Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 07. Okt. 2014 - 2 L 152/13

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2014:1007.2L152.13.0A
bei uns veröffentlicht am07.10.2014

Gründe

I.

1

Am 10.07.2012 beantragten die Kläger beim Beklagten, ihnen gemäß § 15a Abs. 5 Satz 1 AufenthG zu erlauben, ihre Wohnung im Zuständigkeitsbereich des Beigeladenen zu nehmen, weil die Klägerin zu 1 erkrankt und alleinerziehend sei und ihre gesamte Familie in A-Stadt lebe. Zudem leide der Kläger zu 2 an Diabetes, was eine Behandlung in einer in Stendal nicht vorhandenen Spezialklinik für diabeteskranke Kinder erfordere. Nachdem der Beklagte den Antrag nicht beschieden hatte, haben die Kläger am 09.04.2013 Untätigkeitsklage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, über ihren länderübergreifenden Umverteilungsantrag durch Aufhebung der räumlichen Beschränkung zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung darauf verwiesen, dass der Beklagte für die begehrte Entscheidung nicht zuständig sei.

II.

2

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg

3

1.1. Die Rechtssache weist nicht die von den Klägern geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.

4

Besondere Schwierigkeiten liegen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 27.12.2006 – 2 L 66/05 –, Juris) vor bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen. Besondere rechtliche Schwierigkeiten können sich auch dann ergeben, wenn zu einzelnen Rechtsfragen in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur uneinheitliche Auffassungen bestehen und deshalb eine eingehende Auseinandersetzung mit diesen Rechtsauffassungen nötig erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 [3643], RdNr. 21 in juris). Wie beim Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 21.12.2011 – 4 B 14.11 –, juris, RdNr. 4) enthält hingegen nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift gleichzeitig eine im Berufungsverfahren zu klärende Fragestellung, namentlich dann wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen obergerichtlichen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (vgl. Beschl. d. Senats v. 13.02.2014 – 2 L 4/13 –, juris, RdNr. 50).

5

Gemessen daran haben die Kläger keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache dargelegt. Sie tragen vor, die Rechtsgrundlage für die Verfügung der Wohnsitzauflage und einer Umverteilung sei unklar und hänge von ihrem Aufenthaltsstatus ab. Der Umstand, dass sie im Besitz von Duldungsbescheinigungen seien, bedeute nicht notwendigerweise, dass sie auch vollziehbar ausreisepflichtig seien. Daran könne es insbesondere deshalb fehlen, weil ihnen aufgrund der Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis während ihres visumfreien Aufenthalts die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 3 AufenthG zugute komme. Andererseits sei bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob es für die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auf die objektive Sachlage ankomme oder auf den subjektiven Zweck. Fehle es an der vollziehbaren Ausreisepflicht, dann könne die Wohnsitzauflage nicht an eine Duldung gekoppelt werden. Auch § 12 AufenthG enthalte keine Regelungsbefugnisse, visafreie Aufenthalte mit Nebenbestimmungen zu versehen. Bestehe eine vollziehbare Ausreisepflicht, sei die Rechtslage ebenfalls unklar, weil in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten würden, ob die Wohnsitzauflage zu streichen, eine Umverteilung vorzunehmen oder eine Zweitduldung zu erteilen sei. Aus diesem Vorbringen ergeben sind indes für den konkreten Fall keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten.

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Die Kläger wurden auf der Grundlage des § 15a Abs. 1 AufenthG dem Land Sachsen-Anhalt und mit Bescheid vom 28.06.2012 gemäß § 15a Abs. 4 Satz 5 AufenthG i.V.m. § 50 Abs. 4 AsylVfG dem Beklagten zugewiesen. Gemäß § 15a Abs. 1 Satz 1 AufenthG werden unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Eine solche Verteilung hat hier stattgefunden. Nach § 15a Abs. 5 Satz 1 AufenthG können die zuständigen Behörden dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Einen solchen Antrag haben die Kläger in ihrem Schreiben vom 10.07.2012 beim Beklagten gestellt.

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§ 15a Abs. 1 Satz 1 AufenthG stellt bei dem von der Norm erfassten Personenkreis nicht auf die von den Klägern in Frage gestellte vollziehbare Ausreisepflicht des Ausländers ab, sondern allein darauf, ob er „unerlaubt eingereist“ ist. Gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG ist die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet u.a. dann unerlaubt, wenn er den erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt. Die Kläger bedurften als sog. Positivstaater nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung EG Nr. 539/201 des Rates vom 15.03.2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von der Visumpflicht befreit sind (EG-VisaVO) als Staatsangehörige Serbiens für das Überschreiten der Außengrenze der Bundesrepublik für einen Aufenthalt, der insgesamt drei Monate nicht überschreitet, zwar grundsätzlich keines Visums. Eine visumfreie Einreise ist aber nur dann als erlaubt im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG anzusehen, wenn der beabsichtigte Aufenthaltszweck nur auf einen Kurzaufenthalt im Sinne von Art. 1 Abs. 2 EG-VisaVO gerichtet ist. Daher ist unter dem Aspekt der Aufenthaltsdauer für die Frage, ob eine Befreiung von der Visumpflicht nach Art. 1 Abs. 2 EG-VisaVO besteht, maßgeblich, welche Absichten bzw. Vorstellungen die Betreffenden im Zeitpunkt der Einreise haben. Für die Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift des Art. 1 Abs. 2 EG-VisaVO kommt es somit darauf an, ob der Ausländer schon bei der Einreise einen Aufenthalt beabsichtigt, der wegen der Überschreitung des zeitlichen Rahmens eines Visums bedurft hätte. Folglich reist ein Staatsangehöriger eines der in Anhang II der EG-VisaVO genannten Staaten unerlaubt ein, wenn er bereits bei der Einreise die Absicht hat, sich länger als drei Monate im Bundesgebiet oder im Gebiet der Anwenderstaaten aufzuhalten (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 23.09.2013 – 3 Bs 131/13 –, AuAS 2013, 242, RdNr. 16 in juris; BayVGH, Beschl. v. 21.06.2013 – 10 CS 13.1002 –, juris, RdNr. 13; VGH BW, Beschl. v. 14.09.2011 – 11 S 2438/11 – AuAS 2011, 256 [258], RdNr. 8 in juris; Nr. 14.1.2.1.1.7.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum AufenthG vom 26.10.2009 [GMBl S. 877 ff.]; Funke/Kaiser, in: GK Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2012, § 14 Rn. 14 ff.; Renner, AufenthG, 9. Aufl., § 14 Rn. 13; a.A.: Hailbronner, AufenthG, Stand November 2011, § 14 RdNr. 16 ff.). Die Kläger haben die Annahme der Behörden, dass eine solche unerlaubte Einreise stattgefunden hat und damit § 15a AufenthG zu Recht angewendet wurde, nicht angegriffen. Auch sind sie bei dem von ihnen gestellten Antrag auf Umverteilung nach § 15a Abs. 5 AufenthG vom 10.07.2012 davon ausgegangen, dass sie zu dem von § 15a AufenthG erfassten Personenkreis gehören.

8

Geht es um eine länderübergreifende Umverteilung auf der Grundlage des § 15a Abs. 5 AufenthG, ergeben sich besondere rechtliche Schwierigkeiten auch nicht in Bezug auf die Frage, welche Behörde für die insoweit zu treffende Entscheidung zuständig ist. Zuständig ist die Behörde des Landes, in welches der Zuzug begehrt wird (OVG BBg, Urt. v. 09.04.2014 – OVG 3 B 33.11 – juris, RdNr. 21 ff.). In der zitierten Entscheidung hat das OVG BBg dazu Folgendes ausgeführt:

9

„Die mit dem Zuwanderungsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) auf Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses (s. BT-Drs. 15/3479 S. 3) eingeführte Regelung des § 15a AufenthG geht auf einen Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31. Oktober 2000 zurück (BR-Drs. 706/00), der zum Ziel hatte, die bis dahin bestehende Regelungslücke zu schließen, welche für unerlaubt eingereiste Ausländer bestand, die keinen Asylantrag gestellte hatten (BR-Drs. 706/00 S. 4). Der als § 56a AuslG vorgeschlagene Entwurf orientierte sich ausweislich seiner Begründung (BR-Drs. 706/00 S. 5) an den für die Verteilung von Asylbewerbern geltenden Vorschriften. § 56a Abs. 5 AuslG sah insoweit vor, dass Ausländer mit Erlaubnis „der zuständigen Behörden“ nach der Verteilungsentscheidung Wohnsitz in einem anderen Land nehmen konnten. In der Entwurfsbegründung heißt es hierzu: „Abs. 5 trägt dem Umstand Rechnung, dass sich nach der Verteilungsentscheidung die Notwendigkeit einer ‚Umverteilung‘ ergeben kann. Die möglichen Gründe für die von der zuständigen Behörde des aufnehmenden Landes im Einvernehmen mit der zuständigen Behörde des abgebenden Landes zu treffende Entscheidung sind in § 51 Abs. 1 AsylVfG benannt.“ § 51 AsylVfG in der zum Zeitpunkt des Entwurfs geltenden Fassung ermöglichte eine länderübergreifende Umverteilung, bei welcher der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von vergleichbarem Gewicht Rechnung zu tragen war. Zuständig für die Entscheidung war und ist die zuständige Behörde des Landes, für das der weitere Aufenthalt beantragt ist (§ 51 Abs. 2 AsylVfG).

10

Der von dem Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf wurde von diesem im Februar 2001 unverändert in den Bundestag eingebracht (BT-Drs. 14/5266). Ca. ein Jahr später brachte die Bundesregierung - als Teil des Entwurfs des Zuwanderungsgesetzes - unter Bezugnahme auf § 56a AuslG sowie zwischenzeitlich in die Diskussion eingebrachte Anregungen zu einer Änderung den Entwurf als § 15a AufenthG in den Bundestag ein (BT-Drs. 14/7987 S. 8 f.). Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 15a Abs. 1 Satz 6 und Abs. 5 des Entwurfs stimmen mit der heute geltenden Fassung des § 15a AufenthG überein.

11

Unter Zugrundelegung der Entstehungsgeschichte des § 15a AufenthG ist die Entscheidung über einen nach § 15a AufenthG gestellten Umverteilungsantrag von der zuständigen Behörde des Landes zu treffen, in welches der Zuzug begehrt wird. Dies hob das Land NRW in seiner durch die nachfolgenden Änderungen nicht modifizierten Begründung zu § 56a Abs. 5 AuslG ausdrücklich hervor. Dieses Normverständnis ist mit dem Wortlaut vereinbar und entspricht der insoweit unverändert fortgeltenden Regelung des § 51 Abs. 2 AsylVfG, welcher die ausländerrechtliche Regelung über die Umverteilung unerlaubt eingereister Ausländer i.S.d. § 15a Abs. 1 Satz 1 AufenthG nachgebildet ist. Anders als bei der asylverfahrensrechtlichen Umverteilung ist allerdings die Entscheidung im Einvernehmen mit der zuständigen Behörde des abgebenden Landes zu treffen. Dieses Erfordernis ist in der Begründung des Entwurfs des § 56a AuslG zu dessen Absatz 5 ausdrücklich angesprochen worden. Mit ihm wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen wird, wie dies die Anrechnungsregelung der Ursprungsfassung sowie nunmehr § 15a Abs. 5 Satz 2 AufenthG vorsehen. Dies entspricht dem sich durch alle Gesetzesbegründungen ziehenden Sinn und Zweck der als § 15a AufenthG beschlossenen Regelung, eine möglichst gleichmäßige Verteilung der durch die Aufnahme unerlaubt eingereister Ausländer entstehenden Lasten zu erreichen (vgl. hierzu: BR Drs. 406/00 S. 4; BT-Drs. 14/5226 S. 6; BT-Drs. 14/7987 S. 9; BT-Drs. 15/955 S. 11; BT-Drs. 15/3479 S. 3). Dieses Normverständnis spiegelt sich auch in dem Wortlaut des § 15a Abs. 5 AufenthG wider, demzufolge „die zuständigen Behörden“ die Umverteilung erlauben können.

12

Nach alledem enthält § 15a Abs. 5 AufenthG eine Regelung über die Verbandskompetenz, so dass für eine entsprechende Anwendung des § 3 VwVfG kein Raum besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 1 C 5.11 –, juris Rn. 17).“

13

Diese Erwägungen hält der Senat für überzeugend.

14

Soweit über den Anwendungsbereich des § 15a AufenthG hinaus – konkurrierend – eine Abweichung von der räumlichen Beschränkung gemäß § 61 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Satz 3 AufenthG zur Aufrechterhaltung der Familieneinheit in Betracht kommt, die allerdings im Antragsschreiben der Kläger vom 10.07.2012 nicht erwähnt wurde, ist dagegen eine Zuständigkeit des Beklagten gegeben. Insoweit gilt die allgemeine Zuständigkeitsregelung nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG, wonach diejenige Behörde örtlich zuständig ist, in deren Bezirk die Person ihren „gewöhnlichen Aufenthalt" hat oder zuletzt hatte. In Anlehnung an die Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Bei Ausländern setzt die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts voraus, dass das nicht nur vorübergehende Verweilen nach den Vorschriften des Ausländerrechts zulässig ist; verlässt der Ausländer den ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereich, kann er einen gewöhnlichen Aufenthalt an einem anderen Ort nur dann begründen, wenn dies mit Billigung der Ausländerbehörde geschieht (Urt. d. Senats v. 15.05.2014 – 2 L 136/12 –, AuAS 2014, 151, RdNr. 24 f., m.w.N.). Da die Kläger aufgrund ihrer Zuweisung an den Beklagten und der räumlichen Beschränkung in der Duldung verpflichtet sind, ihren Wohnsitz im Gebiet des Beklagten zu nehmen, ist dieser für eine Entscheidung nach § 61 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 3 AufenthG die örtlich zuständige Behörde.

15

Unklar ist die Rechtslage im vorliegenden Fall auch nicht im Hinblick auf die Frage, ob im Falle einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bei Vorliegen dringender persönlicher, insbesondere familiärer Gründe die Erteilung einer weiteren Duldung (sog. Zweitduldung) durch die Ausländerbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich der Ausländer seinen Wohnsitz verlegen will, in Betracht kommt (vgl. dazu Beschl. d. Senats v. 05.04.2006 – 2 M 126/06 –, juris, RdNr. 3, m.w.N.). Mit der am 26.11.2011 in Kraft getretenen Bestimmung des § 61 Abs. 1 Satz 4 AufenthG hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, die es erlaubt, aus familiären Gründen von der räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG abzuweichen. Durch diese Regelung wird die Ausländerbehörde am Wohnsitz des Ausländers nunmehr grundsätzlich in die Lage versetzt, die räumliche Beschränkung auf einen anderen Ort zu erweitern (vgl. OVG BBg, Beschl. v. 12.06.2013 – 3 S 32.13 –, juris, RdNr. 2). Die Frage, ob darüber hinaus die Erteilung einer Zweitduldung (noch) in Betracht kommt, um einen dauerhaften landerübergreifenden Wohnsitzwechsel zu ermöglichen, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben. Kommt – wie hier – § 15a AufenthG zur Anwendung, kann den Gewährleistungen des Art. 6 GG, Art 8 EMRK durch § 15a Abs. 1 Satz 6, Abs. 5 Satz 1 AufenthG hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. OVG BBg, Urt. v. 09.04.2014, a.a.O., RdNr. 20).

16

1.2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

17

Dieser Zulassungsgrund verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 23.04.2010 – 2 L 148/09 –, Juris). Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass der Rechtsmittelführer konkret auf die Rechts- oder Tatsachenfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.06.2006 – 5 B 99.05 –, Juris, m.w.N.).

18

Diesen Anforderungen wird die Zulassungsschrift nicht gerecht. Die Kläger halten für klärungsbedürftig, „auf welcher Rechtsgrundlage und in welchen Verfahren wie die länderübergreifende Umverteilung von geduldeten Ausländern vorzunehmen ist“. Diese Frage lässt sich indes nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab, insbesondere auch vom Aufenthaltsstatus des betroffenen Ausländers und den Gründen, aus denen eine „Umverteilung“ begehrt wird.

19

2. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit im Sinne des § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil er keinen Sachantrag gestellt und sich so auch nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

20

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 39 Abs. 1 GKG

21

4. Die beantragte Prozesskostenhilfe kann nicht gewährt werden, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO).


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(2) Die Ausländerbehörden können die Ausländer verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung veranlasst. Dies gilt nicht, wenn dem Vorbringen nach Absatz 1 Satz 6 Rechnung zu tragen ist. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Verpflichtung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.

(3) Die zentrale Verteilungsstelle benennt der Behörde, die die Verteilung veranlasst hat, die nach den Sätzen 2 und 3 zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung. Hat das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote nicht erfüllt, ist die dieser Behörde nächstgelegene aufnahmefähige Aufnahmeeinrichtung des Landes aufnahmepflichtig. Andernfalls ist die von der zentralen Verteilungsstelle auf Grund der Aufnahmequote nach § 45 des Asylgesetzes und der vorhandenen freien Unterbringungsmöglichkeiten bestimmte Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme verpflichtet. § 46 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes sind entsprechend anzuwenden.

(4) Die Behörde, die die Verteilung nach Absatz 3 veranlasst hat, ordnet in den Fällen des Absatzes 3 Satz 3 an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat; in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 darf sie dies anordnen. Die Ausländerbehörde übermittelt das Ergebnis der Anhörung an die die Verteilung veranlassende Stelle, die die Zahl der Ausländer unter Angabe der Herkunftsländer und das Ergebnis der Anhörung der zentralen Verteilungsstelle mitteilt. Ehegatten sowie Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sind als Gruppe zu melden und zu verteilen. Der Ausländer hat in dieser Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, bis er innerhalb des Landes weiterverteilt wird, längstens jedoch bis zur Aussetzung der Abschiebung oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels; die §§ 12 und 61 Abs. 1 bleiben unberührt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung innerhalb des Landes zu regeln, soweit dies nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes durch Landesgesetz geregelt wird; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen des Landes übertragen. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Anordnung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 7 und 8 gelten entsprechend, wenn eine Verteilungsanordnung auf Grund eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung nach Satz 5 ergeht.

(5) Die zuständigen Behörden können dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Nach erlaubtem Wohnungswechsel wird der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen und der des aufnehmenden Landes angerechnet.

(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1. Januar 2005 eingereist sind.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gründe

I.

1

Der Kläger zu 2 wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen (Altreifen) durch Pyrolyse mit einem Abfalleinsatz von maximal 3 t/h und kontinuierlichem 24-Stunden-Betrieb. Sein Wohngrundstück befindet sich ca. 850 m südöstlich des Vorhabengrundstücks.

2

Nach der dem Antrag beigefügten Vorhabensbeschreibung wird in der Anlage Altreifengranulat mit geringen Restmengen an Federstahl in zwei baugleichen, nur durch die Art der Beheizung sich unterscheidenden Pyrolyselinien unter Ausschluss von Luft in abgestuften thermischen Behandlungsschritten zersetzt. Am Ende der Behandlungszonen wird das freigesetzte Pyrolysegas jeweils abgezogen und durch einen Kondensator geleitet, wo die dampfförmigen organischen Komponenten des Pyrolysegases verflüssigt und als Pyrolyseöl ausgetragen werden, das in Lagertanks gepumpt wird. Das von den kondensierbaren Bestandteilen befreite Pyrolysegas wird in einer Nachverbrennungskammer bei Temperaturen oberhalb 850°C bis 1.100°C oxidiert und passiert eine Rauchgasbehandlungsstrecke, ehe es über einen 15 m hohen Schornstein in die Atmosphäre abgeleitet wird. Das Gas dient als Brennstoff für den endothermen Pyrolyseprozess. Die mehrstufige Rauchgasreinigung der verbrannten Pyrolysegase erfolgt durch SNCR (Selective Non Catalytic Reduction) im Temperaturbereich von 900°C bis 1.000°C und anschließendem sog. Flugstromverfahren unter Verwendung von Kalk/Herdkoks-Mischungen mit nachgeschaltetem Gewebefilter. Am Austritt der Pyrolysevorrichtung verbleibt eine Pyrolysekoksfraktion als Feststoff, die vornehmlich aus Ruß (Carbon Black) besteht und zur Erzeugung von Carbon-Rohstoffen unter Abtrennung der Eisenmetalle weiterverarbeitet wird. Zur Zwischenlagerung werden die Carbon-Fertigerzeugnisse über ein geschlossenes System pneumatisch in im Außenbereich aufgestellte Silos gefördert, von dort in Silofahrzeuge befüllt und von diesen abtransportiert.

3

Die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 22.12.2009 enthält u.a. die Nebenbestimmungen (Nr. 3.1.2.2), dass die Temperatur der Verbrennungsgase bei der Verbrennung von Abfällen nach der letzten Verbrennungsluftzufuhr mindestens 850°C (Mindesttemperatur) betragen muss, und (Nr. 3.1.3.1), dass an der Emissionsquelle 01 (Abluft Pyrolyse) die Verbrennungsanlage einschließlich der nachgeschalteten Abgasreinigung so zu betreiben ist, dass gemäß den §§ 4 und 5 der 17. BImSchV im gereinigten Abgas der Emissionsquelle 01 die in § 5 der 17. BImSchV im Einzelnen genannten Grenzwerte nicht überschritten werden. Unter Nr. 3.1.4 sind Nebenbestimmungen zur Messung und Überwachung aufgenommen. So ist nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.4.1 zur messtechnischen Überprüfung der in der Nr. 3.1.3.1 angegebenen Emissionsgrenzwerte vor Errichtung der Abgasanlage im Einvernehmen mit einem Sachverständigen im Sinne der §§ 26, 28 BImSchG ein Messplatz und im Abgaskanal eine Probenahmestelle festzulegen. In der Nebenbestimmung Nr. 3.1.4.9 wird angeordnet, dass durch Messung einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Stelle der Nachweis zu erbringen ist, dass die unter Nr. 3.1.3.1 Pkt. 3 und 4 festgelegten Emissionsgrenzwerte (u.a. für Benzo(a)pyren sowie für die im Anhang I der 17. BImSchV genannten Dioxine und Furane) nicht überschritten werden. Die Messungen sind nach der Nebenbestimmung Nr. 3.1.4.10 im Zeitraum von zwölf Monaten nach Inbetriebnahme der Anlage alle zwei Monate mindestens an einem Tag und anschließend wiederkehrend spätestens alle zwölf Monate mindestens an drei Tagen durchzuführen. Die Messung soll durchgeführt werden, wenn die Anlage mit der höchsten Leistung betrieben wird, für die sie bei den während der Messung verwendeten Abfällen für den Dauerbetrieb zugelassen wurde.

4

Die von den Klägern erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen und zur Begründung u.a. Folgendes ausgeführt:

5

Die Genehmigung verstoße nicht gegen die drittschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG. Die in der Genehmigung festgesetzten Emissionswerte der 17. BImSchV gewährleisteten als Vorsorgewerte ein hohes Schutzniveau für die Allgemeinheit; daher sei davon auszugehen, dass zugleich und „erst recht“ dem Schutzgebot des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG genüge getan werde. Diese Emissionsgrenzwerte könnten auch faktisch eingehalten werden. Die Gesamtheit der technischen Maßnahmen rechtfertige diese Prognose, und zwar auch hinsichtlich Benzo(a)pyren als Leitkomponente für PAK (polycyclische aromatisierte Kohlenwasserstoffe) und der in Anhang I der 17. BImSchV genannten Dioxine und Furane. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass bereits durch den ersten Behandlungsschritt (Kondensation) diese Stoffe größtenteils aus dem Pyrolysegasstrom entfernt und im Pyrolyseöl gebunden würden. Zudem würden Dioxine und Furane nach dem Vorbringen der Beigeladenen und Beiträgen in der Fachliteratur bei den im Pyrolysereaktor vorhandenen Sauerstoffmangelbedingungen zumindest bei Temperaturen bis 400°C bereits nicht gebildet. Ferner sei in Rechnung zu stellen, dass in einem zweiten Behandlungsschritt der – bereits größtenteils von PAK sowie Dioxinen und Furanen befreite – Pyrolysegasstrom in einer Nachverbrennungsvorrichtung in einem Temperaturbereich deutlich oberhalb von 850°C bis 1.100°C verbrannt und dabei die im Pyrolysegas noch vorhandenen Reste dieser Stoffe weitestgehend zerstört würden. Bei einer Vielzahl von Müllheizkraftwerken würden die Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV eingehalten. Darüber hinaus sei die Nachverbrennung nach den Antragsunterlagen so ausgelegt, dass die Anlage mit einer Betriebstemperatur von (sogar) 1.300°C gefahren werden könne. Soweit Frau Dr. S. in einer von ihr abgegebenen Stellungnahme eine Verbrennungstemperatur von 1.200°C für erforderlich gehalten habe, weil PAK unter pyrolytischen Bedingungen wie bei jedem Brand entstünden, führe dies schon deshalb nicht weiter, weil die Nachverbrennung der Pyrolysegase gerade nicht unter pyrolytischen Bedingungen (Sauerstoffmangel) stattfinde, sondern unter Zuführung von Sauerstoff (Sauerstoffüberschussbedingungen). Zudem würden nach dem Vortrag der Beigeladenen Zonen mit Sauerstoffmangel im Brennraum durch dem Stand der Technik entsprechende konstruktive, betriebstechnische und regelungstechnische Vorkehrungen vermieden. Auch hinsichtlich der Dioxine und Furane seien die in der Nachverbrennung vorgesehenen Temperaturen ausreichend. Durch die im Anschluss an die Nachverbrennung und Entwicklungsstufe vorgesehene schnelle Abkühlung des Gasstroms mittels zweier Wärmetauscher werde zudem dem Entstehen von Dioxinen und Furanen durch die De-Novo-Synthese bei Abkühlung der Verbrennungsgase entgegengewirkt. Durch das nachfolgende Flugstromverfahren und die nachgeschalteten Gewebefilter werde außerdem eine Abscheidung der Dioxine und Furane, der unverbrannten Kohlenwasserstoffe sowie der sauren Schadstoffe, der Stäube und der Schwermetallverbindungen gewährleistet. Der Einsatz von Adsorptionsmitteln und Gewebefiltern zur Abscheidung von PCDD/F, Schwermetallen, Stäuben und sauren Schadstoffen gehöre (nach verschiedenen Quellen im Internet) zu den „besten verfügbaren Techniken“ und werde in der Literatur insbesondere auch als in Müllverbrennungsanlagen bewährtes Verfahren zur Entfernung von Dioxinen und Schwermetallen aus dem Rauchgas beschrieben. Die an der Versuchsanlage der Beigeladenen durchgeführten Messungen hätten zudem ergeben, dass – anders als in Müllverbrennungsanlagen – die Emissionsgrenzwerte bezüglich fast aller Schadstoffe bereits im unbehandelten Rohgas eingehalten würden.

6

Es lägen auch keine besonderen Umstände vor, die es rechtfertigten, schädliche Umwelteinwirkungen durch das Vorhaben der Beigeladenen zu befürchten, obgleich die Emissionswerte des § 5 der 17. BImSchV eingehalten würden. Dies gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass nach der Immissionsprognose der öko-control GmbH vom 02.07.2008 die durch die Anlage der Beigeladenen hervorgerufene Zusatzbelastung an den ausgewählten Immissionsorten die in der TA Luft vorgesehene Irrelevanzschwelle nicht überschreite.

7

Die 12. BImSchV (Störfallverordnung) sei auf die Anlage der Beigeladenen nicht anwendbar.

II.

8

Der Antrag des Klägers zu 2 auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

9

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Solche Zweifel liegen nur dann vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 –, NVwZ-RR 2011, 546, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.

10

1.1. Ohne Erfolg rügt der Kläger zu 2, die 17. BImSchV könne auf das Verfahren der Beigeladenen nicht angewendet werden, weil eine pyrolytische Zersetzung von Altreifengranulat unter völligem Luftabschluss stattfinde.

11

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 der Siebzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-ImmissionsschutzgesetzesVerordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 14.08.2003 (BGBl I S. 1614) – 17. BImSchV – gilt diese Verordnung insbesondere für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen, in denen feste, flüssige oder in Behältern gefasste gasförmige Abfälle oder feste, flüssige oder gasförmige Stoffe, die bei der Pyrolyse oder Vergasung von Abfällen entstehen, eingesetzt werden, soweit sie nach § 4 BImSchG in Verbindung mit der genannten Verordnung genehmigungsbedürftig sind.

12

a) Die von der Beigeladenen geplante Anlage ist zwar keine Verbrennungsanlage im Sinne von § 2 Nr. 6 der 17. BImSchV. Danach sind Verbrennungsanlagen Anlagen, die dazu bestimmt sind, thermische Verfahren zur Behandlung von Abfällen oder Stoffen nach § 1 Abs. 1 zu verwenden. Diese Verfahren umfassen die Verbrennung durch Oxidation dieser Stoffe und andere vergleichbare thermische Verfahren wie Pyrolyse, Vergasung oder Plasmaverfahren, soweit die bei den vorgenannten thermischen Verfahren aus Abfällen entstehenden festen, flüssigen oder gasförmigen Stoffe verbrannt werden. Verbrennungsanlagen im Sinne des § 2 Nr. 6 der 17. BImSchV sind allerdings nur solche Anlagen, deren Hauptzweck darin besteht, die Substanz des Einsatzstoffs gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung bzw. dessen brennbare Bestandteile mittels Verbrennung durch Oxidation oder einer Kombination aus thermischen Verfahren und anschließender Verbrennung möglichst vollständig zu zerstören; eine Einheit, in der Abfälle thermisch behandelt werden, kann nur dann als „Verbrennungsanlage" eingestuft werden, wenn die beim Einsatz dieses thermischen Verfahrens entstehenden Stoffe anschließend verbrannt werden; dabei sind insbesondere die Menge der von der betreffenden Anlage erzeugten Energie oder produzierten stofflichen Erzeugnisse im Vergleich zur Menge der in dieser Anlage verbrannten Abfälle sowie die Gesichtspunkte der Stabilität oder der Kontinuität dieser Produktion zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 25.10.2012 – 7 C 17.11 – NVwZ 2013, 437, RdNr. 17 ff.).

13

Nach der Vorhabensbeschreibung der Beigeladenen werden in der geplanten Anlage bei einer Einsatzstoffmenge von 360 t Altreifengranulat 120 t Carbon Black, 180 t Pyrolyseöle sowie 10 t Fe-Metalle gewonnen, die einer Weiterverwendung außerhalb der Anlage zugeführt werden sollen. Prozentual beträgt der Anteil von Carbon Black 42 %, der Anteil von Pyrolyseölen 44 %, der Anteil von Stahl 7 % und der Anteil von Pyrolysegas, das als Brennstoff für die Beheizung einer der beiden Pyrolyselinien dient, 7 %. Damit liegt der Hauptzweck der Anlage in der Erzeugung neuer Stoffe und nicht in der möglichst vollständigen Beseitigung der Einsatzstoffe.

14

b) Die Anlage der Beigeladenen unterfällt aber als Mitverbrennungsanlage im Sinne von § 2 Nr. 7 der 17. BImSchV dem Anwendungsbereich der Verordnung.

15

Danach sind Mitverbrennungsanlagen Anlagen, deren Hauptzweck in der Energiebereitstellung oder der Produktion stofflicher Erzeugnisse besteht und

16

- in denen Abfälle oder Stoffe nach § 1 Abs. 1 als regelmäßiger oder zusätzlicher Brennstoff verwendet werden oder

17

- in denen Abfälle oder Stoffe nach § 1 Abs. 1 mit dem Ziel der Beseitigung thermisch behandelt werden.

18

Falls die Mitverbrennung in solch einer Weise erfolgt, dass der Hauptzweck der Anlage nicht in der Energiebereitstellung oder der Produktion stofflicher Erzeugnisse, sondern in der thermischen Behandlung von Abfällen besteht, gilt die Anlage als Verbrennungsanlage im Sinne der Nummer 6. Diese Begriffsbestimmung erstreckt sich auf die gesamte Mitverbrennungsanlage einschließlich aller Mitverbrennungslinien, die Annahme und Lagerung der Abfälle und Stoffe nach § 1 Abs. 1, die auf dem Gelände befindlichen Vorbehandlungsanlagen, das Zufuhrsystem für Abfälle und Stoffe nach § 1 Abs. 1, Brennstoffe und Luft, den Kessel, die Abgasbehandlungsanlagen, die auf dem Gelände befindlichen Anlagen zur Behandlung und Lagerung von bei der Mitverbrennung entstehenden Abfällen und Abwasser, den Schornstein, die Vorrichtungen und Systeme zur Kontrolle der Verbrennungsvorgänge, zur Aufzeichnung und Überwachung der Verbrennungsbedingungen.

19

Eine solche Anlage ist Gegenstand der angefochtenen Genehmigung. Der Hauptzweck der Anlage liegt – wie oben dargelegt – in der Produktion stofflicher Erzeugnisse (Carbon Black, Pyrolyseöle und Fe-Metalle). Dazu werden Altreifen als feste Abfälle im Sinne von § 1 Abs. 1 mit dem Ziel der Beseitigung thermisch behandelt. Mit der Nachverbrennung des Pyrolysegases wird nur ein kleiner Anteil der Einsatzstoffe verbrannt und dadurch zur Beheizung einer Pyrolysevorrichtung energetisch verwertet.

20

c) Damit greift auch nicht die Annahme des Klägers zu 2, die 17. BImSchV gelte nur für Hausmüll.

21

1.2. Der Senat vermag auch nicht dem Einwand des Klägers zu 2 zu folgen, bei Anwendbarkeit der 17. BImSchV halte die streitige Anlage die darin festgelegten Bedingungen nicht ein.

22

1.2.1. Zu Unrecht bemängelt der Kläger zu 2, § 4 Abs. 2 und 3 der 17. BImSchV schreibe für die Anlage eine Mindestverbrennungstemperatur von 1.100°C und nicht – wie in der Genehmigung festgelegt – von lediglich 850° C vor.

23

Da aus den oben dargelegten Gründen eine Mitverbrennungsanlage Gegenstand der Genehmigung ist, finden hier nicht die Absätze 2 und 3, sondern die Absätze 6 und 7 des § 4 der 17. BImSchV Anwendung. Nach § 4 Abs. 6 Satz 1 der 17. BImSchV sind Mitverbrennungsanlagen so zu errichten und zu betreiben, dass die Temperatur der bei der Mitverbrennung entstehenden Verbrennungsgase mindestens 850°C beträgt. Zwar bestimmt der nachfolgende Satz 2, dass bei der Verbrennung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen mit einem Halogengehalt aus halogenorganischen Stoffen von mehr als 1 vom Hundert des Gewichts, berechnet als Chlor, der Betreiber dafür zu sorgen hat, dass eine Mindesttemperatur von 1.100°C eingehalten wird. Es ist aber nicht ersichtlich, dass in der Anlage der Beigeladenen Abfälle dieser Art verbrannt werden.

24

Da der Begriff „besonders überwachungsbedürftige Abfälle“ weder in der 17. BImSchV noch im BImSchG definiert wird, ist auf die abfallrechtliche Begriffsbestimmung zurückzugreifen. Der im BImSchG verwendete Abfallbegriff entspricht dem des Abfallrechts (vgl. Jarras, BImSchG, 10. Aufl., § 2 RdNr. 33; BVerwG, Beschl. v. 14.08.2007 – 7 B 42.07 –, NVwZ 2007, 1314, RdNr. 4 in juris). Für den in der untergesetzlichen Norm (wie hier des § 4 Abs. 6 Satz 2 der 17. BImSchV) verwendeten Begriff der „besonders überwachungsbedürftigen Abfälle“ kann nichts anderes gelten, da der Verordnungsgeber zu dessen abweichender Definition nicht ermächtigt ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.08.2007, a.a.O.). Nach § 2 Abs. 1 der auf der Grundlage des § 41 Satz 2 KrW-/AbfG bzw. § 48 S. 2 KrWG erlassenen Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis vom 10.12.2001 (BGBl I S. 3379) – AVV – sind, soweit Abfälle nach anderen Rechtsvorschriften zu bezeichnen sind, die Bezeichnungen nach der Anlage (Abfallverzeichnis) zu dieser Verordnung (Art und sechsstelliger Schlüssel) zu verwenden. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AVV sind die mit einem Sternchen (*) versehenen Abfallarten im Abfallverzeichnis der AVV „besonders überwachungsbedürftig“ bzw. „gefährlich“ im Sinne des § 41 KrW-/AbfG bzw. § 48 KrWG. Der von der Beigeladenen verwendete Einsatzstoff „Altreifen“ nach der Abfallschlüsselnummer 16 01 03 der AVV ist dort nicht mit einem Sternchen gekennzeichnet.

25

Eine Anwendung des § 4 Abs. 6 Satz 2 der 17. BImSchV lässt sich auch nicht damit begründen, dass nach der Abfallschlüsselnummer 19 01 17 „Pyrolyseabfälle, die gefährliche Stoffe enthalten“ als gefährliche Abfälle bezeichnet sind. Darunter fallen Pyrolysegase, die in der Anlage selbst weiterbehandelt werden, schon deshalb nicht, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung gasförmige Stoffe, die nicht in Behältern gefasst waren, keine Abfälle im Sinne des § 3 Abs. 1 KrW-/AbfG darstellten. Die Vorschrift erfasste nur bewegliche Sachen, worunter nicht gefasste gasförmige Stoffe mangels Abgrenzbarkeit nicht fielen (vgl. Breuer, in: Jarras / Petersen / Weidemann, KrW-/AbfG § 3 RdNr. 29). Zudem bestimmte § 2 Abs. 2 Nr. 5 KrW-/AbfG, dass die Vorschriften dieses Gesetzes nicht für nicht in Behälter gefasste gasförmige Stoffe gilt. Daraus ergab sich, dass das KrW-/AbfG nicht nur auf frei in der Umwelt zirkulierende Gase, sondern auch auf die in Rohrleitungen gefassten gasförmigen Stoffe keine Anwendung fand. Auch der EuGH hatte in seinem Urteil vom 04.12.2008 (Rs. C-317/07 Lahti Energia Oynoch) noch klargestellt, dass der Begriff „Abfall“ in Art. 3 Nr. 1 der Richtlinie 2000/76/EG über die Verbrennung von Abfällen keine gasförmigen Stoffe erfasst. Erst mit der Novelle des KrWG vom 24.02.2012, das am 01.06.2012 in Kraft trat und mit der die Abfallrahmenrichtlinie (Richtlinie 2008/98/EG) umgesetzt wurde, ist nach dessen § 3 Abs. 1 für die Bestimmung des Abfallbegriffs nicht mehr die Eigenschaft als bewegliche Sache maßgeblich, so dass nunmehr auch Abgase Abfälle sein können (vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. § 2 BImSchG RdNr. 33). Allerdings bestimmt § 2 Abs. 2 Nr. 8 KrWG weiterhin, dass die Vorschriften dieses Gesetzes nicht gelten für gasförmige Stoffe, die nicht in Behältern gefasst sind. Ferner bestimmt § 2 Abs. 3 Nr. 1 BImSchG, dass die Vorschriften dieses Gesetzes über Abfälle nicht für Luftverunreinigungen gelten. Diese Vorschrift gilt für alle Regelungen des BImSchG, die auf Abfälle anwendbar sind (Jarras, a.a.O.).

26

Im Übrigen kann für die Frage, ob Satz 1 oder 2 des § 4 Abs. 6 der 17. BImSchV anzuwenden ist, auch deshalb nicht auf das Pyrolysegas als „besonders überwachungsbedürftiger“ Abfall abgestellt werden, weil maßgeblicher Ansatzpunkt für die Betrachtung der Einsatzstoff ist, vorliegend also das Altreifengranulat. Das folgt schon daraus, dass Mitverbrennungsanlagen eine besondere Form der Verbrennungsanlagen sind (EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C-251/07 Gävle Kraftvärme AB ./. Länsstyrelsen i Gävleborgs län –, Slg. 2008 I, 7047, RdNr. 37) und eine Aufspaltung des Verfahrens in die (thermische) Behandlung der Einsatzstoffe einerseits und die Behandlung der dabei entstehenden Schadstoffe andererseits daher ausscheidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.10.2012, a.a.O., RdNr. 26).

27

1.2.2. Zu Unrecht moniert der Kläger zu 2, die vorherige Gewinnung von Pyrolyseöl füge sich nicht in den in § 4 der 17. BImSchV vorgesehenen Ablauf ein. Der Umstand, dass ein Großteil der bei der Pyrolyse entstehenden Gase nicht verbrannt, sondern daraus durch Kondensation Pyrolyseöl gewonnen wird, steht der Anwendbarkeit der 17. BImSchV nicht entgegen. Für die Einstufung einer Anlage als Mitverbrennungsanlage im Sinne von § 2 Nr. 7 der 17. BImSchV genügt es, wenn nur ein Teil des Pyrolysegases verbrannt wird und dadurch Emissionen entstehen. § 1 Abs. 1 der 17. BImSchV setzt für die Anwendbarkeit lediglich voraus, dass in der (Mit-) Verbrennungsanlage feste, flüssige oder in Behältern gefasste gasförmige Abfälle oder feste, flüssige oder gasförmige Stoffe, die bei der Pyrolyse oder Vergasung von Abfällen entstehen, eingesetzt werden. Die 17. BImSchV und die ihr zugrunde liegende Richtlinie 2000/76/EG zielen darauf ab, Umweltbelastungen und Gesundheitsgefahren durch die Verbrennung und Mitverbrennung von Abfällen zu vermeiden oder – soweit praktikabel – zu begrenzen, und legen zu diesem Zweck strenge Betriebsbedingungen, technische Anforderungen und Emissionsgrenzwerte fest, um das besondere Gefahrenpotential bei der Verbrennung von Abfällen zu bewältigen (BVerwG, Urt. v. 25.10.2012, a.a.O., RdNr. 22). Ein besonderes, mit dem Regelwerk und dem Instrumentarium der TA Luft nicht ausreichend beherrschbares Gefahrenpotential in diesem Sinne hat der Verordnungsgeber im Wege typisierender Betrachtung bei solchen Anlagen angenommen, in denen Abfälle oder Stoffe gemäß § 1 Abs. 1 der 17. BImSchV entweder mittels Verbrennung durch Oxidation beseitigt oder energetisch verwertet werden oder einem Verfahren unterzogen werden, das mit einem vergleichbaren Gefahrenpotential für Umwelt und Gesundheit verbunden ist; die Emissionsrelevanz der thermischen Verfahren Pyrolyse, Vergasung und Plasmaverfahren hat der Verordnungsgeber dagegen als zu gering erachtet, um solche Anlagen ebenfalls dem Anwendungsbereich der 17. BImSchV zu unterwerfen (BVerwG, Urt. v. 25.10.2012, a.a.O., RdNr. 22). Auch bezüglich des in der geplanten Anlage stattfindenden Zwischenschritts der Kondensation von Anteilen des Pyrolysegases zu Pyrolyseöl ist eine Emissionsrelevanz für die Nachbarschaft nicht erkennbar, insbesondere wenn das Pyrolyseöl – wie im angefochtenen Bescheid (vgl. die Nebenbestimmung Nr. 5.11.1) geschehen – zunächst als gefährlicher Abfall eingestuft und nur nach vorheriger Beprobung und Untersuchung – zur stofflichen Aufbereitung freigegeben wird.

28

Für die Befürchtung des Klägers zu 2, die Pyrolyseöle würden (unkontrolliert) bei niedrigeren Temperaturen als 1.100°C – auch als Heizöl bei Dritten – verbrannt, bestehen keine greifbaren Anhalthaltspunkte. Nach dem Betriebskonzept der Beigeladenen sollen die Pyrolyseöle vielmehr in einen Tank gepumpt werden. Die Pyrolyseölerzeugnisse werden nach der Vorhabensbeschreibung (vgl. Kapitel 7 - Angaben zum Arbeitsschutz, S. 7) nicht an private Endverbraucher abgegeben, sondern sind für die Verwendung als Brennstoff in feststehenden thermischen Verbrennungseinrichtungen (z.B. Zementdrehrohrofen) vorgesehen. Eine Verbrennung der Pyrolyseöle in der Anlage der Beigeladenen ist nicht vorgesehen. In der abfallrechtlichen Nebenbestimmung Nr. 5.11.1 des Genehmigungsbescheides werden zudem Anforderungen zur stofflichen oder energetischen Verwertung u.a. der Pyrolyseöle gestellt. So wird darin u.a. festgelegt, dass Pyrolyseöle, welche mehr als 20 mg PCB/kg oder mehr als 2 g Gesamthalogen/kg aufweisen und die sonstigen Anforderungen nach § 3 AltölV nicht erfüllen, nicht der Aufbereitung zugeführt werden dürfen.

29

1.2.3. Nicht stichhaltig ist der weitere Einwand des Klägers zu 2, die Herstellung des hoch krebserzeugenden Pyrolyseöls müsse vor ihrer Aufnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.12.2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/195EG und 2000/21/EG und der Kommission (sog. REACH-Verordnung) registriert werden. Selbst wenn dies zutreffen sollte, ist nicht ersichtlich, inwieweit bei einer Nichtbeachtung dieser Verpflichtung der Kläger zu 2 dadurch in eigenen Rechten verletzt wäre oder inwieweit diese Vorschriften die nachbarschützende Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG konkretisieren.

30

1.2.4. Der Kläger zu 2 ist ferner der Ansicht, die eingesetzten Filter und das Flugstromverfahren seien nicht geeignet, die krebserzeugenden Schadstoffe, insbesondere die PAK, zu entfernen. Nach der eingeholten Stellungnahme von Frau Dr. S. würden PAK oberhalb von 900°C bei Sauerstoffüberschuss zwar einerseits verbrannt, könnten sich aber andererseits bei 900°C noch bilden. Zudem habe sich experimentell herausgestellt, dass Dioxine und Furane oberhalb von 600°C zwar zerstört würden, sich aber zugleich durch Rekombination der entstehenden Bruchstücke wieder bildeten. Deshalb habe der Gesetzgeber die hohen Verbrennungstemperaturen von 1.100°C festgelegt. Eine hinreichende Sicherheit bestehe erst ab 1.200°C. Auch dies vermag nicht zu überzeugen.

31

Die 17. BImSchV konkretisiert mit ihren baulichen und betrieblichen Anforderungen an die Anlage sowie mit der Festlegung der Emissionsgrenzwerte insoweit die Vorsorgepflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG abschließend; im Kontext des § 7 Abs. 1 BImSchG ist der Begriff Emissionswert so zu verstehen, dass diese Werte unmittelbar geltende Grenze der zulässigen Emissionen und damit unmittelbar geltendes Recht sein sollen (BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 – 7 C 15.06 –, NVwZ 2007, 1086, RdNr. 15 in juris). Der Verordnungsgeber ist davon ausgegangen, dass bei Einhaltung der Anforderungen des § 4 der 17. BImSchV an die Feuerung von (Mit-)Verbrennungsanlagen, insbesondere der angegebenen Mindesttemperaturen und -verweilzeiten der Verbrennungsgase, die Grenzwerte der 17. BImSchV eingehalten werden können. Er fordert nicht, dass die (krebserzeugenden) Schadstoffe bei der Verbrennung zu 100% zerstört werden, sondern lässt es damit bewenden, zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen durch solche Stoffe Grenzwerte festzulegen. Er ist ferner davon ausgegangen, dass diese Grenzwerte bei Einhaltung einer Temperatur der Verbrennungsgase von mindestens 850°C erreicht werden können, wenn nicht besonders überwachungsbedürftige bzw. gefährliche Abfälle mit einem Halogengehalt aus halogenorganischen Stoffen von mehr als 1 vom Hundert des Gewichts verbrannt werden. Die an Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/76/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.12.2000 über die Verbrennung von Abfällen (ABl. L 332, S. 91) angepassten Regelungen des § 4 Abs. 2 und 6 der 17. BImSchV unterscheiden sich damit maßgeblich von den Bestimmungen der bis zum 31.03.1999 geltenden ursprünglichen Fassung vom 23.11.1990 (BGBl I S. 2545 [2832]). Diese sahen noch vor, dass die Temperatur der Gase, die bei der Verbrennung von Hausmüll oder hinsichtlich ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung ähnlicher Einsatzstoffe, von Klärschlamm, krankenhausspezifischen Abfällen oder Einsatzstoffen, die keine Halogen-Kohlenwasserstoffe enthalten, entstehen, nach der letzten Verbrennungsluftzuführung mindestens 850°C (Mindesttemperatur) betragen muss, während bei der Verbrennung von anderen Einsatzstoffen die Mindesttemperatur 1.200° C betragen muss.

32

Um die tatsächliche Einhaltung der Grenzwerte sicherzustellen, sind in § 4 Abs. 6 Sätze 3 bis 7 der 17. BImSchV weitere Betreiberpflichten vorgesehen. So hat eine Messung zu erfolgen, die an einer nach näherer Bestimmung durch die zuständige Behörde in der Genehmigung festgelegten repräsentativen Stelle des Brennraums oder Nachverbrennungsraums erfolgen muss. Die Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der repräsentativen Stelle erfolgt mit Zustimmung der zuständigen Behörde im Rahmen der Inbetriebnahme der Anlage. Die Einhaltung der festgelegten Mindesttemperatur und der Mindestverweilzeit ist zumindest einmal bei Inbetriebnahme der Anlage durch Messungen oder durch ein von der zuständigen Behörde anerkanntes Gutachten nachzuweisen. Die Mitverbrennungsanlagen sind so zu betreiben, dass eine möglichst vollständige Verbrennung von Abfällen und Stoffen nach § 1 Abs. 1 erreicht wird. Der Beklagte hat in der Nebenbestimmung Nr. 3.1.4 näher konkretisiert, wie und in welchen Intervallen die Messung und Überwachung zu erfolgen hat. So regeln die Nebenbestimmungen Nr. 3.1.4.9 und 3.1.4.10, dass durch Messung einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Stelle der Nachweis zu erbringen ist, dass die unter Nr. 3.1.3.1 Pkt. 3 und 4 festgelegten Emissionsgrenzwerte (u.a. für Benzo(a)pyren sowie für die im Anhang I der 17. BImSchV genannten Dioxine und Furane) nicht überschritten werden, und die Messungen im Zeitraum von zwölf Monaten nach Inbetriebnahme der Anlage alle zwei Monate mindestens an einem Tag und anschließend wiederkehrend spätestens alle zwölf Monate mindestens an drei Tagen durchzuführen sind. Das Immissionsschutzrecht begrenzt die schädlichen Umwelteinwirkungen vorrangig durch die Pflichten des Betreibers zur Einhaltung von Grenzwerten und zum Einsatz von dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen. Bei Erfüllung seiner Pflichten steht es dem Betreiber frei, welches Rauchgasreinigungsverfahren in seiner Anlage eingesetzt wird (BVerwG, Beschl. v. 09.04.2008 – 7 B 2.08 –, NVwZ 2008, 789 [790], RdNr. 7 in juris; Urt. v. 29.09.2011 – 7 C 21.09 –, NVwZ 2012, 176 [180], RdNr. 47). Der Anlagenbetrieb wäre einzustellen oder zu ändern, wenn es zu unzulässigen Überschreitungen der vorgegebenen Grenzwerte kommen sollte.

33

1.2.5. Vor diesem Hintergrund kann die Einschätzung des Beklagten, dass die Emissionsgrenzwerte der 17. BImSchV eingehalten werden können, nicht mit dem Hinweis darauf in Frage gestellt werden, dass die Messergebnisse aus einer Labor- und Technikumsanlage für die hier streitige Anlage nicht genügend Aussagekraft besäßen. Wie bereits die Vorinstanz ausgeführt hat, kommt es allein darauf an, ob die Prognose, die Anlage werde im bestimmungsgemäßen Betrieb die festgelegten Grenzwerte einhalten, vertretbar ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.2003 – 7 C 19.02 –, BVerwGE 119, 329 [337], RdNr. 19 in juris).

34

1.2.6. Soweit der Kläger zu 2 einwendet, es stelle sich die Frage, was mit im Filter gebliebenen Dioxinen, Furanen, Schwermetallverbindungen, unverbrannten Kohlenwasserstoffen, Stäuben und (anderen) Schadstoffen geschehe, ist nicht dargelegt, inwieweit sich daraus schädliche Umwelteinwirkungen für den Kläger zu 2 im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ergeben können. Im Übrigen enthält die angefochtene Genehmigung auch hierzu Nebenbestimmungen. In dem in der Nebenbestimmung Nr. 5.5 aufgenommenen Output-Katalog sind u.a. Filterstäube genannt, und in den folgenden Bestimmungen ist festgelegt, wie mit dem Output zu verfahren ist.

35

1.2.7. Nicht zu folgen ist auch der Annahme des Klägers zu 2, eine Abkühlung der Pyrolysegase auf <100°C sei nicht erlaubt, vielmehr sei die in § 4 der 17. BImSchV vorgegebene Verbrennungstemperatur während des gesamten Verbrennungsvorgangs einzuhalten. Zu unterscheiden ist zwischen der Pyrolyse und der Kondensation der bei Pyrolyse entstanden Gase einerseits und der sich daran anschließenden Verbrennung der verbleibenden Pyrolysegase andererseits. Pyrolyse und Kondensation sind nicht Teil des (eigentlichen) Verbrennungsvorgangs. Die Pyrolyse stellt vielmehr ein anderes thermisches Verfahren zur Behandlung von Abfällen als eine Verbrennung durch Oxidation dar (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.10.2012, a.a.O., RdNr. 18). Nach dem klaren Wortlaut des § 4 Abs. 6 Satz 1 der 17. BImSchV muss die Mindesttemperatur nur bei der Verbrennung eingehalten werden, und zwar gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 der 17. BImSchV für eine Verweilzeit von mindestens zwei Sekunden.

36

1.3. Zu Unrecht rügt der Kläger zu 2, vor Erteilung der Genehmigung hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen.

37

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Nr. 8.1.1.3 der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 23.10.2007 (BGBl I S. 2470) bedurften u.a. Anlagen zur Beseitigung oder Verwertung fester nicht gefährlicher Abfälle durch thermische Verfahren, insbesondere Entgasung, Plasmaverfahren, Pyrolyse, Vergasung, Verbrennung oder eine Kombination dieser Verfahren mit einem Abfalleinsatz – wie hier – von bis zu 3 Tonnen pro Stunde einer allgemeinen Vorprüfung. Gemäß § 3c Satz 1 UVPG ist in diesem Fall eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären.

38

Eine solche Vorprüfung führte der Beklagte durch (vgl. Bl. 273 ff. der Beiakte A) und kam zu dem Ergebnis, dass nach überschlägiger Prüfung der mit dem Vorhaben zusammenhängenden Sachverhalte unter dem Blickwinkel der Kriterien der Anlage 2 zum UVPG auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzicht werden könne.

39

Bei der UVP-Vorprüfung muss die Behörde aufgrund summarischer Ermittlungen und Bewertungen eine Prognose anstellen. Angesichts des Gesetzeswortlauts („Einschätzung" der Behörde) und wegen des Prognosecharakters der Vorprüfung besitzt die Behörde auch insoweit einen gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum (Einschätzungsprärogative). Dem trägt die Vorschrift des § 3a Satz 4 UVPG Rechnung, nach der die auf einer Vorprüfung des Einzelfalls beruhende Einschätzung der zuständigen Behörde, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Zulässigkeit des Vorhabens nur darauf zu überprüfen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Inhaltlich umfasst die richterliche Kontrolle der negativen Feststellung (§ 3a Satz 1 UVPG) nach einer Vorprüfung die Frage, ob die Behörde bei ihrer Einschätzung die in der Anlage 2 zum Gesetz aufgeführten Kriterien berücksichtigt hat (vgl. § 3c Abs. 1 Satz 1) und (aufgrund der ihr obliegenden überschlägigen Prüfung) insgesamt zu einem den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden, nachvollziehbaren und in diesem Sinne vertretbaren Ergebnis gelangt ist (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 07.12.2006 – 4 C 16.04 – BVerwGE 127, 208 [228 f.], RdNr. 48 ff.). Nachvollziehbar im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG bedeutet, dass das Ergebnis der behördlichen Prognose nach § 12 UVPG durch ein Gericht nicht auf materielle Richtigkeit, sondern lediglich auf Plausibilität zu überprüfen ist; im gerichtlichen Verfahren zu beanstandende Rechtsfehler, welche die Nachvollziehbarkeit ausschließen, liegen lediglich dann vor, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie ersichtlich auf das Ergebnis durchschlagen konnten, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung liegt (VGH BW, Beschl. v. 25.09.2012 – 10 S 731/12 –, DVBl 2012, 1506, RdNr. 28 in juris, m.w.N.).

40

Gemessen daran kann der Kläger zu 2 die vom Beklagten vorgenommene Prognose bezüglich der Luftschadstoffe, dass durch die Reinigung der Pyrolyserauchgase die Grenzwerte der 17. BImSchV eingehalten werden, nicht mit dem Hinweis darauf in Zweifel ziehen, dass die Emissionslage der geplanten Anlage unklar sei und hohe ökotoxikologische und gesundheitliche Risiken durch die spezifischen und hochkomplexen Schadstoffemissionen der Anlage bestünden.

41

1.4. Ohne Erfolg bleibt auch der Vortrag des Klägers zu 2, es sollte durch einen unabhängigen Sachverständigen (nach § 29a BImSchG) festgestellt werden, ob die Anlage der Beigeladenen der Störfallverordnung (12. BImSchV) unterliege. Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen dargelegt, weshalb nach seiner Auffassung der Betrieb der Beigeladenen nicht der 12. BImSchV unterliegt. Mit den ausführlichen Darlegungen hierzu (S. 34 ff. der Urteilsgründe) setzt sich die Zulassungsschrift nicht auseinander.

42

1.5. Zu Unrecht rügt der Kläger zu 2, die Beigeladene sei bisher den Nachweis schuldig geblieben, dass das von ihr angeblich patentierte Verfahren den Anforderungen nach dem Stand der Technik genüge.

43

Mangels Rechtsbetroffenheit kann sich ein Kläger nicht darauf berufen, eine Anlage entspreche entgegen der Vorgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG nicht (mehr) dem Stand der Technik (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.01.2009 – 7 B 47.08 –, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 27, RdNr. 11 in juris). Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG hat, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine nachbarschützende Wirkung. Im Übrigen steht es dem Betreiber, auch wenn sich die Anlagentechnik neuen Verfahrensweisen zuneigt, im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG frei, welche Anlagentechnik er zum Einsatz bringt, wenn er durch fortschrittliche Abgasreinigungstechnik dafür Sorge trägt, dass die vorgegebenen Emissionsgrenzwerte eingehalten werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.01.2009, a.a.O.).

44

1.6. Soweit der Kläger zu 2 nochmals darauf verweist, dass es sich bei den in der Anlage entstehenden Erzeugnissen Carbon Black und Pyrolyseöl um gefährliche Abfälle handele, ist wiederum nicht ersichtlich, inwieweit deshalb die angefochtene Genehmigung dem Schutz des Klägers zu 2 dienende Rechtsvorschriften verletzt.

45

In der Genehmigung sind in den abfallrechtlichen Nebenbestimmungen Nr. 5.4 und 5.5 die Pyrolyseabfälle (nicht spezifikationsgerechter Ruß und Pyrolyseöl) im Outputkatalog als gefährliche Abfälle bezeichnet. In der Nebenbestimmung Nr. 5.11.1 werden Anforderungen zur stofflichen oder energetischen Verwertung des nicht spezifikationsgerechten Rußes und der Pyrolyseöle gestellt. So wird darin u.a. festgelegt, dass Pyrolyseöle, welche mehr als 20 mg PCB/kg oder mehr als 2 g Gesamthalogen/kg aufweisen und die sonstigen Anforderungen nach § 3 AltölV nicht erfüllen, nicht der Aufbereitung zugeführt werden dürfen. Weiter wird darin bestimmt, dass der Betreiber für den Fall, dass nach Erreichen des bestimmungsgemäßen Betriebs eine Einstufung dieses Abfalls als nicht gefährlicher Abfall vorgesehen sein sollte, ein Gutachten von einem akkreditierten Labor vorzulegen ist, welches den Nachweis erbringt, dass der Abfall keine nach § 3 Abs. 2 AVV gefährlichen Eigenschaften enthält. (Erst) nach Bestätigung eines solchen Gutachtens durch die obere Abfallbehörde ist die Entsorgung als nicht gefährlicher Abfall möglich. Sollte die Einstufung von Ruß als Produkt vorgesehen sein, so ist diese Produktanerkennung von dem dafür zuständigen Materialprüfamt schriftlich bei der oberen Abfallbehörde vorzulegen. Nach Prüfung dieser Produktanerkennung durch die obere Abfallbehörde besteht je nach Prüfergebnis die Möglichkeit, den entstehenden Ruß nicht mehr dem Abfallbegriff zuzuordnen.

46

2. Der vom Kläger zu 2 geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Er rügt zu Unrecht, das Verwaltungsgericht habe nicht durch ein Sachverständigengutachten „die Plausibilität der Messergebnisse“ aufgeklärt.

47

Wird ein Aufklärungsmangel behauptet, muss der Rechtsmittelführer darlegen, hinsichtlich welcher Tatsachen Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und dass bereits in der Vorinstanz, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, entweder auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.07.1998 – 6 B 67.98 –, Juris, m.w.N.; Beschl. d. Senats v. 21.02.2007 – 2 L 156/05 –, Juris). Ein lediglich schriftsätzlich angekündigter Beweisantrag genügt diesen Anforderungen nicht (BVerwG, Beschl. v. 03.07.1998, a. a. O.; Beschl. v. 06.03.1995 – 6 B 81.94 –, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwG Nr. 265).

48

Der Kläger zu 2 hat nicht dargelegt, hinsichtlich welcher entscheidungserheblichen Tatsachen sich dem Verwaltungsgericht – auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung – eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Seinem Vorbringen zum Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (S. 9 des Begründungsschriftsatzes) dürfte zu entnehmen sein, dass er die Messergebnisse der Versuchsanlage bzw. deren Übertragbarkeit auf die streitgegenständliche Anlage anzweifelt. Es ist bereits zweifelhaft, ob mit der „Plausibilität der Messergebisse“ eine aufzuklärende Tatsache hinreichend bezeichnet ist. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht seine Prognose, dass die Grenzwerte der 17. BImSchV, insbesondere was PAK, Dioxine und Furane anbetrifft, auch tatsächlich eingehalten werden können, auf mehrere Gesichtspunkte gestützt. Es hat zum einen darauf verwiesen, dass bereits durch den ersten Behandlungsschritt (Kondensation der bei der Pyrolyse entstandenen Gase) PAK, Dioxine und Furane im Pyrolyseöl nicht gebildet sondern gebunden werden und sich insoweit auf Fachliteratur berufen. Zum anderen hat es sich darauf gestützt, dass jedenfalls im zweiten Behandlungsschritt durch Verbrennung der übrig gebliebenen Pyrolysegase in einem Temperaturbereich von 850°C bis 1.100°C wie bei einer Vielzahl anderer Müllverbrennungsanlagen und ggf. durch Erhöhung der Temperatur bis 1.300° C die Grenzwerte eingehalten werden können. Die Annahme, dass eine Verbrennung der Pyrolysegase zu einer weitgehenden, die Einhaltung der Grenzwerte gewährleistenden Zerstörung dieser Schadstoffe führt, begegnet aus den oben bereits dargelegten Gründen, keinen durchgreifenden Zweifeln. Lediglich ergänzend hat das Verwaltungsgericht auf die an der Versuchsanlage der Beigeladenen durchgeführten Messungen der öko-control GmbH verwiesen, die ergeben hätten, dass die Emissionsgrenzwerte bezüglich fast aller Schadstoffe bereits im unbehandelten Rohgas eingehalten worden seien.

49

3. Der Kläger zu 2 hat auch keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) in ausreichender Weise dargetan.

50

Besondere Schwierigkeiten liegen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 27.12.2006 – 2 L 66/05 –, Juris) vor bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Tatsächlichen besonders bei wirtschaftlichen, technischen und wissenschaftlichen Zusammenhängen, wenn der Sachverhalt schwierig zu überschauen oder zu ermitteln ist, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen. Die besonderen Schwierigkeiten müssen sich allerdings auf Fragen beziehen, die für den konkreten Fall und das konkrete Verfahren entscheidungserheblich sind (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 124 RdNr. 10). Dem entsprechend müssen komplexe technische Zusammenhänge, um besondere tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache begründen zu können, für die Entscheidung bedeutsam sein. Besondere rechtliche Schwierigkeiten können sich auch dann ergeben, wenn zu einzelnen Rechtsfragen in der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur uneinheitliche Auffassungen bestehen und deshalb eine eingehende Auseinandersetzung mit diesen Rechtsauffassungen nötig erscheint (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 [3643], RdNr. 21 in juris). Wie beim Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 21.12.2011 – 4 B 14.11 –, juris, RdNr. 4) enthält hingegen nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift gleichzeitig eine im Berufungsverfahren zu klärende Fragestellung, namentlich dann wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen obergerichtlichen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt. Ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, mag sich häufig schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils ergeben; dann genügt der Antragsteller seiner Darlegungslast regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteils. Soweit er die Schwierigkeiten des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, kann gefordert werden, dass er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 – 1 BvR 830/00 –, DVBl 2000, 1458 [1459], RdNr. 17 in juris).

51

Gemessen daran genügt der Kläger zu 2 den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht. Zur Begründung tatsächlicher Schwierigkeiten verweist er lediglich darauf, dass der Sachverhalt vor allem in technischer Hinsicht höchst vielschichtig sei. Inwieweit es auf technische Einzelheiten der Anlage entscheidungserheblich ankommt, legt er indes nicht dar. Er benennt auch nicht, wo besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen sollen. Im Übrigen lassen sich die vom Kläger zu 2 beim Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufgeworfenen Fragen, insbesondere was die Anwendung der 17. BImSchV anbetrifft, ohne besondere Schwierigkeiten anhand des Wortlauts der Vorschriften unter Zuhilfenahme der bereits vorliegenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beantworten.

52

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 12.12.2011 – 2 M 162/11 –, BauR 2012, 756) sind die Kosten des notwendig beigeladenen Bauherrn, unabhängig davon, ob er einen Antrag gestellt hat, in der Regel für erstattungsfähig zu erklären.

53

III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 19.2, 2.2.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).

54

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Der Aufenthaltstitel wird für das Bundesgebiet erteilt. Seine Gültigkeit nach den Vorschriften des Schengener Durchführungsübereinkommens für den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien bleibt unberührt.

(2) Das Visum und die Aufenthaltserlaubnis können mit Bedingungen erteilt und verlängert werden. Sie können, auch nachträglich, mit Auflagen, insbesondere einer räumlichen Beschränkung, verbunden werden. Insbesondere kann die Aufenthaltserlaubnis mit einer räumlichen Beschränkung versehen werden, wenn ein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a besteht und dies erforderlich ist, um den Ausländer aus einem Umfeld zu lösen, welches die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten begünstigt.

(3) Ein Ausländer hat den Teil des Bundesgebiets, in dem er sich ohne Erlaubnis der Ausländerbehörde einer räumlichen Beschränkung zuwider aufhält, unverzüglich zu verlassen.

(4) Der Aufenthalt eines Ausländers, der keines Aufenthaltstitels bedarf, kann zeitlich und räumlich beschränkt sowie von Bedingungen und Auflagen abhängig gemacht werden.

(5) Die Ausländerbehörde kann dem Ausländer das Verlassen des auf der Grundlage dieses Gesetzes beschränkten Aufenthaltsbereichs erlauben. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn hieran ein dringendes öffentliches Interesse besteht, zwingende Gründe es erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Der Ausländer kann Termine bei Behörden und Gerichten, bei denen sein persönliches Erscheinen erforderlich ist, ohne Erlaubnis wahrnehmen.

(1) Unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, werden vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Sie haben keinen Anspruch darauf, in ein bestimmtes Land oder an einen bestimmten Ort verteilt zu werden. Die Verteilung auf die Länder erfolgt durch eine vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmte zentrale Verteilungsstelle. Solange die Länder für die Verteilung keinen abweichenden Schlüssel vereinbart haben, gilt der für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel. Jedes Land bestimmt bis zu sieben Behörden, die die Verteilung durch die nach Satz 3 bestimmte Stelle veranlassen und verteilte Ausländer aufnehmen. Weist der Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nach, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, ist dem bei der Verteilung Rechnung zu tragen.

(2) Die Ausländerbehörden können die Ausländer verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung veranlasst. Dies gilt nicht, wenn dem Vorbringen nach Absatz 1 Satz 6 Rechnung zu tragen ist. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Verpflichtung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.

(3) Die zentrale Verteilungsstelle benennt der Behörde, die die Verteilung veranlasst hat, die nach den Sätzen 2 und 3 zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung. Hat das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote nicht erfüllt, ist die dieser Behörde nächstgelegene aufnahmefähige Aufnahmeeinrichtung des Landes aufnahmepflichtig. Andernfalls ist die von der zentralen Verteilungsstelle auf Grund der Aufnahmequote nach § 45 des Asylgesetzes und der vorhandenen freien Unterbringungsmöglichkeiten bestimmte Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme verpflichtet. § 46 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes sind entsprechend anzuwenden.

(4) Die Behörde, die die Verteilung nach Absatz 3 veranlasst hat, ordnet in den Fällen des Absatzes 3 Satz 3 an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat; in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 darf sie dies anordnen. Die Ausländerbehörde übermittelt das Ergebnis der Anhörung an die die Verteilung veranlassende Stelle, die die Zahl der Ausländer unter Angabe der Herkunftsländer und das Ergebnis der Anhörung der zentralen Verteilungsstelle mitteilt. Ehegatten sowie Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sind als Gruppe zu melden und zu verteilen. Der Ausländer hat in dieser Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, bis er innerhalb des Landes weiterverteilt wird, längstens jedoch bis zur Aussetzung der Abschiebung oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels; die §§ 12 und 61 Abs. 1 bleiben unberührt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung innerhalb des Landes zu regeln, soweit dies nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes durch Landesgesetz geregelt wird; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen des Landes übertragen. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Anordnung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 7 und 8 gelten entsprechend, wenn eine Verteilungsanordnung auf Grund eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung nach Satz 5 ergeht.

(5) Die zuständigen Behörden können dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Nach erlaubtem Wohnungswechsel wird der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen und der des aufnehmenden Landes angerechnet.

(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1. Januar 2005 eingereist sind.

(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er

1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt,
2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt,
2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder
3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.

(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.

(1) Unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, werden vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Sie haben keinen Anspruch darauf, in ein bestimmtes Land oder an einen bestimmten Ort verteilt zu werden. Die Verteilung auf die Länder erfolgt durch eine vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmte zentrale Verteilungsstelle. Solange die Länder für die Verteilung keinen abweichenden Schlüssel vereinbart haben, gilt der für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel. Jedes Land bestimmt bis zu sieben Behörden, die die Verteilung durch die nach Satz 3 bestimmte Stelle veranlassen und verteilte Ausländer aufnehmen. Weist der Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nach, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, ist dem bei der Verteilung Rechnung zu tragen.

(2) Die Ausländerbehörden können die Ausländer verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung veranlasst. Dies gilt nicht, wenn dem Vorbringen nach Absatz 1 Satz 6 Rechnung zu tragen ist. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Verpflichtung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.

(3) Die zentrale Verteilungsstelle benennt der Behörde, die die Verteilung veranlasst hat, die nach den Sätzen 2 und 3 zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung. Hat das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote nicht erfüllt, ist die dieser Behörde nächstgelegene aufnahmefähige Aufnahmeeinrichtung des Landes aufnahmepflichtig. Andernfalls ist die von der zentralen Verteilungsstelle auf Grund der Aufnahmequote nach § 45 des Asylgesetzes und der vorhandenen freien Unterbringungsmöglichkeiten bestimmte Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme verpflichtet. § 46 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes sind entsprechend anzuwenden.

(4) Die Behörde, die die Verteilung nach Absatz 3 veranlasst hat, ordnet in den Fällen des Absatzes 3 Satz 3 an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat; in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 darf sie dies anordnen. Die Ausländerbehörde übermittelt das Ergebnis der Anhörung an die die Verteilung veranlassende Stelle, die die Zahl der Ausländer unter Angabe der Herkunftsländer und das Ergebnis der Anhörung der zentralen Verteilungsstelle mitteilt. Ehegatten sowie Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sind als Gruppe zu melden und zu verteilen. Der Ausländer hat in dieser Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, bis er innerhalb des Landes weiterverteilt wird, längstens jedoch bis zur Aussetzung der Abschiebung oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels; die §§ 12 und 61 Abs. 1 bleiben unberührt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung innerhalb des Landes zu regeln, soweit dies nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes durch Landesgesetz geregelt wird; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen des Landes übertragen. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Anordnung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 7 und 8 gelten entsprechend, wenn eine Verteilungsanordnung auf Grund eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung nach Satz 5 ergeht.

(5) Die zuständigen Behörden können dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Nach erlaubtem Wohnungswechsel wird der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen und der des aufnehmenden Landes angerechnet.

(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1. Januar 2005 eingereist sind.

(1) Örtlich zuständig ist

1.
in Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt;
2.
in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer seiner Betriebsstätten, auf die Ausübung eines Berufs oder auf eine andere dauernde Tätigkeit beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Unternehmen oder die Betriebsstätte betrieben oder der Beruf oder die Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll;
3.
in anderen Angelegenheiten, die
a)
eine natürliche Person betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte,
b)
eine juristische Person oder eine Vereinigung betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die juristische Person oder die Vereinigung ihren Sitz hat oder zuletzt hatte;
4.
in Angelegenheiten, bei denen sich die Zuständigkeit nicht aus den Nummern 1 bis 3 ergibt, die Behörde, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.

(2) Sind nach Absatz 1 mehrere Behörden zuständig, so entscheidet die Behörde, die zuerst mit der Sache befasst worden ist, es sei denn, die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde bestimmt, dass eine andere örtlich zuständige Behörde zu entscheiden hat. Sie kann in den Fällen, in denen eine gleiche Angelegenheit sich auf mehrere Betriebsstätten eines Betriebs oder Unternehmens bezieht, eine der nach Absatz 1 Nr. 2 zuständigen Behörden als gemeinsame zuständige Behörde bestimmen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten zur einheitlichen Entscheidung geboten ist. Diese Aufsichtsbehörde entscheidet ferner über die örtliche Zuständigkeit, wenn sich mehrere Behörden für zuständig oder für unzuständig halten oder wenn die Zuständigkeit aus anderen Gründen zweifelhaft ist. Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde, so treffen die fachlich zuständigen Aufsichtsbehörden die Entscheidung gemeinsam.

(3) Ändern sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, so kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt.

(4) Bei Gefahr im Verzug ist für unaufschiebbare Maßnahmen jede Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Die nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 örtlich zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.

(1) Unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, werden vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Sie haben keinen Anspruch darauf, in ein bestimmtes Land oder an einen bestimmten Ort verteilt zu werden. Die Verteilung auf die Länder erfolgt durch eine vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmte zentrale Verteilungsstelle. Solange die Länder für die Verteilung keinen abweichenden Schlüssel vereinbart haben, gilt der für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel. Jedes Land bestimmt bis zu sieben Behörden, die die Verteilung durch die nach Satz 3 bestimmte Stelle veranlassen und verteilte Ausländer aufnehmen. Weist der Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nach, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, ist dem bei der Verteilung Rechnung zu tragen.

(2) Die Ausländerbehörden können die Ausländer verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung veranlasst. Dies gilt nicht, wenn dem Vorbringen nach Absatz 1 Satz 6 Rechnung zu tragen ist. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Verpflichtung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.

(3) Die zentrale Verteilungsstelle benennt der Behörde, die die Verteilung veranlasst hat, die nach den Sätzen 2 und 3 zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung. Hat das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote nicht erfüllt, ist die dieser Behörde nächstgelegene aufnahmefähige Aufnahmeeinrichtung des Landes aufnahmepflichtig. Andernfalls ist die von der zentralen Verteilungsstelle auf Grund der Aufnahmequote nach § 45 des Asylgesetzes und der vorhandenen freien Unterbringungsmöglichkeiten bestimmte Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme verpflichtet. § 46 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes sind entsprechend anzuwenden.

(4) Die Behörde, die die Verteilung nach Absatz 3 veranlasst hat, ordnet in den Fällen des Absatzes 3 Satz 3 an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat; in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 darf sie dies anordnen. Die Ausländerbehörde übermittelt das Ergebnis der Anhörung an die die Verteilung veranlassende Stelle, die die Zahl der Ausländer unter Angabe der Herkunftsländer und das Ergebnis der Anhörung der zentralen Verteilungsstelle mitteilt. Ehegatten sowie Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sind als Gruppe zu melden und zu verteilen. Der Ausländer hat in dieser Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, bis er innerhalb des Landes weiterverteilt wird, längstens jedoch bis zur Aussetzung der Abschiebung oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels; die §§ 12 und 61 Abs. 1 bleiben unberührt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung innerhalb des Landes zu regeln, soweit dies nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes durch Landesgesetz geregelt wird; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen des Landes übertragen. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Anordnung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 7 und 8 gelten entsprechend, wenn eine Verteilungsanordnung auf Grund eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung nach Satz 5 ergeht.

(5) Die zuständigen Behörden können dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Nach erlaubtem Wohnungswechsel wird der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen und der des aufnehmenden Landes angerechnet.

(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1. Januar 2005 eingereist sind.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Örtlich zuständig ist

1.
in Angelegenheiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt;
2.
in Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer seiner Betriebsstätten, auf die Ausübung eines Berufs oder auf eine andere dauernde Tätigkeit beziehen, die Behörde, in deren Bezirk das Unternehmen oder die Betriebsstätte betrieben oder der Beruf oder die Tätigkeit ausgeübt wird oder werden soll;
3.
in anderen Angelegenheiten, die
a)
eine natürliche Person betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder zuletzt hatte,
b)
eine juristische Person oder eine Vereinigung betreffen, die Behörde, in deren Bezirk die juristische Person oder die Vereinigung ihren Sitz hat oder zuletzt hatte;
4.
in Angelegenheiten, bei denen sich die Zuständigkeit nicht aus den Nummern 1 bis 3 ergibt, die Behörde, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt.

(2) Sind nach Absatz 1 mehrere Behörden zuständig, so entscheidet die Behörde, die zuerst mit der Sache befasst worden ist, es sei denn, die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde bestimmt, dass eine andere örtlich zuständige Behörde zu entscheiden hat. Sie kann in den Fällen, in denen eine gleiche Angelegenheit sich auf mehrere Betriebsstätten eines Betriebs oder Unternehmens bezieht, eine der nach Absatz 1 Nr. 2 zuständigen Behörden als gemeinsame zuständige Behörde bestimmen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten zur einheitlichen Entscheidung geboten ist. Diese Aufsichtsbehörde entscheidet ferner über die örtliche Zuständigkeit, wenn sich mehrere Behörden für zuständig oder für unzuständig halten oder wenn die Zuständigkeit aus anderen Gründen zweifelhaft ist. Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde, so treffen die fachlich zuständigen Aufsichtsbehörden die Entscheidung gemeinsam.

(3) Ändern sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, so kann die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt.

(4) Bei Gefahr im Verzug ist für unaufschiebbare Maßnahmen jede Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Die nach Absatz 1 Nr. 1 bis 3 örtlich zuständige Behörde ist unverzüglich zu unterrichten.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Tatbestand

1

Der am (…) 1980 im Irak geborene Kläger begehrt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Er reiste am 25.01.2001 in das Bundesgebiet ein und stellte am 02.02.2001 einen Asylantrag. Aufgrund eines Verpflichtungsurteils des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 12.02.2002 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 10.04.2002 fest, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AusIG hinsichtlich des Irak vorliegen. Der Landkreis G. erteilte ihm daraufhin mit Bescheid vom 22.04.2002 eine bis zum 21.04.2004 gültige Aufenthaltsbefugnis, die die Auflage enthielt, den Wohnsitz im Landkreis G. zu nehmen. Nachdem der Kläger nach M-Stadt verzogen war und dort eine Arbeit aufgenommen hatte, verlängerte die nunmehr zuständige Beklagte am 25.03.2004 die Aufenthaltsbefugnis bis zum 25.03.2006. Nachdem das Bundesamt die Feststellung nach § 51 Abs. 1 AusIG mit Bescheid vom 24.09.2004 widerrufen und das Verwaltungsgericht Magdeburg die hiergegen erhobene Klage mit Urteil vom 18.03.2005 abgewiesen hatte, widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2006 den als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG fortgeltenden Aufenthaltstitel. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Landesverwaltungsamt mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2010 zurück. Hiergegen erhob der Kläger keine Klage. Einen bereits am 28.02.2006 gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nahm der Kläger daraufhin zurück. Einen weiteren Antrag vom 01.12.2006 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung der Innenministerkonferenz vom 17.11.2006 lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 21.05.2007 ab, weil der Kläger nicht seit acht Jahren ununterbrochen in der Bundesrepublik gelebt habe.

2

Den vom Kläger bereits am 27.10.2006 gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen lehnte die Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 08.01.2007 ab. Zur Begründung gab sie an, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1, 2 oder 3 AufenthG seien nicht gegeben, weil der Kläger weder asylberechtigt sei noch die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Abschiebung nach § 60 AufenthG vorlägen. Es bestünden auch keine dringenden humanitären oder persönlichen Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen an der vorübergehenden weiteren Anwesenheit des Klägers in der Bundesrepublik, so dass die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht komme. Da der Kläger keine Aufenthaltserlaubnis besitze, scheide auch eine Verlängerung der Erlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG aus. Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG sei schon deshalb nicht zu erteilen, weil der Kläger nicht vollziehbar ausreisepflichtig sei, solange der Entzug der Aufenthaltserlaubnis angefochten sei. Es bestehe kein Abschiebestopp, und eine freiwillige Ausreise sei jederzeit möglich. Die Behauptung, im Irak durch Morddrohungen gefährdet zu sein, müsse der Kläger in einem Asylfolgeverfahren geltend machen und sei für die Aufenthaltserlaubnis unerheblich. Auch wenn der Kläger durch den vorgelegten Arbeitsvertrag und seine Gehaltsnachweise belege, dass er wirtschaftlich integriert sei und seinen Lebensunterhalt selbst sicherstellen könne, sei dies unerheblich; denn ungeachtet seines Integrationswillens müsse ein Ausländer stets mit der Beendigung seines Aufenthalts rechnen. Da die Feststellung des Bestehens von Abschiebungshindernissen widerrufen worden sei, müsse der Kläger seinen Aufenthalt beenden. Eine Aufenthaltsverfestigung liege nicht vor, da er nur drei Jahre und zwei Monate rechtmäßigen Aufenthalts in der Bundesrepublik nachweisen könne.

3

Hiergegen erhob der Kläger am 02.02.2007 Widerspruch. Am 28.02.2007 stellte er einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, den das Bundesamt mit Bescheid vom 07.03.2007 ablehnte. Die hiergegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg. Zur Begründung seines Widerspruchs gab der Kläger an: Er erfülle die Voraussetzungen für ein Bleiberecht nach mehreren Altfallregelungen nur knapp nicht. Die rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise ergebe sich aus Art. 8 EMRK. Er habe sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als viele andere Ausländer intensiv in Deutschland eingelebt und integriert. Immer, wenn es möglich gewesen sei, habe er gearbeitet. Dem stehe eine Rückkehr in seine Heimat ohne nahe Verwandte und mit äußerst unsicherer Perspektive gegenüber. Er erfülle die Anforderungen an das Maß an Integration und könne zugleich nicht in den Irak, ein instabiles, im Umbruch begriffenes Land zurückkehren, dessen gesellschaftliche Verhältnisse durch religiöse und ethnische Konflikte geprägt seien. Er würde dann auch von seiner Familie getrennt, wobei der Familienbegriff auch die Familie eines Erwachsenen (Eltern, Geschwister) umfasse.

4

Mit Bescheid vom 23.09.2010 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte die Widerspruchsbehörde u.a. aus: Zwar sei der Kläger seit mehr als 18 Monaten geduldet, daraus erwachse jedoch kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, da ihm die freiwillige Ausreise möglich und zumutbar sei. Das Bundesamt habe zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bindend ausgeschlossen. Schutzwürdige persönliche Gründe, die ein Verlassen der Bundesrepublik unzumutbar machten, seien nicht vorgetragen. Der Familienverbund zwischen erwachsenen Familienmitgliedern gehöre nicht zum Schutzbereich der Kernfamilie. Die im Kulturkreis des Klägers übliche engere Verbindung der Familie über die Kernfamilie hinaus sei aufenthaltsrechtlich unerheblich. Es liege auch kein Sonderfall vor, in dem der Aufenthalt des Klägers etwa zur Pflege seiner Eltern notwendig sei. Zur sozialen und tatsächlichen Integration sei zu pauschal vorgetragen worden. Der Kläger sei während der ersten 20 Jahre im Irak sozialisiert worden. Daran könne er bei einer Rückkehr anknüpfen. Es fehle zudem an einem rechtmäßigen Aufenthalt.

5

Am 21.10.2010 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen Folgendes vorgetragen hat: Seine gesamte Familie (Eltern, fünf Schwestern, ein Bruder) besitze inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit. Er selbst habe sich ebenfalls in seinem 10jährigen Aufenthalt in Deutschland in die hiesigen sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse integriert. Im Irak habe er keine sozialen Kontakte mehr. Seine soziale Persönlichkeit würde zerstört, wenn er in den Irak zurückkehren müsste. Er habe am 26.12.2010 nach irakischem Recht eine in Deutschland lebende Irakerin geheiratet, die über eine Aufenthaltserlaubnis verfüge.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

den Bescheid der Beklagten vom 08.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 23.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

8

Die Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen

10

und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

11

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 08.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes vom 23.09.2010 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es lägen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger in einem Maße in seinen Lebensbeziehungen in Deutschland integriert sei, dass eine erzwungene Aufenthaltsbeendigung eine Verletzung seines Rechts auf Achtung seines Privatlebens aus Art. 8 EMRK darstelle. Der Kläger lebe inzwischen seit mehr als 11 Jahren in Deutschland. Der Umstand, dass er sich den überwiegenden Teil der Zeit nur geduldet im Bundesgebiet aufgehalten habe, spreche nicht von vornherein dagegen, ihm ein Recht auf den Schutz seines sozialen Lebens zuzusprechen; denn die Dauer der verschiedenen Verfahren, die der Kläger durchlaufen habe, sei nicht ihm anzulasten. Er habe während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik schnell die deutsche Sprache erlernt und, soweit es erlaubt und im Rahmen seines Aufenthaltsstatus möglich gewesen sei, sozialversicherungspflichtig gearbeitet sowie seinen Lebensunterhalt weitgehend selbst bestritten. Er sei nicht straffällig geworden. Seine gesamte Familie besitze zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit. Er habe eine in Deutschland mit einem Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 3 AufenthG ausgestattete Irakerin geheiratet, so dass, auch wenn die Gültigkeit dieser Eheschließung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht festgestanden habe, seine soziale Verwurzelung zwischenzeitlich in Deutschland liege. Eine Aufrechterhaltung dieser Beziehungen dürfte sich nach einer Rückkehr in den Irak nur schwer realisieren lassen. Da der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfülle, seien im Rahmen der Ermessensausübung die gegenläufigen öffentlichen Interessen abzuwägen, die gegen einen weiteren Aufenthalt des Klägers in Deutschland sprächen. Die Beklagte und die Widerspruchsbehörde hätten insbesondere außer Acht gelassen, dass die gesamte Familie des Klägers – bis auf einen in Schweden lebenden Bruder – in Deutschland lebe und nach dem hier zu Grunde zu legenden Sachstand im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sogar die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Es stehe daher nicht zu erwarten, dass diese die Bundesrepublik je wieder verlassen werden, so dass der Kläger im Falle einer Abschiebung tatsächlich im Irak auf sich allein gestellt wäre. Selbst wenn eine „arabische Großfamilie“ nicht dem Kernfamilienbegriff des Art. 6 GG unterfalle, dürfte jedoch im Hinblick auf die für den Kläger und seine Familie prägende Kultur und die identitätsstiftende Wirkung der familiären Bindungen dieser Umstand nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Nach alledem dürfte der Kläger über starke soziale und wirtschaftliche Bindungen im Sinne qualitativer Integrationsleistungen verfügen, welche er ausschließlich im Bundesgebiet leben könne. Dringende öffentliche Belange, die einen weiteren Aufenthalt in Deutschland und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Kläger unmöglich machten, seien dagegen nicht erkennbar. Insbesondere im Hinblick darauf, dass eine Abschiebung in den Irak derzeit ohnehin nicht erfolge und eine freiwillige Ausreise im Hinblick auf die sozialen Beziehungen des Klägers in der Bundesrepublik ebenfalls zeitnah nicht zu erwarten sei, scheine die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis – vorbehaltlich der Erfüllung der Voraussetzungen des § 5 AufenthG – nicht geboten.

12

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Beklagte wie folgt begründet:

13

Sie sei zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts örtlich nicht mehr zuständig gewesen, da der Kläger bereits im Laufe des Gerichtsverfahrens im November 2011 nach A-Stadt verzogen sei. Eine Zustimmung der Ausländerbehörde zur Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 3 Abs. 3 VwVfG liege nicht vor. Daher habe das Verwaltungsgericht sie mit dem Bescheidungsurteil zu etwas verpflichtet, was sie wegen fehlender Zuständigkeit rechtlich gar nicht umsetzen könne bzw. dürfe. Der Kläger müsse vielmehr einen neuen Antrag in A-Stadt stellen.

14

Im Übrigen habe der Kläger auch materiell-rechtlich keinen Anspruch auf Neubescheidung. Der dem Kläger erteilte Aufenthaltstitel sei bis zuletzt befristet gewesen, so dass sein Aufenthaltsrecht jederzeit habe enden können. Schon im Jahr 2004 habe ihn das Bundesamt über den beabsichtigten Erlass eines Widerrufsbescheides informiert. Ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand habe daher nicht entstehen können. Allein seine bisherige Aufenthaltsdauer belege nicht, dass eine Aufenthaltsbeendigung ihn wesentlich härter treffen würde als andere Ausländer in vergleichbarer Lage. Unabhängig davon könnten weder die eigenständige Sicherung des Lebensunterhaltes noch die Zeiten seines faktischen Aufenthalts im Bundesgebiet ein Aufenthaltsrecht begründen. Auch aus dem Gesichtspunkt der Achtung des Familienlebens könne sich ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann ergeben, wenn die Ablehnung des Aufenthaltsrechts unter dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK bereits im Bundesgebiet bestehende familiäre Beziehungen zerstören würde. Allein die Tatsache, dass der Kläger nicht straffällig geworden sei, berufstätig sei und seine gesamte Familie die deutsche Staatsangehörigkeit besitze, sei kein entscheidendes Kriterium, um eine soziale Verwurzelung zu bejahen. Insoweit könne nur auf die Kernfamilie abgestellt werden, nicht auf sonstige weitere Verwandte. Die Familienmitglieder des Klägers hätten den Irak bereits Jahre bzw. Monate vor ihm verlassen (Vater im Jahr 1997, Mutter und Geschwister im Januar 2000), so dass er bereits vor der Reise nach Deutschland allein im Heimatland ohne seine Geschwister und Eltern gelebt habe.

15

Die Beklagte beantragt,

16

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

17

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

18

die Berufung zurückzuweisen, soweit das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 08.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt vom 23.09.2010 aufgehoben hat.

19

Er trägt vor: Zwar dürfte die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung aufzuheben sein, weil die Ausländerbehörde in A-Stadt die Wohnsitzänderung gebilligt und ihm eine Duldung erteilt habe. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, sei aber zutreffend. Im Falle einer Klageabweisung insgesamt würde der ablehnende Bescheid der Beklagten bestandskräftig mit der Folge, dass kein Raum für eine Neubescheidung durch die nunmehr zuständige Ausländerbehörde in A-Stadt bliebe. Die Entscheidung der Beklagten sei indes ermessensfehlerhaft. Es fehle die nach der Rechtsprechung des EGMR geforderte grundlegende Verhältnismäßigkeitsprüfung, die die Beklagte auch in ihrer Berufungsbegründung nicht vornehme und zudem im gerichtlichen Verfahren auch nicht nachholen könnte. Dass die Beklagte eine solche (erneute) Entscheidung zu fällen gar nicht mehr befugt sei, räume sie selbst ein. Diese Entscheidung müsse, nachdem die Berliner Ausländerbehörde mit Zustimmung der Beklagten die Zuständigkeit übernommen habe, auch von dieser erfolgen.

20

Die Beklagte interpretiere die kasuistische Rechtsprechung des EGMR zu Art. 8 EMRK unrichtig. Es bedürfe einer Gesamtschau im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung, die auch das Verwaltungsgericht angemahnt habe. Ferner verkenne die Beklagte das Kriterium der Achtung des Privatlebens und des Schutzes der Familie im europarechtlichen Verständnis. Die „deutsche Kleinfamilie“ – Eheleute und minderjährige Kinder – sei nicht der Maßstab. Die familiären Beziehungen gälten im Eltern-Kind-Verhältnis und den Verhältnissen der Geschwister als geschützt. Im Übrigen sei der Irak ein von einem fortdauernden Bürgerkrieg gezeichnetes Land. Der Kläger finde dort, wo er gelebt habe, keine ihm bekannte Umgebung und Menschen. In Deutschland bestreite er seinen Lebensunterhalt vollständig aus eigener Erwerbstätigkeit.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

22

Die zulässige Berufung des Beklagten, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit dem schriftsätzlich erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist begründet.

23

1. Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Neubescheidung des vom Kläger gestellten Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen verpflichtet. Das gegen den Beklagten gerichtete Verpflichtungsbegehren ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht mehr passivlegitimiert, weil ihre örtliche Zuständigkeit mit dem bereits im Jahr 2011 erfolgten Umzug des Klägers nach A-Stadt entfallen ist.

24

Örtlich zuständige Behörde ist gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 3a VwVfG diejenige Behörde, in deren Bezirk der Kläger seinen „gewöhnlichen Aufenthalt" hat oder zuletzt hatte. In Anlehnung an die Definition des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der Kläger hat unstreitig im Jahr 2011 seinen Wohnsitz nach A-Stadt verlegt, wo er einer Beschäftigung nachgeht und viele seiner Familienmitglieder leben. Bei Ausländern setzt die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts zwar voraus, dass das nicht nur vorübergehende Verweilen nach den Vorschriften des Ausländerrechts zulässig ist (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 19.02.2009 – 13 PA 159/08 –, Juris, m.w.N.; OVG BBg, Beschl. v. 20.05.2008 – OVG 2 S 6.08 –, Juris, m.w.N.). Verlässt der Ausländer den ihm zugewiesenen Aufenthaltsbereich, kann er einen gewöhnlichen Aufenthalt an einem anderen Ort nur dann begründen, wenn dies mit Billigung der Ausländerbehörde geschieht (OVG MV, Beschl. v. 10.04.2000 – 3 M 132/99 –, VwRR MO 2001, 101). Dies ist hier der Fall. Nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten hat im Oktober 2011 die Berliner Ausländerbehörde ihre Zustimmung zur Änderung der Wohnsitzauflage erteilt.

25

Verlegt der Ausländer während des gerichtlichen Verfahrens zulässigerweise seinen dauernden Aufenthalt aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten in den einer anderen Ausländerbehörde, kann der Beklagte zur Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis nicht mehr verpflichtet werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.04.1986 – I C 23.67 –, DÖV 1968, 772; sowie zur Einbürgerung: BVerwG, Urt. v. 31.03.1987 – 1 C 32.84 –, NJW 1987, 2179). Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine Zustimmung der nunmehr zuständigen Behörde vorliegt, die die Beklagte nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 3 Abs. 3 VwVfG zur Fortsetzung des Verfahrens berechtigen würde.

26

2. Auch die im angefochtenen Urteil ausgesprochene Aufhebung des Ablehnungsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheides kann keinen Bestand haben.

27

2.1. Zwar kann der Kläger, nachdem sich der von ihm geltend gemachte Anspruch durch seinen Wohnsitzwechsel nach A-Stadt erledigt hat, seinen gegen die Beklagte gerichteten Verpflichtungsantrag auf eine isolierte Anfechtungsklage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis umstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.03.1996 – 1 C 28.94 –, InfAuslR 1997, 24 [25], RdNr. 13 in juris; Urt. v. 10.12.1996 – 1 C 19.94 –, InfAuslR 1997, 239, RdNr. 12 in juris; Beschl. v. 21.06.1993 – 1 C 16.93 –, InfAuslR 1993, 322). Stellt der Kläger seinen Klageantrag, was ebenfalls zulässig wäre, auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage um (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 31.03.1987 – 1 C 32.84 –, NJW 1987, 2179), folgt das insoweit erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ablehnungsbescheides daraus, dass der Kläger damit rechnen muss, dass die inzwischen zuständig gewordene Behörde aus den von der Beklagten und der Widerspruchsbehörde angeführten Gründen die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ablehnen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.03.1987, a.a.O.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob neben der Beklagten auch die jetzt zuständige Behörde durch das Urteil gebunden wird, wenn jedenfalls zu erwarten ist, dass sie der Entscheidung des Gerichts folgt (BVerwG, Beschl. v. 27.09.1993 – 1 B 73.93 –, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 261). Diese Erwägungen rechtfertigen auch die Annahme eines Rechtsschutzinteresses für eine isolierte Anfechtungsklage gegen den Ablehnungsbescheid. Das Vorliegen des erforderliche Rechtsschutzinteresse des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht in diesen Fallgestaltungen als zweifelsfrei betrachtet (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.03.1996, a.a.O.). Dem kann deshalb nicht entgegengehalten werden, dadurch werde das Verfahren in eine isolierte Anfechtung der Ablehnung einerseits und eine Weiterverfolgung des Verpflichtungsbegehrens andererseits bei jeweils gleicher Fragestellung künstlich aufgespalten, und der bisherige Beklagte sei auf Grund des Zuständigkeitsverlustes nicht mehr Herr des Verwaltungsverfahren und nicht mehr in der Lage, den Kläger nach Würdigung seines Klagevortrages oder dem Ergebnis einer etwaigen Beweisaufnahme ggf. klaglos zu stellen (so allerdings VG Hannover, Urt. v. 26.04.2006 – 13 A 4126/05 –, juris). Der Kläger hätte zwar auch sein Primärziel unmittelbar weiterverfolgen und der geänderten Sachlage durch einen gewillkürten Parteiwechsel (subjektive Klageänderung) auf der Beklagtenseite Rechnung tragen können (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.02.2007 – 5 C 06.970 –, BayVBl 2008, 382). Diese Möglichkeit lässt das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an einer isolierten Anfechtungsklage des Ablehnungsbescheides aber nicht entfallen (so wiederum VG Hannover, Urt. v. 26.04.2006, a.a.O.). Das allgemeine Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungsklage ist (nur) dann nicht gegeben, wenn der Kläger mit der Klage eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann, wenn also die Inanspruchnahme des Gerichts sich als für die subjektive Rechtsstellung des Klägers zurzeit nutzlos darstellt (BVerwG, Beschl. v. 27.07.2005 – 6 B 37.05 –, juris, RdNr. 6, m.w.N.). Nicht nutzlos in diesem Sinne ist aber auch eine Entscheidung des Gerichts, wenn sie für den Rechtsschutzsuchenden lediglich aus tatsächlichen Gründen vorteilhaft ist; denn auch in diesem Fall werden die Gerichte nicht sinnlos in Anspruch genommen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.04.2002 – 4 CN 3.01 –, NVwZ 2002, 1126 [1127], RdNr. 11 in juris). Allein die Aufhebung des Versagungsbescheids kann ausnahmsweise ein zulässiges – gegenüber der Verpflichtungsklage für den Kläger vorteilhafteres – Rechtsschutzziel sein, wenn eine mit diesem Bescheid verbundene Beschwer nur so oder besser abgewendet werden kann, so dass ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis für eine (isolierte) Anfechtungsklage besteht; dazu zählt etwa die isolierte Anfechtung der Ablehnung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn die beklagte Ausländerbehörde zwischenzeitlich nicht mehr zuständig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.11.2006 – 1 C 10.06 –, BVerwGE 127, 161 [166 f.], RdNr. 16).

28

2.2. Die isolierte Anfechtungsklage ist aber nicht begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

29

2.2.1. Abzustellen ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung von ablehnenden Bescheiden im Rahmen einer isolierten Anfechtungsklage ist, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt, grundsätzlich der der letzten behördlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.03.1996, a.a.O., RdNr. 15 in juris). Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Aufenthaltsrecht (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.05.2013 – 1 B 25.12 –, AuAS 2013, 158, RdNr. 6 in juris, m.w.N.) hat sich zwar mittlerweile dahingehend entwickelt, dass bei Streitigkeiten um das Fortbestehen eines Aufenthaltsrechts aus materiell-rechtlichen Gründen auf einen möglichst späten Beurteilungszeitpunkt abzustellen ist, um die Berücksichtigung aktueller tatsächlicher Entwicklungen etwa im Lichte des Art. 8 EMRK oder des Art. 6 GG zu ermöglichen. Deshalb sind etwa Ausweisungen ebenso wie Abschiebungsandrohungen oder Ermessensentscheidungen über die Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis sowie Entscheidungen über die Rücknahme oder den Widerruf eines unbefristeten Aufenthaltstitels auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zu überprüfen, wie sie sich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz darstellt. Diese Gründe treffen auf eine durch nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis bewirkte zeitliche Verkürzung des Aufenthaltsrechts in gleicher Weise zu. Einer Einbeziehung tatsächlicher Entwicklungen nach Erlass des angegriffenen Verwaltungsaktes bedarf es allerdings nicht, wenn die nachträglich eingetretenen Tatsachen sich auf den angegriffenen Verwaltungsakt nicht mehr auswirken können, sondern – insbesondere nach dem Wegfall des Aufenthaltsrechts und dem Entstehen einer Ausreisepflicht – Bedeutung lediglich für die Neuerteilung eines Titels oder die Verlängerung des abgelaufenen Titels haben. Dem entsprechend ist vorliegend auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidungen abzustellen. Denn die danach eingetretenen tatsächlichen Entwicklungen haben nur Einfluss auf die Entscheidung der nunmehr zuständigen Berliner Ausländerbehörde.

30

2.2.2. Im Zeitpunkt der Entscheidung der Widerspruchsbehörde lagen indes die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nicht vor.

31

Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Derartige Hindernisse können sich insbesondere aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 – 1 C 14.05 –, BVerwGE 126, 192 [197], RdNr. 17).

32

a) Aus Art. 6 Abs. 1 GG, der Ehe und Familie unter den besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stellt, ergab sich kein Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers, der im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung unverheiratet war. Die familiären Bindungen zu seinen in Deutschland lebenden Eltern und Geschwistern standen einer Ausreise des Klägers aus dem Bundesgebiet nicht entgegen. Art 6 Abs. 1 GG schützt das Zusammenleben von Eltern und Kindern in einer häuslichen Gemeinschaft (BVerfG, Beschl. v. 30.11.1988 – 1 BvR 37/85 –, BVerfGE 79, 203 [211]; Beschl. v. 31.05.1978 – 1 BvR 683/77 –, BVerfGE 48, 327 [339]). Diese Verfassungsnorm verpflichtet die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und angemessen zur Geltung zu bringen (BVerfG, Beschl. v. 17.05.2011 – 2 BvR 2625/10 –, juris). Auch die Bindungen zwischen Eltern und volljährigen Kindern unterfallen dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschl. v. 05.02.1981 – 2 BvR 646/80 –, BVerfGE 57, 178 [178]). Ihnen darf in der grundrechtlich gebotenen Abwägung jedoch regelmäßig ein geringeres Gewicht beigemessen werden als im Verhältnis von Eltern zu minderjährigen Kindern. In Bezug auf Bindungen zu volljährigen Familienangehörigen gebieten es die Schutzwirkungen des Art. 6 Abs. 1 GG regelmäßig nicht, einwanderungspolitische Gründe oder sonstige öffentliche Belange, die gegen einen angestrebten Daueraufenthalt sprechen, zurückzustellen. Weitergehende Schutzwirkungen aus Art. 6 Abs. 1 GG kommen nur ausnahmsweise in Betracht, wenn nämlich ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe des anderen Familienmitglieds angewiesen ist und dieser Beistand nur im Bundesgebiet erbracht werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist (vgl. OVG BBg, Urt. v. 27.02.2014 – OVG 2 B 12.12 –, juris, RdNr. 35, m.w.N.). Eine solche Fallgestaltung ist hier aber nicht ersichtlich.

33

b) Auch aus Art. 8 EMRK ergab sich kein Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers.

34

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens.

35

aa) Auf das Recht auf Achtung seines Familienlebens konnte sich der Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung der Widerspruchsbehörde nicht berufen. Das Familienleben im Sinne dieser Norm umfasst die (eheliche) Beziehung zwischen Partnern und die der Kernfamilie von Eltern und ihren minderjährigen Kindern (Burr, in: GK-AufenthG II - § 25 RdNr. 147 unter Hinweis auf EGMR, Urt. v. 09.10.2003 – 48321/99 [Slivenko/Lettland] –). Beziehungen zwischen Erwachsenen genießen nicht ohne weiteres den Schutz nach Art. 8 EMRK, wenn keine zusätzlichen Elemente der Abhängigkeit dargelegt werden, die über die gefühlsmäßigen Bindungen hinausgehen (EGMR, Urt. v. 17.04.2003 – 52853/99 [Yilmaz/Deutschland] –, NJW 2004, 2147 [2148]). Solche „zusätzlichen Elemente", aufgrund derer der Kläger auf die Unterstützung seiner Angehörigen oder diese auf seine Unterstützung in besonderer Weise angewiesen wäre(n) und ihm ein besonderer Schutz zu teil würde, waren hier nicht vorgetragen worden und auch für die Behörden nicht ersichtlich. Bei jungen Erwachsenen, die nach Erreichen der Volljährigkeit weiterhin mit ihren Eltern in häuslicher Gemeinschaft leben, geht der EGMR zwar davon aus, dass auch ihre Beziehung zu den Eltern und anderen nahen Familienmitgliedern Familienleben darstellt und aufenthaltsbeendende Maßnahmen daher auch in das Recht auf Achtung des Familienlebens eingreifen (EGMR, Urt. v. 23.06.2008 – Nr. 1638/03 [Maslov II] –, InfAuslR 2008, 333; vgl. auch VGH BW, Beschl. v. 05.02.2009 – 11 S 3244/08 –, InfAuslR 2009, 178, RdNr. 16). So liegt es hier aber nicht. Eine häusliche Gemeinschaft zwischen dem Kläger, seinen Eltern und seinen Geschwistern wurde spätestens mit der (getrennten) Ausreise der Familienmitglieder aus dem Irak aufgegeben.

36

bb) Jedoch ist mit einer Aufenthaltsbeendigung der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK in Bezug auf das Privatleben des Klägers berührt. Der Schutz auf Achtung des Privatlebens umfasst die Summe aller sonstigen familiären, persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts dieser zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.02.2011 – 2 BvR 1392/10 –, InfAuslR 2011, 235, RdNr. 19 in juris).

37

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2010 – 1 C 18.09 –, InfAuslR 2011, 92 [93], RdNr. 14) kommt ein Privatleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK, das den Schutzbereich der Vorschrift eröffnet und eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des EGMR begründet, zwar grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines schutzwürdigen Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht. Diese Rechtauffassung ist in Rechtsprechung und Literatur allerdings nicht unumstritten; insoweit wird vielfach die Ansicht vertreten, die Frage der Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts sei vielmehr im Rahmen der Schrankenprüfung des Art. 8 Abs. 2 EMRK zu würdigen (vgl. etwa VGH BW, Urt. v. 13.12.2010 – 11 S 2359/10 –, DVBl 2011, 370 [372], RdNr. 31 ff.; Urt. v. 20.10.2011 – 11 S 1929/11 –, InfAuslR 2012, 1 [2 f.], RdNr. 28; Burr, a.a.O., § 25 RdNr. 149, m.w.N.). Eine eindeutige Aussage zu dieser Frage lässt sich der sehr stark einzelfallbezogenen Spruchpraxis des EGMR nicht entnehmen (vgl. Burr, a.a.O., § 25 RdNr. 149 a.E.). Der Senat kann diese Frage letztlich offen lassen. Der Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist jedenfalls dann eröffnet, wenn – wie hier – der Aufenthalt im Bundesgebiet zumindest für einen nicht unerheblichen Zeitraum rechtmäßig gewesen ist, so dass der Ausländer ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand des Aufenthalts für eine gewisse Zeit entwickeln konnte.

38

Der mit einer Aufenthaltsbeendigung verbundene Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Privatleben des Klägers verstößt indes nicht gegen den in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

39

Nach dieser Norm darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts nach Art. 8 Abs. 1 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Im Rahmen dieser Schrankenprüfung ist die sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK folgende Rechtsposition des Ausländers gegen das Recht des Konventionsstaats zur Einwanderungskontrolle im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung abzuwägen (vgl. EGMR, Entsch. v. 16.09.2004 – 11103/03 [Ghiban] –, NVwZ 2005, 1046). Allerdings lässt sich nach der ständigen Spruchpraxis des EGMR aus Art. 8 EMRK grundsätzlich kein irgendwie geartetes Recht dahingehend ableiten, ein Ausländer dürfe sich einen Aufenthaltsort in einem Konventionsstaat frei wählen; vielmehr ist den Konventionsstaaten grundsätzlich ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, ob und unter welchen Voraussetzungen sie Einwanderung in ihr Hoheitsgebiet zulassen wollen (vgl. die Rechtsprechungsnachweise im Urt. d. VGH BW v. 13.12.2010, a.a.O.).

40

Eine Verletzung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt jedoch bei Ausländern in Betracht, die aufgrund ihrer gesamten Entwicklung faktisch zu Inländern geworden sind und denen wegen der Besonderheiten des Falles ein Leben im Staat ihrer Staatsangehörigkeit, zu dem sie keinen Bezug haben, nicht zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.09.1998 – 1 C 8.96 –, InfAuslR 1999, 54; Urt. v. 27.01.2009 – 1 C 40.07 –, BVerwGE 133, 73 [82 ff.], RdNr. 20 ff.; vgl. auch EGMR; Entsch. v. 16.06.2005 – 60654/00 – [Sisojeva] –, InfAuslR 2005, 349).

41

Ob eine solche Fallgestaltung vorliegt, hängt zum einen von der Integration des Ausländers in Deutschland, zum anderen aber auch von seiner Möglichkeit zur (Re-)Integration in seinem Heimatland ab. Das Ausmaß der „Verwurzelung“ bzw. die für den Ausländer mit einer „Entwurzelung" verbundenen Folgen sind unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben sowie der Regelung des Art. 8 EMRK zu ermitteln, zu gewichten und mit den Gründen, die für eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, abzuwägen. Von erheblichem Gewicht sind dabei die Dauer des Aufenthalts, wo der Ausländer die Schulzeit verbracht hat und geprägt wurde, sowie der Schulabschluss und die Deutschkenntnisse, die er erworben hat. Von Bedeutung ist auch die Legitimität des bisherigen Aufenthalts. Was die berufliche Verwurzelung in Deutschland betrifft, ist zu prüfen, ob der Ausländer berufstätig und dadurch in der Lage ist, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie dauerhaft zu sichern, und ob er über längere Zeit öffentliche Sozialleistungen bezogen hat. Ferner ist von Bedeutung, ob der Betreffende eine Berufsausbildung absolviert hat und ihn diese Ausbildung gegebenenfalls für eine Berufstätigkeit qualifiziert, die nur oder bevorzugt in Deutschland ausgeübt werden kann. Bei der sozialen Integration ist das Ausmaß sozialer Bindungen bzw. Kontakte des Ausländers außerhalb der Kernfamilie von Belang. Auch strafrechtliche Verurteilungen sind in die Betrachtung einzustellen. Alle diese Umstände sind im Wege einer Gesamtbewertung zu gewichten (vgl. zum Ganzen auch BVerwG, Urt. v. 27.01.2009, a.a.O., S. 84, RdNr. 24). Für die Frage der Verwurzelung ist die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts von maßgeblichem Gewicht (vgl. BVerwG, Urt. 30.04.2009 – 1 C 3.08 – NVwZ 2009, 1239, RdNr. 20 in juris; Beschl. d. Senats v. 13.09.2010 – 2 M 132/10 –, Juris). Verfügt der Ausländer über kein Aufenthaltsrecht mehr, kann seinen Bindungen nicht mehr dasselbe Gewicht beigemessen werden wie zu Zeiten, in denen er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. VGH BW, Urt. v. 06.11.2012 – 11 S 2307/11 –, juris, RdNr. 54).

42

Gemessen daran vermag der Senat bei der gebotenen Gesamtschau nicht festzustellen, dass eine Aufenthaltsbeendigung im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 23.09.2010 den in Art. 8 Abs. 2 EMRK verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt hätte.

43

Für eine Verwurzelung des Klägers in Deutschland spricht zwar, dass er sich zu diesem Zeitpunkt bereits über 9 ½ Jahre im Bundesgebiet aufhielt, er offenbar die deutsche Sprache erlernt hatte, strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten war und Bindungen insbesondere zu seinen im Bundesgebiet lebenden Eltern und Geschwistern hatte. Gegen eine Verwurzelung des Klägers spricht allerdings entscheidend, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet nur in der Zeit von der Erteilung der Aufenthaltsgestattung am 02.02.2001 (vgl. § 55 Abs. 3 AsylVfG) bis zum Widerruf der Aufenthalterlaubnis durch die Beklagte am 17.03.2006 und damit für einen Zeitraum von etwa fünf Jahren rechtmäßig war. Der vom Kläger gegen die Widerrufsentscheidung erhobene Widerspruch hatte unbeschadet seiner aufschiebenden Wirkung auf die Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts keinen Einfluss, da der Widerrufsbescheid nicht durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wurde (§ 84 Abs. 2 Sätze 1 und 3 AufenthG). Bis zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 23.09.2010 folgten 4 ½ Jahre unrechtmäßigen Aufenthalts, in denen der Kläger nicht mehr berechtigterweise auf den Fortbestand seines Aufenthalts vertrauen konnte. Auch war dem Kläger eine wirtschaftliche Integration noch nicht vollständig gelungen. Zwar bestritt er seinen Lebensunterhalt zum überwiegenden Teil selbst (vgl. die Aufstellung auf Blatt 435 des Verwaltungsvorgangs sowie den Rentenversicherungsverlauf auf Blatt 19 der Gerichtsakte). Sein Einkommen erzielte er allerdings nur durch ungelernte, kurz- und mittelfristige Tätigkeiten bei wechselnden Arbeitgebern. Eine Berufsausbildung besitzt er – soweit ersichtlich – nicht. Auch ist nicht erkennbar, dass der Kläger über soziale Bindungen bzw. Kontakte außerhalb der (Kern-)Familie verfügte.

44

Zudem besitzt der Kläger auch Möglichkeiten zur Reintegration in seinem Heimatland. Gesichtspunkte sind diesbezüglich vor allem, inwieweit Kenntnisse der dort gesprochenen und geschriebenen Sprache bestehen bzw. erworben werden können, inwieweit der Ausländer mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und inwieweit er dort bei der Wiedereingliederung auf Hilfestellung durch Verwandte und sonstige Dritte rechnen kann, soweit diese erforderlich sein sollte (vgl. OVG RP, Beschl. v. 24.02.2006 – 7 B 10020/06 –, InfAuslR 2006, 274, RdNr. 6, m.w.N.). Das Maß der Vertrautheit hängt davon ab, in welchem Alter das Heimatland verlassen wurde; hat der Ausländer das Heimatland erst im Erwachsenenalter verlassen und dort einen Schul- oder Hochschulabschluss erworben, spricht dies gegen eine Entwurzelung von den dortigen Lebensverhältnissen. Bei der gebotenen Gesamtgewichtung ist hier zwar zu berücksichtigen, dass der Kläger nach seinem Vortrag im Irak keine Verwandten mehr hat. Auf der anderen Seite ist für die Reintegrationsfähigkeit von erheblichem Gewicht, dass er in seinem Heimatland seine ersten 21 Lebensjahre verbrachte, daher dort geprägt wurde und die Heimatsprache spricht. Zwar mögen die Lebensverhältnisse im Irak schwierig sein. Dies betrifft allerdings – worauf die Widerspruchsbehörde zu Recht hingewiesen hat – eine Vielzahl von Rückkehrern in den Irak. Soweit der Kläger auf die fortbestehenden bürgerkriegsähnlichen Zustände im Irak verweist, betrifft dieses Vorbringen zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, deren Vorliegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in den bestandskräftigen Bescheiden verneint hat und die von der Ausländerbehörde nicht mehr zu prüfen sind (vgl. BayVGH, Beschl. v. 18.12.2012 – 10 ZB 12.560 –, juris, RdNr. 8; NdsOVG, Beschl. v. 17.11.2006 – 10 ME 222/06 –, AuAS 2007, 28, RdNr. 12 f.).

II.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

III.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

IV.

47

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.


(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, werden vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Sie haben keinen Anspruch darauf, in ein bestimmtes Land oder an einen bestimmten Ort verteilt zu werden. Die Verteilung auf die Länder erfolgt durch eine vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmte zentrale Verteilungsstelle. Solange die Länder für die Verteilung keinen abweichenden Schlüssel vereinbart haben, gilt der für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel. Jedes Land bestimmt bis zu sieben Behörden, die die Verteilung durch die nach Satz 3 bestimmte Stelle veranlassen und verteilte Ausländer aufnehmen. Weist der Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nach, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, ist dem bei der Verteilung Rechnung zu tragen.

(2) Die Ausländerbehörden können die Ausländer verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung veranlasst. Dies gilt nicht, wenn dem Vorbringen nach Absatz 1 Satz 6 Rechnung zu tragen ist. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Verpflichtung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.

(3) Die zentrale Verteilungsstelle benennt der Behörde, die die Verteilung veranlasst hat, die nach den Sätzen 2 und 3 zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung. Hat das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote nicht erfüllt, ist die dieser Behörde nächstgelegene aufnahmefähige Aufnahmeeinrichtung des Landes aufnahmepflichtig. Andernfalls ist die von der zentralen Verteilungsstelle auf Grund der Aufnahmequote nach § 45 des Asylgesetzes und der vorhandenen freien Unterbringungsmöglichkeiten bestimmte Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme verpflichtet. § 46 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes sind entsprechend anzuwenden.

(4) Die Behörde, die die Verteilung nach Absatz 3 veranlasst hat, ordnet in den Fällen des Absatzes 3 Satz 3 an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat; in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 darf sie dies anordnen. Die Ausländerbehörde übermittelt das Ergebnis der Anhörung an die die Verteilung veranlassende Stelle, die die Zahl der Ausländer unter Angabe der Herkunftsländer und das Ergebnis der Anhörung der zentralen Verteilungsstelle mitteilt. Ehegatten sowie Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sind als Gruppe zu melden und zu verteilen. Der Ausländer hat in dieser Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, bis er innerhalb des Landes weiterverteilt wird, längstens jedoch bis zur Aussetzung der Abschiebung oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels; die §§ 12 und 61 Abs. 1 bleiben unberührt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung innerhalb des Landes zu regeln, soweit dies nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes durch Landesgesetz geregelt wird; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen des Landes übertragen. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Anordnung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 7 und 8 gelten entsprechend, wenn eine Verteilungsanordnung auf Grund eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung nach Satz 5 ergeht.

(5) Die zuständigen Behörden können dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Nach erlaubtem Wohnungswechsel wird der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen und der des aufnehmenden Landes angerechnet.

(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1. Januar 2005 eingereist sind.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Unerlaubt eingereiste Ausländer, die weder um Asyl nachsuchen noch unmittelbar nach der Feststellung der unerlaubten Einreise in Abschiebungshaft genommen und aus der Haft abgeschoben oder zurückgeschoben werden können, werden vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf die Länder verteilt. Sie haben keinen Anspruch darauf, in ein bestimmtes Land oder an einen bestimmten Ort verteilt zu werden. Die Verteilung auf die Länder erfolgt durch eine vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat bestimmte zentrale Verteilungsstelle. Solange die Länder für die Verteilung keinen abweichenden Schlüssel vereinbart haben, gilt der für die Verteilung von Asylbewerbern festgelegte Schlüssel. Jedes Land bestimmt bis zu sieben Behörden, die die Verteilung durch die nach Satz 3 bestimmte Stelle veranlassen und verteilte Ausländer aufnehmen. Weist der Ausländer vor Veranlassung der Verteilung nach, dass eine Haushaltsgemeinschaft zwischen Ehegatten oder Eltern und ihren minderjährigen Kindern oder sonstige zwingende Gründe bestehen, die der Verteilung an einen bestimmten Ort entgegenstehen, ist dem bei der Verteilung Rechnung zu tragen.

(2) Die Ausländerbehörden können die Ausländer verpflichten, sich zu der Behörde zu begeben, die die Verteilung veranlasst. Dies gilt nicht, wenn dem Vorbringen nach Absatz 1 Satz 6 Rechnung zu tragen ist. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Verpflichtung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung.

(3) Die zentrale Verteilungsstelle benennt der Behörde, die die Verteilung veranlasst hat, die nach den Sätzen 2 und 3 zur Aufnahme verpflichtete Aufnahmeeinrichtung. Hat das Land, dessen Behörde die Verteilung veranlasst hat, seine Aufnahmequote nicht erfüllt, ist die dieser Behörde nächstgelegene aufnahmefähige Aufnahmeeinrichtung des Landes aufnahmepflichtig. Andernfalls ist die von der zentralen Verteilungsstelle auf Grund der Aufnahmequote nach § 45 des Asylgesetzes und der vorhandenen freien Unterbringungsmöglichkeiten bestimmte Aufnahmeeinrichtung zur Aufnahme verpflichtet. § 46 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes sind entsprechend anzuwenden.

(4) Die Behörde, die die Verteilung nach Absatz 3 veranlasst hat, ordnet in den Fällen des Absatzes 3 Satz 3 an, dass der Ausländer sich zu der durch die Verteilung festgelegten Aufnahmeeinrichtung zu begeben hat; in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 darf sie dies anordnen. Die Ausländerbehörde übermittelt das Ergebnis der Anhörung an die die Verteilung veranlassende Stelle, die die Zahl der Ausländer unter Angabe der Herkunftsländer und das Ergebnis der Anhörung der zentralen Verteilungsstelle mitteilt. Ehegatten sowie Eltern und ihre minderjährigen ledigen Kinder sind als Gruppe zu melden und zu verteilen. Der Ausländer hat in dieser Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, bis er innerhalb des Landes weiterverteilt wird, längstens jedoch bis zur Aussetzung der Abschiebung oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels; die §§ 12 und 61 Abs. 1 bleiben unberührt. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Verteilung innerhalb des Landes zu regeln, soweit dies nicht auf der Grundlage dieses Gesetzes durch Landesgesetz geregelt wird; § 50 Abs. 4 des Asylgesetzes findet entsprechende Anwendung. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf andere Stellen des Landes übertragen. Gegen eine nach Satz 1 getroffene Anordnung findet kein Widerspruch statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung. Die Sätze 7 und 8 gelten entsprechend, wenn eine Verteilungsanordnung auf Grund eines Landesgesetzes oder einer Rechtsverordnung nach Satz 5 ergeht.

(5) Die zuständigen Behörden können dem Ausländer nach der Verteilung erlauben, seine Wohnung in einem anderen Land zu nehmen. Nach erlaubtem Wohnungswechsel wird der Ausländer von der Quote des abgebenden Landes abgezogen und der des aufnehmenden Landes angerechnet.

(6) Die Regelungen der Absätze 1 bis 5 gelten nicht für Personen, die nachweislich vor dem 1. Januar 2005 eingereist sind.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Schwerin - 6. Kammer - vom 14. August 2009 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

1

Die Klägerin begehrt ihre Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.

2

Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage durch Gerichtsbescheid vom 14. August 2009 abgewiesen. Der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, soweit sie denn nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt sind, liegen nicht vor.

3

Dies gilt zunächst für die ausdrücklich bezeichneten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Gerichtsbescheids (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

4

Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur der angefochtenen Entscheidung orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschl. des Senats v. 31.07.2009 - 2 L 111/09 -, m.w.N.).

5

Die Zulassungsbegründung lässt in diesem Sinne schon keine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erkennen. Dabei wird deutlich, dass die Rechtsmittelführerin der Auffassung ist, sie könne für ihr Begehren § 6 Abs. 3 RGebStV als Anspruchsgrundlage heranziehen. Die Zulassungsbegründung lässt jedoch Ausführungen dazu vermissen, weshalb die vom Verwaltungsgericht vertretene Rechtsauffassung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2008 (Az. 6 B 1/08 -, zit. nach juris) ernstlichen Zweifeln begegnen soll. Eine rechtliche Durchdringung der - zutreffenden - Annahme des Verwaltungsgerichts, eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht nach § 6 Abs. 3 RGebStV komme so lange nicht in Betracht, wie der Rundfunkteilnehmer nicht seine Obliegenheit nach § 6 Abs. 2 RGebStV erfüllt, Sozialleistungen zu beantragen und nachzuweisen, findet nicht statt.

6

Der der Zulassungsbegründung zu entnehmende gedankliche Ansatz, mit Rücksicht auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe handele es sich für die Klägerin um eine "Überraschungsentscheidung", könnte allenfalls unter den von der Rechtsmittelführerin nicht ausdrücklich benannten Berufungszulassungsgrund § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO subsumiert werden. Der Zulassungsgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs ist jedoch in dem hier zugrunde liegenden Verfahren auf Zulassung der Berufung gegen einen Gerichtsbescheid ausgeschlossen. Das dem Unterliegenden nach § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eingeräumte Wahlrecht zwischen dem Antrag auf Zulassung der Berufung oder einer mündlichen Verhandlung reduziert sich bei der Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch auf rechtliches Gehör versagt, auf den Antrag auf mündliche Verhandlung. Verzichtet der Kläger auf diesen ihm nach der Prozessordnung zur Verfügung stehenden Rechtsbehelf, ist er im Zulassungsverfahren mit seiner Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ausgeschlossen (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 15.03.2000 - A 6 S 48/00 -, zit. nach juris Rn. 5; VGH Kassel, Beschl. v. 04.08.2000 - 12 UZ 2595/00 -, zit. nach juris Rn. 3; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 84 Rn. 34; § 124 Rn. 13).

7

Unabhängig davon, dass es auch an einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechenden Darlegung des Zulassungsgrundes fehlt, wäre dieser in der Sache nicht gegeben. Es liegt bereits keine Überraschungsentscheidung zugrunde. Von einer Überraschungsentscheidung kann nur dann ausgegangen werden, wenn das Gericht seine Entscheidung auf eine Vorschrift stützt, die vorher nicht erwähnt wurde (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.07.1985 - 4 C 62/82 -, zit. nach juris Rn. 11). So verhält es sich hier nicht. Insbesondere in dem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat das Verwaltungsgericht § 6 Abs. 1 und Abs. 3 RGebStV bereits als streitentscheidende Normen hervorgehoben. Darüber hinaus wurde in der Prozesskostenhilfeentscheidung hinreichend deutlich gemacht, dass die Prozesskostenhilfe nur mit Rücksicht darauf gewährt wurde, dass zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife, also vor der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2008 von höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfragen auszugehen war. Das Verwaltungsgericht hat außerdem in den Gründen des Prozesskostenhilfebeschlusses deutlich gemacht, welche Rechtsauffassung es unter Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vertreten werde.

8

Soweit schließlich der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung erwähnt wird, fehlt es der Begründung des Zulassungsantrags an der Bezeichnung einer bedeutsamen Rechtsfrage, die grundsätzlich geklärt werden soll. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache kann mit bloßen Angriffen gegen die Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht dargelegt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.02.1990 - 5 B 95/89 -, zit. nach juris; Beschl. des Senats v. 10.10.2005 - 2 L 303/04 -). Schließlich wäre auch die - von der Klägerin nicht formulierte - Frage ob einkommensschwache Personen, die keine der in § 6 Abs. 1 RGebStV aufgeführten Sozialleistungen beziehen, unter die Härtefallregelung des § 6 Abs. 3 RGebStV fallen können, hinreichend durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.06.2008 - 6 B 1/08 -, zit. nach juris Rn. 5).

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

10

Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.

11

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird der angefochtene Gerichtsbescheid rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.