. 2 GlüStV keine unmittelbare Anwendung, die dort enthaltene gesetzgeberische Wertung könne aber über § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV bei der Prüfung der materiellen Erlaubnisfähigkeit einer Sportwettvermittlung in einer Gaststätte nutzbar gemacht werden. Dem Antragsteller sei im Rahmen des behördlichen Anhörungsverfahrens aufgezeigt worden, dass er eine der beiden in seiner Gaststätte angebotenen Glücksspielarten aufzugeben habe. Zudem verfüge er nicht über die für die Vermittlung von Sportwetten notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis.

Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Antragsteller vor, das sogenannte Trennungsgebot rechtfertige die Untersagung nicht, weil zur gleichen Zeit das Sportwettangebot bundesweit und flächendeckend geduldet werde. Im Bereich des Antragsgegners bestehe ein erhebliches Vollzugsdefizit, denn in geschätzten 500 Gaststätten stünden Sportwettterminals neben Geldspielgeräten, ohne dass mehr als eine Handvoll an Untersagungen bezogen auf das gesamte Bundesgebiet verfügt worden sei. Des Weiteren übersehe das Verwaltungsgericht, dass aufgrund der obergerichtlich festgestellten Gemeinschaftswidrigkeit des Konzessionsverfahrens derzeit nicht zwischen monopolabhängigen und -unabhängigen Vorschriften unterschieden werden könne. Weil faktisch das Sportwettenmonopol nach wie vor fortbestehe, müssten letztlich alle Sonderregelungen entweder als monopolabhängig oder -unabhängig angesehen werden. Im vorliegenden Fall sei auch nicht berücksichtigt worden, dass das Wettterminal in einer gesonderten Räumlichkeit innerhalb der Gaststätte stehe und somit dem Trennungsgebot Rechnung getragen werde. Außerdem ergebe sich weder aus dem Ausführungsgesetz des Antragsgegners zum Staatsvertrag – wie etwa aus dem entsprechenden nordrhein-westfälischen Landesgesetz – noch aus dem Staatsvertrag selbst eine Regelung, aus der folge, dass die Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte mit Geldspielgeräten nicht erlaubnisfähig sei. Im bayerischen Ausführungsgesetz werde in Art. 7 lediglich die Zahl der Wettvermittlungsstellen auf 400 begrenzt, ohne dass damit eine Ermächtigung verbunden sei, aus der sich die angeblich fehlende Erlaubnisfähigkeit einer Wettvermittlung in einer Gaststätte ergebe. Dementsprechend könne der Antragsgegner auch keine Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung benennen, sondern sich lediglich auf die allgemeinen Ziele des Glücksspielstaatsvertrags und das sogenannte Trennungsgebot berufen. Wolle man § 1 GlüStV ausreichen lassen, finde sich immer ein Grund, jedweder Wettvermittlungsstelle entgegenzuhalten, der Wettsucht Vorschub zu leisten und gegen die Ziele des Staatsvertrags zu verstoßen. Letztlich werde im Bereich der Sportwetten mit der Argumentation einer angeblich nicht vorliegenden materiellen Erlaubnisfähigkeit in verdeckter Form erneut der Erlaubnisvorbehalt eingeführt. Sei aber weder in Bayern noch bundesweit ein Erlaubnisverfahren überhaupt eröffnet, könne nicht ohne gesetzliche Grundlage eine verdeckte Erlaubnisprüfung durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang werde auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince aufmerksam gemacht. Eine Ungleichbehandlung von Vermittlern von Sportwetten im Vergleich zu Pferdewettvermittlern ergebe sich weiter aus der Spielverordnung, wonach zwar in einem Pferdewettbüro‚ nicht aber in einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zugleich Geldspielgeräte aufgestellt werden dürften. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 18. Juni 2015 sei diese Regelung europarechtlich und verfassungsrechtlich als inkohärent anzusehen. Jedenfalls habe der Gesetzgeber in Bayern nicht ausgeschlossen, dass eine Wettvermittlungsstelle nicht auch eine Gaststätte sein könne, in der sich zusätzlich noch Geldspielgeräte befänden. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 10. November 2015 eine entsprechende Untersagung bei summarischer Prüfung noch als möglicherweise rechtmäßig erachtet habe, sei dieser Beschluss seit der Entscheidung in der Rechtssache Ince überholt. Die im Rahmen der Ermessenserwägungen von dem Antragsgegner aufgestellte Behauptung, eine Erlaubnisfähigkeit in der vorliegenden Konstellation sei unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt möglich, führe zu einer unzulässigen Ermessensreduzierung auf Null.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage (M 16 K 17.1129) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017 hinsichtlich der Nummern 1 bis 4 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält das Beschwerdevorbringen des Antragstellers für unbegründet und verweist auf eine Stellungnahme des Landratsamts P. vom 14. Juli 2017.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwal-tungsgerichts München vom 18. Mai 2017 hat keinen Erfolg.

Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017 anzuordnen. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid vom 23. Januar 2017 getroffenen Regelungen gegenüber dem Interesse des Antragstellers, in der von ihm betriebenen Gaststätte weiterhin Sportwetten zu vermitteln, der Vorrang einzuräumen ist.

Auch wenn sich aufgrund der nur summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren keine eindeutige Aussage über die Erfolgsaussichten der Klage, deren aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, treffen lässt, ist auch nach Würdigung des Beschwerdevorbringens ein Erfolg der Klage eher unwahrscheinlich. Dem gesetzlich bestimmten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV für Nr. 1 und 2 sowie Art. 21a Satz 1 VwZVG für Nr. 3 und 4 des Bescheids) kommt daher ein höheres Gewicht zu.

1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsgrundlage für die angefochtenen Anordnungen in Nr. 1 und 2 des Bescheids § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV ist, wonach die Veranstaltung, Durchführung und – wie hier – Vermittlung von unerlaubten Glücksspielen untersagt werden kann. Die zuständige Behörde kann gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; hierin liegt die Rechtsgrundlage für die Anordnung, „die technischen Einrichtungen, Systeme und schriftlichen Unterlagen“ aus den näher bezeichneten Räumlichkeiten zu entfernen (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 – juris Rn. 16; B.v. 13.7.2017 – 10 CS 17.10 –).

Das Verwaltungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass das Aufstellen eines Sportwettautomaten ohne entsprechende Erlaubnis den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiels erfüllt, weil hierfür eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlich ist. Sportwetten sind als Wetten gegen Entgelt Glücksspiele nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV. Da beim Anbieten von Sportwetten in einer grundsätzlich jedermann zugänglichen Gaststätte eine Teilnahmemöglichkeit für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis besteht, liegt bei den vom Antragsteller vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 2 GlüStV außerdem ein öffentliches Glücksspiel vor. Dieses ist schließlich auch unerlaubt, denn der Antragsteller besitzt nicht die für die Vermittlung dieser Wetten nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV notwendige Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV.

Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung das Fehlen einer Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der Geldspielautomaten aufgestellt sind, rügt, greift er die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (BA, S. 10,11) zur materiellen Erlaubnisfähigkeit der Vermittlung von Sportwetten im konkreten Fall ohne Erfolg an. Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass § 21 Abs. 2 GlüStV die Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der zugleich Geldspielgeräte aufgestellt sind, nicht ausdrücklich regelt (BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 – juris Rn. 21 f.). Jedoch kann die in § 21 Abs. 2 GlüStV enthaltene gesetzgeberische Wertung, wonach das daraus abgeleitete sog. Trennungsgebot von Spielhallen und Sportwettvermittlungsstellen der Vermeidung einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs dient und damit eine Maßnahme der Spielsuchtprävention darstellt (LT-Drs. 16/11995, S. 30), nach summarischer Prüfung wohl über § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV bei der Prüfung der materiellen Erlaubnisfähigkeit einer Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, nutzbar gemacht werden, ohne gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und Vorbehalt des Gesetzes zu verstoßen (krit. hierzu SächsOVG, B.v. 12.1.2017 – 3 B 135/16 – juris Rn. 11). Es läuft jedenfalls dem Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zuwider, wenn in Vermittlungsstellen für Sportwetten zusätzlich auch die Möglichkeit zum Geldautomatenspiel angeboten wird. Hierdurch wird die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Anzahl anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht ist. Denn das Geldautomatenspiel bringt die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervor (LT-Drs. 16/11995, S. 20). Die räumliche Verknüpfung von gewerblichen Geldautomatenspielen in einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten bietet daher für diese in hohem Maße suchtgefährdeten Personen einen nach der Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags unerwünschten Anreiz, sich auch den Sportwetten zuzuwenden. Ebenso könnte eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden dazu animieren, sich auch dem Geldautomatenspiel zuzuwenden. Daher bestimmt auch § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV, dass in Wettannahmestellen – mit Ausnahme der nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes konzessionierten Buchmacher – Geldspielautomaten nicht aufgestellt werden dürfen. Jedenfalls kann angesichts dieser gesetzgeberischen Wertungen nicht von einer offensichtlichen materiellen Erlaubnisfähigkeit der Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, ausgegangen werden (BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 – juris Rn. 22). Hieran ändert auch der vom Verwaltungsgericht in den Blick genommenen Umstand nichts‚ dass das Sportwettterminal in einem Nebenraum der Gaststätte aufgestellt ist‚ denn es befindet sich jedenfalls innerhalb derselben Gaststätte (vgl. § 21 Abs. 2 GlüStV).

Der Senat hält daher nach den vorstehenden Ausführungen und entgegen der Auffassung des Antragstellers für die vorliegende Konstellation eine ausdrückliche spezielle (landesrechtliche) Bestimmung‚ die ein Verbot von Wettvermittlungsstellen in Gaststätten mit Geldspielgeräten festgelegt (vgl. etwa § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Baden-Württembergisches Landesglückspielgesetz – LGlüG BW)‚ für nicht erforderlich.

Soweit der Antragsteller seinen erstinstanzlichen Vortrag im Hinblick auf eine (angebliche) Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern gegenüber Pferdewettbüros wiederholt‚ kann auf die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts (UA S. 12‚ 1. Abs.) auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 25. September 2015 (Vf. 9-VII-13 u.a., Rn. 208) verwiesen werden; dort wird insbesondere auf die Besonderheiten im Bereich der Pferdewetten als historisch gewachsenes Segment im Glücksspielmarkt abgestellt. In dem vom Antragsteller in Bezug genommenen Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 18. Juni 2015 (12 A 84/15) wird zugunsten des dort klagenden Inhabers einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung‚ der zusätzlich Geldspielgeräte in seiner Lokalität aufstellen wollte‚ die Gleichheitssatzwidrigkeit von § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV festgestellt; eine derartige oder eine vergleichbare Konstellation liegt im vorliegenden Fall des Inhabers einer Erlaubnis für eine Gaststätte‚ in der neben Spielgeräten eine Vermittlung für Sportwetten betrieben wird‚ nicht vor.

2. Die Anwendung des § 21 GlüStV als Maßstab für die Prüfung der materiell-rechtlichen Zulässigkeit von Sportwetten verstößt auch unter Berücksichtigung der Entscheidung in der Rechtssache Ince (EuGH‚ U.v. 4.2.2016 – C-336/14 – NVwZ 2016‚ 369) nicht gegen Unionsrecht (Art. 56 AEUV).

Dem genannten Urteil lässt sich nicht entnehmen, das „Ahndungsverbot“ führe dazu, dass auch die materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages für private Vermittler von Sportwetten wegen des faktischen Fortbestands des glücksspielrechtlichen Monopols nicht anwendbar seien. Die Entscheidung erging im Rahmen von Strafverfahren, in denen der Wettvermittlerin zur Last gelegt wurde, Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis vermittelt zu haben. Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörden daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Wettvermittlung zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatliches Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht. Die in dem Urteil getroffenen Aussagen stellen damit zwar die Unionsrechtmäßigkeit der Erlaubnispflichtigkeit der Sportwettvermittlung in seiner derzeitigen Form bzw. Durchführung in Frage, berühren jedoch das sog. Trennungsgebot nicht (vgl. zu § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG BW: VGH BW, B.v. 20.2.2017 – 6 S 916/16 – juris Rn. 6). Die Untersagungsverfügung ist vorliegend allein darauf gestützt, dass die Art und Weise der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen sowie losgelöst von ihrer Erlaubnispflichtigkeit materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu trifft das genannte Urteil in der Rechtssache Ince keine Aussage. Im Übrigen vermag der Senat die Annahme des Antragstellers‚ eine Unterscheidung zwischen monopolabhängigen Bestimmungen des Glückspielvertrags und solchen‚ die unabhängig von dem (behaupteten) faktischen Fortbestand des Sportwettenmonopols bestehen‚ sei nicht zulässig‚ nicht nachzuvollziehen.

Die Frage, ob ein „Ahndungsverbot“ auch dann besteht, wenn zweifelhaft ist, ob die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen vorliegen, hatte der Europäische Gerichtshof nicht zu beantworten. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lässt sich jedenfalls keine so weitreichende Aussage treffen, dass sich aus der Interpretation der Entscheidungsgründe der Ince-Entscheidung ergebe, auch die nicht monopolabhängigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags könnten nicht angewandt werden, solange kein dem Unionsrecht genügendes transparentes und diskriminierungsfreies nationales Verwaltungsverfahren zur Erlangung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis existiere (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 27 ff.; ebenso VGH BW, B.v. 20.2.2017 – 6 S 916/16 – juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B.v. 10.5.2017 – 1 N 72.15 – juris Rn. 14).

3. Auch das behauptete strukturelle (landes- oder bundesweite) Vollzugsdefizit steht der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verfügungen nicht entgegen. Das Landratsamt P. hat zuletzt mit Schriftsatz vom 14. Juli 2017 für den Antragsgegner dargelegt, dass in seinem Zuständigkeitsbereich in zwei vergleichbaren Fällen Untersagungsverfahren eingeleitet worden seien und das sog. Trennungsgebot durchgesetzt worden sei. Der Antragsteller ist dagegen der Meinung, es liege ersichtlich ein Vollzugsdefizit vor, solange nicht bundesweit oder zumindest landesweit in Form eines nachvollziehbaren und weitestgehend einheitlichen Vollzugs entsprechend vorgegangen werde. Damit kann dem Antragsgegner jedoch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG kein willkürliches Vorgehen entgegen gehalten werden. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass außerhalb des Landkreises P. keine oder nur wenige vergleichbare Maßnahmen getroffen worden sein sollten – der Antragsteller spricht selbst von „einer Handvoll Ausnahmen bundesweit“ –, begründet der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Anspruch auf Rechtsanwendungsgleichheit keinen Anspruch auf Fortführung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis. Der Umstand, dass andere Glücksspielaufsichtsbehörden in Bayern oder in der Bundesrepublik in ihrem Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Untersagungsverfügungen gegen Sportwettenvermittler ausgesprochen haben, würde nicht dazu führen, dass der Antragsgegner ebenfalls auf ein behördliches Einschreiten gegen den Antragsteller verzichten müsste (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 48; B.v. 13.7.2017 – 10 CS 17.10 –).

4. Auch aus den weiteren, vom Antragsteller zur Stützung seiner Rechtsansicht im Beschwerdeverfahren vorgelegten Gerichtsentscheidungen ergibt sich nichts anderes; sie betreffen andere Sachverhalte oder Rechtsprobleme.

Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 (8 C 5.15 – juris) verhilft seiner Argumentation nicht zum Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. Juni 2016 festgestellt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis auch keine verwaltungsrechtliche Untersagung der Wettvermittlung begründen kann, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettvermittlung nicht auf die materiell-rechtliche Unzulässigkeit der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen gestützt werden kann, ist hingegen auch diesem Urteil nicht zu entnehmen. Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen geht in vergleichbaren Fällen von der Zulässigkeit einer Untersagungsverfügung aus monopolunabhängigen Gründen aus, weil es sich bei dem – landesrechtlich gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5c LGlüG NW geltenden – Trennungsgebot um eine nicht monopolbezogene Anforderung an die Sportwettvermittlung handele (OVG NW, B.v. 07.10.2016 – 4 B 177/16 – juris; vgl. zudem NdsOVG, B.v. 2.12.2016 – 11 ME 219/16 –, GewArch 2017, 80).

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in dem vom Antragsteller weiter angeführten Beschluss vom 20. Februar 2017 (4 B 609/18) in einem ähnlichen Fall offengelassen, ob § 21 Abs. 2 GlüStV verletzt ist, aber wegen im vorliegenden Fall nicht einschlägiger Gesichtspunkte einen Ermessensfehlgebrauch angenommen. Im Wesentlichen hat das Gericht beanstandet, dass die Behörde – da der dortige Antragsteller der Betreiber sowohl der Spielhalle wie auch der Sportwettenvermittlung war – durch dessen Anhörung nicht ermittelt hatte, ob statt der Untersagung der Sportwettenvermittlung als milderes Mittel auch die Einstellung des Spielhallenbetriebes in Betracht gekommen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor.

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seinem Beschluss vom 2. März 2017 (3 L 430/16) in einem vergleichbaren Fall zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV als (wohl) erfüllt angesehen, aber einen Ermessensfehlgebrauch angenommen, weil die Behörde die Untersagungsverfügung allein auf das (formelle) Fehlen einer Erlaubnis gestützt und außerdem mit nicht dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Erwägungen begründet hatte. Beides trifft im vorliegenden Fall nicht zu.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. März 2017 (411 HKO 24/17) schließlich betrifft wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, wobei das Landgericht selbst feststellt, dass die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung wegen der unterschiedlichen Regelungszwecke insoweit nicht herangezogen werden könne.

5. Im Übrigen steht bei nicht eindeutigen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels dem öffentlichen Vollzugsinteresse, dem gesetzlich der Vorrang eingeräumt ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV), kein gleichwertiges Interesse des Antragstellers gegenüber. Auch wenn derzeit Konzessionen nach § 10a Abs. 2 GlüStV und Wettvermittlungserlaubnisse nach § 10a Abs. 5 GlüStV nicht erteilt werden, heißt dies nicht, dass materiell nicht offensichtlich erlaubnisfähige Wettangebote vom Antragsgegner ohne weiteres geduldet werden müssten. Der Antragsteller hat auch nicht dargelegt, dass er etwa durch die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in der Gaststätte in seiner Existenz bedroht wäre.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller betreibt in K. in der Blumenstraße 36 eine Gaststätte (Café V.). Bei einer Kontrolle am 18. August 2014 wurde festgestellt, dass neben Geldspielgeräten in dem Café auch ein Sportwettautomat aufgestellt ist.

Mit Schreiben vom 21. August 2014 forderte das Landratsamt D. den Antragsteller auf, entweder den Sportwettautomat oder die Geldspielgeräte unverzüglich zu entfernen.

Nachdem der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, untersagte ihm das Landratsamt mit Bescheid vom 2. Oktober 2014 die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten im Café V. (Nr. 1) und gab ihm auf, die Tätigkeit binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides einzustellen und sämtliche technischen Einrichtungen, Systeme und schriftlichen Unterlagen, die für die Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten erforderlich seien, aus den Räumen des Cafés zu entfernen (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung der Nr. 2 des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro je Tag angedroht. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, dass aus glücksspielrechtlicher Sicht ein Sportwettautomat wie eine Wettvermittlungsstelle zu behandeln sei. Das gleichzeitige Aufstellen von Geldspielgeräten und Wettterminals in einer Örtlichkeit sei glücksspielrechtlich unzulässig. Dies ergebe sich aus einem Erst-Recht-Schluss aus § 21 Abs. 2 GlüStV. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei hinreichend gerichtlich bestätigt worden. Zum Ermessen führte das Landratsamt aus, dass die Untersagung der Vermittlung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV für erforderlich gehalten werde, weil es nicht möglich sei, Sportwetten in einem Gebäude legal zu vermitteln, in dem sich auch Geldspielgeräte befänden. Die Vermittlung von Sportwetten im Café V. sei nicht mit § 21 Abs. 2 GlüStV vereinbar. Damit sei die Vermittlung von Sportwetten materiell nicht erlaubnisfähig. Deshalb könne die Vermittlung auch nicht bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens toleriert werden. Die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten sei auch verhältnismäßig. Es gebe keine andere, weniger einschneidende Möglichkeit, um dem gewichtigen Gemeinwohlziel (Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht) Geltung zu verschaffen. Der Ausschank alkoholischer Getränke in der Gaststätte lade zudem zu einer längeren Verweildauer in der Wettvermittlungsstätte ein, so dass die Suchtgefahr noch höher einzuschätzen sei.

Der Antragsteller ließ gegen diesen Bescheid Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragen, den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2014 aufzuheben. Zugleich beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Der vom Antragsgegner genannte § 21 Abs. 2 GlüStV verbiete lediglich die Vermittlung von Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Alleine das Aufstellen von Geldspielgeräten sei von der Regelung des § 21 Abs. 2 GlüStV nicht erfasst. Dies ergebe sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Norm. Ferner sei diese Norm abschließend.

Mit Schreiben vom 24. März 2015 ergänzte das Landratsamt die Begründung des Bescheids vom 2. Oktober 2014 insoweit, als der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 16.5.2013 - Az. 8 C 14.12) folgend davon ausgegangen werde, dass für eine Untersagung bereits die in diesem Fall zu bejahende formell Illegalität ausreiche. Eine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit der Tätigkeit des Antragstellers sei ebenfalls nicht gegeben.

Mit Beschluss vom 17. Juni 2015, dem Antragsteller zugestellt am 16. Juli 2015, lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Die formell illegale Tätigkeit des Antragstellers müsse nur dann bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens geduldet werden, wenn sie die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfülle und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich sei. Vorliegend ergebe sich die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit zum Betrieb eines Wettterminals bereits aus dem Umstand, dass der Sportwettanbieter, an den der Antragsteller Sportwetten vermittle, nicht im Besitz einer inländischen Erlaubnis sei (§ 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV). Weiter widerspreche der Betrieb eines Sportwettautomaten innerhalb der Räumlichkeiten einer Gaststätte, in der den Gästen auch Geldspielgeräte zur Verfügung gestellt würden, dem Ziel, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (§ 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV). Auch aus dem Rechtsgedanken des § 21 Abs. 2 GlüStV ergebe sich, dass die räumliche Verknüpfung einer mit Geldspielgeräten ausgestatteten Gaststätte mit einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten unerwünschte Anreize zur Förderung von Glücksspiel- und Wettsucht biete. Es werde auf das Urteil der Kammer vom 17. März 2015 im Verfahren M 16 K 14.4670 Bezug genommen.

Mit seiner Beschwerde beantragt der Antragsteller,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 17. Juni 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 14. Oktober 2014 gegen die Untersagung der Sportwettvermittlung mit Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2014 anzuordnen.

Die fehlende Erlaubnis des Wettveranstalters und auch des Antragstellers als Wettvermittler könne nicht zur Begründung der Untersagung der Sportwettvermittlung herangezogen werden. Der im Jahr 2012 in Kraft getretene zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag habe zu einer Liberalisierung des Sportwettmarkts und zu einer Vergabe von insgesamt 20 Konzessionen führen sollen. Aufgrund von Gerichtsentscheidungen würden derzeit aber keine Konzessionen erteilt. Es greife daher der Grundsatz der Vorrang des Unionsrechts. Danach stehe fest, dass das Sportwettenmonopol unionsrechtswidrig sei. Die Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt seien, sei nicht materiell rechtswidrig. Denn im Freistaat Bayern bestehe keine gesetzliche Grundlage, die ein Verbot der Kombination der Sportwettvermittlung mit dem Aufstellen von Geldspielgeräten enthalte. § 21 Abs. 2 GlüStV verbiete lediglich die Vermittlung von Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Auch wenn der Antragsteller in seiner Gaststätte drei Geldspielgeräte aufgestellt habe, ginge damit nicht der gastronomische Schwerpunkt verloren, es liege weiterhin ein Gaststättenbetrieb vor. Eine Auslegung des § 21 Abs. 2 GlüStV, wonach in einer Gaststätte Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, wenn zugleich Geldspielgeräte betrieben würden, verstoße gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes und den Grundsatz der Wesentlichkeit. Zudem sei die Untersagung der Vermittlungstätigkeit unverhältnismäßig. Es sei möglich gewesen, neben oder anstatt der Wettvermittlungstätigkeit auch den Betrieb der Geldspielgeräte zu untersagen. Weitere Feststellungen, außer der Tatsache, dass Sportwetten durch den Antragsteller in der Gaststätte, in der sich auch Geldspielgeräte befänden, vermittelt würden und die Gaststätte lediglich ein Raum sei, seien nicht getroffen worden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Schutzwürdigkeit des Antragstellers und dessen Vertrauen in die uneingeschränkte Geltung der europäischen Dienstleistungsfreiheit sehr groß seien.

Der Antragsgegner beantragt:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei die gegenwärtige Rechtslage der Sportwettvermittlung nicht unklar, da es geltende Gesetze gebe. Die Ausführungen zur formellen Illegalität seien nicht zweckdienlich, da diese nicht entscheidungserheblich gewesen seien. Das Verwaltungsgericht stelle zwar die formelle Illegalität fest, führe jedoch zugleich aus, dass die formell illegale Tätigkeit des Antragstellers bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nach § 4a ff. GlüStV nur dann geduldet werden müsse, wenn die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt seien. Da § 21 Abs. 2 GlüStV schon eine weitreichende räumliche Trennung von Wettvermittlung und Spielhallen verlange, müsse ein Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV erst Recht dann angenommen werden, wenn Geldspielgeräte und Wettvermittlung in ein und demselben Lokal angeboten würden. Das Verwaltungsgericht habe den Widerspruch zum Ziel der Suchtbekämpfung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) mit Recht als zwingenden Versagungsgrund für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV angesehen. Die vom Antragsteller vorgebrachten Unterschiede zwischen Spielhallen und Gaststätten zielten in die falsche Richtung. Vielmehr sei entscheidend, dass das Vorhandensein eines Wettterminals in einem Gastraum, in dem sich auch Geldspielgeräte befänden, die Gaststättenbesucher dazu animiere, sich sowohl dem Geldautomatenspiel als auch den Sportwetten zuzuwenden und aufgrund der gaststättentypischen längeren Verweildauer auch wiederholt Wetten zu platzieren. Dies widerspreche dem Ziel, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern, und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Hinzu komme, dass nunmehr auch der Verordnungsgeber der Spielverordnung Wettannahmestellen aus Gründen der Suchtgefahr nicht als zulässige Aufstellorte für Geldspielgeräte angesehen habe. Des Weiteren sei zu beachten, dass in Spielhallen der Ausschank alkoholischer Getränke nicht erlaubt sei, weil gerade der Konsum von Alkohol und die damit verbundenen Wirkungen auf das Bewusstsein und die Psyche unter Suchtgesichtspunkten besonders gefährlich seien. Im Ausschank von alkoholischen Getränken in einer Wettvermittlungstelle sei ein weiterer Widerspruch zu den Zielen des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zu sehen, der für sich genommenen den Schluss auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit trage. Die vom Antragsteller zitierten erstinstanzlichen Urteile seien mangels Vergleichbarkeit nicht einschlägig. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung am 2. Oktober 2014 seien die Änderungen der Spielverordnung nicht in Kraft gewesen, so dass deshalb eine Untersagung nicht auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV habe gestützt werden können, da das Verbot des Aufstellens von Geldspielgeräten in Sportwettvermittlungsstellen erst mit Wirkung zum 11. November 2014 eingeführt worden sei. Da das Landratsamt von der grundsätzlichen Unvereinbarkeit von Geldspielgeräten und Sportwettautomaten ausgegangen sei, sei die konkrete tatsächliche Art und Weise der Vermittlung nicht von Bedeutung. Eine Duldung der Sportwettvermittlung neben den drei beim Antragsteller vorhandenen Geldspielgeräten sei schon deshalb nicht möglich.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17. Juni 2015 hat keinen Erfolg.

Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 2. Oktober 2014 anzuordnen. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid vom 2. Oktober 2014 getroffenen Regelungen gegenüber dem Interesse des Antragstellers, die Sportwettvermittlungsstelle weiterhin in den Räumen seiner Gaststätte zu betreiben, der Vorrang einzuräumen ist. Auch wenn sich aufgrund der nur summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren keine eindeutige Aussage über die Erfolgsaussichten der Klage, deren aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, treffen lässt, ist ein Erfolg dieses Rechtsmittels eher unwahrscheinlich. Dem gesetzlich bestimmten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV) kommt daher ein höheres Gewicht zu.

Rechtsgrundlage für die Anordnungen in Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheides vom 2. Oktober 2014 sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV für die Untersagung der Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten sowie § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV für die Anordnung der Betriebseinstellung und Entfernung sämtlicher technischer Einrichtungen.

§ 2 Abs. 4 GlüStV, wonach für Gaststätten und Wettannahmestellen der Buchmacher, soweit sie Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten bereithalten, nur die §§ 1 bis 3, 4 Abs. 3 und 4, §§ 5 bis 7 GlüStV sowie die Vorschriften des 9. Abschnitts gelten, steht der Anwendung des § 9 GlüStV nicht entgegen. Die in § 2 Abs. 4 GlüStV genannten Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages treten für in Gaststätten aufgestellte Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit neben die einschlägigen Vorschriften von Gaststättengesetz, Gewerbeordnung und Spielverordnung (Dietlein/Hüsken in Dietlein/Hecker/Rüttig, Glückspielrecht, 2. Aufl. 2013 § 2 Rn. 20; LT-Drs. 16/11995 S. 21).

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Aufstellen eines Sportwettautomaten ohne entsprechende Erlaubnis den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiels erfüllt, weil hierfür eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlich ist. Sportwetten sind als Wetten gegen Entgelt Glücksspiele nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV. Da beim Anbieten von Sportwetten in einer grundsätzlich jedermann zugänglichen Gaststätte, wie sie der Antragsteller betreibt, eine Teilnahmemöglichkeit für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis besteht, liegt bei den vom Antragsteller vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 2 GlüStV außerdem ein öffentliches Glücksspiel vor. Dieses ist schließlich auch unerlaubt. Denn weder verfügt der Veranstalter der vom Antragsteller in seiner Betriebsstätte vermittelten Sportwetten über die nach § 10a Abs. 2 GlüStV erforderliche Konzession, noch besitzt der Antragsteller die für die Vermittlung dieser Wetten nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV notwendige Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat der Antragsgegner die Untersagungsverfügung jedoch nicht tragend auf das Fehlen der für die Sportwettvermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlichen Vermittlungserlaubnis gestützt. Auch wenn der Antragsgegner im Schreiben vom 24. März 2015 ausgeführt hat, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung zu rechtfertigen vermöge, hat er jedenfalls auch auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit der Sportwettvermittlung abgestellt, weil die Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der gleichzeitig Geldspielgeräte aufgestellt seien, wegen eines „Erst-Recht-Schlusses aus § 21 Abs. 2 GlüStV“ unzulässig sei und darin ein Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV liege.

Das Verwaltungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die im Bescheid unter Nr. 1 und Nr. 2 getroffenen Regelungen jedenfalls nicht offensichtlich ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig sind. Wenn der Antragsteller nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung und Vermittlung der von ihm vertriebenen Sportwetten verfügt, ist der Tatbestand des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht wäre nur dann eine Verpflichtung des Antragsgegners, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden, anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiell-rechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllte und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung, erkennbar wäre. Die Untersagung wäre dann nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigten dagegen ein Einschreiten (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 52).

Die materielle Erlaubnisfähigkeit der Sportwettvermittlung in der Gaststätte des Antragstellers, in der zugleich Geldspielautomaten aufgestellt sind, ist jedenfalls nicht offensichtlich im oben dargestellten Sinne. Es spricht zwar einiges für die Rechtsauffassung des Antragstellers, wonach § 21 Abs. 2 GlüStV die Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der zugleich Geldspielgeräte aufgestellt sind, nicht regelt. Denn eine Spielhalle i. S. d. § 21 Abs. 2 GlüStV ist gemäß § 3 Abs. 7 GlüStV ein Unternehmen oder Teil eines Unternehmens, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten i. S. d. § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO, der Veranstaltung anderer Spiele i. S. d. § 33b Abs. 1 Satz 1 GewO oder der gewerbsmäßigen Aufstellung von Unterhaltungsspielen ohne Gewinnmöglichkeit dient. Demgegenüber dürfen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV Spielgeräte nur in Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, aufgestellt werden. Die Zahl der Geräte in Schank- und Speisewirtschaften ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV auf höchstens drei Geld- oder Warenspielgeräte begrenzt. Eine Schank- und Speisewirtschaft i. S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV liegt nur dann vor, wenn die Örtlichkeit durch den Schank- oder Speisebetrieb geprägt ist und nicht überwiegend einem anderen Zweck dient (BVerwG, B.v. 18.3.1991 - 1 B 30.91 - juris Rn. 5). Das Spielen darf also lediglich Annex zu einer im Vordergrund stehenden Bewirtungsleistung sein. Eine Schank- und Speisewirtschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV muss sich nach ihrem Leistungsangebot und ihrer Ausgestaltung als Gaststätte im herkömmlichen Sinne darstellen, d. h. sie wird von Besuchern in erster Linie zur Wahrnehmung der gaststättentypischen Tätigkeiten (Einnahme von Speisen und Getränken, Kommunikation) aufgesucht. Spielhallen nach § 3 Abs. 7 GlüStV und Gaststätten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SpielV sind bezogen auf das Angebot an Geldspielgeräten somit nicht miteinander vergleichbar. Für die Auffassung, dass Gaststätten, soweit sie Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereithalten, nicht als Spielhallen i. S. d. § 21 Abs. 2 GlüStV zu behandeln sind, spricht auch, dass einige Landesgesetzgeber in den Ausführungsgesetzen zum GlüStV ausdrücklich eine Regelung aufgenommen haben, wonach Wettvermittlungsstellen in einer Spielhalle oder einem ähnlichen Unternehmen i. S. d. § 33e GewO, einer Spielbank oder einer Gaststätte, in der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden, nicht betrieben werden dürfen (z. B. § 20 Abs. 1 Satz 2 GlüSV NRW). Denn andernfalls hätte es solcher landesgesetzlicher Regelungen nicht bedurft.

Die in § 21 Abs. 2 GlüStV enthaltene gesetzgeberische Wertung, wonach das sog. Trennungsgebot von Spielhallen und Sportwettvermittlungsstellen der Vermeidung einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs dient und damit eine Maßnahme der Spielsuchtprävention darstellt (LT-Drs. 16/11995, S. 30), kann aber nach summarischer Prüfung wohl über § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV bei der Prüfung der materiellen Erlaubnisfähigkeit einer Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, nutzbar gemacht werden, ohne gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und Vorbehalt des Gesetzes zu verstoßen. Es läuft jedenfalls dem Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zuwider, wenn in Vermittlungsstellen für Sportwetten zusätzlich auch die Möglichkeit zum Geldautomatenspiel angeboten wird. Hierdurch wird die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Anzahl anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht ist. Denn das Geldautomatenspiel bringt die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervor (LT-Drs. 16/11995, S. 20). Die räumliche Verknüpfung von gewerblichen Geldautomatenspielen in einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten bietet daher für diese in hohem Maße suchtgefährdeten Personen einen nach der Zielsetzung des GlüStV unerwünschten Anreiz, sich auch den Sportwetten zuzuwenden. Ebenso könnten durch eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden dazu animiert werden, sich auch dem Geldautomatenspiel zuzuwenden. Daher bestimmt nunmehr auch die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV, dass in Annahmestellen für Sportwetten Geldspielautomaten nicht aufgestellt werden dürfen. Jedenfalls kann angesichts dieser gesetzgeberischen Wertungen nicht von einer sogar offensichtlichen materiellen Erlaubnisfähigkeit der Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, ausgegangen werden.

Der Antragsgegner hat in seinen Ermessenserwägungen zu erkennen gegeben, dass ausschlaggebend für die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in der Gaststätte die erhöhte Spielsuchtgefährdung der anwesenden Personen bei gleichzeitiger Verfügbarkeit von Sportwetten und Automatenspiel war. Insbesondere hat er berücksichtigt, dass in einer Gaststätte, die Speisen und Getränke anbietet, der Kunde länger verweilt als an einem Ort, an dem ausschließlich Sportwetten vermittelt werden, so dass die Suchtgefahr noch höher einzuschätzen ist. Diese Ermessenserwägungen erweisen sich nicht als offensichtlich fehlerhaft.

Hinzu kommt, dass bei nicht eindeutigen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels dem öffentlichen Vollzugsinteresse, dem gesetzlich der Vorrang eingeräumt ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV) kein gleichwertiges Interesse des Antragstellers gegenüber steht. Auch wenn derzeit Konzessionen nach § 10a Abs. 2 GlüStV und Wettvermittlungserlaubnisse nach § 10a Abs. 5 GlüStV nicht erteilt werden, heißt dies nicht, dass materiell nicht offensichtlich erlaubnisfähige Wettangebote vom Antragsgegner ohne weiteres geduldet werden müssten. Der Antragsteller hat auch nicht dargelegt, dass er durch die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in seiner Gaststätte etwa in seiner Existenz bedroht wäre. Es spricht manches dafür, dass der durch die Wettannahmestelle generierte Umsatz nur einen geringen Anteil am Gewinn der Gaststätte inklusive des Gewinns aus der Aufstellung der Geldspielautomaten ausmacht.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO).

Tenor

1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 27. September 2013 - 13a F 40/13 - sowie des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) und in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - wird aufgehoben und die Sache an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Schleswig-Holstein hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass die Gerichte die Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB dazu verpflichtet haben, als Mutter eines Kindes dessen vormals rechtlichem Vater ("Scheinvater") nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung Auskunft über die Person des mutmaßlich leiblichen Vaters zu erteilen, damit der Scheinvater gegen den leiblichen Vater den Unterhaltsregressanspruch nach § 1607 Abs. 3 BGB durchsetzen kann.

I.

2

Die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft (§§ 1599 ff. BGB) führt zu deren rückwirkender Beseitigung. Ebenfalls rückwirkend entfallen damit die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den rechtlichen Vater. In dem Umfang, in dem dieser bis dahin tatsächlich Unterhalt geleistet hat, gehen die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den leiblichen Vater auf den ehemals rechtlichen Vater über (§ 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB). Einen Unterhaltsregressanspruch des Scheinvaters kennt das Bürgerliche Gesetzbuch bereits seit dem Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder von 1969 (§ 1615b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB a.F.).

3

Zur Geltendmachung des Regressanspruchs nach § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB ist der Scheinvater jedoch auf die Kenntnis der Person des leiblichen Vaters angewiesen. Fehlt ihm diese Kenntnis, stellt sich die Frage, ob er von der Mutter Auskunft darüber verlangen kann, wer als mutmaßlich leiblicher Vater in Betracht kommt. Ein solcher Anspruch ist nicht ausdrücklich geregelt.

4

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259 ff.) dem Scheinvater einen gemäß § 242 BGB auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsanspruch zuerkannt. Das durch die Auskunftspflicht berührte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter wiege in Fällen, in denen sie den Mann zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses veranlasst habe, regelmäßig nicht schwerer als der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz. In einem Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207 ff.) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die mit dem Scheinvater verheiratete Mutter nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung zur Auskunft verpflichtet sein könne. In einem weiteren Beschluss hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass der Auskunftsanspruch stets die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung voraussetze und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter sowie der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz im Einzelfall gegeneinander abzuwägen seien (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.).

II.

5

Die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin führte mit dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragsteller) - dem späteren Scheinvater - eine Beziehung, während derer sie schwanger wurde. Die Beschwerdeführerin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein anderes wenige Monate altes Kind. Vor der Geburt dieses ersten Kindes hatten die Beschwerdeführerin und der Antragsteller bereits eine sexuelle Beziehung unterhalten, der das erste Kind aber nicht entstammt. Nachdem die Beschwerdeführerin und der Antragsteller infolge der zweiten Schwangerschaft geheiratet hatten, wurde die zweite Tochter der Beschwerdeführerin Anfang Oktober 1991 ehelich geboren, so dass der Antragsteller nach § 1592 Nr. 1 BGB rechtlicher Vater dieses Kindes wurde. Die Beschwerdeführerin erwähnte gegenüber dem Antragsteller nicht, dass auch eine andere Person als Erzeuger des Kindes in Betracht kam, behauptete aber auch nicht ausdrücklich, dass der Antragsteller der leibliche Vater sei. Im Jahr 1994 eröffnete die Beschwerdeführerin dem Antragsteller in einem Brief die Möglichkeit, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte. Im Jahr 1995 wurde die Ehe geschieden. Der Antragsteller beantragte das alleinige Sorgerecht für die Tochter. Daraufhin lebte das Kind jedenfalls zeitweise bei ihm. Sowohl der Antragsteller als auch die Beschwerdeführerin zahlten zeitweise Kindesunterhalt.

6

Im Jahr 2010 focht der Antragsteller erfolgreich die Vaterschaft an. Im Oktober 2012 forderte er die Beschwerdeführerin zwecks Durchsetzung seines Unterhaltsregressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB auf mitzuteilen, wer der mutmaßlich leibliche Vater ihrer Tochter ist. Die Beschwerdeführerin verweigerte die Auskunft. Daraufhin nahm der Antragsteller die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren auf Auskunft in Anspruch.

III.

7

1. Das Amtsgericht verpflichtete die Beschwerdeführerin mit angegriffenem Beschluss, dem Antragsteller Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu geben. Der Anspruch folge aus § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB. Die für eine Auskunftsverpflichtung geforderte Sonderrechtsverbindung ergebe sich aus der Ehe der Beteiligten. Das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin sei nicht vorrangig, da sie den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Nur sie habe über das Wissen verfügt, dass sie innerhalb der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt habe. Der Auskunftsanspruch sei weder verjährt noch verwirkt.

8

2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht zurück. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsfragen zu der aus § 242 BGB hergeleiteten Auskunftspflicht der Kindesmutter gegenüber dem Scheinvater seien durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259) grundsätzlich geklärt. Im Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207) habe der Bundesgerichtshof auch die Auskunftspflicht der - wie hier - geschiedenen Mutter nach der Anfechtung der ehelichen Vaterschaft gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann bejaht.

9

Der Einwand, das dem Auskunftsanspruch vorausgegangene Vaterschaftsanfechtungsverfahren sei verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen, sei angesichts der rechtskräftigen Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft unerheblich. Der weitere Einwand, auch der Regressanspruch gegen den biologischen Vater sei verjährt und verwirkt, stehe weder dem Rechtsschutzbedürfnis noch dem Auskunftsanspruch in der Sache entgegen.

10

Es könne dahinstehen, ob die Heirat vorwiegend auf Betreiben des Antragstellers oder der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Denn es sei ohne weiteres davon auszugehen, dass ersterer, wie er dargelegt habe, die Ehe nicht geschlossen hätte, wenn er Zweifel an seiner Vaterschaft gehabt hätte, die bei ihm unstreitig frühestens 1994 aufgekommen sein könnten. Unerheblich sei insoweit auch, ob die Beschwerdeführerin seinerzeit selbst davon ausgegangen sei, der Antragsteller sei der Vater. Weil sie in der Empfängniszeit Verkehr mit einem anderen Mann gehabt habe, habe sie über ein Wissen verfügt, das ihre behauptete Sicherheit über die Vaterschaft des Antragstellers nicht gerechtfertigt habe.

11

Die Auskunftserteilung sei der Beschwerdeführerin zumutbar und die diesbezügliche Verpflichtung verletze nicht ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Dieses wiege auch in Fällen einer Eheschließung während der Schwangerschaft nicht stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz, wenn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon die von der Mutter veranlasste Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses in nichtehelichen Beziehungen ihr Persönlichkeitsrecht zurücktreten lasse.

12

Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters berühre zwar das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasse und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehörten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbare. "Ein solcher Eingriff" liege hier jedoch nicht vor. Aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft durch den Antragsteller stehe ohnehin fest, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe. Es gehe also nur noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Bei der gebotenen Interessenabwägung der beiderseitigen Rechte sei zu berücksichtigen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin durch das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz begrenzt sei. Ohne eine Auskunft der Beschwerdeführerin zu der Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe, könne der Antragsteller den Anspruch auf Unterhaltsregress nicht durchsetzen.

IV.

13

Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

14

Sie habe zur Zeit der Zeugung des Kindes entsprechend dem Wunsch des Antragstellers mit diesem lediglich eine lockere Beziehung geführt, während derer sie lediglich einmal Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt, dies aber bei Feststellung der Schwangerschaft bereits wieder vergessen habe. Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers seien bei ihr erst aufgrund des Aussehens des Kindes aufgekommen, als dieses größer geworden sei. Sie habe jedoch niemals behauptet, dass nur der Antragsteller als Vater in Betracht gekommen sei und sie in der Empfängniszeit keinen anderen Sexualpartner gehabt habe. Dem Antragsteller sei es wichtig gewesen, "sich die Rechte an dem Kind zu sichern", weshalb er auch die Beschwerdeführerin aus freien Stücken geheiratet habe. Die Heiratspläne seien von ihm ausgegangen und von seinen Eltern forciert worden. Die Vaterschaft habe er erst angefochten, nachdem die Tochter ihn gebeten habe, für einen Antrag auf Ausbildungsförderung (BAföG) seine finanziellen Verhältnisse offenzulegen. Bereits 1994 habe die Beschwerdeführerin dem Antragsteller jedoch in einem Brief die Möglichkeit eröffnet, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte.

15

Obwohl damit das Anfechtungsrecht verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen sei, habe das Vaterschaftsanfechtungsverfahren Erfolg gehabt, weil das anwaltlich nicht vertretene Kind dem Antrag letztlich nicht entgegengetreten sei. Auch der Regressanspruch sei wegen der bereits bei der Scheidung bestehenden Kenntnis der Möglichkeit, nicht der biologische Vater zu sein, verjährt und wegen des Verhaltens des Antragstellers verwirkt.

16

Die Verpflichtung zur Auskunft stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin dar. Der Antragsteller sei damals 27 Jahre alt gewesen, sei um einiges lebenserfahrener gewesen als die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin und habe gewusst, dass sie bereits ein Kind von einem anderen Mann gehabt habe. Sie habe ihn vor der Geburt nicht aufgefordert, ihn zu heiraten oder die Vaterschaft anzuerkennen. Beiden sei nach Feststellung der Schwangerschaft klar gewesen, dass er als Vater in Betracht komme. Da sie ihn nicht durch falsche Angaben zur Heirat veranlasst und zu diesem Zeitpunkt selbst keine Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers gehabt habe, begegne die Verpflichtung zur Auskunft erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sei ihr nicht zuzumuten, durch Angaben zur Person des mutmaßlichen Vaters an der Beseitigung der dem Antragsteller entstandenen Nachteile mitzuwirken, zumal er diese bewusst in Kauf genommen habe, da er trotz des Wissens, wahrscheinlich nicht der Vater des Kindes zu sein, sowohl das Sorgerechtsverfahren angestrengt als auch Unterhaltsleistungen erbracht habe. Angesichts des Nichtbestehens einer Ehe, sondern einer nur lockeren Beziehung mit der Beschwerdeführerin und mangels entsprechender Aussagen ihrerseits, habe der Antragsteller auch nicht davon ausgehen dürfen, dass sie keine weiteren sexuellen Kontakte gehabt habe. Es sei ihm unbenommen gewesen, vor der Heirat eine Aufklärung über seine Vaterschaft herbeizuführen oder die Eingehung der Ehe beziehungsweise eine Anerkennung der Vaterschaft von der Feststellung seiner biologischen Vaterschaft abhängig zu machen. Die Verpflichtung zur Auskunft über sexuelle Beziehungen aus einer Zeit, in der die Beschwerdeführerin mit dem Antragsteller weder verheiratet gewesen sei noch mit ihm in einer festen Beziehung gelebt habe, stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung dar.

17

Sollte ein Eingriff in diesen unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin zu verneinen sein, hätte zumindest die bei zulässigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht gebotene Interessenabwägung zugunsten der Beschwerdeführerin ausfallen müssen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei nicht verhältnismäßig. Dieses wiege in der vorliegenden Situation, da die Beschwerdeführerin den Antragsteller nicht zur Eingehung der Ehe veranlasst habe, stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses.

V.

18

Zum Verfahren haben der Bundesgerichtshof, der Deutsche Familiengerichtstag, die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht Stellung genommen. Der Antragsteller verteidigt in der Erwiderung auf die Verfassungsbeschwerde die angegriffenen Entscheidungen. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens sind beigezogen worden und liegen vor.

19

1. Der Bundesgerichtshof weist in seiner Stellungnahme insbesondere auf seine beiden in der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts zitierten Entscheidungen hin (BGHZ 191, 259; 196, 207).

20

2. Der Deutsche Familiengerichtstag sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht messen der Verfassungsbeschwerde keine Erfolgsaussichten bei. Die angegriffenen Entscheidungen hätten die Grundrechtspositionen der Beschwerdeführerin in ausreichender Weise einbezogen und abgewogen. Der Deutsche Familiengerichtstag ist der Auffassung, eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung verletze nicht das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, weil es dieser aufgrund der Rechte des Kindes verwehrt sei, diesem gegenüber den Namen des mutmaßlich leiblichen Vaters dauerhaft geheim zu halten. Bei einem ohnehin schon offenbar gewordenen Mehrverkehr stelle es keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar, dem bisherigen rechtlichen Vater die gleichen Informationen zu geben.

21

3. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Fachgerichte hätten nicht die gebotene Abwägung der widerstreitenden Grundrechte im Einzelfall vorgenommen. Außerdem stelle die Nennung des konkreten Namens nicht "nur" eine geringfügige Mehrbelastung der Beschwerdeführerin dar, nachdem ohnehin schon feststehe, dass der Antragsteller nicht der Vater des Kindes sei. Die Preisgabe der Information, wen sich die Beschwerdeführerin als Sexualpartner ausgesucht habe, sei ein empfindlicher Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht. Der vorliegende Fall unterscheide sich von der höchstrichterlich bereits entschiedenen Konstellation, in der die Mutter die zur rechtlichen Vaterschaft führende Vaterschaftsanerkennung aktiv herbeigeführt habe. Die Gerichte hätten unberücksichtigt gelassen, dass das Kind im vorliegenden Fall vor der Ehe gezeugt worden sei und damit aus einer Zeit stamme, als das Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, nicht ohne weiteres gerechtfertigt gewesen sei. Wenn die Beschwerdeführerin gegenüber dem Antragsteller schon früh Zweifel an dessen Vaterschaft geäußert habe, habe sich der Antragsteller sehenden Auges in eine mögliche Regresssituation begeben. Das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz müsse zurücktreten, da er sich nach der Scheidung sogar noch aktiv um das Sorgerecht bemüht und er mit der Tochter emotional verbunden in einer sozial-familiären Beziehung gelebt habe. Rechtsvergleichend betrachtet sei der Scheinvaterregress ohnehin kein in Europa allgemein konsentierter Wert mehr.

B.

22

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.

23

Die Verurteilung der Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB, ihrem früheren Ehemann und vormaligen rechtlichen Vater ihres Kindes zur Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, ist verfassungswidrig.

24

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, weil sie die Tragweite der Grundrechte der Beschwerdeführerin verkennen. Die Zivilgerichte haben im Ausgangsverfahren den grundrechtlichen Einfluss unzutreffend eingeschätzt, worauf die angegriffenen Entscheidungen beruhen (I.).

25

Unabhängig von den Umständen des vorliegenden Falls überschreitet die trotz Fehlens einer eindeutigen Grundlage im geschriebenen Recht richterlich herbeigeführte Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung zudem die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, was die Beschwerdeführerin ebenfalls in ihren Rechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) (II.).

I.

26

Die Beschwerdeführerin ist angesichts der Umstände des vorliegenden Falls in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Gerichte haben die Bedeutung, die diesem Grundrecht hier zukommt, unzutreffend eingeschätzt (1.). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären, wenn sie dem Grundrecht der Beschwerdeführerin bei der Abwägung mit dem entgegenstehenden Interesse ihres früheren Ehemannes an der Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB das verfassungsrechtlich gebotene Gewicht beigemessen hätten (2.).

27

1. Die Gerichte haben die Bedeutung, die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin zukommt, unzutreffend eingeschätzt.

28

a) Die Beschwerdeführerin erleidet durch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Durch die Verpflichtung, über die Person des mutmaßlichen leiblichen Vaters Auskunft zu erteilen, wird sie gezwungen, eine geschlechtliche Beziehung zu einem bestimmten Mann oder zu mehreren bestimmten Männern preiszugeben. Damit muss sie intimste Vorgänge ihres Privatlebens offenbaren. Für die meisten Menschen dürfte es wenige Vorgänge von größerer Intimität geben, deren Geheimhaltung ihnen um ihrer persönlichen Integrität willen wichtiger wäre als ihre geschlechtlichen Beziehungen.

29

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre der Einzelnen auch Aspekte des Geschlechtslebens und das Interesse, diese nicht offenbaren zu müssen. Der Schutz der Privat- und Intimsphäre umfasst Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, insbesondere weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es gerade auch im Bereich der Sexualität der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wäre die sexuelle Entfaltung erheblich beeinträchtigt, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361 <382> m.w.N.). Mit dem Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre spezifisch geschützt ist das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner nicht offenbaren zu müssen, sondern selbst darüber befinden zu können, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird (vgl. BVerfGE 117, 202 <233> m.w.N.).

30

b) Dem haben die Gerichte hier im Ansatz zutreffend das Interesse des Scheinvaters an der Durchsetzung seines einfachrechtlichen Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB gegenübergestellt. Obwohl das Interesse, selbst darüber zu befinden, ob und wem Einblick in das Geschlechtsleben gewährt wird, verfassungsrechtlich schwer wiegt, mag das Geheimhaltungsinteresse einer Mutter gegenüber dem finanziellen Regressinteresse eines Scheinvaters in bestimmten Konstellationen etwa wegen ihres früheren Verhaltens weniger schutzwürdig sein (vgl. für den Fall, dass der Scheinvater von der Mutter zur Vaterschaftsanerkennung veranlasst worden war BGHZ 191, 259 ff.; s. auch BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.). So mag insbesondere in solchen Konstellationen, in denen die Mutter aufgrund ihres Verhaltens dem Scheinvater wegen seiner dem Scheinkind erbrachten Leistungen nach § 826 BGB schadenersatzpflichtig ist (vgl. BGHZ 196, 207 ff. m.w.N.), ihr auch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Hinblick auf den Regressanspruch aus § 1607 Abs. 3 BGB verfassungsrechtlich zumutbar sein. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater zur Durchsetzung seines Regressanspruchs auch gegen ihren Willen Auskunft über die Person des Vaters zu erteilen, ist darum verfassungsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen.

31

c) Im vorliegenden Fall haben die Gerichte jedoch die Bedeutung des Rechts der Beschwerdeführerin, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem sie Einblick in ihre Intimsphäre und ihr Geschlechtsleben gibt, unzutreffend eingeschätzt.

32

Das Amtsgericht hat dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin allein deshalb keine Bedeutung beigemessen, weil die Beschwerdeführerin den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der leibliche Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Damit hat es den durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gebotenen Schutz der Beschwerdeführerin unzulässig verkürzt und hat es versäumt, deren Interesse, den Namen des mutmaßlichen Vaters nicht nennen zu müssen, anhand der konkreten Umstände des Falls gegen das finanzielle Regressinteresse des Antragstellers abzuwägen.

33

Demgegenüber hat das Oberlandesgericht zwar festgestellt, dass die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes zu geben, deren Persönlichkeitsrecht berührt. Gleichwohl setzt sich auch das Oberlandesgericht im Anschluss aus unzutreffenden Erwägungen mit der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin nicht mehr auseinander und wägt deren Grundrecht damit nicht weiter mit den finanziellen Interessen des Antragstellers ab. So stellt das Gericht zunächst zwar zutreffend fest, das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbart. Es nimmt dann aber an, "ein solcher Eingriff" liege hier nicht vor, weil aufgrund der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung feststehe, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe; es gehe also "nur" noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Damit verkennt das Gericht, dass zur verfassungsrechtlich geschützten Intimsphäre der Mutter gerade auch die Frage gehört, mit welchem Partner oder welchen Partnern sie eine geschlechtliche Beziehung eingegangen ist. Die Offenbarung und Nennung von Partnern sexueller Kontakte ist mit Blick auf den Schutz der Privatsphäre der betroffenen Frau oftmals sogar noch von größerer Brisanz als der Umstand, dass es überhaupt zur außerehelichen Zeugung eines Kindes gekommen ist. Das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht spezifisch geschützte Recht der Beschwerdeführerin, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen, war mit der Offenlegung des Mehrverkehrs nicht verbraucht und hätte bei der von den Gerichten vorzunehmenden Interessenabwägung weiter Berücksichtigung finden müssen.

34

2. Die Entscheidungen beruhen auf der Verkennung der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, weil die Gerichte gerade infolge dieser Verkennung die für und gegen die Schutzwürdigkeit der Beteiligten sprechenden konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht näher gewürdigt und nicht in die Entscheidung eingestellt haben. Insbesondere haben die Gerichte unberücksichtigt gelassen, dass das Kind vor der Ehe gezeugt wurde und damit aus einer Zeit stammt, in der ein Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, angesichts der Umstände des vorliegenden Falls nicht ohne weiteres begründet war. In diesem Zusammenhang ist auch die Beschreibung der Qualität der Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Antragsteller zur Empfängniszeit von Bedeutung, welche die Beschwerdeführerin lediglich als "locker" bezeichnet hat und zu der die Gerichte keine weiteren Feststellungen getroffen haben. Die Gerichte sind auch nicht näher darauf eingegangen, dass die Beschwerdeführerin - vom Antragsteller unwidersprochen - dargelegt hat, dem Antragsteller gegenüber nie behauptet zu haben, das Kind könne nur von ihm abstammen. Auch der Umstand, dass der Antragsteller nach der Scheidung im Jahr 1995 das Sorgerecht für das Kind gegen den Willen der Mutter für sich erstritten hat, obwohl die Beschwerdeführerin ihm bereits 1994 in einem Brief die Möglichkeit eröffnet hatte, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte, wurde nicht gewürdigt. Möglicherweise wäre auch der vom Oberlandesgericht als nicht klärungsbedürftig angesehenen Frage Bedeutung beizumessen gewesen, ob die Darlegung der Beschwerdeführerin zutrifft, dass nicht sie den Antragsteller zur Eheschließung veranlasst und so in die rechtliche Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB gedrängt habe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte bei Würdigung dieser Gesichtspunkte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären.

II.

35

Die gerichtliche Verpflichtung der Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet unabhängig von den konkreten Umständen des vorliegenden Falls die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in ihren Grundrechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

36

Auf die Generalklausel des § 242 BGB lässt sich ein Anspruch des Scheinvaters gegen die Mutter, diesem zur Durchsetzung seines gegen den leiblichen Vater des Kindes gerichteten Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters zu erteilen, nicht stützen. Dafür fehlen nähere Anknüpfungspunkte im einfachen Recht. Dieser bedürfte es aber, weil die Auskunftsverpflichtung auf der einen Seite das Persönlichkeitsrecht der Mutter erheblich beeinträchtigt (s.o., I.1.a), ohne dass auf der anderen Seite die zivilgerichtliche Stärkung des vom Gesetzgeber schwach ausgestalteten Regressanspruchs des Scheinvaters verfassungsrechtlich geboten wäre (sogleich unter 3.a).

37

1. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ist nicht ausdrücklich geregelt, obgleich das Gesetz mit § 1605 BGB eine Auskunftsregelung zur Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche kennt. Diese Vorschrift ist hier jedoch nicht anwendbar. § 1605 BGB bestimmt, dass Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet sind, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, wenn dies zur Feststellung einer Unterhaltsregressverpflichtung erforderlich ist, ist dort hingegen nicht geregelt (vgl. BGHZ 191, 259 <265 f. Rn. 18>).

38

Die Zivilgerichte leiten den geltend gemachten Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ab (s.o., A.I.). Sie stützen sich dabei auf die ursprünglich zu anderen Rechtsverhältnissen begründete ständige Rechtsprechung, nach der Treu und Glauben grundsätzlich gebieten, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (BGHZ 191, 259 <266 Rn. 20> m.w.N.).

39

2. a) Gegen die gerichtliche Begründung von Auskunftsansprüchen in Sonderverbindungen aufgrund der Generalklausel des § 242 BGB ist verfassungsrechtlich im Grundsatz nichts einzuwenden. Schöpferische Rechtsfindung durch gerichtliche Rechtsauslegung und Rechtsfortbildung ist praktisch unentbehrlich und wird vom Bundesverfassungsgericht seit jeher anerkannt (vgl. BVerfGE 34, 269 <287 f.>; 49, 304 <318>; 65, 182 <190 f.>; 71, 354 <362>; 128, 193 <210>; 132, 99 <127 Rn. 74>). Dass der Gesetzgeber den Zivilgerichten mit den Generalklauseln des Privatrechts besonders weite Möglichkeiten der Rechtsfortbildung verschafft, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bieten die privatrechtlichen Generalklauseln den Zivilgerichten nicht zuletzt die Möglichkeit, die Schutzgebote der Grundrechte zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 97, 169 <178>; stRspr) und so die gesetzgeberische Erfüllung grundrechtlicher Schutzaufträge zu ergänzen; die Zivilgerichte verhelfen den Grundrechten so in einem Maße zur praktischen Wirkung, das zu leisten der Gesetzgeber im Hinblick auf die unübersehbare Vielfalt möglicher Fallgestaltungen (vgl. BVerfGE 102, 347 <361>) allein kaum in der Lage wäre (vgl. hierzu insbesondere Ruffert, Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001, S. 132, 232; Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, 2003, S. 324 f.; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 90 ; Michael/Morlok, Grundrechte, 4. Aufl. 2014, Rn. 571 f.).

40

b) Die gerichtliche Rechtsfortbildung stößt jedoch an verfassungsrechtliche Grenzen. Solche ergeben sich auch aus den Grundrechten. Sie müssen von Fall zu Fall bestimmt werden und kommen auch bei richterlicher Rechtsfortbildung aufgrund von Generalklauseln des Privatrechts zum Tragen.

41

Soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung weiter, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird (vgl. BVerfGE 34, 269 <284 ff., 291>; 65, 182 <194 f.>; 122, 248 <286> - abw. M.). Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt (vgl. BVerfGE 65, 182 <194 f.>; 71, 354 <362 f.>; 122, 248 <286, 301> - abw. M.); die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des einfachen Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt.

42

Bei der gerichtlichen Entscheidung zivilrechtlicher Streitigkeiten, in denen überwiegend Interessenkonflikte zwischen Privaten zu lösen sind, trifft regelmäßig die Beeinträchtigung einer Rechtsposition auf der einen Seite mit der Förderung einer Rechtsposition auf der anderen Seite zusammen. Belastet ein Zivilgericht eine Person etwa mit einer im Wege der Rechtsfortbildung begründeten Pflicht, so erfolgt dies zumeist, um die Rechtsposition einer anderen Person zu stärken. Je schwerer der verfassungsrechtliche Gehalt der gestärkten Position wiegt, umso klarer ist eine entsprechende Lösung dem Gericht wie dem Gesetzgeber durch die Verfassung vorgezeichnet und umso weiter kann die Befugnis der Gerichte reichen, diese Position im Wege der Rechtsfortbildung - auch unter Belastung einer gegenläufigen, aber schwächeren Rechtsposition - durchzusetzen (so etwa BVerfGE 96, 56 <62 ff.>). Umgekehrt gilt jedoch genauso: Je schwerer die Belastung verfassungsrechtlich wiegt und je schwächer der verfassungsrechtliche Gehalt der damit durchzusetzenden Gegenposition ist, umso enger sind die Grenzen für die Rechtsfortbildung gesteckt, umso strikter muss sich also die zivilgerichtliche Rechtsfindung innerhalb der Grenzen des gesetzten Rechts halten. Die Grenzen richterlicher Rechtsfindung verlangen gerade dort besondere Beachtung, wo sich die rechtliche Situation des Bürgers verschlechtert, ohne dass verfassungsrechtliche Gründe dafür ins Feld geführt werden können (BVerfGE 122, 248 <301> - abw. M.). Auf eine privatrechtliche Generalklausel lässt sich eine verfassungsrechtlich schwerwiegende Belastung eines Beteiligten dann umso weniger stützen, je weniger sich im einfachgesetzlichen Umfeld Anknüpfungspunkte dafür finden lassen (vgl. Röthel, Normkonkretisierung im Privatrecht, 2004, S. 120 f.).

43

3. Danach sind die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung hier durch die Grundrechte enger bemessen (a). Sie sind durch die angegriffenen Entscheidungen überschritten (b).

44

a) Die grundrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind hier enger gesteckt, weil die Auskunftsverpflichtung verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen in erheblichem Maße beeinträchtigt, die für die Auskunftspflicht ins Feld geführten Gründe hingegen verfassungsrechtlich gering wiegen.

45

Die mit der Auskunftsverpflichtung einhergehende Grundrechtsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin wiegt schwer (s.o., B.I.1.a). Darüber hinaus beeinträchtigt die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung mittelbar das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Familienleben eines zu benennenden Mannes.

46

Dem steht hier allein das Interesse des Scheinvaters an einer Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit seines einfachgesetzlichen Regressanspruchs gegenüber. Dass der Gesetzgeber den Regressanspruch durchsetzungsschwach ausgestaltet hat, indem er es unterlassen hat, diesen durch einen entsprechenden Auskunftsanspruch zu flankieren, bedarf von Verfassungs wegen nicht der Korrektur. Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht gezwungen, einen durchsetzungsstärkeren Regressanspruch zu schaffen. Wie das Interesse der Mutter an der Geheimhaltung intimer Daten ihres Geschlechtslebens einerseits und das finanzielle Regressinteresse des Scheinvaters andererseits zum Ausgleich gebracht werden, liegt im Ausgestaltungsspielraum des Privatrechtsgesetzgebers (dazu generell BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 68 ff.>). Auch der Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers findet zwar Grenzen in den Grundrechten der Betroffenen. Dass der Gesetzgeber hier durch die Nichtregelung einer den Regressanspruch flankierenden Auskunftsverpflichtung grundrechtliche Mindeststandards zulasten des Scheinvaters unterschritten hätte, ist jedoch - zumal angesichts des hohen verfassungsrechtlichen Stellenwerts des betroffenen Geheimhaltungsinteresses der Mutter - nicht ersichtlich. Auch im Rechtsvergleich erweist sich die uneingeschränkte Gewährung eines Regressanspruchs nicht als selbstverständlich (vgl. Helms, FamRZ 2013, S. 943 f. m.w.N.); die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hat in ihrer Stellungnahme zu diesem Verfahren dargelegt, die hier in Rede stehende Position des Scheinvaters sei nicht als in Europa allgemein konsentierter Wert anzusehen.

47

Zwar können die Zivilgerichte individuelle Rechtspositionen grundsätzlich auch über das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß hinaus im Wege der Rechtsfortbildung stärken. Im Fall des hier zu beurteilenden Auskunftsanspruchs ist der Spielraum für richterliche Rechtsfortbildung, die über das verfassungsrechtlich Gebotene hinausginge, jedoch wegen des entgegenstehenden Grundrechts der Mutter enger bemessen.

48

b) Danach können die Gerichte die Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung des Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB Auskunft über frühere Geschlechtspartner zu erteilen, nicht allein auf die Generalklausel des § 242 BGB stützen. Vielmehr setzt die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter zur Preisgabe des Partners oder der Partner geschlechtlicher Beziehungen konkretere gesetzliche Anknüpfungspunkte voraus, aus denen sich ablesen lässt, dass eine Mutter zur Auskunftserteilung der fraglichen Art verpflichtet ist.

49

Solche Anknüpfungspunkte finden sich hier nicht. Die in § 1605 BGB getroffene Regelung von Auskunftsansprüchen im Unterhaltsrecht deutet im Gegenteil darauf hin, dass zur Durchsetzung des Unterhaltsregressanspruchs keine Auskunftspflicht bestehen soll. In § 1605 BGB ist die Verpflichtung Verwandter geregelt, einander erforderlichenfalls über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung der Mutter, Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, findet sich hingegen nicht, obwohl dem Gesetzgeber nicht entgangen sein kann, dass zur Durchsetzung eines Regressanspruchs die Kenntnis des Erzeugers erforderlich ist und dass in vielen Fällen allein die Mutter Hinweise auf die Person des Erzeugers geben könnte.

50

Auch der Anspruchsregelung in § 1607 Abs. 3 BGB selbst kann der erforderliche Anknüpfungspunkt nicht entnommen werden. Die Norm begründet lediglich die materielle Rechtsposition, ohne deren Durchsetzbarkeit zu regeln. Ein Schluss von der gesetzlichen Einräumung eines materiellrechtlichen Anspruchs auf die Ermächtigung zur Nutzung der notwendigen Mittel zu seiner Durchsetzung ist jedenfalls hier unzulässig, weil die Durchsetzung nur durch die gerichtliche Verpflichtung der Auskunftsverpflichteten zur Preisgabe intimer Daten aus der Privatsphäre erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass die auskunftsverpflichtete Person hier nicht einmal selbst Anspruchsgegnerin des durchzusetzenden materiellen Hauptanspruchs ist. Der gesetzliche Regressanspruch des Scheinvaters läuft ohne flankierenden Auskunftsanspruch auch nicht faktisch leer. Er bleibt, nicht nur in Ausnahmefällen, durchsetzbar, wenn etwa der Scheinvater ohnehin von der Person des tatsächlichen Vaters Kenntnis hat oder von ihm aufgrund einer freiwilligen Information durch die Kindesmutter erfährt.

51

Schließlich bietet auch die eherechtliche Generalklausel des § 1353 Abs. 1 BGB keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine Auskunftsverpflichtung der Mutter. Auch die angegriffenen Entscheidungen beziehen sich auf § 1353 Abs. 1 BGB lediglich, um die Existenz einer in § 242 BGB vorausgesetzten rechtlichen Sonderverbindung zwischen Beschwerdeführerin und Antragsteller zu begründen.

52

Mangels konkreten gesetzlichen Anknüpfungspunkts können die Gerichte also, unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls, einen der Durchsetzung des Unterhaltsregresses dienenden Auskunftsanspruch eines Scheinvaters gegen die Mutter generell nicht aus § 242 BGB herleiten. Soll der Regressanspruch des Scheinvaters gestärkt werden, müsste der Gesetzgeber tätig werden. Der Gesetzgeber wäre nicht daran gehindert, eine Regelung zum Schutz des Scheinvaters einzuführen, obwohl er hierzu nicht durch das Eingreifen grundrechtlicher Schutzpflichten angehalten ist. Er könnte einen stärkeren Schutz vorsehen, als ihn die Gerichte durch die Anwendung der bestehenden Generalklauseln gewähren können (vgl. BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 70>), müsste dabei allerdings dem entgegenstehenden Persönlichkeitsrecht der Mutter Rechnung tragen, das in dieser Konstellation schwer wiegt.

III.

53

1. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts sowie des Oberlandesgerichts verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

54

Es ist angezeigt, nur den Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG), weil es im Interesse der Beschwerdeführerin liegt, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 <5>; 94, 372 <400>).

55

2. Da die Verfassungsbeschwerde begründet ist, sind der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2017 - 4 K 5304/17 - teilweise geändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwalt ..., ..., beigeordnet, soweit sich seine Klage gegen Nr. 1 und Nr. 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17. März 2017 richtet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Gebühr nach Nr. 5502 der Anlage I zu § 3 Abs. 2 GKG ist nicht zu erheben.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Klägers hat teilweise Erfolg. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die erhobene Klage, soweit sie sich gegen die in Nr. 1 und Nr. 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17. März 2017 richtet, eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 166 Abs. 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO (II. und III.). Im Übrigen ist die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Verwaltungsgericht nicht zu beanstanden (IV).
I.
Gemäß § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren. Erforderlich ist zudem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt nach Maßgabe des § 121 Abs. 2 ZPO die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Dabei ist es zur Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht erforderlich, dass der Prozesserfolg (annähernd) gewiss ist. Vielmehr besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht schon dann, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich erscheint wie ein Unterliegen, der Prozessausgang also offen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 -, BVerfGE 81, 347; Kammerbeschluss vom 22.05.2012 - 2 BvR 820/11 -, InfAuslR 2012, 317). Weder dürfen Beweiswürdigungen vorweggenommen noch sollen schwierige Rechtsfragen geklärt werden, die in vertretbarer Weise auch anders beantwortet werden können. Denn die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 05.02.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 1857 und vom 14.04.2003 - 1 BvR 1998/02 -, NJW 2003, 2976).II.
Gemessen hieran kommt dem Kläger für die Anfechtung von Nr. 1 der angegriffenen Verfügung, mit der ihm die Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina aus der Haft ohne Setzung einer Frist angedroht worden ist, der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu.
Zwar hat der Senat entschieden, dass das Unterlassen einer Fristsetzung für die Ausreise im Falle der Abschiebung aus der Haft mit § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG im Einklang steht und bei Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) - Rückführungsrichtlinie / RFRL -, die sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben kann, dies auch unionsrechtlich keinen durchgreifenden Bedenken begegnet (vgl. insoweit VGH Bad.-Württ, Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 -, VBlBW 2018, 15). Die kontinuierliche und erhebliche Straffälligkeit des Klägers könnte hier die Gefahr für die öffentliche Ordnung indizieren. Der Klage kommt indes dennoch eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Abs. 1 ZPO zu. Denn das Bundesverwaltungsgericht betrachtet die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Abschiebung aus der Haft heraus ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang steht, als offene, nicht geklärte Frage (BVerwG, Beschluss vom 14.02.2018 - 1 C 20.17 - Rn. 2).
III.
Auch für die Anfechtung von Nr. 4 der angegriffenen Verfügung, in der es heißt
„Das mit dem Vollzug einer Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot wird auf 2 Jahre ab Ausreise befristet.“
ist dem Kläger entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Prozesskostenhilfe zu gewähren. Denn die Erfolgsaussichten seiner Klage sind auch insoweit offen.
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Verfügung insoweit von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Das in § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnete gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot ist im Fall des Klägers aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar (a)). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die angegriffene Entscheidung als einzelfallbezogene Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verstehen (b)). Diese Rechtsprechung hat aber die Frage, ob es für eine solche einzelfallbezogene Anordnung eine hinreichend Ermächtigungsgrundlage gibt, nicht geklärt. Es sind hier komplexe Frage (auch des Unionsrechts) zu beantworten (c)).
a) aa) Die gesetzliche Regelung über das als Folge der Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot aus § 11 Abs. 1 AufenthG ist wegen eines Verstoßes gegen Art. 11 RFRL unionsrechtswidrig und daher unanwendbar mit der Folge, dass eine Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots zunächst ins Leere geht.
10 
Die Rückführungsrichtlinie definiert das Einreiseverbot als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht“ (Art. 3 Nr. 6 RFRL). Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsbehelf zu ermöglichen, über den auch belehrt werden muss (Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 RFRL). Zwingend ist ein solches Einreiseverbot nach den Vorgaben des Unionsrechts in zwei Fällen zu verfügen: Einmal gilt dies, wenn keine Frist für eine freiwillige Ausreise gesetzt worden ist (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) RFRL) und weiter auch dann, wenn der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) RFRL).
11 
Davon ausgehend kann allein aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach der Rückführungsrichtlinie jedenfalls, soweit es an eine Abschiebung anknüpft, schon nicht wirksam eintreten; vielmehr bedarf es dafür einer behördlichen oder richterlichen Entscheidung (BVerwG, Beschlüsse vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, NVwZ 2017, 1531 Rn. 71 und vom 22.08.2017 - 1 A 10.17 -, NVwZ 2018, 345 Rn. 5). Soweit der erkennende Senat insoweit bisher vertreten hat, dass es zur Sicherung der Unionsrechtskonformität von § 11 AufenthG ausreiche, dass die Befristungsentscheidung (heute) nach § 11 Abs. 2 AufenthG jedenfalls im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung erfolge (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, NVwZ-RR 2012, 412 (414); Beschluss vom 19.12.2012 - 11 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98 (99): dort allerdings schon zweifelnd „Nur bei einer derartigen Betrachtungsweise kann noch annähernd dem unionsrechtlichen Erfordernis einer einzelfallbezogenen behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über das Einreiseverbot und dessen Befristung Rechnung getragen werden.“; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 31.10.2014 - 11 S 2025/14 -, InfAuslR 2015, 13: „Mindestmaß an Konformität mit Unionsrecht“), hält er an dieser Rechtsauffassung nicht weiter fest.
12 
bb) Die Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers erfolgt auch im Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie, so dass sich der unionsrechtliche Anwendungsvorrang der Rückführungsrichtlinie und die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung der nationalen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes auf die Entscheidung über das Einreise- und Aufenthaltsverbot auswirken.
13 
Der Antragsteller ist nämlich ein illegal im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhältiger Drittstaatsangehöriger (vgl. Art. 2 Abs. 1 RFRL), ohne dass die Ausnahmen aus Art. 2 Abs. 2 und 3 RFRL eingriffen. Unbeschadet der Frage, in welcher Weise der Gesetzgeber von der Möglichkeit des opting-out aus dem Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie in Anwendung von Art. 2 Abs. 2 RFRL Gebrauch machen kann bzw. muss (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 -, VBlBW 2018, 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2016, § 59 AufenthG Rn. 299 ff.), ist der Antragsteller bezogen auf die angegriffene Verfügung vom 17. März 2017 nicht aufgrund oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig. Denn seine vollziehbare Ausreisepflicht beruht schlicht auf einem fehlenden Aufenthaltstitel und seiner unerlaubten Einreise (§§ 50 Abs. 1, 58 Ans. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Darüber hinaus ist die von dem Beklagten verfügte Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 4 RFRL (BGH, Beschluss vom 14.07.2016 - V ZB 32/15 -, InfAuslR 2016, 432 Rn. 13; VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 19.12.2012 - 11 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98).
14 
Es liegt beim Kläger auch ein Fall eines unionsrechtlich zwingenden Einreiseverbots vor, da ihm - für die Abschiebung aus der Haft - keine Frist zur freiwilligen Ausreise gesetzt worden ist (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) RFRL).
15 
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll die von Art. 11 Abs. 1 RFRL geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer in unionsrechtskonformer Auslegung des Aufenthaltsgesetzes regelmäßig in einer behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zu sehen sein (BVerwG, Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, NVwZ 2017, 1531 Rn. 72). Es handelt sich hiernach also um den konstitutiven Erlass eines befristeten Einreiseverbots (BVerwG, Urteil vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, DVBl 2017, 1430 Rn. 42), in das die verfügte Befristung grundsätzlich umzudeuten ist. Nicht entschieden hat das Bundesverwaltungsgericht allerdings, ob für den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, NVwZ 2017, 1531 Rn. 72).
16 
c) aa) Der Wortlaut von § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG spricht zunächst gegen die Möglichkeit, hier die Ermächtigung der Behörde zur Verhängung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verorten, nachdem in Absatz 1 eindeutig ein kraft Gesetzes entstehendes Verbot bestimmt wird und in Absatz 2 Satz 1 allein die Ermächtigung und Verpflichtung zur Befristung des Verbots verankert ist.
17 
bb) Es gilt jedoch zu beachten, dass die Gerichte nicht allein darauf verwiesen sind, gesetzgeberische Weisungen in den Grenzen des möglichen Wortsinns auf den Einzelfall anzuwenden. Richterliche Tätigkeit besteht nicht nur im Erkennen und Aussprechen von Entscheidungen des Gesetzgebers. Die Aufgabe der Rechtsprechung kann es insbesondere erfordern, in einem Akt bewertenden Erkennens, dem auch willenhafte Elemente nicht fehlen, Wertvorstellungen, die der Rechtsordnung immanent sind, ans Licht und in Entscheidungen in willkürfreier Weise zur Geltung zu bringen (BVerfG, Beschluss vom 14.02.1973 -1 BvR 112/65 -, BVerfGE 34, 269 (287)). Im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung durch teleologische Korrektur des Normtextes liegt es auf der Hand, dass der Wortlaut der Norm als solcher gerade nicht begrenzend wirken kann (so auch Bauer, NVwZ 2018, 471 (473) - im Erscheinen; a.A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.02.2018 - A 4 S 169/18 -, juris Rn. 6). Die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind weiter, soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird. Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt. Die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des einfachen Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt (BVerfG, Beschluss vom 24.02.2015 - 1 BvR 472/14 -, BVerfGE 138, 177 Rn. 41 mwN.).
18 
cc) Weiter verlangt Art. 288 AEUV iVm Art. 4 Abs. 3 EUV von den nationalen Gerichten im Anwendungsbereich des Unionsrechts, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht (EuGH, Urteil vom 13.07.2016 - C-187/15 - , NVwZ 2016, 1485 Rn. 43). Dabei ist zu beachten, dass das Unionsrecht auch in diesen Fällen die Beachtung allgemeiner Rechtsgrundsätze verlangt und nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf (EuGH, Urteil vom 15.01.2014 - C-176/12 - , NZA 2014, 193 Rn. 39). Die unionsrechtskonforme Auslegung findet ihre Grenzen in dem nach der innerstaatlichen Rechtsordnung methodisch Erlaubten (BVerfG, Beschluss vom 17.11.2017 - 2 BvR 1131/16 -, NVwZ-RR 2018, 169 Rn. 37).
19 
dd) Eine Rechtsanwendung dahingehend, § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG könnten als Ermächtigungsgrundlage für die Ausländerbehörde zur Verhängung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots dienen, würde damit in methodischer Hinsicht eine unionsrechtlich gebotene Rechtsfortbildung bedeuten, die in einer Kombination von teleologischer Extension und Substitution (vgl. dazu Reimer, Juristische Methodenlehre Rn. 623 ff.) sowohl einen Austausch von Tatbestands- als auch Rechtsfolgenelementen vornähme (siehe hierzu Dörig/Hoppe, in: Dörig, Handbuch Migrationsrecht, 2018 im Erscheinen Kapitel 5). Jedenfalls offen ist die Frage, ob sich damit der Rechtsanwender über eine ausdrückliche gesetzgeberische Entscheidung hinwegsetzte, was verfassungsrechtlich unzulässig wäre (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.10.2016 - 1 BvR 871/13 -, NVwZ 2017, 617 Rn. 23). Dies könnte man annehmen, weil die Beibehaltung des Systems eines gesetzlichen Einreiseverbots mit sich anschließender behördlicher Befristung in der Sachverständigenanhörung im Innenausschuss diskutiert worden ist (siehe Habbe, Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Drucksache 17(4)282 E S. 8 ; Kluth, Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Drucksache 17/4)282 A S. 2; Sommer, Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Drucksache 17(4)282 B S. 3; Thym, Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Drucksache 17(4)282 F S. 3) und sich der Bundesgesetzgeber sodann für die - unionsrechtswidrige - Umsetzung entschieden hat. Indes lässt sich auch mit guten Gründen vertreten, dass eine solche Rechtsfortbildung die verfassungsrechtlichen Grenzen deswegen nicht überschreitet, weil bei einer Gesamtbetrachtung der Einzelne beim Vergleich zwischen der nationalen Konzeption von § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG einerseits und der unionsrechtskonformen Regelung andererseits in gleichem Maße in seinen Rechtspositionen beeinträchtigt würde (so Dörig/Hoppe, in: Dörig, Handbuch Migrationsrecht, 2018 im Erscheinen, Kapitel 5).
20 
ee) Aus der Darstellung der Probleme, die mit dem Unionsrechtsverstoß durch § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG verbunden sind, ergibt sich, dass derzeit in der Regel hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO einer jeden zulässigen Klage gegen den Ausspruch einer Befristung eines gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots im Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie bestehen.
21 
Bei diesem Befund kann der Senat offen lassen, ob es methodisch überhaupt möglich und zulässig ist, in einer Entscheidung einer Behörde über die Befristung eines gesetzlichen Verbots die Einzelfallanordnung eines befristeten Verbots zu erblicken (siehe hierzu Bauer, NVwZ 2018, 471 (473) - im Erscheinen)
22 
2. Es lässt sich derzeit nicht feststellen, dass die Regelung in Nr. 4 der Verfügung vom 17. März 2017 sich durch eine nachfolgende Regelung erledigt hätte.
23 
Das Regierungspräsidium Stuttgart hat zwar mit - nach dessen Auskunft vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart angegriffener - Verfügung vom 14. November 2017 „die Wirkung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf vier Jahre ab erneuter Ausreise (ggf. Abschiebung) befristet.“ Nach einem so genannten „Hinweis“ soll sich diese Entscheidung auf die (vom Regierungspräsidium Stuttgart) verfügte Ausweisung vom 9. August 2011 sowie auf die Abschiebungen des Antragstellers am 8. Dezember und vom 22. August 2014 beziehen. Dabei geht das Regierungspräsidium Stuttgart davon aus, dass Ausweisung und Abschiebung zu einem einheitlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot führen, das einheitlich zu befristen sei. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 4 RFRL darstellt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, NVwZ-RR 2012, 492) und insoweit § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG nicht aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen unanwendbar sind, lässt sich die These einer einheitlichen Handhabung des Einreise- und Aufenthaltsverbots aufgrund Ausweisung einerseits und Abschiebung andererseits nicht halten. Da schon deshalb auch die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Entscheidung vom 14. November 2017 offen erscheinen, hat diese Entscheidung derzeit keine Auswirkungen auf die Feststellung, dass der Klage gegen Nr. 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17. März 2017 hinreichende Erfolgsaussicht zukommt.
IV.
24 
Soweit sich die Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Haftentlassung mit Fristsetzung für die freiwillige Ausreise richtet, kommen der Klage die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne des § 166 Abs. 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO hingegen nicht zu.
25 
Die vom Antragsteller geltend gemachten Umstände könnten allein auf Duldungsgründe führen. Diese stünden der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung indes nicht entgegen § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Gründe, die auf eine Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung führen könnten, wie etwa das Entfallen der Ausreisepflicht, werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
V.
26 
Die Entscheidung zu bestimmen, dass keine Gebühr nach Nr. 5502 der Anlage I zu § 3 Abs. 2 GKG zu erheben ist, nimmt der Senat in Ausübung seines ihm eingeräumten Ermessens aufgrund des teilweisen Obsiegens des Antragstellers mit seiner Beschwerde vor.
27 
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Außergerichtliche Kosten sind nicht erstattungsfähig, § 166 Abs. 1 VwGO iVm. § 127 Abs. 4 ZPO. Gerichtsgebühren fallen nach der Entscheidung des Senats nicht an.
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens unter Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese auf sich behält.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes als Dritter gegen eine der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis.
Der Antragsteller ist deutscher Staatsangehöriger und betreibt in dem Gebäudekomplex ... in ... nach eigenen Angaben seit dem 24.03.2008 – spätestens aber seit dem 01.01.2011 – ein Büro für die Vermittlung von Sportwetten eines auf Malta konzessionierten Wettanbieters bzw. Buchmachers. In demselben Gebäudekomplex befindet sich die Spielhalle der Beigeladenen. Die Geschäfte des Antragstellers und der Beigeladenen werden durch einen Hauseingang und ein weiteres Ladengeschäft voneinander getrennt.
Die Spielhalle der Beigeladenen wurde zunächst durch die Väter ihrer Gesellschafter begründet und in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: D.-GbR) geführt. Zu diesem Zweck wurde im Mai 1986 das als Spielhalle genutzte Ladengeschäft angemietet. Als Mietdauer wurden 10 Jahre mit Verlängerungen um jeweils 5 Jahre sowie ein Recht auf Untervermietung oder Unterverpachtung vereinbart. Das seinerzeitige Mietverhältnis wurde mit Änderungsvertrag vom 16.04.1996 dahingehend geändert, dass eine Mietdauer von 20 Jahren vereinbart wurde. Das Mietverhältnis ist von den Gesellschaftern der Beigeladenen übernommen worden. Nach der Gründung der Beigeladenen im Jahre 2000 wurde mit Vertrag vom 28.06.2000 das Anlagevermögen der Spielhalle durch die D.-GbR an die Beigeladene auf eine Dauer von 20 Jahren mit Verlängerungen um jeweils fünf Jahre vorbehaltlich einer Kündigung verpachtet. Die Beigeladene hat danach das Ladengeschäft von der D.-GbR im Wege der Untermiete angemietet; die Mietzeit läuft parallel zum Hauptmietvertrag der D.-GbR. Dieser Mietvertrag wurde zum letzten möglichen Kündigungstermin – zwischen den Beteiligten unstreitig im Jahr 2015 – nicht gekündigt. Für den Betrieb der Spielhalle wurde der Beigeladenen mit Bescheid vom 01.09.2000 eine unbefristete Spielhallenerlaubnis gem. § 33i GewO in der seinerzeit geltenden Fassung erteilt.
Mit Anwaltsschreiben vom 24.02.2016 beantragte die Beigeladene vorsorglich und unter Vorbehalt der Wirksamkeit des Glücksspielstaatsvertrags die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle gem. § 41 LGlüG, ggf. auch unter der Zulassung von Ausnahmen von den Anforderungen des § 42 Abs. 1-2 LGlüG gem. § 51 Abs. 5 LGlüG.
Mit – hier nicht verfahrensgegenständlichem – Bescheid vom 03.03.2016 untersagte das Regierungspräsidium ... dem Antragsteller unter Androhung eines Zwangsgelds, im Gebäude ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen. Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen. Der Bescheid wurde maßgeblich auf das glücksspielrechtliche Verbundverbot und dessen Umsetzung in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG gestützt. Auch sei die Untersagung der Sportwettenvermittlung unabhängig davon möglich, weil diese nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV generell verboten und nicht erlaubnisfähig sei. Dies sei in § 20 Abs. 1 LGlüG landesrechtlich umgesetzt worden und dem Antragsteller bekannt.
Das hiergegen gerichtete Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes blieb erfolglos (VG ..., Beschl. v. 12.07.2016 – 3 K 1270/16 –, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, juris). Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage ist beim beschließenden Gericht anhängig (Az.: 3 K 1266/16). Trotz der sofortigen Vollziehbarkeit wurde das Wettbüro des Antragstellers – ausweislich der tatsächlichen Feststellungen der Antragsgegnerin im Rahmen einer Kontrolle in den Geschäftsräumen am 25.07.2017 – weiterbetrieben.
Die Behördenakte enthält ein Schreiben des Antragstellers an die Beigeladene. Er führt darin aus, ein benachbartes Wettbüro zu betreiben und erklärt sich bereit, die Spielhalle zu übernehmen, um sein Wettbüro weiterführen zu können. Aufgrund des Mindestabstandsgebots nach dem Landesglücksspielgesetz würde es nach seiner Auffassung zu einer Konkurrenzsituation und womöglich der Versagung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis kommen. Ferner kündigte er an, im Falle einer Ablehnung seines Angebots selbst eine sog. Härtefallerlaubnis gem. § 51 Abs. 5 LGlüG zu beantragen und für den Fall der Erteilung einer solchen an die Beigeladene im Wege der Drittanfechtungsklage gegen diese vorzugehen.
Dieses Angebot wurde ausweislich des Anwaltsschriftsatzes der Beigeladenen an die Antragsgegnerin vom 10.11.2016 abgelehnt. Ergänzend wurde ein Schreiben der Hausverwaltung vom 09.11.2016 vorgelegt, aus welchem hervorgeht, dass der Vermieter der Beigeladenen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, einer Mietkürzung oder einer Nachvermietung nicht zustimmen könne.
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.02.2017 wurde der Beigeladenen mitgeteilt, dass im Hinblick auf den laufenden Mietvertrag beabsichtigt werde, eine bis zum 30.04.2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnis unter Annahme einer unbilligen Härte zu erteilen.
10 
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2017 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin. Es wurde im Wesentlichen unter näherer Erläuterung der Motive und Zielsetzung seines Schreibens an die Beigeladene ausgeführt, dass bei dieser keine unbillige Härte vorliege, da der Antragsteller ihr die Möglichkeit einer Übernahme der Spielhalle in Aussicht gestellt habe. Die Ablehnung des Antragstellers als Nachmietinteressenten sei grundlos und letztlich wider Treu und Glauben erfolgt. Die mögliche Betriebsfortführung durch einen Dritten sei mit Blick auf § 51 Abs. 5 LGlüG und die Auslegungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 11.12.2015 zu berücksichtigen. So würde letztlich der jeweilige Vermieter über einen Härtefall disponieren, während anderen Betriebsinhabern eine künftige Berufstätigkeit verwehrt bleibe. Dies zugrunde gelegt habe die Beigeladene den Härtefall selbst zu verantworten.
11 
Hierauf teilte die Antragsgegnerin mit, sich nicht zu „Fragen mit zivilrechtlichem Hintergrund“ zu äußern und auch „keine im Zivilrecht liegenden Aspekte“ zu prüfen. Sie beschränke sich auf ihre glücksspielrechtlichen Aufgaben und Zuständigkeiten.
12 
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.06.2017 wurde der Beigeladenen zur Vermeidung unbilliger Härten für den Betrieb ihrer Spielhalle in der ... unter Befreiung der Anforderungen des § 42 Abs. 1 LGlüG gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG eine bis zum 30.04.2021 befristete Erlaubnis nach § 41 LGlüG erteilt. Im Übrigen wurde der Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis abgelehnt. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Gesetzesfolgen in Gestalt der zwingenden Aufgabe des Betriebs für sich genommen noch keine unbillige Härte begründeten. Aufgrund der fehlenden Bereitschaft des Hauptvermieters zur vorzeitigen Vertragsauflösung bestehe jedoch keine Möglichkeit, das laufende Miet- bzw. Pachtverhältnis aufzulösen. Es stehe nicht hinreichend fest, dass ein Anspruch auf Vertragsauflösung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bestehe. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass im Falle von Vergnügungsstätten höhere Mieten vereinbart seien als bei sonst am Markt üblichen Mietverhältnissen. Andere Gründe wie etwa die Zahl der Beschäftigten oder die durch die Beigeladene abgeführten Steuern seien unerheblich.
13 
Auf diese Entscheidung wurde der Beigeladenen eine schriftliche Erlaubnisurkunde mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 01.07.2017 übersandt. Gegen die ablehnende Entscheidung hat die Beigeladene Widerspruch erhoben.
14 
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.07.2017 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin und legte gegen die verfahrensgegenständliche Erlaubnis als Drittbetroffener Widerspruch ein. Es werde davon ausgegangen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte, da keine Maßnahme der Glücksspielaufsicht vorliege.
15 
Auf den Widerspruch des Antragstellers teilte die Antragsgegnerin diesem mit Schreiben vom 03.08.2017 mit, dass dem Widerspruch aus ihrer Sicht das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn mit der Verfügung des Regierungspräsidiums ... vom 03.03.2016 sei es dem Antragsteller nicht nur untersagt worden, Sportwetten zu vermitteln, sondern auch aufgegeben worden, die vorgehaltenen Geräte dauerhaft zu entfernen und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen. Die Spielhalle der Beigeladenen in der ... werde aufgrund behördlicher Erlaubnis betrieben, sodass kein Handlungsbedarf bestehe.
16 
Auf Antrag der Beigeladenen wurde mit Entscheidung der Antragsgegnerin vom 08.08.2017 die sofortige Vollziehung der Erlaubnis vom 01.07.2017 angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass unter Abwägung der Interessenlage sowie der objektiven Bewertung des Sachverhalts das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug überwiege. Insbesondere sei der Antragsteller nie im Besitz einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für sein Unternehmen gewesen. Auch milderten die spezifischen Unterschiede zwischen Spielhallen und Wettbüros die Folgen für den Antragsteller ab, da die Einrichtung einer Spielhalle mit einem höheren Investitionsaufwand verbunden sei. Bei Wettbüros bestünden regelmäßig weitere Einnahmequellen.
17 
Der Antragsteller hat beim beschließenden Gericht am 17.08.2017 den vorliegenden Rechtsschutzantrag gestellt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die verfahrensgegenständliche Erlaubnis die Fortgeltung und Vollstreckbarkeit der an den Antragsteller gerichteten Untersagungsverfügung bewirke. Ohne diese Erlaubnis würden sowohl das gesetzliche Verbundverbot als auch die Untersagungsverfügung ins Leere laufen. Durch die hieraus folgende Schließung seines Wettbüros könne der Antragsteller in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 56 AEUV verletzt sein. Der schrankenlose Vorrang von Spielhallen gegenüber der Wettvermittlung sei weder mit der Berufsausübungsfreiheit noch mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar. Denn letztlich müsse durch die Härtefallerlaubnis ein an sich legaler Wettvermittlungsbetrieb einer materiell an sich nicht genehmigungsfähigen Spielhalle weichen. Auch sei der Mindestabstand zu anderen Spielhallen nicht gewahrt. Die übrigen Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 LGlüG lägen ebenfalls nicht vor. Es bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis, da im Falle der Aussetzung der Vollziehung der hier verfahrensgegenständlichen Erlaubnis der Antragsteller im Verfahren des § 80 Abs. 7 VwGO die Aussetzung der Vollziehung der gegen ihn gerichteten Verfügung erwirken könne. Die erteilte Erlaubnis laufe den Zielen des Glückspielstaatsvertrags zuwider, da die Spielhalle des Beigeladenen nicht den Mindestabstand zu anderen Spielhallen einhalte. Die Erteilung einer Spielhallenerlaubnis für ein Gebäude, in welchem sich bereits ein Wettbüro befinde, sei an den Abwehrrechten des Wettbürobetreibers zu messen. Die Verdrängung eines Wettbüros zugunsten einer Spielhalle entspreche auch nicht den Zielen in Art. 1 GlüStV, da dem gewerblichen Automatenspiel ein höheres Suchtrisiko zukomme, was jedenfalls dann gelte, wenn – wie in der...r Innenstadt – eine hohe räumliche Konzentration von Spielhallen gegeben sei. Vielmehr sei ein Wettbüro einer Spielhalle vorzuziehen. Denn zwischen Wettbüros sei kein Mindestabstand einzuhalten, woraus die gesetzliche Wertung folge, dass Wettbüros vom Gesetzgeber als weniger schädlich angesehen würden als Spielhallen. Dies gelte auch gegenüber Bestandsspielhallen, da auch diese vom Mindestabstandsgebot betroffen seien, und jedenfalls gegenüber solchen, bei denen die Voraussetzungen für eine Härtefallerlaubnis nicht vorlägen. Die Härten im Falle der Beigeladenen seien typische und gesetzgeberisch gewollte Folgen der Abstandsregelung und damit keine unbillige Härte im Sinne des § 51 LGlüG. Im Falle des Mietvertrags der Beigeladenen könne letztlich der Vermieter über den Härtefall disponieren. Langfristige Mietverträge seien indes im Spielhallengewerbe üblich und als solche vom Gesetzgeber berücksichtigt worden. Insbesondere bestehe die Möglichkeit des Mieters, Nachmietinteressenten zu vermitteln und so eine Vertragsaufhebung herbeizuführen. Auch habe sich die Beigeladene treuwidrig verhalten, indem sie auf das Übernahmeangebot des Antragstellers mit einer Strafanzeige und einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung reagiert habe. Vielmehr hätte diese freundlich auf den Antragsteller zugehen und ihn dem Vermieter als potentiellen Nachmieter vorstellen sollen. Auch hätte der Mietvertrag der Beigeladenen bzw. ihrer Gesellschafter als Hauptmieter bereits zum 30.04.2016 gekündigt werden können. Man habe sich jedoch im Jahre 2015 bewusst dagegen entschieden. Auch hätte die Beigeladene sich ein Sonderkündigungsrecht ausbedingen können. Die unterlassene Kündigung habe lediglich den Zweck verfolgt, einen Härtefall zu generieren. Auch lege die Erklärung der Vermieterin den Verdacht nahe, dass diese Erklärung, eine weitere Untervermietung nicht zulassen zu wollen, mit der Beigeladenen vorformuliert worden sei. Im Übrigen liege letztlich ein Härtefall nur bei den jeweiligen Vermietern vor, da diese die von den spielhallenrechtlichen Regelungen wirtschaftlich Betroffenen seien. Schließlich könne das Inventar der Beigeladenen auch anderenorts genutzt werden.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Beigeladenen unter dem 01.07.2017 erteilte Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ im Gebäude ..., ... ..., wiederherzustellen.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Zur Begründung wird ausgeführt, dass Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags bestünden. Der Betrieb des Wettbüros sei dem Antragsteller nämlich bereits durch das Regierungspräsidium ... untersagt worden. Diese Entscheidung sei auch sofort vollziehbar, nachdem die Rechtsschutzanträge des Antragstellers abgelehnt worden seien. Auch sei der Antrag unbegründet. Die zivilrechtlichen Aspekte betreffend das Mietverhältnis der Beigeladenen seien irrelevant. Ermessensfehler seien im Hinblick auf die Erteilung der Härtefallerlaubnis der Beigeladenen nicht ersichtlich. Es sei auch kein den Antragsteller begünstigender Vertrauensschutz ersichtlich, zumal dessen Wettbüro zeitlich nach der Spielhalle der Beigeladenen ihren Betrieb aufgenommen habe.
23 
Die mit Beschluss des Berichterstatters vom 18.10.2017 zum Verfahren Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie führt zum Verfahren aus, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig gewesen sei. Die Entscheidung der Antragsgegnerin stütze sich auf die Anordnungen des Wirtschaftsministeriums. Auch liege nicht nur ein Mietvertrag, sondern ein Pachtvertrag vor, weshalb gem. § 584a Abs. 1 BGB nicht auf § 540 Abs. 1 BGB verwiesen werden könne. Eine spätere Lösung vom Mietvertrag sei dessen ungeachtet nicht denkbar. Spielhallenbetreiber zahlten regelmäßig höhere Mieten als andere Gewerbetreibende. Eine Nachvermietung komme daher lediglich unter Vereinbarung einer geringeren Miete realistisch in Betracht. Auch sei der Antragsteller aufgrund seines „erpresserischen“ Versuchs, sein Eintreten in den Mietvertrag zu erzwingen, mangels hinreichender Seriosität nicht als Nachmieter denkbar. Dies habe der Vermieter auch mitgeteilt. Auch sei es der Beigeladenen nicht zumutbar, auf einen möglichen Weiterbetrieb zu verzichten und den Betrieb aufzugeben. Es sei zum maßgeblichen Zeitpunkt im Jahr 2015 nicht ersichtlich gewesen, wie ein Erlaubnisverfahren ausgehen würde. Auch sei keine Auswahlentscheidung zwischen einzelnen Spielhallen getroffen worden, weshalb es unbillig sei, zulasten der Beigeladenen von einem nicht genehmigungsfähigen Betrieb der Spielhalle auszugehen. Dass die Beigeladene sich ein Sonderkündigungsrecht aushandeln könne, sei praxisfern, da der Vermieter daran kein Interesse habe; der Antragsteller verkenne insofern die Grundsätze des zweiseitigen Vertrags. Sofern darauf abgestellt werde, dass alternativ auch eine Verlängerung bis zu einem früheren Zeitpunkt in Betracht komme, scheitere dies ebenfalls am Mietvertrag. Schließlich sei im Rahmen der Härtefallprüfung lediglich auf die Beigeladene als juristische Person und nicht die dahinter stehenden Gesellschafter abzustellen. Sofern dennoch auf die Gesellschafter abzustellen sei, so werde übersehen, dass diese wiederum durch den Hauptmietvertrag an den Hauptmieter gebunden seien; ein Insolvenzrisiko würde sich dann lediglich auf die Gesellschafter verlagern. Im Übrigen seien auch externe Härten – etwa bei einem Vermieter oder den Gesellschaftern – berücksichtigungsfähig. Dass das Inventar der Spielhalle anderenorts nutzbar sei, sei nicht ersichtlich. Auch sei der Antragsteller auf Rechtsbehelfe gegen ihn unmittelbar betreffende behördliche Versagungs- und Untersagungsentscheidungen zu verweisen. Schließlich begehre der Antragsteller mit seinem Antrag eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache zu seinen Gunsten.
24 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behördenakten der Antragsgegnerin (2 Bände) im Verwaltungsverfahren und des Regierungspräsidiums ... im Untersagungsverfahren gegen den Antragsteller (1 Band), die beigezogenen Gerichtsakten des beschließenden Gerichts zu den Verfahren 3 K 1270/16, 3 K 1266/16, 3 K 2593/09 und 3 K 1517/08 sowie die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren Bezug genommen.
II.
25 
1. Der Antrag ist unzulässig. Zwar dürfte der Antrag statthaft sein, da die Antragsgegnerin im Schreiben vom 08.08.2017 die sofortige Vollziehung der Erlaubnis der Beigeladenen gem. §§ 80 Abs. 4 Nr. 4, 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO angeordnet und diese Entscheidung gem. § 80 Abs. 3 VwGO auch begründet hat. Die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, der gegen einen an einen Dritten gerichteten und diesen begünstigenden Verwaltungsakt gerichtet ist (§ 80 Abs. 5 in Verbindung mit § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO), setzt aber voraus, dass dem jeweiligen Antragsteller eine Antragsbefugnis zusteht. Denn die durch §§ 80 Abs. 5, 80a VwGO eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten vermögen es nicht, einen über die Hauptsache hinausgehenden Rechtsschutz zu eröffnen (sog. Akzessorietät des vorläufigen Rechtsschutzes, vgl. hierzu R.P. Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 23. Aufl., 2017, § 80 Rn. 133 f.).
26 
Eine solche liegt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung vor, wenn der jeweilige Antragsteller geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth (Hrsg.), VwGO, 6. Aufl., 2014, § 80a Rn. 73). Maßgeblich ist damit, ob die Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller durch die der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis in einer seine Individualinteressen schützenden Norm verletzt wird. Dies ist durch Auslegung der in Rede stehenden Vorschriften zu bestimmen (zum Ganzen R.P. Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 23. Aufl., 2017, § 42 Rn. 83, m.w.N.).
27 
a. Die in Verbindung mit § 41 Abs. 1-2 LGlüG als Rechtsgrundlage maßgebliche Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG entfaltet keine drittschützende Wirkung zugunsten des Antragstellers. Dem Wortlaut der Vorschrift können weder für sich noch in einer systematischen Gesamtschau Hinweise auf eine dritt- bzw. konkurrenzschützende Wirkung entnommen werden (so auch im Ergebnis Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 29 GlüStV Rn. 55). Auch die Entstehungsgeschichte der Norm lässt nicht auf eine drittschützende Wirkung schließen. Die Vorschrift setzt § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV um, wonach die zuständigen Behörden nach Ablauf des in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 GlüStV für einen angemessenen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 113) sollte mit der Umsetzung der staatsvertraglichen Härtefallvorschrift für ältere Erlaubnisse eine landesrechtliche Härtefallklausel mit der Möglichkeit einer befristeten Suspendierung geschaffen werden, um einzelnen Spielhallenbetreibern eine Möglichkeit der Anschlussnutzung oder eine Anpassung der Mietverträge zu eröffnen. Die Berücksichtigung von Interessen etwaiger Konkurrenten sieht die Vorschrift nicht vor.
28 
Selbst wenn bei der Anwendung des § 51 Abs. 5 LGlüG Interessen betroffener Konkurrenten – wie etwa in Fällen durch gesetzliche Regulierung verknappter Konzessionen – betroffen wären, würde dies nicht zugunsten des Antragstellers durchgreifen. Der Normbefehl der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG bezieht sich auf Spielhallen und nicht auf Wettannahmestellen, denn die Regulierung der letzteren erfolgt hiervon unabhängig durch § 20 LGlüG. Dass sich die der Beigeladenen erteilte Härtefallerlaubnis faktisch dergestalt auf den Antragsteller auswirkt, dass seine eigene Wettannahmestelle aufgrund der Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG nicht genehmigungsfähig ist oder wird, ist indes nicht auf die Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG zurückzuführen, sondern auf die Regulierung der Tätigkeit von Wettannahmestellen in § 20 LGlüG, welche den Gegenstand des beim beschließenden Gericht anhängigen Verfahrens 3 K 1266/16 bildet. Allenfalls nach den – im Rahmen der Grundrechtsdogmatik entwickelten – Grundsätzen zu mittelbaren oder faktischen (Grund-)Rechtseingriffen, könnte ansatzweise die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch an Dritte – hier die Beigeladene und die Antragsgegnerin – adressierte Normen erwogen werde, was jedoch ebenfalls nicht verfängt. Denn die Frage, ob in Fällen der sog. „mittelbaren“ oder „faktischen Eingriffe“ solche als rechtfertigungsbedürftige Eingriffe in geschützte Rechtspositionen anzusehen sind, bemisst sich danach, ob die jeweilige Maßnahme den mittelbar Betroffenen derart in seiner Rechtsposition schmälert, dass deren Auswirkung in ihrer Intensität oder Intention einem finalen, unmittelbaren, imperativen und rechtsförmigen Eingriff in dessen Rechtsposition gleichzusetzen ist und damit eine regelungsähnliche Wirkung gegenüber dem Drittbetroffenen entfaltet (vgl. etwa zur berufsregelnden Tendenz BVerfG, Urt. v. 08.04.1997 – 1 BvR 48/94 –, BVerfGE 95, 267 <302 f.>; Urt. v. 17.02.1998 – 1 BvF 1/91 –, BVerfGE 97, 228 <254>; s. auch Nolte, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2. Aufl., 2016, Art. 12 Rn. 80 f.).
29 
Derartiges ist hier nicht gegeben. Denn im Wege des systematischen Gegenschlusses zu § 20 LGlüG und §§ 21-25 LGlüG kann angenommen werden, dass die legislative Intention hinter den Vorschriften der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG darin bestand, ausschließlich den Teilbereich des Spielhallenwesens zu regulieren und die Gestaltung des Sportwettenwesens den hierfür gesondert geschaffenen Vorschriften des 4. und 5. Abschnitts des LGlüG vorzubehalten. Auch eine hinreichende, auf die Vorschriften der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG zurückzuführende Regelungsintensität zulasten des Antragstellers ist nicht erkennbar, da die maßgebliche Rechtsfolge sich – wie bereits ausgeführt – aus der den Antragsteller unmittelbar betreffenden Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG ergibt. Will der Antragsteller gegen die hieraus folgende Beschwer vorgehen, hat er dieses Vorgehen – wie auch geschehen – gegen die Rechtsfolgen dieser Vorschrift zu richten. Deshalb verfängt die im Schrifttum vertretene Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung (Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 29 GlüStV Rn. 56) – gleich ob dieser Einwand zutrifft oder nicht – jedenfalls im vorliegenden Fall nicht.
30 
Auch der in § 51 Abs. 5 LGlüG enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der „unbilligen Härte“ begründet keine drittschützende Wirkung der Norm zugunsten des Antragstellers. Sinn und Zweck dieser Vorschrift bestehen – wie bereits ausgeführt – darin, die Auswirkungen und damit die Eingriffsintensität des mit der Regulierung bewirkten Verbots für eine im Einzelfall bislang erlaubt betriebene Spielhalle abzufedern. Ob bei der Prüfung des Vorliegens eines Härtefalls lediglich den jeweiligen unmittelbaren Spielhallenbetreiber – hier die Beigeladene – betreffende Auswirkungen („Härten“) zu berücksichtigen sind oder ob auch mittelbare Härten Dritter – etwa der Gesellschafter der Beigeladenen oder gar des Hauptvermieters des Ladenlokals – zu berücksichtigen sind, kann vorliegend offenbleiben. Selbst wenn solche mittelbaren Härten zu berücksichtigen wären, würde sich dies nicht zugunsten des Antragstellers auswirken. Denn die vom Antragsteller gerügte ihn betreffende „Härte“ ist nicht diejenige, welche durch die Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG abgemildert werden soll, sondern stellt vielmehr eine faktische Folge dar, welche sich erst dann realisiert, wenn die Voraussetzungen der „unbilligen Härte“ bereits erfüllt sind. Diese ist allenfalls im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Rechtsfolgeermessens berücksichtigungsfähig; einer Berücksichtigung derartiger Auswirkungen – etwa im Wege einer normeinschränkenden oder gar verfassungskonformen Auslegung zugunsten Dritter – bedarf es deshalb nicht.
31 
b. Nach alledem scheidet auch eine unmittelbar auf Art. 12 Abs. 1 GG fußende Antragsbefugnis aus. Die Möglichkeit einer Verletzung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit ist nicht ersichtlich. Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Freiheit der Ergreifung und Ausübung einer jeden an sich erlaubten, dauerhaft auf Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage gerichteten Tätigkeit als Beruf (grundlegend BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 – 1 BvR 596/56 –, BVerfGE 7, 377 <397>). Entsprechend dieser Differenzierung sind als Eingriffstypen objektive und subjektive Regelungen der Berufswahl sowie Berufsausübungsregelungen denkbar (BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 – 1 BvR 596/56 –, BVerfGE 7, 377 <403>; Beschl. v. 16.06.1959 – 1 BvR 71/57 –, BVerfGE 9, 338 <344>). Vorliegend dürfte allenfalls eine einer Berufsausübungsregel entsprechende mittelbare bzw. faktische Beeinträchtigung vorliegen, für deren verfassungsrechtliche Rechtfertigung maßgeblich ist, ob diese vernünftige Gründe des Allgemeinwohls in verhältnismäßiger Weise verfolgen (BVerfG, Beschl. v. 12.01.2016 – 1 BvL 6/13 –, juris; Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04 –, BVerfGE 117, 163 <182>). Denn die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis an die Beigeladene hindert nicht per se die Tätigkeit des Antragstellers als – selbst wenn hierin ein eigenständiges Berufsbild zu erblicken wäre – Betreiber einer Wettannahmestelle, sondern lediglich deren Ausübung am bisherigem Ort.
32 
Wie bereits ausgeführt richtet sich die hier verfahrensgegenständliche verwaltungsbehördliche Regelung jedoch nicht unmittelbar gegen den Antragsteller. Der maßgebliche – aus Sicht des Antragstellers rechtfertigungsbedürftige – Grundrechtseingriff folgt für ihn gerade nicht aus der der Beigeladenen erteilten, glücksspielrechtlichen Erlaubnis, sondern unmittelbar aus dem glücksspielrechtlichen Verbundverbot (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG), welches unions- und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. zu Spielhallen BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris; StGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.06.2014 – 1 VB 15/13 –, juris). Dass nunmehr durch die befristete Fortführung der Legalisierung einer Spielhalle die Rechtsfolge des § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG als dem typischerweise innewohnender Rechtsreflex ausgelöst wird, ist für sich genommen noch nicht geeignet, eine in Intention oder Intensität eingriffsgleiche und damit rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit zu begründen, zumal der Gesetzgeber den Vertrauensschutz im Rahmen der Neuregelung des Glücksspielwesens abschließend ausgestaltet hat (vgl. § 51 LGlüG). Der Antragsgegnerin war es – soweit ersichtlich – auch nicht daran gelegen, mit der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis im Sinne einer berufsregelnden Intention gezielt den Betrieb der Wettannahmestelle des Antragstellers faktisch zu untersagen; dies ist vielmehr bereits durch die sofort vollziehbare Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums ... erfolgt, welche u.a. Gegenstand der Verfahren 3 K 1270/16 sowie 3 K 1266/16 der Kammer und 6 S 263/17 sowie 6 S 1563/16 des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg war bzw. ist. Der für den Antragsteller in seinem tatsächlichen Rechtsschutzbegehren zielführende Weg dürfte insofern wohl eher der Streit über die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis an ihn sein, in deren Rahmen die Frage, ob die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis auch ihm entgegengehalten werden kann, ggf. inzident zu klären wäre.
33 
c. Auf die unionsrechtlich durch Art. 56 AEUV garantierte Dienstleistungsfreiheit kann sich der Antragsteller nicht berufen, da es an einem grenzüberschreitenden Bezug fehlt. Zwar mag der Antragsteller durch ein im EU-Ausland konzessioniertes Unternehmen angebotene Sportwetten und so Dienstleistungen zu vermitteln. Es ist jedoch nicht der Antragsteller, der unionsrechtlich von der Beschränkung der Vermittlungsmöglichkeiten betroffen ist, sondern vielmehr der Sportwettenanbieter als mittelbar betroffener Dritter. Die hier maßgebliche vom Antragsteller dem Verbraucher angebotene Dienstleistung, in Gestalt der Vermittlung der Teilnahme einer im Ausland angebotenen Sportwette, erfolgt durch den Antragsteller als deutschen Unternehmer im Bundesgebiet an dort ansässige Kunden (vgl. zum abzugrenzenden Fall eines eigene Sportwetten in einem anderen Mitgliedstaat anbietenden Wettanbieters Hilf/Umbach, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, Unionsrechtliche Aspekte Rn. 20, m.w.N.). Eine Geltendmachung etwaiger Rechte des maltesischen Wettanbieters durch den Antragsteller – etwa im Wege einer Art der Prozessstandschaft – dürfte nicht geboten sein, da diese Rechte vom jeweiligen Betroffenen selbst mittels eigener Rechtsbehelfe geltend gemacht werden können.
34 
d. Schließlich vermögen es auch Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG nicht, dem Antragsteller eine Antragsbefugnis zu vermitteln. Soweit das antragsbegründende Vorbringen darauf zielt, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Spielhallen und Wettannahmestellen durch das glücksspielrechtliche Regelungsregime darzulegen, ist dies für die Erteilung der Härtefallerlaubnis an die Beigeladene unerheblich. Denn eine solche Ungleichbehandlung würde allenfalls zu einer Unanwendbarkeit bzw. Nichtigkeit der die Tätigkeit des Antragstellers regelnden Vorschrift des § 20 LGlüG führen, nicht jedoch einen Anspruch auf Aufhebung der Härtefallerlaubnis der Beigeladenen begründen. Selbst wenn § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG entweder – wie teilweise angenommen – einer anderen Auslegung im Hinblick auf das Verhältnis zu durch Härtefallerlaubnisse (weiterhin) legalisierten Spielhallen zugänglich oder generell nichtig wäre, könnte die Härtefallerlaubnis der Beigeladenen bestehen bleiben, ohne dass sie für den Antragsteller nachteilige Rechtswirkungen entfalten würde. All dies mag möglicherweise im Verfahren 3 K 1266/16, nicht jedoch im Verhältnis zur Beigeladenen bzw. der ihr erteilten Erlaubnis Relevanz entfalten. Nach alledem scheidet auch ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit als subsidiäres Auffanggrundrecht aus (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 07.01.1959 – 1 BvR 100/57 –, BVerfGE 9, 73 <77>; Beschl. v. 11.07.2006 – 1 BvL 4/00 –, BVerfGE 116, 202 <221>; Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04 –, BVerfGE 117, 163 <181>; Beschl. v. 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09 –, juris).
35 
e. Ob dem Antrag mit Blick auf die gegenüber dem Antragsteller bestehende vollziehbare Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums ... darüber hinaus auch das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, kann offenbleiben.
36 
2. Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Bei der von der Kammer zu treffenden eigenen Entscheidung über die Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zur Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf und das Interesse der Allgemeinheit und des Begünstigten am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.11.2015 – 10 S 2004/15 –, juris). Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs – hier des gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis erhobenen (Drittanfechtungs-)Widerspruchs –, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt oder angeordnet werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf als wahrscheinlich erfolgreich, kann dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel eher zu entsprechen sein. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als wahrscheinlich erfolglos, so dürfte regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommen. Erfolg kann die Anfechtung eines begünstigenden Verwaltungsakts durch einen Dritten aber nur dann haben, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Dritte – hier der Antragsteller – in eigenen Rechten verletzt ist, der Verwaltungsakt also gegen drittschützende Normen verstößt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
37 
Unabhängig von der Frage einer – nach den bisherigen Ausführungen eher unwahrscheinlich erscheinenden – eigenen Rechtsverletzung des Antragstellers hat sein Hauptsacherechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg und führt mithin nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zu seinen Gunsten ausfällt. Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen – aber auch genügenden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.01.1984 – 2 BvR 507/81, NVwZ 1984, 429 <429 f.>) – summarischen Prüfung dürfte die in Anwendung der Befreiungsmöglichkeit in § 51 Abs. 5 LGlüG erfolgte Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis an die Beigeladene wohl rechtmäßig sein.
38 
a. Rechtsgrundlage der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ist § 41 Abs. 1-2 in Verbindung mit § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG.
39 
b. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit bestehen nach summarischer Prüfung – ungeachtet der Frage, ob sich der Antragsteller auf solche berufen könnte – nicht. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin dürfte aus § 47 Abs. 5 Satz 1 LGlüG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG folgen. Da die vom Antragsteller beanstandete Wirkung der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ihn allenfalls als mittelbar wirkender Rechtsreflex treffen dürfte, dürfte er mangels einer ihm gegenüber unmittelbar rechtsgestaltenden Wirkung auch nicht gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG zwingend als Verfahrensbeteiligter hinzuzuziehen gewesen sein. Deshalb dürfte er mangels eigener Verfahrensbeteiligung auch nicht gem. § 28 Abs. 1 LVwVfG vor der Entscheidung anzuhören gewesen sein. Darüber hinausgehende spezialgesetzliche Beteiligungserfordernisse zugunsten des Antragstellers sind nicht ersichtlich.
40 
c. Die verfahrensgegenständliche Erlaubnis dürfte nach summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig sein.
41 
aa. Bei der in § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG, Art. 29 Abs. 4 GlüStV enthaltenen Voraussetzung der „unbilligen Härte“ handelt es sich um einen vollständiger gerichtlicher Kontrolldichte unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff (Nds. OVG, Beschl. v. 05.09.2017 – 11 ME 169/17 –, juris; vgl. auch zur Bestimmtheit BVerwG, Beschl. v. 04.09.2012 – 5 B 8.12 –, juris). Bei der Bestimmung dessen Gehalts ist der Normzweck zu berücksichtigen, welcher in der Abfederung solcher Härten besteht, die eine abstrakt-generelle Neuregelung eines Rechtsbereichs bzw. des rechtlichen Rahmens für bestimmte bereits bestehende tatsächliche Phänomene mit sich bringt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.2012 – 5 B 8.12 –, juris). Dies wird durch die Regelung in § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG konkretisiert, nach der Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen unbilligen Härte insbesondere dann gegeben sind, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. Dabei dürfte die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG ausweislich ihres Wortlauts („des“ Betriebs) auf denjenigen Betrieb abstellen, für welchen die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter Anwendung der Härtefallregelung in § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG beantragt wird. Dem entspricht die erklärte gesetzgeberische Zielsetzung der Regelung, nach welcher betroffene Gewerbetreibende, d.h. einen konkreten Betrieb führende Personen, in die Lage versetzt werden sollen, eine Anschlussnutzung der Betriebsräume mit einer anderen Zielrichtung – zum Beispiel als Gaststätte – zu realisieren (LT-Drs. 15/2431, S. 113). Dementsprechend kann ein betroffener Gewerbetreibender voraussichtlich auch auf die Möglichkeiten einer Umnutzung seines Betriebs bis hin zu dessen Veränderung verwiesen werden (vgl. Anwendungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft, Stand: 11.12.2015, S. 26). Deshalb können – was die Antragsgegnerin ausweislich der Bescheidbegründung offenbar auch berücksichtigt hat – voraussichtlich auch zivilrechtliche Fragestellungen im Hinblick auf die (Um-)Nutzbarkeit oder die Bindungen des jeweils Betroffenen an vertragliche Vereinbarungen mit Dritten zu berücksichtigen sein.
42 
All dies dürfte jedoch darauf beschränkt sein, einen Betrieb unter dessen Aufrechterhaltung – selbst wenn dieser zu einem Betrieb mit einer völlig anderen Zielsetzung umgewandelt würde – anzupassen oder auf ein neues betriebswirtschaftliches Fundament zu stellen. Es dürfte jedoch nicht zumutbar sein, sich auf eine Möglichkeit, diesen Betrieb einem Dritten zu überlassen, verweisen lassen zu müssen. Denn dies würde – zumindest hinsichtlich der Erwerbsmöglichkeit – wohl der faktischen Entziehung eines den verfassungsrechtlichen Schutz aus Art. 12 Abs. 1 GG erfahrenden eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetriebs gleichkommen (vgl. allgemein zu dessen verfassungsrechtlichem Schutz BVerwG Urt. v. 25.05.2006 – 6 C 17/02 –, BVerwGE 118, 241 <226>, m.w.N. zur bisherigen Rspr.; s. auch BGH, Urt. v. 04.06.1981 – III ZR 31/80 –, NJW 1981, 2000 <2002>; Urt. v. 14.03.1996 – III ZR 224/94 –, NJW 1996, 2422 <2423>), welche wiederum dem gesetzlichen Ziel des § 51 Abs. 4-5 LGlüG – des begrenzten Vertrauensschutzes zugunsten einzelner konkreter Gewerbetreibender – zuwiderlaufen würde. Gegenteiliges dürfte auch nicht aus den Anwendungshinweisen des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 11.12.2015 hervorgehen. Diese stellen vielmehr auf eine Umnutzung durch den jeweiligen Betreiber ab; miteingeschlossen soll ausdrücklich auch eine Nutzung als Spielhalle bis zum Ende der befristeten Befreiung sein (vgl. hierzu die Anwendungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft, Stand: 11.12.2015, S. 23).
43 
Im vorliegenden Fall kann es jedoch offenbleiben, ob die vom Antragsteller behauptete Bereitschaft eines Eintritts in den Vertrag mit dem Verwalter der Geschäftsräume der Beigeladenen für sich genommen dazu führen kann, dass bei der Beigeladenen ein Härtefall abzulehnen wäre. Denn die Hausverwaltung hat mit Schreiben vom 09.11.2016 den Gesellschaftern der Beigeladenen mitgeteilt, dass sie am Mietvertrag festhalte und eine weitergehende Untervermietung nicht zulasse. Dies schließt nach summarischer Prüfung die Möglichkeit eines Eintretens des Antragstellers in dieses Mietverhältnis wohl aus. Die Prüfung eines mietrechtlichen Anspruchs auf Vertragsaufhebung wiederum erfolgt stets nach den Besonderheiten des Einzelfalls, wobei im Falle der Gewerberaummiete wohl zu beachten ist, dass das Verwendungsrisiko für Gewerberaum grundsätzlich der Mieter trägt (BGH, Urt. v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97 –, NZM 2000, 492 <495>; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.06.2014 – I-24 U 159/13 –, juris; OLG München, Urt. v. 18.11.1994 – 21 U 3072/94 –, NJW-RR 1995, 393; jew. m.w.N.). Dass im konkreten Falle der Beigeladenen – wie der Antragsteller meint – ein gesetzliches oder übergesetzliches (Sonder-)Kündigungsrecht mit derart überwiegender rechtlicher Klarheit bestünde, dass es im Rahmen der summarischen Prüfung als gegeben anzusehen wäre, ist weder ersichtlich noch dargelegt. Ein mietvertragliches Sonderkündigungsrecht besteht wohl nur dann, wenn das maßgebliche öffentlich-rechtliche Verbot an die Mietsache selbst anknüpft (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1994 – XII ZR 175/92 –, juris; Urt. v. 22.06.1988 – VIII ZR 232/87 –, NJW 1988, 2664). Dies dürfte im Falle der Glücksspielregulierung nicht der Fall sein. Denn die Glücksspielregulierung und das mit ihr einhergehende gesetzliche Verbot mit Erlaubnis- bzw. Befreiungsvorbehalt knüpfen an das Glücksspiel als solches und nicht an in den Geschäftsräumen der Beigeladenen wurzelnde Umstände an (vgl. Blank, in: Blank/Börstinghaus (Hrsg.), Miete, 5. Aufl., 2017, § 536 BGB Rn. 29; zum umgekehrten Fall der Vermieterkündigung KG, Urt. v. 14.07.2014 – 8 U 140/13 –, MDR 2014, 952 <953>). Nichts anderes dürfte aus der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 –, juris) für maßgeblich erachteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 20.11.2013 – XII ZR 77/12 –, NZM 2014, 165 <166>) folgen. Denn diese Entscheidung betraf den Fall eines die Mietsache als solches betreffenden öffentlich-rechtlichen Verbots. Selbst wenn ein Anspruch der Beigeladenen oder ihrer Gesellschafter auf Vertragsbeendigung bestünde, wäre dieser – soweit ersichtlich – zunächst wirksam gegenüber dem Vermieter – ggf. gerichtlich – durchzusetzen. Solange eine (zivil-)gerichtliche Klärung jedoch nicht rechtskräftig herbeigeführt ist, wäre wohl – zumindest im Rahmen der hier aufgerufenen summarischen Prüfung – noch von einem Härtefall auszugehen sein.
44 
Dass trotz dieser differenzierten Rechtsentwicklung im Bereich des Gewerberaummietrechts ein offensichtliches Sonderkündigungsrecht der Beigeladenen bestünde, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Sein Vorbringen beschränkt sich insofern auf die bloße Behauptung eines solchen Gestaltungsrechts bzw. Anspruchs und in der unsubstantiierten Vermutung „ins Blaue hinein“, die Beigeladene habe in einem aus seiner Sicht kollusiven Zusammenwirken mit der Hausverwaltung die Ablehnung einer vorzeitigen Vertragsaufhebung oder Überlassung an den Antragsteller als Nachmieter treuwidrig bewirkt und das Schreiben vom 09.11.2016 „vorformuliert“. Diesen letztgenannten Mutmaßungen, die einer auch nur ansatzweise substantiiert dargelegten tatsächlichen Grundlage entbehren, braucht das Gericht nicht – jedenfalls nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – nachzugehen (vgl. zur sog. „Ausforschung“ BVerwG, Beschl. v. 15.02.2008 – 5 B 196.07 –, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 362; Beschl. v. 05.10.1990 – 4 B 249.89 –, Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6; Beschl. v. 29.03.1995 – 11 B 21.95 –, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266; vgl. zuletzt auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.2016 – 5 S 1443/14 –, juris).
45 
Schließlich dürfte nach summarischer Prüfung der Einwand des Antragstellers, die Beigeladene hätte ihren Mietvertrag bereits im Jahre 2015 kündigen sollen, auch aus anderem Grunde nicht verfangen. Denn § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG räumte der Beigeladenen eine Frist zur Härtefallantragstellung bis zum 29.02.2016 ein. Hieraus dürfte die gesetzliche Wertung folgen, dass zumindest innerhalb dieser Frist es der Beigeladenen nicht zuzumuten gewesen wäre, ihren Betrieb aufzugeben.
46 
bb. Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG räumt der zuständigen Behörde ein gerichtlich lediglich begrenzt überprüfbares verwaltungsbehördliches Rechtsfolgeermessen ein. Diese gerichtliche Kontrolldichte ist dabei auf die Überprüfung der Einhaltung dessen gesetzlicher Grenzen beschränkt (§ 114 Satz 1 VwGO).
47 
Die Grenzen dieses verwaltungsbehördlichen Ermessens dürften durch die gesetzte und gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge der hier befristet erteilten Erlaubnis wohl nicht überschritten worden sein. Es ist nach summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin den Sachverhalt unzutreffend festgestellt oder gewürdigt und so den Umfang ihres Ermessens verkannt und unterschritten hätte. Die im Schreiben der Antragsgegnerin vom 20.03.2017 enthaltene Aussage, dass keine zivilrechtlichen Fragestellungen geprüft würden, dürfte keinen Ermessensfehler – etwa in Gestalt einer mangelhaften Sachverhaltsaufklärung – begründen, nachdem sie die mietvertraglichen Bindungen der Beigeladenen im Bescheid berücksichtigt hat. Hierauf kommt es indes auch nicht an, da im Widerspruchsverfahren etwaige Unzulänglichkeiten in der Sachverhaltsermittlung ggf. behoben werden können.
48 
Dessen ungeachtet würde, selbst wenn im Rahmen der Ausübung des durch § 51 Abs. 5 LGlüG eingeräumten verwaltungsbehördlichen Rechtsfolgeermessens die Auswirkungen der Erlaubnis für Dritte zu berücksichtigen wären und der Norm so eine zumindest auch den Antragsteller schützende Rechtswirkung zukäme, diese wohl nicht durchgreifen. Denn im vorliegenden Fall drängt es sich nicht auf, dass es die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschreiten würde, wenn die Abwägung der hier widerstreitenden – jeweils durch Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlichen Schutz erfahrenden – Interessen der Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers und der Beigeladenen zugunsten der Beigeladenen ausfällt.
49 
Die Ermessensausübung entspricht auch dem Zweck der Norm (vgl. § 40 LVwVfG). Denn zum einen hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner legislativen Einschätzungsprärogative, welche ihm im Rahmen der abstrakt-generellen Herstellung praktischer Konkordanz zwischen zueinander in Konflikt stehenden Rechtsgütern zukommt (BVerfG, Beschl. v. 17.07.1974 – 1 BvR 51/69 u.a. –, BVerfGE 38, 61 <87>; Beschl. v. 31.10.1984 – 1 BvR 35/82 u.a. –, BVerfGE 68, 193 <220> vgl. auch Kloepfer, Verfassungsrecht, Band I, 2011, § 10 Rn. 224; zum Glücksspielrecht BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris; StGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.06.2014 – 1 VB 15/13 –, juris), berücksichtigt, dass eine landesrechtliche Regulierung des Glücksspielwesens nur dann mit einer hinreichenden Effektivität umgesetzt werden kann, wenn die eigentliche Regulierung nicht durch über besondere Ausnahmefälle hinausgehende Dispensvorbehalte unterlaufen wird. Als solchen Ausnahmefall hat der Gesetzgeber mit Blick auf die gegenüber den Lotterie- oder Wettannahmestellen bestehende Besonderheit von Spielhallen, welche sich durch einen dem Automatenspiel immanenten eigenen Investitionsaufwand des Betreibers auszeichnen, in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden Weise berücksichtigt, zumal es sich um eine zeitlich und sachlich eng umgrenzte Ausnahmevorschrift handelt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris). Denn anders als im Falle von Wettannahmestellen vermitteln Spielhallen primär eigene Leistungen, welche sie durch von ihnen – gleich in welchem privatrechtlichen Rechtsverhältnis (etwa Kauf, Miete, Leasing oder Pacht) – beschaffte Glücksspielautomaten bereitstellen. Wettannahmestellen hingegen greifen auf Wettsysteme des jeweiligen Wettanbieters zu, sodass der Bereitstellungsaufwand im Hinblick auf die Herstellung des Wettgeschäfts als solchem regelmäßig eher beim Wettanbieter und nicht beim Betreiber der Wettannahmestelle liegen dürfte. Hierfür spricht auch die aus der in der Behördenakte enthaltenen Lichtbilddokumentation ersichtliche Ausstattung des Wettbüros des Antragstellers, welche primär aus Monitoren, einer Computeranlage und einem Wettterminal zu bestehen scheint. Gegenteiliges ist auch nicht durchgreifend dargelegt worden. Eine Verfassungswidrigkeit der Regelungen drängt sich im Rahmen der hier gebotenen – aber auch genügenden – summarischen Prüfung nach alledem nicht auf.
50 
d. Ungeachtet der – nach summarischer Prüfung wohl gegebenen – Rechtmäßigkeit oder der – vom Antragsteller angenommenen – Rechtswidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ergibt eine hiervon unabhängige Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen der Beteiligten, dass im vorliegenden Fall eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zugunsten des Antragstellers und zulasten der Beigeladenen ausscheidet.
51 
Bereits für sich genommen führt der Umstand, dass der Antragsteller seine Wettannahmestelle aufgrund der sofort vollziehbaren Verfügung des Regierungspräsidiums ... vom 03.03.2016 zu schließen hat, dazu, dass das Vollziehungsinteresse an der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis überwiegt.
52 
Ob eine abstrakt-generelle Regelung des Falles einer später in Konkurrenz zu einer zugelassenen Wettannahmestelle tretenden Spielhalle möglicherweise fehlt (so Hilf/Umbach, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 21 GlüStV Rn. 32) und wie sich dies ggf. auswirkt, ist einer Klärung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zugänglich und unter zwei Gesichtspunkten vorliegend wohl auch unerheblich. Denn zum einen war der Betrieb des Antragstellers zu keinem Zeitpunkt nach Inkrafttreten der glücksspielstaatsvertraglichen bzw. landesrechtlichen Regulierung erlaubt oder zugelassen. Zum anderen war dieser es, der zu einer zum Zeitpunkt seiner Begründung erlaubt betriebenen Spielhalle hinzugetreten ist. Etwaige für Betreiber von zugelassenen Wettannahmestellen günstige Rechtsfolgen eines Regelungsdefizits – sollte ein solches vorliegen – würden sich jedenfalls im vorliegenden Verwaltungsrechtsverhältnis nicht zugunsten des Antragstellers auswirken. Denn die Wirksamkeit der ihn betreffenden Regelung vermag dies nicht zu berühren. Deshalb bedarf es auch keiner Ausführungen zu einer – im Übrigen auch wohl mangels planwidriger Regelungslücke nicht gebotenen – Anwendbarkeit der Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG zugunsten von Wettannahmestellen im Wege der Analogie, zumal diese im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich wäre.
53 
Schließlich ist die verfahrensgegenständliche Erlaubnis aufgrund einer jedenfalls nicht offensichtlich verfassungswidrigen Rechtsgrundlage ergangen, welche primär den Interessen der Beigeladenen dient und lediglich mittelbar in Form eines bloßen – vom Gesetzgeber wohl hingenommenen – Rechtsreflexes zur Erfüllung eines den Antragsteller belastenden glücksspielrechtlichen Tatbestands führt. Selbst wenn eine generelle, mit dem höherrangigen Recht nicht vereinbare Benachteiligung von Wettannahmestellen gegenüber Spielhallen vorläge, wäre seitens des vermeintlich Benachteiligten primär gegen die sie belastenden Vorschriften des Glücksspielrechts vorzugehen. Jedenfalls im hier gegebenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann deshalb kein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers festgestellt werden. Denn allein für den eher fernliegenden Fall, dass die durch die vermeintliche Privilegierung von Spielhallen gem. § 51 Abs. 5 LGlüG eine verfassungswidrige Bevorteilung ebendieser bewirkt würde, kann diese nicht um den Preis der Existenzgefährdung eines Dritten – hier der Beigeladenen – zugunsten des Antragstellers angenommen werden, wenn diesem hinsichtlich der ihn belastenden glücksspielaufsichtsrechtlichen Maßnahmen noch Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, durch welche dem in Art. 19 Abs. 4 GG fußenden Justizgewährleistungsanspruch hinreichend Rechnung getragen wird. Deshalb überwiegt das in Art. 12 Abs. 1 GG hinsichtlich der Beigeladenen und in § 52 Abs. 5 LGlüG hinsichtlich der Antragsgegnerin fußende Interesse an der Vollziehung der Erlaubnis das Interesse des Antragstellers, von deren lediglich mittelbaren Auswirkungen verschont zu bleiben.
54 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 163 Abs. 3 VwGO.
55 
4. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Ziffern 54.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die Kammer geht davon aus, dass der Auffangstreitwert gem. § 52 Abs. 2 GKG den wirtschaftlichen Wert der Streitigkeit nicht hinreichend abbildet und orientiert sich daher an dem Mindeststreitwert in gewerberechtlichen Streitigkeiten. Im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vermag es die Kammer nicht, mit hinreichender Sicherheit den erwarteten wirtschaftlichen Mehrwert der vom Antragsteller begehrten Suspensivwirkung einzuschätzen, sodass sie den Mindeststreitwert von 15.000,00 Euro in der Hauptsache zugrunde legt und diesen mangels ersichtlicher faktischer Vorwegnahme der Hauptsache halbiert.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

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Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

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ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

84

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

2

Spätestens seit November 2009 veranstaltete bzw. vermittelte sie auf mehreren Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus aufrufbar waren, Sportwetten, Poker- und Casinospiele. Mit Bescheid vom 21. Januar 2010 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der damaligen Fassung (GlüStV 2008) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Nr. 2). Außerdem drohte das Regierungspräsidium ein Zwangsgeld an (Nr. 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr für den Bescheid fest (Nr. 4). Die Klägerin veranstalte bzw. vermittle auf den Internetseiten A., B., C. öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen und betreibe Werbung hierfür. Die für Baden-Württemberg erforderliche Erlaubnis besitze sie nicht. Eine solche könne ihr auch nicht erteilt werden. Außerdem wurde ausgeführt, die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache zuvor im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Berufungsurteils aufgehoben. Die Untersagungsverfügung genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Sie erfasse jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben werde, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei. Sie stelle keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung dar, sondern gebe lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wieder und überschreite damit eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit. Die Verfügung wäre auch dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie sich nur auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele bezöge. Auch die generalisierende Nennung von Glücksspielarten in der Begründung des Bescheides bestimme die Reichweite ihres Regelungsgehalts nicht hinreichend. Die Untersagungsverfügung sei außerdem ermessensfehlerhaft ergangen. Dabei könne offenbleiben, ob das Entschließungsermessen auf Null reduziert sei. Im Lichte von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG dürfe die zuständige Behörde in gleichgelagerten Fällen nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspiel vorgegangen werde (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

4

Im Revisionsverfahren hat der Beklagte erklärt, der Bescheid vom 21. Januar 2010 beziehe sich lediglich auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit der Bescheid zunächst auch andere, nicht ausdrücklich benannte Glücksspielarten erfasst hat. Außerdem haben die Beteiligten bezüglich des Untersagungszeitraums zwischen dem Ergehen des Berufungsurteils und dem 25. Oktober 2017 - dem Tag der Revisionsverhandlung - übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben.

5

Zur Begründung seiner Revision führt der Beklagte aus, der angegriffene Bescheid sei jedenfalls in seinem zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang, der durch eine Bezugnahme auf die von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten beschrieben werde, hinreichend bestimmt. Soweit die Klägerin Pokervarianten anbieten sollte, die als Geschicklichkeitsspiel einzustufen seien, seien diese nicht von der Untersagung erfasst. Die Glücksspielaufsicht sei zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet gewesen, weil das von dieser veranstaltete Online-Glücksspiel wegen Verstoßes gegen das Internetverbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008, jetzt GlüStV 2012) materiell nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Vor dem Einschreiten gegen einzelne illegale Anbieter müsse kein Vollzugskonzept entworfen werden. Es liege wegen des großen Angebots an illegalem Glücksspiel im Internet in der Natur der Sache, dass nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten der Behörde bekanntgewordene Fälle aufgegriffen und abgearbeitet würden. Das Internetverbot stehe auch mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV im Einklang. Wegen der spezifischen Gefahren des Anbietens von Spielen über das Internet sei es zur Bekämpfung der Spielsucht und zur Gewährleistung des Jugendschutzes erforderlich und angemessen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. September 2015 zu ändern, soweit es den Untersagungszeitraum ab dem 26. Oktober 2017 betrifft, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 insoweit zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

8

Sie hat erklärt, derzeit keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anzubieten. Sie verteidigt das Berufungsurteil dennoch weiterhin und führt ergänzend aus, die Untersagung habe durch eine Auflistung der untersagten Glücksspiele im Einzelnen konkretisiert werden können und müssen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Spiel als Glücksspiel einzustufen sei, dürfe nicht in ein etwaiges Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der Senat sei an die im Berufungsurteil getroffene Feststellung gebunden, dass der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen habe vorweisen können.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er trägt ergänzend vor, die Klägerin und der Beklagte seien aufgrund ihrer Sachkenntnis in der Lage, zu beurteilen, ob die von der Klägerin im Internet angebotenen oder vermittelten Sportwetten, Online-Poker- und -Casinospiele als Glücksspiel einzustufen sind. Das Willkürverbot verpflichtet den Beklagten nicht, auf der Grundlage eines landesweiten Handlungskonzepts flächendeckend und gleichzeitig gegen die Anbieter unerlaubten Glücksspiels im Internet vorzugehen.

Entscheidungsgründe

10

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben; insoweit sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Insoweit beruht das angegriffene Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Die Anfechtungsklage ist weiterhin zulässig. Die Untersagungsverfügung vom 21. Januar 2010 hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anbietet. Bei einer Änderung der Sachlage entfällt die Regelungswirkung eines Verwaltungsakts nicht automatisch. Ein Verwaltungsakt verliert seine Rechtswirkungen erst dann, wenn er aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden ist. Bei in die Zukunft gerichteten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen setzt dies voraus, dass das untersagte Verhalten endgültig aufgegeben wurde oder nicht mehr aufgenommen werden kann (BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 16 und - 8 C 47.12 - juris Rn. 15 f.). Das ist hier nicht der Fall. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin ihr eigenes Glücksspielangebot überhaupt aufgegeben hat. Im Impressum der in der Untersagungsverfügung genannten Webseiten wird nunmehr angegeben, "[u]nsere Dienstleistungen in den Mitgliedsländern des europäischen Binnenmarktes (ausgenommen Länder, in denen unsere Dienstleistungen unter einer lokalen Lizenz zur Verfügung gestellt werden) werden von V. Limited, einem Unternehmen mit Sitz in G. durchgeführt, das zur Europäischen Union gehört". Hiernach sind es weiterhin die Dienstleistungen der Klägerin, die von der V. Limited durchgeführt werden. Dementsprechend wird das im Impressum einleitend aufgeführte "Copyright" der Klägerin zugeschrieben und sie als Inhaberin einer Glücksspiellizenz nach dem Recht von G. bezeichnet, die sie sich - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erläutert hat - mit der V. teilt. Jedenfalls verbietet die Untersagungsverfügung der Klägerin vorliegend auch eine Wiederaufnahme ihres Glücksspielangebots, sodass die Untersagung jedenfalls deshalb weiterhin eine Beschwer begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 S. 27). Dass die Klägerin die untersagten Tätigkeiten dauerhaft und endgültig aufgegeben hätte oder diese nicht wieder aufnehmen könnte, hat sie nicht substantiiert dargelegt.

12

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angegriffenen Bescheid, soweit er noch Streitgegenstand ist, zu Unrecht für unbestimmt gehalten und damit § 37 Abs. 1 VwVfG BW, der seinem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 VwVfG entspricht und daher revisibel ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), verletzt.

13

Nach § 37 Abs. 1 VwVfG BW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1975 - 6 C 163.73 - BVerwGE 48, 279 <281 f.>) kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Ob der Bescheid in solch einem Fall auch nichtig ist, regelt § 44 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 <149>).

14

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 <89> m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <284>).

15

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des angegriffenen Bescheides. Sie betreffen ausschließlich die in dessen Begründung bezeichneten, von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten der Online-Sportwetten, des Online-Poker und der Online-Casinospiele, nicht jedoch die darüber hinausgehende, von den Teilerledigungserklärungen umfasste Erstreckung der Verfügung auf jegliches von Baden-Württemberg aus abrufbare öffentliche Glücksspiel im Internet.

16

Der Gegenstand der verbliebenen, noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des Bescheides wird durch die Benennung der Glücksspielarten (Online-Sportwetten, Online-Poker sowie Online-Casinospiele) bezeichnet und durch die Aufzählung der Internetseiten mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin in der Begründung des Bescheides konkretisiert. Dadurch wird die sachkundige Klägerin in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche konkreten Glücksspiele unter die Verbotsverfügung im noch verfahrensgegenständlichen Umfang fallen. Die Bezeichnung der Glücksspielarten knüpft jeweils an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Sportwetten und -Poker) oder an die Zugehörigkeit zu denjenigen Glücksspielen an, die üblicherweise in Spielbanken angeboten werden (Casino-Spiele). Zu diesen zählt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem sogenannten Großen Spiel (wie etwa Roulette und Baccara) auch das als Kleines Spiel bezeichnete Automatenspiel (etwa an Slot-Machines). Für die Klägerin als sachkundige Anbieterin ist damit klargestellt, dass die Verbotsverfügung neben den Online-Sportwetten, dem Online-Poker und den Online-Varianten des Großen Spiels auch Online-Varianten des sogenannten Kleinen Spiels erfasst. Etwa verbleibende Unsicherheiten bei der Zuordnung eines Spiels oder künftig geplanten Spielangebots - etwa hinsichtlich der Eingrenzung der von der Untersagungsverfügung erfassten dem Glücksspiel zugeordneten Pokerformen - räumt die beispielhafte Konkretisierung der untersagten Spielangebote durch die Aufzählung der Internetseiten aus, deren Angebote - für die Klägerin erkennbar - Anlass des Einschreitens des Beklagten waren. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin möglicherweise zukünftig angebotenen Spielen um Sportwetten, Poker oder Casinospiele handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedurfte es daher nicht.

17

Ein höheres Maß an Bestimmtheit ist nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GBl. BW 2012, 385, 388) - bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen gegenüber Dritten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. Financial Blocking), geboten. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber diesen Dritten, die losgelöst von der Untersagungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt sein müssen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2016 - 11 ME 61/16 - GewArch 2016, 425 <426>). Verfügungen, mit denen Dritten Zahlungseinschränkungen auferlegt werden, um unerlaubte Glücksspielaktivitäten zu unterbinden, stellen keine Vollstreckung aus einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung dar, sondern unabhängige Instrumente der Glücksspielaufsicht, die an "unerlaubtes" und nicht an untersagtes Glücksspiel anknüpfen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB. Die Frage nach einer etwaigen Strafbarkeit stellt sich unabhängig von der Vollstreckung einer Untersagungsverfügung. Insofern muss das Strafgesetz seinerseits hinreichend bestimmt sein.

18

Die Untersagungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG BW schließlich auch, soweit mit ihr das "Unterstützen" der Veranstaltung oder Vermittlung von bzw. Werbung für Online-Sportwetten, Online-Poker oder Online-Casinospiele untersagt wird. Was "Unterstützen" im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar weder gesetzlich festgelegt noch durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt (vgl. aber z.B. zum Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 28 ff.). Aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde wird aber unzweifelhaft deutlich, dass sämtliche Beiträge unterbunden werden sollen, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, der Klägerin selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa durch Zurverfügungstellen einer Domain oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung von solchen Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte.

19

3. Auch die weitere selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, verletzt Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermessensverstoß mit der Begründung bejaht, selbst bei einer Reduzierung des Entschließungsermessens auf Null habe der Beklagte gegen die Klägerin nur aufgrund eines im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG tragfähigen Eingriffskonzepts einschreiten dürfen. Das Erfordernis eines vorherigen Eingriffskonzepts auch bei einer Verpflichtung zum Einschreiten im konkreten Fall ist jedoch weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 12 Abs. 1 GG zu entnehmen.

20

a) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hängt die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung eines zeitlich gestaffelten Vorgehens in Fällen der Ermessensreduzierung auf Null nach Art. 3 Abs. 1 GG nur vom Vorliegen zureichender sachlicher Gründe für etwaige Differenzierungen und nicht zusätzlich davon ab, dass die Behörde vor dem ersten Zugriff ein Eingriffskonzept erstellt hat und auf dessen Grundlage vorgegangen ist. Zwar bindet ein etwa erstelltes Konzept die Behörde als antizipierte Verwaltungspraxis gleichheitsrechtlich ebenso wie eine bereits bestehende Praxis. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht, vor dem gesetzlich gebotenen Zugriff ein behördliches Eingriffskonzept zu erstellen.

21

Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 - 8 C 36.12 - NVwZ 2014, 1583 m.w.N.).

22

Anders verhält es sich, wenn die Behörde, wie hier vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt, zum Einschreiten verpflichtet ist. Bei einer Ermessensreduzierung auf Null hat die Behörde keine Handlungsalternativen mehr, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.

23

Entscheidet eine Behörde sich, den Einsatz ihrer begrenzten Ressourcen, die kein gleichzeitiges Einschreiten gegen alle Störungen ermöglichen, an einem Plan auszurichten, muss sie sich, um Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu verletzen, an ihn halten. Fehlt es an einem Plan, so genügt es, dass sich ein Einschreiten der Behörde nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (vgl. zu Bauordnungsverfügungen: BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 - juris Rn. 5). Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten.

24

Die Forderung des Berufungsgerichts, die zeitliche Reihenfolge des Vorgehens gegen Anbieter von Internetglücksspielen an deren Marktpräsenz, Umsätzen oder Gewinn auszurichten, überspannt diese Anforderungen deutlich. Seine für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen Plan für sein Einschreiten verlassen hätte oder gar willkürlich vorgegangen wäre.

25

b) Das Aufstellen eines Zeitplans für das ordnungsbehördliche Einschreiten ist vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des Konkurrenzschutzes durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Wird ein Konkurrent erst später als die Klägerin mit einer Untersagungsverfügung überzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür auch ihm gegenüber schon zum Zeitpunkt des Einschreitens gegen die Klägerin vorlagen, mag er zwar daraus einen faktischen Wettbewerbsvorteil ziehen können. Daraus folgt jedoch kein Recht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die eigene Tätigkeit bis zum Einschreiten - auch - gegen den Konkurrenten fortsetzen zu dürfen. Die Berufsfreiheit schützt nämlich keine Tätigkeiten, die der Gesetzgeber grundrechtskonform als unerlaubt eingestuft hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 <397>). Sie vermittelt keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit dem Internetverbot bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <6>).

26

4. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruht mangels tragfähiger Alternativbegründung auf der dargestellten Verletzung revisiblen Rechts und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen der Untersagungsverfügung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in deren Rechten.

27

a) Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 1 und 2 der angegriffenen Verfügung vom 21. Januar 2010, soweit diese den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit dem 26. Oktober 2017 betreffen, sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der derzeit geltenden Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2012 - i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 2 des Landesglücksspielgesetzes BW - LGlüG. Die genannten Vorschriften ermächtigen die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden. Die Behörden dürfen insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und Werbung hierfür untersagen. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG legt auf der Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV 2012 weitergehend fest, dass die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür untersagt werden sollen.

28

Die Voraussetzungen für eine Untersagung sind hiernach erfüllt. Die Klägerin bedarf für die von ihr im Internet veranstalteten Poker- und Casinospiele einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GlüStV 2012), die sie nicht hat und die ihr auch nicht erteilt werden kann. Das Veranstalten und Vermitteln dieser öffentlichen Glücksspiele im Internet und die Werbung hierfür sind ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV 2012; dazu sogleich unter b).

29

Die von der Klägerin im Internet veranstalteten Sportwetten stehen ebenfalls unter Erlaubnisvorbehalt. Insoweit hätte die Klägerin zwar möglicherweise nach § 10a Abs. 1 und 2, 4 GlüStV 2012 eine Erlaubnis erhalten können. Sie hat eine solche aber noch nicht einmal beantragt (dazu unter c). Das Regierungspräsidium war auch zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet. Wird die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift gesteuert, hat die zuständige Behörde grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318 <323>). Solche Umstände waren hier auch hinsichtlich der von der Klägerin veranstalteten Sportwetten nicht gegeben. Eine formell illegale, aber unter Erlaubnisvorbehalt stehende Tätigkeit ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann zu dulden, wenn sie offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar, die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt, sodass die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <322> und Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 B 36.14 - ZfWG 2015, 227). Wenn der betroffene Glücksspielanbieter - wie hier - weder einen Erlaubnisantrag gestellt noch unabhängig davon aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ohne weitere Prüfung erkennbar, dass dessen Angebot zu erlauben wäre. Da das Ermessen nach den landesrechtlichen Vorgaben grundsätzlich zum Einschreiten intendiert ist, bedurfte es insoweit keiner besonderen Ermessenserwägungen des Beklagten.

30

b) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf die Untersagung des Online-Poker- und Online-Casinospielangebots zielt, kann der Klägerin das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

31

aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

32

Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).

33

Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc).

34

bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden.

35

Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

36

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

37

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.

38

cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.

39

Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

40

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

41

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

42

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

43

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.

44

c) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf das Online-Sportwettenangebot der Klägerin zielt, kann ihr das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis entgegengehalten werden. Sie hat nach eigenem Bekunden nicht an dem Sportwettenkonzessionsverfahren teilgenommen, obwohl ihr eine Antragstellung rechtlich und faktisch möglich gewesen wäre.

45

Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens für Sportwetten in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist insbesondere unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 f. AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmungen, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - C-203/08 [ECLI:EU:C:2010:307], Sporting Exchange - Rn. 50, vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 87 und vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <321> und vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 54). Diesen Anforderungen tragen die an die EU-Kommission notifizierten Regelungen über die Erteilung einer Sportwettenkonzession in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012, insbesondere durch das in § 4b GlüStV 2012 geregelte Verfahren, Rechnung. § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 gibt vor, dass die Konzessionen nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt werden. Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV 2012). Durch die in § 4b Abs. 5 GlüStV 2012 genannten und in § 4b Abs. 2 GlüStV 2012 konkretisierten Auswahlkriterien wird das Ermessen der Auswahlbehörde hinreichend begrenzt. Es werden detailliert die Unterlagen aufgeführt, welche die Grundlage der Auswahlentscheidung bilden müssen. Ob das Konzessionsverfahren tatsächlich nach diesen gesetzlichen Kriterien abläuft und ob eine auf dieser Grundlage erteilte oder abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann jeder Bewerber gerichtlich überprüfen lassen. Dabei kann er zur effektiven Durchsetzung seiner Rechte auch um Eilrechtsschutz nachsuchen.

46

Hat es die Klägerin trotz dieser ausreichenden rechtlichen Rahmenbedingungen unterlassen, einen Antrag auf Erteilung einer Sportwettenkonzession zu stellen, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre, kann sie sich nicht darauf berufen, dass das gesetzlich ausreichend geregelte Konzessionsverfahren in seiner praktischen Umsetzung gegenüber denjenigen, die einen Antrag gestellt haben, rechtsfehlerhaft durchgeführt worden wäre. Sie kann folglich nicht geltend machen, dass das zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport in seinem Verwaltungsverfahren zur Vergabe der 20 Sportwettenkonzessionen nach ihrer Auffassung normative Vorgaben nicht beachtet oder diese nicht in angemessener Zeit umgesetzt habe. Denn diese rechtlichen Fragen betreffen eine etwaige Verletzung eines Bewerberverfahrensanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG, die nur derjenige geltend machen kann, der überhaupt zum Kreis der Bewerber gehört. Überdies berühren solche Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Erlaubnisverfahrens allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, die am Maßstab der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und des Verfassungs- und Unionsrechts selbständig überprüfbar wäre. Eine solche in einem Konzessionsverfahren gegenüber der Klägerin ergangene Entscheidung steht aber vorliegend im Verfahren zur Anfechtung einer Untersagungsverfügung nicht zur Prüfung.

47

Abweichendes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach einem Wirtschaftsteilnehmer nicht vorgeworfen werden kann, auf eine Bewerbung um eine Konzession angesichts fehlender Rechtssicherheit verzichtet zu haben (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-72/10 und C-77/10 [ECLI:EU:C:2012:80], Costa und Cifone -). Sie betrifft den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Wirtschaftsteilnehmer von einer früheren Konzessionsausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen worden war und sich deshalb bei einer späteren, erneuten Ausschreibung nicht nochmals um die Erteilung einer Konzession bemühte. Soweit der Europäische Gerichtshof des Weiteren entschieden hat, dass die Anwendung der fraglichen Vorschriften gegenüber allen Bietern transparent sein müsse (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2017 - C-49/16 [ECLI:EU:C:2017:491], Unibet -), betraf dies nationale Vorschriften, die dem Wirtschaftsminister die Auswahl zwischen einem transparenten und einem intransparenten Verfahren überließen, und nicht solche Normen, die - wie hier - ausschließlich die Durchführung eines transparenten Verfahrens vorsehen. Dass § 10a Abs. 3 GlüStV 2012 die Anzahl der höchstens zu erteilenden Konzessionen auf 20 begrenzt, berührt nicht die Transparenz des Auswahlverfahrens und ist angesichts der hierfür genannten tragfähigen Gründe (vgl. amtl. Erl. S. 11 = LT-Drs. BW 15/1570 S. 58) auch nicht willkürlich.

48

d) Ist das nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 vorgesehene teilweise Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar, gilt Entsprechendes für das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012), von dem Ausnahmen lediglich für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten möglich sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2012). Mit der Nutzung des Internets als Werbemedium ist eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <18>). Soweit das Spielangebot im Internet zugelassen wird, entspricht es der angestrebten Kanalisierungswirkung, es dort auch bewerben zu dürfen (vgl. amtl. Erl. S. 29 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 76). Dem Ziel der Suchtprävention wird durch die nach § 5 Abs. 1, 2 und 4 GlüStV 2012 geltenden Werberestriktionen Rechnung getragen.

49

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 21 Januar 2010, die auf §§ 20, 18, 19 und 23 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg beruht, und die in Ziffer 4 des Bescheides auf der Grundlage von §§ 1, 4, 7 und 12 Abs. 4 des Landesgebührengesetzes gestützte Gebührenfestsetzung sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Revision des Beklagten erfolgreich war, sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen. Der Beklagte trägt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO jedoch die Kosten des hinsichtlich weiterer unbenannter Glücksspielarten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits, weil die Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung insoweit voraussichtlich obsiegt hätte. Die Untersagungsverfügung war, soweit sie über die von der Klägerin konkret angeboten Glücksspielarten hinaus das Veranstalten, Vermitteln, hierfür Werben und Unterstützen jeglichen Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV 2012 auf Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus erreichbar sind, untersagte, nicht hinreichend bestimmt. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 GlüStV 2012, auf den die Verfügung in ihrem Untersagungstenor Bezug nahm, war auch für den fachkundigen Adressaten nicht so eindeutig, dass dieser unzweifelhaft erkennen konnte, welche Verhaltensweisen für ihn noch erlaubt und welche schon verboten waren. Den insoweit möglicherweise drohenden Streit konnte der Beklagte nicht durch Verwendung des Gesetzeswortlautes im Tenor seines Bescheides in das Vollstreckungsverfahren verlagern. Entsprechend bestimmt sich die Kostenlast bezüglich des von den Teilerledigungserklärungen umfassten Untersagungszeitraums bis zur Revisionsverhandlung. Es entspricht billigem Ermessen, den Umfang des voraussichtlichen Unterliegens des Beklagten mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen und eine dementsprechende quotale Kostentragung anzusetzen.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 06. April 2016 - 5 K 650/16 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.01.2016, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“, ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen, ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen (Ziff. 1) und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben.
Das Verwaltungsgericht, das auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV (in der Fassung des Art. 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GBl. 2012, S. 385 ff.) gestützte Untersagungsverfügung voraussichtlich rechtmäßig sei, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, an dessen Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Unionsrecht keine Zweifel bestünden, Sportwetten in einer Gaststätte vermittele, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und überdies Geldspielgeräte aufgestellt seien. Auf die Frage, ob die Untersagung mit dem bloßen Fehlen einer Erlaubnis begründet werden könne und wie im Hinblick auf die ausstehende Konzessionsvergabe zu verfahren sei, komme es nicht an, da das Regierungspräsidium die Untersagung gerade nicht hierauf gestützt habe.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers ohne Erfolg.
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung aller Voraussicht nach rechtmäßig ist. Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben hat, kann eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung darauf gestützt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten, für die eine Erlaubnis nicht vorliegt, nicht erlaubnisfähig ist, weil sie in einer Gaststätte erfolgt, in der - wie im Fall des Antragstellers - alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. grundlegend den Beschluss des Senats vom 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640). Das Trennungsgebot als materiell-rechtliche Voraussetzung der Sportwettvermittlung findet seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG. Diese Vorschrift beruht in ihrer derzeitigen Fassung vom 01.12.2015 (GBl. S. 1033) auf der genannten Rechtsprechung des Senats zu der bis zum 04.12.2015 geltenden Vorgängernorm § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG. Zu dieser hat der Senat im Einzelnen dargelegt, dass das Trennungsgebot bei verfassungs- und unionsrechtskonformer Auslegung sowohl mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG als auch mit Art. 56 AEUV sowie sonstigem Unionsrecht vereinbar ist (vgl. den Beschluss des Senats vom 22.04.2014, a.a.O.). Hieran hält der Senat auch in Bezug auf den nunmehr geltenden § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, mit dem der Gesetzgeber der zuvor notwendigen verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass das Trennungsgebot nur für Gaststätten gilt, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Rechnung getragen hat (vgl. LT-Drucks. 15/7443, S. 15), fest.
Die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. Soweit er insbesondere geltend macht, es bestehe nach wie vor keine Möglichkeit, eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten zu erhalten, ist ihm entgegenzuhalten, dass - worauf bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - die streitgegenständliche Verfügung gerade nicht auf die formelle Illegalität wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis gestützt ist. So heißt es darin ausdrücklich, dass unerheblich sei, ob es sich „um erlaubte oder unerlaubte Sportwetten“ handele (II. 3. Absatz der Verfügung), und dass die Verfügung für die genannte Örtlichkeit nur solange gelte, als dort eine Gaststätte mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten betrieben werde (II. letzter Absatz der Verfügung). Der Untersagungstatbestand wird damit allein mit dem Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG begründet. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Wettvermittlungsstelle im Übrigen erlaubnisfähig ist oder nicht, und müsste auch bei einer Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV, § 20 Abs. 1 Satz 1 LGlüG an den Antragsteller von ihm beachtet werden. Einer Durchsetzung des Trennungsgebots des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG im Wege der Untersagungsverfügung steht, entgegen der Ansicht des Antragstellers, daher auch nicht entgegen, dass dessen Einhaltung dem Wortlaut nach als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle normiert ist. Mit § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG hat der Gesetzgeber auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV materiell-rechtliche Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten aufgestellt, die unabhängig von einem Erlaubnisverfahren Geltung beanspruchen und auch im Lichte der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht zu beanstanden sind. Anders als der Antragsteller meint, folgt aus einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit der Erlaubnispflichtigkeit in ihrer derzeitigen Gestalt nicht gleichsam die Unionsrechtswidrigkeit weiterer materiell-rechtlicher Anforderungen, die - wie das Trennungsgebot - unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettvermittlung gestellt werden.
Auch unter Heranziehung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 04.02.2016 in der Rechtssache Ince (- C-336/14 -, NVwZ 2016, 369) ergibt sich, entgegen der Ansicht des Antragstellers, kein anderes Ergebnis. Die Entscheidung erging im Rahmen von Strafverfahren, in denen Frau Ince zur Last gelegt wurde, Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis vermittelt zu haben. Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörden daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Wettvermittlung zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatliches Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht. Die in dem Urteil getroffenen Aussagen stellen damit zwar die Unionsrechtmäßigkeit der Erlaubnispflichtigkeit der Sportwettvermittlung in seiner derzeitigen Durchführung in Frage, berühren jedoch das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG nicht. Die Untersagungsverfügung ist vorliegend allein darauf gestützt, dass die Art und Weise der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen sowie losgelöst von ihrer Erlaubnispflichtigkeit materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu trifft das genannte Urteil in der Rechtssache Ince keine Aussage.
Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2016 (- 8 C 5.15 -, ZfWG 2016, 433) sowie auf die jüngere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschlüsse vom 09.06.2016 - 4 B 860/15 -, NWVBl 2016, 459 und - 4 B 1437/15 -, ZfWG 2016, 371) verhilft seiner Argumentation ebenso wenig zum Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 15.06.2016 (a.a.O.) der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince (a.a.O.), die einen strafrechtlichen Hintergrund hatte, angeschlossen und festgestellt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis auch keine verwaltungsrechtliche Untersagung der Wettvermittlung begründen kann, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettvermittlung nicht auf die materiell-rechtliche Unzulässigkeit der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen gestützt werden kann, ist hingegen auch diesem Urteil nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die vom Antragsteller in Bezug genommenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Im Gegenteil geht das Oberverwaltungsgericht darin sogar ausdrücklich von der Zulässigkeit einer Untersagungsverfügung aus monopolunabhängigen Gründen aus. Dass es sich bei dem Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG um eine monopolbezogene Anforderung an die Sportwettvermittlung handelte, ist nicht ersichtlich (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2016 - 4 B 177/16 -, ZfWG 2016, 462 zu einem vergleichbaren Trennungsgebot; vgl. zudem OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.12.2016 - 11 ME 219/16 -, GewArch 2017, 80) und wurde auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargetan. Auch dem von ihm zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 06.05.2015 (- 10 Cs 14.2669 -, juris) kann der Senat den vom Antragsteller gewünschten Gehalt nicht entnehmen. Ihm lag eine in entscheidenden Punkten von der Situation des Antragstellers abweichende Fallgestaltung zugrunde.
Die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung folgt, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus einem strukturellen Vollzugsdefizit in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass konsequent gegen ihm bekanntwerdende Wettvermittlungsstellen vorgegangen werde, die die materiell-rechtlichen monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlungstätigkeit aus § 20 Abs. 1 Satz 2 LGlüG nicht erfüllen. Dies entspricht in tatsächlicher Hinsicht auch der Beobachtung des Senats und wurde vom Antragsteller insoweit nicht substantiiert in Frage gestellt. In rechtlicher Hinsicht beruht diese Differenzierung im Vollzug auf sachlichen Gründen und ist daher nicht zu beanstanden.
Schließlich kann der Senat auch dem Vortrag des Antragstellers, es fehle bereits die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass der vorliegenden Untersagungsverfügung, nicht folgen. Aus der bundesweiten Zuständigkeit des Landes Hessen für die Konzessionsvergabe an Veranstalter von Sportwetten folgt nicht zugleich die Unzuständigkeit der nach Landesrecht zuständigen Behörden für die Untersagung der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten wegen des Verstoßes gegen materiell-rechtliche Anforderungen. Bei dem Trennungsgebot nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG handelt es sich überdies um eine auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV aufgestellte weitergehende Anforderung nach Landesrecht, deren Durchsetzung den baden-württembergischen Behörden obliegt. Dass der hessischen Konzessionsbehörde - wie der Antragsteller meint - nach § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV eine umfassende Zuständigkeit zur Glücksspielaufsicht für das gesamte Bundesgebiet zukäme, kann der Senat nicht erkennen.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 1808/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.3.2015 durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 7.7.2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auf 7.500,00 EUR festgesetzt.


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Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 1.12.2015 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 5401/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3.9.2015 wird hinsichtlich der Ziffern 1 bis 3 angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. März 2016 wird angeordnet, soweit die Antragsgegnerin in Nr. 1 des Bescheides die Vermittlung von

- (Live-)Wetten Über/Unter

- (Live-)Handicap-Wetten

- Wetten auf die ersten zehn Minuten

und in Nr. 2 des Bescheids die Werbung für diese Wetten untersagt hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II.

Von dem Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin jeweils die Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 10. März 2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 weiter. Mit diesem Bescheid untersagte ihr die Antragsgegnerin die Vermittlung von bestimmten Sportwetten in den Räumen des Anwesens A.-Straße 3 in A. Die Antragstellerin betreibt seit 1. Dezember 2014 in der genannten Betriebsstätte die Vermittlung von Wetten.

Während einer Betriebskontrolle am 14. November 2015 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Antragstellerin dort auch Wetten vermittelt, die nach Auffassung der Antragsgegnerin nach § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV unzulässig sind.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Livewetten. Von der Untersagung ausgenommen sind Ergebniswetten und Liveendergebniswetten. Als Wetten, die von der Untersagungsverfügung umfasst sind, führte die Antragsgegnerin (Live-)Wetten auf Ereignisse, Livewetten auf Halbzeitergebnisse, Satzgewinne, Livewetten auf die Restzeit, Konferenzwetten als Livewetten, (Live-)Wetten Über-/Unter, (Live-)Handicapwetten, (Live-)Wetten auf die ersten zehn Minuten, (Live-) Wetten Goal/No Goal und (Live-)Wetten Fantasy Fußballspiele auf (Nr. 1). In Nr. 2 des Bescheids untersagte sie die Werbung für diese Wetten. Für den Bescheid wurden Gebühren in Höhe von 3.000,-- Euro festgesetzt (Nr. 5). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Handicapwette sei unzulässig, da hier nicht der tatsächliche Ausgang des Sportereignisses für den Gewinnentscheid herangezogen werde, sondern ein durch das Handicap verändertes Spielergebnis. Bei der Wette auf das erste/nächste Tor handle es sich um eine sog. Ereigniswette. Bei der Über-/Unterwette spiele Sieg oder Niederlage überhaupt keine Rolle. Bei Wetten auf Fantasy Fußballspiele würden fiktive Spielpaarungen angesetzt. Die Wette auf die Restzeit sei unzulässig, da die Restzeit in einem Fußballspiel keinen Abschnitt dieses Sportereignisses im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV darstelle. Bei den unzulässigen Wetten handle es sich um unerlaubtes Glücksspiel, so dass hierfür auch die Werbung gemäß § 5 Abs. 5 GlüStV verboten sei. Die Anordnungen seien verhältnismäßig und entsprächen pflichtgemäßer Ermessensausübung. Die Erteilung einer Erlaubnis komme nicht in Betracht, da eine Erlaubnis nicht für das Vermitteln von nach dem Glücksspielstaatsvertrag verbotenen Glücksspielen erteilt werden könne. Darüber hinaus sei von einer kompletten Untersagung der Vermittlung von Sportwetten Abstand genommen worden. Die Antragstellerin dürfe in ihrer Betriebsstätte weiterhin grundsätzlich erlaubnisfähige Wetten vermitteln. Der Betrieb werde daher bis zum endgültigen Abschluss des Konzessionsverfahrens geduldet. Das im Glücksspielstaatsvertrag zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht und die damit verbundenen Gesundheitsgefahren zu verhindern, das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt würden, wiege schwerer als das Interesse der Antragstellerin, die untersagten Spiele anbieten und vermitteln zu dürfen. Bestehende Zweifel, ob die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen für die vermittelten Spiele vorlägen, gingen zulasten der Antragstellerin. Das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-336/14 - Ince habe im vorliegenden Fall keinen Einfluss auf die Untersagungsanordnung. Auch wenn die staatliche Lotterieverwaltung des Landes Hessen die genannten, nicht erlaubnisfähigen Wetten selbst im Rahmen des ODDSET-Sportwettprogramms veranstalte, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Die Wette erstes/nächstes Tor sei definitiv vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als unzulässig bewertet worden.

Am 10. März 2016 erhob die Antragstellerin Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 2. März 2016 und beantragte zugleich, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nummern 1 und 2 sowie 5 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 anzuordnen. Sie berief sich darauf, dass bereits der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV unanwendbar sei. Dies ergebe sich aus der Ince-Entscheidung des EuGH. Das „Ahndungsverbot“ beschränke sich nicht nur auf strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen. Vielmehr verstoße das gesamte System der Sportwettenvermittlung gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Auch baue das im Glücksspielstaatsvertrag angedachte System der Regulierung von Sportwetten aufeinander auf. Die materiellrechtlichen Regeln seien konzeptionell mit der Erlaubnispflicht verknüpft. Die Regelung des § 21 Abs. 1 und 4 Satz 3 GlüStV seien verfassungswidrig, weil Art und Zuschnitt der Sportwetten im Gesetz nicht geregelt seien. Die Antragsgegnerin sei für den Erlass der Untersagungsverfügung nicht zuständig. ODDSET Bayern biete eine Reihe von Wetten an, die der Antragstellerin untersagt worden seien. Das Gleiche gelte für ODDSET Hessen und Tipp 3. Bei der Wette erstes/nächstes Tor handle es sich um eine ergebnisbezogene Wette. § 21 Abs. 1 GlüStV sei dahingehend auszulegen, dass eine ergebnisbezogene Wette vorliege, wenn das bewettete Ereignis unmittelbar ergebnisrelevant sei. Dies ergebe sich auch aus den Hinweisen des Hessischen Staatsministeriums des Innern zur Gestaltung des Wettprogramms als Genehmigungsbestandteil der Konzession. Insoweit werde die Beiziehung der Verfahrensakte des Hessischen Staatsministeriums des Innern zum Konzessionsverfahren und Akteneinsicht in die Verfahrensakte beantragt. Unklar sei, was die Antragsgegnerin unter einer Konferenzwette als Livewette verstehe. Solche Wettformen seien auch im Rahmen der Kontrolle nicht festgestellt worden. Über-/Unterwetten sowie Handicapwetten seien zulässig. Insoweit werde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2015 verwiesen. Die Restzeitwette sei ebenfalls eine Wette auf das Endergebnis und zwar in Form einer Handicapwette. Wetten auf die ersten zehn Minuten seien nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Wette auf den Abschnitt eines Sportereignisses zulässig. Eine Wette Goal/No Goal sei im Angebot der Antragstellerin nicht enthalten. Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil ihr Wettformen untersagt worden seien, die sie nicht anbiete. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil die Antragsgegnerin nur vereinzelt gegen einzelne Anbieter und nicht flächendeckend vorgehe. Die Antragsgegnerin möge darlegen, gegen welche Vermittler an welchen Standorten sie gleichermaßen vorgehe. Ein gleichmäßiges Vorgehen sei von existentieller Bedeutung für die Antragstellerin. Es werde um Beiziehung der Verfahrensakten der Antragsgegnerin zu der Untersagungsverfügung in ihrem Stadtgebiet gebeten und um Akteneinsicht. Zudem liege auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor, weil die Antragsgegnerin die Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder vom 28. Januar 2016 nicht beachtet habe. Die Untersagungsverfügung sei inhaltlich unbestimmt und rechtswidrig. Zudem müsse im Falle offener Erfolgsaussichten des Rechtsmittels die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausgehen. Die Gebührenfestsetzung sei mit 3.000,- Euro völlig überhöht. Wenn die Antragstellerin gegen alle Vermittler in ihrem Stadtgebiet vorgehen sollte, wäre der zeitliche Aufwand für die einzelnen Bescheide minimal, da alle Vermittler eine identische Verfügung bekämen. Schließlich werde beantragt, die T. Co. Ltd. zum Verfahren beizuladen, da sich die Antragstellerin unmittelbar auf deren Dienstleistungsfreiheit berufe. Sie vermittle die von T. veranstalteten Sportwetten.

Mit Beschluss vom 11. April 2016 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Nummer 1, 2 und 5 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 ab. Nach summarischer Prüfung sei der streitgegenständliche Bescheid formell rechtmäßig. Für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung sei nicht das Land Hessen gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV zuständig. Diese Vorschrift betreffe die Zuständigkeit für die Erteilung von Konzessionen nach § 4a GlüStV sowie für die Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 GlüStV gegenüber den Erlaubnis- und Konzessionsnehmern. Die Antragstellerin sei als Vermittlerin nicht von dieser Zuständigkeit umfasst. Ebenso erweise sich der Bescheid vom 2. März 2016 bei summarischer Prüfung als materiell rechtmäßig. Die betroffenen Live- und Ereigniswetten seien nach § 21 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 GlüStV unzulässig. Das gesetzliche Verbot umfasse die im Bescheid untersagten Wetten. Sie seien zum Teil Ereigniswetten, da sie sich nicht auf den Ausgang des Sportereignisses oder eines Abschnitts des Sportereignisses bezögen. Abschnitte des Sportereignisses seien nur solche, die sich im Regelwerk der betreffenden Sportart wiederfänden. Weitergehende Unterteilungen seien nicht möglich, da sie sonst dem Verbot in § 21 Abs. 4 Satz 3 Halbs. 2 GlüStV widersprächen. Zum anderen handle sich um unerlaubte Livewetten, da sie während des laufenden Spielvorgangs erfolgten und keine Wetten auf das Endergebnis darstellten. An diesen Maßstäben gemessen sei insbesondere auch die Wette nächstes Tor unzulässig. Ein bloßer Einfluss auf das Endergebnis sei nicht ausreichend. Der Bescheid sei auch hinreichend bestimmt. Die Untersagung der bisher nicht angebotenen Ereigniswetten und Livewetten, die keine Endergebniswetten seien, sei ebenfalls voraussichtlich rechtmäßig. Es ergebe sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass weitere Wetten dieser Art in Zukunft angeboten würden. Damit liege keine bloße formelle Illegalität der Sportwettenvermittlung vor, auf die unter Umständen eine Untersagungsverfügung nicht hätte isoliert gestützt werden können, sondern es fehle zusätzlich an der materiellen Erlaubnisfähigkeit. Vor diesem Hintergrund bleibe auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Ince ohne Einfluss auf die hier zu treffende Entscheidung. Das in § 9 Abs. 1 GlüStV eröffnete Ermessen sei rechtsfehlerfrei ausgeübt worden. Durch die Untersagungsverfügung werde nicht gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 GG verstoßen. Die Antragstellerin könne sich grundsätzlich nicht auf Gleichheit im Unrecht berufen. Das in § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV geregelte grundsätzliche Verbot von Wetten während des laufenden Sportereignisses sei auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere liege kein Verstoß gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG vor. Zudem liege auch kein Verstoß gegen Unionsrecht vor. Die Untersagung der Werbung in Nummer 2 des Bescheides sei ebenfalls nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Dies gelte auch für die Kostenfestsetzung in Nummer 5 des Bescheides. Die Gebühr sei im unteren Bereich des zulässigen Gebührenrahmens festgesetzt worden. Neben dem Verwaltungsaufwand sei zudem die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin zu berücksichtigen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage derzeit offen seien, müsse eine reine Interessenabwägung ebenfalls zulasten der Antragstellerin ausgehen. Das öffentliche Interesse, vor den glücksspielbedingten Gefahren geschützt zu werden, überwiege das rein wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin.

Im Beschwerdeverfahren beantragt die Antragstellerin,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. April 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Nrn. 1, 2 und 5 des Bescheides vom 2. März 2016 anzuordnen.

In der Zwischenzeit habe das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit Urteil vom 15. April 2016 das für die Erteilung der Konzession in einem landeseinheitlichen Verfahren zuständige Land Hessen verpflichtet, der T. Co. Ltd., für die die Antragstellerin Wetten vermittle, eine Sportwettenkonzession zu erteilen (5 K 1431/14.WI). Die Untersagungsverfügung sei offensichtlich rechtswidrig, weil sie unionsrechtswidrig sei. Dies folge aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince, das das Verwaltungsgericht nicht in die Prüfung einbezogen habe. Ob die ohne Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten überhaupt als verboten betrachtet werden könne oder der Erlaubnisvorbehalt gänzlich unanwendbar sei, werde im Urteil Ince nicht direkt beantwortet. Das Ahndungsverbot beschränke sich nicht auf bloße strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen. Ziehe man den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Sonthofen heran, müssten sowohl der Tenor als auch die Urteilsgründe des Ince-Urteils als Auseinandersetzung mit der Frage verstanden werden, ob ein Mitgliedstaat gegen einen Vermittler einschreiten könne, der ein aus Sicht des Mitgliedstaates nicht erlaubnisfähiges Angebot anbiete. Daher sei das Urteil so zu verstehen, dass auch im Falle der materiellen Erlaubnisunfähigkeit eine Ahndung gleichwohl unzulässig sei. Der EuGH habe das Ahndungsverbot umfassend verstanden. Dies folge auch daraus, dass es in Deutschland bis heute kein klares, hinreichend bestimmtes und auch in der Praxis umsetzbares Regulierungssystem gebe. Das Gebot der Rechtssicherheit verlange aber ein solches klares Gesamtsystem der Sportwettenvermittlung. Der Umfang der Rechte und Pflichten sei bei der Vermittlung von Sportwetten völlig unbestimmt. Dies führe zur Unionsrechtswidrigkeit des gesamten Systems der Sportwettenvermittlung und nicht nur einzelner Regelungen. Eine Rosinenpickerei sei nicht zulässig. Für dieses Ergebnis spreche auch ein rechtspolitisches Argument. Denn wenn man die Anwendung von Teilen des Systems erlauben würde, führe dies dazu, dass der Handlungsdruck für den Mitgliedstaat minimal wäre. Die derzeitige Situation in Deutschland belege dies. Der Großteil der Bundesländer habe kein Interesse daran, ein unionsrechtskonformes System herzustellen. Außerdem spreche auch die Tatsache, dass die Länder ein einheitliches und aufeinander aufbauendes System der Regulierung von Sportwetten gewählt hätten, für eine Unionsrechtswidrigkeit des ganzen Systems. Die materiellrechtlichen Regelungen seien konzeptionell mit der Erlaubnispflicht verknüpft. Dies ergebe sich insbesondere aus dem hier streitigen § 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Zudem sei die Regelung des § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV verfassungswidrig, weil sie zu unbestimmt sei. Dies ergebe sich bereits aus der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006. Zudem sei die Antragsgegnerin für den Erlass der Untersagungsverfügung unzuständig. Die Zuständigkeit des Hessischen Staatsministeriums des Inneren ergebe sich aus § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV, weil nicht an die Person des Vermittlers oder die Örtlichkeit der Vermittlung angeknüpft werde, sondern an das Angebot des Veranstalters, das seinerseits Gegenstand eines eigenständigen Erlaubnisverfahrens sei. Die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit und Gestaltung des Wettangebots sei zentraler Gegenstand und Aufgabe des Konzessionsverfahrens. Daher müsse diese Frage der Zuständigkeit der Glücksspielaufsichtsbehörden der einzelnen Länder entzogen sein, um eine ländereinheitliche Klärung zu gewährleisten. § 9a Abs. 3 GlüStV enthalte eine umfassende Aufgabenzuweisung. Diese Zuständigkeit gelte für den Sportwettenkonzessionsnehmer bereits während des laufenden Konzessionsverfahrens. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht Wiesbaden das für die Erteilung der Konzession in einem landeseinheitlichen Verfahren zuständige Land Hessen verpflichtet, der T. Co. Ltd. eine Sportwettenkonzession zu erteilen. Das von den Ländern gewählte System der einheitlichen Zuständigkeiten würde konterkariert, wenn die Antragsgegnerin die Vorgaben des Landes Hessen aushebeln könnte, indem sie den Sportwettenvermittlern und damit auch unmittelbar den konzessionierten Veranstaltern andere Vorgaben mache. Die Untersagungsverfügung sei aber auch deshalb offensichtlich rechtswidrig, da sie in weitem Maße Wetten verbiete, die dem staatlichen Anbieter ODDSET erlaubt seien bzw. von der halbstaatlichen Tipp 3 faktisch ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet würden. Auch wenn das oben Gesagte nicht zutreffe, sei die Untersagungsverfügung bereits deshalb rechtswidrig, weil Wettformen verboten würden, die kraft Gesetzes zulässig seien. Dies betreffe insbesondere die Wette auf das erste und das nächste Tor. Hierbei handle es sich um Ergebniswetten, die auch vom dafür ausschließlich zuständigen Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport- und Konzessionsverfahren als zulässige Wettarten anerkannt worden seien. Gleiches gelte für die Wetten „Halbzeitergebnis/Satzgewinn“, Restzeit, Konferenzwetten als Livewetten, Über-/Unterwetten, Handicapwetten, Wetten auf die ersten zehn Minuten, die hier überhaupt nicht angeboten würden, sowie Goal/No Goal-Wetten. Bei den Wetten auf das erste und nächste Tor handle es sich um zulässige Ergebniswetten. Dies ergebe sich aus der Auslegung der einschlägigen Regelungen. Unter eine Wette auf den Ausgang eines Sportereignisses falle sowohl eine Wette, welche Mannschaft ein Sportereignis gewinne, als auch auf ein konkretes Ergebnis. Zulässig seien aber auch solche Wetten, die sich im Ausgang des Sportereignisses niederschlügen, also unmittelbar ergebnisrelevant seien. Dies ergebe sich insbesondere aus der systematischen Auslegung der § 21 Abs. 1 Satz 1 und § 21 Abs. 4 Satz 3 GlüStV. Ginge man davon aus, dass Livewetten nur auf das Endergebnis zulässig seien, unabhängig davon, ob ein konkreter Spielstand oder der Sieg einer bestimmten Mannschaft gemeint sei, wäre der Zusatz in § 21 Abs. 4 Satz 3 zweiter Halbsatz überflüssig. Auch unter dem Blickwinkel einer teleologischen Auslegung ergebe sich kein empirischer Befund dafür, dass Wettereignisse wie Foulspiele, gelbe oder rote Karten, Elfmeter, Eckbälle und Einwürfe einer erhöhten Manipulationsgefahr oder -tätigkeit unterlägen. Auch würde der Kanalisierungszweck des Glücksspielstaatsvertrages völlig verfehlt, wenn man derart attraktive Wetten wie erstes Tor/nächstes Tor nicht erlauben würde, da insoweit die Ausbreitung von Schwarzmärkten gefördert würde. Ferner seien die Hinweise des Hessischen Staatsministeriums des Inneren und für Sport zu beachten. Auf die übrigen Wetten sei das Verwaltungsgericht überhaupt nicht mehr eingegangen. Auch hier handle es sich aber um keine unzulässigen Wetten. Die übrigen untersagten Wetten seien nicht im Angebot der Antragstellerin enthalten, daher sei die Untersagungsverfügung auch deshalb offensichtlich rechtswidrig. Die Untersagungsverfügung sei zudem ermessensfehlerhaft, weil die Antragstellerin nur vereinzelt gegen einzelne Anbieter vorgehe und nicht flächendeckend. Zudem habe sie die Leitlinien vom 28. Januar 2016 nicht beachtet. Die Untersagungsverfügung sei unverhältnismäßig, weil die vollständige Untersagung der Vermittlung von Ereignis-/ Livesportwetten eine besonders gewichtige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit der Antragstellerin darstelle. Der Umfang der Geschäftstätigkeit werde ganz erheblich eingeschränkt, da der Umfang dieses Wettangebots ca. die Hälfte bis zwei Drittel des Umsatzes der Antragstellerin ausmache. Zudem sei die Untersagungsverfügung auch unbestimmt und deshalb offensichtlich rechtswidrig. Selbst bei offenen Erfolgs- aussichten wäre dem Antrag der Antragstellerin gleichwohl stattzugeben. Die negativen Auswirkungen einer auch nur vorübergehenden und auf die im Bescheid genannten Wettformen beschränkten Beendigung der Vermittlungstätigkeit seien in wirtschaftlicher Hinsicht für die Antragstellerin ganz erheblich. Dies würde dazu führen, dass die Kunden der Antragstellerin in kürzester Zeit wegbrechen würden. Sie würden zu Anbietern wechseln, die diese Wettformen in A. immer noch anböten und gegen die die Antragsgegnerin nicht vorgehe. Die Antragstellerin könne daher in ihrem Betrieb in der Zeit bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht die erforderlichen Einnahmen erzielen, die sie benötige, um die Betriebsstätte zu betreiben. Die oben angebotenen Wettformen stellten keine konkrete Gefahr für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs dar. Die Manipulationsrisiken seien als extrem gering einzustufen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Suchtprävention sei ein Sofortvollzug nicht geboten, da Wettinteressierte derzeit zu einer Vielzahl beliebiger privater oder auch staatlicher Anbieter wechseln könnten. Die Gebührenfestsetzung sei unverhältnismäßig. In verfahrensrechtlicher Hinsicht werde beantragt, die T. Co. Ltd. beizuladen. Zudem werde beantragt, die Akten des Konzessionsverfahrens und die Akten der Antragsgegnerin bezüglich etwaiger Untersagungsverfahren gegen andere Sportwettenanbieter beizuziehen. Insoweit werde Akteneinsicht beantragt.

Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2016 beantragt die Antragsgegnerin,

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden bzw. des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs bezüglich des Konzessionsverfahrens sei für das hier streitgegenständliche Verfahren nicht entscheidungserheblich. Die Vorschriften über das Konzessionsverfahren seien auch nicht untrennbar mit dem streitgegenständlichen Verbot materiell illegaler Wetten verbunden. § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV regelten eindeutig und ohne Ausnahme, dass Wetten während des laufenden Sportereignisses unzulässig seien. Ausnahmen regle § 21 Abs. 4 GlüStV lediglich für Wetten auf das Endergebnis. Letztere könnten im Konzessionsverfahren zugelassen werden. Die Antragsgegnerin habe diese daher im streitgegenständlichen Bescheid nicht untersagt. Das Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince habe keinen Einfluss auf die Untersagungsanordnung, da diese nicht aufgrund einer fehlenden Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten getroffen worden sei, sondern zur Gefahrenabwehr wegen der Vermittlung materiell nicht erlaubnisfähiger Wetten erfolgt sei. Bei den Regelungen zu den zulässigen Wettarten bei Sportwetten nach § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV handle es sich um monopolunabhängige Regelungen, so dass deren Anwendung auf einen privaten Sportwettenvermittler keine inkohärente Vorgehensweise darstelle und so auch nicht zu einem faktischen Sportwettenmonopol führe. Die Untersagungsverfügung sei nicht unionsrechtswidrig, weil die Vorschriften, die mit dem Konzessionsverfahren in keinerlei Zusammenhang stünden, nicht unionsrechtswidrig seien, so dass einer Anwendung dieser Vorschriften nichts entgegenstehe. Hier werde die Reichweite des Ince-Urteils völlig überstrapaziert. In dem streitgegenständlichen Bescheid werde der Antragstellerin nichts untersagt, was möglicherweise genehmigungsfähig wäre, sondern nur, was nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 4 GlüStV ohnehin in jedem Fall unzulässig sei. Um die im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg genannten Gemeinwohlziele zu erreichen, verböten § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV die genannten Wettarten, da diese zum einen extrem anfällig für Manipulationen seien, zum anderen auch eine deutlich höhere Suchtgefahr mit sich brächten als einfache Sportwetten. Dies sei zum einen auf die hohe Ereignisfrequenz zurückzuführen, liege andererseits aber auch an der Möglichkeit, ständig neue Spielanreize zu stimulieren. Die Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 gehe ebenfalls fehl. Die Regelungen des § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV seien inhaltlich völlig klar und unmissverständlich. Ferner schaffe die Antragsgegnerin durch den streitgegenständlichen Bescheid gerade Rechtssicherheit, indem sie klar vorgebe, welche Wettarten zulässig seien und welche nicht. Eine Zuständigkeit des Landes Hessen nach § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV sei nicht ersichtlich. Es gehe keinesfalls um eine Erlaubnis oder einen Teil einer Erlaubnis. Die Frage der Erlaubnispflicht stelle sich hier überhaupt nicht, da § 21 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 zweiter Halbsatz GlüStV keinen Erlaubnisvorbehalt enthielten, sondern die im Bescheid enthaltenen Wettarten generell für unzulässig erklärten. Bezüglich des Angebots des staatlichen Anbieters ODDSET sei nochmals vorauszuschicken, dass es kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht gebe. Selbst wenn sich eine nicht ganz rechtmäßige Verwaltungspraxis gebildet habe, sei stets eine allgemeine Änderung der Verwaltungspraxis möglich. Die Antragsgegnerin sehe sich an das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 31. Juli 2015 sowie an den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Mai 2015 gebunden, materiell illegale Wetten zu untersagen. Die Wette auf das erste/nächste Tor sei unzulässig, da es sich hierbei um eine sog. Ereigniswette handle. Insoweit werde nochmals ausdrücklich auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Mai 2015 sowie auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Stade vom 13. Oktober 2014 und des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. November 2014 verwiesen. Ereigniswetten und Livewetten führten zu einer erhöhten Suchtgefahr, da insbesondere auch Personen gefährdet seien, die ansonsten mit Glücksspiel nicht in Berührung kämen. Darüber hinaus sei bei der Art der untersagten Wetten die Gefahr der Manipulation wesentlich größer als bei Wetten auf das End- oder Halbzeitergebnis. Auch die von der Antragstellerin genannte Halbzeitergebniswette sei als Livewette unzulässig. Dies ergebe sich aus § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV. Gleiches gelte für die Konferenzwette als Livewette. Bei diesen Wetten stünden Ereignisse im Vordergrund, nicht das Endergebnis. Bezüglich der anderen Wettarten werde ausdrücklich auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen. Die Antragstellerin sei keineswegs die erste oder einzige Anbieterin von Sportwetten, der die Vermittlung von bestimmten, materiell illegalen Wetten untersagt worden sei. Die Antragsgegnerin habe bereits ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geführt. Sie habe in diesem Verfahren verloren und bereits einen Änderungsbescheid erstellt. Da die Antragsgegnerin nur zwei Mitarbeiter habe, die für das gesamte Glücksspielrecht zuständig seien, könnten nicht alle Sportwettenanbieter gleichzeitig geprüft werden. Auch die Tatsache, dass das ganze Glücksspiel-, insbesondere Sportwettenrecht allgemein im Fluss sei und noch viele Verfahren anhängig seien, könne nicht dazu führen, dass die Kommunen und Bevölkerung tatenlos zusehen müssten, wie pathologische Spielsucht durchwegs einen bundesweiten Anstieg zu verzeichnen habe. Auch die Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Mai 2015 gehe fehl. Gegenstand dieses Verfahrens sei die gänzliche Untersagung der Vermittlung von Sportwetten gewesen. Die Antragsgegnerin werde nach und nach unter Berücksichtigung der personellen Kapazitäten die Sportwettenanbieter im Stadtgebiet überprüfen und Sportwettenvermittlern, die materiell illegale Wetten anbieten, diese untersagen. Irreversible Folgen für die Antragstellerin seien nicht zu befürchten. Sie sei berechtigt, weiterhin Sportwetten anzubieten. Es seien lediglich einzelne materiell illegale Wetten untersagt worden, die auch im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens nicht genehmigungsfähig seien.

Im Beschwerdeverfahren legte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2016 zwei Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 9. Juni 2016 in den Verfahren 4 B 860/15 und 4 B 1437/15 vor. In diesen Beschlüssen hatte sich das Oberverwaltungsgericht zum einen mit einer Totaluntersagung und zum anderen mit einer Untersagung bestimmter Wettarten auseinandergesetzt und entschieden, dass die jeweiligen Untersagungsverfügungen ermessensfehlerhaft seien, weil eine kohärente Verwaltungspraxis nicht erkennbar sei.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2015 äußerte sich die Antragsgegnerin nochmals zur Ermessensausübung. Es seien lediglich Sportwetten als Ereignis- und Livewetten untersagt worden, weil es sich hier nicht nur um einen formalen Verstoß gegen die Erlaubnispflicht handle. Insbesondere komme eine Erlaubniserteilung nicht in Betracht. Darüber hinaus werde von einer kompletten Untersagung der Vermittlung von Sportwetten Abstand genommen. Im Stadtgebiet seien momentan acht Wettvermittlungsstellen in Betrieb. Bei fünf der acht genannten Wettvermittlungsstellen habe die Antragsgegnerin Untersagungsverfahren eingeleitet, zwei der fünf kontrollierten Sportwettenanbieter würden von der Antragstellerin geführt. Bezüglich eines weiteren Anbieters sei der Untersagungsbescheid in der ersten Instanz anhängig. Das Konzept zur Unterbindung der Vermittlung von materiell illegalen Wettarten sehe vor, dass im Laufe des Jahres 2016 alle Wettvermittlungsstellen bezüglich materiell illegaler Wettarten kontrolliert würden und gegenüber den Wettvermittlungsstellen, welche materiell illegale Wettarten anböten, entsprechende Untersagungen angeordnet würden. Für diese rechtlich äußerst komplexe und zeitlich aufwendige Sachbearbeitung stünden wie dargelegt nur zwei Sachbearbeiter zur Verfügung. Bezüglich des Sportwettenanbieters ODDSET sei die Antragsgegnerin nicht zuständige Aufsichtsbehörde, so dass keine Auskunft über dessen Angebot gegeben werden könne. Zuständig sei hier die Regierung von Schwaben als zuständige Erlaubnisbehörde. Eine entsprechende Anfrage der Antragstellerin an das Bayerische Staatsministerium sei bislang unbeantwortet geblieben. Der Verwaltungsaufwand bei der Untersagung von materiell illegalen Wettarten sei immens hoch. Dies gründe zum einen auf den sehr komplexen Betriebskontrollen der jeweiligen Wettvermittlungsstellen, welche eine sehr hohe Genauigkeit erforderten. Zum anderen sei die Auswertung der vor Ort festgestellten Sachverhalte sehr aufwändig.

Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2016 beantragte die T. Co. Ltd. ihre Beiladung zum Verfahren. Dieser Verfahrensteil wurde mit Beschluss des Senats vom 19. Juli 2016 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 10 S 16.1423 fortgeführt.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten, die Gerichtsakten und insbesondere die Beschwerdebegründung der Antragstellerin vom 13. Mai 2016 und 14. Juni 2016 verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen eine teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Abwägungsentscheidung führt zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 2. März 2016 teilweise anzuordnen ist. Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen Zweifel, ob einzelne Sportwetten, deren Vermittlung der Antragstellerin untersagt worden ist, nicht doch nach § 21 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 3 GlüStV ausnahmsweise zulässig sind. Nicht abschließend klären lässt sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch, ob die Untersagungsverfügung wegen des bundesweit inkohärenten Vollzugs des § 21 GlüStV ermessensfehlerhaft ist (1.). Bei der danach gebotenen Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin, einzelne Wetten, deren Unzulässigkeit zweifelhaft ist, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter vermitteln zu dürfen (2.). Im Übrigen bleibt die Beschwerde ohne Erfolg (3.).

1. Bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung stellen sich die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren als offen dar, weil Zweifel daran bestehen, ob alle mit Bescheid der Antragsgegnerin untersagten Sportwetten gegen § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV verstoßen und ob die Untersagungsverfügung ermessensfehlerfrei ergangen ist und die Antragstellerin daher in ihren Rechten verletzt ist.

1.1 Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV. Danach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde vermittelt werden. Da die Antragstellerin eine solche Erlaubnis nicht besitzt, vermittelt sie unerlaubt Glücksspiel.

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV unterliegt nach ständiger Rechtsprechung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil er unabhängig von einem etwaigen unionsrechtswidrigen Glücksspielmonopol den verfassungs- und unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung im Wege einer präventiven Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen dient (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 50 m. w. N.; BayVGH, U. v. 26.6.2012 - 10 BV 11.2285 - juris Rn. 39 ff. m. w. N.). Der Senat sieht keine Veranlassung, im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Auch die Ince-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (U. v. 4.2.2016 - C-336/14) gebietet dies nicht. Darin äußert sich der Gerichtshof ausdrücklich nur zur strafrechtlichen Ahndung von nicht erlaubtem und wegen des faktischen Fortbestehens des staatlichen Glücksspielmonopols auch nicht erlaubnisfähigem Glücksspiel. Aus Rn. 64 des Urteils ergibt sich nicht zwangsläufig, dass der Erlaubnisvorbehalt auch ordnungsrechtlich unanwendbar ist, sondern allenfalls, dass allein wegen der fehlenden Erlaubnis (d. h. aus formalen Gründen) derzeit keine ordnungsrechtlichen Sanktionen (z. B. eine Betriebsuntersagung) verhängt werden dürfen. Dies entspricht auch der Praxis der Aufsichtsbehörden, wonach keine Untersagungsverfügungen erlassen werden, wenn das Vermitteln des Glücksspiels lediglich formell rechtswidrig erfolgt, und der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die eine Untersagungsverfügung, die sich ausschließlich auf die fehlende Vermittlungserlaubnis stützt, als ermessensfehlerhaft aufheben. Auch in seiner aktuellen Rechtsprechung stellt das Bundesverwaltungsgericht das Fortbestehen des Erlaubnisvorbehalts nicht in Frage, sondern stellt nur fest, dass alleine das Fehlen einer Vermittlungserlaubnis eine Untersagung der Wettvermittlung nicht begründen kann (BVerwG, U. v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - Pressemitteilung).

1.2 Die Antragsgegnerin ist entgegen dem Beschwerdevorbringen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV i. V. m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung zuständig.

Eine Zuständigkeit der betreffenden Aufsichtsbehörde des Landes Hessen zum Erlass einer auf die materielle Rechtswidrigkeit des vermittelten Glücksspielangebots gestützten Untersagungsverfügung nach § 9a Abs. 3 i. V. m. § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV besteht nicht. § 9a Abs. 3 GlüStV regelt die ländereinheitliche Zuständigkeit für die Glücksspielaufsicht nur, soweit die Tätigkeit der Konzessionsnehmer im in der Zulassung geregelten Bereich bzw. das Veranstalten von Sportwetten betroffen ist (Oldag in Dietlein/Hecker/Ruttig; Glücksspielrecht, 2. Auflage 2013, § 9a Rn. 10). Der Wortlaut der Regelung ist insoweit eindeutig, da die nach § 9a Abs. 2 GlüStV zuständigen Behörden die Aufgaben der Staatsaufsicht nur gegenüber den Erlaubnis- und Konzessionsnehmern ausüben. Ziel ist es, eine Zersplitterung der Strukturen für die Zulassung und die Aufsicht bezüglich der Veranstalter der Glücksspiele zu vermeiden. Da die Antragstellerin ausschließlich als Vermittlerin von Sportwetten tätig wird, ergibt sich aus § 9a Abs. 3 GlüStV keine Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde des Landes Hessen für eine Untersagungsverfügung.

Die Regelung in § 21 Abs. 1 GlüStV, wonach Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen erlaubt werden können und Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis zu regeln sind, führt zu keiner Zuständigkeitsverlagerung bei der Untersagung der Vermittlung von materiell nicht erlaubnisfähigen Sportwetten von der für den Sportwettenvermittler zuständigen Aufsichtsbehörde auf die für den Konzessionsnehmer zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Erlaubnis nach § 21 Abs. 1 GlüStV wird gemäß § 4a Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV als Konzession für alle Länder von der zuständigen Behörde erteilt. Durch dieses ländereinheitliche Verfahren soll sichergestellt werden, dass Art und Zuschnitt der Sportwetten gleichartig sind und ein einheitliches Angebot durch die Konzessionäre vorgehalten werden kann (Hecker/Ruttig in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage 2013, § 21 Rn. 34). Derzeit werden von der nach § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV für die Konzessionserteilung zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Hessen aber keine Konzessionen für Wettveranstalter vergeben, weshalb auch keine „Erlaubnisse“ für die Veranstaltung einer bestimmten Art von Sportwetten erteilt werden. Dies hat zur Folge, dass die vom Gesetzgeber u. a. beabsichtigte Beschränkung des Produktportfolios (LT-Drs. 16/11995) nicht bundeseinheitlich erreicht werden kann. Ein faktischer Nichtvollzug dieser gesetzlichen Regelungen zieht jedoch keine Verlagerung der vom Gesetzgeber eindeutig geregelten Zuständigkeit im Bereich der Glücksspielaufsicht nach sich.

1.3 Die Untersagungsverfügung erweist sich auch als hinreichend bestimmt nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 - juris Rn. 13 m. w. N.). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH BW, B. v. 8.9.2015 - 6 S 1426/14 - juris). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, etwa durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a. a. O., Rn. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenen Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf der Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a. a. O., Rn. 5). Zudem ist nicht notwendig, dass der Inhalt der Regelung im Entscheidungssatz so zusammengefasst ist, dass er alle Punkte aus sich heraus verständlich darstellt; es genügt vielmehr, dass sich der Regelungsinhalt aus dem Bescheid insgesamt einschließlich seiner Begründung ergibt (Stelkens, a. a. O., Rn. 3).

Unter Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Untersagungsverfügung als hinreichend bestimmt. Zwar wird im Tenor unter Nr. 1 des Bescheides nicht abschließend aufgezählt, welche konkreten Wettarten die Antragstellerin nicht vermitteln darf. Unter Heranziehung der gesetzlichen Definitionen des § 21 Abs. 4 GlüStV, der beispielhaften Benennung der von der Untersagung umfassten Live- und Ereigniswetten in Nr. 1 und der Begründung des Bescheids lässt sich jedoch hinreichend erkennen, welche Wetten nach Auffassung der Antragsgegnerin der gesetzlichen Regelung des § 21 Abs. 1 und 4 Satz 2 und 3 GlüStV widersprechen und daher materiell nicht erlaubnisfähig sind. Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich angesichts der nahezu unbegrenzten Möglichkeit, aus den Bestandteilen „Ergebnis eines Sportereignisses“, „Ergebnis aus Abschnitten eines Sportereignisses“, „Einzel- und Kombinationswette“ sowie „Livewetten auf das Endergebnis“ neue Wettzuschnitte zu schaffen, ein fester Katalog unzulässiger Wetten ohnehin nicht aufstellen lässt, sondern das Wettgeschehen einem stetigen Wandel unterworfen ist. Daher kann von der Antragsgegnerin nicht verlangt werden, dass sie die Untersagungsverfügung auf die jeweils konkret vermittelten Wetten beschränkt. Das Bestimmtheitsgebot erfordert insoweit lediglich, dass der Adressat der Untersagungsverfügung erkennen kann, welche Art von Wetten er nicht vermitteln darf, ohne die Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen eines Verstoßes gegen die Untersagungsverfügung zu riskieren. Untersagt sind der Antragstellerin nach dem Inhalt des Bescheids alle Wetten während eines laufenden Sportereignisses mit Ausnahme der Endergebniswetten, alle Wetten auf einzelne Vorgänge während eines Sportereignisses sowie Wetten auf das Ergebnis eines Abschnitts eines Sportereignisses, der nicht dem Regelwerk der jeweiligen Sportart entspricht.

1.4 Die Vorschrift des § 21 GlüStV ist als unionsrechtskonformer Maßstab für die Prüfung der materiellrechtlichen Zulässigkeit von Sportwetten auch anwendbar.

1.4.1 Sie verstößt nicht gegen Unionsrecht (Art. 56 AEUV). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (S. 18 EA).

Aus der Ince-Entscheidung (EuGH, U. v. 4.2.2016 - C-336/14) und dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nichts anderes. Dem genannten Urteil lässt sich nicht entnehmen, das „Ahndungsverbot“ führe dazu, dass auch die materiellrechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages für private Sportwettenvermittler wegen des faktischen Fortbestands des glücksspielrechtlichen Monopols nicht anwendbar seien. Der Gerichtshof hat ausschließlich auf die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen geantwortet. Das vorlegende Gericht spricht lediglich in Frage 1.c) (Sind die unionsrechtlichen Grundsätze, insbesondere die Dienstleistungsfreiheit, sowie das Urteil Stanleybet International u. a. [C-186/11 und C-209/11, ECLI:EU:C:2013:33] dahin auszulegen, dass sie einer dauerhaften, als „präventiv“ bezeichneten Untersagung oder Sanktionierung der grenzüberschreitenden Vermittlung von Sportwetten entgegenstehen, wenn dies damit begründet wird, dass für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht „offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar war“, dass die Vermittlungstätigkeit alle materiellen Erlaubnisvoraussetzungen - abgesehen von dem monopolistischen Staatsvorbehalt - erfüllt?) die materiellen Voraussetzungen für eine glücksspielrechtliche Erlaubnis an, wobei es dem vorlegenden Gericht dabei um das Offensichtlichkeitskriterium für die Erlaubnisfähigkeit ging. In seiner Interpretation der Vorlagefrage beschränkt sich der Gerichtshof (UA Rn. 51) aber dann nur auf die Konsequenzen für staatliches Handeln, wenn die Möglichkeit, eine Erlaubnis zu erlangen, faktisch nicht gegeben ist (vgl. auch Krimpove in EuR 2016, 313/316), ohne nochmals auf das Kriterium der „Offensichtlichkeit“ der materiellen Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung einzugehen. Die Frage, ob ein „Ahndungsverbot“ auch dann besteht, wenn zweifelhaft ist, ob die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen vorliegen, beantwortet der Gerichtshof somit nicht. Im einstweiligen Rechtsschutz lässt sich jedenfalls keine so weitreichende Aussage treffen, dass sich aus der Interpretation der Entscheidungsgründe der Ince-Entscheidung ergebe, auch die nicht monopolabhängigen materiellrechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags könnten nicht angewandt werden, solange kein dem Unionsrecht genügendes transparentes und diskriminierungsfreies nationales Verwaltungsverfahren zur Erlangung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis existiere.

1.4.2 Die Regelungen des § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV verstoßen auch nicht gegen die unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die von der Antragstellerin zitierten Ausführungen des Gerichtshofs unter Rn. 59 der Entscheidungsgründe des Ince-Urteils beziehen sich auf „das System der Einführung einer vorherigen behördlichen Genehmigung bestimmter Arten von Glücksspielen“ (Rn. 55) und die Vereinbarkeit einer Praxis, die darauf abstellt, ob der jeweilige Veranstalter bzw. Vermittler fiktiv eine Erlaubnis erhalten könnte (Rn. 56), mit den genannten Grundsätzen. Die Aussagen des Gerichtshofs, das „System verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit“ bezieht sich daher nur auf die Modalitäten eines „fiktiven“ Erlaubnisverfahrens. Hinreichend bestimmte materiellrechtliche Regelungen, die nicht monopolabhängig sind und unabhängig von der Erteilung einer (fiktiven) Erlaubnis Anforderungen für das Veranstalten und Vermitteln von Glückspielen aufstellen, sind aber nicht Bestandteil des „Systems der Einführung einer vorherigen behördlichen Genehmigung“ im Sinne dieser Rechtsprechung. In Beantwortung der Vorlagefrage führt der Gerichtshof nämlich aus, „Art. 56 AEUV steht einer solchen Ahndung auch dann entgegen, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder die Vermittlung von Sportwetten erhalten kann, soweit die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis nicht sichergestellt ist und das staatliche Sportwettenmonopol, das von den nationalen Gerichten für unionsrechtswidrig befunden wurde, trotz der Annahme eines solchen Verfahrens fortbesteht (Rn. 60)“.

1.5 Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten genügen § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV dem Bestimmtheitsgrundsatz. Mit den Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag hat der Gesetzgeber dem Bestimmtheitsgrundsatz genügende Vorgaben zur Art und zum Zuschnitt von Glücksspielen getroffen. Zum Regelungsbereich gehören Pferdewetten, Geld- oder Warenspielgeräte, Sportwetten und Lotterien. Neben den für alle Wettarten geltenden allgemeinen Bestimmungen in § 4 Abs. 4, § 5 GlüStV enthält § 21 GlüStV Bestimmungen zur Art und zum Zuschnitt der Sportwetten (Hecker/Ruttig in Dietlein/Hecker/Ruttig, a. a. O. § 21, Rn. 9, 13), wobei zudem die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind (§ 4 Abs. 2 GlüStV). Zulässig sind nach der Konzeption des Gesetzgebers Einzel- und Kombinationswetten, Ergebniswetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitte von Sportereignissen; Livewetten sind grundsätzlich unzulässig, nur Endergebniswetten können als Livewetten erlaubt werden. Damit hat der Gesetzgeber die wesentlichen Kriterien für Art und Zuschnitt der Wetten definiert. Angesichts der Vielfalt der sich aus diesen Kriterien ergebenden Möglichkeiten über Art und Zuschnitt von Sportwetten waren eindeutigere normative Vorgaben als die in § 21 GlüStV enthaltenen letztlich praktisch kaum möglich und daher nach dem Bestimmtheitsgrundsatz jedenfalls nicht zwingend geboten. Darüber hinaus eröffnet das Erlaubnisverfahren die Möglichkeit, auf Art und Zuschnitt der Wetten Einfluss zu nehmen. Sofern der Gesetzgeber den Zuschnitt der Sportwetten nicht selbst detaillierter ausgestaltet und die genauen Wettspielregeln festgelegt hat, hat dies seinen Grund (auch) darin, dass diese Einzelheiten des Spiels weder für die Bekämpfung der Wett- und Spielsucht noch für die Beschränkung der grundrechtlich garantierten Gewerbefreiheit bedeutsam sind. Insofern lässt sich aus der sog. Wesentlichkeitstheorie kein Regelungsdefizit ableiten (BayVGH, B. v. 2.6.2008 - 10 CS 08.1102 - juris Rn. 19).

1.6 Ausgangspunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit der von der Antragstellerin vermittelten Wetten und damit der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Danach sind Ergebniswetten auf den Ausgang von Sportereignissen sowie den Ausgang von Abschnitten von Sportereignissen als Einzel- und Kombinationswetten zulässig. Endergebniswetten dürfen auch als Livewetten angeboten werden. Ansonsten sind Livewetten genauso wie Ereigniswetten ausgeschlossen (§ 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV).

Zutreffend führt die Antragstellerin aus, dass es Absicht des Gesetzgebers war, Art und Zuschnitt der jeweiligen Sportwetten in der Konzession für den Veranstalter zu regeln (§ 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV). Eine solche Konzession ist der Veranstalterin der Antragstellerin bislang nicht erteilt worden. Auch wenn das Verwaltungsgericht Wiesbaden (U. v. 15.4.2016 - 5 K 1431/14.WI - juris) das Land Hessen inzwischen zur Erteilung einer Konzession nach § 4a Abs. 2 GlüStV an die Veranstalterin der Antragstellerin verpflichtet hat, heißt dies nicht, dass das von der Veranstalterin vorgehaltene Wettangebot den materiellen Bestimmungen in § 21 GlüStV entspricht, weil erst die in der Konzession festzulegenden Inhalts- und Nebenbestimmungen (§ 4c Abs. 2 GlüStV) Aufschluss darüber geben, ob das vom Veranstalter beabsichtigte Wettangebot den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages genügt. Die Verpflichtung des Landes Hessen zur Konzessionserteilung beruhte ausschließlich darauf, dass das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Beschränkung der Zahl der Konzessionen auf 20 für europarechtswidrig hielt. Die Veranstalterin der Antragstellerin befand sich nicht unter den 20 Konzessionären, die von der Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Hessen zur Erteilung einer Konzession ausgewählt worden waren. Sie erfüllte lediglich die Mindestanforderungen. Aussagen zur Vereinbarkeit des konkreten Wettangebots der Veranstalterin, für die die Antragstellerin vermittelt, trifft die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden nicht.

Zur Zulässigkeit der einzelnen, in der Beschwerdebegründung ausdrücklich angesprochenen Wettarten, die die Antragstellerin nach ihrem Vorbringen vermittelt, ist Folgendes festzustellen:

Neben der Endergebniswette sind auch Ergebniswetten auf einzelne Abschnitte des Sportereignisses zulässig, solange sie nicht in Form von Livewetten vermittelt werden. Auch wenn möglicherweise einiges dafür spricht, dass Abschnitte von Sportereignissen nur zeitlich abgrenzbare Teile von Sportereignissen nach Maßgabe des für die jeweilige Sportart maßgeblichen Regelwerks sind, ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht ausgeschlossen, auch andere vom Regelwerk unabhängig gebildete Zeitabschnitte eines Sportwettkampfs als Abschnitt eines Sportereignisses zu bezeichnen (BayVGH, B. v. 6.5.2015 - 10 CS 14.2669 - juris Rn. 43). Die Möglichkeit der „Abschnittsbildung“ wird jedenfalls dadurch eingeschränkt, dass die Ergebniswette nicht zur Ereigniswette werden darf und zugleich die in § 1 GlüStV formulierten, allgemeinen Ziele Beachtung finden. Als bewettbare Abschnitte eines Sportereignisses sind also nur solche Spielabschnitte zugelassen, die unabhängig von zufälligen Ereignissen im Spielverlauf vorgesehen sind, die nicht willkürlich herbeigeführt werden können und deren Ergebnis kontrolliert werden kann (Vermeidung von Wettmanipulationen; vgl. Hecker/Ruttig, a.a.O, § 21 Rn. 28). Unter Berücksichtigung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags ist jedenfalls eine beliebige Zerstückelung des Sportereignisses in zeitliche Einzelabschnitte nicht gewollt, da sonst das legale Angebot der Abschnittswette als Ergebniswette dem Grundsatz der Schaffung eines begrenzten Wettangebots widersprechen würde.

1.6.1 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Wette „nächstes Tor/erstes Tor“ als Ereigniswette unzulässig, weil das Erzielen eines Tors einen Vorgang während eines Sportereignisses darstellt und keinen zeitlichen Abschnitt in einem Spiel beschließt (BayVGH, a. a. O., Rn. 38 m. w. N.). Für eine Auslegung der gesetzlichen Bestimmung dahingehend, dass der Gesetzgeber diejenigen Wetten als Ergebniswette zulassen wollte, bei denen ein Ereignis im Spiel ergebnisrelevant ist, bieten sich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sprechen für ein derartiges Verständnis. Die Entscheidung des Gesetzgebers, Endergebniswetten als Livewetten zuzulassen, indiziert gerade ein enges Verständnis des Begriffs „Ergebnis“, da die Livewette grundsätzlich wegen der hohen Suchtgefahr ausgeschlossen (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV) und nur unter dem Gesichtspunkt der Kanalisierung des Wettangebots (LT-Drs. 16/11995 S. 30) zulassungsfähig ist. Der Gesetzgeber beabsichtigte folglich die Zulassung von Livewetten nur in einem genau bzw. eng definierten Bereich. Eine Auslegung dahingehend, dass alle Wetten auf Ereignisse, die sich unmittelbar auf das Ergebnis auswirken, (auch als Livewetten) zulässig sein sollen, kommt damit nicht in Betracht. Dies gilt unabhängig vom Vorhandensein einer Vielzahl unbestimmter ergebnisrelevanter Vorgänge während eines Sportwettkampfs und daraus resultierender unlösbarer Abgrenzungsprobleme. Ebenso steht der Grundsatz der Begrenzung des Wettangebots in § 1 Nr. 2 GlüStV einer Erweiterung des Wettangebots durch eine entsprechende Auslegung des Begriffs „Ergebnis“ entgegen. Die ausdrückliche Klarstellung des Gesetzgebers in § 21 Abs. 4 Satz 3 2. Halbs. GlüStV, dass Ereigniswetten auch unter das Livewettenverbot fallen, obwohl Ereigniswetten bereits nach § 21 Abs. 1 GlüStV nicht zulässig sind, führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Denn insoweit handelt es sich nur um eine nochmalige Hervorhebung der Unzulässigkeit von Ereigniswetten (Hecker/Ruttig, a. a. O., § 21 Rn. 55).

Unerheblich für die Auslegung des Begriffs „Ergebniswette“ ist die im Verwaltungsverfahren für die Konzessionserteilung geäußerte Auffassung des Hessischen Staatsministeriums des Innern zur Frage der Zulässigkeit von (Live-)Wetten auf das Endergebnis und dessen Bestandteile. Auch hegt der Senat Zweifel, ob die Hinweise des Hessischen Staatsministeriums des Innern tatsächlich so zu verstehen sind, wie die Antragstellerin meint. Näher liegend ist eine Interpretation dahingehend, dass das Endergebnis eines Sportereignisses (z. B. Fußballspiels) der Sieg der Mannschaft A ist. Eine Wette auf Bestandteile dieses Endergebnisses wäre folglich eine Wette, wonach die Mannschaft A 3:2 gegen Mannschaft B gewinnt oder mit einem Tor Differenz zur Mannschaft B gewinnt.

1.6.2 Wetten auf das Halbzeitergebnis oder einen Satzgewinn sind als Ergebniswetten nach § 21 Abs. 1 GlüStV zulässig. Bei einer Halbzeit bzw. dem Satz eines Spiels handelt es sich zweifellos um einen Abschnitt eines Sportereignisses. Die Halbzeitwette ist als zulässige Wette i. S. d. § 21 Abs. 1 GlüStV sogar ausdrücklich in der Gesetzesbegründung genannt (LT-Drs 16/11995 S. 30). Ausgeschlossen ist insoweit ausdrücklich die Livewette (§ 21 Abs. 4 Satz 3 GlüStV). Durch die streitgegenständliche Untersagungsverfügung werden Wetten auf das Halbzeitergebnis und den Ausgang eines Satzes gerade nicht untersagt, vielmehr nur die entsprechenden Livewetten ausgeschlossen. Dies ergibt sich auch aus den Gründen des Bescheids (S. 8, 3. Spiegelstrich).

1.6.3 Untersagt hat die Antragsgegnerin auch Wetten vor Beginn des Spiels bezüglich des Ergebnisses der Restzeit und Wetten auf Spielabschnitte, die nicht dem jeweiligen Regelwerk entsprechen. Dies ergibt sich aus den Bescheidsgründen, in denen sie unter Verweis auf die Begründung des Kommentars zum Glücksspielrecht (Dietlein/Hecker/Ruttig, § 21 Rn. 28) ausführt, dass die Restzeitwette unzulässig sei, weil es sich bei der Restzeit um keinen Abschnitt eines Sportereignisses handle. Die Antragsgegnerin wollte offensichtlich Livewetten auf die Restzeit und Wetten vor und während des Spiels auf Spielabschnitte untersagen, die nicht Halbzeit oder Satz sind. Daher sind auch (Live-)Wetten auf die ersten zehn Minuten als untersagte Wettarten im Bescheidstenor ausdrücklich aufgeführt. Wie bereits oben dargelegt, ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung, wonach Ergebniswetten auf Abschnitte von Sportereignissen zulässig sind, zwar nicht zwangsläufig, dass es sich hierbei nur um Halbzeiten oder Sätze handeln kann. Andererseits soll nach Sinn und Zweck der Regelung eine Zerstückelung des Sportereignisses in beliebig viele Abschnitte auch als Ergebniswette unterbleiben. Es spricht unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV daher vieles dafür, dass Wetten auf Abschnitte von Sportereignissen, die in den jeweiligen Regelwerken nicht vorgesehen sind, grundsätzlich nicht zulässig sind.

1.6.4 Entsprechend der nicht abschließenden Aufzählung der Wettformen im Tenor des Bescheides sind Livewetten auf die Restzeit untersagt. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben, weil Livewetten nur als Endergebniswetten zugelassen werden können, und das Ergebnis der Restzeit sich nicht im Endergebnis niederschlagen muss.

1.6.5 Zur möglichen Zulässigkeit der Über-/Unterwette und der Handicap-Wette, gegebenenfalls als Livewette, hat sich der Senat ebenfalls bereits in seinem Beschluss vom 6. Mai 2015 geäußert (Rn. 41 und 42). Es fehlt noch immer an den nach § 10a Abs. 2 GlüStV erforderlichen Konzessionen für die Wettveranstalter und den nach § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV erforderlichen Erlaubnissen für Wettvermittler und damit an einer verbindlichen Regelung auch über Art und Zuschnitt der zulässigen Sportwetten. Die Antragsgegnerin hat mit der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung die Rechtslage dahingehend konkretisiert, dass diese Wetten nicht zulässig sind, weil nicht der tatsächliche Ausgang des Sportereignisses für den Gewinnentscheid herangezogen (Handicap-Wette) werde bzw. Sieg oder Niederlage überhaupt keine Rolle spiele (Über-/Unterwette). Aber selbst mit dieser Konkretisierung sind die vom Senat angesprochenen Unklarheiten, ob diese Wetten als „Wette auf den Ausgang eines Sportereignisses oder den Ausgang des Abschnitts eines Sportereignisses“ erlaubt werden können, nicht beseitigt.

1.6.5.1 Bei einer Über-/Unterwette wird nicht auf das Endergebnis getippt, sondern darauf, ob das Endergebnis - hier vor allem die Anzahl der Tore im Spiel - über oder unter einem vom Buchmacher bestimmten Wert liegen. Bei dieser Wette kommt es für den Gewinn der Wette daher darauf an, wie viele Tore/Punkte in einem Spiel erzielt werden, aber nicht darauf, wer das Spiel gewinnt. Es handelt sich nicht um eine Wette auf den Ausgang des Spiels, wenn unter dem Ausgang des Sportereignisses der Gewinnentscheid nach dem offiziell festgestellten finalen Spielstand zu verstehen ist (s.o. Hecker/Ruttig, a. a. O., § 21 Rn. 22). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn unter Ausgang des Spiels die Zahl der insgesamt geschossenen Tore/erzielten Punkte zu verstehen wäre, unabhängig davon, welche Mannschaft/welcher Spieler gewonnen hätte.

1.6.5.2 Der Unterschied einer „normalen“ Sportwette zur Handicap-Wette liegt darin, dass bei dieser Wettart ein Team ein oder mehrere Tore Vorsprung erhält, die am Schluss zum regulären Ergebnis addiert werden. Entscheidend für den Gewinn des Wetttipps ist somit nicht das offizielle Spielergebnis, sondern das fiktiv errechnete Resultat aus dem Spielausgang und dem Handicap. Der Sieg der jeweiligen Mannschaft bzw. die Zahl der von ihr geschossenen Tore wirkt sich hier zumindest mittelbar auf den Gewinn der Wette aus, so dass diese Wette als Wette auf den Ausgang des Spiels bezeichnet werden könnte.

1.7 Ist damit bei summarischer Prüfung offen, ob der Antragstellerin die Wetten „Über-/Unter“, „Handicap“ und „Erste zehn Minuten“ untersagt werden können, gilt dies auch, soweit in Nr. 2 des Bescheids vom 2. März 2016 die Werbung für diese Wetten untersagt worden ist.

1.8 Soweit die Antragstellerin vorbringt, die Antragsgegnerin habe auch Wetten untersagt, die sie nicht vermittle, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung. Die Antragsgegnerin stand bei Erlass der Untersagungsverfügung vor dem Problem, dass sie sich nicht auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlautes des § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV beschränken durfte, um den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes zu genügen. Sie hat daher bereits im Bescheidstenor Beispiele für einzelne Wettarten angeführt, die die Untersagungsverfügung umfassen soll. Ein solches Vorgehen ist zulässig (Stelkens, a. a. O., Rn. 5). Vermittelt die Antragstellerin die genannten Wettarten nicht, so geht die Untersagungsverfügung insoweit ins Leere und entfaltet keine nachteiligen Wirkungen für die Antragstellerin. Insbesondere wird ihr dadurch keine Unzuverlässigkeit unterstellt. Eine Betriebsuntersagung wegen Unzuverlässigkeit käme ohnehin nur dann in Betracht, wenn die Antragstellerin beharrlich unzulässige Wetten, also die in der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung beispielhaft genannten Wetten (die Bestandskraft unterstellt), tatsächlich vermitteln würde.

1.9 Bezüglich der Ermessensausübung der Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid ist nach summarischer Prüfung Folgendes festzustellen:

1.9.1 Ermächtigt ein Gesetz - wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV - dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (BVerwG, U. v. 9.7.2014 - 8 C 36.12 - juris Rn. 25). Die Antragsgegnerin hat insoweit dargelegt, dass sie beabsichtige, gegen alle Vermittler von ihrer Auffassung nach materiell illegalen Sportwetten vorzugehen und entsprechende Untersagungsverfügungen auszusprechen. Gegen fünf Wettbüros seien bereits Untersagungsverfahren anhängig, die streitgegenständlichen Untersagungsverfügungen sowie eine weitere befänden sich im gerichtlichen Verfahren. Mit einer Untersagungsverfügung sei sie gescheitert (Bescheid vom 6. Oktober 2014), sie habe den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens (BayVGH, B. v. 6.5.2015 - 10 CS 14.2669 - juris) abwarten wollen. Ein zeitgleiches Vorgehen sei angesichts der Personalausstattung nicht möglich.

Bei dieser Sachlage kann der Antragsgegnerin unter dem Aspekt des Art. 3 GG Abs. 1 kein willkürliches Vorgehen gegen die Antragstellerin vorgeworfen werden. Es versteht sich von selbst, dass die vorhandene Personalkapazität ein gleichzeitiges Vorgehen gegen alle Wettvermittler ausschließt. Auch das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung stellt sich nicht als sachfremde Erwägung dar. Schließlich ist auch die Auswahl der Antragstellerin unter dem Aspekt, dass sie zwei Wettbüros betreibt, sachlich begründbar. Auch begründet der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Anspruch auf Rechtsanwendungsgleichheit keinen Anspruch auf Fortführung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis. Die Tatsache, dass andere Glücksspielaufsichtsbehörden in Bayern keine entsprechenden Untersagungsverfügungen gegen Sportwettenvermittler ausgesprochen haben, führt nicht dazu, dass die Antragsgegnerin ebenfalls auf ein behördliches Einschreiten gegen Vermittler materiellrechtlich unzulässiger Wetten verzichten muss. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat im Schreiben vom 31. Juli 2015 (IMS) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 6. Mai 2015 (a. a. O.) die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden aufgefordert, im Wege einer auf die einzelnen Wetten bezogenen Untersagungsverfügung gegen Sportwettenvermittler vorzugehen, die nicht erlaubnisfähige Ereigniswetten anbieten (vgl. S. 2 IMS IA4-2161-2-38). Ausdrücklich aufgeführt ist darin z. B. auch die Wette „erstes Tor/nächstes Tor“. Wenn andere Aufsichtsbehörden dennoch untätig bleiben, macht dies die Entscheidung der Antragsgegnerin noch nicht ermessensfehlerhaft.

1.9.2 Ein Verstoß gegen die in der Beschwerdebegründung angeführten Leitlinien vom 28. Januar 2016 ist nicht ersichtlich. Offensichtlich hat das Bayerische Staatsministerium des Innern als oberste Glücksspielaufsichtsbehörde des Freistaats Bayern diese Leitlinien nicht im Wege von Vollzugshinweisen an die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden weitergereicht, so dass sie auch insoweit keine ermessensbindende Wirkung entfalten konnten. Zudem handelt es sich nur um Hinweise, die die Handhabung von Untersagungsverfügungen erleichtern sollen. Eine konkrete und verbindliche Aussage, welche ergebnisbezogenen Sportwetten zulässig sind, enthalten auch diese Leitlinien nicht.

1.9.3 Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 9. Juni 2016 (Az. 4 B 860/15 und 4 B 1437/159) zur Untersagung der Sportwettenvermittlung vorgelegt. Im Verfahren 4 B 1437/15 hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Vermittlers gegen die Untersagung der Nullstandswette als Livewette angeordnet, weil die dortige Antragsgegnerin die (bundesweit) inkohärente Verwaltungspraxis beim Vollzug des § 21 GlüStV in ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt habe. Die inkohärente Verwaltungspraxis besteht nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster darin, dass bundesweit die entsprechende Wette in 10.000 bis 15.000 Vermittlungsstellen unbeanstandet geblieben sei und auch das staatliche Unternehmen ODDSET sowie die Deutsche Sportwetten GmbH, die von der Telekom beherrscht werde, diese Wette anbiete.

Das Kohärenzgebot verlangt weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, U. v. 8.9.2010 - Rs. C-316/07 u. a., Markus Stoß u. a. - juris Rn. 95 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 62 f.). Bedeutung gewinnt das namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Bund und mehrere Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört. Jedoch führt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet würden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 66). Im streitgegenständlichen Untersagungsverfahren geht es jedoch nicht um den inkohärenten Vollzug von Regelungen aus verschiedenen Glücksspielsektoren, sondern ausschließlich um den Vollzug einer einzelnen Norm für Sportwetten (§ 21 Abs. 1 und 4 GlüStV). Für solche Fälle einer Ungleichbehandlung von privaten Wettanbietern und staatlichen Anbietern hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Ausübung des Untersagungsermessens der „Vollzugsbehörden des Beklagten“ mit der Dienstleistungsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar ist (BVerwG, U. v. 9.7.2014, a. a. O., Rn. 31). Der Senat hat jedoch Zweifel, ob die Antragsgegnerin, die nur in ihrem Hoheitsbereich aufsichtlich tätig werden kann, bei Erlass einer Untersagungsverfügung im Rahmen ihres Ermessens berücksichtigen muss, dass andere Aufsichtsbehörden bzw. die für die Aufsicht über die staatlichen Anbieter zuständigen Regierungen wohl bislang untätig geblieben sind. Berücksichtigt man die Konzeption des Glücksspielstaatsvertrags, wonach über Art und Zuschnitt der Sportwetten bundeseinheitlich in der Konzession des Veranstalters entschieden wird, müsste die Antragsgegnerin sogar bundesweit koordinierend tätig werden, um ermessensfehlerfrei entscheiden zu können. Dies hätte zur Folge, dass eine Untersagungsverfügung durch die örtlich zuständige Aufsichtsbehörde nicht ermessensfehlerfrei erlassen werden könnte, solange nicht der überwiegende Teil der Aufsichtsbehörden bundesweit nach einem einheitlichen System vorginge. Derart weitgehende Anforderungen an eine sachgerechte Ermessensausübung (s. Art. 40 BayVwVfG) erscheinen dem Senat nicht geboten.

2. Lässt sich im Eilverfahren nicht mit der erforderlichen Sicherheit klären, ob die Untersagung der Wetten „Erste zehn Minuten“, „Handicap“ und „Über-/Unter“ nach § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV zulässig ist, und ob die Antragsgegnerin ihr Ermessen den Anforderungen des Art. 40 BayVwVfG entsprechend ausgeübt hat, sind die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 2. März 2016 letztlich offen. Bei der unter diesen Voraussetzungen gebotenen Abwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids jedenfalls insoweit, als der Antragstellerin die Vermittlung der genannten Wetten und die Werbung dafür untersagt worden sind. Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass die Klage kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV keine aufschiebende Wirkung hat.

2.1 Dem Interesse der Antragstellerin, bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin die genannten Wetten vermitteln zu dürfen, kommt erhebliches Gewicht zu. Die negativen Auswirkungen der auch nur vorübergehenden Untersagung können gravierend sein. Zwar wird der Antragstellerin der Betrieb ihrer Wettannahmestelle nicht vollständig untersagt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Antragsgegnerin auch für die zweite Betriebstätte der Antragstellerin die Vermittlung der genannten Wetten untersagt hat, so dass sie mit erheblichen finanziellen Einbußen zu rechnen hat. Die Antragstellerin hat weiter darauf hingewiesen, dass sie durch die „Wanderungsbewegung“ der Wettinteressierten, die die ihr untersagten Wetten in anderen Wettbüros platzieren, gegen die die Antragstellerin noch nicht aufsichtlich eingeschritten ist, auch Kunden für die unstreitig zulässigen Wetten verliert. Insofern droht ihr auch ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber ihrer Konkurrenz.

2.2 Demgegenüber wiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der diesbezüglichen Untersagungsverfügung weniger schwer. Der Senat ist zwar in der Vergangenheit in der Regel davon ausgegangen, dass in den Fällen, in denen die Vermittlungstätigkeit nur teilweise untersagt wird, die mit den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags bezweckte Suchtprävention höher zu bewerten ist als das wirtschaftliche Interesse des Sportwettenvermittlers (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 23; B. v. 10.11.2015 - 10 CS 15.1538 - juris Rn. 24). Die seit dem Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 bestehende Situation auf dem Glücksspielmarkt lässt jedoch Zweifel aufkommen, ob der Gedanke der Suchtprävention tatsächlich im Vordergrund des Bemühens um eine Regulierung des Sportwettenmarktes steht. Spätestens seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. Mai 2015 (Az. 5 L 1453/14.WI) ist offensichtlich, dass sich eine unionsrechtskonforme Teilliberalisierung dieses Marktes mit Hilfe der Experimentierklausel nicht realisieren lassen würde. Weder hat der Gesetzgeber in der Folge den Versuch unternommen, zumindest eine einheitliche Regelung bezüglich der Sportwetten zu treffen, die gegen § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV verstoßen, noch wurde durch die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden klargestellt, welche Wettarten unzulässig sind. In dem schon erwähnten IMS vom 31. Juli 2015 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Erlass von Untersagungsverfügungen zunächst nur die in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Mai 2015 (a. a. O.) als nicht erlaubnisfähig gekennzeichneten Wetten aufgegriffen werden sollten. Die von der Antragsgegnerin untersagten Wetten „Erste zehn Minuten“, „Handicap“ und „Unter-/Über“ sind im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr nicht genannt, so dass insoweit das öffentliche Interesse an einer Untersagungsverfügung nach Auffassung der obersten Glücksspielaufsichtsbehörde wohl eher als weniger gewichtig einzustufen sein dürfte. Unberücksichtigt bleiben kann auch nicht, dass nach dem Sachvortrag der Antragstellerin, dem die Antragsgegnerin insoweit nicht entgegengetreten ist, der staatliche Wettanbieter ODDSET in Bayern Wetten anbietet, die der Antragstellerin mit dem streitgegenständlichen Bescheid untersagt wurden. Dies gilt insbesondere für die Wetten „Handicap“ und „Über-/Unter“. Die für die Aufsicht über die staatlichen Wettanbieter zuständige Aufsichtsbehörde schreitet offensichtlich dagegen nicht ein. Der Spielsuchtprävention wird insoweit also selbst für das staatliche Wettangebot kein Vorrang eingeräumt. Auf die „Kanalisierungsfunktion“ kann sich der staatliche Wettanbieter jedenfalls dann nicht berufen, wenn - wegen der nicht erfolgten Teilliberalisierung des Sportwettenmarkts - faktisch ein unionsrechtswidriges Monopol aufrechterhalten wird.

3. Im Übrigen bleibt die Beschwerde bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage insoweit zu Recht abgelehnt.

3.1 Die weiteren, von der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung angeführten Wetten, die nicht zu den im Tenor dieses Beschlusses aufgeführten Wetten gehören, sind nach § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV aus den unter 1.6 genannten Gründen nicht zulässig oder können nicht erlaubt werden. Die Ausführungen unter 1.9.3 zu den Anforderungen an die Ermessensausübung gelten auch für die Untersagung der Vermittlung nicht zulässiger bzw. nicht erlaubnisfähiger Wetten. Allerdings überwiegt bezüglich der Wetten, deren Vermittlung im Bescheid vom 2. März 2016 untersagt worden ist und die nicht im Tenor dieses Beschlusses genannt sind, das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung und des entsprechenden Werbeverbots. Die für Bayern zuständige oberste Glücksspielaufsichtsbehörde hat die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden im IMS vom 31. Juli 2015 aufgefordert, zunächst die in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 6. Mai 2015 als nicht erlaubnisfähig gekennzeichneten Wetten aufzugreifen und wegen materiell glücksspielrechtlicher Verstöße gegen die unerlaubte Vermittlung von Sportwetten aller Veranstalter vorzugehen. Dadurch sollte im öffentlichen Interesse gewährleistet werden, dass zur Erreichung der Ziele in § 1 GlüStV wenigstens die gesicherten Verstöße gegen die materiellrechtlichen Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags aufsichtlich geahndet werden. Das Interesse der Antragstellerin, auch diese nicht erlaubnisfähigen Wetten weiter vermitteln zu dürfen, wiegt demgegenüber geringer. Eine gleichheitssatzwidrige erhebliche Benachteiligung gegenüber anderen Wettvermittlern in Bayern ist für die Dauer des Klageverfahrens insoweit bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Die wirtschaftlichen Nachteile der Antragstellerin sind weniger gravierend, weil ihr durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Untersagung der im Tenor dieses Beschlusses genannten Wetten ermöglicht wird, zumindest einen großen Teil der als attraktiv geltenden Wetten mit hohen Gewinnquoten anzubieten und mit dem Angebot der staatlichen Vermittlungsstellen gleichzuziehen.

3.2 Die Beschwerde bleibt auch erfolglos, soweit sie sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Gebührenfestsetzung in Nr. 5 des Bescheids vom 2. März 2016 richtet. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit als zutreffend. Zunächst ist die Antragsgegnerin bei der Festsetzung der Bescheidsgebühr von 3.000,-- Euro im unteren Bereich des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG i. V. m. Tarif-Nr. 2.IV.1/3.2 KVz vorgegebenen Gebührenrahmes von 500 bis 50.000 Euro geblieben. Die Antragsgegnerin hat überzeugend dargelegt, dass der Zeitaufwand im Verwaltungsverfahren für die Kontrolle der Betriebsstätten und die Bestandsaufnahme der jeweils angebotenen Wetten sehr hoch ist und es sich bei der Erstellung der Untersagungsbescheide auch nicht um eine „copy/paste“-Aktion handelt, sondern jeder Untersagungsbescheid bezogen auf das konkrete Wettangebot begründet werden muss. Zu berücksichtigen ist bei der Gebührenfestsetzung neben dem Zeitaufwand der Behörde zudem das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin. Der Umfang der untersagten Wetten macht nach ihren Angaben ca. die Hälfte des Umsatzes der Wettannahmestelle aus.

4. Die Wettveranstalterin, für die die Antragstellerin vermittelt, war nicht gemäß § 65 VwGO zum Verfahren beizuladen. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats im Verfahren 10 S 16.1423 verwiesen.

5. Für den Senat bestand keine Veranlassung, die Akten des Glücksspielkollegiums zum Konzessionsverfahren der Veranstalterin beizuziehen. Die Vorlagepflicht der Behörde nach § 99 VwGO beschränkt sich auf die Verwaltungsakten, die Gegenstand des Verwaltungsverfahrens waren. Die Akten des Konzessionsverfahrens waren nicht Bestandteil des Verwaltungsverfahrens für die an die Antragstellerin als Vermittlerin gerichtete Untersagungsverfügung. Eine weitere Sachaufklärung durch Beiziehung der entsprechenden Akten durch den Senat im gerichtlichen Verfahren war nicht erforderlich, weil nach der Rechtsauffassung des Senats der Verlauf des Konzessionsverfahrens für die hier streitgegenständliche Untersagungsverfügung nicht entscheidungserheblich ist. Erst die erteilte Konzession ist rechtlich maßgeblich. Das Akteneinsichtsrecht nach § 100 VwGO beschränkt sich auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten.

6. Auch die Akten der Antragsgegnerin bezüglich der eingeleiteten Untersagungsverfahren für andere Sportwettenvermittler waren nicht zum Verfahren beizuziehen. Die Antragsgegnerin hat dargelegt, welches Konzept sie bei der Untersagung der Vermittlung der ihrer Auffassung nach illegalen Sportwetten verfolgt. Der insoweit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung erforderliche Sachverhalt war damit bekannt. Eine weitere Sachaufklärung durch Beziehung der entsprechenden Verwaltungsakten im Eilverfahren war somit nicht notwendig.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 28.07.2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

25.000,-- Euro

festgesetzt.

Gründe

1

Der erkennende Senat ist für die Behandlung der Rechtsache zuständig, da der Geschäftsbereich „Lotterierecht“ mit dem Geschäftsverteilungsplan des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2015 im Zuge einer umfangreichen alle Senate betreffenden Neuverteilung auf den 2. Senat übergegangen ist. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Die Spekulationen der Beschwerdeführerin beruhen auf keinerlei sachlichen Grundlagen.

2

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28.07.2014 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

3

Die zulässige, insbesondere fristgerecht gem. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingelegte und gem. § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ordnungsgemäß begründete Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, geben dem Senat keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage (- 12 A 99/14 -) gegen die Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 07.07.2014 stattzugeben. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass das Interesse der Antragstellerin, von den Folgen des Vollzugs der angefochtenen Untersagungsverfügung vorläufig verschont zu bleiben, derzeit hinter dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Untersagungsverfügung zurücktritt.

5

Das Verwaltungsgericht hat zunächst in zutreffender Weise den Entscheidungsmaßstab im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes in Form eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bestimmt.

6

In ständiger Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass das Gericht im Fall einer - wie hier gem. §§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2012, § 248 Abs. 1 Satz 2 LVwG - gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit zu prüfen hat, ob wegen der Besonderheiten des Einzelfalles ein privates Interesse an der aufschiebenden Wirkung vorliegt, das gegenüber dem im Gesetz in diesen Fällen unterstellten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, ist in den Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs das besondere öffentliche Vollziehungsinteresse bereits konstituiert und bedarf keiner weiteren Darlegung durch die Behörde. Lässt sich bei der gebotenen summarischen Prüfung weder die Rechtmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids feststellen, bedarf es zur Entscheidung einer weiteren Interessenabwägung. Diese erfordert eine Ermittlung der Folgen, die einträten, wenn die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes versagt würde, das Verfahren in der Hauptsache hingegen Erfolg hätte. Diese Auswirkungen sind zu vergleichen mit denjenigen, die einträten, wenn die aufschiebende Wirkung angeordnet würde, dem Rechtsbehelf aber der Erfolg in der Hauptsache versagt bliebe. Im Rahmen dieser Folgenbetrachtung ist es dabei unerheblich, dass ob die aufschiebende Wirkung durch Gesetz oder durch behördliche Anordnung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausgeschlossen ist. Auch im Fall einer gesetzlichen Vollziehungsanordnung ist bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens dem öffentlichen Vollziehungsinteresse nicht von vorneherein ein höheres Gewicht beizumessen (st. Rspr., OVG Schleswig, Beschl. v. 06.08.1991 - 4 M 109/91 -, SchlHA 1991, 220, 221).

7

Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat im Ergebnis der Ansicht, dass die in der Hauptsache angegriffene Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 07.07.2014 offensichtlich rechtmäßig ist und im Rahmen des Hauptsacheverfahrens Bestand haben wird.

8

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung durch den Senat. Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren (vgl. auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -; OVG Berlin, Beschl. v. 24.08.2012 - OVG 1 S 44.12 -; Deiseroth, Sportwetten vor dem Bundesverwaltungsgericht, DVBL. 2014, 1545, 1548). Ein solcher Bescheid lässt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis entstehen und aktualisiert es - im Sinne der Summierung einzelnen Verwaltungsakte - ständig (Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 44 zu § 113). So liegt es bei der zeitlich unbeschränkten Untersagungsverfügung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines solchen Dauerverwaltungsaktes ist derjenige der letzten gerichtlichen Entscheidung. Eine Ausnahme ist nur dann anzuerkennen, wenn die einschlägigen gesetzlichen Regelungen des materiellen Rechts einen abweichenden Zeitpunkt bestimmen (BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -). Dies ist hier nicht der Fall.

9

Damit ist die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung, wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, auf der Grundlage des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV 2012) vom 15.12.2011 (GVOBl. 2013, S. 51), der in den meisten Bundesländern zum 01.07.2012 in Kraft trat, sowie des schleswig-holsteinischen Gesetzes zur Ausführung des Ersten Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AG GlüStV 2012) vom 01.02.2013 (GVOBl. 2013, 64) zu beurteilen. Hiernach entfaltet der GlüStV 2012 in Schleswig-Holstein Geltung seit dem 08.02.2013. Die genannten Vorschriften sind im Übrigen auch Gegenstand der erforderlichen unionsrechtlichen Notifikation nach der Richtlinie 98/48/EG vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217 v. 05.08.1998, S. 18) gewesen.

10

Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Untersagungsverfügung ihre Grundlage in § 9 Abs. 1 GlüStV 2012 findet. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 hat die Glücksspielaufsicht, hier gem. § 6 Abs. 2 Nr. 3 AG GlüStV 2012 der Antragsgegner, die Aufgabe, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nach diesem Staatsvertrag zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel unterbleibt. In Erfüllung dieser Aufgaben kann sie gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2012 kann sie insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Insoweit ist indes klarzustellen, dass die Untersagungsverfügung nicht, wie das Verwaltungsgericht missverständlich festgestellt hat, als sog. „Minusmaßnahme“ auf diese Vorschrift zu stützen ist, sondern eine der regulären Maßnahmen darstellt, wie sie in nicht abschließender Weise in § 9 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2012 benannt werden.

11

Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 liegen vor. Es handelt sich zunächst bei den von der Antragstellerin beabsichtigten Sportwetten um ein Glücksspiel i.S.d. GlüStV 2012. Letzteres ist in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 legal definiert als Spiel, bei welchem für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2012 sind Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses Glücksspiele, wobei nach Satz 4 Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen sind. Da ein in Bezug auf die jeweilige Sportart durchschnittlich Kundiger kaum die Fähigkeit hat, vor Beginn des sportlichen Wettkampfes mit dem Anspruch auf objektive Richtigkeit dessen Ergebnis vorherzusagen, solange keine unzulässige Manipulation vorliegt, hängt der Ausgang der Wette jedenfalls nur zu einem geringen Anteil von den durch die Wettenden zu beeinflussenden Umständen und ganz überwiegend vom Zufall ab. Das Zufallsprinzip wird erst recht deutlich, wenn nicht auf bestimmte Sportereignisse abgestellt wird, sondern auf mehrere aus einer Vielzahl von Ereignissen. Auch wenn nicht in Abrede zu stellen ist, dass Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Sportwesens die Chance, einzelne Ergebnisse richtig vorherzusagen, verbessern können, schließt dies die Zufälligkeit des Erfolgs nicht aus. Das Sportgeschehen, soweit es wettkampforientiert ist, gewinnt seinen Reiz für Dritte gerade durch die Ergebnisoffenheit. Außerdem darf das Wettangebot gerade nicht ausschließlich aus der Sicht einzelner, mit den jeweiligen Verhältnissen besonders vertrauter Spieler bewertet werden. Es richtet sich nicht an spezifische Interessentenkreise, sondern an einen unbestimmten Personenkreis mit unterschiedlichen Kenntnissen und Erfahrungen (st. Rspr., BVerwG, Urt. v. 23.08.1994 - 1 C 18.91 -, NVwZ 1995, 475, 476; Urt. v. 28.03.2001 - 6 C 2.01 -, NJW2001, 2648, 2648; Urt. v. 21.06.2006 - 6 C 19.06 -, NVwZ 2006, 1175, 1177. Mit vergleichbarer Begründung auch zum Beispiel des Poker-Spiels BVerwG, Urt. v. 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NJW 2012, 2299, 2300; BayVGH, Beschl. v. 07.03.2012 - 10 CS 10.1347 - ). Sofern Schwierigkeiten in Folge eines uneinheitlichen Verständnisses zwischen dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff i.S.d. § 284 StGB und dem ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriff i.S.d. § 3 Abs. 1 GlüStV 2012 prognostiziert werden und daher eine einheitliche Auslegung beider Begrifflichkeiten gefordert wird (Kruis, Verwaltungsakzessorietät und Einheit der Rechtsordnung - Plädoyer für eine einheitliche Auslegung des Glücksspielbegriffs in § 284 StGB, § 33 h GewO und § 3 I GlüStV, NVwZ 2012, 797), so bezieht sich diese Auseinandersetzung lediglich auf die Frage der Höhe des zu leistenden Entgeltes, nicht aber auf die Intensität des Zufallsmomentes (so auch BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, NVwZ 2014, 889, 890 f.; Urt. v. 09.07.2014 - 8 C 7.13 -, NJW2014, 3175, 3175).

12

Es handelt sich weiter auch um unerlaubtes Glücksspiel. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV 2012 dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und Vermitteln ohne diese Erlaubnis stellt unerlaubtes Glücksspiel dar und ist verboten. Nach § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 ist § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 entsprechend anzuwenden, soweit § 10 Abs. 6 GlüStV 2012, insbesondere im Rahmen einer zeitlich befristeten Experimentierklausel für Sportwetten, nicht anwendbar ist und die dort den Veranstaltern nach §10 Abs. 2 und 3 vorbehaltenen Glücksspiele nur mit einer Konzession veranstaltet werden dürfen. Auch gem. § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV 2012 bedarf die Vermittlung von Sportwetten in Sportvermittlungsstellen der Erlaubnis gem. § 4 Abs. 1 Satz 1. Die Voraussetzungen dieser formellen Illegalität liegen hier vor. Die Antragstellerin ist - bisher erfolglos - Beteiligte eines laufenden Konzessionsverfahrens im Rahmen der Experimentierklausel i.S.d. § 10a GlüStV und keine Erlaubnisinhaberin i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012.

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In der Rechtsfolge sieht § 9 Abs. 1 Sätze 2, 3 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Ermessensentscheidung vor, was auch der Antragsgegner zutreffend angenommen hat. Ermessensfehler i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO, die Gegenstand der richterlichen Nachprüfung sind, sind vorliegend nicht ersichtlich.

14

Wie das Verwaltungsgericht jedenfalls auch im Ergebnis anerkannt hat, vermag das allein formale Fehlen einer Konzession des Vermittlers i.S.d. § 4a GlüStV 2012 bzw. das allein formale Fehlen der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 erforderlichen Erlaubnis zum Entscheidungszeitpunkt eine umfassende glücksspielrechtliche Untersagung, wie sie hier Gegenstand der Untersuchung ist, noch nicht zu rechtfertigen. Das maßgebliche Konzessionsverfahren ist bisher nicht abgeschlossen und eine Beschleunigung liegt nicht in den Händen der Antragstellerin. Erst nach Abschluss des Konzessionsverfahrens kann sie um eine Erlaubnis i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 nachsuchen. Vorher bliebe ein entsprechender Antrag ohne Erfolgsaussichten. Solange dieser Schwebezustand ohne ein Zutun der Antragstellerin andauert, kann ihr das Fehlen einer Erlaubnis nicht angelastet werden (so auch OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -). Wollte man das Fehlen der Erlaubnis unabhängig von der realistischen Möglichkeit, eine solche zu erlangen, doch zum maßgeblichen Entscheidungskriterium machen, so liefe dies darauf hinaus, in unzulässiger Weise auf ein staatliches Monopol im Bereich der Sportwetten abzustellen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 12.06.2012 - 10 B 10.2959 -; VGH BW, Beschl. v. 30.08.2012-6 S 1083/12-).

15

Von einer Unzulässigkeit des staatlichen Monopols in diesem Bereich ist allerdings die Zulässigkeit des Erlaubnisvorbehalts gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 als solche unabhängig. Der Erlaubnisvorbehalt soll gewährleisten, dass Sportwetten nur durch zuverlässige Personen vermittelt werden, die einen ordnungsgemäßen, den gesetzlichen Vorgaben genügenden Vertrieb der Wettangebote sicherstellen (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, NVwZ 2011, 549, 552; vgl. im Anschluss OVG Schleswig, Beschl. v. 11.04.2011 - 4 MB 14/11 -). Insofern stellt es eine zulässige Vorgehensweise dar, im Kern der Ermessensentscheidung auf die materielle Erlaubnisfähigkeit des in den Blick genommenen Vorhabens abzustellen (so auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 640). Dies entspricht letztlich auch der Vorgehensweise des VG Hamburg, Beschl. v. 29.04.2013 - 4 E 331/12 -, S. 18 ff., die die Antragstellerin zur Untermauerung ihrer Argumentation herangezogen hat. Vorliegend hat der Antragsgegner eine solche materiell-rechtliche Überlegung auch von vornherein zum Gegenstand seiner Untersagungsverfügung gemacht. Er hat sie nicht erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens „nachgeschoben“ mit der Folge, dass sich die Untersagungsverfügung ihrem Wesen nach ändern würde, was einer zulässigen Ermessensergänzung i.S.d. §114 Satz 2 VwGO entgegenstehen würde (mit dieser Konsequenz auch VGH BW, Beschl. v. 30.08.2012 - 6 S 1083/12 -).

16

Bereits aus der Regelung des § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV mit ihrem Verweis auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 ergibt sich ferner, dass die Länder im Rahmen des stationären Vertriebs von Sportwetten über dieses Erlaubnisverfahren auch eine Zuständigkeit bzw. Entscheidungskompetenz hinsichtlich der materiellen Genehmigungsfähigkeit nach ihrem Landesrecht innehaben (vgl. Gebhardt, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage, 2013, § 10a, Rn. 26).

17

Im Zuge der Überlegungen zur materiellen Legalität bzw. zur materiellen Erlaubnisfähigkeit hat der Antragsgegner der Antragstellerin aus Verhältnismäßigkeitserwägungen vor Erlass der Untersagungsverfügung eine an die materiellen Voraussetzungen der Landesverordnung über den stationären Vertrieb von Sportwetten (Sportwettvertriebsverordnung - SVVO) vom 15. Juli 2013 (GVOBl. 2013, S. 319) gebundene Duldung in Aussicht gestellt. Soweit die Antragstellerin vorträgt, die SVVO vermöge schon mangels Eröffnung ihres Anwendungsbereichs nicht als taugliche Rechtsgrundlage hierfür zu dienen, folgt der Senat diesem Vorbringen nicht. Ungeachtet der Geltungserstreckung der SVVO auf den konkreten Fall kann das Erfordernis des Nachweises der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen als Minusmaßnahme auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 gestützt werden. Gegenüber der vollständigen Untersagung, die gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2012 grundsätzlich ein zulässiges Vorgehen der Aufsichtsbehörde darstellen kann, stellt die Duldung des Wettvertriebs bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens unter Wahrung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen für diesen Zeitraum eine weniger einschneidende Belastung der Antragstellerin dar. Das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. 22.07.2014 - 8 B 86/13 -) hat eine solche Überlegung mit Blick auf eine vergleichbare Praxis in Rheinland-Pfalz wie folgt gebilligt:

18

„Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die eben genannte [d.h. an die materielle Erlaubnisfähigkeit anknüpfende] Duldungspraxis die Berufs- und Dienstleistungsfreiheit verletzen sollte. Entgegen der Auffassung der Beschwerde werden die Sportwettenvermittler dadurch keiner Duldungspflicht unterworfen, vielmehr werden die nachteiligen Folgen der gesetzlichen Erlaubnispflicht für die Dauer des Konzessionsverfahrens vermindert.“

19

Der Antragsgegner hat jedoch schließlich zu Recht von einer solchen Duldung Abstand genommen, weil die Antragstellerin die entsprechenden Nachweise nicht erbracht hat. So entspricht etwa das von der Antragstellerin mit Schreiben vom 07.09.2014 vorgelegte Vertriebskonzept nicht den Anforderungen an die Darstellung des beabsichtigten Vorhabens hinsichtlich der Voraussetzungen der §§ 3 bis 12 SVVO, weil es über allgemeine Angaben hinaus keinerlei Aussagen zu den Betriebsstätten in Schleswig-Holstein enthält. Weiter wird etwa aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig ersichtlich, ob in den Räumlichkeiten weitere Unterhaltungsspielgeräte zu finden sein sollen, deren Vorhandensein ggf. einen Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 5 Abs. 3 Nr. 4 SVVO nach sich ziehen könnte. Insofern handelt es sich, anders als von der Antragstellerin vorgetragen, auch nicht um untergeordnete, unbedeutende Detailfragen, so dass die Frage einer Unverhältnismäßigkeit der Untersagungsverfügung angesichts dieser Geringfügigkeit dahinstehen kann.

20

Soweit grundsätzlich als milderes Mittel gegenüber einer vollständigen Untersagungsverfügung der Erlass von Nebenbestimmungen in Betracht kommt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 12.06.2012 - 10 B 10.2959 -), hat der Antragsgegner von dieser Möglichkeit ermessensfehlerfrei Abstand genommen. Der Erlass von Nebenbestimmungen bietet sich als milderes Mittel grundsätzlich dort an, wo die Sicherstellung der materiellen Erlaubnisvorschriften unsicher scheint und für die Zukunft sichergestellt werden soll. Dies trifft jedenfalls auf den Bereich des allgemeinen Gewerberechts zu, in welchem per definitionem die Ausführung nicht sozial unwertiger, auf Gewinnerzielung gerichteter und auf Dauer angelegter selbstständiger Tätigkeiten reglementiert wird (statt vieler nur Pielow, in: Pielow, Gewerberecht, Stand: 01.07.2014, § 1 GewO, Rn. 142 ff.). Hier herrscht der Grundsatz der Gewerbefreiheit (vgl. § 1 Abs. 1 GewO), von dem zugunsten einer besonderen Kontrollbedürftigkeit in bestimmten Bereichen Ausnahmen zu machen sind, die eine Erlaubnisbedürftigkeit der jeweiligen Tätigkeiten zur Folge haben. Um in diesen Ausnahmefällen die Verhältnismäßigkeit des Erlaubnisvorbehalts zu wahren, sind regelmäßig besagte Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der materiellen Erlaubnisfähigkeit vorrangig vor der Versagung der begehrten Erlaubnis in Betracht zu ziehen.

21

Auf den Bereich des Glücksspielwesens lässt sich diese Betrachtungsweise jedoch nicht ohne weiteres übertragen. Durch § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 hat der interföderale Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er zum Zwecke der präventiven Abwehr von Gefahren für die in § 1 GlüStV 2012 genannten Belange grundsätzlich ein unbedingtes Verbot unerlaubten Glücksspiels, welches als potentiell sozialschädlich eingeordnet wird, verankert wissen will. Eine allgemeine Glücksspielfreiheit besteht hier nicht. Zwar lässt sich aus diesem Unterschied zum allgemeinen Gewerberecht nicht ableiten, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit der in den Blick genommenen Tätigkeit bei der Entscheidung über die Untersagungsverfügung gänzlich außer Acht zu lassen ist (so wohl entgegen BVerwG Pagenkopf, Der neue Glücksspielstaatsvertrag - Neue Ufer, alte Gewässer, NJW 2012, 2918, 2920). Jedoch erscheint es zugunsten einer effektiven Gefahrenabwehr gerechtfertigt, dass es grundsätzlich in die Risikosphäre desjenigen, der eine erlaubnispflichtige Tätigkeit aufnimmt oder diese ohne die erforderliche Erlaubnis in seinen Räumen duldet, fällt, dass diese als solche materiell erlaubnisfähig ist. Ist dies nicht frei von Zweifeln oder sogar ernstlich zweifelhaft, rechtfertigt dies, den Antragsteller im Ergebnis an der formellen Illegalität seines Tuns festzuhalten und ihm die Fortsetzung der Tätigkeit bzw. deren Duldung insgesamt zu untersagen (so auch OVG Berlin, Beschl. v. 04.07.2012 - OVG 1 S 150.11 -). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erscheint es vorliegend gerechtfertigt, die Antragstellerin mit jenem Risiko zu belasten. Sie hat auch nach mehrfacher Aufforderung die erforderlichen Nachweise über die Gewährleistung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht erbracht, so dass erhebliche Zweifel an der Erfüllung derselben bestehen bleiben. Dementsprechend war vom Antragsgegner nicht (mehr) zu verlangen, diese Unsicherheit über die Erwägung entsprechender Nebenbestimmungen aufzufangen, sondern er konnte im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr eine umfassende Untersagungsverfügung erlassen. Auch die Überlegung des Antragsgegners, eine landesweite Untersagung sei erforderlich, weil ein isoliertes Vorgehen nur gegen die beiden Standorte in Lübeck und Norderstedt nicht gleich geeignet sei, den unerlaubten Wettvertrieb auch an anderen als den bekannten Standorten zu unterbinden, begegnet unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr keinen Bedenken (vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -).

22

Soweit der Antragsgegner sich mit diesem Vorgehen in der Sache an den materiellrechtlichen Vorschriften der SVVO orientiert, bestehen hiergegen auch keine durchgreifenden verfassungs- oder unionsrechtlichen Einwendungen. Soweit die Antragstellerin rügt, das „Duldungsregime“ des Antragsgegners bewege sich in einem Raum gänzlich frei von ermessensregulierenden Maßgaben, erweist sich dies als nicht zutreffend. Gerade durch die Zugrundelegung der Regelungen in der SVVO macht der Antragsgegner nachvollzieh- und vorhersehbar deutlich, welches seine Maßstäbe für die Annahme der materiellen Erlaubnisfähigkeit sind.

23

Soweit die Antragstellerin rügt, eine Notifikation der Vorschriften der SVVO i.S.d. Art. 8 der Richtlinie 98/34 EG sei nicht erfolgt, so greift diese Rüge mangels Notifikationserfordernis in diesem Fall nicht durch. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Voraussetzung für die Notifikationspflicht, dass es zu erheblichen Einschränkungen bei der Vermarktung durch die fragliche Vorschriften kommt (EuGH, Urt. v. 19.07.2012 - C-213/11, C-214/11 und C-217/11 -, Fortuna sp.z. o. o., NVwZ-RR 2012, 717, 718; vgl. mit diesem Kriterium auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 643). Berücksichtigt man, dass die hier angewendete SVVO in ihrer Fassung vom 15.07.2013 den GlüStV 2012 über die Verordnungsermächtigung des § 10 Nr. 5 AG GlüStV 2012 S-H in zulässiger Weise ausgestaltet und keine anderen als die in § 1 GlüStV 2012 genannten Zielsetzungen verfolgen will, sind Einschränkungen bei der Vermarktung, die über die Intensität des GlüStV 2012 bzw. des entsprechenden Ausführungsgesetzes hinausgehen, nicht ausreichend von der Antragstellerin vorgetragen oder aber im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung anderweitig ersichtlich.

24

Die Anwendung der Vorschriften der SVVO auf die Antragstellerin stellt auch keine unverhältnismäßige Beschränkung ihrer Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG dar oder verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.

25

Die Vorschriften der SVVO verfolgen mit der Sicherstellung der in § 1 GlüStV 2012 genannten Zielsetzungen einen legitimen Zweck. Die Festschreibung der gem. §§ 3 ff. SVVO zu erbringenden Nachweise bestimmter materiell-rechtlicher Anforderungen vermag diese Zielsetzung auch zumindest zu fördern. Mildere Mittel sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Auch hinsichtlich der Angemessenheit des Regelungsregimes der SVVO bestehen keine Bedenken. Die Vorschriften der SVVO stellen lediglich Ausübungsmodalitäten, nicht aber Zugangsschranken zur Ausübung des Berufsbildes des Wettunternehmers dar. Erstere sind wegen ihrer geringen Eingriffsintensität bereits zulässig, wenn sie aufgrund vernünftiger Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig erscheinen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Interessen des Gemeinwohls, denen die Regelung zu dienen bestimmt ist, umso stärker sein müssen, je empfindlicher die Berufsausübenden in ihrer Berufsfreiheit beeinträchtigt werden (st. Rspr. seit BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 -, NJW 1958, 1035, 1038; Hofmann, in: Schmidt- Bleibtreu/Hormann/Henneke, Grundgesetz, Kommentar, 13 Auflage, 2014, Art. 12, Rn. 52 m.w.N.). Dieser Grundsatz ist vorliegend mit Blick auf die Belange des § 1 GlüStV 2012 gewahrt. Es handelt sich bei diesen um Gemeinwohlbelange von einigem Gewicht, denen nachvollziehbare und zumutbare Anforderungen an die Ausgestaltung der Wettbetriebe und an den Nachweis über die Verlässlichkeit der Betriebsdurchführung gegenüber stehen.

26

Auch ein Ermessensfehler in Gestalt der Verletzung der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Anforderungen liegt nicht vor. Ermächtigt ein Gesetz, wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV 2012, dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Dies bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.07.2014 - 8 C 36/12 -).

27

Ernsthafte Anhaltspunkte für ein willkürlich ungleichmäßiges Vorgehen des Antragsgegners sind vorliegend jedoch weder aufgrund des Vortrags der Antragstellerin noch anderweitig ersichtlich. Zwar hat der Antragsgegner eingeräumt, dass gegenüber Wettbewerbern der Antragstellerin teilweise eine Duldung der formell illegalen Tätigkeit erfolgt. Er hat jedoch gleichzeitig deutlich gemacht, dass dieser Unterschied allein auf der materiellen Erlaubnisfähigkeit der Tätigkeit beruht, so dass sich das Abweichen des Ergebnisses gegenüber der Antragstellerin jedenfalls nicht als willkürlich darstellt. Das von der Antragstellerin vorgetragene Untersagungsregime bzw. dessen konkreter Vollzug durch die Behörden anderer Bundesländern vermag einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deswegen nicht zu begründen, weil nur der jeweils zuständige Normgeber verpflichtet ist, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich zu regeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -) bzw. es nur auf den behördlichen Vollzug desselben föderalen Hoheitsträgers ankommen kann (Krieger, in: Schmidt-Bleibtreu/Hormann/Henneke, Grundgesetz, Kommentar, 13 Auflage, 2014, Art. 3, Rn. 27). Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Länder seien im Rahmen des GlüStV 2012 zu einer einheitlichen Verwaltung zwingend verpflichtet, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Aus § 9a GlüStV 2012 lässt sich entnehmen, dass ein ländereinheitliches Verfahren nur in den dort enumerativ aufgezählten Bereichen vorgesehen ist, in den nicht genannten Konstellationen hingegen dementsprechend nicht greifen soll. Ein weitergehendes Verständnis im Sinne einer Pflicht zur umfassenden Länderkoordination erscheint im Übrigen auch im Hinblick auf die ohnedies zu wahrende horizontale Gesamtkohärenz (dazu sogleich) entbehrlich.

28

Schließlich stellt die auf den Regelungen der SVVO basierende Duldungs- bzw. Untersagungspraxis des Antragsgegners keine Verletzung der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV dar.

29

Zwar stellen der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV 2012 bzw. die Möglichkeit der Untersagung gem. § 9 Abs. 1 GlüStV 2012 eine rechtfertigungsbedürftige Einschränkung dieser Freiheit dar. Die vom EuGH aufgestellten und vom BVerwG näher ausgeführten Anforderungen an die Rechtfertigung dieser Beschränkung sind jedoch vorliegend erfüllt. Derartige staatliche Maßnahmen müssen nämlich mit dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot vereinbar sein, zwingende Gründen des Allgemeinwohls verfolgen, geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8C 12/10 -).

30

Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot i.S.d. Art. 57 Abs. 3 AEUV liegt nicht vor, weil die der Untersagungsverfügung des Antragsgegners zugrunde liegenden Rechtsnormen gleichermaßen für in- wie ausländische Betreiber gelten. Im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot ist auch eine Anerkennung der durch die ... Behörden erteilten Genehmigung der Tätigkeiten der Antragstellerin nicht geboten (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1423).

31

Es ist außerdem davon auszugehen, dass die bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten mit den ausweislich § 1 GlüStV 2012 verfolgten Zielen unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen (vgl. noch zum GlüStV 2008 BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 -, NVwZ 2011, 554, 560; EuGH, Urt. v. 12.06.2014 - C-156/13 -, Digibet und Albers, NVwZ 2014, 1001, 1001).

32

Weiter ist zu berücksichtigen, dass es im Glücksspielbereich an einer unionsrechtlichen Kompetenz zur Harmonisierung fehlt. Angesichts dessen bleibt es, dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung gem. Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV entsprechend, jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen und zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten in diesem Bereich vollständig oder teilweise zu verbieten oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu kontrollieren. Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist dabei allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1413; Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1423; BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12.10 -). Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung Zweifel an der Eignung der gesetzlichen Regelungen bzw. der Vollzugspraxis des Antragsgegners aufzuzeigen sucht, folgt der Senat diesen Bedenken nicht.

33

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH muss eine staatliche Regelung, die auf die Verfolgung zwingender Gründe des Allgemeinwohls gestützt wird, ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zu Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt. Dies ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung im jeweiligen Mitgliedstaat (EuGH, Urt. v. 6.11.2003 - C-243/01 -, Gambelli u.a., NJW 2004, 139, 140 f.; Urt. v. 03.06.2010 - C-258/08 -, Ladbrokes, NVwZ 2010, 1081, 1082; Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1414; Urt. v. 08.09.2010 -C-46/08-, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1424). Unter dem Kohärenzerfordernis ist dabei zweierlei zu verstehen: Zum einen erfordert es, dass der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich befolgen muss; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele, namentlich solche finanzieller Art, anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (vgl. nur EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -; BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 -, NVwZ 2011, 554, 561 f.). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Das Kohärenzgebot stellt dabei kein Uniformitätsgebot oder die Vorgabe einer Optimierung der Zielverwirklichung dar. Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch, wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - keine Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1416 und Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14/09 -, NVwZ 2011, 554, 562). Der EuGH hat mit der vorgenannten Rechtsprechung klargestellt, dass für die vorzunehmende Kohärenzprüfung auch Gegebenheiten aus einem oder mehreren anderen Glücksspielmarktsegmenten als dem konkret untersuchten von Bedeutung sein können, sodass dieses Kriterium nunmehr als Anforderung einer Gesamtkohärenz zu verstehen ist (Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S. 434).

34

Vorliegend bestehen nach der - im Rahmen der summarischen Überprüfung gebildeten - Überzeugung des Senats keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der sektorenübergreifenden Gesamtkohärenz der gerügten Untersagungsregelungen bzw. deren tatsächlicher Umsetzung. Soweit das Verwaltungsgericht jedoch hierzu lediglich ausgeführt hat, dass die Regelungen des Glücksspielrechts den aus der EuGH-Rechtsprechung folgenden Kohärenzanforderungen immer stärker nachgekommen seien, hält der Senat auch im Rahmen der gebotenen summarischen Betrachtung eine ausführlichere Begründung für angemessen:

35

Soweit das Bundesverwaltungsgericht - noch zum GlüStV 2008 - mit dem EuGH das Kohärenzgebot im Sinne einer Gesamtkohärenz interpretiert hat, hat es - ebenso wie der EuGH selbst - keine abschließende Aussage zur Gesamtkohärenz des deutschen Glückspielrechts getroffen (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13/09 -, NVwZ 2011, 549, 552). Eine entsprechende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes mit Blick auf den GlüStV 2012 steht, soweit ersichtlich, noch aus. Auch der EuGH hat im Rahmen seiner Digibet und Albers-Entscheidung vom 12.06.2014 (- C-156/13 -, NVwZ 2014, 1001, 1002) keine abschließende unionsrechtliche Einschätzung des GlüStV 2012 vorgenommen (mit dieser Einschätzung auch Hambach, Aktuelle Entwicklungen im Online-Glücksspielrecht: Keine Ruhe für den GlüStV, Kommunikation&Recht 2014, 570, 573).

36

Zunächst ist festzuhalten, dass mit dem Verwaltungsgericht nicht davon auszugehen ist, dass sich das vom Antragsgegner zugrunde gelegte Regelungsregime bzw. dessen Vollzug in der Praxis in nur vorgeschobener Weise an den Zielen des § 1 GlüStV 2012 orientiert. Die Tatsache allein, dass ein etwaiges fiskalisches Motiv im GlüStV 2012, z.B. in §10 Abs. 5, Niederschlag findet, erlaubt nicht per se die Schlussfolgerung, dieses Motiv sei in Wahrheit nicht nur willkommene Nebenfolge, sondern vielmehr - auch ohne Nennung in § 1 GlüStV 2012 - Hauptmotiv der Regelung (Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S.412). Über die allgemeine Kritik am geltenden Glücksspielrecht hinausgehende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die legitimen Ziele des GlüStV 2012 nur scheinheilig verfolgt, hat die Antragstellerin nicht vorbringen können.

37

Im Übrigen hatte der EuGH in seinem Urteil vom 08.09.2010 in der Rechtssache ... u.a. Zweifel am Bestehen einer Gesamtkohärenz insbesondere im Hinblick auf die staatliche Werbetätigkeit im Lotteriebereich, die abweichende Regulierung der Pferdesportwetten sowie die Ausgestaltung des Glücksspielrechts im Bereich der Spielbanken und der gewerblichen Automatenspiele zum Ausdruck gebracht (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C- 316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1415 f.). Diesen Zweifeln dürfte mittlerweile im Zuge der Evaluation und Weiterentwicklung durch den GlüStV 2012 in unionskonformer Weise Rechnung getragen worden sein. Im GlüStV 2012 werden nunmehr neben den allgemeinen Sportwetten, die gem. § 10a GlüStV 2012 - wenn auch in begrenztem Rahmen - einer Privatisierung zugänglich sind, gem. §§ 2 Abs. 5, 27 GlüStV 2012 auch die Pferdesportwetten erfasst. Insoweit wird zwischen beiden Glücksspielsegmenten ein Gleichlauf hergestellt. Im Rahmen des § 5 Abs. 2 bis 4 GlüStV 2012 findet sich überdies ein differenziertes - am unterschiedlichen Gefährdungspotential der Glücksspielarten sowie am unterschiedlichen Wirkpotential der Werbung in verschiedenen Verbreitungsmedien orientiertes - Regime bezüglich der zulässigen Werbung für öffentliches Glücksspiel, welches für staatliche und private Anbieter gleichermaßen gilt. Hinsichtlich der Spielbanken (vgl. §§ 2 Abs. 2, 20 GlüStV 2012) und Spielhallen (vgl. §§ 2 Abs. 3, 24 -26 GlüStV 2012) liegt ebenfalls eine gegenüber der früheren Rechtslage intensivierte Regelung vor. Auch insoweit ist davon auszugehen, dass sich Zweifel an der Regelungskohärenz mit Blick auf die nunmehr jedenfalls nicht mehr stärker reglementierten Sportwetten ausräumen lassen (vgl. zum Ganzen Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S. 436 ff.).

38

Eine Missachtung des Kohärenzgebotes zeigt die Beschwerdebegründung bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung auch nicht insoweit auf, als darin geltend gemacht wird, der Antragsgegner würde mit seiner Untersagungspraxis im Unterschied zu den anderen Bundesländern ein wesentlich restriktiveres und um einiges intensiver belastendes Regelungsregime vollziehen. In dieser Frage ist der Antragstellerin zwar darin Recht zu geben, dass sich ein Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht auf Umstände, die sich aus seiner internen Rechts- und Verfassungsordnung ergeben, berufen kann, um die Nichteinhaltung unionsrechtlicher Verpflichtungen zu rechtfertigen. Vielmehr müssen im Rahmen eines föderalen Staatsaufbaus Bund und Länder gemeinsam daran arbeiten, dass die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV zu wahren, nicht verletzt wird (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; VGH München, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568 - ). Dieser Grundsatz gilt sinngemäß auch im Verhältnis der Bundesländer untereinander. Allerdings liegt nach der Rechtsprechung des EuGH ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot auch in horizontaler Hinsicht, d.h. hinsichtlich der verschiedenen Rechtsträger in der Bundesrepublik, nur vor, wenn feststeht, dass das mit einer einschränkenden Regelung verfolgte Schutzziel mit dieser Regelung nicht mehr wirksam verfolgt werden kann. Auch hier ist eine Optimierung der Zielverwirklichung unionsrechtlich nicht geboten. Entsprechend der oben dargelegten Rechtsprechung des EuGH in Ansehung des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche auf Grund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Im Rahmen einer föderalen Kompetenzordnung gilt dies für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber (BVerwG, Urt. v. 20.06.2013 - 8 C 10/12 -, NVwZ 2014, 181, 188; VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 642; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568 - in Anlehnung an EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425).

39

Im Hinblick auf die vom Antragsgegner vorgetragene Untersagungspraxis in anderen Bundesländern, etwa in Rheinland-Pfalz, und angesichts der durch die Rechtsprechung belegten und für erforderlich gehaltenen Praxis, eine Untersagung des Sportwettenvertriebes von der Einhaltung materieller Erlaubnisvoraussetzungen abhängig zu machen - was letztlich dem von der Antragstellerin gerügten „Duldungsmodell“ entspricht -, ist nicht ausreichend vorgetragen oder bei der gebotenen summarischen Prüfung anderweitig ersichtlich, dass die Verfolgung der glücksspielrechtlichen Zielsetzungen unter anderen Hoheitsträgern als dem Antragsgegner tatsächlich konterkariert würde. Im Hinblick auf diese Frage verdient im Übrigen auch der Gedanke, ob überhaupt ein überregionaler - möglicherweise zu Konterkarierung führender - Wettbewerb besteht, Beachtung: Anders als z.B. bei über das Internet zugänglichen Glücksspielen, ist es nicht ohne weiteres vorstellbar, dass die in Schleswig-Holstein geltenden Rahmenbedingungen zur Begrenzung des Sportwetten-Glücksspiels den ihnen zugedachten Zweck nicht mehr erfüllen können, wenn andere Bundesländer möglicherweise weniger strenge Anforderungen stellen. Denn anders als z.B. im Internetvertrieb ist die Wahrscheinlichkeit als eher gering einzuschätzen, dass Glücksspieler oder zum Glücksspiel geneigte Personen, die dieses Verlangen wegen der strengeren Anforderungen in Schleswig-Holstein nicht in dem von ihnen gewünschten Maß befriedigen können, ohne weiteres auf terrestrische Wettvertriebe in den weniger strengen Bundesländern ausweichen (mit einem vergleichbaren Gedankengang hinsichtlich Spielbanken BayVGH, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568-).

40

Unabhängig von der Frage, ob sich die angefochtene Verfügung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und deshalb die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach den eingangs genannten Maßstäben ausscheidet, führte auch eine Interessenabwägung im Übrigen nicht zu einem anderen Ergebnis. In die Interessenabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind u.a. die Möglichkeit des Eintritts nicht wieder rückgängig zu machender Folgen durch den sofortigen Vollzug, das Gewicht der dem Betroffenen auferlegten Belastung sowie die Dringlichkeit der baldigen Vollziehung und das Gewicht der damit verfolgten Schutzinteressen (vgl. Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage, 2011, Rn. 984 ff.). Führt man diese Gesichtspunkte im vorliegenden Verfahren einer umfassenden Abwägungsentscheidung zu, überwiegen die zugunsten des Antragsgegners zu berücksichtigenden Aspekte. Zwar ist die Antragstellerin belastet durch die ihr drohenden Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners in Form der Verhängung eines Zwangsgeldes i.H.v. 25.000 €, welches letztlich auch einhergeht mit dem Stigma der fehlenden Rechtstreue der Antragstellerin. Darüber hinaus hat die Antragstellerin allerdings - von der Darlegung des ihrer Ansicht nach geltenden allgemeinen Grundsatzes der glücksspielrechtlichen Betätigungsfreiheit abgesehen - nicht dargelegt, welche konkreten wirtschaftlichen Konsequenzen ihr aus der vorläufigen Befolgung der Untersagungsverfügung drohen, insbesondere in welcher Höhe ihr Ausfälle in Umsatz und Gewinn drohen und in welchem Verhältnis diese zu den anderweitigen Einnahmen aus den u.a. im Vertriebskonzept zahlreich benannten Vertriebsstellen in anderen Bundesländern stehen. Unabänderliche Konsequenzen infolge der sofortigen Vollziehbarkeit sind damit ebenso wenig ersichtlich wie eine ernsthaft existentielle Bedrohung der Antragstellerin. Zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit streiten weiter die bereits genannten glücksspielrechtlichen Zielsetzungen, die als Allgemeinwohlbelange von einigem Gewicht einzuordnen sind. Diese überwiegen die für den Senat ersichtlichen Belastungen der Antragstellerin (vgl. auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014-6 S 215/14-, NVwZ-RR 2014, 640, 643).

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

42

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

43

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der der Klägerin die Annahme und die Vermittlung von Sportwetten untersagt wurde. Darüber hinaus wendet sie sich gegen zwei Zwangsgeldfestsetzungsbescheide.

2

Die Klägerin vermittelte im März 2010 in ihrer Betriebsstätte W.straße ... in L. Sportwetten an einen privaten Wettunternehmer. Daraufhin untersagte ihr die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD) mit Ordnungsverfügung vom 19. April 2010 auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV 2008, GVBl. RP 2007, 244) i.V.m. §§ 6, 11 des Landesgesetzes zu dem Glücksspielstaatsvertrag (Landesglücksspielgesetz - LGlüG, GVBl. RP 2007, 240) in ihren Geschäftsräumen sowie im gesamten Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz die Annahme und Vermittlung von Sportwetten aller Anbieter, die nicht über eine Erlaubnis des Landes Rheinland-Pfalz nach dem Landesglücksspielgesetz verfügten, und forderte sie auf, den Betrieb der Annahmestelle für Sportwetten einzustellen. Außerdem ordnete die Behörde die Einstellung der Werbung für Sportwetten an. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe in ihren Betriebsräumen ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis Sportwetten angenommen und vermittelt. Sie habe auch keine Aussicht, eine Erlaubnis zu erhalten, weil die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Interesse der Eindämmung und Lenkung des Spieltriebs der Bevölkerung in Deutschland monopolisiert sei. Auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin sei keine andere Ermessensentscheidung möglich.

3

Nachdem der Beklagte festgestellt hatte, dass die Klägerin weiterhin Sportwetten vermittelte und die Werbung hierfür nicht eingestellt hatte, setzte die ADD mit Bescheiden vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 die angedrohten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 25 000 € fest. Die hiergegen erhobenen Widersprüche wurden nicht beschieden. Die Klägerin beglich die Zwangsgelder am 27. Oktober 2011 und am 5. Dezember 2011.

4

Den Widerspruch der Klägerin gegen die Untersagungsverfügung wies die ADD mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 zurück. Da es sich bei der Untersagung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei maßgeblich auf die derzeitige Sach- und Rechtslage abzustellen. Die von der Klägerin vermittelten Sportwetten wären als öffentliches Glücksspiel nur erlaubt, wenn dafür eine Erlaubnis nach § 6 Abs. 1 LGlüG i.V.m. § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 vorliege. Daran fehle es jedoch. Im Herbst 2010 sei das Erlaubnisverfahren auch für die private Vermittlung von Sportwetten vorsorglich eröffnet worden. Sofern einem Veranstalter eine Erlaubnis erteilt werde, könne für diesen Veranstalter auch eine Vermittlungserlaubnis beantragt werden. Im Fall der Klägerin lägen beide Erlaubnisse derzeit nicht vor. Die Voraussetzungen für deren Erteilung seien auch nicht offensichtlich erfüllt. Nach nochmaliger Ermessensausübung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes werde die Untersagung zur Durchsetzung der Ziele des § 1 GlüStV 2008 aufrechterhalten.

5

Am 30. April 2012 hat die Klägerin Klage gegen die Untersagungsverfügung erhoben, in die sie im Dezember 2012 die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide einbezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20. Juni 2013 den Bescheid vom 19. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2012 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben und festgestellt, dass die Untersagungsverfügung im Zeitraum von ihrer Bekanntgabe am 5. Mai 2010 bis zur Eröffnung des Erlaubnisverfahrens am 8. November 2010 rechtswidrig gewesen sei; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

6

Im Berufungsverfahren, dessen Gegenstand nur noch die Untersagungsverfügung für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 3. April 2012 sowie die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide waren, hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 1. Juli 2014 das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert. Es hat die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 sowie die betriebsstättenbezogenen Anordnungen der Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 aufgehoben und weiterhin festgestellt, dass die Untersagungsverfügung im Zeitraum vom 6. Dezember 2011 bis zum 3. April 2012 rechtswidrig gewesen sei; die weitergehende Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.

7

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide seien rechtswidrig, weil ihnen im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Zwangsmittelverfahrens, also am 5. Dezember 2011, eine rechtmäßige Grundlage gefehlt habe. Die ihnen zugrunde liegende und nicht bestandskräftige Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 sei zu diesem Zeitpunkt ermessensfehlerhaft gewesen, weil sie auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt gewesen sei. Der Beklagte habe zwar nach Abschluss der Zwangsmittelverfahren seine Ermessensausübung modifiziert und die Zurückweisung des Widerspruchs durch Bescheid vom 27. März 2012 mit dem Fehlen einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis begründet. Diese Änderung der Ermessensausübung hinsichtlich der Untersagungsverfügung wirke aber weder auf den Zeitpunkt ihres Erlasses noch auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Zwangsmittelverfahren zurück.

8

Die betriebsstättenbezogenen Anordnungen der Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 seien für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 rechtswidrig gewesen, weil sie ermessensfehlerhaft mit dem Sportwettenmonopol begründet worden seien. Das Sportwettenmonopol sei in diesem Zeitraum schon wegen der Werbung des Monopolträgers für die Sportwette Oddset und für andere Monopolangebote als Sportwetten sowie der im Rahmen des deutschen Lotto- und Totoblocks abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke sowohl nach europarechtlichen als auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben zu beanstanden. Soweit sich der Beklagte auf seine Bereitschaft berufe, seit dem Herbst 2010 auch privaten Wettveranstaltern und Wettvermittlern die erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnisse zu erteilen, habe das keinen Eingang in die Ermessensbetätigung gefunden. Erst im Widerspruchsbescheid, also zeitlich nach dem hier maßgeblichen Zeitraum, habe sich der Beklagte auf den Erlaubnisvorbehalt berufen.

9

Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend: Das angefochtene Urteil verletze § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Das Widerspruchsverfahren sei kein gesondertes zusätzliches Verwaltungsverfahren, sondern bilde mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit. Bei der gebotenen gemeinsamen Überprüfung von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid liege kein Ermessensfehler vor. Außerdem habe das Oberverwaltungsgericht die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB missachtet. Bei zutreffender Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 sei davon auszugehen, dass auch dieser schon maßgeblich auf den Erlaubnisvorbehalt und erst nachrangig auf das Monopol gestützt gewesen sei. Ferner sei das Berufungsgericht von einem unzulässig engen Werbebegriff ausgegangen, der weder mit Gemeinschaftsrecht noch mit deutschem Gesetzesrecht in Einklang stehe. Es sei auch nicht überzeugend, ein strukturelles Vollzugsdefizit darin zu sehen, dass im gesamten entscheidungserheblichen Zeitraum systematisch gegen die Werbebeschränkungen verstoßen worden sei. Die glücksspielrechtliche Betätigung der Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt offensichtlich erlaubnisfähig gewesen. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Februar 2016 in der Rechtssache - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Sebat Ince - könne die Klägerin nichts für sich herleiten. Schließlich seien auch die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide rechtmäßig.

10

Im Laufe des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Untersagung für den Zeitraum vom 6. Dezember 2011 bis zum 3. April 2012 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

11

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. Juli 2014 zu ändern und die Berufung der Klägerin hinsichtlich der betriebsstättenbezogenen Untersagungsverfügung des Beklagten (Ziff. 1, 3, 4, 5, 6 ,8, 9 und 10) für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 sowie hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Das im November 2010 in Rheinland-Pfalz eröffnete Erlaubnisverfahren sei ein unzureichendes "Alibiverfahren" gewesen, dem es an der erforderlichen Transparenz gefehlt habe. Privaten Sportwettenanbietern seien keine Erlaubnisse erteilt worden. Auch der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 4. Februar 2016 die übergangsweise Durchführung eines provisorisch eingerichteten Erlaubnisverfahrens nicht als unionsrechtskonforme Ausgestaltung des Monopols gewertet.

Entscheidungsgründe

14

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Insoweit sind die Urteile der Vorinstanzen klarstellend für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Da seine Tatsachenfeststellungen keine abschließende Entscheidung zulassen, war das angegriffene Urteil, soweit es den verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Untersagungsverfügung und die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide betrifft, aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

15

1. Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage gegen die angegriffene Untersagungsverfügung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig ist. Sie ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels Zwangsgeldes statthaft, weil insoweit noch eine Beschwer durch die betriebsstättenbezogenen Anordnungen bezüglich des bereits abgelaufenen Zeitraums vorliegt.

16

Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet. Das ist der Fall, wenn sie die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die Vollstreckung mittels Zwangsgeldes, weil sie bei Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden kann. Die Rückzahlung eines gezahlten Zwangsgeldes kann nicht auf dem Weg über ein Schadensersatzverlangen auf die Sekundärebene verschoben werden, sondern setzt die Beseitigung der Grundverfügung voraus, die der Vollstreckung zugrunde liegt. Wird ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier die Untersagungsverfügung - nur in bestimmten Abschnitten seines Geltungszeitraums zwangsweise durchgesetzt, genügt es zur Rückabwicklung der Vollstreckung, die Untersagungsverfügung in Ansehung des Zeitraums zu beseitigen, in welchem sie zwangsweise durchgesetzt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 - juris Rn. 19 f.).

17

Im vorliegenden Fall wurde die Untersagungsverfügung mit Zwangsgeldfestsetzungen durchgesetzt, bis die Klägerin am 5. Dezember 2011 das Zwangsgeld in gesamter Höhe beglichen und den Betrieb der Sportwettenvermittlung - bis zur späteren Wiederaufnahme aufgrund einer vom Beklagten erteilten Duldung - eingestellt hat. In Ansehung dieser Zwangsvollstreckung ist die Anfechtungsklage statthaft.

18

Die Anfechtung der Zwangsgeldfestsetzungen vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls zu Recht für zulässig gehalten. Dass die von der Klägerin gegen die beiden Bescheide eingelegten Widersprüche nicht beschieden wurden, steht der Zulässigkeit der Klage gemäß § 75 VwGO nicht entgegen.

19

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Anfechtungsklage sei für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 sowie hinsichtlich der beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide auch begründet, hält jedoch der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Das angefochtene Urteil steht insoweit nicht im Einklang mit Bundesrecht, weil es § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

20

a) Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Beklagten die bundesrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB bei Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 nicht missachtet. Diese Bestimmungen sind auf öffentlich-rechtliche Erklärungen entsprechend anzuwenden. Bei Verwaltungsakten kommt es wie bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen auf den objektiven Erklärungswert an. Maßgeblich ist, wie der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und deren objektiver Gehalt unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts zu ermitteln (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 27). Die Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 durch das Oberverwaltungsgericht genügt diesen Anforderungen. Sie hat den objektiven Erklärungswert dieses Bescheids mit der Annahme, die Untersagungsverfügung sei maßgeblich mit dem staatlichen Glücksspielmonopol begründet, das einen Antrag auf Erteilung der erforderlichen Erlaubnis für die Klägerin und den Wettanbieter aussichtslos erscheinen lasse, zutreffend erfasst.

21

b) Das Berufungsurteil beruht jedoch auf einer unzutreffenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Seine Annahme, der Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 einschließlich der darin enthaltenen Ermessenserwägungen sei nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

22

Gegenstand der Anfechtungsklage ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Das in §§ 68 ff. VwGO geregelte Widerspruchsverfahren ist kein gesondertes Verwaltungsverfahren, sondern bildet mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit, das erst mit einem etwaigen Widerspruchsbescheid abgeschlossen wird (BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1989 - 8 C 14.88 - BVerwGE 84, 178 <181> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Diese Einheit setzt sich im gerichtlichen Verfahren fort, wie § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zeigt. Der Widerspruchsbehörde kommt im Überprüfungsverfahren eine umfassende Kontrollbefugnis zu. Sie hat grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Ausgangsbehörde. Sie ist zur Änderung, Aufhebung und Ersetzung des Ausgangsbescheids einschließlich seiner Begründung und Ermessenserwägungen befugt (BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1978 - 7 C 68.77 - BVerwGE 57, 130 <145>; vom 11. Februar 1999 - 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 <280> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Der Widerspruchsbescheid gibt dem Ausgangsbescheid seine endgültige und für den Verwaltungsprozess maßgebliche Gestalt. Dementsprechend ist der gerichtlichen Prüfung der ursprüngliche Verwaltungsakt mit dem Inhalt und der Begründung zugrunde zu legen, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat (BVerwG, Urteil vom 25. März 1981 - 8 C 69.80 - BVerwGE 62, 80 <81>). Trifft die Widerspruchsbehörde eine eigene Ermessensentscheidung, so tritt diese an die Stelle derjenigen der Ausgangsbehörde und führt bei - auch erstmaligen - Fehlern zugleich zur Aufhebung des Ermessensverwaltungsaktes (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 68 Rn. 14 und § 73 Rn. 13; Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 79 Rn. 22).

23

Nach diesen Grundsätzen hätte das Oberverwaltungsgericht die gerichtliche Kontrolle nicht auf den Ausgangsbescheid vom 19. April 2010 beschränken dürfen, sondern hätte den Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 einschließlich der darin enthaltenen Ermessenserwägungen in seine Prüfung einbeziehen müssen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - (BVerwGE 147, 81 Rn. 32) nichts Anderes entnehmen. Es betrifft die Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO, das hier erst nach Ergehen des Widerspruchsbescheides eingeleitet wurde. Der vom Oberverwaltungsgericht aus dem zitierten Urteil gezogene Schluss, auch in einem vor Klageerhebung abgeschlossenen Widerspruchsverfahren sei eine Änderung der Ermessenserwägungen nicht zulässig, wenn die ursprüngliche Ermessensentscheidung im Kern ausgewechselt werde, findet in dieser Entscheidung keine Grundlage. Der von der Klägerin zur Frage der Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen im Verwaltungsverfahren angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedurfte es nicht, weil ein unionsrechtlicher Bezug dieser Frage im Sinne von Art. 267 Abs. 1 AEUV nicht gegeben ist. Der Berücksichtigung des Widerspruchsbescheids im berufungsgerichtlichen Verfahren steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Klägerin ihren in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht formulierten Antrag ausdrücklich auf den Ausgangsbescheid vom 19. April 2010 beschränkt hat. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO stellt insoweit klar, dass für die Prüfung des Ausgangsbescheids die Gestalt maßgeblich ist, die dieser durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 79 Rn. 6) und entzieht den Parteien insoweit die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand. Ob und inwieweit Verwaltungsverfahrensrecht und § 114 Satz 2 VwGO einer gerichtlichen Berücksichtigung völlig neuer Ermessenserwägungen in einem erst nach Klageerhebung ergangenen Widerspruchsbescheid entgegenstehen können, muss hier nicht geklärt werden, weil das Widerspruchsverfahren bereits vor Klageerhebung abgeschlossen wurde.

24

3. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Es könnte sich trotz des Verstoßes gegen § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Ergebnis als richtig erweisen, wenn auch die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2012 die Untersagung der Sportwettenvermittlung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht rechtfertigen könnte.

25

Anders als der ursprüngliche Verwaltungsakt hat die Widerspruchsbehörde das Vermittlungsverbot im Widerspruchsbescheid jedenfalls für den noch streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 8. November 2010 maßgeblich damit begründet, dass im Herbst 2010 in Rheinland-Pfalz ein Erlaubnisverfahren für Private eröffnet worden sei, die Klägerin aber nicht über die erforderliche Erlaubnis verfüge. Auf diese Begründung kann das Untersagungsermessen jedoch nur dann gestützt werden, wenn das Erlaubnisverfahren geeignet war, die Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols zu beheben. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das rheinland-pfälzische Sportwettenmonopol im verfahrensgegenständlichen Zeitraum rechtswidrig war (a). Es hat jedoch - aus seiner Sicht folgerichtig - keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob das in Rheinland-Pfalz im Herbst 2010 für Private eröffnete Erlaubnisverfahren geeignet war, die Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols zu beheben (b). Da die Tatsachenfeststellungen des Berufungsurteils für eine abschließende Entscheidung des Senats insoweit nicht ausreichen, ist das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

26

a) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das staatliche Sportwettenmonopol sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unions- und verfassungsrechtlich unzulässig gewesen, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Seine Auffassung, das staatliche Monopol habe wegen der im Rahmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke sowie wegen der Werbung des Monopolträgers für die Sportwette Oddset und für andere Monopolangebote als Sportwetten dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot nicht genügt, ist revisionsrechtlich fehlerfrei. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht den Begriff der Werbung nicht unzulässig verengt. Es hat dem angefochtenen Urteil die einschlägige bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung sowie diejenige des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt. Gegen die Anwendung dieser Grundsätze ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (zum Werbebegriff vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 35). Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben wurden und an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), betreibt der Beklagte Werbemaßnahmen zusammen mit anderen im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengefassten Monopolträgern unter einer landesgrenzenübergreifend abgestimmten und systematisch umgesetzten Dachmarkenstrategie. Das Oberverwaltungsgericht ist weiterhin davon ausgegangen, dass es unabhängig hiervon auch wegen der Jackpot-Werbung für die Lotterie "6 aus 49" an der erforderlichen Binnenkohärenz des staatlichen Sportwettenmonopols fehlte. Weiterhin hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Präsentation der Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau, die Übertragung der Ziehung der Lottozahlen im Fernsehen und die Jackpot-Werbung für die Lotterie "6 aus 49" im Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 nicht nur in einzelnen Fällen, sondern systematisch die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung über einen längeren Zeitraum missachteten. Dass das Berufungsgericht aus dieser systematischen Missachtung der Werbebeschränkungen auf ein strukturelles Vollzugsdefizit geschlossen hat, steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 50). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der gegenteiligen Auffassung des Beklagten fest.

27

b) Ob das im Herbst 2010 in Rheinland-Pfalz für Private eröffnete Erlaubnisverfahren geeignet war, das unionsrechtswidrige staatliche Sportwettenmonopol zu beheben, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend beurteilt werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf ein mit dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbares staatliches Sportwettenmonopol auch für eine Übergangszeit nicht weiter angewandt werden (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-409/06 [ECLI:EU:C:2010:503], Winner Wetten - Rn. 69 und vom 24. Januar 2013 - C-186/11 [ECLI:EU:C:2013:33], Stanleybet - Rn. 38.). Zwar kann für eine Übergangszeit bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung das Erlaubnisverfahren für Private eröffnet werden (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 57). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht jedoch die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV der strafrechtlichen Ahndung unerlaubter Sportwettenveranstaltung und -vermittlung entgegen, wenn das für Private eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent, diskriminierungsfrei und gleichheitsgerecht ausgestaltet ist oder praktiziert wird und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer zwar theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder die Vermittlung von Sportwetten erhalten kann, die Kenntnis über das Erlaubnisverfahren aber nicht sichergestellt ist. Insoweit verlangt das unionsrechtliche Transparenzgebot, dass die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen in einer Weise öffentlich bekannt gemacht werden, die potenziellen privaten Veranstaltern oder Vermittlern von Sportwetten die Kenntnisnahme ermöglicht (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Sebat Ince - Rn. 55, 57, 65).

28

Ebenso wenig wie private Wettanbieter oder Wettvermittler nicht wegen Verstoßes gegen den Erlaubnisvorbehalt strafrechtlich sanktioniert werden können, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch ein staatliches Sportwettenmonopol fortbesteht, kann in einem solchen Fall das Fehlen einer Erlaubnis eine Untersagung der Sportwettenvermittlung begründen. Ob das in Rheinland-Pfalz im Herbst 2010 für private Veranstalter und Vermittler von Sportwetten eröffnete Erlaubnisverfahren den dargelegten Anforderungen genügte oder ob ein faktisches Sportwettenmonopol fortbestand, was insbesondere zuträfe, wenn die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen nicht öffentlich bekannt gemacht worden wären, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend entscheiden. Dies wird das Berufungsgericht im zurückverwiesenen Verfahren zu klären haben. Bei dieser Sachlage war die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der auf die Auslegung des Art. 56 AEUV sowie auf das Erlaubnisverfahren bezogenen Fragen nicht geboten. Angesichts der Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht sind diese Fragen nicht entscheidungserheblich.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 06. April 2016 - 5 K 650/16 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.01.2016, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“, ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen, ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen (Ziff. 1) und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben.
Das Verwaltungsgericht, das auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV (in der Fassung des Art. 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GBl. 2012, S. 385 ff.) gestützte Untersagungsverfügung voraussichtlich rechtmäßig sei, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, an dessen Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Unionsrecht keine Zweifel bestünden, Sportwetten in einer Gaststätte vermittele, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und überdies Geldspielgeräte aufgestellt seien. Auf die Frage, ob die Untersagung mit dem bloßen Fehlen einer Erlaubnis begründet werden könne und wie im Hinblick auf die ausstehende Konzessionsvergabe zu verfahren sei, komme es nicht an, da das Regierungspräsidium die Untersagung gerade nicht hierauf gestützt habe.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers ohne Erfolg.
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung aller Voraussicht nach rechtmäßig ist. Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben hat, kann eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung darauf gestützt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten, für die eine Erlaubnis nicht vorliegt, nicht erlaubnisfähig ist, weil sie in einer Gaststätte erfolgt, in der - wie im Fall des Antragstellers - alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. grundlegend den Beschluss des Senats vom 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640). Das Trennungsgebot als materiell-rechtliche Voraussetzung der Sportwettvermittlung findet seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG. Diese Vorschrift beruht in ihrer derzeitigen Fassung vom 01.12.2015 (GBl. S. 1033) auf der genannten Rechtsprechung des Senats zu der bis zum 04.12.2015 geltenden Vorgängernorm § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG. Zu dieser hat der Senat im Einzelnen dargelegt, dass das Trennungsgebot bei verfassungs- und unionsrechtskonformer Auslegung sowohl mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG als auch mit Art. 56 AEUV sowie sonstigem Unionsrecht vereinbar ist (vgl. den Beschluss des Senats vom 22.04.2014, a.a.O.). Hieran hält der Senat auch in Bezug auf den nunmehr geltenden § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, mit dem der Gesetzgeber der zuvor notwendigen verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass das Trennungsgebot nur für Gaststätten gilt, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Rechnung getragen hat (vgl. LT-Drucks. 15/7443, S. 15), fest.
Die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. Soweit er insbesondere geltend macht, es bestehe nach wie vor keine Möglichkeit, eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten zu erhalten, ist ihm entgegenzuhalten, dass - worauf bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - die streitgegenständliche Verfügung gerade nicht auf die formelle Illegalität wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis gestützt ist. So heißt es darin ausdrücklich, dass unerheblich sei, ob es sich „um erlaubte oder unerlaubte Sportwetten“ handele (II. 3. Absatz der Verfügung), und dass die Verfügung für die genannte Örtlichkeit nur solange gelte, als dort eine Gaststätte mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten betrieben werde (II. letzter Absatz der Verfügung). Der Untersagungstatbestand wird damit allein mit dem Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG begründet. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Wettvermittlungsstelle im Übrigen erlaubnisfähig ist oder nicht, und müsste auch bei einer Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV, § 20 Abs. 1 Satz 1 LGlüG an den Antragsteller von ihm beachtet werden. Einer Durchsetzung des Trennungsgebots des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG im Wege der Untersagungsverfügung steht, entgegen der Ansicht des Antragstellers, daher auch nicht entgegen, dass dessen Einhaltung dem Wortlaut nach als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle normiert ist. Mit § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG hat der Gesetzgeber auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV materiell-rechtliche Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten aufgestellt, die unabhängig von einem Erlaubnisverfahren Geltung beanspruchen und auch im Lichte der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht zu beanstanden sind. Anders als der Antragsteller meint, folgt aus einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit der Erlaubnispflichtigkeit in ihrer derzeitigen Gestalt nicht gleichsam die Unionsrechtswidrigkeit weiterer materiell-rechtlicher Anforderungen, die - wie das Trennungsgebot - unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettvermittlung gestellt werden.
Auch unter Heranziehung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 04.02.2016 in der Rechtssache Ince (- C-336/14 -, NVwZ 2016, 369) ergibt sich, entgegen der Ansicht des Antragstellers, kein anderes Ergebnis. Die Entscheidung erging im Rahmen von Strafverfahren, in denen Frau Ince zur Last gelegt wurde, Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis vermittelt zu haben. Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörden daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Wettvermittlung zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatliches Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht. Die in dem Urteil getroffenen Aussagen stellen damit zwar die Unionsrechtmäßigkeit der Erlaubnispflichtigkeit der Sportwettvermittlung in seiner derzeitigen Durchführung in Frage, berühren jedoch das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG nicht. Die Untersagungsverfügung ist vorliegend allein darauf gestützt, dass die Art und Weise der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen sowie losgelöst von ihrer Erlaubnispflichtigkeit materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu trifft das genannte Urteil in der Rechtssache Ince keine Aussage.
Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2016 (- 8 C 5.15 -, ZfWG 2016, 433) sowie auf die jüngere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschlüsse vom 09.06.2016 - 4 B 860/15 -, NWVBl 2016, 459 und - 4 B 1437/15 -, ZfWG 2016, 371) verhilft seiner Argumentation ebenso wenig zum Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 15.06.2016 (a.a.O.) der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince (a.a.O.), die einen strafrechtlichen Hintergrund hatte, angeschlossen und festgestellt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis auch keine verwaltungsrechtliche Untersagung der Wettvermittlung begründen kann, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettvermittlung nicht auf die materiell-rechtliche Unzulässigkeit der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen gestützt werden kann, ist hingegen auch diesem Urteil nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die vom Antragsteller in Bezug genommenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Im Gegenteil geht das Oberverwaltungsgericht darin sogar ausdrücklich von der Zulässigkeit einer Untersagungsverfügung aus monopolunabhängigen Gründen aus. Dass es sich bei dem Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG um eine monopolbezogene Anforderung an die Sportwettvermittlung handelte, ist nicht ersichtlich (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2016 - 4 B 177/16 -, ZfWG 2016, 462 zu einem vergleichbaren Trennungsgebot; vgl. zudem OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.12.2016 - 11 ME 219/16 -, GewArch 2017, 80) und wurde auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargetan. Auch dem von ihm zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 06.05.2015 (- 10 Cs 14.2669 -, juris) kann der Senat den vom Antragsteller gewünschten Gehalt nicht entnehmen. Ihm lag eine in entscheidenden Punkten von der Situation des Antragstellers abweichende Fallgestaltung zugrunde.
Die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung folgt, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus einem strukturellen Vollzugsdefizit in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass konsequent gegen ihm bekanntwerdende Wettvermittlungsstellen vorgegangen werde, die die materiell-rechtlichen monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlungstätigkeit aus § 20 Abs. 1 Satz 2 LGlüG nicht erfüllen. Dies entspricht in tatsächlicher Hinsicht auch der Beobachtung des Senats und wurde vom Antragsteller insoweit nicht substantiiert in Frage gestellt. In rechtlicher Hinsicht beruht diese Differenzierung im Vollzug auf sachlichen Gründen und ist daher nicht zu beanstanden.
Schließlich kann der Senat auch dem Vortrag des Antragstellers, es fehle bereits die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass der vorliegenden Untersagungsverfügung, nicht folgen. Aus der bundesweiten Zuständigkeit des Landes Hessen für die Konzessionsvergabe an Veranstalter von Sportwetten folgt nicht zugleich die Unzuständigkeit der nach Landesrecht zuständigen Behörden für die Untersagung der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten wegen des Verstoßes gegen materiell-rechtliche Anforderungen. Bei dem Trennungsgebot nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG handelt es sich überdies um eine auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV aufgestellte weitergehende Anforderung nach Landesrecht, deren Durchsetzung den baden-württembergischen Behörden obliegt. Dass der hessischen Konzessionsbehörde - wie der Antragsteller meint - nach § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV eine umfassende Zuständigkeit zur Glücksspielaufsicht für das gesamte Bundesgebiet zukäme, kann der Senat nicht erkennen.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der der Klägerin die Annahme und die Vermittlung von Sportwetten untersagt wurde. Darüber hinaus wendet sie sich gegen zwei Zwangsgeldfestsetzungsbescheide.

2

Die Klägerin vermittelte im März 2010 in ihrer Betriebsstätte W.straße ... in L. Sportwetten an einen privaten Wettunternehmer. Daraufhin untersagte ihr die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD) mit Ordnungsverfügung vom 19. April 2010 auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV 2008, GVBl. RP 2007, 244) i.V.m. §§ 6, 11 des Landesgesetzes zu dem Glücksspielstaatsvertrag (Landesglücksspielgesetz - LGlüG, GVBl. RP 2007, 240) in ihren Geschäftsräumen sowie im gesamten Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz die Annahme und Vermittlung von Sportwetten aller Anbieter, die nicht über eine Erlaubnis des Landes Rheinland-Pfalz nach dem Landesglücksspielgesetz verfügten, und forderte sie auf, den Betrieb der Annahmestelle für Sportwetten einzustellen. Außerdem ordnete die Behörde die Einstellung der Werbung für Sportwetten an. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe in ihren Betriebsräumen ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis Sportwetten angenommen und vermittelt. Sie habe auch keine Aussicht, eine Erlaubnis zu erhalten, weil die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Interesse der Eindämmung und Lenkung des Spieltriebs der Bevölkerung in Deutschland monopolisiert sei. Auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin sei keine andere Ermessensentscheidung möglich.

3

Nachdem der Beklagte festgestellt hatte, dass die Klägerin weiterhin Sportwetten vermittelte und die Werbung hierfür nicht eingestellt hatte, setzte die ADD mit Bescheiden vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 die angedrohten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 25 000 € fest. Die hiergegen erhobenen Widersprüche wurden nicht beschieden. Die Klägerin beglich die Zwangsgelder am 27. Oktober 2011 und am 5. Dezember 2011.

4

Den Widerspruch der Klägerin gegen die Untersagungsverfügung wies die ADD mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 zurück. Da es sich bei der Untersagung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei maßgeblich auf die derzeitige Sach- und Rechtslage abzustellen. Die von der Klägerin vermittelten Sportwetten wären als öffentliches Glücksspiel nur erlaubt, wenn dafür eine Erlaubnis nach § 6 Abs. 1 LGlüG i.V.m. § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 vorliege. Daran fehle es jedoch. Im Herbst 2010 sei das Erlaubnisverfahren auch für die private Vermittlung von Sportwetten vorsorglich eröffnet worden. Sofern einem Veranstalter eine Erlaubnis erteilt werde, könne für diesen Veranstalter auch eine Vermittlungserlaubnis beantragt werden. Im Fall der Klägerin lägen beide Erlaubnisse derzeit nicht vor. Die Voraussetzungen für deren Erteilung seien auch nicht offensichtlich erfüllt. Nach nochmaliger Ermessensausübung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes werde die Untersagung zur Durchsetzung der Ziele des § 1 GlüStV 2008 aufrechterhalten.

5

Am 30. April 2012 hat die Klägerin Klage gegen die Untersagungsverfügung erhoben, in die sie im Dezember 2012 die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide einbezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20. Juni 2013 den Bescheid vom 19. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2012 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben und festgestellt, dass die Untersagungsverfügung im Zeitraum von ihrer Bekanntgabe am 5. Mai 2010 bis zur Eröffnung des Erlaubnisverfahrens am 8. November 2010 rechtswidrig gewesen sei; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

6

Im Berufungsverfahren, dessen Gegenstand nur noch die Untersagungsverfügung für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 3. April 2012 sowie die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide waren, hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 1. Juli 2014 das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert. Es hat die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 sowie die betriebsstättenbezogenen Anordnungen der Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 aufgehoben und weiterhin festgestellt, dass die Untersagungsverfügung im Zeitraum vom 6. Dezember 2011 bis zum 3. April 2012 rechtswidrig gewesen sei; die weitergehende Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.

7

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide seien rechtswidrig, weil ihnen im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Zwangsmittelverfahrens, also am 5. Dezember 2011, eine rechtmäßige Grundlage gefehlt habe. Die ihnen zugrunde liegende und nicht bestandskräftige Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 sei zu diesem Zeitpunkt ermessensfehlerhaft gewesen, weil sie auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt gewesen sei. Der Beklagte habe zwar nach Abschluss der Zwangsmittelverfahren seine Ermessensausübung modifiziert und die Zurückweisung des Widerspruchs durch Bescheid vom 27. März 2012 mit dem Fehlen einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis begründet. Diese Änderung der Ermessensausübung hinsichtlich der Untersagungsverfügung wirke aber weder auf den Zeitpunkt ihres Erlasses noch auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Zwangsmittelverfahren zurück.

8

Die betriebsstättenbezogenen Anordnungen der Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 seien für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 rechtswidrig gewesen, weil sie ermessensfehlerhaft mit dem Sportwettenmonopol begründet worden seien. Das Sportwettenmonopol sei in diesem Zeitraum schon wegen der Werbung des Monopolträgers für die Sportwette Oddset und für andere Monopolangebote als Sportwetten sowie der im Rahmen des deutschen Lotto- und Totoblocks abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke sowohl nach europarechtlichen als auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben zu beanstanden. Soweit sich der Beklagte auf seine Bereitschaft berufe, seit dem Herbst 2010 auch privaten Wettveranstaltern und Wettvermittlern die erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnisse zu erteilen, habe das keinen Eingang in die Ermessensbetätigung gefunden. Erst im Widerspruchsbescheid, also zeitlich nach dem hier maßgeblichen Zeitraum, habe sich der Beklagte auf den Erlaubnisvorbehalt berufen.

9

Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend: Das angefochtene Urteil verletze § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Das Widerspruchsverfahren sei kein gesondertes zusätzliches Verwaltungsverfahren, sondern bilde mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit. Bei der gebotenen gemeinsamen Überprüfung von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid liege kein Ermessensfehler vor. Außerdem habe das Oberverwaltungsgericht die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB missachtet. Bei zutreffender Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 sei davon auszugehen, dass auch dieser schon maßgeblich auf den Erlaubnisvorbehalt und erst nachrangig auf das Monopol gestützt gewesen sei. Ferner sei das Berufungsgericht von einem unzulässig engen Werbebegriff ausgegangen, der weder mit Gemeinschaftsrecht noch mit deutschem Gesetzesrecht in Einklang stehe. Es sei auch nicht überzeugend, ein strukturelles Vollzugsdefizit darin zu sehen, dass im gesamten entscheidungserheblichen Zeitraum systematisch gegen die Werbebeschränkungen verstoßen worden sei. Die glücksspielrechtliche Betätigung der Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt offensichtlich erlaubnisfähig gewesen. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Februar 2016 in der Rechtssache - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Sebat Ince - könne die Klägerin nichts für sich herleiten. Schließlich seien auch die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide rechtmäßig.

10

Im Laufe des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Untersagung für den Zeitraum vom 6. Dezember 2011 bis zum 3. April 2012 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

11

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. Juli 2014 zu ändern und die Berufung der Klägerin hinsichtlich der betriebsstättenbezogenen Untersagungsverfügung des Beklagten (Ziff. 1, 3, 4, 5, 6 ,8, 9 und 10) für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 sowie hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Das im November 2010 in Rheinland-Pfalz eröffnete Erlaubnisverfahren sei ein unzureichendes "Alibiverfahren" gewesen, dem es an der erforderlichen Transparenz gefehlt habe. Privaten Sportwettenanbietern seien keine Erlaubnisse erteilt worden. Auch der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 4. Februar 2016 die übergangsweise Durchführung eines provisorisch eingerichteten Erlaubnisverfahrens nicht als unionsrechtskonforme Ausgestaltung des Monopols gewertet.

Entscheidungsgründe

14

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Insoweit sind die Urteile der Vorinstanzen klarstellend für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Da seine Tatsachenfeststellungen keine abschließende Entscheidung zulassen, war das angegriffene Urteil, soweit es den verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Untersagungsverfügung und die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide betrifft, aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

15

1. Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage gegen die angegriffene Untersagungsverfügung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig ist. Sie ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels Zwangsgeldes statthaft, weil insoweit noch eine Beschwer durch die betriebsstättenbezogenen Anordnungen bezüglich des bereits abgelaufenen Zeitraums vorliegt.

16

Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet. Das ist der Fall, wenn sie die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die Vollstreckung mittels Zwangsgeldes, weil sie bei Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden kann. Die Rückzahlung eines gezahlten Zwangsgeldes kann nicht auf dem Weg über ein Schadensersatzverlangen auf die Sekundärebene verschoben werden, sondern setzt die Beseitigung der Grundverfügung voraus, die der Vollstreckung zugrunde liegt. Wird ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier die Untersagungsverfügung - nur in bestimmten Abschnitten seines Geltungszeitraums zwangsweise durchgesetzt, genügt es zur Rückabwicklung der Vollstreckung, die Untersagungsverfügung in Ansehung des Zeitraums zu beseitigen, in welchem sie zwangsweise durchgesetzt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 - juris Rn. 19 f.).

17

Im vorliegenden Fall wurde die Untersagungsverfügung mit Zwangsgeldfestsetzungen durchgesetzt, bis die Klägerin am 5. Dezember 2011 das Zwangsgeld in gesamter Höhe beglichen und den Betrieb der Sportwettenvermittlung - bis zur späteren Wiederaufnahme aufgrund einer vom Beklagten erteilten Duldung - eingestellt hat. In Ansehung dieser Zwangsvollstreckung ist die Anfechtungsklage statthaft.

18

Die Anfechtung der Zwangsgeldfestsetzungen vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls zu Recht für zulässig gehalten. Dass die von der Klägerin gegen die beiden Bescheide eingelegten Widersprüche nicht beschieden wurden, steht der Zulässigkeit der Klage gemäß § 75 VwGO nicht entgegen.

19

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Anfechtungsklage sei für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 sowie hinsichtlich der beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide auch begründet, hält jedoch der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Das angefochtene Urteil steht insoweit nicht im Einklang mit Bundesrecht, weil es § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

20

a) Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Beklagten die bundesrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB bei Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 nicht missachtet. Diese Bestimmungen sind auf öffentlich-rechtliche Erklärungen entsprechend anzuwenden. Bei Verwaltungsakten kommt es wie bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen auf den objektiven Erklärungswert an. Maßgeblich ist, wie der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und deren objektiver Gehalt unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts zu ermitteln (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 27). Die Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 durch das Oberverwaltungsgericht genügt diesen Anforderungen. Sie hat den objektiven Erklärungswert dieses Bescheids mit der Annahme, die Untersagungsverfügung sei maßgeblich mit dem staatlichen Glücksspielmonopol begründet, das einen Antrag auf Erteilung der erforderlichen Erlaubnis für die Klägerin und den Wettanbieter aussichtslos erscheinen lasse, zutreffend erfasst.

21

b) Das Berufungsurteil beruht jedoch auf einer unzutreffenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Seine Annahme, der Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 einschließlich der darin enthaltenen Ermessenserwägungen sei nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

22

Gegenstand der Anfechtungsklage ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Das in §§ 68 ff. VwGO geregelte Widerspruchsverfahren ist kein gesondertes Verwaltungsverfahren, sondern bildet mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit, das erst mit einem etwaigen Widerspruchsbescheid abgeschlossen wird (BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1989 - 8 C 14.88 - BVerwGE 84, 178 <181> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Diese Einheit setzt sich im gerichtlichen Verfahren fort, wie § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zeigt. Der Widerspruchsbehörde kommt im Überprüfungsverfahren eine umfassende Kontrollbefugnis zu. Sie hat grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Ausgangsbehörde. Sie ist zur Änderung, Aufhebung und Ersetzung des Ausgangsbescheids einschließlich seiner Begründung und Ermessenserwägungen befugt (BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1978 - 7 C 68.77 - BVerwGE 57, 130 <145>; vom 11. Februar 1999 - 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 <280> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Der Widerspruchsbescheid gibt dem Ausgangsbescheid seine endgültige und für den Verwaltungsprozess maßgebliche Gestalt. Dementsprechend ist der gerichtlichen Prüfung der ursprüngliche Verwaltungsakt mit dem Inhalt und der Begründung zugrunde zu legen, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat (BVerwG, Urteil vom 25. März 1981 - 8 C 69.80 - BVerwGE 62, 80 <81>). Trifft die Widerspruchsbehörde eine eigene Ermessensentscheidung, so tritt diese an die Stelle derjenigen der Ausgangsbehörde und führt bei - auch erstmaligen - Fehlern zugleich zur Aufhebung des Ermessensverwaltungsaktes (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 68 Rn. 14 und § 73 Rn. 13; Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 79 Rn. 22).

23

Nach diesen Grundsätzen hätte das Oberverwaltungsgericht die gerichtliche Kontrolle nicht auf den Ausgangsbescheid vom 19. April 2010 beschränken dürfen, sondern hätte den Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 einschließlich der darin enthaltenen Ermessenserwägungen in seine Prüfung einbeziehen müssen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - (BVerwGE 147, 81 Rn. 32) nichts Anderes entnehmen. Es betrifft die Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO, das hier erst nach Ergehen des Widerspruchsbescheides eingeleitet wurde. Der vom Oberverwaltungsgericht aus dem zitierten Urteil gezogene Schluss, auch in einem vor Klageerhebung abgeschlossenen Widerspruchsverfahren sei eine Änderung der Ermessenserwägungen nicht zulässig, wenn die ursprüngliche Ermessensentscheidung im Kern ausgewechselt werde, findet in dieser Entscheidung keine Grundlage. Der von der Klägerin zur Frage der Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen im Verwaltungsverfahren angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedurfte es nicht, weil ein unionsrechtlicher Bezug dieser Frage im Sinne von Art. 267 Abs. 1 AEUV nicht gegeben ist. Der Berücksichtigung des Widerspruchsbescheids im berufungsgerichtlichen Verfahren steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Klägerin ihren in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht formulierten Antrag ausdrücklich auf den Ausgangsbescheid vom 19. April 2010 beschränkt hat. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO stellt insoweit klar, dass für die Prüfung des Ausgangsbescheids die Gestalt maßgeblich ist, die dieser durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 79 Rn. 6) und entzieht den Parteien insoweit die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand. Ob und inwieweit Verwaltungsverfahrensrecht und § 114 Satz 2 VwGO einer gerichtlichen Berücksichtigung völlig neuer Ermessenserwägungen in einem erst nach Klageerhebung ergangenen Widerspruchsbescheid entgegenstehen können, muss hier nicht geklärt werden, weil das Widerspruchsverfahren bereits vor Klageerhebung abgeschlossen wurde.

24

3. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Es könnte sich trotz des Verstoßes gegen § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Ergebnis als richtig erweisen, wenn auch die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2012 die Untersagung der Sportwettenvermittlung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht rechtfertigen könnte.

25

Anders als der ursprüngliche Verwaltungsakt hat die Widerspruchsbehörde das Vermittlungsverbot im Widerspruchsbescheid jedenfalls für den noch streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 8. November 2010 maßgeblich damit begründet, dass im Herbst 2010 in Rheinland-Pfalz ein Erlaubnisverfahren für Private eröffnet worden sei, die Klägerin aber nicht über die erforderliche Erlaubnis verfüge. Auf diese Begründung kann das Untersagungsermessen jedoch nur dann gestützt werden, wenn das Erlaubnisverfahren geeignet war, die Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols zu beheben. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das rheinland-pfälzische Sportwettenmonopol im verfahrensgegenständlichen Zeitraum rechtswidrig war (a). Es hat jedoch - aus seiner Sicht folgerichtig - keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob das in Rheinland-Pfalz im Herbst 2010 für Private eröffnete Erlaubnisverfahren geeignet war, die Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols zu beheben (b). Da die Tatsachenfeststellungen des Berufungsurteils für eine abschließende Entscheidung des Senats insoweit nicht ausreichen, ist das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

26

a) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das staatliche Sportwettenmonopol sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unions- und verfassungsrechtlich unzulässig gewesen, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Seine Auffassung, das staatliche Monopol habe wegen der im Rahmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke sowie wegen der Werbung des Monopolträgers für die Sportwette Oddset und für andere Monopolangebote als Sportwetten dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot nicht genügt, ist revisionsrechtlich fehlerfrei. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht den Begriff der Werbung nicht unzulässig verengt. Es hat dem angefochtenen Urteil die einschlägige bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung sowie diejenige des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt. Gegen die Anwendung dieser Grundsätze ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (zum Werbebegriff vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 35). Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben wurden und an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), betreibt der Beklagte Werbemaßnahmen zusammen mit anderen im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengefassten Monopolträgern unter einer landesgrenzenübergreifend abgestimmten und systematisch umgesetzten Dachmarkenstrategie. Das Oberverwaltungsgericht ist weiterhin davon ausgegangen, dass es unabhängig hiervon auch wegen der Jackpot-Werbung für die Lotterie "6 aus 49" an der erforderlichen Binnenkohärenz des staatlichen Sportwettenmonopols fehlte. Weiterhin hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Präsentation der Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau, die Übertragung der Ziehung der Lottozahlen im Fernsehen und die Jackpot-Werbung für die Lotterie "6 aus 49" im Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 nicht nur in einzelnen Fällen, sondern systematisch die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung über einen längeren Zeitraum missachteten. Dass das Berufungsgericht aus dieser systematischen Missachtung der Werbebeschränkungen auf ein strukturelles Vollzugsdefizit geschlossen hat, steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 50). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der gegenteiligen Auffassung des Beklagten fest.

27

b) Ob das im Herbst 2010 in Rheinland-Pfalz für Private eröffnete Erlaubnisverfahren geeignet war, das unionsrechtswidrige staatliche Sportwettenmonopol zu beheben, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend beurteilt werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf ein mit dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbares staatliches Sportwettenmonopol auch für eine Übergangszeit nicht weiter angewandt werden (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-409/06 [ECLI:EU:C:2010:503], Winner Wetten - Rn. 69 und vom 24. Januar 2013 - C-186/11 [ECLI:EU:C:2013:33], Stanleybet - Rn. 38.). Zwar kann für eine Übergangszeit bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung das Erlaubnisverfahren für Private eröffnet werden (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 57). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht jedoch die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV der strafrechtlichen Ahndung unerlaubter Sportwettenveranstaltung und -vermittlung entgegen, wenn das für Private eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent, diskriminierungsfrei und gleichheitsgerecht ausgestaltet ist oder praktiziert wird und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer zwar theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder die Vermittlung von Sportwetten erhalten kann, die Kenntnis über das Erlaubnisverfahren aber nicht sichergestellt ist. Insoweit verlangt das unionsrechtliche Transparenzgebot, dass die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen in einer Weise öffentlich bekannt gemacht werden, die potenziellen privaten Veranstaltern oder Vermittlern von Sportwetten die Kenntnisnahme ermöglicht (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Sebat Ince - Rn. 55, 57, 65).

28

Ebenso wenig wie private Wettanbieter oder Wettvermittler nicht wegen Verstoßes gegen den Erlaubnisvorbehalt strafrechtlich sanktioniert werden können, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch ein staatliches Sportwettenmonopol fortbesteht, kann in einem solchen Fall das Fehlen einer Erlaubnis eine Untersagung der Sportwettenvermittlung begründen. Ob das in Rheinland-Pfalz im Herbst 2010 für private Veranstalter und Vermittler von Sportwetten eröffnete Erlaubnisverfahren den dargelegten Anforderungen genügte oder ob ein faktisches Sportwettenmonopol fortbestand, was insbesondere zuträfe, wenn die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen nicht öffentlich bekannt gemacht worden wären, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend entscheiden. Dies wird das Berufungsgericht im zurückverwiesenen Verfahren zu klären haben. Bei dieser Sachlage war die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der auf die Auslegung des Art. 56 AEUV sowie auf das Erlaubnisverfahren bezogenen Fragen nicht geboten. Angesichts der Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht sind diese Fragen nicht entscheidungserheblich.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

2

Spätestens seit Oktober 2009 veranstaltete bzw. vermittelte sie auf mehreren Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus aufrufbar waren, Rubbellos- und Casinospiele. Mit Bescheid vom 4. Februar 2010 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der damaligen Fassung (GlüStV 2008) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Nr. 2). Außerdem drohte das Regierungspräsidium ein Zwangsgeld an (Nr. 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr für den Bescheid fest (Nr. 4). Die Klägerin veranstalte bzw. vermittle auf den von Baden-Württemberg aus abrufbaren Internetseiten A, B, C, D, E, F und G Online-Rubbellos- und Online-Casinospiele und betreibe Werbung hierfür. Die für Baden-Württemberg erforderliche Erlaubnis besitze sie nicht. Eine solche könne ihr auch nicht erteilt werden. Außerdem wurde ausgeführt, die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache zuvor im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Berufungsurteils aufgehoben. Die Untersagungsverfügung genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Sie erfasse jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben werde, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei. Sie stelle keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung dar, sondern gebe lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wieder und überschreite damit eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit. Die Verfügung wäre auch dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie sich nur auf Online-Rubbellos- und Online-Casinospiele bezöge. Auch die generalisierende Nennung von Glücksspielarten in der Begründung des Bescheides bestimme die Reichweite ihres Regelungsgehalts nicht hinreichend. Die Untersagungsverfügung sei außerdem ermessensfehlerhaft ergangen. Dabei könne offenbleiben, ob das Entschließungsermessen auf Null reduziert sei. Im Lichte von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG dürfe die zuständige Behörde in gleich gelagerten Fällen nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspiel vorgegangen werde (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

4

Im Revisionsverfahren hat der Beklagte erklärt, der Bescheid vom 4. Februar 2010 beziehe sich lediglich auf Online-Rubellos- und Online-Casinospiele. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit der Bescheid zunächst auch andere nicht ausdrücklich benannte Glücksspielarten erfasst hat. Außerdem haben die Beteiligten bezüglich des Untersagungszeitraums zwischen dem Ergehen des Berufungsurteils und dem 25. Oktober 2017 - dem Tag vor der Revisionsverhandlung - übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben.

5

Zur Begründung seiner Revision führt der Beklagte aus, der angegriffene Bescheid sei jedenfalls in seinem zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang, der durch eine Bezugnahme auf die von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten beschrieben werde, hinreichend bestimmt. Insoweit komme es darauf an, ob der Adressat des Bescheides erkennen könne, was von ihm gefordert werde. Die Benennung der Glücksspielkategorien Online-Rubbellos- und Online-Casinospiel reiche aus, um die Reichweite der Verfügung eindeutig zu definieren. Bei verständiger Auslegung nach dem Empfängerhorizont sei eindeutig, dass zu den untersagten Online-Casinospielen auch Automatenspiele im Internet gehörten. Online-Rubbellose seien wiederum von einer Lotterie abgrenzbar, weil sie keinem festgesetzten Spielplan folgten, sondern Automatenspielen ähnelten. Die Glücksspielaufsicht sei zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet gewesen, weil das von dieser veranstaltete Online-Glücksspiel wegen Verstoßes gegen das Internetverbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008; jetzt GlüStV 2012) materiell nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Vor dem Einschreiten gegen einzelne illegale Anbieter müsse kein Vollzugskonzept entworfen werden. Es liege wegen des großen Angebots an illegalem Glücksspiel im Internet in der Natur der Sache, dass nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten der Behörde bekannt gewordene Fälle aufgegriffen und abgearbeitet würden. Das Internetverbot stehe auch mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV im Einklang. Wegen der spezifischen Gefahren des Anbietens von Spielen über das Internet sei es zur Bekämpfung der Spielsucht und zur Gewährleistung des Jugendschutzes erforderlich und angemessen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Mai 2016 zu ändern, soweit es den Untersagungszeitraum ab dem 26. Oktober 2017 betrifft, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 insoweit zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das Berufungsurteil und führt ergänzend aus, die Untersagung habe durch eine Auflistung der untersagten Glücksspiele im Einzelnen inhaltlich konkretisiert werden können und müssen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Spiel als Glücksspiel einzustufen sei, dürfe nicht in ein etwaiges Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Im Übrigen sei der Senat an die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs gebunden, dass der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen habe vorweisen können.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er trägt ergänzend vor, die Klägerin und der Beklagte seien aufgrund ihrer Sachkenntnis in der Lage, zu beurteilen, ob die von der Klägerin im Internet angebotenen oder vermittelten Online-Rubbellos- und Online-Casinospiele Glücksspiele darstellten. Das Willkürverbot verpflichte den Beklagten nicht, auf der Grundlage eines landesweiten Handlungskonzepts flächendeckend und gleichzeitig gegen die Anbieter unerlaubten Glücksspiels im Internet vorzugehen.

Entscheidungsgründe

10

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben; insoweit sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Insoweit beruht das angegriffene Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angegriffenen Bescheid, soweit er noch Streitgegenstand ist, zu Unrecht für unbestimmt gehalten und damit § 37 Abs. 1 VwVfG BW, der seinem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 VwVfG entspricht und daher revisibel ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), verletzt.

12

Nach § 37 Abs. 1 VwVfG BW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1975 - 6 C 163.73 - BVerwGE 48, 279 <281 f.>) kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Ob der Bescheid in solch einem Fall auch nichtig ist, regelt § 44 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 <149>).

13

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 <89> m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <284>).

14

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des angegriffenen Bescheides. Sie betreffen ausschließlich die in dessen Begründung bezeichneten, von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten der Online-Rubbellose und Online-Casinospiele, nicht jedoch die darüber hinausgehende, von den Teilerledigungserklärungen umfasste Erstreckung der Verfügung auf jegliches von Baden-Württemberg aus abrufbare öffentliche Glücksspiel im Internet.

15

Der Gegenstand der verbliebenen, noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des Bescheides wird durch die Benennung der Glücksspielarten (Online-Rubbellose und Online-Casinospiele) bezeichnet und durch die Aufzählung der Internetseiten mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin in der Begründung des Bescheides konkretisiert. Dadurch wird die sachkundige Klägerin in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche konkreten Glücksspiele unter die Verbotsverfügung im noch verfahrensgegenständlichen Umfang fallen. Die Bezeichnung der Glücksspielarten knüpft jeweils an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Rubbellose) oder an die Zugehörigkeit zu denjenigen Glücksspielen an, die üblicherweise in Spielbanken angeboten werden (Casino-Spiele). Zu diesen zählt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem sogenannten Großen Spiel (wie etwa Roulette und Baccara) auch das als Kleines Spiel bezeichnete Automatenspiel (etwa an Slot-Machines). Für die Klägerin als sachkundige Anbieterin ist damit klargestellt, dass die Verbotsverfügung neben jeglicher Art von Online-Rubbellosen und den Online-Varianten des Großen Spiels auch Online-Varianten des sogenannten Kleinen Spiels erfasst. Etwa verbleibende Unsicherheiten bei der Zuordnung eines Spiels oder künftig geplanten Spielangebots räumt die beispielhafte Konkretisierung der untersagten Spielangebote durch die Aufzählung der Internetseiten aus, deren Angebote - für die Klägerin erkennbar - Anlass des Einschreitens des Beklagten waren. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin möglicherweise zukünftig angebotenen Spielen um Rubbellos- oder Casinospiele handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedurfte es daher nicht.

16

Ein höheres Maß an Bestimmtheit ist nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GBl. BW 2012, 385, 388) - bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen gegenüber Dritten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. Financial Blocking), geboten. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber diesen Dritten, die losgelöst von der Untersagungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt sein müssen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2016 - 11 ME 61/16 - GewArch 2016, 425 <426>). Verfügungen, mit denen Dritten Zahlungseinschränkungen auferlegt werden, um unerlaubte Glücksspielaktivitäten zu unterbinden, stellen keine Vollstreckung aus einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung dar, sondern unabhängige Instrumente der Glücksspielaufsicht, die an "unerlaubtes" und nicht an untersagtes Glücksspiel anknüpfen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB. Die Frage nach einer etwaigen Strafbarkeit stellt sich unabhängig von der Vollstreckung einer Untersagungsverfügung. Insofern muss das Strafgesetz seinerseits hinreichend bestimmt sein.

17

Die Untersagungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG BW schließlich auch, soweit mit ihr das "Unterstützen" der Veranstaltung oder Vermittlung von bzw. Werbung für Online-Rubbellose oder Online-Casinospiele untersagt wird. Was "Unterstützen" im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar weder gesetzlich festgelegt noch durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt (vgl. aber z.B. zum Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 28 ff.). Aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde wird aber unzweifelhaft deutlich, dass sämtliche Beiträge unterbunden werden sollen, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, der Klägerin selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa durch Zurverfügungstellen einer Domain oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung von solchen Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte.

18

2. Auch die weitere selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, verletzt Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermessensverstoß mit der Begründung bejaht, selbst bei einer Reduzierung des Entschließungsermessens auf Null habe der Beklagte gegen die Klägerin nur aufgrund eines im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG tragfähigen Eingriffskonzepts einschreiten dürfen. Das Erfordernis eines vorherigen Eingriffskonzepts auch bei einer Verpflichtung zum Einschreiten im konkreten Fall ist jedoch weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 12 Abs. 1 GG zu entnehmen.

19

a) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hängt die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung eines zeitlich gestaffelten Vorgehens in Fällen der Ermessensreduzierung auf Null nach Art. 3 Abs. 1 GG nur vom Vorliegen zureichender sachlicher Gründe für etwaige Differenzierungen und nicht zusätzlich davon ab, dass die Behörde vor dem ersten Zugriff ein Eingriffskonzept erstellt hat und auf dessen Grundlage vorgegangen ist. Zwar bindet ein etwa erstelltes Konzept die Behörde als antizipierte Verwaltungspraxis gleichheitsrechtlich ebenso wie eine bereits bestehende Praxis. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht, vor dem gesetzlich gebotenen Zugriff ein behördliches Eingriffskonzept zu erstellen.

20

Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 - 8 C 36.12 - NVwZ 2014, 1583 m.w.N.).

21

Anders verhält es sich, wenn die Behörde, wie hier vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt, zum Einschreiten verpflichtet ist. Bei einer Ermessensreduzierung auf Null hat die Behörde keine Handlungsalternativen mehr, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.

22

Entscheidet eine Behörde sich, den Einsatz ihrer begrenzten Ressourcen, die kein gleichzeitiges Einschreiten gegen alle Störungen ermöglichen, an einem Plan auszurichten, muss sie sich, um Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu verletzen, an ihn halten. Fehlt es an einem Plan, so genügt es, dass sich ein Einschreiten der Behörde nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (vgl. zu Bauordnungsverfügungen: BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 - juris Rn. 5). Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten.

23

Die Forderung des Berufungsgerichts, die zeitliche Reihenfolge des Vorgehens gegen Anbieter von Internetglücksspielen an deren Marktpräsenz, Umsätzen oder Gewinn auszurichten, überspannt diese Anforderungen deutlich. Seine für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen Plan für sein Einschreiten verlassen hätte oder gar willkürlich vorgegangen wäre.

24

b) Das Aufstellen eines Zeitplans für das ordnungsbehördliche Einschreiten ist vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des Konkurrenzschutzes durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Wird ein Konkurrent erst später als die Klägerin mit einer Untersagungsverfügung überzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür auch ihm gegenüber schon zum Zeitpunkt des Einschreitens gegen die Klägerin vorlagen, mag er zwar daraus einen faktischen Wettbewerbsvorteil ziehen können. Daraus folgt jedoch kein Recht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die eigene Tätigkeit bis zum Einschreiten - auch - gegen den Konkurrenten fortsetzen zu dürfen. Die Berufsfreiheit schützt nämlich keine Tätigkeiten, die der Gesetzgeber grundrechtskonform als unerlaubt eingestuft hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 <397>). Sie vermittelt keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit dem Internetverbot bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <6>).

25

3. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruht mangels tragfähiger Alternativbegründung auf der dargestellten Verletzung revisiblen Rechts und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen der Untersagungsverfügung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in deren Rechten.

26

a) Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 1 und 2 der angegriffenen Verfügung vom 4. Februar 2010, soweit diese den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit dem 26. Oktober 2017 betreffen, sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der derzeit geltenden Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2012 - i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 2 des Landesglücksspielgesetzes BW - LGlüG. Die genannten Vorschriften ermächtigen die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden. Die Behörden dürfen insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und Werbung hierfür untersagen. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG legt auf der Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV 2012 weitergehend fest, dass die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür untersagt werden sollen.

27

Die Voraussetzungen für eine Untersagung sind hiernach erfüllt. Die von der Klägerin im Internet veranstalteten Rubbellos- und Casinospiele bedürfen einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GlüStV 2012), die sie nicht hat und die ihr auch nicht erteilt werden kann. Das Veranstalten und Vermitteln dieser öffentlichen Glücksspiele im Internet und die Werbung hierfür sind ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV 2012). Das Regierungspräsidium war auch zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet. Wird die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift gesteuert, hat die zuständige Behörde grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Liegen, wie hier, keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318 <323>).

28

b) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 kann der Klägerin entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

29

aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

30

Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, weil bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).

31

Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc).

32

bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Auch im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden. Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

33

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

34

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.

35

cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.

36

Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

37

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

38

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

39

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

40

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.

41

c) Ist das nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 vorgesehene teilweise Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar, gilt Entsprechendes für das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012), von dem Ausnahmen lediglich für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten möglich sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2012). Mit der Nutzung des Internets als Werbemedium ist eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <18>). Soweit das Spielangebot im Internet zugelassen wird, entspricht es der angestrebten Kanalisierungswirkung, es dort auch bewerben zu dürfen (vgl. amtl. Erl. S. 29 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 76). Dem Ziel der Suchtprävention wird durch die nach § 5 Abs. 1, 2 und 4 GlüStV 2012 geltenden Werberestriktionen Rechnung getragen.

42

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. Februar 2010, die auf § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 und § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg beruht, und die auf §§ 1, 4, 7 und 12 Abs. 4 des Landesgebührengesetzes gestützte Gebührenfestsetzung in Ziffer 4 des Bescheides sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Revision des Beklagten erfolgreich war, sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen. Der Beklagte trägt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO jedoch die Kosten des hinsichtlich weiterer unbenannter Glücksspielarten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits, weil die Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung insoweit voraussichtlich obsiegt hätte. Die Untersagungsverfügung war, soweit sie über die von der Klägerin konkret angebotenen Glücksspielarten hinaus das Veranstalten, Vermitteln, hierfür Werben und Unterstützen jeglichen Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV 2012 auf Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus erreichbar sind, untersagte, nicht hinreichend bestimmt. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 GlüStV 2012, auf den die Verfügung in ihrem Untersagungstenor Bezug nahm, war auch für den fachkundigen Adressaten nicht so eindeutig, dass dieser unzweifelhaft erkennen konnte, welche Spielangebote noch erlaubt und welche schon verboten waren. Den insoweit möglicherweise drohenden Streit konnte der Beklagte nicht durch Verwendung des Gesetzeswortlautes im Tenor seines Bescheides in das Vollstreckungsverfahren verlagern. Entsprechend bestimmt sich die Kostenlast bezüglich des von den Teilerledigungserklärungen umfassten Untersagungszeitraums bis zur Revisionsverhandlung. Es entspricht billigem Ermessen, den Umfang des voraussichtlichen Unterliegens des Beklagten mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen und eine dementsprechende quotale Kostentragung anzusetzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

2

Spätestens seit November 2009 veranstaltete bzw. vermittelte sie auf mehreren Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus aufrufbar waren, Sportwetten, Poker- und Casinospiele. Mit Bescheid vom 21. Januar 2010 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der damaligen Fassung (GlüStV 2008) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Nr. 2). Außerdem drohte das Regierungspräsidium ein Zwangsgeld an (Nr. 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr für den Bescheid fest (Nr. 4). Die Klägerin veranstalte bzw. vermittle auf den Internetseiten A., B., C. öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen und betreibe Werbung hierfür. Die für Baden-Württemberg erforderliche Erlaubnis besitze sie nicht. Eine solche könne ihr auch nicht erteilt werden. Außerdem wurde ausgeführt, die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache zuvor im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Berufungsurteils aufgehoben. Die Untersagungsverfügung genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Sie erfasse jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben werde, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei. Sie stelle keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung dar, sondern gebe lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wieder und überschreite damit eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit. Die Verfügung wäre auch dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie sich nur auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele bezöge. Auch die generalisierende Nennung von Glücksspielarten in der Begründung des Bescheides bestimme die Reichweite ihres Regelungsgehalts nicht hinreichend. Die Untersagungsverfügung sei außerdem ermessensfehlerhaft ergangen. Dabei könne offenbleiben, ob das Entschließungsermessen auf Null reduziert sei. Im Lichte von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG dürfe die zuständige Behörde in gleichgelagerten Fällen nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspiel vorgegangen werde (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

4

Im Revisionsverfahren hat der Beklagte erklärt, der Bescheid vom 21. Januar 2010 beziehe sich lediglich auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit der Bescheid zunächst auch andere, nicht ausdrücklich benannte Glücksspielarten erfasst hat. Außerdem haben die Beteiligten bezüglich des Untersagungszeitraums zwischen dem Ergehen des Berufungsurteils und dem 25. Oktober 2017 - dem Tag der Revisionsverhandlung - übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben.

5

Zur Begründung seiner Revision führt der Beklagte aus, der angegriffene Bescheid sei jedenfalls in seinem zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang, der durch eine Bezugnahme auf die von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten beschrieben werde, hinreichend bestimmt. Soweit die Klägerin Pokervarianten anbieten sollte, die als Geschicklichkeitsspiel einzustufen seien, seien diese nicht von der Untersagung erfasst. Die Glücksspielaufsicht sei zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet gewesen, weil das von dieser veranstaltete Online-Glücksspiel wegen Verstoßes gegen das Internetverbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008, jetzt GlüStV 2012) materiell nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Vor dem Einschreiten gegen einzelne illegale Anbieter müsse kein Vollzugskonzept entworfen werden. Es liege wegen des großen Angebots an illegalem Glücksspiel im Internet in der Natur der Sache, dass nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten der Behörde bekanntgewordene Fälle aufgegriffen und abgearbeitet würden. Das Internetverbot stehe auch mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV im Einklang. Wegen der spezifischen Gefahren des Anbietens von Spielen über das Internet sei es zur Bekämpfung der Spielsucht und zur Gewährleistung des Jugendschutzes erforderlich und angemessen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. September 2015 zu ändern, soweit es den Untersagungszeitraum ab dem 26. Oktober 2017 betrifft, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 insoweit zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

8

Sie hat erklärt, derzeit keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anzubieten. Sie verteidigt das Berufungsurteil dennoch weiterhin und führt ergänzend aus, die Untersagung habe durch eine Auflistung der untersagten Glücksspiele im Einzelnen konkretisiert werden können und müssen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Spiel als Glücksspiel einzustufen sei, dürfe nicht in ein etwaiges Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der Senat sei an die im Berufungsurteil getroffene Feststellung gebunden, dass der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen habe vorweisen können.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er trägt ergänzend vor, die Klägerin und der Beklagte seien aufgrund ihrer Sachkenntnis in der Lage, zu beurteilen, ob die von der Klägerin im Internet angebotenen oder vermittelten Sportwetten, Online-Poker- und -Casinospiele als Glücksspiel einzustufen sind. Das Willkürverbot verpflichtet den Beklagten nicht, auf der Grundlage eines landesweiten Handlungskonzepts flächendeckend und gleichzeitig gegen die Anbieter unerlaubten Glücksspiels im Internet vorzugehen.

Entscheidungsgründe

10

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben; insoweit sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Insoweit beruht das angegriffene Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Die Anfechtungsklage ist weiterhin zulässig. Die Untersagungsverfügung vom 21. Januar 2010 hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anbietet. Bei einer Änderung der Sachlage entfällt die Regelungswirkung eines Verwaltungsakts nicht automatisch. Ein Verwaltungsakt verliert seine Rechtswirkungen erst dann, wenn er aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden ist. Bei in die Zukunft gerichteten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen setzt dies voraus, dass das untersagte Verhalten endgültig aufgegeben wurde oder nicht mehr aufgenommen werden kann (BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 16 und - 8 C 47.12 - juris Rn. 15 f.). Das ist hier nicht der Fall. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin ihr eigenes Glücksspielangebot überhaupt aufgegeben hat. Im Impressum der in der Untersagungsverfügung genannten Webseiten wird nunmehr angegeben, "[u]nsere Dienstleistungen in den Mitgliedsländern des europäischen Binnenmarktes (ausgenommen Länder, in denen unsere Dienstleistungen unter einer lokalen Lizenz zur Verfügung gestellt werden) werden von V. Limited, einem Unternehmen mit Sitz in G. durchgeführt, das zur Europäischen Union gehört". Hiernach sind es weiterhin die Dienstleistungen der Klägerin, die von der V. Limited durchgeführt werden. Dementsprechend wird das im Impressum einleitend aufgeführte "Copyright" der Klägerin zugeschrieben und sie als Inhaberin einer Glücksspiellizenz nach dem Recht von G. bezeichnet, die sie sich - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erläutert hat - mit der V. teilt. Jedenfalls verbietet die Untersagungsverfügung der Klägerin vorliegend auch eine Wiederaufnahme ihres Glücksspielangebots, sodass die Untersagung jedenfalls deshalb weiterhin eine Beschwer begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 S. 27). Dass die Klägerin die untersagten Tätigkeiten dauerhaft und endgültig aufgegeben hätte oder diese nicht wieder aufnehmen könnte, hat sie nicht substantiiert dargelegt.

12

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angegriffenen Bescheid, soweit er noch Streitgegenstand ist, zu Unrecht für unbestimmt gehalten und damit § 37 Abs. 1 VwVfG BW, der seinem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 VwVfG entspricht und daher revisibel ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), verletzt.

13

Nach § 37 Abs. 1 VwVfG BW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1975 - 6 C 163.73 - BVerwGE 48, 279 <281 f.>) kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Ob der Bescheid in solch einem Fall auch nichtig ist, regelt § 44 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 <149>).

14

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 <89> m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <284>).

15

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des angegriffenen Bescheides. Sie betreffen ausschließlich die in dessen Begründung bezeichneten, von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten der Online-Sportwetten, des Online-Poker und der Online-Casinospiele, nicht jedoch die darüber hinausgehende, von den Teilerledigungserklärungen umfasste Erstreckung der Verfügung auf jegliches von Baden-Württemberg aus abrufbare öffentliche Glücksspiel im Internet.

16

Der Gegenstand der verbliebenen, noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des Bescheides wird durch die Benennung der Glücksspielarten (Online-Sportwetten, Online-Poker sowie Online-Casinospiele) bezeichnet und durch die Aufzählung der Internetseiten mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin in der Begründung des Bescheides konkretisiert. Dadurch wird die sachkundige Klägerin in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche konkreten Glücksspiele unter die Verbotsverfügung im noch verfahrensgegenständlichen Umfang fallen. Die Bezeichnung der Glücksspielarten knüpft jeweils an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Sportwetten und -Poker) oder an die Zugehörigkeit zu denjenigen Glücksspielen an, die üblicherweise in Spielbanken angeboten werden (Casino-Spiele). Zu diesen zählt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem sogenannten Großen Spiel (wie etwa Roulette und Baccara) auch das als Kleines Spiel bezeichnete Automatenspiel (etwa an Slot-Machines). Für die Klägerin als sachkundige Anbieterin ist damit klargestellt, dass die Verbotsverfügung neben den Online-Sportwetten, dem Online-Poker und den Online-Varianten des Großen Spiels auch Online-Varianten des sogenannten Kleinen Spiels erfasst. Etwa verbleibende Unsicherheiten bei der Zuordnung eines Spiels oder künftig geplanten Spielangebots - etwa hinsichtlich der Eingrenzung der von der Untersagungsverfügung erfassten dem Glücksspiel zugeordneten Pokerformen - räumt die beispielhafte Konkretisierung der untersagten Spielangebote durch die Aufzählung der Internetseiten aus, deren Angebote - für die Klägerin erkennbar - Anlass des Einschreitens des Beklagten waren. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin möglicherweise zukünftig angebotenen Spielen um Sportwetten, Poker oder Casinospiele handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedurfte es daher nicht.

17

Ein höheres Maß an Bestimmtheit ist nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GBl. BW 2012, 385, 388) - bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen gegenüber Dritten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. Financial Blocking), geboten. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber diesen Dritten, die losgelöst von der Untersagungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt sein müssen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2016 - 11 ME 61/16 - GewArch 2016, 425 <426>). Verfügungen, mit denen Dritten Zahlungseinschränkungen auferlegt werden, um unerlaubte Glücksspielaktivitäten zu unterbinden, stellen keine Vollstreckung aus einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung dar, sondern unabhängige Instrumente der Glücksspielaufsicht, die an "unerlaubtes" und nicht an untersagtes Glücksspiel anknüpfen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB. Die Frage nach einer etwaigen Strafbarkeit stellt sich unabhängig von der Vollstreckung einer Untersagungsverfügung. Insofern muss das Strafgesetz seinerseits hinreichend bestimmt sein.

18

Die Untersagungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG BW schließlich auch, soweit mit ihr das "Unterstützen" der Veranstaltung oder Vermittlung von bzw. Werbung für Online-Sportwetten, Online-Poker oder Online-Casinospiele untersagt wird. Was "Unterstützen" im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar weder gesetzlich festgelegt noch durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt (vgl. aber z.B. zum Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 28 ff.). Aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde wird aber unzweifelhaft deutlich, dass sämtliche Beiträge unterbunden werden sollen, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, der Klägerin selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa durch Zurverfügungstellen einer Domain oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung von solchen Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte.

19

3. Auch die weitere selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, verletzt Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermessensverstoß mit der Begründung bejaht, selbst bei einer Reduzierung des Entschließungsermessens auf Null habe der Beklagte gegen die Klägerin nur aufgrund eines im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG tragfähigen Eingriffskonzepts einschreiten dürfen. Das Erfordernis eines vorherigen Eingriffskonzepts auch bei einer Verpflichtung zum Einschreiten im konkreten Fall ist jedoch weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 12 Abs. 1 GG zu entnehmen.

20

a) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hängt die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung eines zeitlich gestaffelten Vorgehens in Fällen der Ermessensreduzierung auf Null nach Art. 3 Abs. 1 GG nur vom Vorliegen zureichender sachlicher Gründe für etwaige Differenzierungen und nicht zusätzlich davon ab, dass die Behörde vor dem ersten Zugriff ein Eingriffskonzept erstellt hat und auf dessen Grundlage vorgegangen ist. Zwar bindet ein etwa erstelltes Konzept die Behörde als antizipierte Verwaltungspraxis gleichheitsrechtlich ebenso wie eine bereits bestehende Praxis. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht, vor dem gesetzlich gebotenen Zugriff ein behördliches Eingriffskonzept zu erstellen.

21

Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 - 8 C 36.12 - NVwZ 2014, 1583 m.w.N.).

22

Anders verhält es sich, wenn die Behörde, wie hier vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt, zum Einschreiten verpflichtet ist. Bei einer Ermessensreduzierung auf Null hat die Behörde keine Handlungsalternativen mehr, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.

23

Entscheidet eine Behörde sich, den Einsatz ihrer begrenzten Ressourcen, die kein gleichzeitiges Einschreiten gegen alle Störungen ermöglichen, an einem Plan auszurichten, muss sie sich, um Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu verletzen, an ihn halten. Fehlt es an einem Plan, so genügt es, dass sich ein Einschreiten der Behörde nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (vgl. zu Bauordnungsverfügungen: BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 - juris Rn. 5). Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten.

24

Die Forderung des Berufungsgerichts, die zeitliche Reihenfolge des Vorgehens gegen Anbieter von Internetglücksspielen an deren Marktpräsenz, Umsätzen oder Gewinn auszurichten, überspannt diese Anforderungen deutlich. Seine für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen Plan für sein Einschreiten verlassen hätte oder gar willkürlich vorgegangen wäre.

25

b) Das Aufstellen eines Zeitplans für das ordnungsbehördliche Einschreiten ist vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des Konkurrenzschutzes durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Wird ein Konkurrent erst später als die Klägerin mit einer Untersagungsverfügung überzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür auch ihm gegenüber schon zum Zeitpunkt des Einschreitens gegen die Klägerin vorlagen, mag er zwar daraus einen faktischen Wettbewerbsvorteil ziehen können. Daraus folgt jedoch kein Recht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die eigene Tätigkeit bis zum Einschreiten - auch - gegen den Konkurrenten fortsetzen zu dürfen. Die Berufsfreiheit schützt nämlich keine Tätigkeiten, die der Gesetzgeber grundrechtskonform als unerlaubt eingestuft hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 <397>). Sie vermittelt keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit dem Internetverbot bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <6>).

26

4. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruht mangels tragfähiger Alternativbegründung auf der dargestellten Verletzung revisiblen Rechts und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen der Untersagungsverfügung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in deren Rechten.

27

a) Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 1 und 2 der angegriffenen Verfügung vom 21. Januar 2010, soweit diese den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit dem 26. Oktober 2017 betreffen, sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der derzeit geltenden Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2012 - i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 2 des Landesglücksspielgesetzes BW - LGlüG. Die genannten Vorschriften ermächtigen die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden. Die Behörden dürfen insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und Werbung hierfür untersagen. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG legt auf der Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV 2012 weitergehend fest, dass die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür untersagt werden sollen.

28

Die Voraussetzungen für eine Untersagung sind hiernach erfüllt. Die Klägerin bedarf für die von ihr im Internet veranstalteten Poker- und Casinospiele einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GlüStV 2012), die sie nicht hat und die ihr auch nicht erteilt werden kann. Das Veranstalten und Vermitteln dieser öffentlichen Glücksspiele im Internet und die Werbung hierfür sind ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV 2012; dazu sogleich unter b).

29

Die von der Klägerin im Internet veranstalteten Sportwetten stehen ebenfalls unter Erlaubnisvorbehalt. Insoweit hätte die Klägerin zwar möglicherweise nach § 10a Abs. 1 und 2, 4 GlüStV 2012 eine Erlaubnis erhalten können. Sie hat eine solche aber noch nicht einmal beantragt (dazu unter c). Das Regierungspräsidium war auch zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet. Wird die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift gesteuert, hat die zuständige Behörde grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318 <323>). Solche Umstände waren hier auch hinsichtlich der von der Klägerin veranstalteten Sportwetten nicht gegeben. Eine formell illegale, aber unter Erlaubnisvorbehalt stehende Tätigkeit ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann zu dulden, wenn sie offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar, die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt, sodass die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <322> und Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 B 36.14 - ZfWG 2015, 227). Wenn der betroffene Glücksspielanbieter - wie hier - weder einen Erlaubnisantrag gestellt noch unabhängig davon aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ohne weitere Prüfung erkennbar, dass dessen Angebot zu erlauben wäre. Da das Ermessen nach den landesrechtlichen Vorgaben grundsätzlich zum Einschreiten intendiert ist, bedurfte es insoweit keiner besonderen Ermessenserwägungen des Beklagten.

30

b) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf die Untersagung des Online-Poker- und Online-Casinospielangebots zielt, kann der Klägerin das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

31

aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

32

Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).

33

Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc).

34

bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden.

35

Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

36

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

37

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.

38

cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.

39

Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

40

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

41

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

42

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

43

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.

44

c) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf das Online-Sportwettenangebot der Klägerin zielt, kann ihr das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis entgegengehalten werden. Sie hat nach eigenem Bekunden nicht an dem Sportwettenkonzessionsverfahren teilgenommen, obwohl ihr eine Antragstellung rechtlich und faktisch möglich gewesen wäre.

45

Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens für Sportwetten in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist insbesondere unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 f. AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmungen, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - C-203/08 [ECLI:EU:C:2010:307], Sporting Exchange - Rn. 50, vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 87 und vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <321> und vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 54). Diesen Anforderungen tragen die an die EU-Kommission notifizierten Regelungen über die Erteilung einer Sportwettenkonzession in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012, insbesondere durch das in § 4b GlüStV 2012 geregelte Verfahren, Rechnung. § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 gibt vor, dass die Konzessionen nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt werden. Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV 2012). Durch die in § 4b Abs. 5 GlüStV 2012 genannten und in § 4b Abs. 2 GlüStV 2012 konkretisierten Auswahlkriterien wird das Ermessen der Auswahlbehörde hinreichend begrenzt. Es werden detailliert die Unterlagen aufgeführt, welche die Grundlage der Auswahlentscheidung bilden müssen. Ob das Konzessionsverfahren tatsächlich nach diesen gesetzlichen Kriterien abläuft und ob eine auf dieser Grundlage erteilte oder abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann jeder Bewerber gerichtlich überprüfen lassen. Dabei kann er zur effektiven Durchsetzung seiner Rechte auch um Eilrechtsschutz nachsuchen.

46

Hat es die Klägerin trotz dieser ausreichenden rechtlichen Rahmenbedingungen unterlassen, einen Antrag auf Erteilung einer Sportwettenkonzession zu stellen, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre, kann sie sich nicht darauf berufen, dass das gesetzlich ausreichend geregelte Konzessionsverfahren in seiner praktischen Umsetzung gegenüber denjenigen, die einen Antrag gestellt haben, rechtsfehlerhaft durchgeführt worden wäre. Sie kann folglich nicht geltend machen, dass das zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport in seinem Verwaltungsverfahren zur Vergabe der 20 Sportwettenkonzessionen nach ihrer Auffassung normative Vorgaben nicht beachtet oder diese nicht in angemessener Zeit umgesetzt habe. Denn diese rechtlichen Fragen betreffen eine etwaige Verletzung eines Bewerberverfahrensanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG, die nur derjenige geltend machen kann, der überhaupt zum Kreis der Bewerber gehört. Überdies berühren solche Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Erlaubnisverfahrens allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, die am Maßstab der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und des Verfassungs- und Unionsrechts selbständig überprüfbar wäre. Eine solche in einem Konzessionsverfahren gegenüber der Klägerin ergangene Entscheidung steht aber vorliegend im Verfahren zur Anfechtung einer Untersagungsverfügung nicht zur Prüfung.

47

Abweichendes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach einem Wirtschaftsteilnehmer nicht vorgeworfen werden kann, auf eine Bewerbung um eine Konzession angesichts fehlender Rechtssicherheit verzichtet zu haben (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-72/10 und C-77/10 [ECLI:EU:C:2012:80], Costa und Cifone -). Sie betrifft den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Wirtschaftsteilnehmer von einer früheren Konzessionsausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen worden war und sich deshalb bei einer späteren, erneuten Ausschreibung nicht nochmals um die Erteilung einer Konzession bemühte. Soweit der Europäische Gerichtshof des Weiteren entschieden hat, dass die Anwendung der fraglichen Vorschriften gegenüber allen Bietern transparent sein müsse (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2017 - C-49/16 [ECLI:EU:C:2017:491], Unibet -), betraf dies nationale Vorschriften, die dem Wirtschaftsminister die Auswahl zwischen einem transparenten und einem intransparenten Verfahren überließen, und nicht solche Normen, die - wie hier - ausschließlich die Durchführung eines transparenten Verfahrens vorsehen. Dass § 10a Abs. 3 GlüStV 2012 die Anzahl der höchstens zu erteilenden Konzessionen auf 20 begrenzt, berührt nicht die Transparenz des Auswahlverfahrens und ist angesichts der hierfür genannten tragfähigen Gründe (vgl. amtl. Erl. S. 11 = LT-Drs. BW 15/1570 S. 58) auch nicht willkürlich.

48

d) Ist das nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 vorgesehene teilweise Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar, gilt Entsprechendes für das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012), von dem Ausnahmen lediglich für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten möglich sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2012). Mit der Nutzung des Internets als Werbemedium ist eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <18>). Soweit das Spielangebot im Internet zugelassen wird, entspricht es der angestrebten Kanalisierungswirkung, es dort auch bewerben zu dürfen (vgl. amtl. Erl. S. 29 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 76). Dem Ziel der Suchtprävention wird durch die nach § 5 Abs. 1, 2 und 4 GlüStV 2012 geltenden Werberestriktionen Rechnung getragen.

49

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 21 Januar 2010, die auf §§ 20, 18, 19 und 23 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg beruht, und die in Ziffer 4 des Bescheides auf der Grundlage von §§ 1, 4, 7 und 12 Abs. 4 des Landesgebührengesetzes gestützte Gebührenfestsetzung sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Revision des Beklagten erfolgreich war, sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen. Der Beklagte trägt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO jedoch die Kosten des hinsichtlich weiterer unbenannter Glücksspielarten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits, weil die Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung insoweit voraussichtlich obsiegt hätte. Die Untersagungsverfügung war, soweit sie über die von der Klägerin konkret angeboten Glücksspielarten hinaus das Veranstalten, Vermitteln, hierfür Werben und Unterstützen jeglichen Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV 2012 auf Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus erreichbar sind, untersagte, nicht hinreichend bestimmt. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 GlüStV 2012, auf den die Verfügung in ihrem Untersagungstenor Bezug nahm, war auch für den fachkundigen Adressaten nicht so eindeutig, dass dieser unzweifelhaft erkennen konnte, welche Verhaltensweisen für ihn noch erlaubt und welche schon verboten waren. Den insoweit möglicherweise drohenden Streit konnte der Beklagte nicht durch Verwendung des Gesetzeswortlautes im Tenor seines Bescheides in das Vollstreckungsverfahren verlagern. Entsprechend bestimmt sich die Kostenlast bezüglich des von den Teilerledigungserklärungen umfassten Untersagungszeitraums bis zur Revisionsverhandlung. Es entspricht billigem Ermessen, den Umfang des voraussichtlichen Unterliegens des Beklagten mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen und eine dementsprechende quotale Kostentragung anzusetzen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen das Verbot, in den Räumen eines Sportvereins Sportwetten an einen privaten Wettanbieter zu vermitteln.

2

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und Mitglied des Türkischen Sportvereins (T.S.V.) G. in N. In dessen Vereinsheim vermittelte er Sportwetten von Vereinsmitgliedern an die Firma H. GmbH mit Sitz in K. Diese verfügt über eine Lizenz nach Kärntner Landesrecht.

3

Im März 2006 begehrte der Kläger von der Beklagten festzustellen, dass seine Vermittlungstätigkeit keiner Erlaubnis bedürfe. Hilfsweise beantragte er die Erteilung einer Erlaubnis. Nach Anhörung untersagte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 12. Juli 2006 die Vermittlung von Sportwetten im - damaligen - Vereinslokal des T.S.V. G. in der V. straße 12 in N. und verpflichtete ihn, den Betrieb bis zum 27. Juli 2006 einzustellen. Die dagegen erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger mitgeteilt, das Vereinsheim des T.S.V. G. sei inzwischen in die F. Straße 324 in N. umgezogen, und sein Begehren entsprechend angepasst.

4

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei der Untersagungsverfügung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der sowohl nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage als auch nach dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtmäßig sei. Die Untersagung finde ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Wegen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Sportwetten nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, des Erlaubnisvorbehalts für die private Wettvermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und wegen der Beschränkung der zulässigen Vermittlung auf die Angebote des Monopolträgers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die Vermittlungstätigkeit des Klägers nicht erlaubnisfähig.

5

Das staatliche Sportwettenmonopol nach dem GlüStV verletze weder die Verfassung noch unionsrechtliche Grundfreiheiten.

6

Für die verfassungsrechtliche Beurteilung könne offen bleiben, ob der persönliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG oder der des Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet sei. Selbst ein etwaiger Eingriff in die Berufswahlfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 1 GlüStV diene das Wettmonopol legitimen Zielen. Insbesondere die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht könne als überragend wichtiges Gemeinwohlziel selbst den mit der Errichtung des Monopols verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen. Das Veranstaltungsmonopol sei geeignet und erforderlich, das Ziel der Suchtbekämpfung zu verwirklichen. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Prognosespielraums davon ausgehen dürfen, dass jede Öffnung des Wettmarktes eine Ausweitung des Sportwettenangebots und ein Zunehmen der Suchtgefahr bewirken würde. Seine Einschätzung, das Monopolsystem gewährleiste eine effektivere Kontrolle als Konzessionssysteme, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Grundrechtseingriff sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols entspreche den Vorgaben der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sie sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konsequent an den verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet, insbesondere an den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spielerschutzes, des Jugend- und Verbraucherschutzes und des Schutzes vor Folge- und Begleitkriminalität. Das Gebot der Suchtbekämpfung habe nachhaltigen Niederschlag in zahlreichen - im Berufungsurteil aufgezählten - Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages gefunden. Eine unzulässige Ausrichtung an fiskalischen Interessen ließen weder der Normtext noch die Gesetzesbegründung oder die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols erkennen.

7

§ 21 GlüStV treffe ausreichende Regelungen hinsichtlich der Art und des Inhalts der Wettangebote, indem er nur Ergebniswetten zulasse. Der Glücksspielstaatsvertrag schränke auch den Wettvertrieb erheblich ein und gestalte ihn entsprechend den gesetzlichen Schutzzielen aus. Er verbiete den Internet-, Fernseh- und Telefon- oder SMS-Vertrieb ebenso wie Live-Wetten. Darüber hinaus verlange er eine strikte Trennung des Vertriebs von Sportorganisationen, -einrichtungen und -ereignissen. Die bereits reduzierte Zahl der Annahmestellen müsse nach dem Ausführungsgesetz zum GlüStV bis Ende 2011 weiter auf 3 700 vermindert werden. Zur völligen Aufgabe des Verbundvertriebs sei der Monopolträger verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ohne kundennahe Annahmestellen könne das gesetzliche Ziel, den natürlichen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und eine weitere Verlagerung des Wettgeschehens in den illegalen Bereich zu verhindern, nicht erreicht werden. Den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spieler- und des Jugendschutzes trage die Ausgestaltung des Vertriebs über die Annahmestellen in Verbindung mit aktiven Präventionsmaßnahmen ausreichend Rechnung. Im Gegensatz zu Wettbüros lüden Lotto-Annahmestellen nicht zum Verweilen ein und seien nicht von einer suchtfördernden Wettatmosphäre geprägt. Da die Glücksspielvermittlung in den Annahmestellen regelmäßig nur als Nebengeschäft betrieben werde, fehle dort ein Anreiz, diesen Bereich auszubauen. Die Einführung einer nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises auszustellenden Kundenkarte, das funktionierende Sperrsystem und die in der Praxis auch in Anspruch genommene Möglichkeit der Selbstsperre genügten, den Jugend- und den Spielerschutz sowie die Suchtbekämpfung auch im Verbundvertrieb zu gewährleisten. Verfassungsrechtlich sei nicht geboten, Jugendlichen bereits den Zutritt zu den Annahmestellen der staatlichen Lotteriegesellschaften zu untersagen. Die Werbung für Glücksspiele sei ebenfalls den gesetzlichen Zielen entsprechend beschränkt worden. Allerdings könne Werbung schon begrifflich nicht auf reine Sachinformation ohne Anreiz reduziert werden. Auch das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, lasse sich ohne Werbung nur unzureichend erfüllen. Deshalb sei eine zur sachlichen Botschaft hinzutretende werbetypische Umrahmung zulässig, soweit sie nicht gezielt zum Wetten anreize und das Wetten nicht verharmlose. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben könne wegen der Erlaubnispflicht für Vermittler auch im Verbundvertrieb sichergestellt werden. Zwar lasse die von den Klägerbevollmächtigten vorgelegte "Mystery Shopping Studie" Zweifel an einer strikten Einhaltung der Schutzvorschriften aufkommen. Einzelne Vollzugsdefizite belegten jedoch noch kein normativ-strukturelles, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausschließendes Defizit. Unsanktionierte systematische Durchbrechungen der rechtlichen Vorgaben seien nicht festzustellen. Der Monopolträger und die Aufsichtsbehörden nähmen eigene Kontrollen vor und ahndeten festgestellte Verstöße effektiv. Die Ressortverschiedenheit der Staatlichen Lotterieverwaltung und der Glücksspielaufsicht gewährleiste eine ausreichende Distanz der Aufsichtsbehörden zu den fiskalischen Interessen des Staates.

8

Die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49, 56 AEUV seien ebenfalls nicht verletzt. Die Beschränkung dieser Grundfreiheiten durch das staatliche Sportwettenmonopol werde durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und sei verhältnismäßig.

9

Der Gesetzgeber habe von einer Suchtgefahr ausgehen und handeln dürfen, obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse dazu vorgelegen hätten. Es genüge, dass der aktuelle Erkenntnisstand berücksichtigt und eine begleitende Forschung und Evaluierung sichergestellt worden sei. Erkenntnisse aus dem Ausland widerlegten die Gefahrenprognose des Gesetzgebers nicht, da sie nicht ohne Weiteres auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden könnten. Das Sportwettenmonopol sei auch geeignet, durch systematische und kohärente Begrenzung des Wettangebots zur Suchtbekämpfung und zur Kanalisierung der Spielleidenschaft beizutragen. Schwierigkeiten, den illegalen Markt einzudämmen, schlössen die Eignung nicht aus. Für die Kohärenz der Monopolregelung sei nur auf den von ihr erfassten Sektor abzustellen, nicht auf den gesamten Glücksspielbereich. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik genüge außerdem eine auf das konkrete Bundesland bezogene Prüfung. Das Kohärenzerfordernis verpflichte den Gesetzgeber nicht, jeden Wertungswiderspruch auch im Detail zu vermeiden. Es werde nur bei einem krassen Missverhältnis von Regelungsziel und Ausgestaltung verfehlt. Bundeslandspezifische Besonderheiten wie die verbliebenen DDR-Erlaubnisse und die Zulassung eines privaten Monopolträgers in Rheinland-Pfalz führten nicht zur Inkohärenz, weil sie absehbar ausliefen.

10

Eine Diskriminierung sei mit dem staatlichen Sportwettenmonopol nicht verbunden. Auch ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht liege nicht vor.

11

Weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die nur hilfsweise gestellten Beweisanträge des Klägers, die nicht sämtlich den formalen Voraussetzungen gerecht würden, beträfen erwiesene oder als wahr unterstellte Tatsachen. Im Übrigen seien sie nicht entscheidungserheblich oder dem Beweis nicht zugänglich.

12

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof - beschränkt - hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ab Inkrafttreten des GlüStV am 1. Januar 2008 zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 284 Abs. 2 StGB, des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV.

13

§ 284 Abs. 2 StGB verbiete nur Glücksspiele unter Vereinsmitgliedern, nicht die Vermittlung von Wetten zwischen Mitgliedern und einem Dritten. Das staatliche Sportwettenmonopol verletze die Berufsfreiheit. Die gesetzliche Regelung der Art und des Zuschnitts des staatlichen Wettangebots genüge nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Das Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes könnten ebenso bei einer beschränkten Marktöffnung erreicht werden. Zudem sei das Monopol weder rechtlich noch tatsächlich konsequent an den verfolgten Zielen ausgerichtet. Der Verbundvertrieb über Annahmestellen widerspreche ihnen ebenso wie die Werbung des staatlichen Monopolanbieters. Unzulässig sei jede den Wettentschluss fördernde Werbung, nicht nur der gezielte Anreiz zum Wetten. Dem werde die berufungsgerichtliche Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV nicht gerecht. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz seien unzureichend und würden nicht konsequent umgesetzt.

14

Der Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV ergebe sich aus der Inkohärenz der Monopolregelung. Erforderlich sei nicht nur eine Kohärenz im von der Monopolregelung betroffenen Sektor, sondern eine Gesamtkohärenz sämtlicher Regelungen im Glücksspielbereich. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne dem nicht entgegengehalten werden. Maßgebend sei auch nicht allein die normativ-strukturelle Ausgestaltung des Monopols, sondern ebenso dessen tatsächliche Umsetzung. Danach sei das Sportwettenmonopol mangels bundesweiter konsequenter Ausrichtung der Glücksspielpolitik am Ziel der Suchtbekämpfung unionsrechtswidrig. Zur weiteren Klärung der Voraussetzungen der Inkohärenz und zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV mit dem Unionsrecht bittet der Kläger, dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen vorzulegen, für deren Formulierung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird.

15

Er meint, die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit schließe auch eine Anwendung des Erlaubnisvorbehalts für die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Unzulässigkeit seiner Vermittlungstätigkeit folge auch nicht aus § 21 Abs. 2 GlüStV. Diese Vorschrift verbiete nur das Vermitteln von Wetten in Sporteinrichtungen, deren Veranstaltungen Gegenstand der Wetten seien.

16

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2008 die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 12. Juli 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

19

Die Beteiligte unterstützt das Vorbringen der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zwar beruht das angegriffene Urteil auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit es davon ausgeht, diese Vorschriften ließen eine Werbung des Monopolanbieters mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen zu. Darüber hinaus stützt es sich auf die fehlerhafte Annahme, Art. 49 und 56 AEUV verlangten eine Kohärenz der Monopolregelung nur im betroffenen Glücksspielsektor und im jeweiligen Bundesland. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

21

Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die Untersagung der weiteren Sportwettenvermittlung als zukunftsbezogenen Dauerverwaltungsakt eingeordnet und die Anfechtungsklage für statthaft gehalten hat. Er musste auch nicht annehmen, das Verbot habe sich mit dem Auszug des T.S.V. G. aus dem im Bescheid genannten Anwesen V. straße 12 in N. erledigt. Vielmehr durfte er davon ausgehen, dass sich die Untersagungsverfügung auch auf die Wettannahme im neuen Vereinsheim in der F. Straße 324 erstreckte. Insoweit ist entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den Empfängerhorizont abzustellen. Danach zielte die Untersagungsverfügung erkennbar darauf ab, das Betreiben einer Wettannahmestelle im Vereinsheim grundsätzlich und unabhängig von einem möglichen Ortswechsel zu untersagen. Die Angabe der Anschrift diente nur der individualisierenden Umschreibung des untersagten Betriebs im Hinblick auf die gleichzeitig eingeleitete Verwaltungsvollstreckung. Wie sich aus der Anpassung des Klagebegehrens im Berufungsverfahren ergibt, ging auch der Kläger davon aus, das Verbot gelte seit dem Umzug des Vereins am 8. Mai 2007 für das neue Vereinslokal fort.

22

Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Untersagungsverfügung sei hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums ab dem 1. Januar 2008 verfassungs- und unionsrechtskonform, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Anwendung revisiblen Rechts. Dabei ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist bei der Anfechtungsklage nur maßgeblich, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt. Da die hier einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des landesrechtlichen Ausführungsgesetzes irrevisibel sind, obliegt diese Beurteilung dem Berufungsgericht. An dessen Annahme, die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, ist der Senat gebunden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

23

Nach § 137 Abs. 1 i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO ist der revisionsrechtlichen Beurteilung die berufungsgerichtliche Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes vom 20. Dezember 2007 zugrunde zu legen. Der Senat hat nur zu überprüfen, ob diese mit dem revisiblen Recht in Einklang stehen.

24

Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet, und dass die vom Kläger vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV im Freistaat Bayern nur mit Erlaubnis der bayerischen Behörden veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung dieser Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil danach nur Wettangebote des staatlichen Monopolträgers vermittelt werden dürfen.

25

Zu Unrecht rügt die Revision einen Verstoß gegen § 284 Abs. 2 StGB. Diese Bestimmung ist im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat sie nur zur Rechtfertigung der Untersagungsverfügung für die Zeit der Geltung des Lotteriestaatsvertrages bis zum 31. Dezember 2007 herangezogen. Für den im Revisionsverfahren noch streitigen Zeitraum seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 hat er auf dessen Regelungen abgestellt.

26

Seine Annahme, das der Einschränkung der Vermittlungstätigkeit zugrunde liegende staatliche Sportwettenmonopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag sei mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, ist revisionsrechtlich jedoch nicht fehlerfrei. Sie beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

27

Das staatliche Sportwettenmonopol schränkt die Berufswahlfreiheit ein, weil es alle Grundrechtsträger von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten außerhalb des Pferdesports ausschließt.

28

Dieser Eingriff ist vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn eine formell-gesetzliche, kompetenzgerechte Regelung besteht, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Eingriffsintensität Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls legitimiert und verhältnismäßig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <303 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1340 Rn. 24>).

29

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1222 Rn. 14>). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports.

30

Der Einwand der Revision, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahrnehmung des Monopols genügten nicht dem verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, trifft nicht zu. Dieser verlangt nur, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst trifft und nicht der Exekutive überlässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251 f.>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 47). Die für die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Regelungen werden im Sportwettenbereich durch § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 bis 4 AGGlüStV und § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV getroffen. Diese Vorschriften schließen die Grundrechtsträger von der Veranstaltung solcher Wetten aus und bestimmen die Voraussetzungen, unter denen eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden kann. Das dabei eingeräumte Ermessen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV an die in § 1 GlüStV im Einzelnen normierten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gebunden. Die vom Kläger für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betreffen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler. Sie regeln nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger.

31

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung des Sportwettenmonopols verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist aber seine Annahme, die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

32

Nach der den Senat bindenden Auslegung des irrevisiblen Landesrechts bezwecken der Glücksspielstaatsvertrag und seine landesgesetzliche Umsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und die Gefahr des Betrugs sowie sonstiger Folge- und Begleitkriminalität des Wettens abzuwehren (vgl. § 1 GlüStV, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind die Suchtbekämpfung und -vorbeugung, der Spieler- und Jugendschutz sowie der Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität als besonders wichtige Gemeinwohlziele anerkannt, die auch Eingriffe in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.). Der Zweck, die Spielleidenschaft zu kanalisieren, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim, auch wenn nicht alle dazu geeigneten Vertriebsformen gleichzeitig dem Ziel der Suchtbekämpfung durch Angebotsbegrenzung entsprechen. Es genügt, dass eine Ausgestaltung der Sportwetten denkbar ist, die beiden Zielen Rechnung trägt.

33

Die Eignung eines Mittels setzt nur voraus, dass mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dazu genügt die Möglichkeit der Zweckerreichung. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Seine Annahme, eine Marktöffnung werde eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten zur Folge haben und damit einer Ausbreitung der Spielsucht Vorschub leisten, ist davon ebenso gedeckt wie die Annahme, ein Monopol ermögliche eine effizientere Kontrolle als die Überwachung einer Vielzahl von Erlaubnisnehmern. Die von der Revision hervorgehobenen Schwierigkeiten der Durchsetzung des Monopols lassen seine Eignung nicht entfallen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308).

34

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines staatlichen Monopols steht dem Gesetzgeber ebenfalls eine Einschätzungsprärogative zu. Deren Grenzen sind erst überschritten, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass alternativ in Betracht kommende Grundrechtsbeschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309). Nach diesen Kriterien musste der Verwaltungsgerichtshof die Annahme des Bayerischen Gesetzgebers, das Wettmonopol sei erforderlich, verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Er hatte auch nicht zu klären, ob die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung ebenso wirksam durch weniger einschneidende Mittel zu verfolgen gewesen wären. Vielmehr durfte er darauf abstellen, dass jedenfalls zur Bekämpfung der Spielsucht keine nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenso effektive, aber weniger einschneidende Maßnahme als die Errichtung eines Monopols zur Verfügung stand. Die entsprechende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht nur die Erwägungen des Gesetzgebers (LTDrucks 15/8486 S. 9, 12), sondern geht auch auf den Vortrag des Klägers zur Eignung einer beschränkten Marktöffnung und zu den Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten ein. An die berufungsgerichtliche Tatsachenfeststellung, die Errichtung eines Monopols sei effizienter als eine Konzessionslösung, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die Revision hat diese Feststellung nicht mit wirksamen substantiierten Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO angegriffen. Sie hält ihr nur die eigene, abweichende Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen.

35

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für das Monopolangebot stellt.

36

Die Zumutbarkeit der Errichtung eines staatlichen Monopols für die Betroffenen setzt voraus, dass das Monopol tatsächlich den mit ihm verfolgten, überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken dient (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309 f.). Maßgebend ist dafür die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung, dem der Gesetzgeber vorrangige Bedeutung beigemessen hat (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 12 f.). Die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, insbesondere die Kanalisierung der Wettleidenschaft, können keine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausgestaltung des Monopols rechtfertigen.

37

Die konsequente Ausrichtung am Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und problematischem Spielverhalten vorzubeugen, muss in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols positiv zum Ausdruck kommen. Dazu sind materiell-rechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich, die auch gewährleisten, dass fiskalische Interessen im Konfliktfall zurücktreten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 312).

38

Die normative Ausgestaltung des Monopols muss hinreichende inhaltliche Kriterien betreffend die Art und den Zuschnitt der Sportwetten festlegen und Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung enthalten. Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Verwirklichung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Auch die Einzelausgestaltung ist am Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes auszurichten. Dies verlangt eine aktive Prävention, die über das Bereithalten von Informationsmaterial hinausgeht und eine angebotsimmanente Aufklärung, Früherkennung und Förderung der Motivation zur Verhaltensänderung, etwa durch die Möglichkeit einer Selbstsperre, vorsieht. Die Werbung hat sich auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten zu beschränken und darf keinen Aufforderungscharakter haben. Schließlich muss organisatorisch eine Kontrolle durch geeignete Instanzen mit ausreichender Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates sichergestellt werden (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

39

Die gesetzliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten musste der Verwaltungsgerichtshof nicht für unzureichend halten. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Ausführungen des angegriffenen Urteils zu § 21 Abs. 2 GlüStV nicht Art und Inhalt der Angebote, sondern Vertriebsregelungen betreffen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV leistet in der für den Senat bindenden Interpretation des Berufungsgerichts aber eine ausreichende inhaltliche Beschränkung des Wettangebots, indem er nur Wetten auf das Endergebnis eines sportlichen Wettkampfs zulässt und damit Wetten auf Zwischenergebnisse - etwa einer Spielhalbzeit oder eines Satzes - sowie Wetten auf Einzelereignisse während eines Wettkampfs ausschließt. Soweit dies die nähere Konkretisierung zulässiger Angebotsformen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV überlässt, gewährleistet die Bindung des Ermessens an die Ziele des § 1 GlüStV, dass keine die Suchtvorbeugung und -bekämpfung beeinträchtigende Wettform zuzulassen ist. Eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails war nicht erforderlich, da diese nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Suchtprävention und -bekämpfung nicht von Bedeutung waren.

40

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen bayerischen Ausführungsvorschriften werden auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne) gerecht, soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird.

41

Die Einschränkung auf terrestrische Vertriebswege durch Ausschluss des Internet- und SMS-Vertriebs in § 4 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV dient dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung. Sie schützt Kinder und Jugendliche vor den Gefahren, die mit einer Nutzung der in dieser Altersgruppe beliebten interaktiven Medien zum Glücksspiel verbunden sind. Auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgeschlossenen Vertriebswege für die Monopolanbieter kommt es für die Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung nicht an.

42

Die Vorgabe des Art. 1 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, die Zahl der Annahmestellen bis zum 31. Dezember 2011 weiter auf 3 700 zu reduzieren, normiert nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtspflicht und gewährleistet damit eine quantitative Begrenzung des Angebots. Der Revisionsvortrag, der Freistaat Bayern setze sich über diese Pflicht hinweg, widerspricht den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne insoweit wirksame Verfahrensrügen zu erheben. Entgegen der Auffassung des Klägers musste der Gesetzgeber die Entscheidungen über weitere Anpassungen des Vertriebssystems auch nicht mit einer Übergangsfristenregelung vorwegnehmen, sondern durfte zunächst die im Staatsvertrag vorgesehene wissenschaftliche Evaluation abwarten. Auf ein Überangebot von Wettannahmestellen lässt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht schon die vergleichsweise geringere Zahl der Postfilialen schließen. Seit der Abschaffung des Postmonopols wird ein erheblicher Teil der früher der Post vorbehaltenen Dienstleistungen durch andere Anbieter erbracht. Außerdem können Dienstleistungen der Post auch außerhalb der Niederlassungen in Anspruch genommen werden, etwa durch Briefkästen, Automaten oder die inzwischen eingeführten Internetangebote (E-Postbrief). Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der strenge Erlaubnisvorbehalt, die Auswahl der Vermittler und deren konsequente Überwachung seien für die Suchtvorbeugung und -bekämpfung wichtiger als die bloße Reduzierung ihrer Zahl, ist nicht denkfehlerhaft. Sie widerspricht auch nicht der Annahme, ein Konzessionssystem sei zur Suchtbekämpfung weniger geeignet als ein Monopol. Denn eine wirksame Kontrolle ist nach den bindenden berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Monopolsystem effektiver durchzuführen als bei einer Marktöffnung.

43

Entgegen der Auffassung der Revision musste der Verwaltungsgerichtshof nicht annehmen, der Gesetzgeber sei verpflichtet, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe völlig aufzugeben. Vielmehr durfte er davon ausgehen, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbarer normaler Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden. Der Verbundvertrieb schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs genügen die detaillierten Vorgaben für die Auswahl und Kontrolle der Vermittler und die Einzelgestaltung der Wettangebote in Verbindung mit den vorgesehenen Maßnahmen zur aktiven Prävention, auch im Verbundvertrieb der Spielsucht vorzubeugen, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Neben der jedem Angebot beigegebenen Aufklärung über die Gefahren der Wettsucht und mögliche Hilfen dienen dazu insbesondere das Zugangserfordernis der Kundenkarte und dessen Verknüpfung mit dem Sperrsystem. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen wird die Kundenkarte nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises ausgestellt und trägt ein Foto sowie - jedenfalls seit Mai 2008 - den vollen Namen des Inhabers. Dies erlaubt eine Identifizierung problematischen Wettverhaltens und dient dem Abgleich mit der Sperrdatei, zu dem jeder Vermittler verpflichtet ist. Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugangskontrolle mittels individueller Kundenkarte sei mittlerweile konsequent umgesetzt und geeignet, problematischem Wettverhalten zu begegnen und Kinder und Jugendliche sowie abhängige Personen von der Teilnahme auszuschließen, hat die Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben. Dazu genügt nicht, dass sie den Sachverhalt abweichend beurteilt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof den hilfsweise gestellten Beweisanträgen des Klägers nicht nachgegangen ist, fehlen substantiierte Rügen einer Verletzung des Aufklärungsgebots nach § 86 Abs. 1 VwGO oder des Grundsatzes rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, jeweils i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

44

Bei der Entscheidung, den Verbundvertrieb beizubehalten, durfte der Gesetzgeber schließlich berücksichtigen, dass die alternativ mögliche Beschränkung des Vertriebs auf besondere Wettlokale dem Ziel der Suchtbekämpfung abträglich sein kann. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind solche Lokale, deren Umsatz ganz vom Wettgeschäft abhängig ist, regelmäßig darauf ausgelegt, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren. Sie bieten soziale Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen und eine bereits vorhandene Wettneigung verstärken (vgl. Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, 2005, S. 138 f.). Demgegenüber ermöglicht der Verbundvertrieb, in dem das Wettgeschäft nur als Nebenerwerb betrieben wird, auch eine soziale Kontrolle durch nicht zum Wetten geneigte Personen, die übermäßigem Spielen vorbeugen kann.

45

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die rechtlichen Beschränkungen des Wettangebots würden nicht durch eine faktische Expansion unterlaufen, wird ebenso wenig mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wie die Feststellung, die Monopolanbieter hätten aufgrund der Angebotseinschränkung erhebliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

46

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, weitere Vertriebsbeschränkungen wie Auslagen-, Standort- oder Provisionsverbote zu regeln. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung. Vielmehr genügen zur Zielverwirklichung ausreichende Maßnahmen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erfüllen bereits die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen und in der Praxis umgesetzten Einschränkungen des Verbundvertriebs diese Anforderung.

47

Dem Erfordernis einer unabhängigen, effektiven Kontrolle genügt die Einrichtung einer Glücksspielaufsicht, die bei einem anderen Ministerium als dem für die Lotterieverwaltung zuständigen Finanzministerium ressortiert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - NVwZ-RR 2008, 1 <4 Rn. 59>). Trotz der mit der "Mystery Shopping Studie" aufgezeigten Vollzugsdefizite durfte der Verwaltungsgerichtshof annehmen, dass die normativen und strukturellen Vorgaben eine hinreichend effektive Kontrolle der Sportwettenvermarktung gewährleisten. Seinen nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen zufolge hat die Glücksspielaufsicht ausreichende Überwachungsmaßnahmen durchgeführt und festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert. Die aufgedeckten Defizite insbesondere im Umgang mit Kundenkarten wurden bereits im ersten Halbjahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages behoben. Später festzustellende Verstöße hatten nicht den Charakter systematischer Abweichungen und wurden ebenfalls geahndet.

48

Dass der Verwaltungsgerichtshof nur strukturelle Vollzugsdefizite für geeignet hält, eine verfassungswidrige Handhabung des Sportwettenmonopols zu belegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar hängt die Rechtfertigung des Monopols auch von dessen tatsächlicher Ausgestaltung ab. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt aber schon, eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Monopolregelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 316).

49

Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Auslegung der Regelungen zur Werbung für das staatliche Wettangebot in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für unbedenklich hält.

50

Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Damit ist nicht zu vereinbaren, die Teilnahme an Wetten als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung darzustellen. Vielmehr hat die Werbung für das Monopolangebot sich bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

51

Mit diesen Vorgaben steht noch in Einklang, dass die Pflicht zur Beschränkung der Werbung auf die Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten nach § 5 Abs. 1 GlüStV dem angegriffenen Urteil zufolge konkretisiert wird durch das in Absatz 2 der Vorschrift geregelte Verbot einer zur Teilnahme auffordernden oder irreführenden Werbung sowie durch die ebenfalls dort verankerte Pflicht, den Jugendschutz zu beachten und über Risiken und Gefahren des Wettens zu belehren. Diese systematische Auslegung verkürzt weder das Aufforderungsverbot, noch lässt sie das Ziel der Suchtbekämpfung hinter das Ziel einer Kanalisierung der Wettleidenschaft zurücktreten. Das Berufungsgericht stellt auch nicht in Abrede, dass die sachliche Werbung nur auf eine Lenkung des bereits vorhandenen Wettwillens gerichtet sein darf, ohne noch nicht zum Wetten Entschlossene zur Teilnahme anzureizen.

52

Dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der konsequenten Ausrichtung des Monopols am Ziel der Suchtbekämpfung widerspricht aber seine Annahme, dies verbiete nur den gezielten Anreiz zum Mitspielen. Dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lotteriestaatsvertrag für die Übergangszeit bis zur Neuregelung der Sportwetten jede über die sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehende, gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), relativiert die gebotene Beschränkung auf sachliche Information nicht durch ein zusätzliches Kriterium der Absicht des Werbenden oder der erkennbaren Zielrichtung seiner Werbung. Der Beschränkung auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten widersprechen nicht nur der absichtliche Anreiz und die direkte Aufforderung zum Wetten, sondern alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Entscheidend ist also nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt.

53

Für diese Beurteilung kann entgegen dem angegriffenen Urteil nicht zwischen einer auf die sachliche Information beschränkten Werbebotschaft und einer darüber hinaus zulässigen werbetypischen Umrahmung oder Aufmachung unterschieden werden. Die Botschaft oder der Aussagegehalt einer Werbung ist nicht unabhängig vom Kontext der Aufmachung zu ermitteln, sondern wird durch diese mit bestimmt. Entscheidend ist daher, dass die aus Text und Aufmachung zusammengesetzte Werbeaussage vom durchschnittlichen Empfänger nicht als Anreiz zum Wetten zu verstehen ist, sondern nur als Hinweis auf eine legale Möglichkeit, einen vorhandenen Entschluss zum Wetten umzusetzen.

54

Der Begriff der Werbung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Er wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt. Dazu zählt auch die sachliche Information des Monopolanbieters über die Möglichkeit, bei ihm legal Sportwetten abzuschließen.

55

Das Ziel, die Wettleidenschaft durch den Hinweis auf legale Wettangebote zu lenken, verlangt und rechtfertigt keine über die sachliche Information hinausgehende, zum Wetten selbst motivierende Aussage. Unzulässig sind danach beispielsweise Darstellungen des Wettens als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen Zugewinns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung. Erst recht darf die Teilnahme an Wetten nicht als positiv zu beurteilendes, wünschenswertes oder sozial verantwortliches Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1341 f. Rn. 39, 47, 57>).

56

Das schließt zwar nicht die Verwendung einer Dachmarke aus, wohl aber jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Unzutreffend ist danach die Annahme des angegriffenen Urteils, ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen könne zulässig sein. Ein solcher Hinweis wertet das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung im Sinne eines "Spendens durch Spielen" dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung der Suchtgefahr, lassen jedoch die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt. Die abweichende Auffassung des angegriffenen Urteils ist mit den Anforderungen, die an eine verhältnismäßige, konsequent und widerspruchsfrei am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, nicht vereinbar.

57

Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Freistaates Bayern ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Zuständig sind, je nach Abgrenzung des umstrittenen Geltungsbereichs der Erlaubnisse, entweder der Bund oder die Länder, in denen die Erlaubnisnehmer ihren Sitz haben.

58

Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

59

Das angegriffene Urteil wendet aber die Gewährleistungen der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV fehlerhaft an. Zu Unrecht geht es davon aus, die Monopolregelung sei, soweit sie diese Grundfreiheiten beschränke, nach dem unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Diese Annahme beruht auf einer unrichtigen Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

60

Die Vermittlung von Sportwetten an einen Wettanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig ist, stellt eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56, 57 AEUV dar (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 24; vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 41 m.w.N.). Ob die dem Kläger untersagte Vermittlung - seine Einbeziehung in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten vorausgesetzt - in den sachlichen Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fiele, oder ob diese Gewährleistung wegen ihrer Subsidiarität nach Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV hinter die der Niederlassungsfreiheit zurückträte, kann offen bleiben. Die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols und der daran anknüpfende Ausschluss einer Vermittlung von Wettangeboten EU-ausländischer Veranstalter schränken, je nach Ausgestaltung der Vermittlungstätigkeit, entweder die eine oder die andere Grundfreiheit ein. Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Beschränkung sind, soweit hier entscheidungserheblich, jeweils gleich. Die beschränkende Regelung muss das Diskriminierungsverbot des Art. 57 Abs. 3 AEUV beachten. Außerdem muss sie aus den in Art. 62 i.V.m. Art. 51 oder Art. 52 AEUV genannten Gründen oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten. Sie darf schließlich nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 44 ff., 59 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - juris Rn. 61).

61

Eine unzulässige Diskriminierung im Sinne des Art. 57 Abs. 3 AEUV liegt nicht vor. Die Vorschrift verbietet, Angehörige eines Mitgliedstaates wegen ihrer Staatsangehörigkeit gegenüber Inländern zu benachteiligen. Das ist hier nicht geschehen. Die der angefochtenen Untersagung zugrunde liegenden Rechtsnormen gelten gleichermaßen für Inländer wie Ausländer. Aus dem Diskriminierungsverbot ergibt sich auch keine Pflicht zur Anerkennung von Glücksspielkonzessionen anderer Mitgliedstaaten. Vielmehr ist es mangels unionsrechtlicher Harmonisierung der Glücksspielregelungen jedem Mitgliedstaat unbenommen, nationale, nicht nach der Staatsangehörigkeit des Anbieters oder Vermittlers differenzierende und verhältnismäßige Beschränkungen vorzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 f. und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 44).

62

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Einschränkungen der Grundfreiheiten durch das Sportwettenmonopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen. Dabei kann offen bleiben, ob nach Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV eine Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht kommt. Jedenfalls können die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs konkretisierten zwingenden Gründe des Allgemeininteresses wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung eine Monopolregelung rechtfertigen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45). Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Glücksspielbereich bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau nach Maßgabe der jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten zu bestimmen und die entsprechenden Regelungsziele festzulegen. Dabei ist es seine Sache zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten im Glücksspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. Die Grundentscheidung für ein Monopol- oder Konzessionssystem liegt danach im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46). Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N).

63

Zur Prüfung, ob die vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen, ist auf die Gesamtheit dieser Ziele abzustellen (vgl. EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-1039 Rn. 58, vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 30 f. und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - juris Rn. 22). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) und die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Kanalisierung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) sind ebenso wie die Kriminalitätsbekämpfung als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt.

64

Nach den nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Errichtung des Sportwettenmonopols ein hohes Schutzniveau angestrebt hat. Entgegen der Auffassung der Revision war er unionsrechtlich nicht gehindert, bereits vor einer abschließenden wissenschaftlichen Klärung des Suchtpotenzials von Sportwetten mit festen Gewinnquoten zur Gefahrenabwehr tätig zu werden. Er durfte vielmehr auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse und einer darauf gestützten plausiblen Gefahrenprognose präventive Regelungen erlassen, die durch begleitende Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen ergänzt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - Slg. 2003, I-13519 Rn. 25 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a). Damit in Einklang steht die berufungsgerichtliche Annahme, die Bundesländer hätten im Rahmen ihres Einschätzungs- und Prognosespielraums bereits aufgrund der ihnen vorliegenden Erkenntnisse von einer Suchtgefahr sowie davon ausgehen dürfen, dass diese bei einer Ausweitung des Wettangebots zunehmen werde. Ebenso durfte der Verwaltungsgerichtshof für ausreichend halten, dass § 10 Abs. 1 GlüStV die Beratung durch einen mit Experten der Suchtbekämpfung besetzten Fachbeirat vorsieht und § 11 GlüStV die begleitende wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren regelt. An die zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz zum Erkenntnisstand bei Erlass der Regelungen und zur gesetzgeberischen Prognose ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Revision insoweit keine ordnungsgemäßen Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO erhoben hat.

65

Die Eignung der Monopolregelung ist unionsrechtlich allerdings nicht schon zu bejahen, weil diese dem legitimen Ziel der Suchtbekämpfung dienen kann (dazu vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 99 ff., 105). Sie muss vielmehr geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten, indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt. Dabei sind sowohl der normative Gehalt der Regelung als auch ihre konkreten Anwendungsmodalitäten zu berücksichtigen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 67 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 f.).

66

An einem kohärenten Beitrag zur Begrenzung der Wetttätigkeit fehlt es, wenn die Behörden eines Mitgliedstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 69). Die Einnahmenerzielung darf nur eine nützliche Nebenfolge, aber nicht der eigentliche Grund der restriktiven Politik sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 35 f., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 62 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 104). Darüber hinaus widerspricht es dem Ziel der Begrenzung der Wetttätigkeit, wenn der staatliche Monopolträger die Anziehungskraft der Wetten durch Werbebotschaften erhöht, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen. Er darf dem Wetten auch nicht durch Hinweise auf eine Einnahmenverwendung für gemeinnützige Zwecke ein positives Image verleihen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103 f., 117 Ziff. 1d). Die Annahme des angegriffenen Urteils, solche Hinweise seien zulässig, ist unzutreffend.

67

Entgegen der ihm zugrunde liegenden Rechtsauffassung ist eine Kohärenz der Monopolregelung auch nicht nur "sektoral" für den davon betroffenen Sportwettenbereich und das jeweilige Bundesland erforderlich. Zwar muss grundsätzlich jede beschränkende Regelung gesondert auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden, und indiziert das Bestehen einer Konzessionsregelung in anderen Bereichen noch nicht die Inkohärenz eines auf einen bestimmten Glücksspielsektor beschränkten Monopols (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Läuft jedoch die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zwecken zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotential, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise - insbesondere aus fiskalischen Interessen - auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.). Die danach erforderliche Prüfung der Regelungen und der Anwendungspraxis im Bereich etwa der Kasino- und Automatenspiele hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern die darauf gerichteten Beweisanregungen unzutreffend für nicht entscheidungsrelevant gehalten.

68

Die verfassungsrechtliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bundesstaat macht die Kohärenzprüfung für Glücksspielbereiche, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, unionsrechtlich nicht entbehrlich. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates entbindet diesen nicht davon, seinen unionsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vielmehr müssen Bund und Länder zusammenwirken, um gemeinsam zu gewährleisten, dass die glücksspielrechtlichen Regelungen das unionsrechtliche Kohärenzkriterium erfüllen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.).

69

Die Annahme des Berufungsgerichts, das Kohärenzkriterium werde erst bei einem "krasse(n) Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt, trifft ebenfalls nicht zu. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- oder Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Ziele des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an.

70

Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf der fehlerhaften Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49, 56 AEUV. Sie hält die Untersagungsverfügung für rechtmäßig, weil sie fehlerhaft davon ausgeht, das staatliche Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit verhältnismäßig ein, und weil sie die Rechtfertigung des - unterstellten - Eingriffs in die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit aufgrund einer unzutreffenden Verkürzung der Kohärenzanforderungen bejaht.

71

Das angegriffene Urteil stellt sich nach § 144 Abs. 4 VwGO aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Die Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil konnte keinen Erfolg haben, weil die angefochtene Untersagungsverfügung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums ab dem 1. Januar 2008 den Kläger unabhängig von ihren fehlerhaften Erwägungen zur Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

72

Dabei kann offen bleiben, ob die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols in Bayern auch bei Berücksichtigung zutreffender verfassungs- und unionsrechtlicher Maßstäbe den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgebots genügt. Insbesondere kann dahinstehen, ob eine Monopolwerbung betrieben wird, die den Anforderungen einer verfassungskonformen, jeden Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Wetteinnahmen ausschließenden Auslegung des § 5 Abs. 1 GlüStV widerspricht. Unerheblich ist auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne konsistente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt. Allerdings wäre die Untersagungsverfügung bezüglich des hier streitigen Zeitraums bei einem Verfassungs- oder Unionsrechtsverstoß des Sportwettenmonopols nach dem Glücksspielstaatsvertrag wegen gegenteiliger rechtlicher Annahmen fehlerhaft. Damit läge aber noch keine Rechtsverletzung des Klägers vor. Zwar folgt dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon aus der formellen Illegalität der Vermittlungstätigkeit. Denn der Kläger hatte bereits im März 2006 hilfsweise beantragt, ihm die erforderliche Erlaubnis zu erteilen. Seine Vermittlungstätigkeit war jedoch unabhängig von der Wirksamkeit und der Anwendbarkeit der Regelungen zum Sportwettenmonopol jedenfalls wegen der Unzulässigkeit der Sportwettenvermittlung im Sportvereinsheim nach § 21 Abs. 2 GlüStV nicht erlaubnisfähig. Wegen dieses Verstoßes gegen die Pflicht zur organisatorischen Trennung der Sportwettenvermittlung von der Vereinstätigkeit war das Ermessen der Beklagten nicht nur hinsichtlich der Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV, sondern auch hinsichtlich der Untersagung der unzulässigen Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 3 GlüStV zu Lasten des Klägers auf Null reduziert.

73

Der Erlaubnisvorbehalt für die Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV besteht unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Sportwettenmonopols. Er gewährleistet in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV, dass Sportwetten nur durch zuverlässige Personen vermittelt werden, die einen ordnungsgemäßen, den gesetzlichen Vorgaben genügenden Vertrieb der Wettangebote sicherstellen. Zu diesen Vorgaben zählt auch die Einschränkung der Sportwettenvermittlung nach § 21 Abs. 2 GlüStV. Danach muss die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich, wirtschaftlich und personell getrennt sein von der Veranstaltung oder Organisation von Sportereignissen und dem Betrieb von Einrichtungen, in denen Sportveranstaltungen stattfinden. Mangels berufungsgerichtlicher Auslegung dieser Vorschrift ist das Revisionsgericht nicht gehindert, sie selbst auszulegen.

74

Dem Wortlaut und dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Regelung wird nur eine Auslegung gerecht, die eine vollständige Trennung des aktiven Sports und der ihn organisierenden Vereinigungen von der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten verlangt. Schon der Wortlaut lässt keine organisatorisch-räumliche, wirtschaftliche oder personelle Verknüpfung von Sportvereinen und Wettannahmestellen zu. Betreibt der jeweilige Sportverein eine Einrichtung, in der Sportveranstaltungen stattfinden, ist die letzte Tatbestandsalternative des § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV einschlägig. Im Übrigen erfüllen Sportvereine jedenfalls die Alternative der Veranstaltung von Sportereignissen, indem sie Training und Wettkämpfe anbieten und organisieren.

75

Nicht zu folgen ist der im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegten Auffassung des Klägers, § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV erfasse nur Sportereignisse, auf die gewettet werden könne. Für eine solche einschränkende Auslegung bietet der Wortlaut der Regelung keinen Anhaltspunkt. Auch nach ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinn und Zweck beschränkt die Vorschrift sich nicht darauf, eine manipulative Einflussnahme des Veranstalters eines Sportereignisses auf den Ausgang der darauf abgeschlossenen Wetten zu verhindern. Nach der amtlichen Begründung sollen § 21 Abs. 2 und 3 GlüStV dem erhöhten Suchtpotential von Sportwetten Rechnung tragen und die Integrität des Sports sichern (LTDrucks 15/8486 S. 19). Dies schließt den Schutz vor betrügerischen Machenschaften ein (Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 21 GlüStV Rn. 33), ist aber nicht darauf begrenzt. Zum Schutz vor der erhöhten Suchtgefahr gewährleistet § 21 Abs. 2 GlüStV die Integrität des aktiven Sports auch insoweit, als er eine Verquickung der gemeinnützigen Sportförderung im Verein mit der Vermarktung suchtgefährdender Sportwetten verbietet. Damit verhindert er, dass Mitglieder des Vereins, Mitwirkende und Besucher seiner Sportveranstaltungen zur Teilnahme an Wetten angereizt werden, um dem Verein wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Gleichzeitig dient die Bestimmung dem Jugendschutz, indem sie ausschließt, dass der Vereinsnachwuchs zur Zielgruppe von Wettangeboten wird.

76

Der systematische Zusammenhang des § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV mit dessen Satz 2 und 3 bestätigt diese Auslegung. Das Verbot der Trikot- und Bandenwerbung für Sportwetten sowie der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten bei der Übertragung von Sportereignissen nach § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV gestaltet den Grundsatz der Trennung des aktiven Sports vom Vertrieb der Sportwetten weiter aus. Es dient ebenfalls dem Jugendschutz und der Suchtvorbeugung. Dass die Trennung von Sportwetten und Sportübertragungen sich nicht im Verbot von Live-Wetten erschöpft, ergibt sich aus dessen gesonderter Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV.

77

Weder der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV noch die Einschränkung der Vermittlungstätigkeit durch Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV i.V.m. § 21 Abs. 2 GlüStV sind schon wegen der verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken gegen die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols im Glücksspielstaatsvertrag unwirksam. Die gegenteilige Auffassung der Revision übersieht, dass der Erlaubnisvorbehalt nicht allein dazu dient, das Angebotsmonopol durchzusetzen. Vielmehr soll er auch gewährleisten, dass die ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlung beliebiger Angebote beachtet werden. Gleiches gilt für das Zuverlässigkeitserfordernis. Das aus § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV abzuleitende Verbot der Vermittlung von Sportwetten im Sportvereinslokal knüpft ebenfalls nicht an die problematische Monopolregelung an. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs.

78

Die daraus folgende Beschränkung der Vermittlungstätigkeit ist mit den Grundrechten vereinbar. Dabei kann offen bleiben, inwieweit der Kläger sich nach Art. 2 Abs. 1 GG auf einen Verstoß des Gesetzes gegen Art. 12 Abs. 1 GG berufen könnte, obwohl der persönliche Schutzbereich der Berufsfreiheit sich nicht auf ihn erstreckt. Denn auch eine objektiv-rechtliche Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

79

Der Erlaubnisvorbehalt zur Sicherung der ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlungstätigkeit und das Gebot, die Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich und wirtschaftlich von der Tätigkeit des Sportvereins zu trennen, greifen in die Freiheit der Berufsausübung ein. Soweit das Gebot personeller Trennung zur Folge hat, dass Mitarbeiter eines Sportvereins keine Wettannahmestelle betreiben dürfen, begrenzt es wie das Zuverlässigkeitserfordernis als subjektive Zulassungsschranke auch die Freiheit der Berufswahl. Diese Einschränkungen der Berufsfreiheit sind jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da sie verhältnismäßig sind.

80

Der Erlaubnisvorbehalt, das Zuverlässigkeitserfordernis und die Verpflichtung zur umfassenden Trennung von Sportvereinstätigkeit und Sportwettenvermittlung dienen dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten verfassungsrechtlich legitimen Ziele der Suchtvorbeugung und -bekämpfung sowie des Spieler- und Jugendschutzes.

81

Der Erlaubnisvorbehalt und das Zuverlässigkeitserfordernis sind geeignet und erforderlich, einen ordnungsgemäßen Vertrieb zu gewährleisten, der die Schutzbestimmungen beachtet und eine effektive Kontrolle ermöglicht. Der Ausschluss eines Anspruchs auf die Erlaubniserteilung (§ 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) ist notwendig, eine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausweitung des Angebots zu verhindern.

82

Das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV kann zur Suchtbekämpfung und zum Jugendschutz beitragen, da es eine die Wettmotivation fördernde Verknüpfung der Teilnahme an Vereinsveranstaltungen mit Wettangeboten ausschließt und gewährleistet, dass Finanzierungsinteressen der Sporteinrichtungen nicht zu einer Ausweitung des Wettangebots führen. Mildere Mittel, diese legitimen Ziele zu erreichen, sind nicht erkennbar. Nur eine konsequente Trennung der Sportvereinstätigkeit von der Sportwettenvermarktung kann verhindern, dass die Beteiligung am aktiven Vereinssport ausgenutzt wird, Vereinsmitglieder einschließlich des Vereinsnachwuchses zum Wetten zu motivieren und sie damit der Suchtgefahr von Sportwetten auszusetzen. Das Fehlen eines vergleichbaren Trennungsgebots im Bereich der Pferdesportwetten schließt die Erforderlichkeit der Regelung im Bereich sonstiger Sportwetten nicht aus. Vielmehr durfte der Gesetzgeber aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten, wegen ihres vergleichsweise geringen Marktanteils und des äußerst geringen Anteils von Wetten mit festen Gewinnquoten davon ausgehen, dass das Suchtpotential dort deutlich geringer ist als im stark expandierenden Bereich sonstiger Sportwetten mit festen Gewinnquoten (vgl. Diegmann/Hoffmann/Ohlmann, Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht, 2008, S. 15 Rn. 43; Hecker/Ruttig a.a.O. § 21 GlüStV Rn. 29).

83

Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Zuverlässigkeitserfordernis und das Trennungsgebot nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit für die Betroffenen zumutbar. Sie stehen nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck. Entgegen der Auffassung des Klägers sind insoweit nicht die Kriterien für die Zumutbarkeit des Sportwettenmonopols einschlägig. Diese tragen der besonderen Schwere des Eingriffs durch eine objektive, sämtliche Grundrechtsträger vom Beruf ausschließende Zulassungsschranke Rechnung. Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Trennungsgebot und das Zuverlässigkeitserfordernis, das den Zugang zum Beruf nur kanalisiert, wiegen deutlich weniger schwer. Sie stehen nicht außer Verhältnis zum damit verfolgten Zweck des Jugendschutzes und des Schutzes vor den Suchtgefahren des Wettens. Dessen überragende Bedeutung rechtfertigt auch den Ausschluss eines Anspruchs auf die Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1342 Rn. 52> und vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1224>).

84

Auf die Vereinbarkeit des Erlaubnisvorbehalts, des Trennungsgebots und des Zuverlässigkeitserfordernisses mit der unionsrechtlichen Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit kommt es für die Frage einer Rechtsverletzung des Klägers durch die Untersagungsverfügung nicht an. Mangels Unionsbürgerschaft kann der Kläger sich auf diese Grundfreiheiten nicht berufen. Ihr persönlicher Anwendungsbereich erstreckt sich nach Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV nur auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Union, nicht auf Drittstaatsangehörige wie den Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist. Mangels Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Gewährleistungen erübrigt sich die dazu von der Revision angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.

85

Das zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschlossene Assoziierungsabkommen (Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, ABl EG 1964 Nr. 217/3687) bezieht ihn nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten ein. Art. 13 und 14 des Abkommens enthalten nur Absichtserklärungen, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs aufzuheben. Sie treffen dazu aber keine inhaltlichen Regelungen. Das Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen vom 23. November 1970 (ABl EG 1972 Nr. L 293/4) erstreckt den Anwendungsbereich der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit ebenfalls nicht auf türkische Staatsangehörige. Zwar entfaltet Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls unmittelbare Wirkung. Er verbietet aber nur, neue Beschränkungen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit einzuführen (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2000 - Rs. C-37/98, Savas - Slg. 2000 I-02927, Rn. 58 ff., 69). Gegen diese sogenannte Stillhalteklausel (a.a.O. Rn. 64) verstößt der Glücksspielstaatsvertrag nicht. Er regelt keine zusätzliche Beschränkung der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit, sondern nur die Ausgestaltung eines Monopols, das aufgrund des Repressivverbots des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele (§ 284 StGB) und der landesrechtlichen Regelungen der staatlichen Lotteriemonopole (vgl. die Verordnung über die Errichtung einer Staatslotterie in Bayern vom 12. März 1946, BayGVBl 1946, 80) bereits bei Wirksamwerden des Zusatzprotokolls bestand und seinerzeit keinerlei Sportwetten außerhalb der Pferdesportwetten und des Fußballtotos zuließ. Auf die Frage, ob die damaligen Regelungen mit den Grundrechten und Grundfreiheiten in Einklang standen, kommt es nicht an. Das Zusatzprotokoll ging von dem damals vorgefundenen Rechtszustand und damit von den seinerzeit einschlägigen Vorschriften aus, die nicht durch bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungen für nichtig erklärt worden waren.

86

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 36 f. des Zusatzprotokolls ist nicht einschlägig, da sie nur den Zugang zur abhängigen Beschäftigung betrifft, und nicht die nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen vom Kläger im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages ausgeübte selbstständige Vermittlungstätigkeit (vgl. Vöneky, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl. 2009, EGV Art. 310, Rn. 79; Khan, in: Geiger/Khan/Kotzur, AEUV, Art. 45 Rn. 12 und Art. 217, Rn. 20).

87

Beschlüsse nach Art. 41 Abs. 2 des Zusatzprotokolls zur Einbeziehung türkischer Staatsangehöriger in den persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit sind bislang nicht ergangen (vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band II, Stand: Oktober 2009, Vorbem. zu Art. 39 bis 55 EG, Rn. 35).

88

Die Unzulässigkeit der vom Kläger betriebenen Sportwettenvermittlung im Vereinslokal nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV reduziert das Ermessen der Beklagten sowohl hinsichtlich der Versagung der Erlaubnis als auch hinsichtlich der Untersagung der unzulässigen Tätigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auf Null. Die gesetzliche Bindung des Untersagungsermessens an das legitime Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung lässt eine Duldung der zum Wetten anreizenden organisatorisch-räumlichen Verknüpfung der Sportvereinstätigkeit mit der Sportwettenvermittlung durch den Kläger nicht zu. Dies gilt auch, wenn im neuen Vereinsheim - anders als nach Aktenlage im früheren - kein Bildschirm zur Übertragung von Sportereignissen zur Verfügung stehen sollte. Schon der Umstand, dass die Sportwettenvermittlung im Vereinsheim regelmäßiger Bestandteil des Vereinslebens wird, führt zu einer Aufwertung des Wettens als Teil der sozialadäquaten aktiven Vereinsmitgliedschaft und ist geeignet, auch bislang nicht zum Wetten entschlossene Mitglieder zur Teilnahme an Wetten zu bewegen und der Suchtgefahr auszusetzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten an einen ausländischen privaten Wettanbieter.

2

Unter dem 12. Oktober 2005 zeigte die Klägerin, die polnische Staatsangehörige ist, der Beklagten die Ausübung einer Gewerbetätigkeit in Form der Vermittlung von Sportwetten, insbesondere an die österreichische Buchmacherfirma H. GmbH, ab 15. Oktober 2005 in der Betriebsstätte R.straße 2 in ... N. an. Nach vorheriger Anhörung untersagte die Beklagte der Klägerin mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 12. Juli 2006 die Vermittlung von Sportwetten an in Bayern nicht erlaubte Wettunternehmen und ordnete die Betriebseinstellung bis zum 31. Juli 2006 an.

3

Die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei der Untersagungsverfügung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der sowohl nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage als auch nach dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtmäßig sei. Die Untersagung finde ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Wegen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Sportwetten nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, des Erlaubnisvorbehalts für die private Wettvermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und wegen der Beschränkung der zulässigen Vermittlung auf die Angebote des Monopolträgers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die Vermittlungstätigkeit der Klägerin nicht erlaubnisfähig.

4

Das staatliche Sportwettenmonopol nach dem GlüStV verletze weder die Verfassung noch unionsrechtliche Grundfreiheiten.

5

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufswahlfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 1 GlüStV diene das Wettmonopol legitimen Zielen. Insbesondere die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht könne als überragend wichtiges Gemeinwohlziel selbst den mit der Errichtung des Monopols verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen. Das Veranstaltungsmonopol sei auch geeignet und erforderlich, das Ziel der Suchtbekämpfung zu verwirklichen. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Prognosespielraums davon ausgehen dürfen, dass jede Öffnung des Wettmarktes eine Ausweitung des Sportwettenangebots und ein Zunehmen der Suchtgefahr bewirken würde. Seine Einschätzung, das Monopolsystem gewährleiste eine effektivere Kontrolle als Konzessionssysteme, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Grundrechtseingriff sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols entspreche den Vorgaben der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sie sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konsequent an den verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet, insbesondere an den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spielerschutzes, des Jugend- und Verbraucherschutzes und des Schutzes vor Folge- und Begleitkriminalität. Das Gebot der Suchtbekämpfung habe nachhaltigen Niederschlag in zahlreichen - im Berufungsurteil aufgezählten - Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages gefunden. Eine unzulässige Ausrichtung an fiskalischen Interessen ließen weder der Normtext noch die Gesetzesbegründung oder die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols erkennen.

6

§ 21 GlüStV treffe ausreichende Regelungen hinsichtlich der Art und des Inhalts der Wettangebote, indem er nur Ergebniswetten zulasse. Der Glücksspielstaatsvertrag schränke auch den Wettvertrieb erheblich ein und gestalte ihn entsprechend den gesetzlichen Schutzzielen aus. Er verbiete den Internet-, Fernseh- und Telefon- oder SMS-Vertrieb ebenso wie Live-Wetten. Darüber hinaus verlange er eine strikte Trennung des Vertriebs von Sportorganisationen, -einrichtungen und -ereignissen. Die bereits reduzierte Zahl der Annahmestellen müsse nach dem Ausführungsgesetz zum GlüStV bis Ende 2011 weiter auf 3 700 vermindert werden. Zur völligen Aufgabe des Verbundvertriebs sei der Monopolträger verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ohne kundennahe Annahmestellen könne das gesetzliche Ziel, den natürlichen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und eine weitere Verlagerung des Wettgeschehens in den illegalen Bereich zu verhindern, nicht erreicht werden. Den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spieler- und des Jugendschutzes trage die Ausgestaltung des Vertriebs über die Annahmestellen in Verbindung mit aktiven Präventionsmaßnahmen ausreichend Rechnung. Im Gegensatz zu Wettbüros lüden Lotto-Annahmestellen nicht zum Verweilen ein und seien nicht von einer suchtfördernden Wettatmosphäre geprägt. Da die Glücksspielvermittlung in den Annahmestellen regelmäßig nur als Nebengeschäft betrieben werde, fehle dort ein Anreiz, diesen Bereich auszubauen. Die Einführung einer nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises auszustellenden Kundenkarte, das funktionierende Sperrsystem und die in der Praxis auch in Anspruch genommene Möglichkeit der Selbstsperre genügten, den Jugend- und den Spielerschutz sowie die Suchtbekämpfung auch im Verbundvertrieb zu gewährleisten. Verfassungsrechtlich sei nicht geboten, Jugendlichen bereits den Zutritt zu den Annahmestellen der staatlichen Lotteriegesellschaften zu untersagen. Die Werbung für Glücksspiele sei ebenfalls den gesetzlichen Zielen entsprechend beschränkt worden. Allerdings könne Werbung schon begrifflich nicht auf reine Sachinformation ohne Anreiz reduziert werden. Auch das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, lasse sich ohne Werbung nur unzureichend erfüllen. Deshalb sei eine zur sachlichen Botschaft hinzutretende werbetypische Umrahmung zulässig, soweit sie nicht gezielt zum Wetten anreize und das Wetten nicht verharmlose. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben könne wegen der Erlaubnispflicht für Vermittler auch im Verbundvertrieb sichergestellt werden. Zwar lasse die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegte "Mystery Shopping Studie" Zweifel an einer strikten Einhaltung der Schutzvorschriften aufkommen. Einzelne Vollzugsdefizite belegten jedoch noch kein normativ-strukturelles, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausschließendes Defizit. Unsanktionierte systematische Durchbrechungen der rechtlichen Vorgaben seien nicht festzustellen. Der Monopolträger und die Aufsichtsbehörden nähmen eigene Kontrollen vor und ahndeten festgestellte Verstöße effektiv. Die Ressortverschiedenheit der Staatlichen Lotterieverwaltung und der Glücksspielaufsicht gewährleiste eine ausreichende Distanz der Aufsichtsbehörden zu den fiskalischen Interessen des Staates.

7

Die unionsrechtliche Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 und Art. 49 des am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der Fassung des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl Nr. C 306 S. 1; BGBl II 2008 S. 1038; BGBl II 2009 S. 1223) seien ebenfalls nicht verletzt. Die Beschränkung dieser Grundfreiheiten durch das staatliche Sportwettenmonopol sei durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig. Der Gesetzgeber habe von einer Suchtgefahr ausgehen und handeln dürfen, obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse dazu vorlagen. Es genüge, dass der aktuelle Erkenntnisstand berücksichtigt und eine begleitende Forschung und Evaluierung sichergestellt worden sei. Erkenntnisse aus dem Ausland widerlegten die Gefahrenprognose des Gesetzgebers nicht, da sie nicht ohne Weiteres auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden könnten. Das Sportwettenmonopol sei auch geeignet, durch systematische und kohärente Begrenzung des Wettangebots zur Suchtbekämpfung und zur Kanalisierung der Spielleidenschaft beizutragen. Schwierigkeiten, den illegalen Markt einzudämmen, schlössen die Eignung nicht aus.

8

Für die Kohärenz der Monopolregelung sei nur auf den von ihr erfassten Sektor abzustellen, nicht auf den gesamten Glücksspielbereich. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik genüge außerdem eine auf das konkrete Bundesland bezogene Prüfung. Das Kohärenzerfordernis verpflichte den Gesetzgeber nicht, jeden Wertungswiderspruch auch im Detail zu vermeiden. Es werde nur bei einem krassen Missverhältnis von Regelungsziel und Ausgestaltung verfehlt. Bundeslandspezifische Besonderheiten wie die verbliebenen DDR-Erlaubnisse und die Zulassung eines privaten Monopolträgers in Rheinland-Pfalz führten nicht zur Inkohärenz, weil sie absehbar ausliefen.

9

Eine Diskriminierung sei mit dem staatlichen Sportwettenmonopol nicht verbunden. Auch ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht liege nicht vor.

10

Weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die nur hilfsweise gestellten Beweisanträge der Klägerin, die nicht sämtlich den formalen Voraussetzungen gerecht würden, beträfen erwiesene oder als wahr unterstellte Tatsachen. Im Übrigen seien sie nicht entscheidungserheblich oder dem Beweis nicht zugänglich.

11

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof - beschränkt - hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ab Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV.

12

Das staatliche Sportwettenmonopol verstoße gegen die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Die gesetzliche Regelung der Art und des Zuschnitts des staatlichen Wettangebots genüge nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Das Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes könnten ebenso bei einer beschränkten Marktöffnung erreicht werden. Zudem sei das Monopol weder rechtlich noch tatsächlich konsequent an den verfolgten Zielen ausgerichtet. Der Verbundvertrieb über Annahmestellen widerspreche ihnen ebenso wie die Werbung des staatlichen Monopolanbieters. Unzulässig sei jede den Wettentschluss fördernde Werbung, nicht nur der gezielte Anreiz zum Wetten. Dem werde die berufungsgerichtliche Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV nicht gerecht. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz seien unzureichend und würden nicht konsequent umgesetzt.

13

Der Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV ergebe sich aus der Inkohärenz der Monopolregelung. Erforderlich sei nicht nur eine Kohärenz im von der Monopolregelung betroffenen Sektor, sondern eine Gesamtkohärenz sämtlicher Regelungen im Glücksspielbereich. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne dem nicht entgegengehalten werden. Maßgebend sei auch nicht allein die normativ-strukturelle Ausgestaltung des Monopols, sondern ebenso dessen tatsächliche Umsetzung. Danach sei das Sportwettenmonopol mangels bundesweiter konsequenter Ausrichtung der Glücksspielpolitik am Ziel der Suchtbekämpfung unionsrechtswidrig. Zur weiteren Klärung der Voraussetzungen der Inkohärenz und zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV mit dem Unionsrecht beantragt die Klägerin, dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen vorzulegen, für deren Formulierung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird.

Sie meint, die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit schließe auch eine Anwendung des Erlaubnisvorbehalts für die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus.Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2008 die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 12. Juli 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufzuheben.

16

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

17

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Ein staatliches Glücksspielmonopol sei unionsrechtlich auch nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich zulässig. Eine auf Maximierung ausgerichtete Politik der Angebotserweiterung werde in Deutschland nicht betrieben. An der Eignung des Sportwettenmonopols sei nicht zu zweifeln.

18

Der Beteiligte unterstützt das Vorbringen der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit es davon ausgeht, diese Vorschriften ließen eine Werbung des Monopolanbieters mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen zu. Darüber hinaus stützt es sich auf die fehlerhafte Annahme, Art. 49 und 56 AEUV verlangten eine Kohärenz der Monopolregelung nur im betroffenen Glücksspielsektor und im jeweiligen Bundesland. Es stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar.

20

Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist bei der Anfechtungsklage nur maßgeblich, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt. Da die hier einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des landesrechtlichen Ausführungsgesetzes irrevisibel sind, obliegt diese Beurteilung dem Berufungsgericht. An dessen Annahme, die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, ist der Senat gebunden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

21

Das Revisionsgericht hat nach § 137 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO von der berufungsgerichtlichen Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes vom 20. Dezember 2007 auszugehen und nur zu überprüfen, ob diese mit revisiblem Recht in Einklang stehen. Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet, und dass die von der Klägerin vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV im Freistaat Bayern nur mit Erlaubnis der bayerischen Behörden veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung dieser Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil dieser eine Vermittlung von Sportwetten an andere Veranstalter als die Träger des staatlichen Sportwettenmonopols verbietet. Die in Österreich von den dortigen staatlichen Behörden der Firma H. GmbH erteilte Konzession ersetzt nicht die für die Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Sportwetten notwendige Erlaubnis durch die Beklagte als zuständige bayerische Behörde.

22

1. Nicht mit Bundesrecht vereinbar ist die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Untersagungsverfügung sei mit dem Grundgesetz vereinbar unabhängig davon, ob die Klägerin sich in persönlicher Hinsicht auf das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG oder nur auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen könne. Die dem zugrunde liegende Erwägung, der Eingriff sei auch am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

23

Das staatliche Sportwettenmonopol schränkt die Berufswahlfreiheit ein, weil es alle Grundrechtsträger von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten außerhalb des Pferdesports ausschließt.

24

Dieser Eingriff ist vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn eine formell-gesetzliche, kompetenzgerechte Regelung besteht, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Eingriffsintensität Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls legitimiert und verhältnismäßig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <303 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1340 Rn. 24>).

25

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1222 Rn. 14>). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports.

26

Der Einwand der Revision, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahrnehmung des Monopols genügten nicht dem verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, trifft nicht zu. Dieser verlangt nur, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst trifft und nicht der Exekutive überlässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251 f.>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 47). Die für die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Regelungen werden im Sportwettenbereich durch § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 bis 4 AGGlüStV und § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV getroffen. Diese Vorschriften schließen die Grundrechtsträger von der Veranstaltung solcher Wetten aus und bestimmen die Voraussetzungen, unter denen eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden kann. Das dabei eingeräumte Ermessen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV und Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV an die in § 1 GlüStV im Einzelnen normierten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gebunden. Die von der Klägerin für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betreffen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler. Sie regeln nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger.

27

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung des Sportwettenmonopols verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist aber seine Annahme, die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

28

Nach der den Senat bindenden Auslegung des irrevisiblen Landesrechts bezwecken der Glücksspielstaatsvertrag und seine landesgesetzliche Umsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, und die Gefahr des Betrugs sowie sonstiger Folge- und Begleitkriminalität des Wettens abzuwehren (vgl. § 1 GlüStV, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind die Suchtbekämpfung und -vorbeugung, der Spieler- und Jugendschutz sowie der Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität als besonders wichtige Gemeinwohlziele anerkannt, die auch Eingriffe in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.). Der Zweck, die Spielleidenschaft zu kanalisieren, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim, auch wenn nicht alle dazu geeigneten Vertriebsformen gleichzeitig dem Ziel der Suchtbekämpfung durch Angebotsbegrenzung entsprechen. Es genügt, dass eine Ausgestaltung der Sportwetten denkbar ist, die beiden Zielen Rechnung trägt.

29

Die Eignung eines Mittels setzt nur voraus, dass mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dazu genügt die Möglichkeit der Zweckerreichung. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Seine Annahme, eine Marktöffnung werde eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten zur Folge haben und damit einer Ausbreitung der Spielsucht Vorschub leisten, ist davon ebenso gedeckt wie die Annahme, ein Monopol ermögliche eine effizientere Kontrolle als die Überwachung einer Vielzahl von Erlaubnisnehmern. Die von der Revision hervorgehobenen Schwierigkeiten der Durchsetzung des Monopols lassen seine Eignung nicht entfallen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308).

30

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines staatlichen Monopols steht dem Gesetzgeber ebenfalls eine Einschätzungsprärogative zu. Deren Grenzen sind erst überschritten, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass alternativ in Betracht kommende Grundrechtsbeschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309). Nach diesen Kriterien musste der Verwaltungsgerichtshof die Annahme des bayerischen Gesetzgebers, das Wettmonopol sei zur Verfolgung der angestrebten Zwecke erforderlich, verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Er hatte auch nicht zu klären, ob die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung ebenso wirksam durch weniger einschneidende Mittel zu verfolgen gewesen wären. Vielmehr durfte er darauf abstellen, dass jedenfalls zur Bekämpfung der Spielsucht keine nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenso effektive, aber weniger einschneidende Maßnahme als die Errichtung eines Monopols zur Verfügung stand. Die entsprechende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht nur die Erwägungen des Gesetzgebers (LTDrucks 15/8486 S. 9, 12), sondern geht auch auf den Vortrag der Klägerin zur Eignung einer beschränkten Marktöffnung und zu den Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten ein. An die berufungsgerichtliche Tatsachenfeststellung, die Errichtung eines Monopols sei effizienter als eine Konzessionslösung, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die Revision hat diese Feststellung nicht mit wirksamen substantiierten Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO angegriffen. Sie hält ihr nur die eigene, abweichende Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen.

31

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit an die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für das Monopolangebot stellt.

32

Die Zumutbarkeit der Errichtung eines staatlichen Monopols für die Betroffenen setzt voraus, dass das Monopol tatsächlich den mit ihm verfolgten, überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken dient (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309 f.). Maßgebend ist dafür die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung, dem der Gesetzgeber vorrangige Bedeutung beigemessen hat (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 12 f.). Die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, insbesondere die Kanalisierung der Wettleidenschaft, können keine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausgestaltung des Monopols rechtfertigen.

33

Die konsequente Ausrichtung am Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und problematischem Spielverhalten vorzubeugen, muss in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols positiv zum Ausdruck kommen. Dazu sind materiell-rechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich, die auch gewährleisten, dass fiskalische Interessen im Konfliktfall zurücktreten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 312).

34

Die normative Ausgestaltung des Monopols muss hinreichende inhaltliche Kriterien betreffend die Art und den Zuschnitt der Sportwetten festlegen und Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung enthalten. Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Verwirklichung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Auch die Einzelausgestaltung ist am Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes auszurichten. Dies verlangt eine aktive Prävention, die über das Bereithalten von Informationsmaterial hinausgeht und eine angebotsimmanente Aufklärung, Früherkennung und Förderung der Motivation zur Verhaltensänderung, etwa durch die Möglichkeit einer Selbstsperre, vorsieht. Die Werbung hat sich auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten zu beschränken und darf keinen Aufforderungscharakter haben. Schließlich muss organisatorisch eine Kontrolle durch geeignete Instanzen mit ausreichender Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates sichergestellt werden (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006, a.a.O. S. 318).

35

Die gesetzliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten musste der Verwaltungsgerichtshof nicht für unzureichend halten. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Ausführungen des angegriffenen Urteils zu § 21 Abs. 2 GlüStV nicht Art und Inhalt der Angebote, sondern Vertriebsregelungen betreffen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV leistet in der für den Senat bindenden Interpretation des Berufungsgerichts aber eine ausreichende inhaltliche Beschränkung des Wettangebots, indem er nur Wetten auf das Endergebnis eines sportlichen Wettkampfs zulässt und damit Wetten auf Zwischenergebnisse - etwa einer Spielhalbzeit oder eines Satzes - sowie Wetten auf Einzelereignisse während eines Wettkampfs ausschließt. Soweit dies die nähere Konkretisierung zulässiger Angebotsformen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV überlässt, gewährleistet die Bindung des Ermessens an die Ziele des § 1 GlüStV, dass keine die Suchtvorbeugung und -bekämpfung beeinträchtigende Wettform zuzulassen ist. Eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails war nicht erforderlich, da diese nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Suchtprävention und -bekämpfung nicht von Bedeutung waren.

36

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen bayerischen Ausführungsvorschriften werden auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne) gerecht, soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird.

37

Die Einschränkung auf terrestrische Vertriebswege durch Ausschluss des Internet- und SMS-Vertriebs in § 4 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV dient dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung. Sie schützt Kinder und Jugendliche vor den Gefahren, die mit einer Nutzung der in dieser Altersgruppe beliebten interaktiven Medien zum Glücksspiel verbunden sind. Auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgeschlossenen Vertriebswege für die Monopolanbieter kommt es für die Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung nicht an.

38

Die Vorgabe des Art. 1 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, die Zahl der Annahmestellen bis zum 31. Dezember 2011 weiter auf 3 700 zu reduzieren, normiert nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtspflicht und gewährleistet damit eine quantitative Begrenzung des Angebots. Der Revisionsvortrag, der Freistaat Bayern setze sich über diese Pflicht hinweg, widerspricht den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne insoweit wirksame Verfahrensrügen zu erheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Gesetzgeber die Entscheidungen über weitere Anpassungen des Vertriebssystems auch nicht mit einer Übergangsfristenregelung vorwegnehmen, sondern durfte zunächst die im Staatsvertrag vorgesehene wissenschaftliche Evaluation abwarten. Auf ein Überangebot von Wettannahmestellen lässt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht schon die vergleichsweise geringere Zahl der Postfilialen schließen. Seit der Abschaffung des Postmonopols wird ein erheblicher Teil der früher der Post vorbehaltenen Dienstleistungen durch andere Anbieter erbracht. Außerdem können Dienstleistungen der Post auch außerhalb der Niederlassungen in Anspruch genommen werden, etwa durch Briefkästen, Automaten oder die inzwischen eingeführten Internetangebote (E-Postbrief). Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der strenge Erlaubnisvorbehalt, die Auswahl der Vermittler und deren konsequente Überwachung seien für die Suchtvorbeugung und -bekämpfung wichtiger als die bloße Reduzierung ihrer Zahl, ist nicht denkfehlerhaft. Sie widerspricht auch nicht der Annahme, ein Konzessionssystem sei zur Suchtbekämpfung weniger geeignet als ein Monopol. Denn eine wirksame Kontrolle ist nach den bindenden berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Monopolsystem effektiver durchzuführen als bei einer Marktöffnung.

39

Entgegen der Auffassung der Revision musste der Verwaltungsgerichtshof nicht annehmen, der Gesetzgeber sei verpflichtet, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe völlig aufzugeben. Vielmehr durfte er davon ausgehen, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbarer normaler Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden. Der Verbundvertrieb schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs genügen die detaillierten Vorgaben für die Auswahl und Kontrolle der Vermittler und die Einzelgestaltung der Wettangebote in Verbindung mit den vorgesehenen Maßnahmen zur aktiven Prävention, auch im Verbundvertrieb der Spielsucht vorzubeugen, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Neben der jedem Angebot beigegebenen Aufklärung über die Gefahren der Wettsucht und mögliche Hilfen dienen dazu insbesondere das Zugangserfordernis der Kundenkarte und dessen Verknüpfung mit dem Sperrsystem. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen wird die Kundenkarte nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises ausgestellt und trägt ein Foto sowie - jedenfalls seit Mai 2008 - den vollen Namen des Inhabers. Dies erlaubt eine Identifizierung problematischen Wettverhaltens und dient dem Abgleich mit der Sperrdatei, zu dem jeder Vermittler verpflichtet ist. Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugangskontrolle mittels individueller Kundenkarte sei mittlerweile konsequent umgesetzt und geeignet, problematischem Wettverhalten zu begegnen und Kinder und Jugendliche sowie abhängige Personen von der Teilnahme auszuschließen, hat die Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben. Dazu genügt nicht, dass sie den Sachverhalt abweichend beurteilt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof den hilfsweise gestellten Beweisanträgen der Klägerin nicht nachgegangen ist, fehlen substantiierte Rügen einer Verletzung des Aufklärungsgebots nach § 86 Abs. 1 VwGO oder des Grundsatzes rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, jeweils i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

40

Bei der Entscheidung, den Verbundvertrieb beizubehalten, durfte der Gesetzgeber schließlich berücksichtigen, dass die alternativ mögliche Beschränkung des Vertriebs auf besondere Wettlokale dem Ziel der Suchtbekämpfung abträglich sein kann. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind solche Lokale, deren Umsatz ganz vom Wettgeschäft abhängig ist, regelmäßig darauf ausgelegt, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren. Sie bieten soziale Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen und eine bereits vorhandene Wettneigung verstärken (vgl. Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, 2005, S. 138 f.). Demgegenüber ermöglicht der Verbundvertrieb, in dem das Wettgeschäft nur als Nebenerwerb betrieben wird, auch eine soziale Kontrolle durch nicht zum Wetten geneigte Personen, die übermäßigem Spielen vorbeugen kann.

41

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die rechtlichen Beschränkungen des Wettangebots würden nicht durch eine faktische Expansion unterlaufen, wird ebenso wenig mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wie die Feststellung, die Monopolanbieter hätten aufgrund der Angebotseinschränkung erhebliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

42

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, weitere Vertriebsbeschränkungen wie Auslagen-, Standort- oder Provisionsverbote zu regeln. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung. Vielmehr genügen zur Zielverwirklichung ausreichende Maßnahmen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erfüllen bereits die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen und in der Praxis umgesetzten Einschränkungen des Verbundvertriebs diese Anforderung.

43

Dem Erfordernis einer unabhängigen effektiven Kontrolle genügt die Einrichtung einer Glücksspielaufsicht, die bei einem anderen Ministerium als dem für die Lotterieverwaltung zuständigen Finanzministerium ressortiert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - NVwZ-RR 2008, 1 Rn. 59). Trotz der mit der "Mystery Shopping Studie" aufgezeigten Vollzugsdefizite durfte der Verwaltungsgerichtshof annehmen, dass die normativen und strukturellen Vorgaben eine hinreichend effektive Kontrolle der Sportwettenvermarktung gewährleisten. Seinen nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen zufolge hat die Glücksspielaufsicht ausreichende Überwachungsmaßnahmen durchgeführt und festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert. Die aufgedeckten Defizite insbesondere im Umgang mit Kundenkarten wurden bereits im ersten Halbjahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages behoben. Später festzustellende Verstöße hatten nicht den Charakter systematischer Abweichungen und wurden ebenfalls geahndet.

44

Dass der Verwaltungsgerichtshof nur strukturelle Vollzugsdefizite für geeignet hält, eine verfassungswidrige Handhabung des Sportwettenmonopols zu belegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar hängt die Rechtfertigung des Monopols auch von dessen tatsächlicher Ausgestaltung ab. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt aber schon, eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Monopolregelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 316).

45

Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Auslegung der Regelungen zur Werbung für das staatliche Wettangebot in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für rechtlich unbedenklich hält.

46

Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Damit ist nicht zu vereinbaren, die Teilnahme an Wetten als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung darzustellen. Vielmehr hat sich die Werbung für das Monopolangebot bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

47

Mit diesen Vorgaben steht noch in Einklang, dass die Pflicht zur Beschränkung der Werbung auf die Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten nach § 5 Abs. 1 GlüStV dem angegriffenen Urteil zufolge konkretisiert wird durch das in Absatz 2 der Vorschrift geregelte Verbot einer zur Teilnahme auffordernden oder irreführenden Werbung sowie durch die ebenfalls dort verankerte Pflicht, den Jugendschutz zu beachten und über Risiken und Gefahren des Wettens zu belehren. Diese systematische Auslegung verkürzt weder das Aufforderungsverbot noch lässt sie das Ziel der Suchtbekämpfung hinter das Ziel einer Kanalisierung der Wettleidenschaft zurücktreten. Das Berufungsgericht stellt auch nicht in Abrede, dass die sachliche Werbung nur auf eine Lenkung des bereits vorhandenen Wettwillens gerichtet sein darf, ohne noch nicht zum Wetten Entschlossene zur Teilnahme anzureizen.

48

Dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der konsequenten Ausrichtung des Monopols am Ziel der Suchtbekämpfung widerspricht aber seine Annahme, dies verbiete nur den gezielten Anreiz zum Mitspielen. Dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lotteriestaatsvertrag für die Übergangszeit bis zur Neuregelung der Sportwetten jede über die sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehende, gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), relativiert die gebotene Beschränkung auf sachliche Information nicht durch ein zusätzliches Kriterium der Absicht des Werbenden oder der erkennbaren Zielrichtung seiner Werbung. Der Beschränkung auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten widersprechen nicht nur der absichtliche Anreiz und die direkte Aufforderung zum Wetten, sondern alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Entscheidend ist also nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt.

49

Für diese Beurteilung kann entgegen dem angegriffenen Urteil nicht zwischen einer auf die sachliche Information beschränkten Werbebotschaft und einer darüber hinaus zulässigen werbetypischen Umrahmung oder Aufmachung unterschieden werden. Die Botschaft oder der Aussagegehalt einer Werbung ist nicht unabhängig vom Kontext der Aufmachung zu ermitteln, sondern wird durch diese mit bestimmt. Entscheidend ist daher, dass die aus Text und Aufmachung zusammengesetzte Werbeaussage vom durchschnittlichen Empfänger nicht als Anreiz zum Wetten zu verstehen ist, sondern nur als Hinweis auf eine legale Möglichkeit, einen vorhandenen Entschluss zum Wetten umzusetzen.

50

Der Begriff der Werbung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Er wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt. Dazu zählt auch die sachliche Information des Monopolanbieters über die Möglichkeit, bei ihm legal Sportwetten abzuschließen.

51

Das Ziel, die Wettleidenschaft durch den Hinweis auf legale Wettangebote zu lenken, verlangt und rechtfertigt keine über die sachliche Information hinausgehende, zum Wetten selbst motivierende Aussage. Unzulässig sind danach beispielsweise Darstellungen des Wettens als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen Zugewinns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung. Erst recht darf die Teilnahme an Wetten nicht als positiv zu bewertendes, wünschenswertes oder sozial verantwortliches Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1341 f. Rn. 39, 47, 57>).

52

Das schließt zwar nicht die Verwendung einer Dachmarke aus, wohl aber jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Unzutreffend ist danach die Annahme des angegriffenen Urteils, ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen könne zulässig sein. Ein solcher Hinweis wertet das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung im Sinne eines "Spendens durch Spielen" dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung der Suchtgefahr, lassen jedoch die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt. Die abweichende Auffassung des angegriffenen Urteils ist mit den Anforderungen, die an eine verhältnismäßige, konsequent und widerspruchsfrei am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, nicht vereinbar.

53

Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Freistaates Bayern ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Zuständig sind, je nach Abgrenzung des umstrittenen Geltungsbereichs der Erlaubnisse, entweder der Bund oder die Länder, in denen die Erlaubnisnehmer ihren Sitz haben.

54

Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

55

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verstößt gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit.

56

Die berufungsgerichtliche Annahme, die durch den Glücksspielstaatsvertrag bewirkten Beschränkungen seien mit beiden Grundfreiheiten vereinbar und wahrten den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gründet sich auf eine unrichtige Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

57

Die Klägerin gehört zu dem von der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit erfassten Personenkreis. Der persönliche Anwendungsbereich des Art. 56 Abs. 1 AEUV (früher: Art. 49 Abs. 1 EGV) umfasst sie als polnische Staatsangehörige.

58

Die der Klägerin untersagte Tätigkeit unterfällt auch dem sachlichen Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV). Als Dienstleistung im Sinne von Art. 57 Abs. 1 AEUV (früher: Art. 50 Abs. 1 EGV) ist jede mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Verrichtung durch Erbringung einer Leistung gegen Erlangung einer wirtschaftlichen Gegenleistung anzusehen, soweit sie nicht den Bestimmungen über den Warenverkehr (Art. 34 ff. AEUV), den Kapitalverkehr (Art. 63 ff. AEUV) und die Freizügigkeit der Personen (Art. 45 f. und Art. 49 ff. AEUV) unterliegt. Die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit erfasst unter anderem Tätigkeiten, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-1039 Rn. 25 bis 30 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 40 m.w.N.). Zu diesen Glücksspielen gehören auch Wetten über Sportwettkämpfe, die wie reine Glücksspiele, auch wenn sie mit diesen nicht in jeder Hinsicht gleichgestellt werden können, als Gegenleistung für einen Einsatz eine Chance auf einen Geldgewinn bieten. Auch die Vermittlung von Sportwetten an einen im Ausland amtlich zugelassenen Buchmacher (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 24) stellt eine Dienstleistung dar, die jedenfalls dann in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fällt, wenn der Leistungsanbieter in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dem die Leistung angeboten wird. Vorliegend geht es um grenzüberschreitende Dienstleistungen oder Korrespondenzdienstleistungen im Sinne von Art. 56 und 57 AEUV, die die Klägerin dem in Österreich ansässigen Sportwettenveranstalter über das Internet von dem Mitgliedstaat aus erbringen will, in dem sie ansässig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 41 m.w.N.).

59

Der Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV) auf die Vermittlung von Sportwetten stehen keine anderweitigen vorrangigen unionsrechtlichen Bestimmungen entgegen. Für den Bereich der Glücksspiele existieren innerhalb der EU keine sekundärrechtlichen Regelungen. Glücksspiele einschließlich Wetten sind aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (sog. Dienstleistungsrichtlinie, ABl EU Nr. L 376/36) ausdrücklich ausgenommen (Erwägungsgrund 25 sowie in Art. 2 Abs. 2 Buchst. h. Entsprechende Regelungen finden sich in Erwägungsgrund 16 und Art. 1 Abs. 5 Buchst. d Spiegelstrich 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (sog. E-Commerce-Richtlinie, ABl EG Nr. L 178/1). Danach bestehen im Hinblick auf Gewinnspiele im Sinne von Glücksspielen, Lotterien und Wetten mit einem geldwerten Einsatz keine sekundärrechtlichen Regelungen im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs mit diesen Leistungen. Auch die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (sog. Fernsehrichtlinie, ABl EU Nr. L 332/27) nimmt nach Erwägungsgrund 18 Glücksspiele gegen einen geldwerten Einsatz grundsätzlich von ihrem Anwendungsbereich aus. Lediglich auf Gewinn- und Glücksspielsendungen sind die allgemeinen Regeln der Fernsehrichtlinie anwendbar.

60

Ob sich die Klägerin gegenüber der Untersagung ihrer Tätigkeit in Deutschland auch auf die Niederlassungsfreiheit berufen kann, muss nicht geklärt werden, da sich die hier entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Beschränkung bei der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und bei der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) nicht unterscheiden.

61

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV und der Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter - auch - in anderen Mitgliedstaaten stellen eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.

62

Staatliche Maßnahmen, die die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit beschränken, müssen vier Voraussetzungen erfüllen, um mit Unionsrecht in Einklang zu stehen: Sie müssen mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar, nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 AEUV (Ausübung öffentlicher Gewalt, früher: Art. 45 EGV), Art. 52 AEUV (öffentliche Ordnung; Sicherheit; Gesundheit, früher: Art. 46 EGV) oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten; ferner dürfen sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

63

(1) Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot verneint. Das Verbot der Diskriminierung nach Art. 57 Abs. 3 AEUV (früher: Art. 50 Abs. 3 EGV) gewährleistet, dass der Leistende unbeschadet der Regelungen über die Niederlassungsfreiheit seine Tätigkeit zwecks Erbringung seiner Leistung vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben darf, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt. Der Dienstleistungserbringer darf nicht aus Gründen der Staatsangehörigkeit gegenüber den Staatsangehörigen des Mitgliedstaates diskriminiert werden.

64

Eine solche Diskriminierung liegt hier nicht vor. Denn die der Untersagungsverfügung der Beklagten zugrundeliegenden Rechtsnormen gelten gleichermaßen für Inländer wie für Ausländer. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts normieren die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages ein Sportwettenmonopol auf Landesebene und schließen weitere Anbieter ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit und unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung von der Tätigkeit des Veranstaltens und Anbietens von Sportwetten aus. Sie gelten damit unterschiedslos für sämtliche potenziellen Sportwetten-Anbieter (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - juris Rn. 109).

65

Auch eine Anerkennung der von den österreichischen Behörden dem Unternehmen H. GmbH erteilten Konzession zugunsten der Klägerin ist im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unionsrechtlich nicht geboten. Jeder Mitgliedstaat, auf dessen Hoheitsgebiet sich ein Wettangebot erstreckt, das ein Veranstalter über das Internet abgibt, behält die Befugnis, diesem die Beachtung der in seinen einschlägigen Rechtsvorschriften aufgestellten Beschränkungen vorzuschreiben, sofern diese Beschränkungen, insbesondere in Bezug auf ihre Diskriminierungsfreiheit und ihre Verhältnismäßigkeit, den Anforderungen des Unionsrechts genügen (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 und 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 44).

66

(2) Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die bayerischen Ausführungsbestimmungen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen.

67

Das durch den Glücksspielstaatsvertrag begründete staatliche Sportwettenmonopol unterfällt nicht dem Bereichs-Ausnahmetatbestand nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 Abs. 1 AEUV. Denn das Veranstalten von Glücksspielen stellt ersichtlich keine Ausübung öffentlicher Gewalt dar.

68

Ob für das staatliche Sportwettenmonopol eine Rechtfertigung nach Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht kommt, kann hier offenbleiben. Der Gerichtshof führt in seiner Rechtsprechung zum Glücksspielrecht diese Rechtfertigungsmöglichkeit zwar an, geht aber darauf nicht näher ein. Er stellt vielmehr auf die von ihm richterrechtlich entwickelten "zwingenden Gründe des Allgemeininteresses" wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen ab (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031, Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45). Die Aufzählung dieser zwingenden Gründe ist nicht abschließend. Angesichts der unterbliebenen unionsrechtlichen Harmonisierung im Glücksspielbereich billigt der Gerichtshof den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die unterschiedlichen sittlichen, religiösen oder kulturellen Erwägungen, die in ihnen zu Glücksspielen angestellt werden, bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele einen weiten Gestaltungsspielraum ("ausreichendes Ermessen") zu. Die Mitgliedstaaten können selbst festlegen, welche Erfordernisse sich nach Maßgabe ihrer jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten im Hinblick auf die gebotene Zielverfolgung ergeben. Dementsprechend dürfen sie ihre Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten, das angestrebte Schutzniveau bestimmen und selbst beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihnen verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. Dabei sind die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betroffenen nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen (Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N).

69

Bei der Prüfung, ob die vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen, ist auf die Gesamtheit der intendierten Ziele abzustellen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - a.a.O. Rn. 58, vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 31 und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - juris Rn. 22). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sind ebenso wie die Begrenzung des Glücksspielangebots, die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und das Anliegen der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung vom Gerichtshof als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt (vgl. u.a. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - und Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O.). Der den Mitgliedstaaten eröffnete weite Gestaltungsspielraum lässt zur Verfolgung dieser Ziele auch Verbote und Ausschließlichkeitsrechte für bestimmte Anbieter zu, sofern die nationalen Beschränkungen nicht nur dem Diskriminierungsverbot genügen, sondern auch den unionsrechtlichen Anforderungen an das Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

70

Ein staatliches Glücksspielmonopol kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs den legitimen Zielen des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung (Suchtbekämpfung, Jugend- und Spielerschutz, Begrenzung des Glücksspielangebots und Lenkung der Wettleidenschaft, Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung) dienen, da es u.a. den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken (Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79). Das gilt auch für ein Verbot der Vermarktung über einen bestimmten Vertriebskanal, das Internet (vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 99, 100 ff., 105).

71

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht es einem Mitgliedstaat, der - zu unionsrechtlich zulässigen Zwecken - das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Glücksspielen (hier: Sportwetten) zu verringern, grundsätzlich auch frei, eine Erlaubnisregelung ("Konzessionssystem") zu schaffen und dabei Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Veranstalter vorzusehen (vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 84). Die Grundentscheidung, ob es zur Erreichung der verfolgten Gemeinwohlziele besser ist, ein Staatsmonopol für bestimmte Glücksspiele (Sportwetten, Lotterien) vorzusehen oder aber stattdessen private Anbieter zu konzessionieren und mit den erforderlichen Auflagen zuzulassen, liegt allein im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates (Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46).

72

Danach ist es im Grundsatz unionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Gesetzgeber für den Bereich der Sportwetten im Glücksspielstaatsvertrag und in den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen für ein staatliches Monopol entschieden hat (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - Rs. C-124/97, Läärä u.a. - Slg. 1999, I-6067 Rn. 37 = DVBl 2000, 111, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Dabei ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der Gesetzgeber zulässigerweise einen hohen Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels angestrebt hat, weil von Sportwetten nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ein nicht unerhebliches Suchtpotential ausgeht. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden.

73

Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, es gebe bislang keine ausreichenden statistischen Erhebungen über den Einfluss des Wettangebots auf die Verbreitung der Wettsucht, verkennt sie, dass bei Fehlen von wissenschaftlich hinreichenden Untersuchungen eine nach dem Stand der Forschung plausible Gefahrenprognose genügt. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen Rechnung getragen werden. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - (Slg. 2003, I-13519), das die ungleiche einkommensteuerrechtliche Behandlung von Lotto-Gewinnen aus dem In- und Ausland in Finnland behandelte, den Hinweis gegeben, dass die Rechtfertigungsgründe, die von einem Mitgliedstaat geltend gemacht werden können, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von diesem Staat erlassenen beschränkenden Maßnahme begleitet werden müssen (a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Der Gerichtshof erkennt in seiner Rechtsprechung an, dass Schutzmaßnahmen zu Gunsten gewichtiger Belange wie etwa der Gesundheit der Bevölkerung schon vor einer tatsächlichen Gefahrenrealisierung getroffen werden dürfen (Urteil vom 19. Mai 2009 - Rs. C-171/07, DocMorris - Slg. 2009 I-04171 = NJW 2009, 2112 <2113>). Hierbei muss der Mitgliedstaat, wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abzuwarten, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Außerdem kann der Mitgliedstaat diejenigen Maßnahmen treffen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung weitest möglich verringern.

74

Eine solche Situation lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier vor. Bei Abschluss des Glücksspielstaatsvertrages war den Normgebern bewusst, dass eine abschließende Aussage über das Suchtpotenzial von Sportwetten mit festen Gewinnquoten noch nicht möglich war. Denn es fehlte an hinreichenden wissenschaftlichen Untersuchungen. In den verfügbaren nationalen wie internationalen Studien sahen die Normgeber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch eine Bestätigung der These, dass ein beachtlicher Zusammenhang zwischen dem Angebot solcher Wetten und der Häufigkeit ihrer Nutzung sowie einer möglichen Abhängigkeit besteht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Bundesländer im Zusammenhang mit der Ausarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages eine umfangreiche Anhörung von Suchtexperten durchgeführt und die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgewertet. Sie sind dabei zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen, dass eine Ausweitung des Wettangebots die Gefahr einer Verbreitung der Wettsucht nach sich ziehen würde. Um dem aktuellen Defizit an belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begegnen, haben die Normgeber in § 10 Abs. 1 GlüStV die Berufung eines unabhängigen Fachbeirates zur Beratung der Bundesländer vorgesehen, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt. Darüber hinaus haben die Bundesländer gemäß § 11 GlüStV die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicherzustellen. Das Berufungsgericht hat vor diesem Hintergrund unionsrechtlich zu Recht keinen Anlass gesehen, die Gefahrenprognose des Gesetzgebers infrage zu stellen.

75

Bis zum Vorliegen hinreichender belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Suchtpotenzial und zu den damit verbundenen Suchtgefahren von Sportwetten waren und sind die zuständigen Stellen damit nicht gehindert, nach Maßgabe des Glücksspielstaatsvertrages präventiv restriktive Maßnahmen zu ergreifen, ohne das Ausmaß negativer Entwicklungen im einzelnen zu kennen oder gar abwarten zu müssen. Im Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - (a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a) hat der Gerichtshof dies bestätigt: Es reicht aus, wenn die getroffenen staatlichen Maßnahmen, die die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit beschränken, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen in dem vom Gerichtshof definierten Sinne begleitet werden.

76

(3) Zielen - wie vorliegend nach den vom Berufungsgericht getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen - die staatlichen Beschränkungen der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit auf die Erreichung nach dem Unionsrecht zulässiger ("legitimer") Zwecke, müssen sie im Hinblick auf diese Gründe des Allgemeininteresses dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Das verlangt, dass sie zur Zweckerreichung geeignet sind und dass sie nicht über das hinausgehen, was dazu erforderlich ist. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen revisionsrechtlich fehlerhaft bejaht.

77

Eine Monopolregelung, die auf die Bekämpfung der Spielsucht und den Spielerschutz als zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, muss ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - a.a.O. Rn. 21 sowie vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 und - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 98). Soweit dagegen die Behörden eines Mitgliedstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sich die Behörden dieses Staates nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen wie die in Rede stehenden zu rechtfertigen (Urteil vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 69). Das Erzielen von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 35 f., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 62 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 104 f.).

78

Die unionsrechtlich zulässige Zielsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, kann nur dann in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, wenn der Monopolträger darauf verzichtet, die Wettbereitschaft zu fördern. Er darf ihr kein positives Image verleihen, indem er auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist, und die Anziehungskraft des Wettspiels nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103). Ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen wertet, wie oben im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung bereits dargelegt, das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung dar. Entgegen der Annahme des angegriffenen Urteils können gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung, lassen jedoch die Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt.

79

Entgegen dem Berufungsurteil ist die Prüfung der Kohärenz auch nicht sektoral auf den von der Monopolregelung erfassten Sportwettenbereich zu beschränken. Vielmehr muss sie das staatliche Verhalten im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen mit einbeziehen.

80

Zwar muss grundsätzlich jede beschränkende Regelung gesondert auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden, und indiziert das Bestehen einer Konzessionsregelung in anderen Bereichen noch keine Inkohärenz eines auf einen bestimmten Glücksspielsektor beschränkten Monopols (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Läuft jedoch die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zwecken zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise - insbesondere aus fiskalischen Interessen - auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.). Die danach erforderliche Prüfung der Regelungen und der Anwendungspraxis im Bereich etwa der Kasino- und Automatenspiele hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern die darauf gerichteten Beweisanregungen unzutreffend für nicht entscheidungsrelevant gehalten.

81

Die verfassungsrechtliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bundesstaat macht die Kohärenzprüfung für Glücksspielbereiche, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, unionsrechtlich nicht entbehrlich. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates entbindet diesen nicht davon, seinen unionsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vielmehr müssen Bund und Länder zusammenwirken, um gemeinsam zu gewährleisten, dass die glücksspielrechtlichen Regelungen das unionsrechtliche Kohärenzkriterium erfüllen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.)

82

Die Annahme des Berufungsgerichts, das Kohärenzkriterium werde erst bei einem "krasse(n) Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt, trifft ebenfalls nicht zu. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Zwecke des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an.

83

3. Das angefochtene Urteil beruht auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit. Es stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Ob die auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung der Beklagten rechtmäßig ist, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

84

Bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf eine gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, kommt es darauf an, inwieweit eine danach unzulässige Werbung im Freistaat Bayern seit dem 1. Januar 2008 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wird. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen getroffen.

85

Sie sind auch nicht entbehrlich, weil die Frage der unionsrechtlichen Kohärenz bereits aufgrund der vorliegenden Tatsachenfeststellungen zu beantworten wäre. Ob die im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen über das staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten geeignet sind, zur Erreichung der nach dem Unionsrecht zulässigen ("legitimen") Zwecke der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots sowie der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung beizutragen, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht hinreichend beurteilen.

86

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs obliegt es den nationalen Gerichten zu überprüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften und ihre Anwendungspraxis tatsächlich den Zielen, die sie rechtfertigen könnten, entsprechen und ob die darin vorgesehenen Beschränkungen der Wetttätigkeiten nicht im Hinblick auf diese Ziele unverhältnismäßig sind (Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 75, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 58 und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - a.a.O. Rn. 22).

87

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in der Annahme, die Kohärenz sei nur sektoral und nur für das bayerische Landesrecht zu prüfen, weder abschließende Feststellungen zum Suchtpotenzial anderer als der vom Monopol erfassten Glücksspiele getroffen noch geklärt, ob die Regelungen und die Praxis bei Glücksspielen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial dem mit dem Sportwettenmonopol verfolgten Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes widersprechen. Insbesondere fehlen Feststellungen dazu, ob die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionssystems bei diesen Glücksspielarten oder dessen praktische Anwendung auf eine Glücksspielpolitik schließen lassen, die eine Expansion in diesem Bereich fördert oder zumindest duldet.

88

Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen scheidet eine revisionsgerichtliche Sachentscheidung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO aus.

89

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV ist auch im Hinblick auf die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Fragen nicht erforderlich.

90

Die erste Frage formuliert kein Auslegungs- oder Gültigkeitsproblem im Sinne des Absatzes 1 Buchst. a oder b dieser Vorschrift, sondern zielt auf einen Vergleich zweier Entscheidungen des Gerichtshofs, der nicht Gegenstand einer Vorlagefrage sein kann. Unabhängig davon ist den von der Klägerin zitierten Entscheidungen klar und eindeutig zu entnehmen, dass diese nur in ihrer Kombination hinreichende Bedingungen für einen - dem nationalen Gericht vorbehaltenen - Schluss auf die Inkohärenz einer Monopolregelung angeben, nicht jedoch, welche einzelnen Voraussetzungen mindestens erfüllt sein müssen. Auch zu diesem Problem erübrigt sich eine Vorlage, weil dieses hier nicht entscheidungserheblich ist. Bei einer unzulässigen Werbepraxis des Monopolträgers entfällt schon die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufswahlfreiheit, ohne dass es auf das Vorliegen weiterer Verstöße gegen das Erfordernis konsequenter Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung ankäme. Dass eine Inkohärenz im unionsrechtlichen Sinne keine unzulässige Werbung voraussetzt, sondern auch bei - sonstiger - Expansionspolitik etwa in konzessionierten Bereichen vorliegen kann, ergibt sich unmittelbar aus der Entscheidungsformel im Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - (a.a.O.).

91

Die zweite Frage ist ebenso klar aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs dahingehend zu beantworten, dass Art. 56 AEUV eine Konzessionsregelung von Glücksspielarten mit höherem Suchtpotenzial nicht schlechthin verbietet, sondern nur, soweit die rechtliche Ausgestaltung oder die Handhabung des Konzessionsmodells dem mit dem Monopol verfolgten Zweck der Suchtbekämpfung zuwiderläuft. Das hängt nicht allein vom Ausmaß des jeweiligen Suchtgefährdungspotenzials ab, sondern von der Eignung der jeweils getroffenen Regelungen zur wirksamen Bekämpfung der Gefahr und von deren konsequenter Umsetzung. Insoweit lässt sich der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch nicht entnehmen, dass Konzessionsmodelle prinzipiell ungeeignet, weniger geeignet oder besser geeignet wären als Monopolregelungen.

92

Eine Vorlage der dritten Frage erübrigt sich, weil diese hier nicht entscheidungserheblich ist. Sie geht von Feststellungen aus, die der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen hat.

93

Die Sache war daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten an einen ausländischen privaten Wettanbieter.

2

Sie ist eine 2004 nach deutschem Recht gegründete GmbH mit Sitz in M. Sie vermittelte in zwei Geschäftslokalen in N. Sportwetten an die Firma T., die ihren Sitz in Malta hat und dort über eine Lizenz zur Wettvermittlung im In- und Ausland verfügt. Nach vorheriger Anhörung untersagte die Beklagte der Klägerin mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 3. Mai 2006 die weitere Geschäftstätigkeit und verpflichtete sie unter Androhung von Zwangsmitteln, ihren Betrieb bis zum 16. Mai 2006 einzustellen. Dem kam die Klägerin nach erfolglos durchgeführtem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach.

3

Ihre Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei der Untersagungsverfügung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der sowohl nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage als auch nach dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtmäßig sei. Die Untersagung finde ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Wegen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Sportwetten nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, des Erlaubnisvorbehalts für die private Wettvermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und wegen der Beschränkung der zulässigen Vermittlung auf die Angebote des Monopolträgers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die Vermittlungstätigkeit der Klägerin nicht erlaubnisfähig.

4

Das staatliche Sportwettenmonopol nach dem GlüStV verletze weder die Verfassung noch unionsrechtliche Grundfreiheiten.

5

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufswahlfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 1 GlüStV diene das Wettmonopol legitimen Zielen. Insbesondere die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht könne als überragend wichtiges Gemeinwohlziel selbst den mit der Errichtung des Monopols verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen. Das Veranstaltungsmonopol sei auch geeignet und erforderlich, das Ziel der Suchtbekämpfung zu verwirklichen. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Prognosespielraums davon ausgehen dürfen, dass jede Öffnung des Wettmarktes eine Ausweitung des Sportwettenangebots und ein Zunehmen der Suchtgefahr bewirken würde. Seine Einschätzung, das Monopolsystem gewährleiste eine effektivere Kontrolle als Konzessionssysteme, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Grundrechtseingriff sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols entspreche den Vorgaben der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sie sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konsequent an den verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet, insbesondere an den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spielerschutzes, des Jugend- und Verbraucherschutzes und des Schutzes vor Folge- und Begleitkriminalität. Das Gebot der Suchtbekämpfung habe nachhaltigen Niederschlag in zahlreichen - im Berufungsurteil aufgezählten - Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages gefunden. Eine unzulässige Ausrichtung an fiskalischen Interessen ließen weder der Normtext noch die Gesetzesbegründung oder die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols erkennen.

6

§ 21 GlüStV treffe ausreichende Regelungen hinsichtlich der Art und des Inhalts der Wettangebote, indem er nur Ergebniswetten zulasse. Der Glücksspielstaatsvertrag schränke auch den Wettvertrieb erheblich ein und gestalte ihn entsprechend den gesetzlichen Schutzzielen aus. Er verbiete den Internet-, Fernseh- und Telefon- oder SMS-Vertrieb ebenso wie Live-Wetten. Darüber hinaus verlange er eine strikte Trennung des Vertriebs von Sportorganisationen, -einrichtungen und -ereignissen. Die bereits reduzierte Zahl der Annahmestellen müsse nach dem Ausführungsgesetz zum GlüStV bis Ende 2011 weiter auf 3 700 vermindert werden. Zur völligen Aufgabe des Verbundvertriebs sei der Monopolträger verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ohne kundennahe Annahmestellen könne das gesetzliche Ziel, den natürlichen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und eine weitere Verlagerung des Wettgeschehens in den illegalen Bereich zu verhindern, nicht erreicht werden. Den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spieler- und des Jugendschutzes trage die Ausgestaltung des Vertriebs über die Annahmestellen in Verbindung mit aktiven Präventionsmaßnahmen ausreichend Rechnung. Im Gegensatz zu Wettbüros lüden Lotto-Annahmestellen nicht zum Verweilen ein und seien nicht von einer suchtfördernden Wettatmosphäre geprägt. Da die Glücksspielvermittlung in den Annahmestellen regelmäßig nur als Nebengeschäft betrieben werde, fehle dort ein Anreiz, diesen Bereich auszubauen. Die Einführung einer nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises auszustellenden Kundenkarte, das funktionierende Sperrsystem und die in der Praxis auch in Anspruch genommene Möglichkeit der Selbstsperre genügten, den Jugend- und den Spielerschutz sowie die Suchtbekämpfung auch im Verbundvertrieb zu gewährleisten. Verfassungsrechtlich sei nicht geboten, Jugendlichen bereits den Zutritt zu den Annahmestellen der staatlichen Lotteriegesellschaften zu untersagen. Die Werbung für Glücksspiele sei ebenfalls den gesetzlichen Zielen entsprechend beschränkt worden. Allerdings könne Werbung schon begrifflich nicht auf reine Sachinformation ohne Anreiz reduziert werden. Auch das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, lasse sich ohne Werbung nur unzureichend erfüllen. Deshalb sei eine zur sachlichen Botschaft hinzutretende werbetypische Umrahmung zulässig, soweit sie nicht gezielt zum Wetten anreize und das Wetten nicht verharmlose. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben könne wegen der Erlaubnispflicht für Vermittler auch im Verbundvertrieb sichergestellt werden. Zwar lasse die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegte "Mystery Shopping Studie" Zweifel an einer strikten Einhaltung der Schutzvorschriften aufkommen. Einzelne Vollzugsdefizite belegten jedoch noch kein normativ-strukturelles, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausschließendes Defizit. Unsanktionierte systematische Durchbrechungen der rechtlichen Vorgaben seien nicht festzustellen. Der Monopolträger und die Aufsichtsbehörden nähmen eigene Kontrollen vor und ahndeten festgestellte Verstöße effektiv. Die Ressortverschiedenheit der Staatlichen Lotterieverwaltung und der Glücksspielaufsicht gewährleiste eine ausreichende Distanz der Aufsichtsbehörden zu den fiskalischen Interessen des Staates.

7

Die unionsrechtliche Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 und Art. 49 des am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der Fassung des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl Nr. C 306 S. 1; BGBl II 2008 S. 1038; BGBl II 2009 S. 1223) seien ebenfalls nicht verletzt. Die Beschränkung dieser Grundfreiheiten durch das staatliche Sportwettenmonopol sei durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig.

8

Der Gesetzgeber habe von einer Suchtgefahr ausgehen und handeln dürfen, obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse dazu vorlagen. Es genüge, dass der aktuelle Erkenntnisstand berücksichtigt und eine begleitende Forschung und Evaluierung sichergestellt worden sei. Erkenntnisse aus dem Ausland widerlegten die Gefahrenprognose des Gesetzgebers nicht, da sie nicht ohne Weiteres auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden könnten. Das Sportwettenmonopol sei auch geeignet, durch systematische und kohärente Begrenzung des Wettangebots zur Suchtbekämpfung und zur Kanalisierung der Spielleidenschaft beizutragen. Schwierigkeiten, den illegalen Markt einzudämmen, schlössen die Eignung nicht aus.

9

Für die Kohärenz der Monopolregelung sei nur auf den von ihr erfassten Sektor abzustellen, nicht auf den gesamten Glücksspielbereich. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik genüge außerdem eine auf das konkrete Bundesland bezogene Prüfung. Das Kohärenzerfordernis verpflichte den Gesetzgeber nicht, jeden Wertungswiderspruch auch im Detail zu vermeiden. Es werde nur bei einem krassen Missverhältnis von Regelungsziel und Ausgestaltung verfehlt. Bundeslandspezifische Besonderheiten wie die verbliebenen DDR-Erlaubnisse und die Zulassung eines privaten Monopolträgers in Rheinland-Pfalz führten nicht zur Inkohärenz, weil sie absehbar ausliefen.

10

Eine Diskriminierung sei mit dem staatlichen Sportwettenmonopol nicht verbunden. Auch ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht liege nicht vor.

11

Weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die nur hilfsweise gestellten Beweisanträge der Klägerin, die nicht sämtlich den formalen Voraussetzungen gerecht würden, beträfen erwiesene oder als wahr unterstellte Tatsachen. Im Übrigen seien sie nicht entscheidungserheblich oder dem Beweis nicht zugänglich.

12

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof - beschränkt - hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ab Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV.

13

Das staatliche Sportwettenmonopol verstoße gegen die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Die gesetzliche Regelung der Art und des Zuschnitts des staatlichen Wettangebots genüge nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Das Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes könnten ebenso bei einer beschränkten Marktöffnung erreicht werden. Zudem sei das Monopol weder rechtlich noch tatsächlich konsequent an den verfolgten Zielen ausgerichtet. Der Verbundvertrieb über Annahmestellen widerspreche ihnen ebenso wie die Werbung des staatlichen Monopolanbieters. Unzulässig sei jede den Wettentschluss fördernde Werbung, nicht nur der gezielte Anreiz zum Wetten. Dem werde die berufungsgerichtliche Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV nicht gerecht. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz seien unzureichend und würden nicht konsequent umgesetzt.

14

Der Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV ergebe sich aus der Inkohärenz der Monopolregelung. Erforderlich sei nicht nur eine Kohärenz im von der Monopolregelung betroffenen Sektor, sondern eine Gesamtkohärenz sämtlicher Regelungen im Glücksspielbereich. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne dem nicht entgegengehalten werden. Maßgebend sei auch nicht allein die normativ-strukturelle Ausgestaltung des Monopols, sondern ebenso dessen tatsächliche Umsetzung. Danach sei das Sportwettenmonopol mangels bundesweiter konsequenter Ausrichtung der Glücksspielpolitik am Ziel der Suchtbekämpfung unionsrechtswidrig. Zur weiteren Klärung der Voraussetzungen der Inkohärenz und zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV mit dem Unionsrecht beantragt die Klägerin, dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen vorzulegen, für deren Formulierung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird.

15

Sie meint, die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit schließe auch eine Anwendung des Erlaubnisvorbehalts für die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus.

16

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2008 die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 3. Mai 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Ein staatliches Glücksspielmonopol sei unionsrechtlich auch nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich zulässig. Eine auf Maximierung ausgerichtete Politik der Angebotserweiterung werde in Deutschland nicht betrieben. Der Betrieb der Sportwettenlokale habe bereits wegen formeller Illegalität untersagt werden können. Ungeachtet dessen sei an der Eignung des Sportwettenmonopols nicht zu zweifeln.

19

Der Beteiligte unterstützt das Vorbringen der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit es davon ausgeht, diese Vorschriften ließen eine Werbung des Monopolanbieters mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen zu. Darüber hinaus stützt es sich auf die fehlerhafte Annahme, Art. 49 und 56 AEUV verlangten eine Kohärenz der Monopolregelung nur im betroffenen Glücksspielsektor und im jeweiligen Bundesland. Es stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar.

21

Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist bei der Anfechtungsklage nur maßgeblich, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt. Da die hier einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des landesrechtlichen Ausführungsgesetzes irrevisibel sind, obliegt diese Beurteilung dem Berufungsgericht. An dessen Annahme, die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, ist der Senat gebunden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264). Das Revisionsgericht hat nach § 137 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO von der berufungsgerichtlichen Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes vom 20. Dezember 2007 auszugehen und nur zu überprüfen, ob diese mit revisiblem Recht in Einklang stehen. Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet, und dass die von der Klägerin vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV im Freistaat Bayern nur mit Erlaubnis der bayerischen Behörden veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Nach Art. 1 Abs. 3 AGGlüStV veranstaltet der Freistaat Bayern Sportwetten und Lotterien in Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe nach § 10 Abs. 1 GlüStV durch die Staatliche Lotterieverwaltung (Art. 5 AGGlüStV). Die Erteilung einer Erlaubnis an die Klägerin ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil dieser eine Vermittlung von Sportwetten an andere Veranstalter als die Träger des staatlichen Sportwettenmonopols verbietet. Die in Malta von den dortigen staatlichen Behörden der Firma T. erteilte Konzession ersetzt nicht die für die Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Sportwetten notwendige Erlaubnis durch die Beklagte als zuständige bayerische Behörde.

22

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Untersagungsverfügung sei mit dem Grundgesetz vereinbar, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

23

Das staatliche Sportwettenmonopol schränkt die Berufswahlfreiheit ein, weil es alle Grundrechtsträger von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten außerhalb des Pferdesports ausschließt.

24

Dieser Eingriff ist vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn eine formell-gesetzliche, kompetenzgerechte Regelung besteht, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Eingriffsintensität Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls legitimiert und verhältnismäßig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <303 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1340 Rn. 24>).

25

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1222 Rn. 14>). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports.

26

Der Einwand der Revision, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahrnehmung des Monopols genügten nicht dem verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, trifft nicht zu. Dieser verlangt nur, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst trifft und nicht der Exekutive überlässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251 f.>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 47). Die für die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Regelungen werden im Sportwettenbereich durch § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 bis 4 AGGlüStV und § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV getroffen. Diese Vorschriften schließen die Grundrechtsträger von der Veranstaltung solcher Wetten aus und bestimmen die Voraussetzungen, unter denen eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden kann. Das dabei eingeräumte Ermessen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV und Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV an die in § 1 GlüStV im Einzelnen normierten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gebunden. Die von der Klägerin für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betreffen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler. Sie regeln nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger.

27

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung des Sportwettenmonopols verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist aber seine Annahme, die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

28

Nach der den Senat bindenden Auslegung des irrevisiblen Landesrechts bezwecken der Glücksspielstaatsvertrag und seine landesgesetzliche Umsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, und die Gefahr des Betrugs sowie sonstiger Folge- und Begleitkriminalität des Wettens abzuwehren (vgl. § 1 GlüStV, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind die Suchtbekämpfung und -vorbeugung, der Spieler- und Jugendschutz sowie der Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität als besonders wichtige Gemeinwohlziele anerkannt, die auch Eingriffe in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.). Der Zweck, die Spielleidenschaft zu kanalisieren, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim, auch wenn nicht alle dazu geeigneten Vertriebsformen gleichzeitig dem Ziel der Suchtbekämpfung durch Angebotsbegrenzung entsprechen. Es genügt, dass eine Ausgestaltung der Sportwetten denkbar ist, die beiden Zielen Rechnung trägt.

29

Die Eignung eines Mittels setzt nur voraus, dass mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dazu genügt die Möglichkeit der Zweckerreichung. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Seine Annahme, eine Marktöffnung werde eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten zur Folge haben und damit einer Ausbreitung der Spielsucht Vorschub leisten, ist davon ebenso gedeckt wie die Annahme, ein Monopol ermögliche eine effizientere Kontrolle als die Überwachung einer Vielzahl von Erlaubnisnehmern. Die von der Revision hervorgehobenen Schwierigkeiten der Durchsetzung des Monopols lassen seine Eignung nicht entfallen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308).

30

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines staatlichen Monopols steht dem Gesetzgeber ebenfalls eine Einschätzungsprärogative zu. Deren Grenzen sind erst überschritten, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass alternativ in Betracht kommende Grundrechtsbeschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309). Nach diesen Kriterien musste der Verwaltungsgerichtshof die Annahme des bayerischen Gesetzgebers, das Wettmonopol sei zur Verfolgung der angestrebten Zwecke erforderlich, verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Er hatte auch nicht zu klären, ob die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung ebenso wirksam durch weniger einschneidende Mittel zu verfolgen gewesen wären. Vielmehr durfte er darauf abstellen, dass jedenfalls zur Bekämpfung der Spielsucht keine nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenso effektive, aber weniger einschneidende Maßnahme als die Errichtung eines Monopols zur Verfügung stand. Die entsprechende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht nur die Erwägungen des Gesetzgebers (LTDrucks 15/8486 S. 9, 12), sondern geht auch auf den Vortrag der Klägerin zur Eignung einer beschränkten Marktöffnung und zu den Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten ein. An die berufungsgerichtliche Tatsachenfeststellung, die Errichtung eines Monopols sei effizienter als eine Konzessionslösung, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die Revision hat diese Feststellung nicht mit wirksamen substantiierten Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO angegriffen. Sie hält ihr nur die eigene, abweichende Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen.

31

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit an die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für das Monopolangebot stellt.

32

Die Zumutbarkeit der Errichtung eines staatlichen Monopols für die Betroffenen setzt voraus, dass das Monopol tatsächlich den mit ihm verfolgten, überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken dient (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309 f.). Maßgebend ist dafür die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung, dem der Gesetzgeber vorrangige Bedeutung beigemessen hat (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 12 f.). Die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, insbesondere die Kanalisierung der Wettleidenschaft, können keine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausgestaltung des Monopols rechtfertigen.

33

Die konsequente Ausrichtung am Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und problematischem Spielverhalten vorzubeugen, muss in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols positiv zum Ausdruck kommen. Dazu sind materiell-rechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich, die auch gewährleisten, dass fiskalische Interessen im Konfliktfall zurücktreten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 312).

34

Die normative Ausgestaltung des Monopols muss hinreichende inhaltliche Kriterien betreffend die Art und den Zuschnitt der Sportwetten festlegen und Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung enthalten. Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Verwirklichung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Auch die Einzelausgestaltung ist am Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes auszurichten. Dies verlangt eine aktive Prävention, die über das Bereithalten von Informationsmaterial hinausgeht und eine angebotsimmanente Aufklärung, Früherkennung und Förderung der Motivation zur Verhaltensänderung, etwa durch die Möglichkeit einer Selbstsperre, vorsieht. Die Werbung hat sich auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten zu beschränken und darf keinen Aufforderungscharakter haben. Schließlich muss organisatorisch eine Kontrolle durch geeignete Instanzen mit ausreichender Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates sichergestellt werden (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

35

Die gesetzliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten musste der Verwaltungsgerichtshof nicht für unzureichend halten. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Ausführungen des angegriffenen Urteils zu § 21 Abs. 2 GlüStV nicht Art und Inhalt der Angebote, sondern Vertriebsregelungen betreffen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV leistet in der für den Senat bindenden Interpretation des Berufungsgerichts aber eine ausreichende inhaltliche Beschränkung des Wettangebots, indem er nur Wetten auf das Endergebnis eines sportlichen Wettkampfs zulässt und damit Wetten auf Zwischenergebnisse - etwa einer Spielhalbzeit oder eines Satzes - sowie Wetten auf Einzelereignisse während eines Wettkampfs ausschließt. Soweit dies die nähere Konkretisierung zulässiger Angebotsformen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV überlässt, gewährleistet die Bindung des Ermessens an die Ziele des § 1 GlüStV, dass keine die Suchtvorbeugung und -bekämpfung beeinträchtigende Wettform zuzulassen ist. Eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails war nicht erforderlich, da diese nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Suchtprävention und -bekämpfung nicht von Bedeutung waren.

36

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen bayerischen Ausführungsvorschriften werden auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne) gerecht, soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird.

37

Die Einschränkung auf terrestrische Vertriebswege durch Ausschluss des Internet- und SMS-Vertriebs in § 4 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV dient dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung. Sie schützt Kinder und Jugendliche vor den Gefahren, die mit einer Nutzung der in dieser Altersgruppe beliebten interaktiven Medien zum Glücksspiel verbunden sind. Auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgeschlossenen Vertriebswege für die Monopolanbieter kommt es für die Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung nicht an.

38

Die Vorgabe des Art. 1 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, die Zahl der Annahmestellen bis zum 31. Dezember 2011 weiter auf 3 700 zu reduzieren, normiert nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtspflicht und gewährleistet damit eine quantitative Begrenzung des Angebots. Der Revisionsvortrag, der Freistaat Bayern setze sich über diese Pflicht hinweg, widerspricht den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne insoweit wirksame Verfahrensrügen zu erheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Gesetzgeber die Entscheidungen über weitere Anpassungen des Vertriebssystems auch nicht mit einer Übergangsfristenregelung vorwegnehmen, sondern durfte zunächst die im Staatsvertrag vorgesehene wissenschaftliche Evaluation abwarten. Auf ein Überangebot von Wettannahmestellen lässt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht schon die vergleichsweise geringere Zahl der Postfilialen schließen. Seit der Abschaffung des Postmonopols wird ein erheblicher Teil der früher der Post vorbehaltenen Dienstleistungen durch andere Anbieter erbracht. Außerdem können Dienstleistungen der Post auch außerhalb der Niederlassungen in Anspruch genommen werden, etwa durch Briefkästen, Automaten oder die inzwischen eingeführten Internetangebote (E-Postbrief). Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der strenge Erlaubnisvorbehalt, die Auswahl der Vermittler und deren konsequente Überwachung seien für die Suchtvorbeugung und -bekämpfung wichtiger als die bloße Reduzierung ihrer Zahl, ist nicht denkfehlerhaft. Sie widerspricht auch nicht der Annahme, ein Konzessionssystem sei zur Suchtbekämpfung weniger geeignet als ein Monopol. Denn eine wirksame Kontrolle ist nach den bindenden berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Monopolsystem effektiver durchzuführen als bei einer Marktöffnung.

39

Entgegen der Auffassung der Revision musste der Verwaltungsgerichtshof nicht annehmen, der Gesetzgeber sei verpflichtet, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe völlig aufzugeben. Vielmehr durfte er davon ausgehen, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbarer normaler Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden. Der Verbundvertrieb schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs genügen die detaillierten Vorgaben für die Auswahl und Kontrolle der Vermittler und die Einzelgestaltung der Wettangebote in Verbindung mit den vorgesehenen Maßnahmen zur aktiven Prävention, auch im Verbundvertrieb der Spielsucht vorzubeugen, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Neben der jedem Angebot beigegebenen Aufklärung über die Gefahren der Wettsucht und mögliche Hilfen dienen dazu insbesondere das Zugangserfordernis der Kundenkarte und dessen Verknüpfung mit dem Sperrsystem. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen wird die Kundenkarte nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises ausgestellt und trägt ein Foto sowie - jedenfalls seit Mai 2008 - den vollen Namen des Inhabers. Dies erlaubt eine Identifizierung problematischen Wettverhaltens und dient dem Abgleich mit der Sperrdatei, zu dem jeder Vermittler verpflichtet ist. Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugangskontrolle mittels individueller Kundenkarte sei mittlerweile konsequent umgesetzt und geeignet, problematischem Wettverhalten zu begegnen und Kinder und Jugendliche sowie abhängige Personen von der Teilnahme auszuschließen, hat die Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben. Dazu genügt nicht, dass sie den Sachverhalt abweichend beurteilt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof den hilfsweise gestellten Beweisanträgen der Klägerin nicht nachgegangen ist, fehlen substantiierte Rügen einer Verletzung des Aufklärungsgebots nach § 86 Abs. 1 VwGO oder des Grundsatzes rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, jeweils i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

40

Bei der Entscheidung, den Verbundvertrieb beizubehalten, durfte der Gesetzgeber schließlich berücksichtigen, dass die alternativ mögliche Beschränkung des Vertriebs auf besondere Wettlokale dem Ziel der Suchtbekämpfung abträglich sein kann. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind solche Lokale, deren Umsatz ganz vom Wettgeschäft abhängig ist, regelmäßig darauf ausgelegt, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren. Sie bieten soziale Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen und eine bereits vorhandene Wettneigung verstärken (vgl. Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, 2005, S. 138 f.). Demgegenüber ermöglicht der Verbundvertrieb, in dem das Wettgeschäft nur als Nebenerwerb betrieben wird, auch eine soziale Kontrolle durch nicht zum Wetten geneigte Personen, die übermäßigem Spielen vorbeugen kann.

41

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die rechtlichen Beschränkungen des Wettangebots würden nicht durch eine faktische Expansion unterlaufen, wird ebenso wenig mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wie die Feststellung, die Monopolanbieter hätten aufgrund der Angebotseinschränkung erhebliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

42

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, weitere Vertriebsbeschränkungen wie Auslagen-, Standort- oder Provisionsverbote zu regeln. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung. Vielmehr genügen zur Zielverwirklichung ausreichende Maßnahmen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erfüllen bereits die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen und in der Praxis umgesetzten Einschränkungen des Verbundvertriebs diese Anforderung.

43

Dem Erfordernis einer unabhängigen effektiven Kontrolle genügt die Einrichtung einer Glücksspielaufsicht, die bei einem anderen Ministerium als dem für die Lotterieverwaltung zuständigen Finanzministerium ressortiert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - NVwZ-RR 2008, 1 Rn. 59). Trotz der mit der "Mystery Shopping Studie" aufgezeigten Vollzugsdefizite durfte der Verwaltungsgerichtshof annehmen, dass die normativen und strukturellen Vorgaben eine hinreichend effektive Kontrolle der Sportwettenvermarktung gewährleisten. Seinen nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen zufolge hat die Glücksspielaufsicht ausreichende Überwachungsmaßnahmen durchgeführt und festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert. Die aufgedeckten Defizite insbesondere im Umgang mit Kundenkarten wurden bereits im ersten Halbjahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages behoben. Später festzustellende Verstöße hatten nicht den Charakter systematischer Abweichungen und wurden ebenfalls geahndet.

44

Dass der Verwaltungsgerichtshof nur strukturelle Vollzugsdefizite für geeignet hält, eine verfassungswidrige Handhabung des Sportwettenmonopols zu belegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar hängt die Rechtfertigung des Monopols auch von dessen tatsächlicher Ausgestaltung ab. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt aber schon, eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Monopolregelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 316).

45

Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Auslegung der Regelungen zur Werbung für das staatliche Wettangebot in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für rechtlich unbedenklich hält.

46

Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Damit ist nicht zu vereinbaren, die Teilnahme an Wetten als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung darzustellen. Vielmehr hat sich die Werbung für das Monopolangebot bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

47

Mit diesen Vorgaben steht noch in Einklang, dass die Pflicht zur Beschränkung der Werbung auf die Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten nach § 5 Abs. 1 GlüStV dem angegriffenen Urteil zufolge konkretisiert wird durch das in Absatz 2 der Vorschrift geregelte Verbot einer zur Teilnahme auffordernden oder irreführenden Werbung sowie durch die ebenfalls dort verankerte Pflicht, den Jugendschutz zu beachten und über Risiken und Gefahren des Wettens zu belehren. Diese systematische Auslegung verkürzt weder das Aufforderungsverbot noch lässt sie das Ziel der Suchtbekämpfung hinter das Ziel einer Kanalisierung der Wettleidenschaft zurücktreten. Das Berufungsgericht stellt auch nicht in Abrede, dass die sachliche Werbung nur auf eine Lenkung des bereits vorhandenen Wettwillens gerichtet sein darf, ohne noch nicht zum Wetten Entschlossene zur Teilnahme anzureizen.

48

Dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der konsequenten Ausrichtung des Monopols am Ziel der Suchtbekämpfung widerspricht aber seine Annahme, dies verbiete nur den gezielten Anreiz zum Mitspielen. Dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lotteriestaatsvertrag für die Übergangszeit bis zur Neuregelung der Sportwetten jede über die sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehende, gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), relativiert die gebotene Beschränkung auf sachliche Information nicht durch ein zusätzliches Kriterium der Absicht des Werbenden oder der erkennbaren Zielrichtung seiner Werbung. Der Beschränkung auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten widersprechen nicht nur der absichtliche Anreiz und die direkte Aufforderung zum Wetten, sondern alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Entscheidend ist also nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt.

49

Für diese Beurteilung kann entgegen dem angegriffenen Urteil nicht zwischen einer auf die sachliche Information beschränkten Werbebotschaft und einer darüber hinaus zulässigen werbetypischen Umrahmung oder Aufmachung unterschieden werden. Die Botschaft oder der Aussagegehalt einer Werbung ist nicht unabhängig vom Kontext der Aufmachung zu ermitteln, sondern wird durch diese mit bestimmt. Entscheidend ist daher, dass die aus Text und Aufmachung zusammengesetzte Werbeaussage vom durchschnittlichen Empfänger nicht als Anreiz zum Wetten zu verstehen ist, sondern nur als Hinweis auf eine legale Möglichkeit, einen vorhandenen Entschluss zum Wetten umzusetzen.

50

Der Begriff der Werbung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Er wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt. Dazu zählt auch die sachliche Information des Monopolanbieters über die Möglichkeit, bei ihm legal Sportwetten abzuschließen.

51

Das Ziel, die Wettleidenschaft durch den Hinweis auf legale Wettangebote zu lenken, verlangt und rechtfertigt keine über die sachliche Information hinausgehende, zum Wetten selbst motivierende Aussage. Unzulässig sind danach beispielsweise Darstellungen des Wettens als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen Zugewinns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung. Erst recht darf die Teilnahme an Wetten nicht als positiv zu bewertendes, wünschenswertes oder sozial verantwortliches Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1341 f. Rn. 39, 47, 57>).

52

Das schließt zwar nicht die Verwendung einer Dachmarke aus, wohl aber jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Unzutreffend ist danach die Annahme des angegriffenen Urteils, ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen könne zulässig sein. Ein solcher Hinweis wertet das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung im Sinne eines "Spendens durch Spielen" dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung der Suchtgefahr, lassen jedoch die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt. Die abweichende Auffassung des angegriffenen Urteils ist mit den Anforderungen, die an eine verhältnismäßige, konsequent und widerspruchsfrei am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, nicht vereinbar.

53

Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Freistaates Bayern ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Zuständig sind, je nach Abgrenzung des umstrittenen Geltungsbereichs der Erlaubnisse, entweder der Bund oder die Länder, in denen die Erlaubnisnehmer ihren Sitz haben.

54

Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

55

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verstößt gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit.

56

Die berufungsgerichtliche Annahme, die durch den Glücksspielstaatsvertrag bewirkten Beschränkungen seien mit beiden Grundfreiheiten vereinbar und wahrten den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gründet sich auf eine unrichtige Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

57

Die Klägerin gehört zu dem von der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit erfassten Personenkreis. Der persönliche Anwendungsbereich des Art. 56 Abs. 1 AEUV (früher: Art. 49 Abs. 1 EGV) umfasst neben den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten nach Art. 62 i.V.m. Art. 54 AEUV (früher: Art. 55 i.V.m. Art. 48 EGV) auch Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet worden sind und ihren Sitz innerhalb der Union haben. Dies trifft auf die Klägerin als nach deutschem Recht gegründete GmbH mit Sitz in M. zu.

58

Die der Klägerin untersagte Tätigkeit unterfällt auch dem sachlichen Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV). Als Dienstleistung im Sinne von Art. 57 Abs. 1 AEUV (früher: Art. 50 Abs. 1 EGV) ist jede mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Verrichtung durch Erbringung einer Leistung gegen Erlangung einer wirtschaftlichen Gegenleistung anzusehen, soweit sie nicht den Bestimmungen über den Warenverkehr (Art. 34 ff. AEUV), den Kapitalverkehr (Art. 63 ff. AEUV) und die Freizügigkeit der Personen (Art. 45 f. und Art. 49 ff. AEUV) unterliegt. Die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit erfasst unter anderem Tätigkeiten, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-1039 Rn. 25 bis 30 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 40 m.w.N.). Zu diesen Glücksspielen gehören auch Wetten über Sportwettkämpfe, die wie reine Glücksspiele, auch wenn sie mit diesen nicht in jeder Hinsicht gleichgestellt werden können, als Gegenleistung für einen Einsatz eine Chance auf einen Geldgewinn bieten. Auch die Vermittlung von Sportwetten an einen im Ausland amtlich zugelassenen Buchmacher (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 24) stellt eine Dienstleistung dar, die jedenfalls dann in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fällt, wenn der Leistungsanbieter in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dem die Leistung angeboten wird. Vorliegend geht es um grenzüberschreitende Dienstleistungen oder Korrespondenzdienstleistungen im Sinne von Art. 56 und 57 AEUV, die die Klägerin dem in Malta ansässigen Sportwettenveranstalter über das Internet von dem Mitgliedstaat aus erbringen will, in dem sie ansässig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 41 m.w.N.).

59

Der Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV) auf die Vermittlung von Sportwetten stehen keine anderweitigen vorrangigen unionsrechtlichen Bestimmungen entgegen. Für den Bereich der Glücksspiele existieren innerhalb der EU keine sekundärrechtlichen Regelungen. Glücksspiele einschließlich Wetten sind aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (sog. Dienstleistungsrichtlinie, ABl EU Nr. L 376/36) ausdrücklich ausgenommen (Erwägungsgrund 25 sowie in Art. 2 Abs. 2 Buchst. h). Entsprechende Regelungen finden sich in Erwägungsgrund 16 und Art. 1 Abs. 5 Buchst. d Spiegelstrich 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (sog. E-Commerce-Richtlinie, ABl EG Nr. L 178/1). Danach bestehen im Hinblick auf Gewinnspiele im Sinne von Glücksspielen, Lotterien und Wetten mit einem geldwerten Einsatz keine sekundärrechtlichen Regelungen im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs mit diesen Leistungen. Auch die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (sog. Fernsehrichtlinie, ABl EU Nr. L 332/27) nimmt nach Erwägungsgrund 18 Glücksspiele gegen einen geldwerten Einsatz grundsätzlich von ihrem Anwendungsbereich aus. Lediglich auf Gewinn- und Glücksspielsendungen sind die allgemeinen Regeln der Fernsehrichtlinie anwendbar.

60

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV und der Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter - auch - in anderen Mitgliedstaaten stellen eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.

61

Staatliche Maßnahmen, die die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit beschränken, müssen vier Voraussetzungen erfüllen, um mit Unionsrecht in Einklang zu stehen: Sie müssen mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar, nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 AEUV (Ausübung öffentlicher Gewalt, früher: Art. 45 EGV), Art. 52 AEUV (öffentliche Ordnung; Sicherheit; Gesundheit, früher: Art. 46 EGV) oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten; ferner dürfen sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

62

(1) Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot verneint. Das Verbot der Diskriminierung nach Art. 57 Abs. 3 AEUV (früher: Art. 50 Abs. 3 EGV) gewährleistet, dass der Leistende unbeschadet der Regelungen über die Niederlassungsfreiheit seine Tätigkeit zwecks Erbringung seiner Leistung vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben darf, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt. Der Dienstleistungserbringer darf nicht aus Gründen der Staatsangehörigkeit gegenüber den Staatsangehörigen des Mitgliedstaates diskriminiert werden.

63

Eine solche Diskriminierung liegt hier nicht vor. Denn die der Untersagungsverfügung der Beklagten zugrundeliegenden Rechtsnormen gelten gleichermaßen für Inländer wie für Ausländer. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts normieren die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages ein Sportwettenmonopol auf Landesebene und schließen weitere Anbieter ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit und unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung von der Tätigkeit des Veranstaltens und Anbietens von Sportwetten aus. Sie gelten damit unterschiedslos für sämtliche potenziellen Sportwetten-Anbieter (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - juris Rn. 109).

64

Auch eine Anerkennung der von den maltesischen Behörden dem Unternehmen T. erteilten Konzession auf die Klägerin ist im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unionsrechtlich nicht geboten. Jeder Mitgliedstaat, auf dessen Hoheitsgebiet sich ein Wettangebot erstreckt, das ein Veranstalter über das Internet abgibt, behält die Befugnis, diesem die Beachtung der in seinen einschlägigen Rechtsvorschriften aufgestellten Beschränkungen vorzuschreiben, sofern diese Beschränkungen, insbesondere in Bezug auf ihre Diskriminierungsfreiheit und ihre Verhältnismäßigkeit, den Anforderungen des Unionsrechts genügen (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 und 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 44).

65

(2) Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die bayerischen Ausführungsbestimmungen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen.

66

Das durch den Glücksspielstaatsvertrag begründete staatliche Sportwettenmonopol unterfällt nicht dem Bereichs-Ausnahmetatbestand nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 Abs. 1 AEUV. Denn das Veranstalten von Glücksspielen stellt ersichtlich keine Ausübung öffentlicher Gewalt dar.

67

Ob für das staatliche Sportwettenmonopol eine Rechtfertigung nach Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht kommt, kann hier offenbleiben. Der Gerichtshof führt in seiner Rechtsprechung zum Glücksspielrecht diese Rechtfertigungsmöglichkeit zwar an, geht aber darauf nicht näher ein. Er stellt vielmehr auf die von ihm richterrechtlich entwickelten "zwingenden Gründe des Allgemeininteresses" wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen ab (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45). Die Aufzählung dieser zwingenden Gründe ist nicht abschließend. Angesichts der unterbliebenen unionsrechtlichen Harmonisierung im Glücksspielbereich billigt der Gerichtshof den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die unterschiedlichen sittlichen, religiösen oder kulturellen Erwägungen, die in ihnen zu Glücksspielen angestellt werden, bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele einen weiten Gestaltungsspielraum ("ausreichendes Ermessen") zu. Die Mitgliedstaaten können selbst festlegen, welche Erfordernisse sich nach Maßgabe ihrer jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten im Hinblick auf die gebotene Zielverfolgung ergeben. Dementsprechend dürfen sie ihre Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten, das angestrebte Schutzniveau bestimmen und selbst beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihnen verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. Dabei sind die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betroffenen nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen (Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N.).

68

Bei der Prüfung, ob die vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen, ist auf die Gesamtheit der intendierten Ziele abzustellen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - a.a.O. Rn. 58, vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 31 und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - juris Rn. 22). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sind ebenso wie die Begrenzung des Glücksspielangebots, die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und das Anliegen der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung vom Gerichtshof als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt (vgl. u.a. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - und Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O.). Der den Mitgliedstaaten eröffnete weite Gestaltungsspielraum lässt zur Verfolgung dieser Ziele auch Verbote und Ausschließlichkeitsrechte für bestimmte Anbieter zu, sofern die nationalen Beschränkungen nicht nur dem Diskriminierungsverbot genügen, sondern auch den unionsrechtlichen Anforderungen an das Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

69

Ein staatliches Glücksspielmonopol kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs den legitimen Zielen des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung (Suchtbekämpfung, Jugend- und Spielerschutz, Begrenzung des Glücksspielangebots und Lenkung der Wettleidenschaft, Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung) dienen, da es u.a. den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79). Das gilt auch für ein Verbot der Vermarktung über einen bestimmten Vertriebskanal, das Internet (vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 99, 100 ff., 105).

70

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht es einem Mitgliedstaat, der - zu unionsrechtlich zulässigen Zwecken - das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Glücksspielen (hier: Sportwetten) zu verringern, grundsätzlich auch frei, eine Erlaubnisregelung ("Konzessionssystem") zu schaffen und dabei Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Veranstalter vorzusehen (vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 84). Die Grundentscheidung, ob es zur Erreichung der verfolgten Gemeinwohlziele besser ist, ein Staatsmonopol für bestimmte Glücksspiele (Sportwetten, Lotterien) vorzusehen oder aber stattdessen private Anbieter zu konzessionieren und mit den erforderlichen Auflagen zuzulassen, liegt allein im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaats (Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a, Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46).

71

Danach ist es im Grundsatz unionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Gesetzgeber für den Bereich der Sportwetten im Glücksspielstaatsvertrag und in den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen für ein staatliches Monopol entschieden hat (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - Rs. C-124/97, Läärä u.a. - Slg. 1999, I-6067 Rn. 37 = DVBl 2000, 111 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Dabei ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der Gesetzgeber zulässigerweise einen hohen Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels angestrebt hat, weil von Sportwetten nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ein nicht unerhebliches Suchtpotential ausgeht. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden.

72

Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, es gebe bislang keine ausreichenden statistischen Erhebungen über den Einfluss des Wettangebots auf die Verbreitung der Wettsucht, verkennt sie, dass bei Fehlen von wissenschaftlich hinreichenden Untersuchungen eine nach dem Stand der Forschung plausible Gefahrenprognose genügt. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen Rechnung getragen werden. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - (Slg. 2003, I-13519), das die ungleiche einkommensteuerrechtliche Behandlung von Lotto-Gewinnen aus dem In- und Ausland in Finnland behandelte, den Hinweis gegeben, dass die Rechtfertigungsgründe, die von einem Mitgliedstaat geltend gemacht werden können, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von diesem Staat erlassenen beschränkenden Maßnahme begleitet werden müssen (a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Der Gerichtshof erkennt in seiner Rechtsprechung an, dass Schutzmaßnahmen zu Gunsten gewichtiger Belange wie etwa der Gesundheit der Bevölkerung schon vor einer tatsächlichen Gefahrenrealisierung getroffen werden dürfen (Urteil vom 19. Mai 2009 - Rs. C-171/07, DocMorris - Slg. 2009 I-04171 = NJW 2009, 2112 <2113>). Hierbei muss der Mitgliedstaat, wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abzuwarten, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Außerdem kann der Mitgliedstaat diejenigen Maßnahmen treffen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung weitest möglich verringern.

73

Eine solche Situation lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier vor. Bei Abschluss des Glücksspielstaatsvertrages war den Normgebern bewusst, dass eine abschließende Aussage über das Suchtpotenzial von Sportwetten mit festen Gewinnquoten noch nicht möglich war. Denn es fehlte an hinreichenden wissenschaftlichen Untersuchungen. In den verfügbaren nationalen wie internationalen Studien sahen die Normgeber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch eine Bestätigung der These, dass ein beachtlicher Zusammenhang zwischen dem Angebot solcher Wetten und der Häufigkeit ihrer Nutzung sowie einer möglichen Abhängigkeit besteht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Bundesländer im Zusammenhang mit der Ausarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages eine umfangreiche Anhörung von Suchtexperten durchgeführt und die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgewertet. Sie sind dabei zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen, dass eine Ausweitung des Wettangebots die Gefahr einer Verbreitung der Wettsucht nach sich ziehen würde. Um dem aktuellen Defizit an belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begegnen, haben die Normgeber in § 10 Abs. 1 GlüStV die Berufung eines unabhängigen Fachbeirates zur Beratung der Bundesländer vorgesehen, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt. Darüber hinaus haben die Bundesländer gemäß § 11 GlüStV die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicherzustellen. Das Berufungsgericht hat vor diesem Hintergrund unionsrechtlich zu Recht keinen Anlass gesehen, die Gefahrenprognose des Gesetzgebers infrage zu stellen.

74

Bis zum Vorliegen hinreichender belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Suchtpotenzial und zu den damit verbundenen Suchtgefahren von Sportwetten waren und sind die zuständigen Stellen damit nicht gehindert, nach Maßgabe des Glücksspielstaatsvertrages präventiv restriktive Maßnahmen zu ergreifen, ohne das Ausmaß negativer Entwicklungen im Einzelnen zu kennen oder gar abwarten zu müssen. Im Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - (a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a) hat der Gerichtshof dies bestätigt: Es reicht aus, wenn die getroffenen staatlichen Maßnahmen, die die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit beschränken, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen in dem vom Gerichtshof definierten Sinne begleitet werden.

75

(3) Zielen - wie vorliegend nach den vom Berufungsgericht getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen - die staatlichen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit auf die Erreichung nach dem Unionsrecht zulässiger ("legitimer") Zwecke, müssen sie im Hinblick auf diese Gründe des Allgemeininteresses dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Das verlangt, dass sie zur Zweckerreichung geeignet sind und dass sie nicht über das hinausgehen, was dazu erforderlich ist. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen revisionsrechtlich fehlerhaft bejaht.

76

Eine Monopolregelung, die auf die Bekämpfung der Spielsucht und den Spielerschutz als zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, muss ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - a.a.O. Rn. 21 sowie vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 und - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 98). Soweit dagegen die Behörden eines Mitgliedstaats die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sich die Behörden dieses Staates nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen wie die in Rede stehenden zu rechtfertigen (Urteil vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 69). Das Erzielen von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine oder nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 35 f., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 62 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 104 f.).

77

Die unionsrechtlich zulässige Zielsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, kann nur dann in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, wenn der Monopolträger darauf verzichtet, die Wettbereitschaft zu fördern. Er darf ihr kein positives Image verleihen, indem er auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist, und die Anziehungskraft des Wettspiels nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103). Ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen wertet, wie oben im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung bereits dargelegt, das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung dar. Entgegen der Annahme des angegriffenen Urteils können gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung, lassen jedoch die Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt.

78

Entgegen dem Berufungsurteil ist die Prüfung der Kohärenz auch nicht sektoral auf den von der Monopolregelung erfassten Sportwettenbereich zu beschränken. Vielmehr muss sie das staatliche Verhalten im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen mit einbeziehen.

79

Zwar muss grundsätzlich jede beschränkende Regelung gesondert auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden, und indiziert das Bestehen einer Konzessionsregelung in anderen Bereichen noch keine Inkohärenz eines auf einen bestimmten Glücksspielsektor beschränkten Monopols (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Läuft jedoch die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zwecken zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise - insbesondere aus fiskalischen Interessen - auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.). Die danach erforderliche Prüfung der Regelungen und der Anwendungspraxis im Bereich etwa der Kasino- und Automatenspiele hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern die darauf gerichteten Beweisanregungen unzutreffend für nicht entscheidungsrelevant gehalten.

80

Die verfassungsrechtliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bundesstaat macht die Kohärenzprüfung für Glücksspielbereiche, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, unionsrechtlich nicht entbehrlich. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates entbindet diesen nicht davon, seinen unionsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vielmehr müssen Bund und Länder zusammenwirken, um gemeinsam zu gewährleisten, dass die glücksspielrechtlichen Regelungen das unionsrechtliche Kohärenzkriterium erfüllen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.)

81

Die Annahme des Berufungsgerichts, das Kohärenzkriterium werde erst bei einem "krasse(n) Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt, trifft ebenfalls nicht zu. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Zwecke des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an.

82

3. Das angefochtene Urteil beruht auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit. Es stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Ob die auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung der Beklagten rechtmäßig ist, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

83

Bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf eine gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, kommt es darauf an, inwieweit eine danach unzulässige Werbung im Freistaat Bayern seit dem 1. Januar 2008 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wird. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen getroffen.

84

Sie sind auch nicht entbehrlich, weil die Frage der unionsrechtlichen Kohärenz bereits aufgrund der vorliegenden Tatsachenfeststellungen zu beantworten wäre. Ob die im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen über das staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten geeignet sind, zur Erreichung der nach dem Unionsrecht zulässigen ("legitimen") Zwecke der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots sowie der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung beizutragen, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht hinreichend beurteilen.

85

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs obliegt es den nationalen Gerichten zu überprüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften und ihre Anwendungspraxis tatsächlich den Zielen, die sie rechtfertigen könnten, entsprechen und ob die darin vorgesehenen Beschränkungen der Wetttätigkeiten nicht im Hinblick auf diese Ziele unverhältnismäßig sind (Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 75, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 58 und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - a.a.O. Rn. 22).

86

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in der Annahme, die Kohärenz sei nur sektoral und nur für das bayerische Landesrecht zu prüfen, weder abschließende Feststellungen zum Suchtpotenzial anderer als der vom Monopol erfassten Glücksspiele getroffen noch geklärt, ob die Regelungen und die Praxis bei Glücksspielen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial dem mit dem Sportwettenmonopol verfolgten Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes widersprechen. Insbesondere fehlen Feststellungen dazu, ob die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionssystems bei diesen Glücksspielarten oder dessen praktische Anwendung auf eine Glücksspielpolitik schließen lassen, die eine Expansion in diesem Bereich fördert oder zumindest duldet.

87

Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen scheidet eine revisionsgerichtliche Sachentscheidung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO aus.

88

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV ist auch im Hinblick auf die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Fragen nicht erforderlich.

89

Die erste Frage formuliert kein Auslegungs- oder Gültigkeitsproblem im Sinne des Absatzes 1 Buchst. a oder b dieser Vorschrift, sondern zielt auf einen Vergleich zweier Entscheidungen des Gerichtshofs, der nicht Gegenstand einer Vorlagefrage sein kann. Unabhängig davon ist den von der Klägerin zitierten Entscheidungen klar und eindeutig zu entnehmen, dass diese nur in ihrer Kombination hinreichende Bedingungen für einen - dem nationalen Gericht vorbehaltenen - Schluss auf die Inkohärenz einer Monopolregelung angeben, nicht jedoch, welche einzelnen Voraussetzungen mindestens erfüllt sein müssen. Auch zu diesem Problem erübrigt sich eine Vorlage, weil dieses hier nicht entscheidungserheblich ist. Bei einer unzulässigen Werbepraxis des Monopolträgers entfällt schon die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufswahlfreiheit, ohne dass es auf das Vorliegen weiterer Verstöße gegen das Erfordernis konsequenter Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung ankäme. Dass eine Inkohärenz im unionsrechtlichen Sinne keine unzulässige Werbung voraussetzt, sondern auch bei - sonstiger - Expansionspolitik etwa in konzessionierten Bereichen vorliegen kann, ergibt sich unmittelbar aus der Entscheidungsformel im Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - (a.a.O.).

90

Die zweite Frage ist ebenso klar aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs dahingehend zu beantworten, dass Art. 56 AEUV eine Konzessionsregelung von Glücksspielarten mit höherem Suchtpotenzial nicht schlechthin verbietet, sondern nur, soweit die rechtliche Ausgestaltung oder die Handhabung des Konzessionsmodells dem mit dem Monopol verfolgten Zweck der Suchtbekämpfung zuwiderläuft. Das hängt nicht allein vom Ausmaß des jeweiligen Suchtgefährdungspotenzials ab, sondern von der Eignung der jeweils getroffenen Regelungen zur wirksamen Bekämpfung der Gefahr und von deren konsequenter Umsetzung. Insoweit lässt sich der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch nicht entnehmen, dass Konzessionsmodelle prinzipiell ungeeignet, weniger geeignet oder besser geeignet wären als Monopolregelungen.

91

Eine Vorlage der dritten Frage erübrigt sich, weil diese hier nicht entscheidungserheblich ist. Sie geht von Feststellungen aus, die der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen hat.

92

Die Sache war daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit dem seine Anfechtungsklage gegen den mit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung verbundenen Widerruf einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung abgewiesen wurde.

Der Kläger betreibt in W. eine Annahmestelle zur Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV), die sich in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung befindet, die von der Bahnhofshalle aus betreten werden kann. Er erhielt mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 eine mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., im Ladengeschäft als Annahmestelle der SLV die von dieser veranstalteten Glücksspiele zu vermitteln. Die Erlaubnis wurde mit Bescheid vom 2. November 2011 bis 31. Dezember 2015 verlängert.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 wies der Beklagte den Kläger auf die Rechtsänderungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag hin, insbesondere auf den ab 1. Juli 2012 geltenden § 21 Abs. 2 GlüStV, der es verbiete, Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde, zu vermitteln. Mit Bescheid vom 12. November 2013 widerrief der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die - zuletzt mit Bescheid vom 2. November 2011 geänderte - Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 insoweit, als sie die Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten umfasst (Nr. 1), und untersagte ab dem 3. Dezember 2013 die Annahme von Sportwetten (Nr. 2). Bei der Erlaubnis handle es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, dessen Widerruf im Bescheid vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich vorbehalten sei. In dem Gebäude bzw. Gebäudekomplex, in dem der Kläger seine Annahmestelle betreibe, befinde sich eine Spielhalle; sie könne sowohl vom überdachten Gleisbereich (von Westen) als auch vom Bahnhofsvorplatz (von Osten) aus betreten werden. Mit dem teilweisen Widerruf werde das mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgte Ziel der Spielsuchtprävention erreicht, ohne dass ein milderes Mittel ersichtlich sei. Der Widerruf der Erlaubnis setze die materiell ohnehin zu beachtende Regelung um. Letztlich seien Erlaubnisse zur Vermittlung von Glücksspielen stets widerruflich zu erteilen und zu befristen, so dass auch im konkreten Fall ein Vertrauen in den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis allenfalls sehr vage sei. Der Bestand der Annahmestelle sei nicht gefährdet; nach den Geschäftsberichten der SLV Bayern für die Jahre 2010 und 2011 würden die Umsätze aus Oddset-Wetten zusammen etwa 3% des Gesamtumsatzes der Annahmestellen betragen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2014 (RO 5 S. 14.30) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner am 5. Dezember 2013 erhobenen Klage bezüglich Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen und bezüglich Nr. 2 anzuordnen, ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 11. Juni 2014 (10 CS 14.505) ab; es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob das in § 21 Abs. 2 GlüStV verankerte Trennungsgebot, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder Spielbank befinde, Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, im vorliegenden Fall tatbestandlich eingreife. Zum anderen sei die schwierige Rechtsfrage der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit dem Gleichheitsgrundsatz als offen anzusehen. In dieser Situation sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung den Interessen des Beklagten der Vorrang einzuräumen.

Mit Urteil vom 22. Januar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins ab. Der Beklagte habe das Widerrufsermessen vor dem Hintergrund des wirksamen Widerrufsvorbehalts gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Bei § 21 Abs. 2 GlüStV handle es sich um eine verfassungsgemäße, seit 1. Juli 2012 bindende Verbotsnorm, die Konfliktfälle zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten auflöse und deren tatbestandliche Voraussetzungen vorlägen. Die Sportwettenvermittlung des Klägers befinde sich in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde. Die Annahmestelle und die Spielhalle seien in aneinander anschließenden, optisch quasi Wand an Wand gelegenen Gebäudeteilen untergebracht. Sie hätten zwar separate Zugänge; allerdings könne man mit gerade einmal 43 Schritten und zudem unterhalb eines überdachten Bereichs von der Spielhalle zur Vermittlungsstelle des Klägers wechseln; es bestehe auch Sichtkontakt zwischen den beiden Spielstätten. Ein das Trennungsgebot rechtfertigender enger räumlicher Zusammenhang wie bei einem Gebäude sei zu bejahen. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entbinde nicht von der Einhaltung der sonstigen, nicht in § 10a Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV geregelten materiellen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrages, wie § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV klarstelle. Die Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Sie entspreche dem Bestimmtheitsgebot, denn die Begriffe „Gebäude“ und „Gebäudekomplex“ seien anhand ihres Wortlauts und des Gesetzeszwecks hinreichend bestimmt auslegbar; durch das Kriterium der „Griffnähe“ ergäben sich keine Probleme im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm, vielmehr werde durch die damit verbundene einschränkende Auslegung der Norm vermieden, dass ein in Grundrechte eingreifendes Gesetz in unzulässiger Weise erweiternd ausgelegt werde. § 21 Abs. 2 GlüStV verstoße nicht gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vermittlungserlaubnis des Antragstellers genieße nicht den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genieße, könne offen bleiben. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls verhältnismäßig. Während auf Seiten des Spielhallenbetreibers regelmäßig hohe Investitionen notwendig seien, um die entsprechenden, genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu schaffen und die Spielgeräte selbst zu beschaffen, bedürfe es zur Vermittlung von Sportwetten keiner besonderen Investitionen, da diese im Rahmen ohnehin bestehender Betriebsstrukturen vermittelt würden und die Vermittlung von Sportwetten nicht das einzige Geschäft der Annahmestellenbetreiber sei. Die Umsätze aus Sportwetten betrügen nur 2,8% bzw. 3 bis 5% des Gesamtumsatzes. Auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht verletzt, wie sich bereits aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145) ergebe. Ebensowenig sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, denn der Konflikt zwischen Betreibern bestehender Spielhallen und Sportwettenvermittlern sei erkannt und durch § 21 Abs. 2 GlüStV in der Weise gelöst worden, dass Ersteren ein größerer Bestandsschutz wegen der zwangsläufig mit ihrer Errichtung verbundenen höheren Investitionen zuerkannt worden sei. Eine neue Spielhalle dagegen bedürfe der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV, die nur erteilt werde, wenn die Errichtung und der Betrieb der Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwider liefen, so dass für nicht bestandsgeschützte Spielhallen der Kollisionsfall des § 21 Abs. 2 GlüStV auch zu einer Versagung der beantragten Spielhallenerlaubnis führen könne. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vorschrift keine Angebote erfasse, die sich in Gebäuden befänden, die in offener Bauweise errichtet seien oder in Gebäuden, die sich gegenüber stünden. Einer Abstandsregelung wie etwa bei Spielhallen sei nicht geboten gewesen. Im Rahmen der Einschätzungsprärogative sei es vielmehr zulässig, nur solche typisierten baulichen Situationen zu erfassen, die es zuließen, dass ein Spieler in bequemer Weise im Gebäudeinneren oder in einem überdachten Bereich von einem Glücksspielangebot zum nächsten wechseln könne. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV entfalte lediglich unechte Rückwirkung, die aber nicht unzulässig sei, denn das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage sei nicht schutzwürdiger als die mit der Rechtsänderung verfolgten Anliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Übergangsregelung. Es seien die wichtigen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zu bedenken. Auch habe der Antragsteller nach alter Rechtslage nicht unbegrenzt darauf vertrauen können, dass die Sportwetten des staatlichen Monopolveranstalters unbeschränkt vermittelt werden dürften, ohne Rechtsänderungen befürchten zu müssen. Zudem sei die Vermittlungserlaubnis immer befristet und jederzeit widerruflich gewesen, so dass sich kein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage habe aufbauen können. Schließlich sei auch das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Zweck des Widerrufsvorbehalts sei es gerade, auf eine veränderte Sach- und Rechtslage reagieren zu können. Entsprechend der zum 1. Juli 2012 wirksam gewordenen Änderung des Glücksspielstaatsvertrags sei der Beklagte daher befugt gewesen, den Rechtsschein einer wirksamen Erlaubnis, die bereits nach der neuen Rechtslage durch § 21 Abs. 2 GlüStV eingeschränkt worden sei, zu beseitigen.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht der Kläger in erster Linie die Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 2 GlüStV geltend. Die Bestimmung stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die in unverhältnismäßiger und gleichheitswidriger Weise gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße. Dies folge zum einen aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift zum Schutz des Klägers, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift die Vermittlungstätigkeit mit einer Erlaubnis ausgeübt habe, auf deren Fortbestand er trotz des Widerrufsvorbehalts habe vertrauen dürfen. Auch für andere Glücksspielbetriebe habe der Gesetzgeber Übergangsregelungen geschaffen, soweit der Glücksspielstaatsvertrag deren bestehende Rechtspositionen geschmälert habe. Zum anderen enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV als unmittelbares gesetzliches Verbot eine gleichheitssatzwidrige Beschränkung der Berufsfreiheit. Zweck des Trennungsgebots sei die Spielsuchtprävention, die im Interesse des Allgemeinwohls das Kernziel des Glücksspielstaatsvertrags sei. Allerdings habe der Gesetzgeber sein Regelungskonzept folgerichtig aufzubauen und identischen Gefährdungen auch gleiches Gewicht zuzumessen. § 21 Abs. 2 GlüStV erfasse jedoch nur einen Teil der möglichen Nähebeziehungen im Falle des räumlichen Aufeinandertreffens verschiedener Glücksspielangebote; schon deshalb fehle es an einer kohärenten Regelung. Die Vorschrift lasse bestimmte, nahe liegende Situationen ungeregelt, etwa wenn sich eine Spielhalle bei offener Bauweise mit seitlichem Grenzabstand in direkter Nachbarschaft zu einem Vermittlungsbüro befinde oder wenn sich beide Lokale in einer schmalen Straße unmittelbar gegenüberliegen würden; gleiches gelte für die Situierung beider Lokale in einer Fußgängerzone oder an einem innerstädtischen Platz. Dagegen sei dem Zusammentreffen verschiedener Spielhallen in § 25 GlüStV durch das Erfordernis eines landesrechtlich zu bestimmenden Mindestabstandes Rechnung getragen worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit ein Regelungskonzept nicht schlüssig verfolgt werde, solange identische Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliche Gewichtungen erfahren würden. Sportwettenanbieter würden anders behandelt als Personen, die Spielhallen oder Spielbanken betrieben und für die nach § 24 Abs. 2 GlüStV lediglich die Erteilung einer Erlaubnis ausgeschlossen sei, während ihr Bestand nach dieser Vorschrift geschützt werde. Ein sachlicher Grund für die ungleiche Behandlung bestehe nicht; im Übrigen reguliere der Gesetzgeber Spielhallen insgesamt eher strenger als Vermittlungsstellen von Sportwetten. § 25 Abs. 1 GlüStV zeige, dass auch ein räumliches Aufeinandertreffen außerhalb eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes gleichermaßen Allgemeinwohlbelange berühre, ohne dass insoweit eine andere Gefährdungslage mit Blick auf die Suchtprävention erkennbar sei. Hier helfe auch die vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Einschätzungsprärogative nicht weiter, denn sie beschränke nicht Art. 3 Abs. 1 GG, sondern werde umgekehrt durch das Grundrecht begrenzt. Weiter sei keine gesetzliche Vorsorge für den Fall getroffen worden, dass sich eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle für Sportwetten befinde, nachträglich ansiedeln wolle, wobei ebenfalls das Verbot der Vermittlungsstelle greife. Die für diese Situation vom Verwaltungsgericht vorgesehene Lösung, wonach hier die für die Spielhalle erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis versagt werden könne, überschreite die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Nach dem klaren Wortlaut enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV eine Beschränkung der Ausübung des Glücksspiels nur in eine Richtung, und zwar nur gegenüber der Vermittlungsstelle, während ein Verbot des Betriebs einer Spielhalle oder einer Spielbank in einem Gebäudekomplex, in dem bereits Sportwetten vermittelt würden, nicht bestehe. Aus § 2 Abs. 4 GlüStV ergebe sich der Anwendungsbereich des Staatsvertrags eindeutig. Auch aus § 4 Abs. 2 i.V.m. § 1 GlüStV könne kein neuer Versagungsgrund abgeleitet werden, denn die Ziele des Staatsvertrages fänden zwar im Rahmen der Auslegung der einzelnen Bestimmungen Beachtung, ermöglichten jedoch nicht die Schaffung neuer Versagungsgründe. Solche könnten auch nicht unmittelbar aus § 1 Satz 1 GlüStV abgeleitet werden; vielmehr seien nach § 1 Satz 2 GlüStV differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen, ohne dass den Genehmigungsbehörden insoweit ein Spielraum eingeräumt habe werden sollen. Aus § 1 Satz 1 GlüStV lasse sich auch kein allgemeines Trennungsverbot für die verschiedenen Glücksspielangebote ableiten, denn es fehle an der hierzu erforderlichen gesetzlichen Regelung. Ungeachtet der Verfassungwidrigkeit sei § 21 Abs. 2 GlüStV im vorliegenden Fall auch tatbestandlich schon deswegen nicht erfüllt, weil eine systematische und verfassungskonforme Auslegung eine Einschränkung der Bestimmung dahingehend erfordere, dass nur die Erteilung einer Erlaubnis für ein neues Angebot der Sportwettenvermittlung in einem Gebäude/Gebäudekomplex ausgeschlossen sein solle, in dem sich bereits eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Im vorliegenden Fall werde jedoch die Vermittlungsstelle des Klägers schon länger geführt (2006) als die benachbarte Spielhalle (2008). Des Weiteren sei bei der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex festzuhalten, dass es für die Auslegung nicht entscheidend auf die bauordnungsrechtliche Beurteilung oder auf das allgemeine Verständnis ankommen könne, vielmehr die Frage nach dem Bestehen einer ausreichenden Nähebeziehung zwischen den beiden Lokalen das aus glücksspielrechtlicher Perspektive maßgebliche Kriterium darstelle. Ein typisches Gebäude durchschnittlicher Größe biete keinen Anlass zu Streitfragen, während der Begriff des Gebäudekomplexes einschränkend auszulegen sei. Von Interesse sei die Gesetzesbegründung, die von einem „Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken“ spreche und damit zu erkennen gebe, dass der Gesetzgeber zumindest vorrangig ein Angebot im gleichen Betrieb im Auge gehabt habe, was auch durch das Verbot von Mehrfachkonzessionen in § 25 Abs. 2 GlüStV bestätigt werde. Für die hier vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommene Nähebeziehung sei entscheidend, dass ein direkter Weg vom Lokal des Klägers zur Spielhalle nicht bestehe, vielmehr müsse das Bahnhofsgebäude verlassen und entweder der Vordereingang über den Bahnhofsvorplatz oder der - überdachte - Weg auf der Gleisseite genommen werden. Weder die vom Verwaltungsgericht ermittelte Schrittzahl zur Bewältigung der Wegstrecke noch der von ihm hervorgehobene Umstand einer bestehenden Überdachung sei ein entscheidendes Kriterium für die Nähebeziehung. Die Schrittzahl entspreche der Wegeverbindung einer typischen Entfernung bei innerstädtischer Bebauung in offener Bauweise. Es seien also vielfältige Fallkonstellationen denkbar, in denen bei gleicher räumlicher Entfernung die Bestimmung von vornherein nicht einschlägig sein könne, wenn es sich um zwei getrennte Gebäude handle. Außerdem fehle es an der bei Verlassen einer Glücksspielstätte bestehenden Möglichkeit, die nächste unmittelbar optisch wahrzunehmen. Erst hierdurch werde aber der Anreiz zum Aufsuchen der weiteren Glücksspieleinrichtung gesetzt. Im vorliegenden Fall würden den Weg unter dem überdachten Bahnsteig nur diejenigen Personen wählen, die eine Fahrt mit der Bahn antreten wollten; durch diese Absicht werde aber die Aufmerksamkeit bezüglich der Wahrnehmung des zweiten Lokals zusätzlich eingeschränkt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Januar 2015 den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013 in den Nrn. 2, 4, 6 und 7 aufzuheben, die Untersagungsverfügung in Nr. 2 mit Wirkung für die Zukunft,

sowie festzustellen, dass die Untersagungsverfügung in Nr. 2 und der korrespondierende Widerruf der Erlaubnis in Nr. 1 des Bescheids rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zwar treffe zu, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Mindestabstand zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle vorsehe; unrichtig sei aber die Folgerung, solche Angebote seien bei offener Bauweise in unmittelbarer Nachbarschaft zulässig. Vielmehr greife der Versagungstatbestand in der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV, soweit das Angebot den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufe. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle könne, abhängig von den konkreten Verhältnissen, mit dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV nicht mehr vereinbar sein; die unterschiedliche Handhabung rechtfertige sich durch das erhebliche höhere Gefährdungspotenzial von Spielhallen gegenüber dem eines Sportwettbüros. Außerdem trete eine Konzentration von Spielhallen- und Sportwettangeboten - anders als die Konzentration von Spielhallen - bisher eher selten auf. § 21 Abs. 2 GlüStV sei vor dem Hintergrund der durch die Multiplikation von Glücksspielangeboten in Gebäuden und Gebäudekomplexen reduzierten Hemmschwelle im Sinn der Griffnähe zu verstehen und reagiere auf die bequeme Erreichbarkeit und den bereits getroffenen Entschluss, das entsprechende Gebäude zu betreten. Sei eine Gebäudeschwelle bereits überschritten, bestehe eine erhöhte Anreizsituation. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine erst nach dem 1. Juli 2012 beantragte Erlaubnis für eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits ein Sportwettbüro befinde, könne im Einzelfall wegen der entgegenstehenden Ziele des § 1 GlüStV versagt werden, sei nicht zu beanstanden. Die Ziele des § 1 GlüStV entfalteten bereits auf der Tatbestandsebene der Norm unmittelbare Verbindlichkeit bei Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Auch die Gesetzesbegründung spreche dafür, dass die Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags materielle Erlaubnisvoraussetzungen darstellten. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Beklagten (Schriftsatz v. 12. 2. 2015 im Verfahren 10 BV 15.430) eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäudekomplex“ oder sogar beider Begriffe vornehmen wollte, wäre im vorliegenden Fall das entscheidende Kriterium der „Griffnähe“ zu bejahen. Die Ortseinsicht habe ergeben, dass Spielhalle und Wettannahmestelle quasi „Wand an Wand“ lägen und trotz jeweils separater Zugänge beide Lokale von der Seite der Bahngleise her unter Nutzung einer vollständigen Überdachung kurzläufig erreicht werden könnten. Zudem bestehe Sichtkontakt von der einen zur anderen Spielstätte. Da das Angebot hauptsächlich auf Reisende ausgelegt sei, könne außer Betracht bleiben, dass es zur Spielhalle einen weiteren Eingang vom Bahnhofsvorplatz aus gebe. Im Übrigen sei nicht erforderlich, dass die beiden im Gebäudekomplex untergebrachten Lokale ohne Verlassen derselben gegenseitig erreicht werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Regierung der Oberpfalz sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013, soweit er mit seiner für die Zukunft rechtliche Wirkungen entfaltenden Untersagungsverfügung (mit Zwangsgeldandrohung, Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen; der Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; I.). Auch das im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klagebegehren, soweit es sich durch Zeitablauf erledigt hat, bleibt erfolglos (II.).

I. Die Anfechtungsklage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung ist zulässig, jedoch unbegründet und daher zu Recht abgewiesen worden.

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) mit dem Ziel einer (kassatorischen) Aufhebung der glücksspielrechtlichen Untersagung ist zulässig, soweit sie (noch) Wirkungen für die Zukunft entfaltet, also soweit sie sich auf den Zeitraum ab der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bezieht. Im Übrigen sind weder der Widerruf der Erlaubnis noch die Untersagung der weiteren Vermittlungstätigkeit (jeweils mit Wirkung ab 3. Dezember 2013) für den vergangenen Zeitraum statthafter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage, weil sie insoweit erledigt sind (Art. 43 BayVwVfG). Eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung erledigt sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung träte nur dann nicht ein, wenn sich aus der Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Adressaten ergeben, etwa weil ein Zwangsgeld vollstreckt wurde, dessen Rückzahlung die Beseitigung der mit seiner Hilfe durchgesetzten Grundverfügung voraussetzen würde (stRspr zu glücksspielrechtlichen Untersagungen, zuletzt BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.9.2014 - 10 ZB 12.1484 - juris Rn. 11). Eine derartige Situation besteht im vorliegenden Fall nicht; der Kläger hat ausdrücklich erklärt, dass für den vergangenen Zeitraum keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angefochtenen Bescheid bestünden. Auch der Widerruf der zuletzt mit Wirkung bis 31. Dezember 2015 erteilten Vermittlungserlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil die Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).

2. Die in diesem Rahmen zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angefochtene Untersagung ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV findet. Eine im Bahnhofsgebäude der Stadt W. betriebene Sportwettenvermittlung verstößt zum maßgeblichen Zeitpunkt (2.1) gegen die tatbestandlich einschlägige Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV (2.2), die verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (2.3). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.4).

2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist derjenige der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren. Zur Begründung kann auf die bereits dargestellte Rechtsnatur der Untersagung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung verwiesen werden. Die Untersagung erschöpft sich nicht in einem einmaligen Verbot, sondern bringt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zum Entstehen, das sie ständig aktualisiert. Deshalb muss die Untersagung auch während ihrer Wirksamkeit mit der jeweils aktuellen Rechtslage in Übereinstimmung stehen; nachträgliche Veränderungen der ihr zugrunde liegenden Sach- oder Rechtslage müssen gesondert geprüft werden und ggf. Berücksichtigung finden (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 42 - 44 m.w.N.). Aus § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt sich kein anderer, wegen einer tatbestandlichen Voraussetzung der Norm vorgelagerter maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, etwa der des Erlasses des angefochtenen Bescheids.

2.2 Der Kläger hat in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung entgegen dem seit 1. Juli 2012 geltenden Verbot in § 21 Abs. 2 GlüStV - damit materiell unerlaubt - Sportwetten vermittelt. Außerdem besitzt er die für diese Betätigung erforderliche Erlaubnis (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV), deren Erteilung hier der Regierung der Oberpfalz obliegt (Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV), seit dem mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 ausgesprochenen, auf die Vermittlung von Sportwetten beschränkten Widerruf der Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 nicht mehr. Mit der (in die Zukunft fortwirkenden) streitgegenständlichen Untersagung konnte der Beklagte in Erfüllung der ihm obliegenden Glücksspielaufsicht eine erforderliche Anordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV zur Unterbindung einer gegen § 21 Abs. 2 GlüStV verstoßenden Vermittlung von Sportwetten erlassen.

2.2.1 § 21 Abs. 2 GlüStV bestimmt, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Mit dieser der Spielsuchtprävention dienenden Bestimmung soll „einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs“ dadurch entgegengewirkt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten „in Spielhallen und Spielbanken“ untersagt wird (amtl. Begr. LT-Drs. 16/11995, S. 30). Mit dem gesetzlichen Vermittlungsverbot wird insbesondere der bereits in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zum Ziel des Staatsvertrags erklärte Schutz von spielsuchtgefährdeten Personen im Wege einer räumlichen Entzerrung unterschiedlicher Glücksspielgelegenheiten verfolgt (Dietlein/Hecker/Rutting, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 GlüStV Rn. 38). Allerdings ist der Wortlaut der Norm im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei ein Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Rutting, a.a.O., § 21 GlüStV Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 16 f.).

Bei der Auslegung der Begriffe ist zunächst zu beachten, dass als „Gebäude“ nach den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer (vgl. Art. 2 Abs. 2 BayBO, s.a. § 2 Abs. 2 MusterBO) selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, bezeichnet werden. Der Begriff „Gebäudekomplex“ ist hingegen nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamteinheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen. Dabei ist angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeit oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann und umgekehrt (Kriterium der sog. Griffnähe; OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris und B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 27.5.2014 - 10 CS 14.503 - juris Rn. 18; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 38, 40, § 25 Rn. 10). Der Senat hat darüber hinaus im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O) eine einschränkende Auslegung auch des Begriffs „Gebäude“ im dargestellten Sinne zumindest für die Fälle eines sehr großen, eventuell noch stark untergliederten Gebäudes mit mehreren Etagen und Zugängen für denkbar gehalten; im Hinblick auf das Ziel der Spielsuchtprävention sei maßgeblich, ob der Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne Verlassen des Gebäudes kurzläufig möglich sei und der Spieler bereits die andere Spielstätte im Blick habe, wodurch ein besonderer Anreiz zum Wechsel hervorgerufen werde (BayVGH, B.v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 18; noch nicht thematisiert: BayVGH, B.v. 25.06.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 9, 10). Urteile zur Frage der Auslegung der beiden Begriffe liegen, soweit ersichtlich, bisher nicht vor.

2.2.2 Vor diesem Hintergrund liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüStV hier vor, denn die Vermittlungsstelle für Sportwetten (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV, Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV) in der Bahnhofsbuchhandlung befindet sich in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtlich erlaubte) Spielhalle betrieben wird (2.2.2.1). Auch bei einer einschränkenden Auslegung des Begriffs „Gebäude“ käme man zu keinem anderen Ergebnis (2.2.2.2).

2.2.2.1 Der „Bahnhof“ ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, wie er sich dem Senat aus den in den vorliegenden Akten (insbes. Bl. 83 d. Berufungsakte, Bl. 34 d. Akte 10 CS 14.509 und Bl. 19 Behördenakte) befindlichen Lichtbildern präsentiert, als einheitliches, in seinem Hauptteil drei-, in den beiden Seitenteilen viergeschossiges Gebäude im Sinn von Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen, das seine typische Prägung durch den (durch ein Vordach optisch) auffällig gestalteten Eingang in die zu den Gleisen hin durchgängige Bahnhofshalle erhält. Dass sich im unmittelbaren Anschluss an die beiden viergeschossigen Gebäudeteile (in nördlicher und südlicher Richtung) jeweils ein erdgeschossiger, offenbar zum Bahnhof gehörender Anbau befindet, an den weitere Gebäude anschließen (vgl. Luftbild Bl. 19 Behördenakte), macht das Bahnhofsgebäude nicht zu einem Gebäudekomplex, weil es sich bei ihm nicht um eine Mehrzahl miteinander verbundener und wegen ihrer inneren Durchlässigkeit als Gesamteinheit wahrgenommener Gebäude handelt. Vielmehr ist das Bahnhofsgebäude durch seine offenkundige und typische Funktion, einen zentralen Zugang zu den Gleisen mit diversen Einkaufs- und anderen Versorgungsmöglichkeiten zu bieten, als eigenständige bauliche Einheit gekennzeichnet. Spielhalle und Buchhandlung des Klägers (mit Nebenraum) liegen - wie sich aus dem vorliegenden Grundriss (Bl. 87 h, k, l Berufungsakte) ergibt - Wand an Wand im südlichen Teil des Gebäudes. Dass die Spielhalle nach der aktuellen baulichen Gestaltung des Bahnhofsgebäudes keinen Zugang von der Bahnhofshalle aus besitzt, ist insoweit ohne Bedeutung; dieser Umstand könnte allenfalls im Rahmen einer wegen der Größe des Gebäudes aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzunehmenden teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm von Bedeutung sein (vgl. 2.2.2.2). Angesichts des dargestellten Befundes der konkreten örtlichen und baulichen Verhältnisse hält der Senat seine noch im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O., Rn. 18) geäußerte Auffassung, der Bahnhof dürfte „schon als Gebäudekomplex einzuordnen“ sein, nicht mehr aufrecht.

2.2.2.2 Selbst wenn man aber vor allem im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüStV eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäude“ als geboten ansehen wollte, um eine ausufernde und damit möglicherweise verfassungswidrige Anwendung der Vorschrift auszuschließen, führt dies bei den oben dargelegten konkreten Verhältnissen zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch bei Abstellen auf die für die Verbotsnorm insofern maßgeblichen Gesichtspunkte besteht im vorliegenden Fall die typische glücksspielrechtliche „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte.

Die Kriterien, auf die der Senat in diesem Zusammenhang als maßgeblich abzustellen hat und die im Hinblick auf den verfolgten Zweck (Spielsuchtprävention) bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Vorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Erfordernis der „Griffnähe“). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, also bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind. Eine Rolle spielt auch die Frage, ob zum Erreichen der anderen Spielstätte ein Verlassen des Gebäudes erforderlich ist oder ob der bereits getroffene Entschluss, das Gebäude zum Besuch der ersten Spielstätte zu betreten, in einer die „Hemmschwelle“ für weitere Glücksspielangebote herabsetzenden Weise fortwirkt. Der Senat sieht es dementsprechend als sachgerecht an, für die Beantwortung der Frage, ob die erforderliche „Griffnähe“ in der konkreten Situation vorliegt, auf die jeweiligen Umstände einzelfallbezogen und nicht auf einen nach Metern bestimmten Abstand zwischen den Spielstätten (etwa 250 m in Anlehnung an Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV) abzustellen.

Für das Vorliegen des Tatbestands von § 21 Abs. 2 GlüStV selbst bei einschränkender Auslegung des Gebäudebegriffs spricht insbesondere die geringe, fußläufig in wenigen Augenblicken zu überbrückende Entfernung zwischen dem Eingang zur Buchhandlung durch die Bahnhofshalle und dem Eingang zur Spielhalle vom Gleisbereich aus, die vom Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins - von der Klägerseite unwidersprochen - mit 43 Schritten angegeben wird. Nur unwesentlich länger ist die Wegstrecke, wenn man den zum Bahnhofsvorplatz hin liegenden Eingang zur Spielhalle als Ausgangspunkt nimmt. In keinem Fall kann von einem mehr als unbedeutendem Fußweg gesprochen werden; dies ergibt sich zwangsläufig schon aus dem Umstand, dass beide Spielstätten eine (teilweise) gemeinsame Gebäudeinnenwand besitzen, damit sozusagen „Rücken an Rücken“ liegen. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass es andere Sachverhalte geben mag, in denen sich die beiden Spielstätten in zwei getrennt nebeneinander oder gegenüber gelegenen Gebäuden befinden, weswegen § 21 Abs. 2 GlüStV von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann, obwohl die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten auch nur 43 Schritte oder weniger beträgt.

Für einen Wechsel zwischen den - im Übrigen beide im Erdgeschoss gelegenen - Spielstätten ist zwar ein Verlassen des eigentlichen Bahnhofsgebäudes erforderlich (zum Abgrenzungskriterium des Betretens von öffentlichem Verkehrsraum für einen Spielstättenwechsel: OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 19). Dennoch muss hier von der besonderen „Griffnähe“ ausgegangen werden. Zum einen ist schon die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten äußerst gering. Zum anderen spricht für die Annahme der „Griffnähe“ auch der Umstand, dass von einer Spielstätte in die andere auf der Bahnsteigseite im überdachten Bereich und damit geschützt vor Witterungseinflüssen gewechselt werden kann, ohne dass diesem Umstand in der vorliegenden Konstellation ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Wichtiger ist, dass das Verlassen des Gebäudes nicht dazu führt, dass mit dem kurzzeitigen Betreten von öffentlichen bzw. dem Reiseverkehr gewidmeten Verkehrsflächen eine erneute glücksspielrechtliche „Hemmschwelle“ aufgebaut würde, deren notwendige Überwindung eine räumliche Nähebeziehung im dargestellten Sinn ausschlösse. Schließlich besteht zwischen beiden Spielstätten auch eine hinreichende Sichtbeziehung. Bei Verlassen der Sportwettenvermittlung wird der interessierte Kunde zwar erst nach Verlassen der Bahnhofshalle - entweder in Richtung Gleisbereich oder Bahnhofsvorplatz - auf die Spielhalle aufmerksam; umgekehrt fallen sofort nach Verlassen der Spielhalle in Richtung Gleisbereich/Bahnhofshalle die entsprechenden Hinweise („Lotto“) im Schaufenster der Buchhandlung und im Ladeninneren ins Auge (Bl. 87d, e, g Berufungsakte). Hinzu kommt, dass den mit dem Zug ankommenden Reisenden zwangsläufig beide Spielstätten von den Bahnsteigen aus gleichzeitig ins Auge fallen (Bl. 87h, i Berufungsakte) und daher die bestehende „Griffnähe“ gerade für diesen Personen- und Adressatenkreis deutlich wird.

Keine Bedeutung für die Verwirklichung des Verbotstatbestandes hat der vom Kläger geltend gemachte Umstand, die ihm im Jahre 2006 erteilte Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten bestehe schon länger als die - erstmals im Jahr 2008 erteilte - Erlaubnis für die Spielhalle. Denn § 21 Abs. 2 GlüStV entfaltet schon in Ermangelung einer Übergangsvorschrift Wirkung für alle zum Zeitpunkt seines Inkrafttreten zum 1. Juli 2012 bestehenden Kollisionsfälle. Im Übrigen war dem Kläger die hier streitige Vermittlungserlaubnis nur befristet und unter Beifügung eines Widerrufsvorbehalts erteilt worden, dessen Zweck gerade darin bestand, ein Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Erlaubnis im Falle einer Änderung der Sach- oder Rechtslage auszuschließen. Diese „Bevorzugung“ von Spielhallen gegenüber Vermittlungsstellen für Sportwetten ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. im Folgenden).

2.3 Die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV ist verfassungsgemäß; ihre Anwendung im konkreten Fall verletzt keine Grundrechte des Klägers. Die von ihm insoweit erhobenen Rügen im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit (2.3.1) und das Gleichbehandlungsgebot (2.3.2) greifen nicht durch. Mit der Berufung macht der Kläger im Übrigen eine - hier schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten eher fernliegende - Verletzung seines Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht mehr geltend.

2.3.1 Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit erhebt und im Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechende Berufsausübungsregelung sieht, hat auch die mündliche Verhandlung für den Senat keine Veranlassung gegeben, von seiner bereits in den Beschlüssenvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145, juris Rn. 18 f.) und 11. Juni 2014 (10 CS 14.505, juris Rn. 17, 21) dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen.

Regelungen zur Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, U. v. 13.12.2000 - 1 BvR 335/9 - juris Rn. 26; BVerfG, U. v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Die Verbotsnorm überschreitet nicht die Ebene der Berufsausübung, weil regelmäßig nur ein untergeordneter Teil der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen (Sportwettenvermittlung an der konkreten Örtlichkeit) betroffen ist, während die Vermittlung anderer Glücksspiele davon unberührt bleibt; selbst wenn man vom Bestehen eines Berufsbilds des „Sportwettenvermittlers“ ausgehen wollte, beschränkt die Bestimmung diese Tätigkeit nur räumlich und verhindert nicht eine Sportwettenvermittlung an anderen Standorten. Das Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV genügt den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil es durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel der Spielsuchtprävention legitimiert ist und der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014, a.a.O., Rn. 21; OVG Bremen, B. v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 11).

§ 21 Abs. 2 GlüStV stellt auch nicht deswegen eine gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßende unzulässige Berufsausübungsbestimmung dar, weil der Vorrang einer Spielhalle ohne Übergangsregelung auch in Konstellationen gilt, in denen - wie hier - die Erlaubnis für die Sportwettenvermittlung vor derjenigen für die Spielhalle erteilt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 25.6.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 25, 26). Bereits der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (a.F.) enthielt in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a.F. nicht nur eine Ermächtigung für die Erlaubnisbehörde, die Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen und zu befristen, sondern schrieb dies sogar zwingend vor. Ziel der Befristungsregelung und des Widerrufsvorbehalt war die Sicherung der staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten; die Vorschrift soll es den Genehmigungsbehörden ermöglichen, Entwicklungen im Glücksspielbereich auch kurzfristig berücksichtigen (LT-Drs. 15/716 S. 13) und so auf Änderungen der Sach- und Rechtslage auch während der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis kurzfristig reagieren zu können (vgl. LT-Drs. 15/8468 S. 17); der Widerrufsvorbehalt sollte also nicht nur zum Tragen kommen, wenn der Erlaubnisinhaber beispielsweise die Voraussetzungen, die der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugrunde lagen, nicht mehr erfüllt, sondern auch dann, wenn - wie hier - während der Laufzeit der Erlaubnis eine Änderung der Rechtslage eintritt, die sich zu Ungunsten des Inhabers einer Vermittlungserlaubnis auswirkt. Ein Vertrauenstatbestand dergestalt, dass dieser darauf vertrauen durfte, er könne bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von ihr uneingeschränkt Gebrauch machen, ist aufgrund des Widerrufsvorbehalts nicht gegeben; erst recht kann kein Vertrauensschutz bestehen, der eine Übergangsvorschrift erforderlich machen würde, wenn die Verlängerung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis über den ursprünglichen Befristungszeitpunkt hinaus begehrt wird. Zudem bedeutet die Aufgabe der Vermittlung von Sportwetten nicht, dass Investitionen des Gewerbetreibenden in größerem Umfang fehlgeschlagen sind, weil es insoweit in erster Linie um ein von der Staatlichen Lotterieverwaltung zur Verfügung gestelltes und programmiertes Terminal geht.

2.3.2 § 21 Abs. 2 GlüStV ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern mit Spielhallenbetreibern verfassungswidrig. Berufsausübungsregelungen müssen sich nicht nur an den unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen messen lassen, sondern auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein, insbesondere den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (BVerfG, B. v. 24.1.2012 - 1 BvL 21/11 - juris Rn. 40 f.). § 21 Abs. 2 GlüStV ist danach weder deshalb verfassungswidrig, weil er nicht sämtliche im Hinblick auf den Normzweck vergleichbaren potentiellen Gefahrensituationen im Verhältnis der beiden Anbieter erfasst (2.3.2.1), noch deshalb, weil der Tatbestand der Verbotsvorschrift zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten grundsätzlich auch durch eine (spätere) Erteilung einer Erlaubnis für eine hinzutretende Spielhalle ausgelöst wird (2.3.2.2).

2.3.2.1 Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nicht gehalten, neben der hier streitgegenständlichen Konstellation auch alle anderen denkbaren und unter dem Gesichtspunkt der Spielsuchtprävention möglicherweise relevanten „Nähebeziehungen“ zwischen einer Spielhalle/Spielbank und einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zu regeln.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass er darauf verzichtet hat, eine Ermächtigung für die Länder zu schaffen, im Wege der Ausführungsbestimmungen einen bestimmten Mindestabstand festzulegen, wie es § 25 Abs. 1 GlüStV für die räumliche Beziehung zwischen Spielhallen ermöglicht und Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV (250 m Luftlinie) umsetzt. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative die unterschiedlichen Sachverhalte wegen des ihnen innewohnenden unterschiedlichen Gefährdungspotenzials im Hinblick auf problematisches Spielverhalten nicht gleichermaßen über einen Mindestabstand regeln habe müssen; denn das bekanntermaßen mit Geldspielautomaten verbundene hohe Spielsuchtpotenzial (vgl. nur LT-Drs. 16/11995, S. 30, zu §§ 24 - 26) übersteigt das durch Sportwetten beförderte Suchtpotenzial erheblich, sodass für das - zumindest derzeit als Einzelfall zu betrachtende - Aufeinandertreffen von einer Wettvermittlungsstelle mit einer Spielhalle keine alle denkbaren räumlichen Beziehungen regelnde Vorschrift als erforderlich angesehen werden musste. Das Fehlen einer generell gültigen Mindestabstandsregel für den Fall einer räumlichen Nähebeziehung führt daher schon wegen der ungleichen Sachverhalte nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung einer von der Verbotsregelung betroffenen Vermittlungsstelle für Sportwetten.

Ebensowenig führt der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass § 21 Abs. 2 GlüStV auch nur einen Teil der denkbaren Nähebeziehungen - soweit sich nämlich beide Spielstätten im gleichen Gebäude oder Gebäudekomplex befinden - erfasst, zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es trifft zwar zu, dass die Verbotsvorschrift keine Fälle erfasst, in denen sich die beiden Spielstätten in (getrennten) Gebäuden mit seitlichem Grenzabstand oder auf sich unmittelbar gegenüberliegenden Seiten einer möglicherweise engen Straße befinden und damit u.U. einen sogar wesentlich geringeren Abstand voneinander aufweisen können, als dies der Fall wäre, befänden sie sich in einem einheitlich zu betrachtenden Gebäudekomplex (etwa einem Einkaufszentrum). Zu Recht weist das Verwaltungsgericht jedoch darauf hin, dass der Gesetzgeber eine nur im Hinblick auf Gebäude und Gebäudekomplexe beschränkte Regelung erlassen konnte, um hiermit typischerweise gerade bei solchen Örtlichkeiten im Fall einer geringen Entfernung zwischen den Spielstätten entstehende Konflikte zu lösen. Zudem ist eine derartige „unvollständige“ Regelung auch mit dem eher seltenen Zusammentreffen von Vermittlungsstellen mit Spielhallen/Spielbanken zu begründen. Eine in sich nicht stimmige („inkohärente“) Regelung liegt damit nicht vor.

2.3.2.2. Schließlich führt auch die in § 21 Abs. 2 GlüStV angelegte Möglichkeit, dass sich eine Spielhalle im gleichen Gebäude, in dem sich bereits eine erlaubte Sportwettenvermittlungsstelle befindet, ansiedeln will und damit die Anwendung dieser Norm ausgelöst werden könnte, nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bereits im Beschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O.) hat der Senat zwar festgestellt, dass die Verbotsregelung grundsätzlich auch in Fällen greift, in denen die für den Betrieb einer Spielhalle notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten im gleichen Gebäude/Gebäudekomplex beantragt und erteilt wird; damit besteht die Gefahr, dass die mit einer nachträglichen Ansiedlung einhergehende Kollision zu Lasten eines bereits erlaubt tätigen Sportwettenvermittlers gelöst werden müsste, dessen Erlaubnis zu widerrufen wäre (vgl. a. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 42 f., § 24 Rn. 33, mit dem Vorschlag, diese Kollision wegen des mit Spielhallen verbundenen hohen Gefährdungspotenzials durch landesrechtliche Bestimmung nach § 24 Abs. 3 GlüStV zu Gunsten der bestehenden Vermittlungsstelle aufzulösen). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt gleichwohl schon deswegen nicht vor, weil die Erteilung der Spielhallenerlaubnis in dieser Konstellation versagt werden müsste (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), denn sie liefe offensichtlich dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziel zuwider, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht auch infolge einer räumlichen Konzentration von Spiel-/Wettangeboten zu verhindern (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: VG Regensburg, U. v. 22.1.2015 - RO 5 K 14.90 - juris). Diesem Ansatz steht auch nicht § 2 Abs. 3 GlüStV entgegen, der zwar die Anwendung von § 21 Abs. 2 GlüStV auf Spielhallen ausschließt, jedoch die Beachtung der in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele des Staatsvertrages bestimmt.

In § 24 Abs. 2 GlüStV ist aus Gründen der Spielsuchtprävention gerade der Versagungsgrund des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV angelegt, der u.a. auch den Fall eines Bewerbers um eine Spielhallenerlaubnis in einem Gebäude, in dem bereits eine Sportwettenvermittlung tätig ist, erfasst. Der Senat teilt daher nicht den vom Kläger erhobenen Vorwurf, mit einer Versagung der Spielhallenerlaubnis würden die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und aus den Zielen des § 1 Satz 1 GlüStV neue Versagungsgründe abgeleitet.

Der Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis kann auch nicht geltend machen, ihre Versagung liefe dem mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgten Vorrang einer Spielhalle gegenüber einer im gleichen Gebäude befindlichen Vermittlungsstelle zuwider. Denn die Bestimmung des Vorrangs, die - wie hier - für die Situation zweier bereits zum 1. Juli 2012 in einem Gebäude befindlicher Betriebsstätten gilt, findet ihre wirtschaftliche Begründung darin, dass bereits getätigte, auf längere Zeit angelegte und unter Umständen erhebliche bauliche Investitionen des Spielhallenbetreibers schützenswerter sind als die relativ überschaubaren Investitionen des nur mit der Aufstellung eines Terminals belasteten Vermittlers von Sportwetten im Nebengeschäft. Dieses Argument kann jedoch ein Bewerber um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für eine Spielhalle, die er künftig in einem Gebäude betreiben will, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle befindet, nicht ins Feld führen, weil er in aller Regel noch keine größeren Investitionen getätigt hat. Damit besteht keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen erlaubten Spielhallen, die in den Genuss von § 21 Abs. 2 GlüStV kommen, und solchen, die sich im Erlaubnisverfahren befinden, und für die daher das Konzentrationsverbot (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) Geltung beansprucht.

2.4 Schließlich begegnet auch die Ermessensausübung, die der Untersagung zugrunde liegt, keinen rechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Beklagte das ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV i.V.m. Art. 4 AGGlüStV eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. Art. 40 BayVwVfG) ausgeübt; eine darüberhinausgehende Prüfungskompetenz des Gerichts besteht nicht (§ 114 Satz 1 VwGO). Die zur Ermessensausübung im erstinstanzlichen Urteil gemachten Ausführungen (UA, S. 19, 20) werden dementsprechend vom Kläger im Berufungsverfahren nicht infrage gestellt.

Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für den Kläger gewahrt ist. Sein wirtschaftliches Interesse an einem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen durch die Vermittlung von Sportwetten hat gegenüber den mit der Regelung verfolgten Zwecken, insbesondere der Spielsuchtbekämpfung, zurückzutreten. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich der Umsatzanteil aus den im Nebengeschäft vermittelten Sportwetten der Staatlichen Lotterieverwaltung im Bereich von 3 bis 5% des Gesamtumsatzes der Annahmestellenbetreiber beläuft (vgl. LT-Drs. 16/12192, S. 12, Begründung zu Art. 7 Abs. 3 AGGlüStV). Diesem auch im verwaltungsgerichtlichen Urteil angegebenen Korridor ist der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Die Existenz des Gewerbebetriebs (Bahnhofsbuchhandlung mit Annahmestelle der SLV) ist jedenfalls nicht gefährdet, nachdem die Vermittlung von Sportwetten nur einen untergeordneten Teil des gesamten Betriebs darstellt, selbst wenn man berücksichtigt, dass die nun ausbleibenden Sportwettkunden auch noch weitere Umsätze getätigt haben.

II. Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos, als sie der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Berufung von einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt hat, soweit der Bescheid die bereits vergangenen Zeiträume erfasst hat und damit zum maßgeblichen Zeitpunkt erledigt war. Zwar stellt sich in dieser Situation einer (teilweisen) Erledigung das prozessuale Vorgehen des Klägers als grundsätzlich statthaft dar, weil für eine Aufhebung des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Vergangenheit mangels belastender Wirkung die Anfechtungsklage nicht mehr statthaft wäre. Dem Kläger fehlt jedoch das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Ein solches ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere nicht aus einer möglichen Präjudizialität der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen noch zu führenden Amtshaftungs- oder sonstigen Schadensersatzprozess des Klägers. Eine denkbare Amtshaftungsklage erscheint nämlich schon deshalb offensichtlich aussichtslos, weil das beanstandete Verwaltungshandeln von einem Kollegialgericht erster Instanz, nämlich dem Verwaltungsgericht Regensburg, als rechtmäßig beurteilt wurde (stRspr BVerwG U. v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9 m.w.N.). Hat nämlich ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die beanstandete Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, fehlt es in der Regel bereits an dem für die Schadensersatzklage notwendigen Verschulden des Beamten. Dabei scheitert die schuldausschließende Wirkung einer erstinstanzlichen Kollegialentscheidung grundsätzlich nicht einmal dann, wenn dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte und der Beklagte - in der Situation einer Verpflichtungsklage - zur Neubescheidung verpflichtet wurde (vgl. BVerwG, U. v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat sich jedoch das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis als zutreffend herausgestellt, weil der angefochtene Bescheid (Erlaubniswiderruf und Untersagung) in vollem Umfang und von Anfang an rechtmäßig war (s.o. I.). Das Vorliegen einer der weiteren Fallgruppen, in denen ein berechtigtes Interesse zu bejahen wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei erledigten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen: BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - und B. v. 17.12.2015 - 8 B 10.15 - jeweils juris).

Selbst wenn man sich über das fehlende besondere Feststellungsinteresse hinwegsetzen und eine Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage annehmen wollte, wäre sie schon deshalb unbegründet, weil der angefochtene Bescheid von Anfang an rechtmäßig war.

Der mit seinem Rechtsmittel unterlegene Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war wegen der der Rechtssache zukommenden grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die sich u.a. aus der Frage der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex in § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt (vgl. § 33 GlüStV).

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.


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Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit dem seine Anfechtungsklage gegen den mit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung verbundenen Widerruf einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung abgewiesen wurde.

Der Kläger betreibt in W. eine Annahmestelle zur Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV), die sich in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung befindet, die von der Bahnhofshalle aus betreten werden kann. Er erhielt mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 eine mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., im Ladengeschäft als Annahmestelle der SLV die von dieser veranstalteten Glücksspiele zu vermitteln. Die Erlaubnis wurde mit Bescheid vom 2. November 2011 bis 31. Dezember 2015 verlängert.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 wies der Beklagte den Kläger auf die Rechtsänderungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag hin, insbesondere auf den ab 1. Juli 2012 geltenden § 21 Abs. 2 GlüStV, der es verbiete, Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde, zu vermitteln. Mit Bescheid vom 12. November 2013 widerrief der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die - zuletzt mit Bescheid vom 2. November 2011 geänderte - Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 insoweit, als sie die Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten umfasst (Nr. 1), und untersagte ab dem 3. Dezember 2013 die Annahme von Sportwetten (Nr. 2). Bei der Erlaubnis handle es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, dessen Widerruf im Bescheid vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich vorbehalten sei. In dem Gebäude bzw. Gebäudekomplex, in dem der Kläger seine Annahmestelle betreibe, befinde sich eine Spielhalle; sie könne sowohl vom überdachten Gleisbereich (von Westen) als auch vom Bahnhofsvorplatz (von Osten) aus betreten werden. Mit dem teilweisen Widerruf werde das mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgte Ziel der Spielsuchtprävention erreicht, ohne dass ein milderes Mittel ersichtlich sei. Der Widerruf der Erlaubnis setze die materiell ohnehin zu beachtende Regelung um. Letztlich seien Erlaubnisse zur Vermittlung von Glücksspielen stets widerruflich zu erteilen und zu befristen, so dass auch im konkreten Fall ein Vertrauen in den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis allenfalls sehr vage sei. Der Bestand der Annahmestelle sei nicht gefährdet; nach den Geschäftsberichten der SLV Bayern für die Jahre 2010 und 2011 würden die Umsätze aus Oddset-Wetten zusammen etwa 3% des Gesamtumsatzes der Annahmestellen betragen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2014 (RO 5 S. 14.30) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner am 5. Dezember 2013 erhobenen Klage bezüglich Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen und bezüglich Nr. 2 anzuordnen, ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 11. Juni 2014 (10 CS 14.505) ab; es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob das in § 21 Abs. 2 GlüStV verankerte Trennungsgebot, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder Spielbank befinde, Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, im vorliegenden Fall tatbestandlich eingreife. Zum anderen sei die schwierige Rechtsfrage der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit dem Gleichheitsgrundsatz als offen anzusehen. In dieser Situation sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung den Interessen des Beklagten der Vorrang einzuräumen.

Mit Urteil vom 22. Januar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins ab. Der Beklagte habe das Widerrufsermessen vor dem Hintergrund des wirksamen Widerrufsvorbehalts gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Bei § 21 Abs. 2 GlüStV handle es sich um eine verfassungsgemäße, seit 1. Juli 2012 bindende Verbotsnorm, die Konfliktfälle zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten auflöse und deren tatbestandliche Voraussetzungen vorlägen. Die Sportwettenvermittlung des Klägers befinde sich in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde. Die Annahmestelle und die Spielhalle seien in aneinander anschließenden, optisch quasi Wand an Wand gelegenen Gebäudeteilen untergebracht. Sie hätten zwar separate Zugänge; allerdings könne man mit gerade einmal 43 Schritten und zudem unterhalb eines überdachten Bereichs von der Spielhalle zur Vermittlungsstelle des Klägers wechseln; es bestehe auch Sichtkontakt zwischen den beiden Spielstätten. Ein das Trennungsgebot rechtfertigender enger räumlicher Zusammenhang wie bei einem Gebäude sei zu bejahen. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entbinde nicht von der Einhaltung der sonstigen, nicht in § 10a Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV geregelten materiellen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrages, wie § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV klarstelle. Die Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Sie entspreche dem Bestimmtheitsgebot, denn die Begriffe „Gebäude“ und „Gebäudekomplex“ seien anhand ihres Wortlauts und des Gesetzeszwecks hinreichend bestimmt auslegbar; durch das Kriterium der „Griffnähe“ ergäben sich keine Probleme im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm, vielmehr werde durch die damit verbundene einschränkende Auslegung der Norm vermieden, dass ein in Grundrechte eingreifendes Gesetz in unzulässiger Weise erweiternd ausgelegt werde. § 21 Abs. 2 GlüStV verstoße nicht gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vermittlungserlaubnis des Antragstellers genieße nicht den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genieße, könne offen bleiben. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls verhältnismäßig. Während auf Seiten des Spielhallenbetreibers regelmäßig hohe Investitionen notwendig seien, um die entsprechenden, genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu schaffen und die Spielgeräte selbst zu beschaffen, bedürfe es zur Vermittlung von Sportwetten keiner besonderen Investitionen, da diese im Rahmen ohnehin bestehender Betriebsstrukturen vermittelt würden und die Vermittlung von Sportwetten nicht das einzige Geschäft der Annahmestellenbetreiber sei. Die Umsätze aus Sportwetten betrügen nur 2,8% bzw. 3 bis 5% des Gesamtumsatzes. Auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht verletzt, wie sich bereits aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145) ergebe. Ebensowenig sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, denn der Konflikt zwischen Betreibern bestehender Spielhallen und Sportwettenvermittlern sei erkannt und durch § 21 Abs. 2 GlüStV in der Weise gelöst worden, dass Ersteren ein größerer Bestandsschutz wegen der zwangsläufig mit ihrer Errichtung verbundenen höheren Investitionen zuerkannt worden sei. Eine neue Spielhalle dagegen bedürfe der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV, die nur erteilt werde, wenn die Errichtung und der Betrieb der Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwider liefen, so dass für nicht bestandsgeschützte Spielhallen der Kollisionsfall des § 21 Abs. 2 GlüStV auch zu einer Versagung der beantragten Spielhallenerlaubnis führen könne. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vorschrift keine Angebote erfasse, die sich in Gebäuden befänden, die in offener Bauweise errichtet seien oder in Gebäuden, die sich gegenüber stünden. Einer Abstandsregelung wie etwa bei Spielhallen sei nicht geboten gewesen. Im Rahmen der Einschätzungsprärogative sei es vielmehr zulässig, nur solche typisierten baulichen Situationen zu erfassen, die es zuließen, dass ein Spieler in bequemer Weise im Gebäudeinneren oder in einem überdachten Bereich von einem Glücksspielangebot zum nächsten wechseln könne. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV entfalte lediglich unechte Rückwirkung, die aber nicht unzulässig sei, denn das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage sei nicht schutzwürdiger als die mit der Rechtsänderung verfolgten Anliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Übergangsregelung. Es seien die wichtigen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zu bedenken. Auch habe der Antragsteller nach alter Rechtslage nicht unbegrenzt darauf vertrauen können, dass die Sportwetten des staatlichen Monopolveranstalters unbeschränkt vermittelt werden dürften, ohne Rechtsänderungen befürchten zu müssen. Zudem sei die Vermittlungserlaubnis immer befristet und jederzeit widerruflich gewesen, so dass sich kein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage habe aufbauen können. Schließlich sei auch das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Zweck des Widerrufsvorbehalts sei es gerade, auf eine veränderte Sach- und Rechtslage reagieren zu können. Entsprechend der zum 1. Juli 2012 wirksam gewordenen Änderung des Glücksspielstaatsvertrags sei der Beklagte daher befugt gewesen, den Rechtsschein einer wirksamen Erlaubnis, die bereits nach der neuen Rechtslage durch § 21 Abs. 2 GlüStV eingeschränkt worden sei, zu beseitigen.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht der Kläger in erster Linie die Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 2 GlüStV geltend. Die Bestimmung stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die in unverhältnismäßiger und gleichheitswidriger Weise gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße. Dies folge zum einen aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift zum Schutz des Klägers, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift die Vermittlungstätigkeit mit einer Erlaubnis ausgeübt habe, auf deren Fortbestand er trotz des Widerrufsvorbehalts habe vertrauen dürfen. Auch für andere Glücksspielbetriebe habe der Gesetzgeber Übergangsregelungen geschaffen, soweit der Glücksspielstaatsvertrag deren bestehende Rechtspositionen geschmälert habe. Zum anderen enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV als unmittelbares gesetzliches Verbot eine gleichheitssatzwidrige Beschränkung der Berufsfreiheit. Zweck des Trennungsgebots sei die Spielsuchtprävention, die im Interesse des Allgemeinwohls das Kernziel des Glücksspielstaatsvertrags sei. Allerdings habe der Gesetzgeber sein Regelungskonzept folgerichtig aufzubauen und identischen Gefährdungen auch gleiches Gewicht zuzumessen. § 21 Abs. 2 GlüStV erfasse jedoch nur einen Teil der möglichen Nähebeziehungen im Falle des räumlichen Aufeinandertreffens verschiedener Glücksspielangebote; schon deshalb fehle es an einer kohärenten Regelung. Die Vorschrift lasse bestimmte, nahe liegende Situationen ungeregelt, etwa wenn sich eine Spielhalle bei offener Bauweise mit seitlichem Grenzabstand in direkter Nachbarschaft zu einem Vermittlungsbüro befinde oder wenn sich beide Lokale in einer schmalen Straße unmittelbar gegenüberliegen würden; gleiches gelte für die Situierung beider Lokale in einer Fußgängerzone oder an einem innerstädtischen Platz. Dagegen sei dem Zusammentreffen verschiedener Spielhallen in § 25 GlüStV durch das Erfordernis eines landesrechtlich zu bestimmenden Mindestabstandes Rechnung getragen worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit ein Regelungskonzept nicht schlüssig verfolgt werde, solange identische Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliche Gewichtungen erfahren würden. Sportwettenanbieter würden anders behandelt als Personen, die Spielhallen oder Spielbanken betrieben und für die nach § 24 Abs. 2 GlüStV lediglich die Erteilung einer Erlaubnis ausgeschlossen sei, während ihr Bestand nach dieser Vorschrift geschützt werde. Ein sachlicher Grund für die ungleiche Behandlung bestehe nicht; im Übrigen reguliere der Gesetzgeber Spielhallen insgesamt eher strenger als Vermittlungsstellen von Sportwetten. § 25 Abs. 1 GlüStV zeige, dass auch ein räumliches Aufeinandertreffen außerhalb eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes gleichermaßen Allgemeinwohlbelange berühre, ohne dass insoweit eine andere Gefährdungslage mit Blick auf die Suchtprävention erkennbar sei. Hier helfe auch die vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Einschätzungsprärogative nicht weiter, denn sie beschränke nicht Art. 3 Abs. 1 GG, sondern werde umgekehrt durch das Grundrecht begrenzt. Weiter sei keine gesetzliche Vorsorge für den Fall getroffen worden, dass sich eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle für Sportwetten befinde, nachträglich ansiedeln wolle, wobei ebenfalls das Verbot der Vermittlungsstelle greife. Die für diese Situation vom Verwaltungsgericht vorgesehene Lösung, wonach hier die für die Spielhalle erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis versagt werden könne, überschreite die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Nach dem klaren Wortlaut enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV eine Beschränkung der Ausübung des Glücksspiels nur in eine Richtung, und zwar nur gegenüber der Vermittlungsstelle, während ein Verbot des Betriebs einer Spielhalle oder einer Spielbank in einem Gebäudekomplex, in dem bereits Sportwetten vermittelt würden, nicht bestehe. Aus § 2 Abs. 4 GlüStV ergebe sich der Anwendungsbereich des Staatsvertrags eindeutig. Auch aus § 4 Abs. 2 i.V.m. § 1 GlüStV könne kein neuer Versagungsgrund abgeleitet werden, denn die Ziele des Staatsvertrages fänden zwar im Rahmen der Auslegung der einzelnen Bestimmungen Beachtung, ermöglichten jedoch nicht die Schaffung neuer Versagungsgründe. Solche könnten auch nicht unmittelbar aus § 1 Satz 1 GlüStV abgeleitet werden; vielmehr seien nach § 1 Satz 2 GlüStV differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen, ohne dass den Genehmigungsbehörden insoweit ein Spielraum eingeräumt habe werden sollen. Aus § 1 Satz 1 GlüStV lasse sich auch kein allgemeines Trennungsverbot für die verschiedenen Glücksspielangebote ableiten, denn es fehle an der hierzu erforderlichen gesetzlichen Regelung. Ungeachtet der Verfassungwidrigkeit sei § 21 Abs. 2 GlüStV im vorliegenden Fall auch tatbestandlich schon deswegen nicht erfüllt, weil eine systematische und verfassungskonforme Auslegung eine Einschränkung der Bestimmung dahingehend erfordere, dass nur die Erteilung einer Erlaubnis für ein neues Angebot der Sportwettenvermittlung in einem Gebäude/Gebäudekomplex ausgeschlossen sein solle, in dem sich bereits eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Im vorliegenden Fall werde jedoch die Vermittlungsstelle des Klägers schon länger geführt (2006) als die benachbarte Spielhalle (2008). Des Weiteren sei bei der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex festzuhalten, dass es für die Auslegung nicht entscheidend auf die bauordnungsrechtliche Beurteilung oder auf das allgemeine Verständnis ankommen könne, vielmehr die Frage nach dem Bestehen einer ausreichenden Nähebeziehung zwischen den beiden Lokalen das aus glücksspielrechtlicher Perspektive maßgebliche Kriterium darstelle. Ein typisches Gebäude durchschnittlicher Größe biete keinen Anlass zu Streitfragen, während der Begriff des Gebäudekomplexes einschränkend auszulegen sei. Von Interesse sei die Gesetzesbegründung, die von einem „Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken“ spreche und damit zu erkennen gebe, dass der Gesetzgeber zumindest vorrangig ein Angebot im gleichen Betrieb im Auge gehabt habe, was auch durch das Verbot von Mehrfachkonzessionen in § 25 Abs. 2 GlüStV bestätigt werde. Für die hier vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommene Nähebeziehung sei entscheidend, dass ein direkter Weg vom Lokal des Klägers zur Spielhalle nicht bestehe, vielmehr müsse das Bahnhofsgebäude verlassen und entweder der Vordereingang über den Bahnhofsvorplatz oder der - überdachte - Weg auf der Gleisseite genommen werden. Weder die vom Verwaltungsgericht ermittelte Schrittzahl zur Bewältigung der Wegstrecke noch der von ihm hervorgehobene Umstand einer bestehenden Überdachung sei ein entscheidendes Kriterium für die Nähebeziehung. Die Schrittzahl entspreche der Wegeverbindung einer typischen Entfernung bei innerstädtischer Bebauung in offener Bauweise. Es seien also vielfältige Fallkonstellationen denkbar, in denen bei gleicher räumlicher Entfernung die Bestimmung von vornherein nicht einschlägig sein könne, wenn es sich um zwei getrennte Gebäude handle. Außerdem fehle es an der bei Verlassen einer Glücksspielstätte bestehenden Möglichkeit, die nächste unmittelbar optisch wahrzunehmen. Erst hierdurch werde aber der Anreiz zum Aufsuchen der weiteren Glücksspieleinrichtung gesetzt. Im vorliegenden Fall würden den Weg unter dem überdachten Bahnsteig nur diejenigen Personen wählen, die eine Fahrt mit der Bahn antreten wollten; durch diese Absicht werde aber die Aufmerksamkeit bezüglich der Wahrnehmung des zweiten Lokals zusätzlich eingeschränkt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Januar 2015 den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013 in den Nrn. 2, 4, 6 und 7 aufzuheben, die Untersagungsverfügung in Nr. 2 mit Wirkung für die Zukunft,

sowie festzustellen, dass die Untersagungsverfügung in Nr. 2 und der korrespondierende Widerruf der Erlaubnis in Nr. 1 des Bescheids rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zwar treffe zu, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Mindestabstand zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle vorsehe; unrichtig sei aber die Folgerung, solche Angebote seien bei offener Bauweise in unmittelbarer Nachbarschaft zulässig. Vielmehr greife der Versagungstatbestand in der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV, soweit das Angebot den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufe. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle könne, abhängig von den konkreten Verhältnissen, mit dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV nicht mehr vereinbar sein; die unterschiedliche Handhabung rechtfertige sich durch das erhebliche höhere Gefährdungspotenzial von Spielhallen gegenüber dem eines Sportwettbüros. Außerdem trete eine Konzentration von Spielhallen- und Sportwettangeboten - anders als die Konzentration von Spielhallen - bisher eher selten auf. § 21 Abs. 2 GlüStV sei vor dem Hintergrund der durch die Multiplikation von Glücksspielangeboten in Gebäuden und Gebäudekomplexen reduzierten Hemmschwelle im Sinn der Griffnähe zu verstehen und reagiere auf die bequeme Erreichbarkeit und den bereits getroffenen Entschluss, das entsprechende Gebäude zu betreten. Sei eine Gebäudeschwelle bereits überschritten, bestehe eine erhöhte Anreizsituation. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine erst nach dem 1. Juli 2012 beantragte Erlaubnis für eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits ein Sportwettbüro befinde, könne im Einzelfall wegen der entgegenstehenden Ziele des § 1 GlüStV versagt werden, sei nicht zu beanstanden. Die Ziele des § 1 GlüStV entfalteten bereits auf der Tatbestandsebene der Norm unmittelbare Verbindlichkeit bei Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Auch die Gesetzesbegründung spreche dafür, dass die Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags materielle Erlaubnisvoraussetzungen darstellten. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Beklagten (Schriftsatz v. 12. 2. 2015 im Verfahren 10 BV 15.430) eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäudekomplex“ oder sogar beider Begriffe vornehmen wollte, wäre im vorliegenden Fall das entscheidende Kriterium der „Griffnähe“ zu bejahen. Die Ortseinsicht habe ergeben, dass Spielhalle und Wettannahmestelle quasi „Wand an Wand“ lägen und trotz jeweils separater Zugänge beide Lokale von der Seite der Bahngleise her unter Nutzung einer vollständigen Überdachung kurzläufig erreicht werden könnten. Zudem bestehe Sichtkontakt von der einen zur anderen Spielstätte. Da das Angebot hauptsächlich auf Reisende ausgelegt sei, könne außer Betracht bleiben, dass es zur Spielhalle einen weiteren Eingang vom Bahnhofsvorplatz aus gebe. Im Übrigen sei nicht erforderlich, dass die beiden im Gebäudekomplex untergebrachten Lokale ohne Verlassen derselben gegenseitig erreicht werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Regierung der Oberpfalz sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013, soweit er mit seiner für die Zukunft rechtliche Wirkungen entfaltenden Untersagungsverfügung (mit Zwangsgeldandrohung, Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen; der Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; I.). Auch das im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klagebegehren, soweit es sich durch Zeitablauf erledigt hat, bleibt erfolglos (II.).

I. Die Anfechtungsklage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung ist zulässig, jedoch unbegründet und daher zu Recht abgewiesen worden.

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) mit dem Ziel einer (kassatorischen) Aufhebung der glücksspielrechtlichen Untersagung ist zulässig, soweit sie (noch) Wirkungen für die Zukunft entfaltet, also soweit sie sich auf den Zeitraum ab der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bezieht. Im Übrigen sind weder der Widerruf der Erlaubnis noch die Untersagung der weiteren Vermittlungstätigkeit (jeweils mit Wirkung ab 3. Dezember 2013) für den vergangenen Zeitraum statthafter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage, weil sie insoweit erledigt sind (Art. 43 BayVwVfG). Eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung erledigt sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung träte nur dann nicht ein, wenn sich aus der Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Adressaten ergeben, etwa weil ein Zwangsgeld vollstreckt wurde, dessen Rückzahlung die Beseitigung der mit seiner Hilfe durchgesetzten Grundverfügung voraussetzen würde (stRspr zu glücksspielrechtlichen Untersagungen, zuletzt BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.9.2014 - 10 ZB 12.1484 - juris Rn. 11). Eine derartige Situation besteht im vorliegenden Fall nicht; der Kläger hat ausdrücklich erklärt, dass für den vergangenen Zeitraum keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angefochtenen Bescheid bestünden. Auch der Widerruf der zuletzt mit Wirkung bis 31. Dezember 2015 erteilten Vermittlungserlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil die Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).

2. Die in diesem Rahmen zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angefochtene Untersagung ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV findet. Eine im Bahnhofsgebäude der Stadt W. betriebene Sportwettenvermittlung verstößt zum maßgeblichen Zeitpunkt (2.1) gegen die tatbestandlich einschlägige Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV (2.2), die verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (2.3). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.4).

2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist derjenige der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren. Zur Begründung kann auf die bereits dargestellte Rechtsnatur der Untersagung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung verwiesen werden. Die Untersagung erschöpft sich nicht in einem einmaligen Verbot, sondern bringt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zum Entstehen, das sie ständig aktualisiert. Deshalb muss die Untersagung auch während ihrer Wirksamkeit mit der jeweils aktuellen Rechtslage in Übereinstimmung stehen; nachträgliche Veränderungen der ihr zugrunde liegenden Sach- oder Rechtslage müssen gesondert geprüft werden und ggf. Berücksichtigung finden (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 42 - 44 m.w.N.). Aus § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt sich kein anderer, wegen einer tatbestandlichen Voraussetzung der Norm vorgelagerter maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, etwa der des Erlasses des angefochtenen Bescheids.

2.2 Der Kläger hat in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung entgegen dem seit 1. Juli 2012 geltenden Verbot in § 21 Abs. 2 GlüStV - damit materiell unerlaubt - Sportwetten vermittelt. Außerdem besitzt er die für diese Betätigung erforderliche Erlaubnis (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV), deren Erteilung hier der Regierung der Oberpfalz obliegt (Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV), seit dem mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 ausgesprochenen, auf die Vermittlung von Sportwetten beschränkten Widerruf der Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 nicht mehr. Mit der (in die Zukunft fortwirkenden) streitgegenständlichen Untersagung konnte der Beklagte in Erfüllung der ihm obliegenden Glücksspielaufsicht eine erforderliche Anordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV zur Unterbindung einer gegen § 21 Abs. 2 GlüStV verstoßenden Vermittlung von Sportwetten erlassen.

2.2.1 § 21 Abs. 2 GlüStV bestimmt, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Mit dieser der Spielsuchtprävention dienenden Bestimmung soll „einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs“ dadurch entgegengewirkt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten „in Spielhallen und Spielbanken“ untersagt wird (amtl. Begr. LT-Drs. 16/11995, S. 30). Mit dem gesetzlichen Vermittlungsverbot wird insbesondere der bereits in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zum Ziel des Staatsvertrags erklärte Schutz von spielsuchtgefährdeten Personen im Wege einer räumlichen Entzerrung unterschiedlicher Glücksspielgelegenheiten verfolgt (Dietlein/Hecker/Rutting, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 GlüStV Rn. 38). Allerdings ist der Wortlaut der Norm im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei ein Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Rutting, a.a.O., § 21 GlüStV Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 16 f.).

Bei der Auslegung der Begriffe ist zunächst zu beachten, dass als „Gebäude“ nach den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer (vgl. Art. 2 Abs. 2 BayBO, s.a. § 2 Abs. 2 MusterBO) selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, bezeichnet werden. Der Begriff „Gebäudekomplex“ ist hingegen nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamteinheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen. Dabei ist angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeit oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann und umgekehrt (Kriterium der sog. Griffnähe; OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris und B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 27.5.2014 - 10 CS 14.503 - juris Rn. 18; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 38, 40, § 25 Rn. 10). Der Senat hat darüber hinaus im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O) eine einschränkende Auslegung auch des Begriffs „Gebäude“ im dargestellten Sinne zumindest für die Fälle eines sehr großen, eventuell noch stark untergliederten Gebäudes mit mehreren Etagen und Zugängen für denkbar gehalten; im Hinblick auf das Ziel der Spielsuchtprävention sei maßgeblich, ob der Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne Verlassen des Gebäudes kurzläufig möglich sei und der Spieler bereits die andere Spielstätte im Blick habe, wodurch ein besonderer Anreiz zum Wechsel hervorgerufen werde (BayVGH, B.v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 18; noch nicht thematisiert: BayVGH, B.v. 25.06.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 9, 10). Urteile zur Frage der Auslegung der beiden Begriffe liegen, soweit ersichtlich, bisher nicht vor.

2.2.2 Vor diesem Hintergrund liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüStV hier vor, denn die Vermittlungsstelle für Sportwetten (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV, Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV) in der Bahnhofsbuchhandlung befindet sich in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtlich erlaubte) Spielhalle betrieben wird (2.2.2.1). Auch bei einer einschränkenden Auslegung des Begriffs „Gebäude“ käme man zu keinem anderen Ergebnis (2.2.2.2).

2.2.2.1 Der „Bahnhof“ ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, wie er sich dem Senat aus den in den vorliegenden Akten (insbes. Bl. 83 d. Berufungsakte, Bl. 34 d. Akte 10 CS 14.509 und Bl. 19 Behördenakte) befindlichen Lichtbildern präsentiert, als einheitliches, in seinem Hauptteil drei-, in den beiden Seitenteilen viergeschossiges Gebäude im Sinn von Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen, das seine typische Prägung durch den (durch ein Vordach optisch) auffällig gestalteten Eingang in die zu den Gleisen hin durchgängige Bahnhofshalle erhält. Dass sich im unmittelbaren Anschluss an die beiden viergeschossigen Gebäudeteile (in nördlicher und südlicher Richtung) jeweils ein erdgeschossiger, offenbar zum Bahnhof gehörender Anbau befindet, an den weitere Gebäude anschließen (vgl. Luftbild Bl. 19 Behördenakte), macht das Bahnhofsgebäude nicht zu einem Gebäudekomplex, weil es sich bei ihm nicht um eine Mehrzahl miteinander verbundener und wegen ihrer inneren Durchlässigkeit als Gesamteinheit wahrgenommener Gebäude handelt. Vielmehr ist das Bahnhofsgebäude durch seine offenkundige und typische Funktion, einen zentralen Zugang zu den Gleisen mit diversen Einkaufs- und anderen Versorgungsmöglichkeiten zu bieten, als eigenständige bauliche Einheit gekennzeichnet. Spielhalle und Buchhandlung des Klägers (mit Nebenraum) liegen - wie sich aus dem vorliegenden Grundriss (Bl. 87 h, k, l Berufungsakte) ergibt - Wand an Wand im südlichen Teil des Gebäudes. Dass die Spielhalle nach der aktuellen baulichen Gestaltung des Bahnhofsgebäudes keinen Zugang von der Bahnhofshalle aus besitzt, ist insoweit ohne Bedeutung; dieser Umstand könnte allenfalls im Rahmen einer wegen der Größe des Gebäudes aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzunehmenden teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm von Bedeutung sein (vgl. 2.2.2.2). Angesichts des dargestellten Befundes der konkreten örtlichen und baulichen Verhältnisse hält der Senat seine noch im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O., Rn. 18) geäußerte Auffassung, der Bahnhof dürfte „schon als Gebäudekomplex einzuordnen“ sein, nicht mehr aufrecht.

2.2.2.2 Selbst wenn man aber vor allem im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüStV eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäude“ als geboten ansehen wollte, um eine ausufernde und damit möglicherweise verfassungswidrige Anwendung der Vorschrift auszuschließen, führt dies bei den oben dargelegten konkreten Verhältnissen zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch bei Abstellen auf die für die Verbotsnorm insofern maßgeblichen Gesichtspunkte besteht im vorliegenden Fall die typische glücksspielrechtliche „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte.

Die Kriterien, auf die der Senat in diesem Zusammenhang als maßgeblich abzustellen hat und die im Hinblick auf den verfolgten Zweck (Spielsuchtprävention) bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Vorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Erfordernis der „Griffnähe“). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, also bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind. Eine Rolle spielt auch die Frage, ob zum Erreichen der anderen Spielstätte ein Verlassen des Gebäudes erforderlich ist oder ob der bereits getroffene Entschluss, das Gebäude zum Besuch der ersten Spielstätte zu betreten, in einer die „Hemmschwelle“ für weitere Glücksspielangebote herabsetzenden Weise fortwirkt. Der Senat sieht es dementsprechend als sachgerecht an, für die Beantwortung der Frage, ob die erforderliche „Griffnähe“ in der konkreten Situation vorliegt, auf die jeweiligen Umstände einzelfallbezogen und nicht auf einen nach Metern bestimmten Abstand zwischen den Spielstätten (etwa 250 m in Anlehnung an Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV) abzustellen.

Für das Vorliegen des Tatbestands von § 21 Abs. 2 GlüStV selbst bei einschränkender Auslegung des Gebäudebegriffs spricht insbesondere die geringe, fußläufig in wenigen Augenblicken zu überbrückende Entfernung zwischen dem Eingang zur Buchhandlung durch die Bahnhofshalle und dem Eingang zur Spielhalle vom Gleisbereich aus, die vom Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins - von der Klägerseite unwidersprochen - mit 43 Schritten angegeben wird. Nur unwesentlich länger ist die Wegstrecke, wenn man den zum Bahnhofsvorplatz hin liegenden Eingang zur Spielhalle als Ausgangspunkt nimmt. In keinem Fall kann von einem mehr als unbedeutendem Fußweg gesprochen werden; dies ergibt sich zwangsläufig schon aus dem Umstand, dass beide Spielstätten eine (teilweise) gemeinsame Gebäudeinnenwand besitzen, damit sozusagen „Rücken an Rücken“ liegen. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass es andere Sachverhalte geben mag, in denen sich die beiden Spielstätten in zwei getrennt nebeneinander oder gegenüber gelegenen Gebäuden befinden, weswegen § 21 Abs. 2 GlüStV von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann, obwohl die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten auch nur 43 Schritte oder weniger beträgt.

Für einen Wechsel zwischen den - im Übrigen beide im Erdgeschoss gelegenen - Spielstätten ist zwar ein Verlassen des eigentlichen Bahnhofsgebäudes erforderlich (zum Abgrenzungskriterium des Betretens von öffentlichem Verkehrsraum für einen Spielstättenwechsel: OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 19). Dennoch muss hier von der besonderen „Griffnähe“ ausgegangen werden. Zum einen ist schon die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten äußerst gering. Zum anderen spricht für die Annahme der „Griffnähe“ auch der Umstand, dass von einer Spielstätte in die andere auf der Bahnsteigseite im überdachten Bereich und damit geschützt vor Witterungseinflüssen gewechselt werden kann, ohne dass diesem Umstand in der vorliegenden Konstellation ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Wichtiger ist, dass das Verlassen des Gebäudes nicht dazu führt, dass mit dem kurzzeitigen Betreten von öffentlichen bzw. dem Reiseverkehr gewidmeten Verkehrsflächen eine erneute glücksspielrechtliche „Hemmschwelle“ aufgebaut würde, deren notwendige Überwindung eine räumliche Nähebeziehung im dargestellten Sinn ausschlösse. Schließlich besteht zwischen beiden Spielstätten auch eine hinreichende Sichtbeziehung. Bei Verlassen der Sportwettenvermittlung wird der interessierte Kunde zwar erst nach Verlassen der Bahnhofshalle - entweder in Richtung Gleisbereich oder Bahnhofsvorplatz - auf die Spielhalle aufmerksam; umgekehrt fallen sofort nach Verlassen der Spielhalle in Richtung Gleisbereich/Bahnhofshalle die entsprechenden Hinweise („Lotto“) im Schaufenster der Buchhandlung und im Ladeninneren ins Auge (Bl. 87d, e, g Berufungsakte). Hinzu kommt, dass den mit dem Zug ankommenden Reisenden zwangsläufig beide Spielstätten von den Bahnsteigen aus gleichzeitig ins Auge fallen (Bl. 87h, i Berufungsakte) und daher die bestehende „Griffnähe“ gerade für diesen Personen- und Adressatenkreis deutlich wird.

Keine Bedeutung für die Verwirklichung des Verbotstatbestandes hat der vom Kläger geltend gemachte Umstand, die ihm im Jahre 2006 erteilte Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten bestehe schon länger als die - erstmals im Jahr 2008 erteilte - Erlaubnis für die Spielhalle. Denn § 21 Abs. 2 GlüStV entfaltet schon in Ermangelung einer Übergangsvorschrift Wirkung für alle zum Zeitpunkt seines Inkrafttreten zum 1. Juli 2012 bestehenden Kollisionsfälle. Im Übrigen war dem Kläger die hier streitige Vermittlungserlaubnis nur befristet und unter Beifügung eines Widerrufsvorbehalts erteilt worden, dessen Zweck gerade darin bestand, ein Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Erlaubnis im Falle einer Änderung der Sach- oder Rechtslage auszuschließen. Diese „Bevorzugung“ von Spielhallen gegenüber Vermittlungsstellen für Sportwetten ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. im Folgenden).

2.3 Die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV ist verfassungsgemäß; ihre Anwendung im konkreten Fall verletzt keine Grundrechte des Klägers. Die von ihm insoweit erhobenen Rügen im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit (2.3.1) und das Gleichbehandlungsgebot (2.3.2) greifen nicht durch. Mit der Berufung macht der Kläger im Übrigen eine - hier schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten eher fernliegende - Verletzung seines Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht mehr geltend.

2.3.1 Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit erhebt und im Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechende Berufsausübungsregelung sieht, hat auch die mündliche Verhandlung für den Senat keine Veranlassung gegeben, von seiner bereits in den Beschlüssenvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145, juris Rn. 18 f.) und 11. Juni 2014 (10 CS 14.505, juris Rn. 17, 21) dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen.

Regelungen zur Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, U. v. 13.12.2000 - 1 BvR 335/9 - juris Rn. 26; BVerfG, U. v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Die Verbotsnorm überschreitet nicht die Ebene der Berufsausübung, weil regelmäßig nur ein untergeordneter Teil der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen (Sportwettenvermittlung an der konkreten Örtlichkeit) betroffen ist, während die Vermittlung anderer Glücksspiele davon unberührt bleibt; selbst wenn man vom Bestehen eines Berufsbilds des „Sportwettenvermittlers“ ausgehen wollte, beschränkt die Bestimmung diese Tätigkeit nur räumlich und verhindert nicht eine Sportwettenvermittlung an anderen Standorten. Das Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV genügt den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil es durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel der Spielsuchtprävention legitimiert ist und der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014, a.a.O., Rn. 21; OVG Bremen, B. v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 11).

§ 21 Abs. 2 GlüStV stellt auch nicht deswegen eine gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßende unzulässige Berufsausübungsbestimmung dar, weil der Vorrang einer Spielhalle ohne Übergangsregelung auch in Konstellationen gilt, in denen - wie hier - die Erlaubnis für die Sportwettenvermittlung vor derjenigen für die Spielhalle erteilt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 25.6.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 25, 26). Bereits der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (a.F.) enthielt in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a.F. nicht nur eine Ermächtigung für die Erlaubnisbehörde, die Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen und zu befristen, sondern schrieb dies sogar zwingend vor. Ziel der Befristungsregelung und des Widerrufsvorbehalt war die Sicherung der staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten; die Vorschrift soll es den Genehmigungsbehörden ermöglichen, Entwicklungen im Glücksspielbereich auch kurzfristig berücksichtigen (LT-Drs. 15/716 S. 13) und so auf Änderungen der Sach- und Rechtslage auch während der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis kurzfristig reagieren zu können (vgl. LT-Drs. 15/8468 S. 17); der Widerrufsvorbehalt sollte also nicht nur zum Tragen kommen, wenn der Erlaubnisinhaber beispielsweise die Voraussetzungen, die der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugrunde lagen, nicht mehr erfüllt, sondern auch dann, wenn - wie hier - während der Laufzeit der Erlaubnis eine Änderung der Rechtslage eintritt, die sich zu Ungunsten des Inhabers einer Vermittlungserlaubnis auswirkt. Ein Vertrauenstatbestand dergestalt, dass dieser darauf vertrauen durfte, er könne bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von ihr uneingeschränkt Gebrauch machen, ist aufgrund des Widerrufsvorbehalts nicht gegeben; erst recht kann kein Vertrauensschutz bestehen, der eine Übergangsvorschrift erforderlich machen würde, wenn die Verlängerung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis über den ursprünglichen Befristungszeitpunkt hinaus begehrt wird. Zudem bedeutet die Aufgabe der Vermittlung von Sportwetten nicht, dass Investitionen des Gewerbetreibenden in größerem Umfang fehlgeschlagen sind, weil es insoweit in erster Linie um ein von der Staatlichen Lotterieverwaltung zur Verfügung gestelltes und programmiertes Terminal geht.

2.3.2 § 21 Abs. 2 GlüStV ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern mit Spielhallenbetreibern verfassungswidrig. Berufsausübungsregelungen müssen sich nicht nur an den unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen messen lassen, sondern auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein, insbesondere den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (BVerfG, B. v. 24.1.2012 - 1 BvL 21/11 - juris Rn. 40 f.). § 21 Abs. 2 GlüStV ist danach weder deshalb verfassungswidrig, weil er nicht sämtliche im Hinblick auf den Normzweck vergleichbaren potentiellen Gefahrensituationen im Verhältnis der beiden Anbieter erfasst (2.3.2.1), noch deshalb, weil der Tatbestand der Verbotsvorschrift zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten grundsätzlich auch durch eine (spätere) Erteilung einer Erlaubnis für eine hinzutretende Spielhalle ausgelöst wird (2.3.2.2).

2.3.2.1 Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nicht gehalten, neben der hier streitgegenständlichen Konstellation auch alle anderen denkbaren und unter dem Gesichtspunkt der Spielsuchtprävention möglicherweise relevanten „Nähebeziehungen“ zwischen einer Spielhalle/Spielbank und einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zu regeln.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass er darauf verzichtet hat, eine Ermächtigung für die Länder zu schaffen, im Wege der Ausführungsbestimmungen einen bestimmten Mindestabstand festzulegen, wie es § 25 Abs. 1 GlüStV für die räumliche Beziehung zwischen Spielhallen ermöglicht und Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV (250 m Luftlinie) umsetzt. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative die unterschiedlichen Sachverhalte wegen des ihnen innewohnenden unterschiedlichen Gefährdungspotenzials im Hinblick auf problematisches Spielverhalten nicht gleichermaßen über einen Mindestabstand regeln habe müssen; denn das bekanntermaßen mit Geldspielautomaten verbundene hohe Spielsuchtpotenzial (vgl. nur LT-Drs. 16/11995, S. 30, zu §§ 24 - 26) übersteigt das durch Sportwetten beförderte Suchtpotenzial erheblich, sodass für das - zumindest derzeit als Einzelfall zu betrachtende - Aufeinandertreffen von einer Wettvermittlungsstelle mit einer Spielhalle keine alle denkbaren räumlichen Beziehungen regelnde Vorschrift als erforderlich angesehen werden musste. Das Fehlen einer generell gültigen Mindestabstandsregel für den Fall einer räumlichen Nähebeziehung führt daher schon wegen der ungleichen Sachverhalte nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung einer von der Verbotsregelung betroffenen Vermittlungsstelle für Sportwetten.

Ebensowenig führt der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass § 21 Abs. 2 GlüStV auch nur einen Teil der denkbaren Nähebeziehungen - soweit sich nämlich beide Spielstätten im gleichen Gebäude oder Gebäudekomplex befinden - erfasst, zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es trifft zwar zu, dass die Verbotsvorschrift keine Fälle erfasst, in denen sich die beiden Spielstätten in (getrennten) Gebäuden mit seitlichem Grenzabstand oder auf sich unmittelbar gegenüberliegenden Seiten einer möglicherweise engen Straße befinden und damit u.U. einen sogar wesentlich geringeren Abstand voneinander aufweisen können, als dies der Fall wäre, befänden sie sich in einem einheitlich zu betrachtenden Gebäudekomplex (etwa einem Einkaufszentrum). Zu Recht weist das Verwaltungsgericht jedoch darauf hin, dass der Gesetzgeber eine nur im Hinblick auf Gebäude und Gebäudekomplexe beschränkte Regelung erlassen konnte, um hiermit typischerweise gerade bei solchen Örtlichkeiten im Fall einer geringen Entfernung zwischen den Spielstätten entstehende Konflikte zu lösen. Zudem ist eine derartige „unvollständige“ Regelung auch mit dem eher seltenen Zusammentreffen von Vermittlungsstellen mit Spielhallen/Spielbanken zu begründen. Eine in sich nicht stimmige („inkohärente“) Regelung liegt damit nicht vor.

2.3.2.2. Schließlich führt auch die in § 21 Abs. 2 GlüStV angelegte Möglichkeit, dass sich eine Spielhalle im gleichen Gebäude, in dem sich bereits eine erlaubte Sportwettenvermittlungsstelle befindet, ansiedeln will und damit die Anwendung dieser Norm ausgelöst werden könnte, nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bereits im Beschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O.) hat der Senat zwar festgestellt, dass die Verbotsregelung grundsätzlich auch in Fällen greift, in denen die für den Betrieb einer Spielhalle notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten im gleichen Gebäude/Gebäudekomplex beantragt und erteilt wird; damit besteht die Gefahr, dass die mit einer nachträglichen Ansiedlung einhergehende Kollision zu Lasten eines bereits erlaubt tätigen Sportwettenvermittlers gelöst werden müsste, dessen Erlaubnis zu widerrufen wäre (vgl. a. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 42 f., § 24 Rn. 33, mit dem Vorschlag, diese Kollision wegen des mit Spielhallen verbundenen hohen Gefährdungspotenzials durch landesrechtliche Bestimmung nach § 24 Abs. 3 GlüStV zu Gunsten der bestehenden Vermittlungsstelle aufzulösen). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt gleichwohl schon deswegen nicht vor, weil die Erteilung der Spielhallenerlaubnis in dieser Konstellation versagt werden müsste (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), denn sie liefe offensichtlich dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziel zuwider, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht auch infolge einer räumlichen Konzentration von Spiel-/Wettangeboten zu verhindern (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: VG Regensburg, U. v. 22.1.2015 - RO 5 K 14.90 - juris). Diesem Ansatz steht auch nicht § 2 Abs. 3 GlüStV entgegen, der zwar die Anwendung von § 21 Abs. 2 GlüStV auf Spielhallen ausschließt, jedoch die Beachtung der in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele des Staatsvertrages bestimmt.

In § 24 Abs. 2 GlüStV ist aus Gründen der Spielsuchtprävention gerade der Versagungsgrund des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV angelegt, der u.a. auch den Fall eines Bewerbers um eine Spielhallenerlaubnis in einem Gebäude, in dem bereits eine Sportwettenvermittlung tätig ist, erfasst. Der Senat teilt daher nicht den vom Kläger erhobenen Vorwurf, mit einer Versagung der Spielhallenerlaubnis würden die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und aus den Zielen des § 1 Satz 1 GlüStV neue Versagungsgründe abgeleitet.

Der Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis kann auch nicht geltend machen, ihre Versagung liefe dem mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgten Vorrang einer Spielhalle gegenüber einer im gleichen Gebäude befindlichen Vermittlungsstelle zuwider. Denn die Bestimmung des Vorrangs, die - wie hier - für die Situation zweier bereits zum 1. Juli 2012 in einem Gebäude befindlicher Betriebsstätten gilt, findet ihre wirtschaftliche Begründung darin, dass bereits getätigte, auf längere Zeit angelegte und unter Umständen erhebliche bauliche Investitionen des Spielhallenbetreibers schützenswerter sind als die relativ überschaubaren Investitionen des nur mit der Aufstellung eines Terminals belasteten Vermittlers von Sportwetten im Nebengeschäft. Dieses Argument kann jedoch ein Bewerber um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für eine Spielhalle, die er künftig in einem Gebäude betreiben will, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle befindet, nicht ins Feld führen, weil er in aller Regel noch keine größeren Investitionen getätigt hat. Damit besteht keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen erlaubten Spielhallen, die in den Genuss von § 21 Abs. 2 GlüStV kommen, und solchen, die sich im Erlaubnisverfahren befinden, und für die daher das Konzentrationsverbot (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) Geltung beansprucht.

2.4 Schließlich begegnet auch die Ermessensausübung, die der Untersagung zugrunde liegt, keinen rechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Beklagte das ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV i.V.m. Art. 4 AGGlüStV eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. Art. 40 BayVwVfG) ausgeübt; eine darüberhinausgehende Prüfungskompetenz des Gerichts besteht nicht (§ 114 Satz 1 VwGO). Die zur Ermessensausübung im erstinstanzlichen Urteil gemachten Ausführungen (UA, S. 19, 20) werden dementsprechend vom Kläger im Berufungsverfahren nicht infrage gestellt.

Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für den Kläger gewahrt ist. Sein wirtschaftliches Interesse an einem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen durch die Vermittlung von Sportwetten hat gegenüber den mit der Regelung verfolgten Zwecken, insbesondere der Spielsuchtbekämpfung, zurückzutreten. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich der Umsatzanteil aus den im Nebengeschäft vermittelten Sportwetten der Staatlichen Lotterieverwaltung im Bereich von 3 bis 5% des Gesamtumsatzes der Annahmestellenbetreiber beläuft (vgl. LT-Drs. 16/12192, S. 12, Begründung zu Art. 7 Abs. 3 AGGlüStV). Diesem auch im verwaltungsgerichtlichen Urteil angegebenen Korridor ist der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Die Existenz des Gewerbebetriebs (Bahnhofsbuchhandlung mit Annahmestelle der SLV) ist jedenfalls nicht gefährdet, nachdem die Vermittlung von Sportwetten nur einen untergeordneten Teil des gesamten Betriebs darstellt, selbst wenn man berücksichtigt, dass die nun ausbleibenden Sportwettkunden auch noch weitere Umsätze getätigt haben.

II. Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos, als sie der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Berufung von einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt hat, soweit der Bescheid die bereits vergangenen Zeiträume erfasst hat und damit zum maßgeblichen Zeitpunkt erledigt war. Zwar stellt sich in dieser Situation einer (teilweisen) Erledigung das prozessuale Vorgehen des Klägers als grundsätzlich statthaft dar, weil für eine Aufhebung des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Vergangenheit mangels belastender Wirkung die Anfechtungsklage nicht mehr statthaft wäre. Dem Kläger fehlt jedoch das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Ein solches ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere nicht aus einer möglichen Präjudizialität der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen noch zu führenden Amtshaftungs- oder sonstigen Schadensersatzprozess des Klägers. Eine denkbare Amtshaftungsklage erscheint nämlich schon deshalb offensichtlich aussichtslos, weil das beanstandete Verwaltungshandeln von einem Kollegialgericht erster Instanz, nämlich dem Verwaltungsgericht Regensburg, als rechtmäßig beurteilt wurde (stRspr BVerwG U. v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9 m.w.N.). Hat nämlich ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die beanstandete Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, fehlt es in der Regel bereits an dem für die Schadensersatzklage notwendigen Verschulden des Beamten. Dabei scheitert die schuldausschließende Wirkung einer erstinstanzlichen Kollegialentscheidung grundsätzlich nicht einmal dann, wenn dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte und der Beklagte - in der Situation einer Verpflichtungsklage - zur Neubescheidung verpflichtet wurde (vgl. BVerwG, U. v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat sich jedoch das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis als zutreffend herausgestellt, weil der angefochtene Bescheid (Erlaubniswiderruf und Untersagung) in vollem Umfang und von Anfang an rechtmäßig war (s.o. I.). Das Vorliegen einer der weiteren Fallgruppen, in denen ein berechtigtes Interesse zu bejahen wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei erledigten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen: BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - und B. v. 17.12.2015 - 8 B 10.15 - jeweils juris).

Selbst wenn man sich über das fehlende besondere Feststellungsinteresse hinwegsetzen und eine Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage annehmen wollte, wäre sie schon deshalb unbegründet, weil der angefochtene Bescheid von Anfang an rechtmäßig war.

Der mit seinem Rechtsmittel unterlegene Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war wegen der der Rechtssache zukommenden grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die sich u.a. aus der Frage der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex in § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt (vgl. § 33 GlüStV).

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des

Verwaltungsgerichts Köln vom 19. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerde-

verfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-

ren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.


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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, durch den ihr untersagt wurde, auf ihrer Internetseite für öffentliches Glücksspiel zu werben.

2

Sie betreibt einen Sportinformationsdienst im Internet, der sich durch Werbeeinnahmen finanziert. Auf ihrer Internetseite veröffentlichte sie u.a. Werbeanzeigen eines Sportwettenvermittlers, die Wettquoten für aktuelle Fußballspiele enthielten.

3

Mit Bescheid vom 25. Juni 2008 untersagte die Regierung von Mittelfranken der Klägerin, auf ihrer Internetseite für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV 2008 zu werben, und drohte für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 25 000 € an. Die Voraussetzungen für ein Tätigwerden aufgrund von § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2008 lägen vor, da die Klägerin gegen eine nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehende Verpflichtung verstoßen habe, namentlich gegen das Verbot der Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel (§ 5 Abs. 3 GlüStV 2008). Hierfür sei unerheblich, ob der auf der Internetseite beworbene Veranstalter oder Vermittler von Glücksspiel sein Angebot legal oder illegal betreibe. Außerdem liege ein Verstoß gegen § 59 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV) vor.

4

Mit Änderungsbescheiden vom 14. Juli 2008 und vom 10. Dezember 2008 wurde das angedrohte Zwangsgeld zunächst auf 40 000 €, dann auf 50 000 € erhöht. Ferner wurde mit weiterem Änderungsbescheid vom 5. Februar 2009 Ziffer I der Verfügung vom 25. Juni 2008 insoweit aufgehoben, als sich die Untersagungsverfügung auch auf die Abrufbarkeit der Werbung aus Gebieten außerhalb des Freistaates Bayern erstreckte. Es wurde der Klägerin nunmehr untersagt, auf ihrer Internetseite für öffentliches Glücksspiel zu werben, soweit die Werbung vom Gebiet des Freistaates Bayern aus abrufbar ist.

5

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die auf Bayern beschränkte Untersagung der Werbung sei rechtmäßig. Sie genüge dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch dann, wenn die Anordnung nur dadurch erfüllt werden könne, dass die Klägerin ihre Werbung für öffentliches Glücksspiel deutschlandweit aus dem Internet entferne. Denn das Verbot der Werbung für öffentliche Glücksspiele im Internet gelte bundesweit. Die Regelung des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verstoße auch weder gegen deutsches Verfassungsrecht noch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

6

Das mit Bescheid vom 21. September 2009 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € ist von der Klägerin am 8. Januar 2010 gezahlt worden.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts mit Urteil vom 26. Juni 2012 geändert und den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Fassung des Bescheides vom 5. Februar 2009 aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und insbesondere als Anfechtungsklage statthaft. Sie sei auch begründet, denn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV 2008 für eine Untersagung von Glücksspielwerbung im Internet seien nicht erfüllt. Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 liege nicht vor, weil diese Bestimmung mit dem Recht der Europäischen Union nicht vereinbar und deshalb im Hinblick auf dessen Anwendungsvorrang unanwendbar sei. Das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet stelle eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, die den unionsrechtlichen Anforderungen an solche Beschränkungen nicht genüge. Zwar diene es der Bekämpfung der Glücksspielsucht und dem Jugend- und Spielerschutz und damit zwingenden Allgemeininteressen; es sei auch geeignet, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen, und erforderlich, da ein milderes Mittel, mit dem diese Ziele ebenso wirksam erreicht werden könnten, nicht ersichtlich sei. Das Werbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 sei aber nicht geeignet, die Verwirklichung der zu seiner Rechtfertigung angeführten Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen, weil systematische Verstöße des Deutschen Lotto- und Totoblocks sowie der Landeslottogesellschaften gegen dieses Verbot von den zuständigen Behörden strukturell geduldet würden. Dies gelte für die bayerischen Behörden ebenso wie für die zuständigen Behörden der übrigen Länder, so dass offen bleiben könne, ob bei der Kohärenzprüfung ausschließlich auf die Praxis in Bayern abzustellen sei. Aus diesem strukturellen Vollzugsdefizit ergebe sich, dass der Beklagte die zur Rechtfertigung der mit diesem Verbot verbundenen Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dienenden Ziele im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 tatsächlich nicht verfolge, sondern in Wahrheit fiskalische oder andere Zwecke zu erreichen suche, die die Beschränkung nicht legitimieren könnten. Schließlich sei die Untersagungsverfügung auch ermessensfehlerhaft, weil durch sie gleich gelagerte Fälle ohne sachlichen Grund ungleich behandelt würden. Der Beklagte benachteilige Private wie die Klägerin gegenüber der Staatlichen Lotterieverwaltung, indem er ersteren jegliche Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet untersage, während er bei Verstößen von Lotto Bayern gegen das Internetwerbeverbot allenfalls dann einschreite, wenn es sich um Werbung handele, die über die nach § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV 2008 an sich zulässige sachliche Information über die Möglichkeit zum Glücksspiel hinausgehe.

8

Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, das Berufungsgericht gehe bereits von einem unzutreffenden Verständnis der Reichweite des medienbezogenen Werbeverbots nach § 5 Abs. 3 GlüStV (2008) aus, indem es die bloße Unternehmenspräsenz mit einer eigenen Homepage als verbotene Werbung qualifiziert habe. Hierbei handele es sich um eine Frage des revisiblen Rechts, weil der Inhalt des Landesrechts wesentlich durch revisibles Recht bestimmt werde. Die Auslegung des Werbebegriffs sei letztlich auf die Definition aus Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates über irreführende und vergleichende Werbung von 10. September 1984 (ABl Nr. L 250 S. 17) zurückzuführen, weshalb sich der Begriff "Werbung" nach Unionsrecht richte, das seinerseits als Bundesrecht der Revision unterliege. Darüber hinaus werde der Inhalt zulässiger Werbung maßgeblich durch Verfassungsrecht bestimmt. Im Hinblick auf das von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht auf Selbstdarstellung des Unternehmens könne ein Internetauftritt auf einer eigenen Homepage nicht generell verboten werden. Ferner beruhe das Berufungsurteil auf einem Verfahrensmangel. Das Berufungsgericht habe einem Terminsverlegungsantrag des Beklagten nicht stattgegeben und damit dem Beklagten keine Gelegenheit gegeben, durch einen Vertreter der Regierung von Mittelfranken die Vollzugspraxis der zuständigen Aufsichtsbehörde zu erläutern. Hierdurch habe das Berufungsgericht seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung sowie den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren verletzt. Das Berufungsurteil sei auch nicht aus anderen Gründen richtig. Weder sei das Internetwerbeverbot unverhältnismäßig im engeren Sinne noch liege ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Schließlich habe die Klägerin mit der Werbung für illegale private Sportwetten nicht nur gegen § 5 Abs. 3 GlüStV 2008, sondern auch gegen das Verbot der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV 2008 verstoßen, weil die Sportwettenveranstalter bzw. -vermittler, für die die Klägerin geworben habe, nicht über die erforderliche Erlaubnis verfügt hätten.

9

Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2013 hat der Beklagte erklärt, aus der angefochtenen Untersagungsverfügung für die Zeit nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages am 1. Juli 2012 keine Rechte mehr herleiten zu wollen. Daraufhin haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit - für die Zeit ab 1. Juli 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

10

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. März 2009 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

13

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich der Zeit seit dem 1. Juli 2012 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Im Umfang der Teilerledigung sind das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 31. März 2009 und das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 wirkungslos.

14

Bezüglich des noch nicht erledigten Teils des Streitgegenstandes ist die Revision des Beklagten unbegründet. Das angegriffene Urteil verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

15

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht gegen Verfahrensrecht verstoßen.

16

a) Die Rüge des Beklagten, der Verwaltungsgerichtshof habe den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs und auf ein faires Verfahren verletzt, indem er einem Terminsverlegungsantrag der Landesanwaltschaft Bayern nicht stattgegeben habe, ist schon nicht den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden. Danach müssen innerhalb der Frist zur Begründung der Revision die verletzte Rechtsnorm bezeichnet und substantiiert die Tatsachen vorgetragen werden, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben. Nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 ZPO muss eine mündliche Verhandlung nur "aus erheblichen Gründen" verlegt oder vertagt werden. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass das Gericht durch die rechtswidrige Ablehnung der Vertagung die Möglichkeit zu weiterem entscheidungserheblichen Vortrag abgeschnitten hat (Beschluss vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 3 B 94.98 - juris Rn. 4). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Beklagte nicht dargelegt. Die Begründung des Terminsverlegungsantrages des Beklagten lässt bereits nicht erkennen, warum die Hinzuziehung eines Vertreters der Regierung von Mittelfranken erforderlich gewesen sein sollte, um sich sachgemäß und erschöpfend zu erklären. Der Beklagte hat nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass er sich die entsprechenden Informationen bezüglich des Vollzugs des Internetwerbeverbots nicht von den zuständigen Behörden beschaffen und rechtzeitig in das Verfahren hätte einführen können. Unter diesen Umständen lässt sich die Ablehnung der Terminsverlegung durch die gerichtliche Verfügung vom 13. Juni 2012 nicht als eine Verletzung des rechtlichen Gehörs werten. In dieser Verfügung wurde ausgeführt, dass keine erheblichen Gründe für eine Terminsänderung zu erkennen seien. Der Beklagte hätte deshalb, sofern ihm die Gründe der Ablehnung nicht genügten, zur Vermeidung des Verlusts des Rügerechts in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen förmlichen Vertagungsantrag mit einer näheren Begründung stellen müssen (Beschluss vom 14. Dezember 1990 - BVerwG 2 B 106.90 - Buchholz 436.61 SchwbG 1986 Nr. 1 = DVBl 1991, 641), was er ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht getan hat.

17

b) Der geltend gemachte Verfahrensmangel einer Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden. Für die ordnungsgemäße Begründung der Rüge mangelhafter Sachaufklärung muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und für erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern deren Berücksichtigung auf der Grundlage der Rechtsauffassung des entscheidenden Gerichts zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 23. November 2005 - BVerwG 6 C 9.05 - GewArch 2006, 158). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Sie legt nicht dar, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Dem Revisionsvorbringen ist auch nicht zu entnehmen, dass seitens des Beklagten vor dem Berufungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf weitere Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder dass sich eine solche dem Gericht von sich aus hätte aufdrängen müssen.

18

2. Das Berufungsurteil beruht auch in sachlicher Hinsicht nicht auf einem Verstoß gegen revisibles Recht.

19

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die streitgegenständliche Untersagungsverfügung in Ansehung ihrer Vollstreckung für zulässig gehalten. Insofern hat sich die Untersagung nicht erledigt, weil die Klägerin wegen der Zahlung von Zwangsgeld unverändert beschwert ist.

20

Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die angegriffene Untersagungsverfügung sei im Vollstreckungszeitraum rechtswidrig, hält der revisionsrechtlichen Prüfung ebenfalls stand. Dieser Prüfung ist die seinerzeitige Rechtslage, mithin der Glücksspielstaatsvertrag 2008 und das dazu erlassene Bayerische Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 (BayGVBl S. 922) zugrundezulegen.

21

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das in § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 normierte Verbot von Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet eine Beschränkung des von Art. 56 Abs. 1 AEUV gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehrs darstellt (siehe auch Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 Rn. 31 ff. = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 277). Es hat auch fehlerfrei angenommen, dass die Dienstleistungsfreiheit nur eingeschränkt werden darf, wenn die beschränkende Regelung mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteile vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 62 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 32 und vom 20. Juni 2013 - BVerwG 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 28). Dabei ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltenden Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 35 m.w.N.). Diese Anforderungen gelten nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 35 unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. März 2009 - Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721 Rn. 55 ff.).

22

Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend angenommen, dass es nicht an Gründen des Allgemeininteresses fehlt, die das Internetwerbeverbot rechtfertigen könnten. § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 dient - wie die Regelung des Glücksspielstaatsvertrages insgesamt - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV 2008) und dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV 2008). Die Staatsvertragsparteien begründeten das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet zusätzlich damit, dass "neben die Breitenwirkung und die Zielgruppenorientierung als zusätzliches Gefahrenelement der sofortige Übergang zur Teilnahme am Spiel , der im Internet stets möglich ist" (Erläuterungen zum GlüStV 2008, LTDrucks 15/8486 S. 15). Die Ziele der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugend- und Spielerschutzes sind als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt, die Eingriffe in den freien Dienstleistungsverkehr rechtfertigen können (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8175 Rn. 45 und vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08, Zeturf - Slg. 2011, I-5633 Rn. 38; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 69). Das Internetwerbeverbot ist auch grundsätzlich geeignet, seine Gemeinwohlziele zu erreichen. Aufgrund der dem Internet eigenen Breitenwirkung ist mit dessen Nutzung als Werbemedium eine besonders starke Anreizwirkung zur Glücksspielteilnahme verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugend- und Spielerschutzes unvereinbar wäre (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 43).

23

b) Ob die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits genüge schon das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 selbst nicht dem Kohärenzgebot, weshalb diese Bestimmung im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts unanwendbar sei, kann dahingestellt bleiben. Das Berufungsgericht hat jedenfalls zu Recht angenommen, dass die angegriffene Untersagung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ermessensfehlerhaft und aus diesem Grund rechtswidrig ist (aa). Es spricht zudem viel für die Annahme, dass die Ermessensausübung der Behörde aus demselben Grunde auch mit der Dienstleistungsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar ist (bb).

24

aa) Das Berufungsgericht hat - ohne dass dies mit begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden ist (siehe oben 1.) - in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass der Beklagte Privaten wie der Klägerin jegliche Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet untersagte, während er gegen die Internetwerbung von Lotto Bayern allenfalls dann einschritt, wenn es sich um Werbung handelte, die den besonderen Anforderungen des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV 2008 nicht genügte. Darin hat das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht eine Ungleichbehandlung gesehen, die durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigt war. Hiergegen wendet sich der Beklagte ohne Erfolg.

25

Die vom Berufungsgericht aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Anforderungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 22. April 1995 - BVerwG 4 B 55.95 - BRS 57 Nr. 248).

26

Die Annahme des Berufungsgerichts, auch die werbenden Internetauftritte des Deutschen Lotto- und Totoblocks und der Landeslottogesellschaften stellten nach § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verbotene Werbung dar, hält der revisionsgerichtlichen Prüfung stand. Die Auslegung des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 betrifft eine Frage des Landesrechts, die nicht revisibel ist. Die Revisibilität der Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages ist erst durch § 33 des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages mit Wirkung vom 1. Juli 2012 begründet worden; sie gilt nicht rückwirkend. Selbst wenn der Inhalt des Landesrechts, wie der Beklagte meint, ausweislich der Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2008 durch revisibles Recht beeinflusst sein sollte, begründet dies die Revisibilität der landesrechtlichen Vorschrift nicht zwangsläufig, sondern nur dann, wenn Bundesrecht für den Inhalt des Landesrechts kraft eines Gesetzesbefehls des Bundes bestimmend ist (Urteil vom 23. Februar 2000 - BVerwG 6 C 5.99 - BVerwGE 110, 326 <328 f.> = Buchholz 11 Art. 7 Abs. 3 GG Nr. 6 S. 2). An einem solchen bundesrechtlichen Gesetzesbefehl fehlt es hier. Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht bei seiner Auslegung des Werbebegriffs in § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 lediglich auf Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Systematik dieser Vorschrift gestützt und Bundesrecht nicht, auch nicht als Auslegungshilfe herangezogen.

27

Ein Bundesrechtsverstoß ergibt sich auch nicht daraus, dass § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 in der Auslegung des Berufungsgerichts mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar wäre. Es ist schon zweifelhaft, ob das Berufungsgericht auf diese Vorschrift des Bundesverfassungsrechts zugunsten von Glücksspielunternehmen, die vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, überhaupt Bedacht nehmen musste. Auch mit Blick auf mögliche private Glücksspielbetreiber - die der Glücksspielstaatsvertrag 2008 außerhalb des monopolisierten Bereichs in engem Rahmen zugelassen hatte - ist das vollständige Internetwerbeverbot unter Einschluss der Eigenwerbung im eigenen Internetauftritt des jeweiligen Unternehmens zwar streng, aber angesichts des außerordentlichen Gewichts der damit verfolgten Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes, nicht unverhältnismäßig.

28

Unabhängig hiervon hat das Berufungsgericht nicht nur die sachliche Information über die Möglichkeit zum Glücksspiel im Rahmen eines sogenannten Eigenauftritts im Internet als Werbung im Sinne von § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 qualifiziert, sondern darüber hinaus - und insoweit das Urteil selbstständig tragend - festgestellt, dass Lotto Bayern mit Werbeslogans wie "Ihr Spiel in guten Händen", "Ihre Kundenkarte von Lotto Bayern. Mehr Sicherheit und Service" die Teilnahme an den angebotenen Glücksspielen fördern und hierzu anreizen wollte. Damit hat es für den eigenen Internetauftritt einen weicheren Werbebegriff zugrunde gelegt, der die sachliche Information über die vom Werbenden selbst angebotenen legalen Wettmöglichkeiten aus dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 GlüStV auszuklammern sucht, und auch auf dieser Grundlage eine verbotswidrige Werbepraxis von Lotto Bayern festgestellt, die der Beklagte duldete. Hiergegen lässt sich nichts erinnern.

29

Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bei der Durchsetzung des Internetwerbeverbots gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 folgt auch nicht daraus, dass die Staatliche Lotterieverwaltung - im Gegensatz zu den privaten Anbietern - ausschließlich für erlaubtes Glücksspiel geworben habe. Denn § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 stellt auf den Vertriebsweg Internet, anders als § 5 Abs. 4 GlüStV 2008 aber nicht darauf ab, ob das beworbene Glücksspiel erlaubt oder unerlaubt ist. Die Untersagungsverfügung ist ausweislich ihres Tenors und ihrer Begründung auch ausschließlich auf § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 und ausdrücklich nicht zusätzlich auf § 5 Abs. 4 GlüStV 2008 gestützt worden. Folglich ist die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung nur im Rahmen der Normen des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 zu überprüfen, denn die Ermessensausübung muss sich vom Zweck der Rechtsgrundlage leiten lassen. Auch eine Umdeutung der angefochtenen Untersagungsverfügung in eine auf § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 5 Abs. 4 GlüStV 2008 gestützte Verfügung kommt nach Art. 47 Abs. 2 Halbs. 1 BayVwVfG nicht in Betracht.

30

Die Rüge des Beklagten, das Berufungsgericht habe seinen tatsächlichen Feststellungen in fehlerhafter Weise nicht allein die Vollzugspraxis in Bayern, sondern auch die Situation in anderen Ländern zugrunde gelegt, geht fehl. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung nicht auf eine (bundes-)länderübergreifende Betrachtung gestützt, sondern die Frage der Einbeziehung der praktischen Handhabung des Internetwerbeverbots in den übrigen Ländern ausdrücklich offen gelassen.

31

bb) Die systematische Ungleichbehandlung der Klägerin und anderer Privater einerseits und der staatlichen Wettanbieter andererseits führt zugleich dazu, dass die Vollzugspraxis des Beklagten den Anforderungen des europäischen Unionsrechts nicht genügt. Wie erwähnt, kann offen bleiben, ob dies schon zur Unanwendbarkeit des Internetwerbeverbots selbst führt; hieran bestehen Zweifel, weil die Inkohärenz der Vollzugspraxis die Inhaber des staatlichen Wettmonopols begünstigt und damit Rückschlüsse zunächst nur für dieses Wettmonopol selbst zulässt, aber das Internetwerbeverbot - das vom staatlichen Wettmonopol unabhängig gilt - an sich unberührt lässt. Jedenfalls aber ist die Handhabung des Untersagungsermessens durch die Vollzugsbehörden des Beklagten als solche mit der Dienstleistungsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO. Die auf die streitige Revisionsentscheidung entfallenden Kosten hat nach § 154 Abs. 1 VwGO der Beklagte zu tragen. Bezüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens waren die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes ebenfalls dem Beklagten aufzuerlegen, weil dieser bei streitiger Entscheidung voraussichtlich auch insoweit unterlegen wäre. Die Begründung des angegriffenen Bescheides berücksichtigt (noch) nicht die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte, die nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Erster GlüÄndStV) zu beachten sind.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 06. April 2016 - 5 K 650/16 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.01.2016, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“, ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen, ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen (Ziff. 1) und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben.
Das Verwaltungsgericht, das auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV (in der Fassung des Art. 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GBl. 2012, S. 385 ff.) gestützte Untersagungsverfügung voraussichtlich rechtmäßig sei, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, an dessen Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Unionsrecht keine Zweifel bestünden, Sportwetten in einer Gaststätte vermittele, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und überdies Geldspielgeräte aufgestellt seien. Auf die Frage, ob die Untersagung mit dem bloßen Fehlen einer Erlaubnis begründet werden könne und wie im Hinblick auf die ausstehende Konzessionsvergabe zu verfahren sei, komme es nicht an, da das Regierungspräsidium die Untersagung gerade nicht hierauf gestützt habe.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers ohne Erfolg.
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung aller Voraussicht nach rechtmäßig ist. Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben hat, kann eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung darauf gestützt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten, für die eine Erlaubnis nicht vorliegt, nicht erlaubnisfähig ist, weil sie in einer Gaststätte erfolgt, in der - wie im Fall des Antragstellers - alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. grundlegend den Beschluss des Senats vom 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640). Das Trennungsgebot als materiell-rechtliche Voraussetzung der Sportwettvermittlung findet seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG. Diese Vorschrift beruht in ihrer derzeitigen Fassung vom 01.12.2015 (GBl. S. 1033) auf der genannten Rechtsprechung des Senats zu der bis zum 04.12.2015 geltenden Vorgängernorm § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG. Zu dieser hat der Senat im Einzelnen dargelegt, dass das Trennungsgebot bei verfassungs- und unionsrechtskonformer Auslegung sowohl mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG als auch mit Art. 56 AEUV sowie sonstigem Unionsrecht vereinbar ist (vgl. den Beschluss des Senats vom 22.04.2014, a.a.O.). Hieran hält der Senat auch in Bezug auf den nunmehr geltenden § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, mit dem der Gesetzgeber der zuvor notwendigen verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass das Trennungsgebot nur für Gaststätten gilt, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Rechnung getragen hat (vgl. LT-Drucks. 15/7443, S. 15), fest.
Die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. Soweit er insbesondere geltend macht, es bestehe nach wie vor keine Möglichkeit, eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten zu erhalten, ist ihm entgegenzuhalten, dass - worauf bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - die streitgegenständliche Verfügung gerade nicht auf die formelle Illegalität wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis gestützt ist. So heißt es darin ausdrücklich, dass unerheblich sei, ob es sich „um erlaubte oder unerlaubte Sportwetten“ handele (II. 3. Absatz der Verfügung), und dass die Verfügung für die genannte Örtlichkeit nur solange gelte, als dort eine Gaststätte mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten betrieben werde (II. letzter Absatz der Verfügung). Der Untersagungstatbestand wird damit allein mit dem Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG begründet. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Wettvermittlungsstelle im Übrigen erlaubnisfähig ist oder nicht, und müsste auch bei einer Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV, § 20 Abs. 1 Satz 1 LGlüG an den Antragsteller von ihm beachtet werden. Einer Durchsetzung des Trennungsgebots des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG im Wege der Untersagungsverfügung steht, entgegen der Ansicht des Antragstellers, daher auch nicht entgegen, dass dessen Einhaltung dem Wortlaut nach als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle normiert ist. Mit § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG hat der Gesetzgeber auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV materiell-rechtliche Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten aufgestellt, die unabhängig von einem Erlaubnisverfahren Geltung beanspruchen und auch im Lichte der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht zu beanstanden sind. Anders als der Antragsteller meint, folgt aus einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit der Erlaubnispflichtigkeit in ihrer derzeitigen Gestalt nicht gleichsam die Unionsrechtswidrigkeit weiterer materiell-rechtlicher Anforderungen, die - wie das Trennungsgebot - unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettvermittlung gestellt werden.
Auch unter Heranziehung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 04.02.2016 in der Rechtssache Ince (- C-336/14 -, NVwZ 2016, 369) ergibt sich, entgegen der Ansicht des Antragstellers, kein anderes Ergebnis. Die Entscheidung erging im Rahmen von Strafverfahren, in denen Frau Ince zur Last gelegt wurde, Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis vermittelt zu haben. Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörden daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Wettvermittlung zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatliches Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht. Die in dem Urteil getroffenen Aussagen stellen damit zwar die Unionsrechtmäßigkeit der Erlaubnispflichtigkeit der Sportwettvermittlung in seiner derzeitigen Durchführung in Frage, berühren jedoch das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG nicht. Die Untersagungsverfügung ist vorliegend allein darauf gestützt, dass die Art und Weise der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen sowie losgelöst von ihrer Erlaubnispflichtigkeit materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu trifft das genannte Urteil in der Rechtssache Ince keine Aussage.
Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2016 (- 8 C 5.15 -, ZfWG 2016, 433) sowie auf die jüngere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschlüsse vom 09.06.2016 - 4 B 860/15 -, NWVBl 2016, 459 und - 4 B 1437/15 -, ZfWG 2016, 371) verhilft seiner Argumentation ebenso wenig zum Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 15.06.2016 (a.a.O.) der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince (a.a.O.), die einen strafrechtlichen Hintergrund hatte, angeschlossen und festgestellt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis auch keine verwaltungsrechtliche Untersagung der Wettvermittlung begründen kann, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettvermittlung nicht auf die materiell-rechtliche Unzulässigkeit der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen gestützt werden kann, ist hingegen auch diesem Urteil nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die vom Antragsteller in Bezug genommenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Im Gegenteil geht das Oberverwaltungsgericht darin sogar ausdrücklich von der Zulässigkeit einer Untersagungsverfügung aus monopolunabhängigen Gründen aus. Dass es sich bei dem Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG um eine monopolbezogene Anforderung an die Sportwettvermittlung handelte, ist nicht ersichtlich (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2016 - 4 B 177/16 -, ZfWG 2016, 462 zu einem vergleichbaren Trennungsgebot; vgl. zudem OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.12.2016 - 11 ME 219/16 -, GewArch 2017, 80) und wurde auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargetan. Auch dem von ihm zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 06.05.2015 (- 10 Cs 14.2669 -, juris) kann der Senat den vom Antragsteller gewünschten Gehalt nicht entnehmen. Ihm lag eine in entscheidenden Punkten von der Situation des Antragstellers abweichende Fallgestaltung zugrunde.
Die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung folgt, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus einem strukturellen Vollzugsdefizit in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass konsequent gegen ihm bekanntwerdende Wettvermittlungsstellen vorgegangen werde, die die materiell-rechtlichen monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlungstätigkeit aus § 20 Abs. 1 Satz 2 LGlüG nicht erfüllen. Dies entspricht in tatsächlicher Hinsicht auch der Beobachtung des Senats und wurde vom Antragsteller insoweit nicht substantiiert in Frage gestellt. In rechtlicher Hinsicht beruht diese Differenzierung im Vollzug auf sachlichen Gründen und ist daher nicht zu beanstanden.
Schließlich kann der Senat auch dem Vortrag des Antragstellers, es fehle bereits die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass der vorliegenden Untersagungsverfügung, nicht folgen. Aus der bundesweiten Zuständigkeit des Landes Hessen für die Konzessionsvergabe an Veranstalter von Sportwetten folgt nicht zugleich die Unzuständigkeit der nach Landesrecht zuständigen Behörden für die Untersagung der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten wegen des Verstoßes gegen materiell-rechtliche Anforderungen. Bei dem Trennungsgebot nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG handelt es sich überdies um eine auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV aufgestellte weitergehende Anforderung nach Landesrecht, deren Durchsetzung den baden-württembergischen Behörden obliegt. Dass der hessischen Konzessionsbehörde - wie der Antragsteller meint - nach § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV eine umfassende Zuständigkeit zur Glücksspielaufsicht für das gesamte Bundesgebiet zukäme, kann der Senat nicht erkennen.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit - in Bezug auf den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2007 für die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2008 sind insoweit wirkungslos.

Im Übrigen wird das genannte Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geändert, soweit es den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2007 betrifft. Insoweit wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2008 zurückgewiesen.

Die weitergehende Revision der Beteiligten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges tragen die Klägerin zu zwei Dritteln und die Beklagte zu einem Drittel. Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin und der Freistaat Bayern je zur Hälfte. Der Freistaat Bayern trägt die Hälfte der im Revisionsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin, die Klägerin trägt die Hälfte der im Revisionsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten des Freistaats Bayern. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung, im Gebiet der Beklagten Sportwetten ohne eine im Inland erteilte Erlaubnis zu vermitteln.

2

Die Klägerin ist seit 2007 im Besitz einer Buchmachererlaubnis zur Vermittlung von Pferdewetten. In ihrer Betriebsstätte in der B.straße … in M. vermittelte sie darüber hinaus (sonstige) Sportwetten an die I. Ltd. (I. Ltd.) in G., ohne dafür über eine im Inland erteilte Erlaubnis zu verfügen. Nach Anhörung der Klägerin untersagte die Beklagte ihr mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 28. November 2007 die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten bzw. die Bereitstellung einer diesbezüglichen Einrichtung (Internetanschluss) in der B.straße … in M. sowie in allen anderen bisher nicht bekannten und zukünftigen Betriebsstätten im Bereich der Beklagten ohne die erforderliche Erlaubnis. Außerdem forderte sie die Klägerin unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 25 000 € auf, diese Tätigkeiten mit Ablauf des 30. November 2007 einzustellen. Die Beklagte stützte die Untersagung auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) i.V.m. § 284 Abs. 1, § 27 StGB und führte aus, das Verbot sei verhältnismäßig, da eine Erlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden könne.

3

Bei einer Überprüfung am 1. Dezember 2007 wurde festgestellt, dass die Klägerin in der B.straße … weiterhin einen Terminal betrieb, mit dem die Internetseite der Firma "b." aufgerufen werden konnte. Daraufhin stellte die Beklagte unter dem 3. Dezember 2007 das Zwangsgeld fällig und erließ mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 eine neue, weitgehend wortgleiche Untersagungsverfügung mit einer Zwangsgeldandrohung in Höhe von 50 000 €.

4

Am 19. Dezember 2007 hat die Klägerin gegen die Bescheide vom 28. November und 5. Dezember 2007 Anfechtungsklage erhoben. Außerdem beantragte sie vergeblich vorläufigen Rechtsschutz. Mit einer weiteren Klage begehrte sie die Feststellung, das im ersten Bescheid angedrohte Zwangsgeld sei nicht fällig geworden. Diese Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26. März 2009 - M 22 K 08.4647 - abgewiesen. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Klägerin habe die untersagten Tätigkeiten trotz sofortiger Vollziehbarkeit des Verbots nicht fristgerecht eingestellt. Auf die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Untersagung komme es für die Fälligkeit des Zwangsgeldes nach Art. 38 Abs. 3 i.V.m. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 des bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) nicht an. Den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das genannte Urteil wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 12. April 2010 zurück. Daraufhin wurde das Zwangsgeld eingezogen.

5

Die Anfechtungsklage gegen die Bescheide vom 28. November und 5. Dezember 2007 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 31. Juli 2008 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte geltend gemacht, die Untersagungsverfügungen seien schon wegen der formellen Illegalität der Vermittlung rechtmäßig. Gegen deren Erlaubnisfähigkeit bestünden ebenfalls Bedenken, da der Veranstalter Internet- und Live-Wetten anbiete. Einer abschließenden Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen durch die Ordnungsbehörde stehe die Zuständigkeit verschiedener Behörden für die Erlaubnis und die Untersagung entgegen. In ihrer Berufungserwiderung hat die Beklagte unter Berufung auf § 114 Satz 2 VwGO erklärt, sie ergänze die Ermessenserwägungen im streitgegenständlichen Bescheid wie folgt: Die Klägerin und die I. Ltd. in G. hätten keine Erlaubnis beantragt. Für eine materielle Erlaubnisfähigkeit fehlten ausreichende Anhaltspunkte. Insbesondere sei nicht ersichtlich, wie die Klägerin die Vorschriften zum Jugendschutz nach § 4 Abs. 3 des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) und zur Spielersperre nach § 21 Abs. 3 GlüStV einhalten wolle. Auch ein Sozialkonzept nach § 6 GlüStV sei nicht bekannt. Bedenken gegen die Erlaubnisfähigkeit bestünden auch für den Fall, dass die Klägerin nunmehr an die I. E. Ltd. mit Sitz in M. vermitteln wolle, da deren Erlaubnisantrag mit Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 27. Juli 2011 unter anderem wegen Verstößen gegen das Internet- und das Live-Wetten-Verbot abgelehnt worden sei. Trotz des erheblichen Eingriffs in die Berufsfreiheit der Klägerin müssten deren wirtschaftliche Interessen hinter die Interessen der Allgemeinheit, insbesondere den Jugend- und Spielerschutz und die Betrugsprävention, zurücktreten. Die Untersagung sei verhältnismäßig, weil mildere Maßnahmen nicht ersichtlich seien und bei Abwägung aller Interessen der Schutz der Allgemeinheit vor Suchtgefahren überwiege.

6

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage gegen die zweite Untersagungsverfügung auf gerichtlichen Hinweis für die Zeit bis zur Berufungsentscheidung auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren umgestellt und an der Anfechtung dieses Bescheides nur für die Zukunft festgehalten.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 26. Juni 2012 die Bescheide der Beklagten vom 28. November 2007 und vom 5. Dezember 2007 - letzteren nur mit Wirkung für die Zukunft - aufgehoben und festgestellt, der Bescheid vom 5. Dezember 2007 sei vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum Zeitpunkt seiner eigenen Entscheidung rechtswidrig gewesen. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 28. November 2007 sei statthaft. Dieser habe sich weder mit der Beitreibung des Zwangsgeldes noch mit dem Einstellen der Vermittlungstätigkeit oder dem Erlass des Bescheides vom 5. Dezember 2007 erledigt. Letzterer könne ebenfalls angefochten werden, allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft, da die zweite, nicht vollzogene Untersagung und die zugehörige Zwangsgeldandrohung sich in der Vergangenheit fortlaufend erledigt hätten. Im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung sei die Untersagung ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgegangen sei. Diese Regelung verletze Unionsrecht. Sie schränke die Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig ein. Wegen der gegenläufigen Regelung des gewerblichen Automatenspiels sei sie nicht geeignet, kohärent und systematisch zur Verwirklichung der mit dem Monopol verfolgten Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes beizutragen. Die im Berufungsverfahren nachgeschobene Begründung habe den Ermessensfehler nicht geheilt. Sie ersetze die bisherige, auf das Monopol gestützte Begründung durch völlig neue Erwägungen, die allein auf die formelle und materielle Illegalität der Vermittlung abstellten. Einen solchen Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen lasse § 114 Satz 2 VwGO nicht zu. Unabhängig davon sei die nachgeschobene Begründung auch materiell-rechtlich fehlerhaft. Verhältnismäßig sei eine Untersagung nur, wenn feststehe, dass die Tätigkeit materiell nicht erlaubnisfähig sei. Zweifel reichten insoweit nicht aus. Das Ermessen habe sich auch nicht zulasten der Klägerin auf Null reduziert. Ein Verstoß gegen das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV liege nicht vor. Die Untersagung im Bescheid vom 28. November 2007 leide am selben Ermessensfehler, da auch sie sich maßgeblich auf das Sportwettenmonopol stütze. Wegen der Rechtswidrigkeit der Untersagungen könnten die damit verbundenen Zwangsgeldandrohungen ebenfalls keinen Bestand haben. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag bezüglich des Zeitraums vom 5. Dezember 2007 bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts sei zulässig und begründet. Die Klägerin könne sich wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit der Vermittlung auf ein Rehabilitierungsinteresse berufen. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung sei außerdem wegen des tiefgreifenden Eingriffs in ihre Berufsfreiheit und in unionsrechtliche Grundfreiheiten gegeben. Wegen der Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch das Sportwettenmonopol sei die Untersagung im gesamten Zeitraum rechtswidrig gewesen.

8

Die Beteiligte macht mit ihrer Revision geltend, das Berufungsurteil wende das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unrichtig an. Außerdem gehe es unzutreffend davon aus, dass ein Verbot erst in Betracht komme, wenn das Fehlen der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen abschließend geklärt sei. Darüber hinaus verletze es § 114 Satz 2 VwGO. Bezüglich der zweiten Untersagung bejahe es zu Unrecht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin.

9

Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 hat die Beklagte erklärt, aus der angefochtenen Untersagungsverfügung ab dem 1. Juli 2012 keine Rechte mehr herzuleiten. Daraufhin haben die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

10

Die Beteiligte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2008 zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit noch nicht - in Bezug auf die Anfechtung des Bescheides vom 5. Dezember 2007 für die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - in der Hauptsache erledigt ist, sowie der Klägerin die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens insgesamt aufzuerlegen.

11

Die Beklagte schließt sich dem Revisionsvorbringen der Beteiligten an, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass anstelle der Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2007 dessen Rechtswidrigkeit - auch - in der Zeit von der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bis zum 30. Juni 2012 festgestellt wird, sowie die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt dem Freistaat Bayern aufzuerlegen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und meint, die Liberalisierung des Glücksspielrechts in Schleswig-Holstein zum 1. Januar 2012 habe die Inkohärenz des Sportwettenmonopols noch verstärkt. Die Anforderungen an das Fortsetzungsfeststellungsinteresse dürften schon wegen ihrer Kostenbelastung durch das mehrjährige Verfahren nicht überspannt werden.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit - für die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Einer Zustimmung des am Verfahren beteiligten Vertreters des öffentlichen Interesses bedurfte es hierfür nicht. Im Umfang der Teilerledigung sind das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2008 wirkungslos geworden.

15

Im Übrigen ist die zulässige Revision nur teilweise begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf der Verletzung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, soweit es davon ausgeht, die Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 sei bezüglich des bereits abgelaufenen Zeitraums zulässig, weil die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Verfügung habe. Insoweit erweist sich das Berufungsurteil auch nicht gemäß § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig (1.). Die weitergehende Revision ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil in Bezug auf die Anfechtung des Bescheides vom 28. November 2007 im Ergebnis zu Recht stattgegeben (2.). Soweit die Revision begründet ist, kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden und die Berufung - teilweise - zurückweisen (3.).

16

1. Soweit das Verfahren die Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 bezüglich des Zeitraums bis zum 30. Juni 2012 betrifft, ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den es für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen ankommt, nicht mehr die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, sondern allein die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse geltend machen kann.

17

a) Im noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 hat die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 sich von Tag zu Tag fortlaufend erledigt. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum entfaltet hier gegenwärtig auch keine sonstigen nachteiligen Rechtswirkungen mehr, die eine Erledigung ausschließen könnten (vgl. zu diesem Kriterium die Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 14.12 - Rn. 18; Beschluss vom 5. Januar 2012 - BVerwG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 = Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 39 Rn. 13). Insbesondere hat die Beklagte die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 nicht mit Vollstreckungsmaßnahmen durchgesetzt, die noch rückgängig zu machen wären. Die Zwangsgeldeinziehung im Jahr 2009 schloss lediglich die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 28. November 2007 und der damit verbundenen Zwangsgeldandrohung ab (zur Aufhebbarkeit dieser Vollstreckungsmaßnahmen vgl. unten 2. ).

18

Auch für den - viertägigen - Zeitraum von der Berufungsentscheidung bis zum 30. Juni 2012 konnte die Klägerin ihr Klagebegehren betreffend den Bescheid vom 5. Dezember 2007 auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umstellen. Das Verbot der Klageänderung gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht nur einer Änderung des Streitgegenstandes entgegen. Es schließt jedoch nicht aus, bei Erledigung eines angefochtenen Verwaltungsakts zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag überzugehen. Dies gilt auch für eine zeitabschnittsweise, fortlaufende Erledigung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung wie der glücksspielrechtlichen Untersagung.

19

b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unzulässig, weil die Klägerin entgegen dem angegriffenen Urteil kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137> und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 3). Das ist im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz nicht der Fall.

20

aa) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse lässt sich nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu müssten die rechtlichen und tatsächlichen Umstände, die für die Beurteilung einer vergleichbaren Untersagungsverfügung maßgeblich wären, im Wesentlichen unverändert geblieben sein (Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 4 C 12.04 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Diese Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß §§ 1 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (BayGVBl S. 270) grundlegend geändert. Zwar gelten der allgemeine Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Untersagungsermächtigung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fort. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagung kommt es aber auch auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; dazu näher unten Rn. 51 f.). Insoweit ergeben sich aus den in Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen, § 4 GlüStV ergänzenden Spezialregelungen betreffend die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erhebliche Unterschiede zur früheren, bis zum 30. Juni 2012 geltenden Rechtslage. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV können bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnehin nach Absatz 5 der Vorschrift dispensiert werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung werden aber in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV in wesentlichen Punkten neu geregelt. So wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich zurückgenommen (dazu im Einzelnen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 6). Andererseits enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein statuierten Aufklärungspflichten. Außerdem bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein. Insgesamt schließen die erheblichen Änderungen der für die materiell-rechtliche Beurteilung der Untersagung erheblichen Vorschriften es aus, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage auszugehen.

21

Aus der Befristung der experimentellen Konzessionsregelung lässt sich keine konkrete Wiederholungsgefahr herleiten. Ob der Gesetzgeber das Konzessionssystem und dessen materiell-rechtliche Ausgestaltung nach Ablauf der siebenjährigen Experimentierphase auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist jedenfalls nicht abzusehen.

22

bb) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses der Klägerin zu bejahen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz beruht auf der Annahme, ein solches Interesse bestehe schon wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

23

Allerdings fehlt ein Rehabilitierungsinteresse nicht etwa deshalb, weil die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen kann. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sich nach Art. 19 Abs. 3 GG insgesamt auf juristische Personen erstreckt. Sie können jedenfalls Ausprägungen dieses Rechts geltend machen, die nicht an die charakterliche Individualität und die Entfaltung der natürlichen Person anknüpfen, sondern wie das Recht am eigenen Wort oder das Recht auf Achtung des sozialen Geltungsanspruchs und auf Abwehr von Rufschädigungen auch Personengesamtheiten und juristischen Personen zustehen können (BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 805/98 - BVerfGE 106, 28 <42 ff.>; BGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85 - BGHZ 98, 94 <97>). Die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar hat aber keinen den Betroffenen diskriminierenden Charakter und kann deshalb noch kein Rehabilitierungsinteresse auslösen.

24

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Beschlüsse vom 4. März 1976 a.a.O. S. 138 f. und vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 64.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 36 S. 4 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. In der Feststellung objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens liegt noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sie sich in der Aussage, die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten erfülle den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB und rechtfertige deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten. Damit enthält sie kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 - 1 BvR 197/53 - BVerfGE 9, 167 <171> und Urteil vom 6. Juni 1967 - 2 BvR 375, 53/60 und 18/65 - BVerfGE 22, 49 <79 f.>). Einen solchen Vorwurf hat die Beklagte nach der revisionsrechtlich fehlerfreien Auslegung der Untersagungsverfügung durch die Vorinstanz hier nicht erhoben.

25

Nachteilige Auswirkungen der Untersagung in künftigen Verwaltungsverfahren - etwa zur Erlaubniserteilung nach aktuellem Recht - sind nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16. April 2013 in das Verfahren eingeführten Erklärung des Vertreters des Freistaates Bayern ebenfalls nicht zu besorgen. Danach werden Monopolverstöße dort zukünftig nicht als Anhaltspunkt für eine Unzuverlässigkeit von Konzessionsbewerbern oder Bewerbern um eine Vermittlungserlaubnis gewertet.

26

cc) Entgegen dem angegriffenen Urteil lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begründen. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, trifft nicht zu. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses hinaus (1) verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (2). Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist auch aus Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot nicht herzuleiten (3).

27

(1) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 19 ff.). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren.

28

(2) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziert ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern.

29

Effektiver Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene ihn belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. In den übrigen Fällen, in denen sein Anliegen sich in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 - BVerfGE 104, 220 <232 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <86> m.w.N).

30

Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zählen nicht zu den Verwaltungsakten, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr sind sie als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 19 m.w.N.) gerade auf langfristige Geltung angelegt. Dass sie sich regelmäßig fortlaufend für den bereits zurückliegenden Zeitraum erledigen, lässt ihre gegenwärtige, sich täglich neu aktualisierende Wirksamkeit und damit auch ihre Anfechtbarkeit und Überprüfbarkeit im Hauptsacheverfahren unberührt (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 113 Rn. 85 a.E.). Änderungen der Rechtslage führen ebenfalls nicht zur Erledigung. Vielmehr ist die Untersagung anhand der jeweils aktuellen Rechtslage zu prüfen. Dass ihre Anfechtung sich regelmäßig nur auf eine Aufhebung des Verbots mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richten kann, stellt keine Rechtsschutzbeschränkung dar. Vielmehr trägt dies dem Umstand Rechnung, dass das Verbot in der Vergangenheit keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die aufgehoben werden könnte. Im Ausnahmefall, etwa bei einer noch rückgängig zu machenden Vollziehung der Untersagung, bleibt diese wegen ihrer Titelfunktion als Rechtsgrund der Vollziehung rückwirkend anfechtbar (Beschluss vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13; zur Vollzugsfolgenbeseitigung vgl. Urteil vom 14. März 2006 - BVerwG 1 C 11.05 - BVerwGE 125, 110 = Buchholz 402.242 § 63 AufenthG Nr. 2 Rn. 17).

31

Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Die Rechtsweggarantie verbietet zwar, gesetzliche Zulässigkeitsanforderungen so auszulegen, dass ein gesetzlich eröffneter Rechtsbehelf leerläuft, weil das weitere Beschreiten des Rechtswegs unzumutbar und ohne sachliche Rechtfertigung erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 - NJW 2011, 137 m.w.N.). Einen solchen Leerlauf hat die dargestellte Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses aber nicht zur Folge. Ihre sachliche Rechtfertigung und die Zumutbarkeit ihrer prozessualen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass eine großzügigere Handhabung der Klägerin mangels berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses keinen relevanten Vorteil bringen könnte und auch nicht dazu erforderlich ist, maßnahmenspezifische Rechtsschutzlücken zu vermeiden.

32

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird deren prozessualer Aufwand mit der endgültigen Erledigung des Verfahrens, wenn kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen ist, auch nicht entwertet. Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Untersagung, wird infolge der zur Erledigung führenden Befristung durch das Unwirksamwerden der Verbotsverfügung mit Fristablauf erreicht. Das prozessuale Vorbringen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage im Zeitpunkt der Erledigung kann sich bei der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO zugunsten der Klägerin auswirken. Eine Hauptsacheentscheidung in jedem Einzelfall oder gar ein vollständiger Instanzenzug wird durch Art. 19 Abs. 4 GG nicht gewährleistet.

33

(3) Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen.

34

Allerdings ist nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich der Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist, weil die Klägerin Rechtsschutz wegen einer Beschränkung ihrer Dienstleistungsfreiheit begehrt. Zur mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts im Sinne der Vorschrift rechnet der Gerichtshof nicht nur Umsetzungsakte im Sinne eines unionsrechtlich - zumindest teilweise - determinierten Vollzugs, sondern auch mitgliedstaatliche Eingriffe in Grundfreiheiten nach Maßgabe der allgemeinen unionsrechtlichen Schrankenvorbehalte. An dieser Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten der Charta zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs unionsrechtlicher Grundrechte als allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts entwickelt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - Rs. C-260/89, ERT - Slg. 1991, I-2925 Rn. 42), hält der Gerichtshof weiterhin fest. Er geht von einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts aus und verweist dazu auf die Erläuterungen zu Art. 51 GRC, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 7 GRC bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10, Akerberg Fransson - EuZW 2013, 302 ). Wie diese Abgrenzungsformel im Einzelnen zu verstehen ist, inwieweit bei ihrer Konkretisierung grammatische und entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte für eine bewusste Begrenzung des Anwendungsbereichs durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC maßgeblich und welche Folgerungen aus kompetenzrechtlichen Grenzen zu ziehen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 88 und 90; zur Entstehungsgeschichte Borowsky, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, S. 643 ff.), bedarf hier keiner Klärung. Geht man von der Anwendbarkeit des Art. 47 GRC aus, ist dieser jedenfalls nicht verletzt.

35

Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13. Juni 2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris ). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der soeben unter (1) und (2) (Rn. 27 und 28 ff.) dargelegten Kriterien zu konkretisieren.

36

Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991, I-3783 Rn. 24 und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009, I-6653 Rn. 49; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. Rn. 39 f.).

37

Das Äquivalenzprinzip verlangt eine Gleichwertigkeit der prozessrechtlichen Bedingungen für die Durchsetzung von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht (EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005, I-2301 Rn. 43). Es ist hier nicht betroffen, weil die dargelegte verfassungskonforme Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht danach unterscheidet, ob eine Verletzung von Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht geltend gemacht wird.

38

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 60 und Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. Rn. 39 f.). Hier fehlt schon eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung. Sie liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 61; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. Rn. 41). Danach kommt es - nicht anders als nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG - maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die Untersagungsverfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung angefochten werden konnte und § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellung ermöglichte, soweit diese noch zur Abwendung fortwirkender Nachteile von Nutzen sein konnte. Dass die Vorschrift keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.

39

Das Effektivitätsgebot ist ebenfalls nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 a.a.O. und vom 13. März 2007 a.a.O. Rn. 43). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für die Klägerin allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, in: - Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 8. April 1992, Slg. 1992, I-4897 Rn. 5). Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.

40

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 47 Abs. 1 GRC und des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. u.a. - Slg. 1982, I-3415 Rn. 16 ff.). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Gerichtshof ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht geboten.

41

dd) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Auch das Berufungsgericht hat das nicht angenommen. Ein Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin selbst bei Rechtswidrigkeit der Untersagung keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

42

Die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I-5357 Rn. 35) liegen ersichtlich nicht vor, ohne dass es insoweit einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

43

(1) Für den Zeitraum vom Erlass der Untersagung bis zum Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile zu den deutschen Sportwettenmonopolen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8099; - Rs. C-46/08, Carmen Media Group - Slg. 2010, I-8175 und - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8041) scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, weil den Amtswaltern selbst bei Rechtswidrigkeit der zur Begründung der Untersagung herangezogenen Monopolregelung keine schuldhaft-fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Die unionsrechtliche Staatshaftung greift für diesen Zeitraum nicht ein, da ein etwaiger Verstoß gegen das Unionsrecht nicht hinreichend qualifiziert war.

44

(a) Einem Amtswalter ist auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <105 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32; BGH, Urteil vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107>). Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren - unabhängig von der Wirksamkeit und Anwendbarkeit des Monopols - für rechtmäßig gehalten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bejahte seinerzeit in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung (vgl. VGH München, Urteile vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27 und - 10 BV 07.774/775 - juris). Er hat diese Auffassung erst im Hinblick auf die im Herbst 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 (a.a.O.) sowie die daran anknüpfenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, - BVerwG 8 C 15.09 - NWVBl 2011, 307 sowie - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273) in einer Eilentscheidung im Frühjahr 2011 aufgegeben (VGH München, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 - ZfWG 2011, 197 = juris Rn. 24 ff.). Die Orientierung an der berufungsgerichtlichen Rechtsprechung kann den Amtswaltern auch nicht etwa vorgeworfen werden, weil die kollegialgerichtlichen Entscheidungen bis Ende 2010 - für sie erkennbar - von einer schon im Ansatzpunkt völlig verfehlten rechtlichen Betrachtung ausgegangen wären (zu diesem Kriterium vgl. Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 106 f.). Hinreichend geklärt war ein etwaiger Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben jedenfalls nicht vor Ergehen der zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 Rn. 22 ff.), die durch die nachfolgenden Urteile des Senats in Bezug auf das bayerische Monopol konkretisiert wurden. Der Gerichtshof der Europäischen Union stellte seinerzeit erstmals klar, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinn nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern darüber hinaus eine Kohärenz auch zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordert. Außerdem präzisierte er die Grenzen zulässiger, nicht auf Expansion gerichteter Werbung für die besonders umstrittene Imagewerbung.

45

(b) Im Zeitraum bis zum Herbst 2010 fehlt es auch an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist. Diese setzt eine erhebliche und gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1029 Rn. 51 und 55). Nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung nicht die Rede sein. Mangels Harmonisierung des Glücksspielbereichs stand den Mitgliedstaaten ein weites Regelungsermessen zur Verfügung. Seine durch die Grundfreiheiten gezogenen Grenzen waren jedenfalls bis zur unionsgerichtlichen Konkretisierung der intersektoralen Kohärenz nicht so genau und klar bestimmt, dass ein etwaiger Rechtsirrtum unentschuldbar gewesen wäre.

46

(2) Für den anschließenden Zeitraum bis zur endgültigen Erledigung der angegriffenen Untersagung am 30. Juni 2012 bedarf es keiner Prüfung, ob eine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung der Behörden oder ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht zu bejahen ist. Jedenfalls fehlt offensichtlich die erforderliche Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtsverletzung und dem möglicherweise geltend zu machenden Schaden. Das ergibt sich schon aus den allgemeinen Grundsätzen zur Kausalität von fehlerhaften Ermessensentscheidungen für einen etwaigen Schaden.

47

(a) Die Amtshaftung setzt gemäß § 839 BGB voraus, dass der Schaden durch das schuldhaft rechtswidrige Handeln des Amtsträgers verursacht wurde. Bei Ermessensentscheidungen ist das zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, Stand: Sommer 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178).

48

Die unionsrechtliche Staatshaftung greift nur bei einem unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen der hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverletzung und dem Schaden ein. Diese unionsrechtlich vorgegebene Haftungsvoraussetzung ist im mitgliedstaatlichen Recht umzusetzen (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 a.a.O. Rn. 51). Sie ist erfüllt, wenn ein unmittelbarer ursächlicher und adäquater Zusammenhang zwischen dem hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverstoß und dem Schaden besteht (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91 - BGHZ 134, 30 <39 f.>; Papier, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, § 839 Rn. 101). Bei Ermessensentscheidungen ist dieser Kausalzusammenhang nicht anders zu beurteilen als in den Fällen der Amtshaftung. Er fehlt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schaden auch bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung eingetreten wäre.

49

Nach beiden Anspruchsgrundlagen käme daher eine Haftung nur in Betracht, wenn feststünde, dass der Schaden bei rechtmäßiger Ermessensausübung vermieden worden wäre. Das ist für den noch offenen Zeitraum vom Herbst 2010 bis zum 30. Juni 2012 offenkundig zu verneinen. In dieser Zeit war eine Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zur Durchsetzung des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nach § 4 Abs. 1 GlüStV ermessensfehlerfrei gemäß Art. 40 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) möglich.

50

(b) Der Erlaubnisvorbehalt selbst war unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols verfassungskonform (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 ; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 73, 77 ff.) und verstieß auch nicht gegen Unionsrecht. Er diente nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung. Das in Art. 2 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (BayAGGlüStV) näher geregelte Erlaubnisverfahren ermöglichte die präventive Prüfung, ob unter anderem die für die Tätigkeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit vorlag (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayAGGlüStV) und die in Art. 2 Abs. 1 BayAGGlüStV in Bezug genommenen Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes nach §§ 4 ff. GlüStV sowie die besonderen Regelungen der gewerblichen Vermittlung und des Vertriebs von Sportwetten nach §§ 19, 21 GlüStV beachtet wurden. Diese gesetzlichen Anforderungen waren im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel verhältnismäßig und angemessen (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 80 f., 83). Darüber hinaus waren sie hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend. Gegen etwa rechtswidrige Ablehnungsentscheidungen standen wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung (zu diesen Anforderungen vgl. EuGH, Urteile vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08, Engelmann - Slg. 2010 I-8219 Rn. 54 f., vom 19. Juli 2012 - Rs. C-470/11, SIA Garkalns - NVwZ 2012, 1162 sowie vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 und C-209/11, Stanleybet Int. Ltd. u.a. - ZfWG 2013, 95 ).

51

(c) Weil die Klägerin nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung und die Vermittlung der von ihr vertriebenen Sportwetten verfügte, war der Tatbestand der Untersagungsermächtigung offenkundig erfüllt. Art. 40 BayVwVfG ließ auch eine Ermessensausübung im Sinne einer Untersagung zu. Sie entsprach dem Zweck der Norm, da die Untersagungsermächtigung dazu diente, die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren. Die Rechtsgrenzen des Ermessens schlossen ein Verbot ebenfalls nicht aus. Insbesondere verpflichtete das Verhältnismäßigkeitsgebot die Beklagte nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen - mit Ausnahme der möglicherweise rechtswidrigen Monopolvorschriften - erfüllte und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar war. Dann war die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigten dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall war die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht wurden.

52

Aus dem Urteil des Senats vom 1. Juni 2011 (BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; vgl. die Parallelentscheidungen vom selben Tag - BVerwG 8 C 4.10 - ZfWG 2011, 341 und Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 und BVerwG BVerwG 8 C 12.10 - je juris Rn. 53) ergibt sich nichts anderes. Die dortige Formulierung, der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit, mag Anlass zu Missverständnissen gegeben haben. Sie ist aber nicht als Verschärfung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit präventiver Untersagungen zu verstehen und behauptet keine Pflicht der Behörde, eine unerlaubte Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das ergibt sich schon aus dem Zusammenhang der zitierten Formulierung mit der unmittelbar daran anschließenden Erwägung, bei Zweifeln hinsichtlich der Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht. Dies beschränkt die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nicht auf Fälle, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt. Hervorgehoben wird nur, dass eine vollständige Untersagung unverhältnismäßig ist, wenn Nebenbestimmungen ausreichen, die Legalität einer im Übrigen offensichtlich erlaubnisfähigen Tätigkeit zu sichern. Das setzt zum einen den Nachweis der Erlaubnisfähigkeit im Übrigen und zum anderen einen Erlaubnisantrag voraus, da Nebenbestimmungen sonst nicht erlassen werden können. Solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann, bleibt die Untersagung zur Gefahrenabwehr erforderlich. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Urteil vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273). Es erkennt eine Reduzierung des Untersagungsermessens zulasten des Betroffenen an, wenn feststeht, dass dessen unerlaubte Tätigkeit wesentliche Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt. Damit bietet es jedoch keine Grundlage für den - unzulässigen - Umkehrschluss, nur in diesem Fall sei eine Untersagung verhältnismäßig.

53

Die unionsgerichtliche Rechtsprechung, nach der gegen den Betroffenen keine strafrechtlichen Sanktionen wegen des Fehlens einer unionsrechtswidrig vorenthaltenen oder verweigerten Erlaubnis verhängt werden dürfen (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2007 I-1932 Tenorziffer 4 und Rn. 68 ff. sowie vom 16. Februar 2002 - Rs. C-72/10 und C-77/10, Costa und Cifone - EuZW 2012, 275 ), schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit ebenfalls nicht aus. Insbesondere verlangt das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat in einer solchen Situation frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - a.a.O. Rn. 39, 44, 46 ff.). Einen Anspruch auf Duldung einer unerlaubten Tätigkeit vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.

54

Keiner näheren Prüfung bedarf die Verhältnismäßigkeit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts für den Fall, dass die Betroffenen keine Möglichkeit hatten, eine Erlaubnis zu erlangen. Der Freistaat Bayern hat nämlich die Entscheidungen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum Anlass genommen, das Erlaubnisverfahren nach Art. 2 BayAGGlüStV für private Anbieter und die Vermittler an diese zu öffnen. Entgegen der Auffassung der Klägerin bot diese Regelung in Verbindung mit den Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens. Die Zuständigkeit der Regierung der Oberpfalz ergab sich aus Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 BayAGGlüStV. Einer etwaigen Rechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols konnte durch Nichtanwenden der Monopol- und monopolakzessorischen Regelungen Rechnung getragen werden. Die gesetzlich normierten materiell-rechtlichen Anforderungen an das Wettangebot und dessen Vermittlung ließen sich entsprechend auf das Angebot privater Wettunternehmer und dessen Vertrieb anwenden. Einzelheiten, etwa die Richtigkeit der Konkretisierung einer solchen entsprechenden Anwendung in den im Termin zur mündlichen Verhandlung angesprochenen, im Verfahren BVerwG 8 C 15.12 vorgelegten Checklisten sowie die Frage, ob und in welcher Weise private Anbieter in das bestehende Spielersperrsystem einzubeziehen waren, müssen hier nicht erörtert werden. Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und deren Vermittler möglich war und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stand. Der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, eine Erlaubniserteilung sei bisher nicht bekannt geworden, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwangsläufig auf systematische Rechtsverstöße zurückzuführen. Er kann sich auch daraus ergeben haben, dass in den zur Kenntnis des Berufungsgerichts gelangten Fällen mindestens eine wesentliche und auch nicht durch Nebenbestimmungen zu sichernde Erlaubnisvoraussetzung fehlte.

55

(d) Im vorliegenden Falle war die materielle Erlaubnisfähigkeit der unerlaubten Tätigkeit für die Behörde der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht offensichtlich. Vielmehr war für sie nicht erkennbar, inwieweit die gewerbliche Sportwettenvermittlung der Klägerin den ordnungsrechtlichen Anforderungen insbesondere des Jugend- und des Spielerschutzes genügte. Die Klägerin hatte dazu keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt, sondern meinte, ihre unerlaubte Tätigkeit müsse aus unionsrechtlichen Gründen hingenommen werden.

56

Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten ist auch nicht festzustellen, dass diese die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis der Möglichkeit einer rechtsfehlerfreien Untersagung geduldet hätte.

57

(3) Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Staatshaftung kommen nicht in Betracht. Eine über die Amtshaftung und den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinausgehende Haftung für eine rechtswidrige Inanspruchnahme als Störer sieht das bayerische Landesrecht nicht vor (vgl. Art. 70 ff. des Polizeiaufgabengesetzes - BayPAG).

58

ee) Andere Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin ergeben könnte, sind nicht erkennbar.

59

2. In Bezug auf den Bescheid vom 28. November 2007 hat die Revision der Beklagten dagegen keinen Erfolg.

60

Insoweit ist die Klage als Anfechtungsklage unverändert zulässig. Dieser Bescheid erledigte sich nicht endgültig mit Erlass des weiteren Bescheides vom 5. Dezember 2007, weil dieser ihn nicht rückwirkend aufgehoben, sondern nur für die nachfolgende Zeit ersetzt hat. Der erste Bescheid lag nach den Feststellungen der Vorinstanz auch weiterhin der Vollstreckung durch die Einziehung des bereits fällig gestellten Zwangsgeldes zugrunde. Da die Klägerin das Zwangsgeld gezahlt hat, gehen von diesem Bescheid als Rechtsgrund der Vermögensverschiebung unverändert nachteilige Rechtswirkungen für sie aus. Die Anfechtungsklage bleibt daher statthaft; bei einer Aufhebung der Untersagung und Zwangsgeldandrohung vom 28. November 2007 kann die Klägerin die Rückabwicklung der Vollstreckung verlangen.

61

Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die Anfechtungsklage auch - im Ergebnis - zu Recht für begründet gehalten. Seine Annahme, die Untersagungsverfügung vom 28. November 2007 sei während ihrer Wirksamkeit bis zum 5. Dezember 2007 rechtswidrig gewesen, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

62

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Untersagung der Sportwettenvermittlung nach dem - irrevisiblen - Landesrecht erfüllt waren, weil weder die Klägerin noch das Wettunternehmen, an das sie Sportwetten vermittelte, über eine inländische Erlaubnis verfügte (vgl. Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz i.V.m. §§ 284, 27 StGB). Mangels europarechtlicher Harmonisierung musste die Beklagte die dem Wettunternehmen im EU-Ausland erteilte Konzession nicht als solche Erlaubnis anerkennen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 112). Die Entscheidung, die hiernach unerlaubte Tätigkeit zu untersagen, stellte das Landesrecht in das Ermessen der Beklagten. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass diese ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten ohne Erfolg (a). Eine Ermessensausübung war nicht etwa entbehrlich, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert und diese zu einer Untersagung verpflichtet gewesen wäre (b). Die Beklagte hat die Defizite ihrer Ermessenserwägungen auch nicht nachträglich geheilt (c).

63

a) Die Beklagte hat ihre Ermessensentscheidung, die unerlaubte Tätigkeit der Klägerin zu verbieten, im angegriffenen Bescheid maßgeblich damit begründet, dass die erforderliche Erlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden könne. Diese Erwägung war rechtsfehlerhaft, da sie zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung (vgl. § 5 Abs. 4 Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland - LottStV) ausging. Wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend ausführt, war die Monopolregelung unanwendbar, weil sie den unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen nicht genügte und deshalb die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkte (aa). Zwar hat das Berufungsgericht insofern allein auf Umstände abgestellt, die diesen Schluss nicht rechtfertigen (bb). Seine Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (cc). Das kann der Senat beurteilen, ohne dass es einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bedürfte (dd).

64

aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungs- wie der Dienstleistungsfreiheit ist eröffnet, da die Klägerin nach deutschem Recht gegründet wurde und ihren Sitz im Inland hat. Ob der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 AEUV einschlägig ist oder - sofern das Wettbüro der Klägerin nicht als inländische Präsenz des Wettunternehmers anzusehen war - subsidiär die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV eingreift, kann offenbleiben. Die Monopolregelung beschränkt beide Freiheiten. In ihrem räumlichen, inländischen Geltungsbereich schließt sie das Veranstalten von Wetten durch andere als den Monopolträger aus. Darüber hinaus lässt sie eine Wettvermittlung an andere Wettunternehmen als den Monopolanbieter nicht zu. Die unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung der Beschränkung sind ebenfalls für beide Grundfreiheiten deckungsgleich. Die Beschränkung muss das Diskriminierungsverbot beachten sowie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels zu gewährleisten. Außerdem darf sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 ).

65

Das staatliche Sportwettenmonopol, das im Freistaat Bayern im hier maßgeblichen Zeitraum vom 28. November bis zum 4. Dezember 2007 nach Maßgabe des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 13. Februar 2004 (Lotteriestaatsvertrag) - LottStV - (BayGVBl S. 230) und des Gesetzes über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten vom 29. April 1999 - Staatslotteriegesetz - (BayGVBl S. 226) ausgestaltet war, beschränkte die Dienstleistungsfreiheit. Da es die Veranstaltung von Sportwetten dem staatlichen Monopolträger vorbehielt, ließ es eine Vermittlung von Sportwetten an Wettanbieter im EU-Ausland nicht zu.

66

Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass diese Beschränkung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden konnte, weil sie unverhältnismäßig war. Er hat auch zutreffend angenommen, dass das unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgebot eine kohärente Ausgestaltung des Monopols verlangt, und dass sich innerhalb des Kohärenzgebots zwei Anforderungen unterscheiden lassen. Der Mitgliedstaat muss zum einen unionsrechtlich legitime Ziele - wie etwa den Schutz der Verbraucher, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen - im Anwendungsbereich der Regelung tatsächlich verfolgen. Er darf nicht "scheinheilig" legitime Ziele vorgeben, in Wahrheit aber andere - namentlich fiskalische - Ziele anstreben, die die Beschränkung nicht legitimieren können (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 88 ff. sowie Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8175 Rn. 55, 64 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Damit verlangt das Kohärenzgebot weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 95 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 62 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Bedeutung gewinnt das namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Bund und mehrere Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Abs. 1, Abs. 3, ). Jedoch führt es zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O.; vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 82 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272).

67

bb) Das Berufungsgericht hat allein auf die zweite Anforderung des Kohärenzgebots abgestellt, dabei aber unzutreffend angenommen, dass sie eine systematisch am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte, aufeinander abgestimmte Regelung sämtlicher Glücksspielbereiche verlangt. Diese Annahme findet in Art. 56 AEUV und dessen Auslegung durch die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union keine Grundlage. Zwar reicht zur Prüfung der Geeignetheit des Monopols eine sektorale, auf den Monopolbereich beschränkte Kohärenzprüfung nicht aus. Vielmehr sind auch die Auswirkungen einer etwa gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit mindestens gleich hohem Suchtpotenzial zu berücksichtigen. Damit wird der Prüfungsgegenstand jedoch weder von der Verhältnismäßigkeit der Monopolregelungen auf die Verhältnismäßigkeit der anderen Regelungen erweitert, noch setzt die Kohärenz des Monopols eine kohärente Regelung der anderen Bereiche voraus. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Eine solche Konkretisierung ließe unberücksichtigt, dass die Verhältnismäßigkeit für jede Beschränkung gesondert zu prüfen ist (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2004, I-1932 Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 93), und verlöre den Gegenstand der Prüfung - die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele - aus dem Blick. Außerdem stieße sie auf verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45 f., 58). Dies gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Befugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.

68

Nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Inkohärenz wegen konterkarierender Regelungen nicht schon vor, wenn in einem anderen Glücksspielbereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik verfolgt wird, sondern ausdrücklich nur, wenn dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit diesem nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68). Entgegen der Annahme des Berufungsurteils und der Auffassung der Klägerin ist eine Folgenbetrachtung also nicht entbehrlich. Da die Monopolregelung allein in ihrem Anwendungsbereich wirksam werden kann, können Beeinträchtigungen ihrer Wirksamkeit nur dort ermittelt werden. Danach kommt es auf die Rückwirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Glücksspielsektor auf den Monopolbereich an. Festgestellt werden muss, inwieweit diese Glücksspielpolitik die Wirksamkeit der Monopolregelung und deren Beitrag zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele beeinträchtigt. Darin liegt keine Rückkehr zu einer unzureichenden sektoralen Kohärenzprüfung. Diese blendete mögliche Folgen einer Expansionspolitik in anderen Glücksspielbereichen für den Bereich der Sportwetten aus; die intersektorale Kohärenzprüfung bezieht sie dagegen mit ein. Sie lehnt nur die weitergehende Forderung nach einer alle Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz ab, da für die Geeignetheit der Monopolregelung nur ihr eigener Beitrag zur Zielverwirklichung maßgeblich ist.

69

Zur Widerlegung dieser speziell zum Glücksspielrecht entwickelten Konkretisierung des Kohärenzgebots ist die im angegriffenen Urteil zitierte ältere Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nicht geeignet. Auch auf den Vortrag der Klägerin, der Pressemitteilung des Gerichtshofs sei Gegenteiliges zu entnehmen, kommt es mangels rechtlicher Verbindlichkeit solcher Mitteilungen nicht an. Maßgebend sind die einschlägigen Entscheidungen selbst. Ihre Tenorierung lässt keinen Zweifel daran, dass aus der Feststellung einer gegenläufigen Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial noch keine Inkohärenz der Monopolregelung folgt. Den Entscheidungsformeln zufolge kann das vorlegende Gericht, wenn es eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Expansionspolitik im Bereich anderer, nicht monopolisierter Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial feststellt, berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung haben, das Monopol sei nicht mehr geeignet, das Erreichen des mit ihm verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (jeweils a.a.O. Leitsatz 1 d) bzw. Leitsatz 2). Danach ist diese Schlussfolgerung nicht zwingend, sondern nur möglicherweise gerechtfertigt. Ob sie zu ziehen ist, ergibt sich nach den Entscheidungsgründen erst aus der Prüfung, ob das Monopol trotz der gegenläufigen Regelung des anderen Glücksspielbereichs noch wirksam zur Verwirklichung der mit ihm verfolgten Ziele beitragen kann. Dies festzustellen, hat der Gerichtshof den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 65, 68, 71).

70

cc) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Monopolregelung sei inkohärent gewesen, trifft für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 28. November bis zum 4. Dezember 2007 jedoch aus anderen Gründen zu. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (- BVerfG 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276) ist davon auszugehen, dass das bayerische Sportwettenmonopol unter dem Lotteriestaatsvertrag schon die erste der beiden Kohärenzanforderungen nicht erfüllte, weil es nach seiner normativen Ausgestaltung und der damaligen Praxis nicht die vorgeblichen, unionsrechtlich legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes verfolgte. Zwar nahmen § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LottStV diese Ziele auf. Es fehlten jedoch Regelungen, die gewährleisteten, dass das Monopol auch in der Praxis konsequent an den mit ihm verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet wurde (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O.). Solcher Regelungen hätte es auch zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Dienstleistungsfreiheit bedurft. Unionsrechtlich muss die Schaffung eines Monopols mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Daran fehlte es im verfahrensgegenständlichen Zeitraum.

71

Wie das Bundesverfassungsgericht im Einzelnen ausführt, gewährleistete die rechtliche Ausgestaltung des Wettmonopols unter dem Lotteriestaatsvertrag nicht ausreichend, dass das staatliche Wettangebot konsequent in den Dienst einer aktiven Suchtbekämpfung gestellt wurde und ein Konflikt mit fiskalischen Interessen des Staates nicht zu deren Gunsten ausging. Art. 4 des bayerischen Staatslotteriegesetzes vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) enthielt nur rudimentäre Regelungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Monopolangebots, wobei die Verpflichtung zur Ausschüttung von mindestens der Hälfte des Spielkapitals für Oddset-Wetten nicht galt (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 12). Den Vorschriften des Lotteriestaatsvertrags, der in Bayern mit Ausführungsgesetz vom 23. November 2004 (BayGVBl S. 442) umgesetzt wurde, waren ebenfalls keine ausreichenden Regelungen zur konsequenten Ausrichtung des Monopols an den Zielen der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes zu entnehmen. Insbesondere fehlten Vorschriften, die eine Beachtung der Grenzen zulässiger Werbung gewährleisteten. Verfassungs- wie unionsrechtlich war Werbung für das Monopolangebot mit den legitimen Zielen des Monopols nur zu vereinbaren, wenn sie sich auf sachliche Hinweise und Informationen über legale Gelegenheiten zum Wetten beschränkte und die vorhandene Nachfrage kanalisierte. Dagegen durfte sie nicht expansiv auf eine Vergrößerung der Nachfrage gerichtet sein und zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntern oder anreizen. Unzulässig war deshalb insbesondere, dem Wetten durch Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung der Einnahmen ein positives Image zu verleihen oder die Anziehungskraft des Wettens durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103, 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f. sowie vom 15. September 2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer - juris Rn. 68 f.; BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 313 f., 318; vgl. zum Gleichlauf der verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen a.a.O. S. 316). Die Erfüllung dieser Anforderungen war seinerzeit rechtlich nicht gesichert. Die einschlägigen Regelungen in § 4 LottStV verboten zwar irreführende und unangemessene Werbung, schlossen eine ausschließlich am Ziel expansiver Vermarktung orientierte Werbung jedoch nicht aus (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 313).

72

Die erheblichen normativen Defizite der Monopolregelung wurden bis zum 30. Dezember 2007 nicht beseitigt. Zwar änderte § 5 des bayerischen Nachtragshaushaltsgesetzes - NHG - vom 9. Mai 2006 (BayGVBl S. 193) Art. 2 Abs. 5 des bayerischen Staatslotteriegesetzes vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) insoweit, als der staatlichen Lotterieverwaltung die Übertragung der Durchführung von Glücksspielen auf eine juristische Person des Privatrechts nicht mehr nur unter der Bedingung erlaubt wurde, dass der Freistaat Bayern deren alleiniger Gesellschafter war. Die Regelungen zum staatlichen Veranstaltungsmonopol in Art. 2 Abs. 1 und 4 des Staatslotteriegesetzes blieben jedoch unverändert. Das Monopol wurde - unstreitig - auch faktisch aufrechterhalten. Die unzureichenden Regelungen zur Ausgestaltung des Lotterie- und Wettangebots, zum Vertrieb und zur zulässigen Werbung blieben unverändert. Sie konnten damit nach wie vor nicht sicherstellen, dass die Monopolpraxis den legitimen Monopolzielen entsprach. Schließlich war mangels Einschaltens einer neutralen Kontrollinstanz (dazu BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312) weiterhin nicht gewährleistet, dass fiskalische Interessen hinter das Ziel der Suchtbekämpfung zurücktraten.

73

Dass das Bundesverfassungsgericht die Monopolregelung nicht für nichtig, sondern nur für verfassungswidrig erklärt und ihre übergangsweise Anwendung bis längstens zum 30. Dezember 2007 unter bestimmten Maßgaben zugelassen hat (BVerfG a.a.O. S. 319), kann die Anwendung der Regelung vor dem Unionsrecht nicht rechtfertigen. Auf den Vortrag der Revisionsführerin und der Beklagten, der Freistaat Bayern habe die bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben rechtzeitig und vollständig umgesetzt, kommt es deshalb nicht an. Die Erfüllung dieser Maßgaben konnte die Defizite der normativen Ausgestaltung des Monopols weder beheben noch vollständig kompensieren. Die Maßgaben zielten allein darauf, ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen legitimen gesetzlichen Zielen und tatsächlicher Ausübung des Monopols herzustellen. Im Übrigen beschränkten sie sich auf die Forderung, in der Übergangszeit bereits mit einer konsequenten Ausrichtung des Monopols an der Suchtbekämpfung zu beginnen (BVerfG a.a.O.). Das lässt erkennen, dass ihre Erfüllung auch nach der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts noch keinen verfassungsmäßigen Zustand herstellte. Sie ließ nur eine befristete weitere Anwendung der verfassungswidrigen Norm als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheinen (BVerfG a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 ).

74

Unionsrechtlich war die übergangsweise Anwendung der unverhältnismäßigen Monopolregelung ohnedies nicht gerechtfertigt. Die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reichte dazu nicht aus. Die übergangsweise Anwendung unionsrechtswidriger Vorschriften kann nur nach Maßgabe des Unionsrechts legitimiert werden. Die Voraussetzungen dafür lagen nicht vor (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 60 ff., 67 ff.). Entgegen der Auffassung der Revisionsführerin und der Beklagten ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. Januar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 46 ff.) keine solche unionsrechtliche Rechtfertigung. Diese Entscheidung bestätigt vielmehr unter Hinweis auf das eben zitierte Urteil vom 8. September 2010 ausdrücklich, dass ein unionsrechtswidriges Glücksspielmonopol auch nicht übergangsweise weiter angewendet werden darf (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mitgliedstaat ist allerdings nicht zu einer Liberalisierung verpflichtet. Er kann sich auch dafür entscheiden, das Monopol unionsrechtskonform zu reformieren (a.a.O. Rn. 46). Jedenfalls ist er aber bei Unionsrechtswidrigkeit des Monopols verpflichtet, Erlaubnisanträge anderer Glücksspielanbieter auch während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung zu prüfen und gegebenenfalls nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu bescheiden (a.a.O. Rn. 39, 48).

75

Da die unionsrechtliche Unverhältnismäßigkeit der Monopolregelung im Übergangszeitraum sich schon aus ihren normativen Defiziten ergibt, kann die Reichweite der Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 im Übrigen dahinstehen. Insbesondere muss nicht geklärt werden, ob sie sich nach § 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) auf dessen Einschätzung erstreckt, die breit angelegte Werbung im Rahmen der über den Deutschen Lotto- und Totoblock bundesweit koordinierten Veranstaltung von ODDSET habe die Grenzen zulässiger Werbung auch faktisch nicht gewahrt, da sie das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung darstellte und eine fiskalische Ausrichtung des Monopols erkennen ließ (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314).

76

Auf die Verfahrensrügen gegen die Annahme einer intersektoralen Inkohärenz kommt es nicht an, weil die Rechtswidrigkeit des Monopols sich bereits unabhängig von der Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielsektoren aus der rechtswidrigen Ausgestaltung des Monopols selbst ergibt.

77

dd) Zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV auch bezüglich der Auslegung des Art. 56 AEUV kein Anlass. Die Anforderungen, die danach an die normative Ausgestaltung des Sportwettenmonopols zu stellen sind, und die Grenzen zulässiger Werbung sind in der oben dargelegten Rechtsprechung des Gerichtshofs so weit geklärt, dass in den hier entscheidungserheblichen Fragen kein Raum für vernünftige Zweifel bleibt. Auch das Erfordernis intersektoraler Kohärenz einer Monopolregelung ist in der unionsgerichtlichen Rechtsprechung klar und eindeutig konkretisiert. Im Übrigen kommt es auf dieses Erfordernis für die Entscheidung nicht an, da das Urteil des Berufungsgerichts sich bezüglich der Anfechtung des Bescheides vom 28. November 2007 aus anderen, davon unabhängigen Gründen als richtig erwiesen hat. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Niederlassungsfreiheit eine Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 verboten habe, ist mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht dem Gerichtshof vorzulegen. Die angegriffene Untersagungsverfügung wurde im hier maßgeblichen Zeitraum Ende 2007 nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts, also der formellen und materiellen Illegalität der konkreten Tätigkeit begründet, sondern mit dem verfassungs- und unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopol. Sofern die Beklagte die Ermessenserwägungen mit Schriftsatz vom 21. September 2011 rückwirkend auswechseln wollte, wäre dies verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig (dazu sogleich unter c). Auf Bedenken, ob die Untersagung bei Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Monopols trotz Fehlens eines unionsrechtskonformen Erlaubnisverfahrens für Private im Übergangszeitraum mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts hätte begründet werden dürfen, kommt es nicht an. Selbst wenn eine solche Untersagung rechtmäßig möglich gewesen wäre, würde dies die tatsächlich getroffene, fehlerhafte Ermessensentscheidung noch nicht rechtmäßig machen.

78

b) Die Beklagte meint, auf etwaige Fehler ihrer Ermessensausübung komme es nicht an, weil ihr Ermessensspielraum ohnehin dahin eingeschränkt gewesen sei, dass nur eine Untersagung rechtmäßig gewesen wäre. Dieser Vortrag kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen.

79

Eine Rechtfertigung der Untersagung vom 28. November 2007 wegen intendierten Ermessens hat der Verwaltungsgerichtshof revisionsrechtlich fehlerfrei verneint. Er musste auch nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null zulasten der Klägerin ausgehen. Zwar war die Beklagte befugt, die unerlaubte Wettvermittlung zur Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts zu verbieten, wenn die materielle Erlaubnisfähigkeit - monopolunabhängig - nicht offensichtlich war (vgl. oben Rn. 51 f.). Zu einer Untersagung verpflichtet war sie aber nur, wenn der Zweck der Ermächtigung und die gesetzlichen Ermessensgrenzen keine andere Entscheidung zuließen (vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273 Rn. 72 ff., 88). Das setzte jedenfalls voraus, dass die Vermittlungstätigkeit der Klägerin gegen monopolunabhängige, rechtmäßige Beschränkungen der Vermittlungstätigkeit verstieß und dass Nebenbestimmungen oder - bei Fehlen eines Erlaubnisantrags - ein Teilverbot nicht ausreichten, die Erfüllung der rechtmäßigen materiell-rechtlichen Anforderungen zu gewährleisten. Die Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs tragen einen solchen Schluss nicht. Wirksame Verfahrensrügen wurden insoweit nicht erhoben. Insbesondere ist ein Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsaufklärung gemäß § 86 VwGO nicht substantiiert geltend gemacht.

80

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde der Ermessensfehler schließlich nicht durch die mit Schriftsatz der Beklagten vom 21. September 2011 nachgeschobenen Erwägungen geheilt. Dabei kann offenbleiben, ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen hinreichend deutlich auch in Bezug auf diesen Bescheid - und nicht nur bezüglich des ihn ersetzenden Bescheides vom 5. Dezember 2007 - erklärt wurde. Dahinstehen kann auch, ob im ersten Fall das Nachschieben von Gründen schon wegen der Aufhebung der ersten Untersagungsverfügung durch die zweite im Dezember 2007 ausgeschlossen war. Jedenfalls lag ein Auswechseln wesentlicher Ermessenserwägungen vor, das die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigte, soweit es sich auf einen bereits abgelaufenen Zeitraum bezog.

81

Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (stRspr, Urteile vom 14. Oktober 1965 - BVerwG 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215 <218> = Buchholz 232 § 32 BBG Nr. 14, vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <59> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 und vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3). Diese Grundsätze gelten auch bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung wie der glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung, wenn deren Begründung für einen bereits abgelaufenen Zeitraum geändert werden soll.

82

Hier liegt ein Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen vor. Die Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols, auf das die Untersagung ursprünglich gestützt wurde, ist für die nachgeschobene Begründung der Untersagung mit der formellen und materiellen Illegalität der Wettvermittlung unerheblich. Gegen einen Austausch der wesentlichen Erwägungen spricht auch nicht, dass beide Begründungen an das Fehlen einer Erlaubnis anknüpfen. Die formelle Illegalität erfüllt den Tatbestand der Untersagungsermächtigung und eröffnet damit nur das Ermessen. Dessen Ausübung muss sich daher nach anderen Kriterien richten. Ob im Austausch der wesentlichen Ermessenserwägungen schon eine Wesensänderung der Untersagung selbst liegt, kann dahinstehen. Jedenfalls wird die Rechtsverteidigung des Betroffenen erheblich beeinträchtigt, wenn die maßgeblichen Erwägungen rückwirkend ausgewechselt werden. Die neue Begründung der Untersagung stellt erstmals auf die monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlung und das Wettangebot ab. Dem Betroffenen bleibt nur, diese Anforderungen zu prüfen und für den bereits abgelaufenen Zeitraum entweder darzulegen, dass sie rechtswidrig waren, oder darzutun, dass seine Tätigkeit mit ihnen übereinstimmte. Soweit die rückwirkende Änderung der Begründung die Erfolgsaussichten der Klage entfallen lässt, kann er darauf nur nachträglich reagieren.

83

3. Soweit die Revision begründet ist, kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden. Wegen der Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage war das Berufungsurteil insoweit - teilweise - zu ändern und die Berufung insoweit zurückzuweisen. Damit wird das erstinstanzliche, klageabweisende Urteil wieder hergestellt, soweit es die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 bezüglich des Zeitraums bis zum 30. Juni 2012 betrifft. Die Umstellung des Klageantrags wegen der endgültigen Erledigung dieser Verfügung mit Ablauf des genannten Zeitraums steht dem nicht entgegen, weil der klageabweisende Tenor auch auf den umgestellten Klageantrag zu beziehen ist.

84

Der nicht nachgelassene, nach Schluss der mündlichen Verhandlung übermittelte Schriftsatz der Beklagten vom 22. April 2013 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

85

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 VwGO. Die Kosten bezüglich des erledigten Teils des Rechtsstreits waren mangels übereinstimmenden Vorschlags der Hauptbeteiligten wegen der insoweit offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache beiden Hauptbeteiligten jeweils zur Hälfte aufzuerlegen. Die auf die streitige Revisionsentscheidung entfallenden Kosten sind nach § 154 Abs. 2 VwGO von der Beteiligten zu tragen, soweit ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist. Im Übrigen fallen sie nach § 154 Abs. 1 VwGO der Klägerin zur Last.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - geändert. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 wird aufgehoben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08.09.2015 betrifft.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung des beklagten Landes ex nunc.
Die Klägerin ist eine als (private) limited company organisierte juristische Person mit Sitz in ... und verfügt dort über eine glücksspielrechtliche Lizenz. Sie betreibt die Internetseiten ... und ..., auf denen sie auch in deutscher Sprache die Teilnahme an verschiedenen Online-Spielen, darunter Poker- und Casinospiele, anbietet. Das ursprüngliche Angebot zur Teilnahme an Sportwetten über diese Internetseiten ist derzeit eingestellt; seine Wiederaufnahme ist nicht ausgeschlossen.
Nach vorheriger Anhörung untersagte das beklagte Land der „...“ mit auf § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV a.F. gestützter Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV a.F. zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), gab ihr auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe mitzuteilen (Ziff. 2) und drohte ihr für den Fall, dass sie Ziffern 1 und 2 der Verfügung binnen zwei Wochen nach deren Bekanntgabe nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR an (Ziff. 3). Bei den angebotenen Sportwetten, Poker- und Casinospielen handele es sich um öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 GlüStV a.F.. Die erforderliche, auf Baden-Württemberg bezogene Erlaubnis hierfür sei nicht erteilt worden und könne auch nicht erteilt werden. Die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel sei in der Hand des Staates monopolisiert. Mit den Internetseiten werde gleichzeitig unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3, 4 GlüStV a.F. für öffentliches Glücksspiel im Internet bzw. für unerlaubtes Glücksspiel geworben. Es werde darauf hingewiesen, dass die Verfügung sich auf alle betriebenen Internetauftritte erstrecke, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.
Die Klägerin hat am 13.02.2010 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Sie hat u.a. geltend gemacht, die angefochtene Verfügung sei ihr nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden, vielmehr an ein Unternehmen mit ähnlicher Firma unter ihrer Anschrift adressiert gewesen. Mit der Verfügung werde gegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip verstoßen. Die Umsetzung der Verfügung sei faktisch nur im Wege einer bundesweiten Maßnahme durch Abschalten der Websites möglich. Hierfür fehle es dem beklagten Land an der Verbandskompetenz. Der Verfügung mangele es auch an der erforderlichen Bestimmtheit. Sie bürde ihr die Prüfung auf, welche der von ihr veranstalteten Spiele Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. seien. Poker sei tatbestandlich kein Glücksspiel, jedenfalls sei jede Variante gesondert zu prüfen. Die Verpflichtung zum Abschalten aller, auch legale Angebote in anderen Ländern umfassende Websites sei unverhältnismäßig. Alternative Maßnahmen der Geolokalisation oder Festnetz- und Handyortung seien technisch nicht mit hinreichendem Erfolg durchführbar und verstießen auch im Einwilligungsfall gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. Das Abschalten der Websites sei auch nicht erforderlich, weil mit der (erfolgten) Aufnahme eines Disclaimers in die Endbenutzervereinbarung auf ihren Websites eine im Vergleich zu dem kompletten Abschalten der Websites milderes Mittel zur Verfügung stehe. Auch sei die praktische Umsetzung der Geolokalisation unzumutbar, weil sie ihr Geschäftsmodell in Frage stellen würde. Die Vornahmefrist sei zu kurz, das angedrohte Zwangsgeld unverhältnismäßig hoch.
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten und hat u.a. geltend gemacht, der Bescheid sei ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Die Bekanntgabe werde durch ... geduldet. Außerdem sei es der Klägerin verwehrt, sich auf völkerrechtliche Verbote zu berufen. In der Verfügung sei lediglich die Firma der Klägerin unvollständig angegeben worden, ohne dass hierunter die Erkennbarkeit des Adressaten leide. Der Bestimmtheit der Verfügung stehe nicht entgegen, dass die Wahl der konkreten Art und Weise der Umsetzung in das Ermessen der Klägerin gestellt werde. Die Vorgabe eines konkreten Mittels sei unverhältnismäßig. Es seien Möglichkeiten zur Erreichung des Unterlassungserfolgs aufgezeigt worden. Die Umsetzung der Verfügung sei auch tatsächlich und (datenschutz-)rechtlich, insbesondere durch Handyortung oder Geolokalisation, möglich. Auch sei die vollständige Löschung der Internetseiten zumutbar. Das vollständige Entfernen der Internetseiten bzw. ihre Sperrung in ganz Deutschland habe zwar Auswirkungen über Baden-Württemberg hinaus, sei aber von ihrer Verbandskompetenz gedeckt. Die an sich entbehrliche Umsetzungsfrist sei ausreichend, die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes angemessen.
Mit Urteil vom 03.11.2011, der Klägerin zugestellt am 10.11.2011, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, da die Klägerin Spielern in Baden-Württemberg durch ihr Internetangebot die Teilnahme an Glücksspielen ermögliche, sei das Regierungspräsidium Karlsruhe zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständig, weil sich die polizeiliche Gefahr in Baden-Württemberg realisiere. Die Untersagungsverfügung sei auch gegenüber der Klägerin durch ordnungsgemäße Bekanntgabe wirksam geworden. Dass sie Adressatin der Verfügung sei, gehe hinreichend bestimmt aus dem Bescheid hervor. Dies ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass sie diejenige sei, die auf den in der Verfügung im Einzelnen benannten Internetseiten Sportwetten sowie Poker- und Casinospiele veranstalte. Zudem sei die Verfügung an eine Adresse übersandt worden, an der nur sie ihren Sitz habe. Bei den von der Klägerin dargebotenen Sportwetten, Poker- und Casinospielen handele es sich um Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Insbesondere sei auch Poker als Glücksspiel zu qualifizieren. Die streitgegenständliche Verfügung sei auch hinreichend bestimmt. Von der Klägerin werde unter Hinweis auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags das Unterlassen jeglicher Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel und der Werbung hierfür verlangt. Einer weiteren Präzisierung und Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Glücksspielarten habe es nicht bedurft. Es habe der Klägerin als verpflichteter Adressatin auch selbst überlassen werden dürfen, auf welche Weise sie der Unterlassungsanordnung nachkomme. Maßgeblich sei einzig, dass vom Gebiet des Landes Baden-Württemberg aus Spielangebote der Klägerin nicht mehr angenommen werden könnten und diesbezügliche Werbung nicht mehr abgerufen werden könne. Mit dieser Verpflichtung werde von der Klägerin weder etwas rechtlich noch tatsächlich Unmögliches verlangt noch sei ihr die Befolgung unzumutbar. Da neben der Möglichkeit der vollständigen Entfernung des Internetinhalts das Verfahren der Geolokalisation existiere, sei jedenfalls nicht von einer technischen Unmöglichkeit des angegriffenen Bescheids auszugehen. Selbst die bundesweite Entfernung des Internetinhalts sei der Klägerin zuzumuten. Unerheblich sei insoweit, dass mit der streitigen Verfügung nur für Baden-Württemberg ein Veranstaltungs- und Werbeverbot ausgesprochen worden sei. Denn diese Beschränkung entspreche der nach § 9 Abs. 1 GlüStV a.F. auf Baden-Württemberg beschränkten Kompetenz des Beklagten. Das angedrohte Zwangsgeld stehe in angemessenem Verhältnis zu den erzielbaren Gewinnen aus den von der Klägerin veranstalteten Glücksspielen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz LVwVG brauche eine Frist nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder wie vorliegend Unterlassung erzwungen werden solle. Es bestünden zudem keine Bedenken, dass jedenfalls die der Klägerin auch zumutbare bundesweite Einstellung der Veranstaltungstätigkeit im Internet in der gesetzten Frist möglich sei. In dem Urteil wurde die Berufung zugelassen.
Die Klägerin hat am 12.12.2011 Berufung eingelegt und mit am 10.01.2012 beim Senat eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie trägt ergänzend u.a. vor, das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. sei nicht kohärent ausgestaltet. Ein Internetvertriebsverbot für Glücksspiele sei zwar grundsätzlich mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, jedoch nur, wenn es sich ausnahmslos auf jedes Anbieten von Glücksspiel beziehe. Der neue Glücksspielstaatsvertrag enthalte aber kein generelles Internetvertriebsverbot mehr. In § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. fänden sich Ausnahmeregelungen für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet. Des Weiteren gelte das Internetvertriebsverbot gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 GlüStV n.F. nicht für Pferdewetten im Internet. Diese unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Sektoren sei nicht gerechtfertigt. Denn der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass mit dieser unterschiedlichen Behandlung die in § 1 GlüStV n.F. normieren Ziele verfolgt würden. Das Internetwerbeverbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. sei ebenfalls nicht mehr absolut ausgestaltet. Vielmehr biete § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. teilweise die Möglichkeit, Werbung im Internet für Glücksspiel zuzulassen. Die Inkohärenz ergebe sich auch daraus, dass das Glücksspiel an gewerblichen Glücksspielautomaten, das am stärksten suchtauslösend sei, weiterhin einer unbeschränkten Anzahl von privaten Anbietern offenstehe. Auch Pferdewetten könnten von einer potentiell unbeschränkten Anzahl von privaten Anbietern angeboten werden, obwohl sie nur einen Unterfall zu sonstigen Sportwetten darstellten. Bei Sportwettanbietern werde die Anzahl gemäß § 10a Abs. 2 GlüStV n.F. auf die willkürlich erscheinende Zahl von 20 begrenzt. Allein in Schleswig-Holstein hätten 25 Anbieter eine Genehmigung erhalten. Auch der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV n.F. sei inkohärent und damit europarechtswidrig. Grund hierfür sei die unsystematische und inkohärente Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens für das Anbieten von Online-Sportwetten und die fehlende Erlaubnismöglichkeit für Online-Casinospiele und Online-Poker, die weniger suchtgefährdend als das für private Veranstalter zulässige Automatenglücksspiel und die einer Erlaubnis zugänglichen Sportwetten seien. Zwar könne generell ein Erlaubnisvorbehalt eine zulässige Maßnahme zur Begrenzung des Zugangs zum Glücksspielmarkt sein. Das unter dem neuen Glücksspielstaatsvertrag aufgestellte System der Konzessionen für Sportwetten entspreche aber nicht den europarechtlichen Bedingungen. Es gebe keine objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien. Auch spreche die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV n.F., wonach es keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung gebe, gegen eine nicht-willkürliche Ermessensausübung durch die Behörden und einen effektiven Rechtsbehelf. Casinospiele oder Poker könnten nur offline und nur von staatlichen Monopolisten angeboten werden. Die Regelungen des Staatsmonopols für Glücksspiele und das Internetverbot strahlten deshalb auf den Erlaubnisvorbehalt aus. Aufgrund dieser Regelungen sei es ihr nicht möglich, eine Genehmigung unter dem Regime des neuen Glücksspielstaatsvertrags zu erhalten. Da diese Regelungen unionsrechtswidrig seien, sei auch der Erlaubnisvorbehalt unionsrechtswidrig. Auch könne der Erlaubnisvorbehalt eine Untersagungsverfügung nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen. Das beklagte Land habe nicht dargelegt, weshalb die materiellen Voraussetzungen für eine Erteilung einer Erlaubnis nicht vorlägen. Ihr Angebot sei erlaubnisfähig, wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag europarechtskonform angewendet werde. Die Beantragung einer Glücksspielerlaubnis sei bisher vollkommen aussichtslos gewesen, da sich der Beklagte mit Sicherheit auf das europarechtswidrige Internetvertriebsverbot berufen hätte, um diesen Antrag abzulehnen. Aus diesem Grund sei es dem Beklagten verwehrt, sich nunmehr auf die fehlende formelle Antragstellung zu berufen. Auf eine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit komme es nicht an, obwohl ihr Angebot auch dieses Kriterium erfülle. Die Genehmigungsfähigkeit zeige sich schon daran, dass die ..., eine mit ihr verbundene Gesellschaft, in Schleswig-Holstein eine Lizenz für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen, welche auch Poker einschließe, und Sportwetten erhalten habe. Sie sei als Gesellschaft derselben Firmengruppe denselben konzerninternen Richtlinien unterworfen wie die ... und halte im Wesentlichen vergleichbare Geldwäschevermeidungs-, Jugend- und Spielerschutz- sowie Betrugsvorsorgekonzepte vor. Der vom beklagten Land in diesem Zusammenhang angeführte § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. beziehe sich ausdrücklich auf den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet. Diese Spiele würden von ihr derzeit jedoch nicht angeboten. Sie sei auch gewillt, sich um eine Erlaubnis zu bemühen und die entsprechenden Anforderungen zu erfüllen, wenn es die Möglichkeit einer europarechtskonformen Erlaubniserteilung gäbe. Weil das Erlaubnisverfahren für Sportwetten nicht die europarechtlichen Vorgaben erfülle, könne ihr mögliches Sportwettangebot ebenfalls nicht aufgrund des bloßen Fehlens einer formellen Erlaubnis verboten werden. Die Untersagungsverfügung sei so auszulegen, dass sie sich auch auf Webseiten beziehe, die nur der Kontrolle von mit ihr verbundenen Unternehmen unterlägen. Damit sei die Untersagungsverfügung unzumutbar. Denn die ... verfüge über eine Lizenz zum Veranstalten von Online-Sportwetten und Online-Casinospielen in Schleswig-Holstein. Daher sei ihr eine deutschlandweite Sperrung ebenso wie die Geolokalisation nicht zuzumuten, sofern davon auch das Angebot in Schleswig-Holstein betroffen sei. Im Übrigen trete die streitgegenständliche Verfügung in Konflikt mit den beiden Genehmigungen aus Schleswig-Holstein, die der ... erteilt worden seien. Während die Verfügung alle Spieler umfasse, die sich zur Zeit der aktiven Spielteilnahme in Baden-Württemberg aufhielten, gälten die Genehmigungen der ... aus Schleswig-Holstein für Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Schleswig-Holstein. Für Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein, die sich für kurze Zeit in Baden-Württemberg aufhielten, stehe die Verfügung daher in direktem Widerspruch zu dem nach den Genehmigungen aus Schleswig-Holstein zulässigen Angebot. Der Verfügung fehle es an einer hinreichenden Konkretisierung auf ihr Angebot. Dies zeige sich auch daran, dass die Verfügung ohne nähere Begründung auch das Vermitteln von Glücksspielen untersage, ohne dass dargelegt werde, inwieweit sie jemals als Vermittlerin tätig geworden sei. Vollkommen unklar sei auch, was mit der Formulierung „solche Tätigkeiten zu unterstützen“ gemeint sei. Die Verfügung sei auch ermessensfehlerhaft. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum gerade gegen sie vorgegangen werde, obwohl der ..., die mit ihr konzernrechtlich verbunden sei, in Schleswig-Holstein Genehmigungen erteilt worden seien. Der Konzern bemühe sich um den Erhalt von Genehmigungen, wo dies möglich sei, wohingegen andere Anbieter ohne Interesse an einer rechtmäßigen Ausgestaltung ihres Angebots unbehelligt blieben. Sie werde auch in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn der Beklagte nicht mehr im Wege von neuen Untersagungsverfügungen gegen vermeintliche Anbieter von Glücksspielen im Internet vorgehe, während er gleichzeitig an der streitgegenständlichen Verfügung gegen sie festhalte. Soweit der Beklagte ausführe, dass Poker- und Casinospiele, anders als Lotterien, Sport- und Pferdewetten, schnelle Spielintervalle hätten und somit gerechtfertigterweise entsprechend § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. strenger als Sportwetten und Lotterien reguliert werden müssten, da Spiele mit einem schnellen Spielintervall suchtfördernd wirkten, sei darauf hinzuweisen, dass das schnelle Spielintervall keine Frage des angebotenen Spiels sei, sondern lediglich der Art und Weise, wie ein Spiel angeboten werde. Das behauptete hohe Spielintervall bei Pokerspielen lasse sich bei entsprechenden Spielen, die häufig über mehrere Stunden andauerten, bereits tatsächlich nicht feststellen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 aufzuheben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08. September 2015 betrifft.
10 
Das beklagte Land beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Es sei einem Anbieter zumutbar, Geolokalisationsmaßnahmen so einzurichten, dass ein Aufrufen der Internetseite im gesamten Bundesgebiet nicht mehr möglich sei, sofern der Anbieter geltend mache, Geolokalisationsmaßnahmen seien in Bezug auf die einzelnen Bundesländer nicht erfolgversprechend. Der zwischenzeitlich beendete Sonderweg Schleswig-Holsteins im Glücksspielbereich habe keine Auswirkungen auf die Kohärenz der in den anderen Bundesländern bestehenden Internetverbote für Glücksspiele. Die von der Klägerin angebotenen Poker- und Casinospiele seien nicht erlaubnisfähig, da derartige Glücksspiele im Internet generell nicht angeboten werden dürften. Daneben würden auch bei diesen Glücksspielen die in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Internetglücksspielen nicht eingehalten. Da die von der Klägerin im Internet angebotenen Glücksspiele nicht erlaubnisfähig seien, läge im Hinblick auf die Untersagung - wie nach altem Recht - eine Ermessensreduktion auf Null vor. Zwar gebe es nach neuem Recht kein generelles Internetverbot mehr, vielmehr sei unter bestimmten Voraussetzungen das Anbieten von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet gestattet, doch führe diese Öffnung des Internets für bestimmte Glücksspielarten nicht dazu, dass von einer Ermessensreduktion auf Null abzusehen und die Ermessenserwägungen an die aktuelle Rechtslage anzupassen wären. Denn die in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. genannten Glücksspiele seien nicht per se erlaubnisfähig, sondern nur, wenn die dort genannten spezifischen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eingehalten würden. Dies sei aber bei den von der Klägerin angebotenen Glücksspielen nicht der Fall. Da die von der Klägerin angebotenen Glücksspiele aus einer Vielzahl von Gründen nicht erlaubnisfähig seien, sei es auch nicht möglich, die Erlaubnisfähigkeit mittels Nebenbestimmungen sicherzustellen. Ungeachtet dessen sei eine Verpflichtung, von der Untersagung unerlaubten Glücksspiels abzusehen und statt dessen die fehlende Erlaubnisfähigkeit durch Nebenbestimmungen sicherzustellen, nur dann gegeben, wenn für das betreffende Glücksspiel ein Erlaubnisantrag gestellt worden sei und die Erlaubnisfähigkeit des Glücksspiels ohne tiefgehende Prüfung festgestellt werden könne. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Das für Poker- und Casinospiele bestehende Internetverbot sei auch nicht wegen Verstoß gegen das Kohärenzgebot unionsrechtswidrig. Die im Internet zugelassenen Glücksspiele wiesen ein deutlich geringeres Suchtpotential auf als Poker- und Casinospiele. Aus § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. ergebe sich, dass im Internet generell keine Spiele mit einem schnellen Spielintervall erlaubt werden könnten, weil ein schnelles Spielintervall suchtfördernd wirke. Poker- und Casinospiele hätten aber, anders als Lotterien, Sport- und Pferdewetten, per se ein äußerst schnelles Spielintervall. Da das Internetverbot für Poker- und Casinospiele unionsrechtskonform sei, könne der Klägerin auch die fehlende Erlaubnis zum Veranstalten derartiger Glücksspiele entgegengehalten werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin seien die von ihr angebotenen Internetglücksspiele nicht erlaubnisfähig. Um den Ausschluss minderjähriger Spieler im Internet sicherzustellen, verlange § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. die Identifizierung und Authentifizierung der Spieler. Die Klägerin führe ein solches Identifizierungsverfahren nicht durch. Die Erlaubnisfähigkeit ergebe sich auch nicht daraus, dass im Konzernverbund der Klägerin eine schleswig-holsteinische Erlaubnis für die von ihr angebotenen Poker- und Casinospiele erteilt worden sei. Diese Erlaubnis habe in Baden-Württemberg keine Gültigkeit. Auf der Internetseite ... biete die Klägerin Spiele an, die nach dem zwischenzeitlich aufgehobenen Landesglücksspielgesetz Schleswig-Holstein nicht erlaubnisfähig gewesen wären. Ungeachtet dessen stelle die Geolokalisation nur einen Baustein unter mehreren dar, mit dem die Klägerin der Verfügung nachkommen könne. Daneben weise die Geolokalisation eine sehr hohe Schärfe auf. Es genüge die Bestimmbarkeit der Verfügung. Die Klägerin biete im Internet über diverse Internetseiten eine sehr große Anzahl von unerlaubten Glücksspielen an. Vor diesem Hintergrund sei es nicht geboten, diese Spiele in der Verfügung einzeln aufzuführen, zumal die Klägerin ihr Spielangebot auch variiere und regelmäßig neue Spiele in ihr Sortiment aufnehme. Es genüge demnach, ihr pauschal unerlaubtes öffentliches Glücksspiel zu untersagen. Anders sei die Fallkonstellation zu beurteilen, dass nur ein Spiel angeboten werde, bei dem streitig sei, ob es sich überhaupt um ein Glücksspiel handle. Dann sei eine Pauschaluntersagung von Glücksspielen nicht zulässig, die Untersagung müsse vielmehr auf das konkrete Spiel beschränkt werden. Sofern die Klägerin behaupte, sie habe zu keiner Zeit Glücksspiele vermittelt, stehe dies der Bestimmtheit der Verfügung nicht entgegen. Fraglich könne allenfalls sein, ob es erforderlich gewesen sei, ihr auch das Vermitteln von unerlaubtem Glücksspiel zu untersagen. Bei einer Beschränkung der Verfügung auf das Untersagen des Veranstaltens bestünde das Risiko, dass die Klägerin den Internetauftritt weiterführe, aber nicht mehr als Veranstalter der angebotenen Glücksspiele auftrete, sondern die Veranstaltereigenschaft auf ein anderes Unternehmen übertragen werde und die Klägerin nun an dieses Unternehmen vermittele oder die Veranstaltung durch ein anderes Unternehmen anderweitig unterstütze. Anders als die Klägerin meine, sei es nicht nur gegen die Klägerin vorgegangen, sondern gegenüber einer Vielzahl von Anbietern seien ebenfalls vergleichbare Untersagungsverfügungen ausgesprochen worden. Man habe auch im Jahr 2013 noch Untersagungen gegen unerlaubtes Glücksspiel ausgesprochen. Allerdings habe es seine Tätigkeit im Bereich der Untersagung von Poker- und Casinospielen im Internet wegen der Rechtsprechung einstellen müssen. Nachdem der EuGH aber festgestellt habe, dass die Rechtslage in Schleswig-Holstein keine Auswirkungen auf die Kohärenz des Internetverbots für Poker- und Casinospiele habe, habe es seine Untersagungstätigkeit in diesem Bereich wieder aufgenommen und bereits mehrere Anhörungen versandt und auch in zwei Fällen bereits eine Untersagung erlassen. Ungeachtet dessen liege im vorliegenden Fall eine Ermessensreduktion auf Null vor, so dass es im Rahmen des Ermessens entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht berücksichtigen müsse, dass im Konzernverbund der Klägerin eine schleswig-holsteinische Erlaubnis vorliege. Auch eine Anpassung der Ermessenserwägungen der streitgegenständlichen Verfügung an die aktuelle Rechtslage sei nicht geboten, da sich die Rechtslage in Bezug auf die Untersagung unerlaubten Glücksspiels nicht geändert habe und die von der Klägerin angebotenen Glücksspiele nach altem und neuem Recht nicht erlaubnisfähig (gewesen) seien. Daneben habe er mehrfach im Rahmen seiner gerichtlichen Schriftsätze deutlich gemacht, dass an der Verfügung auch unter der aktuellen Rechtslage festgehalten werde und diese auf die jetzt geltenden Vorschriften gestützt würden. Auch die Untersagung der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel sei rechtmäßig, da die Klägerin für die von ihr angebotenen und beworbenen Glücksspiele keine Erlaubnis besitze, die betreffenden Glücksspiele auch nicht erlaubnisfähig seien und auch nach neuem Recht ein Werbeverbot für unerlaubtes Glücksspiel bestehe. Auf die Anforderungen für die Untersagung der Internetwerbung komme es deshalb nicht an.
13 
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 03.09.2010 (3 K 521/10) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Klage abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin blieb ohne Erfolg (Beschluss des Senats vom 09.03.2011 - 6 S 2255/10 -). Mit Beschluss vom 16.11.2011 (3 K 2934/11) hat das Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 29.12.2011 (6 S 3329/11) zurück. Mit Beschluss vom 23.04.2013 (6 S 103/13) ordnete der Senat unter Änderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 03.09.2010 und vom 16.11.2011 sowie der Beschlüsse des Senats vom 09.03.2011 und vom 29.12.2011 die aufschiebende Wirkung der Klage ab dem 01.07.2012 an.
14 
Mit Beschluss vom 23.04.2013 setzte der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 - I ZR 171/10 - aus. Am 30.07.2014 wurde das Verfahren fortgesetzt.
15 
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit es den Zeitraum bis zum 07.09.2015 betraf. Insoweit wurde das Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 6 S 1869/15 fortgeführt.
16 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Heft), die Akten des Verwaltungsgerichts im Ausgangsverfahren sowie in den Verfahren 3 K 521/10 und 3 K 2934/11, ferner die Akten der Verfahren 6 S 2255/10, 6 S 3329/11 und 6 S 103/13 vor. Hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
1. Die Untersagungsverfügung vom 21.01.2010 genügt als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis (§ 37 Abs. 1 LVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).
19 
a) Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.). Wenn Rechtspositionen Dritter rechtserheblich betroffen sind, muss der Inhalt auch für den Drittbetroffenen hinreichende Bestimmtheit aufweisen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rdnr. 7). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, InfAuslR 2013, 193; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, BVerwGE 145, 275). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 - 3 C 42.91 -, BVerwGE 94, 341; Stelkens, a.a.O., Rdnr. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a.a.O., Rdnr. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a.a.O.).
20 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 153, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
21 
b) In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass das beklagte Land damit nicht nur die über die in der Verfügung aufgeführten Internetseiten angebotenen und beworbenen Sportwetten, Poker- und Casinospiele untersagte, sondern jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf S. 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat das beklagte Land keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Auf die Frage, ob es im konkreten Fall einfacher oder schwieriger ist, eine hinreichend bestimmte Verfügung zu formulieren, kommt es, anders als das beklagte Land meint, in diesem Zusammenhang nicht an, weil mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung hier (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation BayVGH, Urteil vom 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 -, juris) eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten ist.
22 
c) Auch ohne den fraglichen Passus auf S. 7 der angefochtenen Verfügung wäre der Gegenstand der Untersagungsverfügung nicht hinreichend bestimmt.
23 
Dabei gelten zum einen erhöhte Anforderungen mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 284 ff. StGB, zum anderen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. (i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV n.F.; vgl. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a.F.). Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen (sogenanntes financial blocking). Zuständig hierfür ist bei Internetvertrieb von öffentlichem Glücksspiel nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regelmäßig die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen, weil das Angebot in der Regel in mehr als einem Land erfolgt. Nach Auffassung des beklagten Landes ist die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen gegenüber Anbietern von Internetglücksspielen, die ihren Sitz im Ausland haben, also auch im Fall der Klägerin, in den meisten Fällen unmöglich (LT-Drs. 15/3459, S. 6). Als „Vollstreckungsmöglichkeit“ wird der Erlass (und gegebenenfalls die Vollstreckung) von Verfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. zur Kappung von vom Inland ausgehenden Zahlungsströmen an ausländische Glücksspielanbieter angesehen. Dies setzte im vorliegenden Fall, aufbauend auf der streitgegenständlichen Verfügung, den Erlass einer weiteren Verfügung gegenüber dem oder den betroffenen Zahlungsinstituten durch die niedersächsische Glücksspielaufsichtsbehörde voraus. Dann ist für die Bestimmung des Empfängerhorizonts nicht nur der Umstand relevant, dass die Klägerin Anbieterin von Glücksspielen ist, sondern auch, dass bei der „Vollstreckung“ der Verfügung branchenfremde Dritte beteiligt sind, die sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen, wenn Zahlungen aus legalen Vorgängen unterbrochen werden (sogenanntes over-blocking, vgl. Hambach/Brenner, in: Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht, § 9 GlüStV Nr. 68 f.).
24 
Der für sich genommen unbestimmte Tenor in Ziff. 1 der Verfügung wird durch die Angabe im Bescheid, dass die Klägerin über die Internetseiten ... und ... öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen veranstaltet bzw. vermittelt und hierfür Werbung betreibt, nicht hinreichend konkretisiert. Zwar reicht es für die Bestimmtheit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung aus, wenn in der Begründung detailliert beschrieben wird, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite eines Glücksspielveranstalters nicht mehr veranstaltet etc. werden dürfen (Schönenbroicher, in: Mann u.a., VwVfG, § 37 Rdnr. 73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wenn die von der Verfügung erfassten Glücksspiele konkret genug beschrieben sind, eine solche Verfügung dann auch für diese konkreten Glücksspiele andere - auch künftige - Internetauftritte desselben Adressaten umfassen darf. Denn vorliegend fehlt es an der Konkretisierung der von der Verfügung erfassten Glücksspiele. Sie werden nur anhand generalisierender Begriffe beschrieben, die eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gerade nicht gestatten, weil sie ihrerseits nicht bestimmt sind (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 19). Das beklagte Land hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Untersagungsverfügung z.B. unter Benennung einer größeren Zahl von Beispielen, aber ohne vollständige Inventarisierung, zu treffen (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 23; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 37 Rdnr. 20.2, jeweils m.w.N.).
25 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. sind Sportwetten (entgeltliche) Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Anders als unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags sind dadurch (entgeltliche) Wetten ohne feste Gewinnquoten, auch wenn sie sich auf Sportereignisse beziehen (z.B. Fußball-Toto), nicht mehr als Sportwetten definiert (vgl. Bolay/Pfütze, in: Streinz u.a., a.a.O., § 3 Rdnr. 18). Diese werden teilweise der Gattung der Lotterien zugeordnet (vgl. Bolay/Pfütze, a.a.O.). Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags, an dem sich die Verfügung seither messen lassen muss, ist damit fraglich geworden, ob „Sportwetten“ ohne feste Gewinnquoten noch unter den Begriff der Sportwetten fallen, wie ihn die unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags ergangene Verfügung verwendet. Dann scheidet eine Bestimmbarkeit des unbestimmten Verfügungstenors durch Bezugnahme auf den seinerseits unklaren Begriff der Sportwette insofern aber aus.
26 
bb) Auch die Bezugnahme auf den Begriff (Online-)“Casinospiele“ lässt eine Bestimmbarkeit nicht zu. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Denkbar ist es, zum einen unter den Begriff „Casinospiele“ wie in § 3 Abs. 5 GlSpielGSH alle herkömmlich in Präsenzspielbanken angebotenen Glücksspiele, insbesondere Poker, Black Jack, Baccara und Roulette zu fassen, also auf Tisch- und Kartenspiele zu beziehen. In Präsenzspielbanken werden aber auch Automatenspiele angeboten (dazu Bolay/Pfütze, a.a.O., § 2 Rdnr. 13). Dementsprechend sollen nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung zu den untersagten Online-Casinospielen auch Online-Automatenspiele gehören. Lässt der Begriff (Online-)“Casinospiele“ aber eine engere und eine weitere Auslegung zu, setzt eine Bestimmbarkeit des Gegenstands der Verfügung unter Rückgriff auf diesen Begriff zumindest voraus, dass die Verfügung Anhaltspunkte dafür enthält, welches Verständnis ihr zugrunde liegt. Hieran fehlt es. Außerdem zeigt die einem Schwesterunternehmen der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Erlaubnis für Online-Casinospiele vom 19.12.2012 den Bedarf einer Abgrenzung einzelner Casinospiele von Lotterien auf, zu der sich der angefochtenen Verfügung ebenfalls nichts entnehmen lässt.
27 
cc) Die Bezugnahme auf den Begriff „Pokerspiele“ führt ebenfalls nicht zu einer Bestimmbarkeit des Verfügungsgegenstands insoweit. Ob eine Pokervariante Glücksspiel ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend zufallsbedingt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.). Ansonsten liegt ein Geschicklichkeitsspiel vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NVwZ 2014, 1175; vom 24.10.2001 - 6 C 1.01 -, BVerwGE 115, 179). Der hessische VGH (Urteil vom 10.04.1979 - II OE 41/77 -, juris) hat die Variante „Search-Poker“ als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Da das beklagte Land nur Glücksspiele untersagen wollte, alle Poker-Varianten untersagt hat, aber - anders als das beklagte Land möglicherweise meint - nicht alle Poker-Varianten Glücksspiel sind, überlässt es die Bewertung, welche Poker-Varianten Glücksspiele und damit von der Verfügung erfasst sind, in unzulässiger Weise der Klägerin (vgl. auch Senat, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 S 1394/13 -, VBlBW 2014, 382). Diese Problematik bestünde auch bei einem - hier nicht erfolgten - pauschalen Bezug auf das gesamte Angebot auf bestimmten Internetseiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
28 
d) Unbestimmt ist die Verfügung schließlich auch, soweit mit ihr das „Unterstützen“ der Veranstaltung oder Vermittlung von oder der Werbung für öffentliches Glücksspiel untersagt wird. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Definition dieses Begriffs, die angefochtene Verfügung führt keine Beispiele auf, worin Unterstützungshandlungen (wohl: zu Gunsten Dritter) liegen könnten. Das wäre vorliegend aber schon deshalb relevant, weil die Klägerin in einen Konzernverbund eingegliedert ist, was - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - im Verhältnis zu rechtlich selbstständigen, aber konzernangehörigen Gesellschaften andere Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Informationstechnologie, aufwirft, als wenn ein Anbieter nur „echten“ Dritten gegenübersteht.
29 
2. Der Senat kann vor diesem Hintergrund offen lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung (noch) gegeben sind.
30 
a) Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag hätte der Senat seiner Prüfung dabei ausschließlich die Rechtslage aufgrund des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012, S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012, S. 515) zugrunde zu legen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende streitgegenständliche Untersagungsverfügung trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klageantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, wäre nur der Glücksspielstaatsvertrag n.F. heranzuziehen.
31 
b) Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. ist allerdings unter mehreren Gesichtspunkten zweifelhaft. Danach kann die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV) untersagen. Dem Senat erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes relevant:
32 
aa) Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, sondern - ebenfalls unterstellt - auf sonstige von der Klägerin im Internet angebotene öffentliche Glücksspiele, läge zwar unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. vor, weil die Klägerin nicht über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderliche Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis verfügt. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könnte der Klägerin auch entgegengehalten werden. Er stellt sich insbesondere als unionsrechtskonform dar. Für den Zeitraum bis zum 30.06.2012, also unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags, war geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist, da er nicht allein dem Schutz des Monopols diente, sondern unabhängig davon den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung und diese Regelungen und das Erlaubnisverfahren im Hinblick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig, angemessen, hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend waren (zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 8 B 36.14 -, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran Wesentliches geändert hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014 - 13 A 2018/11 -, GewArch 2014, 327; vgl. BVerwG, a.a.O.). Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, fehlt es der Klägerin demgegenüber zwar ebenfalls an der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis. Es erscheint dem Senat darüber hinaus aber bereits zweifelhaft, ob der Klägerin insoweit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere fraglich, ob das Erlaubnisverfahren unionsrechtskonform ausgestaltet ist und ob dabei allein auf die normative Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens abgestellt werden und der Umstand, dass sich dieses Verfahren auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erweist, außer Betracht bleiben kann (so aber ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 S 102.14 -).
33 
bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung wäre aber - wenn und soweit der Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werden kann - ermessensfehlerhaft, wenn das Angebot der Klägerin (offensichtlich) erlaubnisfähig wäre, ohne dass es in diesem Zusammenhang wohl - und anders als nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 15 Rn. 15) - darauf ankäme, dass die Klägerin keinen Erlaubnisantrag gestellt hat (vgl. dazu aber BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015, a.a.O.). Denn eine Erlaubnis für den Internetvertrieb von Glücksspielen sieht der Glücksspielstaatsvertrag nur für Sportwetten und Lotterien, nicht aber für sonstiges über das Internet vertriebenes Glücksspiel vor. Dass die Klägerin nicht am Konzessionsverfahren für Sportwetten teilgenommen hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar damit erklärt, mit Blick auf die im Konzessionsverfahren eingeschaltete Anwaltskanzlei von einer Teilnahme abgesehen zu haben (anders wohl noch der Vortrag im Verfahren 6 S 103/13).
34 
Für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin erscheint dem Senat zweifelhaft, ob ihr das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden könnte, soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht oder ob § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. eine inkohärente und damit unwirksame Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin aus Art. 56 AEUV darstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die Durchbrechung des Internetvertriebsverbots nur für Sportwetten und Lotterien in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. (ohne nähere Begründung Kohärenz bejahend OVG Saarland, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 B 50/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; differenzierend Senat, Urteil vom 23.05.2013 - 6 S 88/13 -, GewArch 2014, 24; vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, über das Internet angebotene Casino- und Pokerspiele wiesen per se eine erhöhte Wiederholungsfrequenz und damit Gefährlichkeit auf als über das Internet vertriebene Sportwetten und Lotterien und seien schon deshalb im Internetvertrieb nicht zulässig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), ist der Vortrag bereits widersprüchlich (vgl. Seite 15 des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergeben Schriftsatzes vom 07.09.2015) und nicht belegt. Das beklagte Land geht auch nicht auf den nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Einwand der Klägerin ein, bei jedem (Internet-)Glücksspiel könne die Wiederholungsfrequenz unterschiedlich ausgestaltet werden.
35 
Das beklagte Land könnte der Klägerin aber einen Verstoß gegen den Jugend- und Spielerschutz entgegenhalten (§§ 1 Satz 1 Ziff. 3, 4 Abs. 3 GlüStV n.F.), dessen Vorliegen aber offenbleiben kann. Zur Konkretisierung der Anforderungen kann sich das beklagte Land dabei, auch soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten bezieht, an den Vorgaben des § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. orientieren. Dieser sieht als Voraussetzung der Erlaubnis zum Vertrieb von Lotterien und Sportwetten im Internet vor, dass der Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigte ein Verstoß hiergegen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes auch eine vollständige Untersagung des weiteren Internetvertriebs. Dem liegt folgende Erwägung zu Grunde: Hätte die Klägerin eine Erlaubnis beantragt, fehlte es aber an einem hinreichenden Identifizierungs- und Authentifizierungssystem, dürfte die Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die fehlende Konzessionsvoraussetzung so zentral ist, dass eine Sicherstellung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG, § 4c Abs. 2 GlüStV nicht ausreichte. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen (so bereits Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Hinsichtlich des Entschließungsermessens des beklagten Landes bezüglich der Untersagungsverfügung käme dann auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
36 
Entsprechendes gilt mit Blick auf § 5 Abs. 5 GlüStV n.F..
37 
3. Selbst wenn die angefochtene Verfügung hinreichend bestimmt wäre und - was der Senat offen lässt - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung gegeben wären, stellte sich die angefochtene Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft dar. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob hinsichtlich des Entschließungsermessens eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist.
38 
Das beklagte Land muss bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen jedenfalls eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 3 GG (analog) ist es gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten, es darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit es anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss es hierfür sachliche Gründe angeben. Das beklagte Land muss also gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
39 
Solche sachlichen Gründe kann das beklagte Land bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Ein im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages ermessensfehlerhaft ist, dass das beklagte Land außer Acht gelassen hat, dass im Wesentlichen nur das Land Baden-Württemberg gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern überwiegend keine Untersagungsverfügungen erlassen haben bzw. solche Verfügungen, so sie ergangen sind, keinen Bestand mehr haben, kann offenbleiben.
40 
a) Nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich folgendes Bild: Das beklagte Land hat unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags seit 2010 eine Reihe von Untersagungsverfügungen gegenüber etwa 20 Anbietern von Internetglücksspielen (ohne Internetauktionen) erlassen. Ein flächendeckendes Vorgehen ist nicht erfolgt. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags hat sich hieran nichts geändert. Seit Ende 2014 sind in vier vergleichbaren Fällen Verfügungen erlassen sowie mehrere Anhörungen verschickt worden. Das beklagte Land hat insbesondere nicht geltend gemacht, sich bei seinem Vorgehen an den Leitlinien der „Arbeitsgruppe Aufsicht“ (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 GlüStV, §§ 7 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 3 Nr. 2 VwVGlüStV) für ein Vorgehen der Länder gegen illegales Glücksspiel im Internet vom Juli 2014 zu orientieren geschweige denn eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Umsetzung dieser Leitlinien den Anforderungen an eine einheitliche Verwaltungspraxis und einen kohärenten Vollzug genügen.
41 
b) Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sich an einem weiteren Vorgehen durch die Rechtsprechung des Senats gehindert gesehen, trifft dieser Einwand nicht (mehr) zu. Der Senat hat bei unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags erlassenen Verfügungen die aufschiebende Wirkung zum einen mit Blick auf das Fehlen von Ermessenserwägungen zur Rechtslage nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag angeordnet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105), zum anderen mit Blick auf die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris). Diese Rechtsprechung steht dem Erlass neuer Verfügungen auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 (- C-156/13 -) über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 (- I ZR 171/10 -), die durch die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein veranlasst war, nicht mehr entgegen. Auch hat das beklagte Land diesbezüglich keine Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Im Übrigen bestand nach der Rechtsprechung des Senats durchgängig die Möglichkeit, Untersagungsverfügungen mit Blick auf den Jugendschutz zu erlassen (s. bereits Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, a.a.O., sowie Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -).
42 
c) Es sind auch keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen ersichtlich. Ein Vorgehen nach der „Größe“ der Anbieter, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, wäre dann ein hinreichender Differenzierungsgrund, wenn darunter der jeweilige Marktanteil in Baden-Württemberg verstanden würde und zunächst gegen Anbieter mit großem Marktanteil in Baden-Württemberg vorgegangen würde. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu genannten Hilfskriterien sind indes nicht geeignet, einen solchen Marktanteil zu ermitteln. Dass ein Anbieter mehrere Internetauftritte hat, lässt einen Rückschluss auf den Marktanteil nicht zu. Ein solcher Rückschluss ließe sich auch aus den bloßen - soweit ersichtlich nicht ermittelten - Umsatzzahlen nicht ziehen. Diese wären nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug auf den baden-württembergischen Markt im Verhältnis zu den Umsatzzahlen anderer Anbieter gesetzt würden. Dies hat das beklagte Land bereits nicht geltend gemacht. Auch hat es nicht dargelegt, wie es bei Anwendung der genannten Kriterien gerade auf die mit einer Verfügung belegten Anbieter gekommen ist.
43 
Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Prüfung, ob die angefochtene Verfügung an weiteren von der Klägerin geltend gemachten, z.T. aber im Berufungsverfahren nicht mehr thematisierten Fehlern leidet.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
46 
Beschluss vom 8. September 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
1. Die Untersagungsverfügung vom 21.01.2010 genügt als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis (§ 37 Abs. 1 LVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).
19 
a) Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.). Wenn Rechtspositionen Dritter rechtserheblich betroffen sind, muss der Inhalt auch für den Drittbetroffenen hinreichende Bestimmtheit aufweisen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rdnr. 7). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, InfAuslR 2013, 193; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, BVerwGE 145, 275). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 - 3 C 42.91 -, BVerwGE 94, 341; Stelkens, a.a.O., Rdnr. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a.a.O., Rdnr. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a.a.O.).
20 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 153, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
21 
b) In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass das beklagte Land damit nicht nur die über die in der Verfügung aufgeführten Internetseiten angebotenen und beworbenen Sportwetten, Poker- und Casinospiele untersagte, sondern jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf S. 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat das beklagte Land keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Auf die Frage, ob es im konkreten Fall einfacher oder schwieriger ist, eine hinreichend bestimmte Verfügung zu formulieren, kommt es, anders als das beklagte Land meint, in diesem Zusammenhang nicht an, weil mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung hier (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation BayVGH, Urteil vom 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 -, juris) eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten ist.
22 
c) Auch ohne den fraglichen Passus auf S. 7 der angefochtenen Verfügung wäre der Gegenstand der Untersagungsverfügung nicht hinreichend bestimmt.
23 
Dabei gelten zum einen erhöhte Anforderungen mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 284 ff. StGB, zum anderen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. (i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV n.F.; vgl. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a.F.). Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen (sogenanntes financial blocking). Zuständig hierfür ist bei Internetvertrieb von öffentlichem Glücksspiel nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regelmäßig die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen, weil das Angebot in der Regel in mehr als einem Land erfolgt. Nach Auffassung des beklagten Landes ist die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen gegenüber Anbietern von Internetglücksspielen, die ihren Sitz im Ausland haben, also auch im Fall der Klägerin, in den meisten Fällen unmöglich (LT-Drs. 15/3459, S. 6). Als „Vollstreckungsmöglichkeit“ wird der Erlass (und gegebenenfalls die Vollstreckung) von Verfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. zur Kappung von vom Inland ausgehenden Zahlungsströmen an ausländische Glücksspielanbieter angesehen. Dies setzte im vorliegenden Fall, aufbauend auf der streitgegenständlichen Verfügung, den Erlass einer weiteren Verfügung gegenüber dem oder den betroffenen Zahlungsinstituten durch die niedersächsische Glücksspielaufsichtsbehörde voraus. Dann ist für die Bestimmung des Empfängerhorizonts nicht nur der Umstand relevant, dass die Klägerin Anbieterin von Glücksspielen ist, sondern auch, dass bei der „Vollstreckung“ der Verfügung branchenfremde Dritte beteiligt sind, die sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen, wenn Zahlungen aus legalen Vorgängen unterbrochen werden (sogenanntes over-blocking, vgl. Hambach/Brenner, in: Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht, § 9 GlüStV Nr. 68 f.).
24 
Der für sich genommen unbestimmte Tenor in Ziff. 1 der Verfügung wird durch die Angabe im Bescheid, dass die Klägerin über die Internetseiten ... und ... öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen veranstaltet bzw. vermittelt und hierfür Werbung betreibt, nicht hinreichend konkretisiert. Zwar reicht es für die Bestimmtheit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung aus, wenn in der Begründung detailliert beschrieben wird, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite eines Glücksspielveranstalters nicht mehr veranstaltet etc. werden dürfen (Schönenbroicher, in: Mann u.a., VwVfG, § 37 Rdnr. 73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wenn die von der Verfügung erfassten Glücksspiele konkret genug beschrieben sind, eine solche Verfügung dann auch für diese konkreten Glücksspiele andere - auch künftige - Internetauftritte desselben Adressaten umfassen darf. Denn vorliegend fehlt es an der Konkretisierung der von der Verfügung erfassten Glücksspiele. Sie werden nur anhand generalisierender Begriffe beschrieben, die eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gerade nicht gestatten, weil sie ihrerseits nicht bestimmt sind (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 19). Das beklagte Land hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Untersagungsverfügung z.B. unter Benennung einer größeren Zahl von Beispielen, aber ohne vollständige Inventarisierung, zu treffen (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 23; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 37 Rdnr. 20.2, jeweils m.w.N.).
25 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. sind Sportwetten (entgeltliche) Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Anders als unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags sind dadurch (entgeltliche) Wetten ohne feste Gewinnquoten, auch wenn sie sich auf Sportereignisse beziehen (z.B. Fußball-Toto), nicht mehr als Sportwetten definiert (vgl. Bolay/Pfütze, in: Streinz u.a., a.a.O., § 3 Rdnr. 18). Diese werden teilweise der Gattung der Lotterien zugeordnet (vgl. Bolay/Pfütze, a.a.O.). Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags, an dem sich die Verfügung seither messen lassen muss, ist damit fraglich geworden, ob „Sportwetten“ ohne feste Gewinnquoten noch unter den Begriff der Sportwetten fallen, wie ihn die unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags ergangene Verfügung verwendet. Dann scheidet eine Bestimmbarkeit des unbestimmten Verfügungstenors durch Bezugnahme auf den seinerseits unklaren Begriff der Sportwette insofern aber aus.
26 
bb) Auch die Bezugnahme auf den Begriff (Online-)“Casinospiele“ lässt eine Bestimmbarkeit nicht zu. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Denkbar ist es, zum einen unter den Begriff „Casinospiele“ wie in § 3 Abs. 5 GlSpielGSH alle herkömmlich in Präsenzspielbanken angebotenen Glücksspiele, insbesondere Poker, Black Jack, Baccara und Roulette zu fassen, also auf Tisch- und Kartenspiele zu beziehen. In Präsenzspielbanken werden aber auch Automatenspiele angeboten (dazu Bolay/Pfütze, a.a.O., § 2 Rdnr. 13). Dementsprechend sollen nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung zu den untersagten Online-Casinospielen auch Online-Automatenspiele gehören. Lässt der Begriff (Online-)“Casinospiele“ aber eine engere und eine weitere Auslegung zu, setzt eine Bestimmbarkeit des Gegenstands der Verfügung unter Rückgriff auf diesen Begriff zumindest voraus, dass die Verfügung Anhaltspunkte dafür enthält, welches Verständnis ihr zugrunde liegt. Hieran fehlt es. Außerdem zeigt die einem Schwesterunternehmen der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Erlaubnis für Online-Casinospiele vom 19.12.2012 den Bedarf einer Abgrenzung einzelner Casinospiele von Lotterien auf, zu der sich der angefochtenen Verfügung ebenfalls nichts entnehmen lässt.
27 
cc) Die Bezugnahme auf den Begriff „Pokerspiele“ führt ebenfalls nicht zu einer Bestimmbarkeit des Verfügungsgegenstands insoweit. Ob eine Pokervariante Glücksspiel ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend zufallsbedingt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.). Ansonsten liegt ein Geschicklichkeitsspiel vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NVwZ 2014, 1175; vom 24.10.2001 - 6 C 1.01 -, BVerwGE 115, 179). Der hessische VGH (Urteil vom 10.04.1979 - II OE 41/77 -, juris) hat die Variante „Search-Poker“ als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Da das beklagte Land nur Glücksspiele untersagen wollte, alle Poker-Varianten untersagt hat, aber - anders als das beklagte Land möglicherweise meint - nicht alle Poker-Varianten Glücksspiel sind, überlässt es die Bewertung, welche Poker-Varianten Glücksspiele und damit von der Verfügung erfasst sind, in unzulässiger Weise der Klägerin (vgl. auch Senat, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 S 1394/13 -, VBlBW 2014, 382). Diese Problematik bestünde auch bei einem - hier nicht erfolgten - pauschalen Bezug auf das gesamte Angebot auf bestimmten Internetseiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
28 
d) Unbestimmt ist die Verfügung schließlich auch, soweit mit ihr das „Unterstützen“ der Veranstaltung oder Vermittlung von oder der Werbung für öffentliches Glücksspiel untersagt wird. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Definition dieses Begriffs, die angefochtene Verfügung führt keine Beispiele auf, worin Unterstützungshandlungen (wohl: zu Gunsten Dritter) liegen könnten. Das wäre vorliegend aber schon deshalb relevant, weil die Klägerin in einen Konzernverbund eingegliedert ist, was - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - im Verhältnis zu rechtlich selbstständigen, aber konzernangehörigen Gesellschaften andere Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Informationstechnologie, aufwirft, als wenn ein Anbieter nur „echten“ Dritten gegenübersteht.
29 
2. Der Senat kann vor diesem Hintergrund offen lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung (noch) gegeben sind.
30 
a) Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag hätte der Senat seiner Prüfung dabei ausschließlich die Rechtslage aufgrund des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012, S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012, S. 515) zugrunde zu legen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende streitgegenständliche Untersagungsverfügung trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klageantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, wäre nur der Glücksspielstaatsvertrag n.F. heranzuziehen.
31 
b) Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. ist allerdings unter mehreren Gesichtspunkten zweifelhaft. Danach kann die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV) untersagen. Dem Senat erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes relevant:
32 
aa) Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, sondern - ebenfalls unterstellt - auf sonstige von der Klägerin im Internet angebotene öffentliche Glücksspiele, läge zwar unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. vor, weil die Klägerin nicht über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderliche Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis verfügt. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könnte der Klägerin auch entgegengehalten werden. Er stellt sich insbesondere als unionsrechtskonform dar. Für den Zeitraum bis zum 30.06.2012, also unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags, war geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist, da er nicht allein dem Schutz des Monopols diente, sondern unabhängig davon den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung und diese Regelungen und das Erlaubnisverfahren im Hinblick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig, angemessen, hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend waren (zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 8 B 36.14 -, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran Wesentliches geändert hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014 - 13 A 2018/11 -, GewArch 2014, 327; vgl. BVerwG, a.a.O.). Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, fehlt es der Klägerin demgegenüber zwar ebenfalls an der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis. Es erscheint dem Senat darüber hinaus aber bereits zweifelhaft, ob der Klägerin insoweit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere fraglich, ob das Erlaubnisverfahren unionsrechtskonform ausgestaltet ist und ob dabei allein auf die normative Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens abgestellt werden und der Umstand, dass sich dieses Verfahren auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erweist, außer Betracht bleiben kann (so aber ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 S 102.14 -).
33 
bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung wäre aber - wenn und soweit der Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werden kann - ermessensfehlerhaft, wenn das Angebot der Klägerin (offensichtlich) erlaubnisfähig wäre, ohne dass es in diesem Zusammenhang wohl - und anders als nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 15 Rn. 15) - darauf ankäme, dass die Klägerin keinen Erlaubnisantrag gestellt hat (vgl. dazu aber BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015, a.a.O.). Denn eine Erlaubnis für den Internetvertrieb von Glücksspielen sieht der Glücksspielstaatsvertrag nur für Sportwetten und Lotterien, nicht aber für sonstiges über das Internet vertriebenes Glücksspiel vor. Dass die Klägerin nicht am Konzessionsverfahren für Sportwetten teilgenommen hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar damit erklärt, mit Blick auf die im Konzessionsverfahren eingeschaltete Anwaltskanzlei von einer Teilnahme abgesehen zu haben (anders wohl noch der Vortrag im Verfahren 6 S 103/13).
34 
Für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin erscheint dem Senat zweifelhaft, ob ihr das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden könnte, soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht oder ob § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. eine inkohärente und damit unwirksame Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin aus Art. 56 AEUV darstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die Durchbrechung des Internetvertriebsverbots nur für Sportwetten und Lotterien in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. (ohne nähere Begründung Kohärenz bejahend OVG Saarland, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 B 50/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; differenzierend Senat, Urteil vom 23.05.2013 - 6 S 88/13 -, GewArch 2014, 24; vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, über das Internet angebotene Casino- und Pokerspiele wiesen per se eine erhöhte Wiederholungsfrequenz und damit Gefährlichkeit auf als über das Internet vertriebene Sportwetten und Lotterien und seien schon deshalb im Internetvertrieb nicht zulässig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), ist der Vortrag bereits widersprüchlich (vgl. Seite 15 des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergeben Schriftsatzes vom 07.09.2015) und nicht belegt. Das beklagte Land geht auch nicht auf den nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Einwand der Klägerin ein, bei jedem (Internet-)Glücksspiel könne die Wiederholungsfrequenz unterschiedlich ausgestaltet werden.
35 
Das beklagte Land könnte der Klägerin aber einen Verstoß gegen den Jugend- und Spielerschutz entgegenhalten (§§ 1 Satz 1 Ziff. 3, 4 Abs. 3 GlüStV n.F.), dessen Vorliegen aber offenbleiben kann. Zur Konkretisierung der Anforderungen kann sich das beklagte Land dabei, auch soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten bezieht, an den Vorgaben des § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. orientieren. Dieser sieht als Voraussetzung der Erlaubnis zum Vertrieb von Lotterien und Sportwetten im Internet vor, dass der Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigte ein Verstoß hiergegen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes auch eine vollständige Untersagung des weiteren Internetvertriebs. Dem liegt folgende Erwägung zu Grunde: Hätte die Klägerin eine Erlaubnis beantragt, fehlte es aber an einem hinreichenden Identifizierungs- und Authentifizierungssystem, dürfte die Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die fehlende Konzessionsvoraussetzung so zentral ist, dass eine Sicherstellung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG, § 4c Abs. 2 GlüStV nicht ausreichte. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen (so bereits Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Hinsichtlich des Entschließungsermessens des beklagten Landes bezüglich der Untersagungsverfügung käme dann auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
36 
Entsprechendes gilt mit Blick auf § 5 Abs. 5 GlüStV n.F..
37 
3. Selbst wenn die angefochtene Verfügung hinreichend bestimmt wäre und - was der Senat offen lässt - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung gegeben wären, stellte sich die angefochtene Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft dar. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob hinsichtlich des Entschließungsermessens eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist.
38 
Das beklagte Land muss bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen jedenfalls eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 3 GG (analog) ist es gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten, es darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit es anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss es hierfür sachliche Gründe angeben. Das beklagte Land muss also gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
39 
Solche sachlichen Gründe kann das beklagte Land bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Ein im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages ermessensfehlerhaft ist, dass das beklagte Land außer Acht gelassen hat, dass im Wesentlichen nur das Land Baden-Württemberg gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern überwiegend keine Untersagungsverfügungen erlassen haben bzw. solche Verfügungen, so sie ergangen sind, keinen Bestand mehr haben, kann offenbleiben.
40 
a) Nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich folgendes Bild: Das beklagte Land hat unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags seit 2010 eine Reihe von Untersagungsverfügungen gegenüber etwa 20 Anbietern von Internetglücksspielen (ohne Internetauktionen) erlassen. Ein flächendeckendes Vorgehen ist nicht erfolgt. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags hat sich hieran nichts geändert. Seit Ende 2014 sind in vier vergleichbaren Fällen Verfügungen erlassen sowie mehrere Anhörungen verschickt worden. Das beklagte Land hat insbesondere nicht geltend gemacht, sich bei seinem Vorgehen an den Leitlinien der „Arbeitsgruppe Aufsicht“ (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 GlüStV, §§ 7 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 3 Nr. 2 VwVGlüStV) für ein Vorgehen der Länder gegen illegales Glücksspiel im Internet vom Juli 2014 zu orientieren geschweige denn eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Umsetzung dieser Leitlinien den Anforderungen an eine einheitliche Verwaltungspraxis und einen kohärenten Vollzug genügen.
41 
b) Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sich an einem weiteren Vorgehen durch die Rechtsprechung des Senats gehindert gesehen, trifft dieser Einwand nicht (mehr) zu. Der Senat hat bei unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags erlassenen Verfügungen die aufschiebende Wirkung zum einen mit Blick auf das Fehlen von Ermessenserwägungen zur Rechtslage nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag angeordnet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105), zum anderen mit Blick auf die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris). Diese Rechtsprechung steht dem Erlass neuer Verfügungen auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 (- C-156/13 -) über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 (- I ZR 171/10 -), die durch die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein veranlasst war, nicht mehr entgegen. Auch hat das beklagte Land diesbezüglich keine Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Im Übrigen bestand nach der Rechtsprechung des Senats durchgängig die Möglichkeit, Untersagungsverfügungen mit Blick auf den Jugendschutz zu erlassen (s. bereits Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, a.a.O., sowie Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -).
42 
c) Es sind auch keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen ersichtlich. Ein Vorgehen nach der „Größe“ der Anbieter, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, wäre dann ein hinreichender Differenzierungsgrund, wenn darunter der jeweilige Marktanteil in Baden-Württemberg verstanden würde und zunächst gegen Anbieter mit großem Marktanteil in Baden-Württemberg vorgegangen würde. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu genannten Hilfskriterien sind indes nicht geeignet, einen solchen Marktanteil zu ermitteln. Dass ein Anbieter mehrere Internetauftritte hat, lässt einen Rückschluss auf den Marktanteil nicht zu. Ein solcher Rückschluss ließe sich auch aus den bloßen - soweit ersichtlich nicht ermittelten - Umsatzzahlen nicht ziehen. Diese wären nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug auf den baden-württembergischen Markt im Verhältnis zu den Umsatzzahlen anderer Anbieter gesetzt würden. Dies hat das beklagte Land bereits nicht geltend gemacht. Auch hat es nicht dargelegt, wie es bei Anwendung der genannten Kriterien gerade auf die mit einer Verfügung belegten Anbieter gekommen ist.
43 
Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Prüfung, ob die angefochtene Verfügung an weiteren von der Klägerin geltend gemachten, z.T. aber im Berufungsverfahren nicht mehr thematisierten Fehlern leidet.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
46 
Beschluss vom 8. September 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. August 2015 - 3 K 1196/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Landesglücksspielgesetz zum (Weiter-)Betrieb seiner Spielhalle, hilfsweise die Feststellung, dass eine solche bis zum 30.06.2017 nicht erforderlich ist.
Der Kläger betreibt die Spielhalle „...“ in ..., ...... Hierfür wurde ihm unter dem 02.11.2011 eine Baugenehmigung für eine „Nutzungsänderung von Bistro/Pub in eine Spielothek“ sowie auf seinen Antrag vom 24.11.2011 mit Bescheid vom 08.03.2012 eine Erlaubnis nach § 33i Abs. 1 GewO erteilt.
Am 14.02.2013 beantragte der Kläger für die Spielhalle unter anderem die Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 LGlüG. Mit Bescheid vom 02.04.2013 lehnte der Beklagte dies mit der Begründung ab, in ... befinde sich in der ... bereits die Spielothek „...“. Zu dieser betrage die Entfernung lediglich ca. 450 Meter. Da das Abstandsgebot nicht gewahrt sei, sei die Erteilung einer Erlaubnis nicht möglich. Die Übergangsregelung des § 51 LGlüG greife nicht, da sie nur für Spielhallen vorgesehen sei, die bis zum 28.10.2011 eine Erlaubnis erhalten hätten.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte im Schwerpunkt geltend, der Mindestabstand zu der weiteren Spielhalle sei gewahrt, da ein Fußgänger mindestens 850 Meter zurücklegen müsse, um dorthin zu gelangen. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes dürfe eine Querfeldeinmessung nicht vorgenommen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2013 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück. Da die Spielhalle des Klägers das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG nicht wahre, sei die Erlaubnis gemäß § 41 Abs. 2 LGlüG zwingend zu versagen. Auf einen Härtefall könne sich der Kläger nicht berufen.
Der Kläger hat am 25.06.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg erhoben und die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG, hilfsweise die Feststellung, dass er die Spielhalle bis zum 30.06.2017 ohne eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG betreiben kann, beantragt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, bei Bemessung des Abstands zwischen zwei Spielhallen müsse der begehbare Weg zugrunde gelegt werden, den Fußgänger nutzen müssten, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Nur so könne die gesetzliche Regelung sinnvoll und zweckmäßig ausgelegt werden. Dem stehe auch die Verwendung des Wortes „Luftlinie“ nicht entgegen, da dieses keiner gesetzlichen Definition unterliege. Ob ein Abstand überhaupt geeignet sei, einen gewillten Spieler vom Spielen abzuhalten, sei zweifelhaft, zumal in einigen Bundesländern geringere Abstände als ausreichend angesehen würden. In seinem Fall sei jedenfalls die Verfügbarkeit weiterer Spielmöglichkeiten erst dann erreicht, wenn mindestens 850 Meter zurückgelegt worden seien. Das Abstandserfordernis werde damit gewahrt. Die einschlägigen Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes seien verfassungs- und europarechtswidrig. Sie seien im Sinne der sog. Informationsrichtlinie notifizierungspflichtig. Die Abstandsregelung falle nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder und sei auch materiell verfassungswidrig. Es sei nicht ersichtlich, dass die Ansammlung von Spielhallen auf engem Raum spielanreizsteigernde Wirkung habe oder gar das Suchtpotenzial erhöhe. Die Grundannahme, dass sich eine Eindämmung des Spieltriebs dadurch erreichen lasse, dass der Spieler an die „frische Luft“ müsse, bevor er an weiteren Geldspielgeräten spielen könne, entbehre jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. In Kombination mit dem Bauplanungsrecht, das Spielhallen nur in wenigen ausgewählten Gebieten Raum lasse, führe das Abstandsgebot faktisch zu einem Errichtungsverbot für neue Spielhallen und zwinge nach Ablauf der Übergangsfrist viele Bestandsbetriebe zur Schließung. Die Regelungen des Landesglücksspielgesetzes verletzten überdies das vom Europäischen Gerichtshof entwickelte Kohärenzgebot. In Spielbanken aufgestellte Glücksspielautomaten unterlägen keinerlei Einschränkungen. Mit dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz würden Casinospiele und Sportwetten im Internet rund um die Uhr zugelassen. Die rein fiskalisch motivierte Sicherung des staatlichen Glücksspielmonopols zum Zwecke der Einnahmeerzielung könne den Grundrechtseingriff von vorneherein nicht rechtfertigen. Nicht das gewerbliche Automatenspiel, sondern das staatliche Glücksspielmonopol müsse mit Blick auf das Gebot der Ausgewogenheit und den Spielerschutz gestutzt werden. Wenn der Gesetzgeber dies nicht wolle, bleibe ihm nur die Möglichkeit, dem gewerblichen Automatenspiel genauso viel wirtschaftlichen Spielraum einzuräumen wie den Wettbewerbern aus dem Bereich des staatlichen Glücksspielmonopols. Die für ihn geltende Übergangsregelung, die ihm Bestandsschutz nur bis zum 30.06.2013 gewähre, sei ebenfalls verfassungswidrig. Die Rückwirkung der Regelung treffe ihn unangemessen stark, da er erhebliche Dispositionen getroffen habe. Der Verlust an Investitionskapital sei ihm nicht zumutbar. Das Gemeinwohl könne eine Spielhalle mehr dagegen sehr wohl verkraften.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Spielhalle des Klägers befinde sich in einem Abstand von lediglich 419,90 Metern zu der Spielhalle „...“, deren Erlaubnis vor dem 28.10.2011 erteilt worden sei und daher erst nach dem 30.06.2017 eine neue Erlaubnis benötige. Die fußläufige Entfernung der beiden Spielhallen zueinander sei ohne Bedeutung. Der Begriff der „Luftlinie“ sei eindeutig und nicht auslegungsfähig. Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Landesglücksspielgesetz äußere, stehe ihm - dem Beklagten - keine Verwerfungskompetenz zu. Im Übrigen seien die Gerichte in den bisher entschiedenen Verfahren von der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen ausgegangen.
Einen gleichzeitig beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben die Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte zugesagt hat, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache davon abzusehen, durch eine Schließungsverfügung vollendete Tatsachen zu schaffen bzw. Bußgeldverfahren durchzuführen (3 K 1197/13). Gleichwohl untersagte der Beklagte im weiteren Verlauf dem Kläger den Betrieb der Spielhalle. Nach erfolglosem Widerspruch erhob er hiergegen Klage, die beim Verwaltungsgericht noch anhängig ist.
Mit Urteil vom 05.08.2015 hat das Verwaltungsgericht die am 25.06.2013 erhobene Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Erlaubnis. Ihr stehe der Versagungsgrund der §§ 41 Abs. 2 Nr. 2, 42 Abs. 1 LGlüG entgegen. Die Spielhalle des Klägers liege nur 419,90 Meter Luftlinie von der Spielothek „...“ entfernt. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Begriff „Luftlinie“ gerade nicht als kürzeste Wegstrecke auszulegen, die Fußgänger zurücklegen müssten, um von der einen Spielhalle in die andere zu gelangen. Ob im Einzelfall eine andere Auslegung geboten sei oder ein Verstoß gegen das Abstandsgebot ausnahmsweise keinen Versagungsgrund darstellen könne, wenn sich innerhalb des Mindestabstands ein unüberwindbares Hindernis - beispielsweise eine Autobahn - befinde und eine extreme Abweichung zwischen dem nach der Luftlinie gemessenen Abstand einerseits sowie dem nach der Wegstrecke gemessenen Abstand andererseits bestehe, müsse nicht entschieden werden, da ein solcher Fall nicht vorliege. Das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Daran ändere nichts, dass die bauplanungsrechtlichen Vorgaben im Verbund mit den Abstandsgeboten in § 42 Abs. 1 und Abs. 3 LGlüG in einer Vielzahl von Gemeinden dazu führen könnten, dass kaum noch zulässige Standorte für weitere Spielhallen zu finden seien. Gerade die in Spielhallen leicht verfügbaren Geldspielautomaten wiesen ein besonders hohes Suchtpotenzial auf, welches mit schwerwiegenden Folgen für den Betroffenen, dessen Familie und die Gesellschaft einhergehen könne. Nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG könne für einen begrenzten angemessenen Zeitraum zur Vermeidung unbilliger Härten eine Befreiung vom Abstandsgebot gewährt werden. Der Kläger könne sich indes, da ihm die Erlaubnis nach § 33i GewO erst mit Bescheid vom 08.03.2012 erteilt worden sei, nicht auf diese Vorschrift berufen. Die Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 4 LGlüG gewährleiste, dass das Erlaubnisregime des § 41 LGlüG keine echte Rückwirkung entfalte, und dem Vertrauens- und Bestandsschutzinteresse der Betreiber in Abwägung mit den verfolgten Allgemeinwohlzielen angemessen Rechnung getragen werde. Im Fall des Klägers lägen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGLüG nicht vor. Hierbei sei unerheblich, dass der Kläger zuvor bereits eine Baugenehmigung erhalten und schon vor der Stellung des Antrags nach § 33i GewO Investitionen getätigt habe. Die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes seien auch nicht mangels fehlender Notifizierung unanwendbar und verstießen nicht gegen das europarechtliche Kohärenzgebot. Mangels eines grenzüberschreitenden Sachverhalts sei die Dienstleistungsfreiheit nicht tangiert. Von Spielhallen gehe eine spezifische Gefahr aus, die sich von derjenigen unterscheide, die von Spielbanken ausgehe. In Anbetracht der unterschiedlichen Verbreitung von Spielhallen und Spielbanken fehle es für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG an einem im Wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalt. Das Kohärenzgebot verpflichte die Mitgliedstaaten nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen. Die in Rede stehenden Regelungen würden auch nicht durch das Vorgehen in anderen Glücksspielsektoren in einer Weise konterkariert, dass ihre Geeignetheit zur Erreichung der verfolgten Ziele in Frage gestellt würde. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage habe ebenfalls keinen Erfolg. Die Spielhalle des Klägers unterfalle nicht der Übergangsregelung des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG, so dass ihr Betrieb bereits vor dem 30.06.2017 einer Erlaubnis nach § 41 LGlüG bedürfe.
10 
Am 17.08.2015 hat der Kläger die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz trägt er im Wesentlichen vor, die ihm am 08.03.2012 erteilte Erlaubnis nach § 33i GewO habe ihm die unbefristete Möglichkeit verschafft, die streitgegenständliche Spielhalle zu betreiben. Durch die Neuregelung werde diese Befugnis auf ein Jahr befristet, indem das Erfordernis einer neuen glücksspielrechtlichen Erlaubnis aufgestellt werde, auf deren Erteilung er nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Anspruch habe. Das damit verbundene faktische Verbot des Betriebs der Spielhalle trotz vorliegender Erlaubnis greife in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Obwohl er erhebliche Investitionen geleistet sowie bau- und gewerberechtliche Genehmigungsverfahren durchlaufen habe, müsse er bereits nach einem Jahr den Betrieb wieder aufgeben, obgleich sich in tatsächlicher Hinsicht nichts verändert habe. Innerhalb eines Jahres könnten sich die finanziellen Aufwendungen nicht amortisieren. Der Zwang, die Spielhalle nach so kurzer Zeit wieder schließen zu müssen, greife unmittelbar in sein Eigentum ein, ohne dass eine Rechtfertigung für eine derart kurze Übergangsfrist von nur einem Jahr erkennbar sei. Dies sei umso weniger nachvollziehbar, als für Spielhallen, für die ein Tag vor dem Stichtag die gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden sei, eine Übergangsfrist von fünf Jahren gelte. Eine Spielhalle, die nach dem Stichtag erlaubt und eröffnet worden sei, berge kein größeres Gefahrenpotential als eine solche, die vor dem Stichtag zugelassen worden sei. Es bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, ob ein derart schwerwiegender rückwirkender Eingriff in einen bestehenden Gewerbebetrieb an einen konkreten Zeitpunkt anknüpfen könne, der formal keinen Bezug zu dem später unterzeichneten und noch später ratifizierten Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag habe. Der Stichtag des 28.10.2011 sei daher nicht zu rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht unterstelle die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Vorschriften aus Gründen des Jugend- und Spielerschutzes, wobei niemals ermittelt worden sei, ob das Verbot zum Schutz der Gesundheit überhaupt geeignet und erforderlich sei. Es werde schlicht unterstellt, dass eine Beschränkung der Verfügbarkeit des Glücksspielangebots dem Schutz der Bevölkerung diene. Empirisch belegt sei diese Aussage an keiner Stelle. Auch der Blick auf entsprechende Regelungen anderer Staaten lasse an der Wirksamkeit zweifeln. Der Weg von seiner Spielhalle zu dem Konkurrenzbetrieb betrage 1,3 Kilometer. Zwischen den Betrieben befinde sich eine stark befahrene Landstraße, so dass dem Zweck der maßgeblichen Vorschriften auch dann entsprochen würde, wenn ihm die glücksspielrechtliche Erlaubnis erteilt würde. Der Begriff der „Luftlinie“ habe bislang keinerlei Niederschlag in bau- und gewerberechtliche Vorschriften gefunden. Dies sei aus gutem Grund der Fall, da die Entfernung nach Luftlinie keine Relevanz habe und über die tatsächliche Positionierung nichts aussage. Es handele sich um ein willkürlich gegriffenes Maß, was schon dadurch dokumentiert werde, dass die Entfernung im Gesetzgebungsverfahren mehrfach ohne nachvollziehbare Begründung geändert worden sei.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 05. August 2015 - 3 K 1196/13 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 02.04.2013 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 13.06.2013 zu verpflichten, ihm die Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ in der ......, ... nach § 41 Abs. 1 LGlüG zu erteilen,
13 
hilfsweise festzustellen, dass er die Spielhalle „...“ in der ..., ... auf der Grundlage der am 08.03.2012 gemäß § 33i GewO erteilten Spielhallenkonzession bis zum 30.06.2017 betreiben kann, ohne dass es einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 41 LGlüG bedarf.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Der Kläger habe die Spielhalle nicht übernommen, sondern durch Umnutzung einer davor betriebenen Gaststätte erstmalig geschaffen. Zum Zeitpunkt seines Antrags auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis und der Genehmigung der Nutzungsänderung könne sich der Kläger nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs nicht mehr auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der bisherigen Regelungen berufen. Er sei somit bewusst das Risiko eingegangen, die neu geschaffene Spielhalle nicht mehr auf Dauer betreiben zu können.
17 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten, des Regierungspräsidiums Freiburg sowie des Verwaltungsgerichts Freiburg (3 K 1196/13, 3 K 1197/13) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten mündlich verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage sowohl in ihrem Haupt- als auch in ihrem Hilfsantrag zu Recht abgewiesen.
20 
1. Im Hinblick auf den Hauptantrag des Klägers ist die Klage als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der mit dem Hauptantrag begehrten glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ nach § 41 Abs. 1 LGlüG. Der die Erteilung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 02.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 des Landesglücksspielgesetzes vom 20.11.2012 (GBl. 2012, S. 604), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 01.12.2015 (GBl. 2015, S. 1033), bedarf der Betrieb einer Spielhalle der Erlaubnis nach dem Landesglücksspielgesetz, die die Erlaubnis nach § 33i GewO ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Abs. 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst. Die Erlaubniserteilung setzt voraus, dass keiner der in § 41 Abs. 2 LGlüG genannten Versagungsgründe vorliegt. Danach ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen nach § 42 LGlüG nicht erfüllt sind (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG). So liegt der Fall auch hier.
22 
Da die Spielhalle des Klägers nicht die in § 42 Abs. 1 LGlüG normierten Anforderungen an die Errichtung einer Spielhalle erfüllt, ist die Erlaubnis zwingend nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG zu versagen. Gemäß § 42 Abs. 1 LGlüG müssen Spielhallen einen Abstand von mindestens 500 Metern Luftlinie, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, untereinander haben. Diesen Abstand hält die Spielhalle des Klägers zu der in der ... in ... befindlichen, bereits seit längerer Zeit bestehenden Spielhalle „...“ nicht ein. Diese befindet sich, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, in einem Abstand von Luftlinie 419,90 Metern zu der Spielhalle des Klägers.
23 
a) Entgegen der Ansicht des Klägers ist der in § 42 Abs. 1 LGlüG enthaltene Begriff der „Luftlinie“ nicht im Sinne der Wegstrecke zu verstehen, die ein Fußgänger an der freien Luft zurücklegen muss, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Zwar ist der Begriff der „Luftlinie“ weder im Glücksspielrecht noch sonst legaldefiniert. Er ist jedoch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er - wie es auch das Verwaltungsgericht angenommen hat - die kürzeste Entfernung zwischen zwei geographischen Punkten über den direkten Luftweg durch eine parallel zur Erdoberfläche verlaufende Strecke bezeichnet (vgl. Wikipedia und Duden, jeweils Stichwort „Luftlinie“; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 29.11.2013 - 10 CS 13.1966 -, juris Rn. 26). Die vom Kläger vorgenommene Auslegung des Begriffs ist mit diesem eindeutigen Begriffsverständnis nicht vereinbar. Dass der Luftlinie bislang bau- und gewerberechtlich keine Relevanz zugekommen sein mag, ändert - entgegen seiner Ansicht - nichts daran, dass ihre Heranziehung zur Bestimmung des Mindestabstands von Spielhallen sachgerecht und der Begriff im genannten Sinne zu verstehen ist. Ebenso gebieten auch Sinn und Zweck der Regelung des § 42 Abs. 1 LGlüG keine andere Auslegung des Begriffs. Bei der Luftlinie nach dem beschriebenen Begriffsverständnis handelt es sich um eine einfache und praktikable Bestimmung des Abstands zwischen zwei Orten. Das Abstandsgebot dient überdies nicht allein dazu, einzelne spielwillige Spieler nach Verlassen einer Spielhalle davon abzuhalten, sogleich zu Fuß eine weitere nahegelegene Spielhalle aufzusuchen. Vielmehr dienen die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes über die Spielhallen und insbesondere § 42 Abs. 1 LGlüG auch der grundsätzlichen Begrenzung der Zahl des verfügbaren gewerblichen Automatenspiels durch eine Begrenzung der Spielhallendichte und damit der Beschränkung des Gesamtangebots (vgl. LT-Drucks. 15/849 S. 32 und 15/2431 S. 48; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 135). Mit der Abstandsregelung begrenzt der Gesetzgeber zugleich faktisch die Anzahl der in der Gemeinde zu erteilenden Erlaubnisse im Sinne des § 25 Abs. 3 GlüStV. Diese Zwecksetzung gebietet es nicht, den Begriff der „Luftlinie“ als Wegstrecke eines Fußgängers zwischen den Spielhallen auszulegen.
24 
b) Eine andere Bewertung der Wahrung des Abstandsgebots ergibt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht daraus, dass sich zwischen seiner Spielhalle und der Spielhalle „...“ eine stark befahrene Landstraße befinden mag. Weder ist ersichtlich noch nachvollziehbar vorgetragen, dass die zwischen den Spielhallen liegende ... (L...) nicht überquerbar wäre bzw. ihr eine irgendwie geartete trennende Wirkung zukäme, zumal sie als typische Ortsdurchgangsstraße im ländlichen Bereich erscheint und ihr Verkehr bereits durch den östlich der Spielhallen gelegenen Kreisel beruhigt sein dürfte. Bereits die tatsächlichen Gegebenheiten bieten daher im vorliegenden Fall keinen Anlass, ein ausnahmsweises Absehen von dem Erfordernis des Mindestabstands in Betracht zu ziehen beziehungsweise das Fehlen einer Ausnahmeregelung zu der strikten Vorgabe des Mindestabstands zwischen zwei Spielhallen in § 42 Abs. 1 LGlüG zu beanstanden. Unabhängig davon würde eine solche Ausnahmeregelung den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Begrenzung der Spielhallendichte und des Gesamtangebots an Spielhallen konterkarieren. Dem Abstandsgebot kommt zur Erreichung dieses Zwecks auch bei Vorliegen einer möglichen trennenden Wirkung einer stark befahrenen Straße entscheidende Bedeutung zu.
25 
c) Das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG begegnet, wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, als Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 LGlüG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
26 
aa) Insbesondere besaß das Land Baden-Württemberg für den Erlass der hier maßgeblichen §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG die Gesetzgebungskompetenz. Diese ergibt sich aus Art. 70 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, wonach das „Recht der Spielhallen“ seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das „Recht der Wirtschaft“ ausdrücklich ausgenommen ist. Dies ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher gewerberechtlicher Voraussetzungen für die Zulassung von Spielhallen sowie die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 101 ff.; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, juris Rn. 19; vgl. zu § 42 Abs. 2 LGlüG bereits den Beschluss des Senats vom 04.04.2014 - 6 S 1795/13 -, ESVGH 64, 224). Hierunter fallen die hier einschlägigen Vorschriften über die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und das dabei einzuhaltende Abstandsgebot nach §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG ohne weiteres. Sie betreffen jeweils die gewerberechtlichen Anforderungen an die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 111). Insbesondere der erstmals eingeführte Mindestabstand zu anderen Spielhallen beschränkt die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regelt ihr räumliches Verhältnis zu ihrem Umfeld. Er betrifft einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots länderspezifische Bezüge aufweist. Derartige Materien wurden im Rahmen der Föderalismusreform 2006 bewusst den Ländern übertragen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 22, 30; BVerfG, a.a.O., Rn. 101 ff.). Die auf der früheren verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung beruhende Vorschrift des § 33i GewO wurde in der Folge in Baden-Württemberg durch die §§ 41, 42 LGlüG im Sinne des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG ersetzt (Beschluss des Senats vom 08.02.2017 - 6 S 768/16 -, juris).
27 
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich die fehlende Gesetzgebungskompetenz der Länder auch nicht aus einer von ihm angenommenen bauplanungsrechtlichen Natur der einschlägigen Vorschriften. Zwar mögen sich aus § 42 Abs. 1 LGlüG ebenso Konsequenzen für den möglichen Standort einer Spielhalle ergeben wie aus den einzuhaltenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Die Vorschrift über den Mindestabstand zwischen Spielhallen betrifft jedoch die Art und Weise der Ausübung eines bestimmten Gewerbes und dient dabei dem Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren des Glücksspiels und gerade nicht dem Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden, wie es dem unter das „Bodenrecht“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG fallenden Bauplanungsrecht immanent ist. Da somit ein anderer Regelungsgegenstand betroffen ist, entfaltet das auf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruhende Bauplanungsrecht keine Sperrwirkung gegenüber den hier in Rede stehenden landesrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 114 f.; BVerwG, a.a.O., Rn. 31; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris Rn. 353 f.).
28 
bb) Das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG ist auch materiell verfassungsgemäß.
29 
(1) Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesverfassungsgericht haben sich jüngst ausführlich mit vergleichbaren Vorschriften anderer Länder zum einzuhaltenden Mindestabstand zwischen zwei Spielhallen befasst und im Einzelnen dargelegt, dass diese die Spielhallenbetreiber nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG verletzen sowie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 118 ff.; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, juris Rn. 34 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere festgestellt, dass die in Berlin und im Saarland geltenden Abstandsgebote den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung genügten, da selbst zur Rechtfertigung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung hinreichende Gründe des Gemeinwohls vorlägen, die die Abstandsgebote tragen könnten (BVerfG, a.a.O., Rn. 131 ff.). Sie dienten mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. Die Abstandsgebote verfolgten das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Begrenzung der Spielhallendichte und die Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots. Es solle zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten „auf andere Gedanken“ komme und sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst habe, dass ein selbständiger neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich sei (BVerfG, a.a.O., Rn. 133, 135). Diese Einschätzungen der Gesetzgeber seien nicht offensichtlich fehlerhaft. Gerade die hohen Anteile der Spieler an Geldspielgeräten an der Gesamtzahl der pathologischen Spieler sowie der hohe Marktanteil und das erhebliche Wachstum des Spiels in Spielhallen über die letzten Jahre rechtfertigten die Annahme nachweisbarer schwerer Gefahren für die spielsüchtigen oder von Spielsucht bedrohten Personen, ihre Familien und die Gemeinschaft (BVerfG, a.a.O., Rn. 140). Die Abstandsgebote seien konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, unterschiedlichen Regelungen unterworfen seien (BVerfG, a.a.O., Rn. 142). Die Gesetzgeber dürften im Rahmen des ihnen zustehenden und nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums auch davon ausgehen, dass die Abstandsgebote geeignete und erforderliche Mittel zur Bekämpfung der Spielsucht darstellten (BVerfG, a.a.O., Rn. 148 ff.). Die Abstandsgebote seien auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahrten die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen des Spielhallenrechts insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasteten die Betroffenen nicht übermäßig. Die Regelungen hätten zwar - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge und auch weitere Neuregelungen wirkten sich belastend aus. Die Gesamtbelastung lasse es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssten, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch die Abstandsgebote stark beschränkt werde. Der verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiege jedoch besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handele. Besonderes Gewicht bekomme dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgingen. Für alle anderen relevanten Glücksspielformen habe bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht sei, hätten die Gesetzgeber davon ausgehen dürfen, dass gerade die mit den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten werde. Dies gelte zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium. Insgesamt stünden damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (BVerfG, a.a.O., Rn. 155 ff.). Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führe - soweit ihr Schutzbereich überhaupt eröffnet sei - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (BVerfG, a.a.O., Rn. 169). Die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen bewirkten auch keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung von Spielhallen und Spielbanken liege in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential beider Typen von Spielstätten und insbesondere in der sehr unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten. Ungleichbehandlungen gegenüber Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, seien aufgrund der Unterschiede der Spielorte gerechtfertigt (BVerfG, a.a.O., Rn. 170 ff.).
30 
(2) Diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, die im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen, schließt sich der Senat an. Sie sind ohne weiteres auf die Regelungen des baden-württembergischen Landesglücksspielgesetzes, insbesondere die des hier in Rede stehenden § 42 Abs. 1 LGlüG übertragbar und entsprechen im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs (heute: Verfassungsgerichtshof) für das Land Baden-Württemberg zum Landesglücksspielgesetz (StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris Rn. 355 ff.). Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgt auch der baden-württembergische Gesetzgeber in Umsetzung der Vorgaben des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags mit dem Abstandsgebot die vom Bundesverfassungsgericht benannten Ziele. Im Zusammenwirken mit dem Verbundverbot in § 42 Abs. 2 LGlüG soll das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG den spielenden Personen die Möglichkeit eröffnen, einen inneren Abstand vom gerade beendeten Spiel an einem Geldspielgerät oder der Teilnahme an einem anderen Spiel zu finden. Sie sollen die Chance erhalten, ihr Verhalten zu reflektieren und zu einer möglichst unbeeinflussten Eigenentscheidung kommen, ob sie das Spiel fortsetzen möchten (LT-Drucks. 15/2431 S. 105). Darüber hinaus soll die Regelung durch eine Verringerung der Zahl und der Standorte sowie durch Auflockerung der Dichte der Spielhallen zur Verwirklichung der oben genannten Ziele beitragen (vgl. StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 362 m.w.N.). Auch der baden-württembergische Gesetzgeber verfolgt damit das legitime Ziel, durch das Abstandsgebot zur Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht beizutragen und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Die Regelungen des Landesglücksspielgesetzes sind zur Erreichung dieses Ziels ebenso verhältnismäßig wie die den Entscheidungen des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Regelungen anderer Bundesländer.
31 
Mit seinen hiergegen geltend gemachten Einwendungen dringt der Kläger nicht durch. Sein Vortrag zielt vornehmlich darauf ab, die Geeignetheit und Erforderlichkeit des Abstandsgebots in Frage zu stellen. Insoweit kommt dem Gesetzgeber jedoch ein maßgeblicher Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der vorliegend nicht überschritten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass die Länder die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen durften, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht geeignete und vorzugswürdige Mittel darstellen (BVerfG, a.a.O., Rn. 150, 153; ebenso BVerwG, a.a.O., Rn. 43 ff.). Die diesbezüglichen Erwägungen des Gesetzgebers sind auch unter Berücksichtigung der vom Kläger erhobenen Bedenken plausibel und nicht offensichtlich fehlerhaft. Ermittlungen durch den Senat zur Wirksamkeit der Beschränkung des Glücksspielangebots und zum Ausmaß der Gefährlichkeit des gewerblichen Automatenspiels sind vor diesem Hintergrund nicht angezeigt.
32 
Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung in § 42 Abs. 1 LGlüG auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 49). Dass sich hier aufgrund länderspezifischer Besonderheiten unterschiedliche Erfordernisse ergeben können, liegt auf der Hand und ist in der föderalen Struktur der Bundesrepublik angelegt. Die Normierung unterschiedlicher Mindestabstände in den Ländern sowie die vom Kläger dargelegte mehrfache Änderung der Meterangabe im Rahmen des baden-württembergischen Gesetzgebungsverfahrens lässt ebenso wenig auf eine Willkürlichkeit der Regelung eines Mindestabstands von 500 Metern schließen.
33 
Im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums liegt auch, dass § 42 Abs. 1 LGlüG auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt und nicht auf die Wegstrecke sowie, dass Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG nur für diejenigen Bestandsspielhallen bestehen - und damit nicht für den Kläger -, für die gemäß § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG erst nach dem 30.06.2017 die zusätzliche Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG erforderlich ist. Hierdurch bringt der Gesetzgeber in nachvollziehbarer und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das gesetzgeberische Ziel der wirksamen und effizienten Reduzierung der Spielhallendichte sowie Aspekte der Praktikabilität und des Vertrauensschutzes in angemessenen Ausgleich.
34 
Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich auch nicht eine sonstige Unverhältnismäßigkeit des Abstandsgebots. Weder die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG noch die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisten die unveränderliche Zulässigkeit einer einmal aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit. Zur Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut - wie sie nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers auch hier anzunehmen sind - können an eine zunächst erlaubte Tätigkeit selbst dann weitere Anforderungen gestellt werden, wenn diese faktisch - auch nicht nur in Einzelfällen - zu einer Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit als Spielhallenbetreiber führt (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 156 ff.). Angesichts der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels überwiegt das Ziel der Suchtprävention und des Spielerschutzes die wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen, insbesondere hier von dem Abstandsgebot, verschont zu bleiben (BVerfG, a.a.O., Rn. 159).
35 
Entgegen der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vertieften Ansicht des Klägers gebietet auch eine stärkere Beachtung des Art. 14 Abs. 1 GG kein anderes Ergebnis. Die grundsätzliche Nutzbarkeit einer im Eigentum des Spielhallenbetreibers stehenden Betriebsstätte wird durch standortbezogene Erlaubnisvoraussetzungen der gewerblichen Tätigkeit nicht beeinträchtigt. Auch die erteilte Baugenehmigung vermittelt keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz in Bezug auf das in der baulichen Anlage ausgeübte Gewerbe. Gleiches gilt für die unbefristete Erlaubnis, die dem Kläger nach § 33i GewO erteilt wurde. Denn Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil des Erstens Senats vom 06.12.2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, NJW 2017, 217 <223 Rn. 232>). Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO erteilte unbefristete Erlaubnis vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. im Einzelnen BVerwG, a.a.O., Rn. 73 f.).
36 
Der Kläger kann schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, der baden-württembergische Gesetzgeber verfolge die genannten Ziele nicht konsequent, da Spielbanken sowie Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, nicht denselben Anforderungen aus § 42 LGlüG unterliegen, beziehungsweise insoweit sei eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegeben. Wie bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, sind bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar, die die unterschiedliche Handhabung in fraglichem Licht erscheinen lassen könnten (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 142). Zudem rechtfertigen die Unterschiede der Spielorte eine Ungleichbehandlung. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liegt nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeiten und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Spielhallen sind daher typischerweise größer als in Gaststätten, zumal die Anzahl der Geldspielgeräte in Gaststätten auf derzeit drei, zukünftig zwei beschränkt ist. Die Einbettung in den Gaststättenbetrieb ermöglicht darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle (BVerfG, a.a.O., Rn. 175). Auch im Hinblick auf die für Spielbanken geltenden Regelungen bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Zwar lässt sich diesbezüglich ein fiskalisches Interesse der Länder nicht leugnen. Der Betrieb von Spielbanken ist jedoch in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen ausgerichtet und unterliegt einer besonderen staatlichen Aufsicht. Allein aufgrund der nach § 27 Abs. 1 LGlüG begrenzten Zahl der Standorte - in Baden-Württemberg: Baden-Baden, Konstanz und Stuttgart - sind Spielbanken aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon wegen ihrer großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Überdies fällt nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts auf Grundlage der dort aufgeführten Untersuchungen die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 144).
37 
d) An der Vereinbarkeit des Abstandsgebots mit europäischem Unionsrecht bestehen kein Bedenken. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht im Einzelnen ausgeführt hat, liegt kein Verstoß gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG vor (vgl. hierzu auch BVerwG, a.a.O., Rn. 86 ff.). Im Hinblick auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ist im Fall des Klägers bereits das Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalts nicht ersichtlich. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären die Eingriffe nach oben Gesagtem aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nach Unionsrecht ebenso gerechtfertigt. Was das unionsrechtliche Kohärenzgebot angeht bestehen insoweit ebenfalls keine Bedenken (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 124; BVerwG, a.a.O., Rn. 83 ff.).
38 
2. Auch im Hinblick auf den Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass er berechtigt ist, seine Spielhalle auf Grundlage der am 08.03.2012 erteilten Erlaubnis nach § 33i GewO bis zum 30.06.2017 weiterhin zu betreiben, ohne dass es einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 LGlüG bedarf, hat das Verwaltungsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
39 
Die Klage ist insoweit zwar als Feststellungsklage nach § 43 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch ebenfalls nicht begründet. Der Kläger ist entgegen seiner Ansicht nicht befugt, seine Spielhalle auf Grundlage der ihm am 08.03.2012 gemäß § 33i GewO erteilten Spielhallenerlaubnis bis zum 30.06.2017 weiter zu betreiben. Hierfür benötigt er seit dem 30.06.2013 eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG. Dies ergibt sich aus § 51 Abs. 4 LGlüG in der hier anwendbaren Fassung vom 01.12.2015 (GBl. 2015, S. 1033). Danach ist für den Betrieb einer bestehenden Spielhalle, für die bis zum 18.11.2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO beantragt und in der Folge erteilt wurde, nach dem 30.06.2017 zusätzlich eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG erforderlich (Satz 1). Wurde die Erlaubnis nach § 33i GewO jedoch nach dem 18.11.2011 beantragt und in der Folge erteilt, ist eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG bereits nach dem 30.06.2013 erforderlich (Satz 2). Der Kläger hat die Erteilung der Erlaubnis am 24.11.2011 und damit nach dem genannten Stichtag beantragt und in der Folge erhalten. Er fällt damit unter die kürzere Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG.
40 
Die in § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG enthaltene Stichtagsregelung ist verfassungsgemäß. Sie beruht in ihrer aktuellen Fassung auf der Rechtsprechung des baden-württembergischen Staatsgerichtshofs, der die frühere Regelung, die darauf abgestellt hat, ob die Erlaubnis gemäß § 33i GewO vor oder nach dem 28.10.2011 erteilt wurde, für mit der Landesverfassung unvereinbar erklärt hat (StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 439 ff.). Sie knüpft nunmehr an die Antragstellung sowie an den Zeitpunkt an, zu dem das schutzwürdige Vertrauen in den Fortbestand des § 33i GewO spätestens zerstört wurde. Dies war hier nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers mit der Veröffentlichung der Mitteilung der baden-württembergischen Landesregierung an den Landtag betreffend den Beschluss der Ministerpräsidenten über den Entwurf des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags, der bereits die zusätzliche landesrechtliche Erlaubnispflichtigkeit sowie weitergehende Erlaubnisvoraussetzungen vorsah, durch die am 18.11.2011 bekannt gegebene Landtags-Drucksache 15/849 der Fall (vgl. StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 461, 464, 467). Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt konnte nicht mehr ernsthaft auf einen Fortbestand des § 33i GewO vertraut werden, so dass denjenigen, die erst danach die Erlaubnis beantragt haben, zuzumuten ist, bereits nach einer kürzeren Übergangsfrist die zusätzliche Erlaubnis nach § 41 LGlüG einzuholen und die neugeschaffenen Erteilungsvoraussetzungen zu erfüllen (vgl. Beschluss des Senats vom 08.02.2017 - 6 S 768/16 -, juris). Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine einjährige Übergangsregelung für neuere Spielhallen gebilligt und es sogar für verfassungskonform angesehen, als Stichtag auf den - früher auch im § 51 Abs. 4 LGlüG enthaltenen - 28.10.2011 abzustellen sowie an die Erteilung der Erlaubnis und nicht an die Antragstellung anzuknüpfen (BVerfG, a.a.O., Rn. 196 ff. m.w.N.). Vor diesem Hintergrund bestehen auch an der klägerfreundlicheren Neufassung des § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
41 
Ein anderes Ergebnis ergibt sich weder daraus, dass der Kläger nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung während der Planung der Eröffnung seiner Spielhalle von den anstehenden Gesetzesänderungen nichts mitbekommen haben mag, noch daraus, dass sich seine Investitionen in die Spielhalle möglicherweise zum 30.06.2013 noch nicht amortisiert hatten. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen (BVerfG, a.a.O., Rn. 189). Auch soweit der Kläger meint, eine Differenzierung nach dem Alter der Bestandsspielhallen dürfe nicht erfolgen, da sie sich in ihrer Gefährlichkeit nicht unterschieden, dringt er damit nicht durch. Durch die Übergangsvorschriften, die unterschiedliche Zeiträume vorsehen, soll ein stufenweiser Rückbau der mit den in § 42 LGlüG genannten Erteilungsvoraussetzungen unvereinbaren Bestandsspielhallen erreicht werden. Dabei bringt § 51 Abs. 4 LGlüG das gesetzgeberische Bestreben nach einer möglichst zeitnahen Umsetzung der neuen, an der möglichst wirksamen Bekämpfung der Glücksspielsucht ausgerichteten Vorschriften einerseits sowie die Interessen der Spielhallenbetreiber unter Beachtung des Gesichtspunkts des Vertrauensschutzes zu einem angemessenen Ausgleich. Im Hinblick auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bietet der Zeitpunkt der Antragstellung ein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal, ohne dass insoweit nach der Gefährlichkeit der konkreten Spielhallen hätte differenziert werden müssen.
42 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
43 
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 25. April 2017
45 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten mündlich verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage sowohl in ihrem Haupt- als auch in ihrem Hilfsantrag zu Recht abgewiesen.
20 
1. Im Hinblick auf den Hauptantrag des Klägers ist die Klage als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der mit dem Hauptantrag begehrten glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ nach § 41 Abs. 1 LGlüG. Der die Erteilung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 02.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 des Landesglücksspielgesetzes vom 20.11.2012 (GBl. 2012, S. 604), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 01.12.2015 (GBl. 2015, S. 1033), bedarf der Betrieb einer Spielhalle der Erlaubnis nach dem Landesglücksspielgesetz, die die Erlaubnis nach § 33i GewO ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Abs. 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst. Die Erlaubniserteilung setzt voraus, dass keiner der in § 41 Abs. 2 LGlüG genannten Versagungsgründe vorliegt. Danach ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen nach § 42 LGlüG nicht erfüllt sind (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG). So liegt der Fall auch hier.
22 
Da die Spielhalle des Klägers nicht die in § 42 Abs. 1 LGlüG normierten Anforderungen an die Errichtung einer Spielhalle erfüllt, ist die Erlaubnis zwingend nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG zu versagen. Gemäß § 42 Abs. 1 LGlüG müssen Spielhallen einen Abstand von mindestens 500 Metern Luftlinie, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, untereinander haben. Diesen Abstand hält die Spielhalle des Klägers zu der in der ... in ... befindlichen, bereits seit längerer Zeit bestehenden Spielhalle „...“ nicht ein. Diese befindet sich, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, in einem Abstand von Luftlinie 419,90 Metern zu der Spielhalle des Klägers.
23 
a) Entgegen der Ansicht des Klägers ist der in § 42 Abs. 1 LGlüG enthaltene Begriff der „Luftlinie“ nicht im Sinne der Wegstrecke zu verstehen, die ein Fußgänger an der freien Luft zurücklegen muss, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Zwar ist der Begriff der „Luftlinie“ weder im Glücksspielrecht noch sonst legaldefiniert. Er ist jedoch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er - wie es auch das Verwaltungsgericht angenommen hat - die kürzeste Entfernung zwischen zwei geographischen Punkten über den direkten Luftweg durch eine parallel zur Erdoberfläche verlaufende Strecke bezeichnet (vgl. Wikipedia und Duden, jeweils Stichwort „Luftlinie“; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 29.11.2013 - 10 CS 13.1966 -, juris Rn. 26). Die vom Kläger vorgenommene Auslegung des Begriffs ist mit diesem eindeutigen Begriffsverständnis nicht vereinbar. Dass der Luftlinie bislang bau- und gewerberechtlich keine Relevanz zugekommen sein mag, ändert - entgegen seiner Ansicht - nichts daran, dass ihre Heranziehung zur Bestimmung des Mindestabstands von Spielhallen sachgerecht und der Begriff im genannten Sinne zu verstehen ist. Ebenso gebieten auch Sinn und Zweck der Regelung des § 42 Abs. 1 LGlüG keine andere Auslegung des Begriffs. Bei der Luftlinie nach dem beschriebenen Begriffsverständnis handelt es sich um eine einfache und praktikable Bestimmung des Abstands zwischen zwei Orten. Das Abstandsgebot dient überdies nicht allein dazu, einzelne spielwillige Spieler nach Verlassen einer Spielhalle davon abzuhalten, sogleich zu Fuß eine weitere nahegelegene Spielhalle aufzusuchen. Vielmehr dienen die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes über die Spielhallen und insbesondere § 42 Abs. 1 LGlüG auch der grundsätzlichen Begrenzung der Zahl des verfügbaren gewerblichen Automatenspiels durch eine Begrenzung der Spielhallendichte und damit der Beschränkung des Gesamtangebots (vgl. LT-Drucks. 15/849 S. 32 und 15/2431 S. 48; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 135). Mit der Abstandsregelung begrenzt der Gesetzgeber zugleich faktisch die Anzahl der in der Gemeinde zu erteilenden Erlaubnisse im Sinne des § 25 Abs. 3 GlüStV. Diese Zwecksetzung gebietet es nicht, den Begriff der „Luftlinie“ als Wegstrecke eines Fußgängers zwischen den Spielhallen auszulegen.
24 
b) Eine andere Bewertung der Wahrung des Abstandsgebots ergibt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht daraus, dass sich zwischen seiner Spielhalle und der Spielhalle „...“ eine stark befahrene Landstraße befinden mag. Weder ist ersichtlich noch nachvollziehbar vorgetragen, dass die zwischen den Spielhallen liegende ... (L...) nicht überquerbar wäre bzw. ihr eine irgendwie geartete trennende Wirkung zukäme, zumal sie als typische Ortsdurchgangsstraße im ländlichen Bereich erscheint und ihr Verkehr bereits durch den östlich der Spielhallen gelegenen Kreisel beruhigt sein dürfte. Bereits die tatsächlichen Gegebenheiten bieten daher im vorliegenden Fall keinen Anlass, ein ausnahmsweises Absehen von dem Erfordernis des Mindestabstands in Betracht zu ziehen beziehungsweise das Fehlen einer Ausnahmeregelung zu der strikten Vorgabe des Mindestabstands zwischen zwei Spielhallen in § 42 Abs. 1 LGlüG zu beanstanden. Unabhängig davon würde eine solche Ausnahmeregelung den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Begrenzung der Spielhallendichte und des Gesamtangebots an Spielhallen konterkarieren. Dem Abstandsgebot kommt zur Erreichung dieses Zwecks auch bei Vorliegen einer möglichen trennenden Wirkung einer stark befahrenen Straße entscheidende Bedeutung zu.
25 
c) Das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG begegnet, wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, als Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 LGlüG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
26 
aa) Insbesondere besaß das Land Baden-Württemberg für den Erlass der hier maßgeblichen §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG die Gesetzgebungskompetenz. Diese ergibt sich aus Art. 70 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, wonach das „Recht der Spielhallen“ seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das „Recht der Wirtschaft“ ausdrücklich ausgenommen ist. Dies ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher gewerberechtlicher Voraussetzungen für die Zulassung von Spielhallen sowie die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 101 ff.; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, juris Rn. 19; vgl. zu § 42 Abs. 2 LGlüG bereits den Beschluss des Senats vom 04.04.2014 - 6 S 1795/13 -, ESVGH 64, 224). Hierunter fallen die hier einschlägigen Vorschriften über die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und das dabei einzuhaltende Abstandsgebot nach §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG ohne weiteres. Sie betreffen jeweils die gewerberechtlichen Anforderungen an die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 111). Insbesondere der erstmals eingeführte Mindestabstand zu anderen Spielhallen beschränkt die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regelt ihr räumliches Verhältnis zu ihrem Umfeld. Er betrifft einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots länderspezifische Bezüge aufweist. Derartige Materien wurden im Rahmen der Föderalismusreform 2006 bewusst den Ländern übertragen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 22, 30; BVerfG, a.a.O., Rn. 101 ff.). Die auf der früheren verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung beruhende Vorschrift des § 33i GewO wurde in der Folge in Baden-Württemberg durch die §§ 41, 42 LGlüG im Sinne des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG ersetzt (Beschluss des Senats vom 08.02.2017 - 6 S 768/16 -, juris).
27 
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich die fehlende Gesetzgebungskompetenz der Länder auch nicht aus einer von ihm angenommenen bauplanungsrechtlichen Natur der einschlägigen Vorschriften. Zwar mögen sich aus § 42 Abs. 1 LGlüG ebenso Konsequenzen für den möglichen Standort einer Spielhalle ergeben wie aus den einzuhaltenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Die Vorschrift über den Mindestabstand zwischen Spielhallen betrifft jedoch die Art und Weise der Ausübung eines bestimmten Gewerbes und dient dabei dem Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren des Glücksspiels und gerade nicht dem Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden, wie es dem unter das „Bodenrecht“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG fallenden Bauplanungsrecht immanent ist. Da somit ein anderer Regelungsgegenstand betroffen ist, entfaltet das auf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruhende Bauplanungsrecht keine Sperrwirkung gegenüber den hier in Rede stehenden landesrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 114 f.; BVerwG, a.a.O., Rn. 31; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris Rn. 353 f.).
28 
bb) Das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG ist auch materiell verfassungsgemäß.
29 
(1) Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesverfassungsgericht haben sich jüngst ausführlich mit vergleichbaren Vorschriften anderer Länder zum einzuhaltenden Mindestabstand zwischen zwei Spielhallen befasst und im Einzelnen dargelegt, dass diese die Spielhallenbetreiber nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG verletzen sowie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 118 ff.; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, juris Rn. 34 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere festgestellt, dass die in Berlin und im Saarland geltenden Abstandsgebote den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung genügten, da selbst zur Rechtfertigung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung hinreichende Gründe des Gemeinwohls vorlägen, die die Abstandsgebote tragen könnten (BVerfG, a.a.O., Rn. 131 ff.). Sie dienten mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. Die Abstandsgebote verfolgten das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Begrenzung der Spielhallendichte und die Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots. Es solle zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten „auf andere Gedanken“ komme und sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst habe, dass ein selbständiger neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich sei (BVerfG, a.a.O., Rn. 133, 135). Diese Einschätzungen der Gesetzgeber seien nicht offensichtlich fehlerhaft. Gerade die hohen Anteile der Spieler an Geldspielgeräten an der Gesamtzahl der pathologischen Spieler sowie der hohe Marktanteil und das erhebliche Wachstum des Spiels in Spielhallen über die letzten Jahre rechtfertigten die Annahme nachweisbarer schwerer Gefahren für die spielsüchtigen oder von Spielsucht bedrohten Personen, ihre Familien und die Gemeinschaft (BVerfG, a.a.O., Rn. 140). Die Abstandsgebote seien konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, unterschiedlichen Regelungen unterworfen seien (BVerfG, a.a.O., Rn. 142). Die Gesetzgeber dürften im Rahmen des ihnen zustehenden und nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums auch davon ausgehen, dass die Abstandsgebote geeignete und erforderliche Mittel zur Bekämpfung der Spielsucht darstellten (BVerfG, a.a.O., Rn. 148 ff.). Die Abstandsgebote seien auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahrten die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen des Spielhallenrechts insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasteten die Betroffenen nicht übermäßig. Die Regelungen hätten zwar - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge und auch weitere Neuregelungen wirkten sich belastend aus. Die Gesamtbelastung lasse es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssten, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch die Abstandsgebote stark beschränkt werde. Der verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiege jedoch besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handele. Besonderes Gewicht bekomme dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgingen. Für alle anderen relevanten Glücksspielformen habe bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht sei, hätten die Gesetzgeber davon ausgehen dürfen, dass gerade die mit den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten werde. Dies gelte zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium. Insgesamt stünden damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (BVerfG, a.a.O., Rn. 155 ff.). Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führe - soweit ihr Schutzbereich überhaupt eröffnet sei - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (BVerfG, a.a.O., Rn. 169). Die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen bewirkten auch keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung von Spielhallen und Spielbanken liege in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential beider Typen von Spielstätten und insbesondere in der sehr unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten. Ungleichbehandlungen gegenüber Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, seien aufgrund der Unterschiede der Spielorte gerechtfertigt (BVerfG, a.a.O., Rn. 170 ff.).
30 
(2) Diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, die im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen, schließt sich der Senat an. Sie sind ohne weiteres auf die Regelungen des baden-württembergischen Landesglücksspielgesetzes, insbesondere die des hier in Rede stehenden § 42 Abs. 1 LGlüG übertragbar und entsprechen im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs (heute: Verfassungsgerichtshof) für das Land Baden-Württemberg zum Landesglücksspielgesetz (StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris Rn. 355 ff.). Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgt auch der baden-württembergische Gesetzgeber in Umsetzung der Vorgaben des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags mit dem Abstandsgebot die vom Bundesverfassungsgericht benannten Ziele. Im Zusammenwirken mit dem Verbundverbot in § 42 Abs. 2 LGlüG soll das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG den spielenden Personen die Möglichkeit eröffnen, einen inneren Abstand vom gerade beendeten Spiel an einem Geldspielgerät oder der Teilnahme an einem anderen Spiel zu finden. Sie sollen die Chance erhalten, ihr Verhalten zu reflektieren und zu einer möglichst unbeeinflussten Eigenentscheidung kommen, ob sie das Spiel fortsetzen möchten (LT-Drucks. 15/2431 S. 105). Darüber hinaus soll die Regelung durch eine Verringerung der Zahl und der Standorte sowie durch Auflockerung der Dichte der Spielhallen zur Verwirklichung der oben genannten Ziele beitragen (vgl. StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 362 m.w.N.). Auch der baden-württembergische Gesetzgeber verfolgt damit das legitime Ziel, durch das Abstandsgebot zur Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht beizutragen und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Die Regelungen des Landesglücksspielgesetzes sind zur Erreichung dieses Ziels ebenso verhältnismäßig wie die den Entscheidungen des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Regelungen anderer Bundesländer.
31 
Mit seinen hiergegen geltend gemachten Einwendungen dringt der Kläger nicht durch. Sein Vortrag zielt vornehmlich darauf ab, die Geeignetheit und Erforderlichkeit des Abstandsgebots in Frage zu stellen. Insoweit kommt dem Gesetzgeber jedoch ein maßgeblicher Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der vorliegend nicht überschritten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass die Länder die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen durften, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht geeignete und vorzugswürdige Mittel darstellen (BVerfG, a.a.O., Rn. 150, 153; ebenso BVerwG, a.a.O., Rn. 43 ff.). Die diesbezüglichen Erwägungen des Gesetzgebers sind auch unter Berücksichtigung der vom Kläger erhobenen Bedenken plausibel und nicht offensichtlich fehlerhaft. Ermittlungen durch den Senat zur Wirksamkeit der Beschränkung des Glücksspielangebots und zum Ausmaß der Gefährlichkeit des gewerblichen Automatenspiels sind vor diesem Hintergrund nicht angezeigt.
32 
Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung in § 42 Abs. 1 LGlüG auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 49). Dass sich hier aufgrund länderspezifischer Besonderheiten unterschiedliche Erfordernisse ergeben können, liegt auf der Hand und ist in der föderalen Struktur der Bundesrepublik angelegt. Die Normierung unterschiedlicher Mindestabstände in den Ländern sowie die vom Kläger dargelegte mehrfache Änderung der Meterangabe im Rahmen des baden-württembergischen Gesetzgebungsverfahrens lässt ebenso wenig auf eine Willkürlichkeit der Regelung eines Mindestabstands von 500 Metern schließen.
33 
Im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums liegt auch, dass § 42 Abs. 1 LGlüG auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt und nicht auf die Wegstrecke sowie, dass Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG nur für diejenigen Bestandsspielhallen bestehen - und damit nicht für den Kläger -, für die gemäß § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG erst nach dem 30.06.2017 die zusätzliche Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG erforderlich ist. Hierdurch bringt der Gesetzgeber in nachvollziehbarer und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das gesetzgeberische Ziel der wirksamen und effizienten Reduzierung der Spielhallendichte sowie Aspekte der Praktikabilität und des Vertrauensschutzes in angemessenen Ausgleich.
34 
Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich auch nicht eine sonstige Unverhältnismäßigkeit des Abstandsgebots. Weder die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG noch die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisten die unveränderliche Zulässigkeit einer einmal aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit. Zur Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut - wie sie nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers auch hier anzunehmen sind - können an eine zunächst erlaubte Tätigkeit selbst dann weitere Anforderungen gestellt werden, wenn diese faktisch - auch nicht nur in Einzelfällen - zu einer Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit als Spielhallenbetreiber führt (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 156 ff.). Angesichts der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels überwiegt das Ziel der Suchtprävention und des Spielerschutzes die wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen, insbesondere hier von dem Abstandsgebot, verschont zu bleiben (BVerfG, a.a.O., Rn. 159).
35 
Entgegen der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vertieften Ansicht des Klägers gebietet auch eine stärkere Beachtung des Art. 14 Abs. 1 GG kein anderes Ergebnis. Die grundsätzliche Nutzbarkeit einer im Eigentum des Spielhallenbetreibers stehenden Betriebsstätte wird durch standortbezogene Erlaubnisvoraussetzungen der gewerblichen Tätigkeit nicht beeinträchtigt. Auch die erteilte Baugenehmigung vermittelt keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz in Bezug auf das in der baulichen Anlage ausgeübte Gewerbe. Gleiches gilt für die unbefristete Erlaubnis, die dem Kläger nach § 33i GewO erteilt wurde. Denn Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil des Erstens Senats vom 06.12.2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, NJW 2017, 217 <223 Rn. 232>). Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO erteilte unbefristete Erlaubnis vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. im Einzelnen BVerwG, a.a.O., Rn. 73 f.).
36 
Der Kläger kann schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, der baden-württembergische Gesetzgeber verfolge die genannten Ziele nicht konsequent, da Spielbanken sowie Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, nicht denselben Anforderungen aus § 42 LGlüG unterliegen, beziehungsweise insoweit sei eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegeben. Wie bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, sind bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar, die die unterschiedliche Handhabung in fraglichem Licht erscheinen lassen könnten (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 142). Zudem rechtfertigen die Unterschiede der Spielorte eine Ungleichbehandlung. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liegt nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeiten und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Spielhallen sind daher typischerweise größer als in Gaststätten, zumal die Anzahl der Geldspielgeräte in Gaststätten auf derzeit drei, zukünftig zwei beschränkt ist. Die Einbettung in den Gaststättenbetrieb ermöglicht darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle (BVerfG, a.a.O., Rn. 175). Auch im Hinblick auf die für Spielbanken geltenden Regelungen bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Zwar lässt sich diesbezüglich ein fiskalisches Interesse der Länder nicht leugnen. Der Betrieb von Spielbanken ist jedoch in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen ausgerichtet und unterliegt einer besonderen staatlichen Aufsicht. Allein aufgrund der nach § 27 Abs. 1 LGlüG begrenzten Zahl der Standorte - in Baden-Württemberg: Baden-Baden, Konstanz und Stuttgart - sind Spielbanken aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon wegen ihrer großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Überdies fällt nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts auf Grundlage der dort aufgeführten Untersuchungen die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 144).
37 
d) An der Vereinbarkeit des Abstandsgebots mit europäischem Unionsrecht bestehen kein Bedenken. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht im Einzelnen ausgeführt hat, liegt kein Verstoß gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG vor (vgl. hierzu auch BVerwG, a.a.O., Rn. 86 ff.). Im Hinblick auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ist im Fall des Klägers bereits das Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalts nicht ersichtlich. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären die Eingriffe nach oben Gesagtem aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nach Unionsrecht ebenso gerechtfertigt. Was das unionsrechtliche Kohärenzgebot angeht bestehen insoweit ebenfalls keine Bedenken (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 124; BVerwG, a.a.O., Rn. 83 ff.).
38 
2. Auch im Hinblick auf den Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass er berechtigt ist, seine Spielhalle auf Grundlage der am 08.03.2012 erteilten Erlaubnis nach § 33i GewO bis zum 30.06.2017 weiterhin zu betreiben, ohne dass es einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 LGlüG bedarf, hat das Verwaltungsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
39 
Die Klage ist insoweit zwar als Feststellungsklage nach § 43 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch ebenfalls nicht begründet. Der Kläger ist entgegen seiner Ansicht nicht befugt, seine Spielhalle auf Grundlage der ihm am 08.03.2012 gemäß § 33i GewO erteilten Spielhallenerlaubnis bis zum 30.06.2017 weiter zu betreiben. Hierfür benötigt er seit dem 30.06.2013 eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG. Dies ergibt sich aus § 51 Abs. 4 LGlüG in der hier anwendbaren Fassung vom 01.12.2015 (GBl. 2015, S. 1033). Danach ist für den Betrieb einer bestehenden Spielhalle, für die bis zum 18.11.2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO beantragt und in der Folge erteilt wurde, nach dem 30.06.2017 zusätzlich eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG erforderlich (Satz 1). Wurde die Erlaubnis nach § 33i GewO jedoch nach dem 18.11.2011 beantragt und in der Folge erteilt, ist eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG bereits nach dem 30.06.2013 erforderlich (Satz 2). Der Kläger hat die Erteilung der Erlaubnis am 24.11.2011 und damit nach dem genannten Stichtag beantragt und in der Folge erhalten. Er fällt damit unter die kürzere Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG.
40 
Die in § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG enthaltene Stichtagsregelung ist verfassungsgemäß. Sie beruht in ihrer aktuellen Fassung auf der Rechtsprechung des baden-württembergischen Staatsgerichtshofs, der die frühere Regelung, die darauf abgestellt hat, ob die Erlaubnis gemäß § 33i GewO vor oder nach dem 28.10.2011 erteilt wurde, für mit der Landesverfassung unvereinbar erklärt hat (StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 439 ff.). Sie knüpft nunmehr an die Antragstellung sowie an den Zeitpunkt an, zu dem das schutzwürdige Vertrauen in den Fortbestand des § 33i GewO spätestens zerstört wurde. Dies war hier nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers mit der Veröffentlichung der Mitteilung der baden-württembergischen Landesregierung an den Landtag betreffend den Beschluss der Ministerpräsidenten über den Entwurf des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags, der bereits die zusätzliche landesrechtliche Erlaubnispflichtigkeit sowie weitergehende Erlaubnisvoraussetzungen vorsah, durch die am 18.11.2011 bekannt gegebene Landtags-Drucksache 15/849 der Fall (vgl. StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 461, 464, 467). Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt konnte nicht mehr ernsthaft auf einen Fortbestand des § 33i GewO vertraut werden, so dass denjenigen, die erst danach die Erlaubnis beantragt haben, zuzumuten ist, bereits nach einer kürzeren Übergangsfrist die zusätzliche Erlaubnis nach § 41 LGlüG einzuholen und die neugeschaffenen Erteilungsvoraussetzungen zu erfüllen (vgl. Beschluss des Senats vom 08.02.2017 - 6 S 768/16 -, juris). Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine einjährige Übergangsregelung für neuere Spielhallen gebilligt und es sogar für verfassungskonform angesehen, als Stichtag auf den - früher auch im § 51 Abs. 4 LGlüG enthaltenen - 28.10.2011 abzustellen sowie an die Erteilung der Erlaubnis und nicht an die Antragstellung anzuknüpfen (BVerfG, a.a.O., Rn. 196 ff. m.w.N.). Vor diesem Hintergrund bestehen auch an der klägerfreundlicheren Neufassung des § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
41 
Ein anderes Ergebnis ergibt sich weder daraus, dass der Kläger nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung während der Planung der Eröffnung seiner Spielhalle von den anstehenden Gesetzesänderungen nichts mitbekommen haben mag, noch daraus, dass sich seine Investitionen in die Spielhalle möglicherweise zum 30.06.2013 noch nicht amortisiert hatten. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen (BVerfG, a.a.O., Rn. 189). Auch soweit der Kläger meint, eine Differenzierung nach dem Alter der Bestandsspielhallen dürfe nicht erfolgen, da sie sich in ihrer Gefährlichkeit nicht unterschieden, dringt er damit nicht durch. Durch die Übergangsvorschriften, die unterschiedliche Zeiträume vorsehen, soll ein stufenweiser Rückbau der mit den in § 42 LGlüG genannten Erteilungsvoraussetzungen unvereinbaren Bestandsspielhallen erreicht werden. Dabei bringt § 51 Abs. 4 LGlüG das gesetzgeberische Bestreben nach einer möglichst zeitnahen Umsetzung der neuen, an der möglichst wirksamen Bekämpfung der Glücksspielsucht ausgerichteten Vorschriften einerseits sowie die Interessen der Spielhallenbetreiber unter Beachtung des Gesichtspunkts des Vertrauensschutzes zu einem angemessenen Ausgleich. Im Hinblick auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bietet der Zeitpunkt der Antragstellung ein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal, ohne dass insoweit nach der Gefährlichkeit der konkreten Spielhallen hätte differenziert werden müssen.
42 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
43 
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 25. April 2017
45 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. September 2017 - 3 K 5371/17 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht für beide Rechtszüge auf jeweils 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die die Antragsgegnerin verpflichtet wird, den Weiterbetrieb der Spielhalle „...“, ..., ... über den 30.06.2017 hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 26.06.2017 zu dulden, stattzugeben.
Das Verwaltungsgericht ist in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Duldung des Weiterbetriebs der Spielhalle „...“ bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Erlaubnisantrag unbegründet ist. Die Antragstellerin habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin rechtswidrig sei und sie einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG habe. Die Spielhalle der Antragstellerin sei nicht nach § 41 LGlüG erlaubnisfähig, da sie gegen das Abstandsgebot verstoße, ein Härtefall nicht vorliege und die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf eine weitere Abwicklungsfrist habe. Ob ein Anordnungsgrund vorliege, könne dabei offenbleiben.
Die Antragstellerin beanstandet, dass entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sei. Sie habe zum einen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG (dazu 1.). Zum anderen habe sie jedenfalls einen Anspruch auf Erteilung einer auf ein Jahr befristeten Erlaubnis unter Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 42 Abs. 1 LGlüG (dazu 2.).
1. Anders als die Antragstellerin meint, ist die Versagung der glückspielrechtlichen Erlaubnis nicht ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig erfolgt. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG hat, weil die Spielhalle gegen das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG verstößt. Im Abstand von weniger als 500 Metern zur Spielhalle der Antragstellerin befinden sich insgesamt fünf Spielhallen, bei denen die Antragsgegnerin einen Härtefall gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG als gegeben ansieht. Diese Spielhallen muss sich die Antragstellerin entgegenhalten lassen.
Die Antragstellerin hält die gewählte Prüfungsreihenfolge für die Auswahlentscheidung konkurrierender Spielhallen für rechtsfehlerhaft und vertritt die Auffassung, dass bei der Auswahlentscheidung zuerst zwischen allen erstmals ab dem 01.07.2017 miteinander konkurrierenden Spielhallen eine ermessensrichtige Auswahlentscheidung zu treffen und einer Spielhalle eine (befristete) Erlaubnis zu erteilen sei, danach seien Anträge nach § 51 Abs. 5 LGlüG derjenigen Spielhallen zu prüfen, die nicht erfolgreich aus der Auswahlentscheidung hervorgegangen seien. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, zunächst das Vorliegen eines Härtefalls zu prüfen und im Falle einer Befreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG allen Spielhallenbetreibern, für die eine Befreiung nicht in Betracht kommt, die Erlaubnis unter Berufung auf das Abstandsgebot zu versagen, hält sie im Hinblick auf Wortlaut, Systematik, Zweck und Gesetzeslogik des LGlüG für unzutreffend. Außerdem sei diese Auslegung aus verfassungsrechtlichen Gründen abzulehnen, denn die Antragstellerin habe ein Recht auf eine sachgerechte Auswahlentscheidung zwischen den konkurrierenden Bestandsspielhallen, dabei dürfe das Härtefallkriterium nicht das einzige relevante Auswahlkriterium sein.
Die Antragstellerin dringt mit diesen Argumenten nicht durch. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch das Bundesverwaltungsgericht haben, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, geklärt, dass das Abstandsgebot und auch das Verbundverbot verfassungsrechtlich (und auch unionsrechtlich) nicht zu beanstanden sind (BVerfG, Beschluss vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12u.a. -, juris; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - BVerwG 8 C 6.15 -, juris). Dieser Rechtsprechung hat sich der beschließende Senat für die baden-württembergischen Regelungen in § 42 Abs. 1 und 2 LGlüG angeschlossen (Senat, Urteil vom 25.04.2017 - 6 S 1765/15 -, juris, zum Abstandsgebot unter Hinweis auf StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris). Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgt auch der baden-württembergische Gesetzgeber in Umsetzung der Vorgaben des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages mit dem Abstandsgebot die vom Bundesverfassungsgericht benannten Ziele. Im Zusammenwirken mit dem Verbundverbot in § 42 Abs. 2 LGlüG möchte er zur Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht beitragen und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen. Die Regelung soll u.a. durch eine Verringerung der Zahl und der Standorte sowie durch die Auflockerung der Dichte der Spielhallen zur Verwirklichung dieser Ziele beitragen (LT-Drs. 15/2431 S. 105; StGH, a.a.O., juris Rn. 362 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass die Einschränkung des Angebots an Spielhallen und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht geeignete und vorzugswürdige Mittel zur Zielerreichung darstellen (BVerfG, a.a.O., Rn. 150, 153; ebenso BVerwG, a.a.O., Rn. 43 ff.).
Explizit für das baden-württembergische LGlüG hat auch der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg (jetzt Verfassungsgerichtshof) die Verfassungsmäßigkeit des Abstandsgebots und der Übergangs- bzw. Härtefallregelung bestätigt. Der aus Art. 12 GG folgende Anspruch der Spielhallenbetreiber auf einen chancengleichen Zugang zu einer eng regulierten beruflichen Tätigkeit bezieht sich nicht nur auf das Auswahlverfahren, sondern auch auf die Auswahlkriterien. Die Auswahlkriterien müssen jedenfalls der Eingriffsintensität der Entscheidung Rechnung tragen, die im negativen Fall dazu führt, dass eine bisher erlaubte gewerbliche Tätigkeit nicht weitergeführt und von der Eigentumsgarantie geschützte Vermögensgegenstände nicht mehr weitergenutzt werden dürfen (StGH, a.a.O., juris Rn. 357 m.w.N.).
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist das Vorgehen der Antragsgegnerin, bei einer Antragskonkurrenz zunächst das Vorliegen eines Härtefalls zu prüfen und diesen Spielhallen den Vorzug einzuräumen, nicht zu beanstanden. Hierbei wird berücksichtigt, dass die Spielhallenbetreiber, die sich auf die Härtefallregelung berufen können, solche sind, deren Vertrauen nach der in § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG zum Ausdruck gekommenen Intention des Gesetzgebers besonders schutzwürdig ist. Die Möglichkeit der Befreiung vom Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG dient der Sicherung der Angemessenheit des Eingriffs in die Berufsfreiheit und die Eigentumsgarantie (StGH, a.a.O., juris Rn. 377). Die Interessen der (ggf. unterliegenden) Spielhallenbetreiber, die sich ihrerseits nicht auf einen derartigen Härtefall berufen können, haben indessen vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Zwecks, eine möglichst geringe Spielhallendichte zu erreichen, zurückzustehen. Dieser würde konterkariert, wenn - wie es die Antragstellerin vorträgt - erst Spielhallen erlaubt würden und sodann in einem weiteren Schritt über Härtefallanträge entschieden würde. Im Übrigen ist die Abstandsbestimmung in § 42 Abs. 1 LGlüG verbindlich, eine Abweichungsmöglichkeit durch Entscheidung der örtlichen Behörden ist - abgesehen von der Härtefallregelung des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG - bewusst nicht vorgesehen (LT-Drs. 15/2431, S. 105).
Nichts anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin aus Wortlaut und Systematik der Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG normiert eine Ausnahme zu der Regel, dass spätestens nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist (gem. § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG) die materiellen Anforderungen der §§ 41, 42 LGlüG (§§ 24, 25 GlüStV) für alle Betreiber von Spielhallen gelten. Die fünfjährige Übergangsfrist soll die wirtschaftlichen Einbußen der Spielhallenbetreiber abmildern, indem sie ihnen ermöglicht, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Härtefallklausel soll somit lediglich den unbilligen Härten entgegenwirken, die von der Übergangsfrist nicht erfasst werden können. Dass im Rahmen einer Befreiung aufgrund unbilliger Härte die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind, zeigt den Ausnahmecharakter der Vorschrift. Denn die Ziele des § 1 GlüStV sollen durch die Einhaltung der Abstandsregeln nach § 42 Abs. 1 LGlüG (§ 25 GlüStV) und eine damit einhergehende Reduzierung der Spielhallenstandorte erreicht werden. Würde die Befreiung von den Vorgaben der §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG (§§ 24, 25 GlüStV) zur Regel, würde die erstrebte Reduzierung der Spielhallenstandorte unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen der Spielhallenbetreiber verhindert. Das ist erkennbar auch durch die Einführung der Härtefallklausel in § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG (§ 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) nicht gewollt gewesen (vgl. zur bayerischen Regelung im AGGlüStV: BayVerfGH, Entscheidung vom 28.06.2013 - Vf. 19-VII-12 -, juris Rn. 88). Dies wird dadurch unterstrichen, dass die Härtefallklausel lediglich eine zeitlich begrenzte Übergangssituation regeln soll, sie ihrerseits nur für Bestandsspielhallen nach § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG gilt und gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG die entsprechenden Befreiungen von den Anforderungen des § 42 Abs. 1 und 2 LGlüG nur für einen „angemessenen Zeitraum“ erteilt werden. Mit dem Übergangscharakter der Härtefallklausel ist auch das Vorbringen der Antragstellerin zu widerlegen, dass Neubewerber „stets von der Erlaubniserteilung ausgeschlossen“ seien, „wie gut sie in puncto Spieler- und Jugendschutz auch aufgestellt sein mögen“, denn die Härtefall-Befreiung für Bestandsspielhallenbetreiber ist ihrerseits zeitlich begrenzt und ermöglicht nur eine befristete Suspendierung von den Vorgaben des Abstandsgebots (LT-Drs. 15/2431 S. 113). Die neu eintretenden Bewerber können somit (spätestens) nach Ablauf dieses „angemessenen Zeitraums“ einen neuen Erlaubnisantrag stellen.
10 
Im Falle des Nebeneinanders von Bestandsspielhallen mit und ohne Härtefallbefreiung bleibt dem unberücksichtigten Spielhallenbetreiber - wie hier - somit nach dem gesetzgeberischen Willen nur die Möglichkeit, selbst einen Antrag auf Befreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG zu stellen. Eine „Auswahlentscheidung“ unter Einbeziehung der Neubewerber findet insoweit nicht statt.
11 
2. Ein Anordnungsanspruch ist auch nicht für das Vorliegen eines Härtefalls gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlÜG aufgrund zu kurzfristiger Versagung des Genehmigungsantrags vor Ablauf der Übergangsfrist glaubhaft gemacht.
12 
Mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin sich in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert auseinandergesetzt, sondern im Wesentlichen lediglich ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt. Der Senat folgt der überzeugenden Begründung des Verwaltungsgerichts und weist die Beschwerde insoweit aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Entscheidend ist, dass die Übergangsfrist im Falle der Antragstellerin nach § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG bereits fünf Jahre betrug und sie schon innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist verlässliche Planungen dazu hätte anstellen können, wie sie ihre wirtschaftliche Zukunft unter den neuen gesetzlichen Gegebenheiten gestalten könnte. Ob ihre Spielhalle, die schon im Übergangszeitraum mit zahlreichen weiteren Spielhallen in einem Konkurrenzverhältnis stand, nach der zum 01.07.2017 anstehenden „Auswahlentscheidung“ der Antragsgegnerin fortbestehen könnte, war für sie aufgrund der neuen Gesetzeslage mehr als zweifelhaft. Insoweit musste die Antragstellerin geradezu damit rechnen, nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist ihren Betrieb schließen zu müssen. Hierauf konnte sie sich durch geeignete Vertragsgestaltungen einstellen, die ihr nach Möglichkeit sowohl die Option zum Weiterbetrieb als auch die Beendigung der Spielhallennutzung offen hielten.
13 
Im Übrigen folgt hieraus auch, dass die Regelung des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG den hier vorgetragenen Fall einer negativen Bescheidung kurz vor Ablauf der Übergangsfrist überhaupt nicht als Härtefall erfasst. § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG nennt als Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte beispielsweise die Unmöglichkeit der Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder die fehlende Abschreibung im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigter Investitionen. Ein Vertrauenstatbestand, dass sie eine Erlaubnis über den 30.06.2017 hinaus erhalten würde, lag weder von Gesetzes wegen noch aufgrund des Verhaltens der Antragsgegnerin vor.
II.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Änderung des Streitwerts für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruhen auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2, 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - geändert. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 wird aufgehoben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08.09.2015 betrifft.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung des beklagten Landes ex nunc.
Die Klägerin ist eine als (private) limited company organisierte juristische Person mit Sitz in ... und verfügt dort über eine glücksspielrechtliche Lizenz. Sie betreibt die Internetseiten ... und ..., auf denen sie auch in deutscher Sprache die Teilnahme an verschiedenen Online-Spielen, darunter Poker- und Casinospiele, anbietet. Das ursprüngliche Angebot zur Teilnahme an Sportwetten über diese Internetseiten ist derzeit eingestellt; seine Wiederaufnahme ist nicht ausgeschlossen.
Nach vorheriger Anhörung untersagte das beklagte Land der „...“ mit auf § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV a.F. gestützter Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV a.F. zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), gab ihr auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe mitzuteilen (Ziff. 2) und drohte ihr für den Fall, dass sie Ziffern 1 und 2 der Verfügung binnen zwei Wochen nach deren Bekanntgabe nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR an (Ziff. 3). Bei den angebotenen Sportwetten, Poker- und Casinospielen handele es sich um öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 GlüStV a.F.. Die erforderliche, auf Baden-Württemberg bezogene Erlaubnis hierfür sei nicht erteilt worden und könne auch nicht erteilt werden. Die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel sei in der Hand des Staates monopolisiert. Mit den Internetseiten werde gleichzeitig unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3, 4 GlüStV a.F. für öffentliches Glücksspiel im Internet bzw. für unerlaubtes Glücksspiel geworben. Es werde darauf hingewiesen, dass die Verfügung sich auf alle betriebenen Internetauftritte erstrecke, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.
Die Klägerin hat am 13.02.2010 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Sie hat u.a. geltend gemacht, die angefochtene Verfügung sei ihr nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden, vielmehr an ein Unternehmen mit ähnlicher Firma unter ihrer Anschrift adressiert gewesen. Mit der Verfügung werde gegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip verstoßen. Die Umsetzung der Verfügung sei faktisch nur im Wege einer bundesweiten Maßnahme durch Abschalten der Websites möglich. Hierfür fehle es dem beklagten Land an der Verbandskompetenz. Der Verfügung mangele es auch an der erforderlichen Bestimmtheit. Sie bürde ihr die Prüfung auf, welche der von ihr veranstalteten Spiele Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. seien. Poker sei tatbestandlich kein Glücksspiel, jedenfalls sei jede Variante gesondert zu prüfen. Die Verpflichtung zum Abschalten aller, auch legale Angebote in anderen Ländern umfassende Websites sei unverhältnismäßig. Alternative Maßnahmen der Geolokalisation oder Festnetz- und Handyortung seien technisch nicht mit hinreichendem Erfolg durchführbar und verstießen auch im Einwilligungsfall gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. Das Abschalten der Websites sei auch nicht erforderlich, weil mit der (erfolgten) Aufnahme eines Disclaimers in die Endbenutzervereinbarung auf ihren Websites eine im Vergleich zu dem kompletten Abschalten der Websites milderes Mittel zur Verfügung stehe. Auch sei die praktische Umsetzung der Geolokalisation unzumutbar, weil sie ihr Geschäftsmodell in Frage stellen würde. Die Vornahmefrist sei zu kurz, das angedrohte Zwangsgeld unverhältnismäßig hoch.
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten und hat u.a. geltend gemacht, der Bescheid sei ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Die Bekanntgabe werde durch ... geduldet. Außerdem sei es der Klägerin verwehrt, sich auf völkerrechtliche Verbote zu berufen. In der Verfügung sei lediglich die Firma der Klägerin unvollständig angegeben worden, ohne dass hierunter die Erkennbarkeit des Adressaten leide. Der Bestimmtheit der Verfügung stehe nicht entgegen, dass die Wahl der konkreten Art und Weise der Umsetzung in das Ermessen der Klägerin gestellt werde. Die Vorgabe eines konkreten Mittels sei unverhältnismäßig. Es seien Möglichkeiten zur Erreichung des Unterlassungserfolgs aufgezeigt worden. Die Umsetzung der Verfügung sei auch tatsächlich und (datenschutz-)rechtlich, insbesondere durch Handyortung oder Geolokalisation, möglich. Auch sei die vollständige Löschung der Internetseiten zumutbar. Das vollständige Entfernen der Internetseiten bzw. ihre Sperrung in ganz Deutschland habe zwar Auswirkungen über Baden-Württemberg hinaus, sei aber von ihrer Verbandskompetenz gedeckt. Die an sich entbehrliche Umsetzungsfrist sei ausreichend, die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes angemessen.
Mit Urteil vom 03.11.2011, der Klägerin zugestellt am 10.11.2011, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, da die Klägerin Spielern in Baden-Württemberg durch ihr Internetangebot die Teilnahme an Glücksspielen ermögliche, sei das Regierungspräsidium Karlsruhe zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständig, weil sich die polizeiliche Gefahr in Baden-Württemberg realisiere. Die Untersagungsverfügung sei auch gegenüber der Klägerin durch ordnungsgemäße Bekanntgabe wirksam geworden. Dass sie Adressatin der Verfügung sei, gehe hinreichend bestimmt aus dem Bescheid hervor. Dies ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass sie diejenige sei, die auf den in der Verfügung im Einzelnen benannten Internetseiten Sportwetten sowie Poker- und Casinospiele veranstalte. Zudem sei die Verfügung an eine Adresse übersandt worden, an der nur sie ihren Sitz habe. Bei den von der Klägerin dargebotenen Sportwetten, Poker- und Casinospielen handele es sich um Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Insbesondere sei auch Poker als Glücksspiel zu qualifizieren. Die streitgegenständliche Verfügung sei auch hinreichend bestimmt. Von der Klägerin werde unter Hinweis auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags das Unterlassen jeglicher Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel und der Werbung hierfür verlangt. Einer weiteren Präzisierung und Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Glücksspielarten habe es nicht bedurft. Es habe der Klägerin als verpflichteter Adressatin auch selbst überlassen werden dürfen, auf welche Weise sie der Unterlassungsanordnung nachkomme. Maßgeblich sei einzig, dass vom Gebiet des Landes Baden-Württemberg aus Spielangebote der Klägerin nicht mehr angenommen werden könnten und diesbezügliche Werbung nicht mehr abgerufen werden könne. Mit dieser Verpflichtung werde von der Klägerin weder etwas rechtlich noch tatsächlich Unmögliches verlangt noch sei ihr die Befolgung unzumutbar. Da neben der Möglichkeit der vollständigen Entfernung des Internetinhalts das Verfahren der Geolokalisation existiere, sei jedenfalls nicht von einer technischen Unmöglichkeit des angegriffenen Bescheids auszugehen. Selbst die bundesweite Entfernung des Internetinhalts sei der Klägerin zuzumuten. Unerheblich sei insoweit, dass mit der streitigen Verfügung nur für Baden-Württemberg ein Veranstaltungs- und Werbeverbot ausgesprochen worden sei. Denn diese Beschränkung entspreche der nach § 9 Abs. 1 GlüStV a.F. auf Baden-Württemberg beschränkten Kompetenz des Beklagten. Das angedrohte Zwangsgeld stehe in angemessenem Verhältnis zu den erzielbaren Gewinnen aus den von der Klägerin veranstalteten Glücksspielen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz LVwVG brauche eine Frist nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder wie vorliegend Unterlassung erzwungen werden solle. Es bestünden zudem keine Bedenken, dass jedenfalls die der Klägerin auch zumutbare bundesweite Einstellung der Veranstaltungstätigkeit im Internet in der gesetzten Frist möglich sei. In dem Urteil wurde die Berufung zugelassen.
Die Klägerin hat am 12.12.2011 Berufung eingelegt und mit am 10.01.2012 beim Senat eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie trägt ergänzend u.a. vor, das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. sei nicht kohärent ausgestaltet. Ein Internetvertriebsverbot für Glücksspiele sei zwar grundsätzlich mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, jedoch nur, wenn es sich ausnahmslos auf jedes Anbieten von Glücksspiel beziehe. Der neue Glücksspielstaatsvertrag enthalte aber kein generelles Internetvertriebsverbot mehr. In § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. fänden sich Ausnahmeregelungen für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet. Des Weiteren gelte das Internetvertriebsverbot gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 GlüStV n.F. nicht für Pferdewetten im Internet. Diese unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Sektoren sei nicht gerechtfertigt. Denn der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass mit dieser unterschiedlichen Behandlung die in § 1 GlüStV n.F. normieren Ziele verfolgt würden. Das Internetwerbeverbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. sei ebenfalls nicht mehr absolut ausgestaltet. Vielmehr biete § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. teilweise die Möglichkeit, Werbung im Internet für Glücksspiel zuzulassen. Die Inkohärenz ergebe sich auch daraus, dass das Glücksspiel an gewerblichen Glücksspielautomaten, das am stärksten suchtauslösend sei, weiterhin einer unbeschränkten Anzahl von privaten Anbietern offenstehe. Auch Pferdewetten könnten von einer potentiell unbeschränkten Anzahl von privaten Anbietern angeboten werden, obwohl sie nur einen Unterfall zu sonstigen Sportwetten darstellten. Bei Sportwettanbietern werde die Anzahl gemäß § 10a Abs. 2 GlüStV n.F. auf die willkürlich erscheinende Zahl von 20 begrenzt. Allein in Schleswig-Holstein hätten 25 Anbieter eine Genehmigung erhalten. Auch der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV n.F. sei inkohärent und damit europarechtswidrig. Grund hierfür sei die unsystematische und inkohärente Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens für das Anbieten von Online-Sportwetten und die fehlende Erlaubnismöglichkeit für Online-Casinospiele und Online-Poker, die weniger suchtgefährdend als das für private Veranstalter zulässige Automatenglücksspiel und die einer Erlaubnis zugänglichen Sportwetten seien. Zwar könne generell ein Erlaubnisvorbehalt eine zulässige Maßnahme zur Begrenzung des Zugangs zum Glücksspielmarkt sein. Das unter dem neuen Glücksspielstaatsvertrag aufgestellte System der Konzessionen für Sportwetten entspreche aber nicht den europarechtlichen Bedingungen. Es gebe keine objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien. Auch spreche die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV n.F., wonach es keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung gebe, gegen eine nicht-willkürliche Ermessensausübung durch die Behörden und einen effektiven Rechtsbehelf. Casinospiele oder Poker könnten nur offline und nur von staatlichen Monopolisten angeboten werden. Die Regelungen des Staatsmonopols für Glücksspiele und das Internetverbot strahlten deshalb auf den Erlaubnisvorbehalt aus. Aufgrund dieser Regelungen sei es ihr nicht möglich, eine Genehmigung unter dem Regime des neuen Glücksspielstaatsvertrags zu erhalten. Da diese Regelungen unionsrechtswidrig seien, sei auch der Erlaubnisvorbehalt unionsrechtswidrig. Auch könne der Erlaubnisvorbehalt eine Untersagungsverfügung nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen. Das beklagte Land habe nicht dargelegt, weshalb die materiellen Voraussetzungen für eine Erteilung einer Erlaubnis nicht vorlägen. Ihr Angebot sei erlaubnisfähig, wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag europarechtskonform angewendet werde. Die Beantragung einer Glücksspielerlaubnis sei bisher vollkommen aussichtslos gewesen, da sich der Beklagte mit Sicherheit auf das europarechtswidrige Internetvertriebsverbot berufen hätte, um diesen Antrag abzulehnen. Aus diesem Grund sei es dem Beklagten verwehrt, sich nunmehr auf die fehlende formelle Antragstellung zu berufen. Auf eine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit komme es nicht an, obwohl ihr Angebot auch dieses Kriterium erfülle. Die Genehmigungsfähigkeit zeige sich schon daran, dass die ..., eine mit ihr verbundene Gesellschaft, in Schleswig-Holstein eine Lizenz für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen, welche auch Poker einschließe, und Sportwetten erhalten habe. Sie sei als Gesellschaft derselben Firmengruppe denselben konzerninternen Richtlinien unterworfen wie die ... und halte im Wesentlichen vergleichbare Geldwäschevermeidungs-, Jugend- und Spielerschutz- sowie Betrugsvorsorgekonzepte vor. Der vom beklagten Land in diesem Zusammenhang angeführte § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. beziehe sich ausdrücklich auf den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet. Diese Spiele würden von ihr derzeit jedoch nicht angeboten. Sie sei auch gewillt, sich um eine Erlaubnis zu bemühen und die entsprechenden Anforderungen zu erfüllen, wenn es die Möglichkeit einer europarechtskonformen Erlaubniserteilung gäbe. Weil das Erlaubnisverfahren für Sportwetten nicht die europarechtlichen Vorgaben erfülle, könne ihr mögliches Sportwettangebot ebenfalls nicht aufgrund des bloßen Fehlens einer formellen Erlaubnis verboten werden. Die Untersagungsverfügung sei so auszulegen, dass sie sich auch auf Webseiten beziehe, die nur der Kontrolle von mit ihr verbundenen Unternehmen unterlägen. Damit sei die Untersagungsverfügung unzumutbar. Denn die ... verfüge über eine Lizenz zum Veranstalten von Online-Sportwetten und Online-Casinospielen in Schleswig-Holstein. Daher sei ihr eine deutschlandweite Sperrung ebenso wie die Geolokalisation nicht zuzumuten, sofern davon auch das Angebot in Schleswig-Holstein betroffen sei. Im Übrigen trete die streitgegenständliche Verfügung in Konflikt mit den beiden Genehmigungen aus Schleswig-Holstein, die der ... erteilt worden seien. Während die Verfügung alle Spieler umfasse, die sich zur Zeit der aktiven Spielteilnahme in Baden-Württemberg aufhielten, gälten die Genehmigungen der ... aus Schleswig-Holstein für Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Schleswig-Holstein. Für Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein, die sich für kurze Zeit in Baden-Württemberg aufhielten, stehe die Verfügung daher in direktem Widerspruch zu dem nach den Genehmigungen aus Schleswig-Holstein zulässigen Angebot. Der Verfügung fehle es an einer hinreichenden Konkretisierung auf ihr Angebot. Dies zeige sich auch daran, dass die Verfügung ohne nähere Begründung auch das Vermitteln von Glücksspielen untersage, ohne dass dargelegt werde, inwieweit sie jemals als Vermittlerin tätig geworden sei. Vollkommen unklar sei auch, was mit der Formulierung „solche Tätigkeiten zu unterstützen“ gemeint sei. Die Verfügung sei auch ermessensfehlerhaft. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum gerade gegen sie vorgegangen werde, obwohl der ..., die mit ihr konzernrechtlich verbunden sei, in Schleswig-Holstein Genehmigungen erteilt worden seien. Der Konzern bemühe sich um den Erhalt von Genehmigungen, wo dies möglich sei, wohingegen andere Anbieter ohne Interesse an einer rechtmäßigen Ausgestaltung ihres Angebots unbehelligt blieben. Sie werde auch in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn der Beklagte nicht mehr im Wege von neuen Untersagungsverfügungen gegen vermeintliche Anbieter von Glücksspielen im Internet vorgehe, während er gleichzeitig an der streitgegenständlichen Verfügung gegen sie festhalte. Soweit der Beklagte ausführe, dass Poker- und Casinospiele, anders als Lotterien, Sport- und Pferdewetten, schnelle Spielintervalle hätten und somit gerechtfertigterweise entsprechend § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. strenger als Sportwetten und Lotterien reguliert werden müssten, da Spiele mit einem schnellen Spielintervall suchtfördernd wirkten, sei darauf hinzuweisen, dass das schnelle Spielintervall keine Frage des angebotenen Spiels sei, sondern lediglich der Art und Weise, wie ein Spiel angeboten werde. Das behauptete hohe Spielintervall bei Pokerspielen lasse sich bei entsprechenden Spielen, die häufig über mehrere Stunden andauerten, bereits tatsächlich nicht feststellen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 aufzuheben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08. September 2015 betrifft.
10 
Das beklagte Land beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Es sei einem Anbieter zumutbar, Geolokalisationsmaßnahmen so einzurichten, dass ein Aufrufen der Internetseite im gesamten Bundesgebiet nicht mehr möglich sei, sofern der Anbieter geltend mache, Geolokalisationsmaßnahmen seien in Bezug auf die einzelnen Bundesländer nicht erfolgversprechend. Der zwischenzeitlich beendete Sonderweg Schleswig-Holsteins im Glücksspielbereich habe keine Auswirkungen auf die Kohärenz der in den anderen Bundesländern bestehenden Internetverbote für Glücksspiele. Die von der Klägerin angebotenen Poker- und Casinospiele seien nicht erlaubnisfähig, da derartige Glücksspiele im Internet generell nicht angeboten werden dürften. Daneben würden auch bei diesen Glücksspielen die in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Internetglücksspielen nicht eingehalten. Da die von der Klägerin im Internet angebotenen Glücksspiele nicht erlaubnisfähig seien, läge im Hinblick auf die Untersagung - wie nach altem Recht - eine Ermessensreduktion auf Null vor. Zwar gebe es nach neuem Recht kein generelles Internetverbot mehr, vielmehr sei unter bestimmten Voraussetzungen das Anbieten von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet gestattet, doch führe diese Öffnung des Internets für bestimmte Glücksspielarten nicht dazu, dass von einer Ermessensreduktion auf Null abzusehen und die Ermessenserwägungen an die aktuelle Rechtslage anzupassen wären. Denn die in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. genannten Glücksspiele seien nicht per se erlaubnisfähig, sondern nur, wenn die dort genannten spezifischen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eingehalten würden. Dies sei aber bei den von der Klägerin angebotenen Glücksspielen nicht der Fall. Da die von der Klägerin angebotenen Glücksspiele aus einer Vielzahl von Gründen nicht erlaubnisfähig seien, sei es auch nicht möglich, die Erlaubnisfähigkeit mittels Nebenbestimmungen sicherzustellen. Ungeachtet dessen sei eine Verpflichtung, von der Untersagung unerlaubten Glücksspiels abzusehen und statt dessen die fehlende Erlaubnisfähigkeit durch Nebenbestimmungen sicherzustellen, nur dann gegeben, wenn für das betreffende Glücksspiel ein Erlaubnisantrag gestellt worden sei und die Erlaubnisfähigkeit des Glücksspiels ohne tiefgehende Prüfung festgestellt werden könne. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Das für Poker- und Casinospiele bestehende Internetverbot sei auch nicht wegen Verstoß gegen das Kohärenzgebot unionsrechtswidrig. Die im Internet zugelassenen Glücksspiele wiesen ein deutlich geringeres Suchtpotential auf als Poker- und Casinospiele. Aus § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. ergebe sich, dass im Internet generell keine Spiele mit einem schnellen Spielintervall erlaubt werden könnten, weil ein schnelles Spielintervall suchtfördernd wirke. Poker- und Casinospiele hätten aber, anders als Lotterien, Sport- und Pferdewetten, per se ein äußerst schnelles Spielintervall. Da das Internetverbot für Poker- und Casinospiele unionsrechtskonform sei, könne der Klägerin auch die fehlende Erlaubnis zum Veranstalten derartiger Glücksspiele entgegengehalten werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin seien die von ihr angebotenen Internetglücksspiele nicht erlaubnisfähig. Um den Ausschluss minderjähriger Spieler im Internet sicherzustellen, verlange § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. die Identifizierung und Authentifizierung der Spieler. Die Klägerin führe ein solches Identifizierungsverfahren nicht durch. Die Erlaubnisfähigkeit ergebe sich auch nicht daraus, dass im Konzernverbund der Klägerin eine schleswig-holsteinische Erlaubnis für die von ihr angebotenen Poker- und Casinospiele erteilt worden sei. Diese Erlaubnis habe in Baden-Württemberg keine Gültigkeit. Auf der Internetseite ... biete die Klägerin Spiele an, die nach dem zwischenzeitlich aufgehobenen Landesglücksspielgesetz Schleswig-Holstein nicht erlaubnisfähig gewesen wären. Ungeachtet dessen stelle die Geolokalisation nur einen Baustein unter mehreren dar, mit dem die Klägerin der Verfügung nachkommen könne. Daneben weise die Geolokalisation eine sehr hohe Schärfe auf. Es genüge die Bestimmbarkeit der Verfügung. Die Klägerin biete im Internet über diverse Internetseiten eine sehr große Anzahl von unerlaubten Glücksspielen an. Vor diesem Hintergrund sei es nicht geboten, diese Spiele in der Verfügung einzeln aufzuführen, zumal die Klägerin ihr Spielangebot auch variiere und regelmäßig neue Spiele in ihr Sortiment aufnehme. Es genüge demnach, ihr pauschal unerlaubtes öffentliches Glücksspiel zu untersagen. Anders sei die Fallkonstellation zu beurteilen, dass nur ein Spiel angeboten werde, bei dem streitig sei, ob es sich überhaupt um ein Glücksspiel handle. Dann sei eine Pauschaluntersagung von Glücksspielen nicht zulässig, die Untersagung müsse vielmehr auf das konkrete Spiel beschränkt werden. Sofern die Klägerin behaupte, sie habe zu keiner Zeit Glücksspiele vermittelt, stehe dies der Bestimmtheit der Verfügung nicht entgegen. Fraglich könne allenfalls sein, ob es erforderlich gewesen sei, ihr auch das Vermitteln von unerlaubtem Glücksspiel zu untersagen. Bei einer Beschränkung der Verfügung auf das Untersagen des Veranstaltens bestünde das Risiko, dass die Klägerin den Internetauftritt weiterführe, aber nicht mehr als Veranstalter der angebotenen Glücksspiele auftrete, sondern die Veranstaltereigenschaft auf ein anderes Unternehmen übertragen werde und die Klägerin nun an dieses Unternehmen vermittele oder die Veranstaltung durch ein anderes Unternehmen anderweitig unterstütze. Anders als die Klägerin meine, sei es nicht nur gegen die Klägerin vorgegangen, sondern gegenüber einer Vielzahl von Anbietern seien ebenfalls vergleichbare Untersagungsverfügungen ausgesprochen worden. Man habe auch im Jahr 2013 noch Untersagungen gegen unerlaubtes Glücksspiel ausgesprochen. Allerdings habe es seine Tätigkeit im Bereich der Untersagung von Poker- und Casinospielen im Internet wegen der Rechtsprechung einstellen müssen. Nachdem der EuGH aber festgestellt habe, dass die Rechtslage in Schleswig-Holstein keine Auswirkungen auf die Kohärenz des Internetverbots für Poker- und Casinospiele habe, habe es seine Untersagungstätigkeit in diesem Bereich wieder aufgenommen und bereits mehrere Anhörungen versandt und auch in zwei Fällen bereits eine Untersagung erlassen. Ungeachtet dessen liege im vorliegenden Fall eine Ermessensreduktion auf Null vor, so dass es im Rahmen des Ermessens entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht berücksichtigen müsse, dass im Konzernverbund der Klägerin eine schleswig-holsteinische Erlaubnis vorliege. Auch eine Anpassung der Ermessenserwägungen der streitgegenständlichen Verfügung an die aktuelle Rechtslage sei nicht geboten, da sich die Rechtslage in Bezug auf die Untersagung unerlaubten Glücksspiels nicht geändert habe und die von der Klägerin angebotenen Glücksspiele nach altem und neuem Recht nicht erlaubnisfähig (gewesen) seien. Daneben habe er mehrfach im Rahmen seiner gerichtlichen Schriftsätze deutlich gemacht, dass an der Verfügung auch unter der aktuellen Rechtslage festgehalten werde und diese auf die jetzt geltenden Vorschriften gestützt würden. Auch die Untersagung der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel sei rechtmäßig, da die Klägerin für die von ihr angebotenen und beworbenen Glücksspiele keine Erlaubnis besitze, die betreffenden Glücksspiele auch nicht erlaubnisfähig seien und auch nach neuem Recht ein Werbeverbot für unerlaubtes Glücksspiel bestehe. Auf die Anforderungen für die Untersagung der Internetwerbung komme es deshalb nicht an.
13 
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 03.09.2010 (3 K 521/10) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Klage abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin blieb ohne Erfolg (Beschluss des Senats vom 09.03.2011 - 6 S 2255/10 -). Mit Beschluss vom 16.11.2011 (3 K 2934/11) hat das Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 29.12.2011 (6 S 3329/11) zurück. Mit Beschluss vom 23.04.2013 (6 S 103/13) ordnete der Senat unter Änderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 03.09.2010 und vom 16.11.2011 sowie der Beschlüsse des Senats vom 09.03.2011 und vom 29.12.2011 die aufschiebende Wirkung der Klage ab dem 01.07.2012 an.
14 
Mit Beschluss vom 23.04.2013 setzte der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 - I ZR 171/10 - aus. Am 30.07.2014 wurde das Verfahren fortgesetzt.
15 
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit es den Zeitraum bis zum 07.09.2015 betraf. Insoweit wurde das Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 6 S 1869/15 fortgeführt.
16 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Heft), die Akten des Verwaltungsgerichts im Ausgangsverfahren sowie in den Verfahren 3 K 521/10 und 3 K 2934/11, ferner die Akten der Verfahren 6 S 2255/10, 6 S 3329/11 und 6 S 103/13 vor. Hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
1. Die Untersagungsverfügung vom 21.01.2010 genügt als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis (§ 37 Abs. 1 LVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).
19 
a) Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.). Wenn Rechtspositionen Dritter rechtserheblich betroffen sind, muss der Inhalt auch für den Drittbetroffenen hinreichende Bestimmtheit aufweisen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rdnr. 7). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, InfAuslR 2013, 193; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, BVerwGE 145, 275). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 - 3 C 42.91 -, BVerwGE 94, 341; Stelkens, a.a.O., Rdnr. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a.a.O., Rdnr. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a.a.O.).
20 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 153, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
21 
b) In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass das beklagte Land damit nicht nur die über die in der Verfügung aufgeführten Internetseiten angebotenen und beworbenen Sportwetten, Poker- und Casinospiele untersagte, sondern jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf S. 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat das beklagte Land keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Auf die Frage, ob es im konkreten Fall einfacher oder schwieriger ist, eine hinreichend bestimmte Verfügung zu formulieren, kommt es, anders als das beklagte Land meint, in diesem Zusammenhang nicht an, weil mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung hier (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation BayVGH, Urteil vom 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 -, juris) eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten ist.
22 
c) Auch ohne den fraglichen Passus auf S. 7 der angefochtenen Verfügung wäre der Gegenstand der Untersagungsverfügung nicht hinreichend bestimmt.
23 
Dabei gelten zum einen erhöhte Anforderungen mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 284 ff. StGB, zum anderen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. (i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV n.F.; vgl. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a.F.). Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen (sogenanntes financial blocking). Zuständig hierfür ist bei Internetvertrieb von öffentlichem Glücksspiel nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regelmäßig die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen, weil das Angebot in der Regel in mehr als einem Land erfolgt. Nach Auffassung des beklagten Landes ist die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen gegenüber Anbietern von Internetglücksspielen, die ihren Sitz im Ausland haben, also auch im Fall der Klägerin, in den meisten Fällen unmöglich (LT-Drs. 15/3459, S. 6). Als „Vollstreckungsmöglichkeit“ wird der Erlass (und gegebenenfalls die Vollstreckung) von Verfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. zur Kappung von vom Inland ausgehenden Zahlungsströmen an ausländische Glücksspielanbieter angesehen. Dies setzte im vorliegenden Fall, aufbauend auf der streitgegenständlichen Verfügung, den Erlass einer weiteren Verfügung gegenüber dem oder den betroffenen Zahlungsinstituten durch die niedersächsische Glücksspielaufsichtsbehörde voraus. Dann ist für die Bestimmung des Empfängerhorizonts nicht nur der Umstand relevant, dass die Klägerin Anbieterin von Glücksspielen ist, sondern auch, dass bei der „Vollstreckung“ der Verfügung branchenfremde Dritte beteiligt sind, die sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen, wenn Zahlungen aus legalen Vorgängen unterbrochen werden (sogenanntes over-blocking, vgl. Hambach/Brenner, in: Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht, § 9 GlüStV Nr. 68 f.).
24 
Der für sich genommen unbestimmte Tenor in Ziff. 1 der Verfügung wird durch die Angabe im Bescheid, dass die Klägerin über die Internetseiten ... und ... öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen veranstaltet bzw. vermittelt und hierfür Werbung betreibt, nicht hinreichend konkretisiert. Zwar reicht es für die Bestimmtheit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung aus, wenn in der Begründung detailliert beschrieben wird, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite eines Glücksspielveranstalters nicht mehr veranstaltet etc. werden dürfen (Schönenbroicher, in: Mann u.a., VwVfG, § 37 Rdnr. 73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wenn die von der Verfügung erfassten Glücksspiele konkret genug beschrieben sind, eine solche Verfügung dann auch für diese konkreten Glücksspiele andere - auch künftige - Internetauftritte desselben Adressaten umfassen darf. Denn vorliegend fehlt es an der Konkretisierung der von der Verfügung erfassten Glücksspiele. Sie werden nur anhand generalisierender Begriffe beschrieben, die eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gerade nicht gestatten, weil sie ihrerseits nicht bestimmt sind (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 19). Das beklagte Land hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Untersagungsverfügung z.B. unter Benennung einer größeren Zahl von Beispielen, aber ohne vollständige Inventarisierung, zu treffen (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 23; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 37 Rdnr. 20.2, jeweils m.w.N.).
25 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. sind Sportwetten (entgeltliche) Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Anders als unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags sind dadurch (entgeltliche) Wetten ohne feste Gewinnquoten, auch wenn sie sich auf Sportereignisse beziehen (z.B. Fußball-Toto), nicht mehr als Sportwetten definiert (vgl. Bolay/Pfütze, in: Streinz u.a., a.a.O., § 3 Rdnr. 18). Diese werden teilweise der Gattung der Lotterien zugeordnet (vgl. Bolay/Pfütze, a.a.O.). Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags, an dem sich die Verfügung seither messen lassen muss, ist damit fraglich geworden, ob „Sportwetten“ ohne feste Gewinnquoten noch unter den Begriff der Sportwetten fallen, wie ihn die unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags ergangene Verfügung verwendet. Dann scheidet eine Bestimmbarkeit des unbestimmten Verfügungstenors durch Bezugnahme auf den seinerseits unklaren Begriff der Sportwette insofern aber aus.
26 
bb) Auch die Bezugnahme auf den Begriff (Online-)“Casinospiele“ lässt eine Bestimmbarkeit nicht zu. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Denkbar ist es, zum einen unter den Begriff „Casinospiele“ wie in § 3 Abs. 5 GlSpielGSH alle herkömmlich in Präsenzspielbanken angebotenen Glücksspiele, insbesondere Poker, Black Jack, Baccara und Roulette zu fassen, also auf Tisch- und Kartenspiele zu beziehen. In Präsenzspielbanken werden aber auch Automatenspiele angeboten (dazu Bolay/Pfütze, a.a.O., § 2 Rdnr. 13). Dementsprechend sollen nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung zu den untersagten Online-Casinospielen auch Online-Automatenspiele gehören. Lässt der Begriff (Online-)“Casinospiele“ aber eine engere und eine weitere Auslegung zu, setzt eine Bestimmbarkeit des Gegenstands der Verfügung unter Rückgriff auf diesen Begriff zumindest voraus, dass die Verfügung Anhaltspunkte dafür enthält, welches Verständnis ihr zugrunde liegt. Hieran fehlt es. Außerdem zeigt die einem Schwesterunternehmen der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Erlaubnis für Online-Casinospiele vom 19.12.2012 den Bedarf einer Abgrenzung einzelner Casinospiele von Lotterien auf, zu der sich der angefochtenen Verfügung ebenfalls nichts entnehmen lässt.
27 
cc) Die Bezugnahme auf den Begriff „Pokerspiele“ führt ebenfalls nicht zu einer Bestimmbarkeit des Verfügungsgegenstands insoweit. Ob eine Pokervariante Glücksspiel ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend zufallsbedingt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.). Ansonsten liegt ein Geschicklichkeitsspiel vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NVwZ 2014, 1175; vom 24.10.2001 - 6 C 1.01 -, BVerwGE 115, 179). Der hessische VGH (Urteil vom 10.04.1979 - II OE 41/77 -, juris) hat die Variante „Search-Poker“ als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Da das beklagte Land nur Glücksspiele untersagen wollte, alle Poker-Varianten untersagt hat, aber - anders als das beklagte Land möglicherweise meint - nicht alle Poker-Varianten Glücksspiel sind, überlässt es die Bewertung, welche Poker-Varianten Glücksspiele und damit von der Verfügung erfasst sind, in unzulässiger Weise der Klägerin (vgl. auch Senat, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 S 1394/13 -, VBlBW 2014, 382). Diese Problematik bestünde auch bei einem - hier nicht erfolgten - pauschalen Bezug auf das gesamte Angebot auf bestimmten Internetseiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
28 
d) Unbestimmt ist die Verfügung schließlich auch, soweit mit ihr das „Unterstützen“ der Veranstaltung oder Vermittlung von oder der Werbung für öffentliches Glücksspiel untersagt wird. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Definition dieses Begriffs, die angefochtene Verfügung führt keine Beispiele auf, worin Unterstützungshandlungen (wohl: zu Gunsten Dritter) liegen könnten. Das wäre vorliegend aber schon deshalb relevant, weil die Klägerin in einen Konzernverbund eingegliedert ist, was - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - im Verhältnis zu rechtlich selbstständigen, aber konzernangehörigen Gesellschaften andere Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Informationstechnologie, aufwirft, als wenn ein Anbieter nur „echten“ Dritten gegenübersteht.
29 
2. Der Senat kann vor diesem Hintergrund offen lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung (noch) gegeben sind.
30 
a) Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag hätte der Senat seiner Prüfung dabei ausschließlich die Rechtslage aufgrund des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012, S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012, S. 515) zugrunde zu legen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende streitgegenständliche Untersagungsverfügung trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klageantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, wäre nur der Glücksspielstaatsvertrag n.F. heranzuziehen.
31 
b) Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. ist allerdings unter mehreren Gesichtspunkten zweifelhaft. Danach kann die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV) untersagen. Dem Senat erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes relevant:
32 
aa) Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, sondern - ebenfalls unterstellt - auf sonstige von der Klägerin im Internet angebotene öffentliche Glücksspiele, läge zwar unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. vor, weil die Klägerin nicht über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderliche Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis verfügt. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könnte der Klägerin auch entgegengehalten werden. Er stellt sich insbesondere als unionsrechtskonform dar. Für den Zeitraum bis zum 30.06.2012, also unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags, war geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist, da er nicht allein dem Schutz des Monopols diente, sondern unabhängig davon den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung und diese Regelungen und das Erlaubnisverfahren im Hinblick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig, angemessen, hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend waren (zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 8 B 36.14 -, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran Wesentliches geändert hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014 - 13 A 2018/11 -, GewArch 2014, 327; vgl. BVerwG, a.a.O.). Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, fehlt es der Klägerin demgegenüber zwar ebenfalls an der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis. Es erscheint dem Senat darüber hinaus aber bereits zweifelhaft, ob der Klägerin insoweit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere fraglich, ob das Erlaubnisverfahren unionsrechtskonform ausgestaltet ist und ob dabei allein auf die normative Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens abgestellt werden und der Umstand, dass sich dieses Verfahren auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erweist, außer Betracht bleiben kann (so aber ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 S 102.14 -).
33 
bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung wäre aber - wenn und soweit der Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werden kann - ermessensfehlerhaft, wenn das Angebot der Klägerin (offensichtlich) erlaubnisfähig wäre, ohne dass es in diesem Zusammenhang wohl - und anders als nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 15 Rn. 15) - darauf ankäme, dass die Klägerin keinen Erlaubnisantrag gestellt hat (vgl. dazu aber BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015, a.a.O.). Denn eine Erlaubnis für den Internetvertrieb von Glücksspielen sieht der Glücksspielstaatsvertrag nur für Sportwetten und Lotterien, nicht aber für sonstiges über das Internet vertriebenes Glücksspiel vor. Dass die Klägerin nicht am Konzessionsverfahren für Sportwetten teilgenommen hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar damit erklärt, mit Blick auf die im Konzessionsverfahren eingeschaltete Anwaltskanzlei von einer Teilnahme abgesehen zu haben (anders wohl noch der Vortrag im Verfahren 6 S 103/13).
34 
Für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin erscheint dem Senat zweifelhaft, ob ihr das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden könnte, soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht oder ob § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. eine inkohärente und damit unwirksame Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin aus Art. 56 AEUV darstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die Durchbrechung des Internetvertriebsverbots nur für Sportwetten und Lotterien in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. (ohne nähere Begründung Kohärenz bejahend OVG Saarland, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 B 50/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; differenzierend Senat, Urteil vom 23.05.2013 - 6 S 88/13 -, GewArch 2014, 24; vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, über das Internet angebotene Casino- und Pokerspiele wiesen per se eine erhöhte Wiederholungsfrequenz und damit Gefährlichkeit auf als über das Internet vertriebene Sportwetten und Lotterien und seien schon deshalb im Internetvertrieb nicht zulässig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), ist der Vortrag bereits widersprüchlich (vgl. Seite 15 des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergeben Schriftsatzes vom 07.09.2015) und nicht belegt. Das beklagte Land geht auch nicht auf den nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Einwand der Klägerin ein, bei jedem (Internet-)Glücksspiel könne die Wiederholungsfrequenz unterschiedlich ausgestaltet werden.
35 
Das beklagte Land könnte der Klägerin aber einen Verstoß gegen den Jugend- und Spielerschutz entgegenhalten (§§ 1 Satz 1 Ziff. 3, 4 Abs. 3 GlüStV n.F.), dessen Vorliegen aber offenbleiben kann. Zur Konkretisierung der Anforderungen kann sich das beklagte Land dabei, auch soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten bezieht, an den Vorgaben des § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. orientieren. Dieser sieht als Voraussetzung der Erlaubnis zum Vertrieb von Lotterien und Sportwetten im Internet vor, dass der Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigte ein Verstoß hiergegen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes auch eine vollständige Untersagung des weiteren Internetvertriebs. Dem liegt folgende Erwägung zu Grunde: Hätte die Klägerin eine Erlaubnis beantragt, fehlte es aber an einem hinreichenden Identifizierungs- und Authentifizierungssystem, dürfte die Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die fehlende Konzessionsvoraussetzung so zentral ist, dass eine Sicherstellung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG, § 4c Abs. 2 GlüStV nicht ausreichte. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen (so bereits Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Hinsichtlich des Entschließungsermessens des beklagten Landes bezüglich der Untersagungsverfügung käme dann auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
36 
Entsprechendes gilt mit Blick auf § 5 Abs. 5 GlüStV n.F..
37 
3. Selbst wenn die angefochtene Verfügung hinreichend bestimmt wäre und - was der Senat offen lässt - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung gegeben wären, stellte sich die angefochtene Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft dar. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob hinsichtlich des Entschließungsermessens eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist.
38 
Das beklagte Land muss bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen jedenfalls eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 3 GG (analog) ist es gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten, es darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit es anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss es hierfür sachliche Gründe angeben. Das beklagte Land muss also gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
39 
Solche sachlichen Gründe kann das beklagte Land bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Ein im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages ermessensfehlerhaft ist, dass das beklagte Land außer Acht gelassen hat, dass im Wesentlichen nur das Land Baden-Württemberg gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern überwiegend keine Untersagungsverfügungen erlassen haben bzw. solche Verfügungen, so sie ergangen sind, keinen Bestand mehr haben, kann offenbleiben.
40 
a) Nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich folgendes Bild: Das beklagte Land hat unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags seit 2010 eine Reihe von Untersagungsverfügungen gegenüber etwa 20 Anbietern von Internetglücksspielen (ohne Internetauktionen) erlassen. Ein flächendeckendes Vorgehen ist nicht erfolgt. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags hat sich hieran nichts geändert. Seit Ende 2014 sind in vier vergleichbaren Fällen Verfügungen erlassen sowie mehrere Anhörungen verschickt worden. Das beklagte Land hat insbesondere nicht geltend gemacht, sich bei seinem Vorgehen an den Leitlinien der „Arbeitsgruppe Aufsicht“ (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 GlüStV, §§ 7 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 3 Nr. 2 VwVGlüStV) für ein Vorgehen der Länder gegen illegales Glücksspiel im Internet vom Juli 2014 zu orientieren geschweige denn eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Umsetzung dieser Leitlinien den Anforderungen an eine einheitliche Verwaltungspraxis und einen kohärenten Vollzug genügen.
41 
b) Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sich an einem weiteren Vorgehen durch die Rechtsprechung des Senats gehindert gesehen, trifft dieser Einwand nicht (mehr) zu. Der Senat hat bei unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags erlassenen Verfügungen die aufschiebende Wirkung zum einen mit Blick auf das Fehlen von Ermessenserwägungen zur Rechtslage nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag angeordnet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105), zum anderen mit Blick auf die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris). Diese Rechtsprechung steht dem Erlass neuer Verfügungen auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 (- C-156/13 -) über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 (- I ZR 171/10 -), die durch die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein veranlasst war, nicht mehr entgegen. Auch hat das beklagte Land diesbezüglich keine Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Im Übrigen bestand nach der Rechtsprechung des Senats durchgängig die Möglichkeit, Untersagungsverfügungen mit Blick auf den Jugendschutz zu erlassen (s. bereits Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, a.a.O., sowie Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -).
42 
c) Es sind auch keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen ersichtlich. Ein Vorgehen nach der „Größe“ der Anbieter, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, wäre dann ein hinreichender Differenzierungsgrund, wenn darunter der jeweilige Marktanteil in Baden-Württemberg verstanden würde und zunächst gegen Anbieter mit großem Marktanteil in Baden-Württemberg vorgegangen würde. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu genannten Hilfskriterien sind indes nicht geeignet, einen solchen Marktanteil zu ermitteln. Dass ein Anbieter mehrere Internetauftritte hat, lässt einen Rückschluss auf den Marktanteil nicht zu. Ein solcher Rückschluss ließe sich auch aus den bloßen - soweit ersichtlich nicht ermittelten - Umsatzzahlen nicht ziehen. Diese wären nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug auf den baden-württembergischen Markt im Verhältnis zu den Umsatzzahlen anderer Anbieter gesetzt würden. Dies hat das beklagte Land bereits nicht geltend gemacht. Auch hat es nicht dargelegt, wie es bei Anwendung der genannten Kriterien gerade auf die mit einer Verfügung belegten Anbieter gekommen ist.
43 
Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Prüfung, ob die angefochtene Verfügung an weiteren von der Klägerin geltend gemachten, z.T. aber im Berufungsverfahren nicht mehr thematisierten Fehlern leidet.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
46 
Beschluss vom 8. September 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
1. Die Untersagungsverfügung vom 21.01.2010 genügt als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis (§ 37 Abs. 1 LVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).
19 
a) Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.). Wenn Rechtspositionen Dritter rechtserheblich betroffen sind, muss der Inhalt auch für den Drittbetroffenen hinreichende Bestimmtheit aufweisen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rdnr. 7). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, InfAuslR 2013, 193; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, BVerwGE 145, 275). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 - 3 C 42.91 -, BVerwGE 94, 341; Stelkens, a.a.O., Rdnr. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a.a.O., Rdnr. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a.a.O.).
20 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 153, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
21 
b) In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass das beklagte Land damit nicht nur die über die in der Verfügung aufgeführten Internetseiten angebotenen und beworbenen Sportwetten, Poker- und Casinospiele untersagte, sondern jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf S. 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat das beklagte Land keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Auf die Frage, ob es im konkreten Fall einfacher oder schwieriger ist, eine hinreichend bestimmte Verfügung zu formulieren, kommt es, anders als das beklagte Land meint, in diesem Zusammenhang nicht an, weil mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung hier (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation BayVGH, Urteil vom 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 -, juris) eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten ist.
22 
c) Auch ohne den fraglichen Passus auf S. 7 der angefochtenen Verfügung wäre der Gegenstand der Untersagungsverfügung nicht hinreichend bestimmt.
23 
Dabei gelten zum einen erhöhte Anforderungen mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 284 ff. StGB, zum anderen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. (i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV n.F.; vgl. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a.F.). Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen (sogenanntes financial blocking). Zuständig hierfür ist bei Internetvertrieb von öffentlichem Glücksspiel nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regelmäßig die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen, weil das Angebot in der Regel in mehr als einem Land erfolgt. Nach Auffassung des beklagten Landes ist die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen gegenüber Anbietern von Internetglücksspielen, die ihren Sitz im Ausland haben, also auch im Fall der Klägerin, in den meisten Fällen unmöglich (LT-Drs. 15/3459, S. 6). Als „Vollstreckungsmöglichkeit“ wird der Erlass (und gegebenenfalls die Vollstreckung) von Verfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. zur Kappung von vom Inland ausgehenden Zahlungsströmen an ausländische Glücksspielanbieter angesehen. Dies setzte im vorliegenden Fall, aufbauend auf der streitgegenständlichen Verfügung, den Erlass einer weiteren Verfügung gegenüber dem oder den betroffenen Zahlungsinstituten durch die niedersächsische Glücksspielaufsichtsbehörde voraus. Dann ist für die Bestimmung des Empfängerhorizonts nicht nur der Umstand relevant, dass die Klägerin Anbieterin von Glücksspielen ist, sondern auch, dass bei der „Vollstreckung“ der Verfügung branchenfremde Dritte beteiligt sind, die sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen, wenn Zahlungen aus legalen Vorgängen unterbrochen werden (sogenanntes over-blocking, vgl. Hambach/Brenner, in: Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht, § 9 GlüStV Nr. 68 f.).
24 
Der für sich genommen unbestimmte Tenor in Ziff. 1 der Verfügung wird durch die Angabe im Bescheid, dass die Klägerin über die Internetseiten ... und ... öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen veranstaltet bzw. vermittelt und hierfür Werbung betreibt, nicht hinreichend konkretisiert. Zwar reicht es für die Bestimmtheit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung aus, wenn in der Begründung detailliert beschrieben wird, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite eines Glücksspielveranstalters nicht mehr veranstaltet etc. werden dürfen (Schönenbroicher, in: Mann u.a., VwVfG, § 37 Rdnr. 73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wenn die von der Verfügung erfassten Glücksspiele konkret genug beschrieben sind, eine solche Verfügung dann auch für diese konkreten Glücksspiele andere - auch künftige - Internetauftritte desselben Adressaten umfassen darf. Denn vorliegend fehlt es an der Konkretisierung der von der Verfügung erfassten Glücksspiele. Sie werden nur anhand generalisierender Begriffe beschrieben, die eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gerade nicht gestatten, weil sie ihrerseits nicht bestimmt sind (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 19). Das beklagte Land hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Untersagungsverfügung z.B. unter Benennung einer größeren Zahl von Beispielen, aber ohne vollständige Inventarisierung, zu treffen (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 23; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 37 Rdnr. 20.2, jeweils m.w.N.).
25 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. sind Sportwetten (entgeltliche) Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Anders als unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags sind dadurch (entgeltliche) Wetten ohne feste Gewinnquoten, auch wenn sie sich auf Sportereignisse beziehen (z.B. Fußball-Toto), nicht mehr als Sportwetten definiert (vgl. Bolay/Pfütze, in: Streinz u.a., a.a.O., § 3 Rdnr. 18). Diese werden teilweise der Gattung der Lotterien zugeordnet (vgl. Bolay/Pfütze, a.a.O.). Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags, an dem sich die Verfügung seither messen lassen muss, ist damit fraglich geworden, ob „Sportwetten“ ohne feste Gewinnquoten noch unter den Begriff der Sportwetten fallen, wie ihn die unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags ergangene Verfügung verwendet. Dann scheidet eine Bestimmbarkeit des unbestimmten Verfügungstenors durch Bezugnahme auf den seinerseits unklaren Begriff der Sportwette insofern aber aus.
26 
bb) Auch die Bezugnahme auf den Begriff (Online-)“Casinospiele“ lässt eine Bestimmbarkeit nicht zu. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Denkbar ist es, zum einen unter den Begriff „Casinospiele“ wie in § 3 Abs. 5 GlSpielGSH alle herkömmlich in Präsenzspielbanken angebotenen Glücksspiele, insbesondere Poker, Black Jack, Baccara und Roulette zu fassen, also auf Tisch- und Kartenspiele zu beziehen. In Präsenzspielbanken werden aber auch Automatenspiele angeboten (dazu Bolay/Pfütze, a.a.O., § 2 Rdnr. 13). Dementsprechend sollen nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung zu den untersagten Online-Casinospielen auch Online-Automatenspiele gehören. Lässt der Begriff (Online-)“Casinospiele“ aber eine engere und eine weitere Auslegung zu, setzt eine Bestimmbarkeit des Gegenstands der Verfügung unter Rückgriff auf diesen Begriff zumindest voraus, dass die Verfügung Anhaltspunkte dafür enthält, welches Verständnis ihr zugrunde liegt. Hieran fehlt es. Außerdem zeigt die einem Schwesterunternehmen der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Erlaubnis für Online-Casinospiele vom 19.12.2012 den Bedarf einer Abgrenzung einzelner Casinospiele von Lotterien auf, zu der sich der angefochtenen Verfügung ebenfalls nichts entnehmen lässt.
27 
cc) Die Bezugnahme auf den Begriff „Pokerspiele“ führt ebenfalls nicht zu einer Bestimmbarkeit des Verfügungsgegenstands insoweit. Ob eine Pokervariante Glücksspiel ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend zufallsbedingt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.). Ansonsten liegt ein Geschicklichkeitsspiel vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NVwZ 2014, 1175; vom 24.10.2001 - 6 C 1.01 -, BVerwGE 115, 179). Der hessische VGH (Urteil vom 10.04.1979 - II OE 41/77 -, juris) hat die Variante „Search-Poker“ als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Da das beklagte Land nur Glücksspiele untersagen wollte, alle Poker-Varianten untersagt hat, aber - anders als das beklagte Land möglicherweise meint - nicht alle Poker-Varianten Glücksspiel sind, überlässt es die Bewertung, welche Poker-Varianten Glücksspiele und damit von der Verfügung erfasst sind, in unzulässiger Weise der Klägerin (vgl. auch Senat, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 S 1394/13 -, VBlBW 2014, 382). Diese Problematik bestünde auch bei einem - hier nicht erfolgten - pauschalen Bezug auf das gesamte Angebot auf bestimmten Internetseiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
28 
d) Unbestimmt ist die Verfügung schließlich auch, soweit mit ihr das „Unterstützen“ der Veranstaltung oder Vermittlung von oder der Werbung für öffentliches Glücksspiel untersagt wird. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Definition dieses Begriffs, die angefochtene Verfügung führt keine Beispiele auf, worin Unterstützungshandlungen (wohl: zu Gunsten Dritter) liegen könnten. Das wäre vorliegend aber schon deshalb relevant, weil die Klägerin in einen Konzernverbund eingegliedert ist, was - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - im Verhältnis zu rechtlich selbstständigen, aber konzernangehörigen Gesellschaften andere Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Informationstechnologie, aufwirft, als wenn ein Anbieter nur „echten“ Dritten gegenübersteht.
29 
2. Der Senat kann vor diesem Hintergrund offen lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung (noch) gegeben sind.
30 
a) Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag hätte der Senat seiner Prüfung dabei ausschließlich die Rechtslage aufgrund des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012, S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012, S. 515) zugrunde zu legen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende streitgegenständliche Untersagungsverfügung trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klageantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, wäre nur der Glücksspielstaatsvertrag n.F. heranzuziehen.
31 
b) Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. ist allerdings unter mehreren Gesichtspunkten zweifelhaft. Danach kann die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV) untersagen. Dem Senat erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes relevant:
32 
aa) Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, sondern - ebenfalls unterstellt - auf sonstige von der Klägerin im Internet angebotene öffentliche Glücksspiele, läge zwar unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. vor, weil die Klägerin nicht über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderliche Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis verfügt. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könnte der Klägerin auch entgegengehalten werden. Er stellt sich insbesondere als unionsrechtskonform dar. Für den Zeitraum bis zum 30.06.2012, also unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags, war geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist, da er nicht allein dem Schutz des Monopols diente, sondern unabhängig davon den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung und diese Regelungen und das Erlaubnisverfahren im Hinblick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig, angemessen, hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend waren (zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 8 B 36.14 -, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran Wesentliches geändert hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014 - 13 A 2018/11 -, GewArch 2014, 327; vgl. BVerwG, a.a.O.). Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, fehlt es der Klägerin demgegenüber zwar ebenfalls an der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis. Es erscheint dem Senat darüber hinaus aber bereits zweifelhaft, ob der Klägerin insoweit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere fraglich, ob das Erlaubnisverfahren unionsrechtskonform ausgestaltet ist und ob dabei allein auf die normative Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens abgestellt werden und der Umstand, dass sich dieses Verfahren auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erweist, außer Betracht bleiben kann (so aber ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 S 102.14 -).
33 
bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung wäre aber - wenn und soweit der Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werden kann - ermessensfehlerhaft, wenn das Angebot der Klägerin (offensichtlich) erlaubnisfähig wäre, ohne dass es in diesem Zusammenhang wohl - und anders als nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 15 Rn. 15) - darauf ankäme, dass die Klägerin keinen Erlaubnisantrag gestellt hat (vgl. dazu aber BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015, a.a.O.). Denn eine Erlaubnis für den Internetvertrieb von Glücksspielen sieht der Glücksspielstaatsvertrag nur für Sportwetten und Lotterien, nicht aber für sonstiges über das Internet vertriebenes Glücksspiel vor. Dass die Klägerin nicht am Konzessionsverfahren für Sportwetten teilgenommen hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar damit erklärt, mit Blick auf die im Konzessionsverfahren eingeschaltete Anwaltskanzlei von einer Teilnahme abgesehen zu haben (anders wohl noch der Vortrag im Verfahren 6 S 103/13).
34 
Für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin erscheint dem Senat zweifelhaft, ob ihr das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden könnte, soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht oder ob § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. eine inkohärente und damit unwirksame Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin aus Art. 56 AEUV darstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die Durchbrechung des Internetvertriebsverbots nur für Sportwetten und Lotterien in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. (ohne nähere Begründung Kohärenz bejahend OVG Saarland, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 B 50/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; differenzierend Senat, Urteil vom 23.05.2013 - 6 S 88/13 -, GewArch 2014, 24; vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, über das Internet angebotene Casino- und Pokerspiele wiesen per se eine erhöhte Wiederholungsfrequenz und damit Gefährlichkeit auf als über das Internet vertriebene Sportwetten und Lotterien und seien schon deshalb im Internetvertrieb nicht zulässig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), ist der Vortrag bereits widersprüchlich (vgl. Seite 15 des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergeben Schriftsatzes vom 07.09.2015) und nicht belegt. Das beklagte Land geht auch nicht auf den nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Einwand der Klägerin ein, bei jedem (Internet-)Glücksspiel könne die Wiederholungsfrequenz unterschiedlich ausgestaltet werden.
35 
Das beklagte Land könnte der Klägerin aber einen Verstoß gegen den Jugend- und Spielerschutz entgegenhalten (§§ 1 Satz 1 Ziff. 3, 4 Abs. 3 GlüStV n.F.), dessen Vorliegen aber offenbleiben kann. Zur Konkretisierung der Anforderungen kann sich das beklagte Land dabei, auch soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten bezieht, an den Vorgaben des § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. orientieren. Dieser sieht als Voraussetzung der Erlaubnis zum Vertrieb von Lotterien und Sportwetten im Internet vor, dass der Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigte ein Verstoß hiergegen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes auch eine vollständige Untersagung des weiteren Internetvertriebs. Dem liegt folgende Erwägung zu Grunde: Hätte die Klägerin eine Erlaubnis beantragt, fehlte es aber an einem hinreichenden Identifizierungs- und Authentifizierungssystem, dürfte die Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die fehlende Konzessionsvoraussetzung so zentral ist, dass eine Sicherstellung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG, § 4c Abs. 2 GlüStV nicht ausreichte. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen (so bereits Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Hinsichtlich des Entschließungsermessens des beklagten Landes bezüglich der Untersagungsverfügung käme dann auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
36 
Entsprechendes gilt mit Blick auf § 5 Abs. 5 GlüStV n.F..
37 
3. Selbst wenn die angefochtene Verfügung hinreichend bestimmt wäre und - was der Senat offen lässt - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung gegeben wären, stellte sich die angefochtene Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft dar. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob hinsichtlich des Entschließungsermessens eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist.
38 
Das beklagte Land muss bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen jedenfalls eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 3 GG (analog) ist es gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten, es darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit es anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss es hierfür sachliche Gründe angeben. Das beklagte Land muss also gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
39 
Solche sachlichen Gründe kann das beklagte Land bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Ein im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages ermessensfehlerhaft ist, dass das beklagte Land außer Acht gelassen hat, dass im Wesentlichen nur das Land Baden-Württemberg gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern überwiegend keine Untersagungsverfügungen erlassen haben bzw. solche Verfügungen, so sie ergangen sind, keinen Bestand mehr haben, kann offenbleiben.
40 
a) Nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich folgendes Bild: Das beklagte Land hat unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags seit 2010 eine Reihe von Untersagungsverfügungen gegenüber etwa 20 Anbietern von Internetglücksspielen (ohne Internetauktionen) erlassen. Ein flächendeckendes Vorgehen ist nicht erfolgt. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags hat sich hieran nichts geändert. Seit Ende 2014 sind in vier vergleichbaren Fällen Verfügungen erlassen sowie mehrere Anhörungen verschickt worden. Das beklagte Land hat insbesondere nicht geltend gemacht, sich bei seinem Vorgehen an den Leitlinien der „Arbeitsgruppe Aufsicht“ (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 GlüStV, §§ 7 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 3 Nr. 2 VwVGlüStV) für ein Vorgehen der Länder gegen illegales Glücksspiel im Internet vom Juli 2014 zu orientieren geschweige denn eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Umsetzung dieser Leitlinien den Anforderungen an eine einheitliche Verwaltungspraxis und einen kohärenten Vollzug genügen.
41 
b) Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sich an einem weiteren Vorgehen durch die Rechtsprechung des Senats gehindert gesehen, trifft dieser Einwand nicht (mehr) zu. Der Senat hat bei unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags erlassenen Verfügungen die aufschiebende Wirkung zum einen mit Blick auf das Fehlen von Ermessenserwägungen zur Rechtslage nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag angeordnet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105), zum anderen mit Blick auf die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris). Diese Rechtsprechung steht dem Erlass neuer Verfügungen auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 (- C-156/13 -) über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 (- I ZR 171/10 -), die durch die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein veranlasst war, nicht mehr entgegen. Auch hat das beklagte Land diesbezüglich keine Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Im Übrigen bestand nach der Rechtsprechung des Senats durchgängig die Möglichkeit, Untersagungsverfügungen mit Blick auf den Jugendschutz zu erlassen (s. bereits Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, a.a.O., sowie Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -).
42 
c) Es sind auch keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen ersichtlich. Ein Vorgehen nach der „Größe“ der Anbieter, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, wäre dann ein hinreichender Differenzierungsgrund, wenn darunter der jeweilige Marktanteil in Baden-Württemberg verstanden würde und zunächst gegen Anbieter mit großem Marktanteil in Baden-Württemberg vorgegangen würde. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu genannten Hilfskriterien sind indes nicht geeignet, einen solchen Marktanteil zu ermitteln. Dass ein Anbieter mehrere Internetauftritte hat, lässt einen Rückschluss auf den Marktanteil nicht zu. Ein solcher Rückschluss ließe sich auch aus den bloßen - soweit ersichtlich nicht ermittelten - Umsatzzahlen nicht ziehen. Diese wären nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug auf den baden-württembergischen Markt im Verhältnis zu den Umsatzzahlen anderer Anbieter gesetzt würden. Dies hat das beklagte Land bereits nicht geltend gemacht. Auch hat es nicht dargelegt, wie es bei Anwendung der genannten Kriterien gerade auf die mit einer Verfügung belegten Anbieter gekommen ist.
43 
Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Prüfung, ob die angefochtene Verfügung an weiteren von der Klägerin geltend gemachten, z.T. aber im Berufungsverfahren nicht mehr thematisierten Fehlern leidet.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
46 
Beschluss vom 8. September 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

2

Spätestens seit November 2009 veranstaltete bzw. vermittelte sie auf mehreren Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus aufrufbar waren, Sportwetten, Poker- und Casinospiele. Mit Bescheid vom 21. Januar 2010 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der damaligen Fassung (GlüStV 2008) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Nr. 2). Außerdem drohte das Regierungspräsidium ein Zwangsgeld an (Nr. 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr für den Bescheid fest (Nr. 4). Die Klägerin veranstalte bzw. vermittle auf den Internetseiten A., B., C. öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen und betreibe Werbung hierfür. Die für Baden-Württemberg erforderliche Erlaubnis besitze sie nicht. Eine solche könne ihr auch nicht erteilt werden. Außerdem wurde ausgeführt, die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache zuvor im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Berufungsurteils aufgehoben. Die Untersagungsverfügung genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Sie erfasse jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben werde, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei. Sie stelle keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung dar, sondern gebe lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wieder und überschreite damit eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit. Die Verfügung wäre auch dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie sich nur auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele bezöge. Auch die generalisierende Nennung von Glücksspielarten in der Begründung des Bescheides bestimme die Reichweite ihres Regelungsgehalts nicht hinreichend. Die Untersagungsverfügung sei außerdem ermessensfehlerhaft ergangen. Dabei könne offenbleiben, ob das Entschließungsermessen auf Null reduziert sei. Im Lichte von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG dürfe die zuständige Behörde in gleichgelagerten Fällen nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspiel vorgegangen werde (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

4

Im Revisionsverfahren hat der Beklagte erklärt, der Bescheid vom 21. Januar 2010 beziehe sich lediglich auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit der Bescheid zunächst auch andere, nicht ausdrücklich benannte Glücksspielarten erfasst hat. Außerdem haben die Beteiligten bezüglich des Untersagungszeitraums zwischen dem Ergehen des Berufungsurteils und dem 25. Oktober 2017 - dem Tag der Revisionsverhandlung - übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben.

5

Zur Begründung seiner Revision führt der Beklagte aus, der angegriffene Bescheid sei jedenfalls in seinem zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang, der durch eine Bezugnahme auf die von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten beschrieben werde, hinreichend bestimmt. Soweit die Klägerin Pokervarianten anbieten sollte, die als Geschicklichkeitsspiel einzustufen seien, seien diese nicht von der Untersagung erfasst. Die Glücksspielaufsicht sei zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet gewesen, weil das von dieser veranstaltete Online-Glücksspiel wegen Verstoßes gegen das Internetverbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008, jetzt GlüStV 2012) materiell nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Vor dem Einschreiten gegen einzelne illegale Anbieter müsse kein Vollzugskonzept entworfen werden. Es liege wegen des großen Angebots an illegalem Glücksspiel im Internet in der Natur der Sache, dass nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten der Behörde bekanntgewordene Fälle aufgegriffen und abgearbeitet würden. Das Internetverbot stehe auch mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV im Einklang. Wegen der spezifischen Gefahren des Anbietens von Spielen über das Internet sei es zur Bekämpfung der Spielsucht und zur Gewährleistung des Jugendschutzes erforderlich und angemessen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. September 2015 zu ändern, soweit es den Untersagungszeitraum ab dem 26. Oktober 2017 betrifft, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 insoweit zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

8

Sie hat erklärt, derzeit keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anzubieten. Sie verteidigt das Berufungsurteil dennoch weiterhin und führt ergänzend aus, die Untersagung habe durch eine Auflistung der untersagten Glücksspiele im Einzelnen konkretisiert werden können und müssen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Spiel als Glücksspiel einzustufen sei, dürfe nicht in ein etwaiges Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der Senat sei an die im Berufungsurteil getroffene Feststellung gebunden, dass der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen habe vorweisen können.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er trägt ergänzend vor, die Klägerin und der Beklagte seien aufgrund ihrer Sachkenntnis in der Lage, zu beurteilen, ob die von der Klägerin im Internet angebotenen oder vermittelten Sportwetten, Online-Poker- und -Casinospiele als Glücksspiel einzustufen sind. Das Willkürverbot verpflichtet den Beklagten nicht, auf der Grundlage eines landesweiten Handlungskonzepts flächendeckend und gleichzeitig gegen die Anbieter unerlaubten Glücksspiels im Internet vorzugehen.

Entscheidungsgründe

10

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben; insoweit sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Insoweit beruht das angegriffene Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Die Anfechtungsklage ist weiterhin zulässig. Die Untersagungsverfügung vom 21. Januar 2010 hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anbietet. Bei einer Änderung der Sachlage entfällt die Regelungswirkung eines Verwaltungsakts nicht automatisch. Ein Verwaltungsakt verliert seine Rechtswirkungen erst dann, wenn er aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden ist. Bei in die Zukunft gerichteten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen setzt dies voraus, dass das untersagte Verhalten endgültig aufgegeben wurde oder nicht mehr aufgenommen werden kann (BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 16 und - 8 C 47.12 - juris Rn. 15 f.). Das ist hier nicht der Fall. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin ihr eigenes Glücksspielangebot überhaupt aufgegeben hat. Im Impressum der in der Untersagungsverfügung genannten Webseiten wird nunmehr angegeben, "[u]nsere Dienstleistungen in den Mitgliedsländern des europäischen Binnenmarktes (ausgenommen Länder, in denen unsere Dienstleistungen unter einer lokalen Lizenz zur Verfügung gestellt werden) werden von V. Limited, einem Unternehmen mit Sitz in G. durchgeführt, das zur Europäischen Union gehört". Hiernach sind es weiterhin die Dienstleistungen der Klägerin, die von der V. Limited durchgeführt werden. Dementsprechend wird das im Impressum einleitend aufgeführte "Copyright" der Klägerin zugeschrieben und sie als Inhaberin einer Glücksspiellizenz nach dem Recht von G. bezeichnet, die sie sich - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erläutert hat - mit der V. teilt. Jedenfalls verbietet die Untersagungsverfügung der Klägerin vorliegend auch eine Wiederaufnahme ihres Glücksspielangebots, sodass die Untersagung jedenfalls deshalb weiterhin eine Beschwer begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 S. 27). Dass die Klägerin die untersagten Tätigkeiten dauerhaft und endgültig aufgegeben hätte oder diese nicht wieder aufnehmen könnte, hat sie nicht substantiiert dargelegt.

12

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angegriffenen Bescheid, soweit er noch Streitgegenstand ist, zu Unrecht für unbestimmt gehalten und damit § 37 Abs. 1 VwVfG BW, der seinem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 VwVfG entspricht und daher revisibel ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), verletzt.

13

Nach § 37 Abs. 1 VwVfG BW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1975 - 6 C 163.73 - BVerwGE 48, 279 <281 f.>) kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Ob der Bescheid in solch einem Fall auch nichtig ist, regelt § 44 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 <149>).

14

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 <89> m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <284>).

15

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des angegriffenen Bescheides. Sie betreffen ausschließlich die in dessen Begründung bezeichneten, von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten der Online-Sportwetten, des Online-Poker und der Online-Casinospiele, nicht jedoch die darüber hinausgehende, von den Teilerledigungserklärungen umfasste Erstreckung der Verfügung auf jegliches von Baden-Württemberg aus abrufbare öffentliche Glücksspiel im Internet.

16

Der Gegenstand der verbliebenen, noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des Bescheides wird durch die Benennung der Glücksspielarten (Online-Sportwetten, Online-Poker sowie Online-Casinospiele) bezeichnet und durch die Aufzählung der Internetseiten mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin in der Begründung des Bescheides konkretisiert. Dadurch wird die sachkundige Klägerin in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche konkreten Glücksspiele unter die Verbotsverfügung im noch verfahrensgegenständlichen Umfang fallen. Die Bezeichnung der Glücksspielarten knüpft jeweils an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Sportwetten und -Poker) oder an die Zugehörigkeit zu denjenigen Glücksspielen an, die üblicherweise in Spielbanken angeboten werden (Casino-Spiele). Zu diesen zählt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem sogenannten Großen Spiel (wie etwa Roulette und Baccara) auch das als Kleines Spiel bezeichnete Automatenspiel (etwa an Slot-Machines). Für die Klägerin als sachkundige Anbieterin ist damit klargestellt, dass die Verbotsverfügung neben den Online-Sportwetten, dem Online-Poker und den Online-Varianten des Großen Spiels auch Online-Varianten des sogenannten Kleinen Spiels erfasst. Etwa verbleibende Unsicherheiten bei der Zuordnung eines Spiels oder künftig geplanten Spielangebots - etwa hinsichtlich der Eingrenzung der von der Untersagungsverfügung erfassten dem Glücksspiel zugeordneten Pokerformen - räumt die beispielhafte Konkretisierung der untersagten Spielangebote durch die Aufzählung der Internetseiten aus, deren Angebote - für die Klägerin erkennbar - Anlass des Einschreitens des Beklagten waren. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin möglicherweise zukünftig angebotenen Spielen um Sportwetten, Poker oder Casinospiele handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedurfte es daher nicht.

17

Ein höheres Maß an Bestimmtheit ist nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GBl. BW 2012, 385, 388) - bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen gegenüber Dritten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. Financial Blocking), geboten. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber diesen Dritten, die losgelöst von der Untersagungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt sein müssen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2016 - 11 ME 61/16 - GewArch 2016, 425 <426>). Verfügungen, mit denen Dritten Zahlungseinschränkungen auferlegt werden, um unerlaubte Glücksspielaktivitäten zu unterbinden, stellen keine Vollstreckung aus einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung dar, sondern unabhängige Instrumente der Glücksspielaufsicht, die an "unerlaubtes" und nicht an untersagtes Glücksspiel anknüpfen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB. Die Frage nach einer etwaigen Strafbarkeit stellt sich unabhängig von der Vollstreckung einer Untersagungsverfügung. Insofern muss das Strafgesetz seinerseits hinreichend bestimmt sein.

18

Die Untersagungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG BW schließlich auch, soweit mit ihr das "Unterstützen" der Veranstaltung oder Vermittlung von bzw. Werbung für Online-Sportwetten, Online-Poker oder Online-Casinospiele untersagt wird. Was "Unterstützen" im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar weder gesetzlich festgelegt noch durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt (vgl. aber z.B. zum Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 28 ff.). Aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde wird aber unzweifelhaft deutlich, dass sämtliche Beiträge unterbunden werden sollen, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, der Klägerin selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa durch Zurverfügungstellen einer Domain oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung von solchen Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte.

19

3. Auch die weitere selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, verletzt Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermessensverstoß mit der Begründung bejaht, selbst bei einer Reduzierung des Entschließungsermessens auf Null habe der Beklagte gegen die Klägerin nur aufgrund eines im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG tragfähigen Eingriffskonzepts einschreiten dürfen. Das Erfordernis eines vorherigen Eingriffskonzepts auch bei einer Verpflichtung zum Einschreiten im konkreten Fall ist jedoch weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 12 Abs. 1 GG zu entnehmen.

20

a) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hängt die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung eines zeitlich gestaffelten Vorgehens in Fällen der Ermessensreduzierung auf Null nach Art. 3 Abs. 1 GG nur vom Vorliegen zureichender sachlicher Gründe für etwaige Differenzierungen und nicht zusätzlich davon ab, dass die Behörde vor dem ersten Zugriff ein Eingriffskonzept erstellt hat und auf dessen Grundlage vorgegangen ist. Zwar bindet ein etwa erstelltes Konzept die Behörde als antizipierte Verwaltungspraxis gleichheitsrechtlich ebenso wie eine bereits bestehende Praxis. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht, vor dem gesetzlich gebotenen Zugriff ein behördliches Eingriffskonzept zu erstellen.

21

Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 - 8 C 36.12 - NVwZ 2014, 1583 m.w.N.).

22

Anders verhält es sich, wenn die Behörde, wie hier vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt, zum Einschreiten verpflichtet ist. Bei einer Ermessensreduzierung auf Null hat die Behörde keine Handlungsalternativen mehr, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.

23

Entscheidet eine Behörde sich, den Einsatz ihrer begrenzten Ressourcen, die kein gleichzeitiges Einschreiten gegen alle Störungen ermöglichen, an einem Plan auszurichten, muss sie sich, um Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu verletzen, an ihn halten. Fehlt es an einem Plan, so genügt es, dass sich ein Einschreiten der Behörde nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (vgl. zu Bauordnungsverfügungen: BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 - juris Rn. 5). Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten.

24

Die Forderung des Berufungsgerichts, die zeitliche Reihenfolge des Vorgehens gegen Anbieter von Internetglücksspielen an deren Marktpräsenz, Umsätzen oder Gewinn auszurichten, überspannt diese Anforderungen deutlich. Seine für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen Plan für sein Einschreiten verlassen hätte oder gar willkürlich vorgegangen wäre.

25

b) Das Aufstellen eines Zeitplans für das ordnungsbehördliche Einschreiten ist vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des Konkurrenzschutzes durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Wird ein Konkurrent erst später als die Klägerin mit einer Untersagungsverfügung überzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür auch ihm gegenüber schon zum Zeitpunkt des Einschreitens gegen die Klägerin vorlagen, mag er zwar daraus einen faktischen Wettbewerbsvorteil ziehen können. Daraus folgt jedoch kein Recht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die eigene Tätigkeit bis zum Einschreiten - auch - gegen den Konkurrenten fortsetzen zu dürfen. Die Berufsfreiheit schützt nämlich keine Tätigkeiten, die der Gesetzgeber grundrechtskonform als unerlaubt eingestuft hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 <397>). Sie vermittelt keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit dem Internetverbot bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <6>).

26

4. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruht mangels tragfähiger Alternativbegründung auf der dargestellten Verletzung revisiblen Rechts und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen der Untersagungsverfügung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in deren Rechten.

27

a) Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 1 und 2 der angegriffenen Verfügung vom 21. Januar 2010, soweit diese den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit dem 26. Oktober 2017 betreffen, sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der derzeit geltenden Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2012 - i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 2 des Landesglücksspielgesetzes BW - LGlüG. Die genannten Vorschriften ermächtigen die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden. Die Behörden dürfen insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und Werbung hierfür untersagen. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG legt auf der Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV 2012 weitergehend fest, dass die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür untersagt werden sollen.

28

Die Voraussetzungen für eine Untersagung sind hiernach erfüllt. Die Klägerin bedarf für die von ihr im Internet veranstalteten Poker- und Casinospiele einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GlüStV 2012), die sie nicht hat und die ihr auch nicht erteilt werden kann. Das Veranstalten und Vermitteln dieser öffentlichen Glücksspiele im Internet und die Werbung hierfür sind ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV 2012; dazu sogleich unter b).

29

Die von der Klägerin im Internet veranstalteten Sportwetten stehen ebenfalls unter Erlaubnisvorbehalt. Insoweit hätte die Klägerin zwar möglicherweise nach § 10a Abs. 1 und 2, 4 GlüStV 2012 eine Erlaubnis erhalten können. Sie hat eine solche aber noch nicht einmal beantragt (dazu unter c). Das Regierungspräsidium war auch zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet. Wird die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift gesteuert, hat die zuständige Behörde grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318 <323>). Solche Umstände waren hier auch hinsichtlich der von der Klägerin veranstalteten Sportwetten nicht gegeben. Eine formell illegale, aber unter Erlaubnisvorbehalt stehende Tätigkeit ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann zu dulden, wenn sie offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar, die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt, sodass die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <322> und Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 B 36.14 - ZfWG 2015, 227). Wenn der betroffene Glücksspielanbieter - wie hier - weder einen Erlaubnisantrag gestellt noch unabhängig davon aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ohne weitere Prüfung erkennbar, dass dessen Angebot zu erlauben wäre. Da das Ermessen nach den landesrechtlichen Vorgaben grundsätzlich zum Einschreiten intendiert ist, bedurfte es insoweit keiner besonderen Ermessenserwägungen des Beklagten.

30

b) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf die Untersagung des Online-Poker- und Online-Casinospielangebots zielt, kann der Klägerin das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

31

aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

32

Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).

33

Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc).

34

bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden.

35

Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

36

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

37

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.

38

cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.

39

Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

40

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

41

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

42

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

43

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.

44

c) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf das Online-Sportwettenangebot der Klägerin zielt, kann ihr das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis entgegengehalten werden. Sie hat nach eigenem Bekunden nicht an dem Sportwettenkonzessionsverfahren teilgenommen, obwohl ihr eine Antragstellung rechtlich und faktisch möglich gewesen wäre.

45

Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens für Sportwetten in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist insbesondere unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 f. AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmungen, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - C-203/08 [ECLI:EU:C:2010:307], Sporting Exchange - Rn. 50, vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 87 und vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <321> und vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 54). Diesen Anforderungen tragen die an die EU-Kommission notifizierten Regelungen über die Erteilung einer Sportwettenkonzession in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012, insbesondere durch das in § 4b GlüStV 2012 geregelte Verfahren, Rechnung. § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 gibt vor, dass die Konzessionen nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt werden. Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV 2012). Durch die in § 4b Abs. 5 GlüStV 2012 genannten und in § 4b Abs. 2 GlüStV 2012 konkretisierten Auswahlkriterien wird das Ermessen der Auswahlbehörde hinreichend begrenzt. Es werden detailliert die Unterlagen aufgeführt, welche die Grundlage der Auswahlentscheidung bilden müssen. Ob das Konzessionsverfahren tatsächlich nach diesen gesetzlichen Kriterien abläuft und ob eine auf dieser Grundlage erteilte oder abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann jeder Bewerber gerichtlich überprüfen lassen. Dabei kann er zur effektiven Durchsetzung seiner Rechte auch um Eilrechtsschutz nachsuchen.

46

Hat es die Klägerin trotz dieser ausreichenden rechtlichen Rahmenbedingungen unterlassen, einen Antrag auf Erteilung einer Sportwettenkonzession zu stellen, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre, kann sie sich nicht darauf berufen, dass das gesetzlich ausreichend geregelte Konzessionsverfahren in seiner praktischen Umsetzung gegenüber denjenigen, die einen Antrag gestellt haben, rechtsfehlerhaft durchgeführt worden wäre. Sie kann folglich nicht geltend machen, dass das zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport in seinem Verwaltungsverfahren zur Vergabe der 20 Sportwettenkonzessionen nach ihrer Auffassung normative Vorgaben nicht beachtet oder diese nicht in angemessener Zeit umgesetzt habe. Denn diese rechtlichen Fragen betreffen eine etwaige Verletzung eines Bewerberverfahrensanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG, die nur derjenige geltend machen kann, der überhaupt zum Kreis der Bewerber gehört. Überdies berühren solche Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Erlaubnisverfahrens allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, die am Maßstab der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und des Verfassungs- und Unionsrechts selbständig überprüfbar wäre. Eine solche in einem Konzessionsverfahren gegenüber der Klägerin ergangene Entscheidung steht aber vorliegend im Verfahren zur Anfechtung einer Untersagungsverfügung nicht zur Prüfung.

47

Abweichendes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach einem Wirtschaftsteilnehmer nicht vorgeworfen werden kann, auf eine Bewerbung um eine Konzession angesichts fehlender Rechtssicherheit verzichtet zu haben (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-72/10 und C-77/10 [ECLI:EU:C:2012:80], Costa und Cifone -). Sie betrifft den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Wirtschaftsteilnehmer von einer früheren Konzessionsausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen worden war und sich deshalb bei einer späteren, erneuten Ausschreibung nicht nochmals um die Erteilung einer Konzession bemühte. Soweit der Europäische Gerichtshof des Weiteren entschieden hat, dass die Anwendung der fraglichen Vorschriften gegenüber allen Bietern transparent sein müsse (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2017 - C-49/16 [ECLI:EU:C:2017:491], Unibet -), betraf dies nationale Vorschriften, die dem Wirtschaftsminister die Auswahl zwischen einem transparenten und einem intransparenten Verfahren überließen, und nicht solche Normen, die - wie hier - ausschließlich die Durchführung eines transparenten Verfahrens vorsehen. Dass § 10a Abs. 3 GlüStV 2012 die Anzahl der höchstens zu erteilenden Konzessionen auf 20 begrenzt, berührt nicht die Transparenz des Auswahlverfahrens und ist angesichts der hierfür genannten tragfähigen Gründe (vgl. amtl. Erl. S. 11 = LT-Drs. BW 15/1570 S. 58) auch nicht willkürlich.

48

d) Ist das nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 vorgesehene teilweise Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar, gilt Entsprechendes für das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012), von dem Ausnahmen lediglich für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten möglich sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2012). Mit der Nutzung des Internets als Werbemedium ist eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <18>). Soweit das Spielangebot im Internet zugelassen wird, entspricht es der angestrebten Kanalisierungswirkung, es dort auch bewerben zu dürfen (vgl. amtl. Erl. S. 29 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 76). Dem Ziel der Suchtprävention wird durch die nach § 5 Abs. 1, 2 und 4 GlüStV 2012 geltenden Werberestriktionen Rechnung getragen.

49

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 21 Januar 2010, die auf §§ 20, 18, 19 und 23 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg beruht, und die in Ziffer 4 des Bescheides auf der Grundlage von §§ 1, 4, 7 und 12 Abs. 4 des Landesgebührengesetzes gestützte Gebührenfestsetzung sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Revision des Beklagten erfolgreich war, sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen. Der Beklagte trägt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO jedoch die Kosten des hinsichtlich weiterer unbenannter Glücksspielarten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits, weil die Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung insoweit voraussichtlich obsiegt hätte. Die Untersagungsverfügung war, soweit sie über die von der Klägerin konkret angeboten Glücksspielarten hinaus das Veranstalten, Vermitteln, hierfür Werben und Unterstützen jeglichen Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV 2012 auf Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus erreichbar sind, untersagte, nicht hinreichend bestimmt. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 GlüStV 2012, auf den die Verfügung in ihrem Untersagungstenor Bezug nahm, war auch für den fachkundigen Adressaten nicht so eindeutig, dass dieser unzweifelhaft erkennen konnte, welche Verhaltensweisen für ihn noch erlaubt und welche schon verboten waren. Den insoweit möglicherweise drohenden Streit konnte der Beklagte nicht durch Verwendung des Gesetzeswortlautes im Tenor seines Bescheides in das Vollstreckungsverfahren verlagern. Entsprechend bestimmt sich die Kostenlast bezüglich des von den Teilerledigungserklärungen umfassten Untersagungszeitraums bis zur Revisionsverhandlung. Es entspricht billigem Ermessen, den Umfang des voraussichtlichen Unterliegens des Beklagten mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen und eine dementsprechende quotale Kostentragung anzusetzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn

1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird;
2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird;
3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird;
4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird;
5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.

(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 2 K 13.5604

Im Namen des Volkes

Urteil

9. Juni 2015

2. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1030

Hauptpunkte: Wasserrecht; Rechtsnachfolge in übertragene Gewässerunterhaltungspflicht

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

...

- Beklagte -

bevollmächtigt: ...

wegen Wasserrecht; Feststellung der Unterhaltungslast

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 2. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ... den Richter am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die ehrenamtliche Richterin ..., den ehrenamtlichen Richter ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2015 am 9. Juni 2015 folgendes

Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Einzelrechtsnachfolgerin einer Privatperson im Eigentum an einem Grundstück oder ob kraft Gesetzes die beklagte Gemeinde eine wasserrechtliche Unterhaltungsverpflichtung trifft.

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2009 Eigentümerin des Seeufergrundstücks ... 56 (FlNr. ..., Gemarkung ...) im Gebiet der Beklagten. Dieses Grundstück wird durch den ...bach, der auf FlNr. ... (Gemarkung ...) verläuft, in zwei Teilflächen geteilt. Der ...bach, ein Gewässer dritter Ordnung, mündet an der westlichen Grenze der vorgenannten Flurstücke in den ... See.

Am ... August 1982 erteilte das Landratsamt ... dem seinerzeitigen, im Jahr 2007 verstorbenen Eigentümer des vorgenannten Grundstücks antragsgemäß eine wasserrechtliche Plangenehmigung zum Gewässerausbau (Verbauung des Bachs) auf diesem Grundstück. In Ziffer 1.2.7 der Nebenbestimmungen dieses Bescheids wurde dem Antragsteller der Genehmigung gemäß Art. 44 BayWG a. F. die Gewässerunterhaltung „im Bereich des Grundstücks mit Fl.Nr. ...“ übertragen, „da der Antragsteller Hauptnutznießer aus der Maßnahme ist und die Unterhaltung allein dessen Interessen dient“. Diese Nebenbestimmung wurde von dem am Plangenehmigungsverfahren beteiligten Wasserwirtschaftsamt vorgeschlagen und vom Landratsamt in die Plangenehmigung übernommen. Die Plangenehmigung wurde mit Bescheid des Landratsamts vom ... März 1984 aufgrund einer Tektur der Planung wegen tatsächlich nicht plangemäßer Ausführung des Gewässerausbaus „geändert“. In Ziffer 2.2.5 der Nebenbestimmungen dieses Bescheids wurde eine mit der vorgenannten Nebenbestimmung gleichlautende Übertragung der Gewässerunterhaltungspflicht aufgenommen.

Im Jahr 2009 wurde nach einem schweren Unwetter und teilweiser Beschädigung der Uferverbauung des Bachverlaufs sowie Unterspülung der Gründung eines angrenzenden Bootshauses durch die Klägerin (mit Kenntnis des Landratsamts, das insoweit von einer Unterhaltungsmaßnahme ausging) die bisherige Ufersicherung durch Betonwände in einem Teilbereich des Grundstücks durch eine naturnähere Gestaltung mittels Steinsatz ersetzt.

In der Folgezeit erörterten die Beteiligten und das Landratsamt ... aufgrund eines erhöhten Geschiebeaufkommens im Bereich des Grundstücks der Klägerin die Frage der Unterhaltungslast am ...bach. Am 2. Oktober 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine grundsätzliche Klärung zwischen den beteiligten Behörden noch nicht habe herbeigeführt werden können.

Am 10. Dezember 2013 erhob die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, festzustellen, dass der Klägerin nicht die Unterhaltung des Gewässers ...bach im Bereich ... 56, Gemeinde ... (FlNr. ..., Gemarkung ...) obliegt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Bis zum Jahr 2010 habe es im Oberlauf des ...bachs zwei Stauwehre gegeben, eines davon, das die Funktion eines Kiesfangs gehabt habe, sei jedoch entfernt worden. Seither habe sich der Geschiebetransport des Bachs dauerhaft massiv erhöht. Im Mündungsbereich des Bachs komme es zu erheblichen Kiesanlandungen, die für das Grundstück der Klägerin und ein Nachbargrundstück die Gefahr von Überschwemmungen hervorrufen würden. Nach Aufforderung durch das Landratsamt ... ... ... habe die Beklagte im Jahr 2010 einmal den Bach und den Mündungsbereich ausbaggern lassen. Weitere Maßnahmen verweigere die Beklagte jedoch, da sie der Auffassung sei, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des früheren Grundstückseigentümers unterhaltungspflichtig sei und alle Unterhaltungsmaßnahmen allein ihrem Interesse dienen würden. Die Gewässerunterhaltung im fraglichen Bereich obliege kraft der gesetzlichen Regelung für Gewässer dritter Ordnung (wieder) der Beklagten, die auf den früheren Eigentümer übertragene Unterhaltungslast sei nicht auf die Klägerin übergegangen. Zu berücksichtigen sei bereits, dass die Klägerin mit der Renaturierung des Bachs den früheren Gewässerausbau (Betonwanne) beseitigt habe und damit die Übertragung der Unterhaltungslast ihren Anknüpfungspunkt verloren habe. Die Unterhaltungslast sei nicht im Wege der Rechtsnachfolge übergegangen. Die Regelung zur Übertragung der Unterhaltungslast habe bereits keinen rechtsnachfolgefähigen Inhalt. Die Übertragung erfolge nur, wenn und soweit die Voraussetzungen vorlägen. Diese Systematik bei der Übertragung der Unterhaltungslast stehe einem gleichsam automatischen Übergang der Unterhaltungsverpflichtung im Wege der Rechtsnachfolge entgegen. Sie könne mithin nicht mehr fortbestehen, wenn das Interesse des Dritten entfalle. Dies sei vorliegend wegen des Rückbaus der Uferverbauung der Fall. Hinzu komme, dass eine Übertragung nur auf Personen möglich sei, die in der Lage seien, die Aufgabe sachgerecht zu erfüllen. Dies sei bei automatischem Übergang auf einen Rechtsnachfolger nicht gewährleistet. Auch sei die Unterhaltungslast kein dinglicher Verwaltungsakt, bei dem teilweise eine Rechtsnachfolgefähigkeit angenommen werde. Die Regelung des Art. 23 Abs. 3 BayWG knüpfe indes personenbezogen an in einer Person liegende Umstände an. Tragende Grundsätze des Wasserrechts wie der fehlende Bestandsschutz würden die fehlende Nachfolgefähigkeit bestätigen.

Mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 beantragte die Beklagte

die Klage abzuweisen,

und erwiderte mit Schriftsatz vom 29. Januar 2014 im Wesentlichen: Die Beklagte gehe davon aus, dass die Übertragung der Unterhaltungspflicht durch die Plangenehmigung aus dem Jahr 1984 nur den Bereich habe umfassen sollen, in dem der ...bach auf dem Grundstück der Klägerin verlaufe. Diese Pflicht obliege der Klägerin. Die Unterhaltungspflicht sei als grundstücksbezogene Verpflichtung auf die Klägerin als Grundstückseigentümerin übergegangen und umfasse auch die Entfernung von Geschiebe im Gewässerbett. Der seinerzeitige Gewässerausbau habe im Interesse des damaligen Eigentümers gelegen. Er habe das „wilde Wasser gezähmt“, die Gefahr von Überschwemmungen und Hochwasserschäden habe minimiert werden sollen. Deshalb und weil der ...bach durch das Privatgrundstück verlaufe, sei der Eintritt der Rechtsnachfolge im Fall eines privatnützigen Gewässerausbaus sinnvoll. Die Gewässeranlage sei auf Dauer geschaffen worden und die Plangenehmigung sei unbefristet erteilt worden. Der Grundgedanke, der hinter der Maßnahme gestanden habe, wirke bis heute fort. Es sei ein (materielles) grundstücksbezogenes Interesse des jetzigen Grundstückseigentümers und damit Profiteurs der früheren Ausbaumaßnahme vorhanden. Bei den von der Klägerin vorgenommenen Umbaumaßnahmen an dem Gewässer handle es sich um unwesentliche Änderungen, welche die Unterhaltungspflicht nicht entfallen ließen.

Nach Akteneinsicht nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 3. April 2014 umfassend zu der Klageerwiderung und dem Verfahren Stellung: Zunächst sei klarzustellen, dass der frühere Eigentümer aus der Plangenehmigung allein deshalb berechtigt und verpflichtet worden sei, weil er als seinerzeitiger Ausbauunternehmer der Antragsteller im Plangenehmigungsverfahren gewesen sei. Die Klägerin halte an ihrer Auffassung fest, dass sie nicht gewässerunterhaltungspflichtig sei für den ...bach im Bereich ihres Grundstücks. Aus den Akten ergebe sich, dass die Sachbearbeiterin des Landratsamts die Rechtsauffassung vertreten habe, dass das ankommende Geschiebe nicht ausschließlich der Klägerin zugerechnet werden könne und dass wegen der allgemeinen Verpflichtung der Beklagten zum vorbeugenden Hochwasserschutz das Ausbaggern der Kiesablagerungen sowie die Errichtung eines Kiesfangs nicht allein im Interesse der Klägerin lägen. Zwar könne eine Plangenehmigung grundstücksbezogen sein, dies allein führe aber noch nicht dazu, dass eine Rechtsnachfolge in diesen Bescheid zwingend stattfinde. Obendrein treffe dies keine Aussage dazu, ob die Auflage selbst, die einen feststellenden Verwaltungsakt darstelle, personen- oder grundstücksbezogen sei. Die Übertragung nach Art. 23 Abs. 3 BayWG sei an einen bestimmten Adressaten gerichtet und ergehe in Bezugnahme auf dessen besonderes Interesse oder Aufwandsverursachung. Ausschlaggebend für die Übertragung seien personenbezogene Eigenschaften des Adressaten und keine sachbezogenen Eigenschaften des Grundstücks. Selbst wenn die Auflage jedoch grundstücksbezogen sei, sei eine Rechtsnachfolge ausgeschlossen. Die Übertragung der Unterhaltungslast setze voraus, dass der potentiell Unterhaltungspflichtige überhaupt zuverlässig und geeignet sei. Dies erfordere eine personenbezogene Einzelfallbetrachtung, die eine Rechtsnachfolge in den Bescheid nach Art. 23 Abs. 3 BayWG ausschließe. Die Beklagte treffe deshalb wieder die gesetzliche Unterhaltungspflicht.

Die Beklagte erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 26. Juni 2014. Mit der Unterhaltungsverpflichtung würden die Rechte und Pflichten einer Person im Hinblick auf ein konkretes Grundstück bzw. Gewässer festgeschrieben, ohne dass es hierbei auf Voraussetzungen ankomme, die in der Person des Verpflichteten selbst liegen. Eine Regelung nach Art. 23 Abs. 3 BayWG setze beispielsweise keine Zuverlässigkeitsprüfung voraus und erfolge gerade nicht in Ansehen einer ganz bestimmten Person. Als grundstücksbezogene Regelung sei die Gewässerunterhaltungspflicht auch rechtsnachfolgefähig. Der Grundstücksbezug stelle hierfür ein Indiz dar, das Wasserrecht kenne Rechtsnachfolgeklauseln und enthalte den Grundsatz, dass immer für eine ordnungsgemäße Gewässerbewirtschaftung zu sorgen sei. Selbst wenn aber die Auflage als solche isoliert betrachtet nicht rechtsnachfolgefähig wäre, dann sei ihre Rechtsnachfolgefähigkeit jedenfalls über die Akzessorietät zur grundstücks- und sachbezogenen, nach wie vor wirksamen Plangenehmigung anzunehmen.

Mit Schriftsatz vom 8. Juli 2014 nahm die Klägerin erneut umfassend zum weiteren Vorbringen der Beklagten Stellung.

Aufgrund entsprechender Empfehlung der Kammer in der ersten mündlichen Verhandlung am 22. Juli 2014 beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 8. August 2014 beim Landratsamt ... die Überprüfung und Neubescheidung der mit Plangenehmigung vom ... August 1982, dort Auflage Ziffer 2.2.5 übertragenen Sonderunterhaltungslast, die wegen mehrerer veränderter Umstände angebracht sei.

Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2014 teilte die Klägerin mit, dass das Landratsamt mit Schreiben vom 18. September 2014 den Antrag der Klägerin abgelehnt habe und dass hiergegen Klage (M 2 K 14.4686) erhoben worden sei. Dieses neue Klageverfahren sei der anhängigen Feststellungsklage vorgreiflich.

In den Terminen der zweiten (am 10. März 2015) und dritten (am 9. Juni 2015) mündlichen Verhandlung wurde jeweils auch das Parallelverfahren (M 2 K 14.4686), an dem auch die Beteiligten dieses Verfahrens beteiligt waren, erörtert. Am 10. März 2015 wurden insbesondere die wasserwirtschaftlichen Verhältnisse am ...bach mit einem Vertreter des Wasserwirtschaftsamts und einem Vertreter eines von der Klägerin beauftragten Ingenieurbüros erörtert. Im Übrigen wiederholten und vertieften die Beteiligten jeweils ihr schriftsätzliches Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin trifft die Gewässerunterhaltungsverpflichtung nach Ziffer 2.2.5 der Plangenehmigung des Landratsamts ... vom ... März 1984; auf den rechtlichen Fortbestand der Ziffer 1.2.7 der ursprünglichen, mit dem Bescheid vom ... März 1984 geänderten Plangenehmigung des Landratsamts ... vom ... August 1982 kommt es nicht weiter an, da beide Nebenbestimmungen gleichlautend sind. Danach wurde dem Adressaten der Plangenehmigungen und früheren Eigentümer des Grundstücks FlNr. ... (Gemarkung ...) die Gewässerunterhaltung im Umfang des Art. 42 BayWG a. F. (wobei Art. 42 Satz 2 Nr. 1 BayWG a. F. im Wesentlichen § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WHG entspricht) „im Bereich des Grundstücks FlNr. ...“ übertragen. Diese Verpflichtung bezieht sich aber nur insoweit auf den auf FlNr. ... (Gemarkung ...) fließenden ...bach, als dieser im Bereich des klägerischen Grundstücks verläuft (dies ist zwischen den Beteiligten inzwischen unstreitig und wurde vom Landratsamt ... auch auf Seite 2 des Bescheids vom ... September 2014, der Gegenstand des Verfahrens M 2 K 14.4686 ist, klargestellt). Als Einzelrechtsnachfolgerin im Eigentum am Grundstück FlNr. ... (Gemarkung ...) trifft nunmehr die Klägerin diese Verpflichtung.

Im Einzelnen:

Zwar besteht keine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Rechtsnachfolge in eine (abstrakte oder konkrete) wasserrechtliche Unterhaltungsverpflichtung (nachfolgend 1.). Im Wege der Auslegung ergibt sich jedoch, dass es sich bei der Übertragung der Unterhaltungsverpflichtung um eine rechtsnachfolgefähige Verpflichtung handelt (nachfolgend 2.) und auch ein Rechtsnachfolgetatbestand erfüllt ist (nachfolgend 3.).

1. Eine ausdrückliche Regelung hinsichtlich der Rechtsnachfolge in die konkret streitige wasserrechtliche Unterhaltungsverpflichtung besteht nicht.

In den Plangenehmigungen vom ... August 1982 und ... März 1984 wurde insoweit keine Bestimmung für den Fall der Rechtsnachfolge getroffen. Aus der insoweit fehlenden Regelung sowie aus den Formulierungen der jeweiligen Nebenbestimmungen, wonach „der Antragsteller“ (und nicht etwa „der Eigentümer“) verpflichtet wurde, kann entgegen der Auffassung der Klägerin kein Rückschluss darauf gezogen werden, das Landratsamt hätte seinerzeit eine Rechtsnachfolge in diese Verpflichtung ausschließen wollen. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass das Landratsamt mit der Formulierung seinerzeit exakt einen Auflagenvorschlag des die Maßnahme vorrangig unter wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilenden Wasserwirtschaftsamts übernahm (vgl. dessen Stellungnahmen vom 2.6.1982 /28.10.1983).

Auch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung besteht nicht (vgl. die lediglich punktuellen wasserrechtlichen Regelungen etwa in § 8 Abs. 4 WHG oder Art. 55 Abs. 1 BayWG, die keinen Umkehrschluss dahingehend erlauben, dass hinsichtlich der Übertragung der Gewässerunterhaltungsverpflichtung eine Rechtsnachfolge ausgeschlossen wäre). Eine explizite Regelung zur Rechtsnachfolge in eine öffentlichrechtliche Verpflichtung ist indes im jeweiligen materiellen Recht auch nicht zwingend erforderlich, sondern kann ihm auch durch Auslegung entnommen werden (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 260). Zu prüfen ist deshalb, ob die konkret streitige, durch die Plangenehmigungen konkretisierte Verpflichtung nach Art. 44 Abs. 3 BayWG a. F. bzw. Art. 23 Abs. 3 BayWG rechtsnachfolgefähig ist und ob ein Rechtsnachfolgetatbestand erfüllt ist (vgl. zu diesen Merkmalen: OVG NRW, U.v. 7.11.1995 - 11 A 5922/94 - juris Rn. 4; Reimer, DVBl 2011, 201/202, 207; Peine, JuS 1997, 984/988).

2. Bei der vorliegend konkret übertragenen Gewässerunterhaltungsverpflichtung handelt es sich um eine sachbezogene und rechtsnachfolgefähige Verpflichtung (schon deshalb und auch wegen der Selbstständigkeit der mit Ziffer 1.2.7 der Plangenehmigung vom ... August 1982 und Ziffer 2.2.5 der Plangenehmigung vom ... März 1984 ausgesprochenen Verpflichtung kommt es auf den Rechtscharakter der Plangenehmigung selbst nicht weiter an).

a) Zu den sachbezogenen Verwaltungsakten zählen (auch) solche, die zwar konkret die Pflichten einer bestimmten Person (z. B. des Eigentümers) im Hinblick auf eine konkrete Sache festschreiben, die nach dem gesetzlichen Prüfprogramm jedoch ohne Ansehen der Person, insbesondere ohne Zuverlässigkeitsüberprüfungen, sondern im Hinblick auf den Zustand einer Sache ergehen (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 259). Während - stets unter Berücksichtigung ggf. bestehender Besonderheiten des jeweils maßgeblichen materiellen Rechts - höchstpersönliche Pflichten, also solche, die sich nicht von der Person des Trägers lösen lassen und sich in diesem persönlichen Bezug erschöpfen, nicht rechtsnachfolgefähig sind, ist dies bei sachbezogenen, durch Verwaltungsakt konkretisierten öffentlichrechtlichen Verhaltenspflichten regelmäßig der Fall (BVerwG, U.v. 16.3.2006 - 7 C 3/05 - juris Rn. 19 f., 27; HessVGH, B.v. 17.6.1997 - 14 TG 2673/95 - juris Rn. 17 m. w. N.; OVG Lüneburg, B.v. 6.3.1989 - 3 L 19/89 - juris; vgl. auch: Peine, JuS 1997, 984/986; Stelkens, a. a. O., Rn. 260: Sachbezug jedenfalls Indiz für Rechtsnachfolgefähigkeit). Ob hierfür sogar schon ein Überwiegen der sachbestimmten Bezüge gegenüber den personalen Elementen der Verpflichtung ausreicht (vgl. hierzu: BVerwG, U.v. 29.4.2015 - 6 C 39/13 - juris Rn. 17) kann offen bleiben, denn die vorliegend streitige Verpflichtung aus den Plangenehmigungen vom ... August 1982 und ... März 1984 stellt eine rein sachbezogene Regelung dar.

Die Kammer teilt nicht die Auffassung der Klägerin, für die Übertragung der Unterhaltungslast seien personenbezogene Eigenschaften des Adressaten der Plangenehmigungen ausschlaggebend gewesen. Hiergegen spricht schon, dass - wie bereits dargelegt - das Landratsamt mit der Nebenbestimmung seinerzeit einen Auflagenvorschlag des die Maßnahme vorrangig unter wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten beurteilenden Wasserwirtschaftsamts übernahm. Auch können den Behördenakten des seinerzeitigen Genehmigungsverfahrens keine Anhaltspunkte dafür entnommen werden, dass die persönliche Eignung, finanzielle Leistungsfähigkeit oder individuelle Zuverlässigkeit des früheren Grundstückseigentümers bei der Übertragung der Unterhaltungslast eine Rolle gespielt hätten. Dies entspricht dem gesetzlichen Tatbestand des Art. 44 Abs. 3 BayWG a. F., der an die persönliche Eignung der „Beteiligten“, auf die die Unterhaltungslast übertragen werden kann, keine Anforderungen stellte. Vielmehr definierte Art. 50 BayWG a. F. die Beteiligten als „die Eigentümer der Gewässer, die Anlieger und diejenigen Eigentümer von Grundstücken und Anlagen, die aus der Unterhaltung Vorteile haben oder die Unterhaltung erschweren“. Auch die gesetzliche Regelung betonte mithin sachbezogene Aspekte, nämlich im Kern die Eigentümerstellung des Beteiligten oder jedenfalls die ebenfalls sachbezogene Anliegerstellung einer Person hinsichtlich eines Grundstücks. Damit erfüllt die Übertragung der Unterhaltungslast die vorgenannten Merkmale eines sachbezogenen Verwaltungsakts, der zwar konkret die Pflichten einer bestimmten Person im Hinblick auf eine konkrete Sache, hier ein Gewässergrundstück, festschreibt und ohne Betonung des Ansehens der Person vor allem im Hinblick auf den Zustand einer Sache ergeht. Im Übrigen verwirklichte sich auch der die Übertragung rechtfertigende Vorteil des Pflichtigen vorrangig in Bezug auf sein Grundstück (und nicht in Bezug auf seine konkrete Person).

Zwar ist zutreffend, worauf die Klägerin hingewiesen hat, dass die Behörde nicht gleichsam „sehenden Auges“ die Gewässerunterhaltungslast auf einen unzuverlässigen oder nicht leistungsfähigen Beteiligten übertragen soll (vgl. Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, Stand September 2014, Art. 23 BayWG Rn. 24). Allein hierdurch wird indes die Regelung noch nicht maßgeblich von personalen Elementen geprägt. Inhaltlich besteht die Erfüllung der Unterhaltungslast vielmehr zweifellos aus vertretbaren Handlungen, wie die derzeitige tatsächliche Wahrnehmung der Unterhaltungslast durch die Klägerin zeigt und auch die ausdrückliche Regelung zur Ersatzvornahme in Art. 24 Abs. 2 BayWG belegt. Vertretbare Handlungen stellen aber regelmäßig keine höchstpersönliche Pflicht dar und sind rechtsnachfolgefähig (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 - 7 C 3/05 - juris Rn. 27). Deshalb greift auch die von der Klägerin angeführte Überlegung, dass bei Annahme einer Nachfolgefähigkeit die Unterhaltungslast eine Person treffen könnte, die zur sachgerechten Wahrnehmung der Verpflichtung nicht in der Lage ist, nicht durch. Neben der Möglichkeit der Ersatzvornahme besteht in diesem Fall für die zuständige Behörde immer auch die Möglichkeit, die früher ausgesprochene Übertragung wieder aufzuheben.

b) Auch die weitere Argumentation der Klägerin greift nicht durch. Sie macht geltend, Art. 44 Abs. 3 BayWG a. F. sehe eine Begrenzung in zeitlicher und sachlicher Hinsicht vor („wenn und soweit…“), der Vorteil des früheren Grundstückseigentümers liege aktuell bei der Klägerin aber nicht mehr vor, woraus sich die fehlende Nachfolgefähigkeit ergebe. Maßgeblich für die Rechtsnachfolgefähigkeit sind indes nicht die abstrakten Tatbestandsmerkmale der dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm, sondern die in den Nebenbestimmungen zu den Plangenehmigungen konkretisierte und bestandskräftige Regelung. Sie wurde unbefristet und unbedingt ausgesprochen und so vom seinerzeitigen Eigentümer des Grundstücks akzeptiert. Mögliche spätere tatsächliche Veränderungen vermögen nicht die Sachbezogenheit und Rechtsnachfolgefähigkeit dieser Verpflichtung in Frage zu stellen, sondern allenfalls einen Anlass dafür geben, ggf. mit den rechtlichen Instrumentarien zur Durchbrechung der Bestandskraft von Verwaltungsakten (insbesondere Art. 51 BayVwVfG) hierauf zu reagieren. Im Übrigen trifft auch in tatsächlicher Hinsicht die Darstellung der Klägerin, durch die naturnähere Umgestaltung der früheren Betonverbauung des ...bachs habe die Übertragung der Unterhaltungslast ihren „Anknüpfungspunkt“ verloren, schon deshalb nicht zu, weil die Betonverbauung teilweise noch besteht (vgl. Fotos in Anlage K 2). Für die Frage des Vorteils i. S.v. Art. 44 Abs. 3 BayWG a. F. ist aber ohnehin nicht der Fortbestand der seinerzeit konkret vorgenommenen Art und Weise der Verbauung maßgeblich, sondern die auch nach der Umgestaltung fortbestehende, mit dem Eingriff in den natürlichen Bachverlauf verbundene günstigere und in Bezug auf Hochwasser- und Starkregenereignisse sicherere - insbesondere bauliche - Nutzungsmöglichkeit des Seeufergrundstücks.

3. Schließlich ist auch ein Rechtsnachfolgetatbestand erfüllt. Dieser kann sich aus Gesetz, Verwaltungsakt oder Rechtsgeschäft ergeben (OVG NRW, U.v. 7.11.1995 - 11 A 5922/94 - juris Rn. 6) und liegt vorliegend im rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb der Klägerin an dem Grundstück, auf das sich die sachbezogene Regelung der Unterhaltungslast bezieht, begründet.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 15.000,00 festgesetzt

(Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an den in einem Zeitraum von drei Jahren zu erwartenden Unterhaltungsaufwendungen der Klägerin).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

70

Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

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ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

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Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

70

Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

71

ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

84

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

(1) Ein Spielgerät, bei dem der Gewinn in Geld besteht (Geldspielgerät), darf nur aufgestellt werden in

1.
Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, oder in Beherbergungsbetrieben,
2.
Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen oder
3.
Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes, es sei denn, in der Wettannahmestelle werden Sportwetten vermittelt.

(2) Ein Geldspielgerät darf nicht aufgestellt werden in

1.
Betrieben auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten,
2.
Trinkhallen, Speiseeiswirtschaften, Milchstuben, Betrieben, in denen die Verabreichung von Speisen oder Getränken nur eine untergeordnete Rollespielt,
3.
Schank- oder Speisewirtschaften oder Beherbergungsbetrieben, die sich auf Sportplätzen, in Sporthallen, Tanzschulen, Badeanstalten, Sport- oder Jugendheimen oder Jugendherbergen befinden, oder in anderen Schank- oder Speisewirtschaften oder Beherbergungsbetrieben, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden oder
4.
Betriebsformen, die unter Betriebe im Sinne von § 2 Absatz 2 des Gaststättengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3418), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) geändert worden ist, fallen.

(1) Wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde.

(2) Der Buchmacher bedarf der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, und auch für die Personen, deren er sich zum Abschluß und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Die nach Landesrecht zuständige Behörde darf die Erlaubnis nur für die Örtlichkeiten ihres Landesgebiets erteilen. Die Erlaubnis kann mit einer Befristung oder einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt oder mit einer Auflage oder einem Vorbehalt einer nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage verbunden werden.

(3)

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels. Er ist Geschäftsführer der Firma W. ... GmbH, die in I. u.a. eine Annahmestelle für Sportwetten mit festen Gewinnquoten betrieb. Sie vermittelte Wetten an die Firma P. GmbH mit Sitz in Österreich sowie an die Firma I. ... mit Sitz in Großbritannien, die nach Angaben des Klägers in ihren Heimatländern zum Abschluss und zur Vermittlung von Wetten konzessioniert sind. Mit Verfügung vom 23. Februar 2005 untersagte die Beklagte dem Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs und unter Androhung von Zwangsgeld, im Geschäftslokal der Firma W. ... GmbH in I. Sportwetten zu vermitteln, und gab ihm auf, die untersagte Tätigkeit unverzüglich einzustellen. Zur Begründung hieß es, dass die Vermittlung von Sportwetten ohne Erlaubnis verboten sei und daher eine Störung der öffentlichen Sicherheit darstelle, gegen welche die Polizeibehörde einschreiten könne. Den Widerspruch des Klägers wies das Landratsamt R. mit Bescheid vom 12. Juni 2006 zurück.

2

Die hiergegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. November 2007 abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 1. April 2010 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

3

Die Untersagungsverfügung sei ein Dauerverwaltungsakt. Für die Beurteilung maßgeblich sei damit die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Die Untersagungsverfügung habe sich für die Zeiträume vor dem 1. Januar 2009 durch Zeitablauf erledigt. Der Kläger habe seinen Anfechtungsantrag insoweit nicht auf einen Feststellungsantrag umgestellt.

4

Rechtsgrundlage der Untersagungsverfügung sei §§ 1, 3 des Polizeigesetzes, nunmehr in Verbindung mit dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Der Kläger habe keine Erlaubnis für eine Vermittlungstätigkeit und könne wegen des staatlichen Monopols auch keine Erlaubnis erhalten. Das staatliche Monopol sei verfassungsgemäß. Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG sei verhältnismäßig. Der Gesetzgeber habe mit der Errichtung des staatlichen Monopols ein geeignetes und erforderliches Mittel gewählt, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Das Monopol sei in materiellrechtlicher und organisatorischer Hinsicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft und Wettsucht ausgerichtet. Die Erzielung von Einnahmen sei nicht Gesetzeszweck.

5

Der Gesetzgeber habe ausreichende inhaltliche Kriterien zu Art und Zuschnitt der Sportwetten sowie zu ihrer Vermarktung im Glücksspielstaatsvertrag festgelegt. Wetten seien nur als Kombinationswetten oder Einzelwetten auf den Spielausgang erlaubt. Wetten über das Internet seien nicht gestattet. Diese Vorschriften dienten dem Spielerschutz. Der Glücksspielstaatsvertrag enthalte die erforderlichen wesentlichen Vorschriften zur Vertriebsstruktur. Alle Annahmestellen und Vermittler bedürften der Erlaubnis. Die Vertriebswege seien so ausgewählt und eingerichtet, dass der Spieler- und Jugendschutz gewährleistet sei und der Eindruck vermieden werde, bei der Wettabgabe handele es sich um ein Gut des täglichen Lebens. Das staatliche Angebot über Zeitschriften- und Tabakläden zu vertreiben, vermeide eine Wettabgabe in Anonymität und erleichtere die Information der Spieler. Die Kundenkarte diene dem Spielerschutz. Die Mitarbeiter in den Annahmestellen würden im Hinblick auf problematisches Suchtverhalten geschult. Auch würden Sozialkonzepte kontinuierlich evaluiert. Die Werbung stehe mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages in Einklang. Eine allgemeine Imagewerbung für den Deutschen Toto- und Lottoblock sei zulässig. Ein gewisser Umfang an Werbung sei erforderlich, um eine Kanalisierung der Spielleidenschaft zu bewirken. Es bestehe auch kein strukturelles Vollzugsdefizit im Hinblick auf die Suchtprävention und den Jugendschutz.

6

Das Monopol verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Der Gleichheitssatz binde jeden Träger der öffentlichen Gewalt nur in seinem Zuständigkeitsbereich. Pferdewetten und das Aufstellen, die Zulassung und der Betrieb von Geldspielautomaten fielen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Landesgesetzgebers und seien deshalb als Vergleichsmaßstab nicht heranzuziehen. Bezüglich der Spielbanken liege kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor, weil der Gesetzgeber unterschiedliche Ausgangslagen vorgefunden habe und der Glücksspielstaatsvertrag in wesentlichen Bereichen auch auf Spielbanken anwendbar sei.

7

Das Monopol sei auch mit Unionsrecht vereinbar. Tangiert sei die Dienstleistungs- oder die Niederlassungsfreiheit. Zwingende Gründe des Allgemeininteresses rechtfertigten das Monopol, wobei die Festlegung des Schutzniveaus Sache des Mitgliedstaates sei. Der Gesetzgeber müsse das gesteckte Ziel nicht im gesamten Glücksspielbereich in kohärenter und systematischer Weise verfolgen, sondern nur im Bereich der Sportwetten. Das Kohärenzgebot werde durch die noch von der DDR erteilten Gewerbeerlaubnisse nicht in Frage gestellt. Diese beruhten auf Alt-Rechten und führten nicht zu einer Ausweitung des Sportwettenangebots. Die Länder strebten an, diese Erlaubnisse zum Erlöschen zu bringen. Das gemeinschaftsrechtliche Kohärenzgebot werde auch erfüllt, wenn dieses eine kohärente Glücksspielpolitik insgesamt erfordere. Die Erteilung von Buchmacherkonzessionen sei nicht inkohärent. Diese spielten im Verhältnis zum gesamten Glücksspielbereich nur eine sehr untergeordnete Rolle und machten nach Angaben der Bundesregierung nur 0,5 % des Glücksspielmarktes aus. Für das Spielen in Casinos enthalte das Spielbankengesetz für Baden-Württemberg erhebliche Begrenzungen und Maßgaben zum Spielerschutz. Auch bezüglich der Spielbanken anderer Länder bestünden keine Bedenken hinsichtlich einer konsistenten bereichsübergreifenden Glücksspielpolitik. Dasselbe gelte für das Automatenspiel.

8

Mit der Revision rügt der Kläger, die angefochtenen Bescheide seien gegen den falschen Adressaten gerichtet. Zudem verletze der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG sowie die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV. Das staatliche Sportwettenmonopol verstoße gegen die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Die gesetzlichen Regelungen über Art und Zuschnitt der im staatlichen Monopol vertriebenen Sportwetten, Vertriebsstruktur und Werbung ließen keine konsequente Ausrichtung am Spieler- und Jugendschutz erkennen. Ferner sei offenkundig, ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Vermarktung der staatlichen Sportwetten gegeben, das eine Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs ebenfalls ausschließe. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit verlange des Weiteren, dass staatliches Handeln widerspruchsfrei sei. Daran fehle es, weil eine harmonisierte, einheitliche Glücksspielpolitik, die Pferdewetten, Spielbanken sowie das gewerbliche Automatenspiel einbeziehe, nicht ersichtlich sei. Die ungleiche Ausgestaltung der verschiedenen Glücksspielbereiche begründe zudem einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Aus der inkohärenten Glücksspielpolitik des Staates ergebe sich auch eine Verletzung der unionsrechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit. Das Erfordernis der Kohärenz verlange, dass das Sportwettenmonopol in seiner rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung mit Blick auch auf andere Glückspielbereiche geeignet sei, das mit der Monopolregelung angestrebte Ziel des Spieler- und Jugendschutzes und der Spielsuchtbekämpfung zu erreichen. Das sei nicht der Fall. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne eine sektorenbeschränkte Betrachtung nicht rechtfertigen.

9

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2007 und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 1. April 2010 zu ändern

und den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 2005 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts R. vom 12. Juni 2006 aufzuheben.

10

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Er verteidigt das angegriffene Urteil. Ein staatliches Glücksspielmonopol sei unionsrechtlich auch nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich zulässig.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Zwar kann er nicht damit gehört werden, dass die angefochtenen Bescheide nicht gegen ihn hätten gerichtet werden dürfen; diese Rüge betrifft kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO), sondern nur die Anwendung der polizeirechtlichen Generalklausel, die dem Landesrecht angehört. Der angefochtene Beschluss beruht aber auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit er ohne Differenzierung nach dem Aussagegehalt davon ausgeht, eine allgemeine Imagewerbung des Monopolanbieters sei verfassungs- und unionsrechtlich unbedenklich. Darüber hinaus beruht er auf der fehlerhaften Annahme, Art. 49 und 56 AEUV erforderten eine Kohärenzprüfung der Monopolregelung nur anhand des betroffenen Glücksspielsektors bezogen auf das jeweilige Bundesland. Da sich der Beschluss auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt, war die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 4 und Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

13

1. Der Verwaltungsgerichtshof ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Anfechtungsantrag des Klägers, soweit er die Betriebsuntersagung für die Zeit vor dem 1. Januar 2009 betrifft, unzulässig ist, und der Kläger eine effektive gerichtliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide anhand der Rechtslage vor dem 1. Januar 2009 nur über eine Feststellungsklage hätte erreichen können. Da sich die Anfechtung auf ein Unterlassungsgebot bezieht, das sich für den jeweils zurückliegenden Zeitraum erledigt, ist die in der Vergangenheit liegende Sach- und Rechtslage nicht erheblich; der Verwaltungsakt würde nur mit Wirkung ex nunc aufgehoben. Für die Vergangenheit hätte der Kläger nur die Feststellung begehren können, die Behörden seien bis zur Rechtsänderung zum Erlass des Verwaltungsaktes nicht berechtigt gewesen (vgl. Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 25.93 - BVerwGE 97, 214 <220> = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 31; Gerhardt, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: 1997, § 113 Rn. 34, 83).

14

Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen.

15

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist entschieden, dass sich der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes nicht nach dem Prozessrecht, sondern nach dem jeweiligen materiellen Recht richtet (Urteil vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 25.93 - a.a.O.). Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes (Urteil vom 28. Juli 1989 - BVerwG 7 C 39.87 - BVerwGE 82, 260 <261> = Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 29). Es ist aber auch anerkannt, dass die Gerichte bei der Beurteilung von Dauerverwaltungsakten die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung jedenfalls dann zu berücksichtigen haben, wenn das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 3 C 6.97 - BVerwGE 106, 141 <143 f.> = Buchholz 418.21 ApBO Nr. 15).

16

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Untersagungsverfügung als Dauerverwaltungsakt eingeordnet und ist durch Auslegung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages zu der Einschätzung gekommen, die Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, da sich aus irrevisiblem Landesrecht kein anderer Zeitpunkt ergebe. An diese Annahme und die sich daran anschließende Einschätzung ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO; vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

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Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 f.). Danach ist ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bei einer "Alt-Verfügung" wie der gegenüber dem Kläger ergangenen Untersagungsverfügung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange und soweit daraus nicht gefolgert werden kann, diese stelle sich schon ursprünglich als rechtmäßig dar. Das ist vorliegend der Fall. Die ursprüngliche Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist weder Gegenstand des angegriffenen Urteils noch der Revisionsentscheidung. Auch aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ergibt sich nichts Abweichendes. Mit der prozessualen Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung für die Zeit vor dem 1. Januar 2009 im Rahmen eines Feststellungsbegehrens überprüfen zu lassen, ist dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, hinreichend Rechnung getragen (vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Februar 2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405). Dies gilt auch in Ansehung dessen, dass die Beklagte die Untersagungsanordnung infolge des Inkrafttretens des Glücksspielstaatsvertrages auf eine neue Rechtsgrundlage stützt. Der Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ist nicht unzumutbar beschränkt, wenn die Überprüfung der Untersagungsverfügung am Maßstab der neuen Rechtslage durch die Tatsacheninstanz eröffnet ist. Schließlich ist gegen ein Abstellen auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auch aus Sicht des Unionsrechts nichts zu erinnern.

18

2. Das Revisionsgericht hat seiner Entscheidung nach § 137 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO die berufungsgerichtliche Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen baden-württembergischen Ausführungsgesetzes vom 4. März 2008 zugrundezulegen und nur zu überprüfen, ob diese mit revisiblem Recht in Einklang stehen. Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet und dass die vom Kläger vermittelten Sportwetten als Glücksspiele anzusehen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV in Baden-Württemberg nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung einer Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil diese Vorschriften eine Vermittlung von Sportwetten an andere Veranstalter als die Träger des staatlichen Sportwettenmonopols verbieten. Die den in Österreich und in Großbritannien ansässigen Wettunternehmen erteilten Konzessionen ersetzen nicht die für die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Sportwetten notwendige Erlaubnis durch das Land Baden-Württemberg.

19

3. Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtenen Bescheide seien mit dem Grundgesetz vereinbar, ist revisionsrechtlich fehlerhaft. Die dem zugrunde liegende Erwägung, der Eingriff sei am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt, beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

20

a) Der Senat hat bereits entschieden, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt ist und dass die Monopolregelung nach dem Glücksspielstaatsvertrag verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen (vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - NVwZ 2011, 554 Rn. 23 ff.). Daran hält der Senat auch für das baden-württembergische Sportwettenmonopol fest. Die dem zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen hat, sind für das revisionsgerichtliche Verfahren bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO).

21

Danach verfolgt der Gesetzgeber mit dem staatlichen Sportwettenmonopol keine rein fiskalischen Interessen. Eine solche illegitime Zwecksetzung ergibt sich auch nicht daraus, dass die Inhaber des Monopols Andere mit Unterlassungsklagen überziehen, die sie auf das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb - UWG - stützen. Das UWG ist anwendbar, ohne dass es auf ein Wettbewerbsverhältnis ankommt (vgl. Keller, in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2. Aufl. 2009, § 2 Rn. 4). Dementsprechend hat sich der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. Februar 2008 - I ZR 140/04 - (juris) nicht mit der Frage eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen dem staatlichen Monopolanbieter von Sportwetten und einem Anbieter von Sportwetten über das Internet befasst.

22

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, hält einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand, soweit sie Art und Zuschnitt der Sportwetten, ihre Vermarktung und den Vertrieb über gewerbliche Annahmestellen betrifft. Sie berücksichtigt die rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen, die das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit an die Ausgestaltung der Werbung für das Monopol stellt, jedoch nur unzureichend.

23

aa) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die glücksspielstaatsvertragliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (in engerem Sinne) gerecht wird (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 32 f., 35). Der Verwaltungsgerichtshof durfte davon ausgehen, dass über § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3, § 4 Abs. 4 GlüStV hinaus eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails nicht erforderlich war. Die nähere Konkretisierung der Angebotsformen ist auf der Grundlage von § 4 GlüStV geregelt. Die Erlaubniserteilung ist streng an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Monopolangebot, die nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wurden, entspricht die Praxis diesen Anforderungen. So hat der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Spieleinsätze und der Verlusthöhe darauf hingewiesen, dass die dem Monopolträger erteilte Erlaubnis vom 20. November 2008 (GA Bl. 2008 S. 410) entsprechende Begrenzungen vorgenommen hat, die dem Zweck der Suchtprävention dienen.

24

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen baden-württembergischen Ausführungsvorschriften genügen auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne), soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird. Der Gesetzgeber hat die Zahl der Annahmestellen begrenzt (§ 10 Abs. 3 GlüStV, § 7 Abs. 1 AGGlüStV) und ein strenges Erlaubnisverfahren für alle Annahmestellen vorgesehen (§ 4 Abs. 1 GlüStV, § 7 AGGlüStV).

25

Der Verwaltungsgerichtshof musste auch nicht von einer Verpflichtung des Gesetzgebers ausgehen, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe aufzugeben. Seine Annahme, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbare normale Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich auch dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden, schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 39). Eine quantitative Begrenzung der Annahmestellen hat das Berufungsgericht über die verbindliche Vorgabe in der dem Monopolträger erteilten Erlaubnis (GA Bl. 2008 S. 410; Begrenzung auf 3 630 Annahmestellen) und zudem über das Vertriebskonzept als gewährleistet angesehen, das nach seinen Feststellungen Bestandteil der Erlaubnis ist. Der Einwand der Revision, das Vertriebsnetz habe sich seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in tatsächlicher Hinsicht nicht verändert, geht an diesen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof hat des Weiteren angenommen, durch ergänzende Maßnahmen (Einführung einer Kundenkarte, Identitätskontrollen, persönliche Registrierung des Spielers, Einführung eines Spielersperrsystems, separate Abrechnung und Bezahlung der Wetten, Warnhinweise auf den Spielscheinen und -quittungen, vgl. §§ 7, 8, § 21 Abs. 3 Satz 2 GlüStV, §§ 9 f. AGGlüStV) sei sichergestellt, dass die Wettabgabe im gewählten System des Vertriebs über Zeitschriften-, Schreibwaren- und Tabakläden nicht als Geschäft des täglichen Lebens und unbedenkliche Freizeitbeschäftigung erscheint. Auch insoweit werden von der Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben.

26

Der Verwaltungsgerichtshof durfte des Weiteren zugrunde legen, dass das Ziel der Kanalisierung des vorhandenen Spieltriebs in geordnete und überwachte Bahnen und damit verbunden das Ziel des Jugend- und Spielerschutzes im Verbundbetrieb besser gewährleistet sind als bei einem Vertrieb über gesonderte Wettlokale. Nach seinen Feststellungen kann in den Annahmestellen des Verbundbetriebs eine soziale Kontrolle sichergestellt und eine Wettabgabe in der Anonymität verhindert werden; zudem ist der Verbundbetrieb geeignet, den Zugang zu Informationen und Maßnahmen der Suchtprävention zu erleichtern (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 40). Auch die Kontrolle der Vermittler trägt dazu bei, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten.

27

Der Gesetzgeber war schließlich auch nicht verpflichtet, die Vermarktung des staatlichen Wettangebots mit einem Provisionsverbot zu belegen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs, dies erübrige sich bei einem Vertrieb nur durch untergeordnete Nebentätigkeiten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung (vgl. Urteil des Senats vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 42).

28

Entgegen der Annahme der Revision verlangt die verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht die Einbeziehung sonstiger Glücksspielbereiche. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht darauf abgestellt, dass es insoweit allein auf eine konsequente und konsistente Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols ankommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 a.a.O. Rn. 17 unter Verweis auf das Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276).

29

bb) Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Konkretisierung der Werbebeschränkung in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie eine allgemeine Imagewerbung für den Deutschen Toto- und Lotto-Block ohne Differenzierung nach dem Aussagegehalt für rechtlich zulässig erachtet.

30

Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon ausgegangen, dass sich die Werbung für das staatliche Wettangebot zur Vermeidung eines Aufforderungscharakters bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeiten zum Wetten zu beschränken hat und nicht zum Wetten auffordern, anreizen und ermuntern darf (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318). Jedoch lassen seine Ausführungen im Zuge der Anwendung dieser Maßstäbe erkennen, dass er sich von einer unzutreffenden Unterscheidung zwischen zulässiger und unzulässiger Werbung hat leiten lassen.

31

Richtig ist, dass eine allgemeine Imagewerbung und die Verwendung einer Dachmarke nicht zwangsläufig unzulässig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 52). Eine solche Werbung muss sich aber ebenfalls auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten beschränken. Sie darf auf die Legalität und Seriosität des Monopolangebots hinweisen, aber nach ihrem Aussagegehalt nicht zum Wetten motivieren. Die zulässige Kanalisierung der Wettleidenschaft rechtfertigt nur, bereits zum Wetten Entschlossene zum Monopolangebot hin zu lenken, nicht jedoch, noch Unentschlossene zur Teilnahme an Wetten anzureizen oder zu ermuntern (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 48). Unzulässig sind daher stimulierende Bezugnahmen auf herausragende Sportereignisse oder die Verknüpfung auch rein informativer Hinweise mit der Ankündigung von Sonderausschüttungen oder anderen höheren oder zusätzlichen Gewinnchancen. Auch eine Aufmachung, die etwa durch befristete Angebote Entscheidungsdruck suggeriert, ist nicht erlaubt. Weist der Monopolträger auf eine Verwendung der geflossenen Geldmittel hin, ist dies unbedenklich, wenn es sich nach der konkreten Aufmachung nur um eine sachliche Information im Sinne einer Rechenschaftslegung ohne Bezug zu konkreten Spielmöglichkeiten handelt. Dagegen darf der Hinweis nicht mit einem solchen Bezug verknüpft und das Wetten selbst nicht zum sozialadäquaten oder gar wünschenswerten, positiv zu beurteilenden, sozial verantwortlichen Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 51).

32

Dass der Verwaltungsgerichtshof die ihm vorgelegten Werbebeispiele nicht als Anhaltspunkte für eine systematisch zum Wetten anreizende Werbung gewertet hat und den entsprechenden Beweisanregungen nicht nachgegangen ist, lässt auf einen fehlerhaften rechtlichen Maßstab schließen. Die Verknüpfung populärer Sportereignisse mit befristeten Sonderausschüttungen und zum Teil hochwertigen "Boni" hat stimulierenden Charakter und ist nach ihrem Aussagegehalt darauf gerichtet, auch bis dahin Unentschlossene zum Wetten zu veranlassen.

33

c) Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der ehemaligen DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Landes Baden-Württemberg ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Glücksspiele im Rundfunk und anderen Telemedien (vgl. §§ 8a, 58 Abs. 4 RStV) werden vom Glücksspielstaatsvertrag erfasst (vgl. LTDrucks 14/1930 S. 6 zu § 3 GlüStV; LTDrucks 14/2705 S. 26 zu § 8a RStV; Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 54).

34

Hinsichtlich der Spielbanken liegt ebenfalls keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Baden-Württemberg zwar kein rechtliches, aber ein faktisches Monopol, weil die Beklagte Teilhaberin des Erlaubnisträgers ist. Außerdem hat der Gesetzgeber nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs in diesem Bereich eine Ausgangslage vorgefunden, die eine Differenzierung verfassungsrechtlich rechtfertigt. Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts zur Nichtigkeit von Teilen des Spielbankengesetzes von 1995, das ein staatliches Spielbankenmonopol vorsah (BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000 - 1 BvR 539/96 - BVerfGE 102, 197), war das Land Baden-Württemberg gezwungen, die berechtigten Belange der vorhandenen zwei privaten Spielbankenbetreiber zu berücksichtigen, die seit Jahrzehnten beanstandungsfrei ihre Unternehmen betrieben hatten. Eine vergleichbare Ausgangslage hat der Gesetzgeber bei Erlass der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages nicht vorgefunden.

35

4. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs verstößt auch gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit. Die berufungsgerichtliche Annahme, die durch den Glücksspielstaatsvertrag bewirkten Beschränkungen seien mit beiden Grundfreiheiten vereinbar und wahrten den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gründet sich auf eine unrichtige Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

36

Der Kläger unterfällt in sachlicher und persönlicher Hinsicht dem Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit, soweit nicht die Niederlassungsfreiheit eingreift. Da sich die hier entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) nicht unterscheiden, muss nicht geklärt werden, welches der beiden Freiheitsrechte einschlägig ist. Der Anwendung der Dienstleistungs- oder der Niederlassungsfreiheit auf die Vermittlung von Sportwetten stehen auch keine anderweitigen unionsrechtlichen Bestimmungen entgegen (vgl. Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 59).

37

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV und der Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter - auch - in anderen Mitgliedstaaten stellen eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung dieser Freiheit dar. Derartige staatliche Maßnahmen müssen vier Voraussetzungen erfüllen, um mit Unionsrecht in Einklang zu stehen: Sie müssen mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar, nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 AEUV (Ausübung öffentlicher Gewalt), Art. 52 AEUV (öffentliche Ordnung; Sicherheit; Gesundheit) oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten; ferner dürfen sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

38

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot aus Art. 57 Abs. 3 AEUV verneint; denn die der Untersagungsverfügung der Beklagten zugrunde liegenden Rechtsnormen gelten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichermaßen für Inländer wie für Ausländer. Auch eine Anerkennung der von den österreichischen und britischen Behörden den dort jeweils ansässigen Wettanbietern erteilten Konzessionen zugunsten des Klägers ist im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unionsrechtlich nicht geboten (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 f. und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - NVwZ 2010, 1422 Rn. 44).

39

Das Berufungsgericht ist ferner zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Ausführungsbestimmungen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit im Bereich der Sportwetten mit den in § 1 GlüStV genannten Zielen, insbesondere mit dem Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugendschutzes unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen (Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 66 ff.).

40

Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Glücksspielbereich bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen und zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten im Glücksspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu kontrollieren. Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - NVwZ 2010, 1409 Rn. 79 und Carmen Media, a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Danach ist es im Grundsatz unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass sich der Gesetzgeber für den Bereich der Sportwetten für ein staatliches Monopol entschieden hat (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - Rs. C-124/97, Läärä u.a. - Slg. 1999, I-6067 Rn. 37 und vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Er war unionsrechtlich auch nicht gehindert, vor einer abschließenden wissenschaftlichen Klärung des Suchtpotenzials von Sportwetten mit festen Gewinnquoten präventive Regelungen zu erlassen, die durch begleitende Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen ergänzt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - Slg. 2003, I-13519 Rn. 25 und vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a). Um dem aktuellen Defizit an belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begegnen, haben die Normgeber in § 10 Abs. 1 GlüStV die Berufung eines unabhängigen Fachbeirates zur Beratung der Länder vorgesehen, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt. Darüber hinaus haben die Länder gemäß § 11 GlüStV die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicherzustellen. Das Berufungsgericht hat vor diesem Hintergrund unionsrechtlich zu Recht keinen Anlass gesehen, die Gefahrenprognose des Gesetzgebers in Frage zu stellen (vgl. bereits Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 73 ff.).

41

b) Das Berufungsgericht hat aber revisionsrechtlich fehlerhaft angenommen, das Sportwettenmonopol sei im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet, die legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes zu erreichen.

42

Eine Monopolregelung, die auf diese zwingenden Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, muss ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - NVwZ 2010, 1081 Rn. 21 sowie vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 88 ff. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 55, 64 ff.). Innerhalb dieses sog. Kohärenzgebots lassen sich zwei Anforderungen unterscheiden. Zum einen muss der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele, denen die beschränkende Regelung dienen soll und die diese legitimieren sollen, im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich verfolgen; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003, Gambelli, a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 65; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 77, 80). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Zwar ist der Mitgliedstaat nicht verpflichtet, in sämtlichen Glücksspielsektoren dieselbe Politik zu verfolgen; das Kohärenzgebot ist kein Uniformitätsgebot (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 95 f. und Carmen Media, a.a.O. Rn. 62 f.; vgl. auch Urteile vom 10. März 2009 - Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721 Rn. 60). Es verlangt auch keine Optimierung der Zielverwirklichung. Das gewinnt Bedeutung namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - nicht Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 106 und Carmen Media, a.a.O. Rn. 68 f.; vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 82).

43

Das Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, kann nur dann in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, wenn der Monopolträger darauf verzichtet, die Wettbereitschaft zu fördern. Er darf dem Wetten kein positives Image verleihen, indem er auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist, und die Anziehungskraft des Wettspiels nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Markus Stoß u.a., a.a.O. Rn. 103) oder sonst eine zum Wetten stimulierende Aussage treffen. Werbung, die über eine Information und Aufklärung bezüglich legaler Möglichkeiten zum Sportwetten hinausgeht und einzelne Sportereignisse mit der Möglichkeit zusätzlicher oder höherer Gewinne verknüpft, wirkt dieser Zielsetzung entgegen. Wie gezeigt (oben 3. b. bb.), wird der Beschluss des Berufungsgerichts diesen Anforderungen nicht gerecht.

44

Die Annahme des Berufungsgerichts, eine sektorenübergreifende Kohärenzprüfung sei nicht erforderlich, vernachlässigt die zweite Anforderung des Kohärenzgebots und versäumt zu prüfen, ob die rechtliche Regelung anderer Glücksspielbereiche mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial oder die dortige Praxis die mit dem Monopol verfolgten Ziele konterkarieren. Dabei sind die Besonderheiten der jeweiligen Glücksspielart in Rechnung zu stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Media, a.a.O. Rn. 60 f.). Die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entwickelten Kriterien machen deutlich, dass eine Kohärenz nur entfällt, wenn die Politik dem mit der Monopolregelung verfolgten Ziel aktiv zuwider handelt oder wenn Zuwiderhandlungen im Verwaltungsvollzug systematisch geduldet werden und deshalb auf strukturelle Mängel der Aufsichts- und Sanktionsregelungen hindeuten.

45

Das Sportwettenmonopol wird durch das Konzessionsmodell im Pferderennwettbereich nicht konterkariert. Die Erreichbarkeit der mit dem Sportwettenmonopol verfolgten Ziele wird dadurch schon deshalb nicht in Frage gestellt, weil die Pferdewetten nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im Verhältnis zum gesamten Glücksspielbereich eine nur sehr untergeordnete Rolle spielen und sich auf ein enges und deshalb leicht überschaubares Sportgeschehen beziehen. Wirksame Verfahrensrügen wurden dagegen nicht erhoben. Der Einwand der Revision, der Pferdesportwettenmarkt stelle mit 250 Mio. € Umsatz pro Jahr mit steigender Tendenz die zweitumsatzstärkste Sportwette mit einem höheren Suchtpotenzial dar, als es Oddset-Wetten aufweisen, weshalb das Sportwettenmonopol in sich widersprüchlich und inkohärent sei, berücksichtigt zudem nicht, dass als Vergleichsmaßstab für eine umfassende Kohärenzbetrachtung der gesamte Glücksspielmarkt heranzuziehen ist und nicht nur der Bereich der Sportwetten. Unabhängig davon hat das Fehlen eines Monopols im Bereich der Pferdesportwetten nicht zur Folge, dass das Ziel der Suchtbekämpfung mit dem Monopol im sonstigen Sportwetten- und im Lotteriebereich nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010, Carmen Medien, a.a.O. Rn. 68). Denn der Staat verfolgt auch im Bereich der Pferdesportwetten keine Politik, die darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen Spielen zu ermuntern. Namentlich gilt auch für diese Wetten gemäß § 2 Abs. 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) ein § 4 Abs. 4 GlüStV entsprechendes Internetverbot (siehe Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 5.10 -).

46

Was den Bereich der Sportwetten anbelangt, die auf der Grundlage von Erlaubnissen nach den gewerberechtlichen Vorschriften der ehemaligen DDR veranstaltet und vermittelt werden, so hat der Verwaltungsgerichtshof zutreffend darauf abgestellt, dass das unionsrechtliche Kohärenzgebot nicht verlangt, alle Inhaber "alter" Genehmigungen sogleich dem staatlichen Sportwettenmonopol unterzuordnen. Entscheidend sei vielmehr, dass eine weitere Ausdehnung des Sektors der Sportwetten verhindert werde. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die auf Alt-Rechten beruhenden Sonderfälle nicht zu einer systemwidrigen, mit den Zielen des § 1 GlüStV unvereinbaren Ausweitung des Sportwettenangebots führen. Eine Politik der Expansion und ein strukturelles Defizit im Vollzug lassen sich hieraus nicht entnehmen, zumal die Länder auch gegenüber diesen sog. Alt-Rechten bestrebt sind, die Zielsetzungen des Glücksspielstaatsvertrages durchzusetzen (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 5.10 -).

47

Die vom Verwaltungsgerichtshof für den Bereich der Spielbanken getroffenen Feststellungen lassen ebenfalls nicht auf eine in sich widersprüchliche und expansive Glücksspielpolitik schließen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zugrunde gelegt, dass die für den Spielbankensektor geltenden Regelungen des GlüStV (vgl. § 2 Satz 2 GlüStV) sowie die weiteren Beschränkungen im Spielbankengesetz in vergleichbarer Weise wie im Sportwettensektor der Bekämpfung der Wettsucht und der mit dem Glücksspiel verbundenen Gefahren dienen. Bedenken hinsichtlich einer konsistenten bereichsübergreifenden Glücksspielpolitik im Verhältnis zum Spielbankensektor anderer Länder hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Mitteilung der Bundesregierung an die EU-Kommission vom 20. Mai 2008 (ZfWG 2008 S. 173) nicht gesehen. Dagegen hat die Revision keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben, so dass der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an diese Feststellungen gebunden ist.

48

Für den Bereich des in der Spielverordnung geregelten Automatenspiels musste der Verwaltungsgerichtshof nicht schon wegen der mit der 5. Änderungsverordnung (BGBl I 2005 S. 3495) verbundenen Liberalisierung von einer Inkohärenz ausgehen. Die Absicht des Gesetzgebers, einen bestimmten Glücksspielbereich zu liberalisieren, zwingt nicht schon für sich genommen zu der Annahme, das mit der Monopolregelung im Sportwettenbereich verfolgte Ziel lasse sich damit nicht mehr erreichen. Wird jedoch eine solche Liberalisierung trotz vergleichbaren oder höheren Suchtpotenzials als im Monopolbereich nicht durch ausreichende Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz ausgeglichen, kann dies zur Folge haben, dass das Ziel des Monopols konterkariert wird. Deshalb hätte der Verwaltungsgerichtshof prüfen müssen, ob das Suchtpotenzial des Automatenspiels mindestens gleich groß wie das der Sportwetten ist, und bejahendenfalls, ob die zum Spieler- und Jugendschutz getroffenen Maßnahmen ausreichen. Dabei hätte er auch die tatsächlichen Auswirkungen der Liberalisierung und deren mögliche Folgewirkungen auf den gesamten Glücksspielbereich, mithin auch die Sportwetten, berücksichtigen und klären müssen, inwieweit dadurch die Geeignetheit der Monopolregelung im Bereich der Sportwetten in Frage gestellt wird.

49

5. Der angefochtene Beschluss beruht auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit. Er stellt sich nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Ob die Untersagungsverfügung der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtmäßig ist, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

50

Bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine anlassbezogene Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf zusätzliche Gewinne und eine gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, kommt es darauf an, inwieweit eine danach unzulässige Werbung in Baden-Württemberg seit dem 1. Januar 2009 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wird. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - bislang keine Feststellungen getroffen.

51

Sie sind auch nicht entbehrlich, weil die Frage der unionsrechtlichen Kohärenz auf der Grundlage der bereits festgestellten Tatsachen zu beantworten wäre. Ob die im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen über das staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten im unionsrechtlichen Sinne geeignet sind, zum Erreichen der legitimen Zwecke der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots sowie der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und der vorbeugenden Kriminalitätsbekämpfung (§ 1 Nr. 4 GlüStV) beizutragen, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich der Werbung und des Automatenspiels nicht hinreichend beurteilen.

52

Die Sache war daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

70

Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

71

ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

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bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

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dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

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c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

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Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

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Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit dem seine Anfechtungsklage gegen den mit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung verbundenen Widerruf einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung abgewiesen wurde.

Der Kläger betreibt in W. eine Annahmestelle zur Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV), die sich in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung befindet, die von der Bahnhofshalle aus betreten werden kann. Er erhielt mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 eine mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., im Ladengeschäft als Annahmestelle der SLV die von dieser veranstalteten Glücksspiele zu vermitteln. Die Erlaubnis wurde mit Bescheid vom 2. November 2011 bis 31. Dezember 2015 verlängert.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 wies der Beklagte den Kläger auf die Rechtsänderungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag hin, insbesondere auf den ab 1. Juli 2012 geltenden § 21 Abs. 2 GlüStV, der es verbiete, Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde, zu vermitteln. Mit Bescheid vom 12. November 2013 widerrief der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die - zuletzt mit Bescheid vom 2. November 2011 geänderte - Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 insoweit, als sie die Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten umfasst (Nr. 1), und untersagte ab dem 3. Dezember 2013 die Annahme von Sportwetten (Nr. 2). Bei der Erlaubnis handle es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, dessen Widerruf im Bescheid vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich vorbehalten sei. In dem Gebäude bzw. Gebäudekomplex, in dem der Kläger seine Annahmestelle betreibe, befinde sich eine Spielhalle; sie könne sowohl vom überdachten Gleisbereich (von Westen) als auch vom Bahnhofsvorplatz (von Osten) aus betreten werden. Mit dem teilweisen Widerruf werde das mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgte Ziel der Spielsuchtprävention erreicht, ohne dass ein milderes Mittel ersichtlich sei. Der Widerruf der Erlaubnis setze die materiell ohnehin zu beachtende Regelung um. Letztlich seien Erlaubnisse zur Vermittlung von Glücksspielen stets widerruflich zu erteilen und zu befristen, so dass auch im konkreten Fall ein Vertrauen in den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis allenfalls sehr vage sei. Der Bestand der Annahmestelle sei nicht gefährdet; nach den Geschäftsberichten der SLV Bayern für die Jahre 2010 und 2011 würden die Umsätze aus Oddset-Wetten zusammen etwa 3% des Gesamtumsatzes der Annahmestellen betragen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2014 (RO 5 S. 14.30) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner am 5. Dezember 2013 erhobenen Klage bezüglich Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen und bezüglich Nr. 2 anzuordnen, ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 11. Juni 2014 (10 CS 14.505) ab; es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob das in § 21 Abs. 2 GlüStV verankerte Trennungsgebot, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder Spielbank befinde, Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, im vorliegenden Fall tatbestandlich eingreife. Zum anderen sei die schwierige Rechtsfrage der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit dem Gleichheitsgrundsatz als offen anzusehen. In dieser Situation sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung den Interessen des Beklagten der Vorrang einzuräumen.

Mit Urteil vom 22. Januar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins ab. Der Beklagte habe das Widerrufsermessen vor dem Hintergrund des wirksamen Widerrufsvorbehalts gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Bei § 21 Abs. 2 GlüStV handle es sich um eine verfassungsgemäße, seit 1. Juli 2012 bindende Verbotsnorm, die Konfliktfälle zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten auflöse und deren tatbestandliche Voraussetzungen vorlägen. Die Sportwettenvermittlung des Klägers befinde sich in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde. Die Annahmestelle und die Spielhalle seien in aneinander anschließenden, optisch quasi Wand an Wand gelegenen Gebäudeteilen untergebracht. Sie hätten zwar separate Zugänge; allerdings könne man mit gerade einmal 43 Schritten und zudem unterhalb eines überdachten Bereichs von der Spielhalle zur Vermittlungsstelle des Klägers wechseln; es bestehe auch Sichtkontakt zwischen den beiden Spielstätten. Ein das Trennungsgebot rechtfertigender enger räumlicher Zusammenhang wie bei einem Gebäude sei zu bejahen. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entbinde nicht von der Einhaltung der sonstigen, nicht in § 10a Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV geregelten materiellen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrages, wie § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV klarstelle. Die Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Sie entspreche dem Bestimmtheitsgebot, denn die Begriffe „Gebäude“ und „Gebäudekomplex“ seien anhand ihres Wortlauts und des Gesetzeszwecks hinreichend bestimmt auslegbar; durch das Kriterium der „Griffnähe“ ergäben sich keine Probleme im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm, vielmehr werde durch die damit verbundene einschränkende Auslegung der Norm vermieden, dass ein in Grundrechte eingreifendes Gesetz in unzulässiger Weise erweiternd ausgelegt werde. § 21 Abs. 2 GlüStV verstoße nicht gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vermittlungserlaubnis des Antragstellers genieße nicht den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genieße, könne offen bleiben. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls verhältnismäßig. Während auf Seiten des Spielhallenbetreibers regelmäßig hohe Investitionen notwendig seien, um die entsprechenden, genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu schaffen und die Spielgeräte selbst zu beschaffen, bedürfe es zur Vermittlung von Sportwetten keiner besonderen Investitionen, da diese im Rahmen ohnehin bestehender Betriebsstrukturen vermittelt würden und die Vermittlung von Sportwetten nicht das einzige Geschäft der Annahmestellenbetreiber sei. Die Umsätze aus Sportwetten betrügen nur 2,8% bzw. 3 bis 5% des Gesamtumsatzes. Auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht verletzt, wie sich bereits aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145) ergebe. Ebensowenig sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, denn der Konflikt zwischen Betreibern bestehender Spielhallen und Sportwettenvermittlern sei erkannt und durch § 21 Abs. 2 GlüStV in der Weise gelöst worden, dass Ersteren ein größerer Bestandsschutz wegen der zwangsläufig mit ihrer Errichtung verbundenen höheren Investitionen zuerkannt worden sei. Eine neue Spielhalle dagegen bedürfe der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV, die nur erteilt werde, wenn die Errichtung und der Betrieb der Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwider liefen, so dass für nicht bestandsgeschützte Spielhallen der Kollisionsfall des § 21 Abs. 2 GlüStV auch zu einer Versagung der beantragten Spielhallenerlaubnis führen könne. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vorschrift keine Angebote erfasse, die sich in Gebäuden befänden, die in offener Bauweise errichtet seien oder in Gebäuden, die sich gegenüber stünden. Einer Abstandsregelung wie etwa bei Spielhallen sei nicht geboten gewesen. Im Rahmen der Einschätzungsprärogative sei es vielmehr zulässig, nur solche typisierten baulichen Situationen zu erfassen, die es zuließen, dass ein Spieler in bequemer Weise im Gebäudeinneren oder in einem überdachten Bereich von einem Glücksspielangebot zum nächsten wechseln könne. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV entfalte lediglich unechte Rückwirkung, die aber nicht unzulässig sei, denn das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage sei nicht schutzwürdiger als die mit der Rechtsänderung verfolgten Anliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Übergangsregelung. Es seien die wichtigen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zu bedenken. Auch habe der Antragsteller nach alter Rechtslage nicht unbegrenzt darauf vertrauen können, dass die Sportwetten des staatlichen Monopolveranstalters unbeschränkt vermittelt werden dürften, ohne Rechtsänderungen befürchten zu müssen. Zudem sei die Vermittlungserlaubnis immer befristet und jederzeit widerruflich gewesen, so dass sich kein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage habe aufbauen können. Schließlich sei auch das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Zweck des Widerrufsvorbehalts sei es gerade, auf eine veränderte Sach- und Rechtslage reagieren zu können. Entsprechend der zum 1. Juli 2012 wirksam gewordenen Änderung des Glücksspielstaatsvertrags sei der Beklagte daher befugt gewesen, den Rechtsschein einer wirksamen Erlaubnis, die bereits nach der neuen Rechtslage durch § 21 Abs. 2 GlüStV eingeschränkt worden sei, zu beseitigen.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht der Kläger in erster Linie die Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 2 GlüStV geltend. Die Bestimmung stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die in unverhältnismäßiger und gleichheitswidriger Weise gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße. Dies folge zum einen aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift zum Schutz des Klägers, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift die Vermittlungstätigkeit mit einer Erlaubnis ausgeübt habe, auf deren Fortbestand er trotz des Widerrufsvorbehalts habe vertrauen dürfen. Auch für andere Glücksspielbetriebe habe der Gesetzgeber Übergangsregelungen geschaffen, soweit der Glücksspielstaatsvertrag deren bestehende Rechtspositionen geschmälert habe. Zum anderen enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV als unmittelbares gesetzliches Verbot eine gleichheitssatzwidrige Beschränkung der Berufsfreiheit. Zweck des Trennungsgebots sei die Spielsuchtprävention, die im Interesse des Allgemeinwohls das Kernziel des Glücksspielstaatsvertrags sei. Allerdings habe der Gesetzgeber sein Regelungskonzept folgerichtig aufzubauen und identischen Gefährdungen auch gleiches Gewicht zuzumessen. § 21 Abs. 2 GlüStV erfasse jedoch nur einen Teil der möglichen Nähebeziehungen im Falle des räumlichen Aufeinandertreffens verschiedener Glücksspielangebote; schon deshalb fehle es an einer kohärenten Regelung. Die Vorschrift lasse bestimmte, nahe liegende Situationen ungeregelt, etwa wenn sich eine Spielhalle bei offener Bauweise mit seitlichem Grenzabstand in direkter Nachbarschaft zu einem Vermittlungsbüro befinde oder wenn sich beide Lokale in einer schmalen Straße unmittelbar gegenüberliegen würden; gleiches gelte für die Situierung beider Lokale in einer Fußgängerzone oder an einem innerstädtischen Platz. Dagegen sei dem Zusammentreffen verschiedener Spielhallen in § 25 GlüStV durch das Erfordernis eines landesrechtlich zu bestimmenden Mindestabstandes Rechnung getragen worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit ein Regelungskonzept nicht schlüssig verfolgt werde, solange identische Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliche Gewichtungen erfahren würden. Sportwettenanbieter würden anders behandelt als Personen, die Spielhallen oder Spielbanken betrieben und für die nach § 24 Abs. 2 GlüStV lediglich die Erteilung einer Erlaubnis ausgeschlossen sei, während ihr Bestand nach dieser Vorschrift geschützt werde. Ein sachlicher Grund für die ungleiche Behandlung bestehe nicht; im Übrigen reguliere der Gesetzgeber Spielhallen insgesamt eher strenger als Vermittlungsstellen von Sportwetten. § 25 Abs. 1 GlüStV zeige, dass auch ein räumliches Aufeinandertreffen außerhalb eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes gleichermaßen Allgemeinwohlbelange berühre, ohne dass insoweit eine andere Gefährdungslage mit Blick auf die Suchtprävention erkennbar sei. Hier helfe auch die vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Einschätzungsprärogative nicht weiter, denn sie beschränke nicht Art. 3 Abs. 1 GG, sondern werde umgekehrt durch das Grundrecht begrenzt. Weiter sei keine gesetzliche Vorsorge für den Fall getroffen worden, dass sich eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle für Sportwetten befinde, nachträglich ansiedeln wolle, wobei ebenfalls das Verbot der Vermittlungsstelle greife. Die für diese Situation vom Verwaltungsgericht vorgesehene Lösung, wonach hier die für die Spielhalle erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis versagt werden könne, überschreite die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Nach dem klaren Wortlaut enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV eine Beschränkung der Ausübung des Glücksspiels nur in eine Richtung, und zwar nur gegenüber der Vermittlungsstelle, während ein Verbot des Betriebs einer Spielhalle oder einer Spielbank in einem Gebäudekomplex, in dem bereits Sportwetten vermittelt würden, nicht bestehe. Aus § 2 Abs. 4 GlüStV ergebe sich der Anwendungsbereich des Staatsvertrags eindeutig. Auch aus § 4 Abs. 2 i.V.m. § 1 GlüStV könne kein neuer Versagungsgrund abgeleitet werden, denn die Ziele des Staatsvertrages fänden zwar im Rahmen der Auslegung der einzelnen Bestimmungen Beachtung, ermöglichten jedoch nicht die Schaffung neuer Versagungsgründe. Solche könnten auch nicht unmittelbar aus § 1 Satz 1 GlüStV abgeleitet werden; vielmehr seien nach § 1 Satz 2 GlüStV differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen, ohne dass den Genehmigungsbehörden insoweit ein Spielraum eingeräumt habe werden sollen. Aus § 1 Satz 1 GlüStV lasse sich auch kein allgemeines Trennungsverbot für die verschiedenen Glücksspielangebote ableiten, denn es fehle an der hierzu erforderlichen gesetzlichen Regelung. Ungeachtet der Verfassungwidrigkeit sei § 21 Abs. 2 GlüStV im vorliegenden Fall auch tatbestandlich schon deswegen nicht erfüllt, weil eine systematische und verfassungskonforme Auslegung eine Einschränkung der Bestimmung dahingehend erfordere, dass nur die Erteilung einer Erlaubnis für ein neues Angebot der Sportwettenvermittlung in einem Gebäude/Gebäudekomplex ausgeschlossen sein solle, in dem sich bereits eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Im vorliegenden Fall werde jedoch die Vermittlungsstelle des Klägers schon länger geführt (2006) als die benachbarte Spielhalle (2008). Des Weiteren sei bei der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex festzuhalten, dass es für die Auslegung nicht entscheidend auf die bauordnungsrechtliche Beurteilung oder auf das allgemeine Verständnis ankommen könne, vielmehr die Frage nach dem Bestehen einer ausreichenden Nähebeziehung zwischen den beiden Lokalen das aus glücksspielrechtlicher Perspektive maßgebliche Kriterium darstelle. Ein typisches Gebäude durchschnittlicher Größe biete keinen Anlass zu Streitfragen, während der Begriff des Gebäudekomplexes einschränkend auszulegen sei. Von Interesse sei die Gesetzesbegründung, die von einem „Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken“ spreche und damit zu erkennen gebe, dass der Gesetzgeber zumindest vorrangig ein Angebot im gleichen Betrieb im Auge gehabt habe, was auch durch das Verbot von Mehrfachkonzessionen in § 25 Abs. 2 GlüStV bestätigt werde. Für die hier vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommene Nähebeziehung sei entscheidend, dass ein direkter Weg vom Lokal des Klägers zur Spielhalle nicht bestehe, vielmehr müsse das Bahnhofsgebäude verlassen und entweder der Vordereingang über den Bahnhofsvorplatz oder der - überdachte - Weg auf der Gleisseite genommen werden. Weder die vom Verwaltungsgericht ermittelte Schrittzahl zur Bewältigung der Wegstrecke noch der von ihm hervorgehobene Umstand einer bestehenden Überdachung sei ein entscheidendes Kriterium für die Nähebeziehung. Die Schrittzahl entspreche der Wegeverbindung einer typischen Entfernung bei innerstädtischer Bebauung in offener Bauweise. Es seien also vielfältige Fallkonstellationen denkbar, in denen bei gleicher räumlicher Entfernung die Bestimmung von vornherein nicht einschlägig sein könne, wenn es sich um zwei getrennte Gebäude handle. Außerdem fehle es an der bei Verlassen einer Glücksspielstätte bestehenden Möglichkeit, die nächste unmittelbar optisch wahrzunehmen. Erst hierdurch werde aber der Anreiz zum Aufsuchen der weiteren Glücksspieleinrichtung gesetzt. Im vorliegenden Fall würden den Weg unter dem überdachten Bahnsteig nur diejenigen Personen wählen, die eine Fahrt mit der Bahn antreten wollten; durch diese Absicht werde aber die Aufmerksamkeit bezüglich der Wahrnehmung des zweiten Lokals zusätzlich eingeschränkt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Januar 2015 den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013 in den Nrn. 2, 4, 6 und 7 aufzuheben, die Untersagungsverfügung in Nr. 2 mit Wirkung für die Zukunft,

sowie festzustellen, dass die Untersagungsverfügung in Nr. 2 und der korrespondierende Widerruf der Erlaubnis in Nr. 1 des Bescheids rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zwar treffe zu, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Mindestabstand zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle vorsehe; unrichtig sei aber die Folgerung, solche Angebote seien bei offener Bauweise in unmittelbarer Nachbarschaft zulässig. Vielmehr greife der Versagungstatbestand in der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV, soweit das Angebot den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufe. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle könne, abhängig von den konkreten Verhältnissen, mit dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV nicht mehr vereinbar sein; die unterschiedliche Handhabung rechtfertige sich durch das erhebliche höhere Gefährdungspotenzial von Spielhallen gegenüber dem eines Sportwettbüros. Außerdem trete eine Konzentration von Spielhallen- und Sportwettangeboten - anders als die Konzentration von Spielhallen - bisher eher selten auf. § 21 Abs. 2 GlüStV sei vor dem Hintergrund der durch die Multiplikation von Glücksspielangeboten in Gebäuden und Gebäudekomplexen reduzierten Hemmschwelle im Sinn der Griffnähe zu verstehen und reagiere auf die bequeme Erreichbarkeit und den bereits getroffenen Entschluss, das entsprechende Gebäude zu betreten. Sei eine Gebäudeschwelle bereits überschritten, bestehe eine erhöhte Anreizsituation. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine erst nach dem 1. Juli 2012 beantragte Erlaubnis für eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits ein Sportwettbüro befinde, könne im Einzelfall wegen der entgegenstehenden Ziele des § 1 GlüStV versagt werden, sei nicht zu beanstanden. Die Ziele des § 1 GlüStV entfalteten bereits auf der Tatbestandsebene der Norm unmittelbare Verbindlichkeit bei Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Auch die Gesetzesbegründung spreche dafür, dass die Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags materielle Erlaubnisvoraussetzungen darstellten. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Beklagten (Schriftsatz v. 12. 2. 2015 im Verfahren 10 BV 15.430) eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäudekomplex“ oder sogar beider Begriffe vornehmen wollte, wäre im vorliegenden Fall das entscheidende Kriterium der „Griffnähe“ zu bejahen. Die Ortseinsicht habe ergeben, dass Spielhalle und Wettannahmestelle quasi „Wand an Wand“ lägen und trotz jeweils separater Zugänge beide Lokale von der Seite der Bahngleise her unter Nutzung einer vollständigen Überdachung kurzläufig erreicht werden könnten. Zudem bestehe Sichtkontakt von der einen zur anderen Spielstätte. Da das Angebot hauptsächlich auf Reisende ausgelegt sei, könne außer Betracht bleiben, dass es zur Spielhalle einen weiteren Eingang vom Bahnhofsvorplatz aus gebe. Im Übrigen sei nicht erforderlich, dass die beiden im Gebäudekomplex untergebrachten Lokale ohne Verlassen derselben gegenseitig erreicht werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Regierung der Oberpfalz sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013, soweit er mit seiner für die Zukunft rechtliche Wirkungen entfaltenden Untersagungsverfügung (mit Zwangsgeldandrohung, Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen; der Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; I.). Auch das im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klagebegehren, soweit es sich durch Zeitablauf erledigt hat, bleibt erfolglos (II.).

I. Die Anfechtungsklage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung ist zulässig, jedoch unbegründet und daher zu Recht abgewiesen worden.

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) mit dem Ziel einer (kassatorischen) Aufhebung der glücksspielrechtlichen Untersagung ist zulässig, soweit sie (noch) Wirkungen für die Zukunft entfaltet, also soweit sie sich auf den Zeitraum ab der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bezieht. Im Übrigen sind weder der Widerruf der Erlaubnis noch die Untersagung der weiteren Vermittlungstätigkeit (jeweils mit Wirkung ab 3. Dezember 2013) für den vergangenen Zeitraum statthafter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage, weil sie insoweit erledigt sind (Art. 43 BayVwVfG). Eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung erledigt sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung träte nur dann nicht ein, wenn sich aus der Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Adressaten ergeben, etwa weil ein Zwangsgeld vollstreckt wurde, dessen Rückzahlung die Beseitigung der mit seiner Hilfe durchgesetzten Grundverfügung voraussetzen würde (stRspr zu glücksspielrechtlichen Untersagungen, zuletzt BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.9.2014 - 10 ZB 12.1484 - juris Rn. 11). Eine derartige Situation besteht im vorliegenden Fall nicht; der Kläger hat ausdrücklich erklärt, dass für den vergangenen Zeitraum keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angefochtenen Bescheid bestünden. Auch der Widerruf der zuletzt mit Wirkung bis 31. Dezember 2015 erteilten Vermittlungserlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil die Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).

2. Die in diesem Rahmen zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angefochtene Untersagung ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV findet. Eine im Bahnhofsgebäude der Stadt W. betriebene Sportwettenvermittlung verstößt zum maßgeblichen Zeitpunkt (2.1) gegen die tatbestandlich einschlägige Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV (2.2), die verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (2.3). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.4).

2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist derjenige der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren. Zur Begründung kann auf die bereits dargestellte Rechtsnatur der Untersagung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung verwiesen werden. Die Untersagung erschöpft sich nicht in einem einmaligen Verbot, sondern bringt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zum Entstehen, das sie ständig aktualisiert. Deshalb muss die Untersagung auch während ihrer Wirksamkeit mit der jeweils aktuellen Rechtslage in Übereinstimmung stehen; nachträgliche Veränderungen der ihr zugrunde liegenden Sach- oder Rechtslage müssen gesondert geprüft werden und ggf. Berücksichtigung finden (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 42 - 44 m.w.N.). Aus § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt sich kein anderer, wegen einer tatbestandlichen Voraussetzung der Norm vorgelagerter maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, etwa der des Erlasses des angefochtenen Bescheids.

2.2 Der Kläger hat in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung entgegen dem seit 1. Juli 2012 geltenden Verbot in § 21 Abs. 2 GlüStV - damit materiell unerlaubt - Sportwetten vermittelt. Außerdem besitzt er die für diese Betätigung erforderliche Erlaubnis (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV), deren Erteilung hier der Regierung der Oberpfalz obliegt (Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV), seit dem mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 ausgesprochenen, auf die Vermittlung von Sportwetten beschränkten Widerruf der Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 nicht mehr. Mit der (in die Zukunft fortwirkenden) streitgegenständlichen Untersagung konnte der Beklagte in Erfüllung der ihm obliegenden Glücksspielaufsicht eine erforderliche Anordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV zur Unterbindung einer gegen § 21 Abs. 2 GlüStV verstoßenden Vermittlung von Sportwetten erlassen.

2.2.1 § 21 Abs. 2 GlüStV bestimmt, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Mit dieser der Spielsuchtprävention dienenden Bestimmung soll „einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs“ dadurch entgegengewirkt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten „in Spielhallen und Spielbanken“ untersagt wird (amtl. Begr. LT-Drs. 16/11995, S. 30). Mit dem gesetzlichen Vermittlungsverbot wird insbesondere der bereits in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zum Ziel des Staatsvertrags erklärte Schutz von spielsuchtgefährdeten Personen im Wege einer räumlichen Entzerrung unterschiedlicher Glücksspielgelegenheiten verfolgt (Dietlein/Hecker/Rutting, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 GlüStV Rn. 38). Allerdings ist der Wortlaut der Norm im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei ein Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Rutting, a.a.O., § 21 GlüStV Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 16 f.).

Bei der Auslegung der Begriffe ist zunächst zu beachten, dass als „Gebäude“ nach den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer (vgl. Art. 2 Abs. 2 BayBO, s.a. § 2 Abs. 2 MusterBO) selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, bezeichnet werden. Der Begriff „Gebäudekomplex“ ist hingegen nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamteinheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen. Dabei ist angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeit oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann und umgekehrt (Kriterium der sog. Griffnähe; OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris und B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 27.5.2014 - 10 CS 14.503 - juris Rn. 18; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 38, 40, § 25 Rn. 10). Der Senat hat darüber hinaus im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O) eine einschränkende Auslegung auch des Begriffs „Gebäude“ im dargestellten Sinne zumindest für die Fälle eines sehr großen, eventuell noch stark untergliederten Gebäudes mit mehreren Etagen und Zugängen für denkbar gehalten; im Hinblick auf das Ziel der Spielsuchtprävention sei maßgeblich, ob der Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne Verlassen des Gebäudes kurzläufig möglich sei und der Spieler bereits die andere Spielstätte im Blick habe, wodurch ein besonderer Anreiz zum Wechsel hervorgerufen werde (BayVGH, B.v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 18; noch nicht thematisiert: BayVGH, B.v. 25.06.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 9, 10). Urteile zur Frage der Auslegung der beiden Begriffe liegen, soweit ersichtlich, bisher nicht vor.

2.2.2 Vor diesem Hintergrund liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüStV hier vor, denn die Vermittlungsstelle für Sportwetten (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV, Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV) in der Bahnhofsbuchhandlung befindet sich in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtlich erlaubte) Spielhalle betrieben wird (2.2.2.1). Auch bei einer einschränkenden Auslegung des Begriffs „Gebäude“ käme man zu keinem anderen Ergebnis (2.2.2.2).

2.2.2.1 Der „Bahnhof“ ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, wie er sich dem Senat aus den in den vorliegenden Akten (insbes. Bl. 83 d. Berufungsakte, Bl. 34 d. Akte 10 CS 14.509 und Bl. 19 Behördenakte) befindlichen Lichtbildern präsentiert, als einheitliches, in seinem Hauptteil drei-, in den beiden Seitenteilen viergeschossiges Gebäude im Sinn von Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen, das seine typische Prägung durch den (durch ein Vordach optisch) auffällig gestalteten Eingang in die zu den Gleisen hin durchgängige Bahnhofshalle erhält. Dass sich im unmittelbaren Anschluss an die beiden viergeschossigen Gebäudeteile (in nördlicher und südlicher Richtung) jeweils ein erdgeschossiger, offenbar zum Bahnhof gehörender Anbau befindet, an den weitere Gebäude anschließen (vgl. Luftbild Bl. 19 Behördenakte), macht das Bahnhofsgebäude nicht zu einem Gebäudekomplex, weil es sich bei ihm nicht um eine Mehrzahl miteinander verbundener und wegen ihrer inneren Durchlässigkeit als Gesamteinheit wahrgenommener Gebäude handelt. Vielmehr ist das Bahnhofsgebäude durch seine offenkundige und typische Funktion, einen zentralen Zugang zu den Gleisen mit diversen Einkaufs- und anderen Versorgungsmöglichkeiten zu bieten, als eigenständige bauliche Einheit gekennzeichnet. Spielhalle und Buchhandlung des Klägers (mit Nebenraum) liegen - wie sich aus dem vorliegenden Grundriss (Bl. 87 h, k, l Berufungsakte) ergibt - Wand an Wand im südlichen Teil des Gebäudes. Dass die Spielhalle nach der aktuellen baulichen Gestaltung des Bahnhofsgebäudes keinen Zugang von der Bahnhofshalle aus besitzt, ist insoweit ohne Bedeutung; dieser Umstand könnte allenfalls im Rahmen einer wegen der Größe des Gebäudes aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzunehmenden teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm von Bedeutung sein (vgl. 2.2.2.2). Angesichts des dargestellten Befundes der konkreten örtlichen und baulichen Verhältnisse hält der Senat seine noch im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O., Rn. 18) geäußerte Auffassung, der Bahnhof dürfte „schon als Gebäudekomplex einzuordnen“ sein, nicht mehr aufrecht.

2.2.2.2 Selbst wenn man aber vor allem im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüStV eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäude“ als geboten ansehen wollte, um eine ausufernde und damit möglicherweise verfassungswidrige Anwendung der Vorschrift auszuschließen, führt dies bei den oben dargelegten konkreten Verhältnissen zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch bei Abstellen auf die für die Verbotsnorm insofern maßgeblichen Gesichtspunkte besteht im vorliegenden Fall die typische glücksspielrechtliche „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte.

Die Kriterien, auf die der Senat in diesem Zusammenhang als maßgeblich abzustellen hat und die im Hinblick auf den verfolgten Zweck (Spielsuchtprävention) bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Vorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Erfordernis der „Griffnähe“). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, also bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind. Eine Rolle spielt auch die Frage, ob zum Erreichen der anderen Spielstätte ein Verlassen des Gebäudes erforderlich ist oder ob der bereits getroffene Entschluss, das Gebäude zum Besuch der ersten Spielstätte zu betreten, in einer die „Hemmschwelle“ für weitere Glücksspielangebote herabsetzenden Weise fortwirkt. Der Senat sieht es dementsprechend als sachgerecht an, für die Beantwortung der Frage, ob die erforderliche „Griffnähe“ in der konkreten Situation vorliegt, auf die jeweiligen Umstände einzelfallbezogen und nicht auf einen nach Metern bestimmten Abstand zwischen den Spielstätten (etwa 250 m in Anlehnung an Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV) abzustellen.

Für das Vorliegen des Tatbestands von § 21 Abs. 2 GlüStV selbst bei einschränkender Auslegung des Gebäudebegriffs spricht insbesondere die geringe, fußläufig in wenigen Augenblicken zu überbrückende Entfernung zwischen dem Eingang zur Buchhandlung durch die Bahnhofshalle und dem Eingang zur Spielhalle vom Gleisbereich aus, die vom Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins - von der Klägerseite unwidersprochen - mit 43 Schritten angegeben wird. Nur unwesentlich länger ist die Wegstrecke, wenn man den zum Bahnhofsvorplatz hin liegenden Eingang zur Spielhalle als Ausgangspunkt nimmt. In keinem Fall kann von einem mehr als unbedeutendem Fußweg gesprochen werden; dies ergibt sich zwangsläufig schon aus dem Umstand, dass beide Spielstätten eine (teilweise) gemeinsame Gebäudeinnenwand besitzen, damit sozusagen „Rücken an Rücken“ liegen. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass es andere Sachverhalte geben mag, in denen sich die beiden Spielstätten in zwei getrennt nebeneinander oder gegenüber gelegenen Gebäuden befinden, weswegen § 21 Abs. 2 GlüStV von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann, obwohl die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten auch nur 43 Schritte oder weniger beträgt.

Für einen Wechsel zwischen den - im Übrigen beide im Erdgeschoss gelegenen - Spielstätten ist zwar ein Verlassen des eigentlichen Bahnhofsgebäudes erforderlich (zum Abgrenzungskriterium des Betretens von öffentlichem Verkehrsraum für einen Spielstättenwechsel: OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 19). Dennoch muss hier von der besonderen „Griffnähe“ ausgegangen werden. Zum einen ist schon die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten äußerst gering. Zum anderen spricht für die Annahme der „Griffnähe“ auch der Umstand, dass von einer Spielstätte in die andere auf der Bahnsteigseite im überdachten Bereich und damit geschützt vor Witterungseinflüssen gewechselt werden kann, ohne dass diesem Umstand in der vorliegenden Konstellation ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Wichtiger ist, dass das Verlassen des Gebäudes nicht dazu führt, dass mit dem kurzzeitigen Betreten von öffentlichen bzw. dem Reiseverkehr gewidmeten Verkehrsflächen eine erneute glücksspielrechtliche „Hemmschwelle“ aufgebaut würde, deren notwendige Überwindung eine räumliche Nähebeziehung im dargestellten Sinn ausschlösse. Schließlich besteht zwischen beiden Spielstätten auch eine hinreichende Sichtbeziehung. Bei Verlassen der Sportwettenvermittlung wird der interessierte Kunde zwar erst nach Verlassen der Bahnhofshalle - entweder in Richtung Gleisbereich oder Bahnhofsvorplatz - auf die Spielhalle aufmerksam; umgekehrt fallen sofort nach Verlassen der Spielhalle in Richtung Gleisbereich/Bahnhofshalle die entsprechenden Hinweise („Lotto“) im Schaufenster der Buchhandlung und im Ladeninneren ins Auge (Bl. 87d, e, g Berufungsakte). Hinzu kommt, dass den mit dem Zug ankommenden Reisenden zwangsläufig beide Spielstätten von den Bahnsteigen aus gleichzeitig ins Auge fallen (Bl. 87h, i Berufungsakte) und daher die bestehende „Griffnähe“ gerade für diesen Personen- und Adressatenkreis deutlich wird.

Keine Bedeutung für die Verwirklichung des Verbotstatbestandes hat der vom Kläger geltend gemachte Umstand, die ihm im Jahre 2006 erteilte Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten bestehe schon länger als die - erstmals im Jahr 2008 erteilte - Erlaubnis für die Spielhalle. Denn § 21 Abs. 2 GlüStV entfaltet schon in Ermangelung einer Übergangsvorschrift Wirkung für alle zum Zeitpunkt seines Inkrafttreten zum 1. Juli 2012 bestehenden Kollisionsfälle. Im Übrigen war dem Kläger die hier streitige Vermittlungserlaubnis nur befristet und unter Beifügung eines Widerrufsvorbehalts erteilt worden, dessen Zweck gerade darin bestand, ein Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Erlaubnis im Falle einer Änderung der Sach- oder Rechtslage auszuschließen. Diese „Bevorzugung“ von Spielhallen gegenüber Vermittlungsstellen für Sportwetten ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. im Folgenden).

2.3 Die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV ist verfassungsgemäß; ihre Anwendung im konkreten Fall verletzt keine Grundrechte des Klägers. Die von ihm insoweit erhobenen Rügen im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit (2.3.1) und das Gleichbehandlungsgebot (2.3.2) greifen nicht durch. Mit der Berufung macht der Kläger im Übrigen eine - hier schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten eher fernliegende - Verletzung seines Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht mehr geltend.

2.3.1 Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit erhebt und im Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechende Berufsausübungsregelung sieht, hat auch die mündliche Verhandlung für den Senat keine Veranlassung gegeben, von seiner bereits in den Beschlüssenvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145, juris Rn. 18 f.) und 11. Juni 2014 (10 CS 14.505, juris Rn. 17, 21) dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen.

Regelungen zur Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, U. v. 13.12.2000 - 1 BvR 335/9 - juris Rn. 26; BVerfG, U. v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Die Verbotsnorm überschreitet nicht die Ebene der Berufsausübung, weil regelmäßig nur ein untergeordneter Teil der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen (Sportwettenvermittlung an der konkreten Örtlichkeit) betroffen ist, während die Vermittlung anderer Glücksspiele davon unberührt bleibt; selbst wenn man vom Bestehen eines Berufsbilds des „Sportwettenvermittlers“ ausgehen wollte, beschränkt die Bestimmung diese Tätigkeit nur räumlich und verhindert nicht eine Sportwettenvermittlung an anderen Standorten. Das Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV genügt den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil es durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel der Spielsuchtprävention legitimiert ist und der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014, a.a.O., Rn. 21; OVG Bremen, B. v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 11).

§ 21 Abs. 2 GlüStV stellt auch nicht deswegen eine gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßende unzulässige Berufsausübungsbestimmung dar, weil der Vorrang einer Spielhalle ohne Übergangsregelung auch in Konstellationen gilt, in denen - wie hier - die Erlaubnis für die Sportwettenvermittlung vor derjenigen für die Spielhalle erteilt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 25.6.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 25, 26). Bereits der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (a.F.) enthielt in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a.F. nicht nur eine Ermächtigung für die Erlaubnisbehörde, die Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen und zu befristen, sondern schrieb dies sogar zwingend vor. Ziel der Befristungsregelung und des Widerrufsvorbehalt war die Sicherung der staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten; die Vorschrift soll es den Genehmigungsbehörden ermöglichen, Entwicklungen im Glücksspielbereich auch kurzfristig berücksichtigen (LT-Drs. 15/716 S. 13) und so auf Änderungen der Sach- und Rechtslage auch während der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis kurzfristig reagieren zu können (vgl. LT-Drs. 15/8468 S. 17); der Widerrufsvorbehalt sollte also nicht nur zum Tragen kommen, wenn der Erlaubnisinhaber beispielsweise die Voraussetzungen, die der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugrunde lagen, nicht mehr erfüllt, sondern auch dann, wenn - wie hier - während der Laufzeit der Erlaubnis eine Änderung der Rechtslage eintritt, die sich zu Ungunsten des Inhabers einer Vermittlungserlaubnis auswirkt. Ein Vertrauenstatbestand dergestalt, dass dieser darauf vertrauen durfte, er könne bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von ihr uneingeschränkt Gebrauch machen, ist aufgrund des Widerrufsvorbehalts nicht gegeben; erst recht kann kein Vertrauensschutz bestehen, der eine Übergangsvorschrift erforderlich machen würde, wenn die Verlängerung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis über den ursprünglichen Befristungszeitpunkt hinaus begehrt wird. Zudem bedeutet die Aufgabe der Vermittlung von Sportwetten nicht, dass Investitionen des Gewerbetreibenden in größerem Umfang fehlgeschlagen sind, weil es insoweit in erster Linie um ein von der Staatlichen Lotterieverwaltung zur Verfügung gestelltes und programmiertes Terminal geht.

2.3.2 § 21 Abs. 2 GlüStV ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern mit Spielhallenbetreibern verfassungswidrig. Berufsausübungsregelungen müssen sich nicht nur an den unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen messen lassen, sondern auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein, insbesondere den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (BVerfG, B. v. 24.1.2012 - 1 BvL 21/11 - juris Rn. 40 f.). § 21 Abs. 2 GlüStV ist danach weder deshalb verfassungswidrig, weil er nicht sämtliche im Hinblick auf den Normzweck vergleichbaren potentiellen Gefahrensituationen im Verhältnis der beiden Anbieter erfasst (2.3.2.1), noch deshalb, weil der Tatbestand der Verbotsvorschrift zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten grundsätzlich auch durch eine (spätere) Erteilung einer Erlaubnis für eine hinzutretende Spielhalle ausgelöst wird (2.3.2.2).

2.3.2.1 Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nicht gehalten, neben der hier streitgegenständlichen Konstellation auch alle anderen denkbaren und unter dem Gesichtspunkt der Spielsuchtprävention möglicherweise relevanten „Nähebeziehungen“ zwischen einer Spielhalle/Spielbank und einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zu regeln.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass er darauf verzichtet hat, eine Ermächtigung für die Länder zu schaffen, im Wege der Ausführungsbestimmungen einen bestimmten Mindestabstand festzulegen, wie es § 25 Abs. 1 GlüStV für die räumliche Beziehung zwischen Spielhallen ermöglicht und Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV (250 m Luftlinie) umsetzt. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative die unterschiedlichen Sachverhalte wegen des ihnen innewohnenden unterschiedlichen Gefährdungspotenzials im Hinblick auf problematisches Spielverhalten nicht gleichermaßen über einen Mindestabstand regeln habe müssen; denn das bekanntermaßen mit Geldspielautomaten verbundene hohe Spielsuchtpotenzial (vgl. nur LT-Drs. 16/11995, S. 30, zu §§ 24 - 26) übersteigt das durch Sportwetten beförderte Suchtpotenzial erheblich, sodass für das - zumindest derzeit als Einzelfall zu betrachtende - Aufeinandertreffen von einer Wettvermittlungsstelle mit einer Spielhalle keine alle denkbaren räumlichen Beziehungen regelnde Vorschrift als erforderlich angesehen werden musste. Das Fehlen einer generell gültigen Mindestabstandsregel für den Fall einer räumlichen Nähebeziehung führt daher schon wegen der ungleichen Sachverhalte nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung einer von der Verbotsregelung betroffenen Vermittlungsstelle für Sportwetten.

Ebensowenig führt der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass § 21 Abs. 2 GlüStV auch nur einen Teil der denkbaren Nähebeziehungen - soweit sich nämlich beide Spielstätten im gleichen Gebäude oder Gebäudekomplex befinden - erfasst, zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es trifft zwar zu, dass die Verbotsvorschrift keine Fälle erfasst, in denen sich die beiden Spielstätten in (getrennten) Gebäuden mit seitlichem Grenzabstand oder auf sich unmittelbar gegenüberliegenden Seiten einer möglicherweise engen Straße befinden und damit u.U. einen sogar wesentlich geringeren Abstand voneinander aufweisen können, als dies der Fall wäre, befänden sie sich in einem einheitlich zu betrachtenden Gebäudekomplex (etwa einem Einkaufszentrum). Zu Recht weist das Verwaltungsgericht jedoch darauf hin, dass der Gesetzgeber eine nur im Hinblick auf Gebäude und Gebäudekomplexe beschränkte Regelung erlassen konnte, um hiermit typischerweise gerade bei solchen Örtlichkeiten im Fall einer geringen Entfernung zwischen den Spielstätten entstehende Konflikte zu lösen. Zudem ist eine derartige „unvollständige“ Regelung auch mit dem eher seltenen Zusammentreffen von Vermittlungsstellen mit Spielhallen/Spielbanken zu begründen. Eine in sich nicht stimmige („inkohärente“) Regelung liegt damit nicht vor.

2.3.2.2. Schließlich führt auch die in § 21 Abs. 2 GlüStV angelegte Möglichkeit, dass sich eine Spielhalle im gleichen Gebäude, in dem sich bereits eine erlaubte Sportwettenvermittlungsstelle befindet, ansiedeln will und damit die Anwendung dieser Norm ausgelöst werden könnte, nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bereits im Beschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O.) hat der Senat zwar festgestellt, dass die Verbotsregelung grundsätzlich auch in Fällen greift, in denen die für den Betrieb einer Spielhalle notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten im gleichen Gebäude/Gebäudekomplex beantragt und erteilt wird; damit besteht die Gefahr, dass die mit einer nachträglichen Ansiedlung einhergehende Kollision zu Lasten eines bereits erlaubt tätigen Sportwettenvermittlers gelöst werden müsste, dessen Erlaubnis zu widerrufen wäre (vgl. a. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 42 f., § 24 Rn. 33, mit dem Vorschlag, diese Kollision wegen des mit Spielhallen verbundenen hohen Gefährdungspotenzials durch landesrechtliche Bestimmung nach § 24 Abs. 3 GlüStV zu Gunsten der bestehenden Vermittlungsstelle aufzulösen). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt gleichwohl schon deswegen nicht vor, weil die Erteilung der Spielhallenerlaubnis in dieser Konstellation versagt werden müsste (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), denn sie liefe offensichtlich dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziel zuwider, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht auch infolge einer räumlichen Konzentration von Spiel-/Wettangeboten zu verhindern (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: VG Regensburg, U. v. 22.1.2015 - RO 5 K 14.90 - juris). Diesem Ansatz steht auch nicht § 2 Abs. 3 GlüStV entgegen, der zwar die Anwendung von § 21 Abs. 2 GlüStV auf Spielhallen ausschließt, jedoch die Beachtung der in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele des Staatsvertrages bestimmt.

In § 24 Abs. 2 GlüStV ist aus Gründen der Spielsuchtprävention gerade der Versagungsgrund des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV angelegt, der u.a. auch den Fall eines Bewerbers um eine Spielhallenerlaubnis in einem Gebäude, in dem bereits eine Sportwettenvermittlung tätig ist, erfasst. Der Senat teilt daher nicht den vom Kläger erhobenen Vorwurf, mit einer Versagung der Spielhallenerlaubnis würden die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und aus den Zielen des § 1 Satz 1 GlüStV neue Versagungsgründe abgeleitet.

Der Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis kann auch nicht geltend machen, ihre Versagung liefe dem mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgten Vorrang einer Spielhalle gegenüber einer im gleichen Gebäude befindlichen Vermittlungsstelle zuwider. Denn die Bestimmung des Vorrangs, die - wie hier - für die Situation zweier bereits zum 1. Juli 2012 in einem Gebäude befindlicher Betriebsstätten gilt, findet ihre wirtschaftliche Begründung darin, dass bereits getätigte, auf längere Zeit angelegte und unter Umständen erhebliche bauliche Investitionen des Spielhallenbetreibers schützenswerter sind als die relativ überschaubaren Investitionen des nur mit der Aufstellung eines Terminals belasteten Vermittlers von Sportwetten im Nebengeschäft. Dieses Argument kann jedoch ein Bewerber um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für eine Spielhalle, die er künftig in einem Gebäude betreiben will, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle befindet, nicht ins Feld führen, weil er in aller Regel noch keine größeren Investitionen getätigt hat. Damit besteht keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen erlaubten Spielhallen, die in den Genuss von § 21 Abs. 2 GlüStV kommen, und solchen, die sich im Erlaubnisverfahren befinden, und für die daher das Konzentrationsverbot (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) Geltung beansprucht.

2.4 Schließlich begegnet auch die Ermessensausübung, die der Untersagung zugrunde liegt, keinen rechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Beklagte das ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV i.V.m. Art. 4 AGGlüStV eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. Art. 40 BayVwVfG) ausgeübt; eine darüberhinausgehende Prüfungskompetenz des Gerichts besteht nicht (§ 114 Satz 1 VwGO). Die zur Ermessensausübung im erstinstanzlichen Urteil gemachten Ausführungen (UA, S. 19, 20) werden dementsprechend vom Kläger im Berufungsverfahren nicht infrage gestellt.

Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für den Kläger gewahrt ist. Sein wirtschaftliches Interesse an einem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen durch die Vermittlung von Sportwetten hat gegenüber den mit der Regelung verfolgten Zwecken, insbesondere der Spielsuchtbekämpfung, zurückzutreten. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich der Umsatzanteil aus den im Nebengeschäft vermittelten Sportwetten der Staatlichen Lotterieverwaltung im Bereich von 3 bis 5% des Gesamtumsatzes der Annahmestellenbetreiber beläuft (vgl. LT-Drs. 16/12192, S. 12, Begründung zu Art. 7 Abs. 3 AGGlüStV). Diesem auch im verwaltungsgerichtlichen Urteil angegebenen Korridor ist der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Die Existenz des Gewerbebetriebs (Bahnhofsbuchhandlung mit Annahmestelle der SLV) ist jedenfalls nicht gefährdet, nachdem die Vermittlung von Sportwetten nur einen untergeordneten Teil des gesamten Betriebs darstellt, selbst wenn man berücksichtigt, dass die nun ausbleibenden Sportwettkunden auch noch weitere Umsätze getätigt haben.

II. Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos, als sie der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Berufung von einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt hat, soweit der Bescheid die bereits vergangenen Zeiträume erfasst hat und damit zum maßgeblichen Zeitpunkt erledigt war. Zwar stellt sich in dieser Situation einer (teilweisen) Erledigung das prozessuale Vorgehen des Klägers als grundsätzlich statthaft dar, weil für eine Aufhebung des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Vergangenheit mangels belastender Wirkung die Anfechtungsklage nicht mehr statthaft wäre. Dem Kläger fehlt jedoch das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Ein solches ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere nicht aus einer möglichen Präjudizialität der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen noch zu führenden Amtshaftungs- oder sonstigen Schadensersatzprozess des Klägers. Eine denkbare Amtshaftungsklage erscheint nämlich schon deshalb offensichtlich aussichtslos, weil das beanstandete Verwaltungshandeln von einem Kollegialgericht erster Instanz, nämlich dem Verwaltungsgericht Regensburg, als rechtmäßig beurteilt wurde (stRspr BVerwG U. v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9 m.w.N.). Hat nämlich ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die beanstandete Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, fehlt es in der Regel bereits an dem für die Schadensersatzklage notwendigen Verschulden des Beamten. Dabei scheitert die schuldausschließende Wirkung einer erstinstanzlichen Kollegialentscheidung grundsätzlich nicht einmal dann, wenn dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte und der Beklagte - in der Situation einer Verpflichtungsklage - zur Neubescheidung verpflichtet wurde (vgl. BVerwG, U. v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat sich jedoch das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis als zutreffend herausgestellt, weil der angefochtene Bescheid (Erlaubniswiderruf und Untersagung) in vollem Umfang und von Anfang an rechtmäßig war (s.o. I.). Das Vorliegen einer der weiteren Fallgruppen, in denen ein berechtigtes Interesse zu bejahen wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei erledigten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen: BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - und B. v. 17.12.2015 - 8 B 10.15 - jeweils juris).

Selbst wenn man sich über das fehlende besondere Feststellungsinteresse hinwegsetzen und eine Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage annehmen wollte, wäre sie schon deshalb unbegründet, weil der angefochtene Bescheid von Anfang an rechtmäßig war.

Der mit seinem Rechtsmittel unterlegene Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war wegen der der Rechtssache zukommenden grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die sich u.a. aus der Frage der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex in § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt (vgl. § 33 GlüStV).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

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3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

70

Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

71

ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

84

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

(1) In Schankwirtschaften, Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben, Wettannahmestellen der konzessionierten Buchmacher nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sowie in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen, in denen alkoholische Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, dürfen höchstens zwei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Bei Geld- oder Warenspielgeräten mit mehreren Spielstellen (Mehrplatzspielgeräte) gilt jede Spielstelle als Geld- oder Warenspielgerät nach Satz 1. Der Gewerbetreibende hat bei den aufgestellten Geräten durch ständige Aufsicht und durch zusätzliche technische Sicherungsmaßnahmen an den Geräten die Einhaltung von § 6 Absatz 2 des Jugendschutzgesetzes sicherzustellen. Die Zahl der Warenspielgeräte, die auf Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen, Jahrmärkten oder Spezialmärkten aufgestellt werden dürfen, ist nicht beschränkt.

(2) In Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen darf je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden; die Gesamtzahl darf jedoch zwölf Geräte nicht übersteigen. Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Aufsteller hat die Geräte einzeln oder in einer Gruppe mit jeweils höchstens zwei Geräten in einem Abstand von mindestens 1 Meter aufzustellen, getrennt durch eine Sichtblende in einer Tiefe von mindestens 0,80 Meter, gemessen von der Gerätefront in Höhe mindestens der Geräteoberkante. Bei der Berechnung der Grundfläche bleiben Nebenräume wie Abstellräume, Flure, Toiletten, Vorräume und Treppen außer Ansatz.

(3) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 21. Januar 2014 - 3 K 1786/13 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg. Die von dem Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 03.09.2013, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“ in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben. Entsprechendes gilt für den hilfsweisen Antrag auf zeitlich befristete Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
Das Verwaltungsgericht, das maßgeblich auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die angefochtene Verfügung voraussichtlich rechtmäßig ist, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG, wonach der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten nur erlaubt werden darf, wenn die Wettvermittlungsstelle nicht in einer Gaststätte betrieben werden soll, Sportwetten vermittelt und der Antragsgegner ihm deshalb diese Tätigkeit gestützt auf § 9 Abs. 1 GlüStV n.F. verbieten durfte. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gegen Art. 12 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verstößt. Es liege eine Berufsausübungsregelung vor, welche der Spielsuchtprävention diene, hierfür (im Ergebnis) erforderlich sei und sich auch nicht als unverhältnismäßig darstelle. Das Trennungsgebot verstoße auch nicht gegen Art. 56 AEUV. Selbst wenn hierdurch die Dienstleistungsfreiheit beschränkt werde, stehe dies mit Unionsrecht in Einklang. Das Trennungsgebot habe keine diskriminierende Wirkung. Auch gelte § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG für staatliche Vermittler, wenn sie die Art von Sportwetten anböten, die der Antragsteller anbiete. Ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit sei auch europarechtlich mit Blick auf die Spielsuchtprävention zu legitimieren. Fraglich sei allenfalls, ob es als milderes Mittel und entsprechend den gesetzgeberischen Erwägungen nicht ausgereicht hätte, Wettvermittlungsstellen in Gaststätten mit Alkoholausschank oder in Gaststätten, in denen sich Geldspielgeräte befinden, zu verbieten. Darauf komme es aber nicht an, weil in der Gaststätte des Antragstellers Alkohol ausgeschenkt werde und auch Geldspielgeräte aufgestellt seien. Außerdem wende der Antragsgegner § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG derzeit nur an, wenn mindestens eine dieser Voraussetzungen gegeben sei. Nicht entscheidend sei, ob die Untersagungsverfügung auch auf das bloße Fehlen einer Erlaubnis gestützt werden könnte, was nicht erfolgt sei; dementsprechend sei auch nicht entscheidend, was insoweit mit Blick auf das fortdauernde Konzessionsverfahren zu beachten wäre. Der Umstand, dass in anderen Bundesländern die Vermittlung von Sportwetten in Gaststätten nicht ausgeschlossen sei, begründe auch keinen Verstoß gegen das europarechtliche Kohärenzgebot. Es liege auch keine intersektorale Inkohärenz mit Blick auf die Regulierung des gewerblichen Automatenspiels vor. Soweit der Antragsteller geltend mache, die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes seien wegen fehlender Notifizierung nicht anwendbar, könne er damit ebenfalls nicht durchdringen. Selbst wenn § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG notifizierungspflichtig wäre, hätte dies nicht zur Folge, dass das gesamte Landesglücksspielgesetz unanwendbar wäre. Das Verwaltungsgericht geht im Weiteren ausdrücklich davon aus, dass § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht notifizierungspflichtig sei. Die angefochtene Verfügung sei auch ermessensfehlerfrei ergangen.
Der Antragsteller dringt mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde nicht durch.
I.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die angegriffene Verfügung voraussichtlich rechtmäßig ist.
Nach der Rechtsprechung des Senats sind die Veranstaltung von Sportwetten betreffende Untersagungsverfügungen, die - wie hier - unter der Geltung des neuen Glücksspielstaatsvertrags vor Abschluss des Konzessionsverfahrens ergehen, rechtmäßig, wenn die Veranstaltung nicht erlaubnisfähig ist, es sei denn, die fehlende Genehmigungsfähigkeit könnte durch vom Antragsgegner im Rahmen seiner Ermessensausübung zu prüfende Nebenbestimmungen zu einer etwaigen Konzession beseitigt werden (Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Dieser Maßstab gilt auch für die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten vor Erteilung einer Vermittlungserlaubnis.
Die Vermittlung von Sportwetten durch den Antragsteller ist nicht erlaubnisfähig, weil sie gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG verstößt. Das Trennungsgebot bedarf zwar der verfassungskonformen Auslegung über den Weg der teleologischen Reduktion (1.). Auch ist eine europarechtskonforme Auslegung der für staatliche Annahmestellen geltenden Regelungen notwendig (2.). Die danach zu beachtenden Modifizierungen sind aber im Fall des Antragstellers nicht einschlägig. Auch liegt kein Fall vor, in dem dem Verstoß des Antragstellers gegen das Trennungsgebot durch Nebenbestimmungen begegnet zu werden brauchte (3.). Das Trennungsgebot ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (im Folgenden: Richtlinie 98/34/EG) notifiziert wurde (4.).
1. Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG ist bei verfassungskonformer Auslegung mit Art. 12 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 GG vereinbar.
Nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG darf der Betrieb einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten nur erlaubt werden, wenn die Wettvermittlungsstelle nicht in einer Gaststätte betrieben werden soll. Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG dient nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 83) der Suchtprävention. Der Gesetzgeber sieht gaststättenspezifische Gefahren darin, dass durch den Genuss von Alkohol die Hemmschwelle zum Glücksspiel herabgesetzt wird; außerdem soll eine Vermischung der „unterschiedlichen Angebote“ vermieden werden. Dies zielt auf den in Gaststätten grundsätzlich zulässigen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SpielVO) Betrieb von Gewinnspielgeräten ab (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG a.E., wonach eine Annahmestelle nicht in Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, sowie in sonstigen Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt werden, betrieben werden soll).
Die in dem Trennungsgebot liegende Berufsausübungsbeschränkung, von der das Verwaltungsgericht ebenso ausgegangen ist wie von einer darin liegenden Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV, ist - je nach persönlichem Anwendungsbereich - als Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG bzw. Art. 2 Abs. 1 GG in ihrer weiten Fassung nur zum Teil gerechtfertigt. Sie ist zwar zur Erreichung des Gemeinwohlziels Suchtprävention geeignet, aber schon nach der Gesetzesbegründung nur insoweit erforderlich (und auch verhältnismäßig im engeren Sinn), als in Gaststätten Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind.
10 
§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG kann aber in diesem Sinn einschränkend verfassungskonform ausgelegt werden. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt, so ist diese geboten (Jarass/Pieroth, Grundgesetz, 8. Aufl., Art. 20 Rdnr. 34 m.w.N.). Der Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Der Begriff „Gaststätte“ ist nicht zwingend so zu verstehen, dass er jede Gaststätte umfassen soll. Insbesondere verwendet § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht den umfassenden Begriff des Gaststättengewerbes der §§ 1 LGastG, 1 ff. GastG. Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht ausweislich der Gesetzesbegründung für eine einschränkende Auslegung dahingehend, dass sie sich nur auf Gaststätten bezieht, in denen Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind. Entsprechendes gilt für den sich daraus ergebenden Sinn und Zweck der Regelung. Auch die Regelung des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG a.E., welche die Zulässigkeit von staatlichen Annahmestellen in Gaststätten regelt, spricht für diese Interpretation, da sie ausdrücklich einen Zusammenhang mit Alkoholausschank und/oder dem Betrieb von Geldspielgeräten herstellt. Auch in dieser Auslegung ist die für Wettvermittlungsstellen geltende Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG, wie vom Gesetzgeber beabsichtigt (LT-Drs. 15/2431, S. 83), noch strenger als § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 LGlüG (siehe aber unten 2. zur Vermittlung von Sportwetten in staatlichen Annahmestellen in Gaststätten). Im Übrigen geht auch die Verwaltungspraxis des Antragsgegners dahin, Untersagungsverfügungen nur gegenüber Gaststättenbetreibern zu erlassen, die Alkohol ausschenken und/oder Geldspielgeräte aufgestellt haben.
11 
2. Die verfassungskonform ausgelegte Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG ist bei unionsrechtskonformer Auslegung des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG i.V.m. § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG auch mit Art. 56 AEUV vereinbar.
12 
Die staatliche Lottogesellschaft (§ 9 Abs. 4 LGlüG) kann unter den Voraussetzungen des § 20 LGlüG Wettvermittlungsstellen für Sportwetten betreiben. Für diese gelten dann dieselben gesetzlichen Voraussetzungen wie für private Wettvermittlungsstellen einschließlich der Möglichkeit, nach § 21 Abs. 4 GlüStV n.F. erlaubte Live-Wetten zu vermitteln (arg. e § 20 Abs. 7 LGlüG). Verzichtet der staatliche Veranstalter hierauf, dürfen aber gem. § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG auch in staatlichen Annahmestellen i.S.v. § 13 Abs. 3 LGlüG Sportwetten mit Ausnahme von Live-Wetten als Nebengeschäft vermittelt werden.
13 
a) Nach § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG darf der Betrieb einer staatlichen Annahmestelle nur erlaubt werden, wenn die Annahmestelle nicht in Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, sowie in sonstigen Räumlichkeiten einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt werden, betrieben werden soll.
14 
Der Wortlaut der Regelung schließt, anders als § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG dies für private Wettvermittlungsstellen regelt, nicht aus, staatliche Annahmestellen auch in Gaststätten zu betreiben, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte aufgestellt werden, vorausgesetzt die Annahmestelle befindet sich in einem Raum, in dem weder Alkohol ausgeschenkt wird noch Geldspielgeräte aufgestellt sind.
15 
Es erscheint bereits fraglich, ob dies vom Gesetzgeber gewollt war. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 76) soll mit der Regelung grundsätzlich auch vermieden werden, dass Glücksspiel in einer Umgebung stattfindet, in der durch den Ausschank von Alkohol die Hemmschwelle herabgesetzt werden könne. Aus diesem Grund dürften in Räumlichkeiten von Gaststätten, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, keine Annahmestelle betrieben werden. Die Begründung zum Gesetzentwurf lässt mithin den Schluss zu, dass in Gaststätten, die Alkohol ausschenken, keine staatliche Annahmestelle eingerichtet werden darf. Dem entspricht auch die weitere Passage der Gesetzesbegründung, durch die fragliche Regelung solle ausgeschlossen werden, dass Annahmestellen „in einer Gaststätte, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, betrieben werden“. Für das Aufstellen von Geldspielgeräten fehlt es aber an einem solchen Befund. Nach der Gesetzesbegründung soll insoweit ausgeschlossen werden, dass Annahmestellen „in sonstigen Räumen einer Gaststätte, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, betrieben werden“.
16 
§ 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG ist aber jedenfalls dann, wenn in staatlichen Annahmestellen Sportwetten vermittelt werden, nur für den Fall unionsrechtskonform, wenn hierdurch staatliche Annahmestellen in Gaststätten, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, ausgeschlossen werden.
17 
b) Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG beschränkt die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) aufgrund des auch unionsrechtlich legitimen Gemeinwohlziels der Suchtprävention. Das Trennungsgebot ist auch grundsätzlich zur Suchtprävention geeignet und auch im Übrigen zulässig.
18 
Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung des Glücksspielbereichs steht den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie dürfen ihre Glücksspielpolitik ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten und das angestrebte Schutzniveau selbst bestimmen. Die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen sind allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das angestrebte Schutzniveau zu beurteilen. Dabei ist jede beschränkende Regelung gesondert zu prüfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013 - 8 C 10.12 -, juris, m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH). Die Eignung des Trennungsgebotes setzt dabei zusätzlich voraus, dass es zur Erreichung des mit ihm verfolgten Gemeinwohlziels in systematischer und kohärenter Weise beiträgt (vgl. BVerwG, Urteil vom 01.06.2011 - 8 C 5.10 -, BVerwGE 140, 1, Rdnr. 35).
19 
aa) Soweit sich das Sportwettenangebot privater Vermittlungsstellen mit dem Sportwettenangebot in staatlichen Annahmestellen deckt, also dann, wenn ein privater Vermittler Sportwetten ohne die Möglichkeit von Livewetten (§ 20 Abs. 7 Satz 2 LGlüG) anbietet, fehlt es aber an der Binnenkohärenz des Trennungsgebots.
20 
Erforderlich ist insoweit, dass die unionsrechtlich legitimen Ziele tatsächlich verfolgt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013, a.a.O., Rdnr. 31). Daran fehlt es, soweit private Wettvermittlungsstellen in Gaststätten, in denen Alkohol ausgeschenkt wird und/oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Sportwetten ohne Live-Wetten nicht vermitteln dürfen, dasselbe Angebot staatlicher Annahmestellen aber in Gaststätten mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten zulässig ist. Allein der Umstand, dass in dem Raum der Gaststätte, in dem sich die Annahmestelle befindet, kein Alkohol ausgeschenkt wird bzw. kein Geldspielgerät aufgestellt werden darf, würde dabei keinen effektiven Schutz vor den Gefahren darstellen, denen mit dem Trennungsgebot gerade begegnet werden soll. Auch der Umstand, dass private Wettvermittlungsstellen anders als staatliche Annahmestellen auch Sportwetten in Form von - aus Sicht des Gesetzgebers - gefährlicheren Live-Wetten anbieten dürfen und (auch) deshalb strengere Anforderungen an sie gestellt werden sollten, rechtfertigt nicht die fragliche Privilegierung staatlicher Annahmestellen in Gaststätten. An der erforderlichen und vorliegend fehlenden Binnenkohärenz der gesetzlichen Regelung ändert sich auch nichts dadurch, dass nach dem Vortrag des Antragsgegners derzeit in Baden-Württemberg nur in wenigen Gaststätten Annahmestellen eingerichtet sind.
21 
§ 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG in Verbindung mit § 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG lässt sich aber europarechtskonform auslegen, also so, dass der Binnenkohärenz genügt ist, und zwar dahingehend, dass auch staatliche Annahmestellen, in denen Sportwetten vermittelt werden, sich nicht in Gaststätten befinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt wird oder Geldspielgeräte aufgestellt sind. Für die europarechtskonforme Auslegung gelten die Überlegungen zur verfassungskonformen Auslegung entsprechend (Jarass/Pieroth, a.a.O., Art. 23 Rdnr. 41). Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung lassen eine solche Auslegung zu. Soweit der Gesetzgeber die generell strengere Reglementierung von Wettvermittlungsstellen im Vergleich zu Annahmestellen damit begründet hat, in Wettvermittlungsstellen hielten sich Kunden länger auf (LT-Drs. 15/2431, S. 83, 85), trifft dies im Übrigen dann nicht zu, wenn sich die Annahmestelle in einer Gaststätte befindet. Entsprechendes gilt, soweit das besondere Suchtpotential von in Wettvermittlungsstellen zulässigen Live-Wetten (§ 21 Abs. 4 GlüStV n.F.) im wiederholten Spiel und - dem vorangehend - im längeren Aufenthalt in der Wettvermittlungsstelle gesehen wird. Auch der Wortlaut des § 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5 LGlüG, der allgemein für Annahmestellen gilt, schließt Modifizierungen für den Fall des Angebots von Sportwetten nicht aus, wenn sich aufgrund dieses „Nebengeschäfts“ (§ 20 Abs. 7 Satz 1 LGlüG) weitere Anforderungen ergeben.
22 
bb) Das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG erweist sich aber nicht als horizontal inkohärent, weil einzelne Bundesländer keine entsprechenden Regelungen getroffen haben und auch nicht als intersektoral inkohärent, weil andere Glücksspiele in Gaststätten stattfinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte betrieben werden.
23 
Art. 56 AEUV verlangt keine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei an der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasst. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Das gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Regelungsbefugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.06.2013, a.a.O., Rdnr. 52).
24 
Eine intersektorale oder horizontale Inkohärenz liegt vielmehr erst vor, wenn unterschiedliche Regelungen oder deren Handhabung dazu führen, dass das mit einer einschränkenden Regelung verfolgte Schutzziel mit dieser Regelung nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (vgl. BVerwG, a.a.O., Rdnr. 53 m.w.N.). Festgestellt werden muss, inwieweit das Fehlen einer entsprechenden Regelung in anderen Bundesländern oder der Umstand, dass andere Glücksspiele in Gaststätten stattfinden dürfen, in denen Alkohol ausgeschenkt und/oder Geldspielgeräte betrieben werden, die Wirksamkeit des Trennungsgebotes und dessen Beitrag zur Verwirklichung des mit ihm verfolgten Ziels beeinträchtigt (vgl. BVerwG, a.a.O.). Dies ist weder ersichtlich noch mit der Beschwerdebegründung dargelegt worden (vgl. demgegenüber Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris).
25 
3. Die vorzunehmende Auslegung der §§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4, 13 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 Var. 5, 20 Abs. 7 Satz 1 und 2 LGlüG wirkt sich für den Antragsteller aber nicht aus, da er eine Gaststätte betreibt, in der Alkohol ausgeschenkt wird und Geldspielgeräte vorhanden sind, und nicht lediglich das in staatlichen Annahmestellen zulässige Sportwettenangebot, sondern auch Live-Wetten vermittelt.
26 
Dem Verstoß gegen das Trennungsgebot brauchte der Antragsgegner auch nicht durch Nebenbestimmungen begegnen. Die Sportwettenvermittlung in der Gaststätte stellte nur dann keinen Verstoß gegen das Trennungsgebot dar, wenn der Antragsteller keinen Alkohol ausschenken und keine Geldspielgeräte betreiben würde. Ermessenserwägungen zu entsprechenden Nebenbestimmungen brauchte der Antragsgegner aber nicht anzustellen, solange dem Antragsteller der Ausschank von Alkohol aufgrund einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis erlaubt ist und für das Aufstellen von Geldspielgeräten eine Bestätigung nach § 33c Abs. 3 GewO vorliegt. Aus dem gleichen Grund kommt eine Teilstattgabe im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht.
27 
4. Das Trennungsgebot ist auch nicht deshalb unanwendbar, weil § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 Richtlinie 98/34/EG notifiziert wurde.
28 
Nach Art. 8 Abs. 1 Unterabsatz 1 Richtlinie 98/34/EG übermitteln die Mitgliedstaaten grundsätzlich der Kommission jeden Entwurf einer technischen Vorschrift und unterrichten sie gleichzeitig über die Gründe, die die Festlegung einer derartigen technischen Vorschrift erforderlich machen. Auch stellt der Verstoß gegen diese Regelung einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der zur Unanwendbarkeit der betreffenden technischen Vorschrift führen kann, so dass sie im Einzelnen nicht entgegengehalten werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - C-303/04 -, juris, Rdnr. 23). Das nationale Gericht hat eine Vorschrift des nationalen Rechts, die eine technische Vorschrift darstellt, deshalb nicht anzuwenden, wenn sie der Kommission vor ihrem Erlass nicht übermittelt worden ist (vgl. EuGH, a.a.O., Rdnr. 24).
29 
Das Verwaltungsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG nach dieser Vorschrift nicht notifizierungspflichtig ist und dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass, soweit der Anwendungsbereich der Richtlinie überhaupt eröffnet ist, die für die Annahme einer Notifizierungspflicht nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 19.07.2012 - C-213/11, C-214/11 - und - C-217/11 -) erforderliche wesentliche Einschränkung bei der Vermarktung durch die fragliche Vorschrift nicht gegeben ist, weil nach § 20 Abs. 2 LGlüG in Baden-Württemberg bis zu 600 Wettvermittlungsstellen zulässig sein werden mit der Folge, dass eine Vermarktung durch das Verbot, sie (gerade) in (bestimmten) Gaststätten vorzunehmen, allenfalls marginal beeinflusst wird. Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht.
II.
30 
Unabhängig von der Frage, ob die angefochtene Verfügung sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und deshalb eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausscheidet, führt auch eine Interessenabwägung im Übrigen nicht zu einem anderen Ergebnis. Der Antragsteller hat - auch im Beschwerdeverfahren - bereits nicht dargelegt, welche wirtschaftlichen Konsequenzen der Vollzug der Untersagungsverfügung für ihn haben würde. Es bleibt insbesondere unklar, welchen Umsatz und Gewinn der Antragsteller aus der Vermittlung von Sportwetten erzielt und wie sich diese Beträge jeweils zum Gesamtumsatz und -gewinn verhalten.
31 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, der eine Gaststätte betreibt, in der sich neben Geldspielgeräten auch ein Terminal für die Vermittlung von Sportwetten an die Firma C. M. Ltd. befindet, wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017, mit dem ihm – gestützt auf § 9 Abs. 1 Satz 1, 2 und 3 Nr. 3 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) – unter Androhung von Zwangsgeldern die Vermittlung von Sportwetten untersagt und die Entfernung sämtlicher diesbezüglicher Einrichtungen verlangt wird.

Das Verwaltungsgericht München hat den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der dort anhängigen Klage (M 16 K 17.1129) des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017 anzuordnen, mit Beschluss vom 18. Mai 2017 abgelehnt. Das öffentliche Interesse am Vollzug der Untersagung überwiege das Suspensivinteresse des Antragstellers; der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Zwar finde § 21 Abs. 2 GlüStV keine unmittelbare Anwendung, die dort enthaltene gesetzgeberische Wertung könne aber über § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV bei der Prüfung der materiellen Erlaubnisfähigkeit einer Sportwettvermittlung in einer Gaststätte nutzbar gemacht werden. Dem Antragsteller sei im Rahmen des behördlichen Anhörungsverfahrens aufgezeigt worden, dass er eine der beiden in seiner Gaststätte angebotenen Glücksspielarten aufzugeben habe. Zudem verfüge er nicht über die für die Vermittlung von Sportwetten notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis.

Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Antragsteller vor, das sogenannte Trennungsgebot rechtfertige die Untersagung nicht, weil zur gleichen Zeit das Sportwettangebot bundesweit und flächendeckend geduldet werde. Im Bereich des Antragsgegners bestehe ein erhebliches Vollzugsdefizit, denn in geschätzten 500 Gaststätten stünden Sportwettterminals neben Geldspielgeräten, ohne dass mehr als eine Handvoll an Untersagungen bezogen auf das gesamte Bundesgebiet verfügt worden sei. Des Weiteren übersehe das Verwaltungsgericht, dass aufgrund der obergerichtlich festgestellten Gemeinschaftswidrigkeit des Konzessionsverfahrens derzeit nicht zwischen monopolabhängigen und -unabhängigen Vorschriften unterschieden werden könne. Weil faktisch das Sportwettenmonopol nach wie vor fortbestehe, müssten letztlich alle Sonderregelungen entweder als monopolabhängig oder -unabhängig angesehen werden. Im vorliegenden Fall sei auch nicht berücksichtigt worden, dass das Wettterminal in einer gesonderten Räumlichkeit innerhalb der Gaststätte stehe und somit dem Trennungsgebot Rechnung getragen werde. Außerdem ergebe sich weder aus dem Ausführungsgesetz des Antragsgegners zum Staatsvertrag – wie etwa aus dem entsprechenden nordrhein-westfälischen Landesgesetz – noch aus dem Staatsvertrag selbst eine Regelung, aus der folge, dass die Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte mit Geldspielgeräten nicht erlaubnisfähig sei. Im bayerischen Ausführungsgesetz werde in Art. 7 lediglich die Zahl der Wettvermittlungsstellen auf 400 begrenzt, ohne dass damit eine Ermächtigung verbunden sei, aus der sich die angeblich fehlende Erlaubnisfähigkeit einer Wettvermittlung in einer Gaststätte ergebe. Dementsprechend könne der Antragsgegner auch keine Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung benennen, sondern sich lediglich auf die allgemeinen Ziele des Glücksspielstaatsvertrags und das sogenannte Trennungsgebot berufen. Wolle man § 1 GlüStV ausreichen lassen, finde sich immer ein Grund, jedweder Wettvermittlungsstelle entgegenzuhalten, der Wettsucht Vorschub zu leisten und gegen die Ziele des Staatsvertrags zu verstoßen. Letztlich werde im Bereich der Sportwetten mit der Argumentation einer angeblich nicht vorliegenden materiellen Erlaubnisfähigkeit in verdeckter Form erneut der Erlaubnisvorbehalt eingeführt. Sei aber weder in Bayern noch bundesweit ein Erlaubnisverfahren überhaupt eröffnet, könne nicht ohne gesetzliche Grundlage eine verdeckte Erlaubnisprüfung durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang werde auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince aufmerksam gemacht. Eine Ungleichbehandlung von Vermittlern von Sportwetten im Vergleich zu Pferdewettvermittlern ergebe sich weiter aus der Spielverordnung, wonach zwar in einem Pferdewettbüro‚ nicht aber in einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zugleich Geldspielgeräte aufgestellt werden dürften. Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 18. Juni 2015 sei diese Regelung europarechtlich und verfassungsrechtlich als inkohärent anzusehen. Jedenfalls habe der Gesetzgeber in Bayern nicht ausgeschlossen, dass eine Wettvermittlungsstelle nicht auch eine Gaststätte sein könne, in der sich zusätzlich noch Geldspielgeräte befänden. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 10. November 2015 eine entsprechende Untersagung bei summarischer Prüfung noch als möglicherweise rechtmäßig erachtet habe, sei dieser Beschluss seit der Entscheidung in der Rechtssache Ince überholt. Die im Rahmen der Ermessenserwägungen von dem Antragsgegner aufgestellte Behauptung, eine Erlaubnisfähigkeit in der vorliegenden Konstellation sei unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt möglich, führe zu einer unzulässigen Ermessensreduzierung auf Null.

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage (M 16 K 17.1129) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017 hinsichtlich der Nummern 1 bis 4 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält das Beschwerdevorbringen des Antragstellers für unbegründet und verweist auf eine Stellungnahme des Landratsamts P. vom 14. Juli 2017.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwal-tungsgerichts München vom 18. Mai 2017 hat keinen Erfolg.

Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017 anzuordnen. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid vom 23. Januar 2017 getroffenen Regelungen gegenüber dem Interesse des Antragstellers, in der von ihm betriebenen Gaststätte weiterhin Sportwetten zu vermitteln, der Vorrang einzuräumen ist.

Auch wenn sich aufgrund der nur summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren keine eindeutige Aussage über die Erfolgsaussichten der Klage, deren aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, treffen lässt, ist auch nach Würdigung des Beschwerdevorbringens ein Erfolg der Klage eher unwahrscheinlich. Dem gesetzlich bestimmten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV für Nr. 1 und 2 sowie Art. 21a Satz 1 VwZVG für Nr. 3 und 4 des Bescheids) kommt daher ein höheres Gewicht zu.

1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsgrundlage für die angefochtenen Anordnungen in Nr. 1 und 2 des Bescheids § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV ist, wonach die Veranstaltung, Durchführung und – wie hier – Vermittlung von unerlaubten Glücksspielen untersagt werden kann. Die zuständige Behörde kann gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen; hierin liegt die Rechtsgrundlage für die Anordnung, „die technischen Einrichtungen, Systeme und schriftlichen Unterlagen“ aus den näher bezeichneten Räumlichkeiten zu entfernen (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 – juris Rn. 16; B.v. 13.7.2017 – 10 CS 17.10 –).

Das Verwaltungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass das Aufstellen eines Sportwettautomaten ohne entsprechende Erlaubnis den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiels erfüllt, weil hierfür eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlich ist. Sportwetten sind als Wetten gegen Entgelt Glücksspiele nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV. Da beim Anbieten von Sportwetten in einer grundsätzlich jedermann zugänglichen Gaststätte eine Teilnahmemöglichkeit für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis besteht, liegt bei den vom Antragsteller vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 2 GlüStV außerdem ein öffentliches Glücksspiel vor. Dieses ist schließlich auch unerlaubt, denn der Antragsteller besitzt nicht die für die Vermittlung dieser Wetten nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV notwendige Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV.

Soweit der Antragsteller in seiner Beschwerdebegründung das Fehlen einer Ermächtigungsgrundlage für die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der Geldspielautomaten aufgestellt sind, rügt, greift er die Ausführungen des Verwaltungsgerichts (BA, S. 10,11) zur materiellen Erlaubnisfähigkeit der Vermittlung von Sportwetten im konkreten Fall ohne Erfolg an. Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, dass § 21 Abs. 2 GlüStV die Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der zugleich Geldspielgeräte aufgestellt sind, nicht ausdrücklich regelt (BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 – juris Rn. 21 f.). Jedoch kann die in § 21 Abs. 2 GlüStV enthaltene gesetzgeberische Wertung, wonach das daraus abgeleitete sog. Trennungsgebot von Spielhallen und Sportwettvermittlungsstellen der Vermeidung einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs dient und damit eine Maßnahme der Spielsuchtprävention darstellt (LT-Drs. 16/11995, S. 30), nach summarischer Prüfung wohl über § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV bei der Prüfung der materiellen Erlaubnisfähigkeit einer Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, nutzbar gemacht werden, ohne gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und Vorbehalt des Gesetzes zu verstoßen (krit. hierzu SächsOVG, B.v. 12.1.2017 – 3 B 135/16 – juris Rn. 11). Es läuft jedenfalls dem Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zuwider, wenn in Vermittlungsstellen für Sportwetten zusätzlich auch die Möglichkeit zum Geldautomatenspiel angeboten wird. Hierdurch wird die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Anzahl anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht ist. Denn das Geldautomatenspiel bringt die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervor (LT-Drs. 16/11995, S. 20). Die räumliche Verknüpfung von gewerblichen Geldautomatenspielen in einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten bietet daher für diese in hohem Maße suchtgefährdeten Personen einen nach der Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags unerwünschten Anreiz, sich auch den Sportwetten zuzuwenden. Ebenso könnte eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden dazu animieren, sich auch dem Geldautomatenspiel zuzuwenden. Daher bestimmt auch § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV, dass in Wettannahmestellen – mit Ausnahme der nach § 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes konzessionierten Buchmacher – Geldspielautomaten nicht aufgestellt werden dürfen. Jedenfalls kann angesichts dieser gesetzgeberischen Wertungen nicht von einer offensichtlichen materiellen Erlaubnisfähigkeit der Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, ausgegangen werden (BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 – juris Rn. 22). Hieran ändert auch der vom Verwaltungsgericht in den Blick genommenen Umstand nichts‚ dass das Sportwettterminal in einem Nebenraum der Gaststätte aufgestellt ist‚ denn es befindet sich jedenfalls innerhalb derselben Gaststätte (vgl. § 21 Abs. 2 GlüStV).

Der Senat hält daher nach den vorstehenden Ausführungen und entgegen der Auffassung des Antragstellers für die vorliegende Konstellation eine ausdrückliche spezielle (landesrechtliche) Bestimmung‚ die ein Verbot von Wettvermittlungsstellen in Gaststätten mit Geldspielgeräten festgelegt (vgl. etwa § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Baden-Württembergisches Landesglückspielgesetz – LGlüG BW)‚ für nicht erforderlich.

Soweit der Antragsteller seinen erstinstanzlichen Vortrag im Hinblick auf eine (angebliche) Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern gegenüber Pferdewettbüros wiederholt‚ kann auf die Bezugnahme des Verwaltungsgerichts (UA S. 12‚ 1. Abs.) auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 25. September 2015 (Vf. 9-VII-13 u.a., Rn. 208) verwiesen werden; dort wird insbesondere auf die Besonderheiten im Bereich der Pferdewetten als historisch gewachsenes Segment im Glücksspielmarkt abgestellt. In dem vom Antragsteller in Bezug genommenen Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig-Holstein vom 18. Juni 2015 (12 A 84/15) wird zugunsten des dort klagenden Inhabers einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung‚ der zusätzlich Geldspielgeräte in seiner Lokalität aufstellen wollte‚ die Gleichheitssatzwidrigkeit von § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV festgestellt; eine derartige oder eine vergleichbare Konstellation liegt im vorliegenden Fall des Inhabers einer Erlaubnis für eine Gaststätte‚ in der neben Spielgeräten eine Vermittlung für Sportwetten betrieben wird‚ nicht vor.

2. Die Anwendung des § 21 GlüStV als Maßstab für die Prüfung der materiell-rechtlichen Zulässigkeit von Sportwetten verstößt auch unter Berücksichtigung der Entscheidung in der Rechtssache Ince (EuGH‚ U.v. 4.2.2016 – C-336/14 – NVwZ 2016‚ 369) nicht gegen Unionsrecht (Art. 56 AEUV).

Dem genannten Urteil lässt sich nicht entnehmen, das „Ahndungsverbot“ führe dazu, dass auch die materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages für private Vermittler von Sportwetten wegen des faktischen Fortbestands des glücksspielrechtlichen Monopols nicht anwendbar seien. Die Entscheidung erging im Rahmen von Strafverfahren, in denen der Wettvermittlerin zur Last gelegt wurde, Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis vermittelt zu haben. Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörden daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Wettvermittlung zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatliches Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht. Die in dem Urteil getroffenen Aussagen stellen damit zwar die Unionsrechtmäßigkeit der Erlaubnispflichtigkeit der Sportwettvermittlung in seiner derzeitigen Form bzw. Durchführung in Frage, berühren jedoch das sog. Trennungsgebot nicht (vgl. zu § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG BW: VGH BW, B.v. 20.2.2017 – 6 S 916/16 – juris Rn. 6). Die Untersagungsverfügung ist vorliegend allein darauf gestützt, dass die Art und Weise der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen sowie losgelöst von ihrer Erlaubnispflichtigkeit materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu trifft das genannte Urteil in der Rechtssache Ince keine Aussage. Im Übrigen vermag der Senat die Annahme des Antragstellers‚ eine Unterscheidung zwischen monopolabhängigen Bestimmungen des Glückspielvertrags und solchen‚ die unabhängig von dem (behaupteten) faktischen Fortbestand des Sportwettenmonopols bestehen‚ sei nicht zulässig‚ nicht nachzuvollziehen.

Die Frage, ob ein „Ahndungsverbot“ auch dann besteht, wenn zweifelhaft ist, ob die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen vorliegen, hatte der Europäische Gerichtshof nicht zu beantworten. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lässt sich jedenfalls keine so weitreichende Aussage treffen, dass sich aus der Interpretation der Entscheidungsgründe der Ince-Entscheidung ergebe, auch die nicht monopolabhängigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags könnten nicht angewandt werden, solange kein dem Unionsrecht genügendes transparentes und diskriminierungsfreies nationales Verwaltungsverfahren zur Erlangung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis existiere (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 27 ff.; ebenso VGH BW, B.v. 20.2.2017 – 6 S 916/16 – juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B.v. 10.5.2017 – 1 N 72.15 – juris Rn. 14).

3. Auch das behauptete strukturelle (landes- oder bundesweite) Vollzugsdefizit steht der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verfügungen nicht entgegen. Das Landratsamt P. hat zuletzt mit Schriftsatz vom 14. Juli 2017 für den Antragsgegner dargelegt, dass in seinem Zuständigkeitsbereich in zwei vergleichbaren Fällen Untersagungsverfahren eingeleitet worden seien und das sog. Trennungsgebot durchgesetzt worden sei. Der Antragsteller ist dagegen der Meinung, es liege ersichtlich ein Vollzugsdefizit vor, solange nicht bundesweit oder zumindest landesweit in Form eines nachvollziehbaren und weitestgehend einheitlichen Vollzugs entsprechend vorgegangen werde. Damit kann dem Antragsgegner jedoch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG kein willkürliches Vorgehen entgegen gehalten werden. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass außerhalb des Landkreises P. keine oder nur wenige vergleichbare Maßnahmen getroffen worden sein sollten – der Antragsteller spricht selbst von „einer Handvoll Ausnahmen bundesweit“ –, begründet der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Anspruch auf Rechtsanwendungsgleichheit keinen Anspruch auf Fortführung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis. Der Umstand, dass andere Glücksspielaufsichtsbehörden in Bayern oder in der Bundesrepublik in ihrem Zuständigkeitsbereich keine entsprechenden Untersagungsverfügungen gegen Sportwettenvermittler ausgesprochen haben, würde nicht dazu führen, dass der Antragsgegner ebenfalls auf ein behördliches Einschreiten gegen den Antragsteller verzichten müsste (BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 48; B.v. 13.7.2017 – 10 CS 17.10 –).

4. Auch aus den weiteren, vom Antragsteller zur Stützung seiner Rechtsansicht im Beschwerdeverfahren vorgelegten Gerichtsentscheidungen ergibt sich nichts anderes; sie betreffen andere Sachverhalte oder Rechtsprobleme.

Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2016 (8 C 5.15 – juris) verhilft seiner Argumentation nicht zum Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. Juni 2016 festgestellt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis auch keine verwaltungsrechtliche Untersagung der Wettvermittlung begründen kann, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettvermittlung nicht auf die materiell-rechtliche Unzulässigkeit der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen gestützt werden kann, ist hingegen auch diesem Urteil nicht zu entnehmen. Auch das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen geht in vergleichbaren Fällen von der Zulässigkeit einer Untersagungsverfügung aus monopolunabhängigen Gründen aus, weil es sich bei dem – landesrechtlich gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5c LGlüG NW geltenden – Trennungsgebot um eine nicht monopolbezogene Anforderung an die Sportwettvermittlung handele (OVG NW, B.v. 07.10.2016 – 4 B 177/16 – juris; vgl. zudem NdsOVG, B.v. 2.12.2016 – 11 ME 219/16 –, GewArch 2017, 80).

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in dem vom Antragsteller weiter angeführten Beschluss vom 20. Februar 2017 (4 B 609/18) in einem ähnlichen Fall offengelassen, ob § 21 Abs. 2 GlüStV verletzt ist, aber wegen im vorliegenden Fall nicht einschlägiger Gesichtspunkte einen Ermessensfehlgebrauch angenommen. Im Wesentlichen hat das Gericht beanstandet, dass die Behörde – da der dortige Antragsteller der Betreiber sowohl der Spielhalle wie auch der Sportwettenvermittlung war – durch dessen Anhörung nicht ermittelt hatte, ob statt der Untersagung der Sportwettenvermittlung als milderes Mittel auch die Einstellung des Spielhallenbetriebes in Betracht gekommen wäre. Ein solcher Sachverhalt liegt hier nicht vor.

Das Verwaltungsgericht Aachen hat in seinem Beschluss vom 2. März 2017 (3 L 430/16) in einem vergleichbaren Fall zwar die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV als (wohl) erfüllt angesehen, aber einen Ermessensfehlgebrauch angenommen, weil die Behörde die Untersagungsverfügung allein auf das (formelle) Fehlen einer Erlaubnis gestützt und außerdem mit nicht dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Erwägungen begründet hatte. Beides trifft im vorliegenden Fall nicht zu.

Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 7. März 2017 (411 HKO 24/17) schließlich betrifft wettbewerbsrechtliche Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche, wobei das Landgericht selbst feststellt, dass die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung wegen der unterschiedlichen Regelungszwecke insoweit nicht herangezogen werden könne.

5. Im Übrigen steht bei nicht eindeutigen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels dem öffentlichen Vollzugsinteresse, dem gesetzlich der Vorrang eingeräumt ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV), kein gleichwertiges Interesse des Antragstellers gegenüber. Auch wenn derzeit Konzessionen nach § 10a Abs. 2 GlüStV und Wettvermittlungserlaubnisse nach § 10a Abs. 5 GlüStV nicht erteilt werden, heißt dies nicht, dass materiell nicht offensichtlich erlaubnisfähige Wettangebote vom Antragsgegner ohne weiteres geduldet werden müssten. Der Antragsteller hat auch nicht dargelegt, dass er etwa durch die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in der Gaststätte in seiner Existenz bedroht wäre.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller betreibt in K. in der Blumenstraße 36 eine Gaststätte (Café V.). Bei einer Kontrolle am 18. August 2014 wurde festgestellt, dass neben Geldspielgeräten in dem Café auch ein Sportwettautomat aufgestellt ist.

Mit Schreiben vom 21. August 2014 forderte das Landratsamt D. den Antragsteller auf, entweder den Sportwettautomat oder die Geldspielgeräte unverzüglich zu entfernen.

Nachdem der Antragsteller dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, untersagte ihm das Landratsamt mit Bescheid vom 2. Oktober 2014 die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten im Café V. (Nr. 1) und gab ihm auf, die Tätigkeit binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides einzustellen und sämtliche technischen Einrichtungen, Systeme und schriftlichen Unterlagen, die für die Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten erforderlich seien, aus den Räumen des Cafés zu entfernen (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung der Nr. 2 des Bescheides wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro je Tag angedroht. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, dass aus glücksspielrechtlicher Sicht ein Sportwettautomat wie eine Wettvermittlungsstelle zu behandeln sei. Das gleichzeitige Aufstellen von Geldspielgeräten und Wettterminals in einer Örtlichkeit sei glücksspielrechtlich unzulässig. Dies ergebe sich aus einem Erst-Recht-Schluss aus § 21 Abs. 2 GlüStV. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei hinreichend gerichtlich bestätigt worden. Zum Ermessen führte das Landratsamt aus, dass die Untersagung der Vermittlung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV für erforderlich gehalten werde, weil es nicht möglich sei, Sportwetten in einem Gebäude legal zu vermitteln, in dem sich auch Geldspielgeräte befänden. Die Vermittlung von Sportwetten im Café V. sei nicht mit § 21 Abs. 2 GlüStV vereinbar. Damit sei die Vermittlung von Sportwetten materiell nicht erlaubnisfähig. Deshalb könne die Vermittlung auch nicht bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens toleriert werden. Die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten sei auch verhältnismäßig. Es gebe keine andere, weniger einschneidende Möglichkeit, um dem gewichtigen Gemeinwohlziel (Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht) Geltung zu verschaffen. Der Ausschank alkoholischer Getränke in der Gaststätte lade zudem zu einer längeren Verweildauer in der Wettvermittlungsstätte ein, so dass die Suchtgefahr noch höher einzuschätzen sei.

Der Antragsteller ließ gegen diesen Bescheid Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragen, den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2014 aufzuheben. Zugleich beantragte er, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Der vom Antragsgegner genannte § 21 Abs. 2 GlüStV verbiete lediglich die Vermittlung von Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Alleine das Aufstellen von Geldspielgeräten sei von der Regelung des § 21 Abs. 2 GlüStV nicht erfasst. Dies ergebe sich bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Norm. Ferner sei diese Norm abschließend.

Mit Schreiben vom 24. März 2015 ergänzte das Landratsamt die Begründung des Bescheids vom 2. Oktober 2014 insoweit, als der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 16.5.2013 - Az. 8 C 14.12) folgend davon ausgegangen werde, dass für eine Untersagung bereits die in diesem Fall zu bejahende formell Illegalität ausreiche. Eine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit der Tätigkeit des Antragstellers sei ebenfalls nicht gegeben.

Mit Beschluss vom 17. Juni 2015, dem Antragsteller zugestellt am 16. Juli 2015, lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Die formell illegale Tätigkeit des Antragstellers müsse nur dann bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens geduldet werden, wenn sie die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfülle und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich sei. Vorliegend ergebe sich die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit zum Betrieb eines Wettterminals bereits aus dem Umstand, dass der Sportwettanbieter, an den der Antragsteller Sportwetten vermittle, nicht im Besitz einer inländischen Erlaubnis sei (§ 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV). Weiter widerspreche der Betrieb eines Sportwettautomaten innerhalb der Räumlichkeiten einer Gaststätte, in der den Gästen auch Geldspielgeräte zur Verfügung gestellt würden, dem Ziel, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen (§ 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV). Auch aus dem Rechtsgedanken des § 21 Abs. 2 GlüStV ergebe sich, dass die räumliche Verknüpfung einer mit Geldspielgeräten ausgestatteten Gaststätte mit einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten unerwünschte Anreize zur Förderung von Glücksspiel- und Wettsucht biete. Es werde auf das Urteil der Kammer vom 17. März 2015 im Verfahren M 16 K 14.4670 Bezug genommen.

Mit seiner Beschwerde beantragt der Antragsteller,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 17. Juni 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 14. Oktober 2014 gegen die Untersagung der Sportwettvermittlung mit Bescheid des Antragsgegners vom 2. Oktober 2014 anzuordnen.

Die fehlende Erlaubnis des Wettveranstalters und auch des Antragstellers als Wettvermittler könne nicht zur Begründung der Untersagung der Sportwettvermittlung herangezogen werden. Der im Jahr 2012 in Kraft getretene zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag habe zu einer Liberalisierung des Sportwettmarkts und zu einer Vergabe von insgesamt 20 Konzessionen führen sollen. Aufgrund von Gerichtsentscheidungen würden derzeit aber keine Konzessionen erteilt. Es greife daher der Grundsatz der Vorrang des Unionsrechts. Danach stehe fest, dass das Sportwettenmonopol unionsrechtswidrig sei. Die Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt seien, sei nicht materiell rechtswidrig. Denn im Freistaat Bayern bestehe keine gesetzliche Grundlage, die ein Verbot der Kombination der Sportwettvermittlung mit dem Aufstellen von Geldspielgeräten enthalte. § 21 Abs. 2 GlüStV verbiete lediglich die Vermittlung von Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Auch wenn der Antragsteller in seiner Gaststätte drei Geldspielgeräte aufgestellt habe, ginge damit nicht der gastronomische Schwerpunkt verloren, es liege weiterhin ein Gaststättenbetrieb vor. Eine Auslegung des § 21 Abs. 2 GlüStV, wonach in einer Gaststätte Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, wenn zugleich Geldspielgeräte betrieben würden, verstoße gegen den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes und den Grundsatz der Wesentlichkeit. Zudem sei die Untersagung der Vermittlungstätigkeit unverhältnismäßig. Es sei möglich gewesen, neben oder anstatt der Wettvermittlungstätigkeit auch den Betrieb der Geldspielgeräte zu untersagen. Weitere Feststellungen, außer der Tatsache, dass Sportwetten durch den Antragsteller in der Gaststätte, in der sich auch Geldspielgeräte befänden, vermittelt würden und die Gaststätte lediglich ein Raum sei, seien nicht getroffen worden. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Schutzwürdigkeit des Antragstellers und dessen Vertrauen in die uneingeschränkte Geltung der europäischen Dienstleistungsfreiheit sehr groß seien.

Der Antragsgegner beantragt:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei die gegenwärtige Rechtslage der Sportwettvermittlung nicht unklar, da es geltende Gesetze gebe. Die Ausführungen zur formellen Illegalität seien nicht zweckdienlich, da diese nicht entscheidungserheblich gewesen seien. Das Verwaltungsgericht stelle zwar die formelle Illegalität fest, führe jedoch zugleich aus, dass die formell illegale Tätigkeit des Antragstellers bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens nach § 4a ff. GlüStV nur dann geduldet werden müsse, wenn die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt seien. Da § 21 Abs. 2 GlüStV schon eine weitreichende räumliche Trennung von Wettvermittlung und Spielhallen verlange, müsse ein Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV erst Recht dann angenommen werden, wenn Geldspielgeräte und Wettvermittlung in ein und demselben Lokal angeboten würden. Das Verwaltungsgericht habe den Widerspruch zum Ziel der Suchtbekämpfung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) mit Recht als zwingenden Versagungsgrund für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV angesehen. Die vom Antragsteller vorgebrachten Unterschiede zwischen Spielhallen und Gaststätten zielten in die falsche Richtung. Vielmehr sei entscheidend, dass das Vorhandensein eines Wettterminals in einem Gastraum, in dem sich auch Geldspielgeräte befänden, die Gaststättenbesucher dazu animiere, sich sowohl dem Geldautomatenspiel als auch den Sportwetten zuzuwenden und aufgrund der gaststättentypischen längeren Verweildauer auch wiederholt Wetten zu platzieren. Dies widerspreche dem Ziel, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern, und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Hinzu komme, dass nunmehr auch der Verordnungsgeber der Spielverordnung Wettannahmestellen aus Gründen der Suchtgefahr nicht als zulässige Aufstellorte für Geldspielgeräte angesehen habe. Des Weiteren sei zu beachten, dass in Spielhallen der Ausschank alkoholischer Getränke nicht erlaubt sei, weil gerade der Konsum von Alkohol und die damit verbundenen Wirkungen auf das Bewusstsein und die Psyche unter Suchtgesichtspunkten besonders gefährlich seien. Im Ausschank von alkoholischen Getränken in einer Wettvermittlungstelle sei ein weiterer Widerspruch zu den Zielen des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zu sehen, der für sich genommenen den Schluss auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit trage. Die vom Antragsteller zitierten erstinstanzlichen Urteile seien mangels Vergleichbarkeit nicht einschlägig. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung am 2. Oktober 2014 seien die Änderungen der Spielverordnung nicht in Kraft gewesen, so dass deshalb eine Untersagung nicht auf § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV habe gestützt werden können, da das Verbot des Aufstellens von Geldspielgeräten in Sportwettvermittlungsstellen erst mit Wirkung zum 11. November 2014 eingeführt worden sei. Da das Landratsamt von der grundsätzlichen Unvereinbarkeit von Geldspielgeräten und Sportwettautomaten ausgegangen sei, sei die konkrete tatsächliche Art und Weise der Vermittlung nicht von Bedeutung. Eine Duldung der Sportwettvermittlung neben den drei beim Antragsteller vorhandenen Geldspielgeräten sei schon deshalb nicht möglich.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17. Juni 2015 hat keinen Erfolg.

Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 2. Oktober 2014 anzuordnen. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der im Bescheid vom 2. Oktober 2014 getroffenen Regelungen gegenüber dem Interesse des Antragstellers, die Sportwettvermittlungsstelle weiterhin in den Räumen seiner Gaststätte zu betreiben, der Vorrang einzuräumen ist. Auch wenn sich aufgrund der nur summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren keine eindeutige Aussage über die Erfolgsaussichten der Klage, deren aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, treffen lässt, ist ein Erfolg dieses Rechtsmittels eher unwahrscheinlich. Dem gesetzlich bestimmten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV) kommt daher ein höheres Gewicht zu.

Rechtsgrundlage für die Anordnungen in Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheides vom 2. Oktober 2014 sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV für die Untersagung der Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten sowie § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV für die Anordnung der Betriebseinstellung und Entfernung sämtlicher technischer Einrichtungen.

§ 2 Abs. 4 GlüStV, wonach für Gaststätten und Wettannahmestellen der Buchmacher, soweit sie Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten bereithalten, nur die §§ 1 bis 3, 4 Abs. 3 und 4, §§ 5 bis 7 GlüStV sowie die Vorschriften des 9. Abschnitts gelten, steht der Anwendung des § 9 GlüStV nicht entgegen. Die in § 2 Abs. 4 GlüStV genannten Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages treten für in Gaststätten aufgestellte Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit neben die einschlägigen Vorschriften von Gaststättengesetz, Gewerbeordnung und Spielverordnung (Dietlein/Hüsken in Dietlein/Hecker/Rüttig, Glückspielrecht, 2. Aufl. 2013 § 2 Rn. 20; LT-Drs. 16/11995 S. 21).

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das Aufstellen eines Sportwettautomaten ohne entsprechende Erlaubnis den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiels erfüllt, weil hierfür eine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlich ist. Sportwetten sind als Wetten gegen Entgelt Glücksspiele nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV. Da beim Anbieten von Sportwetten in einer grundsätzlich jedermann zugänglichen Gaststätte, wie sie der Antragsteller betreibt, eine Teilnahmemöglichkeit für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis besteht, liegt bei den vom Antragsteller vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 2 GlüStV außerdem ein öffentliches Glücksspiel vor. Dieses ist schließlich auch unerlaubt. Denn weder verfügt der Veranstalter der vom Antragsteller in seiner Betriebsstätte vermittelten Sportwetten über die nach § 10a Abs. 2 GlüStV erforderliche Konzession, noch besitzt der Antragsteller die für die Vermittlung dieser Wetten nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV notwendige Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat der Antragsgegner die Untersagungsverfügung jedoch nicht tragend auf das Fehlen der für die Sportwettvermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderlichen Vermittlungserlaubnis gestützt. Auch wenn der Antragsgegner im Schreiben vom 24. März 2015 ausgeführt hat, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung zu rechtfertigen vermöge, hat er jedenfalls auch auf die fehlende materielle Erlaubnisfähigkeit der Sportwettvermittlung abgestellt, weil die Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der gleichzeitig Geldspielgeräte aufgestellt seien, wegen eines „Erst-Recht-Schlusses aus § 21 Abs. 2 GlüStV“ unzulässig sei und darin ein Widerspruch zu den Zielen des § 1 GlüStV liege.

Das Verwaltungsgericht ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass die im Bescheid unter Nr. 1 und Nr. 2 getroffenen Regelungen jedenfalls nicht offensichtlich ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig sind. Wenn der Antragsteller nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung und Vermittlung der von ihm vertriebenen Sportwetten verfügt, ist der Tatbestand des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV erfüllt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht wäre nur dann eine Verpflichtung des Antragsgegners, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden, anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiell-rechtlichen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllte und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung, erkennbar wäre. Die Untersagung wäre dann nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigten dagegen ein Einschreiten (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14.12 - juris Rn. 52).

Die materielle Erlaubnisfähigkeit der Sportwettvermittlung in der Gaststätte des Antragstellers, in der zugleich Geldspielautomaten aufgestellt sind, ist jedenfalls nicht offensichtlich im oben dargestellten Sinne. Es spricht zwar einiges für die Rechtsauffassung des Antragstellers, wonach § 21 Abs. 2 GlüStV die Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der zugleich Geldspielgeräte aufgestellt sind, nicht regelt. Denn eine Spielhalle i. S. d. § 21 Abs. 2 GlüStV ist gemäß § 3 Abs. 7 GlüStV ein Unternehmen oder Teil eines Unternehmens, das ausschließlich oder überwiegend der Aufstellung von Spielgeräten i. S. d. § 33c Abs. 1 Satz 1 GewO, der Veranstaltung anderer Spiele i. S. d. § 33b Abs. 1 Satz 1 GewO oder der gewerbsmäßigen Aufstellung von Unterhaltungsspielen ohne Gewinnmöglichkeit dient. Demgegenüber dürfen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV Spielgeräte nur in Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden, aufgestellt werden. Die Zahl der Geräte in Schank- und Speisewirtschaften ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV auf höchstens drei Geld- oder Warenspielgeräte begrenzt. Eine Schank- und Speisewirtschaft i. S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV liegt nur dann vor, wenn die Örtlichkeit durch den Schank- oder Speisebetrieb geprägt ist und nicht überwiegend einem anderen Zweck dient (BVerwG, B.v. 18.3.1991 - 1 B 30.91 - juris Rn. 5). Das Spielen darf also lediglich Annex zu einer im Vordergrund stehenden Bewirtungsleistung sein. Eine Schank- und Speisewirtschaft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV muss sich nach ihrem Leistungsangebot und ihrer Ausgestaltung als Gaststätte im herkömmlichen Sinne darstellen, d. h. sie wird von Besuchern in erster Linie zur Wahrnehmung der gaststättentypischen Tätigkeiten (Einnahme von Speisen und Getränken, Kommunikation) aufgesucht. Spielhallen nach § 3 Abs. 7 GlüStV und Gaststätten nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SpielV sind bezogen auf das Angebot an Geldspielgeräten somit nicht miteinander vergleichbar. Für die Auffassung, dass Gaststätten, soweit sie Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereithalten, nicht als Spielhallen i. S. d. § 21 Abs. 2 GlüStV zu behandeln sind, spricht auch, dass einige Landesgesetzgeber in den Ausführungsgesetzen zum GlüStV ausdrücklich eine Regelung aufgenommen haben, wonach Wettvermittlungsstellen in einer Spielhalle oder einem ähnlichen Unternehmen i. S. d. § 33e GewO, einer Spielbank oder einer Gaststätte, in der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden, nicht betrieben werden dürfen (z. B. § 20 Abs. 1 Satz 2 GlüSV NRW). Denn andernfalls hätte es solcher landesgesetzlicher Regelungen nicht bedurft.

Die in § 21 Abs. 2 GlüStV enthaltene gesetzgeberische Wertung, wonach das sog. Trennungsgebot von Spielhallen und Sportwettvermittlungsstellen der Vermeidung einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs dient und damit eine Maßnahme der Spielsuchtprävention darstellt (LT-Drs. 16/11995, S. 30), kann aber nach summarischer Prüfung wohl über § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV bei der Prüfung der materiellen Erlaubnisfähigkeit einer Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, nutzbar gemacht werden, ohne gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und Vorbehalt des Gesetzes zu verstoßen. Es läuft jedenfalls dem Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht nach § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zuwider, wenn in Vermittlungsstellen für Sportwetten zusätzlich auch die Möglichkeit zum Geldautomatenspiel angeboten wird. Hierdurch wird die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Anzahl anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht ist. Denn das Geldautomatenspiel bringt die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten hervor (LT-Drs. 16/11995, S. 20). Die räumliche Verknüpfung von gewerblichen Geldautomatenspielen in einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten bietet daher für diese in hohem Maße suchtgefährdeten Personen einen nach der Zielsetzung des GlüStV unerwünschten Anreiz, sich auch den Sportwetten zuzuwenden. Ebenso könnten durch eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden dazu animiert werden, sich auch dem Geldautomatenspiel zuzuwenden. Daher bestimmt nunmehr auch die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV, dass in Annahmestellen für Sportwetten Geldspielautomaten nicht aufgestellt werden dürfen. Jedenfalls kann angesichts dieser gesetzgeberischen Wertungen nicht von einer sogar offensichtlichen materiellen Erlaubnisfähigkeit der Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, ausgegangen werden.

Der Antragsgegner hat in seinen Ermessenserwägungen zu erkennen gegeben, dass ausschlaggebend für die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in der Gaststätte die erhöhte Spielsuchtgefährdung der anwesenden Personen bei gleichzeitiger Verfügbarkeit von Sportwetten und Automatenspiel war. Insbesondere hat er berücksichtigt, dass in einer Gaststätte, die Speisen und Getränke anbietet, der Kunde länger verweilt als an einem Ort, an dem ausschließlich Sportwetten vermittelt werden, so dass die Suchtgefahr noch höher einzuschätzen ist. Diese Ermessenserwägungen erweisen sich nicht als offensichtlich fehlerhaft.

Hinzu kommt, dass bei nicht eindeutigen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels dem öffentlichen Vollzugsinteresse, dem gesetzlich der Vorrang eingeräumt ist (§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV) kein gleichwertiges Interesse des Antragstellers gegenüber steht. Auch wenn derzeit Konzessionen nach § 10a Abs. 2 GlüStV und Wettvermittlungserlaubnisse nach § 10a Abs. 5 GlüStV nicht erteilt werden, heißt dies nicht, dass materiell nicht offensichtlich erlaubnisfähige Wettangebote vom Antragsgegner ohne weiteres geduldet werden müssten. Der Antragsteller hat auch nicht dargelegt, dass er durch die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten in seiner Gaststätte etwa in seiner Existenz bedroht wäre. Es spricht manches dafür, dass der durch die Wettannahmestelle generierte Umsatz nur einen geringen Anteil am Gewinn der Gaststätte inklusive des Gewinns aus der Aufstellung der Geldspielautomaten ausmacht.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO).

Tenor

1. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Bad Segeberg vom 27. September 2013 - 13a F 40/13 - sowie des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes) und in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes). Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Januar 2014 - 15 UF 165/13 - wird aufgehoben und die Sache an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Schleswig-Holstein hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass die Gerichte die Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB dazu verpflichtet haben, als Mutter eines Kindes dessen vormals rechtlichem Vater ("Scheinvater") nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung Auskunft über die Person des mutmaßlich leiblichen Vaters zu erteilen, damit der Scheinvater gegen den leiblichen Vater den Unterhaltsregressanspruch nach § 1607 Abs. 3 BGB durchsetzen kann.

I.

2

Die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft (§§ 1599 ff. BGB) führt zu deren rückwirkender Beseitigung. Ebenfalls rückwirkend entfallen damit die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den rechtlichen Vater. In dem Umfang, in dem dieser bis dahin tatsächlich Unterhalt geleistet hat, gehen die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den leiblichen Vater auf den ehemals rechtlichen Vater über (§ 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB). Einen Unterhaltsregressanspruch des Scheinvaters kennt das Bürgerliche Gesetzbuch bereits seit dem Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder von 1969 (§ 1615b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB a.F.).

3

Zur Geltendmachung des Regressanspruchs nach § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB ist der Scheinvater jedoch auf die Kenntnis der Person des leiblichen Vaters angewiesen. Fehlt ihm diese Kenntnis, stellt sich die Frage, ob er von der Mutter Auskunft darüber verlangen kann, wer als mutmaßlich leiblicher Vater in Betracht kommt. Ein solcher Anspruch ist nicht ausdrücklich geregelt.

4

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259 ff.) dem Scheinvater einen gemäß § 242 BGB auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsanspruch zuerkannt. Das durch die Auskunftspflicht berührte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter wiege in Fällen, in denen sie den Mann zur Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses veranlasst habe, regelmäßig nicht schwerer als der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz. In einem Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207 ff.) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die mit dem Scheinvater verheiratete Mutter nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung zur Auskunft verpflichtet sein könne. In einem weiteren Beschluss hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass der Auskunftsanspruch stets die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung voraussetze und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mutter sowie der Anspruch des Scheinvaters auf effektiven Rechtsschutz im Einzelfall gegeneinander abzuwägen seien (BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.).

II.

5

Die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin führte mit dem Antragsteller des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Antragsteller) - dem späteren Scheinvater - eine Beziehung, während derer sie schwanger wurde. Die Beschwerdeführerin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein anderes wenige Monate altes Kind. Vor der Geburt dieses ersten Kindes hatten die Beschwerdeführerin und der Antragsteller bereits eine sexuelle Beziehung unterhalten, der das erste Kind aber nicht entstammt. Nachdem die Beschwerdeführerin und der Antragsteller infolge der zweiten Schwangerschaft geheiratet hatten, wurde die zweite Tochter der Beschwerdeführerin Anfang Oktober 1991 ehelich geboren, so dass der Antragsteller nach § 1592 Nr. 1 BGB rechtlicher Vater dieses Kindes wurde. Die Beschwerdeführerin erwähnte gegenüber dem Antragsteller nicht, dass auch eine andere Person als Erzeuger des Kindes in Betracht kam, behauptete aber auch nicht ausdrücklich, dass der Antragsteller der leibliche Vater sei. Im Jahr 1994 eröffnete die Beschwerdeführerin dem Antragsteller in einem Brief die Möglichkeit, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte. Im Jahr 1995 wurde die Ehe geschieden. Der Antragsteller beantragte das alleinige Sorgerecht für die Tochter. Daraufhin lebte das Kind jedenfalls zeitweise bei ihm. Sowohl der Antragsteller als auch die Beschwerdeführerin zahlten zeitweise Kindesunterhalt.

6

Im Jahr 2010 focht der Antragsteller erfolgreich die Vaterschaft an. Im Oktober 2012 forderte er die Beschwerdeführerin zwecks Durchsetzung seines Unterhaltsregressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB auf mitzuteilen, wer der mutmaßlich leibliche Vater ihrer Tochter ist. Die Beschwerdeführerin verweigerte die Auskunft. Daraufhin nahm der Antragsteller die Beschwerdeführerin im Ausgangsverfahren auf Auskunft in Anspruch.

III.

7

1. Das Amtsgericht verpflichtete die Beschwerdeführerin mit angegriffenem Beschluss, dem Antragsteller Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu geben. Der Anspruch folge aus § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB. Die für eine Auskunftsverpflichtung geforderte Sonderrechtsverbindung ergebe sich aus der Ehe der Beteiligten. Das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin sei nicht vorrangig, da sie den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Nur sie habe über das Wissen verfügt, dass sie innerhalb der Empfängniszeit Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt habe. Der Auskunftsanspruch sei weder verjährt noch verwirkt.

8

2. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht zurück. Zur Begründung führte es aus, die Rechtsfragen zu der aus § 242 BGB hergeleiteten Auskunftspflicht der Kindesmutter gegenüber dem Scheinvater seien durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 9. November 2011 (BGHZ 191, 259) grundsätzlich geklärt. Im Beschluss vom 20. Februar 2013 (BGHZ 196, 207) habe der Bundesgerichtshof auch die Auskunftspflicht der - wie hier - geschiedenen Mutter nach der Anfechtung der ehelichen Vaterschaft gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann bejaht.

9

Der Einwand, das dem Auskunftsanspruch vorausgegangene Vaterschaftsanfechtungsverfahren sei verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen, sei angesichts der rechtskräftigen Feststellung des Nichtbestehens der Vaterschaft unerheblich. Der weitere Einwand, auch der Regressanspruch gegen den biologischen Vater sei verjährt und verwirkt, stehe weder dem Rechtsschutzbedürfnis noch dem Auskunftsanspruch in der Sache entgegen.

10

Es könne dahinstehen, ob die Heirat vorwiegend auf Betreiben des Antragstellers oder der Beschwerdeführerin erfolgt sei. Denn es sei ohne weiteres davon auszugehen, dass ersterer, wie er dargelegt habe, die Ehe nicht geschlossen hätte, wenn er Zweifel an seiner Vaterschaft gehabt hätte, die bei ihm unstreitig frühestens 1994 aufgekommen sein könnten. Unerheblich sei insoweit auch, ob die Beschwerdeführerin seinerzeit selbst davon ausgegangen sei, der Antragsteller sei der Vater. Weil sie in der Empfängniszeit Verkehr mit einem anderen Mann gehabt habe, habe sie über ein Wissen verfügt, das ihre behauptete Sicherheit über die Vaterschaft des Antragstellers nicht gerechtfertigt habe.

11

Die Auskunftserteilung sei der Beschwerdeführerin zumutbar und die diesbezügliche Verpflichtung verletze nicht ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Dieses wiege auch in Fällen einer Eheschließung während der Schwangerschaft nicht stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz, wenn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon die von der Mutter veranlasste Abgabe eines Vaterschaftsanerkenntnisses in nichtehelichen Beziehungen ihr Persönlichkeitsrecht zurücktreten lasse.

12

Die Verpflichtung zur Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters berühre zwar das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, das auch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre umfasse und zu dem die persönlichen, auch geschlechtlichen Beziehungen zu einem Partner gehörten. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbare. "Ein solcher Eingriff" liege hier jedoch nicht vor. Aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der Vaterschaft durch den Antragsteller stehe ohnehin fest, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe. Es gehe also nur noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Bei der gebotenen Interessenabwägung der beiderseitigen Rechte sei zu berücksichtigen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin durch das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz begrenzt sei. Ohne eine Auskunft der Beschwerdeführerin zu der Person, die ihr während der Empfängniszeit beigewohnt habe, könne der Antragsteller den Anspruch auf Unterhaltsregress nicht durchsetzen.

IV.

13

Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.

14

Sie habe zur Zeit der Zeugung des Kindes entsprechend dem Wunsch des Antragstellers mit diesem lediglich eine lockere Beziehung geführt, während derer sie lediglich einmal Geschlechtsverkehr mit einem anderen Mann gehabt, dies aber bei Feststellung der Schwangerschaft bereits wieder vergessen habe. Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers seien bei ihr erst aufgrund des Aussehens des Kindes aufgekommen, als dieses größer geworden sei. Sie habe jedoch niemals behauptet, dass nur der Antragsteller als Vater in Betracht gekommen sei und sie in der Empfängniszeit keinen anderen Sexualpartner gehabt habe. Dem Antragsteller sei es wichtig gewesen, "sich die Rechte an dem Kind zu sichern", weshalb er auch die Beschwerdeführerin aus freien Stücken geheiratet habe. Die Heiratspläne seien von ihm ausgegangen und von seinen Eltern forciert worden. Die Vaterschaft habe er erst angefochten, nachdem die Tochter ihn gebeten habe, für einen Antrag auf Ausbildungsförderung (BAföG) seine finanziellen Verhältnisse offenzulegen. Bereits 1994 habe die Beschwerdeführerin dem Antragsteller jedoch in einem Brief die Möglichkeit eröffnet, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte.

15

Obwohl damit das Anfechtungsrecht verjährt beziehungsweise verwirkt gewesen sei, habe das Vaterschaftsanfechtungsverfahren Erfolg gehabt, weil das anwaltlich nicht vertretene Kind dem Antrag letztlich nicht entgegengetreten sei. Auch der Regressanspruch sei wegen der bereits bei der Scheidung bestehenden Kenntnis der Möglichkeit, nicht der biologische Vater zu sein, verjährt und wegen des Verhaltens des Antragstellers verwirkt.

16

Die Verpflichtung zur Auskunft stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin dar. Der Antragsteller sei damals 27 Jahre alt gewesen, sei um einiges lebenserfahrener gewesen als die damals zwanzigjährige Beschwerdeführerin und habe gewusst, dass sie bereits ein Kind von einem anderen Mann gehabt habe. Sie habe ihn vor der Geburt nicht aufgefordert, ihn zu heiraten oder die Vaterschaft anzuerkennen. Beiden sei nach Feststellung der Schwangerschaft klar gewesen, dass er als Vater in Betracht komme. Da sie ihn nicht durch falsche Angaben zur Heirat veranlasst und zu diesem Zeitpunkt selbst keine Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers gehabt habe, begegne die Verpflichtung zur Auskunft erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es sei ihr nicht zuzumuten, durch Angaben zur Person des mutmaßlichen Vaters an der Beseitigung der dem Antragsteller entstandenen Nachteile mitzuwirken, zumal er diese bewusst in Kauf genommen habe, da er trotz des Wissens, wahrscheinlich nicht der Vater des Kindes zu sein, sowohl das Sorgerechtsverfahren angestrengt als auch Unterhaltsleistungen erbracht habe. Angesichts des Nichtbestehens einer Ehe, sondern einer nur lockeren Beziehung mit der Beschwerdeführerin und mangels entsprechender Aussagen ihrerseits, habe der Antragsteller auch nicht davon ausgehen dürfen, dass sie keine weiteren sexuellen Kontakte gehabt habe. Es sei ihm unbenommen gewesen, vor der Heirat eine Aufklärung über seine Vaterschaft herbeizuführen oder die Eingehung der Ehe beziehungsweise eine Anerkennung der Vaterschaft von der Feststellung seiner biologischen Vaterschaft abhängig zu machen. Die Verpflichtung zur Auskunft über sexuelle Beziehungen aus einer Zeit, in der die Beschwerdeführerin mit dem Antragsteller weder verheiratet gewesen sei noch mit ihm in einer festen Beziehung gelebt habe, stelle einen Eingriff in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung dar.

17

Sollte ein Eingriff in diesen unantastbaren Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin zu verneinen sein, hätte zumindest die bei zulässigen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht gebotene Interessenabwägung zugunsten der Beschwerdeführerin ausfallen müssen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht sei nicht verhältnismäßig. Dieses wiege in der vorliegenden Situation, da die Beschwerdeführerin den Antragsteller nicht zur Eingehung der Ehe veranlasst habe, stärker als der Anspruch des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Unterhaltsregresses.

V.

18

Zum Verfahren haben der Bundesgerichtshof, der Deutsche Familiengerichtstag, die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht Stellung genommen. Der Antragsteller verteidigt in der Erwiderung auf die Verfassungsbeschwerde die angegriffenen Entscheidungen. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens sind beigezogen worden und liegen vor.

19

1. Der Bundesgerichtshof weist in seiner Stellungnahme insbesondere auf seine beiden in der angegriffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts zitierten Entscheidungen hin (BGHZ 191, 259; 196, 207).

20

2. Der Deutsche Familiengerichtstag sowie der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht messen der Verfassungsbeschwerde keine Erfolgsaussichten bei. Die angegriffenen Entscheidungen hätten die Grundrechtspositionen der Beschwerdeführerin in ausreichender Weise einbezogen und abgewogen. Der Deutsche Familiengerichtstag ist der Auffassung, eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung verletze nicht das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin, weil es dieser aufgrund der Rechte des Kindes verwehrt sei, diesem gegenüber den Namen des mutmaßlich leiblichen Vaters dauerhaft geheim zu halten. Bei einem ohnehin schon offenbar gewordenen Mehrverkehr stelle es keinen unverhältnismäßigen Eingriff dar, dem bisherigen rechtlichen Vater die gleichen Informationen zu geben.

21

3. Die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Fachgerichte hätten nicht die gebotene Abwägung der widerstreitenden Grundrechte im Einzelfall vorgenommen. Außerdem stelle die Nennung des konkreten Namens nicht "nur" eine geringfügige Mehrbelastung der Beschwerdeführerin dar, nachdem ohnehin schon feststehe, dass der Antragsteller nicht der Vater des Kindes sei. Die Preisgabe der Information, wen sich die Beschwerdeführerin als Sexualpartner ausgesucht habe, sei ein empfindlicher Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht. Der vorliegende Fall unterscheide sich von der höchstrichterlich bereits entschiedenen Konstellation, in der die Mutter die zur rechtlichen Vaterschaft führende Vaterschaftsanerkennung aktiv herbeigeführt habe. Die Gerichte hätten unberücksichtigt gelassen, dass das Kind im vorliegenden Fall vor der Ehe gezeugt worden sei und damit aus einer Zeit stamme, als das Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, nicht ohne weiteres gerechtfertigt gewesen sei. Wenn die Beschwerdeführerin gegenüber dem Antragsteller schon früh Zweifel an dessen Vaterschaft geäußert habe, habe sich der Antragsteller sehenden Auges in eine mögliche Regresssituation begeben. Das Recht des Antragstellers auf effektiven Rechtsschutz müsse zurücktreten, da er sich nach der Scheidung sogar noch aktiv um das Sorgerecht bemüht und er mit der Tochter emotional verbunden in einer sozial-familiären Beziehung gelebt habe. Rechtsvergleichend betrachtet sei der Scheinvaterregress ohnehin kein in Europa allgemein konsentierter Wert mehr.

B.

22

Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.

23

Die Verurteilung der Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 1353 Abs. 1 in Verbindung mit § 242 BGB, ihrem früheren Ehemann und vormaligen rechtlichen Vater ihres Kindes zur Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, ist verfassungswidrig.

24

Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, weil sie die Tragweite der Grundrechte der Beschwerdeführerin verkennen. Die Zivilgerichte haben im Ausgangsverfahren den grundrechtlichen Einfluss unzutreffend eingeschätzt, worauf die angegriffenen Entscheidungen beruhen (I.).

25

Unabhängig von den Umständen des vorliegenden Falls überschreitet die trotz Fehlens einer eindeutigen Grundlage im geschriebenen Recht richterlich herbeigeführte Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung zudem die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, was die Beschwerdeführerin ebenfalls in ihren Rechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) (II.).

I.

26

Die Beschwerdeführerin ist angesichts der Umstände des vorliegenden Falls in ihrem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die Gerichte haben die Bedeutung, die diesem Grundrecht hier zukommt, unzutreffend eingeschätzt (1.). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären, wenn sie dem Grundrecht der Beschwerdeführerin bei der Abwägung mit dem entgegenstehenden Interesse ihres früheren Ehemannes an der Durchsetzung seines Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB das verfassungsrechtlich gebotene Gewicht beigemessen hätten (2.).

27

1. Die Gerichte haben die Bedeutung, die dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin zukommt, unzutreffend eingeschätzt.

28

a) Die Beschwerdeführerin erleidet durch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Durch die Verpflichtung, über die Person des mutmaßlichen leiblichen Vaters Auskunft zu erteilen, wird sie gezwungen, eine geschlechtliche Beziehung zu einem bestimmten Mann oder zu mehreren bestimmten Männern preiszugeben. Damit muss sie intimste Vorgänge ihres Privatlebens offenbaren. Für die meisten Menschen dürfte es wenige Vorgänge von größerer Intimität geben, deren Geheimhaltung ihnen um ihrer persönlichen Integrität willen wichtiger wäre als ihre geschlechtlichen Beziehungen.

29

Das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre der Einzelnen auch Aspekte des Geschlechtslebens und das Interesse, diese nicht offenbaren zu müssen. Der Schutz der Privat- und Intimsphäre umfasst Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, insbesondere weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es gerade auch im Bereich der Sexualität der Fall ist. Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wäre die sexuelle Entfaltung erheblich beeinträchtigt, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. BVerfGE 101, 361 <382> m.w.N.). Mit dem Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre spezifisch geschützt ist das Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner nicht offenbaren zu müssen, sondern selbst darüber befinden zu können, ob, in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird (vgl. BVerfGE 117, 202 <233> m.w.N.).

30

b) Dem haben die Gerichte hier im Ansatz zutreffend das Interesse des Scheinvaters an der Durchsetzung seines einfachrechtlichen Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB gegenübergestellt. Obwohl das Interesse, selbst darüber zu befinden, ob und wem Einblick in das Geschlechtsleben gewährt wird, verfassungsrechtlich schwer wiegt, mag das Geheimhaltungsinteresse einer Mutter gegenüber dem finanziellen Regressinteresse eines Scheinvaters in bestimmten Konstellationen etwa wegen ihres früheren Verhaltens weniger schutzwürdig sein (vgl. für den Fall, dass der Scheinvater von der Mutter zur Vaterschaftsanerkennung veranlasst worden war BGHZ 191, 259 ff.; s. auch BGH, Beschluss vom 2. Juli 2014 - XII ZB 201/13 -, FamRZ 2014, S. 1440 ff.). So mag insbesondere in solchen Konstellationen, in denen die Mutter aufgrund ihres Verhaltens dem Scheinvater wegen seiner dem Scheinkind erbrachten Leistungen nach § 826 BGB schadenersatzpflichtig ist (vgl. BGHZ 196, 207 ff. m.w.N.), ihr auch die Verpflichtung zur Auskunftserteilung im Hinblick auf den Regressanspruch aus § 1607 Abs. 3 BGB verfassungsrechtlich zumutbar sein. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater zur Durchsetzung seines Regressanspruchs auch gegen ihren Willen Auskunft über die Person des Vaters zu erteilen, ist darum verfassungsrechtlich nicht von vornherein ausgeschlossen.

31

c) Im vorliegenden Fall haben die Gerichte jedoch die Bedeutung des Rechts der Beschwerdeführerin, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem sie Einblick in ihre Intimsphäre und ihr Geschlechtsleben gibt, unzutreffend eingeschätzt.

32

Das Amtsgericht hat dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführerin allein deshalb keine Bedeutung beigemessen, weil die Beschwerdeführerin den Antragsteller, der bei Eingehung der Ehe davon ausgegangen sei, der leibliche Vater des Kindes zu sein, nicht darüber aufgeklärt habe, dass nicht er allein als biologischer Vater in Betracht komme. Damit hat es den durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gebotenen Schutz der Beschwerdeführerin unzulässig verkürzt und hat es versäumt, deren Interesse, den Namen des mutmaßlichen Vaters nicht nennen zu müssen, anhand der konkreten Umstände des Falls gegen das finanzielle Regressinteresse des Antragstellers abzuwägen.

33

Demgegenüber hat das Oberlandesgericht zwar festgestellt, dass die Verpflichtung der Beschwerdeführerin, Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters ihres Kindes zu geben, deren Persönlichkeitsrecht berührt. Gleichwohl setzt sich auch das Oberlandesgericht im Anschluss aus unzutreffenden Erwägungen mit der Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin nicht mehr auseinander und wägt deren Grundrecht damit nicht weiter mit den finanziellen Interessen des Antragstellers ab. So stellt das Gericht zunächst zwar zutreffend fest, das allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze die Befugnisse des Einzelnen, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, inwieweit und wem gegenüber er persönliche Lebenssachverhalte offenbart. Es nimmt dann aber an, "ein solcher Eingriff" liege hier nicht vor, weil aufgrund der erfolgreichen Vaterschaftsanfechtung feststehe, dass die Beschwerdeführerin in der Empfängniszeit mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe; es gehe also "nur" noch um die Frage, wer als Vater in Betracht komme. Damit verkennt das Gericht, dass zur verfassungsrechtlich geschützten Intimsphäre der Mutter gerade auch die Frage gehört, mit welchem Partner oder welchen Partnern sie eine geschlechtliche Beziehung eingegangen ist. Die Offenbarung und Nennung von Partnern sexueller Kontakte ist mit Blick auf den Schutz der Privatsphäre der betroffenen Frau oftmals sogar noch von größerer Brisanz als der Umstand, dass es überhaupt zur außerehelichen Zeugung eines Kindes gekommen ist. Das durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht spezifisch geschützte Recht der Beschwerdeführerin, geschlechtliche Beziehungen zu einem bestimmten Partner nicht offenbaren zu müssen, war mit der Offenlegung des Mehrverkehrs nicht verbraucht und hätte bei der von den Gerichten vorzunehmenden Interessenabwägung weiter Berücksichtigung finden müssen.

34

2. Die Entscheidungen beruhen auf der Verkennung der Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, weil die Gerichte gerade infolge dieser Verkennung die für und gegen die Schutzwürdigkeit der Beteiligten sprechenden konkreten Umstände des vorliegenden Falls nicht näher gewürdigt und nicht in die Entscheidung eingestellt haben. Insbesondere haben die Gerichte unberücksichtigt gelassen, dass das Kind vor der Ehe gezeugt wurde und damit aus einer Zeit stammt, in der ein Vertrauen des Antragstellers, allein als Kindesvater in Betracht zu kommen, angesichts der Umstände des vorliegenden Falls nicht ohne weiteres begründet war. In diesem Zusammenhang ist auch die Beschreibung der Qualität der Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Antragsteller zur Empfängniszeit von Bedeutung, welche die Beschwerdeführerin lediglich als "locker" bezeichnet hat und zu der die Gerichte keine weiteren Feststellungen getroffen haben. Die Gerichte sind auch nicht näher darauf eingegangen, dass die Beschwerdeführerin - vom Antragsteller unwidersprochen - dargelegt hat, dem Antragsteller gegenüber nie behauptet zu haben, das Kind könne nur von ihm abstammen. Auch der Umstand, dass der Antragsteller nach der Scheidung im Jahr 1995 das Sorgerecht für das Kind gegen den Willen der Mutter für sich erstritten hat, obwohl die Beschwerdeführerin ihm bereits 1994 in einem Brief die Möglichkeit eröffnet hatte, dass er nicht der leibliche Vater sein könnte, wurde nicht gewürdigt. Möglicherweise wäre auch der vom Oberlandesgericht als nicht klärungsbedürftig angesehenen Frage Bedeutung beizumessen gewesen, ob die Darlegung der Beschwerdeführerin zutrifft, dass nicht sie den Antragsteller zur Eheschließung veranlasst und so in die rechtliche Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB gedrängt habe. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Gerichte bei Würdigung dieser Gesichtspunkte zu einem anderen Ergebnis gelangt wären.

II.

35

Die gerichtliche Verpflichtung der Mutter, zur Durchsetzung eines Regressanspruchs des Scheinvaters (§ 1607 Abs. 3 BGB) Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters des Kindes zu erteilen, überschreitet unabhängig von den konkreten Umständen des vorliegenden Falls die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, weil es hierfür an einer hinreichend deutlichen Grundlage im geschriebenen Recht fehlt. Die Beschwerdeführerin ist dadurch in ihren Grundrechten verletzt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).

36

Auf die Generalklausel des § 242 BGB lässt sich ein Anspruch des Scheinvaters gegen die Mutter, diesem zur Durchsetzung seines gegen den leiblichen Vater des Kindes gerichteten Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 BGB Auskunft über die Person des mutmaßlichen Vaters zu erteilen, nicht stützen. Dafür fehlen nähere Anknüpfungspunkte im einfachen Recht. Dieser bedürfte es aber, weil die Auskunftsverpflichtung auf der einen Seite das Persönlichkeitsrecht der Mutter erheblich beeinträchtigt (s.o., I.1.a), ohne dass auf der anderen Seite die zivilgerichtliche Stärkung des vom Gesetzgeber schwach ausgestalteten Regressanspruchs des Scheinvaters verfassungsrechtlich geboten wäre (sogleich unter 3.a).

37

1. Der geltend gemachte Auskunftsanspruch ist nicht ausdrücklich geregelt, obgleich das Gesetz mit § 1605 BGB eine Auskunftsregelung zur Durchsetzung unterhaltsrechtlicher Ansprüche kennt. Diese Vorschrift ist hier jedoch nicht anwendbar. § 1605 BGB bestimmt, dass Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet sind, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Eine Verpflichtung der Mutter, dem Scheinvater Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, wenn dies zur Feststellung einer Unterhaltsregressverpflichtung erforderlich ist, ist dort hingegen nicht geregelt (vgl. BGHZ 191, 259 <265 f. Rn. 18>).

38

Die Zivilgerichte leiten den geltend gemachten Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ab (s.o., A.I.). Sie stützen sich dabei auf die ursprünglich zu anderen Rechtsverhältnissen begründete ständige Rechtsprechung, nach der Treu und Glauben grundsätzlich gebieten, dem Anspruchsberechtigten einen Auskunftsanspruch zuzubilligen, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu erteilen (BGHZ 191, 259 <266 Rn. 20> m.w.N.).

39

2. a) Gegen die gerichtliche Begründung von Auskunftsansprüchen in Sonderverbindungen aufgrund der Generalklausel des § 242 BGB ist verfassungsrechtlich im Grundsatz nichts einzuwenden. Schöpferische Rechtsfindung durch gerichtliche Rechtsauslegung und Rechtsfortbildung ist praktisch unentbehrlich und wird vom Bundesverfassungsgericht seit jeher anerkannt (vgl. BVerfGE 34, 269 <287 f.>; 49, 304 <318>; 65, 182 <190 f.>; 71, 354 <362>; 128, 193 <210>; 132, 99 <127 Rn. 74>). Dass der Gesetzgeber den Zivilgerichten mit den Generalklauseln des Privatrechts besonders weite Möglichkeiten der Rechtsfortbildung verschafft, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bieten die privatrechtlichen Generalklauseln den Zivilgerichten nicht zuletzt die Möglichkeit, die Schutzgebote der Grundrechte zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 97, 169 <178>; stRspr) und so die gesetzgeberische Erfüllung grundrechtlicher Schutzaufträge zu ergänzen; die Zivilgerichte verhelfen den Grundrechten so in einem Maße zur praktischen Wirkung, das zu leisten der Gesetzgeber im Hinblick auf die unübersehbare Vielfalt möglicher Fallgestaltungen (vgl. BVerfGE 102, 347 <361>) allein kaum in der Lage wäre (vgl. hierzu insbesondere Ruffert, Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001, S. 132, 232; Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, 2003, S. 324 f.; Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 90 ; Michael/Morlok, Grundrechte, 4. Aufl. 2014, Rn. 571 f.).

40

b) Die gerichtliche Rechtsfortbildung stößt jedoch an verfassungsrechtliche Grenzen. Solche ergeben sich auch aus den Grundrechten. Sie müssen von Fall zu Fall bestimmt werden und kommen auch bei richterlicher Rechtsfortbildung aufgrund von Generalklauseln des Privatrechts zum Tragen.

41

Soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung weiter, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird (vgl. BVerfGE 34, 269 <284 ff., 291>; 65, 182 <194 f.>; 122, 248 <286> - abw. M.). Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt (vgl. BVerfGE 65, 182 <194 f.>; 71, 354 <362 f.>; 122, 248 <286, 301> - abw. M.); die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des einfachen Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt.

42

Bei der gerichtlichen Entscheidung zivilrechtlicher Streitigkeiten, in denen überwiegend Interessenkonflikte zwischen Privaten zu lösen sind, trifft regelmäßig die Beeinträchtigung einer Rechtsposition auf der einen Seite mit der Förderung einer Rechtsposition auf der anderen Seite zusammen. Belastet ein Zivilgericht eine Person etwa mit einer im Wege der Rechtsfortbildung begründeten Pflicht, so erfolgt dies zumeist, um die Rechtsposition einer anderen Person zu stärken. Je schwerer der verfassungsrechtliche Gehalt der gestärkten Position wiegt, umso klarer ist eine entsprechende Lösung dem Gericht wie dem Gesetzgeber durch die Verfassung vorgezeichnet und umso weiter kann die Befugnis der Gerichte reichen, diese Position im Wege der Rechtsfortbildung - auch unter Belastung einer gegenläufigen, aber schwächeren Rechtsposition - durchzusetzen (so etwa BVerfGE 96, 56 <62 ff.>). Umgekehrt gilt jedoch genauso: Je schwerer die Belastung verfassungsrechtlich wiegt und je schwächer der verfassungsrechtliche Gehalt der damit durchzusetzenden Gegenposition ist, umso enger sind die Grenzen für die Rechtsfortbildung gesteckt, umso strikter muss sich also die zivilgerichtliche Rechtsfindung innerhalb der Grenzen des gesetzten Rechts halten. Die Grenzen richterlicher Rechtsfindung verlangen gerade dort besondere Beachtung, wo sich die rechtliche Situation des Bürgers verschlechtert, ohne dass verfassungsrechtliche Gründe dafür ins Feld geführt werden können (BVerfGE 122, 248 <301> - abw. M.). Auf eine privatrechtliche Generalklausel lässt sich eine verfassungsrechtlich schwerwiegende Belastung eines Beteiligten dann umso weniger stützen, je weniger sich im einfachgesetzlichen Umfeld Anknüpfungspunkte dafür finden lassen (vgl. Röthel, Normkonkretisierung im Privatrecht, 2004, S. 120 f.).

43

3. Danach sind die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung hier durch die Grundrechte enger bemessen (a). Sie sind durch die angegriffenen Entscheidungen überschritten (b).

44

a) Die grundrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind hier enger gesteckt, weil die Auskunftsverpflichtung verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen in erheblichem Maße beeinträchtigt, die für die Auskunftspflicht ins Feld geführten Gründe hingegen verfassungsrechtlich gering wiegen.

45

Die mit der Auskunftsverpflichtung einhergehende Grundrechtsbeeinträchtigung der Beschwerdeführerin wiegt schwer (s.o., B.I.1.a). Darüber hinaus beeinträchtigt die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Auskunftserteilung mittelbar das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Familienleben eines zu benennenden Mannes.

46

Dem steht hier allein das Interesse des Scheinvaters an einer Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit seines einfachgesetzlichen Regressanspruchs gegenüber. Dass der Gesetzgeber den Regressanspruch durchsetzungsschwach ausgestaltet hat, indem er es unterlassen hat, diesen durch einen entsprechenden Auskunftsanspruch zu flankieren, bedarf von Verfassungs wegen nicht der Korrektur. Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht gezwungen, einen durchsetzungsstärkeren Regressanspruch zu schaffen. Wie das Interesse der Mutter an der Geheimhaltung intimer Daten ihres Geschlechtslebens einerseits und das finanzielle Regressinteresse des Scheinvaters andererseits zum Ausgleich gebracht werden, liegt im Ausgestaltungsspielraum des Privatrechtsgesetzgebers (dazu generell BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 68 ff.>). Auch der Ausgestaltungsspielraum des Gesetzgebers findet zwar Grenzen in den Grundrechten der Betroffenen. Dass der Gesetzgeber hier durch die Nichtregelung einer den Regressanspruch flankierenden Auskunftsverpflichtung grundrechtliche Mindeststandards zulasten des Scheinvaters unterschritten hätte, ist jedoch - zumal angesichts des hohen verfassungsrechtlichen Stellenwerts des betroffenen Geheimhaltungsinteresses der Mutter - nicht ersichtlich. Auch im Rechtsvergleich erweist sich die uneingeschränkte Gewährung eines Regressanspruchs nicht als selbstverständlich (vgl. Helms, FamRZ 2013, S. 943 f. m.w.N.); die Wissenschaftliche Vereinigung für Familienrecht hat in ihrer Stellungnahme zu diesem Verfahren dargelegt, die hier in Rede stehende Position des Scheinvaters sei nicht als in Europa allgemein konsentierter Wert anzusehen.

47

Zwar können die Zivilgerichte individuelle Rechtspositionen grundsätzlich auch über das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß hinaus im Wege der Rechtsfortbildung stärken. Im Fall des hier zu beurteilenden Auskunftsanspruchs ist der Spielraum für richterliche Rechtsfortbildung, die über das verfassungsrechtlich Gebotene hinausginge, jedoch wegen des entgegenstehenden Grundrechts der Mutter enger bemessen.

48

b) Danach können die Gerichte die Verpflichtung einer Mutter, zur Durchsetzung des Regressanspruchs aus § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB Auskunft über frühere Geschlechtspartner zu erteilen, nicht allein auf die Generalklausel des § 242 BGB stützen. Vielmehr setzt die gerichtliche Verpflichtung einer Mutter zur Preisgabe des Partners oder der Partner geschlechtlicher Beziehungen konkretere gesetzliche Anknüpfungspunkte voraus, aus denen sich ablesen lässt, dass eine Mutter zur Auskunftserteilung der fraglichen Art verpflichtet ist.

49

Solche Anknüpfungspunkte finden sich hier nicht. Die in § 1605 BGB getroffene Regelung von Auskunftsansprüchen im Unterhaltsrecht deutet im Gegenteil darauf hin, dass zur Durchsetzung des Unterhaltsregressanspruchs keine Auskunftspflicht bestehen soll. In § 1605 BGB ist die Verpflichtung Verwandter geregelt, einander erforderlichenfalls über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung der Mutter, Auskunft über geschlechtliche Beziehungen zu einem Partner zu erteilen, findet sich hingegen nicht, obwohl dem Gesetzgeber nicht entgangen sein kann, dass zur Durchsetzung eines Regressanspruchs die Kenntnis des Erzeugers erforderlich ist und dass in vielen Fällen allein die Mutter Hinweise auf die Person des Erzeugers geben könnte.

50

Auch der Anspruchsregelung in § 1607 Abs. 3 BGB selbst kann der erforderliche Anknüpfungspunkt nicht entnommen werden. Die Norm begründet lediglich die materielle Rechtsposition, ohne deren Durchsetzbarkeit zu regeln. Ein Schluss von der gesetzlichen Einräumung eines materiellrechtlichen Anspruchs auf die Ermächtigung zur Nutzung der notwendigen Mittel zu seiner Durchsetzung ist jedenfalls hier unzulässig, weil die Durchsetzung nur durch die gerichtliche Verpflichtung der Auskunftsverpflichteten zur Preisgabe intimer Daten aus der Privatsphäre erreicht werden kann. Hinzu kommt, dass die auskunftsverpflichtete Person hier nicht einmal selbst Anspruchsgegnerin des durchzusetzenden materiellen Hauptanspruchs ist. Der gesetzliche Regressanspruch des Scheinvaters läuft ohne flankierenden Auskunftsanspruch auch nicht faktisch leer. Er bleibt, nicht nur in Ausnahmefällen, durchsetzbar, wenn etwa der Scheinvater ohnehin von der Person des tatsächlichen Vaters Kenntnis hat oder von ihm aufgrund einer freiwilligen Information durch die Kindesmutter erfährt.

51

Schließlich bietet auch die eherechtliche Generalklausel des § 1353 Abs. 1 BGB keinen hinreichend konkreten Anhaltspunkt für eine Auskunftsverpflichtung der Mutter. Auch die angegriffenen Entscheidungen beziehen sich auf § 1353 Abs. 1 BGB lediglich, um die Existenz einer in § 242 BGB vorausgesetzten rechtlichen Sonderverbindung zwischen Beschwerdeführerin und Antragsteller zu begründen.

52

Mangels konkreten gesetzlichen Anknüpfungspunkts können die Gerichte also, unabhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls, einen der Durchsetzung des Unterhaltsregresses dienenden Auskunftsanspruch eines Scheinvaters gegen die Mutter generell nicht aus § 242 BGB herleiten. Soll der Regressanspruch des Scheinvaters gestärkt werden, müsste der Gesetzgeber tätig werden. Der Gesetzgeber wäre nicht daran gehindert, eine Regelung zum Schutz des Scheinvaters einzuführen, obwohl er hierzu nicht durch das Eingreifen grundrechtlicher Schutzpflichten angehalten ist. Er könnte einen stärkeren Schutz vorsehen, als ihn die Gerichte durch die Anwendung der bestehenden Generalklauseln gewähren können (vgl. BVerfGE 134, 204 <223 f. Rn. 70>), müsste dabei allerdings dem entgegenstehenden Persönlichkeitsrecht der Mutter Rechnung tragen, das in dieser Konstellation schwer wiegt.

III.

53

1. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts sowie des Oberlandesgerichts verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

54

Es ist angezeigt, nur den Beschluss des Oberlandesgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG), weil es im Interesse der Beschwerdeführerin liegt, möglichst rasch eine das Verfahren abschließende Entscheidung zu erhalten (vgl. BVerfGE 84, 1 <5>; 94, 372 <400>).

55

2. Da die Verfassungsbeschwerde begründet ist, sind der Beschwerdeführerin die notwendigen Auslagen nach § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2017 - 4 K 5304/17 - teilweise geändert. Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwalt ..., ..., beigeordnet, soweit sich seine Klage gegen Nr. 1 und Nr. 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17. März 2017 richtet.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Gebühr nach Nr. 5502 der Anlage I zu § 3 Abs. 2 GKG ist nicht zu erheben.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Klägers hat teilweise Erfolg. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die erhobene Klage, soweit sie sich gegen die in Nr. 1 und Nr. 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17. März 2017 richtet, eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 166 Abs. 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO (II. und III.). Im Übrigen ist die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Verwaltungsgericht nicht zu beanstanden (IV).
I.
Gemäß § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu gewähren. Erforderlich ist zudem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt nach Maßgabe des § 121 Abs. 2 ZPO die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Dabei ist es zur Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht erforderlich, dass der Prozesserfolg (annähernd) gewiss ist. Vielmehr besteht eine hinreichende Erfolgsaussicht schon dann, wenn ein Obsiegen ebenso wahrscheinlich erscheint wie ein Unterliegen, der Prozessausgang also offen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 -, BVerfGE 81, 347; Kammerbeschluss vom 22.05.2012 - 2 BvR 820/11 -, InfAuslR 2012, 317). Weder dürfen Beweiswürdigungen vorweggenommen noch sollen schwierige Rechtsfragen geklärt werden, die in vertretbarer Weise auch anders beantwortet werden können. Denn die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 05.02.2003 - 1 BvR 1526/02 -, NJW 2003, 1857 und vom 14.04.2003 - 1 BvR 1998/02 -, NJW 2003, 2976).II.
Gemessen hieran kommt dem Kläger für die Anfechtung von Nr. 1 der angegriffenen Verfügung, mit der ihm die Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina aus der Haft ohne Setzung einer Frist angedroht worden ist, der geltend gemachte Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu.
Zwar hat der Senat entschieden, dass das Unterlassen einer Fristsetzung für die Ausreise im Falle der Abschiebung aus der Haft mit § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG im Einklang steht und bei Vorliegen einer Gefahr für die öffentliche Ordnung im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) - Rückführungsrichtlinie / RFRL -, die sich aus den Umständen des Einzelfalls ergeben kann, dies auch unionsrechtlich keinen durchgreifenden Bedenken begegnet (vgl. insoweit VGH Bad.-Württ, Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 -, VBlBW 2018, 15). Die kontinuierliche und erhebliche Straffälligkeit des Klägers könnte hier die Gefahr für die öffentliche Ordnung indizieren. Der Klage kommt indes dennoch eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 Abs. 1 ZPO zu. Denn das Bundesverwaltungsgericht betrachtet die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Abschiebung aus der Haft heraus ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang steht, als offene, nicht geklärte Frage (BVerwG, Beschluss vom 14.02.2018 - 1 C 20.17 - Rn. 2).
III.
Auch für die Anfechtung von Nr. 4 der angegriffenen Verfügung, in der es heißt
„Das mit dem Vollzug einer Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot wird auf 2 Jahre ab Ausreise befristet.“
ist dem Kläger entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Prozesskostenhilfe zu gewähren. Denn die Erfolgsaussichten seiner Klage sind auch insoweit offen.
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Verfügung insoweit von einer Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Das in § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnete gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot ist im Fall des Klägers aus unionsrechtlichen Gründen unanwendbar (a)). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die angegriffene Entscheidung als einzelfallbezogene Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verstehen (b)). Diese Rechtsprechung hat aber die Frage, ob es für eine solche einzelfallbezogene Anordnung eine hinreichend Ermächtigungsgrundlage gibt, nicht geklärt. Es sind hier komplexe Frage (auch des Unionsrechts) zu beantworten (c)).
a) aa) Die gesetzliche Regelung über das als Folge der Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot aus § 11 Abs. 1 AufenthG ist wegen eines Verstoßes gegen Art. 11 RFRL unionsrechtswidrig und daher unanwendbar mit der Folge, dass eine Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots zunächst ins Leere geht.
10 
Die Rückführungsrichtlinie definiert das Einreiseverbot als „die behördliche oder richterliche Entscheidung oder Maßnahme, mit der die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und der dortige Aufenthalt für einen bestimmten Zeitraum untersagt wird und die mit einer Rückkehrentscheidung einhergeht“ (Art. 3 Nr. 6 RFRL). Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsbehelf zu ermöglichen, über den auch belehrt werden muss (Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 RFRL). Zwingend ist ein solches Einreiseverbot nach den Vorgaben des Unionsrechts in zwei Fällen zu verfügen: Einmal gilt dies, wenn keine Frist für eine freiwillige Ausreise gesetzt worden ist (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) RFRL) und weiter auch dann, wenn der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) RFRL).
11 
Davon ausgehend kann allein aufgrund einer gesetzgeberischen Entscheidung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach der Rückführungsrichtlinie jedenfalls, soweit es an eine Abschiebung anknüpft, schon nicht wirksam eintreten; vielmehr bedarf es dafür einer behördlichen oder richterlichen Entscheidung (BVerwG, Beschlüsse vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, NVwZ 2017, 1531 Rn. 71 und vom 22.08.2017 - 1 A 10.17 -, NVwZ 2018, 345 Rn. 5). Soweit der erkennende Senat insoweit bisher vertreten hat, dass es zur Sicherung der Unionsrechtskonformität von § 11 AufenthG ausreiche, dass die Befristungsentscheidung (heute) nach § 11 Abs. 2 AufenthG jedenfalls im Zuge der zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung erfolge (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, NVwZ-RR 2012, 412 (414); Beschluss vom 19.12.2012 - 11 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98 (99): dort allerdings schon zweifelnd „Nur bei einer derartigen Betrachtungsweise kann noch annähernd dem unionsrechtlichen Erfordernis einer einzelfallbezogenen behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über das Einreiseverbot und dessen Befristung Rechnung getragen werden.“; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 31.10.2014 - 11 S 2025/14 -, InfAuslR 2015, 13: „Mindestmaß an Konformität mit Unionsrecht“), hält er an dieser Rechtsauffassung nicht weiter fest.
12 
bb) Die Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers erfolgt auch im Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie, so dass sich der unionsrechtliche Anwendungsvorrang der Rückführungsrichtlinie und die Verpflichtung zur unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung der nationalen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes auf die Entscheidung über das Einreise- und Aufenthaltsverbot auswirken.
13 
Der Antragsteller ist nämlich ein illegal im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aufhältiger Drittstaatsangehöriger (vgl. Art. 2 Abs. 1 RFRL), ohne dass die Ausnahmen aus Art. 2 Abs. 2 und 3 RFRL eingriffen. Unbeschadet der Frage, in welcher Weise der Gesetzgeber von der Möglichkeit des opting-out aus dem Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie in Anwendung von Art. 2 Abs. 2 RFRL Gebrauch machen kann bzw. muss (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 -, VBlBW 2018, 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Dezember 2016, § 59 AufenthG Rn. 299 ff.), ist der Antragsteller bezogen auf die angegriffene Verfügung vom 17. März 2017 nicht aufgrund oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig. Denn seine vollziehbare Ausreisepflicht beruht schlicht auf einem fehlenden Aufenthaltstitel und seiner unerlaubten Einreise (§§ 50 Abs. 1, 58 Ans. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG). Darüber hinaus ist die von dem Beklagten verfügte Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG eine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 4 RFRL (BGH, Beschluss vom 14.07.2016 - V ZB 32/15 -, InfAuslR 2016, 432 Rn. 13; VGH Bad.-Württ, Beschluss vom 19.12.2012 - 11 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98).
14 
Es liegt beim Kläger auch ein Fall eines unionsrechtlich zwingenden Einreiseverbots vor, da ihm - für die Abschiebung aus der Haft - keine Frist zur freiwilligen Ausreise gesetzt worden ist (Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) RFRL).
15 
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts soll die von Art. 11 Abs. 1 RFRL geforderte Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer in unionsrechtskonformer Auslegung des Aufenthaltsgesetzes regelmäßig in einer behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zu sehen sein (BVerwG, Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, NVwZ 2017, 1531 Rn. 72). Es handelt sich hiernach also um den konstitutiven Erlass eines befristeten Einreiseverbots (BVerwG, Urteil vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 -, DVBl 2017, 1430 Rn. 42), in das die verfügte Befristung grundsätzlich umzudeuten ist. Nicht entschieden hat das Bundesverwaltungsgericht allerdings, ob für den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.07.2017 - 1 VR 3.17 -, NVwZ 2017, 1531 Rn. 72).
16 
c) aa) Der Wortlaut von § 11 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AufenthG spricht zunächst gegen die Möglichkeit, hier die Ermächtigung der Behörde zur Verhängung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verorten, nachdem in Absatz 1 eindeutig ein kraft Gesetzes entstehendes Verbot bestimmt wird und in Absatz 2 Satz 1 allein die Ermächtigung und Verpflichtung zur Befristung des Verbots verankert ist.
17 
bb) Es gilt jedoch zu beachten, dass die Gerichte nicht allein darauf verwiesen sind, gesetzgeberische Weisungen in den Grenzen des möglichen Wortsinns auf den Einzelfall anzuwenden. Richterliche Tätigkeit besteht nicht nur im Erkennen und Aussprechen von Entscheidungen des Gesetzgebers. Die Aufgabe der Rechtsprechung kann es insbesondere erfordern, in einem Akt bewertenden Erkennens, dem auch willenhafte Elemente nicht fehlen, Wertvorstellungen, die der Rechtsordnung immanent sind, ans Licht und in Entscheidungen in willkürfreier Weise zur Geltung zu bringen (BVerfG, Beschluss vom 14.02.1973 -1 BvR 112/65 -, BVerfGE 34, 269 (287)). Im Rahmen der richterlichen Rechtsfortbildung durch teleologische Korrektur des Normtextes liegt es auf der Hand, dass der Wortlaut der Norm als solcher gerade nicht begrenzend wirken kann (so auch Bauer, NVwZ 2018, 471 (473) - im Erscheinen; a.A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 20.02.2018 - A 4 S 169/18 -, juris Rn. 6). Die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sind weiter, soweit die vom Gericht im Wege der Rechtsfortbildung gewählte Lösung dazu dient, der Verfassung, insbesondere verfassungsmäßigen Rechten des Einzelnen, zum Durchbruch zu verhelfen, da insoweit eine auch den Gesetzgeber treffende Vorgabe der höherrangigen Verfassung konkretisiert wird. Umgekehrt sind die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung demgemäß bei einer Verschlechterung der rechtlichen Situation des Einzelnen enger gesteckt. Die Rechtsfindung muss sich umso stärker auf die Umsetzung bereits bestehender Vorgaben des einfachen Gesetzesrechts beschränken, je schwerer die beeinträchtigte Rechtsposition auch verfassungsrechtlich wiegt (BVerfG, Beschluss vom 24.02.2015 - 1 BvR 472/14 -, BVerfGE 138, 177 Rn. 41 mwN.).
18 
cc) Weiter verlangt Art. 288 AEUV iVm Art. 4 Abs. 3 EUV von den nationalen Gerichten im Anwendungsbereich des Unionsrechts, unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles zu tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem vom Unionsrecht verfolgten Ziel im Einklang steht (EuGH, Urteil vom 13.07.2016 - C-187/15 - , NVwZ 2016, 1485 Rn. 43). Dabei ist zu beachten, dass das Unionsrecht auch in diesen Fällen die Beachtung allgemeiner Rechtsgrundsätze verlangt und nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen darf (EuGH, Urteil vom 15.01.2014 - C-176/12 - , NZA 2014, 193 Rn. 39). Die unionsrechtskonforme Auslegung findet ihre Grenzen in dem nach der innerstaatlichen Rechtsordnung methodisch Erlaubten (BVerfG, Beschluss vom 17.11.2017 - 2 BvR 1131/16 -, NVwZ-RR 2018, 169 Rn. 37).
19 
dd) Eine Rechtsanwendung dahingehend, § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG könnten als Ermächtigungsgrundlage für die Ausländerbehörde zur Verhängung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots dienen, würde damit in methodischer Hinsicht eine unionsrechtlich gebotene Rechtsfortbildung bedeuten, die in einer Kombination von teleologischer Extension und Substitution (vgl. dazu Reimer, Juristische Methodenlehre Rn. 623 ff.) sowohl einen Austausch von Tatbestands- als auch Rechtsfolgenelementen vornähme (siehe hierzu Dörig/Hoppe, in: Dörig, Handbuch Migrationsrecht, 2018 im Erscheinen Kapitel 5). Jedenfalls offen ist die Frage, ob sich damit der Rechtsanwender über eine ausdrückliche gesetzgeberische Entscheidung hinwegsetzte, was verfassungsrechtlich unzulässig wäre (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.10.2016 - 1 BvR 871/13 -, NVwZ 2017, 617 Rn. 23). Dies könnte man annehmen, weil die Beibehaltung des Systems eines gesetzlichen Einreiseverbots mit sich anschließender behördlicher Befristung in der Sachverständigenanhörung im Innenausschuss diskutiert worden ist (siehe Habbe, Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Drucksache 17(4)282 E S. 8 ; Kluth, Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Drucksache 17/4)282 A S. 2; Sommer, Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Drucksache 17(4)282 B S. 3; Thym, Deutscher Bundestag, Innenausschuss, Drucksache 17(4)282 F S. 3) und sich der Bundesgesetzgeber sodann für die - unionsrechtswidrige - Umsetzung entschieden hat. Indes lässt sich auch mit guten Gründen vertreten, dass eine solche Rechtsfortbildung die verfassungsrechtlichen Grenzen deswegen nicht überschreitet, weil bei einer Gesamtbetrachtung der Einzelne beim Vergleich zwischen der nationalen Konzeption von § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG einerseits und der unionsrechtskonformen Regelung andererseits in gleichem Maße in seinen Rechtspositionen beeinträchtigt würde (so Dörig/Hoppe, in: Dörig, Handbuch Migrationsrecht, 2018 im Erscheinen, Kapitel 5).
20 
ee) Aus der Darstellung der Probleme, die mit dem Unionsrechtsverstoß durch § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG verbunden sind, ergibt sich, dass derzeit in der Regel hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO einer jeden zulässigen Klage gegen den Ausspruch einer Befristung eines gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots im Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie bestehen.
21 
Bei diesem Befund kann der Senat offen lassen, ob es methodisch überhaupt möglich und zulässig ist, in einer Entscheidung einer Behörde über die Befristung eines gesetzlichen Verbots die Einzelfallanordnung eines befristeten Verbots zu erblicken (siehe hierzu Bauer, NVwZ 2018, 471 (473) - im Erscheinen)
22 
2. Es lässt sich derzeit nicht feststellen, dass die Regelung in Nr. 4 der Verfügung vom 17. März 2017 sich durch eine nachfolgende Regelung erledigt hätte.
23 
Das Regierungspräsidium Stuttgart hat zwar mit - nach dessen Auskunft vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart angegriffener - Verfügung vom 14. November 2017 „die Wirkung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf vier Jahre ab erneuter Ausreise (ggf. Abschiebung) befristet.“ Nach einem so genannten „Hinweis“ soll sich diese Entscheidung auf die (vom Regierungspräsidium Stuttgart) verfügte Ausweisung vom 9. August 2011 sowie auf die Abschiebungen des Antragstellers am 8. Dezember und vom 22. August 2014 beziehen. Dabei geht das Regierungspräsidium Stuttgart davon aus, dass Ausweisung und Abschiebung zu einem einheitlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot führen, das einheitlich zu befristen sei. Da die Ausweisung keine Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 3 Nr. 4 RFRL darstellt (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, NVwZ-RR 2012, 492) und insoweit § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG nicht aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen unanwendbar sind, lässt sich die These einer einheitlichen Handhabung des Einreise- und Aufenthaltsverbots aufgrund Ausweisung einerseits und Abschiebung andererseits nicht halten. Da schon deshalb auch die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Entscheidung vom 14. November 2017 offen erscheinen, hat diese Entscheidung derzeit keine Auswirkungen auf die Feststellung, dass der Klage gegen Nr. 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17. März 2017 hinreichende Erfolgsaussicht zukommt.
IV.
24 
Soweit sich die Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Haftentlassung mit Fristsetzung für die freiwillige Ausreise richtet, kommen der Klage die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne des § 166 Abs. 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO hingegen nicht zu.
25 
Die vom Antragsteller geltend gemachten Umstände könnten allein auf Duldungsgründe führen. Diese stünden der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung indes nicht entgegen § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Gründe, die auf eine Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung führen könnten, wie etwa das Entfallen der Ausreisepflicht, werden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
V.
26 
Die Entscheidung zu bestimmen, dass keine Gebühr nach Nr. 5502 der Anlage I zu § 3 Abs. 2 GKG zu erheben ist, nimmt der Senat in Ausübung seines ihm eingeräumten Ermessens aufgrund des teilweisen Obsiegens des Antragstellers mit seiner Beschwerde vor.
27 
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Außergerichtliche Kosten sind nicht erstattungsfähig, § 166 Abs. 1 VwGO iVm. § 127 Abs. 4 ZPO. Gerichtsgebühren fallen nach der Entscheidung des Senats nicht an.
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
gewerbsmäßig oder
2.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens unter Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese auf sich behält.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes als Dritter gegen eine der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis.
Der Antragsteller ist deutscher Staatsangehöriger und betreibt in dem Gebäudekomplex ... in ... nach eigenen Angaben seit dem 24.03.2008 – spätestens aber seit dem 01.01.2011 – ein Büro für die Vermittlung von Sportwetten eines auf Malta konzessionierten Wettanbieters bzw. Buchmachers. In demselben Gebäudekomplex befindet sich die Spielhalle der Beigeladenen. Die Geschäfte des Antragstellers und der Beigeladenen werden durch einen Hauseingang und ein weiteres Ladengeschäft voneinander getrennt.
Die Spielhalle der Beigeladenen wurde zunächst durch die Väter ihrer Gesellschafter begründet und in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: D.-GbR) geführt. Zu diesem Zweck wurde im Mai 1986 das als Spielhalle genutzte Ladengeschäft angemietet. Als Mietdauer wurden 10 Jahre mit Verlängerungen um jeweils 5 Jahre sowie ein Recht auf Untervermietung oder Unterverpachtung vereinbart. Das seinerzeitige Mietverhältnis wurde mit Änderungsvertrag vom 16.04.1996 dahingehend geändert, dass eine Mietdauer von 20 Jahren vereinbart wurde. Das Mietverhältnis ist von den Gesellschaftern der Beigeladenen übernommen worden. Nach der Gründung der Beigeladenen im Jahre 2000 wurde mit Vertrag vom 28.06.2000 das Anlagevermögen der Spielhalle durch die D.-GbR an die Beigeladene auf eine Dauer von 20 Jahren mit Verlängerungen um jeweils fünf Jahre vorbehaltlich einer Kündigung verpachtet. Die Beigeladene hat danach das Ladengeschäft von der D.-GbR im Wege der Untermiete angemietet; die Mietzeit läuft parallel zum Hauptmietvertrag der D.-GbR. Dieser Mietvertrag wurde zum letzten möglichen Kündigungstermin – zwischen den Beteiligten unstreitig im Jahr 2015 – nicht gekündigt. Für den Betrieb der Spielhalle wurde der Beigeladenen mit Bescheid vom 01.09.2000 eine unbefristete Spielhallenerlaubnis gem. § 33i GewO in der seinerzeit geltenden Fassung erteilt.
Mit Anwaltsschreiben vom 24.02.2016 beantragte die Beigeladene vorsorglich und unter Vorbehalt der Wirksamkeit des Glücksspielstaatsvertrags die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb einer Spielhalle gem. § 41 LGlüG, ggf. auch unter der Zulassung von Ausnahmen von den Anforderungen des § 42 Abs. 1-2 LGlüG gem. § 51 Abs. 5 LGlüG.
Mit – hier nicht verfahrensgegenständlichem – Bescheid vom 03.03.2016 untersagte das Regierungspräsidium ... dem Antragsteller unter Androhung eines Zwangsgelds, im Gebäude ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen. Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen. Der Bescheid wurde maßgeblich auf das glücksspielrechtliche Verbundverbot und dessen Umsetzung in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG gestützt. Auch sei die Untersagung der Sportwettenvermittlung unabhängig davon möglich, weil diese nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüÄndStV generell verboten und nicht erlaubnisfähig sei. Dies sei in § 20 Abs. 1 LGlüG landesrechtlich umgesetzt worden und dem Antragsteller bekannt.
Das hiergegen gerichtete Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes blieb erfolglos (VG ..., Beschl. v. 12.07.2016 – 3 K 1270/16 –, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl v. 28.06.2017 – 6 S 1563/16 –, juris). Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage ist beim beschließenden Gericht anhängig (Az.: 3 K 1266/16). Trotz der sofortigen Vollziehbarkeit wurde das Wettbüro des Antragstellers – ausweislich der tatsächlichen Feststellungen der Antragsgegnerin im Rahmen einer Kontrolle in den Geschäftsräumen am 25.07.2017 – weiterbetrieben.
Die Behördenakte enthält ein Schreiben des Antragstellers an die Beigeladene. Er führt darin aus, ein benachbartes Wettbüro zu betreiben und erklärt sich bereit, die Spielhalle zu übernehmen, um sein Wettbüro weiterführen zu können. Aufgrund des Mindestabstandsgebots nach dem Landesglücksspielgesetz würde es nach seiner Auffassung zu einer Konkurrenzsituation und womöglich der Versagung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis kommen. Ferner kündigte er an, im Falle einer Ablehnung seines Angebots selbst eine sog. Härtefallerlaubnis gem. § 51 Abs. 5 LGlüG zu beantragen und für den Fall der Erteilung einer solchen an die Beigeladene im Wege der Drittanfechtungsklage gegen diese vorzugehen.
Dieses Angebot wurde ausweislich des Anwaltsschriftsatzes der Beigeladenen an die Antragsgegnerin vom 10.11.2016 abgelehnt. Ergänzend wurde ein Schreiben der Hausverwaltung vom 09.11.2016 vorgelegt, aus welchem hervorgeht, dass der Vermieter der Beigeladenen einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, einer Mietkürzung oder einer Nachvermietung nicht zustimmen könne.
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 07.02.2017 wurde der Beigeladenen mitgeteilt, dass im Hinblick auf den laufenden Mietvertrag beabsichtigt werde, eine bis zum 30.04.2021 befristete glücksspielrechtliche Erlaubnis unter Annahme einer unbilligen Härte zu erteilen.
10 
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 17.02.2017 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin. Es wurde im Wesentlichen unter näherer Erläuterung der Motive und Zielsetzung seines Schreibens an die Beigeladene ausgeführt, dass bei dieser keine unbillige Härte vorliege, da der Antragsteller ihr die Möglichkeit einer Übernahme der Spielhalle in Aussicht gestellt habe. Die Ablehnung des Antragstellers als Nachmietinteressenten sei grundlos und letztlich wider Treu und Glauben erfolgt. Die mögliche Betriebsfortführung durch einen Dritten sei mit Blick auf § 51 Abs. 5 LGlüG und die Auslegungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 11.12.2015 zu berücksichtigen. So würde letztlich der jeweilige Vermieter über einen Härtefall disponieren, während anderen Betriebsinhabern eine künftige Berufstätigkeit verwehrt bleibe. Dies zugrunde gelegt habe die Beigeladene den Härtefall selbst zu verantworten.
11 
Hierauf teilte die Antragsgegnerin mit, sich nicht zu „Fragen mit zivilrechtlichem Hintergrund“ zu äußern und auch „keine im Zivilrecht liegenden Aspekte“ zu prüfen. Sie beschränke sich auf ihre glücksspielrechtlichen Aufgaben und Zuständigkeiten.
12 
Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der Antragsgegnerin vom 01.06.2017 wurde der Beigeladenen zur Vermeidung unbilliger Härten für den Betrieb ihrer Spielhalle in der ... unter Befreiung der Anforderungen des § 42 Abs. 1 LGlüG gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG eine bis zum 30.04.2021 befristete Erlaubnis nach § 41 LGlüG erteilt. Im Übrigen wurde der Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis abgelehnt. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Gesetzesfolgen in Gestalt der zwingenden Aufgabe des Betriebs für sich genommen noch keine unbillige Härte begründeten. Aufgrund der fehlenden Bereitschaft des Hauptvermieters zur vorzeitigen Vertragsauflösung bestehe jedoch keine Möglichkeit, das laufende Miet- bzw. Pachtverhältnis aufzulösen. Es stehe nicht hinreichend fest, dass ein Anspruch auf Vertragsauflösung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage bestehe. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass im Falle von Vergnügungsstätten höhere Mieten vereinbart seien als bei sonst am Markt üblichen Mietverhältnissen. Andere Gründe wie etwa die Zahl der Beschäftigten oder die durch die Beigeladene abgeführten Steuern seien unerheblich.
13 
Auf diese Entscheidung wurde der Beigeladenen eine schriftliche Erlaubnisurkunde mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 01.07.2017 übersandt. Gegen die ablehnende Entscheidung hat die Beigeladene Widerspruch erhoben.
14 
Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 10.07.2017 wandte sich der Antragsteller an die Antragsgegnerin und legte gegen die verfahrensgegenständliche Erlaubnis als Drittbetroffener Widerspruch ein. Es werde davon ausgegangen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte, da keine Maßnahme der Glücksspielaufsicht vorliege.
15 
Auf den Widerspruch des Antragstellers teilte die Antragsgegnerin diesem mit Schreiben vom 03.08.2017 mit, dass dem Widerspruch aus ihrer Sicht das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Denn mit der Verfügung des Regierungspräsidiums ... vom 03.03.2016 sei es dem Antragsteller nicht nur untersagt worden, Sportwetten zu vermitteln, sondern auch aufgegeben worden, die vorgehaltenen Geräte dauerhaft zu entfernen und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen. Die Spielhalle der Beigeladenen in der ... werde aufgrund behördlicher Erlaubnis betrieben, sodass kein Handlungsbedarf bestehe.
16 
Auf Antrag der Beigeladenen wurde mit Entscheidung der Antragsgegnerin vom 08.08.2017 die sofortige Vollziehung der Erlaubnis vom 01.07.2017 angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass unter Abwägung der Interessenlage sowie der objektiven Bewertung des Sachverhalts das Interesse der Beigeladenen am Sofortvollzug überwiege. Insbesondere sei der Antragsteller nie im Besitz einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für sein Unternehmen gewesen. Auch milderten die spezifischen Unterschiede zwischen Spielhallen und Wettbüros die Folgen für den Antragsteller ab, da die Einrichtung einer Spielhalle mit einem höheren Investitionsaufwand verbunden sei. Bei Wettbüros bestünden regelmäßig weitere Einnahmequellen.
17 
Der Antragsteller hat beim beschließenden Gericht am 17.08.2017 den vorliegenden Rechtsschutzantrag gestellt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die verfahrensgegenständliche Erlaubnis die Fortgeltung und Vollstreckbarkeit der an den Antragsteller gerichteten Untersagungsverfügung bewirke. Ohne diese Erlaubnis würden sowohl das gesetzliche Verbundverbot als auch die Untersagungsverfügung ins Leere laufen. Durch die hieraus folgende Schließung seines Wettbüros könne der Antragsteller in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 56 AEUV verletzt sein. Der schrankenlose Vorrang von Spielhallen gegenüber der Wettvermittlung sei weder mit der Berufsausübungsfreiheit noch mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar. Denn letztlich müsse durch die Härtefallerlaubnis ein an sich legaler Wettvermittlungsbetrieb einer materiell an sich nicht genehmigungsfähigen Spielhalle weichen. Auch sei der Mindestabstand zu anderen Spielhallen nicht gewahrt. Die übrigen Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 LGlüG lägen ebenfalls nicht vor. Es bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis, da im Falle der Aussetzung der Vollziehung der hier verfahrensgegenständlichen Erlaubnis der Antragsteller im Verfahren des § 80 Abs. 7 VwGO die Aussetzung der Vollziehung der gegen ihn gerichteten Verfügung erwirken könne. Die erteilte Erlaubnis laufe den Zielen des Glückspielstaatsvertrags zuwider, da die Spielhalle des Beigeladenen nicht den Mindestabstand zu anderen Spielhallen einhalte. Die Erteilung einer Spielhallenerlaubnis für ein Gebäude, in welchem sich bereits ein Wettbüro befinde, sei an den Abwehrrechten des Wettbürobetreibers zu messen. Die Verdrängung eines Wettbüros zugunsten einer Spielhalle entspreche auch nicht den Zielen in Art. 1 GlüStV, da dem gewerblichen Automatenspiel ein höheres Suchtrisiko zukomme, was jedenfalls dann gelte, wenn – wie in der...r Innenstadt – eine hohe räumliche Konzentration von Spielhallen gegeben sei. Vielmehr sei ein Wettbüro einer Spielhalle vorzuziehen. Denn zwischen Wettbüros sei kein Mindestabstand einzuhalten, woraus die gesetzliche Wertung folge, dass Wettbüros vom Gesetzgeber als weniger schädlich angesehen würden als Spielhallen. Dies gelte auch gegenüber Bestandsspielhallen, da auch diese vom Mindestabstandsgebot betroffen seien, und jedenfalls gegenüber solchen, bei denen die Voraussetzungen für eine Härtefallerlaubnis nicht vorlägen. Die Härten im Falle der Beigeladenen seien typische und gesetzgeberisch gewollte Folgen der Abstandsregelung und damit keine unbillige Härte im Sinne des § 51 LGlüG. Im Falle des Mietvertrags der Beigeladenen könne letztlich der Vermieter über den Härtefall disponieren. Langfristige Mietverträge seien indes im Spielhallengewerbe üblich und als solche vom Gesetzgeber berücksichtigt worden. Insbesondere bestehe die Möglichkeit des Mieters, Nachmietinteressenten zu vermitteln und so eine Vertragsaufhebung herbeizuführen. Auch habe sich die Beigeladene treuwidrig verhalten, indem sie auf das Übernahmeangebot des Antragstellers mit einer Strafanzeige und einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung reagiert habe. Vielmehr hätte diese freundlich auf den Antragsteller zugehen und ihn dem Vermieter als potentiellen Nachmieter vorstellen sollen. Auch hätte der Mietvertrag der Beigeladenen bzw. ihrer Gesellschafter als Hauptmieter bereits zum 30.04.2016 gekündigt werden können. Man habe sich jedoch im Jahre 2015 bewusst dagegen entschieden. Auch hätte die Beigeladene sich ein Sonderkündigungsrecht ausbedingen können. Die unterlassene Kündigung habe lediglich den Zweck verfolgt, einen Härtefall zu generieren. Auch lege die Erklärung der Vermieterin den Verdacht nahe, dass diese Erklärung, eine weitere Untervermietung nicht zulassen zu wollen, mit der Beigeladenen vorformuliert worden sei. Im Übrigen liege letztlich ein Härtefall nur bei den jeweiligen Vermietern vor, da diese die von den spielhallenrechtlichen Regelungen wirtschaftlich Betroffenen seien. Schließlich könne das Inventar der Beigeladenen auch anderenorts genutzt werden.
18 
Der Antragsteller beantragt,
19 
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die der Beigeladenen unter dem 01.07.2017 erteilte Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ im Gebäude ..., ... ..., wiederherzustellen.
20 
Die Antragsgegnerin beantragt,
21 
den Antrag abzulehnen.
22 
Zur Begründung wird ausgeführt, dass Zweifel an der Zulässigkeit des Antrags bestünden. Der Betrieb des Wettbüros sei dem Antragsteller nämlich bereits durch das Regierungspräsidium ... untersagt worden. Diese Entscheidung sei auch sofort vollziehbar, nachdem die Rechtsschutzanträge des Antragstellers abgelehnt worden seien. Auch sei der Antrag unbegründet. Die zivilrechtlichen Aspekte betreffend das Mietverhältnis der Beigeladenen seien irrelevant. Ermessensfehler seien im Hinblick auf die Erteilung der Härtefallerlaubnis der Beigeladenen nicht ersichtlich. Es sei auch kein den Antragsteller begünstigender Vertrauensschutz ersichtlich, zumal dessen Wettbüro zeitlich nach der Spielhalle der Beigeladenen ihren Betrieb aufgenommen habe.
23 
Die mit Beschluss des Berichterstatters vom 18.10.2017 zum Verfahren Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie führt zum Verfahren aus, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtmäßig gewesen sei. Die Entscheidung der Antragsgegnerin stütze sich auf die Anordnungen des Wirtschaftsministeriums. Auch liege nicht nur ein Mietvertrag, sondern ein Pachtvertrag vor, weshalb gem. § 584a Abs. 1 BGB nicht auf § 540 Abs. 1 BGB verwiesen werden könne. Eine spätere Lösung vom Mietvertrag sei dessen ungeachtet nicht denkbar. Spielhallenbetreiber zahlten regelmäßig höhere Mieten als andere Gewerbetreibende. Eine Nachvermietung komme daher lediglich unter Vereinbarung einer geringeren Miete realistisch in Betracht. Auch sei der Antragsteller aufgrund seines „erpresserischen“ Versuchs, sein Eintreten in den Mietvertrag zu erzwingen, mangels hinreichender Seriosität nicht als Nachmieter denkbar. Dies habe der Vermieter auch mitgeteilt. Auch sei es der Beigeladenen nicht zumutbar, auf einen möglichen Weiterbetrieb zu verzichten und den Betrieb aufzugeben. Es sei zum maßgeblichen Zeitpunkt im Jahr 2015 nicht ersichtlich gewesen, wie ein Erlaubnisverfahren ausgehen würde. Auch sei keine Auswahlentscheidung zwischen einzelnen Spielhallen getroffen worden, weshalb es unbillig sei, zulasten der Beigeladenen von einem nicht genehmigungsfähigen Betrieb der Spielhalle auszugehen. Dass die Beigeladene sich ein Sonderkündigungsrecht aushandeln könne, sei praxisfern, da der Vermieter daran kein Interesse habe; der Antragsteller verkenne insofern die Grundsätze des zweiseitigen Vertrags. Sofern darauf abgestellt werde, dass alternativ auch eine Verlängerung bis zu einem früheren Zeitpunkt in Betracht komme, scheitere dies ebenfalls am Mietvertrag. Schließlich sei im Rahmen der Härtefallprüfung lediglich auf die Beigeladene als juristische Person und nicht die dahinter stehenden Gesellschafter abzustellen. Sofern dennoch auf die Gesellschafter abzustellen sei, so werde übersehen, dass diese wiederum durch den Hauptmietvertrag an den Hauptmieter gebunden seien; ein Insolvenzrisiko würde sich dann lediglich auf die Gesellschafter verlagern. Im Übrigen seien auch externe Härten – etwa bei einem Vermieter oder den Gesellschaftern – berücksichtigungsfähig. Dass das Inventar der Spielhalle anderenorts nutzbar sei, sei nicht ersichtlich. Auch sei der Antragsteller auf Rechtsbehelfe gegen ihn unmittelbar betreffende behördliche Versagungs- und Untersagungsentscheidungen zu verweisen. Schließlich begehre der Antragsteller mit seinem Antrag eine faktische Vorwegnahme der Hauptsache zu seinen Gunsten.
24 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Behördenakten der Antragsgegnerin (2 Bände) im Verwaltungsverfahren und des Regierungspräsidiums ... im Untersagungsverfahren gegen den Antragsteller (1 Band), die beigezogenen Gerichtsakten des beschließenden Gerichts zu den Verfahren 3 K 1270/16, 3 K 1266/16, 3 K 2593/09 und 3 K 1517/08 sowie die Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren Bezug genommen.
II.
25 
1. Der Antrag ist unzulässig. Zwar dürfte der Antrag statthaft sein, da die Antragsgegnerin im Schreiben vom 08.08.2017 die sofortige Vollziehung der Erlaubnis der Beigeladenen gem. §§ 80 Abs. 4 Nr. 4, 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO angeordnet und diese Entscheidung gem. § 80 Abs. 3 VwGO auch begründet hat. Die Zulässigkeit eines Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, der gegen einen an einen Dritten gerichteten und diesen begünstigenden Verwaltungsakt gerichtet ist (§ 80 Abs. 5 in Verbindung mit § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO), setzt aber voraus, dass dem jeweiligen Antragsteller eine Antragsbefugnis zusteht. Denn die durch §§ 80 Abs. 5, 80a VwGO eröffneten Rechtsschutzmöglichkeiten vermögen es nicht, einen über die Hauptsache hinausgehenden Rechtsschutz zu eröffnen (sog. Akzessorietät des vorläufigen Rechtsschutzes, vgl. hierzu R.P. Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 23. Aufl., 2017, § 80 Rn. 133 f.).
26 
Eine solche liegt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung vor, wenn der jeweilige Antragsteller geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth (Hrsg.), VwGO, 6. Aufl., 2014, § 80a Rn. 73). Maßgeblich ist damit, ob die Möglichkeit besteht, dass der Antragsteller durch die der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis in einer seine Individualinteressen schützenden Norm verletzt wird. Dies ist durch Auslegung der in Rede stehenden Vorschriften zu bestimmen (zum Ganzen R.P. Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 23. Aufl., 2017, § 42 Rn. 83, m.w.N.).
27 
a. Die in Verbindung mit § 41 Abs. 1-2 LGlüG als Rechtsgrundlage maßgebliche Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG entfaltet keine drittschützende Wirkung zugunsten des Antragstellers. Dem Wortlaut der Vorschrift können weder für sich noch in einer systematischen Gesamtschau Hinweise auf eine dritt- bzw. konkurrenzschützende Wirkung entnommen werden (so auch im Ergebnis Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 29 GlüStV Rn. 55). Auch die Entstehungsgeschichte der Norm lässt nicht auf eine drittschützende Wirkung schließen. Die Vorschrift setzt § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV um, wonach die zuständigen Behörden nach Ablauf des in § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen des § 24 Abs. 2 sowie § 25 GlüStV für einen angemessenen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 15/2431, S. 113) sollte mit der Umsetzung der staatsvertraglichen Härtefallvorschrift für ältere Erlaubnisse eine landesrechtliche Härtefallklausel mit der Möglichkeit einer befristeten Suspendierung geschaffen werden, um einzelnen Spielhallenbetreibern eine Möglichkeit der Anschlussnutzung oder eine Anpassung der Mietverträge zu eröffnen. Die Berücksichtigung von Interessen etwaiger Konkurrenten sieht die Vorschrift nicht vor.
28 
Selbst wenn bei der Anwendung des § 51 Abs. 5 LGlüG Interessen betroffener Konkurrenten – wie etwa in Fällen durch gesetzliche Regulierung verknappter Konzessionen – betroffen wären, würde dies nicht zugunsten des Antragstellers durchgreifen. Der Normbefehl der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG bezieht sich auf Spielhallen und nicht auf Wettannahmestellen, denn die Regulierung der letzteren erfolgt hiervon unabhängig durch § 20 LGlüG. Dass sich die der Beigeladenen erteilte Härtefallerlaubnis faktisch dergestalt auf den Antragsteller auswirkt, dass seine eigene Wettannahmestelle aufgrund der Regelung in § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG nicht genehmigungsfähig ist oder wird, ist indes nicht auf die Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG zurückzuführen, sondern auf die Regulierung der Tätigkeit von Wettannahmestellen in § 20 LGlüG, welche den Gegenstand des beim beschließenden Gericht anhängigen Verfahrens 3 K 1266/16 bildet. Allenfalls nach den – im Rahmen der Grundrechtsdogmatik entwickelten – Grundsätzen zu mittelbaren oder faktischen (Grund-)Rechtseingriffen, könnte ansatzweise die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch an Dritte – hier die Beigeladene und die Antragsgegnerin – adressierte Normen erwogen werde, was jedoch ebenfalls nicht verfängt. Denn die Frage, ob in Fällen der sog. „mittelbaren“ oder „faktischen Eingriffe“ solche als rechtfertigungsbedürftige Eingriffe in geschützte Rechtspositionen anzusehen sind, bemisst sich danach, ob die jeweilige Maßnahme den mittelbar Betroffenen derart in seiner Rechtsposition schmälert, dass deren Auswirkung in ihrer Intensität oder Intention einem finalen, unmittelbaren, imperativen und rechtsförmigen Eingriff in dessen Rechtsposition gleichzusetzen ist und damit eine regelungsähnliche Wirkung gegenüber dem Drittbetroffenen entfaltet (vgl. etwa zur berufsregelnden Tendenz BVerfG, Urt. v. 08.04.1997 – 1 BvR 48/94 –, BVerfGE 95, 267 <302 f.>; Urt. v. 17.02.1998 – 1 BvF 1/91 –, BVerfGE 97, 228 <254>; s. auch Nolte, in: Stern/Becker (Hrsg.), Grundrechte-Kommentar, 2. Aufl., 2016, Art. 12 Rn. 80 f.).
29 
Derartiges ist hier nicht gegeben. Denn im Wege des systematischen Gegenschlusses zu § 20 LGlüG und §§ 21-25 LGlüG kann angenommen werden, dass die legislative Intention hinter den Vorschriften der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG darin bestand, ausschließlich den Teilbereich des Spielhallenwesens zu regulieren und die Gestaltung des Sportwettenwesens den hierfür gesondert geschaffenen Vorschriften des 4. und 5. Abschnitts des LGlüG vorzubehalten. Auch eine hinreichende, auf die Vorschriften der §§ 40 ff., 51 Abs. 5 LGlüG zurückzuführende Regelungsintensität zulasten des Antragstellers ist nicht erkennbar, da die maßgebliche Rechtsfolge sich – wie bereits ausgeführt – aus der den Antragsteller unmittelbar betreffenden Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG ergibt. Will der Antragsteller gegen die hieraus folgende Beschwer vorgehen, hat er dieses Vorgehen – wie auch geschehen – gegen die Rechtsfolgen dieser Vorschrift zu richten. Deshalb verfängt die im Schrifttum vertretene Annahme einer Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung (Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 29 GlüStV Rn. 56) – gleich ob dieser Einwand zutrifft oder nicht – jedenfalls im vorliegenden Fall nicht.
30 
Auch der in § 51 Abs. 5 LGlüG enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der „unbilligen Härte“ begründet keine drittschützende Wirkung der Norm zugunsten des Antragstellers. Sinn und Zweck dieser Vorschrift bestehen – wie bereits ausgeführt – darin, die Auswirkungen und damit die Eingriffsintensität des mit der Regulierung bewirkten Verbots für eine im Einzelfall bislang erlaubt betriebene Spielhalle abzufedern. Ob bei der Prüfung des Vorliegens eines Härtefalls lediglich den jeweiligen unmittelbaren Spielhallenbetreiber – hier die Beigeladene – betreffende Auswirkungen („Härten“) zu berücksichtigen sind oder ob auch mittelbare Härten Dritter – etwa der Gesellschafter der Beigeladenen oder gar des Hauptvermieters des Ladenlokals – zu berücksichtigen sind, kann vorliegend offenbleiben. Selbst wenn solche mittelbaren Härten zu berücksichtigen wären, würde sich dies nicht zugunsten des Antragstellers auswirken. Denn die vom Antragsteller gerügte ihn betreffende „Härte“ ist nicht diejenige, welche durch die Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG abgemildert werden soll, sondern stellt vielmehr eine faktische Folge dar, welche sich erst dann realisiert, wenn die Voraussetzungen der „unbilligen Härte“ bereits erfüllt sind. Diese ist allenfalls im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Rechtsfolgeermessens berücksichtigungsfähig; einer Berücksichtigung derartiger Auswirkungen – etwa im Wege einer normeinschränkenden oder gar verfassungskonformen Auslegung zugunsten Dritter – bedarf es deshalb nicht.
31 
b. Nach alledem scheidet auch eine unmittelbar auf Art. 12 Abs. 1 GG fußende Antragsbefugnis aus. Die Möglichkeit einer Verletzung der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit ist nicht ersichtlich. Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Freiheit der Ergreifung und Ausübung einer jeden an sich erlaubten, dauerhaft auf Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage gerichteten Tätigkeit als Beruf (grundlegend BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 – 1 BvR 596/56 –, BVerfGE 7, 377 <397>). Entsprechend dieser Differenzierung sind als Eingriffstypen objektive und subjektive Regelungen der Berufswahl sowie Berufsausübungsregelungen denkbar (BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 – 1 BvR 596/56 –, BVerfGE 7, 377 <403>; Beschl. v. 16.06.1959 – 1 BvR 71/57 –, BVerfGE 9, 338 <344>). Vorliegend dürfte allenfalls eine einer Berufsausübungsregel entsprechende mittelbare bzw. faktische Beeinträchtigung vorliegen, für deren verfassungsrechtliche Rechtfertigung maßgeblich ist, ob diese vernünftige Gründe des Allgemeinwohls in verhältnismäßiger Weise verfolgen (BVerfG, Beschl. v. 12.01.2016 – 1 BvL 6/13 –, juris; Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04 –, BVerfGE 117, 163 <182>). Denn die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis an die Beigeladene hindert nicht per se die Tätigkeit des Antragstellers als – selbst wenn hierin ein eigenständiges Berufsbild zu erblicken wäre – Betreiber einer Wettannahmestelle, sondern lediglich deren Ausübung am bisherigem Ort.
32 
Wie bereits ausgeführt richtet sich die hier verfahrensgegenständliche verwaltungsbehördliche Regelung jedoch nicht unmittelbar gegen den Antragsteller. Der maßgebliche – aus Sicht des Antragstellers rechtfertigungsbedürftige – Grundrechtseingriff folgt für ihn gerade nicht aus der der Beigeladenen erteilten, glücksspielrechtlichen Erlaubnis, sondern unmittelbar aus dem glücksspielrechtlichen Verbundverbot (§ 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG), welches unions- und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. zu Spielhallen BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris; StGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.06.2014 – 1 VB 15/13 –, juris). Dass nunmehr durch die befristete Fortführung der Legalisierung einer Spielhalle die Rechtsfolge des § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG als dem typischerweise innewohnender Rechtsreflex ausgelöst wird, ist für sich genommen noch nicht geeignet, eine in Intention oder Intensität eingriffsgleiche und damit rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der grundrechtlich geschützten Berufsfreiheit zu begründen, zumal der Gesetzgeber den Vertrauensschutz im Rahmen der Neuregelung des Glücksspielwesens abschließend ausgestaltet hat (vgl. § 51 LGlüG). Der Antragsgegnerin war es – soweit ersichtlich – auch nicht daran gelegen, mit der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis im Sinne einer berufsregelnden Intention gezielt den Betrieb der Wettannahmestelle des Antragstellers faktisch zu untersagen; dies ist vielmehr bereits durch die sofort vollziehbare Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums ... erfolgt, welche u.a. Gegenstand der Verfahren 3 K 1270/16 sowie 3 K 1266/16 der Kammer und 6 S 263/17 sowie 6 S 1563/16 des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg war bzw. ist. Der für den Antragsteller in seinem tatsächlichen Rechtsschutzbegehren zielführende Weg dürfte insofern wohl eher der Streit über die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis an ihn sein, in deren Rahmen die Frage, ob die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis auch ihm entgegengehalten werden kann, ggf. inzident zu klären wäre.
33 
c. Auf die unionsrechtlich durch Art. 56 AEUV garantierte Dienstleistungsfreiheit kann sich der Antragsteller nicht berufen, da es an einem grenzüberschreitenden Bezug fehlt. Zwar mag der Antragsteller durch ein im EU-Ausland konzessioniertes Unternehmen angebotene Sportwetten und so Dienstleistungen zu vermitteln. Es ist jedoch nicht der Antragsteller, der unionsrechtlich von der Beschränkung der Vermittlungsmöglichkeiten betroffen ist, sondern vielmehr der Sportwettenanbieter als mittelbar betroffener Dritter. Die hier maßgebliche vom Antragsteller dem Verbraucher angebotene Dienstleistung, in Gestalt der Vermittlung der Teilnahme einer im Ausland angebotenen Sportwette, erfolgt durch den Antragsteller als deutschen Unternehmer im Bundesgebiet an dort ansässige Kunden (vgl. zum abzugrenzenden Fall eines eigene Sportwetten in einem anderen Mitgliedstaat anbietenden Wettanbieters Hilf/Umbach, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, Unionsrechtliche Aspekte Rn. 20, m.w.N.). Eine Geltendmachung etwaiger Rechte des maltesischen Wettanbieters durch den Antragsteller – etwa im Wege einer Art der Prozessstandschaft – dürfte nicht geboten sein, da diese Rechte vom jeweiligen Betroffenen selbst mittels eigener Rechtsbehelfe geltend gemacht werden können.
34 
d. Schließlich vermögen es auch Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG nicht, dem Antragsteller eine Antragsbefugnis zu vermitteln. Soweit das antragsbegründende Vorbringen darauf zielt, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Spielhallen und Wettannahmestellen durch das glücksspielrechtliche Regelungsregime darzulegen, ist dies für die Erteilung der Härtefallerlaubnis an die Beigeladene unerheblich. Denn eine solche Ungleichbehandlung würde allenfalls zu einer Unanwendbarkeit bzw. Nichtigkeit der die Tätigkeit des Antragstellers regelnden Vorschrift des § 20 LGlüG führen, nicht jedoch einen Anspruch auf Aufhebung der Härtefallerlaubnis der Beigeladenen begründen. Selbst wenn § 20 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a) LGlüG entweder – wie teilweise angenommen – einer anderen Auslegung im Hinblick auf das Verhältnis zu durch Härtefallerlaubnisse (weiterhin) legalisierten Spielhallen zugänglich oder generell nichtig wäre, könnte die Härtefallerlaubnis der Beigeladenen bestehen bleiben, ohne dass sie für den Antragsteller nachteilige Rechtswirkungen entfalten würde. All dies mag möglicherweise im Verfahren 3 K 1266/16, nicht jedoch im Verhältnis zur Beigeladenen bzw. der ihr erteilten Erlaubnis Relevanz entfalten. Nach alledem scheidet auch ein rechtfertigungsbedürftiger Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG garantierte allgemeine Handlungsfreiheit als subsidiäres Auffanggrundrecht aus (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 07.01.1959 – 1 BvR 100/57 –, BVerfGE 9, 73 <77>; Beschl. v. 11.07.2006 – 1 BvL 4/00 –, BVerfGE 116, 202 <221>; Beschl. v. 12.12.2006 – 1 BvR 2576/04 –, BVerfGE 117, 163 <181>; Beschl. v. 25.01.2011 – 1 BvR 1741/09 –, juris).
35 
e. Ob dem Antrag mit Blick auf die gegenüber dem Antragsteller bestehende vollziehbare Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums ... darüber hinaus auch das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, kann offenbleiben.
36 
2. Der Antrag ist jedenfalls unbegründet. Bei der von der Kammer zu treffenden eigenen Entscheidung über die Frage der Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zur Entscheidung über den eingelegten Rechtsbehelf und das Interesse der Allgemeinheit und des Begünstigten am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 19.11.2015 – 10 S 2004/15 –, juris). Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs – hier des gegen die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis erhobenen (Drittanfechtungs-)Widerspruchs –, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt oder angeordnet werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf als wahrscheinlich erfolgreich, kann dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel eher zu entsprechen sein. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als wahrscheinlich erfolglos, so dürfte regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommen. Erfolg kann die Anfechtung eines begünstigenden Verwaltungsakts durch einen Dritten aber nur dann haben, wenn der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Dritte – hier der Antragsteller – in eigenen Rechten verletzt ist, der Verwaltungsakt also gegen drittschützende Normen verstößt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
37 
Unabhängig von der Frage einer – nach den bisherigen Ausführungen eher unwahrscheinlich erscheinenden – eigenen Rechtsverletzung des Antragstellers hat sein Hauptsacherechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg und führt mithin nicht dazu, dass die vom Gericht im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 80a Abs. 3 VwGO vorzunehmende Abwägung zu seinen Gunsten ausfällt. Denn nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen – aber auch genügenden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.01.1984 – 2 BvR 507/81, NVwZ 1984, 429 <429 f.>) – summarischen Prüfung dürfte die in Anwendung der Befreiungsmöglichkeit in § 51 Abs. 5 LGlüG erfolgte Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis an die Beigeladene wohl rechtmäßig sein.
38 
a. Rechtsgrundlage der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ist § 41 Abs. 1-2 in Verbindung mit § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG.
39 
b. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit bestehen nach summarischer Prüfung – ungeachtet der Frage, ob sich der Antragsteller auf solche berufen könnte – nicht. Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin dürfte aus § 47 Abs. 5 Satz 1 LGlüG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 2 LVG folgen. Da die vom Antragsteller beanstandete Wirkung der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ihn allenfalls als mittelbar wirkender Rechtsreflex treffen dürfte, dürfte er mangels einer ihm gegenüber unmittelbar rechtsgestaltenden Wirkung auch nicht gem. § 13 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG zwingend als Verfahrensbeteiligter hinzuzuziehen gewesen sein. Deshalb dürfte er mangels eigener Verfahrensbeteiligung auch nicht gem. § 28 Abs. 1 LVwVfG vor der Entscheidung anzuhören gewesen sein. Darüber hinausgehende spezialgesetzliche Beteiligungserfordernisse zugunsten des Antragstellers sind nicht ersichtlich.
40 
c. Die verfahrensgegenständliche Erlaubnis dürfte nach summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig sein.
41 
aa. Bei der in § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG, Art. 29 Abs. 4 GlüStV enthaltenen Voraussetzung der „unbilligen Härte“ handelt es sich um einen vollständiger gerichtlicher Kontrolldichte unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff (Nds. OVG, Beschl. v. 05.09.2017 – 11 ME 169/17 –, juris; vgl. auch zur Bestimmtheit BVerwG, Beschl. v. 04.09.2012 – 5 B 8.12 –, juris). Bei der Bestimmung dessen Gehalts ist der Normzweck zu berücksichtigen, welcher in der Abfederung solcher Härten besteht, die eine abstrakt-generelle Neuregelung eines Rechtsbereichs bzw. des rechtlichen Rahmens für bestimmte bereits bestehende tatsächliche Phänomene mit sich bringt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.09.2012 – 5 B 8.12 –, juris). Dies wird durch die Regelung in § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG konkretisiert, nach der Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen unbilligen Härte insbesondere dann gegeben sind, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. Dabei dürfte die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG ausweislich ihres Wortlauts („des“ Betriebs) auf denjenigen Betrieb abstellen, für welchen die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter Anwendung der Härtefallregelung in § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG beantragt wird. Dem entspricht die erklärte gesetzgeberische Zielsetzung der Regelung, nach welcher betroffene Gewerbetreibende, d.h. einen konkreten Betrieb führende Personen, in die Lage versetzt werden sollen, eine Anschlussnutzung der Betriebsräume mit einer anderen Zielrichtung – zum Beispiel als Gaststätte – zu realisieren (LT-Drs. 15/2431, S. 113). Dementsprechend kann ein betroffener Gewerbetreibender voraussichtlich auch auf die Möglichkeiten einer Umnutzung seines Betriebs bis hin zu dessen Veränderung verwiesen werden (vgl. Anwendungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft, Stand: 11.12.2015, S. 26). Deshalb können – was die Antragsgegnerin ausweislich der Bescheidbegründung offenbar auch berücksichtigt hat – voraussichtlich auch zivilrechtliche Fragestellungen im Hinblick auf die (Um-)Nutzbarkeit oder die Bindungen des jeweils Betroffenen an vertragliche Vereinbarungen mit Dritten zu berücksichtigen sein.
42 
All dies dürfte jedoch darauf beschränkt sein, einen Betrieb unter dessen Aufrechterhaltung – selbst wenn dieser zu einem Betrieb mit einer völlig anderen Zielsetzung umgewandelt würde – anzupassen oder auf ein neues betriebswirtschaftliches Fundament zu stellen. Es dürfte jedoch nicht zumutbar sein, sich auf eine Möglichkeit, diesen Betrieb einem Dritten zu überlassen, verweisen lassen zu müssen. Denn dies würde – zumindest hinsichtlich der Erwerbsmöglichkeit – wohl der faktischen Entziehung eines den verfassungsrechtlichen Schutz aus Art. 12 Abs. 1 GG erfahrenden eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetriebs gleichkommen (vgl. allgemein zu dessen verfassungsrechtlichem Schutz BVerwG Urt. v. 25.05.2006 – 6 C 17/02 –, BVerwGE 118, 241 <226>, m.w.N. zur bisherigen Rspr.; s. auch BGH, Urt. v. 04.06.1981 – III ZR 31/80 –, NJW 1981, 2000 <2002>; Urt. v. 14.03.1996 – III ZR 224/94 –, NJW 1996, 2422 <2423>), welche wiederum dem gesetzlichen Ziel des § 51 Abs. 4-5 LGlüG – des begrenzten Vertrauensschutzes zugunsten einzelner konkreter Gewerbetreibender – zuwiderlaufen würde. Gegenteiliges dürfte auch nicht aus den Anwendungshinweisen des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 11.12.2015 hervorgehen. Diese stellen vielmehr auf eine Umnutzung durch den jeweiligen Betreiber ab; miteingeschlossen soll ausdrücklich auch eine Nutzung als Spielhalle bis zum Ende der befristeten Befreiung sein (vgl. hierzu die Anwendungshinweise des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft, Stand: 11.12.2015, S. 23).
43 
Im vorliegenden Fall kann es jedoch offenbleiben, ob die vom Antragsteller behauptete Bereitschaft eines Eintritts in den Vertrag mit dem Verwalter der Geschäftsräume der Beigeladenen für sich genommen dazu führen kann, dass bei der Beigeladenen ein Härtefall abzulehnen wäre. Denn die Hausverwaltung hat mit Schreiben vom 09.11.2016 den Gesellschaftern der Beigeladenen mitgeteilt, dass sie am Mietvertrag festhalte und eine weitergehende Untervermietung nicht zulasse. Dies schließt nach summarischer Prüfung die Möglichkeit eines Eintretens des Antragstellers in dieses Mietverhältnis wohl aus. Die Prüfung eines mietrechtlichen Anspruchs auf Vertragsaufhebung wiederum erfolgt stets nach den Besonderheiten des Einzelfalls, wobei im Falle der Gewerberaummiete wohl zu beachten ist, dass das Verwendungsrisiko für Gewerberaum grundsätzlich der Mieter trägt (BGH, Urt. v. 16.02.2000 – XII ZR 279/97 –, NZM 2000, 492 <495>; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.06.2014 – I-24 U 159/13 –, juris; OLG München, Urt. v. 18.11.1994 – 21 U 3072/94 –, NJW-RR 1995, 393; jew. m.w.N.). Dass im konkreten Falle der Beigeladenen – wie der Antragsteller meint – ein gesetzliches oder übergesetzliches (Sonder-)Kündigungsrecht mit derart überwiegender rechtlicher Klarheit bestünde, dass es im Rahmen der summarischen Prüfung als gegeben anzusehen wäre, ist weder ersichtlich noch dargelegt. Ein mietvertragliches Sonderkündigungsrecht besteht wohl nur dann, wenn das maßgebliche öffentlich-rechtliche Verbot an die Mietsache selbst anknüpft (vgl. BGH, Urt. v. 02.03.1994 – XII ZR 175/92 –, juris; Urt. v. 22.06.1988 – VIII ZR 232/87 –, NJW 1988, 2664). Dies dürfte im Falle der Glücksspielregulierung nicht der Fall sein. Denn die Glücksspielregulierung und das mit ihr einhergehende gesetzliche Verbot mit Erlaubnis- bzw. Befreiungsvorbehalt knüpfen an das Glücksspiel als solches und nicht an in den Geschäftsräumen der Beigeladenen wurzelnde Umstände an (vgl. Blank, in: Blank/Börstinghaus (Hrsg.), Miete, 5. Aufl., 2017, § 536 BGB Rn. 29; zum umgekehrten Fall der Vermieterkündigung KG, Urt. v. 14.07.2014 – 8 U 140/13 –, MDR 2014, 952 <953>). Nichts anderes dürfte aus der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 –, juris) für maßgeblich erachteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 20.11.2013 – XII ZR 77/12 –, NZM 2014, 165 <166>) folgen. Denn diese Entscheidung betraf den Fall eines die Mietsache als solches betreffenden öffentlich-rechtlichen Verbots. Selbst wenn ein Anspruch der Beigeladenen oder ihrer Gesellschafter auf Vertragsbeendigung bestünde, wäre dieser – soweit ersichtlich – zunächst wirksam gegenüber dem Vermieter – ggf. gerichtlich – durchzusetzen. Solange eine (zivil-)gerichtliche Klärung jedoch nicht rechtskräftig herbeigeführt ist, wäre wohl – zumindest im Rahmen der hier aufgerufenen summarischen Prüfung – noch von einem Härtefall auszugehen sein.
44 
Dass trotz dieser differenzierten Rechtsentwicklung im Bereich des Gewerberaummietrechts ein offensichtliches Sonderkündigungsrecht der Beigeladenen bestünde, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Sein Vorbringen beschränkt sich insofern auf die bloße Behauptung eines solchen Gestaltungsrechts bzw. Anspruchs und in der unsubstantiierten Vermutung „ins Blaue hinein“, die Beigeladene habe in einem aus seiner Sicht kollusiven Zusammenwirken mit der Hausverwaltung die Ablehnung einer vorzeitigen Vertragsaufhebung oder Überlassung an den Antragsteller als Nachmieter treuwidrig bewirkt und das Schreiben vom 09.11.2016 „vorformuliert“. Diesen letztgenannten Mutmaßungen, die einer auch nur ansatzweise substantiiert dargelegten tatsächlichen Grundlage entbehren, braucht das Gericht nicht – jedenfalls nicht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – nachzugehen (vgl. zur sog. „Ausforschung“ BVerwG, Beschl. v. 15.02.2008 – 5 B 196.07 –, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 362; Beschl. v. 05.10.1990 – 4 B 249.89 –, Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6; Beschl. v. 29.03.1995 – 11 B 21.95 –, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266; vgl. zuletzt auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.05.2016 – 5 S 1443/14 –, juris).
45 
Schließlich dürfte nach summarischer Prüfung der Einwand des Antragstellers, die Beigeladene hätte ihren Mietvertrag bereits im Jahre 2015 kündigen sollen, auch aus anderem Grunde nicht verfangen. Denn § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG räumte der Beigeladenen eine Frist zur Härtefallantragstellung bis zum 29.02.2016 ein. Hieraus dürfte die gesetzliche Wertung folgen, dass zumindest innerhalb dieser Frist es der Beigeladenen nicht zuzumuten gewesen wäre, ihren Betrieb aufzugeben.
46 
bb. Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG räumt der zuständigen Behörde ein gerichtlich lediglich begrenzt überprüfbares verwaltungsbehördliches Rechtsfolgeermessen ein. Diese gerichtliche Kontrolldichte ist dabei auf die Überprüfung der Einhaltung dessen gesetzlicher Grenzen beschränkt (§ 114 Satz 1 VwGO).
47 
Die Grenzen dieses verwaltungsbehördlichen Ermessens dürften durch die gesetzte und gesetzlich vorgesehene Rechtsfolge der hier befristet erteilten Erlaubnis wohl nicht überschritten worden sein. Es ist nach summarischer Prüfung nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin den Sachverhalt unzutreffend festgestellt oder gewürdigt und so den Umfang ihres Ermessens verkannt und unterschritten hätte. Die im Schreiben der Antragsgegnerin vom 20.03.2017 enthaltene Aussage, dass keine zivilrechtlichen Fragestellungen geprüft würden, dürfte keinen Ermessensfehler – etwa in Gestalt einer mangelhaften Sachverhaltsaufklärung – begründen, nachdem sie die mietvertraglichen Bindungen der Beigeladenen im Bescheid berücksichtigt hat. Hierauf kommt es indes auch nicht an, da im Widerspruchsverfahren etwaige Unzulänglichkeiten in der Sachverhaltsermittlung ggf. behoben werden können.
48 
Dessen ungeachtet würde, selbst wenn im Rahmen der Ausübung des durch § 51 Abs. 5 LGlüG eingeräumten verwaltungsbehördlichen Rechtsfolgeermessens die Auswirkungen der Erlaubnis für Dritte zu berücksichtigen wären und der Norm so eine zumindest auch den Antragsteller schützende Rechtswirkung zukäme, diese wohl nicht durchgreifen. Denn im vorliegenden Fall drängt es sich nicht auf, dass es die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschreiten würde, wenn die Abwägung der hier widerstreitenden – jeweils durch Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlichen Schutz erfahrenden – Interessen der Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers und der Beigeladenen zugunsten der Beigeladenen ausfällt.
49 
Die Ermessensausübung entspricht auch dem Zweck der Norm (vgl. § 40 LVwVfG). Denn zum einen hat der Gesetzgeber im Rahmen seiner legislativen Einschätzungsprärogative, welche ihm im Rahmen der abstrakt-generellen Herstellung praktischer Konkordanz zwischen zueinander in Konflikt stehenden Rechtsgütern zukommt (BVerfG, Beschl. v. 17.07.1974 – 1 BvR 51/69 u.a. –, BVerfGE 38, 61 <87>; Beschl. v. 31.10.1984 – 1 BvR 35/82 u.a. –, BVerfGE 68, 193 <220> vgl. auch Kloepfer, Verfassungsrecht, Band I, 2011, § 10 Rn. 224; zum Glücksspielrecht BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris; StGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.06.2014 – 1 VB 15/13 –, juris), berücksichtigt, dass eine landesrechtliche Regulierung des Glücksspielwesens nur dann mit einer hinreichenden Effektivität umgesetzt werden kann, wenn die eigentliche Regulierung nicht durch über besondere Ausnahmefälle hinausgehende Dispensvorbehalte unterlaufen wird. Als solchen Ausnahmefall hat der Gesetzgeber mit Blick auf die gegenüber den Lotterie- oder Wettannahmestellen bestehende Besonderheit von Spielhallen, welche sich durch einen dem Automatenspiel immanenten eigenen Investitionsaufwand des Betreibers auszeichnen, in einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden Weise berücksichtigt, zumal es sich um eine zeitlich und sachlich eng umgrenzte Ausnahmevorschrift handelt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 u.a. –, juris). Denn anders als im Falle von Wettannahmestellen vermitteln Spielhallen primär eigene Leistungen, welche sie durch von ihnen – gleich in welchem privatrechtlichen Rechtsverhältnis (etwa Kauf, Miete, Leasing oder Pacht) – beschaffte Glücksspielautomaten bereitstellen. Wettannahmestellen hingegen greifen auf Wettsysteme des jeweiligen Wettanbieters zu, sodass der Bereitstellungsaufwand im Hinblick auf die Herstellung des Wettgeschäfts als solchem regelmäßig eher beim Wettanbieter und nicht beim Betreiber der Wettannahmestelle liegen dürfte. Hierfür spricht auch die aus der in der Behördenakte enthaltenen Lichtbilddokumentation ersichtliche Ausstattung des Wettbüros des Antragstellers, welche primär aus Monitoren, einer Computeranlage und einem Wettterminal zu bestehen scheint. Gegenteiliges ist auch nicht durchgreifend dargelegt worden. Eine Verfassungswidrigkeit der Regelungen drängt sich im Rahmen der hier gebotenen – aber auch genügenden – summarischen Prüfung nach alledem nicht auf.
50 
d. Ungeachtet der – nach summarischer Prüfung wohl gegebenen – Rechtmäßigkeit oder der – vom Antragsteller angenommenen – Rechtswidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis ergibt eine hiervon unabhängige Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen der Beteiligten, dass im vorliegenden Fall eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zugunsten des Antragstellers und zulasten der Beigeladenen ausscheidet.
51 
Bereits für sich genommen führt der Umstand, dass der Antragsteller seine Wettannahmestelle aufgrund der sofort vollziehbaren Verfügung des Regierungspräsidiums ... vom 03.03.2016 zu schließen hat, dazu, dass das Vollziehungsinteresse an der verfahrensgegenständlichen Erlaubnis überwiegt.
52 
Ob eine abstrakt-generelle Regelung des Falles einer später in Konkurrenz zu einer zugelassenen Wettannahmestelle tretenden Spielhalle möglicherweise fehlt (so Hilf/Umbach, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer (Hrsg.), Glücksspielregulierung, 2017, § 21 GlüStV Rn. 32) und wie sich dies ggf. auswirkt, ist einer Klärung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht zugänglich und unter zwei Gesichtspunkten vorliegend wohl auch unerheblich. Denn zum einen war der Betrieb des Antragstellers zu keinem Zeitpunkt nach Inkrafttreten der glücksspielstaatsvertraglichen bzw. landesrechtlichen Regulierung erlaubt oder zugelassen. Zum anderen war dieser es, der zu einer zum Zeitpunkt seiner Begründung erlaubt betriebenen Spielhalle hinzugetreten ist. Etwaige für Betreiber von zugelassenen Wettannahmestellen günstige Rechtsfolgen eines Regelungsdefizits – sollte ein solches vorliegen – würden sich jedenfalls im vorliegenden Verwaltungsrechtsverhältnis nicht zugunsten des Antragstellers auswirken. Denn die Wirksamkeit der ihn betreffenden Regelung vermag dies nicht zu berühren. Deshalb bedarf es auch keiner Ausführungen zu einer – im Übrigen auch wohl mangels planwidriger Regelungslücke nicht gebotenen – Anwendbarkeit der Vorschrift des § 51 Abs. 5 LGlüG zugunsten von Wettannahmestellen im Wege der Analogie, zumal diese im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich wäre.
53 
Schließlich ist die verfahrensgegenständliche Erlaubnis aufgrund einer jedenfalls nicht offensichtlich verfassungswidrigen Rechtsgrundlage ergangen, welche primär den Interessen der Beigeladenen dient und lediglich mittelbar in Form eines bloßen – vom Gesetzgeber wohl hingenommenen – Rechtsreflexes zur Erfüllung eines den Antragsteller belastenden glücksspielrechtlichen Tatbestands führt. Selbst wenn eine generelle, mit dem höherrangigen Recht nicht vereinbare Benachteiligung von Wettannahmestellen gegenüber Spielhallen vorläge, wäre seitens des vermeintlich Benachteiligten primär gegen die sie belastenden Vorschriften des Glücksspielrechts vorzugehen. Jedenfalls im hier gegebenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann deshalb kein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers festgestellt werden. Denn allein für den eher fernliegenden Fall, dass die durch die vermeintliche Privilegierung von Spielhallen gem. § 51 Abs. 5 LGlüG eine verfassungswidrige Bevorteilung ebendieser bewirkt würde, kann diese nicht um den Preis der Existenzgefährdung eines Dritten – hier der Beigeladenen – zugunsten des Antragstellers angenommen werden, wenn diesem hinsichtlich der ihn belastenden glücksspielaufsichtsrechtlichen Maßnahmen noch Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, durch welche dem in Art. 19 Abs. 4 GG fußenden Justizgewährleistungsanspruch hinreichend Rechnung getragen wird. Deshalb überwiegt das in Art. 12 Abs. 1 GG hinsichtlich der Beigeladenen und in § 52 Abs. 5 LGlüG hinsichtlich der Antragsgegnerin fußende Interesse an der Vollziehung der Erlaubnis das Interesse des Antragstellers, von deren lediglich mittelbaren Auswirkungen verschont zu bleiben.
54 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 163 Abs. 3 VwGO.
55 
4. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Ziffern 54.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die Kammer geht davon aus, dass der Auffangstreitwert gem. § 52 Abs. 2 GKG den wirtschaftlichen Wert der Streitigkeit nicht hinreichend abbildet und orientiert sich daher an dem Mindeststreitwert in gewerberechtlichen Streitigkeiten. Im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vermag es die Kammer nicht, mit hinreichender Sicherheit den erwarteten wirtschaftlichen Mehrwert der vom Antragsteller begehrten Suspensivwirkung einzuschätzen, sodass sie den Mindeststreitwert von 15.000,00 Euro in der Hauptsache zugrunde legt und diesen mangels ersichtlicher faktischer Vorwegnahme der Hauptsache halbiert.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen gesetzliche Regelungen des Landes Berlin, die den Betrieb ihrer Spielhallen nachteilig betreffen.

2

Sie betreibt in dem nicht in ihrem Eigentum stehenden Gebäudekomplex ... in Berlin sechs Spielhallen, die kreisförmig um einen Aufsichtsbereich herum angeordnet sind. Den Betrieb einer siebten Spielhalle dort hat sie im Verlauf des Revisionsverfahrens aufgegeben; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Bescheiden vom 4. November 2008 waren der Klägerin für ihre Spielhallen unbefristete Erlaubnisse nach § 33i Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO) erteilt worden.

3

Nachdem am 2. Juni 2011 das Spielhallengesetz Berlin (SpielhG BE) in Kraft getreten war, wies das Bezirksamt ... von Berlin die Klägerin auf die danach einzuhaltenden Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen hin. Bei nicht fristgerechter Einhaltung sei das Ordnungsamt gehalten, Widerrufsverfahren einzuleiten.

4

Am 27. Juli 2011 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage auf Feststellung erhoben, dass die ihr erteilten Erlaubnisse auch nach deren im Spielhallengesetz Berlin vorgesehenen Erlöschen am 31. Juli 2016 wirksam bleiben, sie für den Betrieb ihrer Spielhallen keine weiteren Erlaubnisse benötigt und näher bezeichneten Vorschriften des Spielhallengesetzes Berlin und des Ausführungsgesetzes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV BE) nicht unterliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 1. März 2013 abgewiesen.

5

Mit Urteil vom 11. Juni 2015 hat das Oberverwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, soweit die Klägerin ihre Berufung durch Antragsbeschränkung im Berufungsverfahren zurückgenommen hat, und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Die Feststellungsklage sei zulässig, aber unbegründet. Das Land Berlin sei nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zum Erlass der angegriffenen Bestimmungen befugt gewesen. Diese schränkten die Berufsausübungsfreiheit zum Zweck der Bekämpfung und Prävention von Spielsucht sowie zur Sicherung des Jugendschutzes in verhältnismäßiger Weise ein. Es sei nicht feststellbar, dass die Klägerin wegen der Beschränkungen zulässiger Standorte oder einer wirtschaftlichen Erdrosselung künftig in Berlin keine Spielhalle mehr werde betreiben können. Sie könne auf andere Standorte im Berliner Stadtgebiet ausweichen. Da bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürften, habe der Berliner Gesetzgeber von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen und entsprechende präventive Regelungen erlassen dürfen. Seine Annahme, eine Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen könne Spielsüchtige vom Spielen abhalten und einem Gewöhnungseffekt für Kinder und Jugendliche entgegenwirken, sei nicht offensichtlich fehlsam. Die Eignung der Regelungen werde nicht durch ein etwaiges Vollzugsdefizit gegenüber nicht genehmigten Spielhallen in Frage gestellt, da kein normatives Regelungsdefizit bestehe. Für Ausweichbewegungen von Spielern in Gaststätten mit Geldspielautomaten seien keine verlässlichen Erkenntnisse ersichtlich. Die Regelungen verletzten weder den Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber Gaststätten oder der Spielbank Berlin noch das Grundrecht der Klägerin auf Eigentum. Sie seien auch nicht wegen Verstoßes gegen die Informationspflicht gegenüber der Europäischen Kommission nach der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar, da sie keine technischen Vorschriften darstellten.

6

Am 7. Juli 2015 hat die Klägerin hiergegen Revision eingelegt. Nach Inkrafttreten des am 22. März 2016 verabschiedeten Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin (MindAbstUmsG BE) am 6. April 2016, das für die Neuerteilung von Erlaubnissen an Bestandsspielhallen ein Sonderverfahren vorsieht, hat sie für die streitgegenständlichen Spielhallen entsprechende Erlaubnisanträge gestellt. Gleichzeitig hält sie an ihrem Feststellungsbegehren fest.

7

Zur Begründung der Revision macht die Klägerin neben Verfahrensrügen im Wesentlichen geltend, die von ihr angegriffenen Regelungen seien formell und materiell verfassungswidrig. Den Ländern komme insoweit keine Gesetzgebungskompetenz zu. Durch die Föderalismusreform 2006 sei ihnen mit dem "Recht der Spielhallen" im Wege der normativen Rezeption lediglich die Zuständigkeit für den eingeschränkten Regelungsbereich des § 33i GewO übertragen worden. Regelungen zur abstrakten Gefahrenabwehr und zur Suchtprävention im gewerblichen Automatenspiel seien dem Geräte- und Aufstellungsrecht zuzuordnen, für das der Bund regelungsbefugt sei. Standortbezogene Beschränkungen für Spielhallen seien ausschließlich dem Bauplanungsrecht zuzuordnen. Jugendschützende Regelungen unterfielen der Regelungskompetenz des Bundes für die öffentliche Fürsorge. Insoweit habe der Bund von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht. Eine weitere Rechtsetzung der Länder sei daher gesperrt.

8

Die mit dem Spielhallengesetz Berlin, dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Ausführungsgesetz für das Land Berlin geschaffenen neuen Erlaubnisvorbehalte stellten repressive Verbote und objektive Berufswahlbeschränkungen für Spielhallenbetreiber dar. Sie seien nach neuerer Suchtforschung nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber verfolge mit ihnen in Wahrheit fiskalische Ziele, da er das stärker spielsuchtrelevante Automatenspiel in Spielbanken nicht vergleichbar reguliere. Angesichts des Vollzugsdefizits gegenüber einer Vielzahl illegaler Spielstätten in Berlin sei den Betreibern langjährig unbeanstandeter Bestandsspielhallen eine Schließung nicht zuzumuten. Die landesrechtlichen Abstandsregelungen für Spielhallen konterkarierten bauplanungsrechtliche Regelungen zur Konzentration von Spielhallen in bestimmten Baugebieten und führten zu einem "Kahlschlag" der vorhandenen Spielhallen. Das Mindestabstandsgebot von 500 Metern zu anderen Spielhallen sei wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Neben dem bestehenden Zugangsverbot zu Spielhallen für Jugendliche nach dem Jugendschutzgesetz (JuSchG) sei das Verbot von Spielhallenstandorten in räumlicher Nähe zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, unverhältnismäßig. Es sei auch nicht hinreichend bestimmt. Das nach dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin vorgesehene Sonderverfahren für die Erteilung einer Erlaubnis an Bestandsunternehmen führe zu zusätzlichen Standorteinschränkungen und erhebe mit dem Losentscheid den Zufall zum Rechtsprinzip. Die Reduzierung der Höchstzahl von zwölf auf acht Geräte in einer Spielhalle sei betriebswirtschaftlich nicht verkraftbar und zur Spielsuchtbekämpfung nicht erforderlich.

9

Die Regelung des Spielhallengesetzes über das Erlöschen von Alterlaubnissen verletzte die Klägerin auch in ihrem Grundrecht auf Eigentum. Eine fünfjährige Übergangsfrist für Bestandsbetriebe reiche wegen der Ungewissheit darüber, welcher Bestandsbetrieb eine Erlaubnis nach neuem Recht erhalte, nicht aus. Auch die Reduzierung der Gerätehöchstzahl greife in das Eigentumsrecht von Spielhallenbetreibern ein. Darüber hinaus verstoße es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG, Spielhallen stärker zu beschränken als Gaststätten mit Geldspielgeräten und Spielbanken mit teilweise hunderten stärker spielergefährdenden Automaten in einem Saal. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen verletzten zudem das verfassungsrechtliche Konsistenzgebot und das unionsrechtliche Kohärenzgebot. Die Klägerin hält an ihren in den Vorinstanzen erhobenen Einwänden gegen die Werberestriktionen für Spielhallen, die Verpflichtung zur Stellung einer Aufsichtsperson pro Spielhalle, gegen obligatorische Eingangskontrollen und die Verpflichtung zur Berücksichtigung von Selbstsperren fest. Sie meint, die über den Glücksspielstaatsvertrag hinausgehenden Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin verstießen gegen den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens. Außerdem sei das Spielhallengesetz wegen einer Verletzung der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG unanwendbar.

10

Die Klägerin beantragt,

soweit das Verfahren nicht in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Juni 2015 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 1. März 2013 zu ändern und

1. a) festzustellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die ihr im November 2008 erteilten Gewerbeerlaubnisse gemäß § 33i Gewerbeordnung auch ohne Neuerteilung von landesrechtlichen Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin vom 20. Mai 2011 oder nach dem Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel vom 19. Juni 2012, jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstands nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen sowie zur Änderung spielrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2016, weiterhin berechtigt ist, die Spielhallen M. I "...", M. II "...", M. III "...", M. IV "...", M. V "..." und M. VI "..." zu betreiben,

hilfsweise,

b) festzustellen, dass die zuständige Erlaubnisbehörde nicht berechtigt ist, die Erteilung landesrechtlicher Erlaubnisse für die im Klagantrag Ziffer 1. a) aufgeführten Spielhallen wegen Nichteinhaltung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 Spielhallengesetz vorgesehenen Standortbeschränkungen abzulehnen.

2. festzustellen, dass die Klägerin entgegen der in § 4 Abs. 2 Spielhallengesetz und in § 4 Abs. 3 Spielhallengesetz vorgesehenen Begrenzungen berechtigt ist, in den in Ziffer 1 bezeichneten Spielhallen bei Einhaltung der weiteren, in der Spielverordnung vorgesehenen Voraussetzungen jeweils bis zu zwölf Geld- oder Warenspielgeräte aufzustellen und bis zu drei andere Spiele zu veranstalten,

3. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 1 Spielhallengesetz auch dann Speisen und nichtalkoholische Getränke verabreichen darf, wenn in einer Spielhalle vier oder mehr Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt sind,

4. festzustellen, dass die Klägerin in den in Ziffer 1 genannten Spielhallen entgegen § 6 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz Speisen und Getränke unentgeltlich abgeben darf,

5. festzustellen, dass die Klägerin entgegen § 5 Abs. 1 Spielhallengesetz berechtigt ist, die in Ziffer 1 genannten Spielhallen auch in der Zeit von 3:00 Uhr bis 5:00 Uhr und in der Zeit von 6:00 Uhr bis 11:00 Uhr zu betreiben, soweit nicht das feiertägliche Spielverbot gemäß § 5 Abs. 2 Spielhallengesetz eingreift,

6. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 4 Abs. 1 Satz 2 Spielhallengesetz und in § 26 Abs. 1 des Glücksspieländerungsstaatsvertrages vorgesehenen Werbebeschränkungen einzuhalten,

7. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 2 Spielhallengesetz während der Öffnungszeiten sicherstellen muss, dass in jeder der in Ziffer 1 genannten Spielhallen mindestens eine Aufsichtsperson dauerhaft anwesend ist,

8. festzustellen, dass die Klägerin abgesehen von Zweifelsfällen im Hinblick auf die Einhaltung der Altersgrenze (siehe § 2 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 JuSchG) nicht gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 Spielhallengesetz verpflichtet ist, durch Eingangskontrolle und Prüfung des Personalausweises oder anderer Dokumente die Identität und/oder das Alter der Personen, die Zutritt zu einer Spielhalle begehren, zu kontrollieren,

9. festzustellen, dass die Klägerin nicht gemäß § 6 Abs. 6 Satz 1 Spielhallengesetz verpflichtet ist, Personen für die Dauer von mindestens einem Jahr vom Spiel auszuschließen, die dies ihr gegenüber oder gegenüber dem mit der Aufsicht betrauten Personal verlangen,

10. festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, die in § 6 und § 7 Glücksspielstaatsvertrag geregelten Pflichten der Veranstalter und Vermittler von öffentlichen Glücksspielen zu beachten.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Er verteidigt das Berufungsurteil. Mit den angegriffenen Regelungen habe der Gesetzgeber auf den sprunghaften Anstieg von Spielhallenstandorten und den in ihnen aufgestellten Spielgeräten vor allem in den Innenstadtbezirken Berlins reagiert, um der herausragenden Suchtgefahr des Geldautomatenspiels entgegenzuwirken. Insoweit verfüge der Gesetzgeber über einen legislativen Einschätzungsspielraum, der hier auch ausweislich neuester Studien über Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland nicht überschritten sei. Die Länder seien für sämtliche der angegriffenen Regelungen nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG regelungsbefugt. Die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers bleibe in Berlin selbst bei Einhaltung der Mindestabstände möglich, da auch bauplanungsrechtlich ausreichend Standorte zur Verfügung stünden. Die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen seien zur Spielsuchtbekämpfung und -prävention geeignet, erforderlich und zumutbar. Das Sonderverfahren zur Auswahl von Standorten für Bestandsspielhallen stelle eine Entscheidung anhand hinreichend bestimmter qualitativer Kriterien und eine grundrechtsschonende Ausschöpfung der Standortkapazität sicher. Der Landesgesetzgeber habe Spielhallen gegenüber dem Automatenspiel in Gaststätten und in Spielbanken unterschiedlich behandeln dürfen. Die nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse würden durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht geschützt. Bis zu ihrem Erlöschen gelte eine großzügige Übergangsfrist. Die große Zahl der nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes weiterbetriebenen Spielhallen spreche gegen eine Erdrosselungswirkung der neuen Regelungen. Unionsrecht stehe ihrer Anwendung nicht entgegen. Insbesondere seien sie keine notifizierungspflichtigen technischen Vorschriften im Sinne der Richtlinie 98/34/EG.

13

Der Vertreter des Bundesinteresses hält die Länder zur Regelung von Mindestabständen zu anderen Spielhallen und zu Einrichtungen, die von Minderjährigen besucht werden, für befugt. Solche Regelungen seien zwar mangels unmittelbaren Bezuges zur Räumlichkeit von Spielhallen nicht dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Jedoch habe der Bund insoweit jedenfalls von seiner Kompetenz zur Regelung der öffentlichen Fürsorge und des Rechts der Wirtschaft keinen Gebrauch gemacht. Die Länder seien aber nicht befugt, Gerätehöchstzahlbegrenzungen und Regelungen über Beschränkungen bei Abgabe von Speisen oder Getränken in einer Spielhalle zu erlassen.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit - hinsichtlich der von der Klägerin nicht mehr betriebenen Spielhalle M. VII "..." - übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen bleibt die zulässige Revision ohne Erfolg. Das angegriffene Urteil verletzt nicht revisibles Recht.

15

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist nach § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Soweit sie sich dagegen wendet, mit ihren Spielhallen bereits in Kraft getretenen betriebsbezogenen Einschränkungen zu unterliegen, ist sie an einem gegenwärtigen, feststellungsfähigen Rechtsverhältnis beteiligt. § 43 Abs. 2 VwGO greift insoweit nicht ein, da die Vorschriften bußgeldbewehrt sind und der Klägerin nicht zuzumuten ist, etwaige Sanktionen abzuwarten (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2010 - 8 C 19.09 - BVerwGE 136, 54 <64>). Soweit sich die Klägerin gegen erst künftig eintretende, mit dem Erlöschen ihrer Spielhallenerlaubnisse und dem Erfordernis einer neuen Erlaubnis verbundene Beschränkungen wendet, ist die Klage als vorbeugende Feststellungsklage zulässig. Zwar gelten die ihr auf der Grundlage von § 33i GewO erteilten Erlaubnisse nach § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Umsetzung des Mindestabstandes nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen (Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin - MindAbstUmsG BE) vom 22. März 2016 (GVBl. 2016 S. 117) bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend, weil die Klägerin für die streitgegenständlichen Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt hat und bislang noch keine Auswahlentscheidung über die fortbestehenden Standorte getroffen worden ist. Welchen rechtlichen Anforderungen sie im Hinblick auf die künftige Erteilung einer Erlaubnis unterliegen wird, ist aber bereits jetzt sachlich und zeitlich hinreichend überschaubar. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist deshalb auch insoweit gegeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 1989 - 2 C 23.88 - NJW 1990, 1866). Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an sämtlichen von ihr begehrten Feststellungen ergibt sich aus ihrem Interesse, Klarheit über die Rechtslage zu erzielen, um wirtschaftliche Dispositionen für ihre Spielhallenbetriebe treffen zu können (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 - BVerwGE 114, 226 <227> und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 f.).

16

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Die Ablehnung ihrer Beweisanträge Nr. 5 a bis d verletzt den Untersuchungsgrundsatz nicht. Ausgehend von seiner für die Prüfung von Verfahrensmängeln maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 - 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 <189>), dass es auf wirtschaftliche Nachteile der Spielhallenbetriebe wegen illegaler Spielangebote nur ankomme, wenn diese Nachteile in einem normativen Regelungsdefizit angelegt sind, musste das Oberverwaltungsgericht den von der Klägerin beantragten Beweis zu den Gründen der Schließung zweier Berliner Verbundspielhallen wegen der Konkurrenz benachbarter illegaler scheingastronomischer Spielangebote nicht erheben. Mit der Ablehnung des Beweisantrags war keine vorweggenommene Beweiswürdigung indizieller Tatsachen verbunden. Vielmehr hat das Berufungsgericht die wirtschaftliche Konkurrenz durch illegale Spielstätten für rechtlich unerheblich gehalten, weil es ein normatives Regelungsdefizit als Ursache der illegalen Konkurrenz verneint hat. Den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur regelmäßigen wirtschaftlichen Unmöglichkeit des Weiterbetriebes vorhandener (Mehrfach-)Spielhallen aufgrund der Neuregelungen für Spielhallen hat das Berufungsgericht zwar insoweit zu eng verstanden, als es auf die künftige rechtliche Unzulässigkeit des Betriebes von Mehrfachspielhallen verwiesen und deren Weiterbetrieb als Einzelspielhallen ausgeblendet hat (vgl. UA S. 66). Die Ablehnung dieses Beweisantrages findet gleichwohl im geltenden Prozessrecht eine hinreichende Stütze. Auf Grundlage der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass ein Ausweichen von Bestandsspielhallen in andere Bereiche des Berliner Stadtgebietes möglich und rechtlich zumutbar sei, war die zum Beweis gestellte Tatsache nicht entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die verfahrensgegenständlichen Spielhallen der Klägerin bezog. Darüber hinaus durfte der Antrag mangels hinreichender Substantiierung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - 10 B 34.14 - juris Rn. 9) abgelehnt werden. Die Klägerin hatte angesichts der vom Berufungsgericht hervorgehobenen beträchtlichen Anzahl von Spielhallen, die im Land Berlin nach Inkrafttreten der angegriffenen Regelungen weiterhin betrieben werden, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Fortführung ihrer Spielhallenbetriebe als Einzelspielhallen in Berlin wirtschaftlich unmöglich wäre. Gleiches gilt für die Ablehnung der Beweisanträge zur Übertragbarkeit von Ertragsrechnungen dreier pseudonymisierter Spielhallenbetriebe auf andere Spielhallen. Diese Anträge enthielten schon keine Angaben zur Art und Lage der als exemplarisch dargestellten Betriebe und waren nicht hinreichend bestimmt, um dem Berufungsgericht eine Sachaufklärung zur wirtschaftlichen Auskömmlichkeit des Betriebes von Spielhallen unter Geltung der neuen Anforderungen nahezulegen.

17

Das Oberverwaltungsgericht hat auch nicht aktenwidrig unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz angenommen, dass die wirtschaftliche Konkurrenz für Spielhallen durch illegale Spielstätten singulär nur bestimmte Bezirke des Stadtgebietes betreffe und es weder dargetan noch ersichtlich sei, dass Spielhallen nicht in den unattraktiveren Außenbereichen von Berlin wirtschaftlich betrieben werden könnten. Diese berufungsgerichtlichen Annahmen liegen nicht außerhalb des Gesamtergebnisses des Verfahrens, denn die Klägerin hatte ausweislich des Tatbestandes des Berufungsurteils (UA S. 3 ff.) vorgetragen, in einigen Bezirken sei künftig ein Betrieb von Spielhallen faktisch nicht mehr möglich, in manchen Stadtgebieten gebe es eine große Anzahl illegaler Spielbetriebe und durch die Abstandsregelungen würden künftig Spielhallen auch in Gegenden eröffnet, in denen es solche bislang nicht gegeben habe. Eine Berichtigung des Tatbestandes des Berufungsurteils hat die Klägerin insoweit nicht beantragt.

18

3. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen, da die Klage unbegründet ist. Die von der Klägerin begehrten Feststellungen können nicht getroffen werden, weil ihnen verfassungs- und unionsrechtskonforme landesrechtliche Bestimmungen des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Spielhallen im Land Berlin (Spielhallengesetz Berlin - SpielhG BE) vom 20. Mai 2011 (GVBl. BE 2011 S. 223, geändert durch Gesetz vom 22. März 2016, GVBl. BE 2016 S. 117) i.V.m. dem Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin (MindAbstUmsG BE), des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV) vom 15. Dezember 2011 (GVBl. BE 2012 S. 193, 199) sowie des hierzu ergangenen Ausführungsgesetzes des Landes Berlin zum Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 20. Juli 2012 (AGGlüStV BE, GVBl. BE 2012 S. 238, zwischenzeitlich geändert durch Gesetz vom 7. Juli 2016, GVBl. BE 2016 S. 450) entgegenstehen. Das erst nach Verkündung des Berufungsurteils erlassene Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin ist in die revisionsgerichtliche Prüfung einzubeziehen, weil für das Feststellungsbegehren der Klägerin die Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Revisionsgerichts maßgeblich ist und das Revisionsgericht eine Änderung des Landesrechts nach Erlass des Berufungsurteils zu beachten hat, wenn das Berufungsgericht bei einer Entscheidung zu diesem Zeitpunkt auf die entsprechenden Regelungen abzustellen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 1990 - 1 C 30.86 - NJW 1990, 2768), und von der Anwendung des geänderten irrevisiblen Rechts die richtige Anwendung des revisiblen Rechts abhängt (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall, weil durch das Mindestabstandsumsetzungsgesetz Berlin wesentliche, grundrechtsrelevante Anforderungen an die Neuerteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen nach dem Spielhallengesetz Berlin ausgestaltet werden. Insbesondere hat der Gesetzgeber darin erstmals Regelungen über die Auflösung einer Konkurrenz mehrerer bestehender Spielhallen an den künftig noch zulässigen Spielhallenstandorten geschaffen und hierdurch berechtigten Zweifeln daran, ob sich die wesentlichen Entscheidungen für die Auswahl unter konkurrierenden Bestandsspielhallen einem Parlamentsgesetz entnehmen ließen, Rechnung getragen.

19

a) Das Land Berlin war zum Erlass sämtlicher mit den Feststellungsbegehren angegriffener Regelungen befugt. Der ausdrückliche und ausschließliche Länderkompetenztitel (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 13) in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Spielhallen" ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher Voraussetzungen für die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebes einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld. Dies ergibt die Auslegung des Kompetenztitels nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck (vgl. allg. BVerfGE, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <273 f.>).

20

aa) Der Wortlaut des Kompetenztitels "Recht der Spielhallen" ist weit und erfasst über die Voraussetzungen der Erteilung einer Spielhallenerlaubnis hinaus alle Gesichtspunkte des mit der Räumlichkeit einer Spielhalle verbundenen Betriebes. Insbesondere beschränkt er sich nicht auf den Regelungsgehalt des bisherigen § 33i GewO. Regelungen dagegen, die sich unabhängig vom Aufstellungsort Spielhalle produktbezogen mit der Gestaltung, Zulassung, Aufstellung und Überprüfung von Spielgeräten befassen, sind dem "Recht der Spielhallen" wegen des im Wortlaut angelegten räumlichen Bezuges dieser Materie nicht zuzuordnen.

21

Auch die Entstehungsgeschichte des im Zuge der Föderalismusreform zugunsten der Länder umgestalteten Kompetenztitels des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht dafür, dass das "Recht der Spielhallen" alle Aspekte der Erlaubnis und des Betriebes von Spielhallen umfasst. Insbesondere lassen sich weder den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens für das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034), mit dem die Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG verabschiedet wurde, noch den Materialien der 2003 eingesetzten "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung" (Föderalismuskommission I), an deren Ergebnisse das verfassungsändernde Gesetz anknüpfte, Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit ihm lediglich der Regelungsbereich der bisherigen Rechtsgrundlage für eine Spielhallenerlaubnis in § 33i GewO normativ rezipiert und die Gesetzgebungsbefugnis der Länder hierauf beschränkt werden sollte.

22

Die Reform der Gesetzgebungskompetenzen im Jahre 2006 ging auf die Initiative der Länder zurück, die bundesstaatliche Ordnung kritisch zu überprüfen und den Ländern wieder mehr Kompetenzen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <264>). In der Föderalismuskommission I konnte allerdings zwischen Bund und Ländern kein Konsens darüber hergestellt werden, welche Materien aus dem Kompetenztitel des "Rechts der Wirtschaft" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG auf die Länder verlagert werden sollten. Einigkeit bestand lediglich darüber, dass den Ländern Materien übertragen werden sollten, die einen regionalen Bezug aufwiesen und nicht zur Wahrung des einheitlichen Wirtschaftsraums in der Bundeskompetenz verbleiben mussten (vgl. Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004, S. 2; Stenografischer Bericht der 9. Sitzung der Kommission am 14. Oktober 2004, S. 231; alle auch nachfolgend genannten Dokumente der Föderalismuskommission I in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005, Dokumentation der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, 2005, CD-ROM). Eine Übertragung der Materie der "Spielhallen" auf die Länder schlugen erstmals die beiden Vorsitzenden der Föderalismuskommission I in ihren abschließenden Darstellungen und ihrem Vorentwurf eines Beschlussvorschlages vor (vgl. Sprechzettel der Vorsitzenden zur Erweiterten Obleuterunde am 26. November 2004, S. 4 und am 3. Dezember 2004, S. 3; Vorentwurf vom 13. Dezember 2004 für einen Vorschlag der Vorsitzenden, S. 4). Die Reichweite der dort aufgeführten Materie "Spielhallen" wurde darin nicht erläutert. Die vorhergehenden Arbeitsdokumente der Föderalismuskommission I enthielten weder einen Vorschlag zur Übertragung der späteren Ländermaterie "Recht der Spielhallen" noch Hinweise für deren Eingrenzung. Das gilt auch für die von der Klägerin und von Teilen der Literatur als Beleg für eine enge Auslegung in Bezug genommene Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom 28. September 2004 zur "Gewerbeordnung und Handwerksordnung" (PAU-5/0020), in der "Spielhallen (§ 33i)" erwähnt sind (vgl. ebd. S. 4). Die Stellungnahme des Bundesministeriums sollte auf Bitten der Länder klären, ob der Bund ein Bedürfnis, grundlegende Rahmenbedingungen wirtschaftlicher Betätigung weiterhin bundesgesetzlich zu regeln, für alle Bereiche der Gewerbeordnung sah (vgl. ebd. S. 2), nachdem das Ministerium zuvor die Position der Länder zur Übertragung des gesamten Gewerberechts auf sie umfassend zurückgewiesen hatte (vgl. BMWA, Stellungnahme für die Bereiche u.a. Handwerksrecht und allgemeines Gewerberecht zu: "Konkretisierung der Länderposition zum 'Recht der Wirtschaft' <art. 74 abs. 1 nr. 11 gg>", PAU-3/0007 = PAU-5/0006 S. 3 f.). Das Ministerium schlug in der Stellungnahme nicht vor, die Regelung von Spielhallen den Ländern zu übertragen, sondern listete den bestehenden Inhalt der Gewerbeordnung auf. Dem jeweiligen einfachgesetzlichen Regelungsbereich der Vorschriften der §§ 30 bis 38 GewO wurde jeweils in Klammern deren Paragrafenbezeichnung hinzugesetzt, also beispielsweise "Gewinnspiele und Geldspielgeräte (...) (§§ 33c bis h), Spielhallen (§ 33i), Pfandleiher (§ 34)". Diese Bestimmungen, so die Stellungnahme, würden zum Teil ergänzt durch ausführliche Verordnungen mit Detailregelungen. Bei einzelnen dieser Bereiche komme eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länderebene in Betracht, soweit ein lokaler Bezug vorhanden sei. Allerdings sei den Ländern in diesen Bereichen bereits nach geltendem Recht die materielle Ausgestaltung überlassen (PAU-5/0020 S. 4). Welche Bereiche sich konkret für eine Verlagerung der Kompetenz auf die Länder eigneten, führte das Ministerium nicht aus. In der zuständigen Projektgruppe 5 "Regionale Themen" war zu diesem Zeitpunkt außerdem offen, ob eine etwaige Zuständigkeitsverlagerung auf die Länder einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich erfolgen solle (vgl. den Bericht in der 7. Sitzung der Arbeitsgruppe "Gesetzgebungskompetenzen und Mitwirkungsrechte" der Föderalismuskommission I, Protokollvermerk vom 6. Oktober 2004 S. 22 f.). Jedenfalls sollte die Verteilung der Kompetenzen im Bereich des Wirtschaftsrechts dem Ansatz der "örtlichen Radizierung" folgen (vgl. den Ergebnisvermerk der 6. Sitzung der Projektgruppe 5 "Regionale Themen" am 29. September 2004 S. 2). Zur Verabschiedung eines Ergebnisses der Föderalismuskommission kam es nicht mehr, nachdem die Vorsitzenden deren Arbeit für gescheitert erklärten (vgl. Stenografischer Bericht der 11. Sitzung vom 17. Dezember 2004 S. 279 ff.).

23

Die Entstehungsgeschichte des - mit dem Entwurf für das verfassungsändernde Gesetz vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) wieder aufgegriffenen - Vorentwurfs eines Vorschlages der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I bietet daher für die Auslegung des heutigen Kompetenztitels des "Rechts der Spielhallen" keine konkrete Substanz. Sie spricht aber dagegen, dass den Ländern im Bereich des Gewerberechts kleinteilig Gesetzgebungsbefugnisse nach Maßgabe der bestehenden Regelungen in der Gewerbeordnung übertragen werden sollten. Hierfür hätte die in der Föderalismuskommission I ebenfalls erwogene Schaffung einfachgesetzlicher Öffnungsklauseln zugunsten der Länder genügt. Vielmehr wurden unter Sichtung der Gewerbeordnung Sachverhalte von vorrangig regionaler Bedeutung gesucht, die von den Ländern deshalb ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums selbständig gestaltet werden konnten. Dazu gehörte nach dem Vorentwurf der Vorsitzenden der Föderalismuskommission I die Regelung von Spielhallen, nicht dagegen die Regelung von Gewinnspielen und Geldspielgeräten, die zuvor in der Auflistung des Inhalts der Gewerbeordnung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ebenso aufgeführt waren. Der infolge der Koalitionsvereinbarung vom 18. November 2005 erarbeitete Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 7. März 2006 (BT-Drs. 16/813) griff den letzten Sachstand der Föderalismuskommission I aus dem Vorsitzendenentwurf ausdrücklich auf (vgl. ebd. S. 3, 7 und 13). Die verabschiedete Endfassung entspricht dem Gesetzesentwurf.

24

Der Auffassung, der Zuweisungsgehalt des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG müsse normativ-rezeptiv nach dem Regelungsbereich des § 33i GewO bestimmt werden (vgl. z.B. Schneider, GewArch 2009, 269 <270>; Uhle, Normativ-rezeptive Kompetenzzuweisung und Grundgesetz, 2015, 46 ff.), kann auch aus anderen Gründen nicht gefolgt werden. Von einer normativen Rezeption geht das Bundesverfassungsgericht aus, wenn der Verfassungsgeber eine normativ ausgeformte Materie vorgefunden und sie nachvollziehend benannt hat, so dass die einfachgesetzliche Ausformung in der Regel unter dem Gesichtspunkt des Traditionellen und Herkömmlichen den Zuweisungsgehalt auch der Kompetenznorm bestimmt (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218> und Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 Rn. 29). Sie ist bislang allenfalls für bereits vorkonstitutionell ausgeformte, umfangreiche Rechtsmaterien anerkannt worden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 2 BvR 2302/11, 2 BvR 1279/12 - BVerfGE 134, 33 <55 ff.> und Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 834, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 für das Strafrecht). Für eine restriktive Anwendung der Rechtsfigur spricht, dass sie das Rangverhältnis zwischen Verfassungsrecht und einfachem Recht umkehrt und den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers schwächt, wenn sie die überkommene einfachgesetzliche Ausgestaltung für seine verfassungsrechtliche Regelungskompetenz für maßgeblich hält (vgl. dazu Rengeling, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts Bd. VI, 3. Aufl. 2008, § 135 Rn. 35, 39; Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, 6. Aufl. 2010, Art. 70 Rn. 49).

25

Die normative Rezeption eines als einheitliches Regelungswerk konzipierten Normenkomplexes (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 2004 - 2 BvR 34, 1588/02 - BVerfGE 109, 190 <218>) in einem verfassungsrechtlichen Kompetenztitel soll eine gewisse Kontinuität der Gesetzgebung in langjährig entwickelten Rechtsgebieten über Verfassungsänderungen hinweg gewährleisten. Sie setzt einen von anderen Regelungsbereichen abgrenzbaren und langjährig gefestigten einfachgesetzlichen Normbestand voraus, der prägende Wirkung für eine Kompetenzmaterie entwickeln kann. Daran fehlt es hier. Die ordnungs- und gewerberechtlichen Anforderungen an Spielhallen wurden bis zur Schaffung der Kompetenzmaterie der Länder im Jahr 2006 immer wieder grundlegend geändert (vgl. eingehend m.w.N. zur Regelungsgeschichte Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 1 ff.; Hahn, in: Friauf, GewO Stand 2016, vor § 33c Rn. 4 ff.) und waren mit Anforderungen an Aufsteller von Geräten und Veranstalter anderer Spiele verschränkt (vgl. nur § 33i Abs. 2 i.V.m. § 33c Abs. 2, § 33d Abs. 3 GewO, § 3a i.V.m. § 3 SpielV). 1933 wurde die gewerbsmäßige Aufstellung mechanischer Spiele und Spieleinrichtungen mit Gewinnmöglichkeit an öffentlichen Orten genehmigungspflichtig (RGBl. 1933 I S. 1080). Durch Verordnung wurde 1953 erstmals die Aufstellung von Geldspielgeräten in geschlossenen Räumen - und damit auch der Betrieb einer Spielhalle - zugelassen (BGBl. 1953 I S. 935). 1960 wurden in der Gewerbeordnung der Erlaubnisvorbehalt für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Spielhalle und, hiervon getrennt, eine Aufstellererlaubnis und eine Bauartzulassung für Spielgeräte eingeführt (BGBl. 1960 I S. 61, ber. S. 92). 1979 wurde die Aufstellererlaubnis in eine orts- und geräteübergreifende personenbezogene Erlaubnis umgewandelt (BGBl. 1979 I S. 149). Dies bedingte eine stärkere Inpflichtnahme des Betreibers einer Spielhalle für die Einhaltung der Anforderungen an die Aufstellung der Geräte im konkreten Betrieb. Diese Entwicklung spiegelte sich auch in den Änderungen der 1962 erlassenen Spielverordnung (SpielV). Deren gesetzliche Ermächtigungsgrundlage in § 33f GewO erlaubte zum Zeitpunkt der Föderalismusreform I den Erlass von Verordnungsbestimmungen zur Durchführung von gerätebezogenen wie auch von aufstellerbezogenen und von spielhallenbetreiberbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung (Fassung vom 25. November 2003, BGBl. I S. 2304). Entsprechend enthielt die Spielverordnung spielhallenbezogene Regelungen, die sich teilweise an die Aufsteller von Spielgeräten, teilweise aber auch an die Veranstalter von Spielen und an die Betreiber von Spielhallen richteten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 2 und 3, §§ 3a und 4 SpielV i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, BGBl. I S. 2245, geändert durch Verordnung vom 24. April 2003, BGBl. I S. 547 und durch die 5. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 17. Dezember 2005, BGBl. I S. 3495).

26

Im Übrigen wäre selbst bei einer normativ-rezeptiven Auslegung des "Rechts der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zu berücksichtigen, dass die bundesrechtlichen Regelungen zu Spielhallen 2006 über erlaubnisbezogene Anforderungen hinausgingen. Sie umfassten neben orts- und betriebsbezogenen Anforderungen auch Pflichten des Spielhallenbetreibers zur Einhaltung von Höchstzahlen für Geräte und andere Spiele, Aufsichtsverpflichtungen und Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Minderjährigen sowie die Verpflichtung, die Aufstellung von Geräten nur bei Einhaltung der aufstellungsbezogenen rechtlichen Anforderungen zuzulassen (vgl. § 33c Abs. 3 Satz 3, § 33f Abs. 1 Nr. 1 und 4 GewO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 und 3, §§ 3a, 4 SpielV).

27

Der systematische Zusammenhang der Länderkompetenz für das "Recht der Spielhallen" in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG spricht ebenfalls dafür, den Ländern die Regelungsbefugnis für sämtliche erlaubnis- und betriebsbezogenen Aspekte des Spiels in Spielhallen zuzuordnen. Die in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG von der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes ausgenommenen, ausschließlich den Ländern zugeordneten Materien des Ladenschlusses, der Gaststätten, der Spielhallen, der Schaustellung von Personen sowie der Messen, Ausstellungen und Märkte betreffen durchweg Gewerbeaktivitäten mit Bezug zu einer räumlich-betrieblich abgegrenzten Einrichtung oder Veranstaltung vor Ort. Sie alle weisen damit den von der Föderalismuskommission I geforderten regionalen Bezug auf. Damit hat der Gesetzgeber in Anknüpfung an die oben genannten Überlegungen in der Föderalismuskommission I aus dem "Recht der Wirtschaft" Bereiche identifiziert, die in erster Linie auf regionale Sachverhalte bezogen sind und deshalb typischerweise ohne Gefährdung des einheitlichen Wirtschaftsraums von den Ländern eigenständig gestaltet werden können. Mit ihnen hat der Verfassungsgeber in Kauf genommen, dass sich bundesweit tätige Unternehmen wie Einzelhandels- und Restaurantketten, Beschicker von Märkten und Messen ebenso wie Vertreiber und Aufsteller von Spielgeräten auf unterschiedliche Regelungen der Länder in diesen Materien einzustellen haben. Regelungsgegenstände ohne räumlich-betrieblichen Bezug wie das "Recht der Spielgeräte" und der ortsübergreifenden Zulassung ihrer Aufstellung, die bei einer länderspezifischen Ausgestaltung etwa die Handelbarkeit des Produkts beeinträchtigen könnten, fallen dagegen aus der Systematik dieser ausschließlichen Ländermaterien heraus und sind der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für das "Recht der Wirtschaft (Gewerbe)" zuzuordnen.

28

Diese Auslegung entspricht schließlich auch dem Sinn und Zweck der Kompetenznorm. Mit der Neufassung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine neu konturierte und klare föderale Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten im Recht der Wirtschaft erzielen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <277>). Deutlicher voneinander abgegrenzte Verantwortlichkeiten sollten die Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit von Bund und Ländern verbessern und die Landesgesetzgeber durch Zuweisung neuer Materien mit Regionalbezug, die eine bundesgesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern, gestärkt werden (vgl. BT-Drs. 16/813 S. 7, 9). Schon die Föderalismuskommission I verfolgte das Ziel, die Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu entflechten und die Länderebene zu stärken (vgl. Positionspapier der Ministerpräsidenten zur Föderalismusreform, Kommissionsdrucksache 0045 S. 1, in: Deutscher Bundestag/Bundesrat, Zur Sache 1-2005). Die Anknüpfung der Kompetenzverlagerung auf die Länder an einen überwiegenden regionalen Bezug der Materie bedeutet daher nicht, dass jede einzelne Regelung durch einen besonderen Bedarf für landes- oder ortsspezifische Differenzierungen zum Erlass von Regelungen gedeckt sein muss. Ein solcher Vorbehalt würde die Neuzuweisung von Kompetenzen an die Länder ohne Rückhalt in der Entstehungsgeschichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG wesentlich einschränken und neue Unsicherheiten in der Abgrenzung der Kompetenzverteilung schaffen, die mit der Verfassungsänderung vermieden werden sollten.

29

bb) Nach Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG können die Länder im Bereich der ihnen durch Änderung des Art. 74 Abs. 1 GG zugewiesenen Materien das als Bundesrecht fortgeltende Recht durch Landesrecht ersetzen. Mit den von der Klägerin angegriffenen Regelungen des Spielhallengesetzes Berlin, des Glücksspielstaatsvertrages sowie des Ausführungsgesetzes des Landes Berlin hierzu hat das Land Berlin von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Sie lassen sich dem Kompetenztitel für das "Recht der Spielhallen" auch zuordnen.

30

Für die Zuordnung gesetzlicher Regelungen zu einer verfassungsrechtlichen Kompetenznorm sind ihr Gegenstand und Gesamtzusammenhang im jeweiligen Gesetz maßgeblich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvL 4/00 - BVerfGE 116, 202 <216>; Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <348>; Rozek, in: von Mangold/Klein/Starck, a.a.O., Bd. 2 Art. 70 Rn. 55). Die angegriffenen Erlaubnisvorbehalte für den Betrieb von Spielhallen enthalten als Zulassungsvoraussetzungen personenbezogene Anforderungen an die Betreiber von Spielhallen und Anforderungen an die Art und Weise des Betriebes. Die erstmals eingeführten Mindestabstände zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen sowie das Verbot der Zulassung und des Betriebes mehrerer Spielhallen im Verbund beschränken die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regeln ihr räumliches Verhältnis zu sonstigen Einrichtungen, deren Nutzer der Gesetzgeber als schutzwürdig ansieht. Sie betreffen die räumlichen Bezüge einer Spielhalle in ihrem Umfeld und damit einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots regionale Bezüge aufweist. Für die Zuordnung zur Kompetenzmaterie "Recht der Spielhallen" ist nicht maßgeblich, ob diese Regelungen an eine abstrakte oder an eine konkrete Gefahr anknüpfen.

31

Mindestabstandsregelungen für Spielhallen sind nicht der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG für das "Bodenrecht" zuzuordnen. Dazu gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand haben und die rechtlichen Beziehungen des Menschen zu ihm regeln (BVerfG, Rechtsgutachten vom 16. Juni 1954 - 1 PBvV 2/52 - BVerfGE 3, 407 <424>; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2007 - 4 C 8.06 - BVerwGE 129, 318 <320>). Die Vorschriften über den Mindestabstand zwischen Spielhallen sowie zu anderen Einrichtungen regeln nicht den Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden oder die Wahrung des Gebietscharakters des Umfeldes einer Spielhalle, sondern den Spielerschutz und den Schutz von Minderjährigen vor der Entstehung von Spielsucht (vgl. auch Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 15/13, 1 VB 15/13 - ESVGH 65, 58, juris Rn. 319).

32

Regelungen des Mindestabstandes von Spielhallen zu Einrichtungen, die überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besucht werden, sind auch nicht der Materie der "öffentliche Fürsorge" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zuzuordnen, für die der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz besitzt. Zwar erfasst sie auch Regelungen des Jugendschutzes (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1971 - 2 BvL 10/70 - BVerfGE 31, 113 <117>; BVerwG, Urteil vom 12. Januar 1966 - 5 C 104.63 - BVerwGE 23, 112 <113>). Der Schwerpunkt des Mindestabstandsgebotes zu Einrichtungen für Minderjährige liegt aber auf der spielerschützenden Ausgestaltung der räumlichen Bezüge der Spielhalle. Der Jugendschutz stellt dabei einen Annex zum Schutz vor Spielsucht bei Zulassung der Spielhalle als einer Gefahrenquelle dar. Im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenzen für die Regulierung des Glücksspiels dürfen die Länder auch Aspekte des Jugendschutzes mit regeln. Selbst bei Zuordnung des Mindestabstandes zu Einrichtungen für Minderjährige zum Kompetenztitel des Bundes für die "öffentliche Fürsorge" bliebe den Ländern nach Art. 72 Abs. 1 GG Raum für die hier in Rede stehenden Regelungen zum Schutz im Vorfeld des Betretens von Spielhallen, da der Bund mit der Regelung des Zugangsverbots für Minderjährige in § 6 Abs. 1 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2730, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juli 2016, BGBl. I S. 1666) von seiner Befugnis für jugendschützende Regelungen im Hinblick auf Spielhallen nicht abschließend Gebrauch gemacht hat.

33

Auch alle weiteren, von der Revisionsführerin angegriffenen Regelungen betreffen die Ausgestaltung des Spielhallenbetriebes und sind dem "Recht der Spielhallen" zuzuordnen. Beschränkungen der Verabreichung von Speisen und Getränken, der Werbung für Spielhallen und für die in ihnen angebotenen Spiele, die Sperrzeit für Spielhallen sowie die Pflichten zur Stellung von Aufsichtspersonal, zur Durchführung von Identitätskontrollen, Sperrung von Spielern und Erstellung von Sozialkonzepten und von Informationen für Spielende stellen Anforderungen an die Organisation und räumlich-betriebliche Ausgestaltung von Spielhallen dar. Das gilt auch für Regelungen zur Höchstzahl von Spielgeräten oder anderen Spielen und zur Art und Weise der Aufstellung von Spielgeräten. Insbesondere sind Gerätehöchstzahl- und -aufstellungsregelungen nicht dem produktbezogenen Geräterecht oder dem ortsübergreifenden Aufstellerrecht als Teil des in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes verbliebenen "Gewerberechts" nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG zuzuordnen. Sie betreffen nicht die Beschaffenheit und Vermarktung von Spielautomaten, sondern die Art und Weise des Spielhallenbetriebes vor Ort. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung des Betriebes von Spielhallen im Rahmen der Föderalismusreform I ausschließlich den Ländern übertragen worden ist, bleibt für bundesrechtliche Neuregelungen der Höchstzahl von Spielgeräten und deren räumliche Anordnung in Spielhallen kein Raum mehr. Dafür ist unerheblich, ob die vor 2006 erlassenen Verordnungsbestimmungen über die Höchstzahl und Art und Weise der Aufstellung von Geräten in der bundesrechtlichen Spielverordnung der Durchführung der Regelungen in der Gewerbeordnung über Spielgeräte (§ 33c ff. GewO) oder der Regelungen über die Zulassung von Spielhallen (§ 33i GewO) dienten. Im Übrigen gehörte die Gewährleistung der Einhaltung der Gerätehöchstzahl in einer Spielhalle auch nach bisherigem Recht mit zu den Verpflichtungen des Gewerbetreibenden, in dessen Betrieb die Spielgeräte aufgestellt waren (§§ 3, 3a SpielV).

34

b) Die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen sind materiell mit der Verfassung vereinbar.

35

aa) Sie greifen in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ein Eingriff in die Berufsfreiheit erfordert eine kompetenzgemäß erlassene gesetzliche Grundlage, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt ist und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet (stRspr; vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12. Januar 2016 - 1 BvL 6/13 - NJW 2016, 700 <701> m.w.N.; vom 14. Januar 2014 - 1 BvR 2998/11, 1 BvR 236/12 - BVerfGE 135, 90 <111 Rn. 57> und vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 <38>). Reine Berufsausübungsbeschränkungen können grundsätzlich durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, soweit Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen. Objektive und subjektive Berufswahlbeschränkungen sind dagegen nur zum Schutz überragender Gemeinwohlgüter zulässig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 BvL 3/07 - ZfWG 2011, 33 Rn. 45). Es ist vornehmlich Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Sachgebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit fallen umso strenger aus, je mehr eine Regelung sich auf die Freiheit der Berufswahl auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2015 - 1 BvR 931/12 - BVerfGE 138, 261 <284 f. m.w.N.>). Wirkt eine auf die Berufsausübung zielende Regelung auf die Berufswahl zurück, weil sie in ihren Wirkungen einer Regelung der Berufswahl nahe kommt, so ist ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung an den Anforderungen an Regelungen betreffend die Berufswahl zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>; Kammerbeschluss vom 24. August 2011 - 1 BvR 1611/11 - NVwZ 2012, 104 <105>).

36

Gemessen hieran stellen die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar. Der Auffassung der Klägerin, es handele sich bei den Mindestabstandsgeboten, dem Verbundverbot und den Gerätehöchstzahlregelungen sowie aufgrund einer kumulativen Betrachtung bei sämtlichen angegriffenen Regelungen um objektive Berufswahlbeschränkungen, kann nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsurteils nicht gefolgt werden. Dafür sind die Auswirkungen der betreffenden Regelungen in ihrem gesamten räumlichen Geltungsbereich zu betrachten.

37

Das Oberverwaltungsgericht hat mit bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass Spielhallenbetreiber von ihrem derzeitigen Standort erforderlichenfalls in Gebiete des Landes Berlin ausweichen können, in denen eine geringere Konzentration von Spielhallen und weniger Konkurrenz besteht, und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Spielhallen dort nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Auch in der Gesamtschau aller landesrechtlichen Beschränkungen für Spielhallen einschließlich der Erhebung der Vergnügungsteuer sowie bauplanungsrechtlicher Einschränkungen ist es nicht davon ausgegangen, dass Spielhallen in Berlin künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können (vgl. UA S. 46, 53, 66). Die von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen geben auch nichts dafür her, dass die Durchsetzung der Mindestabstandsregelungen im Verhältnis zu anderen Spielhallen und zu überwiegend von Kindern oder Jugendlichen besuchten Einrichtungen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE) absehbar zu einer Erschöpfung der Standortkapazität für Spielhallen im gesamten Geltungsbereich der betreffenden Regelungen und damit zu einer faktischen Kontingentierung führen könnten, deren Wirkung einer Berufswahlbeschränkung nahe käme (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Februar 2008 - 1 BvR 1295/07 - NJW 2008, 1293 <1294>). Soweit die Klägerin annimmt, das Verfahren zur Auswahl der den Mindestabstand unterschreitenden Spielhallenstandorte oder der Spielhallen in einem Mehrfachkomplex (§§ 7, 8 MindAbstUmsG BE) komme bezogen auf den jeweiligen Standort einer Kontingentierung gleich, übersieht sie, dass eine verfassungsrechtlich relevante objektive Berufswahlbeschränkung nur vorliegt, wenn die Kontingentierung sich auf den räumlichen Geltungsbereich der Norm - hier also auf das Gebiet des Landes Berlin - erstreckt. Für die revisionsgerichtliche Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die von der Klägerin angegriffenen Beschränkungen nicht schon den Zugang zur nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Tätigkeit des Spielhallenbetreibers ausschließen, sondern lediglich Anforderungen an deren Ausübung stellen.

38

Die angegriffenen Regelungen sollen den Gefahren der Glücksspielsucht entgegenwirken (vgl. die Begründung zum Entwurf des Spielhallengesetzes Berlin, Abghs.-Drs. 16/4027 S. 1; Entwurf zum Zweiten Landesgesetz über das öffentliche Glücksspiel, Abghs.-Drs. 17/0313 S. 46, 50, 56, 78 f.). Die Bekämpfung und Prävention von Glücksspielsucht ist als überragend wichtiges Gemeinwohlziel anerkannt, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen selbst, für ihre Familien und für die Gemeinschaft führen kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338; Beschluss vom 5. August 2015 - 2 BvR 2190/14 - WM 2015, 1827 <1828>). Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ferner angenommen, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an gewerberechtlich zugelassenen Automaten spielen, und dass der Berliner Gesetzgeber daher von einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial ausgehen durfte (UA S. 48, vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <305>). Die Klägerin hat diese Einschätzung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Landesgesetzgeber durfte entgegen der Auffassung der Revision beim Erlass von Regelungen über Spielhallen auf die Zielsetzung der Bekämpfung von Glücksspielsucht zurückgreifen, auch wenn bereits die bundesrechtlichen Vorschriften über die Gerätezulassung auf dieses Ziel ausgerichtet sind. Verfassungsrechtlich legitime Schutzzwecke für Maßnahmen innerhalb der Regelungskompetenz des Landesgesetzgebers werden nicht durch Regelungen "verbraucht", die der Bundesgesetzgeber unter derselben Zielsetzung für die ihm zustehenden Kompetenzmaterien getroffen hat.

39

aaa) Die in § 2 SpielhG BE und § 24 GlüStV i.V.m. § 15 AGGlüStV BE geregelten Erlaubnisvorbehalte für das Betreiben einer Spielhalle verletzen die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit. Der Betrieb einer Spielhalle darf einem Erlaubnisvorbehalt unterstellt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5, S. 8 zu § 33i GewO). Eine Ausgestaltung der für die Erteilung einer Erlaubnis in § 2 SpielhG BE genannten Voraussetzungen als erlaubnisunabhängige, ggf. mit Mitteln der Aufsicht durchzusetzende Anforderungen stellt kein zur Verwirklichung des Regelungszwecks gleich geeignetes milderes Mittel dar. Es liegt auf der Hand, dass die mit Blick auf den Mindestabstand zwischen den Spielhallenstandorten und dem Verbot von Mehrfachkomplexen zu treffenden Entscheidungen, welche Spielhallen geschlossen werden müssen, nicht bei einer Fortgeltung der Alterlaubnisse nach § 33i GewO im Wege der Aufsicht, sondern nur im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens getroffen werden können. Dann ist auch nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen eines solchen Erlaubnisverfahrens geprüft wird, ob weitere zentrale Anforderungen an den Spielhallenbetrieb aktuell vorliegen. Zur Verfolgung der gewichtigen Gemeinwohlinteressen der Verhinderung und Bekämpfung der Glücksspielsucht wäre im Übrigen grundsätzlich sogar ein Erlaubnisvorbehalt zulässig, der keinen Rechtsanspruch vorsieht (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 52). Der Berliner Landesgesetzgeber hat sich, auch wenn er strengere Erlaubnisvoraussetzungen als bislang nach § 33i GewO eingeführt hat, auf eine Präventivkontrolle der Zulassung von Spielhallen beschränkt. Nach beiden landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalten besteht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen ein Anspruch auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis. Ein repressiver Verbotscharakter ergibt sich weder aus den standortbezogenen Erlaubnisvoraussetzungen des Verbundverbotes und der Einhaltung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 5 SpielhG BE, § 25 Abs. 1 und 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 3 AGGlüStV BE noch aus den über § 33i GewO hinausgehenden Versagungsgründen eines fehlenden Sachkundenachweises oder Sozialkonzepts (§ 2 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SpielhG BE).

40

Es verletzt die Klägerin nicht in ihrer Berufsfreiheit, dass der Berliner Landesgesetzgeber seinen Verpflichtungen aus dem Glücksspielstaatsvertrag vom 15. Dezember 2011 durch Schaffung eines weiteren Erlaubnisvorbehaltes nach § 15 AGGlüStV BE, der neben den schon seit dem 2. Juni 2011 geltenden Erlaubnisvorbehalt des § 2 SpielhG BE getreten ist, nachgekommen ist. Dass zum Betrieb einer Spielhalle in Berlin zwei gesonderte Erlaubnisse erforderlich sind, führt angesichts der parallelen Ausgestaltung beider Erlaubnisvorbehalte nicht zu einer spürbaren Belastung von Spielhallenbetreibern. Die behördliche Zuständigkeit, der zeitliche Ablauf der Erteilung sowie die standortbezogenen Erteilungsvoraussetzungen und wesentlichen Versagungsgründe für beide Erlaubnisse sind nach § 15 AGGlüStV BE einander angeglichen. Dabei fällt nicht ins Gewicht, dass der glücksspielstaatsvertragliche Erlaubnisvorbehalt einzelne Anforderungen, die nach dem SpielhG BE als reine Betreiberpflichten ausgestaltet sind, als Versagungsgründe normiert (so die Werbebeschränkungen nach § 5 Abs. 1 bis 3 GlüStV, die Einhaltung der Sperrzeit nach § 26 Abs. 2 GlüStV und die Pflicht zur Bereitstellung von Informationen an Spieler nach § 7 GlüStV, vgl. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE). Beide Erlaubnisvorbehalte genügen des Weiteren dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot und eröffnen der Exekutive keinen Anwendungsspielraum, der hinter den Anforderungen an gesetzliche Erlaubnisvorbehalte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. April 2007 - 1 BvR 78/02 - BVerfGK 11, 21 <25 f.> m.w.N.) zurückbliebe. Auch der Erlaubnisversagungsgrund in § 24 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 15 Abs. 2 AGGlüStV BE, wenn Errichtung und Betrieb einer Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufen, ist hinreichend bestimmt. Die dort festgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages sind für Spielhallen im Glücksspielstaatsvertrag selbst und in den dazu ergangenen Ausführungsregelungen des Landes Berlin hinreichend konkretisiert worden, um den behördlichen Vollzug parlamentsgesetzlich zu steuern.

41

bbb) Das in § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE als Erteilungsvoraussetzung für die Spielhallenerlaubnis ausgestaltete Erfordernis eines Mindestabstandes von 500 Metern zu weiteren Spielhallen und die in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE geregelte Beschränkung auf ein Unternehmen für jeden Spielhallenstandort (Verbundverbot) greifen in verhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Der Mindestabstand zu anderen Spielhallen soll gewährleisten, dass Spieler sich nach Verlassen einer Spielhalle von der Spielatmosphäre lösen und einen neuen, selbständigen Entschluss fassen können, ob sie eine weitere Spielhalle betreten (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11 f.). Mit dem Verbundverbot (Verbot von Mehrfachkomplexen) wollte der Gesetzgeber darüber hinaus einer suchtsteigernden Häufung des Spielangebots an einem Standort entgegenwirken (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 11).

42

Beide Regelungen sind zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Ziels der Bekämpfung von Spielsucht geeignet, erforderlich und zumutbar.

43

(a) Eine Regelung ist zur Zweckerreichung geeignet, wenn mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Insoweit kommt dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der erst dann überschritten ist, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (BVerfG, Beschluss vom 12. Dezember 2006 - 1 BvR 2576/04 - BVerfGE 117, 263 <183> m.w.N.). Die gesetzgeberische Einschätzung, dass eine Spielpause nach Verlassen einer Spielhalle eine Abkühlphase gewährleisten kann, in der Spieler die Fortsetzung ihres Spiels überdenken können, ist nicht offensichtlich fehlsam. Sie greift auf das im gewerblichen Glücksspielrecht bereits verankerte Mittel der Suchtbekämpfung durch eine Spielpause (vgl. § 13 Nr. 6 und 6a SpielV) zurück. Gegen die Eignung des Mindestabstandes zwischen Spielhallen zur Spielsuchtbekämpfung kann auch nicht eingewandt werden, dass Spieler ihren Entschluss zur Beendigung des Spielens bereits mit Verlassen einer Spielhalle gefasst hätten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie diesen Entschluss revidieren, wenn sie auf ein erneutes Spielangebot treffen, oder dass sie sich durch Wechsel der Spielstätte lediglich der Beobachtung des Aufsichtspersonals entziehen wollen oder von diesem zur Beendigung der Spieltätigkeit angehalten bzw. vom weiteren Spiel ausgeschlossen worden sind (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 2 und 3 SpielhG BE).

44

Ebenso stellt das Verbot mehrerer Spielhallen an einem Standort (Verbundverbot) einen förderlichen Beitrag zur Bekämpfung und Prävention von Spielsucht dar. Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsurteils ist die ihm zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten die Suchtgefahr erhöht und durch Reduzierung der Anzahl und Dichte von Spielhallen Spielanreize zurückgeführt und Spielsüchtige vom Spielen abgehalten werden können, jedenfalls nicht offensichtlich fehlsam (UA S. 49).

45

Der Eignung der Abstandsregelung steht nicht entgegen, dass Spieler innerhalb des Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen auf Gaststätten treffen können, in denen bis zu drei Geldspielgeräte zulässig sind. Das Berufungsgericht ist aufgrund bindender Tatsachenfeststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) revisionsrechtlich fehlerfrei davon ausgegangen, dass es angesichts des unterschiedlichen Gepräges von Gaststätten durch das im Vordergrund stehende Angebot von Speisen und Getränken und von Spielhallen durch das Bereithalten eines umfangreichen und vielfältigen Spielangebots (so auch BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>) keine verlässlichen Erkenntnisse für ein Ausweichen von Spielern auf Gaststätten mit Geldspielautomaten gibt (UA S. 51).

46

Gegen die Eignung des Verbots von Mehrfachkomplexen und des Abstandsgebots zur Minderung des spielsuchtfördernden Spielanreizes kann nicht eingewandt werden, dass der Landesgesetzgeber trotz der hohen Anzahl von Spielautomaten in Automatensälen der Spielbank Berlin auf einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Spielbanken verzichtet hat. Die Eignung dieser beiden Regelungen wäre hierdurch nur in Frage gestellt, wenn das Spielautomatenangebot der Spielbank in vergleichbarer Weise im Lebensumfeld von Spielern, die auch Spielhallen besuchen, verfügbar wäre. Das ist nach den tatbestandlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, wonach die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat (UA S. 58), jedoch nicht der Fall.

47

Die angegriffenen Abstandsregelungen sind auch nicht wegen eines Vollzugsdefizits bei illegalen Angeboten des Automatenspiels in Einrichtungen der sog. Scheingastronomie, sog. "Café-Casinos", zur Spielsuchtbekämpfung ungeeignet. Das Berufungsurteil geht zutreffend davon aus, dass dafür nur normativ angelegte Hindernisse relevant sein könnten, die Ausdruck eines strukturbedingt zu einer defizitären Praxis führenden Regelungsdefizits sind (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 2009 - 7 C 20.08 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 2 Rn. 22 und vom 23. Februar 2011 - 8 C 50.09 - Buchholz 451.25 LadSchlG Nr. 30 Rn. 38; BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - BVerfGE 133, 168 Rn. 117 f.). Unabhängig davon, dass dem Berufungsurteil keine Feststellung zu entnehmen ist, dass die Vollzugsbehörden im Geltungsbereich der angegriffenen Regelungen illegale Angebote des Geldautomatenspiels dulden, sind in den angegriffenen landesrechtlichen Anforderungen an Spielhallen keine Umgehungsmöglichkeiten im Sinne eines normativen Regelungsdefizits angelegt. Vielmehr stellt die Definition von Spielhallen in § 1 SpielhG BE, die zur Anwendbarkeit der nachfolgenden Regelungen führt, entsprechend der bisherigen Rechtsprechung zu § 33i GewO (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. März 2005 - 6 C 11.04 - Buchholz 451.20 § 15 GewO Nr. 5 S. 3) darauf ab, ob das betreffende Unternehmen ausschließlich oder überwiegend der gewerbsmäßigen Aufstellung von Spielgeräten oder der Veranstaltung anderer Spiele nach der Gewerbeordnung dient. Ergänzend hat der Landesgesetzgeber die Spielhallendefinition mit Wirkung zum 6. April 2016 in § 1 Abs. 2 SpielhG BE präzisiert, um eine Umgehung des Spielhallenrechts zu verhindern (vgl. Art. 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 29). Danach ist eine Spielhalle ungeachtet einer anderslautenden Anzeige und Bestätigung des Aufstellungsortes für Spielautomaten anzunehmen, wenn bei einer Gesamtschau der objektiven Betriebsmerkmale die anderweitige Gewerbeausübung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. Bei Vorliegen bestimmter äußerlich erkennbarer Merkmale wird eine Spielhalle gesetzlich vermutet. Auch dies steht der Annahme einer normativ angelegten Schutzlücke im Hinblick auf den Vollzug des Spielhallengesetzes Berlin entgegen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Problematik der illegalen "Café-Casinos" nur bestimmte Bezirke betrifft (UA S. 66). Die hiergegen gerichteten Verfahrensrügen greifen - wie dargelegt - nicht durch. Die Existenz illegaler "Café-Casinos" vermag daher auch tatsächlich nicht zu verhindern, dass durch das Abstandsgebot die Anzahl und Dichte von Spielhallen zurückgeführt und damit das Ziel der Suchtbekämpfung und -prävention gefördert wird.

48

(b) Die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch erforderlich und zumutbar.

49

Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetzgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 - BVerfGK 18, 116 <121>). Nach dem für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand durfte der Landesgesetzgeber im Rahmen dieses Einschätzungsspielraums annehmen, dass es keine gleich wirksamen und weniger belastenden Alternativen zur Herabsetzung der suchtfördernden Verfügbarkeit des Spielangebots in Spielhallen gibt als die Einführung eines Mindestabstandes von 500 Metern zu anderen Spielhallen und eines Verbotes von Mehrfachkomplexen. Gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung lässt sich auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind.

50

Die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit von Spielhallenbetreibern durch die Mindestabstandsregelung und das Verbot von Mehrfachkomplexen sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne, d.h. zumutbar. Allerdings sind die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen intensiv. Im Falle der Klägerin hat die Anwendung dieser Regelungen zur Folge, dass sie von den derzeit am Standort "..." vorhandenen sechs Spielhallen dort allenfalls eine Spielhalle wird weiter betreiben können. Dem steht jedoch die überragende Bedeutung gegenüber, die der Gesetzgeber der Bekämpfung und Prävention der Glücksspielsucht angesichts des gerade vom Spielhallenangebot ausgehenden hohen Suchtpotenzials beimessen durfte. Ein derart gewichtiges Gemeinwohlziel vermag selbst eine objektive Berufswahlbeschränkung wie ein Wettmonopol zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <304 ff.> und Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338), die vorliegend wegen der - vom Berufungsgericht festgestellten - Möglichkeit des auch wirtschaftlich zumutbaren Ausweichens auf andere, wenn auch weniger attraktive Standorte im Stadtgebiet nicht erreicht wird. Die Zumutbarkeit der Mindestabstandsregelung wird ergänzend durch die Möglichkeit gesichert, im Rahmen der Soll-Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE atypischen Fällen Rechnung zu tragen. Darüber hinaus kann die Erlaubnisbehörde unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standortes und der Lage des Einzelfalls eine abweichende Entscheidung treffen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE).

51

Die Zumutbarkeit der spielhallenrechtlich bedingten Beeinträchtigungen der Ausübung des Berufs eines Spielhallenbetreibers setzt auch nicht voraus, dass der Gesetzgeber die durch das Spielen an Spielautomaten hervorgerufenen Suchtgefahren gleichzeitig auch bezogen auf andere Aufstellorte wie Spielbanken oder Gaststätten konsequent oder gar mit uniformen Mitteln bekämpft. Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassung ein Konsistenzgebot lediglich für das aus ordnungsrechtlichen Gründen beim Staat monopolisierte Glücksspielangebot entnommen und überdies klargestellt, dass sich aus ihr kein sektor-übergreifendes Gebot der Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen einschließlich derjenigen zum gewerberechtlich zugelassenen Automatenspiel ableiten lässt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - BVerfGK 15, 263 <268>). Eine Übertragung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an glücksspielrechtliche Regelungen innerhalb des Monopolbereichs auf das nicht monopolisierte Glücksspiel wäre verfassungsrechtlich auch nicht zu rechtfertigen. Eine Konsistenzkontrolle von Regelungen, die der Parlamentsgesetzgeber in Übereinstimmung mit sonstigem Verfassungsrecht einschließlich des Gleichbehandlungsgebotes erlassen hat, durch Gerichte würde weit in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers eingreifen und könnte allenfalls bei besonders intensiven Eingriffen wie einem gewerblichen Betätigungsmonopol des Staates in Betracht kommen.

52

Unabhängig hiervon wäre eine Inkonsistenz der von der Klägerin angegriffenen spielhallenrechtlichen Regelungen u.a. der Mindestabstände zu anderen Spielhallen und des Verbotes von Mehrfachkomplexen auch nicht erkennbar. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehenden spielhallenrechtlichen Regelungen inkonsistent wären. Insbesondere ist nicht zu sehen, dass der Gesetzgeber ein identisches Suchtpotenzial des Angebots von Spielautomaten in Spielhallen unterschiedlich gewichtet hätte (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07 u.a. - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Eine Inkonsistenz besteht auch nicht sektorübergreifend mit Blick auf das in Spielbanken und Gaststätten bestehende Angebot zum Automatenspiel. Die verfassungsrechtliche Schlüssigkeitsprüfung beschränkt sich auf Regelungen innerhalb ein und derselben gesetzgeberischen Maßnahme und bewertet nicht, welche weiteren Regelungen der Gesetzgeber in anderen Regelungsbereichen hätte schaffen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402, 906/08 - BVerfGE 121, 317 <362 f.>). Dass sich der Landesgesetzgeber auf Anforderungen an Spielhallen beschränkt und diese nicht für Gaststätten und Spielbanken nachgezeichnet hat, begründet deshalb keinen Mangel an Schlüssigkeit seiner Maßnahme. Beim Automatenspiel in Gaststätten und Spielbanken handelt es sich gegenüber dem Automatenspiel in Spielhallen um gesonderte Bereiche, für die eine eigene Gefahreneinschätzung getroffen und andere gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden dürfen. Im Übrigen unterscheidet sich die durch Spielbanken und Gaststätten hervorgerufene Suchtgefahr wegen der geringeren Verfügbarkeit bzw. des unterschiedlichen Gepräges der Einrichtung von derjenigen des Spielhallenangebots; auch dies rechtfertigt eine andere Gefahreneinschätzung und andere Maßnahmen (s.o. II.3 (a); s.u. II.3.cc). Hinsichtlich der illegalen "Café-Casinos" fehlt es, wie ausgeführt, bereits an einem normativ angelegten Vollzugsdefizit.

53

ccc) Die Klägerin wird als Betreiberin von Bestandsspielhallen, für die sie Anträge auf Erlaubnisse im sog. Sonderverfahren des Landes Berlin gestellt hat, auch durch die ergänzenden Regelungen des erst nach Ergehen des Berufungsurteils geschaffenen Mindestabstandsumsetzungsgesetzes Berlin nicht in ihrer Berufsfreiheit verletzt.

54

Gegen das dort vorgesehene Verfahren zur Auswahl derjenigen Bestandsunternehmen, denen nach dem Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 (§ 8 Abs. 1 SpielhG BE) am bisherigen Standort eine neue Erlaubnis zu erteilen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach Inkrafttreten des Mindestabstandsumsetzungsgesetzes am 6. April 2016 konnten Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen nach dem Spielhallengesetz Berlin für Bestandsunternehmen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten gestellt werden. Über sie ist im Sonderverfahren nach §§ 4 bis 9 MindAbstUmsG BE zu entscheiden. Die für die Bestandsspielhallen auf Grundlage von § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse gelten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Die Mindestabstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 SpielhG BE wurden für das Sonderverfahren modifiziert. Im Verhältnis zu anderen Spielhallen ist ohne Abweichungsmöglichkeit ein Mindestabstand von 500 Metern einzuhalten, der nach der Länge der Wegstrecke mithilfe eines Geoinformationssystems zu ermitteln ist (§ 6 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE). Bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen, die ansonsten alle rechtlichen Anforderungen einhalten, wird auf der letzten Stufe des Entscheidungsverfahrens eine softwareunterstützte Auswahl zwischen den konkurrierenden Standorten getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wählt und somit die Standortkapazität ausschöpft. Im Übrigen entscheidet das Los (§ 7 MindAbstUmsG BE). Für bestehende Mehrfachkomplexe haben die Betreiber nach § 8 Abs. 1 MindAbstUmsG BE darüber zu entscheiden, welches einzelne Unternehmen weiter betrieben werden soll. Haben Bestandsunternehmen in einem Mehrfachkomplex unterschiedliche Betreiber und erzielen diese kein Einvernehmen, entscheidet ebenfalls das Los. Zur Vermeidung unbilliger Härten ermöglicht § 9 MindAbstUmsG BE für einen beschränkten Zeitraum, der im Regelfall drei Jahre nicht überschreiten soll, eine Befreiung vom Verbundverbot und von den Abstandsregelungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE.

55

Soweit die Klägerin meint, das Sonderverfahren führe zu einer Marktabschottung von Bestandsspielhallen gegenüber Unternehmen, für die erstmals eine Spielhallenerlaubnis beantragt wird, würde sie als Betreiberin der streitgegenständlichen Bestandsspielhallen hierdurch ausschließlich begünstigt. Soweit sie den Losentscheid grundsätzlich in Zweifel zieht, weil dadurch der Zufall zum Rechtsprinzip erhoben werde, übersieht dieser Einwand, dass eine Bestandsspielhalle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 MindAbstUmsG BE nur dann in das Auswahlverfahren einbezogen wird, wenn sämtliche qualifizierten Voraussetzungen nach § 2 Abs. 3 SpielhG BE vorliegen und der vorgeschriebene Abstand zu Schulen nach § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE i.V.m. § 5 MindAbstUmsG BE eingehalten ist. Dadurch wird gewährleistet, dass die in das Losverfahren gelangenden Antragsteller und deren Bestandsspielhallen hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien auf einer Stufe stehen. Der Gesetzgeber musste im Rahmen des Losentscheides auch nicht den an den einzelnen Standorten vorhandenen Bestandsspielhallen jeweils für sich gleiches Gewicht verleihen, sondern durfte nach § 7 Abs. 1 MindAbstUmsG BE in Übereinstimmung mit § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 SpielhG BE auf den jeweiligen gesamten Standort abstellen. Eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen war nicht durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, da sich Spielhallenbetreiber innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist des § 8 Abs. 1 SpielhG BE darauf einstellen mussten, dass künftig nur eine Spielhalle je Standort betrieben werden darf. Die dem Losverfahren vorangehenden Auswahlkriterien mussten nicht um das Kriterium der Anzahl der aktuell aufgestellten Spielgeräte angereichert werden (vgl. Krainbring, ZfWG 2016, 200 <203>), weil die geltende Höchstzahl stets ausgeschöpft werden kann. Da die Zuverlässigkeit des Antragstellers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 1 SpielhG BE, § 33c Abs. 2 Nr. 1 GewO zwingende Voraussetzung ist, musste sich dem Gesetzgeber auch keine Auswahl nach der Dauer des Betriebes der jeweiligen Spielhalle durch den Antragsteller (Anciennität) aufdrängen. Eine Auswahl nach Eingang des Erlaubnisantrags (Priorität) ist angesichts der kurzen Ausschlussfrist von drei Monaten nach § 2 Abs. 1 Satz 1 MindAbstUmsG BE nicht geboten. Für eine bevorzugte Auswahl zertifizierter Bestandsspielhallen fehlt es schließlich an einem staatlich anerkannten Zertifizierungsverfahren, auf das schon wegen der Schwere eines solchen Eingriffs nicht verzichtet werden kann.

56

Im Sonderverfahren wird der Mindestabstand zwischen Spielhallen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE von den Eingängen zu den Standorten und nicht von den Eingängen der einzelnen Spielhallen aus gemessen. Mit dieser Regelung greift der Gesetzgeber die bereits in § 2 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE verankerte Unterscheidung zwischen Spielhallenunternehmen und Spielhallenstandorten auf (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24) und konkretisiert die Mindestabstandsregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE für das Sonderverfahren durch eine standortbezogene Messmethode. Die Messung ist schon deshalb vom gesamten Standort aus vorzunehmen, weil zunächst die weiterhin zulässigen Bestandsstandorte ermittelt werden (§ 7 MindAbstUmsG BE) und die Betreiber erst anschließend über die Auflösung des Spielhallenverbundes entscheiden und die verbleibende Spielhalle benennen (§ 8 MindAbstUmsG BE). Der Landesgesetzgeber durfte sich aus Gründen der Praktikabilität für diese Reihenfolge entscheiden, weil es einer solchen Auflösungsentscheidung der Betreiber nicht bedarf, wenn bereits der Standort als solcher künftig ausscheidet. Zum anderen wollte er den Verwaltungsaufwand bei der Abstandsmessung durch Verwendung eines das geltende amtliche Lagebezugssystem abbildenden Geoinformationssystem auf Basis der Geokoordinaten der Mitte der Eingänge zu den Standorten angemessen begrenzen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 MindAbstUmsG BE und dazu Abghs.-Drs. 17/2714 S. 24). Auch deshalb knüpft die Messung an den Außengrenzen eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes an.

57

Allerdings hat die Messweise zur Folge, dass dann, wenn ein Standort mit einem Mehrfachkomplex die auf den Mindestabstand bezogene Auslosung nach § 7 MindAbstUmsG BE verliert, auch einzelne Spielhallen schließen müssen, die den Abstand zu anderen Standorten einhalten würden, wenn stattdessen auf ihre Eingänge innerhalb des Gebäudes oder Gebäudekomplexes abgestellt würde. Würde außerdem in Fällen, in denen einzelne Spielhallen eines Mehrfachkomplexes für sich genommen den Mindestabstand einhielten, zunächst das auf das Verbot von Mehrfachkomplexen bezogene Verfahren nach § 8 MindAbstUmsG BE durchgeführt, könnte dies zur Auswahl einer den Mindestabstand einhaltenden Spielhalle führen mit der Folge, dass sich das Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE erübrigte. Ob und in welchen Fällen die genannten verwaltungspraktischen Belange gleichwohl die Messmethode und die Reihung der Auswahlverfahren rechtfertigen, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Es liegen keine Feststellungen zu den Abständen vor, die zwischen dem Mehrfachkomplex "..." der Klägerin oder den dort vorhandenen sechs Spielhallen jeweils für sich genommen zu benachbarten Spielhallenstandorten bestehen. Die auch messtechnische Wertung eines Mehrfachkomplexes als ein Standort, der ungeachtet der Lage der einzelnen Spielhallen als Ganzer den Mindestabstand einhalten muss, ist jedenfalls umso eher gerechtfertigt, als die Spielhallen - wie hier - einem Betreiber gehören und außerdem wegen ihrer engen Bezogenheit aufeinander (Verbund) wie eine besonders große Spielhalle erscheinen. Im Verfahren der Erlaubniserteilung wird bei Standorten mit Mehrfachkomplexen, bei denen der Mindestabstand nur wegen der Messmethode insgesamt unterschritten wird, ggf. zu prüfen sein, ob mit Blick auf die Sollregelung des § 2 Abs. 1 Satz 3 SpielhG BE ein atypischer Fall bejaht werden kann.

58

Den weiteren Einwänden der Klägerin gegen die für das Sonderverfahren geltende Ausschlussfrist für die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen (§ 2 Abs. 1 und 2 MindAbstUmsG BE), die Anwendung des Versagungsgrundes der übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebes nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE im Sonderverfahren und gegen die hinreichende Bestimmtheit der Härtefallklausel des § 9 MindAbstUmsG BE ist nicht nachzugehen, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen und dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich ist, dass sie für die streitgegenständlichen Spielhallen relevant sein könnten, und gegebenenfalls eine Entscheidung der Behörde abzuwarten wäre. Der Landesgesetzgeber musste auch keine weiteren Vorgaben zur näheren Ausgestaltung der Methodik des Losentscheides zwischen rechtlich gleichrangigen Spielhallen einschließlich der nach § 7 MindAbstUmsG BE einzusetzenden Software treffen, sondern konnte sie der Verwaltungspraxis überlassen.

59

ddd) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch die Erteilungsvoraussetzung für eine Spielhallenerlaubnis in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE als hinreichend bestimmt und verfassungskonform angesehen, wonach eine Spielhalle nicht in räumlicher Nähe von Einrichtungen betrieben werden soll, die ihrer Art nach oder tatsächlich vorwiegend von Kindern oder Jugendlichen aufgesucht werden. Diese Regelung soll Kinder und Jugendliche vor einer Gewöhnung an die ständige Verfügbarkeit des Spielangebots in Gestalt von Spielhallen in ihrem täglichen Lebensumfeld um Bildungs- und Freizeiteinrichtungen schützen (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 12) und einem "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige entgegenwirken. Sie dient der Suchtprävention durch einen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Vorfeld des Betretens einer Spielhalle und der Teilnahme am Automatenspiel, welche schon nach § 6 Abs. 1 JuSchG und § 6 Abs. 4 SpielhG BE verboten sind. Dieser Schutzzweck wird nicht schon durch den Erlaubnisversagungsgrund der Gefährdung der Jugend abgedeckt, den § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpielhG BE aus § 33i Abs. 2 Nr. 3 GewO übernommen hat. Er dient regelmäßig der Abwehr der vom konkreten Spielhallenbetrieb ausgehenden Gefährdungen für Minderjährige (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, § 33i Rn. 77).

60

Die Einschätzung des Landesgesetzgebers, der Spielsucht müsse bei Minderjährigen auch über den Ausschluss ihres Zutritts hinaus in einem möglichst frühen Stadium durch Vermeidung einer Gewöhnung an das Vorhandensein von Spielhallen und eines Anreizes des für sie verbotenen Glücksspiels entgegengewirkt werden, überschreitet nicht den ihm zustehenden, weiten Beurteilungsspielraum und ist nicht offensichtlich fehlsam. Dies gilt selbst im Hinblick auf den Schutz von kleineren Kindern davor, dass sie entweder allein oder in Begleitung einer Betreuungsperson im Umfeld ihrer Bildungs-, Freizeit- oder sonstigen Betreuungseinrichtungen mit Spielhallen konfrontiert werden und diese als Angebot einer Freizeitbetätigung für Erwachsene wahrnehmen können. Im Übrigen geht es hier um Bestandsspielhallen, die im Sonderverfahren nur einen Abstand zu Schulen einhalten müssen (§ 5 Abs. 1 MindAbstUmsG BE) Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE ist zur Erreichung des legitimen Ziels der Spielsuchtprävention bei Minderjährigen geeignet, erforderlich und auch angemessen. Der Gesetzgeber durfte im Rahmen seines Einschätzungsspielraums annehmen, dass die Werbebeschränkungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE nicht genügen, um den Spielhallen den "Reiz des Verbotenen" für Minderjährige zu nehmen. Die Verhältnismäßigkeit dieser Soll-Vorschrift wird auch dadurch gesichert, dass von ihr in atypischen Fällen, in denen die von ihr vorausgesetzte typische Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch Wahrnehmung von Spielhallen im Lebensumfeld nicht gegeben ist, abgesehen werden muss. Zudem sieht § 2 Abs. 1 Satz 5 SpielhG BE eine zusätzliche Abweichungsmöglichkeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Umfeld des Standortes und der Lage des Einzelfalls vor.

61

Das Mindestabstandsgebot zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche genügt trotz der Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "räumlichen Nähe" anstelle einer festen, in Metern bemessenen Distanz dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Klägerin als Betreiberin von Bestandsspielhallen ist von ihm zunächst nur in der Ausformung des § 5 MindAbstUmsG BE im Rahmen des Sonderverfahrens betroffen. Danach steht der Erlaubniserteilung an Bestandsspielhallen nur die Nähe zu weiterführenden allgemeinbildenden, zu beruflichen Schulen oder zu Schulen mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt sowie zu Gemeinschaftsschulen entgegen. Eine räumliche Nähe liegt im Sonderverfahren regelmäßig nicht vor, wenn die Wegstrecke zur nächstgelegenen Schule 200 Meter überschreitet (§ 5 Abs. 2 MindAbstUmsG BE).

62

Außerhalb des Sonderverfahrens ist die Erlaubniserteilungsvoraussetzung der fehlenden "räumlichen Nähe" zu Minderjährigeneinrichtungen in § 2 Abs. 1 Satz 4 SpielhG BE durch Auslegung hinreichend bestimmbar. Dabei kann als Auslegungshilfe auf die Begründung des Entwurfs zu § 5 MindAbstUmsG BE zurückgegriffen werden, aus der deutlich wird, dass es auf den jeweiligen Aktionsradius der betroffenen Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen, insbesondere auf ihre tatsächlichen Laufwege im Umfeld der betreffenden Einrichtung, auf ihren regelmäßigen Aufenthalt in Pausen und Freistunden oder die Lage einer Spielhalle in Sichtweite der Einrichtung ankommt (vgl. Abghs.-Drs. 17/2714 S. 22).

63

eee) Die Betreibern von Bestandsspielhallen in § 8 Abs. 1 SpielhG BE und § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE eingeräumte Übergangszeit wahrt den durch Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG gebotenen Vertrauensschutz. Bei der Gestaltung von Übergangsregelungen für neue Anforderungen an eine bislang in erlaubter Weise ausgeübte Tätigkeit steht dem Gesetzgeber ein breiter Spielraum zu, innerhalb dessen er die Schwere des Eingriffs mit dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe abzuwägen und den betroffenen Berufsausübenden eine Ausrichtung und Anpassung an die veränderte Rechtslage zu ermöglichen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juni 2010 - 1 BvR 2011, 2959/07 - BVerfGE 126, 112 <155>). Eine Übergangsfrist von fünf Jahren reicht dabei regelmäßig aus, um eine berufliche Neuorientierung oder eine Betriebsanpassung zu ermöglichen (vgl. etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Juni 2006 - 1 BvR 1319/04 - GewArch 2006, 431 <432>). Weder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch das Gebot des Vertrauensschutzes verpflichten zu einer Übergangsregelung, die eine vollumfängliche Fortsetzung der früheren beruflichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>).

64

Ausgehend davon wird dem Vertrauensschutzinteresse der Klägerin an der Weiterführung ihrer Bestandsspielhallen hinreichend Genüge getan. Die den Betreibern von Bestandsspielhallen nach § 33i GewO erteilten Alterlaubnisse erloschen nicht bereits mit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011, sondern gemäß § 8 Abs. 1 SpielhG BE erst mit Ablauf des 31. Juni 2016. Die Erlaubnis nach § 33i GewO gilt außerdem nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung im Sonderverfahren als fortbestehend. Da das Sonderverfahren bislang nicht abgeschlossen wurde, sind seit Inkrafttreten des Spielhallengesetzes mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen, ohne dass die Frist von sechs Monaten nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE zu laufen begonnen hat. Ein solcher Übergangszeitraum ist angesichts des besonders gewichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung auch unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit angemessen. Die Klägerin hält dem entgegen, dass bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Ungewissheit über den Fortbestand der Spielhallen bestehe. Insbesondere gebe es keine Möglichkeit zur verbindlichen Klärung, ob der Abstand zu Schulen eingehalten werde und ob der jeweilige Spielhallenstandort wegen Unterschreitens des Mindestabstandes an einem Auswahlverfahren nach § 7 MindAbstUmsG BE teilnehmen müsse. Tatsächlich stehe den Betreibern von Bestandsspielhallen daher für betriebliche Anpassungen oder eine berufliche Neuorientierung nur die Frist von sechs Monaten nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren zur Verfügung, in der die Erlaubnisse nach § 33i GewO als fortbestehend gälten. Diese Frist sei unangemessen kurz.

65

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin lässt außer Acht, dass zur Wahrung der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Fällen der Ungewissheit ein eigenständig gerichtlich - auch im Wege des Eilrechtsschutzes - durchsetzbarer Anspruch auf Auskunft über die Einhaltung der Abstandsgrenzen jedenfalls dann besteht, wenn dies erforderlich ist, um innerhalb der eingeräumten Übergangsfrist die notwendigen Maßnahmen zur betrieblichen Anpassung und beruflichen Orientierung vornehmen zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2003 - 3 C 46.02 - BVerwGE 118, 270 <271>). Im Streitfall kann der Betreiber zur Herstellung notwendiger Planungssicherheit die Feststellung begehren, dass die Abstandsgebote eingehalten werden; bei besonderer Dringlichkeit kann Antrag auf vorläufige Feststellung nach § 123 VwGO gestellt werden (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2016, § 123 Rn. 35). Verbleibenden Ungewissheiten insbesondere über den Ausgang eines etwaigen Auswahlverfahrens muss durch geeignete Vertragsgestaltungen begegnet werden. Für dann nach einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren ggf. noch vorzunehmende Abwicklungsmaßnahmen verbleiben immer noch sechs Monate, während derer die Alterlaubnis als fortbestehend gilt. Dass es bis zur Entscheidung im Sonderverfahren Möglichkeiten zur flexiblen Reaktion gibt, zeigt gerade der Fall der Klägerin. Wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen steht fest, dass von den derzeit sechs Spielhallen der Klägerin am Standort "..." nach Abschluss des Sonderverfahrens höchstens eine Spielhalle weiter betrieben werden kann. Trotz der von ihr hervorgehobenen Schwierigkeiten, den Betrieb angesichts der bevorstehenden umfangreichen Schließungen aufrechtzuerhalten und zu disponieren, hat die Klägerin für alle sechs Spielhallen Anträge auf Neuerteilung von Erlaubnissen gestellt, um die Fiktion des Fortbestands der Alterlaubnisse nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen besteht für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nach § 9 MindAbstUmsG BE die Möglichkeit, zur Vermeidung einer unbilligen Härte einen Antrag auf Befreiung von den Anforderungen des Verbots von Mehrfachkomplexen und den Abstandsgeboten für einen Zeitraum von im Regelfall nicht mehr als drei Jahren zu stellen. Dadurch können besondere persönliche und wirtschaftliche Umstände berücksichtigt werden, aus denen eine Betriebsaufgabe mit Ablauf der Übergangsfrist aus von der Berufsfreiheit (oder der Eigentumsfreiheit) geschützten Gründen unverhältnismäßig wäre (Abghs.-Drs. 17/2714 S. 28). Die Klägerin selbst hat bisher nicht dargelegt, dass und inwieweit sie als Mieterin der Räumlichkeiten, als Arbeitgeberin von Beschäftigten oder aber im Hinblick auf die in der weiter zu betreibenden Einzelspielhalle aufgestellten Geräte daran gehindert wäre, sich betriebswirtschaftlich auf eine Entscheidung im Sonderverfahren einzustellen und diese Einzelspielhalle nach einer Negativentscheidung innerhalb von sechs Monaten an einen anderen Standort zu verlagern .

66

fff) Auch die von der Klägerin angegriffenen erlaubnisunabhängigen Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle stellen verhältnismäßige Berufsausübungsregelungen dar.

67

Ausgehend von der Feststellung des Berufungsgerichts, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung nach der Gewerbeordnung betrieben werden durften, ist die Herabsetzung der zulässigen Höchstzahl von bislang zwölf (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV BE) auf acht Geldspielgeräte in einer Spielhalle (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 2 SpielhG BE) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Höchstzahlregelung, die auf Bestandsspielhallen nach Ablauf von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes Berlin anzuwenden ist, soll Anreize zu übermäßigem Spiel innerhalb einer Spielhalle vermindern und dadurch einen Beitrag zur Suchtprävention leisten (Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Sie verringert die für den wirtschaftlichen Ertrag einer Spielhalle bedeutsame höchstens zulässige Geräteanzahl um ein Drittel und gehört damit zu den Neuregelungen, die Spielhallenbetreiber am stärksten betreffen. Gleichwohl ist auch sie verhältnismäßig, weil der Gesetzgeber innerhalb seines Einschätzungsspielraums von einem Zusammenhang zwischen Suchtgefährdung und Verfügbarkeit von Spielangeboten ausgehen und eine Verringerung der Geräteanzahl als geeigneten, erforderlichen und angemessenen Beitrag zur überragend wichtigen Spielsuchtprävention ansehen durfte. Das Berufungsgericht ist im Übrigen in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass eine wirtschaftliche Betriebsführung auch bei Einhaltung dieser Gerätehöchstzahl möglich ist (UA S. 61).

68

Auch die Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 SpielhG BE, die über die schon bislang nach § 3 Abs. 2 Satz 3 SpielV BE geltenden Anforderungen an die Aufstellung von Geräten innerhalb der Spielhalle hinaus eine Aufstellung in Zweiergruppen untersagt, dient in verhältnismäßiger Weise der Prävention und Eindämmung von Spielsucht. Mit ihr soll das gleichzeitige Bespielen mehrerer Automaten unter Umgehung der nach § 13 Nr. 6 SpielV BE durch die zugelassene Bauart von Geldspielgeräten gewährleisteten Spielpause im Sinne des Spielerschutzes erschwert werden (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Ein solches Spielverhalten deutet auf den Kontrollverlust des Spielers hin und ist nach dem Evaluierungsbericht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie zur 5. Novelle der Spielverordnung (BR-Drs. 881/10 S. 51 f.) mit besonders hohen Risiken verbunden.

69

Alle weiteren von der Klägerin beanstandeten Anforderungen an den Betrieb einer Spielhalle sind ebenfalls verhältnismäßig. Die Ausweitung der Sperrzeit für Spielhallen von einer auf acht Stunden (§ 5 Abs. 1 SpielhG BE) dient der Spielsuchtprävention, indem sie eine zwangsweise Spielpause gewährleistet, in der Spieler einen Schlussstrich unter das Tagesgeschehen ziehen und die Möglichkeit zur Erholung nutzen können (vgl. Abghs.-Drs. 16/4027 S. 14). Mit der Begrenzung auf höchstens ein "anderes Spiel" nach § 4 Abs. 3 SpielhG BE, dem Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Speisen und Getränken in Spielhallen nach § 6 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE und der Begrenzung auf drei Geräte bei Verabreichung von Speisen und Getränken (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielhG BE) werden Anreize zum überlangen Verweilen von Spielern in einer Spielhalle verhindert (vgl. ebd. S. 14 f.). Auch hinsichtlich der Werbebeschränkungen für Spielhallen aus § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SpielhG BE und § 26 Abs. 1 GlüStV, die eine Werbung für den Spielbetrieb oder die in der Spielhalle angebotenen Spiele und eine besonders auffällige Gestaltung der Spielhalle mit Anreizwirkung für den Spielbetrieb untersagen, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zu vergleichbaren Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages 2008 bereits BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Gleiches gilt für die ganz offenkundig vom Schutzziel der Spielsuchtprävention gedeckten Verpflichtungen zur Gewährleistung der dauerhaften Anwesenheit einer Aufsichtsperson (§ 6 Abs. 2 SpielhG BE), zum Spielausschluss für mindestens ein Jahr von Personen, die sich selbst gesperrt haben (§ 6 Abs. 6 SpielhG BE), zur Erstellung eines Sozialkonzepts und zum Vorhalten von Informationen für Spieler (§ 2 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 6 und 7 GlüStV). Spielhallenbetreiber dürfen auch zur Vornahme von Eingangs- und Identitätskontrollen verpflichtet werden, um das Zugangsverbot für Minderjährige und Selbstsperrer durchzusetzen (§ 6 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 6 SpielhG BE). Das Berufungsgericht hat die irrevisible Norm des § 6 Abs. 4 Satz 2 SpielhG BE dahin ausgelegt, dass sie Eingangskontrollen zur Sicherstellung des Zutrittsverbots für Minderjährige nur anlassbezogen verlangt (UA S. 64), wenn die Volljährigkeit einer Person nicht offensichtlich ist. Dem hierauf bezogenen Feststellungsantrag Nr. 8 ist nicht stattzugeben, weil sich der altersbezogene Gehalt schon aus § 6 Abs. 4 SpielhG BE ergibt und vom Beklagten nicht in Abrede gestellt wird und weil die begehrte Feststellung darüber hinaus vernachlässigt, dass Eingangs- und erforderlichenfalls Identitätskontrollen auch dem Ausschluss von Selbstsperrern dienen.

70

Die erlaubnisunabhängigen Einschränkungen des Spielhallenbetriebes wie insbesondere die Herabsetzung der Anzahl der zulässigen Spielgeräte, der Verkürzung der Sperrzeit, des Gebots eines Mindestabstandes mit Sichtschutz zwischen den Geräten oder die Restriktionen im Zusammenhang mit der Verabreichung von Speisen und Getränken sind auch nicht deshalb unzumutbar, weil sie nicht auch für Spielbanken und Gaststätten eingeführt wurden. Wie bereits ausgeführt, besteht außerhalb des staatlichen Wettmonopols kein die unterschiedlichen Regelungsbereiche übergreifendes Konsistenzgebot. Im Übrigen gilt auch hier die Feststellung, dass unterschiedliche Gefahrensituationen vorliegen, denen der Gesetzgeber mit unterschiedlichen Mitteln begegnen kann (s.u. II.3.cc).

71

ggg) Die angegriffenen Regelungen greifen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung (BVerfG, Beschluss vom 27. März 2012 - 2 BvR 2258/09 - BVerfGE 130, 372 <392>) auch kumulativ nicht unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Klägerin ein. Bloße Vermutungen reichen zur Annahme eines durch Kumulation verschiedener Maßnahmen unverhältnismäßigen "additiven" Grundrechtseingriffs nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. September 2005 - 2 BvF 2/03 - BVerfGE 114, 196 <247>). Auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen tatsächlichen Feststellungen, dass sie selbst bei Berücksichtigung der Höhe der Vergnügungsteuer und bauplanungsrechtlicher Einschränkungen nicht zu einer wirtschaftlichen Erdrosselung von Spielhallenunternehmen führen und nicht ersichtlich ist, dass Spielhallen in den weniger attraktiven Außenbereichen von Berlin nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten (UA S. 65 f.), lässt sich keine unangemessene Beeinträchtigung erkennen (so auch Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Juli 2015 - 6 K 6070/12 - juris Rn. 61 f.).

72

bb) Die Klägerin wird durch die angegriffenen Einschränkungen für Spielhallen auch nicht in ihrer Eigentumsfreiheit verletzt. Diesen kommt keine enteignende Wirkung zu. Eine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG setzt eine staatliche Güterbeschaffung zugunsten der öffentlichen Hand oder eines sonst Enteignungsbegünstigten voraus (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 -1 BvR 2821/11, 2 BvR 321, 1456/12 - Rn. 246 und Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512, 1677/97 - BVerfGE 104, 1 <9 f.>), die hier nicht in Rede steht. Als gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen einer durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition der Klägerin sind die Anforderungen an Spielhallen jedenfalls verhältnismäßig.

73

Die der Klägerin nach § 33i GewO erteilten unbefristeten Alterlaubnisse, die nach § 8 Abs. 1 SpielhG BE mit Ablauf des 31. Juli 2016 ihre Wirksamkeit verloren haben und nach § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE nur zeitlich begrenzt als fortbestehend gelten, genießen keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz. Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 - Rn. 232). Das Nutzungsrecht an den einzelnen Spielgeräten wird nicht durch die Erlaubnis zum Spielhallenbetrieb vermittelt. Die dort aufgestellten Spielgeräte können bei einem Entzug der Erlaubnis an anderen Orten aufgestellt werden. Zwar mag die Herabsetzung der Anzahl der in Berliner Spielhallen höchstens zulässigen Geräte den Markt für diese Produkte verringern. Derartige Beeinträchtigungen künftiger Chancen und Verdienstmöglichkeiten sind jedoch eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. März 1987 - 1 BvR 850/86 u.a. - NVwZ 1987, 1067). Davon abgesehen weist das Berufungsgericht zutreffend darauf hin, dass die den Spielhallenbetreibern nach § 8 Abs. 3 SpielhG BE eingeräumte Frist von zwei Jahren für die Reduzierung der Spielgeräte nicht deshalb beanstandet werden kann, weil sie für eine Vollamortisation aller Geräte möglicherweise zu kurz ist. Art. 14 Abs. 1 GG und das Gebot des Vertrauensschutzes verlangen keine Regelung, die eine Vollamortisation ermöglicht (BVerwG, Urteil vom 23. Oktober 2008 - 7 C 48.07 - BVerwGE 132, 224 <232>). Außerdem können die Betreiber vorrangig bereits abgeschriebene Geräte entfernen und ggf. noch nicht abgeschriebene Geräte anderweitig, etwa durch Verkauf, verwerten (UA S. 62). Was die Klägerin selbst angeht, ist im Übrigen nicht einmal festgestellt, dass die in ihren Spielhallen aufgestellten Automaten in ihrem Eigentum stehen.

74

Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO unbefristet erteilten Alterlaubnisse vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das gilt auch, falls ein weitergehender Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes berührt sein sollte (zweifelnd BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 28211/11 - juris Rn. 240). Wie bereits ausgeführt, wurde den Bestandsspielhallen eine fünfjährige Übergangsfrist vom Inkrafttreten des Spielhallengesetzes im Juni 2011 bis zum Erlöschen der Alterlaubnisse mit Ablauf des 31. Juli 2016 eingeräumt, die gemäß § 2 Abs. 3 MindAbstUmsG BE für den Fall einer negativen Entscheidung im Sonderverfahren nochmals bis zum Ablauf des sechsten Monats nach Bekanntgabe verlängert wird. Angesichts des hier in Rede stehenden überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtbekämpfung ist dieser Übergangszeitraum trotz zum Teil intensiver Eingriffe in die Eigentumsfreiheit angemessen. Im Übrigen besteht für wirtschaftliche Dispositionen, die vor Inkrafttreten des Spielhallengesetzes am 2. Juni 2011 getätigt wurden, die Härtefallregelung des § 9 MindAbstUmsG BE. Dabei können besondere individuelle Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen berücksichtigt werden, die in Abwägung mit dem Gemeinwohlinteresse des Spieler- und Jugendschutzes eine zeitlich befristete Befreiung von den Abstandsgeboten oder dem Verbot von Mehrfachkomplexen rechtfertigen. Wirtschaftliche Dispositionen nach Inkrafttreten des Spielhallengesetzes konnten nicht mehr im Vertrauen auf den Fortbestand der Alterlaubnisse vorgenommen werden. Was die von der Klägerin hervorgehobene Unsicherheit während des Übergangszeitraums bis zu einer Entscheidung im Sonderverfahren und die daraus evtl. folgenden Schwierigkeiten angeht, sachgerechte Dispositionen treffen zu können, gilt das bereits oben Gesagte zu den Möglichkeiten einer frühzeitigen Klärung der Vereinbarkeit der Spielhallen mit den Abstandsgeboten. Auch hier ist anzumerken, dass der Entscheidung der Klägerin, das Sonderverfahren für sämtliche Spielhallen des Standortes "..." trotz der Gewissheit zu betreiben, dass die meisten Spielhallen wegen des Verbots von Mehrfachkomplexen schließen müssen, alternative Möglichkeiten zur Bewältigung der Übergangsphase gegenüberstehen, unter denen jeder Betreiber die aus seiner Sicht günstigste wählen kann.

75

Bezogen auf die Klägerin selbst fehlt es im Übrigen an Feststellungen zu Art, Umfang und Zeitpunkt etwaiger von ihr im Vertrauen auf bestehende Erlaubnisse getätigter Investitionen oder sonstiger eigentumsrechtlich geschützter wirtschaftlicher Dispositionen, die eine Beurteilung ihrer konkreten eigentumsrechtlichen Betroffenheit zuließen.

76

cc) Die Klägerin ist nicht in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 - BVerfGE 139, 1 <12 f.>). Diesem Maßstab genügen die für die Feststellungsanträge der Klägerin relevanten Regelungen über die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen.

77

aaa) Gegenüber Spielbanken in Berlin werden Spielhallen durch die angegriffenen Regelungen nicht in verfassungswidriger Weise ungleich behandelt. Der Gesetzgeber darf Anforderungen an das Spiel an gewerblich zugelassenen Spielautomaten in Spielhallen und das Spiel an Automaten in Spielbanken (sog. kleines Spiel) trotz der Ähnlichkeit beider Glücksspielformen jeweils gesondert regeln. Nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts liegt insoweit hier kein vergleichbarer Sachverhalt vor, weil die Spielbank Berlin nur wenige Außenstellen hat. Zu ihnen besteht zudem im Hinblick auf das Ziel der Suchtbekämpfung ein strenger reglementierter Zugang. Demgegenüber gibt es in Berlin hunderte von Spielhallen, die für potenzielle Spieler in deren unmittelbarem Lebensumfeld leicht zugänglich sind (UA S. 58). Dass die weitaus größere Verfügbarkeit des Automatenspiels eine höhere Gefahreneinschätzung für Spielhallen rechtfertigt, entspricht auch den von der Klägerin im Revisionsverfahren eingereichten Ausführungen des Suchtexperten Zeltner, trotz höheren Risikopotenzials der Geldspielgeräte in Spielbanken sei die Gefährdung durch die höhere Verfügbarkeit von Geldspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten größer (S. 24 der Anlage 2 zum Schriftsatz vom 24. November 2016).

78

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der rechtlichen Anforderungen an Spielbanken in Berlin verletzen die festzustellenden Regelungsunterschiede nicht den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Spielbanken unterliegen dort der gleichen Sperrzeit für das Automatenspiel wie Spielhallen (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (Spielbankengesetz - SpBG BE) vom 8. Februar 1999, GVBl. BE 1990 S. 70, zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. März 2010, GVBl. BE 2010 S. 124, i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 der von der Senatsverwaltung für Inneres und Sport erlassenen Spielordnung für die Spielbank Berlin vom 16. Januar 2008, https://www.berlin.de/sen/inneres/buerger-und.../spielo_spielbank_01-2008.pdf). Allerdings dürfen in ihnen ohne Höchstzahlbegrenzung Automaten aufgestellt werden, die nicht den spielerschützenden Bauartbeschränkungen des Gewerberechts unterliegen (vgl. § 33h Nr. 1 GewO) und die anerkanntermaßen ein höheres Gefährdungspotenzial beinhalten. Werbung für das Glücksspiel in Spielbanken wird in § 2 Abs. 2 i.V.m. § 5 GlüStV weniger stark beschränkt als für Spielhallen in § 4 Abs. 1 Satz 2 SpielhG BE, § 26 Abs. 1 GlüStV. Spielbanken unterliegen jedoch im Hinblick auf die Bekämpfung von Glücksspielsucht Anforderungen, die insgesamt jedenfalls kein geringeres Schutzniveau als die Regelungen für Spielhallen gewährleisten. Es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb einer öffentlichen Spielbank in Berlin (§ 2 SpBG BE). Der repressive Erlaubnisvorbehalt gewährleistet eine staatliche Kontrolle auch der Anzahl von Spielbanken. Eine Erlaubnis wird befristet erteilt (§ 2 Abs. 6 SpBG BE). Spielbanken sind dem länderübergreifenden Sperrsystem nach §§ 8 und 23 GlüStV angeschlossen und müssen durch Einlass- und Identitätskontrollen (§ 5 Spielordnung BE) nicht nur Selbstsperrungen, sondern auch Fremdsperrungen aus dem gesamten Bundesgebiet umsetzen, die aufgrund von Wahrnehmungen des Personals oder Meldungen Dritter vorgenommen worden sind. Das Geschehen an Spielautomaten ist u.a. zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Spielbetriebes laufend videotechnisch zu überwachen (§ 10a SpBG BE). Es entspricht im Übrigen ständiger Rechtsprechung, dass Spielbanken und gewerbliches Glücksspiel wegen unterschiedlicher ordnungsrechtlicher Ziele auch unterschiedlich geregelt werden dürfen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juli 2003 - 6 B 33.03 - GewArch 2003, 433, vom 24. August 2001 - 6 B 47.01 - GewArch 2001, 476 und vom 15. Dezember 1994 - 1 B 190.94 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 8 S. 6).

79

bbb) Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG wird auch nicht dadurch verletzt, dass die Anforderungen an das Automatenspiel in Gaststätten hinter den für Spielhallen geltenden Einschränkungen zurückbleiben. Das Land Berlin hat bislang keine Regelungen über das Automatenspiel in Gaststätten erlassen. Aufgrund der fortgeltenden bundesrechtlichen Spielverordnung dürfen in Gaststätten höchstens drei, ab dem 10. November 2019 höchstens zwei Geldspielgeräte aufgestellt werden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sowie Art. 5 der 6. Verordnung zur Änderung der SpielV vom 4. November 2014, BGBl. I S. 1678). Allerdings sind für sie weder ein Mindestabstand noch ein Sichtschutz zwischen den Geräten vorgeschrieben. Für Gaststätten gilt lediglich eine Sperrzeit zwischen 5:00 Uhr und 6:00 Uhr (vgl. § 6 Abs. 1 der Gaststättenverordnung vom 10. September 1971, GVBl. S. 1778, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2005, GVBl. S. 754). Die Einhaltung des Verbots der Teilnahme von Minderjährigen am öffentlichen Glücksspiel (§ 6 Abs. 2 JuSchG, § 2 Abs. 4 i.V.m. § 4 Abs. 3 GlüStV) ist durch ständige Aufsicht sicherzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 3 SpielV). Der Zutritt zu Gaststätten ist jedoch für Minderjährige, anders als der Zutritt zu Spielhallen, nicht generell verboten. Er kann Jugendlichen ab 16 Jahren zwischen 5:00 Uhr und 24:00 Uhr auch ohne Begleitung einer personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Person grundsätzlich gestattet werden (vgl. § 4 Abs. 1 JuSchG), sodass sie das Automatenspiel Erwachsener dort zumindest beobachten können. Gaststätten mit Geldspielautomaten unterliegen den Anforderungen der §§ 5 bis 7 GlüStV an Werbung für Glücksspiel und sind ebenfalls zur Erstellung eines Sozialkonzeptes, Schulung von Personal und Bereithaltung von spielrelevanten Informationen verpflichtet.

80

Es ist nicht zu bestreiten, dass der hierdurch gewährleistete Schutz vor Spielsucht im Bereich des gewerblichen Automatenspiels in Gaststätten bislang geringer ist als in Spielhallen, obwohl Spielautomaten in Gaststätten ebenfalls im unmittelbaren Lebensumfeld potenzieller Spieler leicht zugänglich sind. Vom Spielangebot in Spielhallen und in Gaststätten gehen jedoch unterschiedliche Gefahren aus, die es rechtfertigen, dass der Landesgesetzgeber zunächst strengere Beschränkungen für Spielhallen eingeführt hat (vgl. auch VerfGH des Landes Berlin, Beschluss vom 20. Juni 2014 - 96/13 - NVwZ-RR 2014, 825 <827>). Die deutlich geringere Anzahl von drei, künftig zwei höchstens zulässigen Spielgeräten in Gaststätten gegenüber acht Geräten in Spielhallen verringert den suchtgefährdenden Spielanreiz, der nach Einschätzung des Gesetzgebers mit einem vielfältigen Spielangebot verbunden ist. In Gaststätten sehen sich Spieler anders als in Spielhallen regelmäßig einer Sozialkontrolle durch nicht spielende Gäste ausgesetzt. Regelungsunterschiede lassen sich auch dadurch rechtfertigen, dass Gaststätten ihr Gepräge durch das Verabreichen von Getränken und Speisen erhalten und nur gelegentlich dem Automatenspiel der Besucher dienen, während Spielhallen regelmäßig allein um des Spiels Willen aufgesucht werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Januar 1991 - 1 B 174.90 - Buchholz 451.41 § 18 GastG Nr. 5 S. 5; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. März 1997 - 2 BvR 1599/89 u.a. - NVwZ 1997, 573 <575> und vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08 - BVerfGK 16, 162 <175>).

81

ccc) Das nach dem Vortrag der Klägerin in Berlin bestehende Spielangebot in illegalen Spielstätten - sog. "Café-Casinos" - kann schon deshalb nicht ihr Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, weil solche Spielstätten denselben rechtlichen Vorschriften unterworfen sind wie Spielhallen, sofern sie die Voraussetzungen eines Unternehmens nach § 1 Abs. 1 und 2 SpielhG BE erfüllen oder dies nach § 1 Abs. 2 Satz 2 SpielhG BE jedenfalls gesetzlich vermutet wird (s.o.).

82

dd) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, verletzen die angegriffenen landesrechtlichen Regelungen, auch soweit sie über die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen Einschränkungen für Spielhallen hinausgehen, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht das Gebot bundesfreundlichen Verhaltens. Sie berühren in keiner Weise das Schutzgut dieses verfassungsrechtlichen Gebotes, das bei der Wahrnehmung eigener Kompetenzen Rücksichtnahme auf die gesamtstaatlichen Interessen des Bundes oder die Interessen der anderen Länder verlangt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1282/11 - BVerfGE 139, 321 <353>). Auch der Glücksspielstaatsvertrag schließt es nicht aus, Spielhallen in einzelnen Ländern strengeren Anforderungen zu unterwerfen (vgl. § 28 Satz 2 GlüStV). Dies gilt umso mehr, als das Spielhallengesetz Berlin zum Zeitpunkt der Verabschiedung des novellierten Glücksspielstaatsvertrages bereits in Kraft war und die Erläuterungen zum Glückspielstaatsvertrag nichts dafür hergeben, dass von einer Rückführung des landesrechtlichen Normbestandes auf das Regelungsniveau des Glücksspielstaatsvertrages ausgegangen worden wäre. Dessen spielhallenbezogene Regelungen sind überdies zum Teil ausdrücklich darauf angelegt, durch Vorschriften der Länder ausgefüllt zu werden (§ 24 Abs. 3, § 25 Abs. 1 Satz 2 GlüStV).

83

c) Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich auch ein Verstoß gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 56, 49 AEUV nicht erkennen. Der Gewährleistungsgehalt dieser Grundfreiheiten wäre nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorläge (vgl. Forsthoff, in: Grabitz/Hilf/Nettes-heim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Juli 2016, Art. 45 AEUV Rn. 53 f. m.w.N.). Dafür reicht es nicht aus, dass die Klägerin oder Kunden ihrer Spielhallen hypothetisch von einer unionsrechtlichen Grundfreiheit Gebrauch machen könnten. Weder dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt noch dem Vortrag der Klägerin lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sich die Klägerin, bei der es sich um eine nach deutschem Recht gegründete juristische Person mit Sitz in Deutschland handelt, die dort ihre Spielhallen betreibt, wegen eines grenzüberschreitenden Bezuges auf die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit berufen kann. Soweit der Europäische Gerichtshof nationale Regelungen, mit denen das Automatenspiel in stationären Glücksspielstätten eingeschränkt wurde, am Maßstab der Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit gemessen hat, war nach dem jeweiligen Vorabentscheidungsersuchen des nationalen Gerichts ein grenzüberschreitender Sachverhalt jedenfalls nicht ausgeschlossen (vgl. nur EuGH, Urteile vom 19. Juli 2012 - C-470/11 [ECLI:EU:C:2012:505], Garkalns - NVwZ 2012, 1162 <1163> und vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - ZfWG 2015, 336 <340>).

84

Selbst wenn unterstellt würde, dass die Klägerin oder ihre Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 < 58 ff., 71 ff.> m.w.N.).

85

Der Europäische Gerichtshof hat das unionsrechtliche Kohärenzgebot für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten. Der Senat kann offenlassen, ob es auch in nicht monopolisierten Bereichen des Glücksspielrechts Wirkung entfaltet, soweit eine unionsrechtliche Grundfreiheit berührt ist. Denn es läge hier jedenfalls kein Verstoß gegen die aus ihm abgeleiteten Anforderungen vor. Das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz hätte für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz. Es bestehen überdies keine Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen - insbesondere fiskalischen - Zweck dienten. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass bei Weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten an Automaten spielen, die nach der bisherigen Regelung der Gewerbeordnung betrieben werden durften (UA S. 48). Da sich nach dem Berufungsurteil Ausweichbewegungen von Spielern von Spielhallen zu Gaststätten in Berlin nicht feststellen lassen und Spielbanken sich in der Anzahl ihrer Außenstellen und der Zugangsreglementierung von Spielhallen wesentlich unterscheiden (vgl. UA S. 51, 58), ist eine Expansionspolitik des Landes Berlin in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, in keiner Weise erkennbar.

86

d) Die für die Feststellungsbegehren der Klägerin entscheidungserheblichen Anforderungen an Spielhallen sind schließlich auch nicht wegen eines Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21. Juli 1998 S. 37, geändert durch die Richtlinie 2006/96/EG des Rates vom 20. November 2006, ABl. L 363 S. 81) unanwendbar. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten der Kommission den Entwurf einer technischen Vorschrift übermitteln und die Kommission über die Gründe der Festlegung der technischen Vorschrift unterrichten. Der Entwurf darf nach Art. 9 Abs. 1 Richtlinie 98/34/EG nicht vor Ablauf von drei Monaten nach Eingang der Mitteilung bei der Kommission angenommen werden. Ein Verstoß gegen die Notifikationspflicht führt zur Unanwendbarkeit der jeweiligen technischen Vorschrift (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince - NVwZ 2016, 369 <372>). Anders als der Glücksspielstaatsvertrag sind die Entwürfe des Spielhallengesetzes, des Mindestabstandumsetzungsgesetzes und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin nicht an die Europäische Kommission übermittelt worden.

87

Die hier angegriffenen Vorschriften dieser Gesetze unterlagen nicht der Informationspflicht aus Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/34/EG, da sie keine "technischen Vorschriften" im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 1 der Richtlinie darstellen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sie unter den vier Kategorien von Maßnahmen, die der Begriff "technische Vorschrift“ umfasst (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 [ECLI:EU:C:2016:771], Naczelnik - Rn. 18 m.w.N.), allenfalls den "sonstigen Vorschriften" im Sinne von Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG zuzuordnen wären. Der Europäische Gerichtshof sieht nationale Vorschriften, die bestimmte Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses nach seinem Inverkehrbringen einschränken, nur dann als notifizierungspflichtige "sonstige Vorschriften" nach Art. 1 Nr. 4 der Richtlinie 98/34/EG an, wenn sie auf das Erzeugnis selbst bezogen sind und dessen Zusammensetzung, Art oder Vermarktung wesentlich beeinflussen können (EuGH, Urteile vom 21. April 2005 - C-267/03 [ECLI:EU:C:2005:246], Lindberg - Rn. 62 ff., 95; vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. [ECLI:EU:C:2012:495], Fortuna - NVwZ-RR 2012, 717 <718 Rn. 35 ff.> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 20 ff., 29). Ob die Größe des Marktes für das Erzeugnis durch diesem nicht selbst anhaftende Anforderungen beeinflusst wird, ist dagegen für die Notifizierungspflicht unerheblich (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Die Verwendungsbeschränkung muss sich demnach auf jedes Exemplar des betreffenden Erzeugnisses beziehen und ihm dadurch kraft seiner Beschaffenheit im weiteren Lebenszyklus anhaften. Dies wird auch daran deutlich, dass eine nationale Verwendungsbeschränkung nur dann als "sonstige Vorschrift" mitteilungspflichtig ist, wenn sie die Nutzungskanäle für das betreffende Erzeugnis verringert (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 <345> und vom 13. Oktober 2016 - C-303/15 - Rn. 26). Das ist der Fall, wenn in einem bestimmten Nutzungskanal kein Exemplar des betreffenden Erzeugnisses mehr verwendet werden darf. Dies traf auf die mitgliedstaatlichen Verbote der Verwendung von Spielautomaten außerhalb von Spielcasinos, die der Europäische Gerichtshof als notifizierungspflichtig angesehen hat, zu (vgl. EuGH, Urteile vom 11. Juni 2015 - C-98/14 - ZfWG 2015, 336 Rn. 99 und vom 19. Juli 2012 - C-213/11 u.a. - NVwZ-RR 2012, 717 ). Eine geplante nationale Regelung ist dagegen nicht nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie mitteilungspflichtig, wenn sie den potenziellen Einsatzbereich eines Erzeugnisses lediglich bestimmten Bedingungen unterwirft und ihn damit in einer Weise beschränkt, die nicht für jedes einzelne Exemplar zum Tragen kommt.

88

Weder die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und sonstigen Einrichtungen noch die Verringerung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen oder sonstige der hier streitgegenständlichen Anforderungen an die Erlaubnis und den Betrieb von Spielhallen haften dem Erzeugnis der Spielautomaten als solches an und verringern ihre Nutzungskanäle. Sie führen vielmehr zu einer stärkeren Spreizung zulässiger Spielhallenstandorte im Berliner Stadtgebiet und zu einer verringerten Dichte an Geldspielgeräten innerhalb dieser Spielstätten. Anders als eine Beschränkung des Einsatzes von Glücksspielautomaten außerhalb einer definierten Kategorie stationärer Spielstätten haften sie nicht jedem Exemplar dieser Automaten an, sondern verringern die Größe des Marktes für Spielautomaten und möglicherweise auch deren Wert, was indes für die Frage der Notifizierungspflicht irrelevant ist (EuGH, Urteil vom 21. April 2005 - C-267/03 - Rn. 95). Auch nach vollständiger Umsetzung der angegriffenen Regelungen im Land Berlin bleibt die Verwendung von Spielgeräten in Spielhallen zulässig, selbst wenn einige Betreiber zur Wahl eines anderen Standortes veranlasst werden und in einer Spielhalle nur eine geringere Zahl von Geräten aufgestellt werden darf.

89

4. Den Beweisanträgen der Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung (Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 16. Dezember 2016) war nicht nachzugehen, weil das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Tatsachengerichts gebunden ist. Eine eigene Tatsachenermittlung ist ihm auch dann verwehrt, wenn der revisionsgerichtlichen Bewertung Rechtsvorschriften zugrunde zu legen sind, die erst nach der letzten tatrichterlichen Entscheidung erlassen worden sind. Sofern sich die tatrichterlichen Feststellungen bei Anwendung solcher nachträglich ergangener, in das Revisionsverfahren einzubeziehender Rechtsvorschriften als unzureichend erwiesen, was vorliegend nicht der Fall ist, wäre der Rechtsstreit nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Tatsachengericht zurückzuverweisen (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 44, 59; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 147).

90

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 161 Abs. 1 und 2 VwGO. Die Kosten hinsichtlich des von den Beteiligten in der Hauptsache für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits waren nach billigem Ermessen der Klägerin aufzuerlegen, da ihre Revision auch insoweit keinen Erfolg gehabt hätte.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

2

Spätestens seit November 2009 veranstaltete bzw. vermittelte sie auf mehreren Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus aufrufbar waren, Sportwetten, Poker- und Casinospiele. Mit Bescheid vom 21. Januar 2010 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der damaligen Fassung (GlüStV 2008) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Nr. 2). Außerdem drohte das Regierungspräsidium ein Zwangsgeld an (Nr. 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr für den Bescheid fest (Nr. 4). Die Klägerin veranstalte bzw. vermittle auf den Internetseiten A., B., C. öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen und betreibe Werbung hierfür. Die für Baden-Württemberg erforderliche Erlaubnis besitze sie nicht. Eine solche könne ihr auch nicht erteilt werden. Außerdem wurde ausgeführt, die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache zuvor im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Berufungsurteils aufgehoben. Die Untersagungsverfügung genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Sie erfasse jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben werde, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei. Sie stelle keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung dar, sondern gebe lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wieder und überschreite damit eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit. Die Verfügung wäre auch dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie sich nur auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele bezöge. Auch die generalisierende Nennung von Glücksspielarten in der Begründung des Bescheides bestimme die Reichweite ihres Regelungsgehalts nicht hinreichend. Die Untersagungsverfügung sei außerdem ermessensfehlerhaft ergangen. Dabei könne offenbleiben, ob das Entschließungsermessen auf Null reduziert sei. Im Lichte von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG dürfe die zuständige Behörde in gleichgelagerten Fällen nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspiel vorgegangen werde (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

4

Im Revisionsverfahren hat der Beklagte erklärt, der Bescheid vom 21. Januar 2010 beziehe sich lediglich auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit der Bescheid zunächst auch andere, nicht ausdrücklich benannte Glücksspielarten erfasst hat. Außerdem haben die Beteiligten bezüglich des Untersagungszeitraums zwischen dem Ergehen des Berufungsurteils und dem 25. Oktober 2017 - dem Tag der Revisionsverhandlung - übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben.

5

Zur Begründung seiner Revision führt der Beklagte aus, der angegriffene Bescheid sei jedenfalls in seinem zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang, der durch eine Bezugnahme auf die von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten beschrieben werde, hinreichend bestimmt. Soweit die Klägerin Pokervarianten anbieten sollte, die als Geschicklichkeitsspiel einzustufen seien, seien diese nicht von der Untersagung erfasst. Die Glücksspielaufsicht sei zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet gewesen, weil das von dieser veranstaltete Online-Glücksspiel wegen Verstoßes gegen das Internetverbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008, jetzt GlüStV 2012) materiell nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Vor dem Einschreiten gegen einzelne illegale Anbieter müsse kein Vollzugskonzept entworfen werden. Es liege wegen des großen Angebots an illegalem Glücksspiel im Internet in der Natur der Sache, dass nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten der Behörde bekanntgewordene Fälle aufgegriffen und abgearbeitet würden. Das Internetverbot stehe auch mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV im Einklang. Wegen der spezifischen Gefahren des Anbietens von Spielen über das Internet sei es zur Bekämpfung der Spielsucht und zur Gewährleistung des Jugendschutzes erforderlich und angemessen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. September 2015 zu ändern, soweit es den Untersagungszeitraum ab dem 26. Oktober 2017 betrifft, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 insoweit zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

8

Sie hat erklärt, derzeit keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anzubieten. Sie verteidigt das Berufungsurteil dennoch weiterhin und führt ergänzend aus, die Untersagung habe durch eine Auflistung der untersagten Glücksspiele im Einzelnen konkretisiert werden können und müssen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Spiel als Glücksspiel einzustufen sei, dürfe nicht in ein etwaiges Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der Senat sei an die im Berufungsurteil getroffene Feststellung gebunden, dass der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen habe vorweisen können.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er trägt ergänzend vor, die Klägerin und der Beklagte seien aufgrund ihrer Sachkenntnis in der Lage, zu beurteilen, ob die von der Klägerin im Internet angebotenen oder vermittelten Sportwetten, Online-Poker- und -Casinospiele als Glücksspiel einzustufen sind. Das Willkürverbot verpflichtet den Beklagten nicht, auf der Grundlage eines landesweiten Handlungskonzepts flächendeckend und gleichzeitig gegen die Anbieter unerlaubten Glücksspiels im Internet vorzugehen.

Entscheidungsgründe

10

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben; insoweit sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Insoweit beruht das angegriffene Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Die Anfechtungsklage ist weiterhin zulässig. Die Untersagungsverfügung vom 21. Januar 2010 hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anbietet. Bei einer Änderung der Sachlage entfällt die Regelungswirkung eines Verwaltungsakts nicht automatisch. Ein Verwaltungsakt verliert seine Rechtswirkungen erst dann, wenn er aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden ist. Bei in die Zukunft gerichteten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen setzt dies voraus, dass das untersagte Verhalten endgültig aufgegeben wurde oder nicht mehr aufgenommen werden kann (BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 16 und - 8 C 47.12 - juris Rn. 15 f.). Das ist hier nicht der Fall. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin ihr eigenes Glücksspielangebot überhaupt aufgegeben hat. Im Impressum der in der Untersagungsverfügung genannten Webseiten wird nunmehr angegeben, "[u]nsere Dienstleistungen in den Mitgliedsländern des europäischen Binnenmarktes (ausgenommen Länder, in denen unsere Dienstleistungen unter einer lokalen Lizenz zur Verfügung gestellt werden) werden von V. Limited, einem Unternehmen mit Sitz in G. durchgeführt, das zur Europäischen Union gehört". Hiernach sind es weiterhin die Dienstleistungen der Klägerin, die von der V. Limited durchgeführt werden. Dementsprechend wird das im Impressum einleitend aufgeführte "Copyright" der Klägerin zugeschrieben und sie als Inhaberin einer Glücksspiellizenz nach dem Recht von G. bezeichnet, die sie sich - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erläutert hat - mit der V. teilt. Jedenfalls verbietet die Untersagungsverfügung der Klägerin vorliegend auch eine Wiederaufnahme ihres Glücksspielangebots, sodass die Untersagung jedenfalls deshalb weiterhin eine Beschwer begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 S. 27). Dass die Klägerin die untersagten Tätigkeiten dauerhaft und endgültig aufgegeben hätte oder diese nicht wieder aufnehmen könnte, hat sie nicht substantiiert dargelegt.

12

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angegriffenen Bescheid, soweit er noch Streitgegenstand ist, zu Unrecht für unbestimmt gehalten und damit § 37 Abs. 1 VwVfG BW, der seinem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 VwVfG entspricht und daher revisibel ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), verletzt.

13

Nach § 37 Abs. 1 VwVfG BW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1975 - 6 C 163.73 - BVerwGE 48, 279 <281 f.>) kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Ob der Bescheid in solch einem Fall auch nichtig ist, regelt § 44 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 <149>).

14

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 <89> m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <284>).

15

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des angegriffenen Bescheides. Sie betreffen ausschließlich die in dessen Begründung bezeichneten, von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten der Online-Sportwetten, des Online-Poker und der Online-Casinospiele, nicht jedoch die darüber hinausgehende, von den Teilerledigungserklärungen umfasste Erstreckung der Verfügung auf jegliches von Baden-Württemberg aus abrufbare öffentliche Glücksspiel im Internet.

16

Der Gegenstand der verbliebenen, noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des Bescheides wird durch die Benennung der Glücksspielarten (Online-Sportwetten, Online-Poker sowie Online-Casinospiele) bezeichnet und durch die Aufzählung der Internetseiten mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin in der Begründung des Bescheides konkretisiert. Dadurch wird die sachkundige Klägerin in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche konkreten Glücksspiele unter die Verbotsverfügung im noch verfahrensgegenständlichen Umfang fallen. Die Bezeichnung der Glücksspielarten knüpft jeweils an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Sportwetten und -Poker) oder an die Zugehörigkeit zu denjenigen Glücksspielen an, die üblicherweise in Spielbanken angeboten werden (Casino-Spiele). Zu diesen zählt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem sogenannten Großen Spiel (wie etwa Roulette und Baccara) auch das als Kleines Spiel bezeichnete Automatenspiel (etwa an Slot-Machines). Für die Klägerin als sachkundige Anbieterin ist damit klargestellt, dass die Verbotsverfügung neben den Online-Sportwetten, dem Online-Poker und den Online-Varianten des Großen Spiels auch Online-Varianten des sogenannten Kleinen Spiels erfasst. Etwa verbleibende Unsicherheiten bei der Zuordnung eines Spiels oder künftig geplanten Spielangebots - etwa hinsichtlich der Eingrenzung der von der Untersagungsverfügung erfassten dem Glücksspiel zugeordneten Pokerformen - räumt die beispielhafte Konkretisierung der untersagten Spielangebote durch die Aufzählung der Internetseiten aus, deren Angebote - für die Klägerin erkennbar - Anlass des Einschreitens des Beklagten waren. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin möglicherweise zukünftig angebotenen Spielen um Sportwetten, Poker oder Casinospiele handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedurfte es daher nicht.

17

Ein höheres Maß an Bestimmtheit ist nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GBl. BW 2012, 385, 388) - bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen gegenüber Dritten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. Financial Blocking), geboten. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber diesen Dritten, die losgelöst von der Untersagungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt sein müssen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2016 - 11 ME 61/16 - GewArch 2016, 425 <426>). Verfügungen, mit denen Dritten Zahlungseinschränkungen auferlegt werden, um unerlaubte Glücksspielaktivitäten zu unterbinden, stellen keine Vollstreckung aus einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung dar, sondern unabhängige Instrumente der Glücksspielaufsicht, die an "unerlaubtes" und nicht an untersagtes Glücksspiel anknüpfen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB. Die Frage nach einer etwaigen Strafbarkeit stellt sich unabhängig von der Vollstreckung einer Untersagungsverfügung. Insofern muss das Strafgesetz seinerseits hinreichend bestimmt sein.

18

Die Untersagungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG BW schließlich auch, soweit mit ihr das "Unterstützen" der Veranstaltung oder Vermittlung von bzw. Werbung für Online-Sportwetten, Online-Poker oder Online-Casinospiele untersagt wird. Was "Unterstützen" im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar weder gesetzlich festgelegt noch durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt (vgl. aber z.B. zum Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 28 ff.). Aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde wird aber unzweifelhaft deutlich, dass sämtliche Beiträge unterbunden werden sollen, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, der Klägerin selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa durch Zurverfügungstellen einer Domain oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung von solchen Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte.

19

3. Auch die weitere selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, verletzt Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermessensverstoß mit der Begründung bejaht, selbst bei einer Reduzierung des Entschließungsermessens auf Null habe der Beklagte gegen die Klägerin nur aufgrund eines im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG tragfähigen Eingriffskonzepts einschreiten dürfen. Das Erfordernis eines vorherigen Eingriffskonzepts auch bei einer Verpflichtung zum Einschreiten im konkreten Fall ist jedoch weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 12 Abs. 1 GG zu entnehmen.

20

a) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hängt die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung eines zeitlich gestaffelten Vorgehens in Fällen der Ermessensreduzierung auf Null nach Art. 3 Abs. 1 GG nur vom Vorliegen zureichender sachlicher Gründe für etwaige Differenzierungen und nicht zusätzlich davon ab, dass die Behörde vor dem ersten Zugriff ein Eingriffskonzept erstellt hat und auf dessen Grundlage vorgegangen ist. Zwar bindet ein etwa erstelltes Konzept die Behörde als antizipierte Verwaltungspraxis gleichheitsrechtlich ebenso wie eine bereits bestehende Praxis. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht, vor dem gesetzlich gebotenen Zugriff ein behördliches Eingriffskonzept zu erstellen.

21

Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 - 8 C 36.12 - NVwZ 2014, 1583 m.w.N.).

22

Anders verhält es sich, wenn die Behörde, wie hier vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt, zum Einschreiten verpflichtet ist. Bei einer Ermessensreduzierung auf Null hat die Behörde keine Handlungsalternativen mehr, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.

23

Entscheidet eine Behörde sich, den Einsatz ihrer begrenzten Ressourcen, die kein gleichzeitiges Einschreiten gegen alle Störungen ermöglichen, an einem Plan auszurichten, muss sie sich, um Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu verletzen, an ihn halten. Fehlt es an einem Plan, so genügt es, dass sich ein Einschreiten der Behörde nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (vgl. zu Bauordnungsverfügungen: BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 - juris Rn. 5). Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten.

24

Die Forderung des Berufungsgerichts, die zeitliche Reihenfolge des Vorgehens gegen Anbieter von Internetglücksspielen an deren Marktpräsenz, Umsätzen oder Gewinn auszurichten, überspannt diese Anforderungen deutlich. Seine für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen Plan für sein Einschreiten verlassen hätte oder gar willkürlich vorgegangen wäre.

25

b) Das Aufstellen eines Zeitplans für das ordnungsbehördliche Einschreiten ist vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des Konkurrenzschutzes durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Wird ein Konkurrent erst später als die Klägerin mit einer Untersagungsverfügung überzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür auch ihm gegenüber schon zum Zeitpunkt des Einschreitens gegen die Klägerin vorlagen, mag er zwar daraus einen faktischen Wettbewerbsvorteil ziehen können. Daraus folgt jedoch kein Recht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die eigene Tätigkeit bis zum Einschreiten - auch - gegen den Konkurrenten fortsetzen zu dürfen. Die Berufsfreiheit schützt nämlich keine Tätigkeiten, die der Gesetzgeber grundrechtskonform als unerlaubt eingestuft hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 <397>). Sie vermittelt keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit dem Internetverbot bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <6>).

26

4. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruht mangels tragfähiger Alternativbegründung auf der dargestellten Verletzung revisiblen Rechts und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen der Untersagungsverfügung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in deren Rechten.

27

a) Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 1 und 2 der angegriffenen Verfügung vom 21. Januar 2010, soweit diese den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit dem 26. Oktober 2017 betreffen, sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der derzeit geltenden Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2012 - i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 2 des Landesglücksspielgesetzes BW - LGlüG. Die genannten Vorschriften ermächtigen die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden. Die Behörden dürfen insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und Werbung hierfür untersagen. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG legt auf der Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV 2012 weitergehend fest, dass die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür untersagt werden sollen.

28

Die Voraussetzungen für eine Untersagung sind hiernach erfüllt. Die Klägerin bedarf für die von ihr im Internet veranstalteten Poker- und Casinospiele einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GlüStV 2012), die sie nicht hat und die ihr auch nicht erteilt werden kann. Das Veranstalten und Vermitteln dieser öffentlichen Glücksspiele im Internet und die Werbung hierfür sind ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV 2012; dazu sogleich unter b).

29

Die von der Klägerin im Internet veranstalteten Sportwetten stehen ebenfalls unter Erlaubnisvorbehalt. Insoweit hätte die Klägerin zwar möglicherweise nach § 10a Abs. 1 und 2, 4 GlüStV 2012 eine Erlaubnis erhalten können. Sie hat eine solche aber noch nicht einmal beantragt (dazu unter c). Das Regierungspräsidium war auch zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet. Wird die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift gesteuert, hat die zuständige Behörde grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318 <323>). Solche Umstände waren hier auch hinsichtlich der von der Klägerin veranstalteten Sportwetten nicht gegeben. Eine formell illegale, aber unter Erlaubnisvorbehalt stehende Tätigkeit ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann zu dulden, wenn sie offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar, die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt, sodass die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <322> und Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 B 36.14 - ZfWG 2015, 227). Wenn der betroffene Glücksspielanbieter - wie hier - weder einen Erlaubnisantrag gestellt noch unabhängig davon aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ohne weitere Prüfung erkennbar, dass dessen Angebot zu erlauben wäre. Da das Ermessen nach den landesrechtlichen Vorgaben grundsätzlich zum Einschreiten intendiert ist, bedurfte es insoweit keiner besonderen Ermessenserwägungen des Beklagten.

30

b) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf die Untersagung des Online-Poker- und Online-Casinospielangebots zielt, kann der Klägerin das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

31

aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

32

Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).

33

Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc).

34

bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden.

35

Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

36

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

37

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.

38

cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.

39

Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

40

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

41

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

42

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

43

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.

44

c) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf das Online-Sportwettenangebot der Klägerin zielt, kann ihr das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis entgegengehalten werden. Sie hat nach eigenem Bekunden nicht an dem Sportwettenkonzessionsverfahren teilgenommen, obwohl ihr eine Antragstellung rechtlich und faktisch möglich gewesen wäre.

45

Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens für Sportwetten in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist insbesondere unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 f. AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmungen, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - C-203/08 [ECLI:EU:C:2010:307], Sporting Exchange - Rn. 50, vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 87 und vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <321> und vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 54). Diesen Anforderungen tragen die an die EU-Kommission notifizierten Regelungen über die Erteilung einer Sportwettenkonzession in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012, insbesondere durch das in § 4b GlüStV 2012 geregelte Verfahren, Rechnung. § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 gibt vor, dass die Konzessionen nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt werden. Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV 2012). Durch die in § 4b Abs. 5 GlüStV 2012 genannten und in § 4b Abs. 2 GlüStV 2012 konkretisierten Auswahlkriterien wird das Ermessen der Auswahlbehörde hinreichend begrenzt. Es werden detailliert die Unterlagen aufgeführt, welche die Grundlage der Auswahlentscheidung bilden müssen. Ob das Konzessionsverfahren tatsächlich nach diesen gesetzlichen Kriterien abläuft und ob eine auf dieser Grundlage erteilte oder abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann jeder Bewerber gerichtlich überprüfen lassen. Dabei kann er zur effektiven Durchsetzung seiner Rechte auch um Eilrechtsschutz nachsuchen.

46

Hat es die Klägerin trotz dieser ausreichenden rechtlichen Rahmenbedingungen unterlassen, einen Antrag auf Erteilung einer Sportwettenkonzession zu stellen, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre, kann sie sich nicht darauf berufen, dass das gesetzlich ausreichend geregelte Konzessionsverfahren in seiner praktischen Umsetzung gegenüber denjenigen, die einen Antrag gestellt haben, rechtsfehlerhaft durchgeführt worden wäre. Sie kann folglich nicht geltend machen, dass das zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport in seinem Verwaltungsverfahren zur Vergabe der 20 Sportwettenkonzessionen nach ihrer Auffassung normative Vorgaben nicht beachtet oder diese nicht in angemessener Zeit umgesetzt habe. Denn diese rechtlichen Fragen betreffen eine etwaige Verletzung eines Bewerberverfahrensanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG, die nur derjenige geltend machen kann, der überhaupt zum Kreis der Bewerber gehört. Überdies berühren solche Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Erlaubnisverfahrens allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, die am Maßstab der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und des Verfassungs- und Unionsrechts selbständig überprüfbar wäre. Eine solche in einem Konzessionsverfahren gegenüber der Klägerin ergangene Entscheidung steht aber vorliegend im Verfahren zur Anfechtung einer Untersagungsverfügung nicht zur Prüfung.

47

Abweichendes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach einem Wirtschaftsteilnehmer nicht vorgeworfen werden kann, auf eine Bewerbung um eine Konzession angesichts fehlender Rechtssicherheit verzichtet zu haben (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-72/10 und C-77/10 [ECLI:EU:C:2012:80], Costa und Cifone -). Sie betrifft den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Wirtschaftsteilnehmer von einer früheren Konzessionsausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen worden war und sich deshalb bei einer späteren, erneuten Ausschreibung nicht nochmals um die Erteilung einer Konzession bemühte. Soweit der Europäische Gerichtshof des Weiteren entschieden hat, dass die Anwendung der fraglichen Vorschriften gegenüber allen Bietern transparent sein müsse (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2017 - C-49/16 [ECLI:EU:C:2017:491], Unibet -), betraf dies nationale Vorschriften, die dem Wirtschaftsminister die Auswahl zwischen einem transparenten und einem intransparenten Verfahren überließen, und nicht solche Normen, die - wie hier - ausschließlich die Durchführung eines transparenten Verfahrens vorsehen. Dass § 10a Abs. 3 GlüStV 2012 die Anzahl der höchstens zu erteilenden Konzessionen auf 20 begrenzt, berührt nicht die Transparenz des Auswahlverfahrens und ist angesichts der hierfür genannten tragfähigen Gründe (vgl. amtl. Erl. S. 11 = LT-Drs. BW 15/1570 S. 58) auch nicht willkürlich.

48

d) Ist das nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 vorgesehene teilweise Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar, gilt Entsprechendes für das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012), von dem Ausnahmen lediglich für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten möglich sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2012). Mit der Nutzung des Internets als Werbemedium ist eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <18>). Soweit das Spielangebot im Internet zugelassen wird, entspricht es der angestrebten Kanalisierungswirkung, es dort auch bewerben zu dürfen (vgl. amtl. Erl. S. 29 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 76). Dem Ziel der Suchtprävention wird durch die nach § 5 Abs. 1, 2 und 4 GlüStV 2012 geltenden Werberestriktionen Rechnung getragen.

49

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 21 Januar 2010, die auf §§ 20, 18, 19 und 23 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg beruht, und die in Ziffer 4 des Bescheides auf der Grundlage von §§ 1, 4, 7 und 12 Abs. 4 des Landesgebührengesetzes gestützte Gebührenfestsetzung sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Revision des Beklagten erfolgreich war, sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen. Der Beklagte trägt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO jedoch die Kosten des hinsichtlich weiterer unbenannter Glücksspielarten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits, weil die Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung insoweit voraussichtlich obsiegt hätte. Die Untersagungsverfügung war, soweit sie über die von der Klägerin konkret angeboten Glücksspielarten hinaus das Veranstalten, Vermitteln, hierfür Werben und Unterstützen jeglichen Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV 2012 auf Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus erreichbar sind, untersagte, nicht hinreichend bestimmt. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 GlüStV 2012, auf den die Verfügung in ihrem Untersagungstenor Bezug nahm, war auch für den fachkundigen Adressaten nicht so eindeutig, dass dieser unzweifelhaft erkennen konnte, welche Verhaltensweisen für ihn noch erlaubt und welche schon verboten waren. Den insoweit möglicherweise drohenden Streit konnte der Beklagte nicht durch Verwendung des Gesetzeswortlautes im Tenor seines Bescheides in das Vollstreckungsverfahren verlagern. Entsprechend bestimmt sich die Kostenlast bezüglich des von den Teilerledigungserklärungen umfassten Untersagungszeitraums bis zur Revisionsverhandlung. Es entspricht billigem Ermessen, den Umfang des voraussichtlichen Unterliegens des Beklagten mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen und eine dementsprechende quotale Kostentragung anzusetzen.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 06. April 2016 - 5 K 650/16 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.01.2016, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“, ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen, ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen (Ziff. 1) und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben.
Das Verwaltungsgericht, das auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV (in der Fassung des Art. 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GBl. 2012, S. 385 ff.) gestützte Untersagungsverfügung voraussichtlich rechtmäßig sei, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, an dessen Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Unionsrecht keine Zweifel bestünden, Sportwetten in einer Gaststätte vermittele, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und überdies Geldspielgeräte aufgestellt seien. Auf die Frage, ob die Untersagung mit dem bloßen Fehlen einer Erlaubnis begründet werden könne und wie im Hinblick auf die ausstehende Konzessionsvergabe zu verfahren sei, komme es nicht an, da das Regierungspräsidium die Untersagung gerade nicht hierauf gestützt habe.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers ohne Erfolg.
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung aller Voraussicht nach rechtmäßig ist. Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben hat, kann eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung darauf gestützt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten, für die eine Erlaubnis nicht vorliegt, nicht erlaubnisfähig ist, weil sie in einer Gaststätte erfolgt, in der - wie im Fall des Antragstellers - alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. grundlegend den Beschluss des Senats vom 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640). Das Trennungsgebot als materiell-rechtliche Voraussetzung der Sportwettvermittlung findet seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG. Diese Vorschrift beruht in ihrer derzeitigen Fassung vom 01.12.2015 (GBl. S. 1033) auf der genannten Rechtsprechung des Senats zu der bis zum 04.12.2015 geltenden Vorgängernorm § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG. Zu dieser hat der Senat im Einzelnen dargelegt, dass das Trennungsgebot bei verfassungs- und unionsrechtskonformer Auslegung sowohl mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG als auch mit Art. 56 AEUV sowie sonstigem Unionsrecht vereinbar ist (vgl. den Beschluss des Senats vom 22.04.2014, a.a.O.). Hieran hält der Senat auch in Bezug auf den nunmehr geltenden § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, mit dem der Gesetzgeber der zuvor notwendigen verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass das Trennungsgebot nur für Gaststätten gilt, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Rechnung getragen hat (vgl. LT-Drucks. 15/7443, S. 15), fest.
Die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. Soweit er insbesondere geltend macht, es bestehe nach wie vor keine Möglichkeit, eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten zu erhalten, ist ihm entgegenzuhalten, dass - worauf bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - die streitgegenständliche Verfügung gerade nicht auf die formelle Illegalität wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis gestützt ist. So heißt es darin ausdrücklich, dass unerheblich sei, ob es sich „um erlaubte oder unerlaubte Sportwetten“ handele (II. 3. Absatz der Verfügung), und dass die Verfügung für die genannte Örtlichkeit nur solange gelte, als dort eine Gaststätte mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten betrieben werde (II. letzter Absatz der Verfügung). Der Untersagungstatbestand wird damit allein mit dem Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG begründet. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Wettvermittlungsstelle im Übrigen erlaubnisfähig ist oder nicht, und müsste auch bei einer Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV, § 20 Abs. 1 Satz 1 LGlüG an den Antragsteller von ihm beachtet werden. Einer Durchsetzung des Trennungsgebots des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG im Wege der Untersagungsverfügung steht, entgegen der Ansicht des Antragstellers, daher auch nicht entgegen, dass dessen Einhaltung dem Wortlaut nach als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle normiert ist. Mit § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG hat der Gesetzgeber auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV materiell-rechtliche Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten aufgestellt, die unabhängig von einem Erlaubnisverfahren Geltung beanspruchen und auch im Lichte der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht zu beanstanden sind. Anders als der Antragsteller meint, folgt aus einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit der Erlaubnispflichtigkeit in ihrer derzeitigen Gestalt nicht gleichsam die Unionsrechtswidrigkeit weiterer materiell-rechtlicher Anforderungen, die - wie das Trennungsgebot - unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettvermittlung gestellt werden.
Auch unter Heranziehung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 04.02.2016 in der Rechtssache Ince (- C-336/14 -, NVwZ 2016, 369) ergibt sich, entgegen der Ansicht des Antragstellers, kein anderes Ergebnis. Die Entscheidung erging im Rahmen von Strafverfahren, in denen Frau Ince zur Last gelegt wurde, Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis vermittelt zu haben. Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörden daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Wettvermittlung zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatliches Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht. Die in dem Urteil getroffenen Aussagen stellen damit zwar die Unionsrechtmäßigkeit der Erlaubnispflichtigkeit der Sportwettvermittlung in seiner derzeitigen Durchführung in Frage, berühren jedoch das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG nicht. Die Untersagungsverfügung ist vorliegend allein darauf gestützt, dass die Art und Weise der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen sowie losgelöst von ihrer Erlaubnispflichtigkeit materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu trifft das genannte Urteil in der Rechtssache Ince keine Aussage.
Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2016 (- 8 C 5.15 -, ZfWG 2016, 433) sowie auf die jüngere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschlüsse vom 09.06.2016 - 4 B 860/15 -, NWVBl 2016, 459 und - 4 B 1437/15 -, ZfWG 2016, 371) verhilft seiner Argumentation ebenso wenig zum Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 15.06.2016 (a.a.O.) der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince (a.a.O.), die einen strafrechtlichen Hintergrund hatte, angeschlossen und festgestellt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis auch keine verwaltungsrechtliche Untersagung der Wettvermittlung begründen kann, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettvermittlung nicht auf die materiell-rechtliche Unzulässigkeit der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen gestützt werden kann, ist hingegen auch diesem Urteil nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die vom Antragsteller in Bezug genommenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Im Gegenteil geht das Oberverwaltungsgericht darin sogar ausdrücklich von der Zulässigkeit einer Untersagungsverfügung aus monopolunabhängigen Gründen aus. Dass es sich bei dem Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG um eine monopolbezogene Anforderung an die Sportwettvermittlung handelte, ist nicht ersichtlich (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2016 - 4 B 177/16 -, ZfWG 2016, 462 zu einem vergleichbaren Trennungsgebot; vgl. zudem OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.12.2016 - 11 ME 219/16 -, GewArch 2017, 80) und wurde auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargetan. Auch dem von ihm zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 06.05.2015 (- 10 Cs 14.2669 -, juris) kann der Senat den vom Antragsteller gewünschten Gehalt nicht entnehmen. Ihm lag eine in entscheidenden Punkten von der Situation des Antragstellers abweichende Fallgestaltung zugrunde.
Die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung folgt, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus einem strukturellen Vollzugsdefizit in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass konsequent gegen ihm bekanntwerdende Wettvermittlungsstellen vorgegangen werde, die die materiell-rechtlichen monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlungstätigkeit aus § 20 Abs. 1 Satz 2 LGlüG nicht erfüllen. Dies entspricht in tatsächlicher Hinsicht auch der Beobachtung des Senats und wurde vom Antragsteller insoweit nicht substantiiert in Frage gestellt. In rechtlicher Hinsicht beruht diese Differenzierung im Vollzug auf sachlichen Gründen und ist daher nicht zu beanstanden.
Schließlich kann der Senat auch dem Vortrag des Antragstellers, es fehle bereits die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass der vorliegenden Untersagungsverfügung, nicht folgen. Aus der bundesweiten Zuständigkeit des Landes Hessen für die Konzessionsvergabe an Veranstalter von Sportwetten folgt nicht zugleich die Unzuständigkeit der nach Landesrecht zuständigen Behörden für die Untersagung der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten wegen des Verstoßes gegen materiell-rechtliche Anforderungen. Bei dem Trennungsgebot nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG handelt es sich überdies um eine auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV aufgestellte weitergehende Anforderung nach Landesrecht, deren Durchsetzung den baden-württembergischen Behörden obliegt. Dass der hessischen Konzessionsbehörde - wie der Antragsteller meint - nach § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV eine umfassende Zuständigkeit zur Glücksspielaufsicht für das gesamte Bundesgebiet zukäme, kann der Senat nicht erkennen.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 1808/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 19.3.2015 durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 7.7.2015 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auf 7.500,00 EUR festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 1.12.2015 wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 9 K 5401/15 (VG Köln) gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3.9.2015 wird hinsichtlich der Ziffern 1 bis 3 angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Beklagten vom 2. März 2016 wird angeordnet, soweit die Antragsgegnerin in Nr. 1 des Bescheides die Vermittlung von

- (Live-)Wetten Über/Unter

- (Live-)Handicap-Wetten

- Wetten auf die ersten zehn Minuten

und in Nr. 2 des Bescheids die Werbung für diese Wetten untersagt hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II.

Von dem Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Antragstellerin und die Antragsgegnerin jeweils die Hälfte.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 10. März 2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 weiter. Mit diesem Bescheid untersagte ihr die Antragsgegnerin die Vermittlung von bestimmten Sportwetten in den Räumen des Anwesens A.-Straße 3 in A. Die Antragstellerin betreibt seit 1. Dezember 2014 in der genannten Betriebsstätte die Vermittlung von Wetten.

Während einer Betriebskontrolle am 14. November 2015 stellte die Antragsgegnerin fest, dass die Antragstellerin dort auch Wetten vermittelt, die nach Auffassung der Antragsgegnerin nach § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV unzulässig sind.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Vermittlung von Sportwetten als Ereignis- und Livewetten. Von der Untersagung ausgenommen sind Ergebniswetten und Liveendergebniswetten. Als Wetten, die von der Untersagungsverfügung umfasst sind, führte die Antragsgegnerin (Live-)Wetten auf Ereignisse, Livewetten auf Halbzeitergebnisse, Satzgewinne, Livewetten auf die Restzeit, Konferenzwetten als Livewetten, (Live-)Wetten Über-/Unter, (Live-)Handicapwetten, (Live-)Wetten auf die ersten zehn Minuten, (Live-) Wetten Goal/No Goal und (Live-)Wetten Fantasy Fußballspiele auf (Nr. 1). In Nr. 2 des Bescheids untersagte sie die Werbung für diese Wetten. Für den Bescheid wurden Gebühren in Höhe von 3.000,-- Euro festgesetzt (Nr. 5). Zur Begründung wurde ausgeführt, die Handicapwette sei unzulässig, da hier nicht der tatsächliche Ausgang des Sportereignisses für den Gewinnentscheid herangezogen werde, sondern ein durch das Handicap verändertes Spielergebnis. Bei der Wette auf das erste/nächste Tor handle es sich um eine sog. Ereigniswette. Bei der Über-/Unterwette spiele Sieg oder Niederlage überhaupt keine Rolle. Bei Wetten auf Fantasy Fußballspiele würden fiktive Spielpaarungen angesetzt. Die Wette auf die Restzeit sei unzulässig, da die Restzeit in einem Fußballspiel keinen Abschnitt dieses Sportereignisses im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV darstelle. Bei den unzulässigen Wetten handle es sich um unerlaubtes Glücksspiel, so dass hierfür auch die Werbung gemäß § 5 Abs. 5 GlüStV verboten sei. Die Anordnungen seien verhältnismäßig und entsprächen pflichtgemäßer Ermessensausübung. Die Erteilung einer Erlaubnis komme nicht in Betracht, da eine Erlaubnis nicht für das Vermitteln von nach dem Glücksspielstaatsvertrag verbotenen Glücksspielen erteilt werden könne. Darüber hinaus sei von einer kompletten Untersagung der Vermittlung von Sportwetten Abstand genommen worden. Die Antragstellerin dürfe in ihrer Betriebsstätte weiterhin grundsätzlich erlaubnisfähige Wetten vermitteln. Der Betrieb werde daher bis zum endgültigen Abschluss des Konzessionsverfahrens geduldet. Das im Glücksspielstaatsvertrag zum Ausdruck kommende öffentliche Interesse, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht und die damit verbundenen Gesundheitsgefahren zu verhindern, das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt würden, wiege schwerer als das Interesse der Antragstellerin, die untersagten Spiele anbieten und vermitteln zu dürfen. Bestehende Zweifel, ob die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen für die vermittelten Spiele vorlägen, gingen zulasten der Antragstellerin. Das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-336/14 - Ince habe im vorliegenden Fall keinen Einfluss auf die Untersagungsanordnung. Auch wenn die staatliche Lotterieverwaltung des Landes Hessen die genannten, nicht erlaubnisfähigen Wetten selbst im Rahmen des ODDSET-Sportwettprogramms veranstalte, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Die Wette erstes/nächstes Tor sei definitiv vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als unzulässig bewertet worden.

Am 10. März 2016 erhob die Antragstellerin Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 2. März 2016 und beantragte zugleich, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nummern 1 und 2 sowie 5 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 anzuordnen. Sie berief sich darauf, dass bereits der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV unanwendbar sei. Dies ergebe sich aus der Ince-Entscheidung des EuGH. Das „Ahndungsverbot“ beschränke sich nicht nur auf strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen. Vielmehr verstoße das gesamte System der Sportwettenvermittlung gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit. Auch baue das im Glücksspielstaatsvertrag angedachte System der Regulierung von Sportwetten aufeinander auf. Die materiellrechtlichen Regeln seien konzeptionell mit der Erlaubnispflicht verknüpft. Die Regelung des § 21 Abs. 1 und 4 Satz 3 GlüStV seien verfassungswidrig, weil Art und Zuschnitt der Sportwetten im Gesetz nicht geregelt seien. Die Antragsgegnerin sei für den Erlass der Untersagungsverfügung nicht zuständig. ODDSET Bayern biete eine Reihe von Wetten an, die der Antragstellerin untersagt worden seien. Das Gleiche gelte für ODDSET Hessen und Tipp 3. Bei der Wette erstes/nächstes Tor handle es sich um eine ergebnisbezogene Wette. § 21 Abs. 1 GlüStV sei dahingehend auszulegen, dass eine ergebnisbezogene Wette vorliege, wenn das bewettete Ereignis unmittelbar ergebnisrelevant sei. Dies ergebe sich auch aus den Hinweisen des Hessischen Staatsministeriums des Innern zur Gestaltung des Wettprogramms als Genehmigungsbestandteil der Konzession. Insoweit werde die Beiziehung der Verfahrensakte des Hessischen Staatsministeriums des Innern zum Konzessionsverfahren und Akteneinsicht in die Verfahrensakte beantragt. Unklar sei, was die Antragsgegnerin unter einer Konferenzwette als Livewette verstehe. Solche Wettformen seien auch im Rahmen der Kontrolle nicht festgestellt worden. Über-/Unterwetten sowie Handicapwetten seien zulässig. Insoweit werde auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. Mai 2015 verwiesen. Die Restzeitwette sei ebenfalls eine Wette auf das Endergebnis und zwar in Form einer Handicapwette. Wetten auf die ersten zehn Minuten seien nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Wette auf den Abschnitt eines Sportereignisses zulässig. Eine Wette Goal/No Goal sei im Angebot der Antragstellerin nicht enthalten. Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil ihr Wettformen untersagt worden seien, die sie nicht anbiete. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil die Antragsgegnerin nur vereinzelt gegen einzelne Anbieter und nicht flächendeckend vorgehe. Die Antragsgegnerin möge darlegen, gegen welche Vermittler an welchen Standorten sie gleichermaßen vorgehe. Ein gleichmäßiges Vorgehen sei von existentieller Bedeutung für die Antragstellerin. Es werde um Beiziehung der Verfahrensakten der Antragsgegnerin zu der Untersagungsverfügung in ihrem Stadtgebiet gebeten und um Akteneinsicht. Zudem liege auch ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor, weil die Antragsgegnerin die Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder vom 28. Januar 2016 nicht beachtet habe. Die Untersagungsverfügung sei inhaltlich unbestimmt und rechtswidrig. Zudem müsse im Falle offener Erfolgsaussichten des Rechtsmittels die Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin ausgehen. Die Gebührenfestsetzung sei mit 3.000,- Euro völlig überhöht. Wenn die Antragstellerin gegen alle Vermittler in ihrem Stadtgebiet vorgehen sollte, wäre der zeitliche Aufwand für die einzelnen Bescheide minimal, da alle Vermittler eine identische Verfügung bekämen. Schließlich werde beantragt, die T. Co. Ltd. zum Verfahren beizuladen, da sich die Antragstellerin unmittelbar auf deren Dienstleistungsfreiheit berufe. Sie vermittle die von T. veranstalteten Sportwetten.

Mit Beschluss vom 11. April 2016 lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Nummer 1, 2 und 5 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 2. März 2016 ab. Nach summarischer Prüfung sei der streitgegenständliche Bescheid formell rechtmäßig. Für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung sei nicht das Land Hessen gemäß § 9 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV zuständig. Diese Vorschrift betreffe die Zuständigkeit für die Erteilung von Konzessionen nach § 4a GlüStV sowie für die Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 GlüStV gegenüber den Erlaubnis- und Konzessionsnehmern. Die Antragstellerin sei als Vermittlerin nicht von dieser Zuständigkeit umfasst. Ebenso erweise sich der Bescheid vom 2. März 2016 bei summarischer Prüfung als materiell rechtmäßig. Die betroffenen Live- und Ereigniswetten seien nach § 21 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 GlüStV unzulässig. Das gesetzliche Verbot umfasse die im Bescheid untersagten Wetten. Sie seien zum Teil Ereigniswetten, da sie sich nicht auf den Ausgang des Sportereignisses oder eines Abschnitts des Sportereignisses bezögen. Abschnitte des Sportereignisses seien nur solche, die sich im Regelwerk der betreffenden Sportart wiederfänden. Weitergehende Unterteilungen seien nicht möglich, da sie sonst dem Verbot in § 21 Abs. 4 Satz 3 Halbs. 2 GlüStV widersprächen. Zum anderen handle sich um unerlaubte Livewetten, da sie während des laufenden Spielvorgangs erfolgten und keine Wetten auf das Endergebnis darstellten. An diesen Maßstäben gemessen sei insbesondere auch die Wette nächstes Tor unzulässig. Ein bloßer Einfluss auf das Endergebnis sei nicht ausreichend. Der Bescheid sei auch hinreichend bestimmt. Die Untersagung der bisher nicht angebotenen Ereigniswetten und Livewetten, die keine Endergebniswetten seien, sei ebenfalls voraussichtlich rechtmäßig. Es ergebe sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass weitere Wetten dieser Art in Zukunft angeboten würden. Damit liege keine bloße formelle Illegalität der Sportwettenvermittlung vor, auf die unter Umständen eine Untersagungsverfügung nicht hätte isoliert gestützt werden können, sondern es fehle zusätzlich an der materiellen Erlaubnisfähigkeit. Vor diesem Hintergrund bleibe auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Ince ohne Einfluss auf die hier zu treffende Entscheidung. Das in § 9 Abs. 1 GlüStV eröffnete Ermessen sei rechtsfehlerfrei ausgeübt worden. Durch die Untersagungsverfügung werde nicht gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 GG verstoßen. Die Antragstellerin könne sich grundsätzlich nicht auf Gleichheit im Unrecht berufen. Das in § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV geregelte grundsätzliche Verbot von Wetten während des laufenden Sportereignisses sei auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere liege kein Verstoß gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG vor. Zudem liege auch kein Verstoß gegen Unionsrecht vor. Die Untersagung der Werbung in Nummer 2 des Bescheides sei ebenfalls nach summarischer Prüfung rechtmäßig. Dies gelte auch für die Kostenfestsetzung in Nummer 5 des Bescheides. Die Gebühr sei im unteren Bereich des zulässigen Gebührenrahmens festgesetzt worden. Neben dem Verwaltungsaufwand sei zudem die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin zu berücksichtigen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage derzeit offen seien, müsse eine reine Interessenabwägung ebenfalls zulasten der Antragstellerin ausgehen. Das öffentliche Interesse, vor den glücksspielbedingten Gefahren geschützt zu werden, überwiege das rein wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin.

Im Beschwerdeverfahren beantragt die Antragstellerin,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. April 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Nrn. 1, 2 und 5 des Bescheides vom 2. März 2016 anzuordnen.

In der Zwischenzeit habe das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit Urteil vom 15. April 2016 das für die Erteilung der Konzession in einem landeseinheitlichen Verfahren zuständige Land Hessen verpflichtet, der T. Co. Ltd., für die die Antragstellerin Wetten vermittle, eine Sportwettenkonzession zu erteilen (5 K 1431/14.WI). Die Untersagungsverfügung sei offensichtlich rechtswidrig, weil sie unionsrechtswidrig sei. Dies folge aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince, das das Verwaltungsgericht nicht in die Prüfung einbezogen habe. Ob die ohne Erlaubnis erfolgte Vermittlung von Sportwetten überhaupt als verboten betrachtet werden könne oder der Erlaubnisvorbehalt gänzlich unanwendbar sei, werde im Urteil Ince nicht direkt beantwortet. Das Ahndungsverbot beschränke sich nicht auf bloße strafrechtliche Verfolgungsmaßnahmen. Ziehe man den Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Sonthofen heran, müssten sowohl der Tenor als auch die Urteilsgründe des Ince-Urteils als Auseinandersetzung mit der Frage verstanden werden, ob ein Mitgliedstaat gegen einen Vermittler einschreiten könne, der ein aus Sicht des Mitgliedstaates nicht erlaubnisfähiges Angebot anbiete. Daher sei das Urteil so zu verstehen, dass auch im Falle der materiellen Erlaubnisunfähigkeit eine Ahndung gleichwohl unzulässig sei. Der EuGH habe das Ahndungsverbot umfassend verstanden. Dies folge auch daraus, dass es in Deutschland bis heute kein klares, hinreichend bestimmtes und auch in der Praxis umsetzbares Regulierungssystem gebe. Das Gebot der Rechtssicherheit verlange aber ein solches klares Gesamtsystem der Sportwettenvermittlung. Der Umfang der Rechte und Pflichten sei bei der Vermittlung von Sportwetten völlig unbestimmt. Dies führe zur Unionsrechtswidrigkeit des gesamten Systems der Sportwettenvermittlung und nicht nur einzelner Regelungen. Eine Rosinenpickerei sei nicht zulässig. Für dieses Ergebnis spreche auch ein rechtspolitisches Argument. Denn wenn man die Anwendung von Teilen des Systems erlauben würde, führe dies dazu, dass der Handlungsdruck für den Mitgliedstaat minimal wäre. Die derzeitige Situation in Deutschland belege dies. Der Großteil der Bundesländer habe kein Interesse daran, ein unionsrechtskonformes System herzustellen. Außerdem spreche auch die Tatsache, dass die Länder ein einheitliches und aufeinander aufbauendes System der Regulierung von Sportwetten gewählt hätten, für eine Unionsrechtswidrigkeit des ganzen Systems. Die materiellrechtlichen Regelungen seien konzeptionell mit der Erlaubnispflicht verknüpft. Dies ergebe sich insbesondere aus dem hier streitigen § 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Zudem sei die Regelung des § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV verfassungswidrig, weil sie zu unbestimmt sei. Dies ergebe sich bereits aus der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006. Zudem sei die Antragsgegnerin für den Erlass der Untersagungsverfügung unzuständig. Die Zuständigkeit des Hessischen Staatsministeriums des Inneren ergebe sich aus § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV, weil nicht an die Person des Vermittlers oder die Örtlichkeit der Vermittlung angeknüpft werde, sondern an das Angebot des Veranstalters, das seinerseits Gegenstand eines eigenständigen Erlaubnisverfahrens sei. Die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit und Gestaltung des Wettangebots sei zentraler Gegenstand und Aufgabe des Konzessionsverfahrens. Daher müsse diese Frage der Zuständigkeit der Glücksspielaufsichtsbehörden der einzelnen Länder entzogen sein, um eine ländereinheitliche Klärung zu gewährleisten. § 9a Abs. 3 GlüStV enthalte eine umfassende Aufgabenzuweisung. Diese Zuständigkeit gelte für den Sportwettenkonzessionsnehmer bereits während des laufenden Konzessionsverfahrens. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht Wiesbaden das für die Erteilung der Konzession in einem landeseinheitlichen Verfahren zuständige Land Hessen verpflichtet, der T. Co. Ltd. eine Sportwettenkonzession zu erteilen. Das von den Ländern gewählte System der einheitlichen Zuständigkeiten würde konterkariert, wenn die Antragsgegnerin die Vorgaben des Landes Hessen aushebeln könnte, indem sie den Sportwettenvermittlern und damit auch unmittelbar den konzessionierten Veranstaltern andere Vorgaben mache. Die Untersagungsverfügung sei aber auch deshalb offensichtlich rechtswidrig, da sie in weitem Maße Wetten verbiete, die dem staatlichen Anbieter ODDSET erlaubt seien bzw. von der halbstaatlichen Tipp 3 faktisch ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet würden. Auch wenn das oben Gesagte nicht zutreffe, sei die Untersagungsverfügung bereits deshalb rechtswidrig, weil Wettformen verboten würden, die kraft Gesetzes zulässig seien. Dies betreffe insbesondere die Wette auf das erste und das nächste Tor. Hierbei handle es sich um Ergebniswetten, die auch vom dafür ausschließlich zuständigen Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport- und Konzessionsverfahren als zulässige Wettarten anerkannt worden seien. Gleiches gelte für die Wetten „Halbzeitergebnis/Satzgewinn“, Restzeit, Konferenzwetten als Livewetten, Über-/Unterwetten, Handicapwetten, Wetten auf die ersten zehn Minuten, die hier überhaupt nicht angeboten würden, sowie Goal/No Goal-Wetten. Bei den Wetten auf das erste und nächste Tor handle es sich um zulässige Ergebniswetten. Dies ergebe sich aus der Auslegung der einschlägigen Regelungen. Unter eine Wette auf den Ausgang eines Sportereignisses falle sowohl eine Wette, welche Mannschaft ein Sportereignis gewinne, als auch auf ein konkretes Ergebnis. Zulässig seien aber auch solche Wetten, die sich im Ausgang des Sportereignisses niederschlügen, also unmittelbar ergebnisrelevant seien. Dies ergebe sich insbesondere aus der systematischen Auslegung der § 21 Abs. 1 Satz 1 und § 21 Abs. 4 Satz 3 GlüStV. Ginge man davon aus, dass Livewetten nur auf das Endergebnis zulässig seien, unabhängig davon, ob ein konkreter Spielstand oder der Sieg einer bestimmten Mannschaft gemeint sei, wäre der Zusatz in § 21 Abs. 4 Satz 3 zweiter Halbsatz überflüssig. Auch unter dem Blickwinkel einer teleologischen Auslegung ergebe sich kein empirischer Befund dafür, dass Wettereignisse wie Foulspiele, gelbe oder rote Karten, Elfmeter, Eckbälle und Einwürfe einer erhöhten Manipulationsgefahr oder -tätigkeit unterlägen. Auch würde der Kanalisierungszweck des Glücksspielstaatsvertrages völlig verfehlt, wenn man derart attraktive Wetten wie erstes Tor/nächstes Tor nicht erlauben würde, da insoweit die Ausbreitung von Schwarzmärkten gefördert würde. Ferner seien die Hinweise des Hessischen Staatsministeriums des Inneren und für Sport zu beachten. Auf die übrigen Wetten sei das Verwaltungsgericht überhaupt nicht mehr eingegangen. Auch hier handle es sich aber um keine unzulässigen Wetten. Die übrigen untersagten Wetten seien nicht im Angebot der Antragstellerin enthalten, daher sei die Untersagungsverfügung auch deshalb offensichtlich rechtswidrig. Die Untersagungsverfügung sei zudem ermessensfehlerhaft, weil die Antragstellerin nur vereinzelt gegen einzelne Anbieter vorgehe und nicht flächendeckend. Zudem habe sie die Leitlinien vom 28. Januar 2016 nicht beachtet. Die Untersagungsverfügung sei unverhältnismäßig, weil die vollständige Untersagung der Vermittlung von Ereignis-/ Livesportwetten eine besonders gewichtige Beeinträchtigung der Berufsfreiheit der Antragstellerin darstelle. Der Umfang der Geschäftstätigkeit werde ganz erheblich eingeschränkt, da der Umfang dieses Wettangebots ca. die Hälfte bis zwei Drittel des Umsatzes der Antragstellerin ausmache. Zudem sei die Untersagungsverfügung auch unbestimmt und deshalb offensichtlich rechtswidrig. Selbst bei offenen Erfolgs- aussichten wäre dem Antrag der Antragstellerin gleichwohl stattzugeben. Die negativen Auswirkungen einer auch nur vorübergehenden und auf die im Bescheid genannten Wettformen beschränkten Beendigung der Vermittlungstätigkeit seien in wirtschaftlicher Hinsicht für die Antragstellerin ganz erheblich. Dies würde dazu führen, dass die Kunden der Antragstellerin in kürzester Zeit wegbrechen würden. Sie würden zu Anbietern wechseln, die diese Wettformen in A. immer noch anböten und gegen die die Antragsgegnerin nicht vorgehe. Die Antragstellerin könne daher in ihrem Betrieb in der Zeit bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht die erforderlichen Einnahmen erzielen, die sie benötige, um die Betriebsstätte zu betreiben. Die oben angebotenen Wettformen stellten keine konkrete Gefahr für die Integrität des sportlichen Wettbewerbs dar. Die Manipulationsrisiken seien als extrem gering einzustufen. Auch unter dem Gesichtspunkt der Suchtprävention sei ein Sofortvollzug nicht geboten, da Wettinteressierte derzeit zu einer Vielzahl beliebiger privater oder auch staatlicher Anbieter wechseln könnten. Die Gebührenfestsetzung sei unverhältnismäßig. In verfahrensrechtlicher Hinsicht werde beantragt, die T. Co. Ltd. beizuladen. Zudem werde beantragt, die Akten des Konzessionsverfahrens und die Akten der Antragsgegnerin bezüglich etwaiger Untersagungsverfahren gegen andere Sportwettenanbieter beizuziehen. Insoweit werde Akteneinsicht beantragt.

Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2016 beantragt die Antragsgegnerin,

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden bzw. des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs bezüglich des Konzessionsverfahrens sei für das hier streitgegenständliche Verfahren nicht entscheidungserheblich. Die Vorschriften über das Konzessionsverfahren seien auch nicht untrennbar mit dem streitgegenständlichen Verbot materiell illegaler Wetten verbunden. § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV regelten eindeutig und ohne Ausnahme, dass Wetten während des laufenden Sportereignisses unzulässig seien. Ausnahmen regle § 21 Abs. 4 GlüStV lediglich für Wetten auf das Endergebnis. Letztere könnten im Konzessionsverfahren zugelassen werden. Die Antragsgegnerin habe diese daher im streitgegenständlichen Bescheid nicht untersagt. Das Urteil des EuGH in der Rechtssache Ince habe keinen Einfluss auf die Untersagungsanordnung, da diese nicht aufgrund einer fehlenden Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten getroffen worden sei, sondern zur Gefahrenabwehr wegen der Vermittlung materiell nicht erlaubnisfähiger Wetten erfolgt sei. Bei den Regelungen zu den zulässigen Wettarten bei Sportwetten nach § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV handle es sich um monopolunabhängige Regelungen, so dass deren Anwendung auf einen privaten Sportwettenvermittler keine inkohärente Vorgehensweise darstelle und so auch nicht zu einem faktischen Sportwettenmonopol führe. Die Untersagungsverfügung sei nicht unionsrechtswidrig, weil die Vorschriften, die mit dem Konzessionsverfahren in keinerlei Zusammenhang stünden, nicht unionsrechtswidrig seien, so dass einer Anwendung dieser Vorschriften nichts entgegenstehe. Hier werde die Reichweite des Ince-Urteils völlig überstrapaziert. In dem streitgegenständlichen Bescheid werde der Antragstellerin nichts untersagt, was möglicherweise genehmigungsfähig wäre, sondern nur, was nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 4 GlüStV ohnehin in jedem Fall unzulässig sei. Um die im angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg genannten Gemeinwohlziele zu erreichen, verböten § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV die genannten Wettarten, da diese zum einen extrem anfällig für Manipulationen seien, zum anderen auch eine deutlich höhere Suchtgefahr mit sich brächten als einfache Sportwetten. Dies sei zum einen auf die hohe Ereignisfrequenz zurückzuführen, liege andererseits aber auch an der Möglichkeit, ständig neue Spielanreize zu stimulieren. Die Bezugnahme auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 gehe ebenfalls fehl. Die Regelungen des § 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV seien inhaltlich völlig klar und unmissverständlich. Ferner schaffe die Antragsgegnerin durch den streitgegenständlichen Bescheid gerade Rechtssicherheit, indem sie klar vorgebe, welche Wettarten zulässig seien und welche nicht. Eine Zuständigkeit des Landes Hessen nach § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV sei nicht ersichtlich. Es gehe keinesfalls um eine Erlaubnis oder einen Teil einer Erlaubnis. Die Frage der Erlaubnispflicht stelle sich hier überhaupt nicht, da § 21 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 zweiter Halbsatz GlüStV keinen Erlaubnisvorbehalt enthielten, sondern die im Bescheid enthaltenen Wettarten generell für unzulässig erklärten. Bezüglich des Angebots des staatlichen Anbieters ODDSET sei nochmals vorauszuschicken, dass es kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht gebe. Selbst wenn sich eine nicht ganz rechtmäßige Verwaltungspraxis gebildet habe, sei stets eine allgemeine Änderung der Verwaltungspraxis möglich. Die Antragsgegnerin sehe sich an das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 31. Juli 2015 sowie an den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Mai 2015 gebunden, materiell illegale Wetten zu untersagen. Die Wette auf das erste/nächste Tor sei unzulässig, da es sich hierbei um eine sog. Ereigniswette handle. Insoweit werde nochmals ausdrücklich auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Mai 2015 sowie auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Stade vom 13. Oktober 2014 und des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. November 2014 verwiesen. Ereigniswetten und Livewetten führten zu einer erhöhten Suchtgefahr, da insbesondere auch Personen gefährdet seien, die ansonsten mit Glücksspiel nicht in Berührung kämen. Darüber hinaus sei bei der Art der untersagten Wetten die Gefahr der Manipulation wesentlich größer als bei Wetten auf das End- oder Halbzeitergebnis. Auch die von der Antragstellerin genannte Halbzeitergebniswette sei als Livewette unzulässig. Dies ergebe sich aus § 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV. Gleiches gelte für die Konferenzwette als Livewette. Bei diesen Wetten stünden Ereignisse im Vordergrund, nicht das Endergebnis. Bezüglich der anderen Wettarten werde ausdrücklich auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen. Die Antragstellerin sei keineswegs die erste oder einzige Anbieterin von Sportwetten, der die Vermittlung von bestimmten, materiell illegalen Wetten untersagt worden sei. Die Antragsgegnerin habe bereits ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geführt. Sie habe in diesem Verfahren verloren und bereits einen Änderungsbescheid erstellt. Da die Antragsgegnerin nur zwei Mitarbeiter habe, die für das gesamte Glücksspielrecht zuständig seien, könnten nicht alle Sportwettenanbieter gleichzeitig geprüft werden. Auch die Tatsache, dass das ganze Glücksspiel-, insbesondere Sportwettenrecht allgemein im Fluss sei und noch viele Verfahren anhängig seien, könne nicht dazu führen, dass die Kommunen und Bevölkerung tatenlos zusehen müssten, wie pathologische Spielsucht durchwegs einen bundesweiten Anstieg zu verzeichnen habe. Auch die Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Mai 2015 gehe fehl. Gegenstand dieses Verfahrens sei die gänzliche Untersagung der Vermittlung von Sportwetten gewesen. Die Antragsgegnerin werde nach und nach unter Berücksichtigung der personellen Kapazitäten die Sportwettenanbieter im Stadtgebiet überprüfen und Sportwettenvermittlern, die materiell illegale Wetten anbieten, diese untersagen. Irreversible Folgen für die Antragstellerin seien nicht zu befürchten. Sie sei berechtigt, weiterhin Sportwetten anzubieten. Es seien lediglich einzelne materiell illegale Wetten untersagt worden, die auch im Rahmen eines Erlaubnisverfahrens nicht genehmigungsfähig seien.

Im Beschwerdeverfahren legte die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2016 zwei Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 9. Juni 2016 in den Verfahren 4 B 860/15 und 4 B 1437/15 vor. In diesen Beschlüssen hatte sich das Oberverwaltungsgericht zum einen mit einer Totaluntersagung und zum anderen mit einer Untersagung bestimmter Wettarten auseinandergesetzt und entschieden, dass die jeweiligen Untersagungsverfügungen ermessensfehlerhaft seien, weil eine kohärente Verwaltungspraxis nicht erkennbar sei.

Mit Schreiben vom 30. Juni 2015 äußerte sich die Antragsgegnerin nochmals zur Ermessensausübung. Es seien lediglich Sportwetten als Ereignis- und Livewetten untersagt worden, weil es sich hier nicht nur um einen formalen Verstoß gegen die Erlaubnispflicht handle. Insbesondere komme eine Erlaubniserteilung nicht in Betracht. Darüber hinaus werde von einer kompletten Untersagung der Vermittlung von Sportwetten Abstand genommen. Im Stadtgebiet seien momentan acht Wettvermittlungsstellen in Betrieb. Bei fünf der acht genannten Wettvermittlungsstellen habe die Antragsgegnerin Untersagungsverfahren eingeleitet, zwei der fünf kontrollierten Sportwettenanbieter würden von der Antragstellerin geführt. Bezüglich eines weiteren Anbieters sei der Untersagungsbescheid in der ersten Instanz anhängig. Das Konzept zur Unterbindung der Vermittlung von materiell illegalen Wettarten sehe vor, dass im Laufe des Jahres 2016 alle Wettvermittlungsstellen bezüglich materiell illegaler Wettarten kontrolliert würden und gegenüber den Wettvermittlungsstellen, welche materiell illegale Wettarten anböten, entsprechende Untersagungen angeordnet würden. Für diese rechtlich äußerst komplexe und zeitlich aufwendige Sachbearbeitung stünden wie dargelegt nur zwei Sachbearbeiter zur Verfügung. Bezüglich des Sportwettenanbieters ODDSET sei die Antragsgegnerin nicht zuständige Aufsichtsbehörde, so dass keine Auskunft über dessen Angebot gegeben werden könne. Zuständig sei hier die Regierung von Schwaben als zuständige Erlaubnisbehörde. Eine entsprechende Anfrage der Antragstellerin an das Bayerische Staatsministerium sei bislang unbeantwortet geblieben. Der Verwaltungsaufwand bei der Untersagung von materiell illegalen Wettarten sei immens hoch. Dies gründe zum einen auf den sehr komplexen Betriebskontrollen der jeweiligen Wettvermittlungsstellen, welche eine sehr hohe Genauigkeit erforderten. Zum anderen sei die Auswertung der vor Ort festgestellten Sachverhalte sehr aufwändig.

Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2016 beantragte die T. Co. Ltd. ihre Beiladung zum Verfahren. Dieser Verfahrensteil wurde mit Beschluss des Senats vom 19. Juli 2016 abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 10 S 16.1423 fortgeführt.

Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten, die Gerichtsakten und insbesondere die Beschwerdebegründung der Antragstellerin vom 13. Mai 2016 und 14. Juni 2016 verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen eine teilweise Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Abwägungsentscheidung führt zu dem Ergebnis, dass die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 2. März 2016 teilweise anzuordnen ist. Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen Zweifel, ob einzelne Sportwetten, deren Vermittlung der Antragstellerin untersagt worden ist, nicht doch nach § 21 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 3 GlüStV ausnahmsweise zulässig sind. Nicht abschließend klären lässt sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auch, ob die Untersagungsverfügung wegen des bundesweit inkohärenten Vollzugs des § 21 GlüStV ermessensfehlerhaft ist (1.). Bei der danach gebotenen Interessenabwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin, einzelne Wetten, deren Unzulässigkeit zweifelhaft ist, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter vermitteln zu dürfen (2.). Im Übrigen bleibt die Beschwerde ohne Erfolg (3.).

1. Bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung stellen sich die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin gegen die Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren als offen dar, weil Zweifel daran bestehen, ob alle mit Bescheid der Antragsgegnerin untersagten Sportwetten gegen § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV verstoßen und ob die Untersagungsverfügung ermessensfehlerfrei ergangen ist und die Antragstellerin daher in ihren Rechten verletzt ist.

1.1 Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Untersagungsverfügung ist § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV. Danach kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde vermittelt werden. Da die Antragstellerin eine solche Erlaubnis nicht besitzt, vermittelt sie unerlaubt Glücksspiel.

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV unterliegt nach ständiger Rechtsprechung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil er unabhängig von einem etwaigen unionsrechtswidrigen Glücksspielmonopol den verfassungs- und unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung im Wege einer präventiven Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen dient (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 50 m. w. N.; BayVGH, U. v. 26.6.2012 - 10 BV 11.2285 - juris Rn. 39 ff. m. w. N.). Der Senat sieht keine Veranlassung, im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes von dieser gefestigten Rechtsprechung abzuweichen. Auch die Ince-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (U. v. 4.2.2016 - C-336/14) gebietet dies nicht. Darin äußert sich der Gerichtshof ausdrücklich nur zur strafrechtlichen Ahndung von nicht erlaubtem und wegen des faktischen Fortbestehens des staatlichen Glücksspielmonopols auch nicht erlaubnisfähigem Glücksspiel. Aus Rn. 64 des Urteils ergibt sich nicht zwangsläufig, dass der Erlaubnisvorbehalt auch ordnungsrechtlich unanwendbar ist, sondern allenfalls, dass allein wegen der fehlenden Erlaubnis (d. h. aus formalen Gründen) derzeit keine ordnungsrechtlichen Sanktionen (z. B. eine Betriebsuntersagung) verhängt werden dürfen. Dies entspricht auch der Praxis der Aufsichtsbehörden, wonach keine Untersagungsverfügungen erlassen werden, wenn das Vermitteln des Glücksspiels lediglich formell rechtswidrig erfolgt, und der ständigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, die eine Untersagungsverfügung, die sich ausschließlich auf die fehlende Vermittlungserlaubnis stützt, als ermessensfehlerhaft aufheben. Auch in seiner aktuellen Rechtsprechung stellt das Bundesverwaltungsgericht das Fortbestehen des Erlaubnisvorbehalts nicht in Frage, sondern stellt nur fest, dass alleine das Fehlen einer Vermittlungserlaubnis eine Untersagung der Wettvermittlung nicht begründen kann (BVerwG, U. v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - Pressemitteilung).

1.2 Die Antragsgegnerin ist entgegen dem Beschwerdevorbringen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV i. V. m. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 AGGlüStV für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung zuständig.

Eine Zuständigkeit der betreffenden Aufsichtsbehörde des Landes Hessen zum Erlass einer auf die materielle Rechtswidrigkeit des vermittelten Glücksspielangebots gestützten Untersagungsverfügung nach § 9a Abs. 3 i. V. m. § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV besteht nicht. § 9a Abs. 3 GlüStV regelt die ländereinheitliche Zuständigkeit für die Glücksspielaufsicht nur, soweit die Tätigkeit der Konzessionsnehmer im in der Zulassung geregelten Bereich bzw. das Veranstalten von Sportwetten betroffen ist (Oldag in Dietlein/Hecker/Ruttig; Glücksspielrecht, 2. Auflage 2013, § 9a Rn. 10). Der Wortlaut der Regelung ist insoweit eindeutig, da die nach § 9a Abs. 2 GlüStV zuständigen Behörden die Aufgaben der Staatsaufsicht nur gegenüber den Erlaubnis- und Konzessionsnehmern ausüben. Ziel ist es, eine Zersplitterung der Strukturen für die Zulassung und die Aufsicht bezüglich der Veranstalter der Glücksspiele zu vermeiden. Da die Antragstellerin ausschließlich als Vermittlerin von Sportwetten tätig wird, ergibt sich aus § 9a Abs. 3 GlüStV keine Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde des Landes Hessen für eine Untersagungsverfügung.

Die Regelung in § 21 Abs. 1 GlüStV, wonach Wetten als Kombinationswetten oder Einzelwetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen erlaubt werden können und Art und Zuschnitt der Sportwetten in der Erlaubnis zu regeln sind, führt zu keiner Zuständigkeitsverlagerung bei der Untersagung der Vermittlung von materiell nicht erlaubnisfähigen Sportwetten von der für den Sportwettenvermittler zuständigen Aufsichtsbehörde auf die für den Konzessionsnehmer zuständigen Aufsichtsbehörde. Die Erlaubnis nach § 21 Abs. 1 GlüStV wird gemäß § 4a Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV als Konzession für alle Länder von der zuständigen Behörde erteilt. Durch dieses ländereinheitliche Verfahren soll sichergestellt werden, dass Art und Zuschnitt der Sportwetten gleichartig sind und ein einheitliches Angebot durch die Konzessionäre vorgehalten werden kann (Hecker/Ruttig in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage 2013, § 21 Rn. 34). Derzeit werden von der nach § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV für die Konzessionserteilung zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Hessen aber keine Konzessionen für Wettveranstalter vergeben, weshalb auch keine „Erlaubnisse“ für die Veranstaltung einer bestimmten Art von Sportwetten erteilt werden. Dies hat zur Folge, dass die vom Gesetzgeber u. a. beabsichtigte Beschränkung des Produktportfolios (LT-Drs. 16/11995) nicht bundeseinheitlich erreicht werden kann. Ein faktischer Nichtvollzug dieser gesetzlichen Regelungen zieht jedoch keine Verlagerung der vom Gesetzgeber eindeutig geregelten Zuständigkeit im Bereich der Glücksspielaufsicht nach sich.

1.3 Die Untersagungsverfügung erweist sich auch als hinreichend bestimmt nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.

Gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 - juris Rn. 13 m. w. N.). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH BW, B. v. 8.9.2015 - 6 S 1426/14 - juris). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, etwa durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a. a. O., Rn. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenen Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf der Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a. a. O., Rn. 5). Zudem ist nicht notwendig, dass der Inhalt der Regelung im Entscheidungssatz so zusammengefasst ist, dass er alle Punkte aus sich heraus verständlich darstellt; es genügt vielmehr, dass sich der Regelungsinhalt aus dem Bescheid insgesamt einschließlich seiner Begründung ergibt (Stelkens, a. a. O., Rn. 3).

Unter Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Untersagungsverfügung als hinreichend bestimmt. Zwar wird im Tenor unter Nr. 1 des Bescheides nicht abschließend aufgezählt, welche konkreten Wettarten die Antragstellerin nicht vermitteln darf. Unter Heranziehung der gesetzlichen Definitionen des § 21 Abs. 4 GlüStV, der beispielhaften Benennung der von der Untersagung umfassten Live- und Ereigniswetten in Nr. 1 und der Begründung des Bescheids lässt sich jedoch hinreichend erkennen, welche Wetten nach Auffassung der Antragsgegnerin der gesetzlichen Regelung des § 21 Abs. 1 und 4 Satz 2 und 3 GlüStV widersprechen und daher materiell nicht erlaubnisfähig sind. Zu berücksichtigen ist ferner, dass sich angesichts der nahezu unbegrenzten Möglichkeit, aus den Bestandteilen „Ergebnis eines Sportereignisses“, „Ergebnis aus Abschnitten eines Sportereignisses“, „Einzel- und Kombinationswette“ sowie „Livewetten auf das Endergebnis“ neue Wettzuschnitte zu schaffen, ein fester Katalog unzulässiger Wetten ohnehin nicht aufstellen lässt, sondern das Wettgeschehen einem stetigen Wandel unterworfen ist. Daher kann von der Antragsgegnerin nicht verlangt werden, dass sie die Untersagungsverfügung auf die jeweils konkret vermittelten Wetten beschränkt. Das Bestimmtheitsgebot erfordert insoweit lediglich, dass der Adressat der Untersagungsverfügung erkennen kann, welche Art von Wetten er nicht vermitteln darf, ohne die Fälligstellung eines Zwangsgeldes wegen eines Verstoßes gegen die Untersagungsverfügung zu riskieren. Untersagt sind der Antragstellerin nach dem Inhalt des Bescheids alle Wetten während eines laufenden Sportereignisses mit Ausnahme der Endergebniswetten, alle Wetten auf einzelne Vorgänge während eines Sportereignisses sowie Wetten auf das Ergebnis eines Abschnitts eines Sportereignisses, der nicht dem Regelwerk der jeweiligen Sportart entspricht.

1.4 Die Vorschrift des § 21 GlüStV ist als unionsrechtskonformer Maßstab für die Prüfung der materiellrechtlichen Zulässigkeit von Sportwetten auch anwendbar.

1.4.1 Sie verstößt nicht gegen Unionsrecht (Art. 56 AEUV). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (S. 18 EA).

Aus der Ince-Entscheidung (EuGH, U. v. 4.2.2016 - C-336/14) und dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nichts anderes. Dem genannten Urteil lässt sich nicht entnehmen, das „Ahndungsverbot“ führe dazu, dass auch die materiellrechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages für private Sportwettenvermittler wegen des faktischen Fortbestands des glücksspielrechtlichen Monopols nicht anwendbar seien. Der Gerichtshof hat ausschließlich auf die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen geantwortet. Das vorlegende Gericht spricht lediglich in Frage 1.c) (Sind die unionsrechtlichen Grundsätze, insbesondere die Dienstleistungsfreiheit, sowie das Urteil Stanleybet International u. a. [C-186/11 und C-209/11, ECLI:EU:C:2013:33] dahin auszulegen, dass sie einer dauerhaften, als „präventiv“ bezeichneten Untersagung oder Sanktionierung der grenzüberschreitenden Vermittlung von Sportwetten entgegenstehen, wenn dies damit begründet wird, dass für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht „offensichtlich, d. h. ohne weitere Prüfung erkennbar war“, dass die Vermittlungstätigkeit alle materiellen Erlaubnisvoraussetzungen - abgesehen von dem monopolistischen Staatsvorbehalt - erfüllt?) die materiellen Voraussetzungen für eine glücksspielrechtliche Erlaubnis an, wobei es dem vorlegenden Gericht dabei um das Offensichtlichkeitskriterium für die Erlaubnisfähigkeit ging. In seiner Interpretation der Vorlagefrage beschränkt sich der Gerichtshof (UA Rn. 51) aber dann nur auf die Konsequenzen für staatliches Handeln, wenn die Möglichkeit, eine Erlaubnis zu erlangen, faktisch nicht gegeben ist (vgl. auch Krimpove in EuR 2016, 313/316), ohne nochmals auf das Kriterium der „Offensichtlichkeit“ der materiellen Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung einzugehen. Die Frage, ob ein „Ahndungsverbot“ auch dann besteht, wenn zweifelhaft ist, ob die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen vorliegen, beantwortet der Gerichtshof somit nicht. Im einstweiligen Rechtsschutz lässt sich jedenfalls keine so weitreichende Aussage treffen, dass sich aus der Interpretation der Entscheidungsgründe der Ince-Entscheidung ergebe, auch die nicht monopolabhängigen materiellrechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags könnten nicht angewandt werden, solange kein dem Unionsrecht genügendes transparentes und diskriminierungsfreies nationales Verwaltungsverfahren zur Erlangung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis existiere.

1.4.2 Die Regelungen des § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV verstoßen auch nicht gegen die unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die von der Antragstellerin zitierten Ausführungen des Gerichtshofs unter Rn. 59 der Entscheidungsgründe des Ince-Urteils beziehen sich auf „das System der Einführung einer vorherigen behördlichen Genehmigung bestimmter Arten von Glücksspielen“ (Rn. 55) und die Vereinbarkeit einer Praxis, die darauf abstellt, ob der jeweilige Veranstalter bzw. Vermittler fiktiv eine Erlaubnis erhalten könnte (Rn. 56), mit den genannten Grundsätzen. Die Aussagen des Gerichtshofs, das „System verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit“ bezieht sich daher nur auf die Modalitäten eines „fiktiven“ Erlaubnisverfahrens. Hinreichend bestimmte materiellrechtliche Regelungen, die nicht monopolabhängig sind und unabhängig von der Erteilung einer (fiktiven) Erlaubnis Anforderungen für das Veranstalten und Vermitteln von Glückspielen aufstellen, sind aber nicht Bestandteil des „Systems der Einführung einer vorherigen behördlichen Genehmigung“ im Sinne dieser Rechtsprechung. In Beantwortung der Vorlagefrage führt der Gerichtshof nämlich aus, „Art. 56 AEUV steht einer solchen Ahndung auch dann entgegen, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder die Vermittlung von Sportwetten erhalten kann, soweit die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis nicht sichergestellt ist und das staatliche Sportwettenmonopol, das von den nationalen Gerichten für unionsrechtswidrig befunden wurde, trotz der Annahme eines solchen Verfahrens fortbesteht (Rn. 60)“.

1.5 Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten genügen § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV dem Bestimmtheitsgrundsatz. Mit den Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag hat der Gesetzgeber dem Bestimmtheitsgrundsatz genügende Vorgaben zur Art und zum Zuschnitt von Glücksspielen getroffen. Zum Regelungsbereich gehören Pferdewetten, Geld- oder Warenspielgeräte, Sportwetten und Lotterien. Neben den für alle Wettarten geltenden allgemeinen Bestimmungen in § 4 Abs. 4, § 5 GlüStV enthält § 21 GlüStV Bestimmungen zur Art und zum Zuschnitt der Sportwetten (Hecker/Ruttig in Dietlein/Hecker/Ruttig, a. a. O. § 21, Rn. 9, 13), wobei zudem die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind (§ 4 Abs. 2 GlüStV). Zulässig sind nach der Konzeption des Gesetzgebers Einzel- und Kombinationswetten, Ergebniswetten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitte von Sportereignissen; Livewetten sind grundsätzlich unzulässig, nur Endergebniswetten können als Livewetten erlaubt werden. Damit hat der Gesetzgeber die wesentlichen Kriterien für Art und Zuschnitt der Wetten definiert. Angesichts der Vielfalt der sich aus diesen Kriterien ergebenden Möglichkeiten über Art und Zuschnitt von Sportwetten waren eindeutigere normative Vorgaben als die in § 21 GlüStV enthaltenen letztlich praktisch kaum möglich und daher nach dem Bestimmtheitsgrundsatz jedenfalls nicht zwingend geboten. Darüber hinaus eröffnet das Erlaubnisverfahren die Möglichkeit, auf Art und Zuschnitt der Wetten Einfluss zu nehmen. Sofern der Gesetzgeber den Zuschnitt der Sportwetten nicht selbst detaillierter ausgestaltet und die genauen Wettspielregeln festgelegt hat, hat dies seinen Grund (auch) darin, dass diese Einzelheiten des Spiels weder für die Bekämpfung der Wett- und Spielsucht noch für die Beschränkung der grundrechtlich garantierten Gewerbefreiheit bedeutsam sind. Insofern lässt sich aus der sog. Wesentlichkeitstheorie kein Regelungsdefizit ableiten (BayVGH, B. v. 2.6.2008 - 10 CS 08.1102 - juris Rn. 19).

1.6 Ausgangspunkt für die Beurteilung der Zulässigkeit der von der Antragstellerin vermittelten Wetten und damit der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV. Danach sind Ergebniswetten auf den Ausgang von Sportereignissen sowie den Ausgang von Abschnitten von Sportereignissen als Einzel- und Kombinationswetten zulässig. Endergebniswetten dürfen auch als Livewetten angeboten werden. Ansonsten sind Livewetten genauso wie Ereigniswetten ausgeschlossen (§ 21 Abs. 4 Satz 2 und 3 GlüStV).

Zutreffend führt die Antragstellerin aus, dass es Absicht des Gesetzgebers war, Art und Zuschnitt der jeweiligen Sportwetten in der Konzession für den Veranstalter zu regeln (§ 21 Abs. 1 Satz 2 GlüStV). Eine solche Konzession ist der Veranstalterin der Antragstellerin bislang nicht erteilt worden. Auch wenn das Verwaltungsgericht Wiesbaden (U. v. 15.4.2016 - 5 K 1431/14.WI - juris) das Land Hessen inzwischen zur Erteilung einer Konzession nach § 4a Abs. 2 GlüStV an die Veranstalterin der Antragstellerin verpflichtet hat, heißt dies nicht, dass das von der Veranstalterin vorgehaltene Wettangebot den materiellen Bestimmungen in § 21 GlüStV entspricht, weil erst die in der Konzession festzulegenden Inhalts- und Nebenbestimmungen (§ 4c Abs. 2 GlüStV) Aufschluss darüber geben, ob das vom Veranstalter beabsichtigte Wettangebot den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrages genügt. Die Verpflichtung des Landes Hessen zur Konzessionserteilung beruhte ausschließlich darauf, dass das Verwaltungsgericht Wiesbaden die Beschränkung der Zahl der Konzessionen auf 20 für europarechtswidrig hielt. Die Veranstalterin der Antragstellerin befand sich nicht unter den 20 Konzessionären, die von der Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Hessen zur Erteilung einer Konzession ausgewählt worden waren. Sie erfüllte lediglich die Mindestanforderungen. Aussagen zur Vereinbarkeit des konkreten Wettangebots der Veranstalterin, für die die Antragstellerin vermittelt, trifft die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden nicht.

Zur Zulässigkeit der einzelnen, in der Beschwerdebegründung ausdrücklich angesprochenen Wettarten, die die Antragstellerin nach ihrem Vorbringen vermittelt, ist Folgendes festzustellen:

Neben der Endergebniswette sind auch Ergebniswetten auf einzelne Abschnitte des Sportereignisses zulässig, solange sie nicht in Form von Livewetten vermittelt werden. Auch wenn möglicherweise einiges dafür spricht, dass Abschnitte von Sportereignissen nur zeitlich abgrenzbare Teile von Sportereignissen nach Maßgabe des für die jeweilige Sportart maßgeblichen Regelwerks sind, ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht ausgeschlossen, auch andere vom Regelwerk unabhängig gebildete Zeitabschnitte eines Sportwettkampfs als Abschnitt eines Sportereignisses zu bezeichnen (BayVGH, B. v. 6.5.2015 - 10 CS 14.2669 - juris Rn. 43). Die Möglichkeit der „Abschnittsbildung“ wird jedenfalls dadurch eingeschränkt, dass die Ergebniswette nicht zur Ereigniswette werden darf und zugleich die in § 1 GlüStV formulierten, allgemeinen Ziele Beachtung finden. Als bewettbare Abschnitte eines Sportereignisses sind also nur solche Spielabschnitte zugelassen, die unabhängig von zufälligen Ereignissen im Spielverlauf vorgesehen sind, die nicht willkürlich herbeigeführt werden können und deren Ergebnis kontrolliert werden kann (Vermeidung von Wettmanipulationen; vgl. Hecker/Ruttig, a.a.O, § 21 Rn. 28). Unter Berücksichtigung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags ist jedenfalls eine beliebige Zerstückelung des Sportereignisses in zeitliche Einzelabschnitte nicht gewollt, da sonst das legale Angebot der Abschnittswette als Ergebniswette dem Grundsatz der Schaffung eines begrenzten Wettangebots widersprechen würde.

1.6.1 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Wette „nächstes Tor/erstes Tor“ als Ereigniswette unzulässig, weil das Erzielen eines Tors einen Vorgang während eines Sportereignisses darstellt und keinen zeitlichen Abschnitt in einem Spiel beschließt (BayVGH, a. a. O., Rn. 38 m. w. N.). Für eine Auslegung der gesetzlichen Bestimmung dahingehend, dass der Gesetzgeber diejenigen Wetten als Ergebniswette zulassen wollte, bei denen ein Ereignis im Spiel ergebnisrelevant ist, bieten sich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sprechen für ein derartiges Verständnis. Die Entscheidung des Gesetzgebers, Endergebniswetten als Livewetten zuzulassen, indiziert gerade ein enges Verständnis des Begriffs „Ergebnis“, da die Livewette grundsätzlich wegen der hohen Suchtgefahr ausgeschlossen (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV) und nur unter dem Gesichtspunkt der Kanalisierung des Wettangebots (LT-Drs. 16/11995 S. 30) zulassungsfähig ist. Der Gesetzgeber beabsichtigte folglich die Zulassung von Livewetten nur in einem genau bzw. eng definierten Bereich. Eine Auslegung dahingehend, dass alle Wetten auf Ereignisse, die sich unmittelbar auf das Ergebnis auswirken, (auch als Livewetten) zulässig sein sollen, kommt damit nicht in Betracht. Dies gilt unabhängig vom Vorhandensein einer Vielzahl unbestimmter ergebnisrelevanter Vorgänge während eines Sportwettkampfs und daraus resultierender unlösbarer Abgrenzungsprobleme. Ebenso steht der Grundsatz der Begrenzung des Wettangebots in § 1 Nr. 2 GlüStV einer Erweiterung des Wettangebots durch eine entsprechende Auslegung des Begriffs „Ergebnis“ entgegen. Die ausdrückliche Klarstellung des Gesetzgebers in § 21 Abs. 4 Satz 3 2. Halbs. GlüStV, dass Ereigniswetten auch unter das Livewettenverbot fallen, obwohl Ereigniswetten bereits nach § 21 Abs. 1 GlüStV nicht zulässig sind, führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Denn insoweit handelt es sich nur um eine nochmalige Hervorhebung der Unzulässigkeit von Ereigniswetten (Hecker/Ruttig, a. a. O., § 21 Rn. 55).

Unerheblich für die Auslegung des Begriffs „Ergebniswette“ ist die im Verwaltungsverfahren für die Konzessionserteilung geäußerte Auffassung des Hessischen Staatsministeriums des Innern zur Frage der Zulässigkeit von (Live-)Wetten auf das Endergebnis und dessen Bestandteile. Auch hegt der Senat Zweifel, ob die Hinweise des Hessischen Staatsministeriums des Innern tatsächlich so zu verstehen sind, wie die Antragstellerin meint. Näher liegend ist eine Interpretation dahingehend, dass das Endergebnis eines Sportereignisses (z. B. Fußballspiels) der Sieg der Mannschaft A ist. Eine Wette auf Bestandteile dieses Endergebnisses wäre folglich eine Wette, wonach die Mannschaft A 3:2 gegen Mannschaft B gewinnt oder mit einem Tor Differenz zur Mannschaft B gewinnt.

1.6.2 Wetten auf das Halbzeitergebnis oder einen Satzgewinn sind als Ergebniswetten nach § 21 Abs. 1 GlüStV zulässig. Bei einer Halbzeit bzw. dem Satz eines Spiels handelt es sich zweifellos um einen Abschnitt eines Sportereignisses. Die Halbzeitwette ist als zulässige Wette i. S. d. § 21 Abs. 1 GlüStV sogar ausdrücklich in der Gesetzesbegründung genannt (LT-Drs 16/11995 S. 30). Ausgeschlossen ist insoweit ausdrücklich die Livewette (§ 21 Abs. 4 Satz 3 GlüStV). Durch die streitgegenständliche Untersagungsverfügung werden Wetten auf das Halbzeitergebnis und den Ausgang eines Satzes gerade nicht untersagt, vielmehr nur die entsprechenden Livewetten ausgeschlossen. Dies ergibt sich auch aus den Gründen des Bescheids (S. 8, 3. Spiegelstrich).

1.6.3 Untersagt hat die Antragsgegnerin auch Wetten vor Beginn des Spiels bezüglich des Ergebnisses der Restzeit und Wetten auf Spielabschnitte, die nicht dem jeweiligen Regelwerk entsprechen. Dies ergibt sich aus den Bescheidsgründen, in denen sie unter Verweis auf die Begründung des Kommentars zum Glücksspielrecht (Dietlein/Hecker/Ruttig, § 21 Rn. 28) ausführt, dass die Restzeitwette unzulässig sei, weil es sich bei der Restzeit um keinen Abschnitt eines Sportereignisses handle. Die Antragsgegnerin wollte offensichtlich Livewetten auf die Restzeit und Wetten vor und während des Spiels auf Spielabschnitte untersagen, die nicht Halbzeit oder Satz sind. Daher sind auch (Live-)Wetten auf die ersten zehn Minuten als untersagte Wettarten im Bescheidstenor ausdrücklich aufgeführt. Wie bereits oben dargelegt, ergibt sich aus der gesetzlichen Regelung, wonach Ergebniswetten auf Abschnitte von Sportereignissen zulässig sind, zwar nicht zwangsläufig, dass es sich hierbei nur um Halbzeiten oder Sätze handeln kann. Andererseits soll nach Sinn und Zweck der Regelung eine Zerstückelung des Sportereignisses in beliebig viele Abschnitte auch als Ergebniswette unterbleiben. Es spricht unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV daher vieles dafür, dass Wetten auf Abschnitte von Sportereignissen, die in den jeweiligen Regelwerken nicht vorgesehen sind, grundsätzlich nicht zulässig sind.

1.6.4 Entsprechend der nicht abschließenden Aufzählung der Wettformen im Tenor des Bescheides sind Livewetten auf die Restzeit untersagt. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben, weil Livewetten nur als Endergebniswetten zugelassen werden können, und das Ergebnis der Restzeit sich nicht im Endergebnis niederschlagen muss.

1.6.5 Zur möglichen Zulässigkeit der Über-/Unterwette und der Handicap-Wette, gegebenenfalls als Livewette, hat sich der Senat ebenfalls bereits in seinem Beschluss vom 6. Mai 2015 geäußert (Rn. 41 und 42). Es fehlt noch immer an den nach § 10a Abs. 2 GlüStV erforderlichen Konzessionen für die Wettveranstalter und den nach § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV erforderlichen Erlaubnissen für Wettvermittler und damit an einer verbindlichen Regelung auch über Art und Zuschnitt der zulässigen Sportwetten. Die Antragsgegnerin hat mit der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung die Rechtslage dahingehend konkretisiert, dass diese Wetten nicht zulässig sind, weil nicht der tatsächliche Ausgang des Sportereignisses für den Gewinnentscheid herangezogen (Handicap-Wette) werde bzw. Sieg oder Niederlage überhaupt keine Rolle spiele (Über-/Unterwette). Aber selbst mit dieser Konkretisierung sind die vom Senat angesprochenen Unklarheiten, ob diese Wetten als „Wette auf den Ausgang eines Sportereignisses oder den Ausgang des Abschnitts eines Sportereignisses“ erlaubt werden können, nicht beseitigt.

1.6.5.1 Bei einer Über-/Unterwette wird nicht auf das Endergebnis getippt, sondern darauf, ob das Endergebnis - hier vor allem die Anzahl der Tore im Spiel - über oder unter einem vom Buchmacher bestimmten Wert liegen. Bei dieser Wette kommt es für den Gewinn der Wette daher darauf an, wie viele Tore/Punkte in einem Spiel erzielt werden, aber nicht darauf, wer das Spiel gewinnt. Es handelt sich nicht um eine Wette auf den Ausgang des Spiels, wenn unter dem Ausgang des Sportereignisses der Gewinnentscheid nach dem offiziell festgestellten finalen Spielstand zu verstehen ist (s.o. Hecker/Ruttig, a. a. O., § 21 Rn. 22). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn unter Ausgang des Spiels die Zahl der insgesamt geschossenen Tore/erzielten Punkte zu verstehen wäre, unabhängig davon, welche Mannschaft/welcher Spieler gewonnen hätte.

1.6.5.2 Der Unterschied einer „normalen“ Sportwette zur Handicap-Wette liegt darin, dass bei dieser Wettart ein Team ein oder mehrere Tore Vorsprung erhält, die am Schluss zum regulären Ergebnis addiert werden. Entscheidend für den Gewinn des Wetttipps ist somit nicht das offizielle Spielergebnis, sondern das fiktiv errechnete Resultat aus dem Spielausgang und dem Handicap. Der Sieg der jeweiligen Mannschaft bzw. die Zahl der von ihr geschossenen Tore wirkt sich hier zumindest mittelbar auf den Gewinn der Wette aus, so dass diese Wette als Wette auf den Ausgang des Spiels bezeichnet werden könnte.

1.7 Ist damit bei summarischer Prüfung offen, ob der Antragstellerin die Wetten „Über-/Unter“, „Handicap“ und „Erste zehn Minuten“ untersagt werden können, gilt dies auch, soweit in Nr. 2 des Bescheids vom 2. März 2016 die Werbung für diese Wetten untersagt worden ist.

1.8 Soweit die Antragstellerin vorbringt, die Antragsgegnerin habe auch Wetten untersagt, die sie nicht vermittle, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung. Die Antragsgegnerin stand bei Erlass der Untersagungsverfügung vor dem Problem, dass sie sich nicht auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlautes des § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV beschränken durfte, um den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes zu genügen. Sie hat daher bereits im Bescheidstenor Beispiele für einzelne Wettarten angeführt, die die Untersagungsverfügung umfassen soll. Ein solches Vorgehen ist zulässig (Stelkens, a. a. O., Rn. 5). Vermittelt die Antragstellerin die genannten Wettarten nicht, so geht die Untersagungsverfügung insoweit ins Leere und entfaltet keine nachteiligen Wirkungen für die Antragstellerin. Insbesondere wird ihr dadurch keine Unzuverlässigkeit unterstellt. Eine Betriebsuntersagung wegen Unzuverlässigkeit käme ohnehin nur dann in Betracht, wenn die Antragstellerin beharrlich unzulässige Wetten, also die in der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung beispielhaft genannten Wetten (die Bestandskraft unterstellt), tatsächlich vermitteln würde.

1.9 Bezüglich der Ermessensausübung der Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid ist nach summarischer Prüfung Folgendes festzustellen:

1.9.1 Ermächtigt ein Gesetz - wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV - dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (BVerwG, U. v. 9.7.2014 - 8 C 36.12 - juris Rn. 25). Die Antragsgegnerin hat insoweit dargelegt, dass sie beabsichtige, gegen alle Vermittler von ihrer Auffassung nach materiell illegalen Sportwetten vorzugehen und entsprechende Untersagungsverfügungen auszusprechen. Gegen fünf Wettbüros seien bereits Untersagungsverfahren anhängig, die streitgegenständlichen Untersagungsverfügungen sowie eine weitere befänden sich im gerichtlichen Verfahren. Mit einer Untersagungsverfügung sei sie gescheitert (Bescheid vom 6. Oktober 2014), sie habe den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens (BayVGH, B. v. 6.5.2015 - 10 CS 14.2669 - juris) abwarten wollen. Ein zeitgleiches Vorgehen sei angesichts der Personalausstattung nicht möglich.

Bei dieser Sachlage kann der Antragsgegnerin unter dem Aspekt des Art. 3 GG Abs. 1 kein willkürliches Vorgehen gegen die Antragstellerin vorgeworfen werden. Es versteht sich von selbst, dass die vorhandene Personalkapazität ein gleichzeitiges Vorgehen gegen alle Wettvermittler ausschließt. Auch das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung stellt sich nicht als sachfremde Erwägung dar. Schließlich ist auch die Auswahl der Antragstellerin unter dem Aspekt, dass sie zwei Wettbüros betreibt, sachlich begründbar. Auch begründet der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Anspruch auf Rechtsanwendungsgleichheit keinen Anspruch auf Fortführung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis. Die Tatsache, dass andere Glücksspielaufsichtsbehörden in Bayern keine entsprechenden Untersagungsverfügungen gegen Sportwettenvermittler ausgesprochen haben, führt nicht dazu, dass die Antragsgegnerin ebenfalls auf ein behördliches Einschreiten gegen Vermittler materiellrechtlich unzulässiger Wetten verzichten muss. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat im Schreiben vom 31. Juli 2015 (IMS) unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 6. Mai 2015 (a. a. O.) die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden aufgefordert, im Wege einer auf die einzelnen Wetten bezogenen Untersagungsverfügung gegen Sportwettenvermittler vorzugehen, die nicht erlaubnisfähige Ereigniswetten anbieten (vgl. S. 2 IMS IA4-2161-2-38). Ausdrücklich aufgeführt ist darin z. B. auch die Wette „erstes Tor/nächstes Tor“. Wenn andere Aufsichtsbehörden dennoch untätig bleiben, macht dies die Entscheidung der Antragsgegnerin noch nicht ermessensfehlerhaft.

1.9.2 Ein Verstoß gegen die in der Beschwerdebegründung angeführten Leitlinien vom 28. Januar 2016 ist nicht ersichtlich. Offensichtlich hat das Bayerische Staatsministerium des Innern als oberste Glücksspielaufsichtsbehörde des Freistaats Bayern diese Leitlinien nicht im Wege von Vollzugshinweisen an die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden weitergereicht, so dass sie auch insoweit keine ermessensbindende Wirkung entfalten konnten. Zudem handelt es sich nur um Hinweise, die die Handhabung von Untersagungsverfügungen erleichtern sollen. Eine konkrete und verbindliche Aussage, welche ergebnisbezogenen Sportwetten zulässig sind, enthalten auch diese Leitlinien nicht.

1.9.3 Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren zwei Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 9. Juni 2016 (Az. 4 B 860/15 und 4 B 1437/159) zur Untersagung der Sportwettenvermittlung vorgelegt. Im Verfahren 4 B 1437/15 hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Vermittlers gegen die Untersagung der Nullstandswette als Livewette angeordnet, weil die dortige Antragsgegnerin die (bundesweit) inkohärente Verwaltungspraxis beim Vollzug des § 21 GlüStV in ihrer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt habe. Die inkohärente Verwaltungspraxis besteht nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Münster darin, dass bundesweit die entsprechende Wette in 10.000 bis 15.000 Vermittlungsstellen unbeanstandet geblieben sei und auch das staatliche Unternehmen ODDSET sowie die Deutsche Sportwetten GmbH, die von der Telekom beherrscht werde, diese Wette anbiete.

Das Kohärenzgebot verlangt weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, U. v. 8.9.2010 - Rs. C-316/07 u. a., Markus Stoß u. a. - juris Rn. 95 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 62 f.). Bedeutung gewinnt das namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Bund und mehrere Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört. Jedoch führt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet würden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 66). Im streitgegenständlichen Untersagungsverfahren geht es jedoch nicht um den inkohärenten Vollzug von Regelungen aus verschiedenen Glücksspielsektoren, sondern ausschließlich um den Vollzug einer einzelnen Norm für Sportwetten (§ 21 Abs. 1 und 4 GlüStV). Für solche Fälle einer Ungleichbehandlung von privaten Wettanbietern und staatlichen Anbietern hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Ausübung des Untersagungsermessens der „Vollzugsbehörden des Beklagten“ mit der Dienstleistungsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar ist (BVerwG, U. v. 9.7.2014, a. a. O., Rn. 31). Der Senat hat jedoch Zweifel, ob die Antragsgegnerin, die nur in ihrem Hoheitsbereich aufsichtlich tätig werden kann, bei Erlass einer Untersagungsverfügung im Rahmen ihres Ermessens berücksichtigen muss, dass andere Aufsichtsbehörden bzw. die für die Aufsicht über die staatlichen Anbieter zuständigen Regierungen wohl bislang untätig geblieben sind. Berücksichtigt man die Konzeption des Glücksspielstaatsvertrags, wonach über Art und Zuschnitt der Sportwetten bundeseinheitlich in der Konzession des Veranstalters entschieden wird, müsste die Antragsgegnerin sogar bundesweit koordinierend tätig werden, um ermessensfehlerfrei entscheiden zu können. Dies hätte zur Folge, dass eine Untersagungsverfügung durch die örtlich zuständige Aufsichtsbehörde nicht ermessensfehlerfrei erlassen werden könnte, solange nicht der überwiegende Teil der Aufsichtsbehörden bundesweit nach einem einheitlichen System vorginge. Derart weitgehende Anforderungen an eine sachgerechte Ermessensausübung (s. Art. 40 BayVwVfG) erscheinen dem Senat nicht geboten.

2. Lässt sich im Eilverfahren nicht mit der erforderlichen Sicherheit klären, ob die Untersagung der Wetten „Erste zehn Minuten“, „Handicap“ und „Über-/Unter“ nach § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV zulässig ist, und ob die Antragsgegnerin ihr Ermessen den Anforderungen des Art. 40 BayVwVfG entsprechend ausgeübt hat, sind die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 2. März 2016 letztlich offen. Bei der unter diesen Voraussetzungen gebotenen Abwägung überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids jedenfalls insoweit, als der Antragstellerin die Vermittlung der genannten Wetten und die Werbung dafür untersagt worden sind. Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass die Klage kraft Gesetzes nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV keine aufschiebende Wirkung hat.

2.1 Dem Interesse der Antragstellerin, bis zur Entscheidung in der Hauptsache weiterhin die genannten Wetten vermitteln zu dürfen, kommt erhebliches Gewicht zu. Die negativen Auswirkungen der auch nur vorübergehenden Untersagung können gravierend sein. Zwar wird der Antragstellerin der Betrieb ihrer Wettannahmestelle nicht vollständig untersagt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Antragsgegnerin auch für die zweite Betriebstätte der Antragstellerin die Vermittlung der genannten Wetten untersagt hat, so dass sie mit erheblichen finanziellen Einbußen zu rechnen hat. Die Antragstellerin hat weiter darauf hingewiesen, dass sie durch die „Wanderungsbewegung“ der Wettinteressierten, die die ihr untersagten Wetten in anderen Wettbüros platzieren, gegen die die Antragstellerin noch nicht aufsichtlich eingeschritten ist, auch Kunden für die unstreitig zulässigen Wetten verliert. Insofern droht ihr auch ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber ihrer Konkurrenz.

2.2 Demgegenüber wiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der diesbezüglichen Untersagungsverfügung weniger schwer. Der Senat ist zwar in der Vergangenheit in der Regel davon ausgegangen, dass in den Fällen, in denen die Vermittlungstätigkeit nur teilweise untersagt wird, die mit den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags bezweckte Suchtprävention höher zu bewerten ist als das wirtschaftliche Interesse des Sportwettenvermittlers (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 23; B. v. 10.11.2015 - 10 CS 15.1538 - juris Rn. 24). Die seit dem Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags zum 1. Juli 2012 bestehende Situation auf dem Glücksspielmarkt lässt jedoch Zweifel aufkommen, ob der Gedanke der Suchtprävention tatsächlich im Vordergrund des Bemühens um eine Regulierung des Sportwettenmarktes steht. Spätestens seit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 5. Mai 2015 (Az. 5 L 1453/14.WI) ist offensichtlich, dass sich eine unionsrechtskonforme Teilliberalisierung dieses Marktes mit Hilfe der Experimentierklausel nicht realisieren lassen würde. Weder hat der Gesetzgeber in der Folge den Versuch unternommen, zumindest eine einheitliche Regelung bezüglich der Sportwetten zu treffen, die gegen § 21 Abs. 1 und 4 GlüStV verstoßen, noch wurde durch die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden klargestellt, welche Wettarten unzulässig sind. In dem schon erwähnten IMS vom 31. Juli 2015 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für den Erlass von Untersagungsverfügungen zunächst nur die in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. Mai 2015 (a. a. O.) als nicht erlaubnisfähig gekennzeichneten Wetten aufgegriffen werden sollten. Die von der Antragsgegnerin untersagten Wetten „Erste zehn Minuten“, „Handicap“ und „Unter-/Über“ sind im Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr nicht genannt, so dass insoweit das öffentliche Interesse an einer Untersagungsverfügung nach Auffassung der obersten Glücksspielaufsichtsbehörde wohl eher als weniger gewichtig einzustufen sein dürfte. Unberücksichtigt bleiben kann auch nicht, dass nach dem Sachvortrag der Antragstellerin, dem die Antragsgegnerin insoweit nicht entgegengetreten ist, der staatliche Wettanbieter ODDSET in Bayern Wetten anbietet, die der Antragstellerin mit dem streitgegenständlichen Bescheid untersagt wurden. Dies gilt insbesondere für die Wetten „Handicap“ und „Über-/Unter“. Die für die Aufsicht über die staatlichen Wettanbieter zuständige Aufsichtsbehörde schreitet offensichtlich dagegen nicht ein. Der Spielsuchtprävention wird insoweit also selbst für das staatliche Wettangebot kein Vorrang eingeräumt. Auf die „Kanalisierungsfunktion“ kann sich der staatliche Wettanbieter jedenfalls dann nicht berufen, wenn - wegen der nicht erfolgten Teilliberalisierung des Sportwettenmarkts - faktisch ein unionsrechtswidriges Monopol aufrechterhalten wird.

3. Im Übrigen bleibt die Beschwerde bleibt erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage insoweit zu Recht abgelehnt.

3.1 Die weiteren, von der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung angeführten Wetten, die nicht zu den im Tenor dieses Beschlusses aufgeführten Wetten gehören, sind nach § 21 Abs. 1 und Abs. 4 GlüStV aus den unter 1.6 genannten Gründen nicht zulässig oder können nicht erlaubt werden. Die Ausführungen unter 1.9.3 zu den Anforderungen an die Ermessensausübung gelten auch für die Untersagung der Vermittlung nicht zulässiger bzw. nicht erlaubnisfähiger Wetten. Allerdings überwiegt bezüglich der Wetten, deren Vermittlung im Bescheid vom 2. März 2016 untersagt worden ist und die nicht im Tenor dieses Beschlusses genannt sind, das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung und des entsprechenden Werbeverbots. Die für Bayern zuständige oberste Glücksspielaufsichtsbehörde hat die örtlich zuständigen Aufsichtsbehörden im IMS vom 31. Juli 2015 aufgefordert, zunächst die in der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 6. Mai 2015 als nicht erlaubnisfähig gekennzeichneten Wetten aufzugreifen und wegen materiell glücksspielrechtlicher Verstöße gegen die unerlaubte Vermittlung von Sportwetten aller Veranstalter vorzugehen. Dadurch sollte im öffentlichen Interesse gewährleistet werden, dass zur Erreichung der Ziele in § 1 GlüStV wenigstens die gesicherten Verstöße gegen die materiellrechtlichen Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags aufsichtlich geahndet werden. Das Interesse der Antragstellerin, auch diese nicht erlaubnisfähigen Wetten weiter vermitteln zu dürfen, wiegt demgegenüber geringer. Eine gleichheitssatzwidrige erhebliche Benachteiligung gegenüber anderen Wettvermittlern in Bayern ist für die Dauer des Klageverfahrens insoweit bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Die wirtschaftlichen Nachteile der Antragstellerin sind weniger gravierend, weil ihr durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Untersagung der im Tenor dieses Beschlusses genannten Wetten ermöglicht wird, zumindest einen großen Teil der als attraktiv geltenden Wetten mit hohen Gewinnquoten anzubieten und mit dem Angebot der staatlichen Vermittlungsstellen gleichzuziehen.

3.2 Die Beschwerde bleibt auch erfolglos, soweit sie sich gegen die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Gebührenfestsetzung in Nr. 5 des Bescheids vom 2. März 2016 richtet. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts insoweit als zutreffend. Zunächst ist die Antragsgegnerin bei der Festsetzung der Bescheidsgebühr von 3.000,-- Euro im unteren Bereich des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG i. V. m. Tarif-Nr. 2.IV.1/3.2 KVz vorgegebenen Gebührenrahmes von 500 bis 50.000 Euro geblieben. Die Antragsgegnerin hat überzeugend dargelegt, dass der Zeitaufwand im Verwaltungsverfahren für die Kontrolle der Betriebsstätten und die Bestandsaufnahme der jeweils angebotenen Wetten sehr hoch ist und es sich bei der Erstellung der Untersagungsbescheide auch nicht um eine „copy/paste“-Aktion handelt, sondern jeder Untersagungsbescheid bezogen auf das konkrete Wettangebot begründet werden muss. Zu berücksichtigen ist bei der Gebührenfestsetzung neben dem Zeitaufwand der Behörde zudem das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin. Der Umfang der untersagten Wetten macht nach ihren Angaben ca. die Hälfte des Umsatzes der Wettannahmestelle aus.

4. Die Wettveranstalterin, für die die Antragstellerin vermittelt, war nicht gemäß § 65 VwGO zum Verfahren beizuladen. Insoweit wird auf den Beschluss des Senats im Verfahren 10 S 16.1423 verwiesen.

5. Für den Senat bestand keine Veranlassung, die Akten des Glücksspielkollegiums zum Konzessionsverfahren der Veranstalterin beizuziehen. Die Vorlagepflicht der Behörde nach § 99 VwGO beschränkt sich auf die Verwaltungsakten, die Gegenstand des Verwaltungsverfahrens waren. Die Akten des Konzessionsverfahrens waren nicht Bestandteil des Verwaltungsverfahrens für die an die Antragstellerin als Vermittlerin gerichtete Untersagungsverfügung. Eine weitere Sachaufklärung durch Beiziehung der entsprechenden Akten durch den Senat im gerichtlichen Verfahren war nicht erforderlich, weil nach der Rechtsauffassung des Senats der Verlauf des Konzessionsverfahrens für die hier streitgegenständliche Untersagungsverfügung nicht entscheidungserheblich ist. Erst die erteilte Konzession ist rechtlich maßgeblich. Das Akteneinsichtsrecht nach § 100 VwGO beschränkt sich auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten.

6. Auch die Akten der Antragsgegnerin bezüglich der eingeleiteten Untersagungsverfahren für andere Sportwettenvermittler waren nicht zum Verfahren beizuziehen. Die Antragsgegnerin hat dargelegt, welches Konzept sie bei der Untersagung der Vermittlung der ihrer Auffassung nach illegalen Sportwetten verfolgt. Der insoweit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung erforderliche Sachverhalt war damit bekannt. Eine weitere Sachaufklärung durch Beziehung der entsprechenden Verwaltungsakten im Eilverfahren war somit nicht notwendig.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 28.07.2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf

25.000,-- Euro

festgesetzt.

Gründe

1

Der erkennende Senat ist für die Behandlung der Rechtsache zuständig, da der Geschäftsbereich „Lotterierecht“ mit dem Geschäftsverteilungsplan des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2015 im Zuge einer umfangreichen alle Senate betreffenden Neuverteilung auf den 2. Senat übergegangen ist. Hiergegen ist nichts zu erinnern. Die Spekulationen der Beschwerdeführerin beruhen auf keinerlei sachlichen Grundlagen.

2

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28.07.2014 ist unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.

3

Die zulässige, insbesondere fristgerecht gem. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingelegte und gem. § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ordnungsgemäß begründete Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, geben dem Senat keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage (- 12 A 99/14 -) gegen die Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 07.07.2014 stattzugeben. Mit dem Verwaltungsgericht geht auch der Senat davon aus, dass das Interesse der Antragstellerin, von den Folgen des Vollzugs der angefochtenen Untersagungsverfügung vorläufig verschont zu bleiben, derzeit hinter dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehbarkeit dieser Untersagungsverfügung zurücktritt.

5

Das Verwaltungsgericht hat zunächst in zutreffender Weise den Entscheidungsmaßstab im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes in Form eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bestimmt.

6

In ständiger Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass das Gericht im Fall einer - wie hier gem. §§ 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV 2012, § 248 Abs. 1 Satz 2 LVwG - gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit zu prüfen hat, ob wegen der Besonderheiten des Einzelfalles ein privates Interesse an der aufschiebenden Wirkung vorliegt, das gegenüber dem im Gesetz in diesen Fällen unterstellten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, ist in den Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzugs das besondere öffentliche Vollziehungsinteresse bereits konstituiert und bedarf keiner weiteren Darlegung durch die Behörde. Lässt sich bei der gebotenen summarischen Prüfung weder die Rechtmäßigkeit noch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids feststellen, bedarf es zur Entscheidung einer weiteren Interessenabwägung. Diese erfordert eine Ermittlung der Folgen, die einträten, wenn die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes versagt würde, das Verfahren in der Hauptsache hingegen Erfolg hätte. Diese Auswirkungen sind zu vergleichen mit denjenigen, die einträten, wenn die aufschiebende Wirkung angeordnet würde, dem Rechtsbehelf aber der Erfolg in der Hauptsache versagt bliebe. Im Rahmen dieser Folgenbetrachtung ist es dabei unerheblich, dass ob die aufschiebende Wirkung durch Gesetz oder durch behördliche Anordnung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ausgeschlossen ist. Auch im Fall einer gesetzlichen Vollziehungsanordnung ist bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens dem öffentlichen Vollziehungsinteresse nicht von vorneherein ein höheres Gewicht beizumessen (st. Rspr., OVG Schleswig, Beschl. v. 06.08.1991 - 4 M 109/91 -, SchlHA 1991, 220, 221).

7

Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat im Ergebnis der Ansicht, dass die in der Hauptsache angegriffene Untersagungsverfügung des Antragsgegners vom 07.07.2014 offensichtlich rechtmäßig ist und im Rahmen des Hauptsacheverfahrens Bestand haben wird.

8

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ist der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung durch den Senat. Der streitgegenständliche Verwaltungsakt ist als Dauerverwaltungsakt zu qualifizieren (vgl. auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -; OVG Berlin, Beschl. v. 24.08.2012 - OVG 1 S 44.12 -; Deiseroth, Sportwetten vor dem Bundesverwaltungsgericht, DVBL. 2014, 1545, 1548). Ein solcher Bescheid lässt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis entstehen und aktualisiert es - im Sinne der Summierung einzelnen Verwaltungsakte - ständig (Kopp/Schenke, VwGO, Rn. 44 zu § 113). So liegt es bei der zeitlich unbeschränkten Untersagungsverfügung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines solchen Dauerverwaltungsaktes ist derjenige der letzten gerichtlichen Entscheidung. Eine Ausnahme ist nur dann anzuerkennen, wenn die einschlägigen gesetzlichen Regelungen des materiellen Rechts einen abweichenden Zeitpunkt bestimmen (BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -; OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -). Dies ist hier nicht der Fall.

9

Damit ist die Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung, wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, auf der Grundlage des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV 2012) vom 15.12.2011 (GVOBl. 2013, S. 51), der in den meisten Bundesländern zum 01.07.2012 in Kraft trat, sowie des schleswig-holsteinischen Gesetzes zur Ausführung des Ersten Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (AG GlüStV 2012) vom 01.02.2013 (GVOBl. 2013, 64) zu beurteilen. Hiernach entfaltet der GlüStV 2012 in Schleswig-Holstein Geltung seit dem 08.02.2013. Die genannten Vorschriften sind im Übrigen auch Gegenstand der erforderlichen unionsrechtlichen Notifikation nach der Richtlinie 98/48/EG vom 20. Juli 1998 (ABl. L 217 v. 05.08.1998, S. 18) gewesen.

10

Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Untersagungsverfügung ihre Grundlage in § 9 Abs. 1 GlüStV 2012 findet. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 hat die Glücksspielaufsicht, hier gem. § 6 Abs. 2 Nr. 3 AG GlüStV 2012 der Antragsgegner, die Aufgabe, die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nach diesem Staatsvertrag zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel unterbleibt. In Erfüllung dieser Aufgaben kann sie gem. § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2012 kann sie insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele untersagen. Insoweit ist indes klarzustellen, dass die Untersagungsverfügung nicht, wie das Verwaltungsgericht missverständlich festgestellt hat, als sog. „Minusmaßnahme“ auf diese Vorschrift zu stützen ist, sondern eine der regulären Maßnahmen darstellt, wie sie in nicht abschließender Weise in § 9 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2012 benannt werden.

11

Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 liegen vor. Es handelt sich zunächst bei den von der Antragstellerin beabsichtigten Sportwetten um ein Glücksspiel i.S.d. GlüStV 2012. Letzteres ist in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 legal definiert als Spiel, bei welchem für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV 2012 sind Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses Glücksspiele, wobei nach Satz 4 Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen sind. Da ein in Bezug auf die jeweilige Sportart durchschnittlich Kundiger kaum die Fähigkeit hat, vor Beginn des sportlichen Wettkampfes mit dem Anspruch auf objektive Richtigkeit dessen Ergebnis vorherzusagen, solange keine unzulässige Manipulation vorliegt, hängt der Ausgang der Wette jedenfalls nur zu einem geringen Anteil von den durch die Wettenden zu beeinflussenden Umständen und ganz überwiegend vom Zufall ab. Das Zufallsprinzip wird erst recht deutlich, wenn nicht auf bestimmte Sportereignisse abgestellt wird, sondern auf mehrere aus einer Vielzahl von Ereignissen. Auch wenn nicht in Abrede zu stellen ist, dass Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet des Sportwesens die Chance, einzelne Ergebnisse richtig vorherzusagen, verbessern können, schließt dies die Zufälligkeit des Erfolgs nicht aus. Das Sportgeschehen, soweit es wettkampforientiert ist, gewinnt seinen Reiz für Dritte gerade durch die Ergebnisoffenheit. Außerdem darf das Wettangebot gerade nicht ausschließlich aus der Sicht einzelner, mit den jeweiligen Verhältnissen besonders vertrauter Spieler bewertet werden. Es richtet sich nicht an spezifische Interessentenkreise, sondern an einen unbestimmten Personenkreis mit unterschiedlichen Kenntnissen und Erfahrungen (st. Rspr., BVerwG, Urt. v. 23.08.1994 - 1 C 18.91 -, NVwZ 1995, 475, 476; Urt. v. 28.03.2001 - 6 C 2.01 -, NJW2001, 2648, 2648; Urt. v. 21.06.2006 - 6 C 19.06 -, NVwZ 2006, 1175, 1177. Mit vergleichbarer Begründung auch zum Beispiel des Poker-Spiels BVerwG, Urt. v. 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NJW 2012, 2299, 2300; BayVGH, Beschl. v. 07.03.2012 - 10 CS 10.1347 - ). Sofern Schwierigkeiten in Folge eines uneinheitlichen Verständnisses zwischen dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff i.S.d. § 284 StGB und dem ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriff i.S.d. § 3 Abs. 1 GlüStV 2012 prognostiziert werden und daher eine einheitliche Auslegung beider Begrifflichkeiten gefordert wird (Kruis, Verwaltungsakzessorietät und Einheit der Rechtsordnung - Plädoyer für eine einheitliche Auslegung des Glücksspielbegriffs in § 284 StGB, § 33 h GewO und § 3 I GlüStV, NVwZ 2012, 797), so bezieht sich diese Auseinandersetzung lediglich auf die Frage der Höhe des zu leistenden Entgeltes, nicht aber auf die Intensität des Zufallsmomentes (so auch BVerwG, Urt. v. 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, NVwZ 2014, 889, 890 f.; Urt. v. 09.07.2014 - 8 C 7.13 -, NJW2014, 3175, 3175).

12

Es handelt sich weiter auch um unerlaubtes Glücksspiel. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV 2012 dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und Vermitteln ohne diese Erlaubnis stellt unerlaubtes Glücksspiel dar und ist verboten. Nach § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 ist § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 entsprechend anzuwenden, soweit § 10 Abs. 6 GlüStV 2012, insbesondere im Rahmen einer zeitlich befristeten Experimentierklausel für Sportwetten, nicht anwendbar ist und die dort den Veranstaltern nach §10 Abs. 2 und 3 vorbehaltenen Glücksspiele nur mit einer Konzession veranstaltet werden dürfen. Auch gem. § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV 2012 bedarf die Vermittlung von Sportwetten in Sportvermittlungsstellen der Erlaubnis gem. § 4 Abs. 1 Satz 1. Die Voraussetzungen dieser formellen Illegalität liegen hier vor. Die Antragstellerin ist - bisher erfolglos - Beteiligte eines laufenden Konzessionsverfahrens im Rahmen der Experimentierklausel i.S.d. § 10a GlüStV und keine Erlaubnisinhaberin i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012.

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In der Rechtsfolge sieht § 9 Abs. 1 Sätze 2, 3 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Ermessensentscheidung vor, was auch der Antragsgegner zutreffend angenommen hat. Ermessensfehler i.S.d. § 114 Satz 1 VwGO, die Gegenstand der richterlichen Nachprüfung sind, sind vorliegend nicht ersichtlich.

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Wie das Verwaltungsgericht jedenfalls auch im Ergebnis anerkannt hat, vermag das allein formale Fehlen einer Konzession des Vermittlers i.S.d. § 4a GlüStV 2012 bzw. das allein formale Fehlen der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 erforderlichen Erlaubnis zum Entscheidungszeitpunkt eine umfassende glücksspielrechtliche Untersagung, wie sie hier Gegenstand der Untersuchung ist, noch nicht zu rechtfertigen. Das maßgebliche Konzessionsverfahren ist bisher nicht abgeschlossen und eine Beschleunigung liegt nicht in den Händen der Antragstellerin. Erst nach Abschluss des Konzessionsverfahrens kann sie um eine Erlaubnis i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 nachsuchen. Vorher bliebe ein entsprechender Antrag ohne Erfolgsaussichten. Solange dieser Schwebezustand ohne ein Zutun der Antragstellerin andauert, kann ihr das Fehlen einer Erlaubnis nicht angelastet werden (so auch OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -). Wollte man das Fehlen der Erlaubnis unabhängig von der realistischen Möglichkeit, eine solche zu erlangen, doch zum maßgeblichen Entscheidungskriterium machen, so liefe dies darauf hinaus, in unzulässiger Weise auf ein staatliches Monopol im Bereich der Sportwetten abzustellen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 12.06.2012 - 10 B 10.2959 -; VGH BW, Beschl. v. 30.08.2012-6 S 1083/12-).

15

Von einer Unzulässigkeit des staatlichen Monopols in diesem Bereich ist allerdings die Zulässigkeit des Erlaubnisvorbehalts gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 als solche unabhängig. Der Erlaubnisvorbehalt soll gewährleisten, dass Sportwetten nur durch zuverlässige Personen vermittelt werden, die einen ordnungsgemäßen, den gesetzlichen Vorgaben genügenden Vertrieb der Wettangebote sicherstellen (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13.09 -, NVwZ 2011, 549, 552; vgl. im Anschluss OVG Schleswig, Beschl. v. 11.04.2011 - 4 MB 14/11 -). Insofern stellt es eine zulässige Vorgehensweise dar, im Kern der Ermessensentscheidung auf die materielle Erlaubnisfähigkeit des in den Blick genommenen Vorhabens abzustellen (so auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 640). Dies entspricht letztlich auch der Vorgehensweise des VG Hamburg, Beschl. v. 29.04.2013 - 4 E 331/12 -, S. 18 ff., die die Antragstellerin zur Untermauerung ihrer Argumentation herangezogen hat. Vorliegend hat der Antragsgegner eine solche materiell-rechtliche Überlegung auch von vornherein zum Gegenstand seiner Untersagungsverfügung gemacht. Er hat sie nicht erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens „nachgeschoben“ mit der Folge, dass sich die Untersagungsverfügung ihrem Wesen nach ändern würde, was einer zulässigen Ermessensergänzung i.S.d. §114 Satz 2 VwGO entgegenstehen würde (mit dieser Konsequenz auch VGH BW, Beschl. v. 30.08.2012 - 6 S 1083/12 -).

16

Bereits aus der Regelung des § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV mit ihrem Verweis auf den Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 ergibt sich ferner, dass die Länder im Rahmen des stationären Vertriebs von Sportwetten über dieses Erlaubnisverfahren auch eine Zuständigkeit bzw. Entscheidungskompetenz hinsichtlich der materiellen Genehmigungsfähigkeit nach ihrem Landesrecht innehaben (vgl. Gebhardt, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Auflage, 2013, § 10a, Rn. 26).

17

Im Zuge der Überlegungen zur materiellen Legalität bzw. zur materiellen Erlaubnisfähigkeit hat der Antragsgegner der Antragstellerin aus Verhältnismäßigkeitserwägungen vor Erlass der Untersagungsverfügung eine an die materiellen Voraussetzungen der Landesverordnung über den stationären Vertrieb von Sportwetten (Sportwettvertriebsverordnung - SVVO) vom 15. Juli 2013 (GVOBl. 2013, S. 319) gebundene Duldung in Aussicht gestellt. Soweit die Antragstellerin vorträgt, die SVVO vermöge schon mangels Eröffnung ihres Anwendungsbereichs nicht als taugliche Rechtsgrundlage hierfür zu dienen, folgt der Senat diesem Vorbringen nicht. Ungeachtet der Geltungserstreckung der SVVO auf den konkreten Fall kann das Erfordernis des Nachweises der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen als Minusmaßnahme auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 gestützt werden. Gegenüber der vollständigen Untersagung, die gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2012 grundsätzlich ein zulässiges Vorgehen der Aufsichtsbehörde darstellen kann, stellt die Duldung des Wettvertriebs bis zum Abschluss des Konzessionsverfahrens unter Wahrung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen für diesen Zeitraum eine weniger einschneidende Belastung der Antragstellerin dar. Das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. 22.07.2014 - 8 B 86/13 -) hat eine solche Überlegung mit Blick auf eine vergleichbare Praxis in Rheinland-Pfalz wie folgt gebilligt:

18

„Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die eben genannte [d.h. an die materielle Erlaubnisfähigkeit anknüpfende] Duldungspraxis die Berufs- und Dienstleistungsfreiheit verletzen sollte. Entgegen der Auffassung der Beschwerde werden die Sportwettenvermittler dadurch keiner Duldungspflicht unterworfen, vielmehr werden die nachteiligen Folgen der gesetzlichen Erlaubnispflicht für die Dauer des Konzessionsverfahrens vermindert.“

19

Der Antragsgegner hat jedoch schließlich zu Recht von einer solchen Duldung Abstand genommen, weil die Antragstellerin die entsprechenden Nachweise nicht erbracht hat. So entspricht etwa das von der Antragstellerin mit Schreiben vom 07.09.2014 vorgelegte Vertriebskonzept nicht den Anforderungen an die Darstellung des beabsichtigten Vorhabens hinsichtlich der Voraussetzungen der §§ 3 bis 12 SVVO, weil es über allgemeine Angaben hinaus keinerlei Aussagen zu den Betriebsstätten in Schleswig-Holstein enthält. Weiter wird etwa aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig ersichtlich, ob in den Räumlichkeiten weitere Unterhaltungsspielgeräte zu finden sein sollen, deren Vorhandensein ggf. einen Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 5 Abs. 3 Nr. 4 SVVO nach sich ziehen könnte. Insofern handelt es sich, anders als von der Antragstellerin vorgetragen, auch nicht um untergeordnete, unbedeutende Detailfragen, so dass die Frage einer Unverhältnismäßigkeit der Untersagungsverfügung angesichts dieser Geringfügigkeit dahinstehen kann.

20

Soweit grundsätzlich als milderes Mittel gegenüber einer vollständigen Untersagungsverfügung der Erlass von Nebenbestimmungen in Betracht kommt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 12.06.2012 - 10 B 10.2959 -), hat der Antragsgegner von dieser Möglichkeit ermessensfehlerfrei Abstand genommen. Der Erlass von Nebenbestimmungen bietet sich als milderes Mittel grundsätzlich dort an, wo die Sicherstellung der materiellen Erlaubnisvorschriften unsicher scheint und für die Zukunft sichergestellt werden soll. Dies trifft jedenfalls auf den Bereich des allgemeinen Gewerberechts zu, in welchem per definitionem die Ausführung nicht sozial unwertiger, auf Gewinnerzielung gerichteter und auf Dauer angelegter selbstständiger Tätigkeiten reglementiert wird (statt vieler nur Pielow, in: Pielow, Gewerberecht, Stand: 01.07.2014, § 1 GewO, Rn. 142 ff.). Hier herrscht der Grundsatz der Gewerbefreiheit (vgl. § 1 Abs. 1 GewO), von dem zugunsten einer besonderen Kontrollbedürftigkeit in bestimmten Bereichen Ausnahmen zu machen sind, die eine Erlaubnisbedürftigkeit der jeweiligen Tätigkeiten zur Folge haben. Um in diesen Ausnahmefällen die Verhältnismäßigkeit des Erlaubnisvorbehalts zu wahren, sind regelmäßig besagte Nebenbestimmungen zur Sicherstellung der materiellen Erlaubnisfähigkeit vorrangig vor der Versagung der begehrten Erlaubnis in Betracht zu ziehen.

21

Auf den Bereich des Glücksspielwesens lässt sich diese Betrachtungsweise jedoch nicht ohne weiteres übertragen. Durch § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 hat der interföderale Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er zum Zwecke der präventiven Abwehr von Gefahren für die in § 1 GlüStV 2012 genannten Belange grundsätzlich ein unbedingtes Verbot unerlaubten Glücksspiels, welches als potentiell sozialschädlich eingeordnet wird, verankert wissen will. Eine allgemeine Glücksspielfreiheit besteht hier nicht. Zwar lässt sich aus diesem Unterschied zum allgemeinen Gewerberecht nicht ableiten, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit der in den Blick genommenen Tätigkeit bei der Entscheidung über die Untersagungsverfügung gänzlich außer Acht zu lassen ist (so wohl entgegen BVerwG Pagenkopf, Der neue Glücksspielstaatsvertrag - Neue Ufer, alte Gewässer, NJW 2012, 2918, 2920). Jedoch erscheint es zugunsten einer effektiven Gefahrenabwehr gerechtfertigt, dass es grundsätzlich in die Risikosphäre desjenigen, der eine erlaubnispflichtige Tätigkeit aufnimmt oder diese ohne die erforderliche Erlaubnis in seinen Räumen duldet, fällt, dass diese als solche materiell erlaubnisfähig ist. Ist dies nicht frei von Zweifeln oder sogar ernstlich zweifelhaft, rechtfertigt dies, den Antragsteller im Ergebnis an der formellen Illegalität seines Tuns festzuhalten und ihm die Fortsetzung der Tätigkeit bzw. deren Duldung insgesamt zu untersagen (so auch OVG Berlin, Beschl. v. 04.07.2012 - OVG 1 S 150.11 -). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erscheint es vorliegend gerechtfertigt, die Antragstellerin mit jenem Risiko zu belasten. Sie hat auch nach mehrfacher Aufforderung die erforderlichen Nachweise über die Gewährleistung der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen nicht erbracht, so dass erhebliche Zweifel an der Erfüllung derselben bestehen bleiben. Dementsprechend war vom Antragsgegner nicht (mehr) zu verlangen, diese Unsicherheit über die Erwägung entsprechender Nebenbestimmungen aufzufangen, sondern er konnte im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr eine umfassende Untersagungsverfügung erlassen. Auch die Überlegung des Antragsgegners, eine landesweite Untersagung sei erforderlich, weil ein isoliertes Vorgehen nur gegen die beiden Standorte in Lübeck und Norderstedt nicht gleich geeignet sei, den unerlaubten Wettvertrieb auch an anderen als den bekannten Standorten zu unterbinden, begegnet unter dem Gesichtspunkt der effektiven Gefahrenabwehr keinen Bedenken (vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschl. v. 06.12.2012 - 3 B 268/12 -).

22

Soweit der Antragsgegner sich mit diesem Vorgehen in der Sache an den materiellrechtlichen Vorschriften der SVVO orientiert, bestehen hiergegen auch keine durchgreifenden verfassungs- oder unionsrechtlichen Einwendungen. Soweit die Antragstellerin rügt, das „Duldungsregime“ des Antragsgegners bewege sich in einem Raum gänzlich frei von ermessensregulierenden Maßgaben, erweist sich dies als nicht zutreffend. Gerade durch die Zugrundelegung der Regelungen in der SVVO macht der Antragsgegner nachvollzieh- und vorhersehbar deutlich, welches seine Maßstäbe für die Annahme der materiellen Erlaubnisfähigkeit sind.

23

Soweit die Antragstellerin rügt, eine Notifikation der Vorschriften der SVVO i.S.d. Art. 8 der Richtlinie 98/34 EG sei nicht erfolgt, so greift diese Rüge mangels Notifikationserfordernis in diesem Fall nicht durch. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Voraussetzung für die Notifikationspflicht, dass es zu erheblichen Einschränkungen bei der Vermarktung durch die fragliche Vorschriften kommt (EuGH, Urt. v. 19.07.2012 - C-213/11, C-214/11 und C-217/11 -, Fortuna sp.z. o. o., NVwZ-RR 2012, 717, 718; vgl. mit diesem Kriterium auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 643). Berücksichtigt man, dass die hier angewendete SVVO in ihrer Fassung vom 15.07.2013 den GlüStV 2012 über die Verordnungsermächtigung des § 10 Nr. 5 AG GlüStV 2012 S-H in zulässiger Weise ausgestaltet und keine anderen als die in § 1 GlüStV 2012 genannten Zielsetzungen verfolgen will, sind Einschränkungen bei der Vermarktung, die über die Intensität des GlüStV 2012 bzw. des entsprechenden Ausführungsgesetzes hinausgehen, nicht ausreichend von der Antragstellerin vorgetragen oder aber im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung anderweitig ersichtlich.

24

Die Anwendung der Vorschriften der SVVO auf die Antragstellerin stellt auch keine unverhältnismäßige Beschränkung ihrer Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG dar oder verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG.

25

Die Vorschriften der SVVO verfolgen mit der Sicherstellung der in § 1 GlüStV 2012 genannten Zielsetzungen einen legitimen Zweck. Die Festschreibung der gem. §§ 3 ff. SVVO zu erbringenden Nachweise bestimmter materiell-rechtlicher Anforderungen vermag diese Zielsetzung auch zumindest zu fördern. Mildere Mittel sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Auch hinsichtlich der Angemessenheit des Regelungsregimes der SVVO bestehen keine Bedenken. Die Vorschriften der SVVO stellen lediglich Ausübungsmodalitäten, nicht aber Zugangsschranken zur Ausübung des Berufsbildes des Wettunternehmers dar. Erstere sind wegen ihrer geringen Eingriffsintensität bereits zulässig, wenn sie aufgrund vernünftiger Erwägungen des Gemeinwohls zweckmäßig erscheinen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Interessen des Gemeinwohls, denen die Regelung zu dienen bestimmt ist, umso stärker sein müssen, je empfindlicher die Berufsausübenden in ihrer Berufsfreiheit beeinträchtigt werden (st. Rspr. seit BVerfG, Urt. v. 11.06.1958 - 1 BvR 596/56 -, NJW 1958, 1035, 1038; Hofmann, in: Schmidt- Bleibtreu/Hormann/Henneke, Grundgesetz, Kommentar, 13 Auflage, 2014, Art. 12, Rn. 52 m.w.N.). Dieser Grundsatz ist vorliegend mit Blick auf die Belange des § 1 GlüStV 2012 gewahrt. Es handelt sich bei diesen um Gemeinwohlbelange von einigem Gewicht, denen nachvollziehbare und zumutbare Anforderungen an die Ausgestaltung der Wettbetriebe und an den Nachweis über die Verlässlichkeit der Betriebsdurchführung gegenüber stehen.

26

Auch ein Ermessensfehler in Gestalt der Verletzung der aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Anforderungen liegt nicht vor. Ermächtigt ein Gesetz, wie hier § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV 2012, dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Dies bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 09.07.2014 - 8 C 36/12 -).

27

Ernsthafte Anhaltspunkte für ein willkürlich ungleichmäßiges Vorgehen des Antragsgegners sind vorliegend jedoch weder aufgrund des Vortrags der Antragstellerin noch anderweitig ersichtlich. Zwar hat der Antragsgegner eingeräumt, dass gegenüber Wettbewerbern der Antragstellerin teilweise eine Duldung der formell illegalen Tätigkeit erfolgt. Er hat jedoch gleichzeitig deutlich gemacht, dass dieser Unterschied allein auf der materiellen Erlaubnisfähigkeit der Tätigkeit beruht, so dass sich das Abweichen des Ergebnisses gegenüber der Antragstellerin jedenfalls nicht als willkürlich darstellt. Das von der Antragstellerin vorgetragene Untersagungsregime bzw. dessen konkreter Vollzug durch die Behörden anderer Bundesländern vermag einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG schon deswegen nicht zu begründen, weil nur der jeweils zuständige Normgeber verpflichtet ist, im Wesentlichen gleiche Sachverhalte gleich zu regeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -) bzw. es nur auf den behördlichen Vollzug desselben föderalen Hoheitsträgers ankommen kann (Krieger, in: Schmidt-Bleibtreu/Hormann/Henneke, Grundgesetz, Kommentar, 13 Auflage, 2014, Art. 3, Rn. 27). Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Länder seien im Rahmen des GlüStV 2012 zu einer einheitlichen Verwaltung zwingend verpflichtet, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Aus § 9a GlüStV 2012 lässt sich entnehmen, dass ein ländereinheitliches Verfahren nur in den dort enumerativ aufgezählten Bereichen vorgesehen ist, in den nicht genannten Konstellationen hingegen dementsprechend nicht greifen soll. Ein weitergehendes Verständnis im Sinne einer Pflicht zur umfassenden Länderkoordination erscheint im Übrigen auch im Hinblick auf die ohnedies zu wahrende horizontale Gesamtkohärenz (dazu sogleich) entbehrlich.

28

Schließlich stellt die auf den Regelungen der SVVO basierende Duldungs- bzw. Untersagungspraxis des Antragsgegners keine Verletzung der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 56 AEUV dar.

29

Zwar stellen der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 S. 1 GlüStV 2012 bzw. die Möglichkeit der Untersagung gem. § 9 Abs. 1 GlüStV 2012 eine rechtfertigungsbedürftige Einschränkung dieser Freiheit dar. Die vom EuGH aufgestellten und vom BVerwG näher ausgeführten Anforderungen an die Rechtfertigung dieser Beschränkung sind jedoch vorliegend erfüllt. Derartige staatliche Maßnahmen müssen nämlich mit dem unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot vereinbar sein, zwingende Gründen des Allgemeinwohls verfolgen, geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8C 12/10 -).

30

Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot i.S.d. Art. 57 Abs. 3 AEUV liegt nicht vor, weil die der Untersagungsverfügung des Antragsgegners zugrunde liegenden Rechtsnormen gleichermaßen für in- wie ausländische Betreiber gelten. Im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot ist auch eine Anerkennung der durch die ... Behörden erteilten Genehmigung der Tätigkeiten der Antragstellerin nicht geboten (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1423).

31

Es ist außerdem davon auszugehen, dass die bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten mit den ausweislich § 1 GlüStV 2012 verfolgten Zielen unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen (vgl. noch zum GlüStV 2008 BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 -, NVwZ 2011, 554, 560; EuGH, Urt. v. 12.06.2014 - C-156/13 -, Digibet und Albers, NVwZ 2014, 1001, 1001).

32

Weiter ist zu berücksichtigen, dass es im Glücksspielbereich an einer unionsrechtlichen Kompetenz zur Harmonisierung fehlt. Angesichts dessen bleibt es, dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung gem. Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EUV entsprechend, jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen und zu beurteilen, ob es erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten in diesem Bereich vollständig oder teilweise zu verbieten oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu kontrollieren. Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist dabei allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1413; Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1423; BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12.10 -). Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerdebegründung Zweifel an der Eignung der gesetzlichen Regelungen bzw. der Vollzugspraxis des Antragsgegners aufzuzeigen sucht, folgt der Senat diesen Bedenken nicht.

33

Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH muss eine staatliche Regelung, die auf die Verfolgung zwingender Gründe des Allgemeinwohls gestützt wird, ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zu Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt. Dies ist Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung im jeweiligen Mitgliedstaat (EuGH, Urt. v. 6.11.2003 - C-243/01 -, Gambelli u.a., NJW 2004, 139, 140 f.; Urt. v. 03.06.2010 - C-258/08 -, Ladbrokes, NVwZ 2010, 1081, 1082; Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1414; Urt. v. 08.09.2010 -C-46/08-, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1424). Unter dem Kohärenzerfordernis ist dabei zweierlei zu verstehen: Zum einen erfordert es, dass der Mitgliedstaat die Gemeinwohlziele im Anwendungsbereich der Regelung auch tatsächlich befolgen muss; er darf nicht in Wahrheit andere Ziele, namentlich solche finanzieller Art, anstreben, welche die Beschränkung nicht legitimieren könnten (vgl. nur EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; BVerwG, Urt. v. 11.07.2011 - 8 C 12/10 -; BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14.09 -, NVwZ 2011, 554, 561 f.). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Das Kohärenzgebot stellt dabei kein Uniformitätsgebot oder die Vorgabe einer Optimierung der Zielverwirklichung dar. Jedoch dürfen in anderen Glücksspielsektoren - auch, wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - keine Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1416 und Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 14/09 -, NVwZ 2011, 554, 562). Der EuGH hat mit der vorgenannten Rechtsprechung klargestellt, dass für die vorzunehmende Kohärenzprüfung auch Gegebenheiten aus einem oder mehreren anderen Glücksspielmarktsegmenten als dem konkret untersuchten von Bedeutung sein können, sodass dieses Kriterium nunmehr als Anforderung einer Gesamtkohärenz zu verstehen ist (Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S. 434).

34

Vorliegend bestehen nach der - im Rahmen der summarischen Überprüfung gebildeten - Überzeugung des Senats keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der sektorenübergreifenden Gesamtkohärenz der gerügten Untersagungsregelungen bzw. deren tatsächlicher Umsetzung. Soweit das Verwaltungsgericht jedoch hierzu lediglich ausgeführt hat, dass die Regelungen des Glücksspielrechts den aus der EuGH-Rechtsprechung folgenden Kohärenzanforderungen immer stärker nachgekommen seien, hält der Senat auch im Rahmen der gebotenen summarischen Betrachtung eine ausführlichere Begründung für angemessen:

35

Soweit das Bundesverwaltungsgericht - noch zum GlüStV 2008 - mit dem EuGH das Kohärenzgebot im Sinne einer Gesamtkohärenz interpretiert hat, hat es - ebenso wie der EuGH selbst - keine abschließende Aussage zur Gesamtkohärenz des deutschen Glückspielrechts getroffen (BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 8 C 13/09 -, NVwZ 2011, 549, 552). Eine entsprechende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes mit Blick auf den GlüStV 2012 steht, soweit ersichtlich, noch aus. Auch der EuGH hat im Rahmen seiner Digibet und Albers-Entscheidung vom 12.06.2014 (- C-156/13 -, NVwZ 2014, 1001, 1002) keine abschließende unionsrechtliche Einschätzung des GlüStV 2012 vorgenommen (mit dieser Einschätzung auch Hambach, Aktuelle Entwicklungen im Online-Glücksspielrecht: Keine Ruhe für den GlüStV, Kommunikation&Recht 2014, 570, 573).

36

Zunächst ist festzuhalten, dass mit dem Verwaltungsgericht nicht davon auszugehen ist, dass sich das vom Antragsgegner zugrunde gelegte Regelungsregime bzw. dessen Vollzug in der Praxis in nur vorgeschobener Weise an den Zielen des § 1 GlüStV 2012 orientiert. Die Tatsache allein, dass ein etwaiges fiskalisches Motiv im GlüStV 2012, z.B. in §10 Abs. 5, Niederschlag findet, erlaubt nicht per se die Schlussfolgerung, dieses Motiv sei in Wahrheit nicht nur willkommene Nebenfolge, sondern vielmehr - auch ohne Nennung in § 1 GlüStV 2012 - Hauptmotiv der Regelung (Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S.412). Über die allgemeine Kritik am geltenden Glücksspielrecht hinausgehende Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner die legitimen Ziele des GlüStV 2012 nur scheinheilig verfolgt, hat die Antragstellerin nicht vorbringen können.

37

Im Übrigen hatte der EuGH in seinem Urteil vom 08.09.2010 in der Rechtssache ... u.a. Zweifel am Bestehen einer Gesamtkohärenz insbesondere im Hinblick auf die staatliche Werbetätigkeit im Lotteriebereich, die abweichende Regulierung der Pferdesportwetten sowie die Ausgestaltung des Glücksspielrechts im Bereich der Spielbanken und der gewerblichen Automatenspiele zum Ausdruck gebracht (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C- 316/07 u.a. -, Markus Stoß u.a., NVwZ 2010, 1409, 1415 f.). Diesen Zweifeln dürfte mittlerweile im Zuge der Evaluation und Weiterentwicklung durch den GlüStV 2012 in unionskonformer Weise Rechnung getragen worden sein. Im GlüStV 2012 werden nunmehr neben den allgemeinen Sportwetten, die gem. § 10a GlüStV 2012 - wenn auch in begrenztem Rahmen - einer Privatisierung zugänglich sind, gem. §§ 2 Abs. 5, 27 GlüStV 2012 auch die Pferdesportwetten erfasst. Insoweit wird zwischen beiden Glücksspielsegmenten ein Gleichlauf hergestellt. Im Rahmen des § 5 Abs. 2 bis 4 GlüStV 2012 findet sich überdies ein differenziertes - am unterschiedlichen Gefährdungspotential der Glücksspielarten sowie am unterschiedlichen Wirkpotential der Werbung in verschiedenen Verbreitungsmedien orientiertes - Regime bezüglich der zulässigen Werbung für öffentliches Glücksspiel, welches für staatliche und private Anbieter gleichermaßen gilt. Hinsichtlich der Spielbanken (vgl. §§ 2 Abs. 2, 20 GlüStV 2012) und Spielhallen (vgl. §§ 2 Abs. 3, 24 -26 GlüStV 2012) liegt ebenfalls eine gegenüber der früheren Rechtslage intensivierte Regelung vor. Auch insoweit ist davon auszugehen, dass sich Zweifel an der Regelungskohärenz mit Blick auf die nunmehr jedenfalls nicht mehr stärker reglementierten Sportwetten ausräumen lassen (vgl. zum Ganzen Heseler, Der Einfluss des Europarechts auf die mitgliedstaatliche Glücksspielregelung, Frankreich und Deutschland im Vergleich, 2013, S. 436 ff.).

38

Eine Missachtung des Kohärenzgebotes zeigt die Beschwerdebegründung bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung auch nicht insoweit auf, als darin geltend gemacht wird, der Antragsgegner würde mit seiner Untersagungspraxis im Unterschied zu den anderen Bundesländern ein wesentlich restriktiveres und um einiges intensiver belastendes Regelungsregime vollziehen. In dieser Frage ist der Antragstellerin zwar darin Recht zu geben, dass sich ein Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht auf Umstände, die sich aus seiner internen Rechts- und Verfassungsordnung ergeben, berufen kann, um die Nichteinhaltung unionsrechtlicher Verpflichtungen zu rechtfertigen. Vielmehr müssen im Rahmen eines föderalen Staatsaufbaus Bund und Länder gemeinsam daran arbeiten, dass die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV zu wahren, nicht verletzt wird (EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425; VGH München, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568 - ). Dieser Grundsatz gilt sinngemäß auch im Verhältnis der Bundesländer untereinander. Allerdings liegt nach der Rechtsprechung des EuGH ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot auch in horizontaler Hinsicht, d.h. hinsichtlich der verschiedenen Rechtsträger in der Bundesrepublik, nur vor, wenn feststeht, dass das mit einer einschränkenden Regelung verfolgte Schutzziel mit dieser Regelung nicht mehr wirksam verfolgt werden kann. Auch hier ist eine Optimierung der Zielverwirklichung unionsrechtlich nicht geboten. Entsprechend der oben dargelegten Rechtsprechung des EuGH in Ansehung des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche auf Grund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten. Im Rahmen einer föderalen Kompetenzordnung gilt dies für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber (BVerwG, Urt. v. 20.06.2013 - 8 C 10/12 -, NVwZ 2014, 181, 188; VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640, 642; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568 - in Anlehnung an EuGH, Urt. v. 08.09.2010 - C-46/08 -, Carmen Media, NVwZ 2010, 1422, 1425).

39

Im Hinblick auf die vom Antragsgegner vorgetragene Untersagungspraxis in anderen Bundesländern, etwa in Rheinland-Pfalz, und angesichts der durch die Rechtsprechung belegten und für erforderlich gehaltenen Praxis, eine Untersagung des Sportwettenvertriebes von der Einhaltung materieller Erlaubnisvoraussetzungen abhängig zu machen - was letztlich dem von der Antragstellerin gerügten „Duldungsmodell“ entspricht -, ist nicht ausreichend vorgetragen oder bei der gebotenen summarischen Prüfung anderweitig ersichtlich, dass die Verfolgung der glücksspielrechtlichen Zielsetzungen unter anderen Hoheitsträgern als dem Antragsgegner tatsächlich konterkariert würde. Im Hinblick auf diese Frage verdient im Übrigen auch der Gedanke, ob überhaupt ein überregionaler - möglicherweise zu Konterkarierung führender - Wettbewerb besteht, Beachtung: Anders als z.B. bei über das Internet zugänglichen Glücksspielen, ist es nicht ohne weiteres vorstellbar, dass die in Schleswig-Holstein geltenden Rahmenbedingungen zur Begrenzung des Sportwetten-Glücksspiels den ihnen zugedachten Zweck nicht mehr erfüllen können, wenn andere Bundesländer möglicherweise weniger strenge Anforderungen stellen. Denn anders als z.B. im Internetvertrieb ist die Wahrscheinlichkeit als eher gering einzuschätzen, dass Glücksspieler oder zum Glücksspiel geneigte Personen, die dieses Verlangen wegen der strengeren Anforderungen in Schleswig-Holstein nicht in dem von ihnen gewünschten Maß befriedigen können, ohne weiteres auf terrestrische Wettvertriebe in den weniger strengen Bundesländern ausweichen (mit einem vergleichbaren Gedankengang hinsichtlich Spielbanken BayVGH, Beschl. v. 09.05.2014 - 22 CS 14.568-).

40

Unabhängig von der Frage, ob sich die angefochtene Verfügung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen wird und deshalb die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach den eingangs genannten Maßstäben ausscheidet, führte auch eine Interessenabwägung im Übrigen nicht zu einem anderen Ergebnis. In die Interessenabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind u.a. die Möglichkeit des Eintritts nicht wieder rückgängig zu machender Folgen durch den sofortigen Vollzug, das Gewicht der dem Betroffenen auferlegten Belastung sowie die Dringlichkeit der baldigen Vollziehung und das Gewicht der damit verfolgten Schutzinteressen (vgl. Külpmann, in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage, 2011, Rn. 984 ff.). Führt man diese Gesichtspunkte im vorliegenden Verfahren einer umfassenden Abwägungsentscheidung zu, überwiegen die zugunsten des Antragsgegners zu berücksichtigenden Aspekte. Zwar ist die Antragstellerin belastet durch die ihr drohenden Vollstreckungsmaßnahmen des Antragsgegners in Form der Verhängung eines Zwangsgeldes i.H.v. 25.000 €, welches letztlich auch einhergeht mit dem Stigma der fehlenden Rechtstreue der Antragstellerin. Darüber hinaus hat die Antragstellerin allerdings - von der Darlegung des ihrer Ansicht nach geltenden allgemeinen Grundsatzes der glücksspielrechtlichen Betätigungsfreiheit abgesehen - nicht dargelegt, welche konkreten wirtschaftlichen Konsequenzen ihr aus der vorläufigen Befolgung der Untersagungsverfügung drohen, insbesondere in welcher Höhe ihr Ausfälle in Umsatz und Gewinn drohen und in welchem Verhältnis diese zu den anderweitigen Einnahmen aus den u.a. im Vertriebskonzept zahlreich benannten Vertriebsstellen in anderen Bundesländern stehen. Unabänderliche Konsequenzen infolge der sofortigen Vollziehbarkeit sind damit ebenso wenig ersichtlich wie eine ernsthaft existentielle Bedrohung der Antragstellerin. Zugunsten der sofortigen Vollziehbarkeit streiten weiter die bereits genannten glücksspielrechtlichen Zielsetzungen, die als Allgemeinwohlbelange von einigem Gewicht einzuordnen sind. Diese überwiegen die für den Senat ersichtlichen Belastungen der Antragstellerin (vgl. auch VGH BW, Beschl. v. 22.04.2014-6 S 215/14-, NVwZ-RR 2014, 640, 643).

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

42

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

43

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der der Klägerin die Annahme und die Vermittlung von Sportwetten untersagt wurde. Darüber hinaus wendet sie sich gegen zwei Zwangsgeldfestsetzungsbescheide.

2

Die Klägerin vermittelte im März 2010 in ihrer Betriebsstätte W.straße ... in L. Sportwetten an einen privaten Wettunternehmer. Daraufhin untersagte ihr die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD) mit Ordnungsverfügung vom 19. April 2010 auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV 2008, GVBl. RP 2007, 244) i.V.m. §§ 6, 11 des Landesgesetzes zu dem Glücksspielstaatsvertrag (Landesglücksspielgesetz - LGlüG, GVBl. RP 2007, 240) in ihren Geschäftsräumen sowie im gesamten Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz die Annahme und Vermittlung von Sportwetten aller Anbieter, die nicht über eine Erlaubnis des Landes Rheinland-Pfalz nach dem Landesglücksspielgesetz verfügten, und forderte sie auf, den Betrieb der Annahmestelle für Sportwetten einzustellen. Außerdem ordnete die Behörde die Einstellung der Werbung für Sportwetten an. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe in ihren Betriebsräumen ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis Sportwetten angenommen und vermittelt. Sie habe auch keine Aussicht, eine Erlaubnis zu erhalten, weil die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Interesse der Eindämmung und Lenkung des Spieltriebs der Bevölkerung in Deutschland monopolisiert sei. Auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin sei keine andere Ermessensentscheidung möglich.

3

Nachdem der Beklagte festgestellt hatte, dass die Klägerin weiterhin Sportwetten vermittelte und die Werbung hierfür nicht eingestellt hatte, setzte die ADD mit Bescheiden vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 die angedrohten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 25 000 € fest. Die hiergegen erhobenen Widersprüche wurden nicht beschieden. Die Klägerin beglich die Zwangsgelder am 27. Oktober 2011 und am 5. Dezember 2011.

4

Den Widerspruch der Klägerin gegen die Untersagungsverfügung wies die ADD mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 zurück. Da es sich bei der Untersagung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei maßgeblich auf die derzeitige Sach- und Rechtslage abzustellen. Die von der Klägerin vermittelten Sportwetten wären als öffentliches Glücksspiel nur erlaubt, wenn dafür eine Erlaubnis nach § 6 Abs. 1 LGlüG i.V.m. § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 vorliege. Daran fehle es jedoch. Im Herbst 2010 sei das Erlaubnisverfahren auch für die private Vermittlung von Sportwetten vorsorglich eröffnet worden. Sofern einem Veranstalter eine Erlaubnis erteilt werde, könne für diesen Veranstalter auch eine Vermittlungserlaubnis beantragt werden. Im Fall der Klägerin lägen beide Erlaubnisse derzeit nicht vor. Die Voraussetzungen für deren Erteilung seien auch nicht offensichtlich erfüllt. Nach nochmaliger Ermessensausübung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes werde die Untersagung zur Durchsetzung der Ziele des § 1 GlüStV 2008 aufrechterhalten.

5

Am 30. April 2012 hat die Klägerin Klage gegen die Untersagungsverfügung erhoben, in die sie im Dezember 2012 die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide einbezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20. Juni 2013 den Bescheid vom 19. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2012 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben und festgestellt, dass die Untersagungsverfügung im Zeitraum von ihrer Bekanntgabe am 5. Mai 2010 bis zur Eröffnung des Erlaubnisverfahrens am 8. November 2010 rechtswidrig gewesen sei; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

6

Im Berufungsverfahren, dessen Gegenstand nur noch die Untersagungsverfügung für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 3. April 2012 sowie die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide waren, hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 1. Juli 2014 das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert. Es hat die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 sowie die betriebsstättenbezogenen Anordnungen der Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 aufgehoben und weiterhin festgestellt, dass die Untersagungsverfügung im Zeitraum vom 6. Dezember 2011 bis zum 3. April 2012 rechtswidrig gewesen sei; die weitergehende Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.

7

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide seien rechtswidrig, weil ihnen im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Zwangsmittelverfahrens, also am 5. Dezember 2011, eine rechtmäßige Grundlage gefehlt habe. Die ihnen zugrunde liegende und nicht bestandskräftige Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 sei zu diesem Zeitpunkt ermessensfehlerhaft gewesen, weil sie auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt gewesen sei. Der Beklagte habe zwar nach Abschluss der Zwangsmittelverfahren seine Ermessensausübung modifiziert und die Zurückweisung des Widerspruchs durch Bescheid vom 27. März 2012 mit dem Fehlen einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis begründet. Diese Änderung der Ermessensausübung hinsichtlich der Untersagungsverfügung wirke aber weder auf den Zeitpunkt ihres Erlasses noch auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Zwangsmittelverfahren zurück.

8

Die betriebsstättenbezogenen Anordnungen der Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 seien für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 rechtswidrig gewesen, weil sie ermessensfehlerhaft mit dem Sportwettenmonopol begründet worden seien. Das Sportwettenmonopol sei in diesem Zeitraum schon wegen der Werbung des Monopolträgers für die Sportwette Oddset und für andere Monopolangebote als Sportwetten sowie der im Rahmen des deutschen Lotto- und Totoblocks abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke sowohl nach europarechtlichen als auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben zu beanstanden. Soweit sich der Beklagte auf seine Bereitschaft berufe, seit dem Herbst 2010 auch privaten Wettveranstaltern und Wettvermittlern die erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnisse zu erteilen, habe das keinen Eingang in die Ermessensbetätigung gefunden. Erst im Widerspruchsbescheid, also zeitlich nach dem hier maßgeblichen Zeitraum, habe sich der Beklagte auf den Erlaubnisvorbehalt berufen.

9

Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend: Das angefochtene Urteil verletze § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Das Widerspruchsverfahren sei kein gesondertes zusätzliches Verwaltungsverfahren, sondern bilde mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit. Bei der gebotenen gemeinsamen Überprüfung von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid liege kein Ermessensfehler vor. Außerdem habe das Oberverwaltungsgericht die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB missachtet. Bei zutreffender Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 sei davon auszugehen, dass auch dieser schon maßgeblich auf den Erlaubnisvorbehalt und erst nachrangig auf das Monopol gestützt gewesen sei. Ferner sei das Berufungsgericht von einem unzulässig engen Werbebegriff ausgegangen, der weder mit Gemeinschaftsrecht noch mit deutschem Gesetzesrecht in Einklang stehe. Es sei auch nicht überzeugend, ein strukturelles Vollzugsdefizit darin zu sehen, dass im gesamten entscheidungserheblichen Zeitraum systematisch gegen die Werbebeschränkungen verstoßen worden sei. Die glücksspielrechtliche Betätigung der Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt offensichtlich erlaubnisfähig gewesen. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Februar 2016 in der Rechtssache - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Sebat Ince - könne die Klägerin nichts für sich herleiten. Schließlich seien auch die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide rechtmäßig.

10

Im Laufe des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Untersagung für den Zeitraum vom 6. Dezember 2011 bis zum 3. April 2012 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

11

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. Juli 2014 zu ändern und die Berufung der Klägerin hinsichtlich der betriebsstättenbezogenen Untersagungsverfügung des Beklagten (Ziff. 1, 3, 4, 5, 6 ,8, 9 und 10) für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 sowie hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Das im November 2010 in Rheinland-Pfalz eröffnete Erlaubnisverfahren sei ein unzureichendes "Alibiverfahren" gewesen, dem es an der erforderlichen Transparenz gefehlt habe. Privaten Sportwettenanbietern seien keine Erlaubnisse erteilt worden. Auch der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 4. Februar 2016 die übergangsweise Durchführung eines provisorisch eingerichteten Erlaubnisverfahrens nicht als unionsrechtskonforme Ausgestaltung des Monopols gewertet.

Entscheidungsgründe

14

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Insoweit sind die Urteile der Vorinstanzen klarstellend für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Da seine Tatsachenfeststellungen keine abschließende Entscheidung zulassen, war das angegriffene Urteil, soweit es den verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Untersagungsverfügung und die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide betrifft, aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

15

1. Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage gegen die angegriffene Untersagungsverfügung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig ist. Sie ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels Zwangsgeldes statthaft, weil insoweit noch eine Beschwer durch die betriebsstättenbezogenen Anordnungen bezüglich des bereits abgelaufenen Zeitraums vorliegt.

16

Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet. Das ist der Fall, wenn sie die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die Vollstreckung mittels Zwangsgeldes, weil sie bei Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden kann. Die Rückzahlung eines gezahlten Zwangsgeldes kann nicht auf dem Weg über ein Schadensersatzverlangen auf die Sekundärebene verschoben werden, sondern setzt die Beseitigung der Grundverfügung voraus, die der Vollstreckung zugrunde liegt. Wird ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier die Untersagungsverfügung - nur in bestimmten Abschnitten seines Geltungszeitraums zwangsweise durchgesetzt, genügt es zur Rückabwicklung der Vollstreckung, die Untersagungsverfügung in Ansehung des Zeitraums zu beseitigen, in welchem sie zwangsweise durchgesetzt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 - juris Rn. 19 f.).

17

Im vorliegenden Fall wurde die Untersagungsverfügung mit Zwangsgeldfestsetzungen durchgesetzt, bis die Klägerin am 5. Dezember 2011 das Zwangsgeld in gesamter Höhe beglichen und den Betrieb der Sportwettenvermittlung - bis zur späteren Wiederaufnahme aufgrund einer vom Beklagten erteilten Duldung - eingestellt hat. In Ansehung dieser Zwangsvollstreckung ist die Anfechtungsklage statthaft.

18

Die Anfechtung der Zwangsgeldfestsetzungen vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls zu Recht für zulässig gehalten. Dass die von der Klägerin gegen die beiden Bescheide eingelegten Widersprüche nicht beschieden wurden, steht der Zulässigkeit der Klage gemäß § 75 VwGO nicht entgegen.

19

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Anfechtungsklage sei für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 sowie hinsichtlich der beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide auch begründet, hält jedoch der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Das angefochtene Urteil steht insoweit nicht im Einklang mit Bundesrecht, weil es § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

20

a) Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Beklagten die bundesrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB bei Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 nicht missachtet. Diese Bestimmungen sind auf öffentlich-rechtliche Erklärungen entsprechend anzuwenden. Bei Verwaltungsakten kommt es wie bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen auf den objektiven Erklärungswert an. Maßgeblich ist, wie der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und deren objektiver Gehalt unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts zu ermitteln (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 27). Die Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 durch das Oberverwaltungsgericht genügt diesen Anforderungen. Sie hat den objektiven Erklärungswert dieses Bescheids mit der Annahme, die Untersagungsverfügung sei maßgeblich mit dem staatlichen Glücksspielmonopol begründet, das einen Antrag auf Erteilung der erforderlichen Erlaubnis für die Klägerin und den Wettanbieter aussichtslos erscheinen lasse, zutreffend erfasst.

21

b) Das Berufungsurteil beruht jedoch auf einer unzutreffenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Seine Annahme, der Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 einschließlich der darin enthaltenen Ermessenserwägungen sei nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

22

Gegenstand der Anfechtungsklage ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Das in §§ 68 ff. VwGO geregelte Widerspruchsverfahren ist kein gesondertes Verwaltungsverfahren, sondern bildet mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit, das erst mit einem etwaigen Widerspruchsbescheid abgeschlossen wird (BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1989 - 8 C 14.88 - BVerwGE 84, 178 <181> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Diese Einheit setzt sich im gerichtlichen Verfahren fort, wie § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zeigt. Der Widerspruchsbehörde kommt im Überprüfungsverfahren eine umfassende Kontrollbefugnis zu. Sie hat grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Ausgangsbehörde. Sie ist zur Änderung, Aufhebung und Ersetzung des Ausgangsbescheids einschließlich seiner Begründung und Ermessenserwägungen befugt (BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1978 - 7 C 68.77 - BVerwGE 57, 130 <145>; vom 11. Februar 1999 - 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 <280> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Der Widerspruchsbescheid gibt dem Ausgangsbescheid seine endgültige und für den Verwaltungsprozess maßgebliche Gestalt. Dementsprechend ist der gerichtlichen Prüfung der ursprüngliche Verwaltungsakt mit dem Inhalt und der Begründung zugrunde zu legen, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat (BVerwG, Urteil vom 25. März 1981 - 8 C 69.80 - BVerwGE 62, 80 <81>). Trifft die Widerspruchsbehörde eine eigene Ermessensentscheidung, so tritt diese an die Stelle derjenigen der Ausgangsbehörde und führt bei - auch erstmaligen - Fehlern zugleich zur Aufhebung des Ermessensverwaltungsaktes (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 68 Rn. 14 und § 73 Rn. 13; Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 79 Rn. 22).

23

Nach diesen Grundsätzen hätte das Oberverwaltungsgericht die gerichtliche Kontrolle nicht auf den Ausgangsbescheid vom 19. April 2010 beschränken dürfen, sondern hätte den Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 einschließlich der darin enthaltenen Ermessenserwägungen in seine Prüfung einbeziehen müssen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - (BVerwGE 147, 81 Rn. 32) nichts Anderes entnehmen. Es betrifft die Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO, das hier erst nach Ergehen des Widerspruchsbescheides eingeleitet wurde. Der vom Oberverwaltungsgericht aus dem zitierten Urteil gezogene Schluss, auch in einem vor Klageerhebung abgeschlossenen Widerspruchsverfahren sei eine Änderung der Ermessenserwägungen nicht zulässig, wenn die ursprüngliche Ermessensentscheidung im Kern ausgewechselt werde, findet in dieser Entscheidung keine Grundlage. Der von der Klägerin zur Frage der Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen im Verwaltungsverfahren angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedurfte es nicht, weil ein unionsrechtlicher Bezug dieser Frage im Sinne von Art. 267 Abs. 1 AEUV nicht gegeben ist. Der Berücksichtigung des Widerspruchsbescheids im berufungsgerichtlichen Verfahren steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Klägerin ihren in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht formulierten Antrag ausdrücklich auf den Ausgangsbescheid vom 19. April 2010 beschränkt hat. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO stellt insoweit klar, dass für die Prüfung des Ausgangsbescheids die Gestalt maßgeblich ist, die dieser durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 79 Rn. 6) und entzieht den Parteien insoweit die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand. Ob und inwieweit Verwaltungsverfahrensrecht und § 114 Satz 2 VwGO einer gerichtlichen Berücksichtigung völlig neuer Ermessenserwägungen in einem erst nach Klageerhebung ergangenen Widerspruchsbescheid entgegenstehen können, muss hier nicht geklärt werden, weil das Widerspruchsverfahren bereits vor Klageerhebung abgeschlossen wurde.

24

3. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Es könnte sich trotz des Verstoßes gegen § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Ergebnis als richtig erweisen, wenn auch die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2012 die Untersagung der Sportwettenvermittlung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht rechtfertigen könnte.

25

Anders als der ursprüngliche Verwaltungsakt hat die Widerspruchsbehörde das Vermittlungsverbot im Widerspruchsbescheid jedenfalls für den noch streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 8. November 2010 maßgeblich damit begründet, dass im Herbst 2010 in Rheinland-Pfalz ein Erlaubnisverfahren für Private eröffnet worden sei, die Klägerin aber nicht über die erforderliche Erlaubnis verfüge. Auf diese Begründung kann das Untersagungsermessen jedoch nur dann gestützt werden, wenn das Erlaubnisverfahren geeignet war, die Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols zu beheben. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das rheinland-pfälzische Sportwettenmonopol im verfahrensgegenständlichen Zeitraum rechtswidrig war (a). Es hat jedoch - aus seiner Sicht folgerichtig - keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob das in Rheinland-Pfalz im Herbst 2010 für Private eröffnete Erlaubnisverfahren geeignet war, die Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols zu beheben (b). Da die Tatsachenfeststellungen des Berufungsurteils für eine abschließende Entscheidung des Senats insoweit nicht ausreichen, ist das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

26

a) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das staatliche Sportwettenmonopol sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unions- und verfassungsrechtlich unzulässig gewesen, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Seine Auffassung, das staatliche Monopol habe wegen der im Rahmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke sowie wegen der Werbung des Monopolträgers für die Sportwette Oddset und für andere Monopolangebote als Sportwetten dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot nicht genügt, ist revisionsrechtlich fehlerfrei. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht den Begriff der Werbung nicht unzulässig verengt. Es hat dem angefochtenen Urteil die einschlägige bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung sowie diejenige des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt. Gegen die Anwendung dieser Grundsätze ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (zum Werbebegriff vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 35). Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben wurden und an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), betreibt der Beklagte Werbemaßnahmen zusammen mit anderen im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengefassten Monopolträgern unter einer landesgrenzenübergreifend abgestimmten und systematisch umgesetzten Dachmarkenstrategie. Das Oberverwaltungsgericht ist weiterhin davon ausgegangen, dass es unabhängig hiervon auch wegen der Jackpot-Werbung für die Lotterie "6 aus 49" an der erforderlichen Binnenkohärenz des staatlichen Sportwettenmonopols fehlte. Weiterhin hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Präsentation der Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau, die Übertragung der Ziehung der Lottozahlen im Fernsehen und die Jackpot-Werbung für die Lotterie "6 aus 49" im Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 nicht nur in einzelnen Fällen, sondern systematisch die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung über einen längeren Zeitraum missachteten. Dass das Berufungsgericht aus dieser systematischen Missachtung der Werbebeschränkungen auf ein strukturelles Vollzugsdefizit geschlossen hat, steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 50). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der gegenteiligen Auffassung des Beklagten fest.

27

b) Ob das im Herbst 2010 in Rheinland-Pfalz für Private eröffnete Erlaubnisverfahren geeignet war, das unionsrechtswidrige staatliche Sportwettenmonopol zu beheben, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend beurteilt werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf ein mit dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbares staatliches Sportwettenmonopol auch für eine Übergangszeit nicht weiter angewandt werden (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-409/06 [ECLI:EU:C:2010:503], Winner Wetten - Rn. 69 und vom 24. Januar 2013 - C-186/11 [ECLI:EU:C:2013:33], Stanleybet - Rn. 38.). Zwar kann für eine Übergangszeit bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung das Erlaubnisverfahren für Private eröffnet werden (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 57). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht jedoch die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV der strafrechtlichen Ahndung unerlaubter Sportwettenveranstaltung und -vermittlung entgegen, wenn das für Private eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent, diskriminierungsfrei und gleichheitsgerecht ausgestaltet ist oder praktiziert wird und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer zwar theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder die Vermittlung von Sportwetten erhalten kann, die Kenntnis über das Erlaubnisverfahren aber nicht sichergestellt ist. Insoweit verlangt das unionsrechtliche Transparenzgebot, dass die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen in einer Weise öffentlich bekannt gemacht werden, die potenziellen privaten Veranstaltern oder Vermittlern von Sportwetten die Kenntnisnahme ermöglicht (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Sebat Ince - Rn. 55, 57, 65).

28

Ebenso wenig wie private Wettanbieter oder Wettvermittler nicht wegen Verstoßes gegen den Erlaubnisvorbehalt strafrechtlich sanktioniert werden können, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch ein staatliches Sportwettenmonopol fortbesteht, kann in einem solchen Fall das Fehlen einer Erlaubnis eine Untersagung der Sportwettenvermittlung begründen. Ob das in Rheinland-Pfalz im Herbst 2010 für private Veranstalter und Vermittler von Sportwetten eröffnete Erlaubnisverfahren den dargelegten Anforderungen genügte oder ob ein faktisches Sportwettenmonopol fortbestand, was insbesondere zuträfe, wenn die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen nicht öffentlich bekannt gemacht worden wären, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend entscheiden. Dies wird das Berufungsgericht im zurückverwiesenen Verfahren zu klären haben. Bei dieser Sachlage war die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der auf die Auslegung des Art. 56 AEUV sowie auf das Erlaubnisverfahren bezogenen Fragen nicht geboten. Angesichts der Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht sind diese Fragen nicht entscheidungserheblich.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 06. April 2016 - 5 K 650/16 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.01.2016, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“, ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen, ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen (Ziff. 1) und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben.
Das Verwaltungsgericht, das auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV (in der Fassung des Art. 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GBl. 2012, S. 385 ff.) gestützte Untersagungsverfügung voraussichtlich rechtmäßig sei, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, an dessen Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Unionsrecht keine Zweifel bestünden, Sportwetten in einer Gaststätte vermittele, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und überdies Geldspielgeräte aufgestellt seien. Auf die Frage, ob die Untersagung mit dem bloßen Fehlen einer Erlaubnis begründet werden könne und wie im Hinblick auf die ausstehende Konzessionsvergabe zu verfahren sei, komme es nicht an, da das Regierungspräsidium die Untersagung gerade nicht hierauf gestützt habe.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers ohne Erfolg.
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung aller Voraussicht nach rechtmäßig ist. Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben hat, kann eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung darauf gestützt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten, für die eine Erlaubnis nicht vorliegt, nicht erlaubnisfähig ist, weil sie in einer Gaststätte erfolgt, in der - wie im Fall des Antragstellers - alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. grundlegend den Beschluss des Senats vom 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640). Das Trennungsgebot als materiell-rechtliche Voraussetzung der Sportwettvermittlung findet seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG. Diese Vorschrift beruht in ihrer derzeitigen Fassung vom 01.12.2015 (GBl. S. 1033) auf der genannten Rechtsprechung des Senats zu der bis zum 04.12.2015 geltenden Vorgängernorm § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG. Zu dieser hat der Senat im Einzelnen dargelegt, dass das Trennungsgebot bei verfassungs- und unionsrechtskonformer Auslegung sowohl mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG als auch mit Art. 56 AEUV sowie sonstigem Unionsrecht vereinbar ist (vgl. den Beschluss des Senats vom 22.04.2014, a.a.O.). Hieran hält der Senat auch in Bezug auf den nunmehr geltenden § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, mit dem der Gesetzgeber der zuvor notwendigen verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass das Trennungsgebot nur für Gaststätten gilt, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Rechnung getragen hat (vgl. LT-Drucks. 15/7443, S. 15), fest.
Die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. Soweit er insbesondere geltend macht, es bestehe nach wie vor keine Möglichkeit, eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten zu erhalten, ist ihm entgegenzuhalten, dass - worauf bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - die streitgegenständliche Verfügung gerade nicht auf die formelle Illegalität wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis gestützt ist. So heißt es darin ausdrücklich, dass unerheblich sei, ob es sich „um erlaubte oder unerlaubte Sportwetten“ handele (II. 3. Absatz der Verfügung), und dass die Verfügung für die genannte Örtlichkeit nur solange gelte, als dort eine Gaststätte mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten betrieben werde (II. letzter Absatz der Verfügung). Der Untersagungstatbestand wird damit allein mit dem Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG begründet. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Wettvermittlungsstelle im Übrigen erlaubnisfähig ist oder nicht, und müsste auch bei einer Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV, § 20 Abs. 1 Satz 1 LGlüG an den Antragsteller von ihm beachtet werden. Einer Durchsetzung des Trennungsgebots des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG im Wege der Untersagungsverfügung steht, entgegen der Ansicht des Antragstellers, daher auch nicht entgegen, dass dessen Einhaltung dem Wortlaut nach als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle normiert ist. Mit § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG hat der Gesetzgeber auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV materiell-rechtliche Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten aufgestellt, die unabhängig von einem Erlaubnisverfahren Geltung beanspruchen und auch im Lichte der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht zu beanstanden sind. Anders als der Antragsteller meint, folgt aus einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit der Erlaubnispflichtigkeit in ihrer derzeitigen Gestalt nicht gleichsam die Unionsrechtswidrigkeit weiterer materiell-rechtlicher Anforderungen, die - wie das Trennungsgebot - unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettvermittlung gestellt werden.
Auch unter Heranziehung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 04.02.2016 in der Rechtssache Ince (- C-336/14 -, NVwZ 2016, 369) ergibt sich, entgegen der Ansicht des Antragstellers, kein anderes Ergebnis. Die Entscheidung erging im Rahmen von Strafverfahren, in denen Frau Ince zur Last gelegt wurde, Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis vermittelt zu haben. Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörden daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Wettvermittlung zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatliches Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht. Die in dem Urteil getroffenen Aussagen stellen damit zwar die Unionsrechtmäßigkeit der Erlaubnispflichtigkeit der Sportwettvermittlung in seiner derzeitigen Durchführung in Frage, berühren jedoch das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG nicht. Die Untersagungsverfügung ist vorliegend allein darauf gestützt, dass die Art und Weise der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen sowie losgelöst von ihrer Erlaubnispflichtigkeit materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu trifft das genannte Urteil in der Rechtssache Ince keine Aussage.
Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2016 (- 8 C 5.15 -, ZfWG 2016, 433) sowie auf die jüngere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschlüsse vom 09.06.2016 - 4 B 860/15 -, NWVBl 2016, 459 und - 4 B 1437/15 -, ZfWG 2016, 371) verhilft seiner Argumentation ebenso wenig zum Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 15.06.2016 (a.a.O.) der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince (a.a.O.), die einen strafrechtlichen Hintergrund hatte, angeschlossen und festgestellt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis auch keine verwaltungsrechtliche Untersagung der Wettvermittlung begründen kann, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettvermittlung nicht auf die materiell-rechtliche Unzulässigkeit der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen gestützt werden kann, ist hingegen auch diesem Urteil nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die vom Antragsteller in Bezug genommenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Im Gegenteil geht das Oberverwaltungsgericht darin sogar ausdrücklich von der Zulässigkeit einer Untersagungsverfügung aus monopolunabhängigen Gründen aus. Dass es sich bei dem Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG um eine monopolbezogene Anforderung an die Sportwettvermittlung handelte, ist nicht ersichtlich (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2016 - 4 B 177/16 -, ZfWG 2016, 462 zu einem vergleichbaren Trennungsgebot; vgl. zudem OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.12.2016 - 11 ME 219/16 -, GewArch 2017, 80) und wurde auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargetan. Auch dem von ihm zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 06.05.2015 (- 10 Cs 14.2669 -, juris) kann der Senat den vom Antragsteller gewünschten Gehalt nicht entnehmen. Ihm lag eine in entscheidenden Punkten von der Situation des Antragstellers abweichende Fallgestaltung zugrunde.
Die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung folgt, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus einem strukturellen Vollzugsdefizit in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass konsequent gegen ihm bekanntwerdende Wettvermittlungsstellen vorgegangen werde, die die materiell-rechtlichen monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlungstätigkeit aus § 20 Abs. 1 Satz 2 LGlüG nicht erfüllen. Dies entspricht in tatsächlicher Hinsicht auch der Beobachtung des Senats und wurde vom Antragsteller insoweit nicht substantiiert in Frage gestellt. In rechtlicher Hinsicht beruht diese Differenzierung im Vollzug auf sachlichen Gründen und ist daher nicht zu beanstanden.
Schließlich kann der Senat auch dem Vortrag des Antragstellers, es fehle bereits die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass der vorliegenden Untersagungsverfügung, nicht folgen. Aus der bundesweiten Zuständigkeit des Landes Hessen für die Konzessionsvergabe an Veranstalter von Sportwetten folgt nicht zugleich die Unzuständigkeit der nach Landesrecht zuständigen Behörden für die Untersagung der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten wegen des Verstoßes gegen materiell-rechtliche Anforderungen. Bei dem Trennungsgebot nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG handelt es sich überdies um eine auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV aufgestellte weitergehende Anforderung nach Landesrecht, deren Durchsetzung den baden-württembergischen Behörden obliegt. Dass der hessischen Konzessionsbehörde - wie der Antragsteller meint - nach § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV eine umfassende Zuständigkeit zur Glücksspielaufsicht für das gesamte Bundesgebiet zukäme, kann der Senat nicht erkennen.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der der Klägerin die Annahme und die Vermittlung von Sportwetten untersagt wurde. Darüber hinaus wendet sie sich gegen zwei Zwangsgeldfestsetzungsbescheide.

2

Die Klägerin vermittelte im März 2010 in ihrer Betriebsstätte W.straße ... in L. Sportwetten an einen privaten Wettunternehmer. Daraufhin untersagte ihr die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD) mit Ordnungsverfügung vom 19. April 2010 auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV 2008, GVBl. RP 2007, 244) i.V.m. §§ 6, 11 des Landesgesetzes zu dem Glücksspielstaatsvertrag (Landesglücksspielgesetz - LGlüG, GVBl. RP 2007, 240) in ihren Geschäftsräumen sowie im gesamten Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz die Annahme und Vermittlung von Sportwetten aller Anbieter, die nicht über eine Erlaubnis des Landes Rheinland-Pfalz nach dem Landesglücksspielgesetz verfügten, und forderte sie auf, den Betrieb der Annahmestelle für Sportwetten einzustellen. Außerdem ordnete die Behörde die Einstellung der Werbung für Sportwetten an. Für den Fall der Zuwiderhandlung drohte sie jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin habe in ihren Betriebsräumen ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis Sportwetten angenommen und vermittelt. Sie habe auch keine Aussicht, eine Erlaubnis zu erhalten, weil die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele im Interesse der Eindämmung und Lenkung des Spieltriebs der Bevölkerung in Deutschland monopolisiert sei. Auch unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin sei keine andere Ermessensentscheidung möglich.

3

Nachdem der Beklagte festgestellt hatte, dass die Klägerin weiterhin Sportwetten vermittelte und die Werbung hierfür nicht eingestellt hatte, setzte die ADD mit Bescheiden vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 die angedrohten Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 25 000 € fest. Die hiergegen erhobenen Widersprüche wurden nicht beschieden. Die Klägerin beglich die Zwangsgelder am 27. Oktober 2011 und am 5. Dezember 2011.

4

Den Widerspruch der Klägerin gegen die Untersagungsverfügung wies die ADD mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 zurück. Da es sich bei der Untersagung um einen Dauerverwaltungsakt handele, sei maßgeblich auf die derzeitige Sach- und Rechtslage abzustellen. Die von der Klägerin vermittelten Sportwetten wären als öffentliches Glücksspiel nur erlaubt, wenn dafür eine Erlaubnis nach § 6 Abs. 1 LGlüG i.V.m. § 4 Abs. 1 GlüStV 2008 vorliege. Daran fehle es jedoch. Im Herbst 2010 sei das Erlaubnisverfahren auch für die private Vermittlung von Sportwetten vorsorglich eröffnet worden. Sofern einem Veranstalter eine Erlaubnis erteilt werde, könne für diesen Veranstalter auch eine Vermittlungserlaubnis beantragt werden. Im Fall der Klägerin lägen beide Erlaubnisse derzeit nicht vor. Die Voraussetzungen für deren Erteilung seien auch nicht offensichtlich erfüllt. Nach nochmaliger Ermessensausübung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes werde die Untersagung zur Durchsetzung der Ziele des § 1 GlüStV 2008 aufrechterhalten.

5

Am 30. April 2012 hat die Klägerin Klage gegen die Untersagungsverfügung erhoben, in die sie im Dezember 2012 die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide einbezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 20. Juni 2013 den Bescheid vom 19. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2012 mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben und festgestellt, dass die Untersagungsverfügung im Zeitraum von ihrer Bekanntgabe am 5. Mai 2010 bis zur Eröffnung des Erlaubnisverfahrens am 8. November 2010 rechtswidrig gewesen sei; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

6

Im Berufungsverfahren, dessen Gegenstand nur noch die Untersagungsverfügung für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 3. April 2012 sowie die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide waren, hat das Oberverwaltungsgericht auf die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 1. Juli 2014 das erstinstanzliche Urteil teilweise geändert. Es hat die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 sowie die betriebsstättenbezogenen Anordnungen der Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 aufgehoben und weiterhin festgestellt, dass die Untersagungsverfügung im Zeitraum vom 6. Dezember 2011 bis zum 3. April 2012 rechtswidrig gewesen sei; die weitergehende Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen.

7

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide seien rechtswidrig, weil ihnen im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Zwangsmittelverfahrens, also am 5. Dezember 2011, eine rechtmäßige Grundlage gefehlt habe. Die ihnen zugrunde liegende und nicht bestandskräftige Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 sei zu diesem Zeitpunkt ermessensfehlerhaft gewesen, weil sie auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützt gewesen sei. Der Beklagte habe zwar nach Abschluss der Zwangsmittelverfahren seine Ermessensausübung modifiziert und die Zurückweisung des Widerspruchs durch Bescheid vom 27. März 2012 mit dem Fehlen einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis begründet. Diese Änderung der Ermessensausübung hinsichtlich der Untersagungsverfügung wirke aber weder auf den Zeitpunkt ihres Erlasses noch auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Zwangsmittelverfahren zurück.

8

Die betriebsstättenbezogenen Anordnungen der Untersagungsverfügung vom 19. April 2010 seien für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 rechtswidrig gewesen, weil sie ermessensfehlerhaft mit dem Sportwettenmonopol begründet worden seien. Das Sportwettenmonopol sei in diesem Zeitraum schon wegen der Werbung des Monopolträgers für die Sportwette Oddset und für andere Monopolangebote als Sportwetten sowie der im Rahmen des deutschen Lotto- und Totoblocks abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke sowohl nach europarechtlichen als auch nach verfassungsrechtlichen Maßstäben zu beanstanden. Soweit sich der Beklagte auf seine Bereitschaft berufe, seit dem Herbst 2010 auch privaten Wettveranstaltern und Wettvermittlern die erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnisse zu erteilen, habe das keinen Eingang in die Ermessensbetätigung gefunden. Erst im Widerspruchsbescheid, also zeitlich nach dem hier maßgeblichen Zeitraum, habe sich der Beklagte auf den Erlaubnisvorbehalt berufen.

9

Zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend: Das angefochtene Urteil verletze § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Das Widerspruchsverfahren sei kein gesondertes zusätzliches Verwaltungsverfahren, sondern bilde mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit. Bei der gebotenen gemeinsamen Überprüfung von Ausgangs- und Widerspruchsbescheid liege kein Ermessensfehler vor. Außerdem habe das Oberverwaltungsgericht die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB missachtet. Bei zutreffender Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 sei davon auszugehen, dass auch dieser schon maßgeblich auf den Erlaubnisvorbehalt und erst nachrangig auf das Monopol gestützt gewesen sei. Ferner sei das Berufungsgericht von einem unzulässig engen Werbebegriff ausgegangen, der weder mit Gemeinschaftsrecht noch mit deutschem Gesetzesrecht in Einklang stehe. Es sei auch nicht überzeugend, ein strukturelles Vollzugsdefizit darin zu sehen, dass im gesamten entscheidungserheblichen Zeitraum systematisch gegen die Werbebeschränkungen verstoßen worden sei. Die glücksspielrechtliche Betätigung der Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt offensichtlich erlaubnisfähig gewesen. Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Februar 2016 in der Rechtssache - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Sebat Ince - könne die Klägerin nichts für sich herleiten. Schließlich seien auch die Zwangsgeldfestsetzungsbescheide rechtmäßig.

10

Im Laufe des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Untersagung für den Zeitraum vom 6. Dezember 2011 bis zum 3. April 2012 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

11

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. Juli 2014 zu ändern und die Berufung der Klägerin hinsichtlich der betriebsstättenbezogenen Untersagungsverfügung des Beklagten (Ziff. 1, 3, 4, 5, 6 ,8, 9 und 10) für den Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 sowie hinsichtlich der Zwangsgeldfestsetzungsbescheide des Beklagten vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 zurückzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Das im November 2010 in Rheinland-Pfalz eröffnete Erlaubnisverfahren sei ein unzureichendes "Alibiverfahren" gewesen, dem es an der erforderlichen Transparenz gefehlt habe. Privaten Sportwettenanbietern seien keine Erlaubnisse erteilt worden. Auch der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 4. Februar 2016 die übergangsweise Durchführung eines provisorisch eingerichteten Erlaubnisverfahrens nicht als unionsrechtskonforme Ausgestaltung des Monopols gewertet.

Entscheidungsgründe

14

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Insoweit sind die Urteile der Vorinstanzen klarstellend für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Da seine Tatsachenfeststellungen keine abschließende Entscheidung zulassen, war das angegriffene Urteil, soweit es den verfahrensgegenständlichen Zeitraum der Untersagungsverfügung und die beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide betrifft, aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

15

1. Das Oberverwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage gegen die angegriffene Untersagungsverfügung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig ist. Sie ist in Ansehung der Vollstreckung der Untersagungsverfügung mittels Zwangsgeldes statthaft, weil insoweit noch eine Beschwer durch die betriebsstättenbezogenen Anordnungen bezüglich des bereits abgelaufenen Zeitraums vorliegt.

16

Glücksspielrechtliche Untersagungen erledigen sich als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung tritt allerdings nicht ein, wenn die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet. Das ist der Fall, wenn sie die Rechtsgrundlage für noch rückgängig zu machende Vollstreckungsmaßnahmen bildet. Dazu gehört die Vollstreckung mittels Zwangsgeldes, weil sie bei Aufhebung der Grundverfügung rückabgewickelt werden kann. Die Rückzahlung eines gezahlten Zwangsgeldes kann nicht auf dem Weg über ein Schadensersatzverlangen auf die Sekundärebene verschoben werden, sondern setzt die Beseitigung der Grundverfügung voraus, die der Vollstreckung zugrunde liegt. Wird ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier die Untersagungsverfügung - nur in bestimmten Abschnitten seines Geltungszeitraums zwangsweise durchgesetzt, genügt es zur Rückabwicklung der Vollstreckung, die Untersagungsverfügung in Ansehung des Zeitraums zu beseitigen, in welchem sie zwangsweise durchgesetzt wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 17.12 - juris Rn. 19 f.).

17

Im vorliegenden Fall wurde die Untersagungsverfügung mit Zwangsgeldfestsetzungen durchgesetzt, bis die Klägerin am 5. Dezember 2011 das Zwangsgeld in gesamter Höhe beglichen und den Betrieb der Sportwettenvermittlung - bis zur späteren Wiederaufnahme aufgrund einer vom Beklagten erteilten Duldung - eingestellt hat. In Ansehung dieser Zwangsvollstreckung ist die Anfechtungsklage statthaft.

18

Die Anfechtung der Zwangsgeldfestsetzungen vom 27. September 2011 und vom 4. November 2011 hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls zu Recht für zulässig gehalten. Dass die von der Klägerin gegen die beiden Bescheide eingelegten Widersprüche nicht beschieden wurden, steht der Zulässigkeit der Klage gemäß § 75 VwGO nicht entgegen.

19

2. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Anfechtungsklage sei für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 sowie hinsichtlich der beiden Zwangsgeldfestsetzungsbescheide auch begründet, hält jedoch der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Das angefochtene Urteil steht insoweit nicht im Einklang mit Bundesrecht, weil es § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO verletzt (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

20

a) Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Beklagten die bundesrechtlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB bei Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 nicht missachtet. Diese Bestimmungen sind auf öffentlich-rechtliche Erklärungen entsprechend anzuwenden. Bei Verwaltungsakten kommt es wie bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen auf den objektiven Erklärungswert an. Maßgeblich ist, wie der Empfänger die Erklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der für ihn erkennbaren Umstände verstehen musste. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen und deren objektiver Gehalt unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts zu ermitteln (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 27). Die Auslegung des Ausgangsbescheids vom 19. April 2010 durch das Oberverwaltungsgericht genügt diesen Anforderungen. Sie hat den objektiven Erklärungswert dieses Bescheids mit der Annahme, die Untersagungsverfügung sei maßgeblich mit dem staatlichen Glücksspielmonopol begründet, das einen Antrag auf Erteilung der erforderlichen Erlaubnis für die Klägerin und den Wettanbieter aussichtslos erscheinen lasse, zutreffend erfasst.

21

b) Das Berufungsurteil beruht jedoch auf einer unzutreffenden Anwendung des § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Seine Annahme, der Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 einschließlich der darin enthaltenen Ermessenserwägungen sei nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

22

Gegenstand der Anfechtungsklage ist nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Das in §§ 68 ff. VwGO geregelte Widerspruchsverfahren ist kein gesondertes Verwaltungsverfahren, sondern bildet mit dem Ausgangsverfahren eine Einheit, das erst mit einem etwaigen Widerspruchsbescheid abgeschlossen wird (BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1989 - 8 C 14.88 - BVerwGE 84, 178 <181> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Diese Einheit setzt sich im gerichtlichen Verfahren fort, wie § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zeigt. Der Widerspruchsbehörde kommt im Überprüfungsverfahren eine umfassende Kontrollbefugnis zu. Sie hat grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Ausgangsbehörde. Sie ist zur Änderung, Aufhebung und Ersetzung des Ausgangsbescheids einschließlich seiner Begründung und Ermessenserwägungen befugt (BVerwG, Urteile vom 1. Dezember 1978 - 7 C 68.77 - BVerwGE 57, 130 <145>; vom 11. Februar 1999 - 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 <280> und vom 23. August 2011 - 9 C 2.11 - BVerwGE 140, 245 Rn. 20). Der Widerspruchsbescheid gibt dem Ausgangsbescheid seine endgültige und für den Verwaltungsprozess maßgebliche Gestalt. Dementsprechend ist der gerichtlichen Prüfung der ursprüngliche Verwaltungsakt mit dem Inhalt und der Begründung zugrunde zu legen, die er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat (BVerwG, Urteil vom 25. März 1981 - 8 C 69.80 - BVerwGE 62, 80 <81>). Trifft die Widerspruchsbehörde eine eigene Ermessensentscheidung, so tritt diese an die Stelle derjenigen der Ausgangsbehörde und führt bei - auch erstmaligen - Fehlern zugleich zur Aufhebung des Ermessensverwaltungsaktes (vgl. Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 68 Rn. 14 und § 73 Rn. 13; Brenner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 79 Rn. 22).

23

Nach diesen Grundsätzen hätte das Oberverwaltungsgericht die gerichtliche Kontrolle nicht auf den Ausgangsbescheid vom 19. April 2010 beschränken dürfen, sondern hätte den Widerspruchsbescheid vom 27. März 2012 einschließlich der darin enthaltenen Ermessenserwägungen in seine Prüfung einbeziehen müssen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - (BVerwGE 147, 81 Rn. 32) nichts Anderes entnehmen. Es betrifft die Zulässigkeit des Nachschiebens von Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 114 Satz 2 VwGO, das hier erst nach Ergehen des Widerspruchsbescheides eingeleitet wurde. Der vom Oberverwaltungsgericht aus dem zitierten Urteil gezogene Schluss, auch in einem vor Klageerhebung abgeschlossenen Widerspruchsverfahren sei eine Änderung der Ermessenserwägungen nicht zulässig, wenn die ursprüngliche Ermessensentscheidung im Kern ausgewechselt werde, findet in dieser Entscheidung keine Grundlage. Der von der Klägerin zur Frage der Zulässigkeit des Nachschiebens von Gründen im Verwaltungsverfahren angeregten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedurfte es nicht, weil ein unionsrechtlicher Bezug dieser Frage im Sinne von Art. 267 Abs. 1 AEUV nicht gegeben ist. Der Berücksichtigung des Widerspruchsbescheids im berufungsgerichtlichen Verfahren steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Klägerin ihren in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht formulierten Antrag ausdrücklich auf den Ausgangsbescheid vom 19. April 2010 beschränkt hat. § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO stellt insoweit klar, dass für die Prüfung des Ausgangsbescheids die Gestalt maßgeblich ist, die dieser durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 79 Rn. 6) und entzieht den Parteien insoweit die Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand. Ob und inwieweit Verwaltungsverfahrensrecht und § 114 Satz 2 VwGO einer gerichtlichen Berücksichtigung völlig neuer Ermessenserwägungen in einem erst nach Klageerhebung ergangenen Widerspruchsbescheid entgegenstehen können, muss hier nicht geklärt werden, weil das Widerspruchsverfahren bereits vor Klageerhebung abgeschlossen wurde.

24

3. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Es könnte sich trotz des Verstoßes gegen § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO im Ergebnis als richtig erweisen, wenn auch die Begründung des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2012 die Untersagung der Sportwettenvermittlung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht rechtfertigen könnte.

25

Anders als der ursprüngliche Verwaltungsakt hat die Widerspruchsbehörde das Vermittlungsverbot im Widerspruchsbescheid jedenfalls für den noch streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 8. November 2010 maßgeblich damit begründet, dass im Herbst 2010 in Rheinland-Pfalz ein Erlaubnisverfahren für Private eröffnet worden sei, die Klägerin aber nicht über die erforderliche Erlaubnis verfüge. Auf diese Begründung kann das Untersagungsermessen jedoch nur dann gestützt werden, wenn das Erlaubnisverfahren geeignet war, die Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols zu beheben. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das rheinland-pfälzische Sportwettenmonopol im verfahrensgegenständlichen Zeitraum rechtswidrig war (a). Es hat jedoch - aus seiner Sicht folgerichtig - keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob das in Rheinland-Pfalz im Herbst 2010 für Private eröffnete Erlaubnisverfahren geeignet war, die Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols zu beheben (b). Da die Tatsachenfeststellungen des Berufungsurteils für eine abschließende Entscheidung des Senats insoweit nicht ausreichen, ist das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

26

a) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das staatliche Sportwettenmonopol sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum unions- und verfassungsrechtlich unzulässig gewesen, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Seine Auffassung, das staatliche Monopol habe wegen der im Rahmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks abgestimmten Werbestrategie unter einer gemeinsamen Dachmarke sowie wegen der Werbung des Monopolträgers für die Sportwette Oddset und für andere Monopolangebote als Sportwetten dem unionsrechtlichen Kohärenzgebot nicht genügt, ist revisionsrechtlich fehlerfrei. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht den Begriff der Werbung nicht unzulässig verengt. Es hat dem angefochtenen Urteil die einschlägige bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung sowie diejenige des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt. Gegen die Anwendung dieser Grundsätze ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern (zum Werbebegriff vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 35). Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, gegen die keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben wurden und an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), betreibt der Beklagte Werbemaßnahmen zusammen mit anderen im Deutschen Lotto- und Totoblock zusammengefassten Monopolträgern unter einer landesgrenzenübergreifend abgestimmten und systematisch umgesetzten Dachmarkenstrategie. Das Oberverwaltungsgericht ist weiterhin davon ausgegangen, dass es unabhängig hiervon auch wegen der Jackpot-Werbung für die Lotterie "6 aus 49" an der erforderlichen Binnenkohärenz des staatlichen Sportwettenmonopols fehlte. Weiterhin hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Präsentation der Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau, die Übertragung der Ziehung der Lottozahlen im Fernsehen und die Jackpot-Werbung für die Lotterie "6 aus 49" im Zeitraum vom 8. November 2010 bis zum 5. Dezember 2011 nicht nur in einzelnen Fällen, sondern systematisch die unionsrechtlichen Grenzen zulässiger Werbung über einen längeren Zeitraum missachteten. Dass das Berufungsgericht aus dieser systematischen Missachtung der Werbebeschränkungen auf ein strukturelles Vollzugsdefizit geschlossen hat, steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 50). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der gegenteiligen Auffassung des Beklagten fest.

27

b) Ob das im Herbst 2010 in Rheinland-Pfalz für Private eröffnete Erlaubnisverfahren geeignet war, das unionsrechtswidrige staatliche Sportwettenmonopol zu beheben, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend beurteilt werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf ein mit dem freien Dienstleistungsverkehr unvereinbares staatliches Sportwettenmonopol auch für eine Übergangszeit nicht weiter angewandt werden (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-409/06 [ECLI:EU:C:2010:503], Winner Wetten - Rn. 69 und vom 24. Januar 2013 - C-186/11 [ECLI:EU:C:2013:33], Stanleybet - Rn. 38.). Zwar kann für eine Übergangszeit bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung das Erlaubnisverfahren für Private eröffnet werden (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 Rn. 57). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union steht jedoch die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV der strafrechtlichen Ahndung unerlaubter Sportwettenveranstaltung und -vermittlung entgegen, wenn das für Private eröffnete Erlaubnisverfahren nicht transparent, diskriminierungsfrei und gleichheitsgerecht ausgestaltet ist oder praktiziert wird und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer zwar theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder die Vermittlung von Sportwetten erhalten kann, die Kenntnis über das Erlaubnisverfahren aber nicht sichergestellt ist. Insoweit verlangt das unionsrechtliche Transparenzgebot, dass die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen in einer Weise öffentlich bekannt gemacht werden, die potenziellen privaten Veranstaltern oder Vermittlern von Sportwetten die Kenntnisnahme ermöglicht (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Sebat Ince - Rn. 55, 57, 65).

28

Ebenso wenig wie private Wettanbieter oder Wettvermittler nicht wegen Verstoßes gegen den Erlaubnisvorbehalt strafrechtlich sanktioniert werden können, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch ein staatliches Sportwettenmonopol fortbesteht, kann in einem solchen Fall das Fehlen einer Erlaubnis eine Untersagung der Sportwettenvermittlung begründen. Ob das in Rheinland-Pfalz im Herbst 2010 für private Veranstalter und Vermittler von Sportwetten eröffnete Erlaubnisverfahren den dargelegten Anforderungen genügte oder ob ein faktisches Sportwettenmonopol fortbestand, was insbesondere zuträfe, wenn die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen nicht öffentlich bekannt gemacht worden wären, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend entscheiden. Dies wird das Berufungsgericht im zurückverwiesenen Verfahren zu klären haben. Bei dieser Sachlage war die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der auf die Auslegung des Art. 56 AEUV sowie auf das Erlaubnisverfahren bezogenen Fragen nicht geboten. Angesichts der Zurückverweisung der Sache an das Oberverwaltungsgericht sind diese Fragen nicht entscheidungserheblich.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

2

Spätestens seit Oktober 2009 veranstaltete bzw. vermittelte sie auf mehreren Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus aufrufbar waren, Rubbellos- und Casinospiele. Mit Bescheid vom 4. Februar 2010 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der damaligen Fassung (GlüStV 2008) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Nr. 2). Außerdem drohte das Regierungspräsidium ein Zwangsgeld an (Nr. 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr für den Bescheid fest (Nr. 4). Die Klägerin veranstalte bzw. vermittle auf den von Baden-Württemberg aus abrufbaren Internetseiten A, B, C, D, E, F und G Online-Rubbellos- und Online-Casinospiele und betreibe Werbung hierfür. Die für Baden-Württemberg erforderliche Erlaubnis besitze sie nicht. Eine solche könne ihr auch nicht erteilt werden. Außerdem wurde ausgeführt, die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache zuvor im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Berufungsurteils aufgehoben. Die Untersagungsverfügung genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Sie erfasse jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben werde, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei. Sie stelle keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung dar, sondern gebe lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wieder und überschreite damit eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit. Die Verfügung wäre auch dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie sich nur auf Online-Rubbellos- und Online-Casinospiele bezöge. Auch die generalisierende Nennung von Glücksspielarten in der Begründung des Bescheides bestimme die Reichweite ihres Regelungsgehalts nicht hinreichend. Die Untersagungsverfügung sei außerdem ermessensfehlerhaft ergangen. Dabei könne offenbleiben, ob das Entschließungsermessen auf Null reduziert sei. Im Lichte von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG dürfe die zuständige Behörde in gleich gelagerten Fällen nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspiel vorgegangen werde (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

4

Im Revisionsverfahren hat der Beklagte erklärt, der Bescheid vom 4. Februar 2010 beziehe sich lediglich auf Online-Rubellos- und Online-Casinospiele. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit der Bescheid zunächst auch andere nicht ausdrücklich benannte Glücksspielarten erfasst hat. Außerdem haben die Beteiligten bezüglich des Untersagungszeitraums zwischen dem Ergehen des Berufungsurteils und dem 25. Oktober 2017 - dem Tag vor der Revisionsverhandlung - übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben.

5

Zur Begründung seiner Revision führt der Beklagte aus, der angegriffene Bescheid sei jedenfalls in seinem zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang, der durch eine Bezugnahme auf die von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten beschrieben werde, hinreichend bestimmt. Insoweit komme es darauf an, ob der Adressat des Bescheides erkennen könne, was von ihm gefordert werde. Die Benennung der Glücksspielkategorien Online-Rubbellos- und Online-Casinospiel reiche aus, um die Reichweite der Verfügung eindeutig zu definieren. Bei verständiger Auslegung nach dem Empfängerhorizont sei eindeutig, dass zu den untersagten Online-Casinospielen auch Automatenspiele im Internet gehörten. Online-Rubbellose seien wiederum von einer Lotterie abgrenzbar, weil sie keinem festgesetzten Spielplan folgten, sondern Automatenspielen ähnelten. Die Glücksspielaufsicht sei zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet gewesen, weil das von dieser veranstaltete Online-Glücksspiel wegen Verstoßes gegen das Internetverbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008; jetzt GlüStV 2012) materiell nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Vor dem Einschreiten gegen einzelne illegale Anbieter müsse kein Vollzugskonzept entworfen werden. Es liege wegen des großen Angebots an illegalem Glücksspiel im Internet in der Natur der Sache, dass nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten der Behörde bekannt gewordene Fälle aufgegriffen und abgearbeitet würden. Das Internetverbot stehe auch mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV im Einklang. Wegen der spezifischen Gefahren des Anbietens von Spielen über das Internet sei es zur Bekämpfung der Spielsucht und zur Gewährleistung des Jugendschutzes erforderlich und angemessen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 27. Mai 2016 zu ändern, soweit es den Untersagungszeitraum ab dem 26. Oktober 2017 betrifft, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 insoweit zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das Berufungsurteil und führt ergänzend aus, die Untersagung habe durch eine Auflistung der untersagten Glücksspiele im Einzelnen inhaltlich konkretisiert werden können und müssen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Spiel als Glücksspiel einzustufen sei, dürfe nicht in ein etwaiges Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Im Übrigen sei der Senat an die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs gebunden, dass der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen habe vorweisen können.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er trägt ergänzend vor, die Klägerin und der Beklagte seien aufgrund ihrer Sachkenntnis in der Lage, zu beurteilen, ob die von der Klägerin im Internet angebotenen oder vermittelten Online-Rubbellos- und Online-Casinospiele Glücksspiele darstellten. Das Willkürverbot verpflichte den Beklagten nicht, auf der Grundlage eines landesweiten Handlungskonzepts flächendeckend und gleichzeitig gegen die Anbieter unerlaubten Glücksspiels im Internet vorzugehen.

Entscheidungsgründe

10

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben; insoweit sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Insoweit beruht das angegriffene Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angegriffenen Bescheid, soweit er noch Streitgegenstand ist, zu Unrecht für unbestimmt gehalten und damit § 37 Abs. 1 VwVfG BW, der seinem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 VwVfG entspricht und daher revisibel ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), verletzt.

12

Nach § 37 Abs. 1 VwVfG BW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1975 - 6 C 163.73 - BVerwGE 48, 279 <281 f.>) kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Ob der Bescheid in solch einem Fall auch nichtig ist, regelt § 44 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 <149>).

13

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 <89> m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <284>).

14

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des angegriffenen Bescheides. Sie betreffen ausschließlich die in dessen Begründung bezeichneten, von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten der Online-Rubbellose und Online-Casinospiele, nicht jedoch die darüber hinausgehende, von den Teilerledigungserklärungen umfasste Erstreckung der Verfügung auf jegliches von Baden-Württemberg aus abrufbare öffentliche Glücksspiel im Internet.

15

Der Gegenstand der verbliebenen, noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des Bescheides wird durch die Benennung der Glücksspielarten (Online-Rubbellose und Online-Casinospiele) bezeichnet und durch die Aufzählung der Internetseiten mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin in der Begründung des Bescheides konkretisiert. Dadurch wird die sachkundige Klägerin in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche konkreten Glücksspiele unter die Verbotsverfügung im noch verfahrensgegenständlichen Umfang fallen. Die Bezeichnung der Glücksspielarten knüpft jeweils an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Rubbellose) oder an die Zugehörigkeit zu denjenigen Glücksspielen an, die üblicherweise in Spielbanken angeboten werden (Casino-Spiele). Zu diesen zählt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem sogenannten Großen Spiel (wie etwa Roulette und Baccara) auch das als Kleines Spiel bezeichnete Automatenspiel (etwa an Slot-Machines). Für die Klägerin als sachkundige Anbieterin ist damit klargestellt, dass die Verbotsverfügung neben jeglicher Art von Online-Rubbellosen und den Online-Varianten des Großen Spiels auch Online-Varianten des sogenannten Kleinen Spiels erfasst. Etwa verbleibende Unsicherheiten bei der Zuordnung eines Spiels oder künftig geplanten Spielangebots räumt die beispielhafte Konkretisierung der untersagten Spielangebote durch die Aufzählung der Internetseiten aus, deren Angebote - für die Klägerin erkennbar - Anlass des Einschreitens des Beklagten waren. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin möglicherweise zukünftig angebotenen Spielen um Rubbellos- oder Casinospiele handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedurfte es daher nicht.

16

Ein höheres Maß an Bestimmtheit ist nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GBl. BW 2012, 385, 388) - bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen gegenüber Dritten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. Financial Blocking), geboten. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber diesen Dritten, die losgelöst von der Untersagungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt sein müssen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2016 - 11 ME 61/16 - GewArch 2016, 425 <426>). Verfügungen, mit denen Dritten Zahlungseinschränkungen auferlegt werden, um unerlaubte Glücksspielaktivitäten zu unterbinden, stellen keine Vollstreckung aus einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung dar, sondern unabhängige Instrumente der Glücksspielaufsicht, die an "unerlaubtes" und nicht an untersagtes Glücksspiel anknüpfen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB. Die Frage nach einer etwaigen Strafbarkeit stellt sich unabhängig von der Vollstreckung einer Untersagungsverfügung. Insofern muss das Strafgesetz seinerseits hinreichend bestimmt sein.

17

Die Untersagungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG BW schließlich auch, soweit mit ihr das "Unterstützen" der Veranstaltung oder Vermittlung von bzw. Werbung für Online-Rubbellose oder Online-Casinospiele untersagt wird. Was "Unterstützen" im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar weder gesetzlich festgelegt noch durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt (vgl. aber z.B. zum Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 28 ff.). Aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde wird aber unzweifelhaft deutlich, dass sämtliche Beiträge unterbunden werden sollen, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, der Klägerin selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa durch Zurverfügungstellen einer Domain oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung von solchen Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte.

18

2. Auch die weitere selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, verletzt Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermessensverstoß mit der Begründung bejaht, selbst bei einer Reduzierung des Entschließungsermessens auf Null habe der Beklagte gegen die Klägerin nur aufgrund eines im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG tragfähigen Eingriffskonzepts einschreiten dürfen. Das Erfordernis eines vorherigen Eingriffskonzepts auch bei einer Verpflichtung zum Einschreiten im konkreten Fall ist jedoch weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 12 Abs. 1 GG zu entnehmen.

19

a) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hängt die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung eines zeitlich gestaffelten Vorgehens in Fällen der Ermessensreduzierung auf Null nach Art. 3 Abs. 1 GG nur vom Vorliegen zureichender sachlicher Gründe für etwaige Differenzierungen und nicht zusätzlich davon ab, dass die Behörde vor dem ersten Zugriff ein Eingriffskonzept erstellt hat und auf dessen Grundlage vorgegangen ist. Zwar bindet ein etwa erstelltes Konzept die Behörde als antizipierte Verwaltungspraxis gleichheitsrechtlich ebenso wie eine bereits bestehende Praxis. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht, vor dem gesetzlich gebotenen Zugriff ein behördliches Eingriffskonzept zu erstellen.

20

Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 - 8 C 36.12 - NVwZ 2014, 1583 m.w.N.).

21

Anders verhält es sich, wenn die Behörde, wie hier vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt, zum Einschreiten verpflichtet ist. Bei einer Ermessensreduzierung auf Null hat die Behörde keine Handlungsalternativen mehr, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.

22

Entscheidet eine Behörde sich, den Einsatz ihrer begrenzten Ressourcen, die kein gleichzeitiges Einschreiten gegen alle Störungen ermöglichen, an einem Plan auszurichten, muss sie sich, um Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu verletzen, an ihn halten. Fehlt es an einem Plan, so genügt es, dass sich ein Einschreiten der Behörde nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (vgl. zu Bauordnungsverfügungen: BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 - juris Rn. 5). Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten.

23

Die Forderung des Berufungsgerichts, die zeitliche Reihenfolge des Vorgehens gegen Anbieter von Internetglücksspielen an deren Marktpräsenz, Umsätzen oder Gewinn auszurichten, überspannt diese Anforderungen deutlich. Seine für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen Plan für sein Einschreiten verlassen hätte oder gar willkürlich vorgegangen wäre.

24

b) Das Aufstellen eines Zeitplans für das ordnungsbehördliche Einschreiten ist vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des Konkurrenzschutzes durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Wird ein Konkurrent erst später als die Klägerin mit einer Untersagungsverfügung überzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür auch ihm gegenüber schon zum Zeitpunkt des Einschreitens gegen die Klägerin vorlagen, mag er zwar daraus einen faktischen Wettbewerbsvorteil ziehen können. Daraus folgt jedoch kein Recht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die eigene Tätigkeit bis zum Einschreiten - auch - gegen den Konkurrenten fortsetzen zu dürfen. Die Berufsfreiheit schützt nämlich keine Tätigkeiten, die der Gesetzgeber grundrechtskonform als unerlaubt eingestuft hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 <397>). Sie vermittelt keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit dem Internetverbot bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <6>).

25

3. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruht mangels tragfähiger Alternativbegründung auf der dargestellten Verletzung revisiblen Rechts und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen der Untersagungsverfügung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in deren Rechten.

26

a) Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 1 und 2 der angegriffenen Verfügung vom 4. Februar 2010, soweit diese den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit dem 26. Oktober 2017 betreffen, sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der derzeit geltenden Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2012 - i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 2 des Landesglücksspielgesetzes BW - LGlüG. Die genannten Vorschriften ermächtigen die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden. Die Behörden dürfen insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und Werbung hierfür untersagen. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG legt auf der Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV 2012 weitergehend fest, dass die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür untersagt werden sollen.

27

Die Voraussetzungen für eine Untersagung sind hiernach erfüllt. Die von der Klägerin im Internet veranstalteten Rubbellos- und Casinospiele bedürfen einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GlüStV 2012), die sie nicht hat und die ihr auch nicht erteilt werden kann. Das Veranstalten und Vermitteln dieser öffentlichen Glücksspiele im Internet und die Werbung hierfür sind ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV 2012). Das Regierungspräsidium war auch zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet. Wird die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift gesteuert, hat die zuständige Behörde grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Liegen, wie hier, keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318 <323>).

28

b) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 kann der Klägerin entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

29

aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

30

Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, weil bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).

31

Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc).

32

bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Auch im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden. Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

33

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

34

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.

35

cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.

36

Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

37

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

38

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

39

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

40

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.

41

c) Ist das nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 vorgesehene teilweise Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar, gilt Entsprechendes für das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012), von dem Ausnahmen lediglich für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten möglich sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2012). Mit der Nutzung des Internets als Werbemedium ist eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <18>). Soweit das Spielangebot im Internet zugelassen wird, entspricht es der angestrebten Kanalisierungswirkung, es dort auch bewerben zu dürfen (vgl. amtl. Erl. S. 29 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 76). Dem Ziel der Suchtprävention wird durch die nach § 5 Abs. 1, 2 und 4 GlüStV 2012 geltenden Werberestriktionen Rechnung getragen.

42

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 4. Februar 2010, die auf § 20 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 und § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg beruht, und die auf §§ 1, 4, 7 und 12 Abs. 4 des Landesgebührengesetzes gestützte Gebührenfestsetzung in Ziffer 4 des Bescheides sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Revision des Beklagten erfolgreich war, sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen. Der Beklagte trägt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO jedoch die Kosten des hinsichtlich weiterer unbenannter Glücksspielarten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits, weil die Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung insoweit voraussichtlich obsiegt hätte. Die Untersagungsverfügung war, soweit sie über die von der Klägerin konkret angebotenen Glücksspielarten hinaus das Veranstalten, Vermitteln, hierfür Werben und Unterstützen jeglichen Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV 2012 auf Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus erreichbar sind, untersagte, nicht hinreichend bestimmt. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 GlüStV 2012, auf den die Verfügung in ihrem Untersagungstenor Bezug nahm, war auch für den fachkundigen Adressaten nicht so eindeutig, dass dieser unzweifelhaft erkennen konnte, welche Spielangebote noch erlaubt und welche schon verboten waren. Den insoweit möglicherweise drohenden Streit konnte der Beklagte nicht durch Verwendung des Gesetzeswortlautes im Tenor seines Bescheides in das Vollstreckungsverfahren verlagern. Entsprechend bestimmt sich die Kostenlast bezüglich des von den Teilerledigungserklärungen umfassten Untersagungszeitraums bis zur Revisionsverhandlung. Es entspricht billigem Ermessen, den Umfang des voraussichtlichen Unterliegens des Beklagten mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen und eine dementsprechende quotale Kostentragung anzusetzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

2

Spätestens seit November 2009 veranstaltete bzw. vermittelte sie auf mehreren Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus aufrufbar waren, Sportwetten, Poker- und Casinospiele. Mit Bescheid vom 21. Januar 2010 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der damaligen Fassung (GlüStV 2008) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Nr. 2). Außerdem drohte das Regierungspräsidium ein Zwangsgeld an (Nr. 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr für den Bescheid fest (Nr. 4). Die Klägerin veranstalte bzw. vermittle auf den Internetseiten A., B., C. öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen und betreibe Werbung hierfür. Die für Baden-Württemberg erforderliche Erlaubnis besitze sie nicht. Eine solche könne ihr auch nicht erteilt werden. Außerdem wurde ausgeführt, die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache zuvor im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Berufungsurteils aufgehoben. Die Untersagungsverfügung genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Sie erfasse jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben werde, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei. Sie stelle keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung dar, sondern gebe lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wieder und überschreite damit eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit. Die Verfügung wäre auch dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie sich nur auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele bezöge. Auch die generalisierende Nennung von Glücksspielarten in der Begründung des Bescheides bestimme die Reichweite ihres Regelungsgehalts nicht hinreichend. Die Untersagungsverfügung sei außerdem ermessensfehlerhaft ergangen. Dabei könne offenbleiben, ob das Entschließungsermessen auf Null reduziert sei. Im Lichte von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG dürfe die zuständige Behörde in gleichgelagerten Fällen nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspiel vorgegangen werde (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

4

Im Revisionsverfahren hat der Beklagte erklärt, der Bescheid vom 21. Januar 2010 beziehe sich lediglich auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit der Bescheid zunächst auch andere, nicht ausdrücklich benannte Glücksspielarten erfasst hat. Außerdem haben die Beteiligten bezüglich des Untersagungszeitraums zwischen dem Ergehen des Berufungsurteils und dem 25. Oktober 2017 - dem Tag der Revisionsverhandlung - übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben.

5

Zur Begründung seiner Revision führt der Beklagte aus, der angegriffene Bescheid sei jedenfalls in seinem zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang, der durch eine Bezugnahme auf die von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten beschrieben werde, hinreichend bestimmt. Soweit die Klägerin Pokervarianten anbieten sollte, die als Geschicklichkeitsspiel einzustufen seien, seien diese nicht von der Untersagung erfasst. Die Glücksspielaufsicht sei zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet gewesen, weil das von dieser veranstaltete Online-Glücksspiel wegen Verstoßes gegen das Internetverbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008, jetzt GlüStV 2012) materiell nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Vor dem Einschreiten gegen einzelne illegale Anbieter müsse kein Vollzugskonzept entworfen werden. Es liege wegen des großen Angebots an illegalem Glücksspiel im Internet in der Natur der Sache, dass nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten der Behörde bekanntgewordene Fälle aufgegriffen und abgearbeitet würden. Das Internetverbot stehe auch mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV im Einklang. Wegen der spezifischen Gefahren des Anbietens von Spielen über das Internet sei es zur Bekämpfung der Spielsucht und zur Gewährleistung des Jugendschutzes erforderlich und angemessen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. September 2015 zu ändern, soweit es den Untersagungszeitraum ab dem 26. Oktober 2017 betrifft, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 insoweit zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

8

Sie hat erklärt, derzeit keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anzubieten. Sie verteidigt das Berufungsurteil dennoch weiterhin und führt ergänzend aus, die Untersagung habe durch eine Auflistung der untersagten Glücksspiele im Einzelnen konkretisiert werden können und müssen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Spiel als Glücksspiel einzustufen sei, dürfe nicht in ein etwaiges Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der Senat sei an die im Berufungsurteil getroffene Feststellung gebunden, dass der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen habe vorweisen können.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er trägt ergänzend vor, die Klägerin und der Beklagte seien aufgrund ihrer Sachkenntnis in der Lage, zu beurteilen, ob die von der Klägerin im Internet angebotenen oder vermittelten Sportwetten, Online-Poker- und -Casinospiele als Glücksspiel einzustufen sind. Das Willkürverbot verpflichtet den Beklagten nicht, auf der Grundlage eines landesweiten Handlungskonzepts flächendeckend und gleichzeitig gegen die Anbieter unerlaubten Glücksspiels im Internet vorzugehen.

Entscheidungsgründe

10

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben; insoweit sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Insoweit beruht das angegriffene Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Die Anfechtungsklage ist weiterhin zulässig. Die Untersagungsverfügung vom 21. Januar 2010 hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anbietet. Bei einer Änderung der Sachlage entfällt die Regelungswirkung eines Verwaltungsakts nicht automatisch. Ein Verwaltungsakt verliert seine Rechtswirkungen erst dann, wenn er aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden ist. Bei in die Zukunft gerichteten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen setzt dies voraus, dass das untersagte Verhalten endgültig aufgegeben wurde oder nicht mehr aufgenommen werden kann (BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 16 und - 8 C 47.12 - juris Rn. 15 f.). Das ist hier nicht der Fall. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin ihr eigenes Glücksspielangebot überhaupt aufgegeben hat. Im Impressum der in der Untersagungsverfügung genannten Webseiten wird nunmehr angegeben, "[u]nsere Dienstleistungen in den Mitgliedsländern des europäischen Binnenmarktes (ausgenommen Länder, in denen unsere Dienstleistungen unter einer lokalen Lizenz zur Verfügung gestellt werden) werden von V. Limited, einem Unternehmen mit Sitz in G. durchgeführt, das zur Europäischen Union gehört". Hiernach sind es weiterhin die Dienstleistungen der Klägerin, die von der V. Limited durchgeführt werden. Dementsprechend wird das im Impressum einleitend aufgeführte "Copyright" der Klägerin zugeschrieben und sie als Inhaberin einer Glücksspiellizenz nach dem Recht von G. bezeichnet, die sie sich - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erläutert hat - mit der V. teilt. Jedenfalls verbietet die Untersagungsverfügung der Klägerin vorliegend auch eine Wiederaufnahme ihres Glücksspielangebots, sodass die Untersagung jedenfalls deshalb weiterhin eine Beschwer begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 S. 27). Dass die Klägerin die untersagten Tätigkeiten dauerhaft und endgültig aufgegeben hätte oder diese nicht wieder aufnehmen könnte, hat sie nicht substantiiert dargelegt.

12

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angegriffenen Bescheid, soweit er noch Streitgegenstand ist, zu Unrecht für unbestimmt gehalten und damit § 37 Abs. 1 VwVfG BW, der seinem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 VwVfG entspricht und daher revisibel ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), verletzt.

13

Nach § 37 Abs. 1 VwVfG BW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1975 - 6 C 163.73 - BVerwGE 48, 279 <281 f.>) kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Ob der Bescheid in solch einem Fall auch nichtig ist, regelt § 44 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 <149>).

14

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 <89> m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <284>).

15

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des angegriffenen Bescheides. Sie betreffen ausschließlich die in dessen Begründung bezeichneten, von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten der Online-Sportwetten, des Online-Poker und der Online-Casinospiele, nicht jedoch die darüber hinausgehende, von den Teilerledigungserklärungen umfasste Erstreckung der Verfügung auf jegliches von Baden-Württemberg aus abrufbare öffentliche Glücksspiel im Internet.

16

Der Gegenstand der verbliebenen, noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des Bescheides wird durch die Benennung der Glücksspielarten (Online-Sportwetten, Online-Poker sowie Online-Casinospiele) bezeichnet und durch die Aufzählung der Internetseiten mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin in der Begründung des Bescheides konkretisiert. Dadurch wird die sachkundige Klägerin in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche konkreten Glücksspiele unter die Verbotsverfügung im noch verfahrensgegenständlichen Umfang fallen. Die Bezeichnung der Glücksspielarten knüpft jeweils an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Sportwetten und -Poker) oder an die Zugehörigkeit zu denjenigen Glücksspielen an, die üblicherweise in Spielbanken angeboten werden (Casino-Spiele). Zu diesen zählt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem sogenannten Großen Spiel (wie etwa Roulette und Baccara) auch das als Kleines Spiel bezeichnete Automatenspiel (etwa an Slot-Machines). Für die Klägerin als sachkundige Anbieterin ist damit klargestellt, dass die Verbotsverfügung neben den Online-Sportwetten, dem Online-Poker und den Online-Varianten des Großen Spiels auch Online-Varianten des sogenannten Kleinen Spiels erfasst. Etwa verbleibende Unsicherheiten bei der Zuordnung eines Spiels oder künftig geplanten Spielangebots - etwa hinsichtlich der Eingrenzung der von der Untersagungsverfügung erfassten dem Glücksspiel zugeordneten Pokerformen - räumt die beispielhafte Konkretisierung der untersagten Spielangebote durch die Aufzählung der Internetseiten aus, deren Angebote - für die Klägerin erkennbar - Anlass des Einschreitens des Beklagten waren. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin möglicherweise zukünftig angebotenen Spielen um Sportwetten, Poker oder Casinospiele handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedurfte es daher nicht.

17

Ein höheres Maß an Bestimmtheit ist nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GBl. BW 2012, 385, 388) - bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen gegenüber Dritten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. Financial Blocking), geboten. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber diesen Dritten, die losgelöst von der Untersagungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt sein müssen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2016 - 11 ME 61/16 - GewArch 2016, 425 <426>). Verfügungen, mit denen Dritten Zahlungseinschränkungen auferlegt werden, um unerlaubte Glücksspielaktivitäten zu unterbinden, stellen keine Vollstreckung aus einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung dar, sondern unabhängige Instrumente der Glücksspielaufsicht, die an "unerlaubtes" und nicht an untersagtes Glücksspiel anknüpfen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB. Die Frage nach einer etwaigen Strafbarkeit stellt sich unabhängig von der Vollstreckung einer Untersagungsverfügung. Insofern muss das Strafgesetz seinerseits hinreichend bestimmt sein.

18

Die Untersagungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG BW schließlich auch, soweit mit ihr das "Unterstützen" der Veranstaltung oder Vermittlung von bzw. Werbung für Online-Sportwetten, Online-Poker oder Online-Casinospiele untersagt wird. Was "Unterstützen" im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar weder gesetzlich festgelegt noch durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt (vgl. aber z.B. zum Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 28 ff.). Aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde wird aber unzweifelhaft deutlich, dass sämtliche Beiträge unterbunden werden sollen, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, der Klägerin selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa durch Zurverfügungstellen einer Domain oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung von solchen Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte.

19

3. Auch die weitere selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, verletzt Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermessensverstoß mit der Begründung bejaht, selbst bei einer Reduzierung des Entschließungsermessens auf Null habe der Beklagte gegen die Klägerin nur aufgrund eines im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG tragfähigen Eingriffskonzepts einschreiten dürfen. Das Erfordernis eines vorherigen Eingriffskonzepts auch bei einer Verpflichtung zum Einschreiten im konkreten Fall ist jedoch weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 12 Abs. 1 GG zu entnehmen.

20

a) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hängt die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung eines zeitlich gestaffelten Vorgehens in Fällen der Ermessensreduzierung auf Null nach Art. 3 Abs. 1 GG nur vom Vorliegen zureichender sachlicher Gründe für etwaige Differenzierungen und nicht zusätzlich davon ab, dass die Behörde vor dem ersten Zugriff ein Eingriffskonzept erstellt hat und auf dessen Grundlage vorgegangen ist. Zwar bindet ein etwa erstelltes Konzept die Behörde als antizipierte Verwaltungspraxis gleichheitsrechtlich ebenso wie eine bereits bestehende Praxis. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht, vor dem gesetzlich gebotenen Zugriff ein behördliches Eingriffskonzept zu erstellen.

21

Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 - 8 C 36.12 - NVwZ 2014, 1583 m.w.N.).

22

Anders verhält es sich, wenn die Behörde, wie hier vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt, zum Einschreiten verpflichtet ist. Bei einer Ermessensreduzierung auf Null hat die Behörde keine Handlungsalternativen mehr, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.

23

Entscheidet eine Behörde sich, den Einsatz ihrer begrenzten Ressourcen, die kein gleichzeitiges Einschreiten gegen alle Störungen ermöglichen, an einem Plan auszurichten, muss sie sich, um Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu verletzen, an ihn halten. Fehlt es an einem Plan, so genügt es, dass sich ein Einschreiten der Behörde nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (vgl. zu Bauordnungsverfügungen: BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 - juris Rn. 5). Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten.

24

Die Forderung des Berufungsgerichts, die zeitliche Reihenfolge des Vorgehens gegen Anbieter von Internetglücksspielen an deren Marktpräsenz, Umsätzen oder Gewinn auszurichten, überspannt diese Anforderungen deutlich. Seine für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen Plan für sein Einschreiten verlassen hätte oder gar willkürlich vorgegangen wäre.

25

b) Das Aufstellen eines Zeitplans für das ordnungsbehördliche Einschreiten ist vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des Konkurrenzschutzes durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Wird ein Konkurrent erst später als die Klägerin mit einer Untersagungsverfügung überzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür auch ihm gegenüber schon zum Zeitpunkt des Einschreitens gegen die Klägerin vorlagen, mag er zwar daraus einen faktischen Wettbewerbsvorteil ziehen können. Daraus folgt jedoch kein Recht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die eigene Tätigkeit bis zum Einschreiten - auch - gegen den Konkurrenten fortsetzen zu dürfen. Die Berufsfreiheit schützt nämlich keine Tätigkeiten, die der Gesetzgeber grundrechtskonform als unerlaubt eingestuft hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 <397>). Sie vermittelt keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit dem Internetverbot bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <6>).

26

4. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruht mangels tragfähiger Alternativbegründung auf der dargestellten Verletzung revisiblen Rechts und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen der Untersagungsverfügung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in deren Rechten.

27

a) Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 1 und 2 der angegriffenen Verfügung vom 21. Januar 2010, soweit diese den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit dem 26. Oktober 2017 betreffen, sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der derzeit geltenden Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2012 - i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 2 des Landesglücksspielgesetzes BW - LGlüG. Die genannten Vorschriften ermächtigen die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden. Die Behörden dürfen insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und Werbung hierfür untersagen. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG legt auf der Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV 2012 weitergehend fest, dass die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür untersagt werden sollen.

28

Die Voraussetzungen für eine Untersagung sind hiernach erfüllt. Die Klägerin bedarf für die von ihr im Internet veranstalteten Poker- und Casinospiele einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GlüStV 2012), die sie nicht hat und die ihr auch nicht erteilt werden kann. Das Veranstalten und Vermitteln dieser öffentlichen Glücksspiele im Internet und die Werbung hierfür sind ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV 2012; dazu sogleich unter b).

29

Die von der Klägerin im Internet veranstalteten Sportwetten stehen ebenfalls unter Erlaubnisvorbehalt. Insoweit hätte die Klägerin zwar möglicherweise nach § 10a Abs. 1 und 2, 4 GlüStV 2012 eine Erlaubnis erhalten können. Sie hat eine solche aber noch nicht einmal beantragt (dazu unter c). Das Regierungspräsidium war auch zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet. Wird die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift gesteuert, hat die zuständige Behörde grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318 <323>). Solche Umstände waren hier auch hinsichtlich der von der Klägerin veranstalteten Sportwetten nicht gegeben. Eine formell illegale, aber unter Erlaubnisvorbehalt stehende Tätigkeit ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann zu dulden, wenn sie offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar, die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt, sodass die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <322> und Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 B 36.14 - ZfWG 2015, 227). Wenn der betroffene Glücksspielanbieter - wie hier - weder einen Erlaubnisantrag gestellt noch unabhängig davon aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ohne weitere Prüfung erkennbar, dass dessen Angebot zu erlauben wäre. Da das Ermessen nach den landesrechtlichen Vorgaben grundsätzlich zum Einschreiten intendiert ist, bedurfte es insoweit keiner besonderen Ermessenserwägungen des Beklagten.

30

b) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf die Untersagung des Online-Poker- und Online-Casinospielangebots zielt, kann der Klägerin das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

31

aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

32

Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).

33

Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc).

34

bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden.

35

Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

36

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

37

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.

38

cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.

39

Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

40

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

41

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

42

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

43

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.

44

c) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf das Online-Sportwettenangebot der Klägerin zielt, kann ihr das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis entgegengehalten werden. Sie hat nach eigenem Bekunden nicht an dem Sportwettenkonzessionsverfahren teilgenommen, obwohl ihr eine Antragstellung rechtlich und faktisch möglich gewesen wäre.

45

Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens für Sportwetten in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist insbesondere unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 f. AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmungen, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - C-203/08 [ECLI:EU:C:2010:307], Sporting Exchange - Rn. 50, vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 87 und vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <321> und vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 54). Diesen Anforderungen tragen die an die EU-Kommission notifizierten Regelungen über die Erteilung einer Sportwettenkonzession in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012, insbesondere durch das in § 4b GlüStV 2012 geregelte Verfahren, Rechnung. § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 gibt vor, dass die Konzessionen nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt werden. Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV 2012). Durch die in § 4b Abs. 5 GlüStV 2012 genannten und in § 4b Abs. 2 GlüStV 2012 konkretisierten Auswahlkriterien wird das Ermessen der Auswahlbehörde hinreichend begrenzt. Es werden detailliert die Unterlagen aufgeführt, welche die Grundlage der Auswahlentscheidung bilden müssen. Ob das Konzessionsverfahren tatsächlich nach diesen gesetzlichen Kriterien abläuft und ob eine auf dieser Grundlage erteilte oder abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann jeder Bewerber gerichtlich überprüfen lassen. Dabei kann er zur effektiven Durchsetzung seiner Rechte auch um Eilrechtsschutz nachsuchen.

46

Hat es die Klägerin trotz dieser ausreichenden rechtlichen Rahmenbedingungen unterlassen, einen Antrag auf Erteilung einer Sportwettenkonzession zu stellen, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre, kann sie sich nicht darauf berufen, dass das gesetzlich ausreichend geregelte Konzessionsverfahren in seiner praktischen Umsetzung gegenüber denjenigen, die einen Antrag gestellt haben, rechtsfehlerhaft durchgeführt worden wäre. Sie kann folglich nicht geltend machen, dass das zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport in seinem Verwaltungsverfahren zur Vergabe der 20 Sportwettenkonzessionen nach ihrer Auffassung normative Vorgaben nicht beachtet oder diese nicht in angemessener Zeit umgesetzt habe. Denn diese rechtlichen Fragen betreffen eine etwaige Verletzung eines Bewerberverfahrensanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG, die nur derjenige geltend machen kann, der überhaupt zum Kreis der Bewerber gehört. Überdies berühren solche Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Erlaubnisverfahrens allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, die am Maßstab der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und des Verfassungs- und Unionsrechts selbständig überprüfbar wäre. Eine solche in einem Konzessionsverfahren gegenüber der Klägerin ergangene Entscheidung steht aber vorliegend im Verfahren zur Anfechtung einer Untersagungsverfügung nicht zur Prüfung.

47

Abweichendes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach einem Wirtschaftsteilnehmer nicht vorgeworfen werden kann, auf eine Bewerbung um eine Konzession angesichts fehlender Rechtssicherheit verzichtet zu haben (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-72/10 und C-77/10 [ECLI:EU:C:2012:80], Costa und Cifone -). Sie betrifft den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Wirtschaftsteilnehmer von einer früheren Konzessionsausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen worden war und sich deshalb bei einer späteren, erneuten Ausschreibung nicht nochmals um die Erteilung einer Konzession bemühte. Soweit der Europäische Gerichtshof des Weiteren entschieden hat, dass die Anwendung der fraglichen Vorschriften gegenüber allen Bietern transparent sein müsse (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2017 - C-49/16 [ECLI:EU:C:2017:491], Unibet -), betraf dies nationale Vorschriften, die dem Wirtschaftsminister die Auswahl zwischen einem transparenten und einem intransparenten Verfahren überließen, und nicht solche Normen, die - wie hier - ausschließlich die Durchführung eines transparenten Verfahrens vorsehen. Dass § 10a Abs. 3 GlüStV 2012 die Anzahl der höchstens zu erteilenden Konzessionen auf 20 begrenzt, berührt nicht die Transparenz des Auswahlverfahrens und ist angesichts der hierfür genannten tragfähigen Gründe (vgl. amtl. Erl. S. 11 = LT-Drs. BW 15/1570 S. 58) auch nicht willkürlich.

48

d) Ist das nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 vorgesehene teilweise Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar, gilt Entsprechendes für das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012), von dem Ausnahmen lediglich für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten möglich sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2012). Mit der Nutzung des Internets als Werbemedium ist eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <18>). Soweit das Spielangebot im Internet zugelassen wird, entspricht es der angestrebten Kanalisierungswirkung, es dort auch bewerben zu dürfen (vgl. amtl. Erl. S. 29 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 76). Dem Ziel der Suchtprävention wird durch die nach § 5 Abs. 1, 2 und 4 GlüStV 2012 geltenden Werberestriktionen Rechnung getragen.

49

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 21 Januar 2010, die auf §§ 20, 18, 19 und 23 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg beruht, und die in Ziffer 4 des Bescheides auf der Grundlage von §§ 1, 4, 7 und 12 Abs. 4 des Landesgebührengesetzes gestützte Gebührenfestsetzung sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Revision des Beklagten erfolgreich war, sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen. Der Beklagte trägt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO jedoch die Kosten des hinsichtlich weiterer unbenannter Glücksspielarten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits, weil die Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung insoweit voraussichtlich obsiegt hätte. Die Untersagungsverfügung war, soweit sie über die von der Klägerin konkret angeboten Glücksspielarten hinaus das Veranstalten, Vermitteln, hierfür Werben und Unterstützen jeglichen Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV 2012 auf Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus erreichbar sind, untersagte, nicht hinreichend bestimmt. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 GlüStV 2012, auf den die Verfügung in ihrem Untersagungstenor Bezug nahm, war auch für den fachkundigen Adressaten nicht so eindeutig, dass dieser unzweifelhaft erkennen konnte, welche Verhaltensweisen für ihn noch erlaubt und welche schon verboten waren. Den insoweit möglicherweise drohenden Streit konnte der Beklagte nicht durch Verwendung des Gesetzeswortlautes im Tenor seines Bescheides in das Vollstreckungsverfahren verlagern. Entsprechend bestimmt sich die Kostenlast bezüglich des von den Teilerledigungserklärungen umfassten Untersagungszeitraums bis zur Revisionsverhandlung. Es entspricht billigem Ermessen, den Umfang des voraussichtlichen Unterliegens des Beklagten mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen und eine dementsprechende quotale Kostentragung anzusetzen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen das Verbot, in den Räumen eines Sportvereins Sportwetten an einen privaten Wettanbieter zu vermitteln.

2

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und Mitglied des Türkischen Sportvereins (T.S.V.) G. in N. In dessen Vereinsheim vermittelte er Sportwetten von Vereinsmitgliedern an die Firma H. GmbH mit Sitz in K. Diese verfügt über eine Lizenz nach Kärntner Landesrecht.

3

Im März 2006 begehrte der Kläger von der Beklagten festzustellen, dass seine Vermittlungstätigkeit keiner Erlaubnis bedürfe. Hilfsweise beantragte er die Erteilung einer Erlaubnis. Nach Anhörung untersagte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 12. Juli 2006 die Vermittlung von Sportwetten im - damaligen - Vereinslokal des T.S.V. G. in der V. straße 12 in N. und verpflichtete ihn, den Betrieb bis zum 27. Juli 2006 einzustellen. Die dagegen erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger mitgeteilt, das Vereinsheim des T.S.V. G. sei inzwischen in die F. Straße 324 in N. umgezogen, und sein Begehren entsprechend angepasst.

4

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei der Untersagungsverfügung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der sowohl nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage als auch nach dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtmäßig sei. Die Untersagung finde ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Wegen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Sportwetten nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, des Erlaubnisvorbehalts für die private Wettvermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und wegen der Beschränkung der zulässigen Vermittlung auf die Angebote des Monopolträgers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die Vermittlungstätigkeit des Klägers nicht erlaubnisfähig.

5

Das staatliche Sportwettenmonopol nach dem GlüStV verletze weder die Verfassung noch unionsrechtliche Grundfreiheiten.

6

Für die verfassungsrechtliche Beurteilung könne offen bleiben, ob der persönliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG oder der des Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet sei. Selbst ein etwaiger Eingriff in die Berufswahlfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 1 GlüStV diene das Wettmonopol legitimen Zielen. Insbesondere die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht könne als überragend wichtiges Gemeinwohlziel selbst den mit der Errichtung des Monopols verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen. Das Veranstaltungsmonopol sei geeignet und erforderlich, das Ziel der Suchtbekämpfung zu verwirklichen. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Prognosespielraums davon ausgehen dürfen, dass jede Öffnung des Wettmarktes eine Ausweitung des Sportwettenangebots und ein Zunehmen der Suchtgefahr bewirken würde. Seine Einschätzung, das Monopolsystem gewährleiste eine effektivere Kontrolle als Konzessionssysteme, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Grundrechtseingriff sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols entspreche den Vorgaben der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sie sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konsequent an den verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet, insbesondere an den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spielerschutzes, des Jugend- und Verbraucherschutzes und des Schutzes vor Folge- und Begleitkriminalität. Das Gebot der Suchtbekämpfung habe nachhaltigen Niederschlag in zahlreichen - im Berufungsurteil aufgezählten - Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages gefunden. Eine unzulässige Ausrichtung an fiskalischen Interessen ließen weder der Normtext noch die Gesetzesbegründung oder die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols erkennen.

7

§ 21 GlüStV treffe ausreichende Regelungen hinsichtlich der Art und des Inhalts der Wettangebote, indem er nur Ergebniswetten zulasse. Der Glücksspielstaatsvertrag schränke auch den Wettvertrieb erheblich ein und gestalte ihn entsprechend den gesetzlichen Schutzzielen aus. Er verbiete den Internet-, Fernseh- und Telefon- oder SMS-Vertrieb ebenso wie Live-Wetten. Darüber hinaus verlange er eine strikte Trennung des Vertriebs von Sportorganisationen, -einrichtungen und -ereignissen. Die bereits reduzierte Zahl der Annahmestellen müsse nach dem Ausführungsgesetz zum GlüStV bis Ende 2011 weiter auf 3 700 vermindert werden. Zur völligen Aufgabe des Verbundvertriebs sei der Monopolträger verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ohne kundennahe Annahmestellen könne das gesetzliche Ziel, den natürlichen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und eine weitere Verlagerung des Wettgeschehens in den illegalen Bereich zu verhindern, nicht erreicht werden. Den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spieler- und des Jugendschutzes trage die Ausgestaltung des Vertriebs über die Annahmestellen in Verbindung mit aktiven Präventionsmaßnahmen ausreichend Rechnung. Im Gegensatz zu Wettbüros lüden Lotto-Annahmestellen nicht zum Verweilen ein und seien nicht von einer suchtfördernden Wettatmosphäre geprägt. Da die Glücksspielvermittlung in den Annahmestellen regelmäßig nur als Nebengeschäft betrieben werde, fehle dort ein Anreiz, diesen Bereich auszubauen. Die Einführung einer nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises auszustellenden Kundenkarte, das funktionierende Sperrsystem und die in der Praxis auch in Anspruch genommene Möglichkeit der Selbstsperre genügten, den Jugend- und den Spielerschutz sowie die Suchtbekämpfung auch im Verbundvertrieb zu gewährleisten. Verfassungsrechtlich sei nicht geboten, Jugendlichen bereits den Zutritt zu den Annahmestellen der staatlichen Lotteriegesellschaften zu untersagen. Die Werbung für Glücksspiele sei ebenfalls den gesetzlichen Zielen entsprechend beschränkt worden. Allerdings könne Werbung schon begrifflich nicht auf reine Sachinformation ohne Anreiz reduziert werden. Auch das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, lasse sich ohne Werbung nur unzureichend erfüllen. Deshalb sei eine zur sachlichen Botschaft hinzutretende werbetypische Umrahmung zulässig, soweit sie nicht gezielt zum Wetten anreize und das Wetten nicht verharmlose. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben könne wegen der Erlaubnispflicht für Vermittler auch im Verbundvertrieb sichergestellt werden. Zwar lasse die von den Klägerbevollmächtigten vorgelegte "Mystery Shopping Studie" Zweifel an einer strikten Einhaltung der Schutzvorschriften aufkommen. Einzelne Vollzugsdefizite belegten jedoch noch kein normativ-strukturelles, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausschließendes Defizit. Unsanktionierte systematische Durchbrechungen der rechtlichen Vorgaben seien nicht festzustellen. Der Monopolträger und die Aufsichtsbehörden nähmen eigene Kontrollen vor und ahndeten festgestellte Verstöße effektiv. Die Ressortverschiedenheit der Staatlichen Lotterieverwaltung und der Glücksspielaufsicht gewährleiste eine ausreichende Distanz der Aufsichtsbehörden zu den fiskalischen Interessen des Staates.

8

Die unionsrechtliche Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49, 56 AEUV seien ebenfalls nicht verletzt. Die Beschränkung dieser Grundfreiheiten durch das staatliche Sportwettenmonopol werde durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und sei verhältnismäßig.

9

Der Gesetzgeber habe von einer Suchtgefahr ausgehen und handeln dürfen, obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse dazu vorgelegen hätten. Es genüge, dass der aktuelle Erkenntnisstand berücksichtigt und eine begleitende Forschung und Evaluierung sichergestellt worden sei. Erkenntnisse aus dem Ausland widerlegten die Gefahrenprognose des Gesetzgebers nicht, da sie nicht ohne Weiteres auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden könnten. Das Sportwettenmonopol sei auch geeignet, durch systematische und kohärente Begrenzung des Wettangebots zur Suchtbekämpfung und zur Kanalisierung der Spielleidenschaft beizutragen. Schwierigkeiten, den illegalen Markt einzudämmen, schlössen die Eignung nicht aus. Für die Kohärenz der Monopolregelung sei nur auf den von ihr erfassten Sektor abzustellen, nicht auf den gesamten Glücksspielbereich. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik genüge außerdem eine auf das konkrete Bundesland bezogene Prüfung. Das Kohärenzerfordernis verpflichte den Gesetzgeber nicht, jeden Wertungswiderspruch auch im Detail zu vermeiden. Es werde nur bei einem krassen Missverhältnis von Regelungsziel und Ausgestaltung verfehlt. Bundeslandspezifische Besonderheiten wie die verbliebenen DDR-Erlaubnisse und die Zulassung eines privaten Monopolträgers in Rheinland-Pfalz führten nicht zur Inkohärenz, weil sie absehbar ausliefen.

10

Eine Diskriminierung sei mit dem staatlichen Sportwettenmonopol nicht verbunden. Auch ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht liege nicht vor.

11

Weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die nur hilfsweise gestellten Beweisanträge des Klägers, die nicht sämtlich den formalen Voraussetzungen gerecht würden, beträfen erwiesene oder als wahr unterstellte Tatsachen. Im Übrigen seien sie nicht entscheidungserheblich oder dem Beweis nicht zugänglich.

12

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof - beschränkt - hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ab Inkrafttreten des GlüStV am 1. Januar 2008 zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 284 Abs. 2 StGB, des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV.

13

§ 284 Abs. 2 StGB verbiete nur Glücksspiele unter Vereinsmitgliedern, nicht die Vermittlung von Wetten zwischen Mitgliedern und einem Dritten. Das staatliche Sportwettenmonopol verletze die Berufsfreiheit. Die gesetzliche Regelung der Art und des Zuschnitts des staatlichen Wettangebots genüge nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Das Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes könnten ebenso bei einer beschränkten Marktöffnung erreicht werden. Zudem sei das Monopol weder rechtlich noch tatsächlich konsequent an den verfolgten Zielen ausgerichtet. Der Verbundvertrieb über Annahmestellen widerspreche ihnen ebenso wie die Werbung des staatlichen Monopolanbieters. Unzulässig sei jede den Wettentschluss fördernde Werbung, nicht nur der gezielte Anreiz zum Wetten. Dem werde die berufungsgerichtliche Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV nicht gerecht. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz seien unzureichend und würden nicht konsequent umgesetzt.

14

Der Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV ergebe sich aus der Inkohärenz der Monopolregelung. Erforderlich sei nicht nur eine Kohärenz im von der Monopolregelung betroffenen Sektor, sondern eine Gesamtkohärenz sämtlicher Regelungen im Glücksspielbereich. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne dem nicht entgegengehalten werden. Maßgebend sei auch nicht allein die normativ-strukturelle Ausgestaltung des Monopols, sondern ebenso dessen tatsächliche Umsetzung. Danach sei das Sportwettenmonopol mangels bundesweiter konsequenter Ausrichtung der Glücksspielpolitik am Ziel der Suchtbekämpfung unionsrechtswidrig. Zur weiteren Klärung der Voraussetzungen der Inkohärenz und zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV mit dem Unionsrecht bittet der Kläger, dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen vorzulegen, für deren Formulierung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird.

15

Er meint, die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit schließe auch eine Anwendung des Erlaubnisvorbehalts für die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend vorgetragen, die Unzulässigkeit seiner Vermittlungstätigkeit folge auch nicht aus § 21 Abs. 2 GlüStV. Diese Vorschrift verbiete nur das Vermitteln von Wetten in Sporteinrichtungen, deren Veranstaltungen Gegenstand der Wetten seien.

16

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2008 die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 12. Juli 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

19

Die Beteiligte unterstützt das Vorbringen der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Revision ist unbegründet. Zwar beruht das angegriffene Urteil auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit es davon ausgeht, diese Vorschriften ließen eine Werbung des Monopolanbieters mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen zu. Darüber hinaus stützt es sich auf die fehlerhafte Annahme, Art. 49 und 56 AEUV verlangten eine Kohärenz der Monopolregelung nur im betroffenen Glücksspielsektor und im jeweiligen Bundesland. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 4 VwGO).

21

Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die Untersagung der weiteren Sportwettenvermittlung als zukunftsbezogenen Dauerverwaltungsakt eingeordnet und die Anfechtungsklage für statthaft gehalten hat. Er musste auch nicht annehmen, das Verbot habe sich mit dem Auszug des T.S.V. G. aus dem im Bescheid genannten Anwesen V. straße 12 in N. erledigt. Vielmehr durfte er davon ausgehen, dass sich die Untersagungsverfügung auch auf die Wettannahme im neuen Vereinsheim in der F. Straße 324 erstreckte. Insoweit ist entsprechend §§ 133, 157 BGB auf den Empfängerhorizont abzustellen. Danach zielte die Untersagungsverfügung erkennbar darauf ab, das Betreiben einer Wettannahmestelle im Vereinsheim grundsätzlich und unabhängig von einem möglichen Ortswechsel zu untersagen. Die Angabe der Anschrift diente nur der individualisierenden Umschreibung des untersagten Betriebs im Hinblick auf die gleichzeitig eingeleitete Verwaltungsvollstreckung. Wie sich aus der Anpassung des Klagebegehrens im Berufungsverfahren ergibt, ging auch der Kläger davon aus, das Verbot gelte seit dem Umzug des Vereins am 8. Mai 2007 für das neue Vereinslokal fort.

22

Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Untersagungsverfügung sei hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums ab dem 1. Januar 2008 verfassungs- und unionsrechtskonform, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Anwendung revisiblen Rechts. Dabei ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist bei der Anfechtungsklage nur maßgeblich, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt. Da die hier einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des landesrechtlichen Ausführungsgesetzes irrevisibel sind, obliegt diese Beurteilung dem Berufungsgericht. An dessen Annahme, die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, ist der Senat gebunden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

23

Nach § 137 Abs. 1 i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO ist der revisionsrechtlichen Beurteilung die berufungsgerichtliche Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes vom 20. Dezember 2007 zugrunde zu legen. Der Senat hat nur zu überprüfen, ob diese mit dem revisiblen Recht in Einklang stehen.

24

Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet, und dass die vom Kläger vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV im Freistaat Bayern nur mit Erlaubnis der bayerischen Behörden veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung dieser Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil danach nur Wettangebote des staatlichen Monopolträgers vermittelt werden dürfen.

25

Zu Unrecht rügt die Revision einen Verstoß gegen § 284 Abs. 2 StGB. Diese Bestimmung ist im Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat sie nur zur Rechtfertigung der Untersagungsverfügung für die Zeit der Geltung des Lotteriestaatsvertrages bis zum 31. Dezember 2007 herangezogen. Für den im Revisionsverfahren noch streitigen Zeitraum seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 hat er auf dessen Regelungen abgestellt.

26

Seine Annahme, das der Einschränkung der Vermittlungstätigkeit zugrunde liegende staatliche Sportwettenmonopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag sei mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, ist revisionsrechtlich jedoch nicht fehlerfrei. Sie beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

27

Das staatliche Sportwettenmonopol schränkt die Berufswahlfreiheit ein, weil es alle Grundrechtsträger von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten außerhalb des Pferdesports ausschließt.

28

Dieser Eingriff ist vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn eine formell-gesetzliche, kompetenzgerechte Regelung besteht, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Eingriffsintensität Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls legitimiert und verhältnismäßig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <303 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1340 Rn. 24>).

29

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1222 Rn. 14>). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports.

30

Der Einwand der Revision, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahrnehmung des Monopols genügten nicht dem verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, trifft nicht zu. Dieser verlangt nur, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst trifft und nicht der Exekutive überlässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251 f.>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 47). Die für die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Regelungen werden im Sportwettenbereich durch § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 bis 4 AGGlüStV und § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV getroffen. Diese Vorschriften schließen die Grundrechtsträger von der Veranstaltung solcher Wetten aus und bestimmen die Voraussetzungen, unter denen eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden kann. Das dabei eingeräumte Ermessen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV an die in § 1 GlüStV im Einzelnen normierten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gebunden. Die vom Kläger für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betreffen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler. Sie regeln nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger.

31

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung des Sportwettenmonopols verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist aber seine Annahme, die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

32

Nach der den Senat bindenden Auslegung des irrevisiblen Landesrechts bezwecken der Glücksspielstaatsvertrag und seine landesgesetzliche Umsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und die Gefahr des Betrugs sowie sonstiger Folge- und Begleitkriminalität des Wettens abzuwehren (vgl. § 1 GlüStV, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind die Suchtbekämpfung und -vorbeugung, der Spieler- und Jugendschutz sowie der Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität als besonders wichtige Gemeinwohlziele anerkannt, die auch Eingriffe in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.). Der Zweck, die Spielleidenschaft zu kanalisieren, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim, auch wenn nicht alle dazu geeigneten Vertriebsformen gleichzeitig dem Ziel der Suchtbekämpfung durch Angebotsbegrenzung entsprechen. Es genügt, dass eine Ausgestaltung der Sportwetten denkbar ist, die beiden Zielen Rechnung trägt.

33

Die Eignung eines Mittels setzt nur voraus, dass mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dazu genügt die Möglichkeit der Zweckerreichung. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Seine Annahme, eine Marktöffnung werde eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten zur Folge haben und damit einer Ausbreitung der Spielsucht Vorschub leisten, ist davon ebenso gedeckt wie die Annahme, ein Monopol ermögliche eine effizientere Kontrolle als die Überwachung einer Vielzahl von Erlaubnisnehmern. Die von der Revision hervorgehobenen Schwierigkeiten der Durchsetzung des Monopols lassen seine Eignung nicht entfallen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308).

34

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines staatlichen Monopols steht dem Gesetzgeber ebenfalls eine Einschätzungsprärogative zu. Deren Grenzen sind erst überschritten, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass alternativ in Betracht kommende Grundrechtsbeschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309). Nach diesen Kriterien musste der Verwaltungsgerichtshof die Annahme des Bayerischen Gesetzgebers, das Wettmonopol sei erforderlich, verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Er hatte auch nicht zu klären, ob die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung ebenso wirksam durch weniger einschneidende Mittel zu verfolgen gewesen wären. Vielmehr durfte er darauf abstellen, dass jedenfalls zur Bekämpfung der Spielsucht keine nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenso effektive, aber weniger einschneidende Maßnahme als die Errichtung eines Monopols zur Verfügung stand. Die entsprechende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht nur die Erwägungen des Gesetzgebers (LTDrucks 15/8486 S. 9, 12), sondern geht auch auf den Vortrag des Klägers zur Eignung einer beschränkten Marktöffnung und zu den Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten ein. An die berufungsgerichtliche Tatsachenfeststellung, die Errichtung eines Monopols sei effizienter als eine Konzessionslösung, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die Revision hat diese Feststellung nicht mit wirksamen substantiierten Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO angegriffen. Sie hält ihr nur die eigene, abweichende Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen.

35

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für das Monopolangebot stellt.

36

Die Zumutbarkeit der Errichtung eines staatlichen Monopols für die Betroffenen setzt voraus, dass das Monopol tatsächlich den mit ihm verfolgten, überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken dient (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309 f.). Maßgebend ist dafür die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung, dem der Gesetzgeber vorrangige Bedeutung beigemessen hat (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 12 f.). Die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, insbesondere die Kanalisierung der Wettleidenschaft, können keine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausgestaltung des Monopols rechtfertigen.

37

Die konsequente Ausrichtung am Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und problematischem Spielverhalten vorzubeugen, muss in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols positiv zum Ausdruck kommen. Dazu sind materiell-rechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich, die auch gewährleisten, dass fiskalische Interessen im Konfliktfall zurücktreten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 312).

38

Die normative Ausgestaltung des Monopols muss hinreichende inhaltliche Kriterien betreffend die Art und den Zuschnitt der Sportwetten festlegen und Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung enthalten. Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Verwirklichung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Auch die Einzelausgestaltung ist am Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes auszurichten. Dies verlangt eine aktive Prävention, die über das Bereithalten von Informationsmaterial hinausgeht und eine angebotsimmanente Aufklärung, Früherkennung und Förderung der Motivation zur Verhaltensänderung, etwa durch die Möglichkeit einer Selbstsperre, vorsieht. Die Werbung hat sich auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten zu beschränken und darf keinen Aufforderungscharakter haben. Schließlich muss organisatorisch eine Kontrolle durch geeignete Instanzen mit ausreichender Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates sichergestellt werden (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

39

Die gesetzliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten musste der Verwaltungsgerichtshof nicht für unzureichend halten. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Ausführungen des angegriffenen Urteils zu § 21 Abs. 2 GlüStV nicht Art und Inhalt der Angebote, sondern Vertriebsregelungen betreffen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV leistet in der für den Senat bindenden Interpretation des Berufungsgerichts aber eine ausreichende inhaltliche Beschränkung des Wettangebots, indem er nur Wetten auf das Endergebnis eines sportlichen Wettkampfs zulässt und damit Wetten auf Zwischenergebnisse - etwa einer Spielhalbzeit oder eines Satzes - sowie Wetten auf Einzelereignisse während eines Wettkampfs ausschließt. Soweit dies die nähere Konkretisierung zulässiger Angebotsformen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV überlässt, gewährleistet die Bindung des Ermessens an die Ziele des § 1 GlüStV, dass keine die Suchtvorbeugung und -bekämpfung beeinträchtigende Wettform zuzulassen ist. Eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails war nicht erforderlich, da diese nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Suchtprävention und -bekämpfung nicht von Bedeutung waren.

40

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen bayerischen Ausführungsvorschriften werden auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne) gerecht, soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird.

41

Die Einschränkung auf terrestrische Vertriebswege durch Ausschluss des Internet- und SMS-Vertriebs in § 4 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV dient dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung. Sie schützt Kinder und Jugendliche vor den Gefahren, die mit einer Nutzung der in dieser Altersgruppe beliebten interaktiven Medien zum Glücksspiel verbunden sind. Auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgeschlossenen Vertriebswege für die Monopolanbieter kommt es für die Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung nicht an.

42

Die Vorgabe des Art. 1 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, die Zahl der Annahmestellen bis zum 31. Dezember 2011 weiter auf 3 700 zu reduzieren, normiert nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtspflicht und gewährleistet damit eine quantitative Begrenzung des Angebots. Der Revisionsvortrag, der Freistaat Bayern setze sich über diese Pflicht hinweg, widerspricht den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne insoweit wirksame Verfahrensrügen zu erheben. Entgegen der Auffassung des Klägers musste der Gesetzgeber die Entscheidungen über weitere Anpassungen des Vertriebssystems auch nicht mit einer Übergangsfristenregelung vorwegnehmen, sondern durfte zunächst die im Staatsvertrag vorgesehene wissenschaftliche Evaluation abwarten. Auf ein Überangebot von Wettannahmestellen lässt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht schon die vergleichsweise geringere Zahl der Postfilialen schließen. Seit der Abschaffung des Postmonopols wird ein erheblicher Teil der früher der Post vorbehaltenen Dienstleistungen durch andere Anbieter erbracht. Außerdem können Dienstleistungen der Post auch außerhalb der Niederlassungen in Anspruch genommen werden, etwa durch Briefkästen, Automaten oder die inzwischen eingeführten Internetangebote (E-Postbrief). Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der strenge Erlaubnisvorbehalt, die Auswahl der Vermittler und deren konsequente Überwachung seien für die Suchtvorbeugung und -bekämpfung wichtiger als die bloße Reduzierung ihrer Zahl, ist nicht denkfehlerhaft. Sie widerspricht auch nicht der Annahme, ein Konzessionssystem sei zur Suchtbekämpfung weniger geeignet als ein Monopol. Denn eine wirksame Kontrolle ist nach den bindenden berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Monopolsystem effektiver durchzuführen als bei einer Marktöffnung.

43

Entgegen der Auffassung der Revision musste der Verwaltungsgerichtshof nicht annehmen, der Gesetzgeber sei verpflichtet, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe völlig aufzugeben. Vielmehr durfte er davon ausgehen, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbarer normaler Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden. Der Verbundvertrieb schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs genügen die detaillierten Vorgaben für die Auswahl und Kontrolle der Vermittler und die Einzelgestaltung der Wettangebote in Verbindung mit den vorgesehenen Maßnahmen zur aktiven Prävention, auch im Verbundvertrieb der Spielsucht vorzubeugen, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Neben der jedem Angebot beigegebenen Aufklärung über die Gefahren der Wettsucht und mögliche Hilfen dienen dazu insbesondere das Zugangserfordernis der Kundenkarte und dessen Verknüpfung mit dem Sperrsystem. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen wird die Kundenkarte nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises ausgestellt und trägt ein Foto sowie - jedenfalls seit Mai 2008 - den vollen Namen des Inhabers. Dies erlaubt eine Identifizierung problematischen Wettverhaltens und dient dem Abgleich mit der Sperrdatei, zu dem jeder Vermittler verpflichtet ist. Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugangskontrolle mittels individueller Kundenkarte sei mittlerweile konsequent umgesetzt und geeignet, problematischem Wettverhalten zu begegnen und Kinder und Jugendliche sowie abhängige Personen von der Teilnahme auszuschließen, hat die Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben. Dazu genügt nicht, dass sie den Sachverhalt abweichend beurteilt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof den hilfsweise gestellten Beweisanträgen des Klägers nicht nachgegangen ist, fehlen substantiierte Rügen einer Verletzung des Aufklärungsgebots nach § 86 Abs. 1 VwGO oder des Grundsatzes rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, jeweils i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

44

Bei der Entscheidung, den Verbundvertrieb beizubehalten, durfte der Gesetzgeber schließlich berücksichtigen, dass die alternativ mögliche Beschränkung des Vertriebs auf besondere Wettlokale dem Ziel der Suchtbekämpfung abträglich sein kann. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind solche Lokale, deren Umsatz ganz vom Wettgeschäft abhängig ist, regelmäßig darauf ausgelegt, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren. Sie bieten soziale Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen und eine bereits vorhandene Wettneigung verstärken (vgl. Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, 2005, S. 138 f.). Demgegenüber ermöglicht der Verbundvertrieb, in dem das Wettgeschäft nur als Nebenerwerb betrieben wird, auch eine soziale Kontrolle durch nicht zum Wetten geneigte Personen, die übermäßigem Spielen vorbeugen kann.

45

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die rechtlichen Beschränkungen des Wettangebots würden nicht durch eine faktische Expansion unterlaufen, wird ebenso wenig mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wie die Feststellung, die Monopolanbieter hätten aufgrund der Angebotseinschränkung erhebliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

46

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, weitere Vertriebsbeschränkungen wie Auslagen-, Standort- oder Provisionsverbote zu regeln. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung. Vielmehr genügen zur Zielverwirklichung ausreichende Maßnahmen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erfüllen bereits die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen und in der Praxis umgesetzten Einschränkungen des Verbundvertriebs diese Anforderung.

47

Dem Erfordernis einer unabhängigen, effektiven Kontrolle genügt die Einrichtung einer Glücksspielaufsicht, die bei einem anderen Ministerium als dem für die Lotterieverwaltung zuständigen Finanzministerium ressortiert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - NVwZ-RR 2008, 1 <4 Rn. 59>). Trotz der mit der "Mystery Shopping Studie" aufgezeigten Vollzugsdefizite durfte der Verwaltungsgerichtshof annehmen, dass die normativen und strukturellen Vorgaben eine hinreichend effektive Kontrolle der Sportwettenvermarktung gewährleisten. Seinen nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen zufolge hat die Glücksspielaufsicht ausreichende Überwachungsmaßnahmen durchgeführt und festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert. Die aufgedeckten Defizite insbesondere im Umgang mit Kundenkarten wurden bereits im ersten Halbjahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages behoben. Später festzustellende Verstöße hatten nicht den Charakter systematischer Abweichungen und wurden ebenfalls geahndet.

48

Dass der Verwaltungsgerichtshof nur strukturelle Vollzugsdefizite für geeignet hält, eine verfassungswidrige Handhabung des Sportwettenmonopols zu belegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar hängt die Rechtfertigung des Monopols auch von dessen tatsächlicher Ausgestaltung ab. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt aber schon, eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Monopolregelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 316).

49

Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Auslegung der Regelungen zur Werbung für das staatliche Wettangebot in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für unbedenklich hält.

50

Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Damit ist nicht zu vereinbaren, die Teilnahme an Wetten als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung darzustellen. Vielmehr hat die Werbung für das Monopolangebot sich bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

51

Mit diesen Vorgaben steht noch in Einklang, dass die Pflicht zur Beschränkung der Werbung auf die Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten nach § 5 Abs. 1 GlüStV dem angegriffenen Urteil zufolge konkretisiert wird durch das in Absatz 2 der Vorschrift geregelte Verbot einer zur Teilnahme auffordernden oder irreführenden Werbung sowie durch die ebenfalls dort verankerte Pflicht, den Jugendschutz zu beachten und über Risiken und Gefahren des Wettens zu belehren. Diese systematische Auslegung verkürzt weder das Aufforderungsverbot, noch lässt sie das Ziel der Suchtbekämpfung hinter das Ziel einer Kanalisierung der Wettleidenschaft zurücktreten. Das Berufungsgericht stellt auch nicht in Abrede, dass die sachliche Werbung nur auf eine Lenkung des bereits vorhandenen Wettwillens gerichtet sein darf, ohne noch nicht zum Wetten Entschlossene zur Teilnahme anzureizen.

52

Dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der konsequenten Ausrichtung des Monopols am Ziel der Suchtbekämpfung widerspricht aber seine Annahme, dies verbiete nur den gezielten Anreiz zum Mitspielen. Dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lotteriestaatsvertrag für die Übergangszeit bis zur Neuregelung der Sportwetten jede über die sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehende, gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), relativiert die gebotene Beschränkung auf sachliche Information nicht durch ein zusätzliches Kriterium der Absicht des Werbenden oder der erkennbaren Zielrichtung seiner Werbung. Der Beschränkung auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten widersprechen nicht nur der absichtliche Anreiz und die direkte Aufforderung zum Wetten, sondern alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Entscheidend ist also nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt.

53

Für diese Beurteilung kann entgegen dem angegriffenen Urteil nicht zwischen einer auf die sachliche Information beschränkten Werbebotschaft und einer darüber hinaus zulässigen werbetypischen Umrahmung oder Aufmachung unterschieden werden. Die Botschaft oder der Aussagegehalt einer Werbung ist nicht unabhängig vom Kontext der Aufmachung zu ermitteln, sondern wird durch diese mit bestimmt. Entscheidend ist daher, dass die aus Text und Aufmachung zusammengesetzte Werbeaussage vom durchschnittlichen Empfänger nicht als Anreiz zum Wetten zu verstehen ist, sondern nur als Hinweis auf eine legale Möglichkeit, einen vorhandenen Entschluss zum Wetten umzusetzen.

54

Der Begriff der Werbung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Er wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt. Dazu zählt auch die sachliche Information des Monopolanbieters über die Möglichkeit, bei ihm legal Sportwetten abzuschließen.

55

Das Ziel, die Wettleidenschaft durch den Hinweis auf legale Wettangebote zu lenken, verlangt und rechtfertigt keine über die sachliche Information hinausgehende, zum Wetten selbst motivierende Aussage. Unzulässig sind danach beispielsweise Darstellungen des Wettens als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen Zugewinns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung. Erst recht darf die Teilnahme an Wetten nicht als positiv zu beurteilendes, wünschenswertes oder sozial verantwortliches Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1341 f. Rn. 39, 47, 57>).

56

Das schließt zwar nicht die Verwendung einer Dachmarke aus, wohl aber jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Unzutreffend ist danach die Annahme des angegriffenen Urteils, ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen könne zulässig sein. Ein solcher Hinweis wertet das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung im Sinne eines "Spendens durch Spielen" dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung der Suchtgefahr, lassen jedoch die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt. Die abweichende Auffassung des angegriffenen Urteils ist mit den Anforderungen, die an eine verhältnismäßige, konsequent und widerspruchsfrei am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, nicht vereinbar.

57

Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Freistaates Bayern ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Zuständig sind, je nach Abgrenzung des umstrittenen Geltungsbereichs der Erlaubnisse, entweder der Bund oder die Länder, in denen die Erlaubnisnehmer ihren Sitz haben.

58

Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

59

Das angegriffene Urteil wendet aber die Gewährleistungen der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV fehlerhaft an. Zu Unrecht geht es davon aus, die Monopolregelung sei, soweit sie diese Grundfreiheiten beschränke, nach dem unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt. Diese Annahme beruht auf einer unrichtigen Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

60

Die Vermittlung von Sportwetten an einen Wettanbieter, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig ist, stellt eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56, 57 AEUV dar (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 24; vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 41 m.w.N.). Ob die dem Kläger untersagte Vermittlung - seine Einbeziehung in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten vorausgesetzt - in den sachlichen Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fiele, oder ob diese Gewährleistung wegen ihrer Subsidiarität nach Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV hinter die der Niederlassungsfreiheit zurückträte, kann offen bleiben. Die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols und der daran anknüpfende Ausschluss einer Vermittlung von Wettangeboten EU-ausländischer Veranstalter schränken, je nach Ausgestaltung der Vermittlungstätigkeit, entweder die eine oder die andere Grundfreiheit ein. Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Beschränkung sind, soweit hier entscheidungserheblich, jeweils gleich. Die beschränkende Regelung muss das Diskriminierungsverbot des Art. 57 Abs. 3 AEUV beachten. Außerdem muss sie aus den in Art. 62 i.V.m. Art. 51 oder Art. 52 AEUV genannten Gründen oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten. Sie darf schließlich nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 44 ff., 59 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - juris Rn. 61).

61

Eine unzulässige Diskriminierung im Sinne des Art. 57 Abs. 3 AEUV liegt nicht vor. Die Vorschrift verbietet, Angehörige eines Mitgliedstaates wegen ihrer Staatsangehörigkeit gegenüber Inländern zu benachteiligen. Das ist hier nicht geschehen. Die der angefochtenen Untersagung zugrunde liegenden Rechtsnormen gelten gleichermaßen für Inländer wie Ausländer. Aus dem Diskriminierungsverbot ergibt sich auch keine Pflicht zur Anerkennung von Glücksspielkonzessionen anderer Mitgliedstaaten. Vielmehr ist es mangels unionsrechtlicher Harmonisierung der Glücksspielregelungen jedem Mitgliedstaat unbenommen, nationale, nicht nach der Staatsangehörigkeit des Anbieters oder Vermittlers differenzierende und verhältnismäßige Beschränkungen vorzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 f. und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 44).

62

Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Einschränkungen der Grundfreiheiten durch das Sportwettenmonopol nach dem Glücksspielstaatsvertrag unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen. Dabei kann offen bleiben, ob nach Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV eine Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht kommt. Jedenfalls können die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs konkretisierten zwingenden Gründe des Allgemeininteresses wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung eine Monopolregelung rechtfertigen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45). Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Mangels unionsrechtlicher Harmonisierung im Glücksspielbereich bleibt es jedem Mitgliedstaat überlassen, das angestrebte Schutzniveau nach Maßgabe der jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten zu bestimmen und die entsprechenden Regelungsziele festzulegen. Dabei ist es seine Sache zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, bestimmte Tätigkeiten im Glücksspielbereich vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. Die Grundentscheidung für ein Monopol- oder Konzessionssystem liegt danach im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46). Die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen ist allein im Hinblick auf das national angestrebte Schutzniveau und die verfolgten Ziele zu beurteilen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N).

63

Zur Prüfung, ob die vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen, ist auf die Gesamtheit dieser Ziele abzustellen (vgl. EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-1039 Rn. 58, vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 30 f. und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - juris Rn. 22). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), der Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV) und die Begrenzung des Glücksspielangebots und die Kanalisierung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) sind ebenso wie die Kriminalitätsbekämpfung als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt.

64

Nach den nicht mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Errichtung des Sportwettenmonopols ein hohes Schutzniveau angestrebt hat. Entgegen der Auffassung der Revision war er unionsrechtlich nicht gehindert, bereits vor einer abschließenden wissenschaftlichen Klärung des Suchtpotenzials von Sportwetten mit festen Gewinnquoten zur Gefahrenabwehr tätig zu werden. Er durfte vielmehr auf der Grundlage der bisherigen Erkenntnisse und einer darauf gestützten plausiblen Gefahrenprognose präventive Regelungen erlassen, die durch begleitende Untersuchungen zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der getroffenen Maßnahmen ergänzt werden (vgl. EuGH, Urteile vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - Slg. 2003, I-13519 Rn. 25 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a). Damit in Einklang steht die berufungsgerichtliche Annahme, die Bundesländer hätten im Rahmen ihres Einschätzungs- und Prognosespielraums bereits aufgrund der ihnen vorliegenden Erkenntnisse von einer Suchtgefahr sowie davon ausgehen dürfen, dass diese bei einer Ausweitung des Wettangebots zunehmen werde. Ebenso durfte der Verwaltungsgerichtshof für ausreichend halten, dass § 10 Abs. 1 GlüStV die Beratung durch einen mit Experten der Suchtbekämpfung besetzten Fachbeirat vorsieht und § 11 GlüStV die begleitende wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren regelt. An die zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz zum Erkenntnisstand bei Erlass der Regelungen und zur gesetzgeberischen Prognose ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, weil die Revision insoweit keine ordnungsgemäßen Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO erhoben hat.

65

Die Eignung der Monopolregelung ist unionsrechtlich allerdings nicht schon zu bejahen, weil diese dem legitimen Ziel der Suchtbekämpfung dienen kann (dazu vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 99 ff., 105). Sie muss vielmehr geeignet sein, die Verwirklichung dieses Ziels zu gewährleisten, indem sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt. Dabei sind sowohl der normative Gehalt der Regelung als auch ihre konkreten Anwendungsmodalitäten zu berücksichtigen (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 67 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 f.).

66

An einem kohärenten Beitrag zur Begrenzung der Wetttätigkeit fehlt es, wenn die Behörden eines Mitgliedstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen (EuGH, Urteil vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 69). Die Einnahmenerzielung darf nur eine nützliche Nebenfolge, aber nicht der eigentliche Grund der restriktiven Politik sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 35 f., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 62 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 104). Darüber hinaus widerspricht es dem Ziel der Begrenzung der Wetttätigkeit, wenn der staatliche Monopolträger die Anziehungskraft der Wetten durch Werbebotschaften erhöht, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen. Er darf dem Wetten auch nicht durch Hinweise auf eine Einnahmenverwendung für gemeinnützige Zwecke ein positives Image verleihen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103 f., 117 Ziff. 1d). Die Annahme des angegriffenen Urteils, solche Hinweise seien zulässig, ist unzutreffend.

67

Entgegen der ihm zugrunde liegenden Rechtsauffassung ist eine Kohärenz der Monopolregelung auch nicht nur "sektoral" für den davon betroffenen Sportwettenbereich und das jeweilige Bundesland erforderlich. Zwar muss grundsätzlich jede beschränkende Regelung gesondert auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden, und indiziert das Bestehen einer Konzessionsregelung in anderen Bereichen noch nicht die Inkohärenz eines auf einen bestimmten Glücksspielsektor beschränkten Monopols (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Läuft jedoch die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zwecken zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotential, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise - insbesondere aus fiskalischen Interessen - auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.). Die danach erforderliche Prüfung der Regelungen und der Anwendungspraxis im Bereich etwa der Kasino- und Automatenspiele hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern die darauf gerichteten Beweisanregungen unzutreffend für nicht entscheidungsrelevant gehalten.

68

Die verfassungsrechtliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bundesstaat macht die Kohärenzprüfung für Glücksspielbereiche, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, unionsrechtlich nicht entbehrlich. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates entbindet diesen nicht davon, seinen unionsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vielmehr müssen Bund und Länder zusammenwirken, um gemeinsam zu gewährleisten, dass die glücksspielrechtlichen Regelungen das unionsrechtliche Kohärenzkriterium erfüllen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.).

69

Die Annahme des Berufungsgerichts, das Kohärenzkriterium werde erst bei einem "krasse(n) Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt, trifft ebenfalls nicht zu. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- oder Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Ziele des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an.

70

Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auf der fehlerhaften Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49, 56 AEUV. Sie hält die Untersagungsverfügung für rechtmäßig, weil sie fehlerhaft davon ausgeht, das staatliche Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit verhältnismäßig ein, und weil sie die Rechtfertigung des - unterstellten - Eingriffs in die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit aufgrund einer unzutreffenden Verkürzung der Kohärenzanforderungen bejaht.

71

Das angegriffene Urteil stellt sich nach § 144 Abs. 4 VwGO aber aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar. Die Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil konnte keinen Erfolg haben, weil die angefochtene Untersagungsverfügung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Zeitraums ab dem 1. Januar 2008 den Kläger unabhängig von ihren fehlerhaften Erwägungen zur Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

72

Dabei kann offen bleiben, ob die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols in Bayern auch bei Berücksichtigung zutreffender verfassungs- und unionsrechtlicher Maßstäbe den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgebots genügt. Insbesondere kann dahinstehen, ob eine Monopolwerbung betrieben wird, die den Anforderungen einer verfassungskonformen, jeden Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Wetteinnahmen ausschließenden Auslegung des § 5 Abs. 1 GlüStV widerspricht. Unerheblich ist auch, ob eine im unionsrechtlichen Sinne konsistente Regelung des Glücksspiels im Hinblick auf die Entwicklung des Spielbankenrechts oder der bundesrechtlichen Vorschriften zum Betrieb von Geldspielgeräten fehlt. Allerdings wäre die Untersagungsverfügung bezüglich des hier streitigen Zeitraums bei einem Verfassungs- oder Unionsrechtsverstoß des Sportwettenmonopols nach dem Glücksspielstaatsvertrag wegen gegenteiliger rechtlicher Annahmen fehlerhaft. Damit läge aber noch keine Rechtsverletzung des Klägers vor. Zwar folgt dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon aus der formellen Illegalität der Vermittlungstätigkeit. Denn der Kläger hatte bereits im März 2006 hilfsweise beantragt, ihm die erforderliche Erlaubnis zu erteilen. Seine Vermittlungstätigkeit war jedoch unabhängig von der Wirksamkeit und der Anwendbarkeit der Regelungen zum Sportwettenmonopol jedenfalls wegen der Unzulässigkeit der Sportwettenvermittlung im Sportvereinsheim nach § 21 Abs. 2 GlüStV nicht erlaubnisfähig. Wegen dieses Verstoßes gegen die Pflicht zur organisatorischen Trennung der Sportwettenvermittlung von der Vereinstätigkeit war das Ermessen der Beklagten nicht nur hinsichtlich der Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV, sondern auch hinsichtlich der Untersagung der unzulässigen Vermittlung nach § 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 3 GlüStV zu Lasten des Klägers auf Null reduziert.

73

Der Erlaubnisvorbehalt für die Vermittlung von Sportwetten nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV besteht unabhängig von der Wirksamkeit des staatlichen Sportwettenmonopols. Er gewährleistet in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV, dass Sportwetten nur durch zuverlässige Personen vermittelt werden, die einen ordnungsgemäßen, den gesetzlichen Vorgaben genügenden Vertrieb der Wettangebote sicherstellen. Zu diesen Vorgaben zählt auch die Einschränkung der Sportwettenvermittlung nach § 21 Abs. 2 GlüStV. Danach muss die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich, wirtschaftlich und personell getrennt sein von der Veranstaltung oder Organisation von Sportereignissen und dem Betrieb von Einrichtungen, in denen Sportveranstaltungen stattfinden. Mangels berufungsgerichtlicher Auslegung dieser Vorschrift ist das Revisionsgericht nicht gehindert, sie selbst auszulegen.

74

Dem Wortlaut und dem entstehungsgeschichtlich belegten Sinn und Zweck der Regelung wird nur eine Auslegung gerecht, die eine vollständige Trennung des aktiven Sports und der ihn organisierenden Vereinigungen von der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten verlangt. Schon der Wortlaut lässt keine organisatorisch-räumliche, wirtschaftliche oder personelle Verknüpfung von Sportvereinen und Wettannahmestellen zu. Betreibt der jeweilige Sportverein eine Einrichtung, in der Sportveranstaltungen stattfinden, ist die letzte Tatbestandsalternative des § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV einschlägig. Im Übrigen erfüllen Sportvereine jedenfalls die Alternative der Veranstaltung von Sportereignissen, indem sie Training und Wettkämpfe anbieten und organisieren.

75

Nicht zu folgen ist der im Termin zur mündlichen Verhandlung dargelegten Auffassung des Klägers, § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV erfasse nur Sportereignisse, auf die gewettet werden könne. Für eine solche einschränkende Auslegung bietet der Wortlaut der Regelung keinen Anhaltspunkt. Auch nach ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Sinn und Zweck beschränkt die Vorschrift sich nicht darauf, eine manipulative Einflussnahme des Veranstalters eines Sportereignisses auf den Ausgang der darauf abgeschlossenen Wetten zu verhindern. Nach der amtlichen Begründung sollen § 21 Abs. 2 und 3 GlüStV dem erhöhten Suchtpotential von Sportwetten Rechnung tragen und die Integrität des Sports sichern (LTDrucks 15/8486 S. 19). Dies schließt den Schutz vor betrügerischen Machenschaften ein (Hecker/Ruttig, in: Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, § 21 GlüStV Rn. 33), ist aber nicht darauf begrenzt. Zum Schutz vor der erhöhten Suchtgefahr gewährleistet § 21 Abs. 2 GlüStV die Integrität des aktiven Sports auch insoweit, als er eine Verquickung der gemeinnützigen Sportförderung im Verein mit der Vermarktung suchtgefährdender Sportwetten verbietet. Damit verhindert er, dass Mitglieder des Vereins, Mitwirkende und Besucher seiner Sportveranstaltungen zur Teilnahme an Wetten angereizt werden, um dem Verein wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Gleichzeitig dient die Bestimmung dem Jugendschutz, indem sie ausschließt, dass der Vereinsnachwuchs zur Zielgruppe von Wettangeboten wird.

76

Der systematische Zusammenhang des § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV mit dessen Satz 2 und 3 bestätigt diese Auslegung. Das Verbot der Trikot- und Bandenwerbung für Sportwetten sowie der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten bei der Übertragung von Sportereignissen nach § 21 Abs. 2 Satz 2 GlüStV gestaltet den Grundsatz der Trennung des aktiven Sports vom Vertrieb der Sportwetten weiter aus. Es dient ebenfalls dem Jugendschutz und der Suchtvorbeugung. Dass die Trennung von Sportwetten und Sportübertragungen sich nicht im Verbot von Live-Wetten erschöpft, ergibt sich aus dessen gesonderter Regelung in § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV.

77

Weder der Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV noch die Einschränkung der Vermittlungstätigkeit durch Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGGlüStV i.V.m. § 21 Abs. 2 GlüStV sind schon wegen der verfassungs- und unionsrechtlichen Bedenken gegen die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols im Glücksspielstaatsvertrag unwirksam. Die gegenteilige Auffassung der Revision übersieht, dass der Erlaubnisvorbehalt nicht allein dazu dient, das Angebotsmonopol durchzusetzen. Vielmehr soll er auch gewährleisten, dass die ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlung beliebiger Angebote beachtet werden. Gleiches gilt für das Zuverlässigkeitserfordernis. Das aus § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV abzuleitende Verbot der Vermittlung von Sportwetten im Sportvereinslokal knüpft ebenfalls nicht an die problematische Monopolregelung an. Es stellt nicht auf den Anbieter der Wetten ab, sondern verbietet nur eine bestimmte Art und Weise des Vertriebs.

78

Die daraus folgende Beschränkung der Vermittlungstätigkeit ist mit den Grundrechten vereinbar. Dabei kann offen bleiben, inwieweit der Kläger sich nach Art. 2 Abs. 1 GG auf einen Verstoß des Gesetzes gegen Art. 12 Abs. 1 GG berufen könnte, obwohl der persönliche Schutzbereich der Berufsfreiheit sich nicht auf ihn erstreckt. Denn auch eine objektiv-rechtliche Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

79

Der Erlaubnisvorbehalt zur Sicherung der ordnungsrechtlichen Beschränkungen der Vermittlungstätigkeit und das Gebot, die Vermittlung von Sportwetten organisatorisch, rechtlich und wirtschaftlich von der Tätigkeit des Sportvereins zu trennen, greifen in die Freiheit der Berufsausübung ein. Soweit das Gebot personeller Trennung zur Folge hat, dass Mitarbeiter eines Sportvereins keine Wettannahmestelle betreiben dürfen, begrenzt es wie das Zuverlässigkeitserfordernis als subjektive Zulassungsschranke auch die Freiheit der Berufswahl. Diese Einschränkungen der Berufsfreiheit sind jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, da sie verhältnismäßig sind.

80

Der Erlaubnisvorbehalt, das Zuverlässigkeitserfordernis und die Verpflichtung zur umfassenden Trennung von Sportvereinstätigkeit und Sportwettenvermittlung dienen dem Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten verfassungsrechtlich legitimen Ziele der Suchtvorbeugung und -bekämpfung sowie des Spieler- und Jugendschutzes.

81

Der Erlaubnisvorbehalt und das Zuverlässigkeitserfordernis sind geeignet und erforderlich, einen ordnungsgemäßen Vertrieb zu gewährleisten, der die Schutzbestimmungen beachtet und eine effektive Kontrolle ermöglicht. Der Ausschluss eines Anspruchs auf die Erlaubniserteilung (§ 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV) ist notwendig, eine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausweitung des Angebots zu verhindern.

82

Das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV kann zur Suchtbekämpfung und zum Jugendschutz beitragen, da es eine die Wettmotivation fördernde Verknüpfung der Teilnahme an Vereinsveranstaltungen mit Wettangeboten ausschließt und gewährleistet, dass Finanzierungsinteressen der Sporteinrichtungen nicht zu einer Ausweitung des Wettangebots führen. Mildere Mittel, diese legitimen Ziele zu erreichen, sind nicht erkennbar. Nur eine konsequente Trennung der Sportvereinstätigkeit von der Sportwettenvermarktung kann verhindern, dass die Beteiligung am aktiven Vereinssport ausgenutzt wird, Vereinsmitglieder einschließlich des Vereinsnachwuchses zum Wetten zu motivieren und sie damit der Suchtgefahr von Sportwetten auszusetzen. Das Fehlen eines vergleichbaren Trennungsgebots im Bereich der Pferdesportwetten schließt die Erforderlichkeit der Regelung im Bereich sonstiger Sportwetten nicht aus. Vielmehr durfte der Gesetzgeber aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten, wegen ihres vergleichsweise geringen Marktanteils und des äußerst geringen Anteils von Wetten mit festen Gewinnquoten davon ausgehen, dass das Suchtpotential dort deutlich geringer ist als im stark expandierenden Bereich sonstiger Sportwetten mit festen Gewinnquoten (vgl. Diegmann/Hoffmann/Ohlmann, Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht, 2008, S. 15 Rn. 43; Hecker/Ruttig a.a.O. § 21 GlüStV Rn. 29).

83

Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Zuverlässigkeitserfordernis und das Trennungsgebot nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit für die Betroffenen zumutbar. Sie stehen nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck. Entgegen der Auffassung des Klägers sind insoweit nicht die Kriterien für die Zumutbarkeit des Sportwettenmonopols einschlägig. Diese tragen der besonderen Schwere des Eingriffs durch eine objektive, sämtliche Grundrechtsträger vom Beruf ausschließende Zulassungsschranke Rechnung. Die Eingriffe durch den Erlaubnisvorbehalt, das Trennungsgebot und das Zuverlässigkeitserfordernis, das den Zugang zum Beruf nur kanalisiert, wiegen deutlich weniger schwer. Sie stehen nicht außer Verhältnis zum damit verfolgten Zweck des Jugendschutzes und des Schutzes vor den Suchtgefahren des Wettens. Dessen überragende Bedeutung rechtfertigt auch den Ausschluss eines Anspruchs auf die Erlaubniserteilung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1342 Rn. 52> und vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1224>).

84

Auf die Vereinbarkeit des Erlaubnisvorbehalts, des Trennungsgebots und des Zuverlässigkeitserfordernisses mit der unionsrechtlichen Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit kommt es für die Frage einer Rechtsverletzung des Klägers durch die Untersagungsverfügung nicht an. Mangels Unionsbürgerschaft kann der Kläger sich auf diese Grundfreiheiten nicht berufen. Ihr persönlicher Anwendungsbereich erstreckt sich nach Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV nur auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Union, nicht auf Drittstaatsangehörige wie den Kläger, der türkischer Staatsangehöriger ist. Mangels Entscheidungserheblichkeit der unionsrechtlichen Gewährleistungen erübrigt sich die dazu von der Revision angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.

85

Das zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei geschlossene Assoziierungsabkommen (Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, ABl EG 1964 Nr. 217/3687) bezieht ihn nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Grundfreiheiten ein. Art. 13 und 14 des Abkommens enthalten nur Absichtserklärungen, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs aufzuheben. Sie treffen dazu aber keine inhaltlichen Regelungen. Das Zusatzprotokoll zum Assoziierungsabkommen vom 23. November 1970 (ABl EG 1972 Nr. L 293/4) erstreckt den Anwendungsbereich der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit ebenfalls nicht auf türkische Staatsangehörige. Zwar entfaltet Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls unmittelbare Wirkung. Er verbietet aber nur, neue Beschränkungen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit einzuführen (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2000 - Rs. C-37/98, Savas - Slg. 2000 I-02927, Rn. 58 ff., 69). Gegen diese sogenannte Stillhalteklausel (a.a.O. Rn. 64) verstößt der Glücksspielstaatsvertrag nicht. Er regelt keine zusätzliche Beschränkung der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit, sondern nur die Ausgestaltung eines Monopols, das aufgrund des Repressivverbots des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele (§ 284 StGB) und der landesrechtlichen Regelungen der staatlichen Lotteriemonopole (vgl. die Verordnung über die Errichtung einer Staatslotterie in Bayern vom 12. März 1946, BayGVBl 1946, 80) bereits bei Wirksamwerden des Zusatzprotokolls bestand und seinerzeit keinerlei Sportwetten außerhalb der Pferdesportwetten und des Fußballtotos zuließ. Auf die Frage, ob die damaligen Regelungen mit den Grundrechten und Grundfreiheiten in Einklang standen, kommt es nicht an. Das Zusatzprotokoll ging von dem damals vorgefundenen Rechtszustand und damit von den seinerzeit einschlägigen Vorschriften aus, die nicht durch bundesverfassungsgerichtliche Entscheidungen für nichtig erklärt worden waren.

86

Die Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 36 f. des Zusatzprotokolls ist nicht einschlägig, da sie nur den Zugang zur abhängigen Beschäftigung betrifft, und nicht die nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen vom Kläger im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages ausgeübte selbstständige Vermittlungstätigkeit (vgl. Vöneky, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl. 2009, EGV Art. 310, Rn. 79; Khan, in: Geiger/Khan/Kotzur, AEUV, Art. 45 Rn. 12 und Art. 217, Rn. 20).

87

Beschlüsse nach Art. 41 Abs. 2 des Zusatzprotokolls zur Einbeziehung türkischer Staatsangehöriger in den persönlichen Anwendungsbereich der Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit sind bislang nicht ergangen (vgl. Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Band II, Stand: Oktober 2009, Vorbem. zu Art. 39 bis 55 EG, Rn. 35).

88

Die Unzulässigkeit der vom Kläger betriebenen Sportwettenvermittlung im Vereinslokal nach § 21 Abs. 2 Satz 1 GlüStV reduziert das Ermessen der Beklagten sowohl hinsichtlich der Versagung der Erlaubnis als auch hinsichtlich der Untersagung der unzulässigen Tätigkeit nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV auf Null. Die gesetzliche Bindung des Untersagungsermessens an das legitime Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung lässt eine Duldung der zum Wetten anreizenden organisatorisch-räumlichen Verknüpfung der Sportvereinstätigkeit mit der Sportwettenvermittlung durch den Kläger nicht zu. Dies gilt auch, wenn im neuen Vereinsheim - anders als nach Aktenlage im früheren - kein Bildschirm zur Übertragung von Sportereignissen zur Verfügung stehen sollte. Schon der Umstand, dass die Sportwettenvermittlung im Vereinsheim regelmäßiger Bestandteil des Vereinslebens wird, führt zu einer Aufwertung des Wettens als Teil der sozialadäquaten aktiven Vereinsmitgliedschaft und ist geeignet, auch bislang nicht zum Wetten entschlossene Mitglieder zur Teilnahme an Wetten zu bewegen und der Suchtgefahr auszusetzen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten an einen ausländischen privaten Wettanbieter.

2

Unter dem 12. Oktober 2005 zeigte die Klägerin, die polnische Staatsangehörige ist, der Beklagten die Ausübung einer Gewerbetätigkeit in Form der Vermittlung von Sportwetten, insbesondere an die österreichische Buchmacherfirma H. GmbH, ab 15. Oktober 2005 in der Betriebsstätte R.straße 2 in ... N. an. Nach vorheriger Anhörung untersagte die Beklagte der Klägerin mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 12. Juli 2006 die Vermittlung von Sportwetten an in Bayern nicht erlaubte Wettunternehmen und ordnete die Betriebseinstellung bis zum 31. Juli 2006 an.

3

Die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei der Untersagungsverfügung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der sowohl nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage als auch nach dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtmäßig sei. Die Untersagung finde ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Wegen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Sportwetten nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, des Erlaubnisvorbehalts für die private Wettvermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und wegen der Beschränkung der zulässigen Vermittlung auf die Angebote des Monopolträgers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die Vermittlungstätigkeit der Klägerin nicht erlaubnisfähig.

4

Das staatliche Sportwettenmonopol nach dem GlüStV verletze weder die Verfassung noch unionsrechtliche Grundfreiheiten.

5

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufswahlfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 1 GlüStV diene das Wettmonopol legitimen Zielen. Insbesondere die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht könne als überragend wichtiges Gemeinwohlziel selbst den mit der Errichtung des Monopols verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen. Das Veranstaltungsmonopol sei auch geeignet und erforderlich, das Ziel der Suchtbekämpfung zu verwirklichen. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Prognosespielraums davon ausgehen dürfen, dass jede Öffnung des Wettmarktes eine Ausweitung des Sportwettenangebots und ein Zunehmen der Suchtgefahr bewirken würde. Seine Einschätzung, das Monopolsystem gewährleiste eine effektivere Kontrolle als Konzessionssysteme, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Grundrechtseingriff sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols entspreche den Vorgaben der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sie sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konsequent an den verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet, insbesondere an den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spielerschutzes, des Jugend- und Verbraucherschutzes und des Schutzes vor Folge- und Begleitkriminalität. Das Gebot der Suchtbekämpfung habe nachhaltigen Niederschlag in zahlreichen - im Berufungsurteil aufgezählten - Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages gefunden. Eine unzulässige Ausrichtung an fiskalischen Interessen ließen weder der Normtext noch die Gesetzesbegründung oder die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols erkennen.

6

§ 21 GlüStV treffe ausreichende Regelungen hinsichtlich der Art und des Inhalts der Wettangebote, indem er nur Ergebniswetten zulasse. Der Glücksspielstaatsvertrag schränke auch den Wettvertrieb erheblich ein und gestalte ihn entsprechend den gesetzlichen Schutzzielen aus. Er verbiete den Internet-, Fernseh- und Telefon- oder SMS-Vertrieb ebenso wie Live-Wetten. Darüber hinaus verlange er eine strikte Trennung des Vertriebs von Sportorganisationen, -einrichtungen und -ereignissen. Die bereits reduzierte Zahl der Annahmestellen müsse nach dem Ausführungsgesetz zum GlüStV bis Ende 2011 weiter auf 3 700 vermindert werden. Zur völligen Aufgabe des Verbundvertriebs sei der Monopolträger verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ohne kundennahe Annahmestellen könne das gesetzliche Ziel, den natürlichen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und eine weitere Verlagerung des Wettgeschehens in den illegalen Bereich zu verhindern, nicht erreicht werden. Den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spieler- und des Jugendschutzes trage die Ausgestaltung des Vertriebs über die Annahmestellen in Verbindung mit aktiven Präventionsmaßnahmen ausreichend Rechnung. Im Gegensatz zu Wettbüros lüden Lotto-Annahmestellen nicht zum Verweilen ein und seien nicht von einer suchtfördernden Wettatmosphäre geprägt. Da die Glücksspielvermittlung in den Annahmestellen regelmäßig nur als Nebengeschäft betrieben werde, fehle dort ein Anreiz, diesen Bereich auszubauen. Die Einführung einer nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises auszustellenden Kundenkarte, das funktionierende Sperrsystem und die in der Praxis auch in Anspruch genommene Möglichkeit der Selbstsperre genügten, den Jugend- und den Spielerschutz sowie die Suchtbekämpfung auch im Verbundvertrieb zu gewährleisten. Verfassungsrechtlich sei nicht geboten, Jugendlichen bereits den Zutritt zu den Annahmestellen der staatlichen Lotteriegesellschaften zu untersagen. Die Werbung für Glücksspiele sei ebenfalls den gesetzlichen Zielen entsprechend beschränkt worden. Allerdings könne Werbung schon begrifflich nicht auf reine Sachinformation ohne Anreiz reduziert werden. Auch das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, lasse sich ohne Werbung nur unzureichend erfüllen. Deshalb sei eine zur sachlichen Botschaft hinzutretende werbetypische Umrahmung zulässig, soweit sie nicht gezielt zum Wetten anreize und das Wetten nicht verharmlose. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben könne wegen der Erlaubnispflicht für Vermittler auch im Verbundvertrieb sichergestellt werden. Zwar lasse die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegte "Mystery Shopping Studie" Zweifel an einer strikten Einhaltung der Schutzvorschriften aufkommen. Einzelne Vollzugsdefizite belegten jedoch noch kein normativ-strukturelles, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausschließendes Defizit. Unsanktionierte systematische Durchbrechungen der rechtlichen Vorgaben seien nicht festzustellen. Der Monopolträger und die Aufsichtsbehörden nähmen eigene Kontrollen vor und ahndeten festgestellte Verstöße effektiv. Die Ressortverschiedenheit der Staatlichen Lotterieverwaltung und der Glücksspielaufsicht gewährleiste eine ausreichende Distanz der Aufsichtsbehörden zu den fiskalischen Interessen des Staates.

7

Die unionsrechtliche Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 und Art. 49 des am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der Fassung des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl Nr. C 306 S. 1; BGBl II 2008 S. 1038; BGBl II 2009 S. 1223) seien ebenfalls nicht verletzt. Die Beschränkung dieser Grundfreiheiten durch das staatliche Sportwettenmonopol sei durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig. Der Gesetzgeber habe von einer Suchtgefahr ausgehen und handeln dürfen, obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse dazu vorlagen. Es genüge, dass der aktuelle Erkenntnisstand berücksichtigt und eine begleitende Forschung und Evaluierung sichergestellt worden sei. Erkenntnisse aus dem Ausland widerlegten die Gefahrenprognose des Gesetzgebers nicht, da sie nicht ohne Weiteres auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden könnten. Das Sportwettenmonopol sei auch geeignet, durch systematische und kohärente Begrenzung des Wettangebots zur Suchtbekämpfung und zur Kanalisierung der Spielleidenschaft beizutragen. Schwierigkeiten, den illegalen Markt einzudämmen, schlössen die Eignung nicht aus.

8

Für die Kohärenz der Monopolregelung sei nur auf den von ihr erfassten Sektor abzustellen, nicht auf den gesamten Glücksspielbereich. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik genüge außerdem eine auf das konkrete Bundesland bezogene Prüfung. Das Kohärenzerfordernis verpflichte den Gesetzgeber nicht, jeden Wertungswiderspruch auch im Detail zu vermeiden. Es werde nur bei einem krassen Missverhältnis von Regelungsziel und Ausgestaltung verfehlt. Bundeslandspezifische Besonderheiten wie die verbliebenen DDR-Erlaubnisse und die Zulassung eines privaten Monopolträgers in Rheinland-Pfalz führten nicht zur Inkohärenz, weil sie absehbar ausliefen.

9

Eine Diskriminierung sei mit dem staatlichen Sportwettenmonopol nicht verbunden. Auch ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht liege nicht vor.

10

Weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die nur hilfsweise gestellten Beweisanträge der Klägerin, die nicht sämtlich den formalen Voraussetzungen gerecht würden, beträfen erwiesene oder als wahr unterstellte Tatsachen. Im Übrigen seien sie nicht entscheidungserheblich oder dem Beweis nicht zugänglich.

11

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof - beschränkt - hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ab Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV.

12

Das staatliche Sportwettenmonopol verstoße gegen die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Die gesetzliche Regelung der Art und des Zuschnitts des staatlichen Wettangebots genüge nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Das Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes könnten ebenso bei einer beschränkten Marktöffnung erreicht werden. Zudem sei das Monopol weder rechtlich noch tatsächlich konsequent an den verfolgten Zielen ausgerichtet. Der Verbundvertrieb über Annahmestellen widerspreche ihnen ebenso wie die Werbung des staatlichen Monopolanbieters. Unzulässig sei jede den Wettentschluss fördernde Werbung, nicht nur der gezielte Anreiz zum Wetten. Dem werde die berufungsgerichtliche Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV nicht gerecht. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz seien unzureichend und würden nicht konsequent umgesetzt.

13

Der Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV ergebe sich aus der Inkohärenz der Monopolregelung. Erforderlich sei nicht nur eine Kohärenz im von der Monopolregelung betroffenen Sektor, sondern eine Gesamtkohärenz sämtlicher Regelungen im Glücksspielbereich. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne dem nicht entgegengehalten werden. Maßgebend sei auch nicht allein die normativ-strukturelle Ausgestaltung des Monopols, sondern ebenso dessen tatsächliche Umsetzung. Danach sei das Sportwettenmonopol mangels bundesweiter konsequenter Ausrichtung der Glücksspielpolitik am Ziel der Suchtbekämpfung unionsrechtswidrig. Zur weiteren Klärung der Voraussetzungen der Inkohärenz und zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV mit dem Unionsrecht beantragt die Klägerin, dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen vorzulegen, für deren Formulierung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird.

Sie meint, die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit schließe auch eine Anwendung des Erlaubnisvorbehalts für die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus.Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2008 die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 12. Juli 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufzuheben.

16

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

17

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Ein staatliches Glücksspielmonopol sei unionsrechtlich auch nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich zulässig. Eine auf Maximierung ausgerichtete Politik der Angebotserweiterung werde in Deutschland nicht betrieben. An der Eignung des Sportwettenmonopols sei nicht zu zweifeln.

18

Der Beteiligte unterstützt das Vorbringen der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

19

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit es davon ausgeht, diese Vorschriften ließen eine Werbung des Monopolanbieters mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen zu. Darüber hinaus stützt es sich auf die fehlerhafte Annahme, Art. 49 und 56 AEUV verlangten eine Kohärenz der Monopolregelung nur im betroffenen Glücksspielsektor und im jeweiligen Bundesland. Es stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar.

20

Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist bei der Anfechtungsklage nur maßgeblich, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt. Da die hier einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des landesrechtlichen Ausführungsgesetzes irrevisibel sind, obliegt diese Beurteilung dem Berufungsgericht. An dessen Annahme, die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, ist der Senat gebunden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264).

21

Das Revisionsgericht hat nach § 137 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO von der berufungsgerichtlichen Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes vom 20. Dezember 2007 auszugehen und nur zu überprüfen, ob diese mit revisiblem Recht in Einklang stehen. Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet, und dass die von der Klägerin vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV im Freistaat Bayern nur mit Erlaubnis der bayerischen Behörden veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Die Erteilung dieser Erlaubnis ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil dieser eine Vermittlung von Sportwetten an andere Veranstalter als die Träger des staatlichen Sportwettenmonopols verbietet. Die in Österreich von den dortigen staatlichen Behörden der Firma H. GmbH erteilte Konzession ersetzt nicht die für die Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Sportwetten notwendige Erlaubnis durch die Beklagte als zuständige bayerische Behörde.

22

1. Nicht mit Bundesrecht vereinbar ist die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Untersagungsverfügung sei mit dem Grundgesetz vereinbar unabhängig davon, ob die Klägerin sich in persönlicher Hinsicht auf das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG oder nur auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen könne. Die dem zugrunde liegende Erwägung, der Eingriff sei auch am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

23

Das staatliche Sportwettenmonopol schränkt die Berufswahlfreiheit ein, weil es alle Grundrechtsträger von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten außerhalb des Pferdesports ausschließt.

24

Dieser Eingriff ist vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn eine formell-gesetzliche, kompetenzgerechte Regelung besteht, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Eingriffsintensität Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls legitimiert und verhältnismäßig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <303 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1340 Rn. 24>).

25

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1222 Rn. 14>). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports.

26

Der Einwand der Revision, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahrnehmung des Monopols genügten nicht dem verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, trifft nicht zu. Dieser verlangt nur, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst trifft und nicht der Exekutive überlässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251 f.>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 47). Die für die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Regelungen werden im Sportwettenbereich durch § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 bis 4 AGGlüStV und § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV getroffen. Diese Vorschriften schließen die Grundrechtsträger von der Veranstaltung solcher Wetten aus und bestimmen die Voraussetzungen, unter denen eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden kann. Das dabei eingeräumte Ermessen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV und Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV an die in § 1 GlüStV im Einzelnen normierten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gebunden. Die von der Klägerin für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betreffen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler. Sie regeln nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger.

27

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung des Sportwettenmonopols verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist aber seine Annahme, die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

28

Nach der den Senat bindenden Auslegung des irrevisiblen Landesrechts bezwecken der Glücksspielstaatsvertrag und seine landesgesetzliche Umsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, und die Gefahr des Betrugs sowie sonstiger Folge- und Begleitkriminalität des Wettens abzuwehren (vgl. § 1 GlüStV, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind die Suchtbekämpfung und -vorbeugung, der Spieler- und Jugendschutz sowie der Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität als besonders wichtige Gemeinwohlziele anerkannt, die auch Eingriffe in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.). Der Zweck, die Spielleidenschaft zu kanalisieren, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim, auch wenn nicht alle dazu geeigneten Vertriebsformen gleichzeitig dem Ziel der Suchtbekämpfung durch Angebotsbegrenzung entsprechen. Es genügt, dass eine Ausgestaltung der Sportwetten denkbar ist, die beiden Zielen Rechnung trägt.

29

Die Eignung eines Mittels setzt nur voraus, dass mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dazu genügt die Möglichkeit der Zweckerreichung. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Seine Annahme, eine Marktöffnung werde eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten zur Folge haben und damit einer Ausbreitung der Spielsucht Vorschub leisten, ist davon ebenso gedeckt wie die Annahme, ein Monopol ermögliche eine effizientere Kontrolle als die Überwachung einer Vielzahl von Erlaubnisnehmern. Die von der Revision hervorgehobenen Schwierigkeiten der Durchsetzung des Monopols lassen seine Eignung nicht entfallen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308).

30

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines staatlichen Monopols steht dem Gesetzgeber ebenfalls eine Einschätzungsprärogative zu. Deren Grenzen sind erst überschritten, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass alternativ in Betracht kommende Grundrechtsbeschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309). Nach diesen Kriterien musste der Verwaltungsgerichtshof die Annahme des bayerischen Gesetzgebers, das Wettmonopol sei zur Verfolgung der angestrebten Zwecke erforderlich, verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Er hatte auch nicht zu klären, ob die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung ebenso wirksam durch weniger einschneidende Mittel zu verfolgen gewesen wären. Vielmehr durfte er darauf abstellen, dass jedenfalls zur Bekämpfung der Spielsucht keine nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenso effektive, aber weniger einschneidende Maßnahme als die Errichtung eines Monopols zur Verfügung stand. Die entsprechende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht nur die Erwägungen des Gesetzgebers (LTDrucks 15/8486 S. 9, 12), sondern geht auch auf den Vortrag der Klägerin zur Eignung einer beschränkten Marktöffnung und zu den Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten ein. An die berufungsgerichtliche Tatsachenfeststellung, die Errichtung eines Monopols sei effizienter als eine Konzessionslösung, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die Revision hat diese Feststellung nicht mit wirksamen substantiierten Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO angegriffen. Sie hält ihr nur die eigene, abweichende Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen.

31

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit an die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für das Monopolangebot stellt.

32

Die Zumutbarkeit der Errichtung eines staatlichen Monopols für die Betroffenen setzt voraus, dass das Monopol tatsächlich den mit ihm verfolgten, überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken dient (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309 f.). Maßgebend ist dafür die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung, dem der Gesetzgeber vorrangige Bedeutung beigemessen hat (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 12 f.). Die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, insbesondere die Kanalisierung der Wettleidenschaft, können keine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausgestaltung des Monopols rechtfertigen.

33

Die konsequente Ausrichtung am Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und problematischem Spielverhalten vorzubeugen, muss in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols positiv zum Ausdruck kommen. Dazu sind materiell-rechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich, die auch gewährleisten, dass fiskalische Interessen im Konfliktfall zurücktreten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 312).

34

Die normative Ausgestaltung des Monopols muss hinreichende inhaltliche Kriterien betreffend die Art und den Zuschnitt der Sportwetten festlegen und Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung enthalten. Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Verwirklichung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Auch die Einzelausgestaltung ist am Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes auszurichten. Dies verlangt eine aktive Prävention, die über das Bereithalten von Informationsmaterial hinausgeht und eine angebotsimmanente Aufklärung, Früherkennung und Förderung der Motivation zur Verhaltensänderung, etwa durch die Möglichkeit einer Selbstsperre, vorsieht. Die Werbung hat sich auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten zu beschränken und darf keinen Aufforderungscharakter haben. Schließlich muss organisatorisch eine Kontrolle durch geeignete Instanzen mit ausreichender Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates sichergestellt werden (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006, a.a.O. S. 318).

35

Die gesetzliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten musste der Verwaltungsgerichtshof nicht für unzureichend halten. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Ausführungen des angegriffenen Urteils zu § 21 Abs. 2 GlüStV nicht Art und Inhalt der Angebote, sondern Vertriebsregelungen betreffen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV leistet in der für den Senat bindenden Interpretation des Berufungsgerichts aber eine ausreichende inhaltliche Beschränkung des Wettangebots, indem er nur Wetten auf das Endergebnis eines sportlichen Wettkampfs zulässt und damit Wetten auf Zwischenergebnisse - etwa einer Spielhalbzeit oder eines Satzes - sowie Wetten auf Einzelereignisse während eines Wettkampfs ausschließt. Soweit dies die nähere Konkretisierung zulässiger Angebotsformen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV überlässt, gewährleistet die Bindung des Ermessens an die Ziele des § 1 GlüStV, dass keine die Suchtvorbeugung und -bekämpfung beeinträchtigende Wettform zuzulassen ist. Eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails war nicht erforderlich, da diese nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Suchtprävention und -bekämpfung nicht von Bedeutung waren.

36

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen bayerischen Ausführungsvorschriften werden auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne) gerecht, soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird.

37

Die Einschränkung auf terrestrische Vertriebswege durch Ausschluss des Internet- und SMS-Vertriebs in § 4 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV dient dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung. Sie schützt Kinder und Jugendliche vor den Gefahren, die mit einer Nutzung der in dieser Altersgruppe beliebten interaktiven Medien zum Glücksspiel verbunden sind. Auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgeschlossenen Vertriebswege für die Monopolanbieter kommt es für die Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung nicht an.

38

Die Vorgabe des Art. 1 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, die Zahl der Annahmestellen bis zum 31. Dezember 2011 weiter auf 3 700 zu reduzieren, normiert nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtspflicht und gewährleistet damit eine quantitative Begrenzung des Angebots. Der Revisionsvortrag, der Freistaat Bayern setze sich über diese Pflicht hinweg, widerspricht den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne insoweit wirksame Verfahrensrügen zu erheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Gesetzgeber die Entscheidungen über weitere Anpassungen des Vertriebssystems auch nicht mit einer Übergangsfristenregelung vorwegnehmen, sondern durfte zunächst die im Staatsvertrag vorgesehene wissenschaftliche Evaluation abwarten. Auf ein Überangebot von Wettannahmestellen lässt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht schon die vergleichsweise geringere Zahl der Postfilialen schließen. Seit der Abschaffung des Postmonopols wird ein erheblicher Teil der früher der Post vorbehaltenen Dienstleistungen durch andere Anbieter erbracht. Außerdem können Dienstleistungen der Post auch außerhalb der Niederlassungen in Anspruch genommen werden, etwa durch Briefkästen, Automaten oder die inzwischen eingeführten Internetangebote (E-Postbrief). Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der strenge Erlaubnisvorbehalt, die Auswahl der Vermittler und deren konsequente Überwachung seien für die Suchtvorbeugung und -bekämpfung wichtiger als die bloße Reduzierung ihrer Zahl, ist nicht denkfehlerhaft. Sie widerspricht auch nicht der Annahme, ein Konzessionssystem sei zur Suchtbekämpfung weniger geeignet als ein Monopol. Denn eine wirksame Kontrolle ist nach den bindenden berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Monopolsystem effektiver durchzuführen als bei einer Marktöffnung.

39

Entgegen der Auffassung der Revision musste der Verwaltungsgerichtshof nicht annehmen, der Gesetzgeber sei verpflichtet, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe völlig aufzugeben. Vielmehr durfte er davon ausgehen, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbarer normaler Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden. Der Verbundvertrieb schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs genügen die detaillierten Vorgaben für die Auswahl und Kontrolle der Vermittler und die Einzelgestaltung der Wettangebote in Verbindung mit den vorgesehenen Maßnahmen zur aktiven Prävention, auch im Verbundvertrieb der Spielsucht vorzubeugen, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Neben der jedem Angebot beigegebenen Aufklärung über die Gefahren der Wettsucht und mögliche Hilfen dienen dazu insbesondere das Zugangserfordernis der Kundenkarte und dessen Verknüpfung mit dem Sperrsystem. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen wird die Kundenkarte nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises ausgestellt und trägt ein Foto sowie - jedenfalls seit Mai 2008 - den vollen Namen des Inhabers. Dies erlaubt eine Identifizierung problematischen Wettverhaltens und dient dem Abgleich mit der Sperrdatei, zu dem jeder Vermittler verpflichtet ist. Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugangskontrolle mittels individueller Kundenkarte sei mittlerweile konsequent umgesetzt und geeignet, problematischem Wettverhalten zu begegnen und Kinder und Jugendliche sowie abhängige Personen von der Teilnahme auszuschließen, hat die Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben. Dazu genügt nicht, dass sie den Sachverhalt abweichend beurteilt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof den hilfsweise gestellten Beweisanträgen der Klägerin nicht nachgegangen ist, fehlen substantiierte Rügen einer Verletzung des Aufklärungsgebots nach § 86 Abs. 1 VwGO oder des Grundsatzes rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, jeweils i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

40

Bei der Entscheidung, den Verbundvertrieb beizubehalten, durfte der Gesetzgeber schließlich berücksichtigen, dass die alternativ mögliche Beschränkung des Vertriebs auf besondere Wettlokale dem Ziel der Suchtbekämpfung abträglich sein kann. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind solche Lokale, deren Umsatz ganz vom Wettgeschäft abhängig ist, regelmäßig darauf ausgelegt, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren. Sie bieten soziale Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen und eine bereits vorhandene Wettneigung verstärken (vgl. Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, 2005, S. 138 f.). Demgegenüber ermöglicht der Verbundvertrieb, in dem das Wettgeschäft nur als Nebenerwerb betrieben wird, auch eine soziale Kontrolle durch nicht zum Wetten geneigte Personen, die übermäßigem Spielen vorbeugen kann.

41

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die rechtlichen Beschränkungen des Wettangebots würden nicht durch eine faktische Expansion unterlaufen, wird ebenso wenig mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wie die Feststellung, die Monopolanbieter hätten aufgrund der Angebotseinschränkung erhebliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

42

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, weitere Vertriebsbeschränkungen wie Auslagen-, Standort- oder Provisionsverbote zu regeln. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung. Vielmehr genügen zur Zielverwirklichung ausreichende Maßnahmen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erfüllen bereits die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen und in der Praxis umgesetzten Einschränkungen des Verbundvertriebs diese Anforderung.

43

Dem Erfordernis einer unabhängigen effektiven Kontrolle genügt die Einrichtung einer Glücksspielaufsicht, die bei einem anderen Ministerium als dem für die Lotterieverwaltung zuständigen Finanzministerium ressortiert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - NVwZ-RR 2008, 1 Rn. 59). Trotz der mit der "Mystery Shopping Studie" aufgezeigten Vollzugsdefizite durfte der Verwaltungsgerichtshof annehmen, dass die normativen und strukturellen Vorgaben eine hinreichend effektive Kontrolle der Sportwettenvermarktung gewährleisten. Seinen nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen zufolge hat die Glücksspielaufsicht ausreichende Überwachungsmaßnahmen durchgeführt und festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert. Die aufgedeckten Defizite insbesondere im Umgang mit Kundenkarten wurden bereits im ersten Halbjahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages behoben. Später festzustellende Verstöße hatten nicht den Charakter systematischer Abweichungen und wurden ebenfalls geahndet.

44

Dass der Verwaltungsgerichtshof nur strukturelle Vollzugsdefizite für geeignet hält, eine verfassungswidrige Handhabung des Sportwettenmonopols zu belegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar hängt die Rechtfertigung des Monopols auch von dessen tatsächlicher Ausgestaltung ab. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt aber schon, eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Monopolregelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 316).

45

Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Auslegung der Regelungen zur Werbung für das staatliche Wettangebot in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für rechtlich unbedenklich hält.

46

Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Damit ist nicht zu vereinbaren, die Teilnahme an Wetten als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung darzustellen. Vielmehr hat sich die Werbung für das Monopolangebot bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

47

Mit diesen Vorgaben steht noch in Einklang, dass die Pflicht zur Beschränkung der Werbung auf die Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten nach § 5 Abs. 1 GlüStV dem angegriffenen Urteil zufolge konkretisiert wird durch das in Absatz 2 der Vorschrift geregelte Verbot einer zur Teilnahme auffordernden oder irreführenden Werbung sowie durch die ebenfalls dort verankerte Pflicht, den Jugendschutz zu beachten und über Risiken und Gefahren des Wettens zu belehren. Diese systematische Auslegung verkürzt weder das Aufforderungsverbot noch lässt sie das Ziel der Suchtbekämpfung hinter das Ziel einer Kanalisierung der Wettleidenschaft zurücktreten. Das Berufungsgericht stellt auch nicht in Abrede, dass die sachliche Werbung nur auf eine Lenkung des bereits vorhandenen Wettwillens gerichtet sein darf, ohne noch nicht zum Wetten Entschlossene zur Teilnahme anzureizen.

48

Dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der konsequenten Ausrichtung des Monopols am Ziel der Suchtbekämpfung widerspricht aber seine Annahme, dies verbiete nur den gezielten Anreiz zum Mitspielen. Dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lotteriestaatsvertrag für die Übergangszeit bis zur Neuregelung der Sportwetten jede über die sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehende, gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), relativiert die gebotene Beschränkung auf sachliche Information nicht durch ein zusätzliches Kriterium der Absicht des Werbenden oder der erkennbaren Zielrichtung seiner Werbung. Der Beschränkung auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten widersprechen nicht nur der absichtliche Anreiz und die direkte Aufforderung zum Wetten, sondern alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Entscheidend ist also nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt.

49

Für diese Beurteilung kann entgegen dem angegriffenen Urteil nicht zwischen einer auf die sachliche Information beschränkten Werbebotschaft und einer darüber hinaus zulässigen werbetypischen Umrahmung oder Aufmachung unterschieden werden. Die Botschaft oder der Aussagegehalt einer Werbung ist nicht unabhängig vom Kontext der Aufmachung zu ermitteln, sondern wird durch diese mit bestimmt. Entscheidend ist daher, dass die aus Text und Aufmachung zusammengesetzte Werbeaussage vom durchschnittlichen Empfänger nicht als Anreiz zum Wetten zu verstehen ist, sondern nur als Hinweis auf eine legale Möglichkeit, einen vorhandenen Entschluss zum Wetten umzusetzen.

50

Der Begriff der Werbung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Er wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt. Dazu zählt auch die sachliche Information des Monopolanbieters über die Möglichkeit, bei ihm legal Sportwetten abzuschließen.

51

Das Ziel, die Wettleidenschaft durch den Hinweis auf legale Wettangebote zu lenken, verlangt und rechtfertigt keine über die sachliche Information hinausgehende, zum Wetten selbst motivierende Aussage. Unzulässig sind danach beispielsweise Darstellungen des Wettens als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen Zugewinns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung. Erst recht darf die Teilnahme an Wetten nicht als positiv zu bewertendes, wünschenswertes oder sozial verantwortliches Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1341 f. Rn. 39, 47, 57>).

52

Das schließt zwar nicht die Verwendung einer Dachmarke aus, wohl aber jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Unzutreffend ist danach die Annahme des angegriffenen Urteils, ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen könne zulässig sein. Ein solcher Hinweis wertet das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung im Sinne eines "Spendens durch Spielen" dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung der Suchtgefahr, lassen jedoch die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt. Die abweichende Auffassung des angegriffenen Urteils ist mit den Anforderungen, die an eine verhältnismäßige, konsequent und widerspruchsfrei am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, nicht vereinbar.

53

Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Freistaates Bayern ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Zuständig sind, je nach Abgrenzung des umstrittenen Geltungsbereichs der Erlaubnisse, entweder der Bund oder die Länder, in denen die Erlaubnisnehmer ihren Sitz haben.

54

Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

55

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verstößt gegen die unionsrechtliche Dienstleistungs- bzw. Niederlassungsfreiheit.

56

Die berufungsgerichtliche Annahme, die durch den Glücksspielstaatsvertrag bewirkten Beschränkungen seien mit beiden Grundfreiheiten vereinbar und wahrten den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gründet sich auf eine unrichtige Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

57

Die Klägerin gehört zu dem von der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit erfassten Personenkreis. Der persönliche Anwendungsbereich des Art. 56 Abs. 1 AEUV (früher: Art. 49 Abs. 1 EGV) umfasst sie als polnische Staatsangehörige.

58

Die der Klägerin untersagte Tätigkeit unterfällt auch dem sachlichen Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV). Als Dienstleistung im Sinne von Art. 57 Abs. 1 AEUV (früher: Art. 50 Abs. 1 EGV) ist jede mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Verrichtung durch Erbringung einer Leistung gegen Erlangung einer wirtschaftlichen Gegenleistung anzusehen, soweit sie nicht den Bestimmungen über den Warenverkehr (Art. 34 ff. AEUV), den Kapitalverkehr (Art. 63 ff. AEUV) und die Freizügigkeit der Personen (Art. 45 f. und Art. 49 ff. AEUV) unterliegt. Die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit erfasst unter anderem Tätigkeiten, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-1039 Rn. 25 bis 30 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 40 m.w.N.). Zu diesen Glücksspielen gehören auch Wetten über Sportwettkämpfe, die wie reine Glücksspiele, auch wenn sie mit diesen nicht in jeder Hinsicht gleichgestellt werden können, als Gegenleistung für einen Einsatz eine Chance auf einen Geldgewinn bieten. Auch die Vermittlung von Sportwetten an einen im Ausland amtlich zugelassenen Buchmacher (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 24) stellt eine Dienstleistung dar, die jedenfalls dann in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fällt, wenn der Leistungsanbieter in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dem die Leistung angeboten wird. Vorliegend geht es um grenzüberschreitende Dienstleistungen oder Korrespondenzdienstleistungen im Sinne von Art. 56 und 57 AEUV, die die Klägerin dem in Österreich ansässigen Sportwettenveranstalter über das Internet von dem Mitgliedstaat aus erbringen will, in dem sie ansässig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 41 m.w.N.).

59

Der Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV) auf die Vermittlung von Sportwetten stehen keine anderweitigen vorrangigen unionsrechtlichen Bestimmungen entgegen. Für den Bereich der Glücksspiele existieren innerhalb der EU keine sekundärrechtlichen Regelungen. Glücksspiele einschließlich Wetten sind aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (sog. Dienstleistungsrichtlinie, ABl EU Nr. L 376/36) ausdrücklich ausgenommen (Erwägungsgrund 25 sowie in Art. 2 Abs. 2 Buchst. h. Entsprechende Regelungen finden sich in Erwägungsgrund 16 und Art. 1 Abs. 5 Buchst. d Spiegelstrich 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (sog. E-Commerce-Richtlinie, ABl EG Nr. L 178/1). Danach bestehen im Hinblick auf Gewinnspiele im Sinne von Glücksspielen, Lotterien und Wetten mit einem geldwerten Einsatz keine sekundärrechtlichen Regelungen im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs mit diesen Leistungen. Auch die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (sog. Fernsehrichtlinie, ABl EU Nr. L 332/27) nimmt nach Erwägungsgrund 18 Glücksspiele gegen einen geldwerten Einsatz grundsätzlich von ihrem Anwendungsbereich aus. Lediglich auf Gewinn- und Glücksspielsendungen sind die allgemeinen Regeln der Fernsehrichtlinie anwendbar.

60

Ob sich die Klägerin gegenüber der Untersagung ihrer Tätigkeit in Deutschland auch auf die Niederlassungsfreiheit berufen kann, muss nicht geklärt werden, da sich die hier entscheidungserheblichen unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Beschränkung bei der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) und bei der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) nicht unterscheiden.

61

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV und der Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter - auch - in anderen Mitgliedstaaten stellen eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.

62

Staatliche Maßnahmen, die die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit beschränken, müssen vier Voraussetzungen erfüllen, um mit Unionsrecht in Einklang zu stehen: Sie müssen mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar, nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 AEUV (Ausübung öffentlicher Gewalt, früher: Art. 45 EGV), Art. 52 AEUV (öffentliche Ordnung; Sicherheit; Gesundheit, früher: Art. 46 EGV) oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten; ferner dürfen sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

63

(1) Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot verneint. Das Verbot der Diskriminierung nach Art. 57 Abs. 3 AEUV (früher: Art. 50 Abs. 3 EGV) gewährleistet, dass der Leistende unbeschadet der Regelungen über die Niederlassungsfreiheit seine Tätigkeit zwecks Erbringung seiner Leistung vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben darf, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt. Der Dienstleistungserbringer darf nicht aus Gründen der Staatsangehörigkeit gegenüber den Staatsangehörigen des Mitgliedstaates diskriminiert werden.

64

Eine solche Diskriminierung liegt hier nicht vor. Denn die der Untersagungsverfügung der Beklagten zugrundeliegenden Rechtsnormen gelten gleichermaßen für Inländer wie für Ausländer. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts normieren die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages ein Sportwettenmonopol auf Landesebene und schließen weitere Anbieter ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit und unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung von der Tätigkeit des Veranstaltens und Anbietens von Sportwetten aus. Sie gelten damit unterschiedslos für sämtliche potenziellen Sportwetten-Anbieter (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - juris Rn. 109).

65

Auch eine Anerkennung der von den österreichischen Behörden dem Unternehmen H. GmbH erteilten Konzession zugunsten der Klägerin ist im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unionsrechtlich nicht geboten. Jeder Mitgliedstaat, auf dessen Hoheitsgebiet sich ein Wettangebot erstreckt, das ein Veranstalter über das Internet abgibt, behält die Befugnis, diesem die Beachtung der in seinen einschlägigen Rechtsvorschriften aufgestellten Beschränkungen vorzuschreiben, sofern diese Beschränkungen, insbesondere in Bezug auf ihre Diskriminierungsfreiheit und ihre Verhältnismäßigkeit, den Anforderungen des Unionsrechts genügen (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 und 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 44).

66

(2) Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die bayerischen Ausführungsbestimmungen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen.

67

Das durch den Glücksspielstaatsvertrag begründete staatliche Sportwettenmonopol unterfällt nicht dem Bereichs-Ausnahmetatbestand nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 Abs. 1 AEUV. Denn das Veranstalten von Glücksspielen stellt ersichtlich keine Ausübung öffentlicher Gewalt dar.

68

Ob für das staatliche Sportwettenmonopol eine Rechtfertigung nach Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht kommt, kann hier offenbleiben. Der Gerichtshof führt in seiner Rechtsprechung zum Glücksspielrecht diese Rechtfertigungsmöglichkeit zwar an, geht aber darauf nicht näher ein. Er stellt vielmehr auf die von ihm richterrechtlich entwickelten "zwingenden Gründe des Allgemeininteresses" wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen ab (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031, Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45). Die Aufzählung dieser zwingenden Gründe ist nicht abschließend. Angesichts der unterbliebenen unionsrechtlichen Harmonisierung im Glücksspielbereich billigt der Gerichtshof den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die unterschiedlichen sittlichen, religiösen oder kulturellen Erwägungen, die in ihnen zu Glücksspielen angestellt werden, bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele einen weiten Gestaltungsspielraum ("ausreichendes Ermessen") zu. Die Mitgliedstaaten können selbst festlegen, welche Erfordernisse sich nach Maßgabe ihrer jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten im Hinblick auf die gebotene Zielverfolgung ergeben. Dementsprechend dürfen sie ihre Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten, das angestrebte Schutzniveau bestimmen und selbst beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihnen verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. Dabei sind die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betroffenen nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen (Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N).

69

Bei der Prüfung, ob die vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen, ist auf die Gesamtheit der intendierten Ziele abzustellen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - a.a.O. Rn. 58, vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 31 und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - juris Rn. 22). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sind ebenso wie die Begrenzung des Glücksspielangebots, die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und das Anliegen der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung vom Gerichtshof als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt (vgl. u.a. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - und Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O.). Der den Mitgliedstaaten eröffnete weite Gestaltungsspielraum lässt zur Verfolgung dieser Ziele auch Verbote und Ausschließlichkeitsrechte für bestimmte Anbieter zu, sofern die nationalen Beschränkungen nicht nur dem Diskriminierungsverbot genügen, sondern auch den unionsrechtlichen Anforderungen an das Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

70

Ein staatliches Glücksspielmonopol kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs den legitimen Zielen des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung (Suchtbekämpfung, Jugend- und Spielerschutz, Begrenzung des Glücksspielangebots und Lenkung der Wettleidenschaft, Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung) dienen, da es u.a. den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken (Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79). Das gilt auch für ein Verbot der Vermarktung über einen bestimmten Vertriebskanal, das Internet (vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 99, 100 ff., 105).

71

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht es einem Mitgliedstaat, der - zu unionsrechtlich zulässigen Zwecken - das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Glücksspielen (hier: Sportwetten) zu verringern, grundsätzlich auch frei, eine Erlaubnisregelung ("Konzessionssystem") zu schaffen und dabei Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Veranstalter vorzusehen (vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 84). Die Grundentscheidung, ob es zur Erreichung der verfolgten Gemeinwohlziele besser ist, ein Staatsmonopol für bestimmte Glücksspiele (Sportwetten, Lotterien) vorzusehen oder aber stattdessen private Anbieter zu konzessionieren und mit den erforderlichen Auflagen zuzulassen, liegt allein im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaates (Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46).

72

Danach ist es im Grundsatz unionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Gesetzgeber für den Bereich der Sportwetten im Glücksspielstaatsvertrag und in den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen für ein staatliches Monopol entschieden hat (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - Rs. C-124/97, Läärä u.a. - Slg. 1999, I-6067 Rn. 37 = DVBl 2000, 111, und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Dabei ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der Gesetzgeber zulässigerweise einen hohen Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels angestrebt hat, weil von Sportwetten nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ein nicht unerhebliches Suchtpotential ausgeht. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden.

73

Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, es gebe bislang keine ausreichenden statistischen Erhebungen über den Einfluss des Wettangebots auf die Verbreitung der Wettsucht, verkennt sie, dass bei Fehlen von wissenschaftlich hinreichenden Untersuchungen eine nach dem Stand der Forschung plausible Gefahrenprognose genügt. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen Rechnung getragen werden. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - (Slg. 2003, I-13519), das die ungleiche einkommensteuerrechtliche Behandlung von Lotto-Gewinnen aus dem In- und Ausland in Finnland behandelte, den Hinweis gegeben, dass die Rechtfertigungsgründe, die von einem Mitgliedstaat geltend gemacht werden können, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von diesem Staat erlassenen beschränkenden Maßnahme begleitet werden müssen (a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Der Gerichtshof erkennt in seiner Rechtsprechung an, dass Schutzmaßnahmen zu Gunsten gewichtiger Belange wie etwa der Gesundheit der Bevölkerung schon vor einer tatsächlichen Gefahrenrealisierung getroffen werden dürfen (Urteil vom 19. Mai 2009 - Rs. C-171/07, DocMorris - Slg. 2009 I-04171 = NJW 2009, 2112 <2113>). Hierbei muss der Mitgliedstaat, wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abzuwarten, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Außerdem kann der Mitgliedstaat diejenigen Maßnahmen treffen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung weitest möglich verringern.

74

Eine solche Situation lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier vor. Bei Abschluss des Glücksspielstaatsvertrages war den Normgebern bewusst, dass eine abschließende Aussage über das Suchtpotenzial von Sportwetten mit festen Gewinnquoten noch nicht möglich war. Denn es fehlte an hinreichenden wissenschaftlichen Untersuchungen. In den verfügbaren nationalen wie internationalen Studien sahen die Normgeber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch eine Bestätigung der These, dass ein beachtlicher Zusammenhang zwischen dem Angebot solcher Wetten und der Häufigkeit ihrer Nutzung sowie einer möglichen Abhängigkeit besteht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Bundesländer im Zusammenhang mit der Ausarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages eine umfangreiche Anhörung von Suchtexperten durchgeführt und die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgewertet. Sie sind dabei zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen, dass eine Ausweitung des Wettangebots die Gefahr einer Verbreitung der Wettsucht nach sich ziehen würde. Um dem aktuellen Defizit an belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begegnen, haben die Normgeber in § 10 Abs. 1 GlüStV die Berufung eines unabhängigen Fachbeirates zur Beratung der Bundesländer vorgesehen, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt. Darüber hinaus haben die Bundesländer gemäß § 11 GlüStV die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicherzustellen. Das Berufungsgericht hat vor diesem Hintergrund unionsrechtlich zu Recht keinen Anlass gesehen, die Gefahrenprognose des Gesetzgebers infrage zu stellen.

75

Bis zum Vorliegen hinreichender belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Suchtpotenzial und zu den damit verbundenen Suchtgefahren von Sportwetten waren und sind die zuständigen Stellen damit nicht gehindert, nach Maßgabe des Glücksspielstaatsvertrages präventiv restriktive Maßnahmen zu ergreifen, ohne das Ausmaß negativer Entwicklungen im einzelnen zu kennen oder gar abwarten zu müssen. Im Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - (a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a) hat der Gerichtshof dies bestätigt: Es reicht aus, wenn die getroffenen staatlichen Maßnahmen, die die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit beschränken, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen in dem vom Gerichtshof definierten Sinne begleitet werden.

76

(3) Zielen - wie vorliegend nach den vom Berufungsgericht getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen - die staatlichen Beschränkungen der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit auf die Erreichung nach dem Unionsrecht zulässiger ("legitimer") Zwecke, müssen sie im Hinblick auf diese Gründe des Allgemeininteresses dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Das verlangt, dass sie zur Zweckerreichung geeignet sind und dass sie nicht über das hinausgehen, was dazu erforderlich ist. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen revisionsrechtlich fehlerhaft bejaht.

77

Eine Monopolregelung, die auf die Bekämpfung der Spielsucht und den Spielerschutz als zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, muss ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - a.a.O. Rn. 21 sowie vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 und - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 98). Soweit dagegen die Behörden eines Mitgliedstaates die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sich die Behörden dieses Staates nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen wie die in Rede stehenden zu rechtfertigen (Urteil vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 69). Das Erzielen von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 35 f., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 62 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 104 f.).

78

Die unionsrechtlich zulässige Zielsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, kann nur dann in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, wenn der Monopolträger darauf verzichtet, die Wettbereitschaft zu fördern. Er darf ihr kein positives Image verleihen, indem er auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist, und die Anziehungskraft des Wettspiels nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103). Ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen wertet, wie oben im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung bereits dargelegt, das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung dar. Entgegen der Annahme des angegriffenen Urteils können gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung, lassen jedoch die Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt.

79

Entgegen dem Berufungsurteil ist die Prüfung der Kohärenz auch nicht sektoral auf den von der Monopolregelung erfassten Sportwettenbereich zu beschränken. Vielmehr muss sie das staatliche Verhalten im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen mit einbeziehen.

80

Zwar muss grundsätzlich jede beschränkende Regelung gesondert auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden, und indiziert das Bestehen einer Konzessionsregelung in anderen Bereichen noch keine Inkohärenz eines auf einen bestimmten Glücksspielsektor beschränkten Monopols (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Läuft jedoch die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zwecken zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise - insbesondere aus fiskalischen Interessen - auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.). Die danach erforderliche Prüfung der Regelungen und der Anwendungspraxis im Bereich etwa der Kasino- und Automatenspiele hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern die darauf gerichteten Beweisanregungen unzutreffend für nicht entscheidungsrelevant gehalten.

81

Die verfassungsrechtliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bundesstaat macht die Kohärenzprüfung für Glücksspielbereiche, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, unionsrechtlich nicht entbehrlich. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates entbindet diesen nicht davon, seinen unionsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vielmehr müssen Bund und Länder zusammenwirken, um gemeinsam zu gewährleisten, dass die glücksspielrechtlichen Regelungen das unionsrechtliche Kohärenzkriterium erfüllen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.)

82

Die Annahme des Berufungsgerichts, das Kohärenzkriterium werde erst bei einem "krasse(n) Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt, trifft ebenfalls nicht zu. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Zwecke des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an.

83

3. Das angefochtene Urteil beruht auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit. Es stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Ob die auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung der Beklagten rechtmäßig ist, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

84

Bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf eine gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, kommt es darauf an, inwieweit eine danach unzulässige Werbung im Freistaat Bayern seit dem 1. Januar 2008 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wird. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen getroffen.

85

Sie sind auch nicht entbehrlich, weil die Frage der unionsrechtlichen Kohärenz bereits aufgrund der vorliegenden Tatsachenfeststellungen zu beantworten wäre. Ob die im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen über das staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten geeignet sind, zur Erreichung der nach dem Unionsrecht zulässigen ("legitimen") Zwecke der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots sowie der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung beizutragen, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht hinreichend beurteilen.

86

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs obliegt es den nationalen Gerichten zu überprüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften und ihre Anwendungspraxis tatsächlich den Zielen, die sie rechtfertigen könnten, entsprechen und ob die darin vorgesehenen Beschränkungen der Wetttätigkeiten nicht im Hinblick auf diese Ziele unverhältnismäßig sind (Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 75, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 58 und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - a.a.O. Rn. 22).

87

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in der Annahme, die Kohärenz sei nur sektoral und nur für das bayerische Landesrecht zu prüfen, weder abschließende Feststellungen zum Suchtpotenzial anderer als der vom Monopol erfassten Glücksspiele getroffen noch geklärt, ob die Regelungen und die Praxis bei Glücksspielen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial dem mit dem Sportwettenmonopol verfolgten Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes widersprechen. Insbesondere fehlen Feststellungen dazu, ob die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionssystems bei diesen Glücksspielarten oder dessen praktische Anwendung auf eine Glücksspielpolitik schließen lassen, die eine Expansion in diesem Bereich fördert oder zumindest duldet.

88

Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen scheidet eine revisionsgerichtliche Sachentscheidung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO aus.

89

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV ist auch im Hinblick auf die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Fragen nicht erforderlich.

90

Die erste Frage formuliert kein Auslegungs- oder Gültigkeitsproblem im Sinne des Absatzes 1 Buchst. a oder b dieser Vorschrift, sondern zielt auf einen Vergleich zweier Entscheidungen des Gerichtshofs, der nicht Gegenstand einer Vorlagefrage sein kann. Unabhängig davon ist den von der Klägerin zitierten Entscheidungen klar und eindeutig zu entnehmen, dass diese nur in ihrer Kombination hinreichende Bedingungen für einen - dem nationalen Gericht vorbehaltenen - Schluss auf die Inkohärenz einer Monopolregelung angeben, nicht jedoch, welche einzelnen Voraussetzungen mindestens erfüllt sein müssen. Auch zu diesem Problem erübrigt sich eine Vorlage, weil dieses hier nicht entscheidungserheblich ist. Bei einer unzulässigen Werbepraxis des Monopolträgers entfällt schon die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufswahlfreiheit, ohne dass es auf das Vorliegen weiterer Verstöße gegen das Erfordernis konsequenter Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung ankäme. Dass eine Inkohärenz im unionsrechtlichen Sinne keine unzulässige Werbung voraussetzt, sondern auch bei - sonstiger - Expansionspolitik etwa in konzessionierten Bereichen vorliegen kann, ergibt sich unmittelbar aus der Entscheidungsformel im Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - (a.a.O.).

91

Die zweite Frage ist ebenso klar aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs dahingehend zu beantworten, dass Art. 56 AEUV eine Konzessionsregelung von Glücksspielarten mit höherem Suchtpotenzial nicht schlechthin verbietet, sondern nur, soweit die rechtliche Ausgestaltung oder die Handhabung des Konzessionsmodells dem mit dem Monopol verfolgten Zweck der Suchtbekämpfung zuwiderläuft. Das hängt nicht allein vom Ausmaß des jeweiligen Suchtgefährdungspotenzials ab, sondern von der Eignung der jeweils getroffenen Regelungen zur wirksamen Bekämpfung der Gefahr und von deren konsequenter Umsetzung. Insoweit lässt sich der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch nicht entnehmen, dass Konzessionsmodelle prinzipiell ungeeignet, weniger geeignet oder besser geeignet wären als Monopolregelungen.

92

Eine Vorlage der dritten Frage erübrigt sich, weil diese hier nicht entscheidungserheblich ist. Sie geht von Feststellungen aus, die der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen hat.

93

Die Sache war daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten an einen ausländischen privaten Wettanbieter.

2

Sie ist eine 2004 nach deutschem Recht gegründete GmbH mit Sitz in M. Sie vermittelte in zwei Geschäftslokalen in N. Sportwetten an die Firma T., die ihren Sitz in Malta hat und dort über eine Lizenz zur Wettvermittlung im In- und Ausland verfügt. Nach vorheriger Anhörung untersagte die Beklagte der Klägerin mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 3. Mai 2006 die weitere Geschäftstätigkeit und verpflichtete sie unter Androhung von Zwangsmitteln, ihren Betrieb bis zum 16. Mai 2006 einzustellen. Dem kam die Klägerin nach erfolglos durchgeführtem vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach.

3

Ihre Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 30. Januar 2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 18. Dezember 2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, bei der Untersagungsverfügung handele es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der sowohl nach der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Rechtslage als auch nach dem zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) rechtmäßig sei. Die Untersagung finde ihre Rechtsgrundlage nunmehr in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV. Wegen des staatlichen Veranstaltungsmonopols für Sportwetten nach § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV, des Erlaubnisvorbehalts für die private Wettvermittlung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und wegen der Beschränkung der zulässigen Vermittlung auf die Angebote des Monopolträgers nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV sei die Vermittlungstätigkeit der Klägerin nicht erlaubnisfähig.

4

Das staatliche Sportwettenmonopol nach dem GlüStV verletze weder die Verfassung noch unionsrechtliche Grundfreiheiten.

5

Der Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufswahlfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Nach § 1 GlüStV diene das Wettmonopol legitimen Zielen. Insbesondere die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht könne als überragend wichtiges Gemeinwohlziel selbst den mit der Errichtung des Monopols verbundenen schwerwiegenden Eingriff in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen. Das Veranstaltungsmonopol sei auch geeignet und erforderlich, das Ziel der Suchtbekämpfung zu verwirklichen. Der Gesetzgeber habe im Rahmen seines Prognosespielraums davon ausgehen dürfen, dass jede Öffnung des Wettmarktes eine Ausweitung des Sportwettenangebots und ein Zunehmen der Suchtgefahr bewirken würde. Seine Einschätzung, das Monopolsystem gewährleiste eine effektivere Kontrolle als Konzessionssysteme, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Grundrechtseingriff sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Ausgestaltung des Sportwettenmonopols entspreche den Vorgaben der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Sie sei in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht konsequent an den verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet, insbesondere an den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spielerschutzes, des Jugend- und Verbraucherschutzes und des Schutzes vor Folge- und Begleitkriminalität. Das Gebot der Suchtbekämpfung habe nachhaltigen Niederschlag in zahlreichen - im Berufungsurteil aufgezählten - Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages gefunden. Eine unzulässige Ausrichtung an fiskalischen Interessen ließen weder der Normtext noch die Gesetzesbegründung oder die tatsächliche Ausgestaltung des Monopols erkennen.

6

§ 21 GlüStV treffe ausreichende Regelungen hinsichtlich der Art und des Inhalts der Wettangebote, indem er nur Ergebniswetten zulasse. Der Glücksspielstaatsvertrag schränke auch den Wettvertrieb erheblich ein und gestalte ihn entsprechend den gesetzlichen Schutzzielen aus. Er verbiete den Internet-, Fernseh- und Telefon- oder SMS-Vertrieb ebenso wie Live-Wetten. Darüber hinaus verlange er eine strikte Trennung des Vertriebs von Sportorganisationen, -einrichtungen und -ereignissen. Die bereits reduzierte Zahl der Annahmestellen müsse nach dem Ausführungsgesetz zum GlüStV bis Ende 2011 weiter auf 3 700 vermindert werden. Zur völligen Aufgabe des Verbundvertriebs sei der Monopolträger verfassungsrechtlich nicht verpflichtet. Ohne kundennahe Annahmestellen könne das gesetzliche Ziel, den natürlichen Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken und eine weitere Verlagerung des Wettgeschehens in den illegalen Bereich zu verhindern, nicht erreicht werden. Den Zielen der Suchtbekämpfung, des Spieler- und des Jugendschutzes trage die Ausgestaltung des Vertriebs über die Annahmestellen in Verbindung mit aktiven Präventionsmaßnahmen ausreichend Rechnung. Im Gegensatz zu Wettbüros lüden Lotto-Annahmestellen nicht zum Verweilen ein und seien nicht von einer suchtfördernden Wettatmosphäre geprägt. Da die Glücksspielvermittlung in den Annahmestellen regelmäßig nur als Nebengeschäft betrieben werde, fehle dort ein Anreiz, diesen Bereich auszubauen. Die Einführung einer nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises auszustellenden Kundenkarte, das funktionierende Sperrsystem und die in der Praxis auch in Anspruch genommene Möglichkeit der Selbstsperre genügten, den Jugend- und den Spielerschutz sowie die Suchtbekämpfung auch im Verbundvertrieb zu gewährleisten. Verfassungsrechtlich sei nicht geboten, Jugendlichen bereits den Zutritt zu den Annahmestellen der staatlichen Lotteriegesellschaften zu untersagen. Die Werbung für Glücksspiele sei ebenfalls den gesetzlichen Zielen entsprechend beschränkt worden. Allerdings könne Werbung schon begrifflich nicht auf reine Sachinformation ohne Anreiz reduziert werden. Auch das Ziel, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, lasse sich ohne Werbung nur unzureichend erfüllen. Deshalb sei eine zur sachlichen Botschaft hinzutretende werbetypische Umrahmung zulässig, soweit sie nicht gezielt zum Wetten anreize und das Wetten nicht verharmlose. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben könne wegen der Erlaubnispflicht für Vermittler auch im Verbundvertrieb sichergestellt werden. Zwar lasse die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegte "Mystery Shopping Studie" Zweifel an einer strikten Einhaltung der Schutzvorschriften aufkommen. Einzelne Vollzugsdefizite belegten jedoch noch kein normativ-strukturelles, die Verfassungsmäßigkeit der Regelung ausschließendes Defizit. Unsanktionierte systematische Durchbrechungen der rechtlichen Vorgaben seien nicht festzustellen. Der Monopolträger und die Aufsichtsbehörden nähmen eigene Kontrollen vor und ahndeten festgestellte Verstöße effektiv. Die Ressortverschiedenheit der Staatlichen Lotterieverwaltung und der Glücksspielaufsicht gewährleiste eine ausreichende Distanz der Aufsichtsbehörden zu den fiskalischen Interessen des Staates.

7

Die unionsrechtliche Dienstleistungs- und die Niederlassungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 und Art. 49 des am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der Fassung des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl Nr. C 306 S. 1; BGBl II 2008 S. 1038; BGBl II 2009 S. 1223) seien ebenfalls nicht verletzt. Die Beschränkung dieser Grundfreiheiten durch das staatliche Sportwettenmonopol sei durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig.

8

Der Gesetzgeber habe von einer Suchtgefahr ausgehen und handeln dürfen, obwohl noch keine umfassenden wissenschaftlichen Forschungsergebnisse dazu vorlagen. Es genüge, dass der aktuelle Erkenntnisstand berücksichtigt und eine begleitende Forschung und Evaluierung sichergestellt worden sei. Erkenntnisse aus dem Ausland widerlegten die Gefahrenprognose des Gesetzgebers nicht, da sie nicht ohne Weiteres auf die Bundesrepublik Deutschland übertragen werden könnten. Das Sportwettenmonopol sei auch geeignet, durch systematische und kohärente Begrenzung des Wettangebots zur Suchtbekämpfung und zur Kanalisierung der Spielleidenschaft beizutragen. Schwierigkeiten, den illegalen Markt einzudämmen, schlössen die Eignung nicht aus.

9

Für die Kohärenz der Monopolregelung sei nur auf den von ihr erfassten Sektor abzustellen, nicht auf den gesamten Glücksspielbereich. Wegen der föderalen Struktur der Bundesrepublik genüge außerdem eine auf das konkrete Bundesland bezogene Prüfung. Das Kohärenzerfordernis verpflichte den Gesetzgeber nicht, jeden Wertungswiderspruch auch im Detail zu vermeiden. Es werde nur bei einem krassen Missverhältnis von Regelungsziel und Ausgestaltung verfehlt. Bundeslandspezifische Besonderheiten wie die verbliebenen DDR-Erlaubnisse und die Zulassung eines privaten Monopolträgers in Rheinland-Pfalz führten nicht zur Inkohärenz, weil sie absehbar ausliefen.

10

Eine Diskriminierung sei mit dem staatlichen Sportwettenmonopol nicht verbunden. Auch ein Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht liege nicht vor.

11

Weitere Sachaufklärung sei nicht erforderlich. Die nur hilfsweise gestellten Beweisanträge der Klägerin, die nicht sämtlich den formalen Voraussetzungen gerecht würden, beträfen erwiesene oder als wahr unterstellte Tatsachen. Im Übrigen seien sie nicht entscheidungserheblich oder dem Beweis nicht zugänglich.

12

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof - beschränkt - hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung ab Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV.

13

Das staatliche Sportwettenmonopol verstoße gegen die grundrechtlich geschützte Berufsfreiheit. Die gesetzliche Regelung der Art und des Zuschnitts des staatlichen Wettangebots genüge nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Das Sportwettenmonopol schränke die Berufswahlfreiheit unverhältnismäßig ein. Die Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes könnten ebenso bei einer beschränkten Marktöffnung erreicht werden. Zudem sei das Monopol weder rechtlich noch tatsächlich konsequent an den verfolgten Zielen ausgerichtet. Der Verbundvertrieb über Annahmestellen widerspreche ihnen ebenso wie die Werbung des staatlichen Monopolanbieters. Unzulässig sei jede den Wettentschluss fördernde Werbung, nicht nur der gezielte Anreiz zum Wetten. Dem werde die berufungsgerichtliche Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV nicht gerecht. Die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zum Spieler- und Jugendschutz seien unzureichend und würden nicht konsequent umgesetzt.

14

Der Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV ergebe sich aus der Inkohärenz der Monopolregelung. Erforderlich sei nicht nur eine Kohärenz im von der Monopolregelung betroffenen Sektor, sondern eine Gesamtkohärenz sämtlicher Regelungen im Glücksspielbereich. Die föderale Zuständigkeitsverteilung könne dem nicht entgegengehalten werden. Maßgebend sei auch nicht allein die normativ-strukturelle Ausgestaltung des Monopols, sondern ebenso dessen tatsächliche Umsetzung. Danach sei das Sportwettenmonopol mangels bundesweiter konsequenter Ausrichtung der Glücksspielpolitik am Ziel der Suchtbekämpfung unionsrechtswidrig. Zur weiteren Klärung der Voraussetzungen der Inkohärenz und zur Vereinbarkeit von § 4 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV mit dem Unionsrecht beantragt die Klägerin, dem Gerichtshof der Europäischen Union drei Fragen vorzulegen, für deren Formulierung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen wird.

15

Sie meint, die Unvereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit der Dienstleistungsfreiheit schließe auch eine Anwendung des Erlaubnisvorbehalts für die Vermittlung von Sportwetten an Wettunternehmen in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus.

16

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung der Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 30. Januar 2007 und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Dezember 2008 die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 3. Mai 2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2008 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

18

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Ein staatliches Glücksspielmonopol sei unionsrechtlich auch nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich zulässig. Eine auf Maximierung ausgerichtete Politik der Angebotserweiterung werde in Deutschland nicht betrieben. Der Betrieb der Sportwettenlokale habe bereits wegen formeller Illegalität untersagt werden können. Ungeachtet dessen sei an der Eignung des Sportwettenmonopols nicht zu zweifeln.

19

Der Beteiligte unterstützt das Vorbringen der Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf einer unzutreffenden Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG und der Art. 49 und 56 AEUV, soweit es davon ausgeht, diese Vorschriften ließen eine Werbung des Monopolanbieters mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen zu. Darüber hinaus stützt es sich auf die fehlerhafte Annahme, Art. 49 und 56 AEUV verlangten eine Kohärenz der Monopolregelung nur im betroffenen Glücksspielsektor und im jeweiligen Bundesland. Es stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar.

21

Für die revisionsrechtliche Beurteilung ist auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen. Der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung ist bei der Anfechtungsklage nur maßgeblich, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt. Da die hier einschlägigen materiell-rechtlichen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und des landesrechtlichen Ausführungsgesetzes irrevisibel sind, obliegt diese Beurteilung dem Berufungsgericht. An dessen Annahme, die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung müsse sich nach der jeweils aktuellen Rechtslage als rechtmäßig erweisen, ist der Senat gebunden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149 Rn. 33 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264). Das Revisionsgericht hat nach § 137 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 173 VwGO, § 560 ZPO von der berufungsgerichtlichen Auslegung und Anwendung des irrevisiblen Glücksspielstaatsvertrages und des dazu erlassenen bayerischen Ausführungsgesetzes vom 20. Dezember 2007 auszugehen und nur zu überprüfen, ob diese mit revisiblem Recht in Einklang stehen. Danach ist davon auszugehen, dass § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 die Rechtsgrundlage der streitigen Untersagungsverfügung bildet, und dass die von der Klägerin vermittelten Sportwetten nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 AGGlüStV im Freistaat Bayern nur mit Erlaubnis der bayerischen Behörden veranstaltet und vermittelt werden dürfen. Nach Art. 1 Abs. 3 AGGlüStV veranstaltet der Freistaat Bayern Sportwetten und Lotterien in Erfüllung seiner öffentlichen Aufgabe nach § 10 Abs. 1 GlüStV durch die Staatliche Lotterieverwaltung (Art. 5 AGGlüStV). Die Erteilung einer Erlaubnis an die Klägerin ist nach der den Senat bindenden berufungsgerichtlichen Auslegung des § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgeschlossen, weil dieser eine Vermittlung von Sportwetten an andere Veranstalter als die Träger des staatlichen Sportwettenmonopols verbietet. Die in Malta von den dortigen staatlichen Behörden der Firma T. erteilte Konzession ersetzt nicht die für die Tätigkeit der Klägerin im Bereich der Sportwetten notwendige Erlaubnis durch die Beklagte als zuständige bayerische Behörde.

22

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die angefochtene Untersagungsverfügung sei mit dem Grundgesetz vereinbar, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie beruht auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das Gebot der Verhältnismäßigkeit an Eingriffe in die Berufswahlfreiheit stellt.

23

Das staatliche Sportwettenmonopol schränkt die Berufswahlfreiheit ein, weil es alle Grundrechtsträger von der gewerblichen Veranstaltung von Sportwetten außerhalb des Pferdesports ausschließt.

24

Dieser Eingriff ist vom Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 GG nur gedeckt, wenn eine formell-gesetzliche, kompetenzgerechte Regelung besteht, die durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Eingriffsintensität Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls legitimiert und verhältnismäßig ist (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276 <303 f.>; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1340 Rn. 24>).

25

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass die Errichtung des staatlichen Sportwettenmonopols im Freistaat Bayern durch das Zustimmungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag vom 27. November 2007 und das Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 von der Landesgesetzgebungskompetenz nach Art. 70 Abs. 1, Art. 72 Abs. 1 GG gedeckt sind. Der Bund hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht abschließend Gebrauch gemacht (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304; Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 <1222 Rn. 14>). Das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 8. April 1922 (RGBl I S. 335, 393), das nach Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fortgilt, regelt nicht die vom Glücksspielstaatsvertrag erfassten Sportwetten außerhalb des Pferdesports.

26

Der Einwand der Revision, die gesetzlichen Vorgaben für die Wahrnehmung des Monopols genügten nicht dem verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt, trifft nicht zu. Dieser verlangt nur, dass der demokratisch legitimierte Gesetzgeber die für die Grundrechtsausübung wesentlichen Regelungen selbst trifft und nicht der Exekutive überlässt (vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - BVerfGE 98, 218 <251 f.>; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 20 Rn. 47). Die für die Ausübung der Berufsfreiheit wesentlichen Regelungen werden im Sportwettenbereich durch § 4 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 bis 4 AGGlüStV und § 10 Abs. 1, 2 und 5 GlüStV getroffen. Diese Vorschriften schließen die Grundrechtsträger von der Veranstaltung solcher Wetten aus und bestimmen die Voraussetzungen, unter denen eine Vermittlungserlaubnis erteilt werden kann. Das dabei eingeräumte Ermessen ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV und Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV an die in § 1 GlüStV im Einzelnen normierten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages gebunden. Die von der Klägerin für unzureichend gehaltenen Bestimmungen über Art und Zuschnitt zulässiger Sportwetten und die Vorgaben für deren Vermarktung betreffen nicht die dem Parlamentsvorbehalt unterworfene Regelung der Grundrechtsausübung privater Sportwettenanbieter oder -vermittler. Sie regeln nur das Angebot der nicht grundrechtsfähigen staatlichen oder staatlich beherrschten Monopolträger.

27

Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die gesetzliche Regelung des Sportwettenmonopols verfassungsrechtlich legitimen Zwecken dient sowie geeignet und erforderlich ist, diese zu verwirklichen. Revisionsrechtlich fehlerhaft ist aber seine Annahme, die Regelung sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne.

28

Nach der den Senat bindenden Auslegung des irrevisiblen Landesrechts bezwecken der Glücksspielstaatsvertrag und seine landesgesetzliche Umsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten, den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, und die Gefahr des Betrugs sowie sonstiger Folge- und Begleitkriminalität des Wettens abzuwehren (vgl. § 1 GlüStV, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV). In der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind die Suchtbekämpfung und -vorbeugung, der Spieler- und Jugendschutz sowie der Schutz vor Folge- und Begleitkriminalität als besonders wichtige Gemeinwohlziele anerkannt, die auch Eingriffe in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen können (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 304 ff.). Der Zweck, die Spielleidenschaft zu kanalisieren, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitim, auch wenn nicht alle dazu geeigneten Vertriebsformen gleichzeitig dem Ziel der Suchtbekämpfung durch Angebotsbegrenzung entsprechen. Es genügt, dass eine Ausgestaltung der Sportwetten denkbar ist, die beiden Zielen Rechnung trägt.

29

Die Eignung eines Mittels setzt nur voraus, dass mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann. Dazu genügt die Möglichkeit der Zweckerreichung. Insoweit steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Seine Annahme, eine Marktöffnung werde eine erhebliche Ausweitung von Wettangeboten zur Folge haben und damit einer Ausbreitung der Spielsucht Vorschub leisten, ist davon ebenso gedeckt wie die Annahme, ein Monopol ermögliche eine effizientere Kontrolle als die Überwachung einer Vielzahl von Erlaubnisnehmern. Die von der Revision hervorgehobenen Schwierigkeiten der Durchsetzung des Monopols lassen seine Eignung nicht entfallen (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 308).

30

Bei der Beurteilung der Erforderlichkeit eines staatlichen Monopols steht dem Gesetzgeber ebenfalls eine Einschätzungsprärogative zu. Deren Grenzen sind erst überschritten, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass alternativ in Betracht kommende Grundrechtsbeschränkungen die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen aber weniger belasten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309). Nach diesen Kriterien musste der Verwaltungsgerichtshof die Annahme des bayerischen Gesetzgebers, das Wettmonopol sei zur Verfolgung der angestrebten Zwecke erforderlich, verfassungsrechtlich nicht beanstanden. Er hatte auch nicht zu klären, ob die Ziele des Verbraucherschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung ebenso wirksam durch weniger einschneidende Mittel zu verfolgen gewesen wären. Vielmehr durfte er darauf abstellen, dass jedenfalls zur Bekämpfung der Spielsucht keine nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenso effektive, aber weniger einschneidende Maßnahme als die Errichtung eines Monopols zur Verfügung stand. Die entsprechende Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs berücksichtigt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht nur die Erwägungen des Gesetzgebers (LTDrucks 15/8486 S. 9, 12), sondern geht auch auf den Vortrag der Klägerin zur Eignung einer beschränkten Marktöffnung und zu den Erfahrungen im Bereich der Pferdesportwetten ein. An die berufungsgerichtliche Tatsachenfeststellung, die Errichtung eines Monopols sei effizienter als eine Konzessionslösung, ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die Revision hat diese Feststellung nicht mit wirksamen substantiierten Verfahrensrügen nach § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO angegriffen. Sie hält ihr nur die eigene, abweichende Sachverhalts- und Beweiswürdigung entgegen.

31

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beschränkung der Berufswahlfreiheit durch das staatliche Wettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne und damit zumutbar, beruht jedoch auf einer unzutreffenden Konkretisierung der Anforderungen, die das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit an die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung der Werbung für das Monopolangebot stellt.

32

Die Zumutbarkeit der Errichtung eines staatlichen Monopols für die Betroffenen setzt voraus, dass das Monopol tatsächlich den mit ihm verfolgten, überragend wichtigen Gemeinwohlzwecken dient (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 309 f.). Maßgebend ist dafür die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung, dem der Gesetzgeber vorrangige Bedeutung beigemessen hat (vgl. LTDrucks 15/8486 S. 12 f.). Die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, insbesondere die Kanalisierung der Wettleidenschaft, können keine der Suchtbekämpfung widersprechende Ausgestaltung des Monopols rechtfertigen.

33

Die konsequente Ausrichtung am Ziel, die Spielsucht zu bekämpfen und problematischem Spielverhalten vorzubeugen, muss in der rechtlichen und tatsächlichen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols positiv zum Ausdruck kommen. Dazu sind materiell-rechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen erforderlich, die auch gewährleisten, dass fiskalische Interessen im Konfliktfall zurücktreten (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 312).

34

Die normative Ausgestaltung des Monopols muss hinreichende inhaltliche Kriterien betreffend die Art und den Zuschnitt der Sportwetten festlegen und Vorgaben zur Beschränkung ihrer Vermarktung enthalten. Die Vertriebswege sind so auszuwählen und einzurichten, dass Möglichkeiten zur Verwirklichung des Spieler- und Jugendschutzes genutzt werden. Auch die Einzelausgestaltung ist am Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes auszurichten. Dies verlangt eine aktive Prävention, die über das Bereithalten von Informationsmaterial hinausgeht und eine angebotsimmanente Aufklärung, Früherkennung und Förderung der Motivation zur Verhaltensänderung, etwa durch die Möglichkeit einer Selbstsperre, vorsieht. Die Werbung hat sich auf sachliche Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten zu beschränken und darf keinen Aufforderungscharakter haben. Schließlich muss organisatorisch eine Kontrolle durch geeignete Instanzen mit ausreichender Distanz zu den fiskalischen Interessen des Staates sichergestellt werden (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

35

Die gesetzliche Regelung der inhaltlichen Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten musste der Verwaltungsgerichtshof nicht für unzureichend halten. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Ausführungen des angegriffenen Urteils zu § 21 Abs. 2 GlüStV nicht Art und Inhalt der Angebote, sondern Vertriebsregelungen betreffen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GlüStV leistet in der für den Senat bindenden Interpretation des Berufungsgerichts aber eine ausreichende inhaltliche Beschränkung des Wettangebots, indem er nur Wetten auf das Endergebnis eines sportlichen Wettkampfs zulässt und damit Wetten auf Zwischenergebnisse - etwa einer Spielhalbzeit oder eines Satzes - sowie Wetten auf Einzelereignisse während eines Wettkampfs ausschließt. Soweit dies die nähere Konkretisierung zulässiger Angebotsformen der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV überlässt, gewährleistet die Bindung des Ermessens an die Ziele des § 1 GlüStV, dass keine die Suchtvorbeugung und -bekämpfung beeinträchtigende Wettform zuzulassen ist. Eine gesetzliche Regelung weiterer Ausgestaltungsdetails war nicht erforderlich, da diese nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs für die Suchtprävention und -bekämpfung nicht von Bedeutung waren.

36

Der Glücksspielstaatsvertrag und die dazu erlassenen bayerischen Ausführungsvorschriften werden auch im Hinblick auf die rechtlichen Vorgaben zur Beschränkung der Vermarktung von Sportwetten dem Verhältnismäßigkeitsgebot (im engeren Sinne) gerecht, soweit sie die Vertriebswege begrenzen und sicherstellen, dass bei der Einzelausgestaltung der Wettgelegenheiten dem Spieler- und Jugendschutz Rechnung getragen wird.

37

Die Einschränkung auf terrestrische Vertriebswege durch Ausschluss des Internet- und SMS-Vertriebs in § 4 Abs. 4, § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV dient dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung. Sie schützt Kinder und Jugendliche vor den Gefahren, die mit einer Nutzung der in dieser Altersgruppe beliebten interaktiven Medien zum Glücksspiel verbunden sind. Auf die wirtschaftliche Bedeutung der ausgeschlossenen Vertriebswege für die Monopolanbieter kommt es für die Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung nicht an.

38

Die Vorgabe des Art. 1 Abs. 3 Satz 2 AGGlüStV, die Zahl der Annahmestellen bis zum 31. Dezember 2011 weiter auf 3 700 zu reduzieren, normiert nach der Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs eine Rechtspflicht und gewährleistet damit eine quantitative Begrenzung des Angebots. Der Revisionsvortrag, der Freistaat Bayern setze sich über diese Pflicht hinweg, widerspricht den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne insoweit wirksame Verfahrensrügen zu erheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Gesetzgeber die Entscheidungen über weitere Anpassungen des Vertriebssystems auch nicht mit einer Übergangsfristenregelung vorwegnehmen, sondern durfte zunächst die im Staatsvertrag vorgesehene wissenschaftliche Evaluation abwarten. Auf ein Überangebot von Wettannahmestellen lässt entgegen dem Revisionsvorbringen nicht schon die vergleichsweise geringere Zahl der Postfilialen schließen. Seit der Abschaffung des Postmonopols wird ein erheblicher Teil der früher der Post vorbehaltenen Dienstleistungen durch andere Anbieter erbracht. Außerdem können Dienstleistungen der Post auch außerhalb der Niederlassungen in Anspruch genommen werden, etwa durch Briefkästen, Automaten oder die inzwischen eingeführten Internetangebote (E-Postbrief). Die Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der strenge Erlaubnisvorbehalt, die Auswahl der Vermittler und deren konsequente Überwachung seien für die Suchtvorbeugung und -bekämpfung wichtiger als die bloße Reduzierung ihrer Zahl, ist nicht denkfehlerhaft. Sie widerspricht auch nicht der Annahme, ein Konzessionssystem sei zur Suchtbekämpfung weniger geeignet als ein Monopol. Denn eine wirksame Kontrolle ist nach den bindenden berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen im Monopolsystem effektiver durchzuführen als bei einer Marktöffnung.

39

Entgegen der Auffassung der Revision musste der Verwaltungsgerichtshof nicht annehmen, der Gesetzgeber sei verpflichtet, den Verbundvertrieb über mittelständische Einzelhandelsbetriebe völlig aufzugeben. Vielmehr durfte er davon ausgehen, die verfassungsrechtlich geforderte Abkehr vom Vertrieb der Wettangebote als allerorts verfügbarer normaler Gegenstände des täglichen Bedarfs lasse sich dadurch erreichen, dass die Zahl der Vertriebsstellen begrenzt und gleichzeitig Maßnahmen zur qualitativen Beschränkung der Vermarktung getroffen würden. Der Verbundvertrieb schließt eine konsequente Ausrichtung auf die Suchtvorbeugung und -bekämpfung nicht aus. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs genügen die detaillierten Vorgaben für die Auswahl und Kontrolle der Vermittler und die Einzelgestaltung der Wettangebote in Verbindung mit den vorgesehenen Maßnahmen zur aktiven Prävention, auch im Verbundvertrieb der Spielsucht vorzubeugen, der Spielsucht entgegenzuwirken und einen ausreichenden Spieler- und Jugendschutz zu gewährleisten. Neben der jedem Angebot beigegebenen Aufklärung über die Gefahren der Wettsucht und mögliche Hilfen dienen dazu insbesondere das Zugangserfordernis der Kundenkarte und dessen Verknüpfung mit dem Sperrsystem. Nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen wird die Kundenkarte nur auf Vorlage eines Lichtbildausweises ausgestellt und trägt ein Foto sowie - jedenfalls seit Mai 2008 - den vollen Namen des Inhabers. Dies erlaubt eine Identifizierung problematischen Wettverhaltens und dient dem Abgleich mit der Sperrdatei, zu dem jeder Vermittler verpflichtet ist. Gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, die Zugangskontrolle mittels individueller Kundenkarte sei mittlerweile konsequent umgesetzt und geeignet, problematischem Wettverhalten zu begegnen und Kinder und Jugendliche sowie abhängige Personen von der Teilnahme auszuschließen, hat die Revision keine wirksamen Verfahrensrügen erhoben. Dazu genügt nicht, dass sie den Sachverhalt abweichend beurteilt. Soweit der Verwaltungsgerichtshof den hilfsweise gestellten Beweisanträgen der Klägerin nicht nachgegangen ist, fehlen substantiierte Rügen einer Verletzung des Aufklärungsgebots nach § 86 Abs. 1 VwGO oder des Grundsatzes rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, jeweils i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO.

40

Bei der Entscheidung, den Verbundvertrieb beizubehalten, durfte der Gesetzgeber schließlich berücksichtigen, dass die alternativ mögliche Beschränkung des Vertriebs auf besondere Wettlokale dem Ziel der Suchtbekämpfung abträglich sein kann. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz sind solche Lokale, deren Umsatz ganz vom Wettgeschäft abhängig ist, regelmäßig darauf ausgelegt, Kunden zum Verweilen einzuladen und zum Wetten zu animieren. Sie bieten soziale Kontakte, die zur Teilnahme an Wetten anreizen und eine bereits vorhandene Wettneigung verstärken (vgl. Meyer/Hayer, Das Gefährdungspotential von Lotterien und Sportwetten, 2005, S. 138 f.). Demgegenüber ermöglicht der Verbundvertrieb, in dem das Wettgeschäft nur als Nebenerwerb betrieben wird, auch eine soziale Kontrolle durch nicht zum Wetten geneigte Personen, die übermäßigem Spielen vorbeugen kann.

41

Die Feststellung des Berufungsgerichts, die rechtlichen Beschränkungen des Wettangebots würden nicht durch eine faktische Expansion unterlaufen, wird ebenso wenig mit wirksamen Verfahrensrügen angegriffen wie die Feststellung, die Monopolanbieter hätten aufgrund der Angebotseinschränkung erhebliche Umsatzrückgänge zu verzeichnen.

42

Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, war der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, weitere Vertriebsbeschränkungen wie Auslagen-, Standort- oder Provisionsverbote zu regeln. Die konsequente Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung verlangt keine Optimierung. Vielmehr genügen zur Zielverwirklichung ausreichende Maßnahmen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts erfüllen bereits die im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehenen und in der Praxis umgesetzten Einschränkungen des Verbundvertriebs diese Anforderung.

43

Dem Erfordernis einer unabhängigen effektiven Kontrolle genügt die Einrichtung einer Glücksspielaufsicht, die bei einem anderen Ministerium als dem für die Lotterieverwaltung zuständigen Finanzministerium ressortiert (BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. März 2007 - 1 BvR 2228/02 - NVwZ-RR 2008, 1 Rn. 59). Trotz der mit der "Mystery Shopping Studie" aufgezeigten Vollzugsdefizite durfte der Verwaltungsgerichtshof annehmen, dass die normativen und strukturellen Vorgaben eine hinreichend effektive Kontrolle der Sportwettenvermarktung gewährleisten. Seinen nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen zufolge hat die Glücksspielaufsicht ausreichende Überwachungsmaßnahmen durchgeführt und festgestellte Verstöße angemessen sanktioniert. Die aufgedeckten Defizite insbesondere im Umgang mit Kundenkarten wurden bereits im ersten Halbjahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages behoben. Später festzustellende Verstöße hatten nicht den Charakter systematischer Abweichungen und wurden ebenfalls geahndet.

44

Dass der Verwaltungsgerichtshof nur strukturelle Vollzugsdefizite für geeignet hält, eine verfassungswidrige Handhabung des Sportwettenmonopols zu belegen, ist revisionsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Zwar hängt die Rechtfertigung des Monopols auch von dessen tatsächlicher Ausgestaltung ab. Nicht jeder Vollzugsmangel genügt aber schon, eine Abweichung von der erforderlichen Ausrichtung zu belegen. Nur wenn das Umsetzungsdefizit bereits in der Regelung angelegt ist oder wenn gehäufte oder gar systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, prägt dies die tatsächliche Handhabung der Monopolregelung und lässt auf Defizite der normativen Sicherung schließen (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 310, 316).

45

Nicht mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar ist allerdings die berufungsgerichtliche Auslegung der Regelungen zur Werbung für das staatliche Wettangebot in § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, soweit sie nur den gezielten Anreiz zum Wetten für unzulässig und eine Werbung mit der gemeinnützigen Verwendung von Wetteinnahmen für rechtlich unbedenklich hält.

46

Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Damit ist nicht zu vereinbaren, die Teilnahme an Wetten als sozialadäquate oder gar positiv bewertete Unterhaltung darzustellen. Vielmehr hat sich die Werbung für das Monopolangebot bei Wahrung des Ziels, legale Wettmöglichkeiten anzubieten, auf eine Information und Aufklärung über die Möglichkeit zum Wetten zu beschränken (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318).

47

Mit diesen Vorgaben steht noch in Einklang, dass die Pflicht zur Beschränkung der Werbung auf die Information und Aufklärung über legale Wettmöglichkeiten nach § 5 Abs. 1 GlüStV dem angegriffenen Urteil zufolge konkretisiert wird durch das in Absatz 2 der Vorschrift geregelte Verbot einer zur Teilnahme auffordernden oder irreführenden Werbung sowie durch die ebenfalls dort verankerte Pflicht, den Jugendschutz zu beachten und über Risiken und Gefahren des Wettens zu belehren. Diese systematische Auslegung verkürzt weder das Aufforderungsverbot noch lässt sie das Ziel der Suchtbekämpfung hinter das Ziel einer Kanalisierung der Wettleidenschaft zurücktreten. Das Berufungsgericht stellt auch nicht in Abrede, dass die sachliche Werbung nur auf eine Lenkung des bereits vorhandenen Wettwillens gerichtet sein darf, ohne noch nicht zum Wetten Entschlossene zur Teilnahme anzureizen.

48

Dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der konsequenten Ausrichtung des Monopols am Ziel der Suchtbekämpfung widerspricht aber seine Annahme, dies verbiete nur den gezielten Anreiz zum Mitspielen. Dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Lotteriestaatsvertrag für die Übergangszeit bis zur Neuregelung der Sportwetten jede über die sachliche Information zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehende, gezielt zum Wetten auffordernde Werbung untersagt hat (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), relativiert die gebotene Beschränkung auf sachliche Information nicht durch ein zusätzliches Kriterium der Absicht des Werbenden oder der erkennbaren Zielrichtung seiner Werbung. Der Beschränkung auf die sachliche Information über legale Wettmöglichkeiten widersprechen nicht nur der absichtliche Anreiz und die direkte Aufforderung zum Wetten, sondern alle Werbemaßnahmen, die von einem noch nicht zum Wetten entschlossenen durchschnittlichen Empfänger der Botschaft als Motivierung zum Wetten zu verstehen sind. Entscheidend ist also nicht die Intention, sondern der nach dem Horizont des durchschnittlichen Empfängers zu bestimmende Aussagegehalt.

49

Für diese Beurteilung kann entgegen dem angegriffenen Urteil nicht zwischen einer auf die sachliche Information beschränkten Werbebotschaft und einer darüber hinaus zulässigen werbetypischen Umrahmung oder Aufmachung unterschieden werden. Die Botschaft oder der Aussagegehalt einer Werbung ist nicht unabhängig vom Kontext der Aufmachung zu ermitteln, sondern wird durch diese mit bestimmt. Entscheidend ist daher, dass die aus Text und Aufmachung zusammengesetzte Werbeaussage vom durchschnittlichen Empfänger nicht als Anreiz zum Wetten zu verstehen ist, sondern nur als Hinweis auf eine legale Möglichkeit, einen vorhandenen Entschluss zum Wetten umzusetzen.

50

Der Begriff der Werbung zwingt zu keiner anderen Auslegung. Er wird durch jeden an das Publikum gerichteten Hinweis eines Anbieters auf ein eigenes entgeltliches Angebot erfüllt. Dazu zählt auch die sachliche Information des Monopolanbieters über die Möglichkeit, bei ihm legal Sportwetten abzuschließen.

51

Das Ziel, die Wettleidenschaft durch den Hinweis auf legale Wettangebote zu lenken, verlangt und rechtfertigt keine über die sachliche Information hinausgehende, zum Wetten selbst motivierende Aussage. Unzulässig sind danach beispielsweise Darstellungen des Wettens als aussichtsreiche Möglichkeit materiellen Zugewinns, als attraktive Unterhaltung oder als sozialadäquate Beschäftigung. Erst recht darf die Teilnahme an Wetten nicht als positiv zu bewertendes, wünschenswertes oder sozial verantwortliches Handeln aufgewertet werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314; Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 <1341 f. Rn. 39, 47, 57>).

52

Das schließt zwar nicht die Verwendung einer Dachmarke aus, wohl aber jede Form der Image- oder Sympathiewerbung, die über den Hinweis auf die Legalität der Monopolangebote hinaus Sympathien für das Wetten selbst weckt. Unzutreffend ist danach die Annahme des angegriffenen Urteils, ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen könne zulässig sein. Ein solcher Hinweis wertet das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung im Sinne eines "Spendens durch Spielen" dar. Gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens können dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung der Suchtgefahr, lassen jedoch die moralische Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt. Die abweichende Auffassung des angegriffenen Urteils ist mit den Anforderungen, die an eine verhältnismäßige, konsequent und widerspruchsfrei am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Einschränkung der Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG zu stellen sind, nicht vereinbar.

53

Dagegen ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Da er nur den jeweils zuständigen Normgeber verpflichtet, vergleichbare Sachverhalte gleich zu regeln, begründen Unterschiede zur bundesrechtlichen Normierung der Pferdesportwetten und des Betriebs der Geldspielautomaten keinen Gleichheitsverstoß. Die Fortgeltung der vereinzelt noch bestehenden, in der DDR erteilten Wettkonzessionen stellt mangels Regelungskompetenz des Freistaates Bayern ebenfalls keine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung dar. Zuständig sind, je nach Abgrenzung des umstrittenen Geltungsbereichs der Erlaubnisse, entweder der Bund oder die Länder, in denen die Erlaubnisnehmer ihren Sitz haben.

54

Hinsichtlich der Spielbanken und der Gewinnspiele im Rundfunk liegt ebenfalls keine Ungleichbehandlung vor. Für Spielbanken besteht in Bayern ein staatliches Monopol. § 8a Rundfunkstaatsvertrag (RStV), der unter bestimmten Einschränkungen Gewinnspiele im Rundfunk gestattet, lässt nach der amtlichen Begründung zum Zehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unberührt (vgl. LTDrucks 15/9667 S. 15 zu § 8a RStV; LTDrucks 15/8486 S. 13 zu § 3 GlüStV). Soweit Rundfunkgewinnspiele nach § 3 GlüStV als Glücksspiele einzuordnen sind, sind sie daher ebenso erlaubnispflichtig und von denselben Erlaubnisvoraussetzungen abhängig wie die übrigen dem Glücksspielstaatsvertrag unterfallenden Spiele. Für Gewinnspiele in dem Rundfunk vergleichbaren Telemedien nach § 58 Abs. 4 RStV gilt dasselbe, da diese Vorschrift auf § 8a RStV verweist.

55

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs verstößt gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit.

56

Die berufungsgerichtliche Annahme, die durch den Glücksspielstaatsvertrag bewirkten Beschränkungen seien mit beiden Grundfreiheiten vereinbar und wahrten den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gründet sich auf eine unrichtige Anwendung des Kohärenzkriteriums, das der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung als Maßstab für die Geeignetheit des Eingriffs im unionsrechtlichen Sinne näher konkretisiert hat.

57

Die Klägerin gehört zu dem von der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit erfassten Personenkreis. Der persönliche Anwendungsbereich des Art. 56 Abs. 1 AEUV (früher: Art. 49 Abs. 1 EGV) umfasst neben den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten nach Art. 62 i.V.m. Art. 54 AEUV (früher: Art. 55 i.V.m. Art. 48 EGV) auch Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates gegründet worden sind und ihren Sitz innerhalb der Union haben. Dies trifft auf die Klägerin als nach deutschem Recht gegründete GmbH mit Sitz in M. zu.

58

Die der Klägerin untersagte Tätigkeit unterfällt auch dem sachlichen Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV). Als Dienstleistung im Sinne von Art. 57 Abs. 1 AEUV (früher: Art. 50 Abs. 1 EGV) ist jede mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Verrichtung durch Erbringung einer Leistung gegen Erlangung einer wirtschaftlichen Gegenleistung anzusehen, soweit sie nicht den Bestimmungen über den Warenverkehr (Art. 34 ff. AEUV), den Kapitalverkehr (Art. 63 ff. AEUV) und die Freizügigkeit der Personen (Art. 45 f. und Art. 49 ff. AEUV) unterliegt. Die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit erfasst unter anderem Tätigkeiten, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Glücksspiel zu ermöglichen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - Slg. 1994, I-1039 Rn. 25 bis 30 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - juris Rn. 40 m.w.N.). Zu diesen Glücksspielen gehören auch Wetten über Sportwettkämpfe, die wie reine Glücksspiele, auch wenn sie mit diesen nicht in jeder Hinsicht gleichgestellt werden können, als Gegenleistung für einen Einsatz eine Chance auf einen Geldgewinn bieten. Auch die Vermittlung von Sportwetten an einen im Ausland amtlich zugelassenen Buchmacher (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 24) stellt eine Dienstleistung dar, die jedenfalls dann in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit fällt, wenn der Leistungsanbieter in einem anderen Mitgliedstaat als dem ansässig ist, in dem die Leistung angeboten wird. Vorliegend geht es um grenzüberschreitende Dienstleistungen oder Korrespondenzdienstleistungen im Sinne von Art. 56 und 57 AEUV, die die Klägerin dem in Malta ansässigen Sportwettenveranstalter über das Internet von dem Mitgliedstaat aus erbringen will, in dem sie ansässig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 41 m.w.N.).

59

Der Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 und 57 AEUV) auf die Vermittlung von Sportwetten stehen keine anderweitigen vorrangigen unionsrechtlichen Bestimmungen entgegen. Für den Bereich der Glücksspiele existieren innerhalb der EU keine sekundärrechtlichen Regelungen. Glücksspiele einschließlich Wetten sind aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (sog. Dienstleistungsrichtlinie, ABl EU Nr. L 376/36) ausdrücklich ausgenommen (Erwägungsgrund 25 sowie in Art. 2 Abs. 2 Buchst. h). Entsprechende Regelungen finden sich in Erwägungsgrund 16 und Art. 1 Abs. 5 Buchst. d Spiegelstrich 3 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (sog. E-Commerce-Richtlinie, ABl EG Nr. L 178/1). Danach bestehen im Hinblick auf Gewinnspiele im Sinne von Glücksspielen, Lotterien und Wetten mit einem geldwerten Einsatz keine sekundärrechtlichen Regelungen im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs mit diesen Leistungen. Auch die Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (sog. Fernsehrichtlinie, ABl EU Nr. L 332/27) nimmt nach Erwägungsgrund 18 Glücksspiele gegen einen geldwerten Einsatz grundsätzlich von ihrem Anwendungsbereich aus. Lediglich auf Gewinn- und Glücksspielsendungen sind die allgemeinen Regeln der Fernsehrichtlinie anwendbar.

60

Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV und der Ausschluss einer Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter - auch - in anderen Mitgliedstaaten stellen eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar.

61

Staatliche Maßnahmen, die die Ausübung der Dienstleistungsfreiheit beschränken, müssen vier Voraussetzungen erfüllen, um mit Unionsrecht in Einklang zu stehen: Sie müssen mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar, nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 AEUV (Ausübung öffentlicher Gewalt, früher: Art. 45 EGV), Art. 52 AEUV (öffentliche Ordnung; Sicherheit; Gesundheit, früher: Art. 46 EGV) oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten; ferner dürfen sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

62

(1) Zutreffend hat der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot verneint. Das Verbot der Diskriminierung nach Art. 57 Abs. 3 AEUV (früher: Art. 50 Abs. 3 EGV) gewährleistet, dass der Leistende unbeschadet der Regelungen über die Niederlassungsfreiheit seine Tätigkeit zwecks Erbringung seiner Leistung vorübergehend in dem Mitgliedstaat ausüben darf, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Mitgliedstaat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt. Der Dienstleistungserbringer darf nicht aus Gründen der Staatsangehörigkeit gegenüber den Staatsangehörigen des Mitgliedstaates diskriminiert werden.

63

Eine solche Diskriminierung liegt hier nicht vor. Denn die der Untersagungsverfügung der Beklagten zugrundeliegenden Rechtsnormen gelten gleichermaßen für Inländer wie für Ausländer. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts normieren die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages ein Sportwettenmonopol auf Landesebene und schließen weitere Anbieter ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit und unabhängig vom Ort ihrer Niederlassung von der Tätigkeit des Veranstaltens und Anbietens von Sportwetten aus. Sie gelten damit unterschiedslos für sämtliche potenziellen Sportwetten-Anbieter (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - juris Rn. 109).

64

Auch eine Anerkennung der von den maltesischen Behörden dem Unternehmen T. erteilten Konzession auf die Klägerin ist im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot unionsrechtlich nicht geboten. Jeder Mitgliedstaat, auf dessen Hoheitsgebiet sich ein Wettangebot erstreckt, das ein Veranstalter über das Internet abgibt, behält die Befugnis, diesem die Beachtung der in seinen einschlägigen Rechtsvorschriften aufgestellten Beschränkungen vorzuschreiben, sofern diese Beschränkungen, insbesondere in Bezug auf ihre Diskriminierungsfreiheit und ihre Verhältnismäßigkeit, den Anforderungen des Unionsrechts genügen (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 48 und 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 44).

65

(2) Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die durch den Glücksspielstaatsvertrag und die bayerischen Ausführungsbestimmungen bewirkten Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit im Bereich der Sportwetten unionsrechtlich legitimen Zwecken dienen.

66

Das durch den Glücksspielstaatsvertrag begründete staatliche Sportwettenmonopol unterfällt nicht dem Bereichs-Ausnahmetatbestand nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 Abs. 1 AEUV. Denn das Veranstalten von Glücksspielen stellt ersichtlich keine Ausübung öffentlicher Gewalt dar.

67

Ob für das staatliche Sportwettenmonopol eine Rechtfertigung nach Art. 62 i.V.m. Art. 52 Abs. 1 AEUV aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht kommt, kann hier offenbleiben. Der Gerichtshof führt in seiner Rechtsprechung zum Glücksspielrecht diese Rechtfertigungsmöglichkeit zwar an, geht aber darauf nicht näher ein. Er stellt vielmehr auf die von ihm richterrechtlich entwickelten "zwingenden Gründe des Allgemeininteresses" wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen und der Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen ab (EuGH, Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 45, vom 8. September 2009 - Rs. C-42/07, Liga Portuguesa de Futebol - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45). Die Aufzählung dieser zwingenden Gründe ist nicht abschließend. Angesichts der unterbliebenen unionsrechtlichen Harmonisierung im Glücksspielbereich billigt der Gerichtshof den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die unterschiedlichen sittlichen, religiösen oder kulturellen Erwägungen, die in ihnen zu Glücksspielen angestellt werden, bei der Festlegung der umzusetzenden Ziele einen weiten Gestaltungsspielraum ("ausreichendes Ermessen") zu. Die Mitgliedstaaten können selbst festlegen, welche Erfordernisse sich nach Maßgabe ihrer jeweiligen soziokulturellen Besonderheiten im Hinblick auf die gebotene Zielverfolgung ergeben. Dementsprechend dürfen sie ihre Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele ihrer eigenen Wertordnung entsprechend ausrichten, das angestrebte Schutzniveau bestimmen und selbst beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihnen verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen. Dabei sind die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betroffenen nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen (Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N.).

68

Bei der Prüfung, ob die vom Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele zwingende Gründe des Allgemeininteresses im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen, ist auf die Gesamtheit der intendierten Ziele abzustellen (EuGH, Urteile vom 24. März 1994 - Rs. C-275/92, Schindler - a.a.O. Rn. 58, vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 31 und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - juris Rn. 22). Die Belange der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sind ebenso wie die Begrenzung des Glücksspielangebots, die Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und das Anliegen der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung vom Gerichtshof als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt (vgl. u.a. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - und Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O.). Der den Mitgliedstaaten eröffnete weite Gestaltungsspielraum lässt zur Verfolgung dieser Ziele auch Verbote und Ausschließlichkeitsrechte für bestimmte Anbieter zu, sofern die nationalen Beschränkungen nicht nur dem Diskriminierungsverbot genügen, sondern auch den unionsrechtlichen Anforderungen an das Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

69

Ein staatliches Glücksspielmonopol kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs den legitimen Zielen des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung (Suchtbekämpfung, Jugend- und Spielerschutz, Begrenzung des Glücksspielangebots und Lenkung der Wettleidenschaft, Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung) dienen, da es u.a. den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79). Das gilt auch für ein Verbot der Vermarktung über einen bestimmten Vertriebskanal, das Internet (vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 99, 100 ff., 105).

70

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs steht es einem Mitgliedstaat, der - zu unionsrechtlich zulässigen Zwecken - das Ziel verfolgt, die Gelegenheiten zum Glücksspielen (hier: Sportwetten) zu verringern, grundsätzlich auch frei, eine Erlaubnisregelung ("Konzessionssystem") zu schaffen und dabei Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der zugelassenen Veranstalter vorzusehen (vgl. Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 84). Die Grundentscheidung, ob es zur Erreichung der verfolgten Gemeinwohlziele besser ist, ein Staatsmonopol für bestimmte Glücksspiele (Sportwetten, Lotterien) vorzusehen oder aber stattdessen private Anbieter zu konzessionieren und mit den erforderlichen Auflagen zuzulassen, liegt allein im Ermessen des jeweiligen Mitgliedstaats (Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a, Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 79 sowie - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46).

71

Danach ist es im Grundsatz unionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Gesetzgeber für den Bereich der Sportwetten im Glücksspielstaatsvertrag und in den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen für ein staatliches Monopol entschieden hat (EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - Rs. C-124/97, Läärä u.a. - Slg. 1999, I-6067 Rn. 37 = DVBl 2000, 111 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 46 m.w.N.). Dabei ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass der Gesetzgeber zulässigerweise einen hohen Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels angestrebt hat, weil von Sportwetten nach dem derzeitigen Erkenntnisstand ein nicht unerhebliches Suchtpotential ausgeht. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind von der Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden.

72

Soweit die Revision demgegenüber geltend macht, es gebe bislang keine ausreichenden statistischen Erhebungen über den Einfluss des Wettangebots auf die Verbreitung der Wettsucht, verkennt sie, dass bei Fehlen von wissenschaftlich hinreichenden Untersuchungen eine nach dem Stand der Forschung plausible Gefahrenprognose genügt. Dem Fehlen statistisch breit angelegter Forschungsergebnisse kann durch eine wissenschaftliche Begleitung und Evaluation der gesetzlichen oder staatsvertraglichen Regelungen Rechnung getragen werden. Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 13. November 2003 - Rs. C-42/02, Lindman - (Slg. 2003, I-13519), das die ungleiche einkommensteuerrechtliche Behandlung von Lotto-Gewinnen aus dem In- und Ausland in Finnland behandelte, den Hinweis gegeben, dass die Rechtfertigungsgründe, die von einem Mitgliedstaat geltend gemacht werden können, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der von diesem Staat erlassenen beschränkenden Maßnahme begleitet werden müssen (a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Der Gerichtshof erkennt in seiner Rechtsprechung an, dass Schutzmaßnahmen zu Gunsten gewichtiger Belange wie etwa der Gesundheit der Bevölkerung schon vor einer tatsächlichen Gefahrenrealisierung getroffen werden dürfen (Urteil vom 19. Mai 2009 - Rs. C-171/07, DocMorris - Slg. 2009 I-04171 = NJW 2009, 2112 <2113>). Hierbei muss der Mitgliedstaat, wenn eine Ungewissheit hinsichtlich des Vorliegens oder der Bedeutung der Gefahren für die menschliche Gesundheit bleibt, Schutzmaßnahmen treffen können, ohne abzuwarten, bis der Beweis für das tatsächliche Bestehen dieser Gefahren vollständig erbracht ist. Außerdem kann der Mitgliedstaat diejenigen Maßnahmen treffen, die eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung weitest möglich verringern.

73

Eine solche Situation lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hier vor. Bei Abschluss des Glücksspielstaatsvertrages war den Normgebern bewusst, dass eine abschließende Aussage über das Suchtpotenzial von Sportwetten mit festen Gewinnquoten noch nicht möglich war. Denn es fehlte an hinreichenden wissenschaftlichen Untersuchungen. In den verfügbaren nationalen wie internationalen Studien sahen die Normgeber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jedoch eine Bestätigung der These, dass ein beachtlicher Zusammenhang zwischen dem Angebot solcher Wetten und der Häufigkeit ihrer Nutzung sowie einer möglichen Abhängigkeit besteht. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Bundesländer im Zusammenhang mit der Ausarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages eine umfangreiche Anhörung von Suchtexperten durchgeführt und die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgewertet. Sie sind dabei zu dem nachvollziehbaren Ergebnis gekommen, dass eine Ausweitung des Wettangebots die Gefahr einer Verbreitung der Wettsucht nach sich ziehen würde. Um dem aktuellen Defizit an belastbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen zu begegnen, haben die Normgeber in § 10 Abs. 1 GlüStV die Berufung eines unabhängigen Fachbeirates zur Beratung der Bundesländer vorgesehen, der sich aus Experten in der Bekämpfung der Glücksspielsucht zusammensetzt. Darüber hinaus haben die Bundesländer gemäß § 11 GlüStV die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren sicherzustellen. Das Berufungsgericht hat vor diesem Hintergrund unionsrechtlich zu Recht keinen Anlass gesehen, die Gefahrenprognose des Gesetzgebers infrage zu stellen.

74

Bis zum Vorliegen hinreichender belastbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Suchtpotenzial und zu den damit verbundenen Suchtgefahren von Sportwetten waren und sind die zuständigen Stellen damit nicht gehindert, nach Maßgabe des Glücksspielstaatsvertrages präventiv restriktive Maßnahmen zu ergreifen, ohne das Ausmaß negativer Entwicklungen im Einzelnen zu kennen oder gar abwarten zu müssen. Im Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - (a.a.O. Rn. 117 Ziff. 1a) hat der Gerichtshof dies bestätigt: Es reicht aus, wenn die getroffenen staatlichen Maßnahmen, die die Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit beschränken, von einer Untersuchung zur Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen in dem vom Gerichtshof definierten Sinne begleitet werden.

75

(3) Zielen - wie vorliegend nach den vom Berufungsgericht getroffenen und den Senat bindenden Feststellungen - die staatlichen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit auf die Erreichung nach dem Unionsrecht zulässiger ("legitimer") Zwecke, müssen sie im Hinblick auf diese Gründe des Allgemeininteresses dem Gebot der Verhältnismäßigkeit genügen. Das verlangt, dass sie zur Zweckerreichung geeignet sind und dass sie nicht über das hinausgehen, was dazu erforderlich ist. Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen revisionsrechtlich fehlerhaft bejaht.

76

Eine Monopolregelung, die auf die Bekämpfung der Spielsucht und den Spielerschutz als zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützt wird, muss ebenso wie ihre Anwendung in der Praxis geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beiträgt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 67, vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - a.a.O. Rn. 21 sowie vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 64 und - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 98). Soweit dagegen die Behörden eines Mitgliedstaats die Verbraucher dazu anreizen und ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, können sich die Behörden dieses Staates nicht im Hinblick auf die Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, auf die öffentliche Sozialordnung berufen, um Maßnahmen wie die in Rede stehenden zu rechtfertigen (Urteil vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 69). Das Erzielen von Einnahmen zur Finanzierung sozialer Aktivitäten mit Hilfe einer Abgabe auf die Einnahmen aus genehmigten Spielen darf nur eine oder nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein (vgl. EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - a.a.O. Rn. 35 f., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 62 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 104 f.).

77

Die unionsrechtlich zulässige Zielsetzung, die Spielsucht zu bekämpfen und den Spieltrieb von Verbrauchern in kontrollierte legale Bereiche zu lenken, kann nur dann in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden, wenn der Monopolträger darauf verzichtet, die Wettbereitschaft zu fördern. Er darf ihr kein positives Image verleihen, indem er auf eine gemeinnützige Verwendung der erzielten Einnahmen hinweist, und die Anziehungskraft des Wettspiels nicht durch zugkräftige Werbebotschaften erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103). Ein Hinweis auf die gemeinnützige Verwendung von Erlösen aus den Wettveranstaltungen wertet, wie oben im Rahmen der verfassungsrechtlichen Prüfung bereits dargelegt, das Wetten zum Sponsoring gemeinnütziger Tätigkeiten auf und stellt damit die Entscheidung für eine Teilnahme als positiv zu beurteilende Handlung dar. Entgegen der Annahme des angegriffenen Urteils können gleichzeitige Hinweise auf das Wettrisiko und die Gefahren des Wettens dazu kein ausreichendes Gegengewicht bilden. Sie relativieren nur die Verharmlosung, lassen jedoch die Aufwertung des Wettens zum positiv zu beurteilenden Verhalten unberührt.

78

Entgegen dem Berufungsurteil ist die Prüfung der Kohärenz auch nicht sektoral auf den von der Monopolregelung erfassten Sportwettenbereich zu beschränken. Vielmehr muss sie das staatliche Verhalten im Bereich von Lotterien und anderen Glücksspielen mit einbeziehen.

79

Zwar muss grundsätzlich jede beschränkende Regelung gesondert auf ihre Verhältnismäßigkeit hin geprüft werden, und indiziert das Bestehen einer Konzessionsregelung in anderen Bereichen noch keine Inkohärenz eines auf einen bestimmten Glücksspielsektor beschränkten Monopols (vgl. EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 60 m.w.N.). Läuft jedoch die Glücksspielpolitik in den nicht vom Monopol erfassten Bereichen den mit ihm verfolgten legitimen Zwecken zuwider, kann dies den Schluss zulassen, dass die Monopolregelung tatsächlich nicht den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, sondern der Verwirklichung fiskalischer oder anderer nicht zur Eingriffsrechtfertigung geeigneter Zwecke. Die Kohärenzprüfung muss sich daher auf die Frage erstrecken, ob die gesetzliche Regelung oder die Anwendungspraxis in anderen Glücksspielbereichen, insbesondere solchen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial, die Verbraucher zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntert oder anreizt, oder ob sie in anderer Weise - insbesondere aus fiskalischen Interessen - auf eine Expansion gerichtet ist oder diese duldet (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.). Die danach erforderliche Prüfung der Regelungen und der Anwendungspraxis im Bereich etwa der Kasino- und Automatenspiele hat das Berufungsgericht nicht vorgenommen, sondern die darauf gerichteten Beweisanregungen unzutreffend für nicht entscheidungsrelevant gehalten.

80

Die verfassungsrechtliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bundesstaat macht die Kohärenzprüfung für Glücksspielbereiche, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, unionsrechtlich nicht entbehrlich. Die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates entbindet diesen nicht davon, seinen unionsrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vielmehr müssen Bund und Länder zusammenwirken, um gemeinsam zu gewährleisten, dass die glücksspielrechtlichen Regelungen das unionsrechtliche Kohärenzkriterium erfüllen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 69 ff.)

81

Die Annahme des Berufungsgerichts, das Kohärenzkriterium werde erst bei einem "krasse(n) Missverhältnis" der Glücksspielpolitik im Bereich der Sportwetten einerseits und in den Bereichen der Spielbanken und des Automatenspiels andererseits verfehlt, trifft ebenfalls nicht zu. An einem Beitrag zur systematischen und kohärenten Begrenzung der Spiel- und Wetttätigkeit fehlt es schon, wenn die legitimen Zwecke des Sportwettenmonopols in anderen Glücksspielbereichen normativ oder durch die Praxis der Rechtsanwendung konterkariert werden. Das kann auch dadurch geschehen, dass diesen Zwecken entgegenlaufende Ausgestaltungen geduldet werden. Auf die besondere Schwere eines solchen Widerspruchs kommt es nicht an.

82

3. Das angefochtene Urteil beruht auf den festgestellten Verstößen gegen Art. 12 Abs. 1 GG und gegen die unionsrechtlich gewährleistete Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit. Es stellt sich auch nicht im Sinne von § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Ob die auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung der Beklagten rechtmäßig ist, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen.

83

Bei verfassungskonformer Auslegung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV, die keine Werbung des Monopolträgers mit Hinweisen auf eine gemeinnützige Verwendung der Wetteinnahmen zulässt, kommt es darauf an, inwieweit eine danach unzulässige Werbung im Freistaat Bayern seit dem 1. Januar 2008 tatsächlich betrieben und von den Überwachungsbehörden nicht konsequent verfolgt und unterbunden wird. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen getroffen.

84

Sie sind auch nicht entbehrlich, weil die Frage der unionsrechtlichen Kohärenz bereits aufgrund der vorliegenden Tatsachenfeststellungen zu beantworten wäre. Ob die im Glücksspielstaatsvertrag getroffenen Regelungen über das staatliche Glücksspielmonopol im Bereich der Sportwetten geeignet sind, zur Erreichung der nach dem Unionsrecht zulässigen ("legitimen") Zwecke der Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV), der Begrenzung des Glücksspielangebots sowie der Lenkung der Wettleidenschaft (§ 1 Nr. 2 GlüStV) und der Kriminalitätsbekämpfung durch Betrugsvorbeugung beizutragen, lässt sich auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht hinreichend beurteilen.

85

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs obliegt es den nationalen Gerichten zu überprüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften und ihre Anwendungspraxis tatsächlich den Zielen, die sie rechtfertigen könnten, entsprechen und ob die darin vorgesehenen Beschränkungen der Wetttätigkeiten nicht im Hinblick auf diese Ziele unverhältnismäßig sind (Urteile vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - a.a.O. Rn. 75, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Placanica u.a. - a.a.O. Rn. 58 und vom 3. Juni 2010 - Rs. C-258/08, Ladbrokes - a.a.O. Rn. 22).

86

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in der Annahme, die Kohärenz sei nur sektoral und nur für das bayerische Landesrecht zu prüfen, weder abschließende Feststellungen zum Suchtpotenzial anderer als der vom Monopol erfassten Glücksspiele getroffen noch geklärt, ob die Regelungen und die Praxis bei Glücksspielen mit vergleichbarem oder höherem Suchtpotenzial dem mit dem Sportwettenmonopol verfolgten Ziel der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes widersprechen. Insbesondere fehlen Feststellungen dazu, ob die rechtliche Ausgestaltung des Konzessionssystems bei diesen Glücksspielarten oder dessen praktische Anwendung auf eine Glücksspielpolitik schließen lassen, die eine Expansion in diesem Bereich fördert oder zumindest duldet.

87

Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen scheidet eine revisionsgerichtliche Sachentscheidung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO aus.

88

Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 267 Abs. 1 und 3 AEUV ist auch im Hinblick auf die von der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Fragen nicht erforderlich.

89

Die erste Frage formuliert kein Auslegungs- oder Gültigkeitsproblem im Sinne des Absatzes 1 Buchst. a oder b dieser Vorschrift, sondern zielt auf einen Vergleich zweier Entscheidungen des Gerichtshofs, der nicht Gegenstand einer Vorlagefrage sein kann. Unabhängig davon ist den von der Klägerin zitierten Entscheidungen klar und eindeutig zu entnehmen, dass diese nur in ihrer Kombination hinreichende Bedingungen für einen - dem nationalen Gericht vorbehaltenen - Schluss auf die Inkohärenz einer Monopolregelung angeben, nicht jedoch, welche einzelnen Voraussetzungen mindestens erfüllt sein müssen. Auch zu diesem Problem erübrigt sich eine Vorlage, weil dieses hier nicht entscheidungserheblich ist. Bei einer unzulässigen Werbepraxis des Monopolträgers entfällt schon die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufswahlfreiheit, ohne dass es auf das Vorliegen weiterer Verstöße gegen das Erfordernis konsequenter Ausrichtung am Ziel der Suchtbekämpfung ankäme. Dass eine Inkohärenz im unionsrechtlichen Sinne keine unzulässige Werbung voraussetzt, sondern auch bei - sonstiger - Expansionspolitik etwa in konzessionierten Bereichen vorliegen kann, ergibt sich unmittelbar aus der Entscheidungsformel im Urteil des Gerichtshofs vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - (a.a.O.).

90

Die zweite Frage ist ebenso klar aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs dahingehend zu beantworten, dass Art. 56 AEUV eine Konzessionsregelung von Glücksspielarten mit höherem Suchtpotenzial nicht schlechthin verbietet, sondern nur, soweit die rechtliche Ausgestaltung oder die Handhabung des Konzessionsmodells dem mit dem Monopol verfolgten Zweck der Suchtbekämpfung zuwiderläuft. Das hängt nicht allein vom Ausmaß des jeweiligen Suchtgefährdungspotenzials ab, sondern von der Eignung der jeweils getroffenen Regelungen zur wirksamen Bekämpfung der Gefahr und von deren konsequenter Umsetzung. Insoweit lässt sich der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch nicht entnehmen, dass Konzessionsmodelle prinzipiell ungeeignet, weniger geeignet oder besser geeignet wären als Monopolregelungen.

91

Eine Vorlage der dritten Frage erübrigt sich, weil diese hier nicht entscheidungserheblich ist. Sie geht von Feststellungen aus, die der Verwaltungsgerichtshof nicht getroffen hat.

92

Die Sache war daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit dem seine Anfechtungsklage gegen den mit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung verbundenen Widerruf einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung abgewiesen wurde.

Der Kläger betreibt in W. eine Annahmestelle zur Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV), die sich in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung befindet, die von der Bahnhofshalle aus betreten werden kann. Er erhielt mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 eine mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., im Ladengeschäft als Annahmestelle der SLV die von dieser veranstalteten Glücksspiele zu vermitteln. Die Erlaubnis wurde mit Bescheid vom 2. November 2011 bis 31. Dezember 2015 verlängert.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 wies der Beklagte den Kläger auf die Rechtsänderungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag hin, insbesondere auf den ab 1. Juli 2012 geltenden § 21 Abs. 2 GlüStV, der es verbiete, Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde, zu vermitteln. Mit Bescheid vom 12. November 2013 widerrief der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die - zuletzt mit Bescheid vom 2. November 2011 geänderte - Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 insoweit, als sie die Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten umfasst (Nr. 1), und untersagte ab dem 3. Dezember 2013 die Annahme von Sportwetten (Nr. 2). Bei der Erlaubnis handle es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, dessen Widerruf im Bescheid vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich vorbehalten sei. In dem Gebäude bzw. Gebäudekomplex, in dem der Kläger seine Annahmestelle betreibe, befinde sich eine Spielhalle; sie könne sowohl vom überdachten Gleisbereich (von Westen) als auch vom Bahnhofsvorplatz (von Osten) aus betreten werden. Mit dem teilweisen Widerruf werde das mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgte Ziel der Spielsuchtprävention erreicht, ohne dass ein milderes Mittel ersichtlich sei. Der Widerruf der Erlaubnis setze die materiell ohnehin zu beachtende Regelung um. Letztlich seien Erlaubnisse zur Vermittlung von Glücksspielen stets widerruflich zu erteilen und zu befristen, so dass auch im konkreten Fall ein Vertrauen in den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis allenfalls sehr vage sei. Der Bestand der Annahmestelle sei nicht gefährdet; nach den Geschäftsberichten der SLV Bayern für die Jahre 2010 und 2011 würden die Umsätze aus Oddset-Wetten zusammen etwa 3% des Gesamtumsatzes der Annahmestellen betragen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2014 (RO 5 S. 14.30) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner am 5. Dezember 2013 erhobenen Klage bezüglich Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen und bezüglich Nr. 2 anzuordnen, ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 11. Juni 2014 (10 CS 14.505) ab; es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob das in § 21 Abs. 2 GlüStV verankerte Trennungsgebot, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder Spielbank befinde, Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, im vorliegenden Fall tatbestandlich eingreife. Zum anderen sei die schwierige Rechtsfrage der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit dem Gleichheitsgrundsatz als offen anzusehen. In dieser Situation sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung den Interessen des Beklagten der Vorrang einzuräumen.

Mit Urteil vom 22. Januar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins ab. Der Beklagte habe das Widerrufsermessen vor dem Hintergrund des wirksamen Widerrufsvorbehalts gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Bei § 21 Abs. 2 GlüStV handle es sich um eine verfassungsgemäße, seit 1. Juli 2012 bindende Verbotsnorm, die Konfliktfälle zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten auflöse und deren tatbestandliche Voraussetzungen vorlägen. Die Sportwettenvermittlung des Klägers befinde sich in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde. Die Annahmestelle und die Spielhalle seien in aneinander anschließenden, optisch quasi Wand an Wand gelegenen Gebäudeteilen untergebracht. Sie hätten zwar separate Zugänge; allerdings könne man mit gerade einmal 43 Schritten und zudem unterhalb eines überdachten Bereichs von der Spielhalle zur Vermittlungsstelle des Klägers wechseln; es bestehe auch Sichtkontakt zwischen den beiden Spielstätten. Ein das Trennungsgebot rechtfertigender enger räumlicher Zusammenhang wie bei einem Gebäude sei zu bejahen. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entbinde nicht von der Einhaltung der sonstigen, nicht in § 10a Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV geregelten materiellen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrages, wie § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV klarstelle. Die Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Sie entspreche dem Bestimmtheitsgebot, denn die Begriffe „Gebäude“ und „Gebäudekomplex“ seien anhand ihres Wortlauts und des Gesetzeszwecks hinreichend bestimmt auslegbar; durch das Kriterium der „Griffnähe“ ergäben sich keine Probleme im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm, vielmehr werde durch die damit verbundene einschränkende Auslegung der Norm vermieden, dass ein in Grundrechte eingreifendes Gesetz in unzulässiger Weise erweiternd ausgelegt werde. § 21 Abs. 2 GlüStV verstoße nicht gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vermittlungserlaubnis des Antragstellers genieße nicht den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genieße, könne offen bleiben. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls verhältnismäßig. Während auf Seiten des Spielhallenbetreibers regelmäßig hohe Investitionen notwendig seien, um die entsprechenden, genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu schaffen und die Spielgeräte selbst zu beschaffen, bedürfe es zur Vermittlung von Sportwetten keiner besonderen Investitionen, da diese im Rahmen ohnehin bestehender Betriebsstrukturen vermittelt würden und die Vermittlung von Sportwetten nicht das einzige Geschäft der Annahmestellenbetreiber sei. Die Umsätze aus Sportwetten betrügen nur 2,8% bzw. 3 bis 5% des Gesamtumsatzes. Auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht verletzt, wie sich bereits aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145) ergebe. Ebensowenig sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, denn der Konflikt zwischen Betreibern bestehender Spielhallen und Sportwettenvermittlern sei erkannt und durch § 21 Abs. 2 GlüStV in der Weise gelöst worden, dass Ersteren ein größerer Bestandsschutz wegen der zwangsläufig mit ihrer Errichtung verbundenen höheren Investitionen zuerkannt worden sei. Eine neue Spielhalle dagegen bedürfe der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV, die nur erteilt werde, wenn die Errichtung und der Betrieb der Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwider liefen, so dass für nicht bestandsgeschützte Spielhallen der Kollisionsfall des § 21 Abs. 2 GlüStV auch zu einer Versagung der beantragten Spielhallenerlaubnis führen könne. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vorschrift keine Angebote erfasse, die sich in Gebäuden befänden, die in offener Bauweise errichtet seien oder in Gebäuden, die sich gegenüber stünden. Einer Abstandsregelung wie etwa bei Spielhallen sei nicht geboten gewesen. Im Rahmen der Einschätzungsprärogative sei es vielmehr zulässig, nur solche typisierten baulichen Situationen zu erfassen, die es zuließen, dass ein Spieler in bequemer Weise im Gebäudeinneren oder in einem überdachten Bereich von einem Glücksspielangebot zum nächsten wechseln könne. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV entfalte lediglich unechte Rückwirkung, die aber nicht unzulässig sei, denn das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage sei nicht schutzwürdiger als die mit der Rechtsänderung verfolgten Anliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Übergangsregelung. Es seien die wichtigen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zu bedenken. Auch habe der Antragsteller nach alter Rechtslage nicht unbegrenzt darauf vertrauen können, dass die Sportwetten des staatlichen Monopolveranstalters unbeschränkt vermittelt werden dürften, ohne Rechtsänderungen befürchten zu müssen. Zudem sei die Vermittlungserlaubnis immer befristet und jederzeit widerruflich gewesen, so dass sich kein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage habe aufbauen können. Schließlich sei auch das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Zweck des Widerrufsvorbehalts sei es gerade, auf eine veränderte Sach- und Rechtslage reagieren zu können. Entsprechend der zum 1. Juli 2012 wirksam gewordenen Änderung des Glücksspielstaatsvertrags sei der Beklagte daher befugt gewesen, den Rechtsschein einer wirksamen Erlaubnis, die bereits nach der neuen Rechtslage durch § 21 Abs. 2 GlüStV eingeschränkt worden sei, zu beseitigen.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht der Kläger in erster Linie die Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 2 GlüStV geltend. Die Bestimmung stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die in unverhältnismäßiger und gleichheitswidriger Weise gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße. Dies folge zum einen aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift zum Schutz des Klägers, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift die Vermittlungstätigkeit mit einer Erlaubnis ausgeübt habe, auf deren Fortbestand er trotz des Widerrufsvorbehalts habe vertrauen dürfen. Auch für andere Glücksspielbetriebe habe der Gesetzgeber Übergangsregelungen geschaffen, soweit der Glücksspielstaatsvertrag deren bestehende Rechtspositionen geschmälert habe. Zum anderen enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV als unmittelbares gesetzliches Verbot eine gleichheitssatzwidrige Beschränkung der Berufsfreiheit. Zweck des Trennungsgebots sei die Spielsuchtprävention, die im Interesse des Allgemeinwohls das Kernziel des Glücksspielstaatsvertrags sei. Allerdings habe der Gesetzgeber sein Regelungskonzept folgerichtig aufzubauen und identischen Gefährdungen auch gleiches Gewicht zuzumessen. § 21 Abs. 2 GlüStV erfasse jedoch nur einen Teil der möglichen Nähebeziehungen im Falle des räumlichen Aufeinandertreffens verschiedener Glücksspielangebote; schon deshalb fehle es an einer kohärenten Regelung. Die Vorschrift lasse bestimmte, nahe liegende Situationen ungeregelt, etwa wenn sich eine Spielhalle bei offener Bauweise mit seitlichem Grenzabstand in direkter Nachbarschaft zu einem Vermittlungsbüro befinde oder wenn sich beide Lokale in einer schmalen Straße unmittelbar gegenüberliegen würden; gleiches gelte für die Situierung beider Lokale in einer Fußgängerzone oder an einem innerstädtischen Platz. Dagegen sei dem Zusammentreffen verschiedener Spielhallen in § 25 GlüStV durch das Erfordernis eines landesrechtlich zu bestimmenden Mindestabstandes Rechnung getragen worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit ein Regelungskonzept nicht schlüssig verfolgt werde, solange identische Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliche Gewichtungen erfahren würden. Sportwettenanbieter würden anders behandelt als Personen, die Spielhallen oder Spielbanken betrieben und für die nach § 24 Abs. 2 GlüStV lediglich die Erteilung einer Erlaubnis ausgeschlossen sei, während ihr Bestand nach dieser Vorschrift geschützt werde. Ein sachlicher Grund für die ungleiche Behandlung bestehe nicht; im Übrigen reguliere der Gesetzgeber Spielhallen insgesamt eher strenger als Vermittlungsstellen von Sportwetten. § 25 Abs. 1 GlüStV zeige, dass auch ein räumliches Aufeinandertreffen außerhalb eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes gleichermaßen Allgemeinwohlbelange berühre, ohne dass insoweit eine andere Gefährdungslage mit Blick auf die Suchtprävention erkennbar sei. Hier helfe auch die vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Einschätzungsprärogative nicht weiter, denn sie beschränke nicht Art. 3 Abs. 1 GG, sondern werde umgekehrt durch das Grundrecht begrenzt. Weiter sei keine gesetzliche Vorsorge für den Fall getroffen worden, dass sich eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle für Sportwetten befinde, nachträglich ansiedeln wolle, wobei ebenfalls das Verbot der Vermittlungsstelle greife. Die für diese Situation vom Verwaltungsgericht vorgesehene Lösung, wonach hier die für die Spielhalle erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis versagt werden könne, überschreite die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Nach dem klaren Wortlaut enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV eine Beschränkung der Ausübung des Glücksspiels nur in eine Richtung, und zwar nur gegenüber der Vermittlungsstelle, während ein Verbot des Betriebs einer Spielhalle oder einer Spielbank in einem Gebäudekomplex, in dem bereits Sportwetten vermittelt würden, nicht bestehe. Aus § 2 Abs. 4 GlüStV ergebe sich der Anwendungsbereich des Staatsvertrags eindeutig. Auch aus § 4 Abs. 2 i.V.m. § 1 GlüStV könne kein neuer Versagungsgrund abgeleitet werden, denn die Ziele des Staatsvertrages fänden zwar im Rahmen der Auslegung der einzelnen Bestimmungen Beachtung, ermöglichten jedoch nicht die Schaffung neuer Versagungsgründe. Solche könnten auch nicht unmittelbar aus § 1 Satz 1 GlüStV abgeleitet werden; vielmehr seien nach § 1 Satz 2 GlüStV differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen, ohne dass den Genehmigungsbehörden insoweit ein Spielraum eingeräumt habe werden sollen. Aus § 1 Satz 1 GlüStV lasse sich auch kein allgemeines Trennungsverbot für die verschiedenen Glücksspielangebote ableiten, denn es fehle an der hierzu erforderlichen gesetzlichen Regelung. Ungeachtet der Verfassungwidrigkeit sei § 21 Abs. 2 GlüStV im vorliegenden Fall auch tatbestandlich schon deswegen nicht erfüllt, weil eine systematische und verfassungskonforme Auslegung eine Einschränkung der Bestimmung dahingehend erfordere, dass nur die Erteilung einer Erlaubnis für ein neues Angebot der Sportwettenvermittlung in einem Gebäude/Gebäudekomplex ausgeschlossen sein solle, in dem sich bereits eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Im vorliegenden Fall werde jedoch die Vermittlungsstelle des Klägers schon länger geführt (2006) als die benachbarte Spielhalle (2008). Des Weiteren sei bei der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex festzuhalten, dass es für die Auslegung nicht entscheidend auf die bauordnungsrechtliche Beurteilung oder auf das allgemeine Verständnis ankommen könne, vielmehr die Frage nach dem Bestehen einer ausreichenden Nähebeziehung zwischen den beiden Lokalen das aus glücksspielrechtlicher Perspektive maßgebliche Kriterium darstelle. Ein typisches Gebäude durchschnittlicher Größe biete keinen Anlass zu Streitfragen, während der Begriff des Gebäudekomplexes einschränkend auszulegen sei. Von Interesse sei die Gesetzesbegründung, die von einem „Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken“ spreche und damit zu erkennen gebe, dass der Gesetzgeber zumindest vorrangig ein Angebot im gleichen Betrieb im Auge gehabt habe, was auch durch das Verbot von Mehrfachkonzessionen in § 25 Abs. 2 GlüStV bestätigt werde. Für die hier vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommene Nähebeziehung sei entscheidend, dass ein direkter Weg vom Lokal des Klägers zur Spielhalle nicht bestehe, vielmehr müsse das Bahnhofsgebäude verlassen und entweder der Vordereingang über den Bahnhofsvorplatz oder der - überdachte - Weg auf der Gleisseite genommen werden. Weder die vom Verwaltungsgericht ermittelte Schrittzahl zur Bewältigung der Wegstrecke noch der von ihm hervorgehobene Umstand einer bestehenden Überdachung sei ein entscheidendes Kriterium für die Nähebeziehung. Die Schrittzahl entspreche der Wegeverbindung einer typischen Entfernung bei innerstädtischer Bebauung in offener Bauweise. Es seien also vielfältige Fallkonstellationen denkbar, in denen bei gleicher räumlicher Entfernung die Bestimmung von vornherein nicht einschlägig sein könne, wenn es sich um zwei getrennte Gebäude handle. Außerdem fehle es an der bei Verlassen einer Glücksspielstätte bestehenden Möglichkeit, die nächste unmittelbar optisch wahrzunehmen. Erst hierdurch werde aber der Anreiz zum Aufsuchen der weiteren Glücksspieleinrichtung gesetzt. Im vorliegenden Fall würden den Weg unter dem überdachten Bahnsteig nur diejenigen Personen wählen, die eine Fahrt mit der Bahn antreten wollten; durch diese Absicht werde aber die Aufmerksamkeit bezüglich der Wahrnehmung des zweiten Lokals zusätzlich eingeschränkt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Januar 2015 den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013 in den Nrn. 2, 4, 6 und 7 aufzuheben, die Untersagungsverfügung in Nr. 2 mit Wirkung für die Zukunft,

sowie festzustellen, dass die Untersagungsverfügung in Nr. 2 und der korrespondierende Widerruf der Erlaubnis in Nr. 1 des Bescheids rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zwar treffe zu, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Mindestabstand zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle vorsehe; unrichtig sei aber die Folgerung, solche Angebote seien bei offener Bauweise in unmittelbarer Nachbarschaft zulässig. Vielmehr greife der Versagungstatbestand in der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV, soweit das Angebot den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufe. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle könne, abhängig von den konkreten Verhältnissen, mit dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV nicht mehr vereinbar sein; die unterschiedliche Handhabung rechtfertige sich durch das erhebliche höhere Gefährdungspotenzial von Spielhallen gegenüber dem eines Sportwettbüros. Außerdem trete eine Konzentration von Spielhallen- und Sportwettangeboten - anders als die Konzentration von Spielhallen - bisher eher selten auf. § 21 Abs. 2 GlüStV sei vor dem Hintergrund der durch die Multiplikation von Glücksspielangeboten in Gebäuden und Gebäudekomplexen reduzierten Hemmschwelle im Sinn der Griffnähe zu verstehen und reagiere auf die bequeme Erreichbarkeit und den bereits getroffenen Entschluss, das entsprechende Gebäude zu betreten. Sei eine Gebäudeschwelle bereits überschritten, bestehe eine erhöhte Anreizsituation. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine erst nach dem 1. Juli 2012 beantragte Erlaubnis für eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits ein Sportwettbüro befinde, könne im Einzelfall wegen der entgegenstehenden Ziele des § 1 GlüStV versagt werden, sei nicht zu beanstanden. Die Ziele des § 1 GlüStV entfalteten bereits auf der Tatbestandsebene der Norm unmittelbare Verbindlichkeit bei Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Auch die Gesetzesbegründung spreche dafür, dass die Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags materielle Erlaubnisvoraussetzungen darstellten. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Beklagten (Schriftsatz v. 12. 2. 2015 im Verfahren 10 BV 15.430) eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäudekomplex“ oder sogar beider Begriffe vornehmen wollte, wäre im vorliegenden Fall das entscheidende Kriterium der „Griffnähe“ zu bejahen. Die Ortseinsicht habe ergeben, dass Spielhalle und Wettannahmestelle quasi „Wand an Wand“ lägen und trotz jeweils separater Zugänge beide Lokale von der Seite der Bahngleise her unter Nutzung einer vollständigen Überdachung kurzläufig erreicht werden könnten. Zudem bestehe Sichtkontakt von der einen zur anderen Spielstätte. Da das Angebot hauptsächlich auf Reisende ausgelegt sei, könne außer Betracht bleiben, dass es zur Spielhalle einen weiteren Eingang vom Bahnhofsvorplatz aus gebe. Im Übrigen sei nicht erforderlich, dass die beiden im Gebäudekomplex untergebrachten Lokale ohne Verlassen derselben gegenseitig erreicht werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Regierung der Oberpfalz sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013, soweit er mit seiner für die Zukunft rechtliche Wirkungen entfaltenden Untersagungsverfügung (mit Zwangsgeldandrohung, Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen; der Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; I.). Auch das im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klagebegehren, soweit es sich durch Zeitablauf erledigt hat, bleibt erfolglos (II.).

I. Die Anfechtungsklage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung ist zulässig, jedoch unbegründet und daher zu Recht abgewiesen worden.

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) mit dem Ziel einer (kassatorischen) Aufhebung der glücksspielrechtlichen Untersagung ist zulässig, soweit sie (noch) Wirkungen für die Zukunft entfaltet, also soweit sie sich auf den Zeitraum ab der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bezieht. Im Übrigen sind weder der Widerruf der Erlaubnis noch die Untersagung der weiteren Vermittlungstätigkeit (jeweils mit Wirkung ab 3. Dezember 2013) für den vergangenen Zeitraum statthafter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage, weil sie insoweit erledigt sind (Art. 43 BayVwVfG). Eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung erledigt sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung träte nur dann nicht ein, wenn sich aus der Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Adressaten ergeben, etwa weil ein Zwangsgeld vollstreckt wurde, dessen Rückzahlung die Beseitigung der mit seiner Hilfe durchgesetzten Grundverfügung voraussetzen würde (stRspr zu glücksspielrechtlichen Untersagungen, zuletzt BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.9.2014 - 10 ZB 12.1484 - juris Rn. 11). Eine derartige Situation besteht im vorliegenden Fall nicht; der Kläger hat ausdrücklich erklärt, dass für den vergangenen Zeitraum keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angefochtenen Bescheid bestünden. Auch der Widerruf der zuletzt mit Wirkung bis 31. Dezember 2015 erteilten Vermittlungserlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil die Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).

2. Die in diesem Rahmen zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angefochtene Untersagung ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV findet. Eine im Bahnhofsgebäude der Stadt W. betriebene Sportwettenvermittlung verstößt zum maßgeblichen Zeitpunkt (2.1) gegen die tatbestandlich einschlägige Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV (2.2), die verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (2.3). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.4).

2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist derjenige der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren. Zur Begründung kann auf die bereits dargestellte Rechtsnatur der Untersagung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung verwiesen werden. Die Untersagung erschöpft sich nicht in einem einmaligen Verbot, sondern bringt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zum Entstehen, das sie ständig aktualisiert. Deshalb muss die Untersagung auch während ihrer Wirksamkeit mit der jeweils aktuellen Rechtslage in Übereinstimmung stehen; nachträgliche Veränderungen der ihr zugrunde liegenden Sach- oder Rechtslage müssen gesondert geprüft werden und ggf. Berücksichtigung finden (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 42 - 44 m.w.N.). Aus § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt sich kein anderer, wegen einer tatbestandlichen Voraussetzung der Norm vorgelagerter maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, etwa der des Erlasses des angefochtenen Bescheids.

2.2 Der Kläger hat in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung entgegen dem seit 1. Juli 2012 geltenden Verbot in § 21 Abs. 2 GlüStV - damit materiell unerlaubt - Sportwetten vermittelt. Außerdem besitzt er die für diese Betätigung erforderliche Erlaubnis (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV), deren Erteilung hier der Regierung der Oberpfalz obliegt (Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV), seit dem mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 ausgesprochenen, auf die Vermittlung von Sportwetten beschränkten Widerruf der Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 nicht mehr. Mit der (in die Zukunft fortwirkenden) streitgegenständlichen Untersagung konnte der Beklagte in Erfüllung der ihm obliegenden Glücksspielaufsicht eine erforderliche Anordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV zur Unterbindung einer gegen § 21 Abs. 2 GlüStV verstoßenden Vermittlung von Sportwetten erlassen.

2.2.1 § 21 Abs. 2 GlüStV bestimmt, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Mit dieser der Spielsuchtprävention dienenden Bestimmung soll „einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs“ dadurch entgegengewirkt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten „in Spielhallen und Spielbanken“ untersagt wird (amtl. Begr. LT-Drs. 16/11995, S. 30). Mit dem gesetzlichen Vermittlungsverbot wird insbesondere der bereits in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zum Ziel des Staatsvertrags erklärte Schutz von spielsuchtgefährdeten Personen im Wege einer räumlichen Entzerrung unterschiedlicher Glücksspielgelegenheiten verfolgt (Dietlein/Hecker/Rutting, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 GlüStV Rn. 38). Allerdings ist der Wortlaut der Norm im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei ein Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Rutting, a.a.O., § 21 GlüStV Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 16 f.).

Bei der Auslegung der Begriffe ist zunächst zu beachten, dass als „Gebäude“ nach den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer (vgl. Art. 2 Abs. 2 BayBO, s.a. § 2 Abs. 2 MusterBO) selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, bezeichnet werden. Der Begriff „Gebäudekomplex“ ist hingegen nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamteinheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen. Dabei ist angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeit oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann und umgekehrt (Kriterium der sog. Griffnähe; OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris und B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 27.5.2014 - 10 CS 14.503 - juris Rn. 18; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 38, 40, § 25 Rn. 10). Der Senat hat darüber hinaus im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O) eine einschränkende Auslegung auch des Begriffs „Gebäude“ im dargestellten Sinne zumindest für die Fälle eines sehr großen, eventuell noch stark untergliederten Gebäudes mit mehreren Etagen und Zugängen für denkbar gehalten; im Hinblick auf das Ziel der Spielsuchtprävention sei maßgeblich, ob der Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne Verlassen des Gebäudes kurzläufig möglich sei und der Spieler bereits die andere Spielstätte im Blick habe, wodurch ein besonderer Anreiz zum Wechsel hervorgerufen werde (BayVGH, B.v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 18; noch nicht thematisiert: BayVGH, B.v. 25.06.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 9, 10). Urteile zur Frage der Auslegung der beiden Begriffe liegen, soweit ersichtlich, bisher nicht vor.

2.2.2 Vor diesem Hintergrund liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüStV hier vor, denn die Vermittlungsstelle für Sportwetten (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV, Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV) in der Bahnhofsbuchhandlung befindet sich in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtlich erlaubte) Spielhalle betrieben wird (2.2.2.1). Auch bei einer einschränkenden Auslegung des Begriffs „Gebäude“ käme man zu keinem anderen Ergebnis (2.2.2.2).

2.2.2.1 Der „Bahnhof“ ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, wie er sich dem Senat aus den in den vorliegenden Akten (insbes. Bl. 83 d. Berufungsakte, Bl. 34 d. Akte 10 CS 14.509 und Bl. 19 Behördenakte) befindlichen Lichtbildern präsentiert, als einheitliches, in seinem Hauptteil drei-, in den beiden Seitenteilen viergeschossiges Gebäude im Sinn von Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen, das seine typische Prägung durch den (durch ein Vordach optisch) auffällig gestalteten Eingang in die zu den Gleisen hin durchgängige Bahnhofshalle erhält. Dass sich im unmittelbaren Anschluss an die beiden viergeschossigen Gebäudeteile (in nördlicher und südlicher Richtung) jeweils ein erdgeschossiger, offenbar zum Bahnhof gehörender Anbau befindet, an den weitere Gebäude anschließen (vgl. Luftbild Bl. 19 Behördenakte), macht das Bahnhofsgebäude nicht zu einem Gebäudekomplex, weil es sich bei ihm nicht um eine Mehrzahl miteinander verbundener und wegen ihrer inneren Durchlässigkeit als Gesamteinheit wahrgenommener Gebäude handelt. Vielmehr ist das Bahnhofsgebäude durch seine offenkundige und typische Funktion, einen zentralen Zugang zu den Gleisen mit diversen Einkaufs- und anderen Versorgungsmöglichkeiten zu bieten, als eigenständige bauliche Einheit gekennzeichnet. Spielhalle und Buchhandlung des Klägers (mit Nebenraum) liegen - wie sich aus dem vorliegenden Grundriss (Bl. 87 h, k, l Berufungsakte) ergibt - Wand an Wand im südlichen Teil des Gebäudes. Dass die Spielhalle nach der aktuellen baulichen Gestaltung des Bahnhofsgebäudes keinen Zugang von der Bahnhofshalle aus besitzt, ist insoweit ohne Bedeutung; dieser Umstand könnte allenfalls im Rahmen einer wegen der Größe des Gebäudes aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzunehmenden teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm von Bedeutung sein (vgl. 2.2.2.2). Angesichts des dargestellten Befundes der konkreten örtlichen und baulichen Verhältnisse hält der Senat seine noch im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O., Rn. 18) geäußerte Auffassung, der Bahnhof dürfte „schon als Gebäudekomplex einzuordnen“ sein, nicht mehr aufrecht.

2.2.2.2 Selbst wenn man aber vor allem im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüStV eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäude“ als geboten ansehen wollte, um eine ausufernde und damit möglicherweise verfassungswidrige Anwendung der Vorschrift auszuschließen, führt dies bei den oben dargelegten konkreten Verhältnissen zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch bei Abstellen auf die für die Verbotsnorm insofern maßgeblichen Gesichtspunkte besteht im vorliegenden Fall die typische glücksspielrechtliche „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte.

Die Kriterien, auf die der Senat in diesem Zusammenhang als maßgeblich abzustellen hat und die im Hinblick auf den verfolgten Zweck (Spielsuchtprävention) bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Vorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Erfordernis der „Griffnähe“). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, also bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind. Eine Rolle spielt auch die Frage, ob zum Erreichen der anderen Spielstätte ein Verlassen des Gebäudes erforderlich ist oder ob der bereits getroffene Entschluss, das Gebäude zum Besuch der ersten Spielstätte zu betreten, in einer die „Hemmschwelle“ für weitere Glücksspielangebote herabsetzenden Weise fortwirkt. Der Senat sieht es dementsprechend als sachgerecht an, für die Beantwortung der Frage, ob die erforderliche „Griffnähe“ in der konkreten Situation vorliegt, auf die jeweiligen Umstände einzelfallbezogen und nicht auf einen nach Metern bestimmten Abstand zwischen den Spielstätten (etwa 250 m in Anlehnung an Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV) abzustellen.

Für das Vorliegen des Tatbestands von § 21 Abs. 2 GlüStV selbst bei einschränkender Auslegung des Gebäudebegriffs spricht insbesondere die geringe, fußläufig in wenigen Augenblicken zu überbrückende Entfernung zwischen dem Eingang zur Buchhandlung durch die Bahnhofshalle und dem Eingang zur Spielhalle vom Gleisbereich aus, die vom Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins - von der Klägerseite unwidersprochen - mit 43 Schritten angegeben wird. Nur unwesentlich länger ist die Wegstrecke, wenn man den zum Bahnhofsvorplatz hin liegenden Eingang zur Spielhalle als Ausgangspunkt nimmt. In keinem Fall kann von einem mehr als unbedeutendem Fußweg gesprochen werden; dies ergibt sich zwangsläufig schon aus dem Umstand, dass beide Spielstätten eine (teilweise) gemeinsame Gebäudeinnenwand besitzen, damit sozusagen „Rücken an Rücken“ liegen. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass es andere Sachverhalte geben mag, in denen sich die beiden Spielstätten in zwei getrennt nebeneinander oder gegenüber gelegenen Gebäuden befinden, weswegen § 21 Abs. 2 GlüStV von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann, obwohl die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten auch nur 43 Schritte oder weniger beträgt.

Für einen Wechsel zwischen den - im Übrigen beide im Erdgeschoss gelegenen - Spielstätten ist zwar ein Verlassen des eigentlichen Bahnhofsgebäudes erforderlich (zum Abgrenzungskriterium des Betretens von öffentlichem Verkehrsraum für einen Spielstättenwechsel: OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 19). Dennoch muss hier von der besonderen „Griffnähe“ ausgegangen werden. Zum einen ist schon die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten äußerst gering. Zum anderen spricht für die Annahme der „Griffnähe“ auch der Umstand, dass von einer Spielstätte in die andere auf der Bahnsteigseite im überdachten Bereich und damit geschützt vor Witterungseinflüssen gewechselt werden kann, ohne dass diesem Umstand in der vorliegenden Konstellation ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Wichtiger ist, dass das Verlassen des Gebäudes nicht dazu führt, dass mit dem kurzzeitigen Betreten von öffentlichen bzw. dem Reiseverkehr gewidmeten Verkehrsflächen eine erneute glücksspielrechtliche „Hemmschwelle“ aufgebaut würde, deren notwendige Überwindung eine räumliche Nähebeziehung im dargestellten Sinn ausschlösse. Schließlich besteht zwischen beiden Spielstätten auch eine hinreichende Sichtbeziehung. Bei Verlassen der Sportwettenvermittlung wird der interessierte Kunde zwar erst nach Verlassen der Bahnhofshalle - entweder in Richtung Gleisbereich oder Bahnhofsvorplatz - auf die Spielhalle aufmerksam; umgekehrt fallen sofort nach Verlassen der Spielhalle in Richtung Gleisbereich/Bahnhofshalle die entsprechenden Hinweise („Lotto“) im Schaufenster der Buchhandlung und im Ladeninneren ins Auge (Bl. 87d, e, g Berufungsakte). Hinzu kommt, dass den mit dem Zug ankommenden Reisenden zwangsläufig beide Spielstätten von den Bahnsteigen aus gleichzeitig ins Auge fallen (Bl. 87h, i Berufungsakte) und daher die bestehende „Griffnähe“ gerade für diesen Personen- und Adressatenkreis deutlich wird.

Keine Bedeutung für die Verwirklichung des Verbotstatbestandes hat der vom Kläger geltend gemachte Umstand, die ihm im Jahre 2006 erteilte Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten bestehe schon länger als die - erstmals im Jahr 2008 erteilte - Erlaubnis für die Spielhalle. Denn § 21 Abs. 2 GlüStV entfaltet schon in Ermangelung einer Übergangsvorschrift Wirkung für alle zum Zeitpunkt seines Inkrafttreten zum 1. Juli 2012 bestehenden Kollisionsfälle. Im Übrigen war dem Kläger die hier streitige Vermittlungserlaubnis nur befristet und unter Beifügung eines Widerrufsvorbehalts erteilt worden, dessen Zweck gerade darin bestand, ein Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Erlaubnis im Falle einer Änderung der Sach- oder Rechtslage auszuschließen. Diese „Bevorzugung“ von Spielhallen gegenüber Vermittlungsstellen für Sportwetten ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. im Folgenden).

2.3 Die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV ist verfassungsgemäß; ihre Anwendung im konkreten Fall verletzt keine Grundrechte des Klägers. Die von ihm insoweit erhobenen Rügen im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit (2.3.1) und das Gleichbehandlungsgebot (2.3.2) greifen nicht durch. Mit der Berufung macht der Kläger im Übrigen eine - hier schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten eher fernliegende - Verletzung seines Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht mehr geltend.

2.3.1 Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit erhebt und im Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechende Berufsausübungsregelung sieht, hat auch die mündliche Verhandlung für den Senat keine Veranlassung gegeben, von seiner bereits in den Beschlüssenvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145, juris Rn. 18 f.) und 11. Juni 2014 (10 CS 14.505, juris Rn. 17, 21) dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen.

Regelungen zur Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, U. v. 13.12.2000 - 1 BvR 335/9 - juris Rn. 26; BVerfG, U. v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Die Verbotsnorm überschreitet nicht die Ebene der Berufsausübung, weil regelmäßig nur ein untergeordneter Teil der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen (Sportwettenvermittlung an der konkreten Örtlichkeit) betroffen ist, während die Vermittlung anderer Glücksspiele davon unberührt bleibt; selbst wenn man vom Bestehen eines Berufsbilds des „Sportwettenvermittlers“ ausgehen wollte, beschränkt die Bestimmung diese Tätigkeit nur räumlich und verhindert nicht eine Sportwettenvermittlung an anderen Standorten. Das Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV genügt den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil es durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel der Spielsuchtprävention legitimiert ist und der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014, a.a.O., Rn. 21; OVG Bremen, B. v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 11).

§ 21 Abs. 2 GlüStV stellt auch nicht deswegen eine gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßende unzulässige Berufsausübungsbestimmung dar, weil der Vorrang einer Spielhalle ohne Übergangsregelung auch in Konstellationen gilt, in denen - wie hier - die Erlaubnis für die Sportwettenvermittlung vor derjenigen für die Spielhalle erteilt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 25.6.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 25, 26). Bereits der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (a.F.) enthielt in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a.F. nicht nur eine Ermächtigung für die Erlaubnisbehörde, die Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen und zu befristen, sondern schrieb dies sogar zwingend vor. Ziel der Befristungsregelung und des Widerrufsvorbehalt war die Sicherung der staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten; die Vorschrift soll es den Genehmigungsbehörden ermöglichen, Entwicklungen im Glücksspielbereich auch kurzfristig berücksichtigen (LT-Drs. 15/716 S. 13) und so auf Änderungen der Sach- und Rechtslage auch während der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis kurzfristig reagieren zu können (vgl. LT-Drs. 15/8468 S. 17); der Widerrufsvorbehalt sollte also nicht nur zum Tragen kommen, wenn der Erlaubnisinhaber beispielsweise die Voraussetzungen, die der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugrunde lagen, nicht mehr erfüllt, sondern auch dann, wenn - wie hier - während der Laufzeit der Erlaubnis eine Änderung der Rechtslage eintritt, die sich zu Ungunsten des Inhabers einer Vermittlungserlaubnis auswirkt. Ein Vertrauenstatbestand dergestalt, dass dieser darauf vertrauen durfte, er könne bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von ihr uneingeschränkt Gebrauch machen, ist aufgrund des Widerrufsvorbehalts nicht gegeben; erst recht kann kein Vertrauensschutz bestehen, der eine Übergangsvorschrift erforderlich machen würde, wenn die Verlängerung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis über den ursprünglichen Befristungszeitpunkt hinaus begehrt wird. Zudem bedeutet die Aufgabe der Vermittlung von Sportwetten nicht, dass Investitionen des Gewerbetreibenden in größerem Umfang fehlgeschlagen sind, weil es insoweit in erster Linie um ein von der Staatlichen Lotterieverwaltung zur Verfügung gestelltes und programmiertes Terminal geht.

2.3.2 § 21 Abs. 2 GlüStV ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern mit Spielhallenbetreibern verfassungswidrig. Berufsausübungsregelungen müssen sich nicht nur an den unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen messen lassen, sondern auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein, insbesondere den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (BVerfG, B. v. 24.1.2012 - 1 BvL 21/11 - juris Rn. 40 f.). § 21 Abs. 2 GlüStV ist danach weder deshalb verfassungswidrig, weil er nicht sämtliche im Hinblick auf den Normzweck vergleichbaren potentiellen Gefahrensituationen im Verhältnis der beiden Anbieter erfasst (2.3.2.1), noch deshalb, weil der Tatbestand der Verbotsvorschrift zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten grundsätzlich auch durch eine (spätere) Erteilung einer Erlaubnis für eine hinzutretende Spielhalle ausgelöst wird (2.3.2.2).

2.3.2.1 Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nicht gehalten, neben der hier streitgegenständlichen Konstellation auch alle anderen denkbaren und unter dem Gesichtspunkt der Spielsuchtprävention möglicherweise relevanten „Nähebeziehungen“ zwischen einer Spielhalle/Spielbank und einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zu regeln.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass er darauf verzichtet hat, eine Ermächtigung für die Länder zu schaffen, im Wege der Ausführungsbestimmungen einen bestimmten Mindestabstand festzulegen, wie es § 25 Abs. 1 GlüStV für die räumliche Beziehung zwischen Spielhallen ermöglicht und Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV (250 m Luftlinie) umsetzt. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative die unterschiedlichen Sachverhalte wegen des ihnen innewohnenden unterschiedlichen Gefährdungspotenzials im Hinblick auf problematisches Spielverhalten nicht gleichermaßen über einen Mindestabstand regeln habe müssen; denn das bekanntermaßen mit Geldspielautomaten verbundene hohe Spielsuchtpotenzial (vgl. nur LT-Drs. 16/11995, S. 30, zu §§ 24 - 26) übersteigt das durch Sportwetten beförderte Suchtpotenzial erheblich, sodass für das - zumindest derzeit als Einzelfall zu betrachtende - Aufeinandertreffen von einer Wettvermittlungsstelle mit einer Spielhalle keine alle denkbaren räumlichen Beziehungen regelnde Vorschrift als erforderlich angesehen werden musste. Das Fehlen einer generell gültigen Mindestabstandsregel für den Fall einer räumlichen Nähebeziehung führt daher schon wegen der ungleichen Sachverhalte nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung einer von der Verbotsregelung betroffenen Vermittlungsstelle für Sportwetten.

Ebensowenig führt der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass § 21 Abs. 2 GlüStV auch nur einen Teil der denkbaren Nähebeziehungen - soweit sich nämlich beide Spielstätten im gleichen Gebäude oder Gebäudekomplex befinden - erfasst, zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es trifft zwar zu, dass die Verbotsvorschrift keine Fälle erfasst, in denen sich die beiden Spielstätten in (getrennten) Gebäuden mit seitlichem Grenzabstand oder auf sich unmittelbar gegenüberliegenden Seiten einer möglicherweise engen Straße befinden und damit u.U. einen sogar wesentlich geringeren Abstand voneinander aufweisen können, als dies der Fall wäre, befänden sie sich in einem einheitlich zu betrachtenden Gebäudekomplex (etwa einem Einkaufszentrum). Zu Recht weist das Verwaltungsgericht jedoch darauf hin, dass der Gesetzgeber eine nur im Hinblick auf Gebäude und Gebäudekomplexe beschränkte Regelung erlassen konnte, um hiermit typischerweise gerade bei solchen Örtlichkeiten im Fall einer geringen Entfernung zwischen den Spielstätten entstehende Konflikte zu lösen. Zudem ist eine derartige „unvollständige“ Regelung auch mit dem eher seltenen Zusammentreffen von Vermittlungsstellen mit Spielhallen/Spielbanken zu begründen. Eine in sich nicht stimmige („inkohärente“) Regelung liegt damit nicht vor.

2.3.2.2. Schließlich führt auch die in § 21 Abs. 2 GlüStV angelegte Möglichkeit, dass sich eine Spielhalle im gleichen Gebäude, in dem sich bereits eine erlaubte Sportwettenvermittlungsstelle befindet, ansiedeln will und damit die Anwendung dieser Norm ausgelöst werden könnte, nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bereits im Beschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O.) hat der Senat zwar festgestellt, dass die Verbotsregelung grundsätzlich auch in Fällen greift, in denen die für den Betrieb einer Spielhalle notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten im gleichen Gebäude/Gebäudekomplex beantragt und erteilt wird; damit besteht die Gefahr, dass die mit einer nachträglichen Ansiedlung einhergehende Kollision zu Lasten eines bereits erlaubt tätigen Sportwettenvermittlers gelöst werden müsste, dessen Erlaubnis zu widerrufen wäre (vgl. a. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 42 f., § 24 Rn. 33, mit dem Vorschlag, diese Kollision wegen des mit Spielhallen verbundenen hohen Gefährdungspotenzials durch landesrechtliche Bestimmung nach § 24 Abs. 3 GlüStV zu Gunsten der bestehenden Vermittlungsstelle aufzulösen). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt gleichwohl schon deswegen nicht vor, weil die Erteilung der Spielhallenerlaubnis in dieser Konstellation versagt werden müsste (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), denn sie liefe offensichtlich dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziel zuwider, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht auch infolge einer räumlichen Konzentration von Spiel-/Wettangeboten zu verhindern (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: VG Regensburg, U. v. 22.1.2015 - RO 5 K 14.90 - juris). Diesem Ansatz steht auch nicht § 2 Abs. 3 GlüStV entgegen, der zwar die Anwendung von § 21 Abs. 2 GlüStV auf Spielhallen ausschließt, jedoch die Beachtung der in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele des Staatsvertrages bestimmt.

In § 24 Abs. 2 GlüStV ist aus Gründen der Spielsuchtprävention gerade der Versagungsgrund des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV angelegt, der u.a. auch den Fall eines Bewerbers um eine Spielhallenerlaubnis in einem Gebäude, in dem bereits eine Sportwettenvermittlung tätig ist, erfasst. Der Senat teilt daher nicht den vom Kläger erhobenen Vorwurf, mit einer Versagung der Spielhallenerlaubnis würden die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und aus den Zielen des § 1 Satz 1 GlüStV neue Versagungsgründe abgeleitet.

Der Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis kann auch nicht geltend machen, ihre Versagung liefe dem mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgten Vorrang einer Spielhalle gegenüber einer im gleichen Gebäude befindlichen Vermittlungsstelle zuwider. Denn die Bestimmung des Vorrangs, die - wie hier - für die Situation zweier bereits zum 1. Juli 2012 in einem Gebäude befindlicher Betriebsstätten gilt, findet ihre wirtschaftliche Begründung darin, dass bereits getätigte, auf längere Zeit angelegte und unter Umständen erhebliche bauliche Investitionen des Spielhallenbetreibers schützenswerter sind als die relativ überschaubaren Investitionen des nur mit der Aufstellung eines Terminals belasteten Vermittlers von Sportwetten im Nebengeschäft. Dieses Argument kann jedoch ein Bewerber um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für eine Spielhalle, die er künftig in einem Gebäude betreiben will, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle befindet, nicht ins Feld führen, weil er in aller Regel noch keine größeren Investitionen getätigt hat. Damit besteht keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen erlaubten Spielhallen, die in den Genuss von § 21 Abs. 2 GlüStV kommen, und solchen, die sich im Erlaubnisverfahren befinden, und für die daher das Konzentrationsverbot (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) Geltung beansprucht.

2.4 Schließlich begegnet auch die Ermessensausübung, die der Untersagung zugrunde liegt, keinen rechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Beklagte das ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV i.V.m. Art. 4 AGGlüStV eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. Art. 40 BayVwVfG) ausgeübt; eine darüberhinausgehende Prüfungskompetenz des Gerichts besteht nicht (§ 114 Satz 1 VwGO). Die zur Ermessensausübung im erstinstanzlichen Urteil gemachten Ausführungen (UA, S. 19, 20) werden dementsprechend vom Kläger im Berufungsverfahren nicht infrage gestellt.

Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für den Kläger gewahrt ist. Sein wirtschaftliches Interesse an einem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen durch die Vermittlung von Sportwetten hat gegenüber den mit der Regelung verfolgten Zwecken, insbesondere der Spielsuchtbekämpfung, zurückzutreten. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich der Umsatzanteil aus den im Nebengeschäft vermittelten Sportwetten der Staatlichen Lotterieverwaltung im Bereich von 3 bis 5% des Gesamtumsatzes der Annahmestellenbetreiber beläuft (vgl. LT-Drs. 16/12192, S. 12, Begründung zu Art. 7 Abs. 3 AGGlüStV). Diesem auch im verwaltungsgerichtlichen Urteil angegebenen Korridor ist der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Die Existenz des Gewerbebetriebs (Bahnhofsbuchhandlung mit Annahmestelle der SLV) ist jedenfalls nicht gefährdet, nachdem die Vermittlung von Sportwetten nur einen untergeordneten Teil des gesamten Betriebs darstellt, selbst wenn man berücksichtigt, dass die nun ausbleibenden Sportwettkunden auch noch weitere Umsätze getätigt haben.

II. Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos, als sie der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Berufung von einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt hat, soweit der Bescheid die bereits vergangenen Zeiträume erfasst hat und damit zum maßgeblichen Zeitpunkt erledigt war. Zwar stellt sich in dieser Situation einer (teilweisen) Erledigung das prozessuale Vorgehen des Klägers als grundsätzlich statthaft dar, weil für eine Aufhebung des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Vergangenheit mangels belastender Wirkung die Anfechtungsklage nicht mehr statthaft wäre. Dem Kläger fehlt jedoch das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Ein solches ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere nicht aus einer möglichen Präjudizialität der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen noch zu führenden Amtshaftungs- oder sonstigen Schadensersatzprozess des Klägers. Eine denkbare Amtshaftungsklage erscheint nämlich schon deshalb offensichtlich aussichtslos, weil das beanstandete Verwaltungshandeln von einem Kollegialgericht erster Instanz, nämlich dem Verwaltungsgericht Regensburg, als rechtmäßig beurteilt wurde (stRspr BVerwG U. v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9 m.w.N.). Hat nämlich ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die beanstandete Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, fehlt es in der Regel bereits an dem für die Schadensersatzklage notwendigen Verschulden des Beamten. Dabei scheitert die schuldausschließende Wirkung einer erstinstanzlichen Kollegialentscheidung grundsätzlich nicht einmal dann, wenn dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte und der Beklagte - in der Situation einer Verpflichtungsklage - zur Neubescheidung verpflichtet wurde (vgl. BVerwG, U. v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat sich jedoch das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis als zutreffend herausgestellt, weil der angefochtene Bescheid (Erlaubniswiderruf und Untersagung) in vollem Umfang und von Anfang an rechtmäßig war (s.o. I.). Das Vorliegen einer der weiteren Fallgruppen, in denen ein berechtigtes Interesse zu bejahen wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei erledigten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen: BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - und B. v. 17.12.2015 - 8 B 10.15 - jeweils juris).

Selbst wenn man sich über das fehlende besondere Feststellungsinteresse hinwegsetzen und eine Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage annehmen wollte, wäre sie schon deshalb unbegründet, weil der angefochtene Bescheid von Anfang an rechtmäßig war.

Der mit seinem Rechtsmittel unterlegene Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war wegen der der Rechtssache zukommenden grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die sich u.a. aus der Frage der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex in § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt (vgl. § 33 GlüStV).

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 Euro festgesetzt.


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Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg, mit dem seine Anfechtungsklage gegen den mit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung verbundenen Widerruf einer Erlaubnis zur Sportwettenvermittlung abgewiesen wurde.

Der Kläger betreibt in W. eine Annahmestelle zur Vermittlung des Glücksspielangebots der Staatlichen Lotterieverwaltung (SLV), die sich in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung befindet, die von der Bahnhofshalle aus betreten werden kann. Er erhielt mit Bescheid vom 31. Oktober 2008 eine mit einem Widerrufsvorbehalt versehene Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F., im Ladengeschäft als Annahmestelle der SLV die von dieser veranstalteten Glücksspiele zu vermitteln. Die Erlaubnis wurde mit Bescheid vom 2. November 2011 bis 31. Dezember 2015 verlängert.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 wies der Beklagte den Kläger auf die Rechtsänderungen im Glücksspieländerungsstaatsvertrag hin, insbesondere auf den ab 1. Juli 2012 geltenden § 21 Abs. 2 GlüStV, der es verbiete, Sportwetten in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde, zu vermitteln. Mit Bescheid vom 12. November 2013 widerrief der Beklagte unter Anordnung des Sofortvollzugs die - zuletzt mit Bescheid vom 2. November 2011 geänderte - Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 insoweit, als sie die Vermittlung der von der SLV veranstalteten Sportwetten umfasst (Nr. 1), und untersagte ab dem 3. Dezember 2013 die Annahme von Sportwetten (Nr. 2). Bei der Erlaubnis handle es sich um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, dessen Widerruf im Bescheid vom 31. Oktober 2008 ausdrücklich vorbehalten sei. In dem Gebäude bzw. Gebäudekomplex, in dem der Kläger seine Annahmestelle betreibe, befinde sich eine Spielhalle; sie könne sowohl vom überdachten Gleisbereich (von Westen) als auch vom Bahnhofsvorplatz (von Osten) aus betreten werden. Mit dem teilweisen Widerruf werde das mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgte Ziel der Spielsuchtprävention erreicht, ohne dass ein milderes Mittel ersichtlich sei. Der Widerruf der Erlaubnis setze die materiell ohnehin zu beachtende Regelung um. Letztlich seien Erlaubnisse zur Vermittlung von Glücksspielen stets widerruflich zu erteilen und zu befristen, so dass auch im konkreten Fall ein Vertrauen in den Fortbestand einer einmal erteilten Erlaubnis allenfalls sehr vage sei. Der Bestand der Annahmestelle sei nicht gefährdet; nach den Geschäftsberichten der SLV Bayern für die Jahre 2010 und 2011 würden die Umsätze aus Oddset-Wetten zusammen etwa 3% des Gesamtumsatzes der Annahmestellen betragen.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2014 (RO 5 S. 14.30) lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner am 5. Dezember 2013 erhobenen Klage bezüglich Nr. 1 des Bescheids wiederherzustellen und bezüglich Nr. 2 anzuordnen, ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 11. Juni 2014 (10 CS 14.505) ab; es könne nicht abschließend beurteilt werden, ob das in § 21 Abs. 2 GlüStV verankerte Trennungsgebot, wonach in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder Spielbank befinde, Sportwetten nicht vermittelt werden dürften, im vorliegenden Fall tatbestandlich eingreife. Zum anderen sei die schwierige Rechtsfrage der Vereinbarkeit des Trennungsgebots mit dem Gleichheitsgrundsatz als offen anzusehen. In dieser Situation sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung den Interessen des Beklagten der Vorrang einzuräumen.

Mit Urteil vom 22. Januar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins ab. Der Beklagte habe das Widerrufsermessen vor dem Hintergrund des wirksamen Widerrufsvorbehalts gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. BayVwVfG pflichtgemäß ausgeübt. Bei § 21 Abs. 2 GlüStV handle es sich um eine verfassungsgemäße, seit 1. Juli 2012 bindende Verbotsnorm, die Konfliktfälle zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten auflöse und deren tatbestandliche Voraussetzungen vorlägen. Die Sportwettenvermittlung des Klägers befinde sich in demselben Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem auch eine Spielhalle betrieben werde. Die Annahmestelle und die Spielhalle seien in aneinander anschließenden, optisch quasi Wand an Wand gelegenen Gebäudeteilen untergebracht. Sie hätten zwar separate Zugänge; allerdings könne man mit gerade einmal 43 Schritten und zudem unterhalb eines überdachten Bereichs von der Spielhalle zur Vermittlungsstelle des Klägers wechseln; es bestehe auch Sichtkontakt zwischen den beiden Spielstätten. Ein das Trennungsgebot rechtfertigender enger räumlicher Zusammenhang wie bei einem Gebäude sei zu bejahen. Die Übergangsregelung in § 29 Abs. 1 Satz 3 GlüStV entbinde nicht von der Einhaltung der sonstigen, nicht in § 10a Abs. 2 und Abs. 5 GlüStV geregelten materiellen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrages, wie § 29 Abs. 1 Satz 1 GlüStV klarstelle. Die Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Sie entspreche dem Bestimmtheitsgebot, denn die Begriffe „Gebäude“ und „Gebäudekomplex“ seien anhand ihres Wortlauts und des Gesetzeszwecks hinreichend bestimmt auslegbar; durch das Kriterium der „Griffnähe“ ergäben sich keine Probleme im Hinblick auf die Bestimmtheit der Norm, vielmehr werde durch die damit verbundene einschränkende Auslegung der Norm vermieden, dass ein in Grundrechte eingreifendes Gesetz in unzulässiger Weise erweiternd ausgelegt werde. § 21 Abs. 2 GlüStV verstoße nicht gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vermittlungserlaubnis des Antragstellers genieße nicht den Eigentumsschutz aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb als Sach- und Rechtsgesamtheit seiner Substanz nach Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 GG genieße, könne offen bleiben. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls verhältnismäßig. Während auf Seiten des Spielhallenbetreibers regelmäßig hohe Investitionen notwendig seien, um die entsprechenden, genehmigungsfähigen baulichen Anlagen zu schaffen und die Spielgeräte selbst zu beschaffen, bedürfe es zur Vermittlung von Sportwetten keiner besonderen Investitionen, da diese im Rahmen ohnehin bestehender Betriebsstrukturen vermittelt würden und die Vermittlung von Sportwetten nicht das einzige Geschäft der Annahmestellenbetreiber sei. Die Umsätze aus Sportwetten betrügen nur 2,8% bzw. 3 bis 5% des Gesamtumsatzes. Auch die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG sei nicht verletzt, wie sich bereits aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145) ergebe. Ebensowenig sei Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, denn der Konflikt zwischen Betreibern bestehender Spielhallen und Sportwettenvermittlern sei erkannt und durch § 21 Abs. 2 GlüStV in der Weise gelöst worden, dass Ersteren ein größerer Bestandsschutz wegen der zwangsläufig mit ihrer Errichtung verbundenen höheren Investitionen zuerkannt worden sei. Eine neue Spielhalle dagegen bedürfe der Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. Art. 9 AGGlüStV, die nur erteilt werde, wenn die Errichtung und der Betrieb der Spielhalle den Zielen des § 1 GlüStV nicht zuwider liefen, so dass für nicht bestandsgeschützte Spielhallen der Kollisionsfall des § 21 Abs. 2 GlüStV auch zu einer Versagung der beantragten Spielhallenerlaubnis führen könne. Eine Ungleichbehandlung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Vorschrift keine Angebote erfasse, die sich in Gebäuden befänden, die in offener Bauweise errichtet seien oder in Gebäuden, die sich gegenüber stünden. Einer Abstandsregelung wie etwa bei Spielhallen sei nicht geboten gewesen. Im Rahmen der Einschätzungsprärogative sei es vielmehr zulässig, nur solche typisierten baulichen Situationen zu erfassen, die es zuließen, dass ein Spieler in bequemer Weise im Gebäudeinneren oder in einem überdachten Bereich von einem Glücksspielangebot zum nächsten wechseln könne. Die Regelung in § 21 Abs. 2 GlüStV entfalte lediglich unechte Rückwirkung, die aber nicht unzulässig sei, denn das Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage sei nicht schutzwürdiger als die mit der Rechtsänderung verfolgten Anliegen. Insbesondere bedürfe es keiner Übergangsregelung. Es seien die wichtigen Regelungsanliegen des Gesetzgebers zu bedenken. Auch habe der Antragsteller nach alter Rechtslage nicht unbegrenzt darauf vertrauen können, dass die Sportwetten des staatlichen Monopolveranstalters unbeschränkt vermittelt werden dürften, ohne Rechtsänderungen befürchten zu müssen. Zudem sei die Vermittlungserlaubnis immer befristet und jederzeit widerruflich gewesen, so dass sich kein gesteigertes Vertrauen in den Fortbestand der Rechtslage habe aufbauen können. Schließlich sei auch das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Zweck des Widerrufsvorbehalts sei es gerade, auf eine veränderte Sach- und Rechtslage reagieren zu können. Entsprechend der zum 1. Juli 2012 wirksam gewordenen Änderung des Glücksspielstaatsvertrags sei der Beklagte daher befugt gewesen, den Rechtsschein einer wirksamen Erlaubnis, die bereits nach der neuen Rechtslage durch § 21 Abs. 2 GlüStV eingeschränkt worden sei, zu beseitigen.

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung macht der Kläger in erster Linie die Verfassungswidrigkeit des § 21 Abs. 2 GlüStV geltend. Die Bestimmung stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die in unverhältnismäßiger und gleichheitswidriger Weise gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoße. Dies folge zum einen aus dem Fehlen einer Übergangsvorschrift zum Schutz des Klägers, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift die Vermittlungstätigkeit mit einer Erlaubnis ausgeübt habe, auf deren Fortbestand er trotz des Widerrufsvorbehalts habe vertrauen dürfen. Auch für andere Glücksspielbetriebe habe der Gesetzgeber Übergangsregelungen geschaffen, soweit der Glücksspielstaatsvertrag deren bestehende Rechtspositionen geschmälert habe. Zum anderen enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV als unmittelbares gesetzliches Verbot eine gleichheitssatzwidrige Beschränkung der Berufsfreiheit. Zweck des Trennungsgebots sei die Spielsuchtprävention, die im Interesse des Allgemeinwohls das Kernziel des Glücksspielstaatsvertrags sei. Allerdings habe der Gesetzgeber sein Regelungskonzept folgerichtig aufzubauen und identischen Gefährdungen auch gleiches Gewicht zuzumessen. § 21 Abs. 2 GlüStV erfasse jedoch nur einen Teil der möglichen Nähebeziehungen im Falle des räumlichen Aufeinandertreffens verschiedener Glücksspielangebote; schon deshalb fehle es an einer kohärenten Regelung. Die Vorschrift lasse bestimmte, nahe liegende Situationen ungeregelt, etwa wenn sich eine Spielhalle bei offener Bauweise mit seitlichem Grenzabstand in direkter Nachbarschaft zu einem Vermittlungsbüro befinde oder wenn sich beide Lokale in einer schmalen Straße unmittelbar gegenüberliegen würden; gleiches gelte für die Situierung beider Lokale in einer Fußgängerzone oder an einem innerstädtischen Platz. Dagegen sei dem Zusammentreffen verschiedener Spielhallen in § 25 GlüStV durch das Erfordernis eines landesrechtlich zu bestimmenden Mindestabstandes Rechnung getragen worden. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit ein Regelungskonzept nicht schlüssig verfolgt werde, solange identische Gefährdungen in demselben Gesetz unterschiedliche Gewichtungen erfahren würden. Sportwettenanbieter würden anders behandelt als Personen, die Spielhallen oder Spielbanken betrieben und für die nach § 24 Abs. 2 GlüStV lediglich die Erteilung einer Erlaubnis ausgeschlossen sei, während ihr Bestand nach dieser Vorschrift geschützt werde. Ein sachlicher Grund für die ungleiche Behandlung bestehe nicht; im Übrigen reguliere der Gesetzgeber Spielhallen insgesamt eher strenger als Vermittlungsstellen von Sportwetten. § 25 Abs. 1 GlüStV zeige, dass auch ein räumliches Aufeinandertreffen außerhalb eines Gebäudes bzw. Gebäudekomplexes gleichermaßen Allgemeinwohlbelange berühre, ohne dass insoweit eine andere Gefährdungslage mit Blick auf die Suchtprävention erkennbar sei. Hier helfe auch die vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Einschätzungsprärogative nicht weiter, denn sie beschränke nicht Art. 3 Abs. 1 GG, sondern werde umgekehrt durch das Grundrecht begrenzt. Weiter sei keine gesetzliche Vorsorge für den Fall getroffen worden, dass sich eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle für Sportwetten befinde, nachträglich ansiedeln wolle, wobei ebenfalls das Verbot der Vermittlungsstelle greife. Die für diese Situation vom Verwaltungsgericht vorgesehene Lösung, wonach hier die für die Spielhalle erforderliche glücksspielrechtliche Erlaubnis versagt werden könne, überschreite die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung. Nach dem klaren Wortlaut enthalte § 21 Abs. 2 GlüStV eine Beschränkung der Ausübung des Glücksspiels nur in eine Richtung, und zwar nur gegenüber der Vermittlungsstelle, während ein Verbot des Betriebs einer Spielhalle oder einer Spielbank in einem Gebäudekomplex, in dem bereits Sportwetten vermittelt würden, nicht bestehe. Aus § 2 Abs. 4 GlüStV ergebe sich der Anwendungsbereich des Staatsvertrags eindeutig. Auch aus § 4 Abs. 2 i.V.m. § 1 GlüStV könne kein neuer Versagungsgrund abgeleitet werden, denn die Ziele des Staatsvertrages fänden zwar im Rahmen der Auslegung der einzelnen Bestimmungen Beachtung, ermöglichten jedoch nicht die Schaffung neuer Versagungsgründe. Solche könnten auch nicht unmittelbar aus § 1 Satz 1 GlüStV abgeleitet werden; vielmehr seien nach § 1 Satz 2 GlüStV differenzierte Maßnahmen für die einzelnen Glücksspielformen vorgesehen, ohne dass den Genehmigungsbehörden insoweit ein Spielraum eingeräumt habe werden sollen. Aus § 1 Satz 1 GlüStV lasse sich auch kein allgemeines Trennungsverbot für die verschiedenen Glücksspielangebote ableiten, denn es fehle an der hierzu erforderlichen gesetzlichen Regelung. Ungeachtet der Verfassungwidrigkeit sei § 21 Abs. 2 GlüStV im vorliegenden Fall auch tatbestandlich schon deswegen nicht erfüllt, weil eine systematische und verfassungskonforme Auslegung eine Einschränkung der Bestimmung dahingehend erfordere, dass nur die Erteilung einer Erlaubnis für ein neues Angebot der Sportwettenvermittlung in einem Gebäude/Gebäudekomplex ausgeschlossen sein solle, in dem sich bereits eine Spielhalle oder eine Spielbank befinde. Im vorliegenden Fall werde jedoch die Vermittlungsstelle des Klägers schon länger geführt (2006) als die benachbarte Spielhalle (2008). Des Weiteren sei bei der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex festzuhalten, dass es für die Auslegung nicht entscheidend auf die bauordnungsrechtliche Beurteilung oder auf das allgemeine Verständnis ankommen könne, vielmehr die Frage nach dem Bestehen einer ausreichenden Nähebeziehung zwischen den beiden Lokalen das aus glücksspielrechtlicher Perspektive maßgebliche Kriterium darstelle. Ein typisches Gebäude durchschnittlicher Größe biete keinen Anlass zu Streitfragen, während der Begriff des Gebäudekomplexes einschränkend auszulegen sei. Von Interesse sei die Gesetzesbegründung, die von einem „Verbot der Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen und Spielbanken“ spreche und damit zu erkennen gebe, dass der Gesetzgeber zumindest vorrangig ein Angebot im gleichen Betrieb im Auge gehabt habe, was auch durch das Verbot von Mehrfachkonzessionen in § 25 Abs. 2 GlüStV bestätigt werde. Für die hier vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommene Nähebeziehung sei entscheidend, dass ein direkter Weg vom Lokal des Klägers zur Spielhalle nicht bestehe, vielmehr müsse das Bahnhofsgebäude verlassen und entweder der Vordereingang über den Bahnhofsvorplatz oder der - überdachte - Weg auf der Gleisseite genommen werden. Weder die vom Verwaltungsgericht ermittelte Schrittzahl zur Bewältigung der Wegstrecke noch der von ihm hervorgehobene Umstand einer bestehenden Überdachung sei ein entscheidendes Kriterium für die Nähebeziehung. Die Schrittzahl entspreche der Wegeverbindung einer typischen Entfernung bei innerstädtischer Bebauung in offener Bauweise. Es seien also vielfältige Fallkonstellationen denkbar, in denen bei gleicher räumlicher Entfernung die Bestimmung von vornherein nicht einschlägig sein könne, wenn es sich um zwei getrennte Gebäude handle. Außerdem fehle es an der bei Verlassen einer Glücksspielstätte bestehenden Möglichkeit, die nächste unmittelbar optisch wahrzunehmen. Erst hierdurch werde aber der Anreiz zum Aufsuchen der weiteren Glücksspieleinrichtung gesetzt. Im vorliegenden Fall würden den Weg unter dem überdachten Bahnsteig nur diejenigen Personen wählen, die eine Fahrt mit der Bahn antreten wollten; durch diese Absicht werde aber die Aufmerksamkeit bezüglich der Wahrnehmung des zweiten Lokals zusätzlich eingeschränkt.

Der Kläger beantragt zuletzt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. Januar 2015 den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013 in den Nrn. 2, 4, 6 und 7 aufzuheben, die Untersagungsverfügung in Nr. 2 mit Wirkung für die Zukunft,

sowie festzustellen, dass die Untersagungsverfügung in Nr. 2 und der korrespondierende Widerruf der Erlaubnis in Nr. 1 des Bescheids rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zwar treffe zu, dass der Glücksspielstaatsvertrag keinen Mindestabstand zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle vorsehe; unrichtig sei aber die Folgerung, solche Angebote seien bei offener Bauweise in unmittelbarer Nachbarschaft zulässig. Vielmehr greife der Versagungstatbestand in der Auffangregelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV, soweit das Angebot den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderlaufe. Eine unmittelbare räumliche Nähe zwischen einem Sportwettbüro und einer Spielhalle könne, abhängig von den konkreten Verhältnissen, mit dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV nicht mehr vereinbar sein; die unterschiedliche Handhabung rechtfertige sich durch das erhebliche höhere Gefährdungspotenzial von Spielhallen gegenüber dem eines Sportwettbüros. Außerdem trete eine Konzentration von Spielhallen- und Sportwettangeboten - anders als die Konzentration von Spielhallen - bisher eher selten auf. § 21 Abs. 2 GlüStV sei vor dem Hintergrund der durch die Multiplikation von Glücksspielangeboten in Gebäuden und Gebäudekomplexen reduzierten Hemmschwelle im Sinn der Griffnähe zu verstehen und reagiere auf die bequeme Erreichbarkeit und den bereits getroffenen Entschluss, das entsprechende Gebäude zu betreten. Sei eine Gebäudeschwelle bereits überschritten, bestehe eine erhöhte Anreizsituation. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, eine erst nach dem 1. Juli 2012 beantragte Erlaubnis für eine Spielhalle in einem Gebäude, in dem sich bereits ein Sportwettbüro befinde, könne im Einzelfall wegen der entgegenstehenden Ziele des § 1 GlüStV versagt werden, sei nicht zu beanstanden. Die Ziele des § 1 GlüStV entfalteten bereits auf der Tatbestandsebene der Norm unmittelbare Verbindlichkeit bei Anwendung und Auslegung der gesetzlichen Regelungen. Auch die Gesetzesbegründung spreche dafür, dass die Einhaltung der Ziele des Glücksspielstaatsvertrags materielle Erlaubnisvoraussetzungen darstellten. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Beklagten (Schriftsatz v. 12. 2. 2015 im Verfahren 10 BV 15.430) eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäudekomplex“ oder sogar beider Begriffe vornehmen wollte, wäre im vorliegenden Fall das entscheidende Kriterium der „Griffnähe“ zu bejahen. Die Ortseinsicht habe ergeben, dass Spielhalle und Wettannahmestelle quasi „Wand an Wand“ lägen und trotz jeweils separater Zugänge beide Lokale von der Seite der Bahngleise her unter Nutzung einer vollständigen Überdachung kurzläufig erreicht werden könnten. Zudem bestehe Sichtkontakt von der einen zur anderen Spielstätte. Da das Angebot hauptsächlich auf Reisende ausgelegt sei, könne außer Betracht bleiben, dass es zur Spielhalle einen weiteren Eingang vom Bahnhofsvorplatz aus gebe. Im Übrigen sei nicht erforderlich, dass die beiden im Gebäudekomplex untergebrachten Lokale ohne Verlassen derselben gegenseitig erreicht werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Regierung der Oberpfalz sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 12. November 2013, soweit er mit seiner für die Zukunft rechtliche Wirkungen entfaltenden Untersagungsverfügung (mit Zwangsgeldandrohung, Kostenentscheidung und Gebührenfestsetzung) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist, zu Recht abgewiesen; der Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; I.). Auch das im Berufungsverfahren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klagebegehren, soweit es sich durch Zeitablauf erledigt hat, bleibt erfolglos (II.).

I. Die Anfechtungsklage gegen die glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung ist zulässig, jedoch unbegründet und daher zu Recht abgewiesen worden.

1. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) mit dem Ziel einer (kassatorischen) Aufhebung der glücksspielrechtlichen Untersagung ist zulässig, soweit sie (noch) Wirkungen für die Zukunft entfaltet, also soweit sie sich auf den Zeitraum ab der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren bezieht. Im Übrigen sind weder der Widerruf der Erlaubnis noch die Untersagung der weiteren Vermittlungstätigkeit (jeweils mit Wirkung ab 3. Dezember 2013) für den vergangenen Zeitraum statthafter Streitgegenstand einer Anfechtungsklage, weil sie insoweit erledigt sind (Art. 43 BayVwVfG). Eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung erledigt sich als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung grundsätzlich von Tag zu Tag fortlaufend für den jeweils abgelaufenen Zeitraum. Eine Erledigung träte nur dann nicht ein, wenn sich aus der Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Adressaten ergeben, etwa weil ein Zwangsgeld vollstreckt wurde, dessen Rückzahlung die Beseitigung der mit seiner Hilfe durchgesetzten Grundverfügung voraussetzen würde (stRspr zu glücksspielrechtlichen Untersagungen, zuletzt BVerwG, U.v. 15.6.2016 - 8 C 5.15 - juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.9.2014 - 10 ZB 12.1484 - juris Rn. 11). Eine derartige Situation besteht im vorliegenden Fall nicht; der Kläger hat ausdrücklich erklärt, dass für den vergangenen Zeitraum keine vollstreckungsrechtlichen Folgen aus dem angefochtenen Bescheid bestünden. Auch der Widerruf der zuletzt mit Wirkung bis 31. Dezember 2015 erteilten Vermittlungserlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV a.F. hat sich mit Ablauf dieses Datums erledigt, weil die Erlaubnis zu diesem Zeitpunkt ohnehin unabhängig von dem angefochtenen Widerruf erloschen wäre (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).

2. Die in diesem Rahmen zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die angefochtene Untersagung ihre Rechtsgrundlage in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV findet. Eine im Bahnhofsgebäude der Stadt W. betriebene Sportwettenvermittlung verstößt zum maßgeblichen Zeitpunkt (2.1) gegen die tatbestandlich einschlägige Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV (2.2), die verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt (2.3). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.4).

2.1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ist derjenige der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren. Zur Begründung kann auf die bereits dargestellte Rechtsnatur der Untersagung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung verwiesen werden. Die Untersagung erschöpft sich nicht in einem einmaligen Verbot, sondern bringt ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zum Entstehen, das sie ständig aktualisiert. Deshalb muss die Untersagung auch während ihrer Wirksamkeit mit der jeweils aktuellen Rechtslage in Übereinstimmung stehen; nachträgliche Veränderungen der ihr zugrunde liegenden Sach- oder Rechtslage müssen gesondert geprüft werden und ggf. Berücksichtigung finden (vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 42 - 44 m.w.N.). Aus § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt sich kein anderer, wegen einer tatbestandlichen Voraussetzung der Norm vorgelagerter maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt, etwa der des Erlasses des angefochtenen Bescheids.

2.2 Der Kläger hat in der von ihm geführten Bahnhofsbuchhandlung entgegen dem seit 1. Juli 2012 geltenden Verbot in § 21 Abs. 2 GlüStV - damit materiell unerlaubt - Sportwetten vermittelt. Außerdem besitzt er die für diese Betätigung erforderliche Erlaubnis (vgl. § 4 Abs. 1 GlüStV), deren Erteilung hier der Regierung der Oberpfalz obliegt (Art. 2 Abs. 5 Nr. 1 AGGlüStV), seit dem mit Wirkung zum 2. Dezember 2013 ausgesprochenen, auf die Vermittlung von Sportwetten beschränkten Widerruf der Erlaubnis vom 31. Oktober 2008 nicht mehr. Mit der (in die Zukunft fortwirkenden) streitgegenständlichen Untersagung konnte der Beklagte in Erfüllung der ihm obliegenden Glücksspielaufsicht eine erforderliche Anordnung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV zur Unterbindung einer gegen § 21 Abs. 2 GlüStV verstoßenden Vermittlung von Sportwetten erlassen.

2.2.1 § 21 Abs. 2 GlüStV bestimmt, dass in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befindet, Sportwetten nicht vermittelt werden dürfen. Mit dieser der Spielsuchtprävention dienenden Bestimmung soll „einer übermäßigen Ausnutzung des Spieltriebs“ dadurch entgegengewirkt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten „in Spielhallen und Spielbanken“ untersagt wird (amtl. Begr. LT-Drs. 16/11995, S. 30). Mit dem gesetzlichen Vermittlungsverbot wird insbesondere der bereits in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV zum Ziel des Staatsvertrags erklärte Schutz von spielsuchtgefährdeten Personen im Wege einer räumlichen Entzerrung unterschiedlicher Glücksspielgelegenheiten verfolgt (Dietlein/Hecker/Rutting, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 21 GlüStV Rn. 38). Allerdings ist der Wortlaut der Norm im Hinblick auf die Verwendung der Begriffe „in einem Gebäude oder Gebäudekomplex“ auslegungsbedürftig, wobei ein Rückgriff auf die „verunglückte“ (Dietlein/Hecker/Rutting, a.a.O., § 21 GlüStV Rn. 39) Gesetzesbegründung nicht weiterhilft, weil sie offenbar noch auf einen früheren Entwurf der Bestimmung abstellt, wonach nur die Sportwettenvermittlung innerhalb der Räumlichkeiten einer Spielhalle oder Spielbank verboten sein sollte; wohl um Umgehungen des Vermittlungsverbots durch bauliche oder organisatorische Maßnahmen eines Spielhallen- oder Spielbankbetreibers zu verhindern, wurde das Verbot auf Gebäude/Gebäudekomplexe ausgedehnt, auch wenn der Gesetzgeber sein Hauptaugenmerk auf ein Angebot im gleichen Betrieb gelegt haben mag (OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 16 f.).

Bei der Auslegung der Begriffe ist zunächst zu beachten, dass als „Gebäude“ nach den bauordnungsrechtlichen Regelungen der Bundesländer (vgl. Art. 2 Abs. 2 BayBO, s.a. § 2 Abs. 2 MusterBO) selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können, bezeichnet werden. Der Begriff „Gebäudekomplex“ ist hingegen nicht legaldefiniert; ein Gebäudekomplex ist gekennzeichnet durch eine aus mehreren einzelnen Gebäuden bestehende Gebäudemehrheit, die als Gesamteinheit wahrgenommen werden und in der Regel über eine gemeinsame Erschließung verfügen. Dabei ist angesichts der im Einzelfall denkbaren weiten, mehrere hundert Meter betragenden Abstände zwischen den Spielstätten (etwa in einem Einkaufszentrum, Flughafen- oder Bahnhofsgebäude) eine zusätzliche restriktive Auslegung geboten, die sich an der gesetzgeberischen Absicht zu orientieren hat, Spielsuchtprävention dadurch zu betreiben, dass ein Spieler, der eine Vermittlungsstelle für Sportwetten aufsucht, nicht durch einen bloßen Wechsel der Räumlichkeit oder der Etage und damit ohne großen Aufwand eine Spielhalle erreichen kann und umgekehrt (Kriterium der sog. Griffnähe; OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris und B.v. 20.12.2013 - 4 B 574/13 - juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 27.5.2014 - 10 CS 14.503 - juris Rn. 18; Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 38, 40, § 25 Rn. 10). Der Senat hat darüber hinaus im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O) eine einschränkende Auslegung auch des Begriffs „Gebäude“ im dargestellten Sinne zumindest für die Fälle eines sehr großen, eventuell noch stark untergliederten Gebäudes mit mehreren Etagen und Zugängen für denkbar gehalten; im Hinblick auf das Ziel der Spielsuchtprävention sei maßgeblich, ob der Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne Verlassen des Gebäudes kurzläufig möglich sei und der Spieler bereits die andere Spielstätte im Blick habe, wodurch ein besonderer Anreiz zum Wechsel hervorgerufen werde (BayVGH, B.v. 11.6.2014 - 10 CS 14.505 - juris Rn. 18; noch nicht thematisiert: BayVGH, B.v. 25.06.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 9, 10). Urteile zur Frage der Auslegung der beiden Begriffe liegen, soweit ersichtlich, bisher nicht vor.

2.2.2 Vor diesem Hintergrund liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 21 Abs. 2 GlüStV hier vor, denn die Vermittlungsstelle für Sportwetten (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV, Art. 7 Abs. 4 AGGlüStV) in der Bahnhofsbuchhandlung befindet sich in einem „Gebäude“, in dem zugleich eine (glücksspielrechtlich erlaubte) Spielhalle betrieben wird (2.2.2.1). Auch bei einer einschränkenden Auslegung des Begriffs „Gebäude“ käme man zu keinem anderen Ergebnis (2.2.2.2).

2.2.2.1 Der „Bahnhof“ ist nach seinem äußeren Erscheinungsbild, wie er sich dem Senat aus den in den vorliegenden Akten (insbes. Bl. 83 d. Berufungsakte, Bl. 34 d. Akte 10 CS 14.509 und Bl. 19 Behördenakte) befindlichen Lichtbildern präsentiert, als einheitliches, in seinem Hauptteil drei-, in den beiden Seitenteilen viergeschossiges Gebäude im Sinn von Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen, das seine typische Prägung durch den (durch ein Vordach optisch) auffällig gestalteten Eingang in die zu den Gleisen hin durchgängige Bahnhofshalle erhält. Dass sich im unmittelbaren Anschluss an die beiden viergeschossigen Gebäudeteile (in nördlicher und südlicher Richtung) jeweils ein erdgeschossiger, offenbar zum Bahnhof gehörender Anbau befindet, an den weitere Gebäude anschließen (vgl. Luftbild Bl. 19 Behördenakte), macht das Bahnhofsgebäude nicht zu einem Gebäudekomplex, weil es sich bei ihm nicht um eine Mehrzahl miteinander verbundener und wegen ihrer inneren Durchlässigkeit als Gesamteinheit wahrgenommener Gebäude handelt. Vielmehr ist das Bahnhofsgebäude durch seine offenkundige und typische Funktion, einen zentralen Zugang zu den Gleisen mit diversen Einkaufs- und anderen Versorgungsmöglichkeiten zu bieten, als eigenständige bauliche Einheit gekennzeichnet. Spielhalle und Buchhandlung des Klägers (mit Nebenraum) liegen - wie sich aus dem vorliegenden Grundriss (Bl. 87 h, k, l Berufungsakte) ergibt - Wand an Wand im südlichen Teil des Gebäudes. Dass die Spielhalle nach der aktuellen baulichen Gestaltung des Bahnhofsgebäudes keinen Zugang von der Bahnhofshalle aus besitzt, ist insoweit ohne Bedeutung; dieser Umstand könnte allenfalls im Rahmen einer wegen der Größe des Gebäudes aus verfassungsrechtlichen Gründen vorzunehmenden teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Verbotsnorm von Bedeutung sein (vgl. 2.2.2.2). Angesichts des dargestellten Befundes der konkreten örtlichen und baulichen Verhältnisse hält der Senat seine noch im Eilbeschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O., Rn. 18) geäußerte Auffassung, der Bahnhof dürfte „schon als Gebäudekomplex einzuordnen“ sein, nicht mehr aufrecht.

2.2.2.2 Selbst wenn man aber vor allem im Hinblick auf den Normzweck von § 21 Abs. 2 GlüStV eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Gebäude“ als geboten ansehen wollte, um eine ausufernde und damit möglicherweise verfassungswidrige Anwendung der Vorschrift auszuschließen, führt dies bei den oben dargelegten konkreten Verhältnissen zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch bei Abstellen auf die für die Verbotsnorm insofern maßgeblichen Gesichtspunkte besteht im vorliegenden Fall die typische glücksspielrechtliche „Gefahrenlage“, der der Gesetzgeber mit der Norm entgegenwirken wollte.

Die Kriterien, auf die der Senat in diesem Zusammenhang als maßgeblich abzustellen hat und die im Hinblick auf den verfolgten Zweck (Spielsuchtprävention) bedeutsam sind, zielen auf die Frage ab, ob infolge der konkreten gegenseitigen räumlichen Anordnung der von der Vorschrift erfassten Spielstätten ein Wechsel von einer Spielstätte in die andere ohne großen Aufwand möglich ist, sich möglicherweise sogar aufdrängt (Erfordernis der „Griffnähe“). Dabei ist zunächst zu betrachten, in welcher Entfernung sich die Eingänge der beiden Spielstätten in der baulichen Einheit zueinander befinden und ob sie auf der gleichen Ebene liegen; hiermit wird der Aspekt der „Kurzläufigkeit“ angesprochen. Von Bedeutung ist weiter, ob eine unmittelbare Sichtbeziehung zwischen den beiden Spielstätten besteht, also bei Verlassen der einen die andere bereits im Sichtfeld des Spielers liegt, oder ob sonstige optische Hinweise auf die andere Spielstätte erkennbar sind. Eine Rolle spielt auch die Frage, ob zum Erreichen der anderen Spielstätte ein Verlassen des Gebäudes erforderlich ist oder ob der bereits getroffene Entschluss, das Gebäude zum Besuch der ersten Spielstätte zu betreten, in einer die „Hemmschwelle“ für weitere Glücksspielangebote herabsetzenden Weise fortwirkt. Der Senat sieht es dementsprechend als sachgerecht an, für die Beantwortung der Frage, ob die erforderliche „Griffnähe“ in der konkreten Situation vorliegt, auf die jeweiligen Umstände einzelfallbezogen und nicht auf einen nach Metern bestimmten Abstand zwischen den Spielstätten (etwa 250 m in Anlehnung an Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV) abzustellen.

Für das Vorliegen des Tatbestands von § 21 Abs. 2 GlüStV selbst bei einschränkender Auslegung des Gebäudebegriffs spricht insbesondere die geringe, fußläufig in wenigen Augenblicken zu überbrückende Entfernung zwischen dem Eingang zur Buchhandlung durch die Bahnhofshalle und dem Eingang zur Spielhalle vom Gleisbereich aus, die vom Verwaltungsgericht nach Einnahme eines Augenscheins - von der Klägerseite unwidersprochen - mit 43 Schritten angegeben wird. Nur unwesentlich länger ist die Wegstrecke, wenn man den zum Bahnhofsvorplatz hin liegenden Eingang zur Spielhalle als Ausgangspunkt nimmt. In keinem Fall kann von einem mehr als unbedeutendem Fußweg gesprochen werden; dies ergibt sich zwangsläufig schon aus dem Umstand, dass beide Spielstätten eine (teilweise) gemeinsame Gebäudeinnenwand besitzen, damit sozusagen „Rücken an Rücken“ liegen. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, dass es andere Sachverhalte geben mag, in denen sich die beiden Spielstätten in zwei getrennt nebeneinander oder gegenüber gelegenen Gebäuden befinden, weswegen § 21 Abs. 2 GlüStV von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann, obwohl die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten auch nur 43 Schritte oder weniger beträgt.

Für einen Wechsel zwischen den - im Übrigen beide im Erdgeschoss gelegenen - Spielstätten ist zwar ein Verlassen des eigentlichen Bahnhofsgebäudes erforderlich (zum Abgrenzungskriterium des Betretens von öffentlichem Verkehrsraum für einen Spielstättenwechsel: OVG Bremen, B.v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 16; OVG NW, B.v. 21.4.2015 - 4 B 1376/14 - juris Rn. 19). Dennoch muss hier von der besonderen „Griffnähe“ ausgegangen werden. Zum einen ist schon die Entfernung zwischen den Eingängen zu den beiden Spielstätten äußerst gering. Zum anderen spricht für die Annahme der „Griffnähe“ auch der Umstand, dass von einer Spielstätte in die andere auf der Bahnsteigseite im überdachten Bereich und damit geschützt vor Witterungseinflüssen gewechselt werden kann, ohne dass diesem Umstand in der vorliegenden Konstellation ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Wichtiger ist, dass das Verlassen des Gebäudes nicht dazu führt, dass mit dem kurzzeitigen Betreten von öffentlichen bzw. dem Reiseverkehr gewidmeten Verkehrsflächen eine erneute glücksspielrechtliche „Hemmschwelle“ aufgebaut würde, deren notwendige Überwindung eine räumliche Nähebeziehung im dargestellten Sinn ausschlösse. Schließlich besteht zwischen beiden Spielstätten auch eine hinreichende Sichtbeziehung. Bei Verlassen der Sportwettenvermittlung wird der interessierte Kunde zwar erst nach Verlassen der Bahnhofshalle - entweder in Richtung Gleisbereich oder Bahnhofsvorplatz - auf die Spielhalle aufmerksam; umgekehrt fallen sofort nach Verlassen der Spielhalle in Richtung Gleisbereich/Bahnhofshalle die entsprechenden Hinweise („Lotto“) im Schaufenster der Buchhandlung und im Ladeninneren ins Auge (Bl. 87d, e, g Berufungsakte). Hinzu kommt, dass den mit dem Zug ankommenden Reisenden zwangsläufig beide Spielstätten von den Bahnsteigen aus gleichzeitig ins Auge fallen (Bl. 87h, i Berufungsakte) und daher die bestehende „Griffnähe“ gerade für diesen Personen- und Adressatenkreis deutlich wird.

Keine Bedeutung für die Verwirklichung des Verbotstatbestandes hat der vom Kläger geltend gemachte Umstand, die ihm im Jahre 2006 erteilte Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten bestehe schon länger als die - erstmals im Jahr 2008 erteilte - Erlaubnis für die Spielhalle. Denn § 21 Abs. 2 GlüStV entfaltet schon in Ermangelung einer Übergangsvorschrift Wirkung für alle zum Zeitpunkt seines Inkrafttreten zum 1. Juli 2012 bestehenden Kollisionsfälle. Im Übrigen war dem Kläger die hier streitige Vermittlungserlaubnis nur befristet und unter Beifügung eines Widerrufsvorbehalts erteilt worden, dessen Zweck gerade darin bestand, ein Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der Erlaubnis im Falle einer Änderung der Sach- oder Rechtslage auszuschließen. Diese „Bevorzugung“ von Spielhallen gegenüber Vermittlungsstellen für Sportwetten ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (s. im Folgenden).

2.3 Die Verbotsnorm des § 21 Abs. 2 GlüStV ist verfassungsgemäß; ihre Anwendung im konkreten Fall verletzt keine Grundrechte des Klägers. Die von ihm insoweit erhobenen Rügen im Hinblick auf die Berufsausübungsfreiheit (2.3.1) und das Gleichbehandlungsgebot (2.3.2) greifen nicht durch. Mit der Berufung macht der Kläger im Übrigen eine - hier schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten eher fernliegende - Verletzung seines Eigentumsgrundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht mehr geltend.

2.3.1 Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit erhebt und im Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV eine dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widersprechende Berufsausübungsregelung sieht, hat auch die mündliche Verhandlung für den Senat keine Veranlassung gegeben, von seiner bereits in den Beschlüssenvom 25. Juni 2013 (10 CS 13.145, juris Rn. 18 f.) und 11. Juni 2014 (10 CS 14.505, juris Rn. 17, 21) dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen.

Regelungen zur Berufsausübung sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sind, wenn das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (BVerfG, U. v. 13.12.2000 - 1 BvR 335/9 - juris Rn. 26; BVerfG, U. v. 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 - juris Rn. 165). Die Verbotsnorm überschreitet nicht die Ebene der Berufsausübung, weil regelmäßig nur ein untergeordneter Teil der gewerblichen Vermittlung von Glücksspielen (Sportwettenvermittlung an der konkreten Örtlichkeit) betroffen ist, während die Vermittlung anderer Glücksspiele davon unberührt bleibt; selbst wenn man vom Bestehen eines Berufsbilds des „Sportwettenvermittlers“ ausgehen wollte, beschränkt die Bestimmung diese Tätigkeit nur räumlich und verhindert nicht eine Sportwettenvermittlung an anderen Standorten. Das Verbot des § 21 Abs. 2 GlüStV genügt den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen, weil es durch das dem Gemeinwohl dienende Ziel der Spielsuchtprävention legitimiert ist und der Eingriffszweck und die Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (vgl. BayVGH, B. v. 11.6.2014, a.a.O., Rn. 21; OVG Bremen, B. v. 16.3.2016 - 2 B 237/15 - juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 11.12.2014 - 11 ME 211/14 - juris Rn. 11).

§ 21 Abs. 2 GlüStV stellt auch nicht deswegen eine gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßende unzulässige Berufsausübungsbestimmung dar, weil der Vorrang einer Spielhalle ohne Übergangsregelung auch in Konstellationen gilt, in denen - wie hier - die Erlaubnis für die Sportwettenvermittlung vor derjenigen für die Spielhalle erteilt worden war (vgl. BayVGH, B. v. 25.6.2013 - 10 CS 13.145 - juris Rn. 25, 26). Bereits der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag (a.F.) enthielt in § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV a.F. nicht nur eine Ermächtigung für die Erlaubnisbehörde, die Erlaubnis mit einem Widerrufsvorbehalt zu versehen und zu befristen, sondern schrieb dies sogar zwingend vor. Ziel der Befristungsregelung und des Widerrufsvorbehalt war die Sicherung der staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeit bei der Genehmigung von Glücksspielangeboten; die Vorschrift soll es den Genehmigungsbehörden ermöglichen, Entwicklungen im Glücksspielbereich auch kurzfristig berücksichtigen (LT-Drs. 15/716 S. 13) und so auf Änderungen der Sach- und Rechtslage auch während der Geltungsdauer der erteilten Erlaubnis kurzfristig reagieren zu können (vgl. LT-Drs. 15/8468 S. 17); der Widerrufsvorbehalt sollte also nicht nur zum Tragen kommen, wenn der Erlaubnisinhaber beispielsweise die Voraussetzungen, die der Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis zugrunde lagen, nicht mehr erfüllt, sondern auch dann, wenn - wie hier - während der Laufzeit der Erlaubnis eine Änderung der Rechtslage eintritt, die sich zu Ungunsten des Inhabers einer Vermittlungserlaubnis auswirkt. Ein Vertrauenstatbestand dergestalt, dass dieser darauf vertrauen durfte, er könne bis zum Ablauf der Gültigkeitsdauer der Erlaubnis von ihr uneingeschränkt Gebrauch machen, ist aufgrund des Widerrufsvorbehalts nicht gegeben; erst recht kann kein Vertrauensschutz bestehen, der eine Übergangsvorschrift erforderlich machen würde, wenn die Verlängerung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis über den ursprünglichen Befristungszeitpunkt hinaus begehrt wird. Zudem bedeutet die Aufgabe der Vermittlung von Sportwetten nicht, dass Investitionen des Gewerbetreibenden in größerem Umfang fehlgeschlagen sind, weil es insoweit in erster Linie um ein von der Staatlichen Lotterieverwaltung zur Verfügung gestelltes und programmiertes Terminal geht.

2.3.2 § 21 Abs. 2 GlüStV ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach Art. 3 Abs. 1 GG unzulässigen Ungleichbehandlung von Sportwettenvermittlern mit Spielhallenbetreibern verfassungswidrig. Berufsausübungsregelungen müssen sich nicht nur an den unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebenden Anforderungen messen lassen, sondern auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein, insbesondere den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten (BVerfG, B. v. 24.1.2012 - 1 BvL 21/11 - juris Rn. 40 f.). § 21 Abs. 2 GlüStV ist danach weder deshalb verfassungswidrig, weil er nicht sämtliche im Hinblick auf den Normzweck vergleichbaren potentiellen Gefahrensituationen im Verhältnis der beiden Anbieter erfasst (2.3.2.1), noch deshalb, weil der Tatbestand der Verbotsvorschrift zu Lasten des Vermittlers von Sportwetten grundsätzlich auch durch eine (spätere) Erteilung einer Erlaubnis für eine hinzutretende Spielhalle ausgelöst wird (2.3.2.2).

2.3.2.1 Der Gesetzgeber war unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nicht gehalten, neben der hier streitgegenständlichen Konstellation auch alle anderen denkbaren und unter dem Gesichtspunkt der Spielsuchtprävention möglicherweise relevanten „Nähebeziehungen“ zwischen einer Spielhalle/Spielbank und einer Vermittlungsstelle für Sportwetten zu regeln.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass er darauf verzichtet hat, eine Ermächtigung für die Länder zu schaffen, im Wege der Ausführungsbestimmungen einen bestimmten Mindestabstand festzulegen, wie es § 25 Abs. 1 GlüStV für die räumliche Beziehung zwischen Spielhallen ermöglicht und Art. 9 Abs. 3 Satz 1 AGGlüStV (250 m Luftlinie) umsetzt. Der Beklagte weist insoweit zu Recht darauf hin, dass der Gesetzgeber im Rahmen der ihm zukommenden Einschätzungsprärogative die unterschiedlichen Sachverhalte wegen des ihnen innewohnenden unterschiedlichen Gefährdungspotenzials im Hinblick auf problematisches Spielverhalten nicht gleichermaßen über einen Mindestabstand regeln habe müssen; denn das bekanntermaßen mit Geldspielautomaten verbundene hohe Spielsuchtpotenzial (vgl. nur LT-Drs. 16/11995, S. 30, zu §§ 24 - 26) übersteigt das durch Sportwetten beförderte Suchtpotenzial erheblich, sodass für das - zumindest derzeit als Einzelfall zu betrachtende - Aufeinandertreffen von einer Wettvermittlungsstelle mit einer Spielhalle keine alle denkbaren räumlichen Beziehungen regelnde Vorschrift als erforderlich angesehen werden musste. Das Fehlen einer generell gültigen Mindestabstandsregel für den Fall einer räumlichen Nähebeziehung führt daher schon wegen der ungleichen Sachverhalte nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung einer von der Verbotsregelung betroffenen Vermittlungsstelle für Sportwetten.

Ebensowenig führt der vom Kläger hervorgehobene Umstand, dass § 21 Abs. 2 GlüStV auch nur einen Teil der denkbaren Nähebeziehungen - soweit sich nämlich beide Spielstätten im gleichen Gebäude oder Gebäudekomplex befinden - erfasst, zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Es trifft zwar zu, dass die Verbotsvorschrift keine Fälle erfasst, in denen sich die beiden Spielstätten in (getrennten) Gebäuden mit seitlichem Grenzabstand oder auf sich unmittelbar gegenüberliegenden Seiten einer möglicherweise engen Straße befinden und damit u.U. einen sogar wesentlich geringeren Abstand voneinander aufweisen können, als dies der Fall wäre, befänden sie sich in einem einheitlich zu betrachtenden Gebäudekomplex (etwa einem Einkaufszentrum). Zu Recht weist das Verwaltungsgericht jedoch darauf hin, dass der Gesetzgeber eine nur im Hinblick auf Gebäude und Gebäudekomplexe beschränkte Regelung erlassen konnte, um hiermit typischerweise gerade bei solchen Örtlichkeiten im Fall einer geringen Entfernung zwischen den Spielstätten entstehende Konflikte zu lösen. Zudem ist eine derartige „unvollständige“ Regelung auch mit dem eher seltenen Zusammentreffen von Vermittlungsstellen mit Spielhallen/Spielbanken zu begründen. Eine in sich nicht stimmige („inkohärente“) Regelung liegt damit nicht vor.

2.3.2.2. Schließlich führt auch die in § 21 Abs. 2 GlüStV angelegte Möglichkeit, dass sich eine Spielhalle im gleichen Gebäude, in dem sich bereits eine erlaubte Sportwettenvermittlungsstelle befindet, ansiedeln will und damit die Anwendung dieser Norm ausgelöst werden könnte, nicht zu ihrer Verfassungswidrigkeit wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Bereits im Beschluss vom 11. Juni 2014 (a.a.O.) hat der Senat zwar festgestellt, dass die Verbotsregelung grundsätzlich auch in Fällen greift, in denen die für den Betrieb einer Spielhalle notwendige glücksspielrechtliche Erlaubnis gemäß § 24 GlüStV erst nach Erteilung der Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten im gleichen Gebäude/Gebäudekomplex beantragt und erteilt wird; damit besteht die Gefahr, dass die mit einer nachträglichen Ansiedlung einhergehende Kollision zu Lasten eines bereits erlaubt tätigen Sportwettenvermittlers gelöst werden müsste, dessen Erlaubnis zu widerrufen wäre (vgl. a. Dietlein/Hecker/Ruttig, a.a.O., § 21 Rn. 42 f., § 24 Rn. 33, mit dem Vorschlag, diese Kollision wegen des mit Spielhallen verbundenen hohen Gefährdungspotenzials durch landesrechtliche Bestimmung nach § 24 Abs. 3 GlüStV zu Gunsten der bestehenden Vermittlungsstelle aufzulösen). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt gleichwohl schon deswegen nicht vor, weil die Erteilung der Spielhallenerlaubnis in dieser Konstellation versagt werden müsste (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGGlüStV i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV), denn sie liefe offensichtlich dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziel zuwider, das Entstehen von Glücksspiel- und Wettsucht auch infolge einer räumlichen Konzentration von Spiel-/Wettangeboten zu verhindern (vgl. zu einer entsprechenden Konstellation: VG Regensburg, U. v. 22.1.2015 - RO 5 K 14.90 - juris). Diesem Ansatz steht auch nicht § 2 Abs. 3 GlüStV entgegen, der zwar die Anwendung von § 21 Abs. 2 GlüStV auf Spielhallen ausschließt, jedoch die Beachtung der in § 1 GlüStV niedergelegten Ziele des Staatsvertrages bestimmt.

In § 24 Abs. 2 GlüStV ist aus Gründen der Spielsuchtprävention gerade der Versagungsgrund des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV angelegt, der u.a. auch den Fall eines Bewerbers um eine Spielhallenerlaubnis in einem Gebäude, in dem bereits eine Sportwettenvermittlung tätig ist, erfasst. Der Senat teilt daher nicht den vom Kläger erhobenen Vorwurf, mit einer Versagung der Spielhallenerlaubnis würden die Grenzen zulässiger Gesetzesauslegung überschritten und aus den Zielen des § 1 Satz 1 GlüStV neue Versagungsgründe abgeleitet.

Der Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis kann auch nicht geltend machen, ihre Versagung liefe dem mit § 21 Abs. 2 GlüStV verfolgten Vorrang einer Spielhalle gegenüber einer im gleichen Gebäude befindlichen Vermittlungsstelle zuwider. Denn die Bestimmung des Vorrangs, die - wie hier - für die Situation zweier bereits zum 1. Juli 2012 in einem Gebäude befindlicher Betriebsstätten gilt, findet ihre wirtschaftliche Begründung darin, dass bereits getätigte, auf längere Zeit angelegte und unter Umständen erhebliche bauliche Investitionen des Spielhallenbetreibers schützenswerter sind als die relativ überschaubaren Investitionen des nur mit der Aufstellung eines Terminals belasteten Vermittlers von Sportwetten im Nebengeschäft. Dieses Argument kann jedoch ein Bewerber um eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für eine Spielhalle, die er künftig in einem Gebäude betreiben will, in dem sich bereits eine Vermittlungsstelle befindet, nicht ins Feld führen, weil er in aller Regel noch keine größeren Investitionen getätigt hat. Damit besteht keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zwischen erlaubten Spielhallen, die in den Genuss von § 21 Abs. 2 GlüStV kommen, und solchen, die sich im Erlaubnisverfahren befinden, und für die daher das Konzentrationsverbot (§ 24 Abs. 2 i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV) Geltung beansprucht.

2.4 Schließlich begegnet auch die Ermessensausübung, die der Untersagung zugrunde liegt, keinen rechtlichen Bedenken. Vielmehr hat der Beklagte das ihm in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV i.V.m. Art. 4 AGGlüStV eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise gemäß dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen (vgl. Art. 40 BayVwVfG) ausgeübt; eine darüberhinausgehende Prüfungskompetenz des Gerichts besteht nicht (§ 114 Satz 1 VwGO). Die zur Ermessensausübung im erstinstanzlichen Urteil gemachten Ausführungen (UA, S. 19, 20) werden dementsprechend vom Kläger im Berufungsverfahren nicht infrage gestellt.

Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für den Kläger gewahrt ist. Sein wirtschaftliches Interesse an einem weiteren Zufluss der Provisionseinnahmen durch die Vermittlung von Sportwetten hat gegenüber den mit der Regelung verfolgten Zwecken, insbesondere der Spielsuchtbekämpfung, zurückzutreten. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich der Umsatzanteil aus den im Nebengeschäft vermittelten Sportwetten der Staatlichen Lotterieverwaltung im Bereich von 3 bis 5% des Gesamtumsatzes der Annahmestellenbetreiber beläuft (vgl. LT-Drs. 16/12192, S. 12, Begründung zu Art. 7 Abs. 3 AGGlüStV). Diesem auch im verwaltungsgerichtlichen Urteil angegebenen Korridor ist der Kläger im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Die Existenz des Gewerbebetriebs (Bahnhofsbuchhandlung mit Annahmestelle der SLV) ist jedenfalls nicht gefährdet, nachdem die Vermittlung von Sportwetten nur einen untergeordneten Teil des gesamten Betriebs darstellt, selbst wenn man berücksichtigt, dass die nun ausbleibenden Sportwettkunden auch noch weitere Umsätze getätigt haben.

II. Die Klage bleibt auch insoweit erfolglos, als sie der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Berufung von einer Anfechtungsklage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umgestellt hat, soweit der Bescheid die bereits vergangenen Zeiträume erfasst hat und damit zum maßgeblichen Zeitpunkt erledigt war. Zwar stellt sich in dieser Situation einer (teilweisen) Erledigung das prozessuale Vorgehen des Klägers als grundsätzlich statthaft dar, weil für eine Aufhebung des Widerrufs der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und eine Aufhebung der Untersagungsverfügung für die Vergangenheit mangels belastender Wirkung die Anfechtungsklage nicht mehr statthaft wäre. Dem Kläger fehlt jedoch das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO.

Ein solches ergibt sich im vorliegenden Fall insbesondere nicht aus einer möglichen Präjudizialität der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit für einen noch zu führenden Amtshaftungs- oder sonstigen Schadensersatzprozess des Klägers. Eine denkbare Amtshaftungsklage erscheint nämlich schon deshalb offensichtlich aussichtslos, weil das beanstandete Verwaltungshandeln von einem Kollegialgericht erster Instanz, nämlich dem Verwaltungsgericht Regensburg, als rechtmäßig beurteilt wurde (stRspr BVerwG U. v. 3.6.2003 - 5 C 50.02 - juris Rn. 9 m.w.N.). Hat nämlich ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die beanstandete Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen und die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, fehlt es in der Regel bereits an dem für die Schadensersatzklage notwendigen Verschulden des Beamten. Dabei scheitert die schuldausschließende Wirkung einer erstinstanzlichen Kollegialentscheidung grundsätzlich nicht einmal dann, wenn dieses Urteil im Berufungsverfahren keinen Bestand hatte und der Beklagte - in der Situation einer Verpflichtungsklage - zur Neubescheidung verpflichtet wurde (vgl. BVerwG, U. v. 27.8.1992 - 2 C 29.90 - juris Rn. 9). Im vorliegenden Fall hat sich jedoch das vom Verwaltungsgericht gefundene Ergebnis als zutreffend herausgestellt, weil der angefochtene Bescheid (Erlaubniswiderruf und Untersagung) in vollem Umfang und von Anfang an rechtmäßig war (s.o. I.). Das Vorliegen einer der weiteren Fallgruppen, in denen ein berechtigtes Interesse zu bejahen wäre, ist weder geltend gemacht noch ersichtlich (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei erledigten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen: BVerwG, U. v. 16.5.2013 - 8 C 15.12 - und B. v. 17.12.2015 - 8 B 10.15 - jeweils juris).

Selbst wenn man sich über das fehlende besondere Feststellungsinteresse hinwegsetzen und eine Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage annehmen wollte, wäre sie schon deshalb unbegründet, weil der angefochtene Bescheid von Anfang an rechtmäßig war.

Der mit seinem Rechtsmittel unterlegene Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 Satz 1 ZPO.

Die Revision war wegen der der Rechtssache zukommenden grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die sich u.a. aus der Frage der Auslegung des Begriffspaares Gebäude/Gebäudekomplex in § 21 Abs. 2 GlüStV ergibt (vgl. § 33 GlüStV).

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des

Verwaltungsgerichts Köln vom 19. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerde-

verfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfah-

ren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.


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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, durch den ihr untersagt wurde, auf ihrer Internetseite für öffentliches Glücksspiel zu werben.

2

Sie betreibt einen Sportinformationsdienst im Internet, der sich durch Werbeeinnahmen finanziert. Auf ihrer Internetseite veröffentlichte sie u.a. Werbeanzeigen eines Sportwettenvermittlers, die Wettquoten für aktuelle Fußballspiele enthielten.

3

Mit Bescheid vom 25. Juni 2008 untersagte die Regierung von Mittelfranken der Klägerin, auf ihrer Internetseite für öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV 2008 zu werben, und drohte für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 25 000 € an. Die Voraussetzungen für ein Tätigwerden aufgrund von § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2008 lägen vor, da die Klägerin gegen eine nach dem Glücksspielstaatsvertrag bestehende Verpflichtung verstoßen habe, namentlich gegen das Verbot der Werbung im Internet für öffentliches Glücksspiel (§ 5 Abs. 3 GlüStV 2008). Hierfür sei unerheblich, ob der auf der Internetseite beworbene Veranstalter oder Vermittler von Glücksspiel sein Angebot legal oder illegal betreibe. Außerdem liege ein Verstoß gegen § 59 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV) vor.

4

Mit Änderungsbescheiden vom 14. Juli 2008 und vom 10. Dezember 2008 wurde das angedrohte Zwangsgeld zunächst auf 40 000 €, dann auf 50 000 € erhöht. Ferner wurde mit weiterem Änderungsbescheid vom 5. Februar 2009 Ziffer I der Verfügung vom 25. Juni 2008 insoweit aufgehoben, als sich die Untersagungsverfügung auch auf die Abrufbarkeit der Werbung aus Gebieten außerhalb des Freistaates Bayern erstreckte. Es wurde der Klägerin nunmehr untersagt, auf ihrer Internetseite für öffentliches Glücksspiel zu werben, soweit die Werbung vom Gebiet des Freistaates Bayern aus abrufbar ist.

5

Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die auf Bayern beschränkte Untersagung der Werbung sei rechtmäßig. Sie genüge dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch dann, wenn die Anordnung nur dadurch erfüllt werden könne, dass die Klägerin ihre Werbung für öffentliches Glücksspiel deutschlandweit aus dem Internet entferne. Denn das Verbot der Werbung für öffentliche Glücksspiele im Internet gelte bundesweit. Die Regelung des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verstoße auch weder gegen deutsches Verfassungsrecht noch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.

6

Das mit Bescheid vom 21. September 2009 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 50 000 € ist von der Klägerin am 8. Januar 2010 gezahlt worden.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts mit Urteil vom 26. Juni 2012 geändert und den Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2008 in der Fassung des Bescheides vom 5. Februar 2009 aufgehoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig und insbesondere als Anfechtungsklage statthaft. Sie sei auch begründet, denn die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 GlüStV 2008 für eine Untersagung von Glücksspielwerbung im Internet seien nicht erfüllt. Ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 liege nicht vor, weil diese Bestimmung mit dem Recht der Europäischen Union nicht vereinbar und deshalb im Hinblick auf dessen Anwendungsvorrang unanwendbar sei. Das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet stelle eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs dar, die den unionsrechtlichen Anforderungen an solche Beschränkungen nicht genüge. Zwar diene es der Bekämpfung der Glücksspielsucht und dem Jugend- und Spielerschutz und damit zwingenden Allgemeininteressen; es sei auch geeignet, die mit ihm verfolgten Ziele zu erreichen, und erforderlich, da ein milderes Mittel, mit dem diese Ziele ebenso wirksam erreicht werden könnten, nicht ersichtlich sei. Das Werbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 sei aber nicht geeignet, die Verwirklichung der zu seiner Rechtfertigung angeführten Ziele in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen, weil systematische Verstöße des Deutschen Lotto- und Totoblocks sowie der Landeslottogesellschaften gegen dieses Verbot von den zuständigen Behörden strukturell geduldet würden. Dies gelte für die bayerischen Behörden ebenso wie für die zuständigen Behörden der übrigen Länder, so dass offen bleiben könne, ob bei der Kohärenzprüfung ausschließlich auf die Praxis in Bayern abzustellen sei. Aus diesem strukturellen Vollzugsdefizit ergebe sich, dass der Beklagte die zur Rechtfertigung der mit diesem Verbot verbundenen Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dienenden Ziele im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 tatsächlich nicht verfolge, sondern in Wahrheit fiskalische oder andere Zwecke zu erreichen suche, die die Beschränkung nicht legitimieren könnten. Schließlich sei die Untersagungsverfügung auch ermessensfehlerhaft, weil durch sie gleich gelagerte Fälle ohne sachlichen Grund ungleich behandelt würden. Der Beklagte benachteilige Private wie die Klägerin gegenüber der Staatlichen Lotterieverwaltung, indem er ersteren jegliche Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet untersage, während er bei Verstößen von Lotto Bayern gegen das Internetwerbeverbot allenfalls dann einschreite, wenn es sich um Werbung handele, die über die nach § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV 2008 an sich zulässige sachliche Information über die Möglichkeit zum Glücksspiel hinausgehe.

8

Mit seiner Revision macht der Beklagte geltend, das Berufungsgericht gehe bereits von einem unzutreffenden Verständnis der Reichweite des medienbezogenen Werbeverbots nach § 5 Abs. 3 GlüStV (2008) aus, indem es die bloße Unternehmenspräsenz mit einer eigenen Homepage als verbotene Werbung qualifiziert habe. Hierbei handele es sich um eine Frage des revisiblen Rechts, weil der Inhalt des Landesrechts wesentlich durch revisibles Recht bestimmt werde. Die Auslegung des Werbebegriffs sei letztlich auf die Definition aus Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 84/450/EWG des Rates über irreführende und vergleichende Werbung von 10. September 1984 (ABl Nr. L 250 S. 17) zurückzuführen, weshalb sich der Begriff "Werbung" nach Unionsrecht richte, das seinerseits als Bundesrecht der Revision unterliege. Darüber hinaus werde der Inhalt zulässiger Werbung maßgeblich durch Verfassungsrecht bestimmt. Im Hinblick auf das von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht auf Selbstdarstellung des Unternehmens könne ein Internetauftritt auf einer eigenen Homepage nicht generell verboten werden. Ferner beruhe das Berufungsurteil auf einem Verfahrensmangel. Das Berufungsgericht habe einem Terminsverlegungsantrag des Beklagten nicht stattgegeben und damit dem Beklagten keine Gelegenheit gegeben, durch einen Vertreter der Regierung von Mittelfranken die Vollzugspraxis der zuständigen Aufsichtsbehörde zu erläutern. Hierdurch habe das Berufungsgericht seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung sowie den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren verletzt. Das Berufungsurteil sei auch nicht aus anderen Gründen richtig. Weder sei das Internetwerbeverbot unverhältnismäßig im engeren Sinne noch liege ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Schließlich habe die Klägerin mit der Werbung für illegale private Sportwetten nicht nur gegen § 5 Abs. 3 GlüStV 2008, sondern auch gegen das Verbot der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV 2008 verstoßen, weil die Sportwettenveranstalter bzw. -vermittler, für die die Klägerin geworben habe, nicht über die erforderliche Erlaubnis verfügt hätten.

9

Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2013 hat der Beklagte erklärt, aus der angefochtenen Untersagungsverfügung für die Zeit nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages am 1. Juli 2012 keine Rechte mehr herleiten zu wollen. Daraufhin haben die Beteiligten den Rechtsstreit insoweit - für die Zeit ab 1. Juli 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

10

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. März 2009 zurückzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

Entscheidungsgründe

13

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit bezüglich der Zeit seit dem 1. Juli 2012 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Im Umfang der Teilerledigung sind das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 31. März 2009 und das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 wirkungslos.

14

Bezüglich des noch nicht erledigten Teils des Streitgegenstandes ist die Revision des Beklagten unbegründet. Das angegriffene Urteil verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO).

15

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht gegen Verfahrensrecht verstoßen.

16

a) Die Rüge des Beklagten, der Verwaltungsgerichtshof habe den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs und auf ein faires Verfahren verletzt, indem er einem Terminsverlegungsantrag der Landesanwaltschaft Bayern nicht stattgegeben habe, ist schon nicht den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt worden. Danach müssen innerhalb der Frist zur Begründung der Revision die verletzte Rechtsnorm bezeichnet und substantiiert die Tatsachen vorgetragen werden, die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben. Nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 ZPO muss eine mündliche Verhandlung nur "aus erheblichen Gründen" verlegt oder vertagt werden. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass das Gericht durch die rechtswidrige Ablehnung der Vertagung die Möglichkeit zu weiterem entscheidungserheblichen Vortrag abgeschnitten hat (Beschluss vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 3 B 94.98 - juris Rn. 4). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Beklagte nicht dargelegt. Die Begründung des Terminsverlegungsantrages des Beklagten lässt bereits nicht erkennen, warum die Hinzuziehung eines Vertreters der Regierung von Mittelfranken erforderlich gewesen sein sollte, um sich sachgemäß und erschöpfend zu erklären. Der Beklagte hat nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass er sich die entsprechenden Informationen bezüglich des Vollzugs des Internetwerbeverbots nicht von den zuständigen Behörden beschaffen und rechtzeitig in das Verfahren hätte einführen können. Unter diesen Umständen lässt sich die Ablehnung der Terminsverlegung durch die gerichtliche Verfügung vom 13. Juni 2012 nicht als eine Verletzung des rechtlichen Gehörs werten. In dieser Verfügung wurde ausgeführt, dass keine erheblichen Gründe für eine Terminsänderung zu erkennen seien. Der Beklagte hätte deshalb, sofern ihm die Gründe der Ablehnung nicht genügten, zur Vermeidung des Verlusts des Rügerechts in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht einen förmlichen Vertagungsantrag mit einer näheren Begründung stellen müssen (Beschluss vom 14. Dezember 1990 - BVerwG 2 B 106.90 - Buchholz 436.61 SchwbG 1986 Nr. 1 = DVBl 1991, 641), was er ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht getan hat.

17

b) Der geltend gemachte Verfahrensmangel einer Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist ebenfalls nicht in einer den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden. Für die ordnungsgemäße Begründung der Rüge mangelhafter Sachaufklärung muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und für erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern deren Berücksichtigung auf der Grundlage der Rechtsauffassung des entscheidenden Gerichts zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 23. November 2005 - BVerwG 6 C 9.05 - GewArch 2006, 158). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Sie legt nicht dar, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Dem Revisionsvorbringen ist auch nicht zu entnehmen, dass seitens des Beklagten vor dem Berufungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf weitere Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder dass sich eine solche dem Gericht von sich aus hätte aufdrängen müssen.

18

2. Das Berufungsurteil beruht auch in sachlicher Hinsicht nicht auf einem Verstoß gegen revisibles Recht.

19

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof die Anfechtungsklage der Klägerin gegen die streitgegenständliche Untersagungsverfügung in Ansehung ihrer Vollstreckung für zulässig gehalten. Insofern hat sich die Untersagung nicht erledigt, weil die Klägerin wegen der Zahlung von Zwangsgeld unverändert beschwert ist.

20

Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, die angegriffene Untersagungsverfügung sei im Vollstreckungszeitraum rechtswidrig, hält der revisionsrechtlichen Prüfung ebenfalls stand. Dieser Prüfung ist die seinerzeitige Rechtslage, mithin der Glücksspielstaatsvertrag 2008 und das dazu erlassene Bayerische Ausführungsgesetz vom 20. Dezember 2007 (BayGVBl S. 922) zugrundezulegen.

21

a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das in § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 normierte Verbot von Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet eine Beschränkung des von Art. 56 Abs. 1 AEUV gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehrs darstellt (siehe auch Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 Rn. 31 ff. = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 277). Es hat auch fehlerfrei angenommen, dass die Dienstleistungsfreiheit nur eingeschränkt werden darf, wenn die beschränkende Regelung mit dem Diskriminierungsverbot vereinbar ist, wenn sie des Weiteren aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sowie geeignet ist, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und wenn sie schließlich nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteile vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 62 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 32 und vom 20. Juni 2013 - BVerwG 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 28). Dabei ist eine nationale Regelung nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltenden Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 35 m.w.N.). Diese Anforderungen gelten nicht nur für die Rechtfertigung staatlicher Glücksspielmonopole, sondern für die Rechtfertigung von Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit allgemein (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 35 unter Verweis auf EuGH, Urteil vom 10. März 2009 - Rs. C-169/07, Hartlauer - Slg. 2009, I-1721 Rn. 55 ff.).

22

Das Berufungsgericht hat des Weiteren zutreffend angenommen, dass es nicht an Gründen des Allgemeininteresses fehlt, die das Internetwerbeverbot rechtfertigen könnten. § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 dient - wie die Regelung des Glücksspielstaatsvertrages insgesamt - der Bekämpfung der Spielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV 2008) und dem Jugend- und Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV 2008). Die Staatsvertragsparteien begründeten das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet zusätzlich damit, dass "neben die Breitenwirkung und die Zielgruppenorientierung als zusätzliches Gefahrenelement der sofortige Übergang zur Teilnahme am Spiel , der im Internet stets möglich ist" (Erläuterungen zum GlüStV 2008, LTDrucks 15/8486 S. 15). Die Ziele der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugend- und Spielerschutzes sind als zwingende Gründe des Allgemeininteresses anerkannt, die Eingriffe in den freien Dienstleistungsverkehr rechtfertigen können (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8175 Rn. 45 und vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08, Zeturf - Slg. 2011, I-5633 Rn. 38; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 a.a.O. Rn. 69). Das Internetwerbeverbot ist auch grundsätzlich geeignet, seine Gemeinwohlziele zu erreichen. Aufgrund der dem Internet eigenen Breitenwirkung ist mit dessen Nutzung als Werbemedium eine besonders starke Anreizwirkung zur Glücksspielteilnahme verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugend- und Spielerschutzes unvereinbar wäre (Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 43).

23

b) Ob die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits genüge schon das Internetwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 selbst nicht dem Kohärenzgebot, weshalb diese Bestimmung im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts unanwendbar sei, kann dahingestellt bleiben. Das Berufungsgericht hat jedenfalls zu Recht angenommen, dass die angegriffene Untersagung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG ermessensfehlerhaft und aus diesem Grund rechtswidrig ist (aa). Es spricht zudem viel für die Annahme, dass die Ermessensausübung der Behörde aus demselben Grunde auch mit der Dienstleistungsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar ist (bb).

24

aa) Das Berufungsgericht hat - ohne dass dies mit begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden ist (siehe oben 1.) - in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass der Beklagte Privaten wie der Klägerin jegliche Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet untersagte, während er gegen die Internetwerbung von Lotto Bayern allenfalls dann einschritt, wenn es sich um Werbung handelte, die den besonderen Anforderungen des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV 2008 nicht genügte. Darin hat das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht eine Ungleichbehandlung gesehen, die durch sachliche Gründe nicht gerechtfertigt war. Hiergegen wendet sich der Beklagte ohne Erfolg.

25

Die vom Berufungsgericht aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Anforderungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, so erfordert das Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 22. April 1995 - BVerwG 4 B 55.95 - BRS 57 Nr. 248).

26

Die Annahme des Berufungsgerichts, auch die werbenden Internetauftritte des Deutschen Lotto- und Totoblocks und der Landeslottogesellschaften stellten nach § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 verbotene Werbung dar, hält der revisionsgerichtlichen Prüfung stand. Die Auslegung des § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 betrifft eine Frage des Landesrechts, die nicht revisibel ist. Die Revisibilität der Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages ist erst durch § 33 des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages mit Wirkung vom 1. Juli 2012 begründet worden; sie gilt nicht rückwirkend. Selbst wenn der Inhalt des Landesrechts, wie der Beklagte meint, ausweislich der Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag 2008 durch revisibles Recht beeinflusst sein sollte, begründet dies die Revisibilität der landesrechtlichen Vorschrift nicht zwangsläufig, sondern nur dann, wenn Bundesrecht für den Inhalt des Landesrechts kraft eines Gesetzesbefehls des Bundes bestimmend ist (Urteil vom 23. Februar 2000 - BVerwG 6 C 5.99 - BVerwGE 110, 326 <328 f.> = Buchholz 11 Art. 7 Abs. 3 GG Nr. 6 S. 2). An einem solchen bundesrechtlichen Gesetzesbefehl fehlt es hier. Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht bei seiner Auslegung des Werbebegriffs in § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 lediglich auf Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Systematik dieser Vorschrift gestützt und Bundesrecht nicht, auch nicht als Auslegungshilfe herangezogen.

27

Ein Bundesrechtsverstoß ergibt sich auch nicht daraus, dass § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 in der Auslegung des Berufungsgerichts mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbar wäre. Es ist schon zweifelhaft, ob das Berufungsgericht auf diese Vorschrift des Bundesverfassungsrechts zugunsten von Glücksspielunternehmen, die vollständig im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, überhaupt Bedacht nehmen musste. Auch mit Blick auf mögliche private Glücksspielbetreiber - die der Glücksspielstaatsvertrag 2008 außerhalb des monopolisierten Bereichs in engem Rahmen zugelassen hatte - ist das vollständige Internetwerbeverbot unter Einschluss der Eigenwerbung im eigenen Internetauftritt des jeweiligen Unternehmens zwar streng, aber angesichts des außerordentlichen Gewichts der damit verfolgten Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes, nicht unverhältnismäßig.

28

Unabhängig hiervon hat das Berufungsgericht nicht nur die sachliche Information über die Möglichkeit zum Glücksspiel im Rahmen eines sogenannten Eigenauftritts im Internet als Werbung im Sinne von § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 qualifiziert, sondern darüber hinaus - und insoweit das Urteil selbstständig tragend - festgestellt, dass Lotto Bayern mit Werbeslogans wie "Ihr Spiel in guten Händen", "Ihre Kundenkarte von Lotto Bayern. Mehr Sicherheit und Service" die Teilnahme an den angebotenen Glücksspielen fördern und hierzu anreizen wollte. Damit hat es für den eigenen Internetauftritt einen weicheren Werbebegriff zugrunde gelegt, der die sachliche Information über die vom Werbenden selbst angebotenen legalen Wettmöglichkeiten aus dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 GlüStV auszuklammern sucht, und auch auf dieser Grundlage eine verbotswidrige Werbepraxis von Lotto Bayern festgestellt, die der Beklagte duldete. Hiergegen lässt sich nichts erinnern.

29

Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung bei der Durchsetzung des Internetwerbeverbots gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 folgt auch nicht daraus, dass die Staatliche Lotterieverwaltung - im Gegensatz zu den privaten Anbietern - ausschließlich für erlaubtes Glücksspiel geworben habe. Denn § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 stellt auf den Vertriebsweg Internet, anders als § 5 Abs. 4 GlüStV 2008 aber nicht darauf ab, ob das beworbene Glücksspiel erlaubt oder unerlaubt ist. Die Untersagungsverfügung ist ausweislich ihres Tenors und ihrer Begründung auch ausschließlich auf § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 und ausdrücklich nicht zusätzlich auf § 5 Abs. 4 GlüStV 2008 gestützt worden. Folglich ist die Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung nur im Rahmen der Normen des § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 5 Abs. 3 GlüStV 2008 zu überprüfen, denn die Ermessensausübung muss sich vom Zweck der Rechtsgrundlage leiten lassen. Auch eine Umdeutung der angefochtenen Untersagungsverfügung in eine auf § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 5 Abs. 4 GlüStV 2008 gestützte Verfügung kommt nach Art. 47 Abs. 2 Halbs. 1 BayVwVfG nicht in Betracht.

30

Die Rüge des Beklagten, das Berufungsgericht habe seinen tatsächlichen Feststellungen in fehlerhafter Weise nicht allein die Vollzugspraxis in Bayern, sondern auch die Situation in anderen Ländern zugrunde gelegt, geht fehl. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung nicht auf eine (bundes-)länderübergreifende Betrachtung gestützt, sondern die Frage der Einbeziehung der praktischen Handhabung des Internetwerbeverbots in den übrigen Ländern ausdrücklich offen gelassen.

31

bb) Die systematische Ungleichbehandlung der Klägerin und anderer Privater einerseits und der staatlichen Wettanbieter andererseits führt zugleich dazu, dass die Vollzugspraxis des Beklagten den Anforderungen des europäischen Unionsrechts nicht genügt. Wie erwähnt, kann offen bleiben, ob dies schon zur Unanwendbarkeit des Internetwerbeverbots selbst führt; hieran bestehen Zweifel, weil die Inkohärenz der Vollzugspraxis die Inhaber des staatlichen Wettmonopols begünstigt und damit Rückschlüsse zunächst nur für dieses Wettmonopol selbst zulässt, aber das Internetwerbeverbot - das vom staatlichen Wettmonopol unabhängig gilt - an sich unberührt lässt. Jedenfalls aber ist die Handhabung des Untersagungsermessens durch die Vollzugsbehörden des Beklagten als solche mit der Dienstleistungsfreiheit des Unionsrechts unvereinbar.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 VwGO. Die auf die streitige Revisionsentscheidung entfallenden Kosten hat nach § 154 Abs. 1 VwGO der Beklagte zu tragen. Bezüglich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Verfahrens waren die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes ebenfalls dem Beklagten aufzuerlegen, weil dieser bei streitiger Entscheidung voraussichtlich auch insoweit unterlegen wäre. Die Begründung des angegriffenen Bescheides berücksichtigt (noch) nicht die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte, die nach Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Erster GlüÄndStV) zu beachten sind.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 06. April 2016 - 5 K 650/16 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Die vom Antragsteller in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.01.2016, mit der ihm untersagt wurde, in der Gaststätte „...“, ... in ... Sportwetten zu vermitteln oder derartige Tätigkeiten zu unterstützen, ihm aufgegeben wurde, die zur Vermittlung von Sportwetten vorgehaltenen Geräte dauerhaft aus der Gaststätte zu entfernen (Ziff. 1) und die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen sowie dies dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Ziff. 2) und für den Fall, dass er den genannten Verpflichtungen nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR angedroht wurde (Ziff. 3), stattzugeben.
Das Verwaltungsgericht, das auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abgestellt hat, ist davon ausgegangen, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV (in der Fassung des Art. 1 des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15.12.2011, GBl. 2012, S. 385 ff.) gestützte Untersagungsverfügung voraussichtlich rechtmäßig sei, weil der Antragsteller unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, an dessen Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Unionsrecht keine Zweifel bestünden, Sportwetten in einer Gaststätte vermittele, in der alkoholische Getränke ausgeschenkt würden und überdies Geldspielgeräte aufgestellt seien. Auf die Frage, ob die Untersagung mit dem bloßen Fehlen einer Erlaubnis begründet werden könne und wie im Hinblick auf die ausstehende Konzessionsvergabe zu verfahren sei, komme es nicht an, da das Regierungspräsidium die Untersagung gerade nicht hierauf gestützt habe.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Antragstellers ohne Erfolg.
Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die auf § 9 Abs. 1 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung aller Voraussicht nach rechtmäßig ist. Nach der Rechtsprechung des Senats, die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss im Wesentlichen wörtlich wiedergegeben hat, kann eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung darauf gestützt werden, dass die Vermittlung von Sportwetten, für die eine Erlaubnis nicht vorliegt, nicht erlaubnisfähig ist, weil sie in einer Gaststätte erfolgt, in der - wie im Fall des Antragstellers - alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. grundlegend den Beschluss des Senats vom 22.04.2014 - 6 S 215/14 -, NVwZ-RR 2014, 640). Das Trennungsgebot als materiell-rechtliche Voraussetzung der Sportwettvermittlung findet seine Rechtsgrundlage in § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG. Diese Vorschrift beruht in ihrer derzeitigen Fassung vom 01.12.2015 (GBl. S. 1033) auf der genannten Rechtsprechung des Senats zu der bis zum 04.12.2015 geltenden Vorgängernorm § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Var. 4 LGlüG. Zu dieser hat der Senat im Einzelnen dargelegt, dass das Trennungsgebot bei verfassungs- und unionsrechtskonformer Auslegung sowohl mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG als auch mit Art. 56 AEUV sowie sonstigem Unionsrecht vereinbar ist (vgl. den Beschluss des Senats vom 22.04.2014, a.a.O.). Hieran hält der Senat auch in Bezug auf den nunmehr geltenden § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG, mit dem der Gesetzgeber der zuvor notwendigen verfassungskonformen Auslegung dahingehend, dass das Trennungsgebot nur für Gaststätten gilt, in denen alkoholische Getränke ausgeschenkt werden oder Geldspielgeräte aufgestellt sind, Rechnung getragen hat (vgl. LT-Drucks. 15/7443, S. 15), fest.
Die hiergegen gerichteten Einwände des Antragstellers greifen nicht durch. Soweit er insbesondere geltend macht, es bestehe nach wie vor keine Möglichkeit, eine Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten zu erhalten, ist ihm entgegenzuhalten, dass - worauf bereits das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen hat - die streitgegenständliche Verfügung gerade nicht auf die formelle Illegalität wegen Fehlens der erforderlichen Erlaubnis gestützt ist. So heißt es darin ausdrücklich, dass unerheblich sei, ob es sich „um erlaubte oder unerlaubte Sportwetten“ handele (II. 3. Absatz der Verfügung), und dass die Verfügung für die genannte Örtlichkeit nur solange gelte, als dort eine Gaststätte mit Alkoholausschank und/oder Geldspielgeräten betrieben werde (II. letzter Absatz der Verfügung). Der Untersagungstatbestand wird damit allein mit dem Verstoß gegen das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG begründet. Dieses gilt unabhängig davon, ob die Wettvermittlungsstelle im Übrigen erlaubnisfähig ist oder nicht, und müsste auch bei einer Erteilung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 GlüStV, § 20 Abs. 1 Satz 1 LGlüG an den Antragsteller von ihm beachtet werden. Einer Durchsetzung des Trennungsgebots des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG im Wege der Untersagungsverfügung steht, entgegen der Ansicht des Antragstellers, daher auch nicht entgegen, dass dessen Einhaltung dem Wortlaut nach als Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis für eine Wettvermittlungsstelle normiert ist. Mit § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG hat der Gesetzgeber auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV materiell-rechtliche Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten aufgestellt, die unabhängig von einem Erlaubnisverfahren Geltung beanspruchen und auch im Lichte der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht zu beanstanden sind. Anders als der Antragsteller meint, folgt aus einer etwaigen Unionsrechtswidrigkeit der Erlaubnispflichtigkeit in ihrer derzeitigen Gestalt nicht gleichsam die Unionsrechtswidrigkeit weiterer materiell-rechtlicher Anforderungen, die - wie das Trennungsgebot - unabhängig von einem möglicherweise faktisch fortbestehenden Sportwettenmonopol an die Sportwettvermittlung gestellt werden.
Auch unter Heranziehung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 04.02.2016 in der Rechtssache Ince (- C-336/14 -, NVwZ 2016, 369) ergibt sich, entgegen der Ansicht des Antragstellers, kein anderes Ergebnis. Die Entscheidung erging im Rahmen von Strafverfahren, in denen Frau Ince zur Last gelegt wurde, Sportwetten ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis vermittelt zu haben. Der Europäische Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass Art. 56 AEUV die Strafverfolgungsbehörden daran hindert, die ohne Erlaubnis erfolgte Wettvermittlung zu ahnden, wenn ein privater Wirtschaftsteilnehmer theoretisch eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten erhalten könnte, die Kenntnis von dem Verfahren zur Erteilung einer solchen Erlaubnis aber nicht sichergestellt ist und ein unionsrechtswidriges staatliches Sportwettenmonopol daher faktisch fortbesteht. Die in dem Urteil getroffenen Aussagen stellen damit zwar die Unionsrechtmäßigkeit der Erlaubnispflichtigkeit der Sportwettvermittlung in seiner derzeitigen Durchführung in Frage, berühren jedoch das Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG nicht. Die Untersagungsverfügung ist vorliegend allein darauf gestützt, dass die Art und Weise der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen sowie losgelöst von ihrer Erlaubnispflichtigkeit materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Hierzu trifft das genannte Urteil in der Rechtssache Ince keine Aussage.
Der Verweis des Antragstellers auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.06.2016 (- 8 C 5.15 -, ZfWG 2016, 433) sowie auf die jüngere Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschlüsse vom 09.06.2016 - 4 B 860/15 -, NWVBl 2016, 459 und - 4 B 1437/15 -, ZfWG 2016, 371) verhilft seiner Argumentation ebenso wenig zum Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil vom 15.06.2016 (a.a.O.) der genannten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince (a.a.O.), die einen strafrechtlichen Hintergrund hatte, angeschlossen und festgestellt, dass das bloße Fehlen einer Erlaubnis auch keine verwaltungsrechtliche Untersagung der Wettvermittlung begründen kann, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. Eine Aussage dahingehend, dass eine Untersagung der Sportwettvermittlung nicht auf die materiell-rechtliche Unzulässigkeit der Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen gestützt werden kann, ist hingegen auch diesem Urteil nicht zu entnehmen. Gleiches gilt für die vom Antragsteller in Bezug genommenen Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen. Im Gegenteil geht das Oberverwaltungsgericht darin sogar ausdrücklich von der Zulässigkeit einer Untersagungsverfügung aus monopolunabhängigen Gründen aus. Dass es sich bei dem Trennungsgebot des § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG um eine monopolbezogene Anforderung an die Sportwettvermittlung handelte, ist nicht ersichtlich (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.10.2016 - 4 B 177/16 -, ZfWG 2016, 462 zu einem vergleichbaren Trennungsgebot; vgl. zudem OVG Niedersachsen, Beschluss vom 02.12.2016 - 11 ME 219/16 -, GewArch 2017, 80) und wurde auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargetan. Auch dem von ihm zitierten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 06.05.2015 (- 10 Cs 14.2669 -, juris) kann der Senat den vom Antragsteller gewünschten Gehalt nicht entnehmen. Ihm lag eine in entscheidenden Punkten von der Situation des Antragstellers abweichende Fallgestaltung zugrunde.
Die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung folgt, entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht aus einem strukturellen Vollzugsdefizit in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen an die Vermittlung von Sportwetten. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar dargelegt, dass konsequent gegen ihm bekanntwerdende Wettvermittlungsstellen vorgegangen werde, die die materiell-rechtlichen monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlungstätigkeit aus § 20 Abs. 1 Satz 2 LGlüG nicht erfüllen. Dies entspricht in tatsächlicher Hinsicht auch der Beobachtung des Senats und wurde vom Antragsteller insoweit nicht substantiiert in Frage gestellt. In rechtlicher Hinsicht beruht diese Differenzierung im Vollzug auf sachlichen Gründen und ist daher nicht zu beanstanden.
Schließlich kann der Senat auch dem Vortrag des Antragstellers, es fehle bereits die Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe für den Erlass der vorliegenden Untersagungsverfügung, nicht folgen. Aus der bundesweiten Zuständigkeit des Landes Hessen für die Konzessionsvergabe an Veranstalter von Sportwetten folgt nicht zugleich die Unzuständigkeit der nach Landesrecht zuständigen Behörden für die Untersagung der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten wegen des Verstoßes gegen materiell-rechtliche Anforderungen. Bei dem Trennungsgebot nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 c) LGlüG handelt es sich überdies um eine auf Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV aufgestellte weitergehende Anforderung nach Landesrecht, deren Durchsetzung den baden-württembergischen Behörden obliegt. Dass der hessischen Konzessionsbehörde - wie der Antragsteller meint - nach § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV eine umfassende Zuständigkeit zur Glücksspielaufsicht für das gesamte Bundesgebiet zukäme, kann der Senat nicht erkennen.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
11 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
12 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit - in Bezug auf den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2007 für die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2008 sind insoweit wirkungslos.

Im Übrigen wird das genannte Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geändert, soweit es den Bescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2007 betrifft. Insoweit wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2008 zurückgewiesen.

Die weitergehende Revision der Beteiligten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges tragen die Klägerin zu zwei Dritteln und die Beklagte zu einem Drittel. Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin und der Freistaat Bayern je zur Hälfte. Der Freistaat Bayern trägt die Hälfte der im Revisionsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin, die Klägerin trägt die Hälfte der im Revisionsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten des Freistaats Bayern. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung, im Gebiet der Beklagten Sportwetten ohne eine im Inland erteilte Erlaubnis zu vermitteln.

2

Die Klägerin ist seit 2007 im Besitz einer Buchmachererlaubnis zur Vermittlung von Pferdewetten. In ihrer Betriebsstätte in der B.straße … in M. vermittelte sie darüber hinaus (sonstige) Sportwetten an die I. Ltd. (I. Ltd.) in G., ohne dafür über eine im Inland erteilte Erlaubnis zu verfügen. Nach Anhörung der Klägerin untersagte die Beklagte ihr mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 28. November 2007 die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten bzw. die Bereitstellung einer diesbezüglichen Einrichtung (Internetanschluss) in der B.straße … in M. sowie in allen anderen bisher nicht bekannten und zukünftigen Betriebsstätten im Bereich der Beklagten ohne die erforderliche Erlaubnis. Außerdem forderte sie die Klägerin unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 25 000 € auf, diese Tätigkeiten mit Ablauf des 30. November 2007 einzustellen. Die Beklagte stützte die Untersagung auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) i.V.m. § 284 Abs. 1, § 27 StGB und führte aus, das Verbot sei verhältnismäßig, da eine Erlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden könne.

3

Bei einer Überprüfung am 1. Dezember 2007 wurde festgestellt, dass die Klägerin in der B.straße … weiterhin einen Terminal betrieb, mit dem die Internetseite der Firma "b." aufgerufen werden konnte. Daraufhin stellte die Beklagte unter dem 3. Dezember 2007 das Zwangsgeld fällig und erließ mit Bescheid vom 5. Dezember 2007 eine neue, weitgehend wortgleiche Untersagungsverfügung mit einer Zwangsgeldandrohung in Höhe von 50 000 €.

4

Am 19. Dezember 2007 hat die Klägerin gegen die Bescheide vom 28. November und 5. Dezember 2007 Anfechtungsklage erhoben. Außerdem beantragte sie vergeblich vorläufigen Rechtsschutz. Mit einer weiteren Klage begehrte sie die Feststellung, das im ersten Bescheid angedrohte Zwangsgeld sei nicht fällig geworden. Diese Klage wurde mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 26. März 2009 - M 22 K 08.4647 - abgewiesen. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Klägerin habe die untersagten Tätigkeiten trotz sofortiger Vollziehbarkeit des Verbots nicht fristgerecht eingestellt. Auf die Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung und der Untersagung komme es für die Fälligkeit des Zwangsgeldes nach Art. 38 Abs. 3 i.V.m. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 des bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) nicht an. Den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das genannte Urteil wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 12. April 2010 zurück. Daraufhin wurde das Zwangsgeld eingezogen.

5

Die Anfechtungsklage gegen die Bescheide vom 28. November und 5. Dezember 2007 hat das Bayerische Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 31. Juli 2008 abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat die Beklagte geltend gemacht, die Untersagungsverfügungen seien schon wegen der formellen Illegalität der Vermittlung rechtmäßig. Gegen deren Erlaubnisfähigkeit bestünden ebenfalls Bedenken, da der Veranstalter Internet- und Live-Wetten anbiete. Einer abschließenden Prüfung der Erlaubnisvoraussetzungen durch die Ordnungsbehörde stehe die Zuständigkeit verschiedener Behörden für die Erlaubnis und die Untersagung entgegen. In ihrer Berufungserwiderung hat die Beklagte unter Berufung auf § 114 Satz 2 VwGO erklärt, sie ergänze die Ermessenserwägungen im streitgegenständlichen Bescheid wie folgt: Die Klägerin und die I. Ltd. in G. hätten keine Erlaubnis beantragt. Für eine materielle Erlaubnisfähigkeit fehlten ausreichende Anhaltspunkte. Insbesondere sei nicht ersichtlich, wie die Klägerin die Vorschriften zum Jugendschutz nach § 4 Abs. 3 des zum 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV) und zur Spielersperre nach § 21 Abs. 3 GlüStV einhalten wolle. Auch ein Sozialkonzept nach § 6 GlüStV sei nicht bekannt. Bedenken gegen die Erlaubnisfähigkeit bestünden auch für den Fall, dass die Klägerin nunmehr an die I. E. Ltd. mit Sitz in M. vermitteln wolle, da deren Erlaubnisantrag mit Bescheid der Regierung der Oberpfalz vom 27. Juli 2011 unter anderem wegen Verstößen gegen das Internet- und das Live-Wetten-Verbot abgelehnt worden sei. Trotz des erheblichen Eingriffs in die Berufsfreiheit der Klägerin müssten deren wirtschaftliche Interessen hinter die Interessen der Allgemeinheit, insbesondere den Jugend- und Spielerschutz und die Betrugsprävention, zurücktreten. Die Untersagung sei verhältnismäßig, weil mildere Maßnahmen nicht ersichtlich seien und bei Abwägung aller Interessen der Schutz der Allgemeinheit vor Suchtgefahren überwiege.

6

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin ihre Klage gegen die zweite Untersagungsverfügung auf gerichtlichen Hinweis für die Zeit bis zur Berufungsentscheidung auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren umgestellt und an der Anfechtung dieses Bescheides nur für die Zukunft festgehalten.

7

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 26. Juni 2012 die Bescheide der Beklagten vom 28. November 2007 und vom 5. Dezember 2007 - letzteren nur mit Wirkung für die Zukunft - aufgehoben und festgestellt, der Bescheid vom 5. Dezember 2007 sei vom Zeitpunkt seines Erlasses bis zum Zeitpunkt seiner eigenen Entscheidung rechtswidrig gewesen. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 28. November 2007 sei statthaft. Dieser habe sich weder mit der Beitreibung des Zwangsgeldes noch mit dem Einstellen der Vermittlungstätigkeit oder dem Erlass des Bescheides vom 5. Dezember 2007 erledigt. Letzterer könne ebenfalls angefochten werden, allerdings nur mit Wirkung für die Zukunft, da die zweite, nicht vollzogene Untersagung und die zugehörige Zwangsgeldandrohung sich in der Vergangenheit fortlaufend erledigt hätten. Im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung sei die Untersagung ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ausgegangen sei. Diese Regelung verletze Unionsrecht. Sie schränke die Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig ein. Wegen der gegenläufigen Regelung des gewerblichen Automatenspiels sei sie nicht geeignet, kohärent und systematisch zur Verwirklichung der mit dem Monopol verfolgten Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes beizutragen. Die im Berufungsverfahren nachgeschobene Begründung habe den Ermessensfehler nicht geheilt. Sie ersetze die bisherige, auf das Monopol gestützte Begründung durch völlig neue Erwägungen, die allein auf die formelle und materielle Illegalität der Vermittlung abstellten. Einen solchen Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen lasse § 114 Satz 2 VwGO nicht zu. Unabhängig davon sei die nachgeschobene Begründung auch materiell-rechtlich fehlerhaft. Verhältnismäßig sei eine Untersagung nur, wenn feststehe, dass die Tätigkeit materiell nicht erlaubnisfähig sei. Zweifel reichten insoweit nicht aus. Das Ermessen habe sich auch nicht zulasten der Klägerin auf Null reduziert. Ein Verstoß gegen das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV liege nicht vor. Die Untersagung im Bescheid vom 28. November 2007 leide am selben Ermessensfehler, da auch sie sich maßgeblich auf das Sportwettenmonopol stütze. Wegen der Rechtswidrigkeit der Untersagungen könnten die damit verbundenen Zwangsgeldandrohungen ebenfalls keinen Bestand haben. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag bezüglich des Zeitraums vom 5. Dezember 2007 bis zur Entscheidung des Berufungsgerichts sei zulässig und begründet. Die Klägerin könne sich wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit der Vermittlung auf ein Rehabilitierungsinteresse berufen. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verfügung sei außerdem wegen des tiefgreifenden Eingriffs in ihre Berufsfreiheit und in unionsrechtliche Grundfreiheiten gegeben. Wegen der Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch das Sportwettenmonopol sei die Untersagung im gesamten Zeitraum rechtswidrig gewesen.

8

Die Beteiligte macht mit ihrer Revision geltend, das Berufungsurteil wende das unionsrechtliche Kohärenzerfordernis unrichtig an. Außerdem gehe es unzutreffend davon aus, dass ein Verbot erst in Betracht komme, wenn das Fehlen der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen abschließend geklärt sei. Darüber hinaus verletze es § 114 Satz 2 VwGO. Bezüglich der zweiten Untersagung bejahe es zu Unrecht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin.

9

Mit Schriftsatz vom 15. November 2012 hat die Beklagte erklärt, aus der angefochtenen Untersagungsverfügung ab dem 1. Juli 2012 keine Rechte mehr herzuleiten. Daraufhin haben die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt.

10

Die Beteiligte beantragt,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2008 zurückzuweisen, soweit der Rechtsstreit noch nicht - in Bezug auf die Anfechtung des Bescheides vom 5. Dezember 2007 für die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - in der Hauptsache erledigt ist, sowie der Klägerin die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens insgesamt aufzuerlegen.

11

Die Beklagte schließt sich dem Revisionsvorbringen der Beteiligten an, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.

12

Die Klägerin beantragt,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass anstelle der Aufhebung des Bescheides vom 5. Dezember 2007 dessen Rechtswidrigkeit - auch - in der Zeit von der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bis zum 30. Juni 2012 festgestellt wird, sowie die Kosten des Revisionsverfahrens insgesamt dem Freistaat Bayern aufzuerlegen.

13

Sie verteidigt das angegriffene Urteil und meint, die Liberalisierung des Glücksspielrechts in Schleswig-Holstein zum 1. Januar 2012 habe die Inkohärenz des Sportwettenmonopols noch verstärkt. Die Anforderungen an das Fortsetzungsfeststellungsinteresse dürften schon wegen ihrer Kostenbelastung durch das mehrjährige Verfahren nicht überspannt werden.

Entscheidungsgründe

14

Soweit die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit - für die Zeit seit dem 1. Juli 2012 - übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Einer Zustimmung des am Verfahren beteiligten Vertreters des öffentlichen Interesses bedurfte es hierfür nicht. Im Umfang der Teilerledigung sind das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Juli 2008 wirkungslos geworden.

15

Im Übrigen ist die zulässige Revision nur teilweise begründet. Das angegriffene Urteil beruht auf der Verletzung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, soweit es davon ausgeht, die Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 sei bezüglich des bereits abgelaufenen Zeitraums zulässig, weil die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Verfügung habe. Insoweit erweist sich das Berufungsurteil auch nicht gemäß § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig (1.). Die weitergehende Revision ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil in Bezug auf die Anfechtung des Bescheides vom 28. November 2007 im Ergebnis zu Recht stattgegeben (2.). Soweit die Revision begründet ist, kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden und die Berufung - teilweise - zurückweisen (3.).

16

1. Soweit das Verfahren die Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 bezüglich des Zeitraums bis zum 30. Juni 2012 betrifft, ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den es für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen ankommt, nicht mehr die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, sondern allein die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig, weil die Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse geltend machen kann.

17

a) Im noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 hat die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 sich von Tag zu Tag fortlaufend erledigt. Ein Verbot wird durch Zeitablauf gegenstandslos, weil es nicht rückwirkend befolgt oder durchgesetzt werden kann. Die Untersagung für den abgelaufenen Zeitraum entfaltet hier gegenwärtig auch keine sonstigen nachteiligen Rechtswirkungen mehr, die eine Erledigung ausschließen könnten (vgl. zu diesem Kriterium die Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 - juris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 14.12 - Rn. 18; Beschluss vom 5. Januar 2012 - BVerwG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 = Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 39 Rn. 13). Insbesondere hat die Beklagte die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 nicht mit Vollstreckungsmaßnahmen durchgesetzt, die noch rückgängig zu machen wären. Die Zwangsgeldeinziehung im Jahr 2009 schloss lediglich die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 28. November 2007 und der damit verbundenen Zwangsgeldandrohung ab (zur Aufhebbarkeit dieser Vollstreckungsmaßnahmen vgl. unten 2. ).

18

Auch für den - viertägigen - Zeitraum von der Berufungsentscheidung bis zum 30. Juni 2012 konnte die Klägerin ihr Klagebegehren betreffend den Bescheid vom 5. Dezember 2007 auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umstellen. Das Verbot der Klageänderung gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO steht nur einer Änderung des Streitgegenstandes entgegen. Es schließt jedoch nicht aus, bei Erledigung eines angefochtenen Verwaltungsakts zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag überzugehen. Dies gilt auch für eine zeitabschnittsweise, fortlaufende Erledigung eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung wie der glücksspielrechtlichen Untersagung.

19

b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist jedoch unzulässig, weil die Klägerin entgegen dem angegriffenen Urteil kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts hat. Ein solches Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position der Klägerin in den genannten Bereichen zu verbessern (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 4. März 1976 - BVerwG 1 WB 54.74 - BVerwGE 53, 134 <137> und vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 3). Das ist im hier maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz nicht der Fall.

20

aa) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse lässt sich nicht mit einer Wiederholungsgefahr begründen. Dazu müssten die rechtlichen und tatsächlichen Umstände, die für die Beurteilung einer vergleichbaren Untersagungsverfügung maßgeblich wären, im Wesentlichen unverändert geblieben sein (Urteil vom 12. Oktober 2006 - BVerwG 4 C 12.04 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 23 Rn. 8 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Diese Umstände haben sich mit dem Inkrafttreten des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (BayGVBl 2012 S. 318) und dessen landesrechtlicher Umsetzung in Bayern zum 1. Juli 2012 gemäß §§ 1 und 4 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland und anderer Rechtsvorschriften vom 25. Juni 2012 (BayGVBl S. 270) grundlegend geändert. Zwar gelten der allgemeine Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und die Untersagungsermächtigung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV fort. Für die rechtliche Beurteilung einer Untersagung kommt es aber auch auf die Verhältnismäßigkeit des mit ihr durchgesetzten Erlaubnisvorbehalts sowie des Verbots selbst und damit auf Fragen der materiellen Erlaubnisfähigkeit des untersagten Verhaltens an (vgl. Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; dazu näher unten Rn. 51 f.). Insoweit ergeben sich aus den in Bayern zum 1. Juli 2012 in Kraft getretenen, § 4 GlüStV ergänzenden Spezialregelungen betreffend die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erhebliche Unterschiede zur früheren, bis zum 30. Juni 2012 geltenden Rechtslage. Nach § 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4a ff. GlüStV wird das staatliche Sportwettenmonopol - zunächst für eine Experimentierphase von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt. Gemäß § 10a Abs. 3 GlüStV können bundesweit bis zu 20 Wettunternehmen eine Veranstalterkonzession erhalten. Für die Konzessionäre wird das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV, von dem ohnehin nach Absatz 5 der Vorschrift dispensiert werden darf, nach Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 und 2 GlüStV gelockert. Die Vermittlung konzessionierter Angebote bleibt nach § 10a Abs. 5 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erlaubnispflichtig. Die Anforderungen an die gewerbliche Spielvermittlung werden aber in § 19 i.V.m. §§ 5 bis 8 GlüStV in wesentlichen Punkten neu geregelt. So wurden die Werbebeschränkungen des § 5 GlüStV deutlich zurückgenommen (dazu im Einzelnen Beschluss vom 17. Oktober 2012 - BVerwG 8 B 47.12 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 6). Andererseits enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eine weitgehende Konkretisierung der zuvor nur allgemein statuierten Aufklärungspflichten. Außerdem bindet § 8 Abs. 6 GlüStV erstmals auch die Vermittler in das übergreifende Sperrsystem nach § 23 GlüStV ein. Insgesamt schließen die erheblichen Änderungen der für die materiell-rechtliche Beurteilung der Untersagung erheblichen Vorschriften es aus, von einer im Wesentlichen gleichen Rechtslage auszugehen.

21

Aus der Befristung der experimentellen Konzessionsregelung lässt sich keine konkrete Wiederholungsgefahr herleiten. Ob der Gesetzgeber das Konzessionssystem und dessen materiell-rechtliche Ausgestaltung nach Ablauf der siebenjährigen Experimentierphase auf der Grundlage der inzwischen gewonnenen Erfahrungen fortschreiben, modifizieren oder aufgeben wird, ist ungewiss. Eine Rückkehr zur alten Rechtslage ist jedenfalls nicht abzusehen.

22

bb) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist auch nicht wegen eines Rehabilitierungsinteresses der Klägerin zu bejahen. Die gegenteilige Auffassung der Vorinstanz beruht auf der Annahme, ein solches Interesse bestehe schon wegen des Vorwurfs objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

23

Allerdings fehlt ein Rehabilitierungsinteresse nicht etwa deshalb, weil die Klägerin sich als juristische Person nicht strafbar machen kann. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sich nach Art. 19 Abs. 3 GG insgesamt auf juristische Personen erstreckt. Sie können jedenfalls Ausprägungen dieses Rechts geltend machen, die nicht an die charakterliche Individualität und die Entfaltung der natürlichen Person anknüpfen, sondern wie das Recht am eigenen Wort oder das Recht auf Achtung des sozialen Geltungsanspruchs und auf Abwehr von Rufschädigungen auch Personengesamtheiten und juristischen Personen zustehen können (BVerfG, Beschluss vom 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 805/98 - BVerfGE 106, 28 <42 ff.>; BGH, Urteil vom 3. Juni 1986 - VI ZR 102/85 - BGHZ 98, 94 <97>). Die bloße Einschätzung eines Verhaltens als objektiv strafbar hat aber keinen den Betroffenen diskriminierenden Charakter und kann deshalb noch kein Rehabilitierungsinteresse auslösen.

24

Ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung besteht nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen. Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Beschlüsse vom 4. März 1976 a.a.O. S. 138 f. und vom 4. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 64.06 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 36 S. 4 f.). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. In der Feststellung objektiver Strafbarkeit des untersagten Verhaltens liegt noch keine Stigmatisierung. Vielmehr erschöpft sie sich in der Aussage, die unerlaubte Veranstaltung und Vermittlung der Sportwetten erfülle den objektiven Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB und rechtfertige deshalb ein ordnungsbehördliches Einschreiten. Damit enthält sie kein ethisches Unwerturteil, das geeignet wäre, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen. Diese Schwelle wird erst mit dem konkreten, personenbezogenen Vorwurf eines schuldhaft-kriminellen Verhaltens überschritten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1952 - 1 BvR 197/53 - BVerfGE 9, 167 <171> und Urteil vom 6. Juni 1967 - 2 BvR 375, 53/60 und 18/65 - BVerfGE 22, 49 <79 f.>). Einen solchen Vorwurf hat die Beklagte nach der revisionsrechtlich fehlerfreien Auslegung der Untersagungsverfügung durch die Vorinstanz hier nicht erhoben.

25

Nachteilige Auswirkungen der Untersagung in künftigen Verwaltungsverfahren - etwa zur Erlaubniserteilung nach aktuellem Recht - sind nach der im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 16. April 2013 in das Verfahren eingeführten Erklärung des Vertreters des Freistaates Bayern ebenfalls nicht zu besorgen. Danach werden Monopolverstöße dort zukünftig nicht als Anhaltspunkt für eine Unzuverlässigkeit von Konzessionsbewerbern oder Bewerbern um eine Vermittlungserlaubnis gewertet.

26

cc) Entgegen dem angegriffenen Urteil lässt sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht mit dem Vorliegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG begründen. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO müsse wegen der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Sinne ausgelegt werden, trifft nicht zu. Eine Ausweitung des Tatbestandsmerkmals des berechtigten Feststellungsinteresses über die einfach-rechtlich konkretisierten Fallgruppen des berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses hinaus (1) verlangt Art. 19 Abs. 4 GG nur bei Eingriffsakten, die sonst wegen ihrer typischerweise kurzfristigen Erledigung regelmäßig keiner gerichtlichen Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten (2). Eine weitere Ausdehnung des Anwendungsbereichs, die ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse allein wegen der Schwere des erledigten Eingriffs in Grundrechte oder Grundfreiheiten annimmt, ist auch aus Art. 47 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) in Verbindung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot nicht herzuleiten (3).

27

(1) Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (dazu oben Rn. 19 ff.). Das berechtigte Feststellungsinteresse geht in all diesen Fällen über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Dies gilt unabhängig von der Intensität des erledigten Eingriffs und vom Rang der Rechte, die von ihm betroffen waren.

28

(2) Die Garantie effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG differenziert ebenfalls nicht nach diesen beiden Kriterien. Sie gilt auch für einfach-rechtliche Rechtsverletzungen, die - von der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG abgesehen - kein Grundrecht tangieren, und für weniger schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte und Grundfreiheiten. Umgekehrt gebietet die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG selbst bei tiefgreifenden Eingriffen in solche Rechte nicht, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse anzunehmen, wenn dies nicht erforderlich ist, die Effektivität des Rechtsschutzes zu sichern.

29

Effektiver Rechtsschutz verlangt, dass der Betroffene ihn belastende Eingriffsmaßnahmen in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren überprüfen lassen kann. Solange er durch den Verwaltungsakt beschwert ist, stehen ihm die Anfechtungs- und die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zur Verfügung. Erledigt sich der Verwaltungsakt durch Wegfall der Beschwer, wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Rechtsschutz gewährt, wenn der Betroffene daran ein berechtigtes rechtliches, ideelles oder wirtschaftliches Interesse hat. In den übrigen Fällen, in denen sein Anliegen sich in der bloßen Klärung der Rechtmäßigkeit des erledigten Verwaltungsakts erschöpft, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nach Art. 19 Abs. 4 GG zu bejahen, wenn andernfalls kein wirksamer Rechtsschutz gegen solche Eingriffe zu erlangen wäre. Davon ist nur bei Maßnahmen auszugehen, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (BVerfG, Beschlüsse vom 5. Dezember 2001 - 2 BvR 527/99, 1337/00, 1777/00 - BVerfGE 104, 220 <232 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <86> m.w.N).

30

Glücksspielrechtliche Untersagungsverfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zählen nicht zu den Verwaltungsakten, die sich in diesem Sinne typischerweise kurzfristig erledigen. Vielmehr sind sie als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 19 m.w.N.) gerade auf langfristige Geltung angelegt. Dass sie sich regelmäßig fortlaufend für den bereits zurückliegenden Zeitraum erledigen, lässt ihre gegenwärtige, sich täglich neu aktualisierende Wirksamkeit und damit auch ihre Anfechtbarkeit und Überprüfbarkeit im Hauptsacheverfahren unberührt (vgl. Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Januar 2012, § 113 Rn. 85 a.E.). Änderungen der Rechtslage führen ebenfalls nicht zur Erledigung. Vielmehr ist die Untersagung anhand der jeweils aktuellen Rechtslage zu prüfen. Dass ihre Anfechtung sich regelmäßig nur auf eine Aufhebung des Verbots mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung richten kann, stellt keine Rechtsschutzbeschränkung dar. Vielmehr trägt dies dem Umstand Rechnung, dass das Verbot in der Vergangenheit keine Regelungswirkung mehr entfaltet, die aufgehoben werden könnte. Im Ausnahmefall, etwa bei einer noch rückgängig zu machenden Vollziehung der Untersagung, bleibt diese wegen ihrer Titelfunktion als Rechtsgrund der Vollziehung rückwirkend anfechtbar (Beschluss vom 25. September 2008 - BVerwG 7 C 5.08 - Buchholz 345 § 6 VwVG Nr. 1 Rn. 13; zur Vollzugsfolgenbeseitigung vgl. Urteil vom 14. März 2006 - BVerwG 1 C 11.05 - BVerwGE 125, 110 = Buchholz 402.242 § 63 AufenthG Nr. 2 Rn. 17).

31

Dass eine untypisch frühzeitige Erledigung im Einzelfall einer streitigen Hauptsacheentscheidung zuvorkommen kann, berührt Art. 19 Abs. 4 GG nicht. Die Rechtsweggarantie verbietet zwar, gesetzliche Zulässigkeitsanforderungen so auszulegen, dass ein gesetzlich eröffneter Rechtsbehelf leerläuft, weil das weitere Beschreiten des Rechtswegs unzumutbar und ohne sachliche Rechtfertigung erschwert wird (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 2010 - 2 BvR 1023/08 - NJW 2011, 137 m.w.N.). Einen solchen Leerlauf hat die dargestellte Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses aber nicht zur Folge. Ihre sachliche Rechtfertigung und die Zumutbarkeit ihrer prozessualen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass eine großzügigere Handhabung der Klägerin mangels berechtigten rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Interesses keinen relevanten Vorteil bringen könnte und auch nicht dazu erforderlich ist, maßnahmenspezifische Rechtsschutzlücken zu vermeiden.

32

Entgegen der Auffassung der Klägerin wird deren prozessualer Aufwand mit der endgültigen Erledigung des Verfahrens, wenn kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen ist, auch nicht entwertet. Das ursprüngliche Klageziel, die Beseitigung der Untersagung, wird infolge der zur Erledigung führenden Befristung durch das Unwirksamwerden der Verbotsverfügung mit Fristablauf erreicht. Das prozessuale Vorbringen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage im Zeitpunkt der Erledigung kann sich bei der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO zugunsten der Klägerin auswirken. Eine Hauptsacheentscheidung in jedem Einzelfall oder gar ein vollständiger Instanzenzug wird durch Art. 19 Abs. 4 GG nicht gewährleistet.

33

(3) Aus der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs im Sinne des Art. 47 GRC ergibt sich keine Verpflichtung, das Merkmal des berechtigten Interesses nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO weiter auszulegen.

34

Allerdings ist nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass der sachliche Anwendungsbereich der Grundrechtecharta nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC eröffnet ist, weil die Klägerin Rechtsschutz wegen einer Beschränkung ihrer Dienstleistungsfreiheit begehrt. Zur mitgliedstaatlichen Durchführung des Unionsrechts im Sinne der Vorschrift rechnet der Gerichtshof nicht nur Umsetzungsakte im Sinne eines unionsrechtlich - zumindest teilweise - determinierten Vollzugs, sondern auch mitgliedstaatliche Eingriffe in Grundfreiheiten nach Maßgabe der allgemeinen unionsrechtlichen Schrankenvorbehalte. An dieser Rechtsprechung, die vor Inkrafttreten der Charta zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs unionsrechtlicher Grundrechte als allgemeiner Grundsätze des Unionsrechts entwickelt wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 1991 - Rs. C-260/89, ERT - Slg. 1991, I-2925 Rn. 42), hält der Gerichtshof weiterhin fest. Er geht von einer mitgliedstaatlichen Bindung an die Unionsgrundrechte im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts aus und verweist dazu auf die Erläuterungen zu Art. 51 GRC, die nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 7 GRC bei der Auslegung der Charta zu berücksichtigen sind (EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10, Akerberg Fransson - EuZW 2013, 302 ). Wie diese Abgrenzungsformel im Einzelnen zu verstehen ist, inwieweit bei ihrer Konkretisierung grammatische und entstehungsgeschichtliche Anhaltspunkte für eine bewusste Begrenzung des Anwendungsbereichs durch Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRC maßgeblich und welche Folgerungen aus kompetenzrechtlichen Grenzen zu ziehen sind (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 88 und 90; zur Entstehungsgeschichte Borowsky, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Aufl. 2011, S. 643 ff.), bedarf hier keiner Klärung. Geht man von der Anwendbarkeit des Art. 47 GRC aus, ist dieser jedenfalls nicht verletzt.

35

Mit der Verpflichtung, einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Rechtsverletzungen zur Verfügung zu stellen, konkretisiert Art. 47 Abs. 1 GRC den allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz effektiven Rechtsschutzes (dazu vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 - Rs. C-279/09, DEB - EuZW 2011, 137 und Beschluss vom 13. Juni 2012 - Rs. C-156/12, GREP - juris ). Er hindert den mitgliedstaatlichen Gesetzgeber aber nicht, für die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs ein qualifiziertes Interesse des Klägers zu fordern und diese Anforderung im Sinne der soeben unter (1) und (2) (Rn. 27 und 28 ff.) dargelegten Kriterien zu konkretisieren.

36

Wie sich aus den einschlägigen unionsgerichtlichen Entscheidungen ergibt, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, im Rahmen der Ausgestaltung ihres Prozessrechts die Klagebefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen zu normieren. Begrenzt wird das mitgliedstaatliche Ermessen bei der Regelung solcher Zulässigkeitsvoraussetzungen durch das unionsrechtliche Äquivalenzprinzip, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Effektivitätsgebot (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 - Rs. C-87/90 u.a., Verholen u.a. ./. Sociale Verzekeringsbank - Slg. 1991, I-3783 Rn. 24 und vom 16. Juli 2009 - Rs. C-12/08, Mono Car Styling ./. Dervis Odemis u.a. - Slg. 2009, I-6653 Rn. 49; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. Rn. 39 f.).

37

Das Äquivalenzprinzip verlangt eine Gleichwertigkeit der prozessrechtlichen Bedingungen für die Durchsetzung von Unionsrecht und mitgliedstaatlichem Recht (EuGH, Urteil vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet ./. Justitiekansler - Slg. 2005, I-2301 Rn. 43). Es ist hier nicht betroffen, weil die dargelegte verfassungskonforme Konkretisierung des Fortsetzungsfeststellungsinteresses gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht danach unterscheidet, ob eine Verletzung von Unions- oder mitgliedstaatlichem Recht geltend gemacht wird.

38

Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verbietet eine Zulässigkeitsregelung, die das Recht auf Zugang zum Gericht in seinem Wesensgehalt selbst beeinträchtigt, ohne einem unionsrechtlich legitimen Zweck zu dienen und im Verhältnis dazu angemessen zu sein (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 60 und Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. Rn. 39 f.). Hier fehlt schon eine den Wesensgehalt des Rechts selbst beeinträchtigende Rechtswegbeschränkung. Sie liegt vor, wenn dem Betroffenen der Zugang zum Gericht trotz einer Belastung durch die beanstandete Maßnahme verwehrt wird, weil die fragliche Regelung für den Zugang zum Recht ein unüberwindliches Hindernis aufrichtet (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2010 a.a.O. Rn. 61; Beschluss vom 13. Juni 2012 a.a.O. Rn. 41). Danach kommt es - nicht anders als nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 19 Abs. 4 GG - maßgeblich darauf an, dass der Betroffene eine ihn belastende Eingriffsmaßnahme gerichtlich überprüfen lassen kann. Das war hier gewährleistet, da die Untersagungsverfügung bis zu ihrer endgültigen Erledigung angefochten werden konnte und § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO eine Fortsetzungsfeststellung ermöglichte, soweit diese noch zur Abwendung fortwirkender Nachteile von Nutzen sein konnte. Dass die Vorschrift keinen darüber hinausgehenden Anspruch auf eine Fortsetzung des Prozesses nur zum Zweck nachträglicher Rechtsklärung vorsieht, widerspricht nicht dem Wesensgehalt der Garantie eines wirksamen Rechtsbehelfs. Unabhängig davon wäre selbst eine Beeinträchtigung des Rechts in seinem Wesensgehalt verhältnismäßig. Sie wäre geeignet, erforderlich und angemessen, die Prozessökonomie zur Verwirklichung des unionsrechtlich legitimen Ziels zügigen, effektiven Rechtsschutzes für alle Rechtssuchenden zu wahren.

39

Das Effektivitätsgebot ist ebenfalls nicht verletzt. Es fordert eine Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Rechts, die die Ausübung unionsrechtlich gewährleisteter Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder unzumutbar erschwert (EuGH, Urteile vom 11. Juli 1991 a.a.O. und vom 13. März 2007 a.a.O. Rn. 43). Bezogen auf die mitgliedstaatliche Regelung prozessualer Zulässigkeitsvoraussetzungen ergibt sich daraus, dass den Trägern unionsrechtlich begründeter Rechte gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stehen muss, der eine wirksame Kontrolle jeder Rechtsverletzung und damit die Durchsetzbarkeit des betroffenen Rechts gewährleistet. Diese Anforderungen gehen nicht über die aus Art. 19 Abs. 4 GG herzuleitende Gewährleistung einer gerichtlichen Überprüfbarkeit jedes Eingriffs in einem Hauptsacheverfahren hinaus. Insbesondere lässt sich aus dem Effektivitätsgebot keine Verpflichtung herleiten, eine Fortsetzung der gerichtlichen Kontrolle nach Erledigung des Eingriffs unabhängig von einem rechtlichen, ideellen oder wirtschaftlichen Nutzen für die Klägerin allein unter dem Gesichtspunkt eines abstrakten Rechtsklärungsinteresses vorzusehen (vgl. die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, in: - Rs. C-83/91, Meilicke/ADV/ORGA AG - vom 8. April 1992, Slg. 1992, I-4897 Rn. 5). Das gilt erst recht, wenn die Maßnahme bereits Gegenstand einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung war und sich erst im Rechtsmittelverfahren erledigt hat.

40

An der Richtigkeit dieser Auslegung des Art. 47 Abs. 1 GRC und des unionsrechtlichen Grundsatzes effektiven Rechtsschutzes bestehen unter Berücksichtigung der zitierten unionsgerichtlichen Rechtsprechung keine ernsthaften Zweifel im Sinne der acte-clair-Doktrin (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C-283/81, C.I.L.F.I.T. u.a. - Slg. 1982, I-3415 Rn. 16 ff.). Die von der Klägerin angeregte Vorlage an den Gerichtshof ist deshalb nach Art. 267 Abs. 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) nicht geboten.

41

dd) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aus der Präjudizwirkung der beantragten Feststellung für den von der Klägerin angestrebten Staatshaftungsprozess. Auch das Berufungsgericht hat das nicht angenommen. Ein Präjudizinteresse kann nur bestehen, wenn die beabsichtigte Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen nicht offensichtlich aussichtslos ist. Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs im zivilgerichtlichen Haftungsprozess genügt nicht. Offensichtlich aussichtslos ist eine Staatshaftungsklage jedoch, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und dies sich ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (Urteile vom 14. Januar 1980 - BVerwG 7 C 92.79 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVerwG 4 C 29.90 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 247 S. 90 und vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <92> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte. Hier drängt sich schon ohne eine detaillierte Würdigung auf, dass der Klägerin selbst bei Rechtswidrigkeit der Untersagung keine staatshaftungsrechtlichen Ansprüche zustehen.

42

Die Voraussetzungen der Amtshaftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs (zu dessen Herleitung vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und 9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I-5357 Rn. 35) liegen ersichtlich nicht vor, ohne dass es insoweit einer ins Einzelne gehenden Prüfung bedürfte. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht.

43

(1) Für den Zeitraum vom Erlass der Untersagung bis zum Ergehen der unionsgerichtlichen Urteile zu den deutschen Sportwettenmonopolen (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8099; - Rs. C-46/08, Carmen Media Group - Slg. 2010, I-8175 und - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8041) scheidet ein Amtshaftungsanspruch aus, weil den Amtswaltern selbst bei Rechtswidrigkeit der zur Begründung der Untersagung herangezogenen Monopolregelung keine schuldhaft-fehlerhafte Rechtsanwendung zur Last zu legen ist. Die unionsrechtliche Staatshaftung greift für diesen Zeitraum nicht ein, da ein etwaiger Verstoß gegen das Unionsrecht nicht hinreichend qualifiziert war.

44

(a) Einem Amtswalter ist auch bei fehlerhafter Rechtsanwendung regelmäßig kein Verschulden im Sinne des § 839 BGB vorzuwerfen, wenn seine Amtstätigkeit durch ein mit mehreren rechtskundigen Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht aufgrund einer nicht nur summarischen Prüfung als objektiv rechtmäßig angesehen wird (Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <105 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32; BGH, Urteil vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84 - BGHZ 97, 97 <107>). Das Verwaltungsgericht hat die angegriffene Untersagungsverfügung im Hauptsacheverfahren - unabhängig von der Wirksamkeit und Anwendbarkeit des Monopols - für rechtmäßig gehalten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bejahte seinerzeit in ständiger Rechtsprechung die Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit höherrangigem Recht sowie die Rechtmäßigkeit darauf gestützter Untersagungen unerlaubter Wettvermittlung (vgl. VGH München, Urteile vom 18. Dezember 2008 - 10 BV 07.558 - ZfWG 2009, 27 und - 10 BV 07.774/775 - juris). Er hat diese Auffassung erst im Hinblick auf die im Herbst 2010 veröffentlichten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 (a.a.O.) sowie die daran anknüpfenden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272, - BVerwG 8 C 15.09 - NWVBl 2011, 307 sowie - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273) in einer Eilentscheidung im Frühjahr 2011 aufgegeben (VGH München, Beschluss vom 21. März 2011 - 10 AS 10.2499 - ZfWG 2011, 197 = juris Rn. 24 ff.). Die Orientierung an der berufungsgerichtlichen Rechtsprechung kann den Amtswaltern auch nicht etwa vorgeworfen werden, weil die kollegialgerichtlichen Entscheidungen bis Ende 2010 - für sie erkennbar - von einer schon im Ansatzpunkt völlig verfehlten rechtlichen Betrachtung ausgegangen wären (zu diesem Kriterium vgl. Urteil vom 17. August 2005 a.a.O. S. 106 f.). Hinreichend geklärt war ein etwaiger Verstoß gegen unionsrechtliche Vorgaben jedenfalls nicht vor Ergehen der zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 - III ZR 196/11 - EuZW 2013, 194 Rn. 22 ff.), die durch die nachfolgenden Urteile des Senats in Bezug auf das bayerische Monopol konkretisiert wurden. Der Gerichtshof der Europäischen Union stellte seinerzeit erstmals klar, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinn nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern darüber hinaus eine Kohärenz auch zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordert. Außerdem präzisierte er die Grenzen zulässiger, nicht auf Expansion gerichteter Werbung für die besonders umstrittene Imagewerbung.

45

(b) Im Zeitraum bis zum Herbst 2010 fehlt es auch an einem hinreichend qualifizierten Rechtsverstoß, wie er für die unionsrechtliche Staatshaftung erforderlich ist. Diese setzt eine erhebliche und gleichzeitig offenkundige Verletzung des Unionsrechts voraus. Maßgeblich dafür sind unter anderem das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, der Umfang des durch sie belassenen Ermessensspielraums und die Frage, ob Vorsatz bezüglich des Rechtsbruchs oder des Zufügens des Schadens vorlag, sowie schließlich, ob ein Rechtsirrtum entschuldbar war (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46 und 48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1029 Rn. 51 und 55). Nach diesen Kriterien kann zumindest bis zu den zitierten Entscheidungen des Gerichtshofs von einer offenkundigen erheblichen Verletzung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit durch die Monopolregelung nicht die Rede sein. Mangels Harmonisierung des Glücksspielbereichs stand den Mitgliedstaaten ein weites Regelungsermessen zur Verfügung. Seine durch die Grundfreiheiten gezogenen Grenzen waren jedenfalls bis zur unionsgerichtlichen Konkretisierung der intersektoralen Kohärenz nicht so genau und klar bestimmt, dass ein etwaiger Rechtsirrtum unentschuldbar gewesen wäre.

46

(2) Für den anschließenden Zeitraum bis zur endgültigen Erledigung der angegriffenen Untersagung am 30. Juni 2012 bedarf es keiner Prüfung, ob eine schuldhaft fehlerhafte Rechtsanwendung der Behörden oder ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht zu bejahen ist. Jedenfalls fehlt offensichtlich die erforderliche Kausalität zwischen einer etwaigen Rechtsverletzung und dem möglicherweise geltend zu machenden Schaden. Das ergibt sich schon aus den allgemeinen Grundsätzen zur Kausalität von fehlerhaften Ermessensentscheidungen für einen etwaigen Schaden.

47

(a) Die Amtshaftung setzt gemäß § 839 BGB voraus, dass der Schaden durch das schuldhaft rechtswidrige Handeln des Amtsträgers verursacht wurde. Bei Ermessensentscheidungen ist das zu verneinen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch bei fehlerfreier Rechtsanwendung dieselbe zum Schaden führende Entscheidung getroffen worden wäre (BGH, Beschlüsse vom 21. Januar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vinke, in: Soergel, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd. 12, Stand: Sommer 2005, § 839 Rn. 176, zur Unterscheidung von der Figur rechtmäßigen Alternativverhaltens vgl. ebd. Rn. 178).

48

Die unionsrechtliche Staatshaftung greift nur bei einem unmittelbaren Kausalzusammenhang zwischen der hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverletzung und dem Schaden ein. Diese unionsrechtlich vorgegebene Haftungsvoraussetzung ist im mitgliedstaatlichen Recht umzusetzen (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 a.a.O. Rn. 51). Sie ist erfüllt, wenn ein unmittelbarer ursächlicher und adäquater Zusammenhang zwischen dem hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverstoß und dem Schaden besteht (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1996 - III ZR 127/91 - BGHZ 134, 30 <39 f.>; Papier, in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2009, § 839 Rn. 101). Bei Ermessensentscheidungen ist dieser Kausalzusammenhang nicht anders zu beurteilen als in den Fällen der Amtshaftung. Er fehlt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schaden auch bei rechtsfehlerfreier Ermessensausübung eingetreten wäre.

49

Nach beiden Anspruchsgrundlagen käme daher eine Haftung nur in Betracht, wenn feststünde, dass der Schaden bei rechtmäßiger Ermessensausübung vermieden worden wäre. Das ist für den noch offenen Zeitraum vom Herbst 2010 bis zum 30. Juni 2012 offenkundig zu verneinen. In dieser Zeit war eine Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zur Durchsetzung des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nach § 4 Abs. 1 GlüStV ermessensfehlerfrei gemäß Art. 40 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) möglich.

50

(b) Der Erlaubnisvorbehalt selbst war unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols verfassungskonform (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 ; BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 73, 77 ff.) und verstieß auch nicht gegen Unionsrecht. Er diente nicht allein dem Schutz des Monopols, sondern auch unabhängig davon den verfassungs- wie unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung. Das in Art. 2 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (BayAGGlüStV) näher geregelte Erlaubnisverfahren ermöglichte die präventive Prüfung, ob unter anderem die für die Tätigkeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit vorlag (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayAGGlüStV) und die in Art. 2 Abs. 1 BayAGGlüStV in Bezug genommenen Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes nach §§ 4 ff. GlüStV sowie die besonderen Regelungen der gewerblichen Vermittlung und des Vertriebs von Sportwetten nach §§ 19, 21 GlüStV beachtet wurden. Diese gesetzlichen Anforderungen waren im Hinblick auf das damit verfolgte Ziel verhältnismäßig und angemessen (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - a.a.O. Rn. 80 f., 83). Darüber hinaus waren sie hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend. Gegen etwa rechtswidrige Ablehnungsentscheidungen standen wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung (zu diesen Anforderungen vgl. EuGH, Urteile vom 9. September 2010 - Rs. C-64/08, Engelmann - Slg. 2010 I-8219 Rn. 54 f., vom 19. Juli 2012 - Rs. C-470/11, SIA Garkalns - NVwZ 2012, 1162 sowie vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 und C-209/11, Stanleybet Int. Ltd. u.a. - ZfWG 2013, 95 ).

51

(c) Weil die Klägerin nicht über die erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung und die Vermittlung der von ihr vertriebenen Sportwetten verfügte, war der Tatbestand der Untersagungsermächtigung offenkundig erfüllt. Art. 40 BayVwVfG ließ auch eine Ermessensausübung im Sinne einer Untersagung zu. Sie entsprach dem Zweck der Norm, da die Untersagungsermächtigung dazu diente, die vorherige behördliche Prüfung der Erlaubnisfähigkeit der beabsichtigten Gewerbetätigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten Tätigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren. Die Rechtsgrenzen des Ermessens schlossen ein Verbot ebenfalls nicht aus. Insbesondere verpflichtete das Verhältnismäßigkeitsgebot die Beklagte nicht, von einer Untersagung abzusehen und die formell illegale Tätigkeit zu dulden. Das wäre nur anzunehmen, wenn die formell illegale Tätigkeit die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen - mit Ausnahme der möglicherweise rechtswidrigen Monopolvorschriften - erfüllte und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar war. Dann war die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der nicht monopolabhängigen Erlaubnisvoraussetzungen rechtfertigten dagegen ein Einschreiten. In diesem Fall war die Untersagung notwendig, die Klärung im Erlaubnisverfahren zu sichern und zu verhindern, dass durch die unerlaubte Tätigkeit vollendete Tatsachen geschaffen und ungeprüfte Gefahren verwirklicht wurden.

52

Aus dem Urteil des Senats vom 1. Juni 2011 (BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 55; vgl. die Parallelentscheidungen vom selben Tag - BVerwG 8 C 4.10 - ZfWG 2011, 341 und Urteile vom 11. Juli 2011 - BVerwG 8 C 11.10 und BVerwG BVerwG 8 C 12.10 - je juris Rn. 53) ergibt sich nichts anderes. Die dortige Formulierung, der Erlaubnisvorbehalt rechtfertige eine vollständige Untersagung nur bei Fehlen der Erlaubnisfähigkeit, mag Anlass zu Missverständnissen gegeben haben. Sie ist aber nicht als Verschärfung der Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit präventiver Untersagungen zu verstehen und behauptet keine Pflicht der Behörde, eine unerlaubte Tätigkeit bis zur Klärung ihrer Erlaubnisfähigkeit zu dulden. Das ergibt sich schon aus dem Zusammenhang der zitierten Formulierung mit der unmittelbar daran anschließenden Erwägung, bei Zweifeln hinsichtlich der Beachtung von Vorschriften über die Art und Weise der Gewerbetätigkeit kämen zunächst Nebenbestimmungen in Betracht. Dies beschränkt die Durchsetzbarkeit des glücksspielrechtlichen Erlaubnisvorbehalts nicht auf Fälle, in denen bereits feststeht, dass die materielle Erlaubnisfähigkeit endgültig und unbehebbar fehlt. Hervorgehoben wird nur, dass eine vollständige Untersagung unverhältnismäßig ist, wenn Nebenbestimmungen ausreichen, die Legalität einer im Übrigen offensichtlich erlaubnisfähigen Tätigkeit zu sichern. Das setzt zum einen den Nachweis der Erlaubnisfähigkeit im Übrigen und zum anderen einen Erlaubnisantrag voraus, da Nebenbestimmungen sonst nicht erlassen werden können. Solange nicht offensichtlich ist, dass die materielle Legalität vorliegt oder jedenfalls allein mit Nebenbestimmungen gesichert werden kann, bleibt die Untersagung zur Gefahrenabwehr erforderlich. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Urteil vom 24. November 2010 (BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273). Es erkennt eine Reduzierung des Untersagungsermessens zulasten des Betroffenen an, wenn feststeht, dass dessen unerlaubte Tätigkeit wesentliche Erlaubnisvoraussetzungen nicht erfüllt. Damit bietet es jedoch keine Grundlage für den - unzulässigen - Umkehrschluss, nur in diesem Fall sei eine Untersagung verhältnismäßig.

53

Die unionsgerichtliche Rechtsprechung, nach der gegen den Betroffenen keine strafrechtlichen Sanktionen wegen des Fehlens einer unionsrechtswidrig vorenthaltenen oder verweigerten Erlaubnis verhängt werden dürfen (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2007 I-1932 Tenorziffer 4 und Rn. 68 ff. sowie vom 16. Februar 2002 - Rs. C-72/10 und C-77/10, Costa und Cifone - EuZW 2012, 275 ), schließt eine ordnungsrechtliche präventive Untersagung bis zur Klärung der - monopolunabhängigen - Erlaubnisfähigkeit ebenfalls nicht aus. Insbesondere verlangt das Unionsrecht selbst bei Rechtswidrigkeit des Monopols keine - und erst recht keine sofortige - Öffnung des Markts für alle Anbieter ohne jede präventive Kontrolle. Vielmehr steht es dem Mitgliedstaat in einer solchen Situation frei, das Monopol zu reformieren oder sich für eine Liberalisierung des Marktzugangs zu entscheiden. In der Zwischenzeit ist er lediglich verpflichtet, Erlaubnisanträge privater Anbieter nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu prüfen und zu bescheiden (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - a.a.O. Rn. 39, 44, 46 ff.). Einen Anspruch auf Duldung einer unerlaubten Tätigkeit vermittelt das Unionsrecht auch bei Unanwendbarkeit der Monopolregelung nicht.

54

Keiner näheren Prüfung bedarf die Verhältnismäßigkeit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts für den Fall, dass die Betroffenen keine Möglichkeit hatten, eine Erlaubnis zu erlangen. Der Freistaat Bayern hat nämlich die Entscheidungen des Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum Anlass genommen, das Erlaubnisverfahren nach Art. 2 BayAGGlüStV für private Anbieter und die Vermittler an diese zu öffnen. Entgegen der Auffassung der Klägerin bot diese Regelung in Verbindung mit den Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens. Die Zuständigkeit der Regierung der Oberpfalz ergab sich aus Art. 2 Abs. 4 Nr. 3 BayAGGlüStV. Einer etwaigen Rechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols konnte durch Nichtanwenden der Monopol- und monopolakzessorischen Regelungen Rechnung getragen werden. Die gesetzlich normierten materiell-rechtlichen Anforderungen an das Wettangebot und dessen Vermittlung ließen sich entsprechend auf das Angebot privater Wettunternehmer und dessen Vertrieb anwenden. Einzelheiten, etwa die Richtigkeit der Konkretisierung einer solchen entsprechenden Anwendung in den im Termin zur mündlichen Verhandlung angesprochenen, im Verfahren BVerwG 8 C 15.12 vorgelegten Checklisten sowie die Frage, ob und in welcher Weise private Anbieter in das bestehende Spielersperrsystem einzubeziehen waren, müssen hier nicht erörtert werden. Aus verfassungs- und unionsrechtlicher Sicht genügt es, dass eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der Vorschriften mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und deren Vermittler möglich war und dass diesen gegen etwa rechtsfehlerhafte Ablehnungsentscheidungen effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung stand. Der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand, eine Erlaubniserteilung sei bisher nicht bekannt geworden, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zwangsläufig auf systematische Rechtsverstöße zurückzuführen. Er kann sich auch daraus ergeben haben, dass in den zur Kenntnis des Berufungsgerichts gelangten Fällen mindestens eine wesentliche und auch nicht durch Nebenbestimmungen zu sichernde Erlaubnisvoraussetzung fehlte.

55

(d) Im vorliegenden Falle war die materielle Erlaubnisfähigkeit der unerlaubten Tätigkeit für die Behörde der Beklagten im Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht offensichtlich. Vielmehr war für sie nicht erkennbar, inwieweit die gewerbliche Sportwettenvermittlung der Klägerin den ordnungsrechtlichen Anforderungen insbesondere des Jugend- und des Spielerschutzes genügte. Die Klägerin hatte dazu keine aussagekräftigen Unterlagen vorgelegt, sondern meinte, ihre unerlaubte Tätigkeit müsse aus unionsrechtlichen Gründen hingenommen werden.

56

Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten ist auch nicht festzustellen, dass diese die unerlaubte Tätigkeit in Kenntnis der Möglichkeit einer rechtsfehlerfreien Untersagung geduldet hätte.

57

(3) Weitere Anspruchsgrundlagen für eine Staatshaftung kommen nicht in Betracht. Eine über die Amtshaftung und den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hinausgehende Haftung für eine rechtswidrige Inanspruchnahme als Störer sieht das bayerische Landesrecht nicht vor (vgl. Art. 70 ff. des Polizeiaufgabengesetzes - BayPAG).

58

ee) Andere Umstände, aus denen sich ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin ergeben könnte, sind nicht erkennbar.

59

2. In Bezug auf den Bescheid vom 28. November 2007 hat die Revision der Beklagten dagegen keinen Erfolg.

60

Insoweit ist die Klage als Anfechtungsklage unverändert zulässig. Dieser Bescheid erledigte sich nicht endgültig mit Erlass des weiteren Bescheides vom 5. Dezember 2007, weil dieser ihn nicht rückwirkend aufgehoben, sondern nur für die nachfolgende Zeit ersetzt hat. Der erste Bescheid lag nach den Feststellungen der Vorinstanz auch weiterhin der Vollstreckung durch die Einziehung des bereits fällig gestellten Zwangsgeldes zugrunde. Da die Klägerin das Zwangsgeld gezahlt hat, gehen von diesem Bescheid als Rechtsgrund der Vermögensverschiebung unverändert nachteilige Rechtswirkungen für sie aus. Die Anfechtungsklage bleibt daher statthaft; bei einer Aufhebung der Untersagung und Zwangsgeldandrohung vom 28. November 2007 kann die Klägerin die Rückabwicklung der Vollstreckung verlangen.

61

Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die Anfechtungsklage auch - im Ergebnis - zu Recht für begründet gehalten. Seine Annahme, die Untersagungsverfügung vom 28. November 2007 sei während ihrer Wirksamkeit bis zum 5. Dezember 2007 rechtswidrig gewesen, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

62

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Untersagung der Sportwettenvermittlung nach dem - irrevisiblen - Landesrecht erfüllt waren, weil weder die Klägerin noch das Wettunternehmen, an das sie Sportwetten vermittelte, über eine inländische Erlaubnis verfügte (vgl. Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz i.V.m. §§ 284, 27 StGB). Mangels europarechtlicher Harmonisierung musste die Beklagte die dem Wettunternehmen im EU-Ausland erteilte Konzession nicht als solche Erlaubnis anerkennen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 112). Die Entscheidung, die hiernach unerlaubte Tätigkeit zu untersagen, stellte das Landesrecht in das Ermessen der Beklagten. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass diese ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Hiergegen wendet sich die Revision der Beklagten ohne Erfolg (a). Eine Ermessensausübung war nicht etwa entbehrlich, weil der Ermessensspielraum der Beklagten auf Null reduziert und diese zu einer Untersagung verpflichtet gewesen wäre (b). Die Beklagte hat die Defizite ihrer Ermessenserwägungen auch nicht nachträglich geheilt (c).

63

a) Die Beklagte hat ihre Ermessensentscheidung, die unerlaubte Tätigkeit der Klägerin zu verbieten, im angegriffenen Bescheid maßgeblich damit begründet, dass die erforderliche Erlaubnis wegen des staatlichen Sportwettenmonopols nicht erteilt werden könne. Diese Erwägung war rechtsfehlerhaft, da sie zu Unrecht von der Anwendbarkeit der Monopolregelung (vgl. § 5 Abs. 4 Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland - LottStV) ausging. Wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend ausführt, war die Monopolregelung unanwendbar, weil sie den unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen nicht genügte und deshalb die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit unverhältnismäßig beschränkte (aa). Zwar hat das Berufungsgericht insofern allein auf Umstände abgestellt, die diesen Schluss nicht rechtfertigen (bb). Seine Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (cc). Das kann der Senat beurteilen, ohne dass es einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bedürfte (dd).

64

aa) Der persönliche Anwendungsbereich der Niederlassungs- wie der Dienstleistungsfreiheit ist eröffnet, da die Klägerin nach deutschem Recht gegründet wurde und ihren Sitz im Inland hat. Ob der sachliche Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 Abs. 1 AEUV einschlägig ist oder - sofern das Wettbüro der Klägerin nicht als inländische Präsenz des Wettunternehmers anzusehen war - subsidiär die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV eingreift, kann offenbleiben. Die Monopolregelung beschränkt beide Freiheiten. In ihrem räumlichen, inländischen Geltungsbereich schließt sie das Veranstalten von Wetten durch andere als den Monopolträger aus. Darüber hinaus lässt sie eine Wettvermittlung an andere Wettunternehmen als den Monopolanbieter nicht zu. Die unionsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung der Beschränkung sind ebenfalls für beide Grundfreiheiten deckungsgleich. Die Beschränkung muss das Diskriminierungsverbot beachten sowie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten, unionsrechtlich legitimen Ziels zu gewährleisten. Außerdem darf sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 ).

65

Das staatliche Sportwettenmonopol, das im Freistaat Bayern im hier maßgeblichen Zeitraum vom 28. November bis zum 4. Dezember 2007 nach Maßgabe des Staatsvertrags zum Lotteriewesen in Deutschland vom 13. Februar 2004 (Lotteriestaatsvertrag) - LottStV - (BayGVBl S. 230) und des Gesetzes über die vom Freistaat Bayern veranstalteten Lotterien und Wetten vom 29. April 1999 - Staatslotteriegesetz - (BayGVBl S. 226) ausgestaltet war, beschränkte die Dienstleistungsfreiheit. Da es die Veranstaltung von Sportwetten dem staatlichen Monopolträger vorbehielt, ließ es eine Vermittlung von Sportwetten an Wettanbieter im EU-Ausland nicht zu.

66

Zu Recht ist der Verwaltungsgerichtshof davon ausgegangen, dass diese Beschränkung im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt werden konnte, weil sie unverhältnismäßig war. Er hat auch zutreffend angenommen, dass das unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgebot eine kohärente Ausgestaltung des Monopols verlangt, und dass sich innerhalb des Kohärenzgebots zwei Anforderungen unterscheiden lassen. Der Mitgliedstaat muss zum einen unionsrechtlich legitime Ziele - wie etwa den Schutz der Verbraucher, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen - im Anwendungsbereich der Regelung tatsächlich verfolgen. Er darf nicht "scheinheilig" legitime Ziele vorgeben, in Wahrheit aber andere - namentlich fiskalische - Ziele anstreben, die die Beschränkung nicht legitimieren können (EuGH, Urteile vom 21. Oktober 1999 - Rs. C-67/98, Zenatti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. November 2003 - Rs. C-243/01, Gambelli u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 67 ff. und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 88 ff. sowie Rs. C-46/08, Carmen Media - Slg. 2010, I-8175 Rn. 55, 64 ff.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - BVerwG 8 C 2.10 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45). Zum anderen darf die in Rede stehende Regelung nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielsektoren konterkariert werden. Damit verlangt das Kohärenzgebot weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 95 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 62 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Bedeutung gewinnt das namentlich in Mitgliedstaaten wie Deutschland, zu deren Verfassungsgrundsätzen eine bundesstaatliche Gliederung in Bund und mehrere Länder mit je eigener Gesetzgebungsautonomie gehört (vgl. Abs. 1, Abs. 3, ). Jedoch führt es zur Inkohärenz der Monopolregelung, wenn in anderen Glücksspielsektoren - auch wenn für sie andere Hoheitsträger desselben Mitgliedstaates zuständig sind - Umstände durch entsprechende Vorschriften herbeigeführt oder, wenn sie vorschriftswidrig bestehen, strukturell geduldet werden, die - sektorenübergreifend - zur Folge haben, dass die in Rede stehende Regelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele tatsächlich nicht beitragen kann, so dass ihre Eignung zur Zielerreichung aufgehoben wird (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f.; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 a.a.O.; vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 14.09 - BVerwGE 138, 201 Rn. 82 = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 272).

67

bb) Das Berufungsgericht hat allein auf die zweite Anforderung des Kohärenzgebots abgestellt, dabei aber unzutreffend angenommen, dass sie eine systematisch am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte, aufeinander abgestimmte Regelung sämtlicher Glücksspielbereiche verlangt. Diese Annahme findet in Art. 56 AEUV und dessen Auslegung durch die einschlägigen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union keine Grundlage. Zwar reicht zur Prüfung der Geeignetheit des Monopols eine sektorale, auf den Monopolbereich beschränkte Kohärenzprüfung nicht aus. Vielmehr sind auch die Auswirkungen einer etwa gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit mindestens gleich hohem Suchtpotenzial zu berücksichtigen. Damit wird der Prüfungsgegenstand jedoch weder von der Verhältnismäßigkeit der Monopolregelungen auf die Verhältnismäßigkeit der anderen Regelungen erweitert, noch setzt die Kohärenz des Monopols eine kohärente Regelung der anderen Bereiche voraus. Erst recht bedarf es keines gebiets- und zuständigkeitsübergreifend konzipierten Systems aufeinander abgestimmter Regelungen im Sinne einer sämtliche Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz. Eine solche Konkretisierung ließe unberücksichtigt, dass die Verhältnismäßigkeit für jede Beschränkung gesondert zu prüfen ist (EuGH, Urteile vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04, Placanica u.a. - Slg. 2004, I-1932 Rn. 49 und vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 93), und verlöre den Gegenstand der Prüfung - die Geeignetheit der Monopolregelung zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten legitimen Ziele - aus dem Blick. Außerdem stieße sie auf verfassungs- und unionsrechtliche Bedenken. Wegen des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung der Europäischen Union ist der demokratisch legitimierte, mitgliedstaatliche Gesetzgeber im nicht harmonisierten Glücksspielrecht grundsätzlich frei, das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, die mit der Glücksspielpolitik verfolgten Ziele festzulegen und einzelne Glücksspielbereiche aufgrund seiner parlamentarischen Einschätzungsprärogative entsprechend auszugestalten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 45 f., 58). Dies gilt bei bundesstaatlich verfassten Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer föderalen Kompetenzordnung für jeden im Mitgliedstaat tätigen Gesetzgeber. Die unionsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen diese Befugnis und verbieten unverhältnismäßige Beschränkungen. Sie verpflichten den Mitgliedstaat jedoch nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen.

68

Nach der unionsgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine Inkohärenz wegen konterkarierender Regelungen nicht schon vor, wenn in einem anderen Glücksspielbereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Politik verfolgt wird, sondern ausdrücklich nur, wenn dies zur Folge hat, dass das der Errichtung des Monopols zugrunde liegende Ziel mit diesem nicht mehr wirksam verfolgt werden kann (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68). Entgegen der Annahme des Berufungsurteils und der Auffassung der Klägerin ist eine Folgenbetrachtung also nicht entbehrlich. Da die Monopolregelung allein in ihrem Anwendungsbereich wirksam werden kann, können Beeinträchtigungen ihrer Wirksamkeit nur dort ermittelt werden. Danach kommt es auf die Rückwirkungen der gegenläufigen Glücksspielpolitik im anderen Glücksspielsektor auf den Monopolbereich an. Festgestellt werden muss, inwieweit diese Glücksspielpolitik die Wirksamkeit der Monopolregelung und deren Beitrag zur Verwirklichung der mit ihr verfolgten Ziele beeinträchtigt. Darin liegt keine Rückkehr zu einer unzureichenden sektoralen Kohärenzprüfung. Diese blendete mögliche Folgen einer Expansionspolitik in anderen Glücksspielbereichen für den Bereich der Sportwetten aus; die intersektorale Kohärenzprüfung bezieht sie dagegen mit ein. Sie lehnt nur die weitergehende Forderung nach einer alle Glücksspielbereiche überspannenden Gesamtkohärenz ab, da für die Geeignetheit der Monopolregelung nur ihr eigener Beitrag zur Zielverwirklichung maßgeblich ist.

69

Zur Widerlegung dieser speziell zum Glücksspielrecht entwickelten Konkretisierung des Kohärenzgebots ist die im angegriffenen Urteil zitierte ältere Rechtsprechung zur Dienstleistungsfreiheit nicht geeignet. Auch auf den Vortrag der Klägerin, der Pressemitteilung des Gerichtshofs sei Gegenteiliges zu entnehmen, kommt es mangels rechtlicher Verbindlichkeit solcher Mitteilungen nicht an. Maßgebend sind die einschlägigen Entscheidungen selbst. Ihre Tenorierung lässt keinen Zweifel daran, dass aus der Feststellung einer gegenläufigen Glücksspielpolitik in einem anderen Bereich mit gleichem oder höherem Suchtpotenzial noch keine Inkohärenz der Monopolregelung folgt. Den Entscheidungsformeln zufolge kann das vorlegende Gericht, wenn es eine den Monopolzielen zuwiderlaufende Expansionspolitik im Bereich anderer, nicht monopolisierter Glücksspiele mit höherem Suchtpotenzial feststellt, berechtigten Anlass zur Schlussfolgerung haben, das Monopol sei nicht mehr geeignet, das Erreichen des mit ihm verfolgten Ziels dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (jeweils a.a.O. Leitsatz 1 d) bzw. Leitsatz 2). Danach ist diese Schlussfolgerung nicht zwingend, sondern nur möglicherweise gerechtfertigt. Ob sie zu ziehen ist, ergibt sich nach den Entscheidungsgründen erst aus der Prüfung, ob das Monopol trotz der gegenläufigen Regelung des anderen Glücksspielbereichs noch wirksam zur Verwirklichung der mit ihm verfolgten Ziele beitragen kann. Dies festzustellen, hat der Gerichtshof den mitgliedstaatlichen Gerichten überlassen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 65, 68, 71).

70

cc) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Monopolregelung sei inkohärent gewesen, trifft für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 28. November bis zum 4. Dezember 2007 jedoch aus anderen Gründen zu. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (- BVerfG 1 BvR 1054/01 - BVerfGE 115, 276) ist davon auszugehen, dass das bayerische Sportwettenmonopol unter dem Lotteriestaatsvertrag schon die erste der beiden Kohärenzanforderungen nicht erfüllte, weil es nach seiner normativen Ausgestaltung und der damaligen Praxis nicht die vorgeblichen, unionsrechtlich legitimen Ziele der Suchtbekämpfung und des Spieler- und Jugendschutzes verfolgte. Zwar nahmen § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LottStV diese Ziele auf. Es fehlten jedoch Regelungen, die gewährleisteten, dass das Monopol auch in der Praxis konsequent an den mit ihm verfolgten legitimen Zielen ausgerichtet wurde (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O.). Solcher Regelungen hätte es auch zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Dienstleistungsfreiheit bedurft. Unionsrechtlich muss die Schaffung eines Monopols mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Daran fehlte es im verfahrensgegenständlichen Zeitraum.

71

Wie das Bundesverfassungsgericht im Einzelnen ausführt, gewährleistete die rechtliche Ausgestaltung des Wettmonopols unter dem Lotteriestaatsvertrag nicht ausreichend, dass das staatliche Wettangebot konsequent in den Dienst einer aktiven Suchtbekämpfung gestellt wurde und ein Konflikt mit fiskalischen Interessen des Staates nicht zu deren Gunsten ausging. Art. 4 des bayerischen Staatslotteriegesetzes vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) enthielt nur rudimentäre Regelungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des Monopolangebots, wobei die Verpflichtung zur Ausschüttung von mindestens der Hälfte des Spielkapitals für Oddset-Wetten nicht galt (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 12). Den Vorschriften des Lotteriestaatsvertrags, der in Bayern mit Ausführungsgesetz vom 23. November 2004 (BayGVBl S. 442) umgesetzt wurde, waren ebenfalls keine ausreichenden Regelungen zur konsequenten Ausrichtung des Monopols an den Zielen der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes zu entnehmen. Insbesondere fehlten Vorschriften, die eine Beachtung der Grenzen zulässiger Werbung gewährleisteten. Verfassungs- wie unionsrechtlich war Werbung für das Monopolangebot mit den legitimen Zielen des Monopols nur zu vereinbaren, wenn sie sich auf sachliche Hinweise und Informationen über legale Gelegenheiten zum Wetten beschränkte und die vorhandene Nachfrage kanalisierte. Dagegen durfte sie nicht expansiv auf eine Vergrößerung der Nachfrage gerichtet sein und zur Teilnahme am Glücksspiel ermuntern oder anreizen. Unzulässig war deshalb insbesondere, dem Wetten durch Hinweise auf eine gemeinnützige Verwendung der Einnahmen ein positives Image zu verleihen oder die Anziehungskraft des Wettens durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne in Aussicht stellten (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Markus Stoß u.a. - a.a.O. Rn. 103, 106 und - Rs. C-46/08, Carmen Media - a.a.O. Rn. 68 f. sowie vom 15. September 2011 - Rs. C-347/09, Dickinger und Ömer - juris Rn. 68 f.; BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 313 f., 318; vgl. zum Gleichlauf der verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen a.a.O. S. 316). Die Erfüllung dieser Anforderungen war seinerzeit rechtlich nicht gesichert. Die einschlägigen Regelungen in § 4 LottStV verboten zwar irreführende und unangemessene Werbung, schlossen eine ausschließlich am Ziel expansiver Vermarktung orientierte Werbung jedoch nicht aus (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 313).

72

Die erheblichen normativen Defizite der Monopolregelung wurden bis zum 30. Dezember 2007 nicht beseitigt. Zwar änderte § 5 des bayerischen Nachtragshaushaltsgesetzes - NHG - vom 9. Mai 2006 (BayGVBl S. 193) Art. 2 Abs. 5 des bayerischen Staatslotteriegesetzes vom 29. April 1999 (BayGVBl S. 226) insoweit, als der staatlichen Lotterieverwaltung die Übertragung der Durchführung von Glücksspielen auf eine juristische Person des Privatrechts nicht mehr nur unter der Bedingung erlaubt wurde, dass der Freistaat Bayern deren alleiniger Gesellschafter war. Die Regelungen zum staatlichen Veranstaltungsmonopol in Art. 2 Abs. 1 und 4 des Staatslotteriegesetzes blieben jedoch unverändert. Das Monopol wurde - unstreitig - auch faktisch aufrechterhalten. Die unzureichenden Regelungen zur Ausgestaltung des Lotterie- und Wettangebots, zum Vertrieb und zur zulässigen Werbung blieben unverändert. Sie konnten damit nach wie vor nicht sicherstellen, dass die Monopolpraxis den legitimen Monopolzielen entsprach. Schließlich war mangels Einschaltens einer neutralen Kontrollinstanz (dazu BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312) weiterhin nicht gewährleistet, dass fiskalische Interessen hinter das Ziel der Suchtbekämpfung zurücktraten.

73

Dass das Bundesverfassungsgericht die Monopolregelung nicht für nichtig, sondern nur für verfassungswidrig erklärt und ihre übergangsweise Anwendung bis längstens zum 30. Dezember 2007 unter bestimmten Maßgaben zugelassen hat (BVerfG a.a.O. S. 319), kann die Anwendung der Regelung vor dem Unionsrecht nicht rechtfertigen. Auf den Vortrag der Revisionsführerin und der Beklagten, der Freistaat Bayern habe die bundesverfassungsgerichtlichen Maßgaben rechtzeitig und vollständig umgesetzt, kommt es deshalb nicht an. Die Erfüllung dieser Maßgaben konnte die Defizite der normativen Ausgestaltung des Monopols weder beheben noch vollständig kompensieren. Die Maßgaben zielten allein darauf, ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen legitimen gesetzlichen Zielen und tatsächlicher Ausübung des Monopols herzustellen. Im Übrigen beschränkten sie sich auf die Forderung, in der Übergangszeit bereits mit einer konsequenten Ausrichtung des Monopols an der Suchtbekämpfung zu beginnen (BVerfG a.a.O.). Das lässt erkennen, dass ihre Erfüllung auch nach der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts noch keinen verfassungsmäßigen Zustand herstellte. Sie ließ nur eine befristete weitere Anwendung der verfassungswidrigen Norm als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheinen (BVerfG a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kammerbeschluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 ).

74

Unionsrechtlich war die übergangsweise Anwendung der unverhältnismäßigen Monopolregelung ohnedies nicht gerechtfertigt. Die Anordnung des Bundesverfassungsgerichts reichte dazu nicht aus. Die übergangsweise Anwendung unionsrechtswidriger Vorschriften kann nur nach Maßgabe des Unionsrechts legitimiert werden. Die Voraussetzungen dafür lagen nicht vor (EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - Rs. C-409/06, Winner Wetten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 60 ff., 67 ff.). Entgegen der Auffassung der Revisionsführerin und der Beklagten ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. Januar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stanleybet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 46 ff.) keine solche unionsrechtliche Rechtfertigung. Diese Entscheidung bestätigt vielmehr unter Hinweis auf das eben zitierte Urteil vom 8. September 2010 ausdrücklich, dass ein unionsrechtswidriges Glücksspielmonopol auch nicht übergangsweise weiter angewendet werden darf (EuGH, Urteil vom 24. Januar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mitgliedstaat ist allerdings nicht zu einer Liberalisierung verpflichtet. Er kann sich auch dafür entscheiden, das Monopol unionsrechtskonform zu reformieren (a.a.O. Rn. 46). Jedenfalls ist er aber bei Unionsrechtswidrigkeit des Monopols verpflichtet, Erlaubnisanträge anderer Glücksspielanbieter auch während der Übergangszeit bis zu einer Neuregelung zu prüfen und gegebenenfalls nach unionsrechtskonformen Maßstäben zu bescheiden (a.a.O. Rn. 39, 48).

75

Da die unionsrechtliche Unverhältnismäßigkeit der Monopolregelung im Übergangszeitraum sich schon aus ihren normativen Defiziten ergibt, kann die Reichweite der Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 im Übrigen dahinstehen. Insbesondere muss nicht geklärt werden, ob sie sich nach § 31 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) auf dessen Einschätzung erstreckt, die breit angelegte Werbung im Rahmen der über den Deutschen Lotto- und Totoblock bundesweit koordinierten Veranstaltung von ODDSET habe die Grenzen zulässiger Werbung auch faktisch nicht gewahrt, da sie das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung darstellte und eine fiskalische Ausrichtung des Monopols erkennen ließ (BVerfG, Urteil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 314).

76

Auf die Verfahrensrügen gegen die Annahme einer intersektoralen Inkohärenz kommt es nicht an, weil die Rechtswidrigkeit des Monopols sich bereits unabhängig von der Glücksspielpolitik in anderen Glücksspielsektoren aus der rechtswidrigen Ausgestaltung des Monopols selbst ergibt.

77

dd) Zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV auch bezüglich der Auslegung des Art. 56 AEUV kein Anlass. Die Anforderungen, die danach an die normative Ausgestaltung des Sportwettenmonopols zu stellen sind, und die Grenzen zulässiger Werbung sind in der oben dargelegten Rechtsprechung des Gerichtshofs so weit geklärt, dass in den hier entscheidungserheblichen Fragen kein Raum für vernünftige Zweifel bleibt. Auch das Erfordernis intersektoraler Kohärenz einer Monopolregelung ist in der unionsgerichtlichen Rechtsprechung klar und eindeutig konkretisiert. Im Übrigen kommt es auf dieses Erfordernis für die Entscheidung nicht an, da das Urteil des Berufungsgerichts sich bezüglich der Anfechtung des Bescheides vom 28. November 2007 aus anderen, davon unabhängigen Gründen als richtig erwiesen hat. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Niederlassungsfreiheit eine Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts in der Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 verboten habe, ist mangels Entscheidungserheblichkeit ebenfalls nicht dem Gerichtshof vorzulegen. Die angegriffene Untersagungsverfügung wurde im hier maßgeblichen Zeitraum Ende 2007 nicht mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts, also der formellen und materiellen Illegalität der konkreten Tätigkeit begründet, sondern mit dem verfassungs- und unionsrechtswidrigen Sportwettenmonopol. Sofern die Beklagte die Ermessenserwägungen mit Schriftsatz vom 21. September 2011 rückwirkend auswechseln wollte, wäre dies verwaltungsverfahrensrechtlich unzulässig (dazu sogleich unter c). Auf Bedenken, ob die Untersagung bei Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des Monopols trotz Fehlens eines unionsrechtskonformen Erlaubnisverfahrens für Private im Übergangszeitraum mit der Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts hätte begründet werden dürfen, kommt es nicht an. Selbst wenn eine solche Untersagung rechtmäßig möglich gewesen wäre, würde dies die tatsächlich getroffene, fehlerhafte Ermessensentscheidung noch nicht rechtmäßig machen.

78

b) Die Beklagte meint, auf etwaige Fehler ihrer Ermessensausübung komme es nicht an, weil ihr Ermessensspielraum ohnehin dahin eingeschränkt gewesen sei, dass nur eine Untersagung rechtmäßig gewesen wäre. Dieser Vortrag kann der Revision nicht zum Erfolg verhelfen.

79

Eine Rechtfertigung der Untersagung vom 28. November 2007 wegen intendierten Ermessens hat der Verwaltungsgerichtshof revisionsrechtlich fehlerfrei verneint. Er musste auch nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null zulasten der Klägerin ausgehen. Zwar war die Beklagte befugt, die unerlaubte Wettvermittlung zur Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts zu verbieten, wenn die materielle Erlaubnisfähigkeit - monopolunabhängig - nicht offensichtlich war (vgl. oben Rn. 51 f.). Zu einer Untersagung verpflichtet war sie aber nur, wenn der Zweck der Ermächtigung und die gesetzlichen Ermessensgrenzen keine andere Entscheidung zuließen (vgl. Urteil vom 24. November 2010 - BVerwG 8 C 13.09 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 273 Rn. 72 ff., 88). Das setzte jedenfalls voraus, dass die Vermittlungstätigkeit der Klägerin gegen monopolunabhängige, rechtmäßige Beschränkungen der Vermittlungstätigkeit verstieß und dass Nebenbestimmungen oder - bei Fehlen eines Erlaubnisantrags - ein Teilverbot nicht ausreichten, die Erfüllung der rechtmäßigen materiell-rechtlichen Anforderungen zu gewährleisten. Die Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs tragen einen solchen Schluss nicht. Wirksame Verfahrensrügen wurden insoweit nicht erhoben. Insbesondere ist ein Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsaufklärung gemäß § 86 VwGO nicht substantiiert geltend gemacht.

80

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde der Ermessensfehler schließlich nicht durch die mit Schriftsatz der Beklagten vom 21. September 2011 nachgeschobenen Erwägungen geheilt. Dabei kann offenbleiben, ob ein Nachschieben von Ermessenserwägungen hinreichend deutlich auch in Bezug auf diesen Bescheid - und nicht nur bezüglich des ihn ersetzenden Bescheides vom 5. Dezember 2007 - erklärt wurde. Dahinstehen kann auch, ob im ersten Fall das Nachschieben von Gründen schon wegen der Aufhebung der ersten Untersagungsverfügung durch die zweite im Dezember 2007 ausgeschlossen war. Jedenfalls lag ein Auswechseln wesentlicher Ermessenserwägungen vor, das die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung erheblich beeinträchtigte, soweit es sich auf einen bereits abgelaufenen Zeitraum bezog.

81

Neue Gründe für einen Verwaltungsakt dürfen nach dem allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht nur nachgeschoben werden, wenn sie schon bei Erlass des Verwaltungsakts vorlagen, dieser nicht in seinem Wesen verändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (stRspr, Urteile vom 14. Oktober 1965 - BVerwG 2 C 3.63 - BVerwGE 22, 215 <218> = Buchholz 232 § 32 BBG Nr. 14, vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55 <59> = Buchholz 316 § 39 VwVfG Nr. 25 und vom 29. Januar 2001 - BVerwG 11 C 3.00 - Buchholz 401.64 § 6 AbwAG Nr. 3). Diese Grundsätze gelten auch bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung wie der glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung, wenn deren Begründung für einen bereits abgelaufenen Zeitraum geändert werden soll.

82

Hier liegt ein Austausch wesentlicher Ermessenserwägungen vor. Die Rechtmäßigkeit des Sportwettenmonopols, auf das die Untersagung ursprünglich gestützt wurde, ist für die nachgeschobene Begründung der Untersagung mit der formellen und materiellen Illegalität der Wettvermittlung unerheblich. Gegen einen Austausch der wesentlichen Erwägungen spricht auch nicht, dass beide Begründungen an das Fehlen einer Erlaubnis anknüpfen. Die formelle Illegalität erfüllt den Tatbestand der Untersagungsermächtigung und eröffnet damit nur das Ermessen. Dessen Ausübung muss sich daher nach anderen Kriterien richten. Ob im Austausch der wesentlichen Ermessenserwägungen schon eine Wesensänderung der Untersagung selbst liegt, kann dahinstehen. Jedenfalls wird die Rechtsverteidigung des Betroffenen erheblich beeinträchtigt, wenn die maßgeblichen Erwägungen rückwirkend ausgewechselt werden. Die neue Begründung der Untersagung stellt erstmals auf die monopolunabhängigen Anforderungen an die Vermittlung und das Wettangebot ab. Dem Betroffenen bleibt nur, diese Anforderungen zu prüfen und für den bereits abgelaufenen Zeitraum entweder darzulegen, dass sie rechtswidrig waren, oder darzutun, dass seine Tätigkeit mit ihnen übereinstimmte. Soweit die rückwirkende Änderung der Begründung die Erfolgsaussichten der Klage entfallen lässt, kann er darauf nur nachträglich reagieren.

83

3. Soweit die Revision begründet ist, kann der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO in der Sache selbst entscheiden. Wegen der Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage war das Berufungsurteil insoweit - teilweise - zu ändern und die Berufung insoweit zurückzuweisen. Damit wird das erstinstanzliche, klageabweisende Urteil wieder hergestellt, soweit es die Untersagungsverfügung vom 5. Dezember 2007 bezüglich des Zeitraums bis zum 30. Juni 2012 betrifft. Die Umstellung des Klageantrags wegen der endgültigen Erledigung dieser Verfügung mit Ablauf des genannten Zeitraums steht dem nicht entgegen, weil der klageabweisende Tenor auch auf den umgestellten Klageantrag zu beziehen ist.

84

Der nicht nachgelassene, nach Schluss der mündlichen Verhandlung übermittelte Schriftsatz der Beklagten vom 22. April 2013 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

85

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2, § 161 Abs. 2 VwGO. Die Kosten bezüglich des erledigten Teils des Rechtsstreits waren mangels übereinstimmenden Vorschlags der Hauptbeteiligten wegen der insoweit offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache beiden Hauptbeteiligten jeweils zur Hälfte aufzuerlegen. Die auf die streitige Revisionsentscheidung entfallenden Kosten sind nach § 154 Abs. 2 VwGO von der Beteiligten zu tragen, soweit ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist. Im Übrigen fallen sie nach § 154 Abs. 1 VwGO der Klägerin zur Last.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - geändert. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 wird aufgehoben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08.09.2015 betrifft.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung des beklagten Landes ex nunc.
Die Klägerin ist eine als (private) limited company organisierte juristische Person mit Sitz in ... und verfügt dort über eine glücksspielrechtliche Lizenz. Sie betreibt die Internetseiten ... und ..., auf denen sie auch in deutscher Sprache die Teilnahme an verschiedenen Online-Spielen, darunter Poker- und Casinospiele, anbietet. Das ursprüngliche Angebot zur Teilnahme an Sportwetten über diese Internetseiten ist derzeit eingestellt; seine Wiederaufnahme ist nicht ausgeschlossen.
Nach vorheriger Anhörung untersagte das beklagte Land der „...“ mit auf § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV a.F. gestützter Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV a.F. zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), gab ihr auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe mitzuteilen (Ziff. 2) und drohte ihr für den Fall, dass sie Ziffern 1 und 2 der Verfügung binnen zwei Wochen nach deren Bekanntgabe nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR an (Ziff. 3). Bei den angebotenen Sportwetten, Poker- und Casinospielen handele es sich um öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 GlüStV a.F.. Die erforderliche, auf Baden-Württemberg bezogene Erlaubnis hierfür sei nicht erteilt worden und könne auch nicht erteilt werden. Die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel sei in der Hand des Staates monopolisiert. Mit den Internetseiten werde gleichzeitig unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3, 4 GlüStV a.F. für öffentliches Glücksspiel im Internet bzw. für unerlaubtes Glücksspiel geworben. Es werde darauf hingewiesen, dass die Verfügung sich auf alle betriebenen Internetauftritte erstrecke, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.
Die Klägerin hat am 13.02.2010 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Sie hat u.a. geltend gemacht, die angefochtene Verfügung sei ihr nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden, vielmehr an ein Unternehmen mit ähnlicher Firma unter ihrer Anschrift adressiert gewesen. Mit der Verfügung werde gegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip verstoßen. Die Umsetzung der Verfügung sei faktisch nur im Wege einer bundesweiten Maßnahme durch Abschalten der Websites möglich. Hierfür fehle es dem beklagten Land an der Verbandskompetenz. Der Verfügung mangele es auch an der erforderlichen Bestimmtheit. Sie bürde ihr die Prüfung auf, welche der von ihr veranstalteten Spiele Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. seien. Poker sei tatbestandlich kein Glücksspiel, jedenfalls sei jede Variante gesondert zu prüfen. Die Verpflichtung zum Abschalten aller, auch legale Angebote in anderen Ländern umfassende Websites sei unverhältnismäßig. Alternative Maßnahmen der Geolokalisation oder Festnetz- und Handyortung seien technisch nicht mit hinreichendem Erfolg durchführbar und verstießen auch im Einwilligungsfall gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. Das Abschalten der Websites sei auch nicht erforderlich, weil mit der (erfolgten) Aufnahme eines Disclaimers in die Endbenutzervereinbarung auf ihren Websites eine im Vergleich zu dem kompletten Abschalten der Websites milderes Mittel zur Verfügung stehe. Auch sei die praktische Umsetzung der Geolokalisation unzumutbar, weil sie ihr Geschäftsmodell in Frage stellen würde. Die Vornahmefrist sei zu kurz, das angedrohte Zwangsgeld unverhältnismäßig hoch.
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten und hat u.a. geltend gemacht, der Bescheid sei ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Die Bekanntgabe werde durch ... geduldet. Außerdem sei es der Klägerin verwehrt, sich auf völkerrechtliche Verbote zu berufen. In der Verfügung sei lediglich die Firma der Klägerin unvollständig angegeben worden, ohne dass hierunter die Erkennbarkeit des Adressaten leide. Der Bestimmtheit der Verfügung stehe nicht entgegen, dass die Wahl der konkreten Art und Weise der Umsetzung in das Ermessen der Klägerin gestellt werde. Die Vorgabe eines konkreten Mittels sei unverhältnismäßig. Es seien Möglichkeiten zur Erreichung des Unterlassungserfolgs aufgezeigt worden. Die Umsetzung der Verfügung sei auch tatsächlich und (datenschutz-)rechtlich, insbesondere durch Handyortung oder Geolokalisation, möglich. Auch sei die vollständige Löschung der Internetseiten zumutbar. Das vollständige Entfernen der Internetseiten bzw. ihre Sperrung in ganz Deutschland habe zwar Auswirkungen über Baden-Württemberg hinaus, sei aber von ihrer Verbandskompetenz gedeckt. Die an sich entbehrliche Umsetzungsfrist sei ausreichend, die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes angemessen.
Mit Urteil vom 03.11.2011, der Klägerin zugestellt am 10.11.2011, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, da die Klägerin Spielern in Baden-Württemberg durch ihr Internetangebot die Teilnahme an Glücksspielen ermögliche, sei das Regierungspräsidium Karlsruhe zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständig, weil sich die polizeiliche Gefahr in Baden-Württemberg realisiere. Die Untersagungsverfügung sei auch gegenüber der Klägerin durch ordnungsgemäße Bekanntgabe wirksam geworden. Dass sie Adressatin der Verfügung sei, gehe hinreichend bestimmt aus dem Bescheid hervor. Dies ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass sie diejenige sei, die auf den in der Verfügung im Einzelnen benannten Internetseiten Sportwetten sowie Poker- und Casinospiele veranstalte. Zudem sei die Verfügung an eine Adresse übersandt worden, an der nur sie ihren Sitz habe. Bei den von der Klägerin dargebotenen Sportwetten, Poker- und Casinospielen handele es sich um Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Insbesondere sei auch Poker als Glücksspiel zu qualifizieren. Die streitgegenständliche Verfügung sei auch hinreichend bestimmt. Von der Klägerin werde unter Hinweis auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags das Unterlassen jeglicher Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel und der Werbung hierfür verlangt. Einer weiteren Präzisierung und Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Glücksspielarten habe es nicht bedurft. Es habe der Klägerin als verpflichteter Adressatin auch selbst überlassen werden dürfen, auf welche Weise sie der Unterlassungsanordnung nachkomme. Maßgeblich sei einzig, dass vom Gebiet des Landes Baden-Württemberg aus Spielangebote der Klägerin nicht mehr angenommen werden könnten und diesbezügliche Werbung nicht mehr abgerufen werden könne. Mit dieser Verpflichtung werde von der Klägerin weder etwas rechtlich noch tatsächlich Unmögliches verlangt noch sei ihr die Befolgung unzumutbar. Da neben der Möglichkeit der vollständigen Entfernung des Internetinhalts das Verfahren der Geolokalisation existiere, sei jedenfalls nicht von einer technischen Unmöglichkeit des angegriffenen Bescheids auszugehen. Selbst die bundesweite Entfernung des Internetinhalts sei der Klägerin zuzumuten. Unerheblich sei insoweit, dass mit der streitigen Verfügung nur für Baden-Württemberg ein Veranstaltungs- und Werbeverbot ausgesprochen worden sei. Denn diese Beschränkung entspreche der nach § 9 Abs. 1 GlüStV a.F. auf Baden-Württemberg beschränkten Kompetenz des Beklagten. Das angedrohte Zwangsgeld stehe in angemessenem Verhältnis zu den erzielbaren Gewinnen aus den von der Klägerin veranstalteten Glücksspielen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz LVwVG brauche eine Frist nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder wie vorliegend Unterlassung erzwungen werden solle. Es bestünden zudem keine Bedenken, dass jedenfalls die der Klägerin auch zumutbare bundesweite Einstellung der Veranstaltungstätigkeit im Internet in der gesetzten Frist möglich sei. In dem Urteil wurde die Berufung zugelassen.
Die Klägerin hat am 12.12.2011 Berufung eingelegt und mit am 10.01.2012 beim Senat eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie trägt ergänzend u.a. vor, das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. sei nicht kohärent ausgestaltet. Ein Internetvertriebsverbot für Glücksspiele sei zwar grundsätzlich mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, jedoch nur, wenn es sich ausnahmslos auf jedes Anbieten von Glücksspiel beziehe. Der neue Glücksspielstaatsvertrag enthalte aber kein generelles Internetvertriebsverbot mehr. In § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. fänden sich Ausnahmeregelungen für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet. Des Weiteren gelte das Internetvertriebsverbot gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 GlüStV n.F. nicht für Pferdewetten im Internet. Diese unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Sektoren sei nicht gerechtfertigt. Denn der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass mit dieser unterschiedlichen Behandlung die in § 1 GlüStV n.F. normieren Ziele verfolgt würden. Das Internetwerbeverbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. sei ebenfalls nicht mehr absolut ausgestaltet. Vielmehr biete § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. teilweise die Möglichkeit, Werbung im Internet für Glücksspiel zuzulassen. Die Inkohärenz ergebe sich auch daraus, dass das Glücksspiel an gewerblichen Glücksspielautomaten, das am stärksten suchtauslösend sei, weiterhin einer unbeschränkten Anzahl von privaten Anbietern offenstehe. Auch Pferdewetten könnten von einer potentiell unbeschränkten Anzahl von privaten Anbietern angeboten werden, obwohl sie nur einen Unterfall zu sonstigen Sportwetten darstellten. Bei Sportwettanbietern werde die Anzahl gemäß § 10a Abs. 2 GlüStV n.F. auf die willkürlich erscheinende Zahl von 20 begrenzt. Allein in Schleswig-Holstein hätten 25 Anbieter eine Genehmigung erhalten. Auch der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV n.F. sei inkohärent und damit europarechtswidrig. Grund hierfür sei die unsystematische und inkohärente Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens für das Anbieten von Online-Sportwetten und die fehlende Erlaubnismöglichkeit für Online-Casinospiele und Online-Poker, die weniger suchtgefährdend als das für private Veranstalter zulässige Automatenglücksspiel und die einer Erlaubnis zugänglichen Sportwetten seien. Zwar könne generell ein Erlaubnisvorbehalt eine zulässige Maßnahme zur Begrenzung des Zugangs zum Glücksspielmarkt sein. Das unter dem neuen Glücksspielstaatsvertrag aufgestellte System der Konzessionen für Sportwetten entspreche aber nicht den europarechtlichen Bedingungen. Es gebe keine objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien. Auch spreche die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV n.F., wonach es keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung gebe, gegen eine nicht-willkürliche Ermessensausübung durch die Behörden und einen effektiven Rechtsbehelf. Casinospiele oder Poker könnten nur offline und nur von staatlichen Monopolisten angeboten werden. Die Regelungen des Staatsmonopols für Glücksspiele und das Internetverbot strahlten deshalb auf den Erlaubnisvorbehalt aus. Aufgrund dieser Regelungen sei es ihr nicht möglich, eine Genehmigung unter dem Regime des neuen Glücksspielstaatsvertrags zu erhalten. Da diese Regelungen unionsrechtswidrig seien, sei auch der Erlaubnisvorbehalt unionsrechtswidrig. Auch könne der Erlaubnisvorbehalt eine Untersagungsverfügung nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen. Das beklagte Land habe nicht dargelegt, weshalb die materiellen Voraussetzungen für eine Erteilung einer Erlaubnis nicht vorlägen. Ihr Angebot sei erlaubnisfähig, wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag europarechtskonform angewendet werde. Die Beantragung einer Glücksspielerlaubnis sei bisher vollkommen aussichtslos gewesen, da sich der Beklagte mit Sicherheit auf das europarechtswidrige Internetvertriebsverbot berufen hätte, um diesen Antrag abzulehnen. Aus diesem Grund sei es dem Beklagten verwehrt, sich nunmehr auf die fehlende formelle Antragstellung zu berufen. Auf eine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit komme es nicht an, obwohl ihr Angebot auch dieses Kriterium erfülle. Die Genehmigungsfähigkeit zeige sich schon daran, dass die ..., eine mit ihr verbundene Gesellschaft, in Schleswig-Holstein eine Lizenz für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen, welche auch Poker einschließe, und Sportwetten erhalten habe. Sie sei als Gesellschaft derselben Firmengruppe denselben konzerninternen Richtlinien unterworfen wie die ... und halte im Wesentlichen vergleichbare Geldwäschevermeidungs-, Jugend- und Spielerschutz- sowie Betrugsvorsorgekonzepte vor. Der vom beklagten Land in diesem Zusammenhang angeführte § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. beziehe sich ausdrücklich auf den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet. Diese Spiele würden von ihr derzeit jedoch nicht angeboten. Sie sei auch gewillt, sich um eine Erlaubnis zu bemühen und die entsprechenden Anforderungen zu erfüllen, wenn es die Möglichkeit einer europarechtskonformen Erlaubniserteilung gäbe. Weil das Erlaubnisverfahren für Sportwetten nicht die europarechtlichen Vorgaben erfülle, könne ihr mögliches Sportwettangebot ebenfalls nicht aufgrund des bloßen Fehlens einer formellen Erlaubnis verboten werden. Die Untersagungsverfügung sei so auszulegen, dass sie sich auch auf Webseiten beziehe, die nur der Kontrolle von mit ihr verbundenen Unternehmen unterlägen. Damit sei die Untersagungsverfügung unzumutbar. Denn die ... verfüge über eine Lizenz zum Veranstalten von Online-Sportwetten und Online-Casinospielen in Schleswig-Holstein. Daher sei ihr eine deutschlandweite Sperrung ebenso wie die Geolokalisation nicht zuzumuten, sofern davon auch das Angebot in Schleswig-Holstein betroffen sei. Im Übrigen trete die streitgegenständliche Verfügung in Konflikt mit den beiden Genehmigungen aus Schleswig-Holstein, die der ... erteilt worden seien. Während die Verfügung alle Spieler umfasse, die sich zur Zeit der aktiven Spielteilnahme in Baden-Württemberg aufhielten, gälten die Genehmigungen der ... aus Schleswig-Holstein für Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Schleswig-Holstein. Für Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein, die sich für kurze Zeit in Baden-Württemberg aufhielten, stehe die Verfügung daher in direktem Widerspruch zu dem nach den Genehmigungen aus Schleswig-Holstein zulässigen Angebot. Der Verfügung fehle es an einer hinreichenden Konkretisierung auf ihr Angebot. Dies zeige sich auch daran, dass die Verfügung ohne nähere Begründung auch das Vermitteln von Glücksspielen untersage, ohne dass dargelegt werde, inwieweit sie jemals als Vermittlerin tätig geworden sei. Vollkommen unklar sei auch, was mit der Formulierung „solche Tätigkeiten zu unterstützen“ gemeint sei. Die Verfügung sei auch ermessensfehlerhaft. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum gerade gegen sie vorgegangen werde, obwohl der ..., die mit ihr konzernrechtlich verbunden sei, in Schleswig-Holstein Genehmigungen erteilt worden seien. Der Konzern bemühe sich um den Erhalt von Genehmigungen, wo dies möglich sei, wohingegen andere Anbieter ohne Interesse an einer rechtmäßigen Ausgestaltung ihres Angebots unbehelligt blieben. Sie werde auch in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn der Beklagte nicht mehr im Wege von neuen Untersagungsverfügungen gegen vermeintliche Anbieter von Glücksspielen im Internet vorgehe, während er gleichzeitig an der streitgegenständlichen Verfügung gegen sie festhalte. Soweit der Beklagte ausführe, dass Poker- und Casinospiele, anders als Lotterien, Sport- und Pferdewetten, schnelle Spielintervalle hätten und somit gerechtfertigterweise entsprechend § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. strenger als Sportwetten und Lotterien reguliert werden müssten, da Spiele mit einem schnellen Spielintervall suchtfördernd wirkten, sei darauf hinzuweisen, dass das schnelle Spielintervall keine Frage des angebotenen Spiels sei, sondern lediglich der Art und Weise, wie ein Spiel angeboten werde. Das behauptete hohe Spielintervall bei Pokerspielen lasse sich bei entsprechenden Spielen, die häufig über mehrere Stunden andauerten, bereits tatsächlich nicht feststellen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 aufzuheben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08. September 2015 betrifft.
10 
Das beklagte Land beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Es sei einem Anbieter zumutbar, Geolokalisationsmaßnahmen so einzurichten, dass ein Aufrufen der Internetseite im gesamten Bundesgebiet nicht mehr möglich sei, sofern der Anbieter geltend mache, Geolokalisationsmaßnahmen seien in Bezug auf die einzelnen Bundesländer nicht erfolgversprechend. Der zwischenzeitlich beendete Sonderweg Schleswig-Holsteins im Glücksspielbereich habe keine Auswirkungen auf die Kohärenz der in den anderen Bundesländern bestehenden Internetverbote für Glücksspiele. Die von der Klägerin angebotenen Poker- und Casinospiele seien nicht erlaubnisfähig, da derartige Glücksspiele im Internet generell nicht angeboten werden dürften. Daneben würden auch bei diesen Glücksspielen die in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Internetglücksspielen nicht eingehalten. Da die von der Klägerin im Internet angebotenen Glücksspiele nicht erlaubnisfähig seien, läge im Hinblick auf die Untersagung - wie nach altem Recht - eine Ermessensreduktion auf Null vor. Zwar gebe es nach neuem Recht kein generelles Internetverbot mehr, vielmehr sei unter bestimmten Voraussetzungen das Anbieten von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet gestattet, doch führe diese Öffnung des Internets für bestimmte Glücksspielarten nicht dazu, dass von einer Ermessensreduktion auf Null abzusehen und die Ermessenserwägungen an die aktuelle Rechtslage anzupassen wären. Denn die in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. genannten Glücksspiele seien nicht per se erlaubnisfähig, sondern nur, wenn die dort genannten spezifischen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eingehalten würden. Dies sei aber bei den von der Klägerin angebotenen Glücksspielen nicht der Fall. Da die von der Klägerin angebotenen Glücksspiele aus einer Vielzahl von Gründen nicht erlaubnisfähig seien, sei es auch nicht möglich, die Erlaubnisfähigkeit mittels Nebenbestimmungen sicherzustellen. Ungeachtet dessen sei eine Verpflichtung, von der Untersagung unerlaubten Glücksspiels abzusehen und statt dessen die fehlende Erlaubnisfähigkeit durch Nebenbestimmungen sicherzustellen, nur dann gegeben, wenn für das betreffende Glücksspiel ein Erlaubnisantrag gestellt worden sei und die Erlaubnisfähigkeit des Glücksspiels ohne tiefgehende Prüfung festgestellt werden könne. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Das für Poker- und Casinospiele bestehende Internetverbot sei auch nicht wegen Verstoß gegen das Kohärenzgebot unionsrechtswidrig. Die im Internet zugelassenen Glücksspiele wiesen ein deutlich geringeres Suchtpotential auf als Poker- und Casinospiele. Aus § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. ergebe sich, dass im Internet generell keine Spiele mit einem schnellen Spielintervall erlaubt werden könnten, weil ein schnelles Spielintervall suchtfördernd wirke. Poker- und Casinospiele hätten aber, anders als Lotterien, Sport- und Pferdewetten, per se ein äußerst schnelles Spielintervall. Da das Internetverbot für Poker- und Casinospiele unionsrechtskonform sei, könne der Klägerin auch die fehlende Erlaubnis zum Veranstalten derartiger Glücksspiele entgegengehalten werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin seien die von ihr angebotenen Internetglücksspiele nicht erlaubnisfähig. Um den Ausschluss minderjähriger Spieler im Internet sicherzustellen, verlange § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. die Identifizierung und Authentifizierung der Spieler. Die Klägerin führe ein solches Identifizierungsverfahren nicht durch. Die Erlaubnisfähigkeit ergebe sich auch nicht daraus, dass im Konzernverbund der Klägerin eine schleswig-holsteinische Erlaubnis für die von ihr angebotenen Poker- und Casinospiele erteilt worden sei. Diese Erlaubnis habe in Baden-Württemberg keine Gültigkeit. Auf der Internetseite ... biete die Klägerin Spiele an, die nach dem zwischenzeitlich aufgehobenen Landesglücksspielgesetz Schleswig-Holstein nicht erlaubnisfähig gewesen wären. Ungeachtet dessen stelle die Geolokalisation nur einen Baustein unter mehreren dar, mit dem die Klägerin der Verfügung nachkommen könne. Daneben weise die Geolokalisation eine sehr hohe Schärfe auf. Es genüge die Bestimmbarkeit der Verfügung. Die Klägerin biete im Internet über diverse Internetseiten eine sehr große Anzahl von unerlaubten Glücksspielen an. Vor diesem Hintergrund sei es nicht geboten, diese Spiele in der Verfügung einzeln aufzuführen, zumal die Klägerin ihr Spielangebot auch variiere und regelmäßig neue Spiele in ihr Sortiment aufnehme. Es genüge demnach, ihr pauschal unerlaubtes öffentliches Glücksspiel zu untersagen. Anders sei die Fallkonstellation zu beurteilen, dass nur ein Spiel angeboten werde, bei dem streitig sei, ob es sich überhaupt um ein Glücksspiel handle. Dann sei eine Pauschaluntersagung von Glücksspielen nicht zulässig, die Untersagung müsse vielmehr auf das konkrete Spiel beschränkt werden. Sofern die Klägerin behaupte, sie habe zu keiner Zeit Glücksspiele vermittelt, stehe dies der Bestimmtheit der Verfügung nicht entgegen. Fraglich könne allenfalls sein, ob es erforderlich gewesen sei, ihr auch das Vermitteln von unerlaubtem Glücksspiel zu untersagen. Bei einer Beschränkung der Verfügung auf das Untersagen des Veranstaltens bestünde das Risiko, dass die Klägerin den Internetauftritt weiterführe, aber nicht mehr als Veranstalter der angebotenen Glücksspiele auftrete, sondern die Veranstaltereigenschaft auf ein anderes Unternehmen übertragen werde und die Klägerin nun an dieses Unternehmen vermittele oder die Veranstaltung durch ein anderes Unternehmen anderweitig unterstütze. Anders als die Klägerin meine, sei es nicht nur gegen die Klägerin vorgegangen, sondern gegenüber einer Vielzahl von Anbietern seien ebenfalls vergleichbare Untersagungsverfügungen ausgesprochen worden. Man habe auch im Jahr 2013 noch Untersagungen gegen unerlaubtes Glücksspiel ausgesprochen. Allerdings habe es seine Tätigkeit im Bereich der Untersagung von Poker- und Casinospielen im Internet wegen der Rechtsprechung einstellen müssen. Nachdem der EuGH aber festgestellt habe, dass die Rechtslage in Schleswig-Holstein keine Auswirkungen auf die Kohärenz des Internetverbots für Poker- und Casinospiele habe, habe es seine Untersagungstätigkeit in diesem Bereich wieder aufgenommen und bereits mehrere Anhörungen versandt und auch in zwei Fällen bereits eine Untersagung erlassen. Ungeachtet dessen liege im vorliegenden Fall eine Ermessensreduktion auf Null vor, so dass es im Rahmen des Ermessens entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht berücksichtigen müsse, dass im Konzernverbund der Klägerin eine schleswig-holsteinische Erlaubnis vorliege. Auch eine Anpassung der Ermessenserwägungen der streitgegenständlichen Verfügung an die aktuelle Rechtslage sei nicht geboten, da sich die Rechtslage in Bezug auf die Untersagung unerlaubten Glücksspiels nicht geändert habe und die von der Klägerin angebotenen Glücksspiele nach altem und neuem Recht nicht erlaubnisfähig (gewesen) seien. Daneben habe er mehrfach im Rahmen seiner gerichtlichen Schriftsätze deutlich gemacht, dass an der Verfügung auch unter der aktuellen Rechtslage festgehalten werde und diese auf die jetzt geltenden Vorschriften gestützt würden. Auch die Untersagung der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel sei rechtmäßig, da die Klägerin für die von ihr angebotenen und beworbenen Glücksspiele keine Erlaubnis besitze, die betreffenden Glücksspiele auch nicht erlaubnisfähig seien und auch nach neuem Recht ein Werbeverbot für unerlaubtes Glücksspiel bestehe. Auf die Anforderungen für die Untersagung der Internetwerbung komme es deshalb nicht an.
13 
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 03.09.2010 (3 K 521/10) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Klage abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin blieb ohne Erfolg (Beschluss des Senats vom 09.03.2011 - 6 S 2255/10 -). Mit Beschluss vom 16.11.2011 (3 K 2934/11) hat das Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 29.12.2011 (6 S 3329/11) zurück. Mit Beschluss vom 23.04.2013 (6 S 103/13) ordnete der Senat unter Änderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 03.09.2010 und vom 16.11.2011 sowie der Beschlüsse des Senats vom 09.03.2011 und vom 29.12.2011 die aufschiebende Wirkung der Klage ab dem 01.07.2012 an.
14 
Mit Beschluss vom 23.04.2013 setzte der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 - I ZR 171/10 - aus. Am 30.07.2014 wurde das Verfahren fortgesetzt.
15 
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit es den Zeitraum bis zum 07.09.2015 betraf. Insoweit wurde das Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 6 S 1869/15 fortgeführt.
16 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Heft), die Akten des Verwaltungsgerichts im Ausgangsverfahren sowie in den Verfahren 3 K 521/10 und 3 K 2934/11, ferner die Akten der Verfahren 6 S 2255/10, 6 S 3329/11 und 6 S 103/13 vor. Hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
1. Die Untersagungsverfügung vom 21.01.2010 genügt als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis (§ 37 Abs. 1 LVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).
19 
a) Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.). Wenn Rechtspositionen Dritter rechtserheblich betroffen sind, muss der Inhalt auch für den Drittbetroffenen hinreichende Bestimmtheit aufweisen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rdnr. 7). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, InfAuslR 2013, 193; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, BVerwGE 145, 275). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 - 3 C 42.91 -, BVerwGE 94, 341; Stelkens, a.a.O., Rdnr. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a.a.O., Rdnr. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a.a.O.).
20 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 153, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
21 
b) In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass das beklagte Land damit nicht nur die über die in der Verfügung aufgeführten Internetseiten angebotenen und beworbenen Sportwetten, Poker- und Casinospiele untersagte, sondern jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf S. 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat das beklagte Land keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Auf die Frage, ob es im konkreten Fall einfacher oder schwieriger ist, eine hinreichend bestimmte Verfügung zu formulieren, kommt es, anders als das beklagte Land meint, in diesem Zusammenhang nicht an, weil mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung hier (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation BayVGH, Urteil vom 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 -, juris) eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten ist.
22 
c) Auch ohne den fraglichen Passus auf S. 7 der angefochtenen Verfügung wäre der Gegenstand der Untersagungsverfügung nicht hinreichend bestimmt.
23 
Dabei gelten zum einen erhöhte Anforderungen mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 284 ff. StGB, zum anderen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. (i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV n.F.; vgl. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a.F.). Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen (sogenanntes financial blocking). Zuständig hierfür ist bei Internetvertrieb von öffentlichem Glücksspiel nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regelmäßig die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen, weil das Angebot in der Regel in mehr als einem Land erfolgt. Nach Auffassung des beklagten Landes ist die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen gegenüber Anbietern von Internetglücksspielen, die ihren Sitz im Ausland haben, also auch im Fall der Klägerin, in den meisten Fällen unmöglich (LT-Drs. 15/3459, S. 6). Als „Vollstreckungsmöglichkeit“ wird der Erlass (und gegebenenfalls die Vollstreckung) von Verfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. zur Kappung von vom Inland ausgehenden Zahlungsströmen an ausländische Glücksspielanbieter angesehen. Dies setzte im vorliegenden Fall, aufbauend auf der streitgegenständlichen Verfügung, den Erlass einer weiteren Verfügung gegenüber dem oder den betroffenen Zahlungsinstituten durch die niedersächsische Glücksspielaufsichtsbehörde voraus. Dann ist für die Bestimmung des Empfängerhorizonts nicht nur der Umstand relevant, dass die Klägerin Anbieterin von Glücksspielen ist, sondern auch, dass bei der „Vollstreckung“ der Verfügung branchenfremde Dritte beteiligt sind, die sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen, wenn Zahlungen aus legalen Vorgängen unterbrochen werden (sogenanntes over-blocking, vgl. Hambach/Brenner, in: Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht, § 9 GlüStV Nr. 68 f.).
24 
Der für sich genommen unbestimmte Tenor in Ziff. 1 der Verfügung wird durch die Angabe im Bescheid, dass die Klägerin über die Internetseiten ... und ... öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen veranstaltet bzw. vermittelt und hierfür Werbung betreibt, nicht hinreichend konkretisiert. Zwar reicht es für die Bestimmtheit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung aus, wenn in der Begründung detailliert beschrieben wird, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite eines Glücksspielveranstalters nicht mehr veranstaltet etc. werden dürfen (Schönenbroicher, in: Mann u.a., VwVfG, § 37 Rdnr. 73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wenn die von der Verfügung erfassten Glücksspiele konkret genug beschrieben sind, eine solche Verfügung dann auch für diese konkreten Glücksspiele andere - auch künftige - Internetauftritte desselben Adressaten umfassen darf. Denn vorliegend fehlt es an der Konkretisierung der von der Verfügung erfassten Glücksspiele. Sie werden nur anhand generalisierender Begriffe beschrieben, die eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gerade nicht gestatten, weil sie ihrerseits nicht bestimmt sind (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 19). Das beklagte Land hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Untersagungsverfügung z.B. unter Benennung einer größeren Zahl von Beispielen, aber ohne vollständige Inventarisierung, zu treffen (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 23; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 37 Rdnr. 20.2, jeweils m.w.N.).
25 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. sind Sportwetten (entgeltliche) Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Anders als unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags sind dadurch (entgeltliche) Wetten ohne feste Gewinnquoten, auch wenn sie sich auf Sportereignisse beziehen (z.B. Fußball-Toto), nicht mehr als Sportwetten definiert (vgl. Bolay/Pfütze, in: Streinz u.a., a.a.O., § 3 Rdnr. 18). Diese werden teilweise der Gattung der Lotterien zugeordnet (vgl. Bolay/Pfütze, a.a.O.). Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags, an dem sich die Verfügung seither messen lassen muss, ist damit fraglich geworden, ob „Sportwetten“ ohne feste Gewinnquoten noch unter den Begriff der Sportwetten fallen, wie ihn die unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags ergangene Verfügung verwendet. Dann scheidet eine Bestimmbarkeit des unbestimmten Verfügungstenors durch Bezugnahme auf den seinerseits unklaren Begriff der Sportwette insofern aber aus.
26 
bb) Auch die Bezugnahme auf den Begriff (Online-)“Casinospiele“ lässt eine Bestimmbarkeit nicht zu. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Denkbar ist es, zum einen unter den Begriff „Casinospiele“ wie in § 3 Abs. 5 GlSpielGSH alle herkömmlich in Präsenzspielbanken angebotenen Glücksspiele, insbesondere Poker, Black Jack, Baccara und Roulette zu fassen, also auf Tisch- und Kartenspiele zu beziehen. In Präsenzspielbanken werden aber auch Automatenspiele angeboten (dazu Bolay/Pfütze, a.a.O., § 2 Rdnr. 13). Dementsprechend sollen nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung zu den untersagten Online-Casinospielen auch Online-Automatenspiele gehören. Lässt der Begriff (Online-)“Casinospiele“ aber eine engere und eine weitere Auslegung zu, setzt eine Bestimmbarkeit des Gegenstands der Verfügung unter Rückgriff auf diesen Begriff zumindest voraus, dass die Verfügung Anhaltspunkte dafür enthält, welches Verständnis ihr zugrunde liegt. Hieran fehlt es. Außerdem zeigt die einem Schwesterunternehmen der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Erlaubnis für Online-Casinospiele vom 19.12.2012 den Bedarf einer Abgrenzung einzelner Casinospiele von Lotterien auf, zu der sich der angefochtenen Verfügung ebenfalls nichts entnehmen lässt.
27 
cc) Die Bezugnahme auf den Begriff „Pokerspiele“ führt ebenfalls nicht zu einer Bestimmbarkeit des Verfügungsgegenstands insoweit. Ob eine Pokervariante Glücksspiel ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend zufallsbedingt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.). Ansonsten liegt ein Geschicklichkeitsspiel vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NVwZ 2014, 1175; vom 24.10.2001 - 6 C 1.01 -, BVerwGE 115, 179). Der hessische VGH (Urteil vom 10.04.1979 - II OE 41/77 -, juris) hat die Variante „Search-Poker“ als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Da das beklagte Land nur Glücksspiele untersagen wollte, alle Poker-Varianten untersagt hat, aber - anders als das beklagte Land möglicherweise meint - nicht alle Poker-Varianten Glücksspiel sind, überlässt es die Bewertung, welche Poker-Varianten Glücksspiele und damit von der Verfügung erfasst sind, in unzulässiger Weise der Klägerin (vgl. auch Senat, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 S 1394/13 -, VBlBW 2014, 382). Diese Problematik bestünde auch bei einem - hier nicht erfolgten - pauschalen Bezug auf das gesamte Angebot auf bestimmten Internetseiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
28 
d) Unbestimmt ist die Verfügung schließlich auch, soweit mit ihr das „Unterstützen“ der Veranstaltung oder Vermittlung von oder der Werbung für öffentliches Glücksspiel untersagt wird. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Definition dieses Begriffs, die angefochtene Verfügung führt keine Beispiele auf, worin Unterstützungshandlungen (wohl: zu Gunsten Dritter) liegen könnten. Das wäre vorliegend aber schon deshalb relevant, weil die Klägerin in einen Konzernverbund eingegliedert ist, was - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - im Verhältnis zu rechtlich selbstständigen, aber konzernangehörigen Gesellschaften andere Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Informationstechnologie, aufwirft, als wenn ein Anbieter nur „echten“ Dritten gegenübersteht.
29 
2. Der Senat kann vor diesem Hintergrund offen lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung (noch) gegeben sind.
30 
a) Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag hätte der Senat seiner Prüfung dabei ausschließlich die Rechtslage aufgrund des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012, S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012, S. 515) zugrunde zu legen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende streitgegenständliche Untersagungsverfügung trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klageantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, wäre nur der Glücksspielstaatsvertrag n.F. heranzuziehen.
31 
b) Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. ist allerdings unter mehreren Gesichtspunkten zweifelhaft. Danach kann die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV) untersagen. Dem Senat erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes relevant:
32 
aa) Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, sondern - ebenfalls unterstellt - auf sonstige von der Klägerin im Internet angebotene öffentliche Glücksspiele, läge zwar unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. vor, weil die Klägerin nicht über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderliche Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis verfügt. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könnte der Klägerin auch entgegengehalten werden. Er stellt sich insbesondere als unionsrechtskonform dar. Für den Zeitraum bis zum 30.06.2012, also unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags, war geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist, da er nicht allein dem Schutz des Monopols diente, sondern unabhängig davon den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung und diese Regelungen und das Erlaubnisverfahren im Hinblick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig, angemessen, hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend waren (zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 8 B 36.14 -, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran Wesentliches geändert hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014 - 13 A 2018/11 -, GewArch 2014, 327; vgl. BVerwG, a.a.O.). Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, fehlt es der Klägerin demgegenüber zwar ebenfalls an der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis. Es erscheint dem Senat darüber hinaus aber bereits zweifelhaft, ob der Klägerin insoweit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere fraglich, ob das Erlaubnisverfahren unionsrechtskonform ausgestaltet ist und ob dabei allein auf die normative Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens abgestellt werden und der Umstand, dass sich dieses Verfahren auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erweist, außer Betracht bleiben kann (so aber ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 S 102.14 -).
33 
bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung wäre aber - wenn und soweit der Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werden kann - ermessensfehlerhaft, wenn das Angebot der Klägerin (offensichtlich) erlaubnisfähig wäre, ohne dass es in diesem Zusammenhang wohl - und anders als nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 15 Rn. 15) - darauf ankäme, dass die Klägerin keinen Erlaubnisantrag gestellt hat (vgl. dazu aber BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015, a.a.O.). Denn eine Erlaubnis für den Internetvertrieb von Glücksspielen sieht der Glücksspielstaatsvertrag nur für Sportwetten und Lotterien, nicht aber für sonstiges über das Internet vertriebenes Glücksspiel vor. Dass die Klägerin nicht am Konzessionsverfahren für Sportwetten teilgenommen hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar damit erklärt, mit Blick auf die im Konzessionsverfahren eingeschaltete Anwaltskanzlei von einer Teilnahme abgesehen zu haben (anders wohl noch der Vortrag im Verfahren 6 S 103/13).
34 
Für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin erscheint dem Senat zweifelhaft, ob ihr das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden könnte, soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht oder ob § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. eine inkohärente und damit unwirksame Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin aus Art. 56 AEUV darstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die Durchbrechung des Internetvertriebsverbots nur für Sportwetten und Lotterien in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. (ohne nähere Begründung Kohärenz bejahend OVG Saarland, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 B 50/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; differenzierend Senat, Urteil vom 23.05.2013 - 6 S 88/13 -, GewArch 2014, 24; vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, über das Internet angebotene Casino- und Pokerspiele wiesen per se eine erhöhte Wiederholungsfrequenz und damit Gefährlichkeit auf als über das Internet vertriebene Sportwetten und Lotterien und seien schon deshalb im Internetvertrieb nicht zulässig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), ist der Vortrag bereits widersprüchlich (vgl. Seite 15 des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergeben Schriftsatzes vom 07.09.2015) und nicht belegt. Das beklagte Land geht auch nicht auf den nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Einwand der Klägerin ein, bei jedem (Internet-)Glücksspiel könne die Wiederholungsfrequenz unterschiedlich ausgestaltet werden.
35 
Das beklagte Land könnte der Klägerin aber einen Verstoß gegen den Jugend- und Spielerschutz entgegenhalten (§§ 1 Satz 1 Ziff. 3, 4 Abs. 3 GlüStV n.F.), dessen Vorliegen aber offenbleiben kann. Zur Konkretisierung der Anforderungen kann sich das beklagte Land dabei, auch soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten bezieht, an den Vorgaben des § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. orientieren. Dieser sieht als Voraussetzung der Erlaubnis zum Vertrieb von Lotterien und Sportwetten im Internet vor, dass der Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigte ein Verstoß hiergegen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes auch eine vollständige Untersagung des weiteren Internetvertriebs. Dem liegt folgende Erwägung zu Grunde: Hätte die Klägerin eine Erlaubnis beantragt, fehlte es aber an einem hinreichenden Identifizierungs- und Authentifizierungssystem, dürfte die Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die fehlende Konzessionsvoraussetzung so zentral ist, dass eine Sicherstellung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG, § 4c Abs. 2 GlüStV nicht ausreichte. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen (so bereits Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Hinsichtlich des Entschließungsermessens des beklagten Landes bezüglich der Untersagungsverfügung käme dann auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
36 
Entsprechendes gilt mit Blick auf § 5 Abs. 5 GlüStV n.F..
37 
3. Selbst wenn die angefochtene Verfügung hinreichend bestimmt wäre und - was der Senat offen lässt - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung gegeben wären, stellte sich die angefochtene Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft dar. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob hinsichtlich des Entschließungsermessens eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist.
38 
Das beklagte Land muss bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen jedenfalls eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 3 GG (analog) ist es gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten, es darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit es anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss es hierfür sachliche Gründe angeben. Das beklagte Land muss also gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
39 
Solche sachlichen Gründe kann das beklagte Land bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Ein im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages ermessensfehlerhaft ist, dass das beklagte Land außer Acht gelassen hat, dass im Wesentlichen nur das Land Baden-Württemberg gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern überwiegend keine Untersagungsverfügungen erlassen haben bzw. solche Verfügungen, so sie ergangen sind, keinen Bestand mehr haben, kann offenbleiben.
40 
a) Nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich folgendes Bild: Das beklagte Land hat unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags seit 2010 eine Reihe von Untersagungsverfügungen gegenüber etwa 20 Anbietern von Internetglücksspielen (ohne Internetauktionen) erlassen. Ein flächendeckendes Vorgehen ist nicht erfolgt. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags hat sich hieran nichts geändert. Seit Ende 2014 sind in vier vergleichbaren Fällen Verfügungen erlassen sowie mehrere Anhörungen verschickt worden. Das beklagte Land hat insbesondere nicht geltend gemacht, sich bei seinem Vorgehen an den Leitlinien der „Arbeitsgruppe Aufsicht“ (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 GlüStV, §§ 7 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 3 Nr. 2 VwVGlüStV) für ein Vorgehen der Länder gegen illegales Glücksspiel im Internet vom Juli 2014 zu orientieren geschweige denn eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Umsetzung dieser Leitlinien den Anforderungen an eine einheitliche Verwaltungspraxis und einen kohärenten Vollzug genügen.
41 
b) Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sich an einem weiteren Vorgehen durch die Rechtsprechung des Senats gehindert gesehen, trifft dieser Einwand nicht (mehr) zu. Der Senat hat bei unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags erlassenen Verfügungen die aufschiebende Wirkung zum einen mit Blick auf das Fehlen von Ermessenserwägungen zur Rechtslage nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag angeordnet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105), zum anderen mit Blick auf die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris). Diese Rechtsprechung steht dem Erlass neuer Verfügungen auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 (- C-156/13 -) über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 (- I ZR 171/10 -), die durch die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein veranlasst war, nicht mehr entgegen. Auch hat das beklagte Land diesbezüglich keine Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Im Übrigen bestand nach der Rechtsprechung des Senats durchgängig die Möglichkeit, Untersagungsverfügungen mit Blick auf den Jugendschutz zu erlassen (s. bereits Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, a.a.O., sowie Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -).
42 
c) Es sind auch keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen ersichtlich. Ein Vorgehen nach der „Größe“ der Anbieter, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, wäre dann ein hinreichender Differenzierungsgrund, wenn darunter der jeweilige Marktanteil in Baden-Württemberg verstanden würde und zunächst gegen Anbieter mit großem Marktanteil in Baden-Württemberg vorgegangen würde. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu genannten Hilfskriterien sind indes nicht geeignet, einen solchen Marktanteil zu ermitteln. Dass ein Anbieter mehrere Internetauftritte hat, lässt einen Rückschluss auf den Marktanteil nicht zu. Ein solcher Rückschluss ließe sich auch aus den bloßen - soweit ersichtlich nicht ermittelten - Umsatzzahlen nicht ziehen. Diese wären nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug auf den baden-württembergischen Markt im Verhältnis zu den Umsatzzahlen anderer Anbieter gesetzt würden. Dies hat das beklagte Land bereits nicht geltend gemacht. Auch hat es nicht dargelegt, wie es bei Anwendung der genannten Kriterien gerade auf die mit einer Verfügung belegten Anbieter gekommen ist.
43 
Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Prüfung, ob die angefochtene Verfügung an weiteren von der Klägerin geltend gemachten, z.T. aber im Berufungsverfahren nicht mehr thematisierten Fehlern leidet.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
46 
Beschluss vom 8. September 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
1. Die Untersagungsverfügung vom 21.01.2010 genügt als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis (§ 37 Abs. 1 LVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).
19 
a) Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.). Wenn Rechtspositionen Dritter rechtserheblich betroffen sind, muss der Inhalt auch für den Drittbetroffenen hinreichende Bestimmtheit aufweisen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rdnr. 7). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, InfAuslR 2013, 193; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, BVerwGE 145, 275). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 - 3 C 42.91 -, BVerwGE 94, 341; Stelkens, a.a.O., Rdnr. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a.a.O., Rdnr. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a.a.O.).
20 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 153, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
21 
b) In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass das beklagte Land damit nicht nur die über die in der Verfügung aufgeführten Internetseiten angebotenen und beworbenen Sportwetten, Poker- und Casinospiele untersagte, sondern jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf S. 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat das beklagte Land keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Auf die Frage, ob es im konkreten Fall einfacher oder schwieriger ist, eine hinreichend bestimmte Verfügung zu formulieren, kommt es, anders als das beklagte Land meint, in diesem Zusammenhang nicht an, weil mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung hier (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation BayVGH, Urteil vom 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 -, juris) eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten ist.
22 
c) Auch ohne den fraglichen Passus auf S. 7 der angefochtenen Verfügung wäre der Gegenstand der Untersagungsverfügung nicht hinreichend bestimmt.
23 
Dabei gelten zum einen erhöhte Anforderungen mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 284 ff. StGB, zum anderen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. (i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV n.F.; vgl. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a.F.). Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen (sogenanntes financial blocking). Zuständig hierfür ist bei Internetvertrieb von öffentlichem Glücksspiel nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regelmäßig die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen, weil das Angebot in der Regel in mehr als einem Land erfolgt. Nach Auffassung des beklagten Landes ist die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen gegenüber Anbietern von Internetglücksspielen, die ihren Sitz im Ausland haben, also auch im Fall der Klägerin, in den meisten Fällen unmöglich (LT-Drs. 15/3459, S. 6). Als „Vollstreckungsmöglichkeit“ wird der Erlass (und gegebenenfalls die Vollstreckung) von Verfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. zur Kappung von vom Inland ausgehenden Zahlungsströmen an ausländische Glücksspielanbieter angesehen. Dies setzte im vorliegenden Fall, aufbauend auf der streitgegenständlichen Verfügung, den Erlass einer weiteren Verfügung gegenüber dem oder den betroffenen Zahlungsinstituten durch die niedersächsische Glücksspielaufsichtsbehörde voraus. Dann ist für die Bestimmung des Empfängerhorizonts nicht nur der Umstand relevant, dass die Klägerin Anbieterin von Glücksspielen ist, sondern auch, dass bei der „Vollstreckung“ der Verfügung branchenfremde Dritte beteiligt sind, die sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen, wenn Zahlungen aus legalen Vorgängen unterbrochen werden (sogenanntes over-blocking, vgl. Hambach/Brenner, in: Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht, § 9 GlüStV Nr. 68 f.).
24 
Der für sich genommen unbestimmte Tenor in Ziff. 1 der Verfügung wird durch die Angabe im Bescheid, dass die Klägerin über die Internetseiten ... und ... öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen veranstaltet bzw. vermittelt und hierfür Werbung betreibt, nicht hinreichend konkretisiert. Zwar reicht es für die Bestimmtheit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung aus, wenn in der Begründung detailliert beschrieben wird, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite eines Glücksspielveranstalters nicht mehr veranstaltet etc. werden dürfen (Schönenbroicher, in: Mann u.a., VwVfG, § 37 Rdnr. 73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wenn die von der Verfügung erfassten Glücksspiele konkret genug beschrieben sind, eine solche Verfügung dann auch für diese konkreten Glücksspiele andere - auch künftige - Internetauftritte desselben Adressaten umfassen darf. Denn vorliegend fehlt es an der Konkretisierung der von der Verfügung erfassten Glücksspiele. Sie werden nur anhand generalisierender Begriffe beschrieben, die eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gerade nicht gestatten, weil sie ihrerseits nicht bestimmt sind (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 19). Das beklagte Land hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Untersagungsverfügung z.B. unter Benennung einer größeren Zahl von Beispielen, aber ohne vollständige Inventarisierung, zu treffen (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 23; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 37 Rdnr. 20.2, jeweils m.w.N.).
25 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. sind Sportwetten (entgeltliche) Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Anders als unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags sind dadurch (entgeltliche) Wetten ohne feste Gewinnquoten, auch wenn sie sich auf Sportereignisse beziehen (z.B. Fußball-Toto), nicht mehr als Sportwetten definiert (vgl. Bolay/Pfütze, in: Streinz u.a., a.a.O., § 3 Rdnr. 18). Diese werden teilweise der Gattung der Lotterien zugeordnet (vgl. Bolay/Pfütze, a.a.O.). Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags, an dem sich die Verfügung seither messen lassen muss, ist damit fraglich geworden, ob „Sportwetten“ ohne feste Gewinnquoten noch unter den Begriff der Sportwetten fallen, wie ihn die unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags ergangene Verfügung verwendet. Dann scheidet eine Bestimmbarkeit des unbestimmten Verfügungstenors durch Bezugnahme auf den seinerseits unklaren Begriff der Sportwette insofern aber aus.
26 
bb) Auch die Bezugnahme auf den Begriff (Online-)“Casinospiele“ lässt eine Bestimmbarkeit nicht zu. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Denkbar ist es, zum einen unter den Begriff „Casinospiele“ wie in § 3 Abs. 5 GlSpielGSH alle herkömmlich in Präsenzspielbanken angebotenen Glücksspiele, insbesondere Poker, Black Jack, Baccara und Roulette zu fassen, also auf Tisch- und Kartenspiele zu beziehen. In Präsenzspielbanken werden aber auch Automatenspiele angeboten (dazu Bolay/Pfütze, a.a.O., § 2 Rdnr. 13). Dementsprechend sollen nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung zu den untersagten Online-Casinospielen auch Online-Automatenspiele gehören. Lässt der Begriff (Online-)“Casinospiele“ aber eine engere und eine weitere Auslegung zu, setzt eine Bestimmbarkeit des Gegenstands der Verfügung unter Rückgriff auf diesen Begriff zumindest voraus, dass die Verfügung Anhaltspunkte dafür enthält, welches Verständnis ihr zugrunde liegt. Hieran fehlt es. Außerdem zeigt die einem Schwesterunternehmen der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Erlaubnis für Online-Casinospiele vom 19.12.2012 den Bedarf einer Abgrenzung einzelner Casinospiele von Lotterien auf, zu der sich der angefochtenen Verfügung ebenfalls nichts entnehmen lässt.
27 
cc) Die Bezugnahme auf den Begriff „Pokerspiele“ führt ebenfalls nicht zu einer Bestimmbarkeit des Verfügungsgegenstands insoweit. Ob eine Pokervariante Glücksspiel ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend zufallsbedingt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.). Ansonsten liegt ein Geschicklichkeitsspiel vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NVwZ 2014, 1175; vom 24.10.2001 - 6 C 1.01 -, BVerwGE 115, 179). Der hessische VGH (Urteil vom 10.04.1979 - II OE 41/77 -, juris) hat die Variante „Search-Poker“ als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Da das beklagte Land nur Glücksspiele untersagen wollte, alle Poker-Varianten untersagt hat, aber - anders als das beklagte Land möglicherweise meint - nicht alle Poker-Varianten Glücksspiel sind, überlässt es die Bewertung, welche Poker-Varianten Glücksspiele und damit von der Verfügung erfasst sind, in unzulässiger Weise der Klägerin (vgl. auch Senat, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 S 1394/13 -, VBlBW 2014, 382). Diese Problematik bestünde auch bei einem - hier nicht erfolgten - pauschalen Bezug auf das gesamte Angebot auf bestimmten Internetseiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
28 
d) Unbestimmt ist die Verfügung schließlich auch, soweit mit ihr das „Unterstützen“ der Veranstaltung oder Vermittlung von oder der Werbung für öffentliches Glücksspiel untersagt wird. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Definition dieses Begriffs, die angefochtene Verfügung führt keine Beispiele auf, worin Unterstützungshandlungen (wohl: zu Gunsten Dritter) liegen könnten. Das wäre vorliegend aber schon deshalb relevant, weil die Klägerin in einen Konzernverbund eingegliedert ist, was - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - im Verhältnis zu rechtlich selbstständigen, aber konzernangehörigen Gesellschaften andere Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Informationstechnologie, aufwirft, als wenn ein Anbieter nur „echten“ Dritten gegenübersteht.
29 
2. Der Senat kann vor diesem Hintergrund offen lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung (noch) gegeben sind.
30 
a) Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag hätte der Senat seiner Prüfung dabei ausschließlich die Rechtslage aufgrund des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012, S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012, S. 515) zugrunde zu legen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende streitgegenständliche Untersagungsverfügung trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klageantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, wäre nur der Glücksspielstaatsvertrag n.F. heranzuziehen.
31 
b) Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. ist allerdings unter mehreren Gesichtspunkten zweifelhaft. Danach kann die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV) untersagen. Dem Senat erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes relevant:
32 
aa) Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, sondern - ebenfalls unterstellt - auf sonstige von der Klägerin im Internet angebotene öffentliche Glücksspiele, läge zwar unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. vor, weil die Klägerin nicht über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderliche Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis verfügt. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könnte der Klägerin auch entgegengehalten werden. Er stellt sich insbesondere als unionsrechtskonform dar. Für den Zeitraum bis zum 30.06.2012, also unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags, war geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist, da er nicht allein dem Schutz des Monopols diente, sondern unabhängig davon den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung und diese Regelungen und das Erlaubnisverfahren im Hinblick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig, angemessen, hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend waren (zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 8 B 36.14 -, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran Wesentliches geändert hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014 - 13 A 2018/11 -, GewArch 2014, 327; vgl. BVerwG, a.a.O.). Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, fehlt es der Klägerin demgegenüber zwar ebenfalls an der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis. Es erscheint dem Senat darüber hinaus aber bereits zweifelhaft, ob der Klägerin insoweit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere fraglich, ob das Erlaubnisverfahren unionsrechtskonform ausgestaltet ist und ob dabei allein auf die normative Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens abgestellt werden und der Umstand, dass sich dieses Verfahren auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erweist, außer Betracht bleiben kann (so aber ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 S 102.14 -).
33 
bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung wäre aber - wenn und soweit der Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werden kann - ermessensfehlerhaft, wenn das Angebot der Klägerin (offensichtlich) erlaubnisfähig wäre, ohne dass es in diesem Zusammenhang wohl - und anders als nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 15 Rn. 15) - darauf ankäme, dass die Klägerin keinen Erlaubnisantrag gestellt hat (vgl. dazu aber BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015, a.a.O.). Denn eine Erlaubnis für den Internetvertrieb von Glücksspielen sieht der Glücksspielstaatsvertrag nur für Sportwetten und Lotterien, nicht aber für sonstiges über das Internet vertriebenes Glücksspiel vor. Dass die Klägerin nicht am Konzessionsverfahren für Sportwetten teilgenommen hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar damit erklärt, mit Blick auf die im Konzessionsverfahren eingeschaltete Anwaltskanzlei von einer Teilnahme abgesehen zu haben (anders wohl noch der Vortrag im Verfahren 6 S 103/13).
34 
Für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin erscheint dem Senat zweifelhaft, ob ihr das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden könnte, soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht oder ob § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. eine inkohärente und damit unwirksame Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin aus Art. 56 AEUV darstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die Durchbrechung des Internetvertriebsverbots nur für Sportwetten und Lotterien in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. (ohne nähere Begründung Kohärenz bejahend OVG Saarland, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 B 50/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; differenzierend Senat, Urteil vom 23.05.2013 - 6 S 88/13 -, GewArch 2014, 24; vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, über das Internet angebotene Casino- und Pokerspiele wiesen per se eine erhöhte Wiederholungsfrequenz und damit Gefährlichkeit auf als über das Internet vertriebene Sportwetten und Lotterien und seien schon deshalb im Internetvertrieb nicht zulässig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), ist der Vortrag bereits widersprüchlich (vgl. Seite 15 des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergeben Schriftsatzes vom 07.09.2015) und nicht belegt. Das beklagte Land geht auch nicht auf den nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Einwand der Klägerin ein, bei jedem (Internet-)Glücksspiel könne die Wiederholungsfrequenz unterschiedlich ausgestaltet werden.
35 
Das beklagte Land könnte der Klägerin aber einen Verstoß gegen den Jugend- und Spielerschutz entgegenhalten (§§ 1 Satz 1 Ziff. 3, 4 Abs. 3 GlüStV n.F.), dessen Vorliegen aber offenbleiben kann. Zur Konkretisierung der Anforderungen kann sich das beklagte Land dabei, auch soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten bezieht, an den Vorgaben des § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. orientieren. Dieser sieht als Voraussetzung der Erlaubnis zum Vertrieb von Lotterien und Sportwetten im Internet vor, dass der Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigte ein Verstoß hiergegen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes auch eine vollständige Untersagung des weiteren Internetvertriebs. Dem liegt folgende Erwägung zu Grunde: Hätte die Klägerin eine Erlaubnis beantragt, fehlte es aber an einem hinreichenden Identifizierungs- und Authentifizierungssystem, dürfte die Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die fehlende Konzessionsvoraussetzung so zentral ist, dass eine Sicherstellung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG, § 4c Abs. 2 GlüStV nicht ausreichte. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen (so bereits Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Hinsichtlich des Entschließungsermessens des beklagten Landes bezüglich der Untersagungsverfügung käme dann auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
36 
Entsprechendes gilt mit Blick auf § 5 Abs. 5 GlüStV n.F..
37 
3. Selbst wenn die angefochtene Verfügung hinreichend bestimmt wäre und - was der Senat offen lässt - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung gegeben wären, stellte sich die angefochtene Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft dar. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob hinsichtlich des Entschließungsermessens eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist.
38 
Das beklagte Land muss bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen jedenfalls eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 3 GG (analog) ist es gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten, es darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit es anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss es hierfür sachliche Gründe angeben. Das beklagte Land muss also gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
39 
Solche sachlichen Gründe kann das beklagte Land bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Ein im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages ermessensfehlerhaft ist, dass das beklagte Land außer Acht gelassen hat, dass im Wesentlichen nur das Land Baden-Württemberg gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern überwiegend keine Untersagungsverfügungen erlassen haben bzw. solche Verfügungen, so sie ergangen sind, keinen Bestand mehr haben, kann offenbleiben.
40 
a) Nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich folgendes Bild: Das beklagte Land hat unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags seit 2010 eine Reihe von Untersagungsverfügungen gegenüber etwa 20 Anbietern von Internetglücksspielen (ohne Internetauktionen) erlassen. Ein flächendeckendes Vorgehen ist nicht erfolgt. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags hat sich hieran nichts geändert. Seit Ende 2014 sind in vier vergleichbaren Fällen Verfügungen erlassen sowie mehrere Anhörungen verschickt worden. Das beklagte Land hat insbesondere nicht geltend gemacht, sich bei seinem Vorgehen an den Leitlinien der „Arbeitsgruppe Aufsicht“ (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 GlüStV, §§ 7 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 3 Nr. 2 VwVGlüStV) für ein Vorgehen der Länder gegen illegales Glücksspiel im Internet vom Juli 2014 zu orientieren geschweige denn eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Umsetzung dieser Leitlinien den Anforderungen an eine einheitliche Verwaltungspraxis und einen kohärenten Vollzug genügen.
41 
b) Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sich an einem weiteren Vorgehen durch die Rechtsprechung des Senats gehindert gesehen, trifft dieser Einwand nicht (mehr) zu. Der Senat hat bei unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags erlassenen Verfügungen die aufschiebende Wirkung zum einen mit Blick auf das Fehlen von Ermessenserwägungen zur Rechtslage nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag angeordnet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105), zum anderen mit Blick auf die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris). Diese Rechtsprechung steht dem Erlass neuer Verfügungen auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 (- C-156/13 -) über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 (- I ZR 171/10 -), die durch die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein veranlasst war, nicht mehr entgegen. Auch hat das beklagte Land diesbezüglich keine Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Im Übrigen bestand nach der Rechtsprechung des Senats durchgängig die Möglichkeit, Untersagungsverfügungen mit Blick auf den Jugendschutz zu erlassen (s. bereits Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, a.a.O., sowie Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -).
42 
c) Es sind auch keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen ersichtlich. Ein Vorgehen nach der „Größe“ der Anbieter, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, wäre dann ein hinreichender Differenzierungsgrund, wenn darunter der jeweilige Marktanteil in Baden-Württemberg verstanden würde und zunächst gegen Anbieter mit großem Marktanteil in Baden-Württemberg vorgegangen würde. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu genannten Hilfskriterien sind indes nicht geeignet, einen solchen Marktanteil zu ermitteln. Dass ein Anbieter mehrere Internetauftritte hat, lässt einen Rückschluss auf den Marktanteil nicht zu. Ein solcher Rückschluss ließe sich auch aus den bloßen - soweit ersichtlich nicht ermittelten - Umsatzzahlen nicht ziehen. Diese wären nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug auf den baden-württembergischen Markt im Verhältnis zu den Umsatzzahlen anderer Anbieter gesetzt würden. Dies hat das beklagte Land bereits nicht geltend gemacht. Auch hat es nicht dargelegt, wie es bei Anwendung der genannten Kriterien gerade auf die mit einer Verfügung belegten Anbieter gekommen ist.
43 
Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Prüfung, ob die angefochtene Verfügung an weiteren von der Klägerin geltend gemachten, z.T. aber im Berufungsverfahren nicht mehr thematisierten Fehlern leidet.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
46 
Beschluss vom 8. September 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 5. August 2015 - 3 K 1196/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Landesglücksspielgesetz zum (Weiter-)Betrieb seiner Spielhalle, hilfsweise die Feststellung, dass eine solche bis zum 30.06.2017 nicht erforderlich ist.
Der Kläger betreibt die Spielhalle „...“ in ..., ...... Hierfür wurde ihm unter dem 02.11.2011 eine Baugenehmigung für eine „Nutzungsänderung von Bistro/Pub in eine Spielothek“ sowie auf seinen Antrag vom 24.11.2011 mit Bescheid vom 08.03.2012 eine Erlaubnis nach § 33i Abs. 1 GewO erteilt.
Am 14.02.2013 beantragte der Kläger für die Spielhalle unter anderem die Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 LGlüG. Mit Bescheid vom 02.04.2013 lehnte der Beklagte dies mit der Begründung ab, in ... befinde sich in der ... bereits die Spielothek „...“. Zu dieser betrage die Entfernung lediglich ca. 450 Meter. Da das Abstandsgebot nicht gewahrt sei, sei die Erteilung einer Erlaubnis nicht möglich. Die Übergangsregelung des § 51 LGlüG greife nicht, da sie nur für Spielhallen vorgesehen sei, die bis zum 28.10.2011 eine Erlaubnis erhalten hätten.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und machte im Schwerpunkt geltend, der Mindestabstand zu der weiteren Spielhalle sei gewahrt, da ein Fußgänger mindestens 850 Meter zurücklegen müsse, um dorthin zu gelangen. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes dürfe eine Querfeldeinmessung nicht vorgenommen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2013 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch zurück. Da die Spielhalle des Klägers das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG nicht wahre, sei die Erlaubnis gemäß § 41 Abs. 2 LGlüG zwingend zu versagen. Auf einen Härtefall könne sich der Kläger nicht berufen.
Der Kläger hat am 25.06.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Freiburg erhoben und die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG, hilfsweise die Feststellung, dass er die Spielhalle bis zum 30.06.2017 ohne eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG betreiben kann, beantragt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, bei Bemessung des Abstands zwischen zwei Spielhallen müsse der begehbare Weg zugrunde gelegt werden, den Fußgänger nutzen müssten, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Nur so könne die gesetzliche Regelung sinnvoll und zweckmäßig ausgelegt werden. Dem stehe auch die Verwendung des Wortes „Luftlinie“ nicht entgegen, da dieses keiner gesetzlichen Definition unterliege. Ob ein Abstand überhaupt geeignet sei, einen gewillten Spieler vom Spielen abzuhalten, sei zweifelhaft, zumal in einigen Bundesländern geringere Abstände als ausreichend angesehen würden. In seinem Fall sei jedenfalls die Verfügbarkeit weiterer Spielmöglichkeiten erst dann erreicht, wenn mindestens 850 Meter zurückgelegt worden seien. Das Abstandserfordernis werde damit gewahrt. Die einschlägigen Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes seien verfassungs- und europarechtswidrig. Sie seien im Sinne der sog. Informationsrichtlinie notifizierungspflichtig. Die Abstandsregelung falle nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder und sei auch materiell verfassungswidrig. Es sei nicht ersichtlich, dass die Ansammlung von Spielhallen auf engem Raum spielanreizsteigernde Wirkung habe oder gar das Suchtpotenzial erhöhe. Die Grundannahme, dass sich eine Eindämmung des Spieltriebs dadurch erreichen lasse, dass der Spieler an die „frische Luft“ müsse, bevor er an weiteren Geldspielgeräten spielen könne, entbehre jeglicher wissenschaftlicher Grundlage. In Kombination mit dem Bauplanungsrecht, das Spielhallen nur in wenigen ausgewählten Gebieten Raum lasse, führe das Abstandsgebot faktisch zu einem Errichtungsverbot für neue Spielhallen und zwinge nach Ablauf der Übergangsfrist viele Bestandsbetriebe zur Schließung. Die Regelungen des Landesglücksspielgesetzes verletzten überdies das vom Europäischen Gerichtshof entwickelte Kohärenzgebot. In Spielbanken aufgestellte Glücksspielautomaten unterlägen keinerlei Einschränkungen. Mit dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz würden Casinospiele und Sportwetten im Internet rund um die Uhr zugelassen. Die rein fiskalisch motivierte Sicherung des staatlichen Glücksspielmonopols zum Zwecke der Einnahmeerzielung könne den Grundrechtseingriff von vorneherein nicht rechtfertigen. Nicht das gewerbliche Automatenspiel, sondern das staatliche Glücksspielmonopol müsse mit Blick auf das Gebot der Ausgewogenheit und den Spielerschutz gestutzt werden. Wenn der Gesetzgeber dies nicht wolle, bleibe ihm nur die Möglichkeit, dem gewerblichen Automatenspiel genauso viel wirtschaftlichen Spielraum einzuräumen wie den Wettbewerbern aus dem Bereich des staatlichen Glücksspielmonopols. Die für ihn geltende Übergangsregelung, die ihm Bestandsschutz nur bis zum 30.06.2013 gewähre, sei ebenfalls verfassungswidrig. Die Rückwirkung der Regelung treffe ihn unangemessen stark, da er erhebliche Dispositionen getroffen habe. Der Verlust an Investitionskapital sei ihm nicht zumutbar. Das Gemeinwohl könne eine Spielhalle mehr dagegen sehr wohl verkraften.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Spielhalle des Klägers befinde sich in einem Abstand von lediglich 419,90 Metern zu der Spielhalle „...“, deren Erlaubnis vor dem 28.10.2011 erteilt worden sei und daher erst nach dem 30.06.2017 eine neue Erlaubnis benötige. Die fußläufige Entfernung der beiden Spielhallen zueinander sei ohne Bedeutung. Der Begriff der „Luftlinie“ sei eindeutig und nicht auslegungsfähig. Soweit der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Landesglücksspielgesetz äußere, stehe ihm - dem Beklagten - keine Verwerfungskompetenz zu. Im Übrigen seien die Gerichte in den bisher entschiedenen Verfahren von der Verfassungsmäßigkeit der Regelungen ausgegangen.
Einen gleichzeitig beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben die Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte zugesagt hat, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache davon abzusehen, durch eine Schließungsverfügung vollendete Tatsachen zu schaffen bzw. Bußgeldverfahren durchzuführen (3 K 1197/13). Gleichwohl untersagte der Beklagte im weiteren Verlauf dem Kläger den Betrieb der Spielhalle. Nach erfolglosem Widerspruch erhob er hiergegen Klage, die beim Verwaltungsgericht noch anhängig ist.
Mit Urteil vom 05.08.2015 hat das Verwaltungsgericht die am 25.06.2013 erhobene Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Erlaubnis. Ihr stehe der Versagungsgrund der §§ 41 Abs. 2 Nr. 2, 42 Abs. 1 LGlüG entgegen. Die Spielhalle des Klägers liege nur 419,90 Meter Luftlinie von der Spielothek „...“ entfernt. Entgegen der Auffassung des Klägers sei der Begriff „Luftlinie“ gerade nicht als kürzeste Wegstrecke auszulegen, die Fußgänger zurücklegen müssten, um von der einen Spielhalle in die andere zu gelangen. Ob im Einzelfall eine andere Auslegung geboten sei oder ein Verstoß gegen das Abstandsgebot ausnahmsweise keinen Versagungsgrund darstellen könne, wenn sich innerhalb des Mindestabstands ein unüberwindbares Hindernis - beispielsweise eine Autobahn - befinde und eine extreme Abweichung zwischen dem nach der Luftlinie gemessenen Abstand einerseits sowie dem nach der Wegstrecke gemessenen Abstand andererseits bestehe, müsse nicht entschieden werden, da ein solcher Fall nicht vorliege. Das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Daran ändere nichts, dass die bauplanungsrechtlichen Vorgaben im Verbund mit den Abstandsgeboten in § 42 Abs. 1 und Abs. 3 LGlüG in einer Vielzahl von Gemeinden dazu führen könnten, dass kaum noch zulässige Standorte für weitere Spielhallen zu finden seien. Gerade die in Spielhallen leicht verfügbaren Geldspielautomaten wiesen ein besonders hohes Suchtpotenzial auf, welches mit schwerwiegenden Folgen für den Betroffenen, dessen Familie und die Gesellschaft einhergehen könne. Nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG könne für einen begrenzten angemessenen Zeitraum zur Vermeidung unbilliger Härten eine Befreiung vom Abstandsgebot gewährt werden. Der Kläger könne sich indes, da ihm die Erlaubnis nach § 33i GewO erst mit Bescheid vom 08.03.2012 erteilt worden sei, nicht auf diese Vorschrift berufen. Die Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 4 LGlüG gewährleiste, dass das Erlaubnisregime des § 41 LGlüG keine echte Rückwirkung entfalte, und dem Vertrauens- und Bestandsschutzinteresse der Betreiber in Abwägung mit den verfolgten Allgemeinwohlzielen angemessen Rechnung getragen werde. Im Fall des Klägers lägen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGLüG nicht vor. Hierbei sei unerheblich, dass der Kläger zuvor bereits eine Baugenehmigung erhalten und schon vor der Stellung des Antrags nach § 33i GewO Investitionen getätigt habe. Die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes seien auch nicht mangels fehlender Notifizierung unanwendbar und verstießen nicht gegen das europarechtliche Kohärenzgebot. Mangels eines grenzüberschreitenden Sachverhalts sei die Dienstleistungsfreiheit nicht tangiert. Von Spielhallen gehe eine spezifische Gefahr aus, die sich von derjenigen unterscheide, die von Spielbanken ausgehe. In Anbetracht der unterschiedlichen Verbreitung von Spielhallen und Spielbanken fehle es für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG an einem im Wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalt. Das Kohärenzgebot verpflichte die Mitgliedstaaten nicht dazu, ein sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifendes, in seiner Gesamtheit stimmiges Schutzkonzept aufzustellen und umzusetzen. Die in Rede stehenden Regelungen würden auch nicht durch das Vorgehen in anderen Glücksspielsektoren in einer Weise konterkariert, dass ihre Geeignetheit zur Erreichung der verfolgten Ziele in Frage gestellt würde. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage habe ebenfalls keinen Erfolg. Die Spielhalle des Klägers unterfalle nicht der Übergangsregelung des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG, so dass ihr Betrieb bereits vor dem 30.06.2017 einer Erlaubnis nach § 41 LGlüG bedürfe.
10 
Am 17.08.2015 hat der Kläger die durch das Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz trägt er im Wesentlichen vor, die ihm am 08.03.2012 erteilte Erlaubnis nach § 33i GewO habe ihm die unbefristete Möglichkeit verschafft, die streitgegenständliche Spielhalle zu betreiben. Durch die Neuregelung werde diese Befugnis auf ein Jahr befristet, indem das Erfordernis einer neuen glücksspielrechtlichen Erlaubnis aufgestellt werde, auf deren Erteilung er nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Anspruch habe. Das damit verbundene faktische Verbot des Betriebs der Spielhalle trotz vorliegender Erlaubnis greife in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Obwohl er erhebliche Investitionen geleistet sowie bau- und gewerberechtliche Genehmigungsverfahren durchlaufen habe, müsse er bereits nach einem Jahr den Betrieb wieder aufgeben, obgleich sich in tatsächlicher Hinsicht nichts verändert habe. Innerhalb eines Jahres könnten sich die finanziellen Aufwendungen nicht amortisieren. Der Zwang, die Spielhalle nach so kurzer Zeit wieder schließen zu müssen, greife unmittelbar in sein Eigentum ein, ohne dass eine Rechtfertigung für eine derart kurze Übergangsfrist von nur einem Jahr erkennbar sei. Dies sei umso weniger nachvollziehbar, als für Spielhallen, für die ein Tag vor dem Stichtag die gewerberechtliche Erlaubnis erteilt worden sei, eine Übergangsfrist von fünf Jahren gelte. Eine Spielhalle, die nach dem Stichtag erlaubt und eröffnet worden sei, berge kein größeres Gefahrenpotential als eine solche, die vor dem Stichtag zugelassen worden sei. Es bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, ob ein derart schwerwiegender rückwirkender Eingriff in einen bestehenden Gewerbebetrieb an einen konkreten Zeitpunkt anknüpfen könne, der formal keinen Bezug zu dem später unterzeichneten und noch später ratifizierten Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag habe. Der Stichtag des 28.10.2011 sei daher nicht zu rechtfertigen. Das Verwaltungsgericht unterstelle die Verfassungsmäßigkeit der einschlägigen Vorschriften aus Gründen des Jugend- und Spielerschutzes, wobei niemals ermittelt worden sei, ob das Verbot zum Schutz der Gesundheit überhaupt geeignet und erforderlich sei. Es werde schlicht unterstellt, dass eine Beschränkung der Verfügbarkeit des Glücksspielangebots dem Schutz der Bevölkerung diene. Empirisch belegt sei diese Aussage an keiner Stelle. Auch der Blick auf entsprechende Regelungen anderer Staaten lasse an der Wirksamkeit zweifeln. Der Weg von seiner Spielhalle zu dem Konkurrenzbetrieb betrage 1,3 Kilometer. Zwischen den Betrieben befinde sich eine stark befahrene Landstraße, so dass dem Zweck der maßgeblichen Vorschriften auch dann entsprochen würde, wenn ihm die glücksspielrechtliche Erlaubnis erteilt würde. Der Begriff der „Luftlinie“ habe bislang keinerlei Niederschlag in bau- und gewerberechtliche Vorschriften gefunden. Dies sei aus gutem Grund der Fall, da die Entfernung nach Luftlinie keine Relevanz habe und über die tatsächliche Positionierung nichts aussage. Es handele sich um ein willkürlich gegriffenes Maß, was schon dadurch dokumentiert werde, dass die Entfernung im Gesetzgebungsverfahren mehrfach ohne nachvollziehbare Begründung geändert worden sei.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 05. August 2015 - 3 K 1196/13 - zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 02.04.2013 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 13.06.2013 zu verpflichten, ihm die Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ in der ......, ... nach § 41 Abs. 1 LGlüG zu erteilen,
13 
hilfsweise festzustellen, dass er die Spielhalle „...“ in der ..., ... auf der Grundlage der am 08.03.2012 gemäß § 33i GewO erteilten Spielhallenkonzession bis zum 30.06.2017 betreiben kann, ohne dass es einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gemäß § 41 LGlüG bedarf.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Der Kläger habe die Spielhalle nicht übernommen, sondern durch Umnutzung einer davor betriebenen Gaststätte erstmalig geschaffen. Zum Zeitpunkt seines Antrags auf Erteilung einer Spielhallenerlaubnis und der Genehmigung der Nutzungsänderung könne sich der Kläger nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs nicht mehr auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der bisherigen Regelungen berufen. Er sei somit bewusst das Risiko eingegangen, die neu geschaffene Spielhalle nicht mehr auf Dauer betreiben zu können.
17 
Dem Senat liegen die Akten des Beklagten, des Regierungspräsidiums Freiburg sowie des Verwaltungsgerichts Freiburg (3 K 1196/13, 3 K 1197/13) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten mündlich verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage sowohl in ihrem Haupt- als auch in ihrem Hilfsantrag zu Recht abgewiesen.
20 
1. Im Hinblick auf den Hauptantrag des Klägers ist die Klage als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der mit dem Hauptantrag begehrten glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ nach § 41 Abs. 1 LGlüG. Der die Erteilung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 02.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 des Landesglücksspielgesetzes vom 20.11.2012 (GBl. 2012, S. 604), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 01.12.2015 (GBl. 2015, S. 1033), bedarf der Betrieb einer Spielhalle der Erlaubnis nach dem Landesglücksspielgesetz, die die Erlaubnis nach § 33i GewO ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Abs. 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst. Die Erlaubniserteilung setzt voraus, dass keiner der in § 41 Abs. 2 LGlüG genannten Versagungsgründe vorliegt. Danach ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen nach § 42 LGlüG nicht erfüllt sind (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG). So liegt der Fall auch hier.
22 
Da die Spielhalle des Klägers nicht die in § 42 Abs. 1 LGlüG normierten Anforderungen an die Errichtung einer Spielhalle erfüllt, ist die Erlaubnis zwingend nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG zu versagen. Gemäß § 42 Abs. 1 LGlüG müssen Spielhallen einen Abstand von mindestens 500 Metern Luftlinie, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, untereinander haben. Diesen Abstand hält die Spielhalle des Klägers zu der in der ... in ... befindlichen, bereits seit längerer Zeit bestehenden Spielhalle „...“ nicht ein. Diese befindet sich, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, in einem Abstand von Luftlinie 419,90 Metern zu der Spielhalle des Klägers.
23 
a) Entgegen der Ansicht des Klägers ist der in § 42 Abs. 1 LGlüG enthaltene Begriff der „Luftlinie“ nicht im Sinne der Wegstrecke zu verstehen, die ein Fußgänger an der freien Luft zurücklegen muss, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Zwar ist der Begriff der „Luftlinie“ weder im Glücksspielrecht noch sonst legaldefiniert. Er ist jedoch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er - wie es auch das Verwaltungsgericht angenommen hat - die kürzeste Entfernung zwischen zwei geographischen Punkten über den direkten Luftweg durch eine parallel zur Erdoberfläche verlaufende Strecke bezeichnet (vgl. Wikipedia und Duden, jeweils Stichwort „Luftlinie“; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 29.11.2013 - 10 CS 13.1966 -, juris Rn. 26). Die vom Kläger vorgenommene Auslegung des Begriffs ist mit diesem eindeutigen Begriffsverständnis nicht vereinbar. Dass der Luftlinie bislang bau- und gewerberechtlich keine Relevanz zugekommen sein mag, ändert - entgegen seiner Ansicht - nichts daran, dass ihre Heranziehung zur Bestimmung des Mindestabstands von Spielhallen sachgerecht und der Begriff im genannten Sinne zu verstehen ist. Ebenso gebieten auch Sinn und Zweck der Regelung des § 42 Abs. 1 LGlüG keine andere Auslegung des Begriffs. Bei der Luftlinie nach dem beschriebenen Begriffsverständnis handelt es sich um eine einfache und praktikable Bestimmung des Abstands zwischen zwei Orten. Das Abstandsgebot dient überdies nicht allein dazu, einzelne spielwillige Spieler nach Verlassen einer Spielhalle davon abzuhalten, sogleich zu Fuß eine weitere nahegelegene Spielhalle aufzusuchen. Vielmehr dienen die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes über die Spielhallen und insbesondere § 42 Abs. 1 LGlüG auch der grundsätzlichen Begrenzung der Zahl des verfügbaren gewerblichen Automatenspiels durch eine Begrenzung der Spielhallendichte und damit der Beschränkung des Gesamtangebots (vgl. LT-Drucks. 15/849 S. 32 und 15/2431 S. 48; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 135). Mit der Abstandsregelung begrenzt der Gesetzgeber zugleich faktisch die Anzahl der in der Gemeinde zu erteilenden Erlaubnisse im Sinne des § 25 Abs. 3 GlüStV. Diese Zwecksetzung gebietet es nicht, den Begriff der „Luftlinie“ als Wegstrecke eines Fußgängers zwischen den Spielhallen auszulegen.
24 
b) Eine andere Bewertung der Wahrung des Abstandsgebots ergibt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht daraus, dass sich zwischen seiner Spielhalle und der Spielhalle „...“ eine stark befahrene Landstraße befinden mag. Weder ist ersichtlich noch nachvollziehbar vorgetragen, dass die zwischen den Spielhallen liegende ... (L...) nicht überquerbar wäre bzw. ihr eine irgendwie geartete trennende Wirkung zukäme, zumal sie als typische Ortsdurchgangsstraße im ländlichen Bereich erscheint und ihr Verkehr bereits durch den östlich der Spielhallen gelegenen Kreisel beruhigt sein dürfte. Bereits die tatsächlichen Gegebenheiten bieten daher im vorliegenden Fall keinen Anlass, ein ausnahmsweises Absehen von dem Erfordernis des Mindestabstands in Betracht zu ziehen beziehungsweise das Fehlen einer Ausnahmeregelung zu der strikten Vorgabe des Mindestabstands zwischen zwei Spielhallen in § 42 Abs. 1 LGlüG zu beanstanden. Unabhängig davon würde eine solche Ausnahmeregelung den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Begrenzung der Spielhallendichte und des Gesamtangebots an Spielhallen konterkarieren. Dem Abstandsgebot kommt zur Erreichung dieses Zwecks auch bei Vorliegen einer möglichen trennenden Wirkung einer stark befahrenen Straße entscheidende Bedeutung zu.
25 
c) Das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG begegnet, wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, als Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 LGlüG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
26 
aa) Insbesondere besaß das Land Baden-Württemberg für den Erlass der hier maßgeblichen §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG die Gesetzgebungskompetenz. Diese ergibt sich aus Art. 70 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, wonach das „Recht der Spielhallen“ seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das „Recht der Wirtschaft“ ausdrücklich ausgenommen ist. Dies ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher gewerberechtlicher Voraussetzungen für die Zulassung von Spielhallen sowie die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 101 ff.; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, juris Rn. 19; vgl. zu § 42 Abs. 2 LGlüG bereits den Beschluss des Senats vom 04.04.2014 - 6 S 1795/13 -, ESVGH 64, 224). Hierunter fallen die hier einschlägigen Vorschriften über die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und das dabei einzuhaltende Abstandsgebot nach §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG ohne weiteres. Sie betreffen jeweils die gewerberechtlichen Anforderungen an die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 111). Insbesondere der erstmals eingeführte Mindestabstand zu anderen Spielhallen beschränkt die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regelt ihr räumliches Verhältnis zu ihrem Umfeld. Er betrifft einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots länderspezifische Bezüge aufweist. Derartige Materien wurden im Rahmen der Föderalismusreform 2006 bewusst den Ländern übertragen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 22, 30; BVerfG, a.a.O., Rn. 101 ff.). Die auf der früheren verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung beruhende Vorschrift des § 33i GewO wurde in der Folge in Baden-Württemberg durch die §§ 41, 42 LGlüG im Sinne des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG ersetzt (Beschluss des Senats vom 08.02.2017 - 6 S 768/16 -, juris).
27 
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich die fehlende Gesetzgebungskompetenz der Länder auch nicht aus einer von ihm angenommenen bauplanungsrechtlichen Natur der einschlägigen Vorschriften. Zwar mögen sich aus § 42 Abs. 1 LGlüG ebenso Konsequenzen für den möglichen Standort einer Spielhalle ergeben wie aus den einzuhaltenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Die Vorschrift über den Mindestabstand zwischen Spielhallen betrifft jedoch die Art und Weise der Ausübung eines bestimmten Gewerbes und dient dabei dem Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren des Glücksspiels und gerade nicht dem Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden, wie es dem unter das „Bodenrecht“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG fallenden Bauplanungsrecht immanent ist. Da somit ein anderer Regelungsgegenstand betroffen ist, entfaltet das auf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruhende Bauplanungsrecht keine Sperrwirkung gegenüber den hier in Rede stehenden landesrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 114 f.; BVerwG, a.a.O., Rn. 31; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris Rn. 353 f.).
28 
bb) Das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG ist auch materiell verfassungsgemäß.
29 
(1) Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesverfassungsgericht haben sich jüngst ausführlich mit vergleichbaren Vorschriften anderer Länder zum einzuhaltenden Mindestabstand zwischen zwei Spielhallen befasst und im Einzelnen dargelegt, dass diese die Spielhallenbetreiber nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG verletzen sowie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 118 ff.; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, juris Rn. 34 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere festgestellt, dass die in Berlin und im Saarland geltenden Abstandsgebote den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung genügten, da selbst zur Rechtfertigung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung hinreichende Gründe des Gemeinwohls vorlägen, die die Abstandsgebote tragen könnten (BVerfG, a.a.O., Rn. 131 ff.). Sie dienten mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. Die Abstandsgebote verfolgten das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Begrenzung der Spielhallendichte und die Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots. Es solle zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten „auf andere Gedanken“ komme und sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst habe, dass ein selbständiger neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich sei (BVerfG, a.a.O., Rn. 133, 135). Diese Einschätzungen der Gesetzgeber seien nicht offensichtlich fehlerhaft. Gerade die hohen Anteile der Spieler an Geldspielgeräten an der Gesamtzahl der pathologischen Spieler sowie der hohe Marktanteil und das erhebliche Wachstum des Spiels in Spielhallen über die letzten Jahre rechtfertigten die Annahme nachweisbarer schwerer Gefahren für die spielsüchtigen oder von Spielsucht bedrohten Personen, ihre Familien und die Gemeinschaft (BVerfG, a.a.O., Rn. 140). Die Abstandsgebote seien konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, unterschiedlichen Regelungen unterworfen seien (BVerfG, a.a.O., Rn. 142). Die Gesetzgeber dürften im Rahmen des ihnen zustehenden und nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums auch davon ausgehen, dass die Abstandsgebote geeignete und erforderliche Mittel zur Bekämpfung der Spielsucht darstellten (BVerfG, a.a.O., Rn. 148 ff.). Die Abstandsgebote seien auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahrten die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen des Spielhallenrechts insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasteten die Betroffenen nicht übermäßig. Die Regelungen hätten zwar - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge und auch weitere Neuregelungen wirkten sich belastend aus. Die Gesamtbelastung lasse es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssten, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch die Abstandsgebote stark beschränkt werde. Der verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiege jedoch besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handele. Besonderes Gewicht bekomme dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgingen. Für alle anderen relevanten Glücksspielformen habe bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht sei, hätten die Gesetzgeber davon ausgehen dürfen, dass gerade die mit den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten werde. Dies gelte zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium. Insgesamt stünden damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (BVerfG, a.a.O., Rn. 155 ff.). Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führe - soweit ihr Schutzbereich überhaupt eröffnet sei - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (BVerfG, a.a.O., Rn. 169). Die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen bewirkten auch keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung von Spielhallen und Spielbanken liege in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential beider Typen von Spielstätten und insbesondere in der sehr unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten. Ungleichbehandlungen gegenüber Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, seien aufgrund der Unterschiede der Spielorte gerechtfertigt (BVerfG, a.a.O., Rn. 170 ff.).
30 
(2) Diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, die im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen, schließt sich der Senat an. Sie sind ohne weiteres auf die Regelungen des baden-württembergischen Landesglücksspielgesetzes, insbesondere die des hier in Rede stehenden § 42 Abs. 1 LGlüG übertragbar und entsprechen im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs (heute: Verfassungsgerichtshof) für das Land Baden-Württemberg zum Landesglücksspielgesetz (StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris Rn. 355 ff.). Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgt auch der baden-württembergische Gesetzgeber in Umsetzung der Vorgaben des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags mit dem Abstandsgebot die vom Bundesverfassungsgericht benannten Ziele. Im Zusammenwirken mit dem Verbundverbot in § 42 Abs. 2 LGlüG soll das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG den spielenden Personen die Möglichkeit eröffnen, einen inneren Abstand vom gerade beendeten Spiel an einem Geldspielgerät oder der Teilnahme an einem anderen Spiel zu finden. Sie sollen die Chance erhalten, ihr Verhalten zu reflektieren und zu einer möglichst unbeeinflussten Eigenentscheidung kommen, ob sie das Spiel fortsetzen möchten (LT-Drucks. 15/2431 S. 105). Darüber hinaus soll die Regelung durch eine Verringerung der Zahl und der Standorte sowie durch Auflockerung der Dichte der Spielhallen zur Verwirklichung der oben genannten Ziele beitragen (vgl. StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 362 m.w.N.). Auch der baden-württembergische Gesetzgeber verfolgt damit das legitime Ziel, durch das Abstandsgebot zur Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht beizutragen und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Die Regelungen des Landesglücksspielgesetzes sind zur Erreichung dieses Ziels ebenso verhältnismäßig wie die den Entscheidungen des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Regelungen anderer Bundesländer.
31 
Mit seinen hiergegen geltend gemachten Einwendungen dringt der Kläger nicht durch. Sein Vortrag zielt vornehmlich darauf ab, die Geeignetheit und Erforderlichkeit des Abstandsgebots in Frage zu stellen. Insoweit kommt dem Gesetzgeber jedoch ein maßgeblicher Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der vorliegend nicht überschritten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass die Länder die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen durften, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht geeignete und vorzugswürdige Mittel darstellen (BVerfG, a.a.O., Rn. 150, 153; ebenso BVerwG, a.a.O., Rn. 43 ff.). Die diesbezüglichen Erwägungen des Gesetzgebers sind auch unter Berücksichtigung der vom Kläger erhobenen Bedenken plausibel und nicht offensichtlich fehlerhaft. Ermittlungen durch den Senat zur Wirksamkeit der Beschränkung des Glücksspielangebots und zum Ausmaß der Gefährlichkeit des gewerblichen Automatenspiels sind vor diesem Hintergrund nicht angezeigt.
32 
Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung in § 42 Abs. 1 LGlüG auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 49). Dass sich hier aufgrund länderspezifischer Besonderheiten unterschiedliche Erfordernisse ergeben können, liegt auf der Hand und ist in der föderalen Struktur der Bundesrepublik angelegt. Die Normierung unterschiedlicher Mindestabstände in den Ländern sowie die vom Kläger dargelegte mehrfache Änderung der Meterangabe im Rahmen des baden-württembergischen Gesetzgebungsverfahrens lässt ebenso wenig auf eine Willkürlichkeit der Regelung eines Mindestabstands von 500 Metern schließen.
33 
Im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums liegt auch, dass § 42 Abs. 1 LGlüG auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt und nicht auf die Wegstrecke sowie, dass Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG nur für diejenigen Bestandsspielhallen bestehen - und damit nicht für den Kläger -, für die gemäß § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG erst nach dem 30.06.2017 die zusätzliche Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG erforderlich ist. Hierdurch bringt der Gesetzgeber in nachvollziehbarer und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das gesetzgeberische Ziel der wirksamen und effizienten Reduzierung der Spielhallendichte sowie Aspekte der Praktikabilität und des Vertrauensschutzes in angemessenen Ausgleich.
34 
Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich auch nicht eine sonstige Unverhältnismäßigkeit des Abstandsgebots. Weder die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG noch die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisten die unveränderliche Zulässigkeit einer einmal aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit. Zur Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut - wie sie nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers auch hier anzunehmen sind - können an eine zunächst erlaubte Tätigkeit selbst dann weitere Anforderungen gestellt werden, wenn diese faktisch - auch nicht nur in Einzelfällen - zu einer Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit als Spielhallenbetreiber führt (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 156 ff.). Angesichts der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels überwiegt das Ziel der Suchtprävention und des Spielerschutzes die wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen, insbesondere hier von dem Abstandsgebot, verschont zu bleiben (BVerfG, a.a.O., Rn. 159).
35 
Entgegen der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vertieften Ansicht des Klägers gebietet auch eine stärkere Beachtung des Art. 14 Abs. 1 GG kein anderes Ergebnis. Die grundsätzliche Nutzbarkeit einer im Eigentum des Spielhallenbetreibers stehenden Betriebsstätte wird durch standortbezogene Erlaubnisvoraussetzungen der gewerblichen Tätigkeit nicht beeinträchtigt. Auch die erteilte Baugenehmigung vermittelt keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz in Bezug auf das in der baulichen Anlage ausgeübte Gewerbe. Gleiches gilt für die unbefristete Erlaubnis, die dem Kläger nach § 33i GewO erteilt wurde. Denn Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil des Erstens Senats vom 06.12.2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, NJW 2017, 217 <223 Rn. 232>). Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO erteilte unbefristete Erlaubnis vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. im Einzelnen BVerwG, a.a.O., Rn. 73 f.).
36 
Der Kläger kann schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, der baden-württembergische Gesetzgeber verfolge die genannten Ziele nicht konsequent, da Spielbanken sowie Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, nicht denselben Anforderungen aus § 42 LGlüG unterliegen, beziehungsweise insoweit sei eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegeben. Wie bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, sind bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar, die die unterschiedliche Handhabung in fraglichem Licht erscheinen lassen könnten (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 142). Zudem rechtfertigen die Unterschiede der Spielorte eine Ungleichbehandlung. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liegt nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeiten und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Spielhallen sind daher typischerweise größer als in Gaststätten, zumal die Anzahl der Geldspielgeräte in Gaststätten auf derzeit drei, zukünftig zwei beschränkt ist. Die Einbettung in den Gaststättenbetrieb ermöglicht darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle (BVerfG, a.a.O., Rn. 175). Auch im Hinblick auf die für Spielbanken geltenden Regelungen bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Zwar lässt sich diesbezüglich ein fiskalisches Interesse der Länder nicht leugnen. Der Betrieb von Spielbanken ist jedoch in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen ausgerichtet und unterliegt einer besonderen staatlichen Aufsicht. Allein aufgrund der nach § 27 Abs. 1 LGlüG begrenzten Zahl der Standorte - in Baden-Württemberg: Baden-Baden, Konstanz und Stuttgart - sind Spielbanken aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon wegen ihrer großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Überdies fällt nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts auf Grundlage der dort aufgeführten Untersuchungen die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 144).
37 
d) An der Vereinbarkeit des Abstandsgebots mit europäischem Unionsrecht bestehen kein Bedenken. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht im Einzelnen ausgeführt hat, liegt kein Verstoß gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG vor (vgl. hierzu auch BVerwG, a.a.O., Rn. 86 ff.). Im Hinblick auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ist im Fall des Klägers bereits das Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalts nicht ersichtlich. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären die Eingriffe nach oben Gesagtem aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nach Unionsrecht ebenso gerechtfertigt. Was das unionsrechtliche Kohärenzgebot angeht bestehen insoweit ebenfalls keine Bedenken (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 124; BVerwG, a.a.O., Rn. 83 ff.).
38 
2. Auch im Hinblick auf den Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass er berechtigt ist, seine Spielhalle auf Grundlage der am 08.03.2012 erteilten Erlaubnis nach § 33i GewO bis zum 30.06.2017 weiterhin zu betreiben, ohne dass es einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 LGlüG bedarf, hat das Verwaltungsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
39 
Die Klage ist insoweit zwar als Feststellungsklage nach § 43 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch ebenfalls nicht begründet. Der Kläger ist entgegen seiner Ansicht nicht befugt, seine Spielhalle auf Grundlage der ihm am 08.03.2012 gemäß § 33i GewO erteilten Spielhallenerlaubnis bis zum 30.06.2017 weiter zu betreiben. Hierfür benötigt er seit dem 30.06.2013 eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG. Dies ergibt sich aus § 51 Abs. 4 LGlüG in der hier anwendbaren Fassung vom 01.12.2015 (GBl. 2015, S. 1033). Danach ist für den Betrieb einer bestehenden Spielhalle, für die bis zum 18.11.2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO beantragt und in der Folge erteilt wurde, nach dem 30.06.2017 zusätzlich eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG erforderlich (Satz 1). Wurde die Erlaubnis nach § 33i GewO jedoch nach dem 18.11.2011 beantragt und in der Folge erteilt, ist eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG bereits nach dem 30.06.2013 erforderlich (Satz 2). Der Kläger hat die Erteilung der Erlaubnis am 24.11.2011 und damit nach dem genannten Stichtag beantragt und in der Folge erhalten. Er fällt damit unter die kürzere Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG.
40 
Die in § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG enthaltene Stichtagsregelung ist verfassungsgemäß. Sie beruht in ihrer aktuellen Fassung auf der Rechtsprechung des baden-württembergischen Staatsgerichtshofs, der die frühere Regelung, die darauf abgestellt hat, ob die Erlaubnis gemäß § 33i GewO vor oder nach dem 28.10.2011 erteilt wurde, für mit der Landesverfassung unvereinbar erklärt hat (StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 439 ff.). Sie knüpft nunmehr an die Antragstellung sowie an den Zeitpunkt an, zu dem das schutzwürdige Vertrauen in den Fortbestand des § 33i GewO spätestens zerstört wurde. Dies war hier nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers mit der Veröffentlichung der Mitteilung der baden-württembergischen Landesregierung an den Landtag betreffend den Beschluss der Ministerpräsidenten über den Entwurf des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags, der bereits die zusätzliche landesrechtliche Erlaubnispflichtigkeit sowie weitergehende Erlaubnisvoraussetzungen vorsah, durch die am 18.11.2011 bekannt gegebene Landtags-Drucksache 15/849 der Fall (vgl. StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 461, 464, 467). Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt konnte nicht mehr ernsthaft auf einen Fortbestand des § 33i GewO vertraut werden, so dass denjenigen, die erst danach die Erlaubnis beantragt haben, zuzumuten ist, bereits nach einer kürzeren Übergangsfrist die zusätzliche Erlaubnis nach § 41 LGlüG einzuholen und die neugeschaffenen Erteilungsvoraussetzungen zu erfüllen (vgl. Beschluss des Senats vom 08.02.2017 - 6 S 768/16 -, juris). Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine einjährige Übergangsregelung für neuere Spielhallen gebilligt und es sogar für verfassungskonform angesehen, als Stichtag auf den - früher auch im § 51 Abs. 4 LGlüG enthaltenen - 28.10.2011 abzustellen sowie an die Erteilung der Erlaubnis und nicht an die Antragstellung anzuknüpfen (BVerfG, a.a.O., Rn. 196 ff. m.w.N.). Vor diesem Hintergrund bestehen auch an der klägerfreundlicheren Neufassung des § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
41 
Ein anderes Ergebnis ergibt sich weder daraus, dass der Kläger nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung während der Planung der Eröffnung seiner Spielhalle von den anstehenden Gesetzesänderungen nichts mitbekommen haben mag, noch daraus, dass sich seine Investitionen in die Spielhalle möglicherweise zum 30.06.2013 noch nicht amortisiert hatten. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen (BVerfG, a.a.O., Rn. 189). Auch soweit der Kläger meint, eine Differenzierung nach dem Alter der Bestandsspielhallen dürfe nicht erfolgen, da sie sich in ihrer Gefährlichkeit nicht unterschieden, dringt er damit nicht durch. Durch die Übergangsvorschriften, die unterschiedliche Zeiträume vorsehen, soll ein stufenweiser Rückbau der mit den in § 42 LGlüG genannten Erteilungsvoraussetzungen unvereinbaren Bestandsspielhallen erreicht werden. Dabei bringt § 51 Abs. 4 LGlüG das gesetzgeberische Bestreben nach einer möglichst zeitnahen Umsetzung der neuen, an der möglichst wirksamen Bekämpfung der Glücksspielsucht ausgerichteten Vorschriften einerseits sowie die Interessen der Spielhallenbetreiber unter Beachtung des Gesichtspunkts des Vertrauensschutzes zu einem angemessenen Ausgleich. Im Hinblick auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bietet der Zeitpunkt der Antragstellung ein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal, ohne dass insoweit nach der Gefährlichkeit der konkreten Spielhallen hätte differenziert werden müssen.
42 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
43 
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 25. April 2017
45 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Der Senat konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters des Beklagten mündlich verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 102 Abs. 2 VwGO).
19 
Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage sowohl in ihrem Haupt- als auch in ihrem Hilfsantrag zu Recht abgewiesen.
20 
1. Im Hinblick auf den Hauptantrag des Klägers ist die Klage als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der mit dem Hauptantrag begehrten glücksspielrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle „...“ nach § 41 Abs. 1 LGlüG. Der die Erteilung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 02.04.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 des Landesglücksspielgesetzes vom 20.11.2012 (GBl. 2012, S. 604), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 01.12.2015 (GBl. 2015, S. 1033), bedarf der Betrieb einer Spielhalle der Erlaubnis nach dem Landesglücksspielgesetz, die die Erlaubnis nach § 33i GewO ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Abs. 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst. Die Erlaubniserteilung setzt voraus, dass keiner der in § 41 Abs. 2 LGlüG genannten Versagungsgründe vorliegt. Danach ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen nach § 42 LGlüG nicht erfüllt sind (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG). So liegt der Fall auch hier.
22 
Da die Spielhalle des Klägers nicht die in § 42 Abs. 1 LGlüG normierten Anforderungen an die Errichtung einer Spielhalle erfüllt, ist die Erlaubnis zwingend nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG zu versagen. Gemäß § 42 Abs. 1 LGlüG müssen Spielhallen einen Abstand von mindestens 500 Metern Luftlinie, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, untereinander haben. Diesen Abstand hält die Spielhalle des Klägers zu der in der ... in ... befindlichen, bereits seit längerer Zeit bestehenden Spielhalle „...“ nicht ein. Diese befindet sich, gemessen von Eingangstür zu Eingangstür, in einem Abstand von Luftlinie 419,90 Metern zu der Spielhalle des Klägers.
23 
a) Entgegen der Ansicht des Klägers ist der in § 42 Abs. 1 LGlüG enthaltene Begriff der „Luftlinie“ nicht im Sinne der Wegstrecke zu verstehen, die ein Fußgänger an der freien Luft zurücklegen muss, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Zwar ist der Begriff der „Luftlinie“ weder im Glücksspielrecht noch sonst legaldefiniert. Er ist jedoch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er - wie es auch das Verwaltungsgericht angenommen hat - die kürzeste Entfernung zwischen zwei geographischen Punkten über den direkten Luftweg durch eine parallel zur Erdoberfläche verlaufende Strecke bezeichnet (vgl. Wikipedia und Duden, jeweils Stichwort „Luftlinie“; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 29.11.2013 - 10 CS 13.1966 -, juris Rn. 26). Die vom Kläger vorgenommene Auslegung des Begriffs ist mit diesem eindeutigen Begriffsverständnis nicht vereinbar. Dass der Luftlinie bislang bau- und gewerberechtlich keine Relevanz zugekommen sein mag, ändert - entgegen seiner Ansicht - nichts daran, dass ihre Heranziehung zur Bestimmung des Mindestabstands von Spielhallen sachgerecht und der Begriff im genannten Sinne zu verstehen ist. Ebenso gebieten auch Sinn und Zweck der Regelung des § 42 Abs. 1 LGlüG keine andere Auslegung des Begriffs. Bei der Luftlinie nach dem beschriebenen Begriffsverständnis handelt es sich um eine einfache und praktikable Bestimmung des Abstands zwischen zwei Orten. Das Abstandsgebot dient überdies nicht allein dazu, einzelne spielwillige Spieler nach Verlassen einer Spielhalle davon abzuhalten, sogleich zu Fuß eine weitere nahegelegene Spielhalle aufzusuchen. Vielmehr dienen die Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes über die Spielhallen und insbesondere § 42 Abs. 1 LGlüG auch der grundsätzlichen Begrenzung der Zahl des verfügbaren gewerblichen Automatenspiels durch eine Begrenzung der Spielhallendichte und damit der Beschränkung des Gesamtangebots (vgl. LT-Drucks. 15/849 S. 32 und 15/2431 S. 48; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 135). Mit der Abstandsregelung begrenzt der Gesetzgeber zugleich faktisch die Anzahl der in der Gemeinde zu erteilenden Erlaubnisse im Sinne des § 25 Abs. 3 GlüStV. Diese Zwecksetzung gebietet es nicht, den Begriff der „Luftlinie“ als Wegstrecke eines Fußgängers zwischen den Spielhallen auszulegen.
24 
b) Eine andere Bewertung der Wahrung des Abstandsgebots ergibt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht daraus, dass sich zwischen seiner Spielhalle und der Spielhalle „...“ eine stark befahrene Landstraße befinden mag. Weder ist ersichtlich noch nachvollziehbar vorgetragen, dass die zwischen den Spielhallen liegende ... (L...) nicht überquerbar wäre bzw. ihr eine irgendwie geartete trennende Wirkung zukäme, zumal sie als typische Ortsdurchgangsstraße im ländlichen Bereich erscheint und ihr Verkehr bereits durch den östlich der Spielhallen gelegenen Kreisel beruhigt sein dürfte. Bereits die tatsächlichen Gegebenheiten bieten daher im vorliegenden Fall keinen Anlass, ein ausnahmsweises Absehen von dem Erfordernis des Mindestabstands in Betracht zu ziehen beziehungsweise das Fehlen einer Ausnahmeregelung zu der strikten Vorgabe des Mindestabstands zwischen zwei Spielhallen in § 42 Abs. 1 LGlüG zu beanstanden. Unabhängig davon würde eine solche Ausnahmeregelung den vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Begrenzung der Spielhallendichte und des Gesamtangebots an Spielhallen konterkarieren. Dem Abstandsgebot kommt zur Erreichung dieses Zwecks auch bei Vorliegen einer möglichen trennenden Wirkung einer stark befahrenen Straße entscheidende Bedeutung zu.
25 
c) Das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG begegnet, wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, als Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 LGlüG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
26 
aa) Insbesondere besaß das Land Baden-Württemberg für den Erlass der hier maßgeblichen §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG die Gesetzgebungskompetenz. Diese ergibt sich aus Art. 70 Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG, wonach das „Recht der Spielhallen“ seit der Föderalismusreform im Jahr 2006 von der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das „Recht der Wirtschaft“ ausdrücklich ausgenommen ist. Dies ermächtigt die Länder zur Regelung sämtlicher gewerberechtlicher Voraussetzungen für die Zulassung von Spielhallen sowie die Art und Weise ihres Betriebs einschließlich der räumlichen Bezüge in ihrem Umfeld (vgl. im Einzelnen BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 101 ff.; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, juris Rn. 19; vgl. zu § 42 Abs. 2 LGlüG bereits den Beschluss des Senats vom 04.04.2014 - 6 S 1795/13 -, ESVGH 64, 224). Hierunter fallen die hier einschlägigen Vorschriften über die Erteilung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis und das dabei einzuhaltende Abstandsgebot nach §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG ohne weiteres. Sie betreffen jeweils die gewerberechtlichen Anforderungen an die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 111). Insbesondere der erstmals eingeführte Mindestabstand zu anderen Spielhallen beschränkt die Dichte von Spielhallen in einem bestimmten Gebiet und regelt ihr räumliches Verhältnis zu ihrem Umfeld. Er betrifft einen Regelungsgegenstand, der nicht zwingend bundeseinheitlich zu regeln ist und im Hinblick auf die jeweilige soziale Bevölkerungsstruktur und Dichte des Spielangebots länderspezifische Bezüge aufweist. Derartige Materien wurden im Rahmen der Föderalismusreform 2006 bewusst den Ländern übertragen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 22, 30; BVerfG, a.a.O., Rn. 101 ff.). Die auf der früheren verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung beruhende Vorschrift des § 33i GewO wurde in der Folge in Baden-Württemberg durch die §§ 41, 42 LGlüG im Sinne des Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG ersetzt (Beschluss des Senats vom 08.02.2017 - 6 S 768/16 -, juris).
27 
Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich die fehlende Gesetzgebungskompetenz der Länder auch nicht aus einer von ihm angenommenen bauplanungsrechtlichen Natur der einschlägigen Vorschriften. Zwar mögen sich aus § 42 Abs. 1 LGlüG ebenso Konsequenzen für den möglichen Standort einer Spielhalle ergeben wie aus den einzuhaltenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften. Die Vorschrift über den Mindestabstand zwischen Spielhallen betrifft jedoch die Art und Weise der Ausübung eines bestimmten Gewerbes und dient dabei dem Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren des Glücksspiels und gerade nicht dem Ausgleich verschiedener Nutzungsinteressen an Grund und Boden, wie es dem unter das „Bodenrecht“ nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG fallenden Bauplanungsrecht immanent ist. Da somit ein anderer Regelungsgegenstand betroffen ist, entfaltet das auf der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruhende Bauplanungsrecht keine Sperrwirkung gegenüber den hier in Rede stehenden landesrechtlichen Vorschriften (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 114 f.; BVerwG, a.a.O., Rn. 31; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris Rn. 353 f.).
28 
bb) Das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG ist auch materiell verfassungsgemäß.
29 
(1) Sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesverfassungsgericht haben sich jüngst ausführlich mit vergleichbaren Vorschriften anderer Länder zum einzuhaltenden Mindestabstand zwischen zwei Spielhallen befasst und im Einzelnen dargelegt, dass diese die Spielhallenbetreiber nicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG verletzen sowie mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris Rn. 118 ff.; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - 8 C 6.15 -, juris Rn. 34 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht insbesondere festgestellt, dass die in Berlin und im Saarland geltenden Abstandsgebote den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 GG an eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung genügten, da selbst zur Rechtfertigung einer objektiven Berufszugangsvoraussetzung hinreichende Gründe des Gemeinwohls vorlägen, die die Abstandsgebote tragen könnten (BVerfG, a.a.O., Rn. 131 ff.). Sie dienten mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahren und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen könne. Die Abstandsgebote verfolgten das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Begrenzung der Spielhallendichte und die Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots. Es solle zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten „auf andere Gedanken“ komme und sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst habe, dass ein selbständiger neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich sei (BVerfG, a.a.O., Rn. 133, 135). Diese Einschätzungen der Gesetzgeber seien nicht offensichtlich fehlerhaft. Gerade die hohen Anteile der Spieler an Geldspielgeräten an der Gesamtzahl der pathologischen Spieler sowie der hohe Marktanteil und das erhebliche Wachstum des Spiels in Spielhallen über die letzten Jahre rechtfertigten die Annahme nachweisbarer schwerer Gefahren für die spielsüchtigen oder von Spielsucht bedrohten Personen, ihre Familien und die Gemeinschaft (BVerfG, a.a.O., Rn. 140). Die Abstandsgebote seien konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, unterschiedlichen Regelungen unterworfen seien (BVerfG, a.a.O., Rn. 142). Die Gesetzgeber dürften im Rahmen des ihnen zustehenden und nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums auch davon ausgehen, dass die Abstandsgebote geeignete und erforderliche Mittel zur Bekämpfung der Spielsucht darstellten (BVerfG, a.a.O., Rn. 148 ff.). Die Abstandsgebote seien auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahrten die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen des Spielhallenrechts insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasteten die Betroffenen nicht übermäßig. Die Regelungen hätten zwar - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge und auch weitere Neuregelungen wirkten sich belastend aus. Die Gesamtbelastung lasse es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssten, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch die Abstandsgebote stark beschränkt werde. Der verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiege jedoch besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handele. Besonderes Gewicht bekomme dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgingen. Für alle anderen relevanten Glücksspielformen habe bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht sei, hätten die Gesetzgeber davon ausgehen dürfen, dass gerade die mit den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten werde. Dies gelte zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium. Insgesamt stünden damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (BVerfG, a.a.O., Rn. 155 ff.). Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führe - soweit ihr Schutzbereich überhaupt eröffnet sei - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (BVerfG, a.a.O., Rn. 169). Die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen bewirkten auch keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung von Spielhallen und Spielbanken liege in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential beider Typen von Spielstätten und insbesondere in der sehr unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten. Ungleichbehandlungen gegenüber Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, seien aufgrund der Unterschiede der Spielorte gerechtfertigt (BVerfG, a.a.O., Rn. 170 ff.).
30 
(2) Diesen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts, die im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprechen, schließt sich der Senat an. Sie sind ohne weiteres auf die Regelungen des baden-württembergischen Landesglücksspielgesetzes, insbesondere die des hier in Rede stehenden § 42 Abs. 1 LGlüG übertragbar und entsprechen im Wesentlichen auch der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs (heute: Verfassungsgerichtshof) für das Land Baden-Württemberg zum Landesglücksspielgesetz (StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris Rn. 355 ff.). Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgt auch der baden-württembergische Gesetzgeber in Umsetzung der Vorgaben des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags mit dem Abstandsgebot die vom Bundesverfassungsgericht benannten Ziele. Im Zusammenwirken mit dem Verbundverbot in § 42 Abs. 2 LGlüG soll das Abstandsgebot nach § 42 Abs. 1 LGlüG den spielenden Personen die Möglichkeit eröffnen, einen inneren Abstand vom gerade beendeten Spiel an einem Geldspielgerät oder der Teilnahme an einem anderen Spiel zu finden. Sie sollen die Chance erhalten, ihr Verhalten zu reflektieren und zu einer möglichst unbeeinflussten Eigenentscheidung kommen, ob sie das Spiel fortsetzen möchten (LT-Drucks. 15/2431 S. 105). Darüber hinaus soll die Regelung durch eine Verringerung der Zahl und der Standorte sowie durch Auflockerung der Dichte der Spielhallen zur Verwirklichung der oben genannten Ziele beitragen (vgl. StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 362 m.w.N.). Auch der baden-württembergische Gesetzgeber verfolgt damit das legitime Ziel, durch das Abstandsgebot zur Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht beizutragen und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen. Die Regelungen des Landesglücksspielgesetzes sind zur Erreichung dieses Ziels ebenso verhältnismäßig wie die den Entscheidungen des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Regelungen anderer Bundesländer.
31 
Mit seinen hiergegen geltend gemachten Einwendungen dringt der Kläger nicht durch. Sein Vortrag zielt vornehmlich darauf ab, die Geeignetheit und Erforderlichkeit des Abstandsgebots in Frage zu stellen. Insoweit kommt dem Gesetzgeber jedoch ein maßgeblicher Einschätzungs- und Prognosespielraum zu, der vorliegend nicht überschritten ist. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass die Länder die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen durften, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht geeignete und vorzugswürdige Mittel darstellen (BVerfG, a.a.O., Rn. 150, 153; ebenso BVerwG, a.a.O., Rn. 43 ff.). Die diesbezüglichen Erwägungen des Gesetzgebers sind auch unter Berücksichtigung der vom Kläger erhobenen Bedenken plausibel und nicht offensichtlich fehlerhaft. Ermittlungen durch den Senat zur Wirksamkeit der Beschränkung des Glücksspielangebots und zum Ausmaß der Gefährlichkeit des gewerblichen Automatenspiels sind vor diesem Hintergrund nicht angezeigt.
32 
Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich gegen die Erforderlichkeit der Mindestabstandsregelung in § 42 Abs. 1 LGlüG auch nicht einwenden, dass andere Länder geringere Abstände vorsehen. Es liegt in der Einschätzungsprärogative des einzelnen Landesgesetzgebers zu bestimmen, welche Vorgaben für die höchstzulässige Spielhallendichte nach dem bereits vorhandenen Spielangebot und der jeweiligen sozialen Bevölkerungsstruktur erforderlich sind (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 49). Dass sich hier aufgrund länderspezifischer Besonderheiten unterschiedliche Erfordernisse ergeben können, liegt auf der Hand und ist in der föderalen Struktur der Bundesrepublik angelegt. Die Normierung unterschiedlicher Mindestabstände in den Ländern sowie die vom Kläger dargelegte mehrfache Änderung der Meterangabe im Rahmen des baden-württembergischen Gesetzgebungsverfahrens lässt ebenso wenig auf eine Willkürlichkeit der Regelung eines Mindestabstands von 500 Metern schließen.
33 
Im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums liegt auch, dass § 42 Abs. 1 LGlüG auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt und nicht auf die Wegstrecke sowie, dass Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG nur für diejenigen Bestandsspielhallen bestehen - und damit nicht für den Kläger -, für die gemäß § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG erst nach dem 30.06.2017 die zusätzliche Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG erforderlich ist. Hierdurch bringt der Gesetzgeber in nachvollziehbarer und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise das gesetzgeberische Ziel der wirksamen und effizienten Reduzierung der Spielhallendichte sowie Aspekte der Praktikabilität und des Vertrauensschutzes in angemessenen Ausgleich.
34 
Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich auch nicht eine sonstige Unverhältnismäßigkeit des Abstandsgebots. Weder die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG noch die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisten die unveränderliche Zulässigkeit einer einmal aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit. Zur Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut - wie sie nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers auch hier anzunehmen sind - können an eine zunächst erlaubte Tätigkeit selbst dann weitere Anforderungen gestellt werden, wenn diese faktisch - auch nicht nur in Einzelfällen - zu einer Aufgabe der gewerblichen Tätigkeit als Spielhallenbetreiber führt (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 156 ff.). Angesichts der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels überwiegt das Ziel der Suchtprävention und des Spielerschutzes die wirtschaftlichen Interessen der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen, insbesondere hier von dem Abstandsgebot, verschont zu bleiben (BVerfG, a.a.O., Rn. 159).
35 
Entgegen der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vertieften Ansicht des Klägers gebietet auch eine stärkere Beachtung des Art. 14 Abs. 1 GG kein anderes Ergebnis. Die grundsätzliche Nutzbarkeit einer im Eigentum des Spielhallenbetreibers stehenden Betriebsstätte wird durch standortbezogene Erlaubnisvoraussetzungen der gewerblichen Tätigkeit nicht beeinträchtigt. Auch die erteilte Baugenehmigung vermittelt keinen eigentumsgrundrechtlichen Schutz in Bezug auf das in der baulichen Anlage ausgeübte Gewerbe. Gleiches gilt für die unbefristete Erlaubnis, die dem Kläger nach § 33i GewO erteilt wurde. Denn Art. 14 GG schützt nicht die öffentliche Genehmigung als solche, sondern nur die aufgrund der Genehmigung geschaffenen privaten Vermögenspositionen (BVerfG, Urteil des Erstens Senats vom 06.12.2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. -, NJW 2017, 217 <223 Rn. 232>). Auch mit Blick auf den eigentumsrechtlichen Schutz von Investitionen und Dispositionen, die im Vertrauen auf die nach § 33i GewO erteilte unbefristete Erlaubnis vorgenommen wurden, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. im Einzelnen BVerwG, a.a.O., Rn. 73 f.).
36 
Der Kläger kann schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, der baden-württembergische Gesetzgeber verfolge die genannten Ziele nicht konsequent, da Spielbanken sowie Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien, nicht denselben Anforderungen aus § 42 LGlüG unterliegen, beziehungsweise insoweit sei eine sachwidrige Ungleichbehandlung gegeben. Wie bereits das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, sind bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar, die die unterschiedliche Handhabung in fraglichem Licht erscheinen lassen könnten (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 142). Zudem rechtfertigen die Unterschiede der Spielorte eine Ungleichbehandlung. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liegt nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeiten und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Spielhallen sind daher typischerweise größer als in Gaststätten, zumal die Anzahl der Geldspielgeräte in Gaststätten auf derzeit drei, zukünftig zwei beschränkt ist. Die Einbettung in den Gaststättenbetrieb ermöglicht darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle (BVerfG, a.a.O., Rn. 175). Auch im Hinblick auf die für Spielbanken geltenden Regelungen bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Zwar lässt sich diesbezüglich ein fiskalisches Interesse der Länder nicht leugnen. Der Betrieb von Spielbanken ist jedoch in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen ausgerichtet und unterliegt einer besonderen staatlichen Aufsicht. Allein aufgrund der nach § 27 Abs. 1 LGlüG begrenzten Zahl der Standorte - in Baden-Württemberg: Baden-Baden, Konstanz und Stuttgart - sind Spielbanken aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon wegen ihrer großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Überdies fällt nach den Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts auf Grundlage der dort aufgeführten Untersuchungen die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 144).
37 
d) An der Vereinbarkeit des Abstandsgebots mit europäischem Unionsrecht bestehen kein Bedenken. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht im Einzelnen ausgeführt hat, liegt kein Verstoß gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht aus der Richtlinie 98/34/EG vor (vgl. hierzu auch BVerwG, a.a.O., Rn. 86 ff.). Im Hinblick auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit ist im Fall des Klägers bereits das Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalts nicht ersichtlich. Selbst wenn dies der Fall wäre, wären die Eingriffe nach oben Gesagtem aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nach Unionsrecht ebenso gerechtfertigt. Was das unionsrechtliche Kohärenzgebot angeht bestehen insoweit ebenfalls keine Bedenken (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 124; BVerwG, a.a.O., Rn. 83 ff.).
38 
2. Auch im Hinblick auf den Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, dass er berechtigt ist, seine Spielhalle auf Grundlage der am 08.03.2012 erteilten Erlaubnis nach § 33i GewO bis zum 30.06.2017 weiterhin zu betreiben, ohne dass es einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 LGlüG bedarf, hat das Verwaltungsgericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
39 
Die Klage ist insoweit zwar als Feststellungsklage nach § 43 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch ebenfalls nicht begründet. Der Kläger ist entgegen seiner Ansicht nicht befugt, seine Spielhalle auf Grundlage der ihm am 08.03.2012 gemäß § 33i GewO erteilten Spielhallenerlaubnis bis zum 30.06.2017 weiter zu betreiben. Hierfür benötigt er seit dem 30.06.2013 eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG. Dies ergibt sich aus § 51 Abs. 4 LGlüG in der hier anwendbaren Fassung vom 01.12.2015 (GBl. 2015, S. 1033). Danach ist für den Betrieb einer bestehenden Spielhalle, für die bis zum 18.11.2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO beantragt und in der Folge erteilt wurde, nach dem 30.06.2017 zusätzlich eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG erforderlich (Satz 1). Wurde die Erlaubnis nach § 33i GewO jedoch nach dem 18.11.2011 beantragt und in der Folge erteilt, ist eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG bereits nach dem 30.06.2013 erforderlich (Satz 2). Der Kläger hat die Erteilung der Erlaubnis am 24.11.2011 und damit nach dem genannten Stichtag beantragt und in der Folge erhalten. Er fällt damit unter die kürzere Übergangsvorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG.
40 
Die in § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG enthaltene Stichtagsregelung ist verfassungsgemäß. Sie beruht in ihrer aktuellen Fassung auf der Rechtsprechung des baden-württembergischen Staatsgerichtshofs, der die frühere Regelung, die darauf abgestellt hat, ob die Erlaubnis gemäß § 33i GewO vor oder nach dem 28.10.2011 erteilt wurde, für mit der Landesverfassung unvereinbar erklärt hat (StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 439 ff.). Sie knüpft nunmehr an die Antragstellung sowie an den Zeitpunkt an, zu dem das schutzwürdige Vertrauen in den Fortbestand des § 33i GewO spätestens zerstört wurde. Dies war hier nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung des Gesetzgebers mit der Veröffentlichung der Mitteilung der baden-württembergischen Landesregierung an den Landtag betreffend den Beschluss der Ministerpräsidenten über den Entwurf des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags, der bereits die zusätzliche landesrechtliche Erlaubnispflichtigkeit sowie weitergehende Erlaubnisvoraussetzungen vorsah, durch die am 18.11.2011 bekannt gegebene Landtags-Drucksache 15/849 der Fall (vgl. StGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 461, 464, 467). Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt konnte nicht mehr ernsthaft auf einen Fortbestand des § 33i GewO vertraut werden, so dass denjenigen, die erst danach die Erlaubnis beantragt haben, zuzumuten ist, bereits nach einer kürzeren Übergangsfrist die zusätzliche Erlaubnis nach § 41 LGlüG einzuholen und die neugeschaffenen Erteilungsvoraussetzungen zu erfüllen (vgl. Beschluss des Senats vom 08.02.2017 - 6 S 768/16 -, juris). Auch das Bundesverfassungsgericht hat eine einjährige Übergangsregelung für neuere Spielhallen gebilligt und es sogar für verfassungskonform angesehen, als Stichtag auf den - früher auch im § 51 Abs. 4 LGlüG enthaltenen - 28.10.2011 abzustellen sowie an die Erteilung der Erlaubnis und nicht an die Antragstellung anzuknüpfen (BVerfG, a.a.O., Rn. 196 ff. m.w.N.). Vor diesem Hintergrund bestehen auch an der klägerfreundlicheren Neufassung des § 51 Abs. 4 Satz 2 LGlüG keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
41 
Ein anderes Ergebnis ergibt sich weder daraus, dass der Kläger nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung während der Planung der Eröffnung seiner Spielhalle von den anstehenden Gesetzesänderungen nichts mitbekommen haben mag, noch daraus, dass sich seine Investitionen in die Spielhalle möglicherweise zum 30.06.2013 noch nicht amortisiert hatten. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen (BVerfG, a.a.O., Rn. 189). Auch soweit der Kläger meint, eine Differenzierung nach dem Alter der Bestandsspielhallen dürfe nicht erfolgen, da sie sich in ihrer Gefährlichkeit nicht unterschieden, dringt er damit nicht durch. Durch die Übergangsvorschriften, die unterschiedliche Zeiträume vorsehen, soll ein stufenweiser Rückbau der mit den in § 42 LGlüG genannten Erteilungsvoraussetzungen unvereinbaren Bestandsspielhallen erreicht werden. Dabei bringt § 51 Abs. 4 LGlüG das gesetzgeberische Bestreben nach einer möglichst zeitnahen Umsetzung der neuen, an der möglichst wirksamen Bekämpfung der Glücksspielsucht ausgerichteten Vorschriften einerseits sowie die Interessen der Spielhallenbetreiber unter Beachtung des Gesichtspunkts des Vertrauensschutzes zu einem angemessenen Ausgleich. Im Hinblick auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes bietet der Zeitpunkt der Antragstellung ein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal, ohne dass insoweit nach der Gefährlichkeit der konkreten Spielhallen hätte differenziert werden müssen.
42 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
43 
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 25. April 2017
45 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. September 2017 - 3 K 5371/17 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht für beide Rechtszüge auf jeweils 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegründet. Die von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung fristgemäß (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und dem Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die die Antragsgegnerin verpflichtet wird, den Weiterbetrieb der Spielhalle „...“, ..., ... über den 30.06.2017 hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Anfechtung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 26.06.2017 zu dulden, stattzugeben.
Das Verwaltungsgericht ist in der angefochtenen Entscheidung davon ausgegangen, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Duldung des Weiterbetriebs der Spielhalle „...“ bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Erlaubnisantrag unbegründet ist. Die Antragstellerin habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin rechtswidrig sei und sie einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG habe. Die Spielhalle der Antragstellerin sei nicht nach § 41 LGlüG erlaubnisfähig, da sie gegen das Abstandsgebot verstoße, ein Härtefall nicht vorliege und die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf eine weitere Abwicklungsfrist habe. Ob ein Anordnungsgrund vorliege, könne dabei offenbleiben.
Die Antragstellerin beanstandet, dass entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sei. Sie habe zum einen einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG (dazu 1.). Zum anderen habe sie jedenfalls einen Anspruch auf Erteilung einer auf ein Jahr befristeten Erlaubnis unter Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 42 Abs. 1 LGlüG (dazu 2.).
1. Anders als die Antragstellerin meint, ist die Versagung der glückspielrechtlichen Erlaubnis nicht ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig erfolgt. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG hat, weil die Spielhalle gegen das Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG verstößt. Im Abstand von weniger als 500 Metern zur Spielhalle der Antragstellerin befinden sich insgesamt fünf Spielhallen, bei denen die Antragsgegnerin einen Härtefall gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG als gegeben ansieht. Diese Spielhallen muss sich die Antragstellerin entgegenhalten lassen.
Die Antragstellerin hält die gewählte Prüfungsreihenfolge für die Auswahlentscheidung konkurrierender Spielhallen für rechtsfehlerhaft und vertritt die Auffassung, dass bei der Auswahlentscheidung zuerst zwischen allen erstmals ab dem 01.07.2017 miteinander konkurrierenden Spielhallen eine ermessensrichtige Auswahlentscheidung zu treffen und einer Spielhalle eine (befristete) Erlaubnis zu erteilen sei, danach seien Anträge nach § 51 Abs. 5 LGlüG derjenigen Spielhallen zu prüfen, die nicht erfolgreich aus der Auswahlentscheidung hervorgegangen seien. Die Vorgehensweise der Antragsgegnerin, zunächst das Vorliegen eines Härtefalls zu prüfen und im Falle einer Befreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG allen Spielhallenbetreibern, für die eine Befreiung nicht in Betracht kommt, die Erlaubnis unter Berufung auf das Abstandsgebot zu versagen, hält sie im Hinblick auf Wortlaut, Systematik, Zweck und Gesetzeslogik des LGlüG für unzutreffend. Außerdem sei diese Auslegung aus verfassungsrechtlichen Gründen abzulehnen, denn die Antragstellerin habe ein Recht auf eine sachgerechte Auswahlentscheidung zwischen den konkurrierenden Bestandsspielhallen, dabei dürfe das Härtefallkriterium nicht das einzige relevante Auswahlkriterium sein.
Die Antragstellerin dringt mit diesen Argumenten nicht durch. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch das Bundesverwaltungsgericht haben, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat, geklärt, dass das Abstandsgebot und auch das Verbundverbot verfassungsrechtlich (und auch unionsrechtlich) nicht zu beanstanden sind (BVerfG, Beschluss vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12u.a. -, juris; BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 - BVerwG 8 C 6.15 -, juris). Dieser Rechtsprechung hat sich der beschließende Senat für die baden-württembergischen Regelungen in § 42 Abs. 1 und 2 LGlüG angeschlossen (Senat, Urteil vom 25.04.2017 - 6 S 1765/15 -, juris, zum Abstandsgebot unter Hinweis auf StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2014 - 15/13, 1 VB 15/13 -, juris). Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgt auch der baden-württembergische Gesetzgeber in Umsetzung der Vorgaben des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages mit dem Abstandsgebot die vom Bundesverfassungsgericht benannten Ziele. Im Zusammenwirken mit dem Verbundverbot in § 42 Abs. 2 LGlüG möchte er zur Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht beitragen und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung schaffen. Die Regelung soll u.a. durch eine Verringerung der Zahl und der Standorte sowie durch die Auflockerung der Dichte der Spielhallen zur Verwirklichung dieser Ziele beitragen (LT-Drs. 15/2431 S. 105; StGH, a.a.O., juris Rn. 362 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass die Einschränkung des Angebots an Spielhallen und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht geeignete und vorzugswürdige Mittel zur Zielerreichung darstellen (BVerfG, a.a.O., Rn. 150, 153; ebenso BVerwG, a.a.O., Rn. 43 ff.).
Explizit für das baden-württembergische LGlüG hat auch der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg (jetzt Verfassungsgerichtshof) die Verfassungsmäßigkeit des Abstandsgebots und der Übergangs- bzw. Härtefallregelung bestätigt. Der aus Art. 12 GG folgende Anspruch der Spielhallenbetreiber auf einen chancengleichen Zugang zu einer eng regulierten beruflichen Tätigkeit bezieht sich nicht nur auf das Auswahlverfahren, sondern auch auf die Auswahlkriterien. Die Auswahlkriterien müssen jedenfalls der Eingriffsintensität der Entscheidung Rechnung tragen, die im negativen Fall dazu führt, dass eine bisher erlaubte gewerbliche Tätigkeit nicht weitergeführt und von der Eigentumsgarantie geschützte Vermögensgegenstände nicht mehr weitergenutzt werden dürfen (StGH, a.a.O., juris Rn. 357 m.w.N.).
Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist das Vorgehen der Antragsgegnerin, bei einer Antragskonkurrenz zunächst das Vorliegen eines Härtefalls zu prüfen und diesen Spielhallen den Vorzug einzuräumen, nicht zu beanstanden. Hierbei wird berücksichtigt, dass die Spielhallenbetreiber, die sich auf die Härtefallregelung berufen können, solche sind, deren Vertrauen nach der in § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG zum Ausdruck gekommenen Intention des Gesetzgebers besonders schutzwürdig ist. Die Möglichkeit der Befreiung vom Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG dient der Sicherung der Angemessenheit des Eingriffs in die Berufsfreiheit und die Eigentumsgarantie (StGH, a.a.O., juris Rn. 377). Die Interessen der (ggf. unterliegenden) Spielhallenbetreiber, die sich ihrerseits nicht auf einen derartigen Härtefall berufen können, haben indessen vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Zwecks, eine möglichst geringe Spielhallendichte zu erreichen, zurückzustehen. Dieser würde konterkariert, wenn - wie es die Antragstellerin vorträgt - erst Spielhallen erlaubt würden und sodann in einem weiteren Schritt über Härtefallanträge entschieden würde. Im Übrigen ist die Abstandsbestimmung in § 42 Abs. 1 LGlüG verbindlich, eine Abweichungsmöglichkeit durch Entscheidung der örtlichen Behörden ist - abgesehen von der Härtefallregelung des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG - bewusst nicht vorgesehen (LT-Drs. 15/2431, S. 105).
Nichts anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin aus Wortlaut und Systematik der Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG normiert eine Ausnahme zu der Regel, dass spätestens nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist (gem. § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG) die materiellen Anforderungen der §§ 41, 42 LGlüG (§§ 24, 25 GlüStV) für alle Betreiber von Spielhallen gelten. Die fünfjährige Übergangsfrist soll die wirtschaftlichen Einbußen der Spielhallenbetreiber abmildern, indem sie ihnen ermöglicht, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Härtefallklausel soll somit lediglich den unbilligen Härten entgegenwirken, die von der Übergangsfrist nicht erfasst werden können. Dass im Rahmen einer Befreiung aufgrund unbilliger Härte die Ziele des § 1 GlüStV zu berücksichtigen sind, zeigt den Ausnahmecharakter der Vorschrift. Denn die Ziele des § 1 GlüStV sollen durch die Einhaltung der Abstandsregeln nach § 42 Abs. 1 LGlüG (§ 25 GlüStV) und eine damit einhergehende Reduzierung der Spielhallenstandorte erreicht werden. Würde die Befreiung von den Vorgaben der §§ 41, 42 Abs. 1 LGlüG (§§ 24, 25 GlüStV) zur Regel, würde die erstrebte Reduzierung der Spielhallenstandorte unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Interessen der Spielhallenbetreiber verhindert. Das ist erkennbar auch durch die Einführung der Härtefallklausel in § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG (§ 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) nicht gewollt gewesen (vgl. zur bayerischen Regelung im AGGlüStV: BayVerfGH, Entscheidung vom 28.06.2013 - Vf. 19-VII-12 -, juris Rn. 88). Dies wird dadurch unterstrichen, dass die Härtefallklausel lediglich eine zeitlich begrenzte Übergangssituation regeln soll, sie ihrerseits nur für Bestandsspielhallen nach § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG gilt und gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG die entsprechenden Befreiungen von den Anforderungen des § 42 Abs. 1 und 2 LGlüG nur für einen „angemessenen Zeitraum“ erteilt werden. Mit dem Übergangscharakter der Härtefallklausel ist auch das Vorbringen der Antragstellerin zu widerlegen, dass Neubewerber „stets von der Erlaubniserteilung ausgeschlossen“ seien, „wie gut sie in puncto Spieler- und Jugendschutz auch aufgestellt sein mögen“, denn die Härtefall-Befreiung für Bestandsspielhallenbetreiber ist ihrerseits zeitlich begrenzt und ermöglicht nur eine befristete Suspendierung von den Vorgaben des Abstandsgebots (LT-Drs. 15/2431 S. 113). Die neu eintretenden Bewerber können somit (spätestens) nach Ablauf dieses „angemessenen Zeitraums“ einen neuen Erlaubnisantrag stellen.
10 
Im Falle des Nebeneinanders von Bestandsspielhallen mit und ohne Härtefallbefreiung bleibt dem unberücksichtigten Spielhallenbetreiber - wie hier - somit nach dem gesetzgeberischen Willen nur die Möglichkeit, selbst einen Antrag auf Befreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG zu stellen. Eine „Auswahlentscheidung“ unter Einbeziehung der Neubewerber findet insoweit nicht statt.
11 
2. Ein Anordnungsanspruch ist auch nicht für das Vorliegen eines Härtefalls gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlÜG aufgrund zu kurzfristiger Versagung des Genehmigungsantrags vor Ablauf der Übergangsfrist glaubhaft gemacht.
12 
Mit den Argumenten des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin sich in der Beschwerdebegründung nicht substantiiert auseinandergesetzt, sondern im Wesentlichen lediglich ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren wiederholt. Der Senat folgt der überzeugenden Begründung des Verwaltungsgerichts und weist die Beschwerde insoweit aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurück (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Entscheidend ist, dass die Übergangsfrist im Falle der Antragstellerin nach § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG bereits fünf Jahre betrug und sie schon innerhalb der fünfjährigen Übergangsfrist verlässliche Planungen dazu hätte anstellen können, wie sie ihre wirtschaftliche Zukunft unter den neuen gesetzlichen Gegebenheiten gestalten könnte. Ob ihre Spielhalle, die schon im Übergangszeitraum mit zahlreichen weiteren Spielhallen in einem Konkurrenzverhältnis stand, nach der zum 01.07.2017 anstehenden „Auswahlentscheidung“ der Antragsgegnerin fortbestehen könnte, war für sie aufgrund der neuen Gesetzeslage mehr als zweifelhaft. Insoweit musste die Antragstellerin geradezu damit rechnen, nach Ablauf der fünfjährigen Übergangsfrist ihren Betrieb schließen zu müssen. Hierauf konnte sie sich durch geeignete Vertragsgestaltungen einstellen, die ihr nach Möglichkeit sowohl die Option zum Weiterbetrieb als auch die Beendigung der Spielhallennutzung offen hielten.
13 
Im Übrigen folgt hieraus auch, dass die Regelung des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG den hier vorgetragenen Fall einer negativen Bescheidung kurz vor Ablauf der Übergangsfrist überhaupt nicht als Härtefall erfasst. § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG nennt als Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte beispielsweise die Unmöglichkeit der Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen oder die fehlende Abschreibung im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigter Investitionen. Ein Vertrauenstatbestand, dass sie eine Erlaubnis über den 30.06.2017 hinaus erhalten würde, lag weder von Gesetzes wegen noch aufgrund des Verhaltens der Antragsgegnerin vor.
II.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Änderung des Streitwerts für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruhen auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 2, 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - geändert. Die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 wird aufgehoben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08.09.2015 betrifft.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung des beklagten Landes ex nunc.
Die Klägerin ist eine als (private) limited company organisierte juristische Person mit Sitz in ... und verfügt dort über eine glücksspielrechtliche Lizenz. Sie betreibt die Internetseiten ... und ..., auf denen sie auch in deutscher Sprache die Teilnahme an verschiedenen Online-Spielen, darunter Poker- und Casinospiele, anbietet. Das ursprüngliche Angebot zur Teilnahme an Sportwetten über diese Internetseiten ist derzeit eingestellt; seine Wiederaufnahme ist nicht ausgeschlossen.
Nach vorheriger Anhörung untersagte das beklagte Land der „...“ mit auf § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 Nr. 3 GlüStV a.F. gestützter Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV a.F. zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Ziff. 1 der Verfügung), gab ihr auf, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich und dauerhaft einzustellen und die Einstellung dem Regierungspräsidium Karlsruhe mitzuteilen (Ziff. 2) und drohte ihr für den Fall, dass sie Ziffern 1 und 2 der Verfügung binnen zwei Wochen nach deren Bekanntgabe nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,-- EUR an (Ziff. 3). Bei den angebotenen Sportwetten, Poker- und Casinospielen handele es sich um öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1, 2 GlüStV a.F.. Die erforderliche, auf Baden-Württemberg bezogene Erlaubnis hierfür sei nicht erteilt worden und könne auch nicht erteilt werden. Die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel sei in der Hand des Staates monopolisiert. Mit den Internetseiten werde gleichzeitig unter Verstoß gegen § 5 Abs. 3, 4 GlüStV a.F. für öffentliches Glücksspiel im Internet bzw. für unerlaubtes Glücksspiel geworben. Es werde darauf hingewiesen, dass die Verfügung sich auf alle betriebenen Internetauftritte erstrecke, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.
Die Klägerin hat am 13.02.2010 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben. Sie hat u.a. geltend gemacht, die angefochtene Verfügung sei ihr nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden, vielmehr an ein Unternehmen mit ähnlicher Firma unter ihrer Anschrift adressiert gewesen. Mit der Verfügung werde gegen das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip verstoßen. Die Umsetzung der Verfügung sei faktisch nur im Wege einer bundesweiten Maßnahme durch Abschalten der Websites möglich. Hierfür fehle es dem beklagten Land an der Verbandskompetenz. Der Verfügung mangele es auch an der erforderlichen Bestimmtheit. Sie bürde ihr die Prüfung auf, welche der von ihr veranstalteten Spiele Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV a.F. seien. Poker sei tatbestandlich kein Glücksspiel, jedenfalls sei jede Variante gesondert zu prüfen. Die Verpflichtung zum Abschalten aller, auch legale Angebote in anderen Ländern umfassende Websites sei unverhältnismäßig. Alternative Maßnahmen der Geolokalisation oder Festnetz- und Handyortung seien technisch nicht mit hinreichendem Erfolg durchführbar und verstießen auch im Einwilligungsfall gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. Das Abschalten der Websites sei auch nicht erforderlich, weil mit der (erfolgten) Aufnahme eines Disclaimers in die Endbenutzervereinbarung auf ihren Websites eine im Vergleich zu dem kompletten Abschalten der Websites milderes Mittel zur Verfügung stehe. Auch sei die praktische Umsetzung der Geolokalisation unzumutbar, weil sie ihr Geschäftsmodell in Frage stellen würde. Die Vornahmefrist sei zu kurz, das angedrohte Zwangsgeld unverhältnismäßig hoch.
Das beklagte Land ist der Klage entgegengetreten und hat u.a. geltend gemacht, der Bescheid sei ordnungsgemäß bekanntgegeben worden. Die Bekanntgabe werde durch ... geduldet. Außerdem sei es der Klägerin verwehrt, sich auf völkerrechtliche Verbote zu berufen. In der Verfügung sei lediglich die Firma der Klägerin unvollständig angegeben worden, ohne dass hierunter die Erkennbarkeit des Adressaten leide. Der Bestimmtheit der Verfügung stehe nicht entgegen, dass die Wahl der konkreten Art und Weise der Umsetzung in das Ermessen der Klägerin gestellt werde. Die Vorgabe eines konkreten Mittels sei unverhältnismäßig. Es seien Möglichkeiten zur Erreichung des Unterlassungserfolgs aufgezeigt worden. Die Umsetzung der Verfügung sei auch tatsächlich und (datenschutz-)rechtlich, insbesondere durch Handyortung oder Geolokalisation, möglich. Auch sei die vollständige Löschung der Internetseiten zumutbar. Das vollständige Entfernen der Internetseiten bzw. ihre Sperrung in ganz Deutschland habe zwar Auswirkungen über Baden-Württemberg hinaus, sei aber von ihrer Verbandskompetenz gedeckt. Die an sich entbehrliche Umsetzungsfrist sei ausreichend, die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes angemessen.
Mit Urteil vom 03.11.2011, der Klägerin zugestellt am 10.11.2011, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, da die Klägerin Spielern in Baden-Württemberg durch ihr Internetangebot die Teilnahme an Glücksspielen ermögliche, sei das Regierungspräsidium Karlsruhe zum Erlass der Untersagungsverfügung zuständig, weil sich die polizeiliche Gefahr in Baden-Württemberg realisiere. Die Untersagungsverfügung sei auch gegenüber der Klägerin durch ordnungsgemäße Bekanntgabe wirksam geworden. Dass sie Adressatin der Verfügung sei, gehe hinreichend bestimmt aus dem Bescheid hervor. Dies ergebe sich nicht zuletzt daraus, dass sie diejenige sei, die auf den in der Verfügung im Einzelnen benannten Internetseiten Sportwetten sowie Poker- und Casinospiele veranstalte. Zudem sei die Verfügung an eine Adresse übersandt worden, an der nur sie ihren Sitz habe. Bei den von der Klägerin dargebotenen Sportwetten, Poker- und Casinospielen handele es sich um Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Insbesondere sei auch Poker als Glücksspiel zu qualifizieren. Die streitgegenständliche Verfügung sei auch hinreichend bestimmt. Von der Klägerin werde unter Hinweis auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags das Unterlassen jeglicher Veranstaltung von öffentlichem Glücksspiel und der Werbung hierfür verlangt. Einer weiteren Präzisierung und Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Glücksspielarten habe es nicht bedurft. Es habe der Klägerin als verpflichteter Adressatin auch selbst überlassen werden dürfen, auf welche Weise sie der Unterlassungsanordnung nachkomme. Maßgeblich sei einzig, dass vom Gebiet des Landes Baden-Württemberg aus Spielangebote der Klägerin nicht mehr angenommen werden könnten und diesbezügliche Werbung nicht mehr abgerufen werden könne. Mit dieser Verpflichtung werde von der Klägerin weder etwas rechtlich noch tatsächlich Unmögliches verlangt noch sei ihr die Befolgung unzumutbar. Da neben der Möglichkeit der vollständigen Entfernung des Internetinhalts das Verfahren der Geolokalisation existiere, sei jedenfalls nicht von einer technischen Unmöglichkeit des angegriffenen Bescheids auszugehen. Selbst die bundesweite Entfernung des Internetinhalts sei der Klägerin zuzumuten. Unerheblich sei insoweit, dass mit der streitigen Verfügung nur für Baden-Württemberg ein Veranstaltungs- und Werbeverbot ausgesprochen worden sei. Denn diese Beschränkung entspreche der nach § 9 Abs. 1 GlüStV a.F. auf Baden-Württemberg beschränkten Kompetenz des Beklagten. Das angedrohte Zwangsgeld stehe in angemessenem Verhältnis zu den erzielbaren Gewinnen aus den von der Klägerin veranstalteten Glücksspielen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz LVwVG brauche eine Frist nicht bestimmt zu werden, wenn eine Duldung oder wie vorliegend Unterlassung erzwungen werden solle. Es bestünden zudem keine Bedenken, dass jedenfalls die der Klägerin auch zumutbare bundesweite Einstellung der Veranstaltungstätigkeit im Internet in der gesetzten Frist möglich sei. In dem Urteil wurde die Berufung zugelassen.
Die Klägerin hat am 12.12.2011 Berufung eingelegt und mit am 10.01.2012 beim Senat eingegangenen Schriftsatz begründet. Sie trägt ergänzend u.a. vor, das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. sei nicht kohärent ausgestaltet. Ein Internetvertriebsverbot für Glücksspiele sei zwar grundsätzlich mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar, jedoch nur, wenn es sich ausnahmslos auf jedes Anbieten von Glücksspiel beziehe. Der neue Glücksspielstaatsvertrag enthalte aber kein generelles Internetvertriebsverbot mehr. In § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. fänden sich Ausnahmeregelungen für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet. Des Weiteren gelte das Internetvertriebsverbot gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2 GlüStV n.F. nicht für Pferdewetten im Internet. Diese unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Sektoren sei nicht gerechtfertigt. Denn der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass mit dieser unterschiedlichen Behandlung die in § 1 GlüStV n.F. normieren Ziele verfolgt würden. Das Internetwerbeverbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. sei ebenfalls nicht mehr absolut ausgestaltet. Vielmehr biete § 5 Abs. 3 GlüStV n.F. teilweise die Möglichkeit, Werbung im Internet für Glücksspiel zuzulassen. Die Inkohärenz ergebe sich auch daraus, dass das Glücksspiel an gewerblichen Glücksspielautomaten, das am stärksten suchtauslösend sei, weiterhin einer unbeschränkten Anzahl von privaten Anbietern offenstehe. Auch Pferdewetten könnten von einer potentiell unbeschränkten Anzahl von privaten Anbietern angeboten werden, obwohl sie nur einen Unterfall zu sonstigen Sportwetten darstellten. Bei Sportwettanbietern werde die Anzahl gemäß § 10a Abs. 2 GlüStV n.F. auf die willkürlich erscheinende Zahl von 20 begrenzt. Allein in Schleswig-Holstein hätten 25 Anbieter eine Genehmigung erhalten. Auch der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 GlüStV n.F. sei inkohärent und damit europarechtswidrig. Grund hierfür sei die unsystematische und inkohärente Ausgestaltung des Konzessionsverfahrens für das Anbieten von Online-Sportwetten und die fehlende Erlaubnismöglichkeit für Online-Casinospiele und Online-Poker, die weniger suchtgefährdend als das für private Veranstalter zulässige Automatenglücksspiel und die einer Erlaubnis zugänglichen Sportwetten seien. Zwar könne generell ein Erlaubnisvorbehalt eine zulässige Maßnahme zur Begrenzung des Zugangs zum Glücksspielmarkt sein. Das unter dem neuen Glücksspielstaatsvertrag aufgestellte System der Konzessionen für Sportwetten entspreche aber nicht den europarechtlichen Bedingungen. Es gebe keine objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien. Auch spreche die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV n.F., wonach es keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung gebe, gegen eine nicht-willkürliche Ermessensausübung durch die Behörden und einen effektiven Rechtsbehelf. Casinospiele oder Poker könnten nur offline und nur von staatlichen Monopolisten angeboten werden. Die Regelungen des Staatsmonopols für Glücksspiele und das Internetverbot strahlten deshalb auf den Erlaubnisvorbehalt aus. Aufgrund dieser Regelungen sei es ihr nicht möglich, eine Genehmigung unter dem Regime des neuen Glücksspielstaatsvertrags zu erhalten. Da diese Regelungen unionsrechtswidrig seien, sei auch der Erlaubnisvorbehalt unionsrechtswidrig. Auch könne der Erlaubnisvorbehalt eine Untersagungsverfügung nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit rechtfertigen. Das beklagte Land habe nicht dargelegt, weshalb die materiellen Voraussetzungen für eine Erteilung einer Erlaubnis nicht vorlägen. Ihr Angebot sei erlaubnisfähig, wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag europarechtskonform angewendet werde. Die Beantragung einer Glücksspielerlaubnis sei bisher vollkommen aussichtslos gewesen, da sich der Beklagte mit Sicherheit auf das europarechtswidrige Internetvertriebsverbot berufen hätte, um diesen Antrag abzulehnen. Aus diesem Grund sei es dem Beklagten verwehrt, sich nunmehr auf die fehlende formelle Antragstellung zu berufen. Auf eine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit komme es nicht an, obwohl ihr Angebot auch dieses Kriterium erfülle. Die Genehmigungsfähigkeit zeige sich schon daran, dass die ..., eine mit ihr verbundene Gesellschaft, in Schleswig-Holstein eine Lizenz für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen, welche auch Poker einschließe, und Sportwetten erhalten habe. Sie sei als Gesellschaft derselben Firmengruppe denselben konzerninternen Richtlinien unterworfen wie die ... und halte im Wesentlichen vergleichbare Geldwäschevermeidungs-, Jugend- und Spielerschutz- sowie Betrugsvorsorgekonzepte vor. Der vom beklagten Land in diesem Zusammenhang angeführte § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. beziehe sich ausdrücklich auf den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet. Diese Spiele würden von ihr derzeit jedoch nicht angeboten. Sie sei auch gewillt, sich um eine Erlaubnis zu bemühen und die entsprechenden Anforderungen zu erfüllen, wenn es die Möglichkeit einer europarechtskonformen Erlaubniserteilung gäbe. Weil das Erlaubnisverfahren für Sportwetten nicht die europarechtlichen Vorgaben erfülle, könne ihr mögliches Sportwettangebot ebenfalls nicht aufgrund des bloßen Fehlens einer formellen Erlaubnis verboten werden. Die Untersagungsverfügung sei so auszulegen, dass sie sich auch auf Webseiten beziehe, die nur der Kontrolle von mit ihr verbundenen Unternehmen unterlägen. Damit sei die Untersagungsverfügung unzumutbar. Denn die ... verfüge über eine Lizenz zum Veranstalten von Online-Sportwetten und Online-Casinospielen in Schleswig-Holstein. Daher sei ihr eine deutschlandweite Sperrung ebenso wie die Geolokalisation nicht zuzumuten, sofern davon auch das Angebot in Schleswig-Holstein betroffen sei. Im Übrigen trete die streitgegenständliche Verfügung in Konflikt mit den beiden Genehmigungen aus Schleswig-Holstein, die der ... erteilt worden seien. Während die Verfügung alle Spieler umfasse, die sich zur Zeit der aktiven Spielteilnahme in Baden-Württemberg aufhielten, gälten die Genehmigungen der ... aus Schleswig-Holstein für Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Schleswig-Holstein. Für Spieler mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein, die sich für kurze Zeit in Baden-Württemberg aufhielten, stehe die Verfügung daher in direktem Widerspruch zu dem nach den Genehmigungen aus Schleswig-Holstein zulässigen Angebot. Der Verfügung fehle es an einer hinreichenden Konkretisierung auf ihr Angebot. Dies zeige sich auch daran, dass die Verfügung ohne nähere Begründung auch das Vermitteln von Glücksspielen untersage, ohne dass dargelegt werde, inwieweit sie jemals als Vermittlerin tätig geworden sei. Vollkommen unklar sei auch, was mit der Formulierung „solche Tätigkeiten zu unterstützen“ gemeint sei. Die Verfügung sei auch ermessensfehlerhaft. Insbesondere sei nicht ersichtlich, warum gerade gegen sie vorgegangen werde, obwohl der ..., die mit ihr konzernrechtlich verbunden sei, in Schleswig-Holstein Genehmigungen erteilt worden seien. Der Konzern bemühe sich um den Erhalt von Genehmigungen, wo dies möglich sei, wohingegen andere Anbieter ohne Interesse an einer rechtmäßigen Ausgestaltung ihres Angebots unbehelligt blieben. Sie werde auch in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, wenn der Beklagte nicht mehr im Wege von neuen Untersagungsverfügungen gegen vermeintliche Anbieter von Glücksspielen im Internet vorgehe, während er gleichzeitig an der streitgegenständlichen Verfügung gegen sie festhalte. Soweit der Beklagte ausführe, dass Poker- und Casinospiele, anders als Lotterien, Sport- und Pferdewetten, schnelle Spielintervalle hätten und somit gerechtfertigterweise entsprechend § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. strenger als Sportwetten und Lotterien reguliert werden müssten, da Spiele mit einem schnellen Spielintervall suchtfördernd wirkten, sei darauf hinzuweisen, dass das schnelle Spielintervall keine Frage des angebotenen Spiels sei, sondern lediglich der Art und Weise, wie ein Spiel angeboten werde. Das behauptete hohe Spielintervall bei Pokerspielen lasse sich bei entsprechenden Spielen, die häufig über mehrere Stunden andauerten, bereits tatsächlich nicht feststellen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 - 3 K 386/10 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.01.2010 aufzuheben, soweit sie den Zeitraum ab dem 08. September 2015 betrifft.
10 
Das beklagte Land beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Es sei einem Anbieter zumutbar, Geolokalisationsmaßnahmen so einzurichten, dass ein Aufrufen der Internetseite im gesamten Bundesgebiet nicht mehr möglich sei, sofern der Anbieter geltend mache, Geolokalisationsmaßnahmen seien in Bezug auf die einzelnen Bundesländer nicht erfolgversprechend. Der zwischenzeitlich beendete Sonderweg Schleswig-Holsteins im Glücksspielbereich habe keine Auswirkungen auf die Kohärenz der in den anderen Bundesländern bestehenden Internetverbote für Glücksspiele. Die von der Klägerin angebotenen Poker- und Casinospiele seien nicht erlaubnisfähig, da derartige Glücksspiele im Internet generell nicht angeboten werden dürften. Daneben würden auch bei diesen Glücksspielen die in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. normierten Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Internetglücksspielen nicht eingehalten. Da die von der Klägerin im Internet angebotenen Glücksspiele nicht erlaubnisfähig seien, läge im Hinblick auf die Untersagung - wie nach altem Recht - eine Ermessensreduktion auf Null vor. Zwar gebe es nach neuem Recht kein generelles Internetverbot mehr, vielmehr sei unter bestimmten Voraussetzungen das Anbieten von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet gestattet, doch führe diese Öffnung des Internets für bestimmte Glücksspielarten nicht dazu, dass von einer Ermessensreduktion auf Null abzusehen und die Ermessenserwägungen an die aktuelle Rechtslage anzupassen wären. Denn die in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. genannten Glücksspiele seien nicht per se erlaubnisfähig, sondern nur, wenn die dort genannten spezifischen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eingehalten würden. Dies sei aber bei den von der Klägerin angebotenen Glücksspielen nicht der Fall. Da die von der Klägerin angebotenen Glücksspiele aus einer Vielzahl von Gründen nicht erlaubnisfähig seien, sei es auch nicht möglich, die Erlaubnisfähigkeit mittels Nebenbestimmungen sicherzustellen. Ungeachtet dessen sei eine Verpflichtung, von der Untersagung unerlaubten Glücksspiels abzusehen und statt dessen die fehlende Erlaubnisfähigkeit durch Nebenbestimmungen sicherzustellen, nur dann gegeben, wenn für das betreffende Glücksspiel ein Erlaubnisantrag gestellt worden sei und die Erlaubnisfähigkeit des Glücksspiels ohne tiefgehende Prüfung festgestellt werden könne. Diese Voraussetzungen seien nicht gegeben. Das für Poker- und Casinospiele bestehende Internetverbot sei auch nicht wegen Verstoß gegen das Kohärenzgebot unionsrechtswidrig. Die im Internet zugelassenen Glücksspiele wiesen ein deutlich geringeres Suchtpotential auf als Poker- und Casinospiele. Aus § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV n.F. ergebe sich, dass im Internet generell keine Spiele mit einem schnellen Spielintervall erlaubt werden könnten, weil ein schnelles Spielintervall suchtfördernd wirke. Poker- und Casinospiele hätten aber, anders als Lotterien, Sport- und Pferdewetten, per se ein äußerst schnelles Spielintervall. Da das Internetverbot für Poker- und Casinospiele unionsrechtskonform sei, könne der Klägerin auch die fehlende Erlaubnis zum Veranstalten derartiger Glücksspiele entgegengehalten werden. Entgegen der Ansicht der Klägerin seien die von ihr angebotenen Internetglücksspiele nicht erlaubnisfähig. Um den Ausschluss minderjähriger Spieler im Internet sicherzustellen, verlange § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. die Identifizierung und Authentifizierung der Spieler. Die Klägerin führe ein solches Identifizierungsverfahren nicht durch. Die Erlaubnisfähigkeit ergebe sich auch nicht daraus, dass im Konzernverbund der Klägerin eine schleswig-holsteinische Erlaubnis für die von ihr angebotenen Poker- und Casinospiele erteilt worden sei. Diese Erlaubnis habe in Baden-Württemberg keine Gültigkeit. Auf der Internetseite ... biete die Klägerin Spiele an, die nach dem zwischenzeitlich aufgehobenen Landesglücksspielgesetz Schleswig-Holstein nicht erlaubnisfähig gewesen wären. Ungeachtet dessen stelle die Geolokalisation nur einen Baustein unter mehreren dar, mit dem die Klägerin der Verfügung nachkommen könne. Daneben weise die Geolokalisation eine sehr hohe Schärfe auf. Es genüge die Bestimmbarkeit der Verfügung. Die Klägerin biete im Internet über diverse Internetseiten eine sehr große Anzahl von unerlaubten Glücksspielen an. Vor diesem Hintergrund sei es nicht geboten, diese Spiele in der Verfügung einzeln aufzuführen, zumal die Klägerin ihr Spielangebot auch variiere und regelmäßig neue Spiele in ihr Sortiment aufnehme. Es genüge demnach, ihr pauschal unerlaubtes öffentliches Glücksspiel zu untersagen. Anders sei die Fallkonstellation zu beurteilen, dass nur ein Spiel angeboten werde, bei dem streitig sei, ob es sich überhaupt um ein Glücksspiel handle. Dann sei eine Pauschaluntersagung von Glücksspielen nicht zulässig, die Untersagung müsse vielmehr auf das konkrete Spiel beschränkt werden. Sofern die Klägerin behaupte, sie habe zu keiner Zeit Glücksspiele vermittelt, stehe dies der Bestimmtheit der Verfügung nicht entgegen. Fraglich könne allenfalls sein, ob es erforderlich gewesen sei, ihr auch das Vermitteln von unerlaubtem Glücksspiel zu untersagen. Bei einer Beschränkung der Verfügung auf das Untersagen des Veranstaltens bestünde das Risiko, dass die Klägerin den Internetauftritt weiterführe, aber nicht mehr als Veranstalter der angebotenen Glücksspiele auftrete, sondern die Veranstaltereigenschaft auf ein anderes Unternehmen übertragen werde und die Klägerin nun an dieses Unternehmen vermittele oder die Veranstaltung durch ein anderes Unternehmen anderweitig unterstütze. Anders als die Klägerin meine, sei es nicht nur gegen die Klägerin vorgegangen, sondern gegenüber einer Vielzahl von Anbietern seien ebenfalls vergleichbare Untersagungsverfügungen ausgesprochen worden. Man habe auch im Jahr 2013 noch Untersagungen gegen unerlaubtes Glücksspiel ausgesprochen. Allerdings habe es seine Tätigkeit im Bereich der Untersagung von Poker- und Casinospielen im Internet wegen der Rechtsprechung einstellen müssen. Nachdem der EuGH aber festgestellt habe, dass die Rechtslage in Schleswig-Holstein keine Auswirkungen auf die Kohärenz des Internetverbots für Poker- und Casinospiele habe, habe es seine Untersagungstätigkeit in diesem Bereich wieder aufgenommen und bereits mehrere Anhörungen versandt und auch in zwei Fällen bereits eine Untersagung erlassen. Ungeachtet dessen liege im vorliegenden Fall eine Ermessensreduktion auf Null vor, so dass es im Rahmen des Ermessens entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht berücksichtigen müsse, dass im Konzernverbund der Klägerin eine schleswig-holsteinische Erlaubnis vorliege. Auch eine Anpassung der Ermessenserwägungen der streitgegenständlichen Verfügung an die aktuelle Rechtslage sei nicht geboten, da sich die Rechtslage in Bezug auf die Untersagung unerlaubten Glücksspiels nicht geändert habe und die von der Klägerin angebotenen Glücksspiele nach altem und neuem Recht nicht erlaubnisfähig (gewesen) seien. Daneben habe er mehrfach im Rahmen seiner gerichtlichen Schriftsätze deutlich gemacht, dass an der Verfügung auch unter der aktuellen Rechtslage festgehalten werde und diese auf die jetzt geltenden Vorschriften gestützt würden. Auch die Untersagung der Werbung für unerlaubtes Glücksspiel sei rechtmäßig, da die Klägerin für die von ihr angebotenen und beworbenen Glücksspiele keine Erlaubnis besitze, die betreffenden Glücksspiele auch nicht erlaubnisfähig seien und auch nach neuem Recht ein Werbeverbot für unerlaubtes Glücksspiel bestehe. Auf die Anforderungen für die Untersagung der Internetwerbung komme es deshalb nicht an.
13 
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 03.09.2010 (3 K 521/10) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Klage abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin blieb ohne Erfolg (Beschluss des Senats vom 09.03.2011 - 6 S 2255/10 -). Mit Beschluss vom 16.11.2011 (3 K 2934/11) hat das Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 29.12.2011 (6 S 3329/11) zurück. Mit Beschluss vom 23.04.2013 (6 S 103/13) ordnete der Senat unter Änderung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 03.09.2010 und vom 16.11.2011 sowie der Beschlüsse des Senats vom 09.03.2011 und vom 29.12.2011 die aufschiebende Wirkung der Klage ab dem 01.07.2012 an.
14 
Mit Beschluss vom 23.04.2013 setzte der Senat das Verfahren bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 - I ZR 171/10 - aus. Am 30.07.2014 wurde das Verfahren fortgesetzt.
15 
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, soweit es den Zeitraum bis zum 07.09.2015 betraf. Insoweit wurde das Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 6 S 1869/15 fortgeführt.
16 
Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Heft), die Akten des Verwaltungsgerichts im Ausgangsverfahren sowie in den Verfahren 3 K 521/10 und 3 K 2934/11, ferner die Akten der Verfahren 6 S 2255/10, 6 S 3329/11 und 6 S 103/13 vor. Hierauf und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
1. Die Untersagungsverfügung vom 21.01.2010 genügt als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis (§ 37 Abs. 1 LVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).
19 
a) Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.). Wenn Rechtspositionen Dritter rechtserheblich betroffen sind, muss der Inhalt auch für den Drittbetroffenen hinreichende Bestimmtheit aufweisen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rdnr. 7). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, InfAuslR 2013, 193; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, BVerwGE 145, 275). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 - 3 C 42.91 -, BVerwGE 94, 341; Stelkens, a.a.O., Rdnr. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a.a.O., Rdnr. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a.a.O.).
20 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 153, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
21 
b) In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass das beklagte Land damit nicht nur die über die in der Verfügung aufgeführten Internetseiten angebotenen und beworbenen Sportwetten, Poker- und Casinospiele untersagte, sondern jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf S. 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat das beklagte Land keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Auf die Frage, ob es im konkreten Fall einfacher oder schwieriger ist, eine hinreichend bestimmte Verfügung zu formulieren, kommt es, anders als das beklagte Land meint, in diesem Zusammenhang nicht an, weil mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung hier (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation BayVGH, Urteil vom 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 -, juris) eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten ist.
22 
c) Auch ohne den fraglichen Passus auf S. 7 der angefochtenen Verfügung wäre der Gegenstand der Untersagungsverfügung nicht hinreichend bestimmt.
23 
Dabei gelten zum einen erhöhte Anforderungen mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 284 ff. StGB, zum anderen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. (i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV n.F.; vgl. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a.F.). Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen (sogenanntes financial blocking). Zuständig hierfür ist bei Internetvertrieb von öffentlichem Glücksspiel nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regelmäßig die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen, weil das Angebot in der Regel in mehr als einem Land erfolgt. Nach Auffassung des beklagten Landes ist die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen gegenüber Anbietern von Internetglücksspielen, die ihren Sitz im Ausland haben, also auch im Fall der Klägerin, in den meisten Fällen unmöglich (LT-Drs. 15/3459, S. 6). Als „Vollstreckungsmöglichkeit“ wird der Erlass (und gegebenenfalls die Vollstreckung) von Verfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. zur Kappung von vom Inland ausgehenden Zahlungsströmen an ausländische Glücksspielanbieter angesehen. Dies setzte im vorliegenden Fall, aufbauend auf der streitgegenständlichen Verfügung, den Erlass einer weiteren Verfügung gegenüber dem oder den betroffenen Zahlungsinstituten durch die niedersächsische Glücksspielaufsichtsbehörde voraus. Dann ist für die Bestimmung des Empfängerhorizonts nicht nur der Umstand relevant, dass die Klägerin Anbieterin von Glücksspielen ist, sondern auch, dass bei der „Vollstreckung“ der Verfügung branchenfremde Dritte beteiligt sind, die sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen, wenn Zahlungen aus legalen Vorgängen unterbrochen werden (sogenanntes over-blocking, vgl. Hambach/Brenner, in: Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht, § 9 GlüStV Nr. 68 f.).
24 
Der für sich genommen unbestimmte Tenor in Ziff. 1 der Verfügung wird durch die Angabe im Bescheid, dass die Klägerin über die Internetseiten ... und ... öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen veranstaltet bzw. vermittelt und hierfür Werbung betreibt, nicht hinreichend konkretisiert. Zwar reicht es für die Bestimmtheit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung aus, wenn in der Begründung detailliert beschrieben wird, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite eines Glücksspielveranstalters nicht mehr veranstaltet etc. werden dürfen (Schönenbroicher, in: Mann u.a., VwVfG, § 37 Rdnr. 73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wenn die von der Verfügung erfassten Glücksspiele konkret genug beschrieben sind, eine solche Verfügung dann auch für diese konkreten Glücksspiele andere - auch künftige - Internetauftritte desselben Adressaten umfassen darf. Denn vorliegend fehlt es an der Konkretisierung der von der Verfügung erfassten Glücksspiele. Sie werden nur anhand generalisierender Begriffe beschrieben, die eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gerade nicht gestatten, weil sie ihrerseits nicht bestimmt sind (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 19). Das beklagte Land hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Untersagungsverfügung z.B. unter Benennung einer größeren Zahl von Beispielen, aber ohne vollständige Inventarisierung, zu treffen (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 23; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 37 Rdnr. 20.2, jeweils m.w.N.).
25 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. sind Sportwetten (entgeltliche) Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Anders als unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags sind dadurch (entgeltliche) Wetten ohne feste Gewinnquoten, auch wenn sie sich auf Sportereignisse beziehen (z.B. Fußball-Toto), nicht mehr als Sportwetten definiert (vgl. Bolay/Pfütze, in: Streinz u.a., a.a.O., § 3 Rdnr. 18). Diese werden teilweise der Gattung der Lotterien zugeordnet (vgl. Bolay/Pfütze, a.a.O.). Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags, an dem sich die Verfügung seither messen lassen muss, ist damit fraglich geworden, ob „Sportwetten“ ohne feste Gewinnquoten noch unter den Begriff der Sportwetten fallen, wie ihn die unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags ergangene Verfügung verwendet. Dann scheidet eine Bestimmbarkeit des unbestimmten Verfügungstenors durch Bezugnahme auf den seinerseits unklaren Begriff der Sportwette insofern aber aus.
26 
bb) Auch die Bezugnahme auf den Begriff (Online-)“Casinospiele“ lässt eine Bestimmbarkeit nicht zu. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Denkbar ist es, zum einen unter den Begriff „Casinospiele“ wie in § 3 Abs. 5 GlSpielGSH alle herkömmlich in Präsenzspielbanken angebotenen Glücksspiele, insbesondere Poker, Black Jack, Baccara und Roulette zu fassen, also auf Tisch- und Kartenspiele zu beziehen. In Präsenzspielbanken werden aber auch Automatenspiele angeboten (dazu Bolay/Pfütze, a.a.O., § 2 Rdnr. 13). Dementsprechend sollen nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung zu den untersagten Online-Casinospielen auch Online-Automatenspiele gehören. Lässt der Begriff (Online-)“Casinospiele“ aber eine engere und eine weitere Auslegung zu, setzt eine Bestimmbarkeit des Gegenstands der Verfügung unter Rückgriff auf diesen Begriff zumindest voraus, dass die Verfügung Anhaltspunkte dafür enthält, welches Verständnis ihr zugrunde liegt. Hieran fehlt es. Außerdem zeigt die einem Schwesterunternehmen der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Erlaubnis für Online-Casinospiele vom 19.12.2012 den Bedarf einer Abgrenzung einzelner Casinospiele von Lotterien auf, zu der sich der angefochtenen Verfügung ebenfalls nichts entnehmen lässt.
27 
cc) Die Bezugnahme auf den Begriff „Pokerspiele“ führt ebenfalls nicht zu einer Bestimmbarkeit des Verfügungsgegenstands insoweit. Ob eine Pokervariante Glücksspiel ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend zufallsbedingt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.). Ansonsten liegt ein Geschicklichkeitsspiel vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NVwZ 2014, 1175; vom 24.10.2001 - 6 C 1.01 -, BVerwGE 115, 179). Der hessische VGH (Urteil vom 10.04.1979 - II OE 41/77 -, juris) hat die Variante „Search-Poker“ als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Da das beklagte Land nur Glücksspiele untersagen wollte, alle Poker-Varianten untersagt hat, aber - anders als das beklagte Land möglicherweise meint - nicht alle Poker-Varianten Glücksspiel sind, überlässt es die Bewertung, welche Poker-Varianten Glücksspiele und damit von der Verfügung erfasst sind, in unzulässiger Weise der Klägerin (vgl. auch Senat, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 S 1394/13 -, VBlBW 2014, 382). Diese Problematik bestünde auch bei einem - hier nicht erfolgten - pauschalen Bezug auf das gesamte Angebot auf bestimmten Internetseiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
28 
d) Unbestimmt ist die Verfügung schließlich auch, soweit mit ihr das „Unterstützen“ der Veranstaltung oder Vermittlung von oder der Werbung für öffentliches Glücksspiel untersagt wird. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Definition dieses Begriffs, die angefochtene Verfügung führt keine Beispiele auf, worin Unterstützungshandlungen (wohl: zu Gunsten Dritter) liegen könnten. Das wäre vorliegend aber schon deshalb relevant, weil die Klägerin in einen Konzernverbund eingegliedert ist, was - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - im Verhältnis zu rechtlich selbstständigen, aber konzernangehörigen Gesellschaften andere Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Informationstechnologie, aufwirft, als wenn ein Anbieter nur „echten“ Dritten gegenübersteht.
29 
2. Der Senat kann vor diesem Hintergrund offen lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung (noch) gegeben sind.
30 
a) Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag hätte der Senat seiner Prüfung dabei ausschließlich die Rechtslage aufgrund des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012, S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012, S. 515) zugrunde zu legen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende streitgegenständliche Untersagungsverfügung trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klageantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, wäre nur der Glücksspielstaatsvertrag n.F. heranzuziehen.
31 
b) Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. ist allerdings unter mehreren Gesichtspunkten zweifelhaft. Danach kann die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV) untersagen. Dem Senat erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes relevant:
32 
aa) Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, sondern - ebenfalls unterstellt - auf sonstige von der Klägerin im Internet angebotene öffentliche Glücksspiele, läge zwar unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. vor, weil die Klägerin nicht über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderliche Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis verfügt. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könnte der Klägerin auch entgegengehalten werden. Er stellt sich insbesondere als unionsrechtskonform dar. Für den Zeitraum bis zum 30.06.2012, also unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags, war geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist, da er nicht allein dem Schutz des Monopols diente, sondern unabhängig davon den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung und diese Regelungen und das Erlaubnisverfahren im Hinblick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig, angemessen, hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend waren (zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 8 B 36.14 -, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran Wesentliches geändert hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014 - 13 A 2018/11 -, GewArch 2014, 327; vgl. BVerwG, a.a.O.). Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, fehlt es der Klägerin demgegenüber zwar ebenfalls an der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis. Es erscheint dem Senat darüber hinaus aber bereits zweifelhaft, ob der Klägerin insoweit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere fraglich, ob das Erlaubnisverfahren unionsrechtskonform ausgestaltet ist und ob dabei allein auf die normative Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens abgestellt werden und der Umstand, dass sich dieses Verfahren auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erweist, außer Betracht bleiben kann (so aber ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 S 102.14 -).
33 
bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung wäre aber - wenn und soweit der Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werden kann - ermessensfehlerhaft, wenn das Angebot der Klägerin (offensichtlich) erlaubnisfähig wäre, ohne dass es in diesem Zusammenhang wohl - und anders als nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 15 Rn. 15) - darauf ankäme, dass die Klägerin keinen Erlaubnisantrag gestellt hat (vgl. dazu aber BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015, a.a.O.). Denn eine Erlaubnis für den Internetvertrieb von Glücksspielen sieht der Glücksspielstaatsvertrag nur für Sportwetten und Lotterien, nicht aber für sonstiges über das Internet vertriebenes Glücksspiel vor. Dass die Klägerin nicht am Konzessionsverfahren für Sportwetten teilgenommen hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar damit erklärt, mit Blick auf die im Konzessionsverfahren eingeschaltete Anwaltskanzlei von einer Teilnahme abgesehen zu haben (anders wohl noch der Vortrag im Verfahren 6 S 103/13).
34 
Für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin erscheint dem Senat zweifelhaft, ob ihr das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden könnte, soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht oder ob § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. eine inkohärente und damit unwirksame Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin aus Art. 56 AEUV darstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die Durchbrechung des Internetvertriebsverbots nur für Sportwetten und Lotterien in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. (ohne nähere Begründung Kohärenz bejahend OVG Saarland, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 B 50/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; differenzierend Senat, Urteil vom 23.05.2013 - 6 S 88/13 -, GewArch 2014, 24; vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, über das Internet angebotene Casino- und Pokerspiele wiesen per se eine erhöhte Wiederholungsfrequenz und damit Gefährlichkeit auf als über das Internet vertriebene Sportwetten und Lotterien und seien schon deshalb im Internetvertrieb nicht zulässig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), ist der Vortrag bereits widersprüchlich (vgl. Seite 15 des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergeben Schriftsatzes vom 07.09.2015) und nicht belegt. Das beklagte Land geht auch nicht auf den nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Einwand der Klägerin ein, bei jedem (Internet-)Glücksspiel könne die Wiederholungsfrequenz unterschiedlich ausgestaltet werden.
35 
Das beklagte Land könnte der Klägerin aber einen Verstoß gegen den Jugend- und Spielerschutz entgegenhalten (§§ 1 Satz 1 Ziff. 3, 4 Abs. 3 GlüStV n.F.), dessen Vorliegen aber offenbleiben kann. Zur Konkretisierung der Anforderungen kann sich das beklagte Land dabei, auch soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten bezieht, an den Vorgaben des § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. orientieren. Dieser sieht als Voraussetzung der Erlaubnis zum Vertrieb von Lotterien und Sportwetten im Internet vor, dass der Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigte ein Verstoß hiergegen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes auch eine vollständige Untersagung des weiteren Internetvertriebs. Dem liegt folgende Erwägung zu Grunde: Hätte die Klägerin eine Erlaubnis beantragt, fehlte es aber an einem hinreichenden Identifizierungs- und Authentifizierungssystem, dürfte die Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die fehlende Konzessionsvoraussetzung so zentral ist, dass eine Sicherstellung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG, § 4c Abs. 2 GlüStV nicht ausreichte. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen (so bereits Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Hinsichtlich des Entschließungsermessens des beklagten Landes bezüglich der Untersagungsverfügung käme dann auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
36 
Entsprechendes gilt mit Blick auf § 5 Abs. 5 GlüStV n.F..
37 
3. Selbst wenn die angefochtene Verfügung hinreichend bestimmt wäre und - was der Senat offen lässt - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung gegeben wären, stellte sich die angefochtene Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft dar. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob hinsichtlich des Entschließungsermessens eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist.
38 
Das beklagte Land muss bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen jedenfalls eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 3 GG (analog) ist es gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten, es darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit es anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss es hierfür sachliche Gründe angeben. Das beklagte Land muss also gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
39 
Solche sachlichen Gründe kann das beklagte Land bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Ein im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages ermessensfehlerhaft ist, dass das beklagte Land außer Acht gelassen hat, dass im Wesentlichen nur das Land Baden-Württemberg gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern überwiegend keine Untersagungsverfügungen erlassen haben bzw. solche Verfügungen, so sie ergangen sind, keinen Bestand mehr haben, kann offenbleiben.
40 
a) Nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich folgendes Bild: Das beklagte Land hat unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags seit 2010 eine Reihe von Untersagungsverfügungen gegenüber etwa 20 Anbietern von Internetglücksspielen (ohne Internetauktionen) erlassen. Ein flächendeckendes Vorgehen ist nicht erfolgt. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags hat sich hieran nichts geändert. Seit Ende 2014 sind in vier vergleichbaren Fällen Verfügungen erlassen sowie mehrere Anhörungen verschickt worden. Das beklagte Land hat insbesondere nicht geltend gemacht, sich bei seinem Vorgehen an den Leitlinien der „Arbeitsgruppe Aufsicht“ (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 GlüStV, §§ 7 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 3 Nr. 2 VwVGlüStV) für ein Vorgehen der Länder gegen illegales Glücksspiel im Internet vom Juli 2014 zu orientieren geschweige denn eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Umsetzung dieser Leitlinien den Anforderungen an eine einheitliche Verwaltungspraxis und einen kohärenten Vollzug genügen.
41 
b) Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sich an einem weiteren Vorgehen durch die Rechtsprechung des Senats gehindert gesehen, trifft dieser Einwand nicht (mehr) zu. Der Senat hat bei unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags erlassenen Verfügungen die aufschiebende Wirkung zum einen mit Blick auf das Fehlen von Ermessenserwägungen zur Rechtslage nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag angeordnet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105), zum anderen mit Blick auf die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris). Diese Rechtsprechung steht dem Erlass neuer Verfügungen auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 (- C-156/13 -) über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 (- I ZR 171/10 -), die durch die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein veranlasst war, nicht mehr entgegen. Auch hat das beklagte Land diesbezüglich keine Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Im Übrigen bestand nach der Rechtsprechung des Senats durchgängig die Möglichkeit, Untersagungsverfügungen mit Blick auf den Jugendschutz zu erlassen (s. bereits Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, a.a.O., sowie Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -).
42 
c) Es sind auch keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen ersichtlich. Ein Vorgehen nach der „Größe“ der Anbieter, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, wäre dann ein hinreichender Differenzierungsgrund, wenn darunter der jeweilige Marktanteil in Baden-Württemberg verstanden würde und zunächst gegen Anbieter mit großem Marktanteil in Baden-Württemberg vorgegangen würde. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu genannten Hilfskriterien sind indes nicht geeignet, einen solchen Marktanteil zu ermitteln. Dass ein Anbieter mehrere Internetauftritte hat, lässt einen Rückschluss auf den Marktanteil nicht zu. Ein solcher Rückschluss ließe sich auch aus den bloßen - soweit ersichtlich nicht ermittelten - Umsatzzahlen nicht ziehen. Diese wären nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug auf den baden-württembergischen Markt im Verhältnis zu den Umsatzzahlen anderer Anbieter gesetzt würden. Dies hat das beklagte Land bereits nicht geltend gemacht. Auch hat es nicht dargelegt, wie es bei Anwendung der genannten Kriterien gerade auf die mit einer Verfügung belegten Anbieter gekommen ist.
43 
Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Prüfung, ob die angefochtene Verfügung an weiteren von der Klägerin geltend gemachten, z.T. aber im Berufungsverfahren nicht mehr thematisierten Fehlern leidet.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
46 
Beschluss vom 8. September 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Die Berufung der Klägerin ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig und begründet, weil die angefochtene Verfügung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
18 
1. Die Untersagungsverfügung vom 21.01.2010 genügt als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis (§ 37 Abs. 1 LVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).
19 
a) Gemäß § 37 Abs. 1 LVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013 - 8 C 21.12 -, BVerwGE 148, 146 m.w.N.). Wenn Rechtspositionen Dritter rechtserheblich betroffen sind, muss der Inhalt auch für den Drittbetroffenen hinreichende Bestimmtheit aufweisen (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 37 Rdnr. 7). Je nach Grundrechtsrelevanz oder bei einer Strafbewehrung sind erhöhte Anforderungen zu stellen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2013 - 11 S 1581/12 -, InfAuslR 2013, 193; BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 3 C 26.11 -, BVerwGE 145, 275). Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten überlassen bleibt (BVerwG, Urteil vom 02.12.1993 - 3 C 42.91 -, BVerwGE 94, 341; Stelkens, a.a.O., Rdnr. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, z.B. durch die Beifügung von Beispielen (Stelkens, a.a.O., Rdnr. 5). Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts möglich ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenem Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens, a.a.O.).
20 
Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 153, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Bei Ermittlung dieses objektiven Erklärungswerts sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts. Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt den Inhalt der getroffenen Regelung mit, so dass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (BVerwG, Urteil vom 16.10.2013, a.a.O.).
21 
b) In Ziff. 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass das beklagte Land damit nicht nur die über die in der Verfügung aufgeführten Internetseiten angebotenen und beworbenen Sportwetten, Poker- und Casinospiele untersagte, sondern jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar ist, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf S. 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat das beklagte Land keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen (vgl. dazu BVerwG, a.a.O.). Auf die Frage, ob es im konkreten Fall einfacher oder schwieriger ist, eine hinreichend bestimmte Verfügung zu formulieren, kommt es, anders als das beklagte Land meint, in diesem Zusammenhang nicht an, weil mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung hier (vgl. zu einer anderen Fallkonstellation BayVGH, Urteil vom 12.03.2010 - 10 CS 09.1734 -, juris) eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten ist.
22 
c) Auch ohne den fraglichen Passus auf S. 7 der angefochtenen Verfügung wäre der Gegenstand der Untersagungsverfügung nicht hinreichend bestimmt.
23 
Dabei gelten zum einen erhöhte Anforderungen mit Blick auf eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 284 ff. StGB, zum anderen mit Blick auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. (i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 GlüStV n.F.; vgl. auch § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV a.F.). Danach kann die zuständige Behörde den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen (sogenanntes financial blocking). Zuständig hierfür ist bei Internetvertrieb von öffentlichem Glücksspiel nach § 9a Abs. 2 Satz 2 GlüStV regelmäßig die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Niedersachsen, weil das Angebot in der Regel in mehr als einem Land erfolgt. Nach Auffassung des beklagten Landes ist die Vollstreckung bestehender Untersagungsverfügungen gegenüber Anbietern von Internetglücksspielen, die ihren Sitz im Ausland haben, also auch im Fall der Klägerin, in den meisten Fällen unmöglich (LT-Drs. 15/3459, S. 6). Als „Vollstreckungsmöglichkeit“ wird der Erlass (und gegebenenfalls die Vollstreckung) von Verfügungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV n.F. zur Kappung von vom Inland ausgehenden Zahlungsströmen an ausländische Glücksspielanbieter angesehen. Dies setzte im vorliegenden Fall, aufbauend auf der streitgegenständlichen Verfügung, den Erlass einer weiteren Verfügung gegenüber dem oder den betroffenen Zahlungsinstituten durch die niedersächsische Glücksspielaufsichtsbehörde voraus. Dann ist für die Bestimmung des Empfängerhorizonts nicht nur der Umstand relevant, dass die Klägerin Anbieterin von Glücksspielen ist, sondern auch, dass bei der „Vollstreckung“ der Verfügung branchenfremde Dritte beteiligt sind, die sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen, wenn Zahlungen aus legalen Vorgängen unterbrochen werden (sogenanntes over-blocking, vgl. Hambach/Brenner, in: Streinz u.a., Glücks- und Gewinnspielrecht, § 9 GlüStV Nr. 68 f.).
24 
Der für sich genommen unbestimmte Tenor in Ziff. 1 der Verfügung wird durch die Angabe im Bescheid, dass die Klägerin über die Internetseiten ... und ... öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen veranstaltet bzw. vermittelt und hierfür Werbung betreibt, nicht hinreichend konkretisiert. Zwar reicht es für die Bestimmtheit einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung aus, wenn in der Begründung detailliert beschrieben wird, welche bisherigen Glücksspiele auf welcher Internetseite eines Glücksspielveranstalters nicht mehr veranstaltet etc. werden dürfen (Schönenbroicher, in: Mann u.a., VwVfG, § 37 Rdnr. 73). Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob, wenn die von der Verfügung erfassten Glücksspiele konkret genug beschrieben sind, eine solche Verfügung dann auch für diese konkreten Glücksspiele andere - auch künftige - Internetauftritte desselben Adressaten umfassen darf. Denn vorliegend fehlt es an der Konkretisierung der von der Verfügung erfassten Glücksspiele. Sie werden nur anhand generalisierender Begriffe beschrieben, die eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gerade nicht gestatten, weil sie ihrerseits nicht bestimmt sind (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 19). Das beklagte Land hat auch nicht die Möglichkeit genutzt, die Untersagungsverfügung z.B. unter Benennung einer größeren Zahl von Beispielen, aber ohne vollständige Inventarisierung, zu treffen (vgl. Schönenbroicher, a.a.O., Rdnr. 23; Tiedemann, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 37 Rdnr. 20.2, jeweils m.w.N.).
25 
aa) Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. sind Sportwetten (entgeltliche) Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Anders als unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags sind dadurch (entgeltliche) Wetten ohne feste Gewinnquoten, auch wenn sie sich auf Sportereignisse beziehen (z.B. Fußball-Toto), nicht mehr als Sportwetten definiert (vgl. Bolay/Pfütze, in: Streinz u.a., a.a.O., § 3 Rdnr. 18). Diese werden teilweise der Gattung der Lotterien zugeordnet (vgl. Bolay/Pfütze, a.a.O.). Mit Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags, an dem sich die Verfügung seither messen lassen muss, ist damit fraglich geworden, ob „Sportwetten“ ohne feste Gewinnquoten noch unter den Begriff der Sportwetten fallen, wie ihn die unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags ergangene Verfügung verwendet. Dann scheidet eine Bestimmbarkeit des unbestimmten Verfügungstenors durch Bezugnahme auf den seinerseits unklaren Begriff der Sportwette insofern aber aus.
26 
bb) Auch die Bezugnahme auf den Begriff (Online-)“Casinospiele“ lässt eine Bestimmbarkeit nicht zu. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Legaldefinition dieses Begriffs. Denkbar ist es, zum einen unter den Begriff „Casinospiele“ wie in § 3 Abs. 5 GlSpielGSH alle herkömmlich in Präsenzspielbanken angebotenen Glücksspiele, insbesondere Poker, Black Jack, Baccara und Roulette zu fassen, also auf Tisch- und Kartenspiele zu beziehen. In Präsenzspielbanken werden aber auch Automatenspiele angeboten (dazu Bolay/Pfütze, a.a.O., § 2 Rdnr. 13). Dementsprechend sollen nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung zu den untersagten Online-Casinospielen auch Online-Automatenspiele gehören. Lässt der Begriff (Online-)“Casinospiele“ aber eine engere und eine weitere Auslegung zu, setzt eine Bestimmbarkeit des Gegenstands der Verfügung unter Rückgriff auf diesen Begriff zumindest voraus, dass die Verfügung Anhaltspunkte dafür enthält, welches Verständnis ihr zugrunde liegt. Hieran fehlt es. Außerdem zeigt die einem Schwesterunternehmen der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Erlaubnis für Online-Casinospiele vom 19.12.2012 den Bedarf einer Abgrenzung einzelner Casinospiele von Lotterien auf, zu der sich der angefochtenen Verfügung ebenfalls nichts entnehmen lässt.
27 
cc) Die Bezugnahme auf den Begriff „Pokerspiele“ führt ebenfalls nicht zu einer Bestimmbarkeit des Verfügungsgegenstands insoweit. Ob eine Pokervariante Glücksspiel ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend zufallsbedingt ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F.). Ansonsten liegt ein Geschicklichkeitsspiel vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.01.2014 - 8 C 26.12 -, NVwZ 2014, 1175; vom 24.10.2001 - 6 C 1.01 -, BVerwGE 115, 179). Der hessische VGH (Urteil vom 10.04.1979 - II OE 41/77 -, juris) hat die Variante „Search-Poker“ als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Da das beklagte Land nur Glücksspiele untersagen wollte, alle Poker-Varianten untersagt hat, aber - anders als das beklagte Land möglicherweise meint - nicht alle Poker-Varianten Glücksspiel sind, überlässt es die Bewertung, welche Poker-Varianten Glücksspiele und damit von der Verfügung erfasst sind, in unzulässiger Weise der Klägerin (vgl. auch Senat, Beschluss vom 24.02.2014 - 6 S 1394/13 -, VBlBW 2014, 382). Diese Problematik bestünde auch bei einem - hier nicht erfolgten - pauschalen Bezug auf das gesamte Angebot auf bestimmten Internetseiten zu einem bestimmten Zeitpunkt.
28 
d) Unbestimmt ist die Verfügung schließlich auch, soweit mit ihr das „Unterstützen“ der Veranstaltung oder Vermittlung von oder der Werbung für öffentliches Glücksspiel untersagt wird. Der Glücksspielstaatsvertrag enthält keine Definition dieses Begriffs, die angefochtene Verfügung führt keine Beispiele auf, worin Unterstützungshandlungen (wohl: zu Gunsten Dritter) liegen könnten. Das wäre vorliegend aber schon deshalb relevant, weil die Klägerin in einen Konzernverbund eingegliedert ist, was - wie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - im Verhältnis zu rechtlich selbstständigen, aber konzernangehörigen Gesellschaften andere Abgrenzungsprobleme, z.B. bei der gemeinsamen Nutzung von Informationstechnologie, aufwirft, als wenn ein Anbieter nur „echten“ Dritten gegenübersteht.
29 
2. Der Senat kann vor diesem Hintergrund offen lassen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung (noch) gegeben sind.
30 
a) Entsprechend dem in der Berufungsverhandlung gestellten Antrag hätte der Senat seiner Prüfung dabei ausschließlich die Rechtslage aufgrund des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags (Gesetz zu dem 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrag (1. Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland) und zu dem Staatsvertrag über die Gründung der GKL Gemeinsame Klassenlotterie der Länder vom 26.06.2012, GBl. 2012, S. 385 i.V.m. der Bekanntmachung des Staatsministeriums über das Inkrafttreten des 1. Glücksspieländerungsstaatsvertrags vom 10.07.2012, GBl. 2012, S. 515) zugrunde zu legen. Die einen Dauerverwaltungsakt darstellende streitgegenständliche Untersagungsverfügung trifft zwar eine unbefristete Regelung, die selbst für den Fall der Änderung der Sach- und Rechtslage Geltung beansprucht. Ihre Rechtmäßigkeit bestimmt sich dabei nach der Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Zeitpunkt innerhalb des Wirksamkeitszeitraums und kann daher zeitabschnittsweise geprüft und beurteilt werden (BVerwG, Beschluss vom 05.01.2012 - 8 B 62.11 -, NVwZ 2012, 510). Da die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Klageantrag ausdrücklich nur für die Zukunft zur Überprüfung gestellt hat, wäre nur der Glücksspielstaatsvertrag n.F. heranzuziehen.
31 
b) Das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 GlüStV n.F. ist allerdings unter mehreren Gesichtspunkten zweifelhaft. Danach kann die zuständige Behörde die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubten Glücksspiels und die Werbung hierfür (vgl. auch § 5 Abs. 5 GlüStV) untersagen. Dem Senat erscheint in diesem Zusammenhang insbesondere Folgendes relevant:
32 
aa) Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, sondern - ebenfalls unterstellt - auf sonstige von der Klägerin im Internet angebotene öffentliche Glücksspiele, läge zwar unerlaubtes Glücksspiel im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV n.F. vor, weil die Klägerin nicht über die nach § 1 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderliche Veranstaltungs- oder Vermittlungserlaubnis verfügt. Der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV könnte der Klägerin auch entgegengehalten werden. Er stellt sich insbesondere als unionsrechtskonform dar. Für den Zeitraum bis zum 30.06.2012, also unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags, war geklärt, dass der Erlaubnisvorbehalt unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist, da er nicht allein dem Schutz des Monopols diente, sondern unabhängig davon den unionsrechtlich legitimen Zielen des Jugend- und Spielerschutzes und der Kriminalitätsbekämpfung und diese Regelungen und das Erlaubnisverfahren im Hinblick auf die verfolgten Ziele verhältnismäßig, angemessen, hinreichend bestimmt, transparent und nicht diskriminierend waren (zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015 - 8 B 36.14 -, juris). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran Wesentliches geändert hat (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.02.2014 - 13 A 2018/11 -, GewArch 2014, 327; vgl. BVerwG, a.a.O.). Soweit sich die - unterstellt hinreichend bestimmte - streitgegenständliche Verfügung auf Sportwetten im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht, fehlt es der Klägerin demgegenüber zwar ebenfalls an der nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. erforderlichen Erlaubnis. Es erscheint dem Senat darüber hinaus aber bereits zweifelhaft, ob der Klägerin insoweit der Erlaubnisvorbehalt des § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere fraglich, ob das Erlaubnisverfahren unionsrechtskonform ausgestaltet ist und ob dabei allein auf die normative Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens abgestellt werden und der Umstand, dass sich dieses Verfahren auch mehr als drei Jahre nach Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erweist, außer Betracht bleiben kann (so aber ausdrücklich OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; ähnlich OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.05.2015 - 1 S 102.14 -).
33 
bb) Die angefochtene Untersagungsverfügung wäre aber - wenn und soweit der Erlaubnisvorbehalt entgegengehalten werden kann - ermessensfehlerhaft, wenn das Angebot der Klägerin (offensichtlich) erlaubnisfähig wäre, ohne dass es in diesem Zusammenhang wohl - und anders als nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen (vgl. dazu Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 15 Rn. 15) - darauf ankäme, dass die Klägerin keinen Erlaubnisantrag gestellt hat (vgl. dazu aber BVerwG, Beschluss vom 25.02.2015, a.a.O.). Denn eine Erlaubnis für den Internetvertrieb von Glücksspielen sieht der Glücksspielstaatsvertrag nur für Sportwetten und Lotterien, nicht aber für sonstiges über das Internet vertriebenes Glücksspiel vor. Dass die Klägerin nicht am Konzessionsverfahren für Sportwetten teilgenommen hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nachvollziehbar damit erklärt, mit Blick auf die im Konzessionsverfahren eingeschaltete Anwaltskanzlei von einer Teilnahme abgesehen zu haben (anders wohl noch der Vortrag im Verfahren 6 S 103/13).
34 
Für die Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Angebots der Klägerin erscheint dem Senat zweifelhaft, ob ihr das Internetvertriebsverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden könnte, soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV n.F. bezieht oder ob § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. eine inkohärente und damit unwirksame Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit der Klägerin aus Art. 56 AEUV darstellt. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf die Durchbrechung des Internetvertriebsverbots nur für Sportwetten und Lotterien in § 4 Abs. 5 GlüStV n.F. (ohne nähere Begründung Kohärenz bejahend OVG Saarland, Beschluss vom 17.07.2015 - 1 B 50/15 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; differenzierend Senat, Urteil vom 23.05.2013 - 6 S 88/13 -, GewArch 2014, 24; vgl. auch BVerwG, a.a.O.). Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, über das Internet angebotene Casino- und Pokerspiele wiesen per se eine erhöhte Wiederholungsfrequenz und damit Gefährlichkeit auf als über das Internet vertriebene Sportwetten und Lotterien und seien schon deshalb im Internetvertrieb nicht zulässig (vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV), ist der Vortrag bereits widersprüchlich (vgl. Seite 15 des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergeben Schriftsatzes vom 07.09.2015) und nicht belegt. Das beklagte Land geht auch nicht auf den nicht von vornherein von der Hand zu weisenden Einwand der Klägerin ein, bei jedem (Internet-)Glücksspiel könne die Wiederholungsfrequenz unterschiedlich ausgestaltet werden.
35 
Das beklagte Land könnte der Klägerin aber einen Verstoß gegen den Jugend- und Spielerschutz entgegenhalten (§§ 1 Satz 1 Ziff. 3, 4 Abs. 3 GlüStV n.F.), dessen Vorliegen aber offenbleiben kann. Zur Konkretisierung der Anforderungen kann sich das beklagte Land dabei, auch soweit sich die Verfügung nicht auf Sportwetten bezieht, an den Vorgaben des § 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV n.F. orientieren. Dieser sieht als Voraussetzung der Erlaubnis zum Vertrieb von Lotterien und Sportwetten im Internet vor, dass der Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler durch Identifizierung und Authentifizierung gewährleistet wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin rechtfertigte ein Verstoß hiergegen jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Jugendschutzes auch eine vollständige Untersagung des weiteren Internetvertriebs. Dem liegt folgende Erwägung zu Grunde: Hätte die Klägerin eine Erlaubnis beantragt, fehlte es aber an einem hinreichenden Identifizierungs- und Authentifizierungssystem, dürfte die Erlaubnis nicht erteilt werden, weil die fehlende Konzessionsvoraussetzung so zentral ist, dass eine Sicherstellung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 36 VwVfG, § 4c Abs. 2 GlüStV nicht ausreichte. Auch bei Verwaltungsakten, auf die wie hier kein Anspruch besteht, kann durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 36 RdNr. 47). Dabei hat die zuständige Behörde bei Fehlen einer Genehmigungsvoraussetzung die in ihrem Ermessen stehende Entscheidung zu treffen, ob anstelle der Ablehnung des Antrags der Versuch gemacht werden soll, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen. Dabei darf die Behörde aber wesentliche Voraussetzungen des in Frage stehenden Verwaltungsakts nicht auf Nebenbestimmungen „abschieben“ und damit letztlich offenlassen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 46). Zu den wesentlichen Voraussetzungen gehört aber, dass Minderjährige keinen Zugang haben. Denn die gesetzliche Regelung belässt es insofern nicht bei der allgemeinen Zielsetzung des § 1 Ziff. 3 GlüStV n.F. (Gewährleistung des Jugendschutzes), sondern konkretisiert diese Zielsetzung in § 4 Abs. 3 S. 2 und 3 GlüStV n.F. zu einem strikten Verbot der Teilnahme von Minderjährigen (so bereits Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105). Hinsichtlich des Entschließungsermessens des beklagten Landes bezüglich der Untersagungsverfügung käme dann auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
36 
Entsprechendes gilt mit Blick auf § 5 Abs. 5 GlüStV n.F..
37 
3. Selbst wenn die angefochtene Verfügung hinreichend bestimmt wäre und - was der Senat offen lässt - die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Sätze 2 und 3 Nr. 3 GlüStV n.F. für den Erlass der streitgegenständlichen Verfügung gegeben wären, stellte sich die angefochtene Untersagungsverfügung als ermessensfehlerhaft dar. Dabei kann ebenfalls offenbleiben, ob hinsichtlich des Entschließungsermessens eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist.
38 
Das beklagte Land muss bei Erlass von glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen jedenfalls eine einheitliche Verwaltungspraxis an den Tag legen. Im Lichte der Art. 3 Abs. 1 GG und 12 Abs. 1 GG, 19 Abs. 3 GG (analog) ist es gehalten, in gleichgelagerten Fällen ebenfalls einzuschreiten, es darf jedenfalls nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Soweit es anlassbezogen einschreitet und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränkt, muss es hierfür sachliche Gründe angeben. Das beklagte Land muss also gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen eines abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.
39 
Solche sachlichen Gründe kann das beklagte Land bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin nicht vorweisen. Ein im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Ob es darüber hinaus vor dem Hintergrund des Erfordernisses des kohärenten Vollzugs des Glücksspielstaatsvertrages ermessensfehlerhaft ist, dass das beklagte Land außer Acht gelassen hat, dass im Wesentlichen nur das Land Baden-Württemberg gegen die Klägerin eingeschritten ist und die Glücksspielbehörden in den anderen Bundesländern überwiegend keine Untersagungsverfügungen erlassen haben bzw. solche Verfügungen, so sie ergangen sind, keinen Bestand mehr haben, kann offenbleiben.
40 
a) Nach den Angaben des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich folgendes Bild: Das beklagte Land hat unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags seit 2010 eine Reihe von Untersagungsverfügungen gegenüber etwa 20 Anbietern von Internetglücksspielen (ohne Internetauktionen) erlassen. Ein flächendeckendes Vorgehen ist nicht erfolgt. Nach Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags hat sich hieran nichts geändert. Seit Ende 2014 sind in vier vergleichbaren Fällen Verfügungen erlassen sowie mehrere Anhörungen verschickt worden. Das beklagte Land hat insbesondere nicht geltend gemacht, sich bei seinem Vorgehen an den Leitlinien der „Arbeitsgruppe Aufsicht“ (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 1 HS. 1 GlüStV, §§ 7 Abs. 1 Nr. 4, 17 Abs. 3 Nr. 2 VwVGlüStV) für ein Vorgehen der Länder gegen illegales Glücksspiel im Internet vom Juli 2014 zu orientieren geschweige denn eine entsprechende Verwaltungspraxis dargelegt. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob und inwieweit die Umsetzung dieser Leitlinien den Anforderungen an eine einheitliche Verwaltungspraxis und einen kohärenten Vollzug genügen.
41 
b) Soweit das beklagte Land in diesem Zusammenhang geltend macht, es habe sich an einem weiteren Vorgehen durch die Rechtsprechung des Senats gehindert gesehen, trifft dieser Einwand nicht (mehr) zu. Der Senat hat bei unter Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags erlassenen Verfügungen die aufschiebende Wirkung zum einen mit Blick auf das Fehlen von Ermessenserwägungen zur Rechtslage nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag angeordnet (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, VBlBW 2013, 105), zum anderen mit Blick auf die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 10.12.2012 - 6 S 3335/11 -, juris). Diese Rechtsprechung steht dem Erlass neuer Verfügungen auf der Grundlage des neuen Glücksspielstaatsvertrags jedenfalls seit der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014 (- C-156/13 -) über die Vorlage des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2013 (- I ZR 171/10 -), die durch die abweichende Rechtslage in Schleswig-Holstein veranlasst war, nicht mehr entgegen. Auch hat das beklagte Land diesbezüglich keine Anträge nach § 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Im Übrigen bestand nach der Rechtsprechung des Senats durchgängig die Möglichkeit, Untersagungsverfügungen mit Blick auf den Jugendschutz zu erlassen (s. bereits Senat, Beschluss vom 19.11.2012 - 6 S 342/12 -, a.a.O., sowie Senat, Beschluss vom 08.04.2013 - 6 S 11/13 -).
42 
c) Es sind auch keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen ersichtlich. Ein Vorgehen nach der „Größe“ der Anbieter, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, wäre dann ein hinreichender Differenzierungsgrund, wenn darunter der jeweilige Marktanteil in Baden-Württemberg verstanden würde und zunächst gegen Anbieter mit großem Marktanteil in Baden-Württemberg vorgegangen würde. Die in der mündlichen Verhandlung hierzu genannten Hilfskriterien sind indes nicht geeignet, einen solchen Marktanteil zu ermitteln. Dass ein Anbieter mehrere Internetauftritte hat, lässt einen Rückschluss auf den Marktanteil nicht zu. Ein solcher Rückschluss ließe sich auch aus den bloßen - soweit ersichtlich nicht ermittelten - Umsatzzahlen nicht ziehen. Diese wären nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug auf den baden-württembergischen Markt im Verhältnis zu den Umsatzzahlen anderer Anbieter gesetzt würden. Dies hat das beklagte Land bereits nicht geltend gemacht. Auch hat es nicht dargelegt, wie es bei Anwendung der genannten Kriterien gerade auf die mit einer Verfügung belegten Anbieter gekommen ist.
43 
Es bedarf vor diesem Hintergrund keiner weiteren Prüfung, ob die angefochtene Verfügung an weiteren von der Klägerin geltend gemachten, z.T. aber im Berufungsverfahren nicht mehr thematisierten Fehlern leidet.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.
46 
Beschluss vom 8. September 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 GKG auf 15.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine glücksspielrechtliche Untersagungsverfügung.

2

Spätestens seit November 2009 veranstaltete bzw. vermittelte sie auf mehreren Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus aufrufbar waren, Sportwetten, Poker- und Casinospiele. Mit Bescheid vom 21. Januar 2010 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe der Klägerin nach vorheriger Anhörung, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV in der damaligen Fassung (GlüStV 2008) zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Die untersagten Tätigkeiten seien unverzüglich und dauerhaft einzustellen (Nr. 2). Außerdem drohte das Regierungspräsidium ein Zwangsgeld an (Nr. 3) und setzte eine Verwaltungsgebühr für den Bescheid fest (Nr. 4). Die Klägerin veranstalte bzw. vermittle auf den Internetseiten A., B., C. öffentliches Glücksspiel in Form von Sportwetten, Poker- und Casinospielen und betreibe Werbung hierfür. Die für Baden-Württemberg erforderliche Erlaubnis besitze sie nicht. Eine solche könne ihr auch nicht erteilt werden. Außerdem wurde ausgeführt, die Verfügung erstrecke sich auf alle von der Klägerin betriebenen Internetauftritte, sofern dort öffentliches Glücksspiel betrieben werde und dieses Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei.

3

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und den Bescheid, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache zuvor im Übrigen übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Berufungsurteils aufgehoben. Die Untersagungsverfügung genüge nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Sie erfasse jegliche - auch künftige - Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben werde, sofern das Angebot von Baden-Württemberg aus erreichbar sei. Sie stelle keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung dar, sondern gebe lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wieder und überschreite damit eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit. Die Verfügung wäre auch dann nicht hinreichend bestimmt, wenn sie sich nur auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele bezöge. Auch die generalisierende Nennung von Glücksspielarten in der Begründung des Bescheides bestimme die Reichweite ihres Regelungsgehalts nicht hinreichend. Die Untersagungsverfügung sei außerdem ermessensfehlerhaft ergangen. Dabei könne offenbleiben, ob das Entschließungsermessen auf Null reduziert sei. Im Lichte von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 GG dürfe die zuständige Behörde in gleichgelagerten Fällen nicht unterschiedlich, systemwidrig oder planlos vorgehen. Ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspiel vorgegangen werde (etwa aufgrund der Marktpräsenz, der Umsätze oder des Gewinns), sei nicht einmal in Ansätzen erkennbar.

4

Im Revisionsverfahren hat der Beklagte erklärt, der Bescheid vom 21. Januar 2010 beziehe sich lediglich auf Online-Sportwetten, Online-Poker- und Online-Casinospiele. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt, soweit der Bescheid zunächst auch andere, nicht ausdrücklich benannte Glücksspielarten erfasst hat. Außerdem haben die Beteiligten bezüglich des Untersagungszeitraums zwischen dem Ergehen des Berufungsurteils und dem 25. Oktober 2017 - dem Tag der Revisionsverhandlung - übereinstimmende Erledigungserklärungen abgegeben.

5

Zur Begründung seiner Revision führt der Beklagte aus, der angegriffene Bescheid sei jedenfalls in seinem zuletzt noch streitgegenständlichen Umfang, der durch eine Bezugnahme auf die von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten beschrieben werde, hinreichend bestimmt. Soweit die Klägerin Pokervarianten anbieten sollte, die als Geschicklichkeitsspiel einzustufen seien, seien diese nicht von der Untersagung erfasst. Die Glücksspielaufsicht sei zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet gewesen, weil das von dieser veranstaltete Online-Glücksspiel wegen Verstoßes gegen das Internetverbot (§ 4 Abs. 4 GlüStV 2008, jetzt GlüStV 2012) materiell nicht erlaubnisfähig gewesen sei. Vor dem Einschreiten gegen einzelne illegale Anbieter müsse kein Vollzugskonzept entworfen werden. Es liege wegen des großen Angebots an illegalem Glücksspiel im Internet in der Natur der Sache, dass nach Maßgabe der vorhandenen Kapazitäten der Behörde bekanntgewordene Fälle aufgegriffen und abgearbeitet würden. Das Internetverbot stehe auch mit der Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 f. AEUV im Einklang. Wegen der spezifischen Gefahren des Anbietens von Spielen über das Internet sei es zur Bekämpfung der Spielsucht und zur Gewährleistung des Jugendschutzes erforderlich und angemessen.

6

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. September 2015 zu ändern, soweit es den Untersagungszeitraum ab dem 26. Oktober 2017 betrifft, und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 3. November 2011 insoweit zurückzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,

die Revision insoweit zurückzuweisen.

8

Sie hat erklärt, derzeit keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anzubieten. Sie verteidigt das Berufungsurteil dennoch weiterhin und führt ergänzend aus, die Untersagung habe durch eine Auflistung der untersagten Glücksspiele im Einzelnen konkretisiert werden können und müssen. Die Beantwortung der Frage, ob ein Spiel als Glücksspiel einzustufen sei, dürfe nicht in ein etwaiges Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Der Senat sei an die im Berufungsurteil getroffene Feststellung gebunden, dass der Beklagte bei seinem Einschreiten gegen die Klägerin keine sachlichen Gründe für ein abgestuftes Vorgehen habe vorweisen können.

9

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Er trägt ergänzend vor, die Klägerin und der Beklagte seien aufgrund ihrer Sachkenntnis in der Lage, zu beurteilen, ob die von der Klägerin im Internet angebotenen oder vermittelten Sportwetten, Online-Poker- und -Casinospiele als Glücksspiel einzustufen sind. Das Willkürverbot verpflichtet den Beklagten nicht, auf der Grundlage eines landesweiten Handlungskonzepts flächendeckend und gleichzeitig gegen die Anbieter unerlaubten Glücksspiels im Internet vorzugehen.

Entscheidungsgründe

10

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung von § 141 Satz 1 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben; insoweit sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Im Übrigen hat die Revision des Beklagten Erfolg. Insoweit beruht das angegriffene Berufungsurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) und stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Die Anfechtungsklage ist weiterhin zulässig. Die Untersagungsverfügung vom 21. Januar 2010 hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden keine Glücksspiele mehr innerhalb der Europäischen Union anbietet. Bei einer Änderung der Sachlage entfällt die Regelungswirkung eines Verwaltungsakts nicht automatisch. Ein Verwaltungsakt verliert seine Rechtswirkungen erst dann, wenn er aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage gegenstandslos geworden ist. Bei in die Zukunft gerichteten glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügungen setzt dies voraus, dass das untersagte Verhalten endgültig aufgegeben wurde oder nicht mehr aufgenommen werden kann (BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 16 und - 8 C 47.12 - juris Rn. 15 f.). Das ist hier nicht der Fall. Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin ihr eigenes Glücksspielangebot überhaupt aufgegeben hat. Im Impressum der in der Untersagungsverfügung genannten Webseiten wird nunmehr angegeben, "[u]nsere Dienstleistungen in den Mitgliedsländern des europäischen Binnenmarktes (ausgenommen Länder, in denen unsere Dienstleistungen unter einer lokalen Lizenz zur Verfügung gestellt werden) werden von V. Limited, einem Unternehmen mit Sitz in G. durchgeführt, das zur Europäischen Union gehört". Hiernach sind es weiterhin die Dienstleistungen der Klägerin, die von der V. Limited durchgeführt werden. Dementsprechend wird das im Impressum einleitend aufgeführte "Copyright" der Klägerin zugeschrieben und sie als Inhaberin einer Glücksspiellizenz nach dem Recht von G. bezeichnet, die sie sich - wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat erläutert hat - mit der V. teilt. Jedenfalls verbietet die Untersagungsverfügung der Klägerin vorliegend auch eine Wiederaufnahme ihres Glücksspielangebots, sodass die Untersagung jedenfalls deshalb weiterhin eine Beschwer begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 S. 27). Dass die Klägerin die untersagten Tätigkeiten dauerhaft und endgültig aufgegeben hätte oder diese nicht wieder aufnehmen könnte, hat sie nicht substantiiert dargelegt.

12

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat den angegriffenen Bescheid, soweit er noch Streitgegenstand ist, zu Unrecht für unbestimmt gehalten und damit § 37 Abs. 1 VwVfG BW, der seinem Wortlaut nach § 37 Abs. 1 VwVfG entspricht und daher revisibel ist (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), verletzt.

13

Nach § 37 Abs. 1 VwVfG BW ist die hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts Voraussetzung seiner Rechtmäßigkeit. Kann einem Verwaltungsakt durch Auslegung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1975 - 6 C 163.73 - BVerwGE 48, 279 <281 f.>) kein eindeutiger Regelungsgehalt beigemessen werden, ist er nach § 37 Abs. 1 VwVfG rechtswidrig. Ob der Bescheid in solch einem Fall auch nichtig ist, regelt § 44 VwVfG. Hinreichend bestimmt ist ein Verwaltungsakt dann, wenn der Adressat erkennen kann, was von ihm gefordert wird und wenn der Bescheid darüber hinaus geeignet ist, Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung zu sein. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Februar 1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> und vom 16. Oktober 2013 - 8 C 21.12 - BVerwGE 148, 146 <149>).

14

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist durch Auslegung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes und der speziellen Sachkunde des adressierten Fachkreises in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 <89> m.w.N.). Hinreichende Bestimmtheit liegt vor, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - BVerwGE 119, 282 <284>).

15

Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügen die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des angegriffenen Bescheides. Sie betreffen ausschließlich die in dessen Begründung bezeichneten, von der Klägerin angebotenen Glücksspielarten der Online-Sportwetten, des Online-Poker und der Online-Casinospiele, nicht jedoch die darüber hinausgehende, von den Teilerledigungserklärungen umfasste Erstreckung der Verfügung auf jegliches von Baden-Württemberg aus abrufbare öffentliche Glücksspiel im Internet.

16

Der Gegenstand der verbliebenen, noch verfahrensgegenständlichen Regelungen des Bescheides wird durch die Benennung der Glücksspielarten (Online-Sportwetten, Online-Poker sowie Online-Casinospiele) bezeichnet und durch die Aufzählung der Internetseiten mit entsprechenden damaligen Spielangeboten der Klägerin in der Begründung des Bescheides konkretisiert. Dadurch wird die sachkundige Klägerin in die Lage versetzt, eindeutig zu erkennen, welche konkreten Glücksspiele unter die Verbotsverfügung im noch verfahrensgegenständlichen Umfang fallen. Die Bezeichnung der Glücksspielarten knüpft jeweils an den Zugang per Internet sowie an die Spielhandlung (Online-Sportwetten und -Poker) oder an die Zugehörigkeit zu denjenigen Glücksspielen an, die üblicherweise in Spielbanken angeboten werden (Casino-Spiele). Zu diesen zählt schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch neben dem sogenannten Großen Spiel (wie etwa Roulette und Baccara) auch das als Kleines Spiel bezeichnete Automatenspiel (etwa an Slot-Machines). Für die Klägerin als sachkundige Anbieterin ist damit klargestellt, dass die Verbotsverfügung neben den Online-Sportwetten, dem Online-Poker und den Online-Varianten des Großen Spiels auch Online-Varianten des sogenannten Kleinen Spiels erfasst. Etwa verbleibende Unsicherheiten bei der Zuordnung eines Spiels oder künftig geplanten Spielangebots - etwa hinsichtlich der Eingrenzung der von der Untersagungsverfügung erfassten dem Glücksspiel zugeordneten Pokerformen - räumt die beispielhafte Konkretisierung der untersagten Spielangebote durch die Aufzählung der Internetseiten aus, deren Angebote - für die Klägerin erkennbar - Anlass des Einschreitens des Beklagten waren. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass auch die mit dem Vollzug der Untersagungsverfügung befassten Mitarbeiter des Beklagten über die erforderliche Sachkunde verfügen, um auf der Grundlage des Verfügungsausspruchs und der bei Erlass des Bescheides festgestellten Spielangebote der Klägerin erkennen zu können, ob es sich bei den von der Klägerin möglicherweise zukünftig angebotenen Spielen um Sportwetten, Poker oder Casinospiele handelt. Einer detaillierten textlichen Beschreibung der von der Verfügung im Einzelnen erfassten Glücksspiele bedurfte es daher nicht.

17

Ein höheres Maß an Bestimmtheit ist nicht im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Glücksspielstaatsvertrages der Länder - hier in der Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (Erster Glücksspieländerungsstaatsvertrag - Erster GlüÄndStV) vom 15. Dezember 2011 (GBl. BW 2012, 385, 388) - bestehende Möglichkeit zur Auferlegung von Zahlungseinschränkungen gegenüber Dritten, insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. Financial Blocking), geboten. Voraussetzung für eine Unterbindung der Zahlungsströme ist der Erlass weiterer Verfügungen gegenüber diesen Dritten, die losgelöst von der Untersagungsverfügung ihrerseits hinreichend bestimmt sein müssen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. August 2016 - 11 ME 61/16 - GewArch 2016, 425 <426>). Verfügungen, mit denen Dritten Zahlungseinschränkungen auferlegt werden, um unerlaubte Glücksspielaktivitäten zu unterbinden, stellen keine Vollstreckung aus einer glücksspielrechtlichen Untersagungsverfügung dar, sondern unabhängige Instrumente der Glücksspielaufsicht, die an "unerlaubtes" und nicht an untersagtes Glücksspiel anknüpfen. Gleiches gilt im Hinblick auf eine etwaige Strafbarkeit des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels gemäß § 284 Abs. 1 StGB. Die Frage nach einer etwaigen Strafbarkeit stellt sich unabhängig von der Vollstreckung einer Untersagungsverfügung. Insofern muss das Strafgesetz seinerseits hinreichend bestimmt sein.

18

Die Untersagungsverfügung genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG BW schließlich auch, soweit mit ihr das "Unterstützen" der Veranstaltung oder Vermittlung von bzw. Werbung für Online-Sportwetten, Online-Poker oder Online-Casinospiele untersagt wird. Was "Unterstützen" im glücksspielrechtlichen Kontext meint, ist zwar weder gesetzlich festgelegt noch durch die Rechtsprechung im Einzelnen geklärt (vgl. aber z.B. zum Aufenthaltsrecht: BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2017 - 1 C 3.16 - BVerwGE 157, 325 Rn. 28 ff.). Aus dem üblicherweise mit dem Wort "Unterstützen" verbundenen Bedeutungsgehalt und der für den Adressaten ohne Weiteres erkennbaren Intention der Erlassbehörde wird aber unzweifelhaft deutlich, dass sämtliche Beiträge unterbunden werden sollen, mit denen die im Einzelnen bezeichneten, der Klägerin selbst untersagten Tätigkeiten als Tätigkeiten Dritter gefördert werden, etwa durch Zurverfügungstellen einer Domain oder finanzieller oder personeller Ressourcen. Die Erfassung von solchen Unterstützungshandlungen soll verhindern, dass der Adressat des Bescheides das Verbot durch eine lediglich wirtschaftliche oder technische Neustrukturierung seines Glücksspielangebots unterläuft, insbesondere durch Auslagern der untersagten Tätigkeit auf Dritte.

19

3. Auch die weitere selbständig tragende Erwägung des Berufungsgerichts, die Untersagungsverfügung sei ermessensfehlerhaft, verletzt Bundesrecht. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Ermessensverstoß mit der Begründung bejaht, selbst bei einer Reduzierung des Entschließungsermessens auf Null habe der Beklagte gegen die Klägerin nur aufgrund eines im Lichte der Anforderungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG tragfähigen Eingriffskonzepts einschreiten dürfen. Das Erfordernis eines vorherigen Eingriffskonzepts auch bei einer Verpflichtung zum Einschreiten im konkreten Fall ist jedoch weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 12 Abs. 1 GG zu entnehmen.

20

a) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz hängt die gleichheitsrechtliche Rechtfertigung eines zeitlich gestaffelten Vorgehens in Fällen der Ermessensreduzierung auf Null nach Art. 3 Abs. 1 GG nur vom Vorliegen zureichender sachlicher Gründe für etwaige Differenzierungen und nicht zusätzlich davon ab, dass die Behörde vor dem ersten Zugriff ein Eingriffskonzept erstellt hat und auf dessen Grundlage vorgegangen ist. Zwar bindet ein etwa erstelltes Konzept die Behörde als antizipierte Verwaltungspraxis gleichheitsrechtlich ebenso wie eine bereits bestehende Praxis. Aus Art. 3 Abs. 1 GG folgt aber keine Pflicht, vor dem gesetzlich gebotenen Zugriff ein behördliches Eingriffskonzept zu erstellen.

21

Art. 3 Abs. 1 GG beschränkt als gesetzliche Ermessensgrenze die Handlungsmöglichkeiten der Behörden. Ermächtigt ein Gesetz dazu, unter bestimmten Voraussetzungen bestimmte Verhaltensweisen nach Ermessen zu untersagen, und lässt es damit der Behörde die Wahl, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zwischen mehreren Rechtsfolgen zu wählen, gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, das Ermessen in gleichgelagerten Fällen gleichmäßig auszuüben. Ergreift oder unterlässt die Behörde von der Ermessensermächtigung gedeckte Maßnahmen zur Bekämpfung rechtswidriger Zustände, so hat sie in vergleichbaren Fällen in der gleichen Art und Weise zu verfahren. Das bedeutet bei einer Vielzahl von Verstößen zwar nicht, dass sie gleichzeitig tätig werden muss. Es ist ihr indes verwehrt, systemlos oder willkürlich vorzugehen. Behandelt sie mehrere Fallgruppen unterschiedlich, so bedarf es hierfür eines sachlichen Grundes. Dasselbe gilt, wenn sie sich darauf beschränkt, einen Einzelfall herauszugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 - 8 C 36.12 - NVwZ 2014, 1583 m.w.N.).

22

Anders verhält es sich, wenn die Behörde, wie hier vom Verwaltungsgerichtshof unterstellt, zum Einschreiten verpflichtet ist. Bei einer Ermessensreduzierung auf Null hat die Behörde keine Handlungsalternativen mehr, zwischen denen sie nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten auswählen kann. Sie muss vielmehr in allen Fällen, in denen eine Reduzierung des Entschließungsermessens eingetreten ist, einschreiten. Daher muss sie für ihr Einschreiten gegen einen Ordnungspflichtigen regelmäßig keinen - weiteren - Sachgrund anführen. Begründungsbedürftig ist vielmehr allenfalls ein vorübergehendes Absehen von einem Einschreiten. Sachgründe, die geeignet sind, ein vorübergehendes Absehen von einem an sich sofort gebotenen Einschreiten zu rechtfertigen, können mangelnde personelle Ressourcen, aber auch der Wunsch der Behörde sein, zunächst ein Musterverfahren durchzuführen, um ihre Rechtsansicht gerichtlich überprüfen zu lassen.

23

Entscheidet eine Behörde sich, den Einsatz ihrer begrenzten Ressourcen, die kein gleichzeitiges Einschreiten gegen alle Störungen ermöglichen, an einem Plan auszurichten, muss sie sich, um Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu verletzen, an ihn halten. Fehlt es an einem Plan, so genügt es, dass sich ein Einschreiten der Behörde nicht als willkürlich darstellt. Dafür reicht es beispielsweise aus, wenn die Behörde Anhaltspunkten für Gesetzesverstöße nachgeht und einschreitet, sobald sie im regulären Gang der Verwaltung die Überzeugung gewonnen hat, dass die Voraussetzungen für ein Einschreiten gegeben sind (vgl. zu Bauordnungsverfügungen: BVerwG, Beschluss vom 11. März 1991 - 4 B 26.91 - juris Rn. 5). Sie ist vor dem Gleichheitsgebot nicht gehalten, ein Handlungskonzept für die zeitliche Reihenfolge des Einschreitens gegen mehrere Störungen aufzustellen oder gar Störungen, für die ein Einschreiten in Betracht kommt, zu ermitteln, um dann gestuft nach der Schwere der Verstöße einzuschreiten.

24

Die Forderung des Berufungsgerichts, die zeitliche Reihenfolge des Vorgehens gegen Anbieter von Internetglücksspielen an deren Marktpräsenz, Umsätzen oder Gewinn auszurichten, überspannt diese Anforderungen deutlich. Seine für das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen liefern keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte einen Plan für sein Einschreiten verlassen hätte oder gar willkürlich vorgegangen wäre.

25

b) Das Aufstellen eines Zeitplans für das ordnungsbehördliche Einschreiten ist vorliegend auch nicht unter dem Aspekt des Konkurrenzschutzes durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geboten. Wird ein Konkurrent erst später als die Klägerin mit einer Untersagungsverfügung überzogen, obwohl die Voraussetzungen dafür auch ihm gegenüber schon zum Zeitpunkt des Einschreitens gegen die Klägerin vorlagen, mag er zwar daraus einen faktischen Wettbewerbsvorteil ziehen können. Daraus folgt jedoch kein Recht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG, die eigene Tätigkeit bis zum Einschreiten - auch - gegen den Konkurrenten fortsetzen zu dürfen. Die Berufsfreiheit schützt nämlich keine Tätigkeiten, die der Gesetzgeber grundrechtskonform als unerlaubt eingestuft hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 596/56 - BVerfGE 7, 377 <397>). Sie vermittelt keinen Anspruch darauf, aus wirtschaftlichen Gründen die mit dem Internetverbot bekämpften Gefahren für wichtige Rechtsgüter herbeiführen zu dürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <6>).

26

4. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs beruht mangels tragfähiger Alternativbegründung auf der dargestellten Verletzung revisiblen Rechts und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die noch verfahrensgegenständlichen Regelungen der Untersagungsverfügung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in deren Rechten.

27

a) Ermächtigungsgrundlage für Ziffer 1 und 2 der angegriffenen Verfügung vom 21. Januar 2010, soweit diese den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit dem 26. Oktober 2017 betreffen, sind § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der derzeit geltenden Fassung des Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland - GlüStV 2012 - i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 2 des Landesglücksspielgesetzes BW - LGlüG. Die genannten Vorschriften ermächtigen die zuständigen Behörden zum Erlass der erforderlichen Anordnungen, um Verstöße gegen die durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen zu unterbinden. Die Behörden dürfen insbesondere die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung unerlaubter Glücksspiele und Werbung hierfür untersagen. § 3 Abs. 4 Satz 2 LGlüG legt auf der Grundlage von § 28 Satz 2 GlüStV 2012 weitergehend fest, dass die Veranstaltung und die Vermittlung unerlaubten Glücksspiels sowie die Werbung hierfür untersagt werden sollen.

28

Die Voraussetzungen für eine Untersagung sind hiernach erfüllt. Die Klägerin bedarf für die von ihr im Internet veranstalteten Poker- und Casinospiele einer Erlaubnis (§ 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 GlüStV 2012), die sie nicht hat und die ihr auch nicht erteilt werden kann. Das Veranstalten und Vermitteln dieser öffentlichen Glücksspiele im Internet und die Werbung hierfür sind ausnahmslos verboten (§ 4 Abs. 4 und § 5 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 GlüStV 2012; dazu sogleich unter b).

29

Die von der Klägerin im Internet veranstalteten Sportwetten stehen ebenfalls unter Erlaubnisvorbehalt. Insoweit hätte die Klägerin zwar möglicherweise nach § 10a Abs. 1 und 2, 4 GlüStV 2012 eine Erlaubnis erhalten können. Sie hat eine solche aber noch nicht einmal beantragt (dazu unter c). Das Regierungspräsidium war auch zum Einschreiten gegen die Klägerin verpflichtet. Wird die Ermessensausübung durch eine Soll-Vorschrift gesteuert, hat die zuständige Behörde grundsätzlich so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Liegen keine Umstände vor, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, so bedeutet das "Soll" ein "Muss" (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1982 - 5 C 70.80 - BVerwGE 64, 318 <323>). Solche Umstände waren hier auch hinsichtlich der von der Klägerin veranstalteten Sportwetten nicht gegeben. Eine formell illegale, aber unter Erlaubnisvorbehalt stehende Tätigkeit ist aus Gründen der Verhältnismäßigkeit allenfalls dann zu dulden, wenn sie offensichtlich, d.h. ohne weitere Prüfung erkennbar, die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt, sodass die Untersagung nicht mehr zur Gefahrenabwehr erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <322> und Beschluss vom 25. Februar 2015 - 8 B 36.14 - ZfWG 2015, 227). Wenn der betroffene Glücksspielanbieter - wie hier - weder einen Erlaubnisantrag gestellt noch unabhängig davon aussagekräftige Unterlagen vorgelegt hat, aus denen sich ergibt, dass die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt sind, ist nicht ohne weitere Prüfung erkennbar, dass dessen Angebot zu erlauben wäre. Da das Ermessen nach den landesrechtlichen Vorgaben grundsätzlich zum Einschreiten intendiert ist, bedurfte es insoweit keiner besonderen Ermessenserwägungen des Beklagten.

30

b) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf die Untersagung des Online-Poker- und Online-Casinospielangebots zielt, kann der Klägerin das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 entgegengehalten werden. Es steht mit Verfassungs- und Unionsrecht im Einklang. Wie der Senat (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1), das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338) und der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urteile vom 8. September 2009 - C-42/07 [ECLI:EU:C:2009:519], Liga Portuguesa -, vom 8. September 2010 - C-316/07 [ECLI:EU:C:2010:504], Markus Stoß - und - C-46/08 [ECLI:EU:C:2010:505], Carmen Media - und vom 30. Juni 2011 - C-212/08 [ECLI:EU:C:2011:437], Zeturf -) zum damaligen § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 bereits entschieden haben, ist ein generelles Internetverbot für öffentliches Glücksspiel mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit und dem allgemeinen Gleichheitssatz sowie mit Unionsrecht vereinbar. Dass nunmehr nach § 4 Abs. 5 des geänderten Glücksspielstaatsvertrages der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sport- bzw. Pferdewetten (vgl. § 27 Abs. 2 GlüStV 2012) im Internet erlaubt werden können, führt zu keiner anderen rechtlichen Bewertung.

31

aa) Mit dem Internetverbot werden in nicht diskriminierender Weise verfassungs- und unionsrechtlich legitime Gemeinwohlziele, insbesondere des Jugendschutzes sowie der Bekämpfung der Spielsucht und Begleitkriminalität, verfolgt. In der eben zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs ist anerkannt, dass Glücksspiele im Internet die genannten Ziele in besonderem Maße gefährden, weil das Anbieten von Spielen über das Internet spezifische Gefahren mit sich bringt. Schon wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter bergen Online-Glücksspiele anders geartete und größere Gefahren des Auftretens krimineller Verhaltensweisen wie der betrügerischen Manipulation und der Geldwäsche. Zudem begründen die Eigenheiten des Internets, verglichen mit herkömmlichen Vertriebsformen, anders geartete und größere Gefahren, insbesondere für Jugendliche und für Personen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder entwickeln könnten. Auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Frequenz von Spielangeboten in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, stellen Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und deshalb die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen vergrößern können (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <12>, unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 102 f., 105).

32

Dass sich an diesem Befund zwischenzeitlich etwas geändert hätte, ist weder berufungsgerichtlich festgestellt noch vorgetragen oder im Hinblick auf die weiterhin bestehenden Besonderheiten des Internets sonst ersichtlich. Gerade in Anbetracht der spezifischen Gefahren, die mit dem Anbieten von Glücksspielen über das Internet verbunden sind, haben die Länder das Internetverbot grundsätzlich beibehalten (so die amtl. Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag, S. 18 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 65, unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG). Den spezifischen Sucht-, Betrugs-, Manipulations- und Kriminalitätspotenzialen der einzelnen Glücksspielformen soll nunmehr lediglich mit differenzierten Maßnahmen begegnet werden (§ 1 Satz 2 GlüStV 2012). So soll die in § 1 Satz 1 Nr. 2 GlüStV 2012 hervorgehobene Schwarzmarktbekämpfung unter anderem durch die teilweise Öffnung des Internets für erlaubte Lotterie- sowie Sport- und Pferdewettangebote verwirklicht werden. Damit wird bezweckt, die Nachfrage spielaffiner Personen in Richtung der legalen Angebote und bei diesen wiederum in Richtung der, insbesondere aus suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefahrenträchtigen Spielformen zu lenken (amtl. Erl. S. 6 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 53). Das Online-Verbot von Casinospielen und Poker hat der Gesetzgeber hingegen beibehalten, da bei diesen Spielen ein herausragendes Suchtpotenzial, eine hohe Manipulationsanfälligkeit und eine Anfälligkeit zur Nutzung für Geldwäsche bestünden (amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59).

33

Ausgehend von den dargestellten legitimen Gemeinwohlzielen ist das Internetverbot auch nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag verfassungs- (bb) und unionsrechtskonform (cc).

34

bb) Das Internetverbot verstößt weiterhin nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Verfassungsrechtlich ist dem Gesetzgeber unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten bei der Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme ein Einschätzungs- und Prognosespielraum eingeräumt, der erst dann überschritten wird, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffene gesetzgeberische Maßnahme sein können (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 133; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <143>). Gemessen daran stellt seine begrenzte und regulierte Öffnung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten die Geeignetheit des Internetverbots nicht in Frage. Das von den Ländern gewählte Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt kann eine Kanalisierung herbeiführen, die das Angebot an Glücksspielen beschränkt und die Transparenz des Spielbetriebs fördert. Die zuständigen Landesbehörden werden durch das Erlaubniserteilungsverfahren in die Lage versetzt, unmittelbar Einfluss auf die Zahl und die Personen der auf dem Glücksspielmarkt tätigen Veranstalter und Vermittler zu nehmen (vgl. dazu bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Im Übrigen ist das modifizierte Internetverbot weiterhin geeignet, die Zwecke des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen, indem es den Spieler zwingt, die ihm unterfallenden Glücksspielangebote real aufzusuchen und so die spielsuchtfördernde häusliche Online-Spielvariante zu vermeiden.

35

Das Verbot ist auch erforderlich, die damit verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Gleich geeignete mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Dass die Länder von der Möglichkeit, den gesamten Glücksspielmarkt im Internet zu legalisieren, unter Verweis auf die hohe Manipulationsanfälligkeit von Casinospielen und Poker, deren herausragendes Suchtpotenzial sowie ihre Anfälligkeit für eine Nutzung zu Zwecken der Geldwäsche abgesehen haben, erscheint nicht als offensichtlich fehlsam.

36

Die Regelung ist auch weiterhin verhältnismäßig im engeren Sinne. Wenn schon das generelle Internetverbot angemessen war (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <8>), gilt dies erst recht für ein Internetverbot, von dem für bestimmte Fallgruppen im Erlaubniswege Ausnahmen gemacht werden können.

37

Das Internetverbot in seiner Ausgestaltung durch § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausnahmen vom Internetverbot für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten nach Maßgabe des § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 werden durch die vom Gesetzgeber angestrebte Kanalisierung des Glücksspiels im oben dargestellten Sinne und die geringere Suchtgefahr bei den ausnahmsweise zulässigen Spielformen sachlich gerechtfertigt.

38

cc) Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 ist auch mit Unionsrecht vereinbar. Es schränkt zwar die durch Art. 56 f. AEUV gewährleistete Dienstleistungsfreiheit von Glücksspielanbietern ein, die - wie die Klägerin - ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben und ihre Dienstleistungen im Bundesgebiet erbringen wollen. Diese Beschränkung ist aber gerechtfertigt, weil sie auch im unionsrechtlichen Sinne verhältnismäßig und insbesondere geeignet ist, zur Erreichung der mit ihr verfolgten Gemeinwohlzwecke in systematischer und kohärenter Weise beizutragen.

39

Es ist grundsätzlich Sache des Mitgliedstaates, das nationale Schutzniveau in Bezug auf Glücksspiele selbst zu bestimmen und die Erforderlichkeit einzelner Maßnahmen zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - und - C-46/08, a.a.O., Carmen Media -). Die staatlichen Stellen verfügen im besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein ausreichendes Ermessen, um festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. April 2014 - C-390/12 [ECLI:EU:C:2014:281], Pfleger -). Gleichwohl obliegt es dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände darzulegen, anhand derer dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt (vgl. EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 71, vom 15. September 2011 - C-347/09 [ECLI:EU:C:2011:582], Dickinger/Ömer - Rn. 54 und vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -). Das nationale Gericht muss eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen die streitigen restriktiven Rechtsvorschriften erlassen und durchgeführt worden sind (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2014 - C-390/12, a.a.O., Pfleger -, vom 11. Juni 2015 - C-98/14 [ECLI:EU:C:2015:386], Berlington Hungary - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15 [ECLI:EU:C:2017:452], Online Games -).

40

Ausgehend von diesen Maßstäben steht die Eignung des Internetverbots zur Verfolgung der legitimen Gemeinwohlziele des Glücksspielstaatsvertrages nicht in Zweifel. Mit der kontrollierten Zulassung des Vertriebswegs Internet für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten soll den unerlaubten Angeboten im Internet zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012 eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenübergestellt werden. Eine begrenzte Erlaubnis von Glücksspielen im Rahmen von Sonder- oder Ausschließlichkeitsrechten kann der Verwirklichung der im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen, da sie die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen lenkt (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - C-98/14, a.a.O., Berlington Hungary -). Etwaige praktische Probleme des Staates, Verbote im Glücksspielwesen wirksam durchzusetzen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Internet als einem schwer zu kontrollierenden transnationalen Medium, vermögen die grundsätzliche Eignung der Maßnahme nicht in Frage zu stellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, a.a.O., Markus Stoß - Rn. 86 f.).

41

Das Internetverbot trägt auch nach Zulassung der Ausnahmen für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten in systematischer und kohärenter Weise zur Erreichung der dargelegten Ziele des Glücksspielstaatsvertrages bei. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass eine die Dienstleistungsfreiheit einschränkende Regelung nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 31 ff., 51 ff. m.w.N. und vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 126 <165>). Hingegen verpflichten die unionsrechtlichen Grundfreiheiten den Mitgliedstaat nicht zu einer sämtliche Glücksspielsektoren und föderale Zuständigkeiten übergreifenden Gesamtkohärenz glücksspielrechtlicher Maßnahmen (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 53 und 55).

42

Die teilweise Zulassung der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet widerspricht keiner konsequenten Eindämmung der den Glücksspielen immanenten Gefahren. Sie bezieht sich lediglich auf die nach Einschätzung des Gesetzgebers unter suchtpräventiven Gesichtspunkten weniger gefährlichen Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten. Das demgegenüber höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen und Online-Poker haben die Länder in ihren amtlichen Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag unter Bezugnahme auf eingeholte Studien und Berichte hinreichend dargestellt. Diese Glücksspiele weisen nach der entsprechenden Einschätzung der Länder außerdem eine gegenüber anderen Glücksspielangeboten höhere Anfälligkeit für Manipulationen und die Nutzung für Geldwäsche auf (vgl. amtl. Erl. S. 12 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 59). Darüber hinaus ist die ausnahmsweise Erlaubniserteilung für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 an strenge Voraussetzungen geknüpft, die dem spezifischen Gefährdungspotenzial des Online-Glücksspiels Rechnung tragen (vgl. zur Übergangsregelung des § 25 Abs. 6 GlüStV 2008: BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Oktober 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338). Insbesondere ist gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012 eine Erlaubnis für solche Online-Glücksspiele ausgeschlossen, bei denen besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung bestehen. Lotterien mit hoher Ziehungsfrequenz, die dadurch zum Weiterspielen animieren, sind im Internet daher nicht erlaubnisfähig. Entsprechendes gilt für Sportwetten, bei denen nach § 21 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 ein generelles Verbot von Live-Ereigniswetten besteht. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die begrenzte und regulierte Zulassung von Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten im Internet die Erreichung des Ziels der Suchtbekämpfung bei im Internet weiterhin verbotenen Glücksspielen konterkarieren würde.

43

Dass es bei der Prüfung der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeit einer restriktiven nationalen Regelung im Bereich der Glücksspiele nicht nur auf die Zielsetzung dieser Regelung im Moment ihres Erlasses ankommt, sondern auch auf die nach ihrem Erlass zu bewertenden Auswirkungen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. Juni 2016 - C-464/15 [ECLI:EU:C:2016:500], Admiral - und vom 14. Juni 2017 - C-685/15, a.a.O., Online Games -), führt zu keiner anderen Beurteilung. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass die partielle und streng regulierte Öffnung des Internetvertriebswegs hinsichtlich der Sportwetten ausdrücklich Experimentiercharakter hat (vgl. § 10a GlüStV 2012). Im Rahmen der Experimentierklausel soll erprobt werden, ob sich durch ein kontrolliertes Angebot privater Konzessionäre die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere das Ziel, den Schwarzmarkt zurückzuführen bzw. in ein legales Feld zu überführen (vgl. amtl. Erl. S. 8 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 55), besser verwirklichen lassen. Die Experimentierklausel ist gerade darauf angelegt, Erfahrungen zu sammeln und die Ergebnisse der probeweisen Öffnung systematisch zu beobachten und auszuwerten (vgl. amtl. Erl. S. 10 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 57). Da dieses Experiment noch nicht abgeschlossen ist, sondern die Erteilung der zahlenmäßig limitierten Sportwettenkonzessionen angesichts noch hierzu anhängiger gerichtlicher Verfahren weiterhin aussteht, kann die probeweise Öffnung des Vertriebswegs Internet, insbesondere hinsichtlich seiner Eignung, noch nicht abschließend bewertet werden. Die beschränkte Öffnung für Online-Lotterien und -Pferdewetten steht zwar nicht unter diesem Experimentiervorbehalt. Es fehlen aber jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die regulierte Öffnung dieser Glücksspielarten eine allgemeine Spielleidenschaft über diesen begrenzten Markt hinaus entfacht hätte.

44

c) Soweit der Bescheid vom 21. Januar 2010 auf das Online-Sportwettenangebot der Klägerin zielt, kann ihr das Fehlen der erforderlichen Erlaubnis entgegengehalten werden. Sie hat nach eigenem Bekunden nicht an dem Sportwettenkonzessionsverfahren teilgenommen, obwohl ihr eine Antragstellung rechtlich und faktisch möglich gewesen wäre.

45

Die normative Ausgestaltung des Konzessionserteilungsverfahrens für Sportwetten in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 bietet eine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Durchführung des Erlaubnisverfahrens und ist insbesondere unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Als eine die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 f. AEUV beschränkende Regelung genügt der Erlaubnisvorbehalt nur dann den Anforderungen dieser Bestimmungen, wenn das Erlaubnisverfahren auf objektiven, nicht diskriminierenden und im Voraus bekannten Kriterien beruht, die der Ermessensausübung durch die nationalen Behörden zum Schutz vor willkürlichen Entscheidungen hinreichende Grenzen setzen. Zudem muss jedem, der von einer auf einem solchen Eingriff beruhenden Maßnahme betroffen ist, ein wirkungsvoller Rechtsweg offenstehen (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Juni 2010 - C-203/08 [ECLI:EU:C:2010:307], Sporting Exchange - Rn. 50, vom 8. September 2010 - C-46/08, a.a.O., Carmen Media - Rn. 87 und vom 4. Februar 2016 - C-336/14 [ECLI:EU:C:2016:72], Ince; BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2013 - 8 C 14.12 - BVerwGE 146, 303 <321> und vom 20. Juni 2013 - 8 C 39.12 - juris Rn. 54). Diesen Anforderungen tragen die an die EU-Kommission notifizierten Regelungen über die Erteilung einer Sportwettenkonzession in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012, insbesondere durch das in § 4b GlüStV 2012 geregelte Verfahren, Rechnung. § 4b Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 gibt vor, dass die Konzessionen nach Aufruf zur Bewerbung und Durchführung eines transparenten, diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens erteilt werden. Die in den §§ 4a bis 4e GlüStV 2012 geregelten Anforderungen ermöglichen eine präventive Prüfung insbesondere der für die Wetttätigkeit erforderlichen persönlichen Zuverlässigkeit und der Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (vgl. § 4a Abs. 4 GlüStV 2012). Durch die in § 4b Abs. 5 GlüStV 2012 genannten und in § 4b Abs. 2 GlüStV 2012 konkretisierten Auswahlkriterien wird das Ermessen der Auswahlbehörde hinreichend begrenzt. Es werden detailliert die Unterlagen aufgeführt, welche die Grundlage der Auswahlentscheidung bilden müssen. Ob das Konzessionsverfahren tatsächlich nach diesen gesetzlichen Kriterien abläuft und ob eine auf dieser Grundlage erteilte oder abgelehnte Konzessionsentscheidung rechtmäßig ist, kann jeder Bewerber gerichtlich überprüfen lassen. Dabei kann er zur effektiven Durchsetzung seiner Rechte auch um Eilrechtsschutz nachsuchen.

46

Hat es die Klägerin trotz dieser ausreichenden rechtlichen Rahmenbedingungen unterlassen, einen Antrag auf Erteilung einer Sportwettenkonzession zu stellen, obwohl ihr dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre, kann sie sich nicht darauf berufen, dass das gesetzlich ausreichend geregelte Konzessionsverfahren in seiner praktischen Umsetzung gegenüber denjenigen, die einen Antrag gestellt haben, rechtsfehlerhaft durchgeführt worden wäre. Sie kann folglich nicht geltend machen, dass das zuständige Hessische Ministerium des Innern und für Sport in seinem Verwaltungsverfahren zur Vergabe der 20 Sportwettenkonzessionen nach ihrer Auffassung normative Vorgaben nicht beachtet oder diese nicht in angemessener Zeit umgesetzt habe. Denn diese rechtlichen Fragen betreffen eine etwaige Verletzung eines Bewerberverfahrensanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG, die nur derjenige geltend machen kann, der überhaupt zum Kreis der Bewerber gehört. Überdies berühren solche Einwände gegen die tatsächliche Durchführung des Erlaubnisverfahrens allein die Rechtmäßigkeit einer zukünftigen Konzessionsentscheidung, die am Maßstab der gesetzlichen (Verfahrens-)Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrages und des Verfassungs- und Unionsrechts selbständig überprüfbar wäre. Eine solche in einem Konzessionsverfahren gegenüber der Klägerin ergangene Entscheidung steht aber vorliegend im Verfahren zur Anfechtung einer Untersagungsverfügung nicht zur Prüfung.

47

Abweichendes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach einem Wirtschaftsteilnehmer nicht vorgeworfen werden kann, auf eine Bewerbung um eine Konzession angesichts fehlender Rechtssicherheit verzichtet zu haben (vgl. EuGH, Urteil vom 16. Februar 2012 - C-72/10 und C-77/10 [ECLI:EU:C:2012:80], Costa und Cifone -). Sie betrifft den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der Wirtschaftsteilnehmer von einer früheren Konzessionsausschreibung unionsrechtswidrig ausgeschlossen worden war und sich deshalb bei einer späteren, erneuten Ausschreibung nicht nochmals um die Erteilung einer Konzession bemühte. Soweit der Europäische Gerichtshof des Weiteren entschieden hat, dass die Anwendung der fraglichen Vorschriften gegenüber allen Bietern transparent sein müsse (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2017 - C-49/16 [ECLI:EU:C:2017:491], Unibet -), betraf dies nationale Vorschriften, die dem Wirtschaftsminister die Auswahl zwischen einem transparenten und einem intransparenten Verfahren überließen, und nicht solche Normen, die - wie hier - ausschließlich die Durchführung eines transparenten Verfahrens vorsehen. Dass § 10a Abs. 3 GlüStV 2012 die Anzahl der höchstens zu erteilenden Konzessionen auf 20 begrenzt, berührt nicht die Transparenz des Auswahlverfahrens und ist angesichts der hierfür genannten tragfähigen Gründe (vgl. amtl. Erl. S. 11 = LT-Drs. BW 15/1570 S. 58) auch nicht willkürlich.

48

d) Ist das nach § 4 Abs. 4 und 5 GlüStV 2012 vorgesehene teilweise Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar, gilt Entsprechendes für das Verbot, im Internet für Glücksspiele zu werben (§ 5 Abs. 3 Satz 1 GlüStV 2012), von dem Ausnahmen lediglich für Lotterien sowie Sport- und Pferdewetten möglich sind (§ 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV 2012). Mit der Nutzung des Internets als Werbemedium ist eine besonders starke Anreizwirkung verbunden, die mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugendschutzes unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 - 8 C 5.10 - BVerwGE 140, 1 <18>). Soweit das Spielangebot im Internet zugelassen wird, entspricht es der angestrebten Kanalisierungswirkung, es dort auch bewerben zu dürfen (vgl. amtl. Erl. S. 29 = LT-Drs. BW 15/1570, S. 76). Dem Ziel der Suchtprävention wird durch die nach § 5 Abs. 1, 2 und 4 GlüStV 2012 geltenden Werberestriktionen Rechnung getragen.

49

Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 21 Januar 2010, die auf §§ 20, 18, 19 und 23 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für Baden-Württemberg beruht, und die in Ziffer 4 des Bescheides auf der Grundlage von §§ 1, 4, 7 und 12 Abs. 4 des Landesgebührengesetzes gestützte Gebührenfestsetzung sind rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Soweit die Revision des Beklagten erfolgreich war, sind der Klägerin die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO aufzuerlegen. Der Beklagte trägt gemäß § 161 Abs. 2 VwGO jedoch die Kosten des hinsichtlich weiterer unbenannter Glücksspielarten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits, weil die Klägerin nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigung insoweit voraussichtlich obsiegt hätte. Die Untersagungsverfügung war, soweit sie über die von der Klägerin konkret angeboten Glücksspielarten hinaus das Veranstalten, Vermitteln, hierfür Werben und Unterstützen jeglichen Glücksspiels im Sinne von § 3 GlüStV 2012 auf Internetseiten, die von Baden-Württemberg aus erreichbar sind, untersagte, nicht hinreichend bestimmt. Der Wortlaut des § 3 Abs. 1 GlüStV 2012, auf den die Verfügung in ihrem Untersagungstenor Bezug nahm, war auch für den fachkundigen Adressaten nicht so eindeutig, dass dieser unzweifelhaft erkennen konnte, welche Verhaltensweisen für ihn noch erlaubt und welche schon verboten waren. Den insoweit möglicherweise drohenden Streit konnte der Beklagte nicht durch Verwendung des Gesetzeswortlautes im Tenor seines Bescheides in das Vollstreckungsverfahren verlagern. Entsprechend bestimmt sich die Kostenlast bezüglich des von den Teilerledigungserklärungen umfassten Untersagungszeitraums bis zur Revisionsverhandlung. Es entspricht billigem Ermessen, den Umfang des voraussichtlichen Unterliegens des Beklagten mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen und eine dementsprechende quotale Kostentragung anzusetzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.