Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 31. März 2016 - 8 B 1341/15
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin betreibt einen Schweinehaltungsbetrieb in W. , dessen (baurechtlich) genehmigter Bestand u. a. 230 Sauen und 990 zugehörige Ferkelaufzuchtplätze umfasst. Mit Bescheid vom 9. Januar 2014 erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin die immissionsschutzrechtliche Genehmigung u. a. zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Aufzucht und zum Halten von 2.200 Mastschweinen und eines neuen Güllehochbehälters mit 2.500 m³ Lagervolumen auf dem Grundstück Gemarkung E. , Flur , Flurstück .
4Auf der westlich unmittelbar angrenzenden Hofstelle betreiben die Beigeladenen Schweinehaltung mit 650 Mastschweinen, 68 Sauen und 200 Aufzuchtferkeln. Das zugehörige Betriebsleiterwohnhaus bewohnen sie selbst. Ein im Osten bzw. Südosten an den Betrieb der Antragstellerin angrenzendes, vermietetes Mehrparteienwohnhaus gehört ebenfalls den Beigeladenen; dabei handelt es sich wohl um das Doppelhaus O.
5In dem nach § 10 BImSchG durchgeführten Genehmigungsverfahren wandte sich der Beigeladene zu 2. gegen das Vorhaben mit der nicht näher spezifizierten Begründung, er befürchte „dadurch“ einen erheblichen Mietzinsverlust bei seinen sieben Mietwohnungen.
6Die Beigeladenen erhoben gegen die Genehmigung fristgerecht Klage (VG Düsseldorf 3 K 463/14). Nachdem der Antragsgegner die von ihm angeordnete sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheids während eines laufenden Eilrechtsschutzverfahrens (VG Düsseldorf 3 L 151/14) auf Weisung der Bezirksregierung Düsseldorf wieder aufgehoben hatte, ordnete das Verwaltungsgericht Düsseldorf auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 19. März 2015 (3 L 667/15) die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 9. Januar 2014 an. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beigeladenen wies der Senat mit Beschluss vom 30. Juli 2015 - 8 B 430/15 - zurück. Die gerichtlichen Eilentscheidungen waren maßgeblich darauf gestützt, dass die Beigeladenen mit ihren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der im Hauptsacheverfahren angefochtenen Genehmigung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ausgeschlossen seien.
7Am 29. Oktober 2015 haben die Beigeladenen einen Abänderungsantrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 VwGO gestellt. Zur Begründung haben sie geltend gemacht, dass die Präklusionsregelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG nach Maßgabe der Entscheidung des EuGH vom 15. Oktober 2015 (Kommission/Deutschland, Rs. C-137/14) unionsrechtswidrig und daher nicht anzuwenden sei. Im Übrigen haben sie auf ihre in den vorangegangenen Eilrechtsschutzverfahren und dem anhängigen Klageverfahren geltend gemachten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung Bezug genommen.
8Mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der EuGH habe seine Entscheidung nur zu § 2 Abs. 3 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG getroffen und im Übrigen den Vorbehalt gemacht, dass eine Zurückweisung missbräuchlich erhobener Einwendungen weiterhin möglich sei. Es sei offen, ob danach im vorliegenden Fall weiterhin von einer Präklusion auszugehen sei. Damit verbleibe es bei der bisher getroffenen Interessenabwägung zu Lasten der Beigeladenen.
9Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beigeladenen.
10Die Stallanlage ist inzwischen errichtet und in Betrieb genommen worden.
11II.
12Die Beschwerde mit dem Antrag,
13unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 30. Oktober 2015 - 3 L 3570/15 - den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. März 2015 - 3 L 667/15 - abzuändern und den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 9. Januar 2014 zurückzuweisen,
14hat keinen Erfolg.
15Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach Maßgabe des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zwar durchgreifend in Frage. Der angegriffene Beschluss stellt sich jedoch im Ergebnis als richtig dar, was der Senat insoweit von Amts wegen zu prüfen hat.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 5; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. März 2013 - 8 S 2504/12 ‑, DVBl. 2013, 795 = juris Rn. 11; Bay. VGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 - 1 CS 03.60 -, NVwZ 2004, 251 = juris Rn. 16.
17Der Abänderungsantrag ist zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).
181. Der Antrag ist gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zulässig.
19Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Bei der Ausgangsentscheidung handelt es sich zwar im engen Sinne nicht um einen Beschluss über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, weil er nicht einen Antrag auf Aussetzung, sondern auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO betraf. Da § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO jedoch für alle von § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO erfassten Fallgestaltungen (u. a.) auf § 80 Abs. 7 VwGO verweist, ist ein Abänderungsantrag auch in dieser umgekehrten Konstellation statthaft.
20Vgl. Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier (Hrsg.), VwGO, § 80 Rn. 556; ebenso bereits zur früheren Rechtslage VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18. Oktober 1988 - 8 S 2797/88 -, NVwZ-RR 1989, 398.
21Die weiteren Voraussetzungen des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO liegen ebenfalls vor.
22a) Bei der bezeichneten Entscheidung des EuGH vom 15. Oktober 2015 handelt es sich um eine Veränderung entscheidungserheblicher Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Diese Vorschrift erfasst sowohl Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse als auch der Rechtslage.
23Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Februar 2007 - 13 S 2969/06 -, NVwZ-RR 2007, 419 = juris Rn. 3; Puttler, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 185.
24Voraussetzung ist lediglich, dass die jeweiligen Umstände entscheidungserheblich sind.
25Vgl. OVG M.-V., Beschluss vom 16. Mai 2011 - 1 M 54/11 -, NVwZ-RR 2011, 959 = juris Rn. 7; Puttler, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 4. Aufl. 2014, § 80 Rn. 185.
26Auch eine nachträgliche Änderung höchstrichterlicher Rechtsprechung oder die Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage gehören zu den nach § 80 Abs. 7 VwGO zu berücksichtigenden Umständen, falls sich solche Erkenntnisse auf die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs auswirken.
27Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7. Oktober 2004 ‑ 11 ME 289/04 -, NVwZ 2005, 236 = juris Rn. 7.
28Insoweit kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die hier geltend gemachte Unionsrechtswidrigkeit des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG von Anfang an bestand und nur nicht erkannt wurde oder sich erst mit der Entscheidung des EuGH aktualisierte. Jedenfalls ist § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO im Lichte des Effektivitätsgebots (Art. 4 Abs. 3 EUV) so auszulegen, dass die wirksame Durchsetzung des Unionsrechts innerhalb des geltenden prozessrechtlichen Regelungswerks ermöglicht wird. Hiernach darf die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts im Vollzug nicht durch das nationale Verfahrens- bzw. Prozessrecht und dessen Anwendung faktisch vereitelt oder erheblich erschwert werden.
29Ständige Rechtsprechung, z. B. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - C-169/14 - (Morcillo und García), DVBl. 2014, 1457 = juris Rn. 31 m. w. N.
30Dem ist auch bei der Anwendung und Auslegung des Rechtsmittelrechts Rechnung zu tragen, sofern verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz in Anspruch genommen wird, um Rechte durchzusetzen, die das Unionsrecht den Bürgerinnen und Bürgern einräumt.
31Vgl. etwa Frey, in: Gärditz (Hrsg.), VwGO, 2013, Vor § 124 Rn. 69; Gärditz, in: Rengeling/Middeke/ Gellermann (Hrsg.), Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 3. Aufl. 2014, § 35 Rn. 65.
32Dementsprechend ist ein Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO im Rahmen des insoweit deutungsoffenen Wortlautes auch dann statthaft, wenn dieser gestellt wird, um eine behauptete, auf Grund nachträglicher Rechtsprechung des EuGH erkannte Unionsrechtswidrigkeit der Entscheidungsprämissen im Ausgangsverfahren durch Abänderung zu korrigieren.
33Entsprechendes folgt auch aus dem verfassungsrechtlichen Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten (Art. 19 Abs. 4 GG). Das BVerfG hat hierzu ausgeführt, dass ein Abänderungsantrag in verfassungskonformer Auslegung des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auch auf eine geänderte Rechtsprechung des EuGH gestützt werden könne, „da die höchstrichterliche Klärung einer umstrittenen Rechtsfrage, die zu einer Veränderung der Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO führen kann, auch durch den Europäischen Gerichtshof möglich ist“.
34Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. August 2004 - 1 BvR 1446/04 -, BVerfGK 4, 36 = juris Rn. 19.
35b) Die in Bezug genommene Entscheidung des EuGH erweist sich vorliegend auch als entscheidungserheblich im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Sie führt bereits bei summarischer Prüfung zu dem Ergebnis, dass die Beigeladenen - anders als im vorausgegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angenommen - mit den geltend gemachten Rechtsverletzungen durch Geruchsimmissionen und Bioaerosole, die auch die Antragsbefugnis jedenfalls eröffnen, sowie mit den Einwänden gegen die ordnungsgemäße Durchführung der Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht ausgeschlossen sind.
36Der Gerichtshof hat eine nationale Regelung, wonach zu spät vorgebrachte Einwendungen materiell präkludiert sind, im Anwendungsbereich des Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABlEU L 26/1 (UVP-Richtlinie) bzw. des Art. 25 der Richtlinie 2010/75/EU vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung), ABlEU L 334/17 (IE-Richtlinie) für unvereinbar mit der unionsrechtlichen Verpflichtung erklärt, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht zu gewährleisten, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten.
37Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, ‑ C‑137/14 - (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NJW 2015, 3495 = juris Rn. 77 ff.
38Konkret betraf die Entscheidung die Präklusionsregelungen in § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Dass sich der EuGH in seiner Entscheidung zu der inhaltsgleichen Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG nicht geäußert hat, ist dem Streitgegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens geschuldet. Die Kommission hatte lediglich die Regelungen des § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG beanstandet (vgl. Rn. 68 des Urteils vom 15. Oktober 2015), Rechtsbehelfe Einzelner gegen Anlagengenehmigungen aber offenbar nicht im Blick gehabt. Der EuGH war an die von der Kommission im Rahmen des Verfahrens nach Art. 258 AEUV erhobenen Beanstandungen gebunden.
39Diese Eingrenzung der von dem EuGH im Urteil vom 15. Oktober 2015 betrachteten Präklusionsnormen entbindet die nationalen Gerichte nicht von der Verpflichtung zu prüfen, ob vergleichbare Vorschriften unionsrechtswidrig sind, und diese gegebenenfalls aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen. Diese Verpflichtung hängt nicht davon ab, ob sich der EuGH zu der Vereinbarkeit der konkreten Vorschrift bereits geäußert hat. Hat das Gericht insoweit Zweifel, kann es den Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 2 AEUV um Klärung ersuchen.
40Ständige Rechtsprechung, vgl. etwa EuGH, Urteil vom 19. Januar 2010 - C-555/07 -, Slg. 2010, I-365 = juris Rn. 51 ff.; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 9. Juni 1971 - 2 BvR 225/69 -, BVerfGE 31, 145 = juris Rn. 94.
41Vorliegend steht auch ohne eine erneute Befassung des EuGH außer Zweifel, dass § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ebenfalls unionsrechtswidrig und unanwendbar ist, soweit es um Vorhaben geht, die in den Anwendungsbereich der IE-Richtlinie bzw. der UVP-Richtlinie fallen.
42Die Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ist wortlautgleich mit § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG. Sie gilt für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und erfüllt dort dieselbe Funktion wie § 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG im Planfeststellungsverfahren. Die Erwägung des Gerichtshofs, dass § 2 Abs. 3 UmwRG und § 73 Abs. 4 VwVfG besondere Bedingungen aufstellen, die die gerichtliche Kontrolle einschränkten und die weder nach Art. 11 UVP-Richtlinie noch nach Art. 25 IE-Richtlinie vorgesehen seien,
43EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, - C-137/14 - (Kommission/Bundesrepublik Deutschland), NJW 2015, 3495 = juris Rn. 78,
44trifft in gleicher Weise auf § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG zu. Die Einschätzung, dass die Überlegungen des EuGH auf § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ohne weiteres übertragbar sind, wird daher auch in der Literatur geteilt.
45Vgl. Zeissler/Schmitz, UPR 2016, 1, 4; Sinner, UPR 2016, 9 f.; Otto, NVwZ 2016, 292; Berkemann, DVBl. 2016, 205, 214; Keller/Rövekamp, NVwZ 2015, 1665, 1672; Fellenberg, NVwZ 2015, 1721, 1724; Ludwigs, NJW 2015, 3484, 3487, sowie bereits vor der Entscheidung Bunge, ZUR 2015, 531, 535; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 2015 - 7 C 15.13 -, AUR 2016, 50 = juris Rn. 25 f., zu § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG Rh.-Pf.
46Hiervon ist bereits bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung auszugehen. Dies wird nicht durch den Einwand der Antragstellerin in Frage gestellt, die nach der Entscheidung des EuGH erforderliche umfassende materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeitskontrolle beziehe sich erst auf das Hauptsacheverfahren. Denn maßgeblicher Bestandteil der im vorliegenden summarischen Verfahren durchzuführenden Interessenabwägung ist gerade die Frage, ob die angefochtene Genehmigung voraussichtlich im Hauptsacheverfahren Bestand haben wird. Ein von den dort geltenden Maßstäben inhaltlich abweichender Prüfungsansatz verbietet sich deshalb.
47Der mit der vorliegend streitgegenständlichen Genehmigung zugelassene Schweinemastbetrieb fällt nach Art. 10 in Verbindung mit Anhang I Nr. 6.6. lit. b) in den Anwendungsbereich der IE-Richtlinie. Zugleich handelt es sich um eine „Anlage zur Intensivtierhaltung“, auf die die UVP-Richtlinie gemäß Art. 4 Abs. 2 i. V. m. Anhang II Nr. 1 e) dieser Richtlinie, hier umgesetzt durch Nr. 7.7 bis 7.9 und 7.11 der Anlage 1 zum UVPG, Anwendung findet.
48Nach allem ist im vorliegenden Fall derzeit nicht mehr davon auszugehen, dass die Antragsteller mit ihren Einwänden präkludiert sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt die Bemerkung des Gerichtshofs, der nationale Gesetzgeber könne spezifische Verfahrensvorschriften vorsehen, nach denen z. B. ein missbräuchliches oder unredliches Vorbringen unzulässig ist.
49Vgl. EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015, a. a. O., Rn. 81.
50Ein derartiger Missbrauch kann nicht schon deshalb angenommen werden, weil die Beigeladenen im Genehmigungsverfahren trotz hinreichender Möglichkeiten keine näher spezifizierten Einwendungen erhoben haben. Darüber hinausgehende Umstände, die die Annahme eines missbräuchlichen oder unredlichen Verhaltens rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar. Ausgehend davon kann dahinstehen, ob ein etwaiges missbräuchliches Vorbringen überhaupt ohne ein vorheriges Tätigwerden des Gesetzgebers unmittelbar auf der Grundlage von § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG unberücksichtigt gelassen werden könnte.
512. Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch unter Berücksichtigung der Unanwendbarkeit der Präklusionsregelung aufrecht zu erhalten.
52Der Entscheidungsmaßstab im Abänderungsverfahren entspricht demjenigen im vorangegangenen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, hier dem Verfahren auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Einen eigenständigen materiell-rechtlichen Maßstab für die Entscheidung des Gerichts enthält § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht. Die Entscheidungskriterien ergeben sich - soweit ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht erkennbar ist - aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 2. Alt. VwGO, auf den § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO Bezug nimmt. Danach kann in der auch hier vorliegenden Fallkonstellation des begünstigenden Verwaltungsakts mit drittbelastender Wirkung die sofortige Vollziehung angeordnet werden, wenn das Interesse des Begünstigten an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Belasteten an der aufschiebenden Wirkung überwiegt. In diesem Rahmen kommt es in erster Linie darauf an, ob der die aufschiebende Wirkung auslösende Rechtsbehelf - hier die Klage der Beigeladenen gegen die der Antragstellerin erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung - bei der angezeigten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich Erfolg haben wird. Dies ist (nur) dann der Fall, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Beigeladenen hierdurch in eigenen, gerade ihrem Schutz dienenden Rechtsnormen verletzt sind oder ihnen kraft spezialgesetzlicher Regelung ein Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung zusteht. Umgekehrt kann ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten bejaht werden, wenn der von dem belasteten Beteiligten eingelegte Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und eine Fortdauer der grundsätzlich aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs dem Begünstigten gegenüber unbillig wäre. Darüber hinausgehende Rechtsverletzungen verschaffen dem anfechtenden Dritten keine im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Rechtsposition, weil ihm ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch nicht zukommt.
53Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, PharmR 2008, 607 = juris Rn. 9 ff., vom 31. März 2009 - 13 B 278/09 -, juris Rn. 7 ff., und vom 24. Mai 2012 - 8 B 225/12 -, juris Rn. 9; Bay. VGH, Beschluss vom 23. August 1991 ‑ 14 CS 91.2254 -, BayVBl. 1991, 723, 724; OVG S.‑H., Beschluss vom 22. Februar 1995, 4 M 113/94 -, juris Rn. 2; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80a Rn. 29; vgl. weiterhin BVerfG, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 1 BvR 2466/08 -, BVerfGK 14, 278 = juris Rn. 21 f.
54Offen bleiben kann, ob § 4a Abs. 3 UmwRG auch auf die hier vorliegende Fallkonstellation eines nicht auf Aussetzung nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 3 S. 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO gerichteten Begehrens erweiternd zu erstrecken ist. Ein abweichender Prüfungsmaßstab würde sich daraus im Ergebnis nicht ergeben.
55Vgl. ausführlich zum Prüfungsmaßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 62 ff, und vom 24. Juni 2015 ‑ 8 B 315/15 -, juris Rn. 14; vgl. weiterhin BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 ‑ 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 ‑ 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.
56Gemessen hieran erweist sich der sinngemäße Antrag, die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung aufgrund veränderter Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, als unbegründet. Zwar ist davon auszugehen, dass die Beigeladenen - wie dargelegt - mit ihren Einwendungen nicht präkludiert sind. Insoweit ist also die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung anhand sämtlicher (die Beigeladenen schützender) Normen zu bewerten, die bei Erlass des Bescheides zu beachten waren.
57Unter Zugrundelegung der allgemeinen Maßstäbe für die Bestimmung erheblicher Geruchsimmissionen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (dazu unten a)), lässt sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, ob die angegriffene Genehmigung rechtmäßig ist (unten b)). Ob die zu erwartende Belastung mit Bioaerosolen die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt, ist ebenfalls nicht abschließend zu klären (unten c)). Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegen bei summarischer Prüfung nicht vor (unten d)). Die Beigeladenen können die Aufhebung der Genehmigung nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG verlangen, denn die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit wurde durchgeführt (unten e)). Im Rahmen der bei offenen Erfolgsaussichten vorzunehmenden weitergehenden Interessenabwägung gebührt vorliegend dem Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen weiteren Ausnutzung der ihr erteilten Genehmigung Vorrang gegenüber dem Suspensivinteresse der Beigeladenen (unten f)).
58a) Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann nach ständiger Rechtsprechung bis zum Erlass bundeseinheitlicher Vorschriften die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 als Orientierungshilfe herangezogen werden. Die GIRL enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
59Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 49 ff.; Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 55 ff.; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 66-68, jeweils m. w. N.
60Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn- bzw. Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10% Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15% Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt für landwirtschaftliche Gerüche ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich wird dabei für landwirtschaftliche Gerüche der für Dorfgebiete anzusetzende Wert angenommen.
61Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 53, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31 ff., und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32.
62In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (entspricht 25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 69 f.; Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
64Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche setzt stets das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Insoweit bedarf es einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl 2013, 177 = juris Rn. 41; Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl 2014, 318 = juris Rn. 70; Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 56; Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 70, 79 ff.
66Landwirtschaftliche Gerüche im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
67Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 78.
68Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose, bei der aus der Vorbelastung und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse, einer Abluftfahnenüberhöhung und der Reduktion durch Abluftreinigungsanlagen im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionsrichtwert zu messen.
69OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5; Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33; Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 72.
70Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
71Siehe im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 64 ff.; Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, ZNER 2015, 480 = juris Rn. 75; Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 55 ff.
72b) Der Senat kann bei summarischer Prüfung nicht abschließend beurteilen, ob der Antragsgegner vorliegend mit Recht angenommen hat, dass von dem Vorhaben nach diesen Maßstäben keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen für die Beigeladenen ausgehen. Das gilt sowohl für das im Eigentum der Beigeladenen stehende, vermiete Wohnhaus im Osten des streitgegenständlichen Vorhabens, bei dem es sich nach Aktenlage um das Doppelwohnhaus mit der Anschrift O. handeln dürfte, als auch für das Betriebsleiterwohnhaus der Beigeladenen auf deren eigener Hofstelle im Westen des Vorhabens (soweit eine unzumutbare Geruchsbelastung dieses Wohnhauses, was bisher unklar bleibt, mit der Klage überhaupt geltend gemacht werden soll).
73An beiden Wohnhäusern ist nach Aktenlage ein Immissionsrichtwert von 0,15 einzuhalten (dazu aa). Die Geruchsimmissionsprognose der Landwirtschaftskammer rechtfertigt nicht mit hinreichender Sicherheit den Schluss, dass der maßgebliche Immissionswert nicht überschritten wird. Allerdings spricht derzeit auch nichts für die Annahme, er werde an einem der beiden Wohnhäuser offensichtlich überschritten (dazu bb).
74aa) Für das Doppelwohnhaus O. gilt ein Immissionsrichtwert von 0,15.
75Der Standort dieses Wohnhauses liegt nicht (mehr) im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Der für diesen Bereich vormals bestehende einfache Bebauungsplan, der für die Straße O. wohl ein Dorfgebiet festsetzte, wurde bereits 1995 aufgehoben. Damit dürfte das Wohnhaus wohl dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen sein, sofern eine Überprüfung im Hauptsacheverfahren nicht eine Zuordnung nach § 34 BauGB ergeben sollte. Hieraus folgt entgegen der pauschalen Annahme des Antragsgegners aber nicht ohne weiteres, dass die Beigeladenen an diesem Wohnhaus Geruchsimmissionen bis zu einem Wert von 0,25 hinnehmen müssten. Einzelfallbezogene Umstände, die im vorliegenden Fall eine Erhöhung des für Dorfgebiete und grundsätzlich auch im Außenbereich geltenden Immissionswerts von 0,15 rechtfertigen, hat der Antragsgegner nicht vorgebracht. Ob die Vorprägung des Gebietscharakters durch die frühere bauplanungsrechtliche Festsetzung als Dorfgebiet die Darlegungslasten für eine ausnahmsweise Überschreitung des regulären Immissionswertes von 0,15 erhöht, bedarf daher derzeit keiner Entscheidung. Dass der frühere Bestand von Ortsrecht einen Vertrauenstatbestand im Hinblick auf vertragliche Verpflichtungen gegenüber den Mietern geschaffen haben könnte (so die Behauptung der Beigeladenen), haben diese jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt.
76Auch am Betriebsleiterwohnhaus auf der Hofstelle der Beigeladenen (O. ) dürfte nach Aktenlage ein Immissionswert von 0,15 einzuhalten sein. Es ist im Außenbereich gelegen; und der Antragsgegner hat auch diesbezüglich bisher keine einzelfallbezogenen Umstände dargelegt, die ausnahmsweise eine Erhöhung dieses Wertes rechtfertigen.
77Eine einzelfallbezogene Begründung für einen entsprechend erhöhten Immissionswert, bei dessen Bestimmung die nach der Rechtsprechung relevanten Kriterien,
78vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 96 ff. m. w. N.,
79zu berücksichtigen wären, könnte der Antragsgegner allerdings auch noch während des Klageverfahrens nachholen.
80bb) Nach dem Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer vom 20. November 2012 lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob der Immissionswert an den beiden genannten Immissionspunkten im Ergebnis eingehalten wird. Auch wenn die Immissionsprognose im vorliegenden Eilverfahren nicht vollumfänglich überprüft werden kann, entspricht sie bei summarischer Prüfung jedenfalls nicht in jeder Hinsicht den Anforderungen, die der Senat in seiner neueren, inzwischen gefestigten Rechtsprechung an eine auf der sicheren Seite liegende Prognose stellt.
81Zwar begegnet es bei summarischer Prüfung keinen Bedenken, dass bei der Berechnung der zu erwartenden Geruchsimmissionen hinsichtlich des Mastschweinestalls die geruchsreduzierenden Auswirkungen der nach dem Genehmigungsbescheid (Inhaltsbestimmung V.2., Nebenbestimmung VI.6.) in Verbindung mit den Antragsunterlagen einzubauenden Abluftreinigungsanlage berücksichtigt worden sind. Danach wird ein nach DLG-Signum-Test zertifiziertes System eingesetzt, das gewährleistet, dass kein Rohgasgeruch wahrnehmbar ist, die Restemissionen im Reingas kleiner als 300 GE/m³ sind und der Eigengeruch nach 100 m abgebaut ist.
82Vgl. zu den Voraussetzungen, unter denen die Reinigungsleistung einer Abluftreinigungsanlage berücksichtigungsfähig ist, OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 72 ff.
83Voraussichtlich ist daher nicht zu beanstanden, dass die Restemissionen aus der Abluftreinigungsanlage in den Prognoseberechnungen auf Null gesetzt worden sind, da sich alle nächstgelegenen fremden Wohnnutzungen in Entfernungen von über 100 m zum Stallneubau befinden. Die Behauptung der Beigeladenen, der Abstand zur nächsten Wohnbebauung betrage weniger als 50 m, steht dem nicht entgegen. Sie trifft auf die beiden in ihrem Eigentum stehenden Wohnhäuser, deren Beeinträchtigung sie allein geltend machen können, jedenfalls nicht zu. Beide Häuser dürften sich vielmehr in einem Abstand von mehr als 100 m zu dem Mastschweinestall befinden.
84Es fehlt indes an einer hinreichend genauen, gesonderten Ausweisung der Vorbelastung und der von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehenden Zusatzbelastung an den hier maßgeblichen Immissionsorten, die zusammen die ermittelte Gesamtbelastung ergeben.
85(1) Das Betriebsleiterwohnhaus auf der landwirtschaftlichen Hofstelle der Beigeladenen im Westen des Vorhabens der Antragstellerin ist überhaupt nicht als Immissionsort in den Blick genommen worden; welche Gesamtbelastung sich dort ergibt, ist deshalb offen. Bei der insoweit notwendigen Ergänzung der Geruchsimmissionsprognose wird zu berücksichtigen sein, dass die von der Schweinehaltung der Beigeladenen ausgehende Geruchsbelastung (= Eigenbelastung) nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht in die Vorbelastung mit einzubeziehen ist. Hinzu kommt, dass u. U. eine noch zu begründende, einzelfallbezogene Erhöhung des grundsätzlich maßgeblichen Immissionswerts von 0,15 in Betracht kommen könnte. Berücksichtigt man des weiteren, dass das Wohnhaus der Beigeladenen etwa genauso weit von dem streitgegenständlichen Schweinemaststall entfernt ist wie das nachfolgend betrachtete Doppelhaus O. , für das eine (grobe) Immissionsprognose unter Einschluss der Belastung durch die Schweinehaltung der Beigeladenen vorliegt, erscheint es bei summarischer Prüfung nicht naheliegend, dass das Vorhaben am Wohnhaus der Beigeladenen im Ergebnis zu unzumutbaren Geruchsbelästigungen führt.
86(2) Hinsichtlich des nicht zum Hof der Beigeladenen gehörenden, südöstlich an das Vorhaben der Antragstellerin angrenzenden Mietshauses O. lässt sich dem Immissionsschutzgutachten nicht hinreichend sicher entnehmen, dass der Immissionswert von 0,15 an diesem Immissionsort voraussichtlich eingehalten wird. Das Gutachten prognostiziert dort eine belästigungsrelevante Gesamtbelastung von 0,12. Insoweit dürfte sich das einschlägige Raster der Abbildung 9 des Gutachtens (S. 19) mit einer Rasterkantenlänge von 50 m (S. 15) aber als zu grob erweisen, um eine hinreichend genaue Prognose zu ermöglichen. Die maßgebliche Rasterfläche umfasst nicht nur das benannte Doppelhaus vollständig, sondern geht noch deutlich darüber hinaus. Da die im Norden angrenzende Rasterfläche bereits eine belästigungsrelevante Gesamtbelastung von 0,19 aufweist, lässt sich aufgrund der Ausblendung der realitätsnah anzunehmenden fließenden Übergänge zwischen diesen Werten nicht ausschließen, dass etwa im nördlichen Bereich des Doppelhauses der Immissionswert von 0,15 bereits überschritten wird (vgl. dazu auch die Anlage 2 zu der von den Beigeladenen vorgelegten Stellungnahme des Sachverständigen für Immissionsschutz L. I. vom 24. März 2015).
87Die Klärung der Frage, ob auch hinsichtlich der hier betrachteten vermieteten Wohneinheiten die Geruchsbelastung durch den Schweinehaltungsbetrieb der Beigeladenen bei der Bestimmung der Vorbelastung unberücksichtigt bleiben muss, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Der Senat hat eine solche Gleichstellung mit der Wohnung des Betriebsinhabers selbst bisher nur für vermietete Wohnungen auf der Hofstelle angenommen, weil die Bewohner dieser Wohnungen das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, von der Hofstelle ableiten. Diese Wohnungen sind deshalb von vornherein mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet.
88Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 8 A 1577/14 -, juris Rn. 68, und - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 62, 95.
89Hier liegt der Fall anders. Das Doppelwohnhaus O. leitet seine baurechtliche Genehmigung jedenfalls nicht von der - nicht unmittelbar benachbarten - Hofstelle der Beigeladenen ab; vielmehr ist diese vermutlich unter der Geltung des zwischenzeitlich aufgehobenen Bebauungsplans erteilt worden.
90(3) Die Beurteilung der Zumutbarkeit der an den beiden hier in Rede stehenden Immissionsorten zu erwartenden Geruchsbelastung wirft weitere Fragen auf, die sich im Rahmen der summarischen Prüfung nicht abschließend beurteilen lassen.
91Nach Aktenlage kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch gewerbliche Betriebe wie die von den Beigeladenen angeführte, rund 450 m von dem Vorhaben der Antragstellerin entfernte Kläranlage auf der C. Straße sowie ein Regenrückhaltebecken in relevanter Weise auf die Geruchsbelastung einwirken. Die Beigeladenen berufen sich insoweit auf die „Kontroll- und Vergleichsrechnungen zur SMA H. /E. “ des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. I. vom 24. März 2015, die dieser im Auftrag des BUND (Kreis und Stadt W. ) erstellt hat. Darin wird dargelegt, dass das Mietshaus der Beigeladenen bei Einbeziehung der Geruchsbelastung durch die Kläranlage mit insgesamt bis zu 15,8 Jahresgeruchsstunden belastet werde.
92Es bedarf der Überprüfung im Hauptsacheverfahren, inwieweit dies zutrifft und hieraus unter Zugrundelegung der für gewerbliche Gerüche und ihr Zusammentreffen mit Tierhaltungsgerüchen anzuwendenden Maßstäbe,
93Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, juris Rn. 61 ff.,
94rechtliche Bedenken gegen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens erwachsen.
95c) Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen ist die Genehmigung auch nicht deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil sie keinen Immissionsgrenzwert für Bioaerosole festsetzt. Ob vorliegend schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole zu erwarten sind, lässt sich bei summarischer Prüfung nicht abschließend beurteilen. Die TA Luft sieht insoweit keine Immissions- oder Emissionswerte vor; insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenz- oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
96Vgl. im Einzelnen OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, Rn. 104 ff.; Beschluss vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 52; Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53; Beschluss vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 33; Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
97Allerdings sprechen gegenwärtig gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, die menschliche Gesundheit zu beeinträchtigen. Beim derzeitigen Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr aber nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Insoweit ist die Vermeidung bzw. Senkung von erhöhten Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Auf deren Einhaltung hat der Nachbar grundsätzlich keinen Anspruch.
98Vgl. zuletzt OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 110 m. w. N.; siehe auch BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2015 - 7 C 10.13 -, juris Rn. 21 ff.
99Derzeit liegen hier keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefährdung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole vor. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Wohnhaus durch einen Schweinehaltungsbetrieb Bioaerosol-Immissionen ausgesetzt wird, die über eine allgemeine, gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit führen können, hält der Senat eine Orientierung an den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose für nahe liegend. Denn der Übertragungsweg bei Bioaerosolen ist im Grunde derselbe wie bei Gerüchen.
100Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. November 2015 - 8 A 1031/15 -, juris Rn. 112.
101Vorliegend liegt eine Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole nicht nahe, weil die Antragstellerin mit dem in der Genehmigung vorgegebenen Einbau einer DLG-zertifizierten Abluftreinigungsanlage bereits die im Erlass des MKULNV NRW vom 19. Februar 2013 (Immissionsschutzrechtliche Anforderungen an Tierhaltungsanlagen, sog. Filtererlass) vorgesehenen, emissionsbegrenzenden Vorsorgemaßnahmen einhält. In der Fachwelt wird davon ausgegangen, dass Anlagen zur Verminderung von Staubemissionen auch zur Minderung von Bioaerosolen geeignet sind (vgl. Filtererlass, S. 6; ebenso Immissionsschutzgutachten der Landwirtschaftskammer S. 33). Ob es bei dieser Sachlage gleichwohl - wie die Beigeladenen meinen - zum Schutz ihrer Nachbarrechte erforderlich ist, die voraussichtliche Belastung durch Bioaerosole gutachterlich ermitteln zu lassen, bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Von offensichtlich drohenden Gesundheitsgefahren kann beim gegenwärtigen Stand der Erkenntnisse im vorliegenden Fall jedenfalls nicht ausgegangen werden.
102d) Verstöße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegen bei summarischer Prüfung nicht vor. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in der seit dem 20. September 2013 geltenden Fassung des Gesetzes vom 11. Juni 2013 (BGBl. I 1548), der nach § 245a Abs. 4 BauGB auf den im November 2012 gestellten Antrag der Antragstellerin bereits Anwendung findet, sind gewerbliche Tierhaltungsanlagen im Außenbereich nicht mehr privilegiert. Die Landwirtschaftskammer hat jedoch bestätigt, dass die Antragstellerin nach Abschluss eines weiteren Landpachtvertrags in der Lage ist, für den Gesamt-Tierbestand das Kriterium der überwiegend eigenen Futtergrundlage i. S. v. § 201 BauGB zu erfüllen. Es besteht kein Anlass, diese Bewertung im vorliegenden summarischen Verfahren in Frage zu stellen.
103e) Die Beigeladenen haben keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens verlangt werden, wenn eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt wurde.
104Es kann dahinstehen, ob Anlass zur Prüfung dieser Rüge im vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren besteht, obwohl die Beigeladenen ihre Klage bisher nicht auf Mängel der UVP-Vorprüfung gestützt haben. Sie haben das Unterbleiben der Vorprüfung nur im ersten, von ihnen selbst eingeleiteten Eilverfahren vor dem VG Düsseldorf (3 L 151/14) geltend gemacht und auf diesen Vortrag im vorliegenden Verfahren Bezug genommen. Diese Rüge greift jedenfalls nicht durch, denn die erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit wurde durchgeführt. Sie ist im Vermerk des Antragsgegners vom 30. September 2013 (Beiakte 9, Bl. 540) im Einzelnen niedergelegt. Darin hat der Antragsgegner die zu prüfenden Kriterien aufgeführt und sich - nach Anhörung der betroffenen Fachbehörden - jeweils im Wesentlichen der Bewertung der von der Antragstellerin vorgelegten Vorprüfung des Einzelfalls angeschlossen. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedürfe. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner im Rahmen der Genehmigung lediglich das Ergebnis dieser Vorprüfung mitteilt. Eine Verpflichtung, die Vorprüfung insgesamt in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen, ist nicht zu erkennen.
105Der Senat sieht im vorliegenden Verfahren keine Veranlassung, darüber hinaus zu überprüfen, ob die durchgeführte Vorprüfung dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG). Die Beigeladenen haben dies zu keinem Zeitpunkt substantiiert in Frage gestellt. Der - allein unionsrechtlich bedingte - Wegfall der Präklusion führt nicht dazu, dass Gerichte unabhängig von konkreten Rügen auf Fehlersuche gehen und ggf. Eilrechtsschutz gewähren müssten. Eine derartige Verpflichtung lässt sich den einschlägigen Richtlinien auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht entnehmen.
106f) Die bei offenen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache erforderliche weitere Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Ihr drohen bei einer vorläufigen Einstellung des Betriebs wirtschaftliche Nachteile, die in der konkreten Verfahrenssituation unbillig wären und die von den Beigeladenen geltend gemachten Nachteile überwiegen.
107Die Antragstellerin hat die Stallanlage nach der gerichtlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung im November 2015 zulässigerweise errichtet und in Betrieb genommen. Sie ist mit der Inanspruchnahme von Krediten finanzielle Verpflichtungen eingegangen. Im Falle der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Genehmigung erhobenen Anfechtungsklage wäre sie gezwungen, die eingebrachten Mastschweine zu schlachten oder zu verkaufen bzw. jedenfalls an einen anderen Ort zu verbringen. Die damit verbundenen finanziellen Einbußen wären in der vorliegenden Konstellation unzumutbar.
108Zwar trägt die Antragstellerin das Risiko, dass getätigte Investitionen verloren sind, wenn die gegen die Genehmigung gerichtete Nachbarklage Erfolg hat.
109Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 87.
110Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache hat die Antragstellerin aber ein qualifiziertes Interesse daran, dass die gerade durch gerichtliche Eilentscheidungen angeordnete sofortige Vollziehung ihrer Genehmigung aufrechterhalten bleibt, weil sie auf dieser Grundlage umfassende Investitionen getätigt und das Vorhaben ins Werk gesetzt hat. Abweichendes würde lediglich dann gelten, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache aufgrund veränderter Umstände im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO nunmehr erkennbar Aussicht auf Erfolg hätte. In diesem Fall würde nur die Betriebseinstellung, mit der die Antragstellerin mangels Bestandskraft der ihr erteilten Genehmigung ohnehin rechnen müsste, früher aktualisiert. Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor, weil die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung ‑ wie dargelegt - mit der erforderlichen Sicherheit im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht geklärt werden kann.
111Den Beigeladenen kann es demgegenüber zugemutet werden, für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache den weiteren Betrieb der Schweinemastanlage hinzunehmen. Konkrete Anhaltspunkte für eine Gesundheitsgefahr durch Bioaerosole bestehen hier - wie oben ausgeführt - derzeit nicht. Bei Gerüchen geht es ohnehin nur um - nicht gesundheitsschädliche - Belästigungen.
112Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 2015 - 7 C 10.13 -, NVwZ 2016, 79 = juris Rn. 33; OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 62.
113Sollten sich im Zuge der weiteren Sachverhaltsermittlung - wider Erwarten - ernsthafte Hinweise auf Gesundheitsgefahren ergeben, könnte jederzeit ein weiterer Abänderungsantrag gestellt werden. Es ist auch nicht nahe liegend, dass während des vorübergehenden Zeitraums bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage der Beigeladenen Mietzinsausfälle in einem Umfang drohen könnten, der die Altersvorsorge der Beigeladenen gefährdete.
114Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 2 VwGO.
115Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
116Abzurufen unter http://www.BVerwG.de/medien/pdf/ streitwertkatalog.pdf.
117Der danach im Hauptsacheverfahren auf 15.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren.
118Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 31. März 2016 - 8 B 1341/15
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(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.
(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.
(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.
(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.
(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.
(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist
- 1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind; - 2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen; - 3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden; - 4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.
(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.
(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:
- 1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt. - 2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind. - 3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.
(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.
(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.
(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.
(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:
- 1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie - 2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.
(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.
Tenor
Die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 09.01.2014 wird angeordnet.
Der Antragsgegner und die Beigeladenen tragen jeweils die Kosten des Verfahrens zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der dem Sachtenor entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Der hier gestellte Antrag, die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 09.01.2014 anzuordnen, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag. Dabei kann das Gericht die Frage dahinstehen lassen, inwieweit § 80a Abs. 3 VwGO voraussetzt, das sich der Antragsteller vorher an die zuständige Behörde mit einem entsprechenden Antrag gewandt hat und diese den Antrag abgelehnt hat,
4vgl. zum Meinungsstand Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. § 80a Rn. 21.
5Der vorliegende Fall zeichnet sich nämlich durch die Besonderheit aus, dass der Antragsgegner in der Genehmigung vom 09.01.2014 bereits die sofortige Vollziehung angeordnet und mit Bescheid vom 18.09.2014 diese Anordnung wieder aufgehoben hat. Inhaltlich hat sich der Antragsgegner also bereits mit dem Begehren der Antragstellerin befasst und es im Bescheid vom 18.09.2014 abgelehnt. Unter diesen Voraussetzungen wäre es bloße Förmelei, von der Antragstellerin einen erneuten Antrag an den Antragsgegner zu verlangen.
6Der Antrag ist unter Anwendung des gebotenen Maßstabs auch begründet.
7Nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag Maßnahmen nach Absatz 1 treffen, wonach auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet werden kann, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 80 Abs. 5 bis 8 entsprechend. Wegen der Rechtsgrundverweisung in § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO auf § 80 Abs. 5 VwGO sind die für diese Vorschrift geltenden Grundsätze und Maßstäbe heranzuziehen,
8Eyermann/Schmidt § 80 a VwGO Rn. 16; Kopp/Schenke § 80 a VwGO Rn. 23; Sodan/Ziekow § 80 a VwGO Rn. 25.
9Das Gericht hat insoweit zwar eine originäre Entscheidung zu treffen; diese richtet sich aber nach denselben Gesichtspunkten wie sie auch für die Ausgangsbehörde gelten,
10Kopp/Schenke § 80 VwGO Rn. 146.
11Einem Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Genehmigung kann dann entsprochen werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein besonderes öffentliches oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung besteht. Zunächst ist also zu klären, ob ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug vorliegt, das die Beteiligteninteressen überwiegt. Hinsichtlich dieses besonderen öffentlichen Interesses müssen besondere Gründe dafür sprechen, dass der angefochtene Verwaltungsakt schon jetzt und nicht erst nach Bestands- oder Rechtskraft vollzogen wird; maßgeblich sind also die Kriterien der Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit. Auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs kommt es dabei erst in zweiter Linie an. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn der sichere Erfolg oder die Aussichtslosigkeit des erhobenen Rechtsbehelfs klar zu Tage tritt. Es liegt nämlich weder im öffentlichen Interesse, dass ein offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakt sofort vollzogen wird, noch dass ein offensichtlich unzulässiger und unbegründeter Rechtsbehelf den sofortigen Vollzug verhindert. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens sind vor allem die Folgen, die sich bei einer Ablehnung des Antrags und somit bei einem sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts einerseits und einer Stattgabe und somit eines Aufschubs der angeordneten Maßnahme andererseits für den Betroffenen bzw. das öffentliche Interesse ergeben können, gegenüber zu stellen.
12Ist kein öffentliches Vollzugsinteresse festzustellen, kann die Anordnung des Sofortvollzugs nur dann getroffen werden, wenn das Interesse des begünstigten Beteiligten am Sofortvollzug das Interesse des belasteten Beteiligten an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt; insoweit ist in der Regel ein Anspruch des Begünstigten anzunehmen. Der Begünstigte, der die Anordnung des Sofortvollzugs begehrt, muss dabei ein besonderes Interesse gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit aufweisen; dieses besondere Interesse muss über sein regelmäßiges Interesse an der Ausnutzung eines ihm günstigen Verwaltungsakts hinausgehen und sich gerade auf den Sofortvollzug beziehen. Dieses wird jedenfalls dann nicht anzunehmen sein, wenn das Rechtsmittel des anderen Beteiligten voraussichtlich erfolgreich sein wird. Auch wenn dieses voraussichtlich erfolglos bleiben wird, folgt daraus nicht unbedingt die Anordnung des Sofortvollzugs; vielmehr ist zusätzlich zu fordern, dass dem Begünstigten gegenüber eine Fortdauer der aufschiebenden Wirkung unbillig erscheinen muss. Der voraussichtliche Erfolg oder Misserfolg in der Hauptsache muss mit dem Maß an Sicherheit, das aufgrund der nur summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erlangt werden kann, zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Bei offenem Ausgang der Hauptsache hat eine Abwägung zwischen dem Aufschubinteresse des Belasteten und dem Vollzugsinteresse des Begünstigten stattzufinden. Kann kein Überwiegen des Interesses einer Seite festgestellt werden, bleibt es bei der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs.
13Im Bereich der hier vorliegenden Nachbarklagen ist die Erfolgsaussicht der Hauptsacheklagen daran zu messen, ob die Dritten durch den von ihnen angefochtenen Verwaltungsakt in ihren Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt werden. Für das hier anzuwendende Immissionsschutzrecht ist zu beachten, dass (nur) die Schutz- und Gefahrenabwehrpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (mit ihren Konkretisierungen) für den Nachbarn drittschützend ist.
14Die nach diesen Grundsätzen im Rahmen des summarischen Verfahrens zu treffende Entscheidung führt hier dazu, dass dem Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung stattzugeben ist. Zwar ist ein besonderes öffentliches Interesse an der Vollziehung der Genehmigung nicht ersichtlich.
15Die sofortige Vollziehung liegt aber im Rechtssinne im überwiegenden Interesse der Antragstellerin.
16Maßgeblich für diese Einschätzung ist der Umstand, dass die Klage der Beigeladenen ‑ 3 K 463/14 ‑, die hier allein die (endgültige) Vollziehung der Genehmigung vom 09.01.2014 hindert, wenig Aussicht auf Erfolg bietet. Die Kammer hat zu den Erfolgsaussichten dieser Klage bereits in ihrem Beschluss vom 12.05.2014 im Verfahren ‑ 3 L 151/14 ‑ ausgeführt:
17„Vorliegend können die Antragsteller sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung ihrer nachbarrechtlichen Abwehrrechte stützen. Sie sind mit ihren Einwendungen wegen Präklusion gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ausgeschlossen. Die Ausschlusswirkung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG erstreckt sich als sogenannte materielle Präklusion auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Sie bedeutet den Verlust verspätet geltend gemachter Abwehrrechte.
18Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1980 - 7 C 101.78 -, juris, Ls. 1 und Rn. 14 ff.
19Verfassungsrechtliche oder europarechtliche Bedenken gegen die Regelung der materiellen Präklusion greifen nicht durch. Die materielle Präklusion rechtfertigt sich aus dem Gesetzeszweck, den Rechtsschutz potenziell betroffener Dritter vor zu verlagern mit dem Ziel, dem Antragsteller nach Erteilung der Genehmigung einen erhöhten Bestandsschutz zu sichern. Daneben tritt der Verwirkungsgedanke. Allerdings sind der materiellen Präklusion gewisse Grenzen gesetzt, da die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben eine restriktive Auslegung gebieten. Die Verwirkungspräklusion knüpft an die nicht wahrgenommene Möglichkeit an, Einwendungen innerhalb der Einwendungsfrist vorzutragen. Sie findet ihre Grenze damit dort, wo diese Möglichkeit nicht oder nicht mehr bestand. Dies ist Folge der aus verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Gründen notwendigen restriktiven Handhabung der Voraussetzungen der eine materielle Präklusion anordnenden Vorschriften.
20Vgl. Dietlein, in Landmann / Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Stand der 70. Erg.lfg. August 2013, § 10 BImSchG, Rn. 163 f.
21Unter Beachtung dieser Maßstäbe liegen die Voraussetzungen des Einwendungsausschlusses vor. Im förmlichen Auslegungsverfahren sind die Antragsteller durch öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG auf die Möglichkeit, fristgerecht Einwendungen zu erheben, und auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden. Die Antragsteller haben in der Frist des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG keine bzw. nur in unzureichender Weise Einwendungen erhoben.
22Die Antragstellerin hat innerhalb der Einwendungsfrist gar keine Einwendungen erhoben. Insoweit liegt alleine das Einwendungsschreiben vom 10. Mai 2013 (Bl. 220 der Beiakte Heft 5 zur Gerichtsakte 3 K 463/14) vor. Nach dessen Inhalt wollte alleine der Antragsteller mit diesem Schreiben „Einspruch“ erheben. Allein dessen persönliche Angaben sind in dem Schreiben enthalten. Es ist auch nur von ihm unterschrieben. Ein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass die Einwendungen auch im Namen der Antragstellerin erhoben werden sollten, fehlt.
23Das Schreiben vom 10. Mai 2013 erfüllt aber auch hinsichtlich des Antragstellers nicht die erforderlichen Voraussetzungen für eine wirksame Erhebung von Einwendungen.
24Zwar sind an die Substanziierungslast privater Einwender nur geringe Anforderungen zu stellen. Um ihr zu genügen, muss eine Einwendung erkennen lassen, in welcher Hinsicht nach Meinung des Einwenders Bedenken gegen das geplante Vorhaben bestehen können. Hierzu reicht es aus, wenn die Einwendung in groben Zügen erkennen lässt, welches Schutzgut als gefährdet angesehen wird und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Die Genehmigungsbehörde muss erkennen können, in welcher Hinsicht sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen muss. Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
25Vgl. BayVGH, Beschluss vom 22. März 2012 - 22 ZB 12.149 und 22 ZB 122 ZB 12.151 -, juris, Rn. 13.
26Ebenso kann privaten Einwendern keine rechtliche Einordnung ihrer Einwendungen abverlangt werden.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 - 9 A 14.10 -, juris, Rn. 17.
28Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Von einem Einwender kann deshalb erwartet werden, dass er gegen die Planung sprechende Gesichtspunkte geltend macht, die sich – anknüpfend an die ausgelegten Unterlagen – einem Laien in seiner Lage von seinem eigenen Kenntnis- und Erfahrungshorizont her erschließen.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2008 - 9 A 27.06 -, juris, Ls. und Rn. 30.
30Das Einwendungsschreiben des Antragstellers genügt diesen Anforderungen nicht. Aus dem Schreiben wird zwar erkennbar, dass er wegen des Vorhabens einen Mietzinsverlust fürchtet. Eine Substanziierung dahingehend, welche Beeinträchtigungen (z. B. Lärm, Geruch, Bioaerosole, Verkehrsaufkommen, optische Einwirkung, usw.) er erwartet, enthält das Schreiben dagegen nicht. Der Antragsgegner kann gerade nicht erkennen, in welcher Hinsicht er bestimmte Belange des Vorhabens einer näheren Betrachtung unterziehen muss. Es fehlen jegliche Angaben dazu, welche Beeinträchtigungen durch das Vorhaben befürchtet werden. Der Einwand des Antragstellers reduziert sich auf ein bloßes Dagegensein. Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.“
31Der Einzelrichter folgt dieser Einschätzung, zumal sich die Sach- und Rechtslage seitdem nicht geändert hat.
32Auch die übrige Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus.
33Auch wenn, wie oben ausgeführt, das Gericht vorliegend eine originäre Entscheidung zu treffen hat, richtet sich diese nach denselben Gesichtspunkten wie sie auch für die Ausgangsbehörde gelten. Deshalb kann es im vorliegenden Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zuständige Ausgangsbehörde, also der Antragsgegner, die Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits im Genehmigungsbescheid vom 09.01.2014 ausgesprochen und überzeugend begründet hat. Das Gericht folgt dem.
34Der Antragsgegner hat seine Entscheidung zwar mit Bescheid vom 18.09.2014 wieder aufgehoben. Dies geschah aber nicht, weil er die Interessenlage zwischenzeitlich anders bewertet hat. Grund war vielmehr, dass bei ihm übergeordneten Stellen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung aufgekommen waren und diese ihn entsprechend angewiesen hatten. Hierzu hat der Antragsgegner vorgetragen, dass sich zwischenzeitlich diese Zweifel im Petitionsverfahren jedenfalls im Hinblick auf für die Beigeladenen drittschützende Rechtsvorschriften nicht bestätigt hätten und damit der Grund für die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung entfallen sei.
35Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
36Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; sie berücksichtigt die Ziffern 1.5 Satz 1, 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19. März 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde der Beigeladenen hat keinen Erfolg.
3Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, stellt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Frage. Der Antrag der Antragstellerin, die sofortige Vollziehung der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 9. Januar 2014 anzuordnen, ist zulässig (dazu 1.) und - unter Berücksichtigung des Prüfungsmaßstabs - begründet (dazu 2.).
41. Der Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ist zulässig. Nach § 80a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1, 3. Alt. VwGO kann das Verwaltungsgericht auf Antrag des Begünstigten die sofortige Vollziehung anordnen, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin am 9. Januar 2014 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zur Aufzucht und zum Halten von 2.200 Schweinen auf dem Grundstück Gemarkung E. erteilt. Die von den Beigeladenen hiergegen bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf erhobene Klage 3 K 463/14 hat nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung.
5Eines vorhergehenden Antrags der Antragstellerin bei dem Antragsgegner bedurfte es im vorliegenden Fall nicht (dazu a). Der Antragstellerin fehlt es auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse (dazu b).
6a) Ob ein bei Gericht gestellter Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung auch dann zulässig ist, wenn er nicht zuvor bei der Behörde gestellt und negativ beschieden worden ist, kann offen bleiben. Eine Auslegung des § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO dahin, dass ein Antrag auf sofortige Vollziehung, mit dem sich die Behörde - anders als bei einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO - noch nicht befasst hat, unmittelbar bei Gericht gestellt werden darf, erscheint zumindest fraglich.
7Vgl. zum Streitstand: Schoch, in: Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand: März 2015, § 80a Rn. 78; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 80a Rn. 21, § 80 Rn. 136; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80a Rn. 16.
8Gegen sie spricht grundsätzlich der Gewaltenteilungsgrundsatz. Die Verwaltungsgerichte sind dazu berufen, behördliche Entscheidungen über Anträge zu überprüfen, nicht aber - von Ausnahmefällen abgesehen -, solche Entscheidungen unmittelbar selbst zu treffen.
9Vgl. insoweit auch (zur Frage einer zulässigen Klageänderung) BVerwG, Urteil vom 16. Januar 1986 ‑ 5 C 36/84 -, Buchholz 436.0 § 39 BSHG Nr. 5 = juris Rn. 10; OVG NRW, Urteil vom 1. August 1989 ‑ 13 A 1858/88 -, NWVBl 1990, 66.
10Hierauf kommt es aber im Ergebnis nicht an, weil es im vorliegenden Fall jedenfalls nicht eines weiteren (vorherigen) Antrags beim Antragsgegner bedurfte. Der Antragsgegner war mit dem Begehren der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits zuvor befasst. Auf den diesbezüglichen Antrag der Antragstellerin vom 21. November 2011 ordnete der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 9. Januar 2014 zunächst die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung an. Diese Anordnung hob der Antragsgegner (während des laufenden gerichtlichen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes) auf Weisung der Bezirksregierung Düsseldorf mit Schreiben vom 18. September 2014 wieder auf. Dass sich in der Folge die Sachlage so weitgehend geändert hat, dass es eines erneuten Antrags bei dem Antragsgegner bedurft hätte, ist nicht ersichtlich.
11b) Dem Antrag fehlt auch nicht das erforderliche Rechtschutzinteresse. Dieses ist nicht gegeben, wenn der jeweilige Antragsteller seine Rechte auf einfachere Weise durchsetzen kann und es somit einer Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht bedarf.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. November 1999 ‑ 7 B 1339/99 -, juris Rn. 2; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80a Rn. 21; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 80a Rn. 21, § 80 Rn. 136.
13Die Beigeladenen können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ein Rechtsschutzinteresse fehle, weil der Antragsgegner ausweislich seines eigenen Vortrags im gerichtlichen Verfahren die Anordnung der sofortigen Vollziehung befürwortet und die Antragstellerin deshalb zur Durchsetzung ihrer Rechte auf das behördliche Verfahren verwiesen werden kann. Zum einen hat der Antragsgegner die sofortige Vollziehung ‑ entgegen seiner Rechtsauffassung ‑ nicht angeordnet. Zum anderen durfte die Antragstellerin angesichts des bisherigen Verfahrensablaufs davon ausgehen, dass die Beigeladenen gegen eine behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung gerichtlichen Rechtsschutz nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO in Anspruch nehmen würden. Dass sie vor diesem Hintergrund, insbesondere auch zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung, selbst gerichtlichen Rechtsschutz sucht, führt angesichts des identischen, vollumfänglichen Maßstabs der behördlichen und der gerichtlichen Prüfung,
14vgl. insoweit Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80a Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 80a Rn. 23, Funke-Kaiser, in: Bader u.a., VwGO, 6. Auflage 2014, § 80a Rn. 8; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: März 2015, § 80a Rn. 27; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80a Rn. 5,
15weder zu einer zusätzlichen Inanspruchnahme der Gerichte noch - wie die Beigeladenen meinen - zu einer Verkürzung ihres gerichtlichen Rechtsschutzes. Die Beigeladenen waren - wie durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. März 2015 erfolgt - nach § 65 Abs. 2 VwGO notwendig beizuladen, so dass nach § 66 VwGO ihren prozessualen Rechte in vollem Umfang gewahrt bleiben.
16Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 80a Rn. 20; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80a Rn. 22; Sellner, in: FS Lerche, 1993, 815, 820.
17Die Annahme der Beigeladenen, die Antragstellerin bedürfe gerichtlichen Rechtsschutzes nicht, weil sie den - ihr möglichen - Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht früher gestellte habe, trifft nicht zu. Ein solcher Antrag muss nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt gestellt werden. Es kann im Gegenteil durchaus angezeigt sein zuzuwarten. Bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung berücksichtigen die Behörde und das Gericht im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden privaten Interessen auch das Interesse des Begünstigten an einer sofortigen Ausnutzung der Genehmigung. Gerade dieses Interesse kann sich jedoch aufgrund Zeitablaufs intensivieren.
182. Der Antrag ist auch - unter Berücksichtigung des Prüfungsmaßstabs im Verfahren nach § 80a Abs. 3 VwGO - begründet. Die Beigeladenen werden durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO nicht in ihren Rechten verletzt.
19Einen eigenständigen materiell-rechtlichen Maßstab für die Entscheidung des Gerichts enthält § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht. Der Verweisung in § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf § 80 Abs. 5 VwGO ist allerdings zu entnehmen, dass im Rahmen der Bescheidung eines Antrags auf Anordnung der sofortigen Vollziehung ebenfalls eine Interessenabwägung vorzunehmen ist. Die Entscheidungskriterien ergeben sich - soweit ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug nicht erkennbar ist - aus § 80 Abs. 2 Nr. 4, 2. Alt. VwGO, auf den § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO ebenfalls Bezug nimmt. Ausgangspunkt dieser Interessenabwägung ist der begünstigende Verwaltungsakt mit drittbelastender Wirkung. Maßgeblich ist insoweit, ob der die aufschiebende Wirkung auslösende Rechtsbehelf - hier die Klage der Beigeladenen gegen die der Antragstellerin erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung - bei der angezeigten summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich Erfolg haben wird. Dies ist (nur) dann der Fall, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und die Beigeladenen hierdurch in eigenen, gerade ihrem Schutz dienenden Rechtsnormen verletzt sind. Umgekehrt kann ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Begünstigten bejaht werden, wenn der von dem belasteten Beteiligten eingelegte Rechtsbehelf mit erheblicher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird und eine Fortdauer der grundsätzlich aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs dem Begünstigten gegenüber unbillig wäre. Darüber hinausgehende Rechtsverletzungen verschaffen dem anfechtenden Dritten keine im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Rechtsposition, weil ihm ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch nicht zukommt.
20Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26. September 2008 - 13 B 1169/08 -, PharmR 2008, 607 = juris Rn. 9 ff., vom 31. März 2009 - 13 B 278/09 -, juris Rn. 7 ff., und vom 24. Mai 2012 - 8 B 225/12 -, juris Rn. 9; Bay. VGH, Beschluss vom 23. August 1991 ‑ 14 CS 91.2254 -, BayVBl. 1991, 723, 724; OVG S.‑H., Beschluss vom 22. Februar 1995, 4 M 113/94 -, juris Rn. 2; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80a Rn. 29; vgl. weiterhin BVerfG, Beschluss vom 1. Oktober 2008 - 1 BvR 2466/08 -, BVerfGK 14, 278 = juris Rn. 21 f.
21In Anwendung dieses Maßstabs hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass die Klage der Beigeladenen 3 K 463/14 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (dazu a) und die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung für die Antragstellerin unbillig erscheint (dazu b).
22a) Das Beschwerdevorbringen stellt die entscheidungserhebliche Annahme, die Beigeladenen könnten sich auf eine Verletzung ihrer nachbarlichen Abwehrrechte nicht berufen, weil sie mit ihren Einwendungen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ausgeschlossen seien, nicht in Frage. Die Beigeladenen haben nicht rechtzeitig (ausreichende) Einwendungen erhoben (dazu aa). Die Präklusionswirkung entfällt auch nicht wegen fehlerhafter Bekanntmachung des Vorhabens (dazu bb).
23aa) Nach § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG sind der Genehmigungsantrag und die von dem Antragsteller vorgelegten Unterlagen sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG kann die Öffentlichkeit bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich Einwendungen erheben. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Der Einwendungsausschluss wirkt dabei nicht nur im weiteren Verwaltungsverfahren. Auch im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren sind die Betroffenen hinsichtlich der Geltendmachung solcher Rechtspositionen ausgeschlossen, die nicht Gegenstand rechtzeitiger Einwendungen i. S. d. § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG waren.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 1986 - 7 C 52/84 -, NVwZ 1987, 131 = juris Rn. 10; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Juni 2011 - 22 ZB 10.2192, 22 ZB 122 ZB 10.2395 -, UPR 2011, 456 = juris Rn. 16; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band 3, Stand: Januar 2015, § 10 BImSchG Rn. 159; Jarass, BImSchG, 8. Auflage 2010, § 10 Rn. 91; zur Frage der Präklusion vgl. weiterhin: BVerwG, Urteile vom 17. Juli 1980 - 7 C 101/78 -, BVerwGE 60, 297 = juris Rn. 14 ff. (zu § 3 Abs. 1 AtAnlV), und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38/95 -, NVwZ 1997, 489 = juris Rn. 15; Beschluss vom 11. Februar 2000 - 4 VR 17/99 -, juris Rn. 20; Urteil vom 30. Januar 2008 - 9 A 27/06 -, NVwZ 2008, 678 = juris Rn. 29 (jeweils zu § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG).
25Durch die Beteiligung der Betroffenen bereits im Verwaltungsverfahren wird ein Teil ihres Rechtsschutzes vorverlagert und ihnen damit die Einflussnahme auf den Inhalt der zu treffenden Entscheidung eröffnet. Dies ermöglicht schon frühzeitig einen Ausgleich der unterschiedlichen Interessen. Einerseits ist es den Betroffenen möglich, ihre Interessen vorzutragen und auf ihre Behandlung zu dringen. Andererseits stärkt die Regelung die Bestandskraft der einmal erteilten Genehmigung gegenüber solchen Drittbetroffenen, die sich am Verwaltungsverfahren nicht oder nicht rechtzeitig beteiligt haben.
26Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82 = juris Rn. 90; BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1980 - 7 C 101/78 -, BVerwGE 60, 297 = juris Rn. 18, Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 7 B 159/83 -, NVwZ 1984, 234 = juris Rn. 5, und Urteil vom 30. Januar 2008 - 9 A 27/06 -, NVwZ 2008, 678 = juris Rn. 29; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band 3, Stand: Januar 2015, § 10 BImSchG Rn. 163.
27Der Einwendungsausschluss ist dabei verfassungsrechtlich im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4, 103 Abs. 1 GG sowie die aus den Grundrechten folgende staatliche Schutzpflicht grundsätzlich nicht zu beanstanden. Soweit die Betroffenen der ihnen auferlegten Mitwirkungsobliegenheit genügen, bleiben ihnen nicht nur die fraglichen Rechtspositionen im weiteren Verfahren erhalten. Zudem können sie ihre Bedenken frühzeitig und daher besonders wirkungsvoll in das Verfahren einbringen.
28Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82 = juris Rn. 91; BVerwG, Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 7 B 159/83 -, NVwZ 1984, 234 = juris Rn. 5, und Urteile vom 24. Mai 1996 - 4 A 38/95 -, NVwZ 1997, 489 = juris Rn. 18, sowie vom 30. Januar 2008 - 9 A 27/06 -, NVwZ 2008, 678 = juris Rn. 29; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band 3, Stand: Januar 2015, § 10 BImSchG Rn. 163.
29Einwendungen - hier i. S. d. § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG - sind sachliches, auf die Verhinderung oder Modifizierung des beantragten Vorhabens abzielendes Gegenvorbringen. Das bloße Nichteinverstandensein im Sinne eines nicht näher spezifizierten Protests stellt keine Einwendung dar. Die Einwendung soll zur sachlichen Bewältigung des Vorhabens durch die Genehmigungsbehörde beitragen und ihr insoweit „die Richtung weisen“. Dies setzt voraus, dass die Behörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll.
30Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1980 - 7 C 101/78 -, BVerwGE 60, 297 = juris Rn. 10 ff. (zu § 3 Abs. 1 AtAnlV), sowie Beschlüsse vom 30. Januar 1995 ‑ 7 B 20/95 -, juris Rn. 2, und vom 24. Juli 2008 - 7 B 19.08 -, juris Rn. 10; OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2006 - 8 B 870/05 -, juris Rn. 14, und Urteil vom 9. Dezember 2009 - 8 D 10/08.AK -, DVBl. 2010, 724 = juris Rn. 130.
31An die eine Präklusion vermeidende Einwendung dürfen jedoch, um dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zu genügen, keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Dies gilt insbesondere für die Substantiierungslast privater Einwender. Eine Einwendung muss zwar erkennen lassen, in welcher Hinsicht aus der Sicht des Einwendenden Bedenken gegen das beabsichtigte Vorhaben bestehen. Insoweit reicht es aber zur Substantiierung aus, wenn aus der Einwendung ersichtlich wird, welches Rechtsgut des Einwendenden wie betroffen sein soll. Der Einwender muss dieses Rechtsgut bezeichnen und die befürchteten Beeinträchtigungen darlegen. Er muss hingegen nicht im Einzelnen vorbringen, weshalb dieses Rechtsgut gefährdet wird; eine Erkennbarkeit in groben Zügen genügt. Dabei ist von dem durchschnittlichen Wissen eines nicht-sachkundigen Bürgers in Bezug auf mögliche Beeinträchtigungen von Leben, Gesundheit und sonstiger geschützter Rechtsgüter auszugehen. Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden. Ebenso kann privaten Einwendern keine rechtliche Einordnung ihrer Einwendungen abverlangt werden.
32Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82 = juris Rn. 95; BVerwG, Urteile vom 17. Juli 1980 - 7 C 101/78 -, BVerwGE 60, 297 = juris Rn. 10 ff., und vom 14. Juli 2011 - 9 A 14/10 -, NVwZ 2012, 180 = juris Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2006 - 8 B 870/05 -, juris Rn. 16; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16. Juni 1998 ‑ 10 S 909/97 -, NVwZ-RR 1999, 230 = juris Rn. 30; Bay. VGH, Beschlüsse vom 4. Juni 2003 - 22 CS 03.1109 -, NVwZ 2003, 1138 = juris Rn. 11, und vom 9. Juni 2011 - 22 ZB 10.2192, 22 ZB 122 ZB 10.2395 -, UPR 2011, 456 = juris Rn. 16.
33Auf der Grundlage dieser Maßstäbe hat das Verwaltungsgericht das Vorbringen der Beigeladenen zu Recht als nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG präkludiert angesehen.
34Hinsichtlich der Beigeladenen zu 2. hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, diese habe innerhalb der Einwendungsfrist gar keine Einwendungen erhoben. Das Einwendungsschreiben vom 10. Mai 2013 weise nur den Beigeladenen zu 1. als Einwender aus und trage allein seine Unterschrift. Hiergegen wendet sich die Beschwerde in der Sache nicht. Vielmehr verweist diese lediglich allgemein darauf, die Beigeladenen seien mit ihren Einwendungen nicht präkludiert. Insoweit bezieht sich die Beschwerde aber sodann ausschließlich auf das Einwendungsschreiben des Beigeladenen zu 1.
35Auch der Beigeladene zu 1. hat keine den vorgenannten Maßstäben genügenden Einwendungen erhoben. Sein Hinweis in dem Schreiben vom 10. Mai 2013, er befürchte „dadurch“ einen erheblichen Mietzinsverlust bei seinen sieben Mietwohnungen, ist nicht hinreichend substantiiert. Dabei kann offen bleiben, ob das betroffene Rechtsgut bzw. das rechtlich geschützte Interesse ausreichend konkret benannt ist. Dem Hinweis ist - wie auch die Beschwerde selbst einräumt - jedenfalls nicht zu entnehmen, in welcher Weise der Beigeladene zu 1. seine Rechtsposition beeinträchtigt sieht. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Art des Vorhabens nicht in einer Weise offenkundig, dass von einer solchen Bezeichnung Abstand genommen werden konnte.
36bb) Der Eintritt der Präklusionswirkung ist gegenüber den Beigeladenen auch nicht wegen eines Fehlers bei der Bekanntmachung des Vorhabens ausgeschlossen. Mängel der Bekanntmachung stehen dem Eintritt der Präklusion nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG entgegen, wenn sie geeignet sind, von der fristgerechten Erhebung von Einwendungen abzuhalten, sie zu verhindern oder zu erschweren. Die Präklusion tritt gleichfalls nicht ein, wenn in der öffentlichen Bekanntmachung entgegen § 10 Abs. 4 Nr. 2 BImSchG nicht auf die Rechtsfolge des Einwendungsausschlusses hingewiesen worden ist.
37Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2000 ‑ 4 VR 17/99 -, juris Rn. 21 (zu § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG); OVG NRW, Urteil vom 9. Dezember 2009 ‑ 8 D 10/08.AK -, DVBl. 2010, 724 = juris Rn. 125; Bay. VGH, Beschluss vom 4. Juni 2003 - 22 CS 03.1109 -, NVwZ 2003, 1138 = juris Rn. 9; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band 3, Stand: Januar 2015, § 10 BImSchG Rn. 165; vgl. weiterhin BVerwG, Urteile vom 17. Juli 1980 - 7 C 101/78 -, BVerwGE 60, 297 = juris Rn. 36, und vom 24. Mai 1996 - 4 A 38/95 -, NVwZ 1997, 489 = juris Rn. 20 (zu § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG).
38Die streitgegenständliche öffentliche Bekanntmachung leidet nicht an Mängeln, die dem Eintritt der Ausschlusswirkung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG im Verhältnis zu den Beigeladenen entgegen stehen.
39Der Antragsgegner hat in der Bekanntmachung im Amtsblatt vom 13. März 2013 zunächst auf die Notwendigkeit leserlicher Angaben betreffend Name und Anschrift hingewiesen. Der von den Beigeladenen bemängelte - unstreitig nach den gesetzlichen Anforderungen nicht erforderliche - Hinweis, darüber hinaus würden
40„auch nur solche Einwendungen Berücksichtigung finden, die erkennen lassen, welches der Rechtsgüter (z.B. Leib, Leben und Gesundheit oder Eigentum) die Personen, die Einwendungen erhoben haben, als gefährdet ansehen“,
41war entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht geeignet, die Beigeladenen an einer Erhebung einer die Präklusion vermeidenden Einwendung zu hindern oder diese zu erschweren. Die Beschwerde macht - zu Recht - nicht geltend, der vorstehende Zusatz in der Bekanntmachung sei bei isolierter Betrachtung falsch. Der Hinweis auf das in der Einwendung zu benennende Rechtsgut steht vielmehr in Übereinstimmung mit der dargelegten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte.
42Die Benennung nur einiger Erfordernisse für eine ausreichende Einwendung führt nicht zu einer fehlerhaften Bekanntmachung. Es ist nicht Aufgabe der Bekanntmachung nach § 10 Abs. 4 Nr. 2 BImSchG, dem Betroffenen jede eigene Sorge um die Art seines Vorgehens abzunehmen.
43So ausdrücklich BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1980 ‑ 7 C 101/78 -, BVerwGE 60, 297 = juris Rn. 36.
44Eine bloße Aufzählung solcher Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung unbedingt für die mit der Einwendung gewollte Anstoßfunktion im Verwaltungsverfahren und damit für den Ausschluss der Präklusionswirkung nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG notwendig sind, befreit den Betroffenen nicht von der Obliegenheit, sich über die Anforderungen (im Übrigen) zu informieren. Ist ein zusätzlich in die Bekanntmachung aufgenommener, die Erhebung von Einwendungen betreffender Hinweis für sich genommen richtig, ist er nur dann geeignet, einen Betroffenen von der fristgerechten Erhebung von Einwendungen abzuhalten, sie zu verhindern oder zu erschweren, wenn er eine - tatsächlich nicht gegebene - Ausschließlichkeit der genannten Erfordernisse suggeriert und der Betroffene deshalb von der Erhebung von Einwendungen oder der Angabe weiterer Informationen absieht.
45Dies ist hier nicht der Fall. Entgegen dem Beschwerdevorbringen erzeugt der oben zitierte Hinweis in der Bekanntmachung nicht den Eindruck, dass potentielle Einwender nur das aus ihrer Sicht betroffene Rechtsgut benennen müssen und nicht auch die Art der Gefährdung. Dem Hinweis ist zunächst eindeutig zu entnehmen, dass die Bezeichnung des betroffenen Rechtsguts - ebenso wie die Nennung des Namens und der Anschrift des Einwenders - für die Erhebung einer rechtzeitigen Einwendung i. S. d. § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG unverzichtbar ist. Weder der Wortlaut noch der Kontext erwecken jedoch bei Zugrundelegung eines objektiven Empfängerhorizontes den Eindruck, die Anforderungen an die Einwendung seien damit abschließend aufgezählt. Die Formulierung „der Rechtsgüter, die Personen,…, als gefährdet ansehen“ gibt vielmehr auch einem Laien hinreichenden Anlass zu der Annahme, dass er auch die Umstände darzulegen hat, die ihn dazu bewegen, (gerade) dieses Rechtsgut für gefährdet zu halten.
46Soweit die Beschwerde sich auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 4. Juni 2003 beruft,
47- 22 CS 03.1109 -, NVwZ 2003, 1138 = juris Rn. 9,
48übersieht sie schon, dass die Bekanntmachung im dortigen Fall durch die Nennung unrichtiger Alternativen der Erhebung von Einwendungen - anders als im vorliegenden Fall - isoliert betrachtet inhaltlich unrichtig war.
49Sind die Beigeladenen wegen Präklusion nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG mit ihren Einwendungen auch im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen, ist auf ihr Beschwerdevorbringen in der Sache nicht mehr einzugehen.
50b) Die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage der Beigeladenen erweist sich gegenüber der Antragstellerin als unbillig. Dabei sind an das besondere Interesse der Antragstellerin angesichts des bei summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglosen Rechtsbehelfs in der Hauptsache keine hohen Anforderungen zu stellen. Schon ohne die Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind die sich gegenüberstehenden Rechtspositionen Privater grundsätzlich gleichrangig.
51Vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Oktober 2008 ‑ 1 BvR 2466/08 -, BVerfGK 14, 278 = juris Rn. 21; Sellner, in: FS Lerche, 1993, 815, 824.
52Hat der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg, reichen schon geringe Beeinträchtigungen aus, eine weitere Verzögerung als unbillig erscheinen zu lassen.
53Die Antragstellerin hat ein nachvollziehbares Interesse an der Ausnutzung der erteilten und nur noch durch die Beigeladenen angegriffenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Die gegen die Genehmigung durch weitere Nachbarn erhobene Klage (Az. 3 K 1619/14) ist vom Verwaltungsgericht Düsseldorf am 19. Januar 2015 rechtskräftig abgewiesen worden. Eine weitere Verzögerung der Errichtung und Inbetriebnahme der Anlage führt zu Umsatzausfällen für die Antragstellerin, die nicht ohne weiteres auszugleichen sind und - gerade aufgrund des Umfangs der geplanten Erweiterung - einen offensichtlichen, nicht unerheblichen wirtschaftlichen Nachteil darstellen.
54Aufgrund der Entscheidung in der Sache bedarf der zwischenzeitlich gestellte Antrag der Beigeladenen, nach § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung einstweilen auszusetzen, keiner Bescheidung mehr.
55Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO.
56Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der Senat orientiert sich dabei an Nr. 19.2 i. V. m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
57Abrufbar unter http://www.BVerwG.de/medien/pdf/ streitwertkatalog.pdf.
58Der sich so ergebende Streitwert ist im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs um die Hälfte zu reduzieren.
59Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 2 Satz 6 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.
(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.
(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.
(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.
(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.
(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist
- 1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind; - 2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen; - 3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden; - 4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.
(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.
(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:
- 1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt. - 2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind. - 3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.
(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.
(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.
(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.
(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:
- 1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie - 2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.
(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.
(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.
(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.
(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.
(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.
(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist
- 1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind; - 2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen; - 3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden; - 4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.
(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.
(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:
- 1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt. - 2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind. - 3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.
(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.
(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.
(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.
(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:
- 1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie - 2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.
(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.
(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.
(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.
(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.
(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.
(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.
(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist; - 2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind; - 3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann; - 4.
dass - a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können, - b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.
(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.
(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Beigeladenen tragen die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag,
3den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19.03.2015 – 3 L 667/15 – abzuändern und den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 09.01.2014 zurückzuweisen,
4ist zulässig, hat aber keinen Erfolg.
5Nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag Maßnahmen nach Absatz 1 treffen, wonach auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet werden kann, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 80 Abs. 5 bis 8 entsprechend. Wegen der Rechtsgrundverweisung in § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO auf § 80 Abs. 5 VwGO sind die für diese Vorschrift geltenden Grundsätze und Maßstäbe heranzuziehen,
6Eyermann/Schmidt § 80 a VwGO Rn. 16; Kopp/Schenke § 80 a VwGO Rn. 23; Sodan/Ziekow § 80 a VwGO Rn. 25.
7Das Gericht hat insoweit zwar eine originäre Entscheidung zu treffen; diese richtet sich aber nach denselben Gesichtspunkten wie sie auch für die Ausgangsbehörde gelten,
8Kopp/Schenke § 80 VwGO Rn. 146.
9Einem Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Genehmigung kann dann entsprochen werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein besonderes öffentliches oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung besteht. Zunächst ist also zu klären, ob ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug vorliegt, das die Beteiligteninteressen überwiegt. Hinsichtlich dieses besonderen öffentlichen Interesses müssen besondere Gründe dafür sprechen, dass der angefochtene Verwaltungsakt schon jetzt und nicht erst nach Bestands- oder Rechtskraft vollzogen wird; maßgeblich sind also die Kriterien der Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit. Auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs kommt es dabei erst in zweiter Linie an. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn der sichere Erfolg oder die Aussichtslosigkeit des erhobenen Rechtsbehelfs klar zu Tage tritt. Es liegt nämlich weder im öffentlichen Interesse, dass ein offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakt sofort vollzogen wird, noch dass ein offensichtlich unzulässiger und unbegründeter Rechtsbehelf den sofortigen Vollzug verhindert. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens sind vor allem die Folgen, die sich bei einer Ablehnung des Antrags und somit bei einem sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts einerseits und einer Stattgabe und somit eines Aufschubs der angeordneten Maßnahme andererseits für den Betroffenen bzw. das öffentliche Interesse ergeben können, gegenüber zu stellen. Ist kein öffentliches Vollzugsinteresse festzustellen, kann die Anordnung des Sofortvollzugs nur dann getroffen werden, wenn das Interesse des begünstigten Beteiligten am Sofortvollzug das Interesse des belasteten Beteiligten an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt; insoweit ist in der Regel ein Anspruch des Begünstigten anzunehmen. Der Begünstigte, der die Anordnung des Sofortvollzugs begehrt, muss dabei ein besonderes Interesse gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit aufweisen; dieses besondere Interesse muss über sein regelmäßiges Interesse an der Ausnutzung eines ihm günstigen Verwaltungsakts hinausgehen und sich gerade auf den Sofortvollzug beziehen. Dieses wird jedenfalls dann nicht anzunehmen sein, wenn das Rechtsmittel des anderen Beteiligten voraussichtlich erfolgreich sein wird. Auch wenn dieses voraussichtlich erfolglos bleiben wird, folgt daraus nicht unbedingt die Anordnung des Sofortvollzugs; vielmehr ist zusätzlich zu fordern, dass dem Begünstigten gegenüber eine Fortdauer der aufschiebenden Wirkung unbillig erscheinen muss. Der voraussichtliche Erfolg oder Misserfolg in der Hauptsache muss mit dem Maß an Sicherheit, das aufgrund der nur summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erlangt werden kann, zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Bei offenem Ausgang der Hauptsache hat eine Abwägung zwischen dem Aufschubinteresse des Belasteten und dem Vollzugsinteresse des Begünstigten stattzufinden. Kann kein Überwiegen des Interesses einer Seite festgestellt werden, bleibt es bei der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs.
10Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2, 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO kann ein Beteiligter die Abänderung eines Beschlusses über einen Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Dabei muss es sich um tatsächliche oder rechtliche Umstände handeln, welche für die rechtliche Beurteilung des Ausgangsverfahrens maßgeblich waren. Die Entscheidung des Gerichts ergeht dann nach denselben oben aufgezeigten Maßstäben für die Beurteilung eines Antrags nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO.
11Daran gemessen hat der Antrag hier keinen Erfolg. Es verbleibt bei der Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin, wie sie im Beschluss der Kammer vom 19.03.2015 – 3 L 667/15 – und im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30.07.2015 – 8 B 430/15 – getroffen wurde.
12Die Beigeladenen machen hiergegen als veränderten Umstand im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO alleine das Urteil des EuGH vom 15.10.2015 ‑ C-137/14 ‑ geltend.
13Dies stellt die getroffene Interessenabwägung nicht wesentlich in Frage.
14Der EuGH hat zwar in seiner Entscheidung u.a. entschieden, dass Deutschland gegen die Vorschriften über den Zugang der betroffenen Öffentlichkeit zu Gerichten der Richtlinie 2011/92 über die Umweltverträglichkeitsprüfung und der Richtlinie 2010/75 über Industrieemissionen verstoßen hat, indem gemäß § 2 Abs. 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 07.12.2006 in der durch das Gesetz vom 21.01.2013 geänderten Fassung und § 73 Abs. 4 VwVfG die Klagebefugnis und der Umfang der gerichtlichen Prüfung auf Einwendungen beschränkt wird, die bereits innerhalb der Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren, das zur Annahme der Entscheidung geführt hat, eingebracht wurden,
15vgl. Urteil des EuGH vom 15.10.2015 – C-137/14 ‑, Nr. 68 bis 82., juris.
16Die Entscheidung der Kammer schätzt die Erfolgsaussichten der Klage 3 K 463/14 mit wenig Aussicht auf Erfolg ein, weil die Beigeladenen wegen Präklusion gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG mit ihren Einwendungen gegen das Vorhaben der Antragstellerin ausgeschlossen sind. Zur Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG verhält sich die Entscheidung des EuGH dagegen nicht. Insoweit erscheint auch fraglich, ob die Grundsätze der Entscheidung auf den vorliegenden Fall übertragen werden können. Sowohl § 2 Abs. 3 UmwRG als auch § 73 Abs. 4 VwVfG betreffen spezielle, hier nicht einschlägige Konstellationen. Ob die Entscheidung des EuGH auf § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG zu übertragen ist, muss unter den hier gegebenen Bedingungen einer nur summarisch möglichen Prüfung als offen angesehen werden.
17Hinzu tritt, dass der EuGH in der genannten Entscheidung dem nationalen Gesetzgeber zur Gewährleistung der Wirksamkeit des gerichtlichen Verfahrens ausdrücklich die Möglichkeit offen gehalten hat, spezifische Verfahrensvorschriften vorzusehen, nach denen z.B. ein missbräuchliches oder unredliches Vorbringen unzulässig ist,
18vgl. des EuGH vom 15.10.2015 – C-137/14 ‑, Nr. 81., juris.
19Ob der vorliegende Fall, in welchem die Beigeladenen trotzt hinreichender Möglichkeiten im Genehmigungsverfahren überhaupt keine Einwendungen erhoben haben, in eine solche Fallgruppe einzuordnen wäre und ob dies bei der Auslegung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG Berücksichtigung findet könnte, muss ebenfalls als offen angesehen werden.
20Sind damit die Erfolgsaussichten der Klage der Beigeladenen gegen die der Antragstellerin erteilten Genehmigung weiter als offen anzusehen, verbleibt es trotzt der von den Beigeladenen geltend gemachten veränderten Umstände bei der bisher getroffenen Interessenabwägung.
21Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 VwGO.
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; sie berücksichtigt die Ziffern 1.5 Satz 1, 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Tenor
Die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 09.01.2014 wird angeordnet.
Der Antragsgegner und die Beigeladenen tragen jeweils die Kosten des Verfahrens zur Hälfte mit Ausnahme ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der dem Sachtenor entsprechende Antrag hat Erfolg.
3Der hier gestellte Antrag, die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 09.01.2014 anzuordnen, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag. Dabei kann das Gericht die Frage dahinstehen lassen, inwieweit § 80a Abs. 3 VwGO voraussetzt, das sich der Antragsteller vorher an die zuständige Behörde mit einem entsprechenden Antrag gewandt hat und diese den Antrag abgelehnt hat,
4vgl. zum Meinungsstand Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. § 80a Rn. 21.
5Der vorliegende Fall zeichnet sich nämlich durch die Besonderheit aus, dass der Antragsgegner in der Genehmigung vom 09.01.2014 bereits die sofortige Vollziehung angeordnet und mit Bescheid vom 18.09.2014 diese Anordnung wieder aufgehoben hat. Inhaltlich hat sich der Antragsgegner also bereits mit dem Begehren der Antragstellerin befasst und es im Bescheid vom 18.09.2014 abgelehnt. Unter diesen Voraussetzungen wäre es bloße Förmelei, von der Antragstellerin einen erneuten Antrag an den Antragsgegner zu verlangen.
6Der Antrag ist unter Anwendung des gebotenen Maßstabs auch begründet.
7Nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag Maßnahmen nach Absatz 1 treffen, wonach auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet werden kann, wenn ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt einlegt. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt § 80 Abs. 5 bis 8 entsprechend. Wegen der Rechtsgrundverweisung in § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO auf § 80 Abs. 5 VwGO sind die für diese Vorschrift geltenden Grundsätze und Maßstäbe heranzuziehen,
8Eyermann/Schmidt § 80 a VwGO Rn. 16; Kopp/Schenke § 80 a VwGO Rn. 23; Sodan/Ziekow § 80 a VwGO Rn. 25.
9Das Gericht hat insoweit zwar eine originäre Entscheidung zu treffen; diese richtet sich aber nach denselben Gesichtspunkten wie sie auch für die Ausgangsbehörde gelten,
10Kopp/Schenke § 80 VwGO Rn. 146.
11Einem Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Genehmigung kann dann entsprochen werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein besonderes öffentliches oder ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung besteht. Zunächst ist also zu klären, ob ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug vorliegt, das die Beteiligteninteressen überwiegt. Hinsichtlich dieses besonderen öffentlichen Interesses müssen besondere Gründe dafür sprechen, dass der angefochtene Verwaltungsakt schon jetzt und nicht erst nach Bestands- oder Rechtskraft vollzogen wird; maßgeblich sind also die Kriterien der Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit. Auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs kommt es dabei erst in zweiter Linie an. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn der sichere Erfolg oder die Aussichtslosigkeit des erhobenen Rechtsbehelfs klar zu Tage tritt. Es liegt nämlich weder im öffentlichen Interesse, dass ein offensichtlich rechtswidriger Verwaltungsakt sofort vollzogen wird, noch dass ein offensichtlich unzulässiger und unbegründeter Rechtsbehelf den sofortigen Vollzug verhindert. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens sind vor allem die Folgen, die sich bei einer Ablehnung des Antrags und somit bei einem sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts einerseits und einer Stattgabe und somit eines Aufschubs der angeordneten Maßnahme andererseits für den Betroffenen bzw. das öffentliche Interesse ergeben können, gegenüber zu stellen.
12Ist kein öffentliches Vollzugsinteresse festzustellen, kann die Anordnung des Sofortvollzugs nur dann getroffen werden, wenn das Interesse des begünstigten Beteiligten am Sofortvollzug das Interesse des belasteten Beteiligten an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs überwiegt; insoweit ist in der Regel ein Anspruch des Begünstigten anzunehmen. Der Begünstigte, der die Anordnung des Sofortvollzugs begehrt, muss dabei ein besonderes Interesse gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit aufweisen; dieses besondere Interesse muss über sein regelmäßiges Interesse an der Ausnutzung eines ihm günstigen Verwaltungsakts hinausgehen und sich gerade auf den Sofortvollzug beziehen. Dieses wird jedenfalls dann nicht anzunehmen sein, wenn das Rechtsmittel des anderen Beteiligten voraussichtlich erfolgreich sein wird. Auch wenn dieses voraussichtlich erfolglos bleiben wird, folgt daraus nicht unbedingt die Anordnung des Sofortvollzugs; vielmehr ist zusätzlich zu fordern, dass dem Begünstigten gegenüber eine Fortdauer der aufschiebenden Wirkung unbillig erscheinen muss. Der voraussichtliche Erfolg oder Misserfolg in der Hauptsache muss mit dem Maß an Sicherheit, das aufgrund der nur summarischen Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren erlangt werden kann, zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Bei offenem Ausgang der Hauptsache hat eine Abwägung zwischen dem Aufschubinteresse des Belasteten und dem Vollzugsinteresse des Begünstigten stattzufinden. Kann kein Überwiegen des Interesses einer Seite festgestellt werden, bleibt es bei der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs.
13Im Bereich der hier vorliegenden Nachbarklagen ist die Erfolgsaussicht der Hauptsacheklagen daran zu messen, ob die Dritten durch den von ihnen angefochtenen Verwaltungsakt in ihren Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt werden. Für das hier anzuwendende Immissionsschutzrecht ist zu beachten, dass (nur) die Schutz- und Gefahrenabwehrpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (mit ihren Konkretisierungen) für den Nachbarn drittschützend ist.
14Die nach diesen Grundsätzen im Rahmen des summarischen Verfahrens zu treffende Entscheidung führt hier dazu, dass dem Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung stattzugeben ist. Zwar ist ein besonderes öffentliches Interesse an der Vollziehung der Genehmigung nicht ersichtlich.
15Die sofortige Vollziehung liegt aber im Rechtssinne im überwiegenden Interesse der Antragstellerin.
16Maßgeblich für diese Einschätzung ist der Umstand, dass die Klage der Beigeladenen ‑ 3 K 463/14 ‑, die hier allein die (endgültige) Vollziehung der Genehmigung vom 09.01.2014 hindert, wenig Aussicht auf Erfolg bietet. Die Kammer hat zu den Erfolgsaussichten dieser Klage bereits in ihrem Beschluss vom 12.05.2014 im Verfahren ‑ 3 L 151/14 ‑ ausgeführt:
17„Vorliegend können die Antragsteller sich nicht mit Erfolg auf eine Verletzung ihrer nachbarrechtlichen Abwehrrechte stützen. Sie sind mit ihren Einwendungen wegen Präklusion gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG ausgeschlossen. Die Ausschlusswirkung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG erstreckt sich als sogenannte materielle Präklusion auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Sie bedeutet den Verlust verspätet geltend gemachter Abwehrrechte.
18Vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1980 - 7 C 101.78 -, juris, Ls. 1 und Rn. 14 ff.
19Verfassungsrechtliche oder europarechtliche Bedenken gegen die Regelung der materiellen Präklusion greifen nicht durch. Die materielle Präklusion rechtfertigt sich aus dem Gesetzeszweck, den Rechtsschutz potenziell betroffener Dritter vor zu verlagern mit dem Ziel, dem Antragsteller nach Erteilung der Genehmigung einen erhöhten Bestandsschutz zu sichern. Daneben tritt der Verwirkungsgedanke. Allerdings sind der materiellen Präklusion gewisse Grenzen gesetzt, da die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben eine restriktive Auslegung gebieten. Die Verwirkungspräklusion knüpft an die nicht wahrgenommene Möglichkeit an, Einwendungen innerhalb der Einwendungsfrist vorzutragen. Sie findet ihre Grenze damit dort, wo diese Möglichkeit nicht oder nicht mehr bestand. Dies ist Folge der aus verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Gründen notwendigen restriktiven Handhabung der Voraussetzungen der eine materielle Präklusion anordnenden Vorschriften.
20Vgl. Dietlein, in Landmann / Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, Stand der 70. Erg.lfg. August 2013, § 10 BImSchG, Rn. 163 f.
21Unter Beachtung dieser Maßstäbe liegen die Voraussetzungen des Einwendungsausschlusses vor. Im förmlichen Auslegungsverfahren sind die Antragsteller durch öffentliche Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG auf die Möglichkeit, fristgerecht Einwendungen zu erheben, und auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden. Die Antragsteller haben in der Frist des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG keine bzw. nur in unzureichender Weise Einwendungen erhoben.
22Die Antragstellerin hat innerhalb der Einwendungsfrist gar keine Einwendungen erhoben. Insoweit liegt alleine das Einwendungsschreiben vom 10. Mai 2013 (Bl. 220 der Beiakte Heft 5 zur Gerichtsakte 3 K 463/14) vor. Nach dessen Inhalt wollte alleine der Antragsteller mit diesem Schreiben „Einspruch“ erheben. Allein dessen persönliche Angaben sind in dem Schreiben enthalten. Es ist auch nur von ihm unterschrieben. Ein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass die Einwendungen auch im Namen der Antragstellerin erhoben werden sollten, fehlt.
23Das Schreiben vom 10. Mai 2013 erfüllt aber auch hinsichtlich des Antragstellers nicht die erforderlichen Voraussetzungen für eine wirksame Erhebung von Einwendungen.
24Zwar sind an die Substanziierungslast privater Einwender nur geringe Anforderungen zu stellen. Um ihr zu genügen, muss eine Einwendung erkennen lassen, in welcher Hinsicht nach Meinung des Einwenders Bedenken gegen das geplante Vorhaben bestehen können. Hierzu reicht es aus, wenn die Einwendung in groben Zügen erkennen lässt, welches Schutzgut als gefährdet angesehen wird und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Die Genehmigungsbehörde muss erkennen können, in welcher Hinsicht sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen muss. Die Darlegungsanforderungen orientieren sich an den Möglichkeiten betroffener Laien; Ausführungen, die fachwissenschaftlichen Sachverstand voraussetzen, können regelmäßig nicht erwartet werden.
25Vgl. BayVGH, Beschluss vom 22. März 2012 - 22 ZB 12.149 und 22 ZB 122 ZB 12.151 -, juris, Rn. 13.
26Ebenso kann privaten Einwendern keine rechtliche Einordnung ihrer Einwendungen abverlangt werden.
27Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2011 - 9 A 14.10 -, juris, Rn. 17.
28Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Von einem Einwender kann deshalb erwartet werden, dass er gegen die Planung sprechende Gesichtspunkte geltend macht, die sich – anknüpfend an die ausgelegten Unterlagen – einem Laien in seiner Lage von seinem eigenen Kenntnis- und Erfahrungshorizont her erschließen.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2008 - 9 A 27.06 -, juris, Ls. und Rn. 30.
30Das Einwendungsschreiben des Antragstellers genügt diesen Anforderungen nicht. Aus dem Schreiben wird zwar erkennbar, dass er wegen des Vorhabens einen Mietzinsverlust fürchtet. Eine Substanziierung dahingehend, welche Beeinträchtigungen (z. B. Lärm, Geruch, Bioaerosole, Verkehrsaufkommen, optische Einwirkung, usw.) er erwartet, enthält das Schreiben dagegen nicht. Der Antragsgegner kann gerade nicht erkennen, in welcher Hinsicht er bestimmte Belange des Vorhabens einer näheren Betrachtung unterziehen muss. Es fehlen jegliche Angaben dazu, welche Beeinträchtigungen durch das Vorhaben befürchtet werden. Der Einwand des Antragstellers reduziert sich auf ein bloßes Dagegensein. Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.“
31Der Einzelrichter folgt dieser Einschätzung, zumal sich die Sach- und Rechtslage seitdem nicht geändert hat.
32Auch die übrige Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus.
33Auch wenn, wie oben ausgeführt, das Gericht vorliegend eine originäre Entscheidung zu treffen hat, richtet sich diese nach denselben Gesichtspunkten wie sie auch für die Ausgangsbehörde gelten. Deshalb kann es im vorliegenden Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass die zuständige Ausgangsbehörde, also der Antragsgegner, die Anordnung der sofortigen Vollziehung bereits im Genehmigungsbescheid vom 09.01.2014 ausgesprochen und überzeugend begründet hat. Das Gericht folgt dem.
34Der Antragsgegner hat seine Entscheidung zwar mit Bescheid vom 18.09.2014 wieder aufgehoben. Dies geschah aber nicht, weil er die Interessenlage zwischenzeitlich anders bewertet hat. Grund war vielmehr, dass bei ihm übergeordneten Stellen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Genehmigung aufgekommen waren und diese ihn entsprechend angewiesen hatten. Hierzu hat der Antragsgegner vorgetragen, dass sich zwischenzeitlich diese Zweifel im Petitionsverfahren jedenfalls im Hinblick auf für die Beigeladenen drittschützende Rechtsvorschriften nicht bestätigt hätten und damit der Grund für die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung entfallen sei.
35Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
36Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; sie berücksichtigt die Ziffern 1.5 Satz 1, 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - geändert, soweit er deren Antrag ablehnt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller zu 1 und 2 gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21. September 2012 wird angeordnet.
Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 bis 5 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2012 - 11 K 3405/12 - werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller zu 3 bis zu 5 tragen jeweils ein Viertel der Gerichtskosten, ein Viertel der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und des Beigeladenen sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen jeweils ein Achtel der Gerichtskosten, jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1 und zu 2 sowie je ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten.
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen auf jeweils 15.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Auf den Antrag des Antragstellers werden der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. Januar 2005 - 17 K 4855/04 - und der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. März 2005 - 13 S 241/05 -geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.10.2004 und die damit verbundene Abschiebungsandrohung wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.
Der Antrag des Antragstellers auf Aufhebung der Vollziehung der Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 12.10.2004 wird abgelehnt.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Der Antrag des Antragsgegners, den Beschluss des Gerichts vom 24. November 2010 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO entsprechend dem dortigen Antrag abzuändern und der Beschwerde stattzugeben, wird abgelehnt.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 3.552,60 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Die Beteiligten streiten um die Heranziehung der Antragstellerin zu Trinkwassergebühren für den Monat Januar 2010. Das Verwaltungsgericht Greifswald hat dem Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 08. Juni 2010 – 3 B 406/10 – stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat der Senat mit Beschluss vom 24. November 2010 – 1 M 145/10 – als unzulässig verworfen, weil das Beschwerdevorbringen nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügt hat.
- 2
Der Antragsgegner hat nunmehr beantragt, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 24. November 2010 im Verfahren Az. 1 M 145/10 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO entsprechend dem dortigen Antrag abzuändern und der Beschwerde stattzugeben. Der Abänderungsantrag ist von einem Rechtsanwalt formuliert worden. Er bezieht sich eindeutig auf den Senatsbeschluss vom 24. November 2010 – 1 M 145/10 – im Beschwerdeverfahren und ist insoweit nicht auslegungsbedürftig.
- 3
Dieser Antrag ist bereits unzulässig, wobei dahin gestellt bleiben kann, ob insoweit der Gesichtspunkt der Statthaftigkeit oder des Rechtsschutzbedürfnisses maßgeblich ist.
- 4
Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache – vorliegend mit Blick auf das Verfahren Az. 1 L 125/10 also das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern – Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (Satz 2).
- 5
Das Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO ist nicht eine Art Rechtsmittelverfahren, sondern ein gegenüber dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO selbständiges neues Verfahren, dessen Gegenstand nicht die Überprüfung der früheren Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO auf ihre Richtigkeit hin ist, sondern die Neuregelung der Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes für die Zukunft in einem von dem ergangenen Beschluss abweichenden Sinn (vgl. VGH München, Beschl. v. 11.02.2009 – 6 CS 08.2894 –, juris; Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 80 Rn. 183). Gegenstand des Abänderungsantrages kann folglich nur derjenige gerichtliche Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO sein, der in der Vergangenheit und mit Wirkung noch im Zeitpunkt der Stellung des Antrages nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Frage der Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes entschieden hat und entsprechend materielle Rechtskraft entfaltet. Ein Beschluss des Beschwerdegerichts, der – wie vorliegend der Beschluss vom 24. November 2010 – lediglich in dem Sinne über das Rechtsmittel der Beschwerde entscheidet, dass er die Beschwerde gegen den Beschluss der Vorinstanz nach § 80 Abs. 5 VwGO zurückweist oder als unzulässig verwirft, kann infolgedessen nicht Gegenstand des Abänderungsantrages sein bzw. ist kein „Beschluss über Anträge nach Absatz 5“ im Sinne von § 80 Abs. 7 VwGO, der Rechtskraftwirkung entfalten könnte. Für die Abänderung einer solchen Beschwerdeentscheidung besteht auch kein Bedürfnis, da § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Möglichkeit zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung eröffnet. Ändert demgegenüber das Beschwerdegericht den Beschluss des Verwaltungsgerichts gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ab, ist diese Entscheidung des Beschwerdegerichts diejenige, die in der Vergangenheit und mit Wirkung noch im Zeitpunkt der Stellung des Antrages nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO die Frage der Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes entschieden hat, und kann diese folglich Gegenstand eines Abänderungsantrages sein. Dass der Beschluss des Beschwerdegerichts über die Zurückweisung oder Verwerfung der Beschwerde nicht Gegenstand eines Antrages nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO sein kann, folgt zudem aus der Erwägung, dass dann das Beschwerdegericht in seiner Funktion als Rechtsmittelgericht eine erneute oder – im Falle der vorherigen Verwerfung der Beschwerde – erstmalige Beurteilung der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vornehmen müsste, die aber gerade im Abänderungsverfahren nicht erfolgt. Der Beschwerde – wie beantragt – stattzugeben, verlangte gerade eine entsprechende Richtigkeitsprüfung.
- 6
§ 80b Abs. 3 VwGO, nach dem § 80 Abs. 5 bis 8 und § 80a VwGO entsprechend gelten, erfasst schließlich nur Anordnungen des Oberverwaltungsgerichts nach § 80b Abs. 2 VwGO.
- 7
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO ist jedenfalls auch unbegründet. Die Abänderung eines Beschlusses über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kommt nur in Betracht, wenn sich Umstände verändert haben oder Umstände im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemacht worden sind, die die entscheidungstragenden Erwägungen des Beschlusses betreffen, also entscheidungserheblich waren und sind. Der Abänderungsantrag ist vom Antragsgegner damit begründet worden, dass der Senat in den Berufungsverfahren Az. 1 L 59/10 und 1 L 125/10 nunmehr in der Sache zu Gunsten des Beklagten entschieden habe. Dieser Umstand ist hinsichtlich der tragenden Erwägung des Beschlusses vom 24. November 2010 – 1 M 145/10 –, das Beschwerdevorbringen genüge nicht dem Darlegungserfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und folglich sei die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, offensichtlich ohne Relevanz: Die Frage der Erfüllung des Darlegungserfordernisses stellt sich nicht in einem anderen Licht dar, weil den Berufungen des Beklagten stattgegeben worden ist, unabhängig davon, dass die Urteile mit vollständiger Begründung ohnehin noch nicht zugestellt sind.
- 8
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
- 9
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.
(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.
(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.
(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.
(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.
(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist
- 1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind; - 2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen; - 3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden; - 4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.
(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.
(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:
- 1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt. - 2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind. - 3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.
(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.
(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.
(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.
(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:
- 1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie - 2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.
(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.
(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.
(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.
(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung
- 1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, - 2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und - 3.
im Falle eines Verfahrens nach - a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war; - b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn
- 1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt, - 2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und - 3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.
(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit
- 1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder - 2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.
(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.
(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.
(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.
(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.
(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist; - 2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind; - 3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann; - 4.
dass - a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können, - b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.
(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.
(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.
(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.
(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.
(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.
(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.
(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.
(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist
- 1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind; - 2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen; - 3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden; - 4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.
(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.
(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:
- 1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt. - 2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind. - 3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.
(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.
(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.
(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.
(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:
- 1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie - 2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.
(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.
(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung
- 1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, - 2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und - 3.
im Falle eines Verfahrens nach - a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war; - b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn
- 1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt, - 2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und - 3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.
(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit
- 1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder - 2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.
(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.
(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.
(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.
(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.
(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist; - 2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind; - 3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann; - 4.
dass - a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können, - b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.
(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.
(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.
(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.
(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.
(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.
(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.
(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.
(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist
- 1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind; - 2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen; - 3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden; - 4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.
(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.
(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:
- 1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt. - 2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind. - 3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.
(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.
(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.
(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.
(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:
- 1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie - 2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.
(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.
(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.
(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.
(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.
(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.
(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.
(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist; - 2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind; - 3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann; - 4.
dass - a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können, - b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.
(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.
(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.
(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung
- 1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht, - 2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und - 3.
im Falle eines Verfahrens nach - a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war; - b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn
- 1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt, - 2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und - 3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.
(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit
- 1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder - 2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
(1) Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen. Der Plan besteht aus den Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen.
(2) Innerhalb eines Monats nach Zugang des vollständigen Plans fordert die Anhörungsbehörde die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasst, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird, ausgelegt wird.
(3) Die Gemeinden nach Absatz 2 haben den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen. Auf eine Auslegung kann verzichtet werden, wenn der Kreis der Betroffenen und die Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bekannt sind und ihnen innerhalb angemessener Frist Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.
(3a) Die Behörden nach Absatz 2 haben ihre Stellungnahme innerhalb einer von der Anhörungsbehörde zu setzenden Frist abzugeben, die drei Monate nicht überschreiten darf. Stellungnahmen, die nach Ablauf der Frist nach Satz 1 eingehen, sind zu berücksichtigen, wenn der Planfeststellungsbehörde die vorgebrachten Belange bekannt sind oder hätten bekannt sein müssen oder für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind; im Übrigen können sie berücksichtigt werden.
(4) Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben berührt werden, kann bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Anhörungsbehörde oder bei der Gemeinde Einwendungen gegen den Plan erheben. Im Falle des Absatzes 3 Satz 2 bestimmt die Anhörungsbehörde die Einwendungsfrist. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Hierauf ist in der Bekanntmachung der Auslegung oder bei der Bekanntgabe der Einwendungsfrist hinzuweisen. Vereinigungen, die auf Grund einer Anerkennung nach anderen Rechtsvorschriften befugt sind, Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Entscheidung nach § 74 einzulegen, können innerhalb der Frist nach Satz 1 Stellungnahmen zu dem Plan abgeben. Die Sätze 2 bis 4 gelten entsprechend.
(5) Die Gemeinden, in denen der Plan auszulegen ist, haben die Auslegung vorher ortsüblich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
wo und in welchem Zeitraum der Plan zur Einsicht ausgelegt ist; - 2.
dass etwaige Einwendungen oder Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 bei den in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stellen innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen sind; - 3.
dass bei Ausbleiben eines Beteiligten in dem Erörterungstermin auch ohne ihn verhandelt werden kann; - 4.
dass - a)
die Personen, die Einwendungen erhoben haben, oder die Vereinigungen, die Stellungnahmen abgegeben haben, von dem Erörterungstermin durch öffentliche Bekanntmachung benachrichtigt werden können, - b)
die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann,
wenn mehr als 50 Benachrichtigungen oder Zustellungen vorzunehmen sind.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist hat die Anhörungsbehörde die rechtzeitig gegen den Plan erhobenen Einwendungen, die rechtzeitig abgegebenen Stellungnahmen von Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie die Stellungnahmen der Behörden zu dem Plan mit dem Träger des Vorhabens, den Behörden, den Betroffenen sowie denjenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, zu erörtern. Der Erörterungstermin ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Behörden, der Träger des Vorhabens und diejenigen, die Einwendungen erhoben oder Stellungnahmen abgegeben haben, sind von dem Erörterungstermin zu benachrichtigen. Sind außer der Benachrichtigung der Behörden und des Trägers des Vorhabens mehr als 50 Benachrichtigungen vorzunehmen, so können diese Benachrichtigungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass abweichend von Satz 2 der Erörterungstermin im amtlichen Veröffentlichungsblatt der Anhörungsbehörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht wird, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; maßgebend für die Frist nach Satz 2 ist die Bekanntgabe im amtlichen Veröffentlichungsblatt. Im Übrigen gelten für die Erörterung die Vorschriften über die mündliche Verhandlung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§ 67 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Nr. 1 und 4 und Abs. 3, § 68) entsprechend. Die Anhörungsbehörde schließt die Erörterung innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Einwendungsfrist ab.
(7) Abweichend von den Vorschriften des Absatzes 6 Satz 2 bis 5 kann der Erörterungstermin bereits in der Bekanntmachung nach Absatz 5 Satz 2 bestimmt werden.
(8) Soll ein ausgelegter Plan geändert werden und werden dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer Vereinigung nach Absatz 4 Satz 5 oder Belange Dritter erstmals oder stärker als bisher berührt, so ist diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen innerhalb von zwei Wochen zu geben; Absatz 4 Satz 3 bis 6 gilt entsprechend. Wird sich die Änderung voraussichtlich auf das Gebiet einer anderen Gemeinde auswirken, so ist der geänderte Plan in dieser Gemeinde auszulegen; die Absätze 2 bis 6 gelten entsprechend.
(9) Die Anhörungsbehörde gibt zum Ergebnis des Anhörungsverfahrens eine Stellungnahme ab und leitet diese der Planfeststellungsbehörde innerhalb eines Monats nach Abschluss der Erörterung mit dem Plan, den Stellungnahmen der Behörden und der Vereinigungen nach Absatz 4 Satz 5 sowie den nicht erledigten Einwendungen zu.
(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.
(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.
(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.
(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.
(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.
(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist
- 1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind; - 2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen; - 3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden; - 4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.
(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.
(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:
- 1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt. - 2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind. - 3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.
(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.
(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.
(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.
(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.
(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:
- 1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie - 2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.
(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde
- 1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen, - 2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.
(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.
(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 18. März 2014 ‑ mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung ‑ geändert.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers mit dem Aktenzeichen 11 K 3060/13 (VG Minden) gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide vom 25. Juni 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs Enercon E-101 in Q. P. /T. ), vom 12. August 2013 (Errichtung und Betrieb einer Windenergieanlage des o.g. Typs in Q. P. /T1. ) und vom 14. August 2013 (Errichtung und Betrieb von zwei Windenergieanlagen des o.g. Typs in Q. P. /H. ) wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 22.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg.
3A. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig. Dem Antragsteller fehle die im Rahmen eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis. Die Antragsbefugnis ergebe sich insbesondere nicht aus dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG).
4Hinsichtlich der in der Gemarkung H. geplanten und mit Bescheid des Antragsgegners vom 14. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen G 1 und G 1 (Typ Enercon E-101 mit einer Gesamthöhe von 149,50 m, einer Nabenhöhe von 99 m und einem Rotordurchmesser von 101 m) sei der Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eröffnet. Die von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a UmwRG geforderte Möglichkeit einer UVP-Pflicht des Vorhabens bestehe von vorneherein nicht. Eine (standortbezogene) Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG sei nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG erst für Windfarmen ab drei Windenergieanlagen durchzuführen. Die Windenergieanlagen G 1 und G 2 bildeten wegen des großen Abstands auch nicht gemeinsam mit den drei in der Gemarkung T1. geplanten und mit Bescheiden des Antragsgegners vom 25. Juni 2013 sowie vom 12. August 2013 genehmigten Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 des gleichen Typs eine Windfarm.
5Für die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 sei zwar die Durchführung einer standortbezogenen Vorprüfung im Einzelfall erforderlich und damit der Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes eröffnet. Insoweit fehle es jedoch an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Der Antragsteller sei auch als Teil der betroffenen Öffentlichkeit in dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG, wie es hier durchgeführt worden sei, nicht zur Beteiligung berechtigt gewesen. Die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG finde gemäß § 19 Abs. 2 BImSchG im vereinfachten Verfahren keine Anwendung. Ein Beteiligungsrecht des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus der Auffangvorschrift des § 9 Abs. 1 UVPG. Das Vorhaben unterliege nach dem Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung nicht der UVP-Pflicht. Die Gelegenheit zur Äußerung sei dem Antragsteller schließlich auch nicht entgegen den geltenden Rechtsvorschriften versagt worden. Das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls sei gemessen an § 3 a Satz 4 UVPG nachvollziehbar.
6B. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO beschränkt ist, stellt diese Annahmen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage. Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013 ist zulässig (unten I.) und begründet (unten II.).
7I. Der Antrag ist zulässig. Es fehlt insbesondere nicht an einem Klagerecht des Antragstellers in der Hauptsache. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet hinsichtlich aller angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide Anwendung (unten 1.). Dem Antragsteller steht als anerkanntem Umweltverband jedenfalls das Verbandsklagerecht aus § 2 Abs. 1 UmwRG zu (unten 2.).
81. Der Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a UmwRG findet das Gesetz Anwendung für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
9Es besteht die konkrete Möglichkeit, dass nicht nur die Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, sondern auch die Windenergieanlagen G 1 und G 2 der UVP-Pflicht unterliegen.
10Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
11Nach Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG bedarf die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Für den vorliegenden Sachverhalt kommt in Betracht, dass die fünf betroffenen Windenergieanlagen als sogenannte Windfarm ein einheitliches Vorhaben bilden.
12Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windenergieanlagen besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windenergieanlagen, die eine Windfarm bilden, gibt es nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung im Streitfall dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 (2007) = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 - 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff.; Bay.VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u.a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
14Der kürzeste Abstand zwischen den Windenergieanlagen G 1 und G 1 und den Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 ist mit etwa 1.250 m größer als das 10-fache des Rotordurchmessers von hier 1.010 m. Dieser Abstand ist jedoch nicht von vorneherein so groß, dass nicht besondere tatsächliche Umstände unter Einbeziehung der konkreten Umweltauswirkungen der Anlagen auf der Grundlage einer von diesem typisierenden Merkmal losgelösten Einzelfallbeurteilung die Einschätzung rechtfertigen könnten, es handele sich ungeachtet dieses Abstands um eine Windfarm. Der vorliegende Sachverhalt bietet auch einen ausreichenden Anhalt für die Annahme, dass solche besonderen Umstände vorliegen könnten, da sich in der Umgebung der geplanten Windenergieanlagen Brutplätze des Weißstorches und der Rohrweihe befinden, die wiederholt genutzt worden sind und die sich zumindest teilweise im Einflussbereich sowohl der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3 als auch der Windenergieanlagen G 1 und G 2 befinden. Diese Vogelarten gelten im Hinblick auf Windenergieanlagen als besonders störempfindlich bzw. gefährdet.
15Vgl. Länder-Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW), Abstandsregelungen für Windenergieanagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten (2007) ‑ LAG-VSW 2007 -, Tabelle 2; Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MKULNV) und Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (LANUV), Leitfaden Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanalgen in Nordrhein-Westfalen (Fassung: 12. November 2013) - Leitfaden 2013 -, Anhang 2 und Anhang 4.
162. Dem Antragsteller steht auch ein Klagerecht zu.
17a) Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller geltend machen kann, er sei aufgrund einer unvollständigen und damit fehlerhaften Vorprüfung des Einzelfalls in eigenen Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO verletzt.
18Vgl. zur Frage des Drittschutzes der UVP-Verfahrensvorschriften allgemein u.a.: Ziekow, NVwZ 2007, 259 ff.; Appel, NVwZ 2010, 473 ff.; Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; Held, NVwZ 2012, 461 ff.; Seibert, NVwZ 2013, 2014 ff.; Gärditz, NVwZ 2014, 1 ff.; Schlacke, NVwZ 2014, 11 ff.; Sauer, ZUR 2014, 195 ff.; Greim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305 ff.; Greim, Rechtsschutz bei Verfahrensfehlern im Umweltrecht, Schriften zum Umweltrecht, Band 177, 2013, S. 91 ff.; Kment, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, Einleitung UVPG Rn. 48 und § 4 Rn. 6 ff.; die Frage des Drittschutzes der Verfahrensvorschriften offenlassend: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 55.
19Es spricht allerdings Erhebliches für die Annahme, dass das Unionsrecht die Zuerkennung von Rügerechten der betroffenen Öffentlichkeit nach § 2 Abs. 6 UVPG hinsichtlich der Verletzung von Verfahrenserfordernissen der Umweltverträglichkeitsprüfung einschließlich der in § 4 Abs. 1 UmwRG bezeichneten Verfahrensregelungen gebietet.
20Vgl. zum unionsrechtlichen Umfang des Rügerechts: EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 36, 38 und 47.
21Denn es bestehen auch bei einer generellen Erweiterung des Prüfprogramms des § 113 VwGO auf das Vorliegen (objektiv-rechtlicher) UVP-Verfahrensfehler,
22vgl. zu § 4 UmwRG: BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NVwZ 2012, 573 = juris Rn. 20 ff., vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 -, NVwZ 2014, 367 = juris Rn. 21 ff., vom 17. Dezember 2013 - 4 A 1.13 -, ZNER 2014, 205 = juris Rn. 41, sowie Beschluss vom 27. Juni 2013 ‑ 4 B 37.12 - , BauR 2013, 2014 = juris Rn. 9 ff.; auch: OVG Münster, Urteil vom 14. Oktober 2013 ‑ 20 D 7/09.AK -, DVBl 2014, 185 = juris Rn. 33,
23Zweifel, ob der unionsrechtlich geforderte weite und effektive Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung von Zulassungsentscheidungen UVP-pflichtiger Vorhaben ausreichend gewährleistet ist. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die nicht nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt sind, selbstständig ‑ ohne eine mögliche Verletzung (auch) in eigenen materiellen Rechten ‑ Fehler der Umweltverträglichkeitsprüfung geltend machen. In diesen Fällen würde eine Aufhebung der Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 UmwRG oder § 46 VwVfG auch bei einer solchen Erweiterung regelmäßig unabhängig davon ausscheiden, ob der Verfahrensfehler tatsächlich vorliegt. Die allein in Betracht kommenden Rechtsbehelfe nach der Verwaltungsgerichtsordnung würden bereits auf der Zulässigkeitsebene mangels Klagebefugnis scheitern.
24Vgl. zu § 46 VwVfG Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 28; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013 , § 46 Rn. 8, 18.
25Ein weiter und effektiver Zugang zu Gerichten setzt indes voraus, dass die Verfahrensfehler der Umweltverträglichkeitsprüfung auch selbständig gerügt werden können. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gerichtshof) folgt aus der UVP-Richtline ein eigenständiges Recht „des betroffenen Einzelnen“ auf Bewertung der Umweltauswirkungen des fraglichen Projekts durch die zuständigen Stellen und auf Anhörung dazu.
26Vgl. EuGH, Urteil Leth vom 14. März 2013, C‑420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32; ferner EuGH, Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris Rn. 56 ff.
27Da die Richtlinie u. a. zur Festlegung von Verfahrensgarantien dient, die insbesondere eine bessere Information und eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung öffentlicher und privater Projekte mit unter Umständen erheblichen Umweltauswirkungen ermöglichen sollen, kommt der Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensregeln in diesem Bereich besondere Bedeutung zu. Die betroffene Öffentlichkeit muss daher, im Einklang mit dem Ziel, ihr einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, zur Stützung eines Rechtsbehelfs, mit dem die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen im Sinne der Richtlinie angefochten wird, grundsätzlich jeden Verfahrensfehler geltend machen können.
28Vgl. EuGH, Urteil Altrip vom 7. November 2013, C‑72/12, EU:C:2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48.
29Es ist dabei zwar grundsätzlich Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der „dem Einzelnen“ aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings für den wirksamen Schutz dieser Rechte in jedem Einzelfall verantwortlich.
30Vgl. EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 47.
31Diesen Anforderungen dürfte nur dann Rechnung getragen sein, wenn Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit als „betroffenen Einzelnen“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei wesentlichen Fehlern der Umweltverträglichkeitsprüfung sowohl ein (absoluter oder relativer) Aufhebungsanspruch auf der Ebene der Begründetheit als auch - systematisch vorrangig -
32vgl. Held, NVwZ 2012, 461, 463; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 118, 125 und § 46 Rn. 29; ferner Seibert, NVwZ, 2013, 1040, 1045,
33auf der Ebene der Zulässigkeit ein entsprechendes Rügerecht zusteht. Ob dieses individuell klagbare Recht als subjektives Recht im Sinne der Schutznormtheorie zu qualifizieren wäre und § 42 Abs. 2 VwGO analog oder direkt eingreifen würde, kann im Ergebnis offen bleiben. Das Effektivitätsprinzip verlangt die Umsetzung des unionsrechtlich gebotenen Individualschutzes gegebenenfalls auch unter unionsrechtlicher „Überformung“ oder „Aufladung“ der anerkannten Klagerechte mit der Folge, dass § 42 Abs. 2 VwGO jedenfalls analog anwendbar wäre.
34Vgl. Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1235; zum Gebot unionsfreundlicher Auslegung nationaler Normen auch: EuGH, Urteil Slowakischer Braunbär vom 8. März 2011, C-240/09, EU:C:2011:125, NVwZ 2011, 673 = juris Rn. 50; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 42 Rn. 400.
35Die Befürchtung, dass es bei einer Anerkennung einer solchen klagbaren Rechtsposition zu versteckten Popularklagen kommen könne,
36vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 -, NtVwZ 2012,573 = juris Rn. 20 ff.,
37dürfte unbegründet sein. Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 UVPG sind natürliche und juristische Personen „betroffene“ Öffentlichkeit, wenn sie durch die - ein UVP-pflichtiges Vorhaben betreffende - Zulassungsentscheidung in ihren Belangen „berührt“ werden. Bei Berücksichtigung dieser faktischen Komponente ist eine Klage (nur) dann zulässig, wenn der Kläger durch die Entscheidung tatsächlich in seinen Interessen beeinträchtigt wird.
38Vgl. hierzu Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1045, m.w.N.
39Dass die unionsrechtliche Forderung nach einem weiten Zugang der „betroffenen Einzelnen“ zu den Gerichten grundsätzlich die Zuerkennung eines diesen Zugang ermöglichenden Rügerechts verlangt, wird - ungeachtet ihrer Reichweite im Übrigen - auch in der neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Klagerechten von Umweltverbänden außerhalb des Anwendungsbereichs der Verbandsklage anerkannt.
40Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21/12 -, NVwZ 2013, 64 = juris, Rn. 48; hierzu Bunge, ZUR 2014, 3 ff. sowie NuR 2014, 305.
41Der Gesetzgeber war sich dieses Zusammenhangs bei der Kodifizierung des § 4 UmwRG ebenfalls bewusst.
42Vgl. Begründung zum Entwurf über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35 EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 4. September 2006, BT-Drucksache 16/2495, insbesondere Seiten 7 f., 11 f. und 13 f.
43Die Begründung nimmt ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs Bezug, wonach der Einzelne sich auf Bestimmungen der UVP-Richtlinie berufen können müsse.
44Vgl. Urteil Wells vom 7. Januar 2004, C-201/02, EU:C:2004:12, NVwZ 2004, 593 ff. = juris; vgl. auch Urteile Leth vom 14. März 2013, C-420/11, EU:C:2013:166, NVwZ 2013, 565 = juris Rn. 32 und Altrip vom 7. November 2013, C-72/12, EU:C.2013:712, NVwZ 2014, 49 = juris Rn. 48, hierzu auch: Siegel, NJW 2014, 973, sowie Graim, NuR 2014, 81 ff.; Bunge, NuR 2014, 305; auch Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C‑260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32.
45Es heißt dort, Art. 10 a der geänderten UVP-Richtlinie fordere, dass die Überprüfung der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Zulassungsentscheidung für ein UVP-pflichtiges Vorhabenbeantragt werden könne. Diesen Anforderungen stehe jedoch derzeit die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen, wonach das Recht der Umweltverträglichkeitsprüfung aufgrund seiner Einstufung als Verfahrensrecht keine selbstständig durchsetzbaren Rechtspositionen vermittelte. Nach bisheriger Rechtslage könnten die Verfahrensregelungen der Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen Drittschutz nur begründen, wenn die konkrete Möglichkeit bestehe, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensmangel anders ausgefallen wäre. Die Regelung des § 4 Abs. 1 UmwRG erfolge (auch) vor diesem Hintergrund (Hervorhebungen durch den Senat). Diese Ausführungen haben einen sinnvollen Kontext nur im Zusammenhang mit einer selbständig durchsetzbaren Rechtsposition und damit insbesondere auch in der Zulässigkeit der Klage.
46Für die ab dem 2. Mai 2013 geltende Neufassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes wird mit dem Hinweis auf das „subjektiv-öffentliche Rügerecht“ nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG ausdrücklich klargestellt, dass jedenfalls die in § 4 Abs. 1 UmwRG aufgeführten UVP-Verfahrenserfordernisse rügefähig sein sollen.
47Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften, BT-Drucksache 17/10957, S. 17; dazu auch: Sauer, ZUR 2014, 195, 200.
48b) Der Antragsteller ist ungeachtet all dessen jedenfalls nach § 2 Abs. 1 UmwRG klageberechtigt. Gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in der hier nach der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 4 UmwRG maßgeblichen, seit dem 2. Mai 2013 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) kann eine nach § 3 UmwRG anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), sie geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein (Nr. 2), und sie zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
49aa) Die Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG ist erfüllt.
50Der Antragsteller kann sich auf die Möglichkeit einer Verletzung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berufen. Er kann daneben auch die Möglichkeit von Fehlern der Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG sowie § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG geltend machen. Auch insoweit beruft er sich auf die Verletzung von Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Hierunter fallen neben den materiell-rechtlichen Vorschriften des Umweltrechts auch formell-rechtliche Verfahrensvorschriften, die dem Umweltschutz dienen. Dies sind insbesondere die Verfahrensregelungen der Umweltverträglichkeitsprüfung.
51Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, Stand 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG, Rn. 10; EuGH, Urteil Edwards und Pallikarapoulos vom 11. April 2013, C-260/11, EU:C:2013:221, NVwZ 2013, 855 = juris Rn. 32; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 63, Rn. 30.
52Ob diese Verfahrensregelungen subjektive Rügerechte begründen, ist ohne Belang. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG verlangt in Umsetzung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht (mehr), dass die gerügten Rechtsvorschriften Rechte Dritter begründen.
53Vgl. EuGH, Urteil Trianel vom 12. Mai 2011, C‑115/09, EU:C:2011:289, NJW 2011, 2779 = juris.
54Es besteht auch die konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3 a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG.
55Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c UVPG, ist die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3 c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist, § 3 a Satz 4 UVPG. § 4 a Abs. 2 UmwRG bestimmt, dass eine behördliche Entscheidung, soweit der Verwaltungsbehörde - wie in § 3 a Satz 4 UVPG - bei der Anwendung umweltrechtlicher Vorschriften ein Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, im gerichtlichen Verfahren nur daraufhin zu überprüfen ist, ob der Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde (Nr. 1), die Verfahrensregeln und die rechtlichen Bewertungsgrundsätze eingehalten wurden (Nr. 2), das anzuwendende Recht verkannt wurde (Nr. 3), oder sachfremde Erwägungen vorliegen (Nr. 4).
56Das Ergebnis der durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung ist gemessen hieran dann nicht nachvollziehbar, wenn es einer Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG bedurft hätte, weil sie gemeinsam mit den in die Betrachtung einbezogenen Windenergieanlagen S1, S 2 und S 3 eine Windfarm bilden. In diesem Fall fehlt es bezogen auf die Windenergieanlagen G 1 und G 2 auch an der erforderlichen Vorprüfung des Einzelfalls. Wie oben ausgeführt besteht vorliegend die konkrete Möglichkeit, dass es sich bei dem Vorhaben insgesamt um eine Windfarm handelt.
57bb) Es fehlt ferner nicht an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG. Danach muss die anerkannte Vereinigung zur Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt gewesen sein und sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben oder ihr muss entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden sein.
58Die Regelung knüpft an das jeweilige Fachrecht an und bestimmt, dass die dortigen Bestimmungen von der Vereinigung eingehalten werden müssen, damit sie einen Rechtsbehelf nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geltend machen kann. Diese Voraussetzungen müssen grundsätzlich objektiv gegeben sein; ein bloßes Behaupten durch die Umweltvereinigung genügt im Gegensatz zu § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 UmwRG aufgrund des abweichenden Wortlauts nicht.
59Vgl. Fellenberg/Schiller, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band I, 70. Erg. 2013, § 1 UmwRG Rn. 29.
60Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes reicht es in der vorliegenden Fallkonstellation aus, dass bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich vom Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG und deshalb auch von einem rechtswidrigen Unterbleiben der Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit an der Umweltverträglichkeitsprüfung auszugehen ist. Auf die entsprechenden Ausführungen unten unter II. 2 wird Bezug genommen.
61II. Der Antrag ist auch begründet.
621. Nach § 4 a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
63Der Vorschrift des § 4 a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welchen Wahrscheinlichkeitsgrad der Gesetzgeber mit dem Hinweis auf das Vorliegen „ernstlicher Zweifel“ als Prüfungsmaßstab konkret angewendet wissen wollte. Der Verweis des Gesetzgebers auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO trägt insoweit nichts zur Klärung bei. Die gleichlautende Formulierung in diesen und in anderen Normen wird nämlich nicht in einem gleichen Sinne verstanden. Ungeachtet dessen stehen die „ernstlichen Zweifel“ in § 4 a Abs. 3 UmwRG auch in einem anderen Kontext als in den zitierten Vorschriften. Dort sind sie alleiniges Tatbestandsmerkmal, während § 4 a Abs. 3 UmwRG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig macht; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Im Rahmen dieser Gesamtabwägung kommt es jedoch nicht nur auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird.
64Je berechtigter und gewichtiger andererseits Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind, desto eher ist der Sofortvollzug auszusetzen. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
65Vgl. hierzu: Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 - 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4.
662. Dies zugrunde gelegt fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 25. Juni 2013, vom 12. August 2013 und vom 14. August 2013. Dem gegenüber überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
67Die durchgeführte standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens dürfte dem Maßstab des § 3 a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4 a Abs. 2 UmwRG nicht entsprechen. Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
68vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
69in der Dokumentation vom 18. Juni 2013 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar, weil der Sachverhalt hier nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein dürfte, vgl. § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG.
70Es fehlt an der erforderlichen Einbeziehung der Windenergieanlagen G 1 und G 2 in die Bewertung der Umweltauswirkungen im Sinne des § 12 UVPG. Die fünf von dem Beigeladenen geplanten Windenergieanlagen bilden bei summarischer Prüfung gemessen an den oben dargelegten Anforderungen insgesamt eine vorprüfungspflichtige Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Der weitere Fehler, dass hinsichtlich der Windenergieanlagen G 1 und G 2 die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls danach auch im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG fehlt, geht hierin auf.
71Dass die Windenergieanlagen G 1 und G 2 für sich betrachtet aufgrund ihrer räumlichen Zuordnung als Einheit betrachtet werden müssen, wird zu Recht nicht in Frage gestellt. Dasselbe gilt für die isolierte Betrachtung der Windenergieanlagen S 1, S 2 und S 3, die der Antragsgegner bereits zutreffend als Windfarm qualifiziert und einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls unterzogen hat. Die Windenergieanlagen sind jedoch - ungeachtet des Umstands, dass die geringste Entfernung zwischen ihnen das 10-fache des Rotordurchmessers überschreitet - einander insgesamt räumlich so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden, und zwar konkret bezogen auf die Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Die in der Umgebung der Anlagen aufgefundenen Horst- bzw. Brutstätten dieser Arten befinden sich innerhalb der Einwirkungsbereiche aller fünf Windenergieanlagen.
72Der Einwirkungsbereich einer Windenenergieanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windenergieanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind.
73Nicht erforderlich ist allerdings, dass die artspezifischen nachteiligen Auswirkungen tatsächlich bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten oder dass sie konkret möglich sind. Die Zuordnung zu einer Nummer der Anlage 1 zum UVPG löst die Pflicht zur Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. der Vorprüfung des Einzelfalls aus und kann nicht erst von deren Ergebnis abhängen. Die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, darf weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der tatsächlichen oder der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Umweltauswirkungen eines Vorhabens auf die UVP-Schutzgüter ist nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung, während die Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, und damit deren konkrete Möglichkeit verlangt. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach die abstrakte („generelle“) Möglichkeit ihres Eintritts aus.
74Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windenergieanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die oben angeführten Abstandsempfehlungen der LAG-VSW für Windenergieanlagen. Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windenergieanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windenergieanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windenergieanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windenergieanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind. Die LAG-VSW empfiehlt für den Weißstorch und die Rohrweihe einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windenergieanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m und einen Prüfbereich um die einzelne Windenergieanlage von 6.000 m.
75Der Leitfaden 2013 der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen kann zwar ergänzend herangezogen werden, allerdings unter Berücksichtigung, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) zwar an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windenergieanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore. Der Radius des Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt für den Weißstorch und die Rohrweihe 1.000 m, das erweiterte Untersuchungsgebiet für die Rohrweihe 6.000 m. Für den Weißstorch werden keine Angaben zu einem erweitertes Untersuchungsgebiet gemacht.
76Dies zugrunde gelegt besteht vorliegend die abstrakte Möglichkeit kumulierender nachteiliger Auswirkungen für die im Umfeld der Windenergieanlagen wiederholt angetroffenen und brütenden Vogelarten Weißstorch und Rohrweihe. Der Abstand der nördlich von O. gelegenen Weißstorchbrutstätte zu den Standorten sowohl der geplanten Windenergieanlagen G 1 und G2 als auch zu der Windenergieanlage S 3 beträgt weniger als 1.000 m. Diese drei Windenergieanlagen liegen damit innerhalb des Ausschlussbereichs dieser Brutstätte. Die Windenergieanlage S 3 bildet schon aufgrund der räumlichen Nähe ein einheitliches Vorhaben mit den Windenergieanlagen S 1 und S 2. Sowohl die oben angeführte Brutstätte, als auch die südöstlich von M. gelegene weitere Brutstätte des Weißstorchs und die Brutstätte der Rohrweihe an den Teichen südwestlich von M. liegen zudem innerhalb des für beide Arten maßgeblichen Prüfbereichs von 6000 m um jede der fünf Windenergieanlagen. Die vorliegenden Erkenntnisse bieten auch keinen Anhalt für die Annahme, es sei aufgrund des Abstands der Standorte der Windenergieanlagen voneinander ungeachtet dieser Überschneidungen der artbezogenen Einwirkungsbereiche von vorneherein ausgeschlossen, dass es zu einer Kumulation der möglichen nachteiligen Auswirkungen komme. Die Anlagen bilden grob gesehen eine von Nordosten nach Südwesten verlaufende Linie südlich von M. und werden offenkundig über denselben Weg erschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass sich zwischen den Anlagen S 1 bis S 3 und den Anlagen G1 und G 2 trennende topographische oder bauliche Hindernisse befinden würden.
77Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und orientiert sich am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren auf 45.000,- € festzusetzende Streitwert ist mit Blick auf die Vorläufigkeit des vorliegenden Verfahrens auf die Hälfte zu reduzieren.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25. Februar 2015 geändert.
Die aufschiebende Wirkung der bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg erhobenen Klage 4 K 1917/14 wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge jeweils zur Hälfte mit der Maßgabe, dass zwischen ihnen ein Ausgleich ihrer außergerichtlichen Kosten nicht stattfindet.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 22.500,‑ € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Sie führt zur Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts.
3Der Antrag ist zulässig (dazu I.) und begründet (dazu II.).
4I. Der Antrag ist zulässig; insbesondere ist die Antragstellerin analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Sie kann geltend machen, durch die der Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 20. Juni 2014 zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen vom Typ Senvion 3.0M122 auf den Grundstücken Gemarkung I. , sowie in X. in der Fassung der Änderungs‑/Ergänzungsbescheide vom 4. November 2014 in ihren Rechten verletzt zu sein.
5Die Antragstellerin kann geltend machen, die im Laufe des gerichtlichen Verfahrens durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit genüge nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG, weil sie nicht den Vorgaben von § 3c UVPG entsprochen habe und das Ergebnis nicht nachvollziehbar sei. Dieses Rügerecht ergibt sich aus § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG, der im Lichte des - individualschützende Verfahrensrechte verleihenden - Unionsrechts auszulegen ist.
6Der sachliche Anwendungsbereich des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist eröffnet, weil infolge der von § 3c Satz 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 1.6.2 UVPG angeordneten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls für die angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) UmwRG bestehen kann.
7Die Antragstellerin kann sich dabei unabhängig von einer Betroffenheit in eigenen materiellen Rechten auf eine fehlerhafte Durchführung der Vorprüfung des Einzelfalls berufen. Die Verfahrensvorschriften der UVP-Richtlinie 2011/92/EU sind bei unionsrechtskonformer Auslegung Schutznormen im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. § 4 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 und 2 UmwRG räumt ihr nach der Auffassung des Senats ein selbstständig durchsetzbares, absolutes Verfahrensrecht ein.
8Vgl. dazu ausführlich OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, ZNER 2015, 177 = juris Rn. 51 ff. m.w.N; vgl. ebenfalls OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 17.
9Im vorliegenden Fall besteht die hinreichend konkrete Möglichkeit, dass die in § 4 Abs. 1 UmwRG genannten UVP-Verfahrenserfordernisse verletzt sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Ergebnis der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne des § 3a Satz 4 UVPG nicht nachvollziehbar ist, vgl. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG. Es kommt in Betracht, dass der Antragsgegner bei der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls die Auswirkungen der vorhandenen Windkraftanlagen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG nicht vollständig berücksichtigt und mithin den Sachverhalt nicht zutreffend erfasst hat.
10Im Übrigen erweist sich die Antragstellerin schon deshalb als antragsbefugt, weil die Möglichkeit besteht, dass sie in eigenen materiellen Rechtspositionen verletzt ist. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Diese Bestimmung ist für die Nachbarn drittschützend. Dabei sind als Nachbarn einer immissionsschutzrechtlich genehmigten Anlage alle Personen, die sich auf Dauer im Einwirkungsbereich der Anlage aufhalten, oder Eigentümer von Grundstücken im Einwirkungsbereich der Anlage anzusehen.
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19/02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11; Beschluss vom 24. Juli 2008 - 7 B 19/08 -, juris Rn. 12; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 5 Rn. 120, § 3 Rn. 34; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 5 BImSchG Rn. 114.
12Ein zu Lasten der Antragstellerin wirkender Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Insoweit hat die Klägerin schädliche Umwelteinwirkungen durch die Windkraftanlagen in Gestalt von Lärmimmissionen und Schattenwurf auf ihr Grundstück geltend gemacht.
13II. Der Antrag ist auch begründet.
14Nach § 4a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Anwendungsbereich des Umweltrechtsbehelfsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen.
15Der Vorschrift des § 4a Abs. 3 UmwRG ist nicht eindeutig zu entnehmen, welcher Wahrscheinlichkeitsgrad für das Vorliegen "ernstlicher Zweifel" als Prüfungsmaßstab konkret anzuwenden ist. § 4a Abs. 3 UmwRG macht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, ob die aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt wird, von einer Gesamtabwägung abhängig; die erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind lediglich Bestandteil dieser notwendigen Gesamtabwägung. Dabei kommt es nicht auf einen bestimmten, für alle Fälle gleichen Wahrscheinlichkeitsgrad der rechtlichen Bedenken an. Vielmehr kann hier auch ein schwächerer Grad der rechtlichen Bedenken etwa ergänzt oder verstärkt werden durch den Umstand, dass besonders gravierende, möglicherweise nicht reversible Folgen drohen, wenn das Vorhaben vor Unanfechtbarkeit der Genehmigung verwirklicht wird. Insoweit gilt, dass der Sofortvollzug umso eher auszusetzen ist, je berechtigter und gewichtiger die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung sind. Ist ein voraussichtlicher Erfolg in der Hauptsache offensichtlich, wird sich ein privates oder öffentliches Vollzugsinteresse nur ausnahmsweise durchsetzen können. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt eine Aussetzung des Sofortvollzuges nicht stets erst dann in Betracht, wenn das Verwaltungsgericht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgeht, dass die Klage in der Hauptsache begründet ist. Vielmehr können im Rahmen einer Gesamtabwägung begründete Zweifel ausreichen, die die Rechtmäßigkeit der behördlichen Entscheidung in Frage stellen. Insbesondere bei komplexen und komplizierten Verfahren können sich offene Erfolgsaussichten auch ohne detaillierte Prüfungen ergeben.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 62 ff; vgl. weiterhin BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2013 ‑ 9 VR 1/13 -, juris Rn. 2, und vom 13. Juni 2013 ‑ 9 VR 3/13 -, NVwZ 2013, 101 = juris Rn. 4; Seibert, NVwZ 2013, 1040, 1046 ff.
17Auf dieser Grundlage fällt die Gesamtabwägung nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand zu Lasten des Antragsgegners aus. Bei summarischer Prüfung ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg der Antragstellerin der Hauptsache zu erwarten. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheide des Antragsgegners vom 20. Juni 2014 in der Fassung der Änderungs-/Ergänzungsbescheide vom 4. November 2014. Dies überwiegende Interessen des Antragsgegners oder der Beigeladenen an der weiteren sofortigen Vollziehung der Bescheide sind nicht zu erkennen.
18Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG unter anderem verlangt werden, wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Dies gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG auch dann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4 UVPG genügt. Die Voraussetzungen dieser Regelung, die nach § 4 Abs. 3 UmwRG auch für Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 VwGO - und damit für die Antragstellerin - gilt, liegen hier vor.
19Das Vorhaben unterliegt dem Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls (dazu 1.) Der Antragsgegner, der vor Erteilung der Genehmigung nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c Satz 2 UVPG durchgeführt hat, hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls zwar nachgeholt. Dieser Umstand ist - ebenso wie der diesbezügliche Vortrag der Antragstellerin - im Beschwerdeverfahren auch berücksichtigungsfähig. Die aufgrund der Vorprüfung gewonnene Einschätzung des Antragsgegners, es bedürfe keiner Umweltverträglichkeitsprüfung, ist jedoch nicht nachvollziehbar, vgl. § 3a Satz 4 UVPG (dazu 2.). Die Möglichkeit, die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls im Hauptsacheverfahren erneut nachzuholen, rechtfertigt nicht die Annahme offener Erfolgsaussichten (dazu 3.).
201. Das Erfordernis einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls folgt aus § 3c Satz 1 i.V.m. Anlage 1 Nr. 1.6.2 UVPG. Danach bedürfen die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit Anlagen in einer Gesamthöhe von jeweils mehr als 50 m mit sechs bis weniger als 20 Windkraftanlagen einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls.
21Das streitgegenständliche Vorhaben betrifft zwar selbst nur drei Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m. Nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer allgemeinen Vorprüfung jedoch auch, wenn durch die Änderung oder Erweiterung eines bestehenden Vorhabens die Prüfwerte für Größe oder Leistung erstmals oder erneut überschritten werden. So liegt der Fall hier. Der Größenwert der Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG wird mit dem Vorhaben der Beigeladenen erstmals erreicht. Die bestehenden Windkraftanlagen, welche in dem schalltechnischen Gutachten der D. F. GmbH vom 20. Februar 2014 als Anlagen „B-04“, „B-05“ und „B-06“ bezeichnet werden, bilden zusammen mit den verfahrensgegenständlichen Anlagen eine Windfarm (dazu a.). Die Windkraftanlagen „B-01“, „B-02“ und „B-03“ bleiben in diesem Zusammenhang allerdings außer Betracht (dazu b.).
22a. Die drei in dem schalltechnischen Gutachten der D. F. GmbH vom 20. Februar 2014 als Anlagen „B-04“, „B-05“ und „B-06“ bezeichneten Windkraftanlagen bilden mit den verfahrensgegenständlichen drei Anlagen eine Windfarm i.S.d. Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG. Dabei handelt es sich im Einzelnen um folgende Windkraftanlagen: „B-04“ Typ REpower MD 77 am Standort Gemarkung C. mit einer Nabenhöhe von 96,5 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und einer Nennleistung von 1.500 kW, Baugenehmigung erteilt am 13. Oktober 2003; „B-05“ Typ Furländer MD 77 am Standort Gemarkung I. mit einer Nabenhöhe von 96,5 m, einem Rotordurchmesser von 77 m und einer Nennleistung von 1.500 kW, Baugenehmigung erteilt am 2. Juli 2003; „B-06“ Typ REpower MM 92 am Standort Gemarkung C. mit einer Nabenhöhe von 100,0 m, einem Rotordurchmesser von 92,5 m und einer Nennleistung von 2.050 kW, immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt am 23. Juni 2009. Ob eine Windfarm im Einzelfall anzunehmen ist, richtet sich nach dem räumlichen Zusammenhang der Einwirkungsbereiche (dazu aa.). Ein solcher räumlicher Zusammenhang ist hier schon aufgrund der geringen Abstände und der sich überdeckenden Schallemissionen gegeben (dazu bb.). Auch in Bezug auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ überschneiden sich die Einwirkungsbereiche (dazu cc.).
23aa. Eine Windfarm im Sinne der Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG ist dadurch gekennzeichnet, dass sie aus mindestens drei Windkraftanlagen besteht, die ‑ unabhängig von der Zahl der Betreiber - einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Entscheidend für das Vorhandensein einer Windfarm ist der räumliche Zusammenhang der einzelnen Anlagen. Sind die Anlagen so weit voneinander entfernt, dass sich die maßgeblichen Auswirkungen nicht summieren, so behält jede für sich den Charakter einer Einzelanlage. Verbindliche gesetzliche Bewertungsvorgaben etwa in der Form standardisierter Maßstäbe oder Rechenverfahren hinsichtlich der räumlichen Zuordnung von Windkraftanlagen, die eine Windfarm bilden, bestehen nicht. Welche Bewertungskriterien heranzuziehen sind, hängt vielmehr von den tatsächlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab, deren Feststellung und Würdigung dem Tatrichter obliegt. Aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände kann daher eine von typisierenden Bewertungsvorgaben - wie etwa dem Abstellen auf eine Entfernung von weniger als dem 10-fachen des Rotordurchmessers, auf die Anlagenhöhe oder auf den geometrischen Schwerpunkt der von den Anlagen umrissenen Fläche - losgelöste Einzelfallbeurteilung anhand der konkreten Auswirkungen auf die Schutzgüter des UVP- und Immissionsschutzrechts angebracht sein.
24Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -, BVerwGE 121, 182 = juris Rn. 33, sowie Beschluss vom 8. Mai 2007 - 4 B 11.07 -, BRS 71 Nr. 101 = juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 13. März 2006 ‑ 7 A 3415/04 -, juris Rn. 41 ff., Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 12; Bay. VGH, Urteil vom 12. Januar 2007 - 1 B 05.3387 u. a. -, NVwZ 2007, 1213 = juris Rn. 23.
25bb. Ein solcher Zusammenhang ist zwischen den Windkraftanlagen „B-04“, „B-05“ und „B-06“ isoliert betrachtet schon aufgrund der geringen Abstände der Anlagen gegeben. Der Abstand zu den jeweils benachbarten Anlagen beträgt insoweit maximal (zwischen den Anlagen „B-04“ und „B-05“) ca. 590 m und damit nur das 7,66-fache des Rotordurchmessers beider Anlagen. Zwischen den Anlagen „B-05“ und „B-06“ beträgt der Abstand nur ca. 250 m. Auch hinsichtlich der nunmehr genehmigten Anlagen „WEA 01“ bis „WEA 03“ ist eine Überschneidung der Einwirkbereiche der Windkraftanlagen anzunehmen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die dem schalltechnischen Gutachten als „WEA 03“ bezeichnete Windkraftanlage gleichsam das Bindeglied zwischen den bisher bestehenden Anlagen „B-04“ bis „B-06“ und den neu zu errichtenden Anlagen darstellt. Die Anlage „WEA 03“ liegt von der Bestandsanlage „B-04“ nur ca. 890 m entfernt. Die Abstände der Anlage „WEA 03“ zu den Anlagen „WEA 01“ und „WEA 02“ betragen ca. 600 m bzw. ca. 1.100 m und damit weniger als das Zehnfache des Rotordurchmessers der drei Anlagen (jeweils 122 m).
26Weiterhin ist dem vorgelegten schalltechnischen Gutachten vom 20. Februar 2014 für die drei nunmehr beantragten und genehmigten Windkraftanlagen zu entnehmen, dass sich die auf das UVP-Schutzgut der menschlichen Gesundheit (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG) einwirkenden Schallemissionen der bereits vorhandenen Anlagen summieren und gegenüber in der Nachbarschaft liegenden Immissionspunkten, insbesondere der östlich der drei verfahrensgegenständlichen Anlagen gelegenen Ortschaft I. nebst dort anzutreffender Außenbereichsbebauung, gemeinsam wirken.
27cc. Die Windkraftanlagen sind einander so zugeordnet, dass sich ihre Einwirkungsbereiche auch bezogen auf das UVP-Schutzgut „Tiere“ aus § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UVPG überschneiden. Betroffen sind hier die Vogelarten Wespenbussard und Rotmilan. Der in der Artenschutzprüfung des Ingenieurbüros für Umweltplanung T. und S. vom 10. Dezember 2012 aufgeführte Brutplatz des Wespenbussards liegt im Einwirkungsbereich mehrerer der vorgenannten Windkraftanlagen. Der Einwirkungsbereich bezogen auf den Rotmilan umfasst sogar alle sechs Windkraftanlagen.
28Der Einwirkungsbereich einer Windkraftanlage bestimmt sich insoweit anhand der artspezifischen Empfindlichkeit oder Gefährdung der im Einzelfall konkret betroffenen Arten gegenüber der Errichtung und/oder dem Betrieb von Windkraftanlagen. Neben optischen und akustischen Beeinträchtigungen sind auch andere Nachteile wie etwa ein artbedingtes Kollisionsrisiko oder Meideverhalten, Auswirkungen auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie auf die Nahrungssituation oder eine besondere Empfindlichkeit der jeweiligen Art gegenüber betriebsbedingten Veränderungen der physikalischen Umgebung in den Blick zu nehmen. Die in erster Linie auf optische und akustische Beeinträchtigungen zugeschnittene typisierende Betrachtung anhand des am Rotordurchmesser orientierten Abstands der Anlagen ist allein nicht hinreichend aussagekräftig; auch hinsichtlich der anderen artspezifischen Beeinträchtigungen muss ermittelt werden, bis zu welchem Abstand sie zu erwarten sind. Dabei darf die Prüfung, ob ein Vorhaben überhaupt einer der Nummern der Anlage 1 zum UVPG zuzuordnen ist, weder die Umweltverträglichkeitsprüfung noch die Vorprüfung des Einzelfalls vorwegnehmen; der Prüfungsmaßstab muss vielmehr weiter sein als bei den nachgelagerten Umweltprüfungen. Gegenstand der Vorprüfung des Einzelfalls ist nach § 3c Satz 1 UVPG die überschlägige Prüfung, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Insoweit genügt die konkrete Möglichkeit des Eintritts. Kommt es - wie hier bei der Windfarm - für die Frage der UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens auf dessen nachteilige Auswirkungen an, reicht danach für die Bestimmung der Einwirkbereiche die abstrakte ("generelle") Möglichkeit des Eintritts derartiger Auswirkungen aus.
29Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 71 f.
30Für die Entscheidung, in welchem räumlichen Umkreis um oder in welchem Abstand zu einer Windkraftanlage abstrakt mit artspezifischen Nachteilen zu rechnen sein kann, bieten entsprechende natur- und artenschutzfachliche Erkenntnisse sachgerechte Anhalte. In Betracht kommen etwa die Abstandsempfehlungen für Windkraftanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG-VSW). Die LAG-VSW hat in Ermangelung bundesweit einheitlicher Empfehlungen die aus artenschutzfachlicher Sicht notwendigen Abstandsregelungen für Windkraftanlagen zu avifaunistisch bedeutsamen Gebieten sowie zu Brutplätzen besonders störempfindlicher oder durch Windkraftanlagen besonders gefährdeter Vogelarten definiert. Die Empfehlungen sollen nach der Intention der LAG-VSW unter anderem auch zu sachgerechten Entscheidungen im immissionsrechtlichen Verfahren beitragen. Sie verstehen sich als Mindestforderungen, die abweichende - größere Abstände regelnde - Festlegungen in einzelnen Ländern gegebenenfalls ergänzen und eine erforderliche Einzelfallprüfung nicht ersetzen. Die Empfehlungen unterscheiden zwischen Ausschlussbereichen (= Mindestabstand zwischen dem Brutplatz bzw. Revierzentrum einer bestimmten Art und geplanter Windkraftanlage) und sogenannten Prüfbereichen. Die Prüfbereiche sind Radien um jede einzelne Windkraftanlage, innerhalb derer zu prüfen ist, ob Nahrungshabitate der betreffenden Art vorhanden sind.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 73.
32Die LAG-VSW empfiehlt für den in der Umgebung der Windkraftanlagen brütenden Wespenbussard einen Mindestabstand zwischen Brutplatz und Windkraftanlage im Sinne eines Ausschlussbereichs von 1.000 m. Eine Empfehlung für einen Prüfbereich besteht nicht. Für den Rotmilan wird der Mindestabstand mit 1.500 m, der Prüfbereich mit 4.000 m angegeben.
33Ergänzend herangezogen werden kann der Leitfaden „Umsetzung des Arten- und Habitatschutz bei der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen“ der Fachministerien des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 12. Dezember 2013. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass diese Empfehlungen erst für die - der Umweltverträglichkeitsprüfung nachgehende - Planungsebene der artschutzrechtlichen Prüfung gelten sollen und deshalb nur bedingt auch als Maßstab für die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens dienen können. Der Leitfaden 2013 orientiert sich in Anhang 2 (Empfehlungen für die Untersuchungsgebiets-Abgrenzung für WEA-empfindliche Vogelarten in Nordrhein-Westfalen) an den Empfehlungen der LAG-VSW. Er stellt zum einen Empfehlungen für den Radius des Untersuchungsgebietes um die geplante Windkraftanlage für eine vertiefende Prüfung (Artenschutzprüfung, Stufe II) sowie für ein erweitertes Untersuchungsgebiet dar. Letzteres werde nur relevant bei Vorliegen ernst zu nehmender Hinweise auf regelmäßig genutzte, essentielle Nahrungshabitate oder Flugkorridore.
34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 74.
35Der Radius des erweiterten Untersuchungsgebiets für die vertiefende Artenschutzprüfung beträgt nach dem Leitfaden für den Rotmilan 6.000 m. Empfehlungen für den Wespenbussard nennt der Leitfaden nicht.
36Innerhalb des genannten Mindestradius von 1.000 m um den Brutplatz des Wespenbussards im südlichen Teil des „T1. I1. “ liegen bei summarischer Prüfung zumindest die Windkraftanlagen „WEA 02“ und „WEA 03“ sowie die Bestandsanlage „B-04“. Eine genauere Prüfung lassen die im Genehmigungsverfahren vorgelegten Unterlagen, namentlich der Artenschutzprüfung des Ingenieurbüros für Umweltplanung T. und S. vom 10. Dezember 2012, nicht zu. Innerhalb eines Prüfbereichs von 4.000 m um die zu untersuchenden Windkraftanlagen liegt im Bereich des „T1. I1. “ jedenfalls das Revier eines Rotmilanpaares sowie weiter westlich ein im Jahr 2010 beobachteter Gemeinschaftsschlafplatz von bis zu 15 Exemplaren.
37b. Bei der Bestimmung des Größenwerts für die Frage der UVP-Pflichtigkeit sind die ebenfalls in diesem Bereich befindlichen Windkraftanlagen „B-01“ bis „B-03“ nicht mit einzubeziehen. Nach § 3c Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 Satz 3 UVPG bleibt der in den jeweiligen Anwendungsbereich der Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG fallende, aber vor Ablauf der jeweiligen Umsetzungsfristen erreichte Bestand hinsichtlich des Erreichens oder Überschreitens der Größen- und Leistungswerte unberücksichtigt. Als erreichter Bestand gelten jedenfalls solche Anlagen, die in dem maßgeblichen Zeitpunkt schon genehmigt gewesen sind.
38Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3b UVPG Rn. 50; Dienes, in: Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Auflage 2012, § 3b Rn. 42, 25 (die jeweils einen „verfahrensrechtlich verfestigten Status“ genügen lassen).
39Die Windkraftanlagen „B-01“ bis „B-03“ sind in den Jahren 1993 und 1994 bauaufsichtlich genehmigt worden. Von der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung sind Windkraftanlagen erstmals durch Art. 1 Nr. 6 i.V.m. Anlage II, Nr. 3 Buchst. i) der Änderungsrichtlinie 97/11/EG erfasst worden. Die Umsetzungsfrist dieser Richtlinie lief nach ihrem Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 1 Satz 1 am 14. März 1999 ab.
402. Es kann offen bleiben, ob die erst im Beschwerdeverfahren nachgeholte allgemeine Vorprüfung, auf die sich der Beschwerdegegner und die Beigeladene zu ihren Gunsten berufen, als nachträgliche Änderung der Sach- oder/und Rechtslage im Beschwerdeverfahren berücksichtigungsfähig ist. Denn auch bei Berücksichtigung der nachgeholten allgemeinen Vorprüfung ergibt sich keine für den Beschwerdegegner und die Beigeladene günstigere Rechtslage. Die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls genügt nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG i.V.m. § 4a Abs. 2 UmwRG.
41Das Ergebnis der Vorprüfung, wie es sich aufgrund der vom Antragsgegner gegebenen, maßgeblichen Begründung des Prüfergebnisses,
42vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 -, BVerwGE 141, 282 = juris Rn. 29; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 8 B 356/14 -, DVBl. 2014, 1415 = juris Rn. 66; OVG Lüneburg, Beschluss vom 29. August 2013 - 4 ME 76/13 -, ZUR 2013, 683 = juris Rn. 31,
43in der Dokumentation vom 19. März 2015 und 1. April 2015 darstellt, ist nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht nachvollziehbar. Der Sachverhalt dürfte bei summarischer Prüfung nicht vollständig und zutreffend erfasst worden sein, vgl. § 4a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG. Die zutreffende Erfassung des Sachverhalts setzt u.a. voraus, dass die geographische Ausdehnung des Gebietes, in dem die Auswirkung des Vorhabens bezogen auf ein UVP-Schutzgut zu betrachten sind, korrekt bestimmt worden ist.
44Vgl. Bunge, UmwRG, § 4a Rn. 42.
45Hieran fehlt es. Gegenstand der allgemeinen Vorprüfung sind vorliegend nicht nur die Umweltauswirkungen des streitgegenständlichen Erweiterungsvorhabens, sondern die Umweltauswirkungen sowohl des Erweiterungsvorhabens als auch der Bestandsanlagen (dazu a.). Die nachgeholte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls wird diesem umfassenden Prüfungsgegenstand nicht gerecht (dazu b.).
46a. Prüfungsgegenstand der allgemeinen Vorprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG ist bei erstmaligem Erreichen und weiterem Überschreiten der Prüfwerte der Anlage 1 zum UVPG das geänderte oder erweiterte Vorhaben.
47Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3c UVPG Rn. 41.
48Den - in der vorliegenden Fallkonstellation des „Hineinwachsens in Prüfwerte“ maßgeblichen - Vorschriften der § 3c Satz 1 und Satz 5 i.V.m. § 3b Abs. 3 UVPG ist eine Begrenzung der Vorprüfung auf das Erweiterungsvorhaben nicht zu entnehmen. Dieser umfassende Prüfungsgegenstand entspricht vielmehr dem Prüfungsgegenstand des § 3b Abs. 3 Satz 1 UVPG. Auch im Fall des „Hineinwachsens in die UVP-Pflicht“ sind danach bei der Umweltverträglichkeitsprüfung die Umweltauswirkungen des bestehenden Vorhabens zu berücksichtigen. Dasselbe gilt auch für die nachträgliche Kumulation im Sinne des § 3b Abs. 3 Satz 2 UVPG und die kumulierenden Vorhaben im Sinne des § 3b Abs. 2 UVPG. Ein Unterschied besteht hier (nur) insoweit, als im Fall der Kumulation nach § 3b Abs. 2 UVPG alle zusammenhängenden Vorhaben der UVP-Pflicht unterliegen, während in den Fällen des § 3b Abs. 3 Sätze 1 und 2 UVPG nur das Änderungs- oder Erweiterungsvorhaben bzw. das Neuvorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf. Am Prüfungsumfang ändert dies jedoch nichts.
49Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3b UVPG Rn. 20 und 54 f.
50Etwas anderes gilt allerdings für die in § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG geregelte allgemeine Vorprüfung. Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift ist bei einer für die Zulassung einer Änderung oder Erweiterung eines als solchen bereits UVP-pflichtigen Vorhabens durchzuführenden Vorprüfung des Einzelfalls regelmäßig nur relevant, welche nachteiligen Umweltauswirkungen mit der Änderung oder Erweiterung verbunden sind. Nach dem Halbsatz 1 dieser Bestimmung ist die Vorprüfung des Einzelfalls im Sinne von § 3c Satz 1 und 3 UVPG (nur) auf die Feststellung ausgerichtet, ob (gerade) die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP- Pflicht besteht, erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Damit wird deutlich, dass bei der Zulassung einer Änderung oder Erweiterung hinsichtlich der Frage zu erwartender nachteiliger Umwelteinwirkungen grundsätzlich nicht die gesamte Anlage erneut in den Blick zu nehmen ist. Vielmehr ist vom Ansatz her allein darauf abzustellen, welche Folgewirkungen gerade durch die Zulassung der Änderung oder Erweiterung des Anlage eintreten.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 3. Dezember 2008 - 8 D 19/07 -, NuR 2009, 204 = juris Rn. 93 ff.
52§ 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG setzt jedoch im Regelfall voraus, dass für das bestehende Grundvorhaben im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung schon eine umfassende Prüfung zu erwartender Umweltauswirkungen durchgeführt worden ist. Eine vergleichbare Situation ist weder in den Fällen des § 3b Abs. 2 oder 3 UVPG noch denen des § 3c Satz 5 UVPG - hier jedenfalls im Fall des erstmaligen Überscheitens der Prüfwerte - gegeben. Wurde für frühere Änderungen oder Erweiterungen des UVP-pflichtigen Vorhabens noch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt, sieht schließlich auch § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG in Halbsatz 2 vor, dass sie in die Vorprüfung mit einzubeziehen sind.
53Das Erfordernis einer umfassenden, sich auf alle Vorhaben bzw. deren Teile erstreckende Betrachtungsweise soll verhindern, dass die UVP- bzw. Vorprüfungspflicht durch Aufspaltung größerer Vorhaben in kleinere Einheiten umgangen wird.
54Vgl. Sangenstedt, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3c UVPG Rn. 40 unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 21. September 1999, C-392/96, juris Rn. 76.
55b. Die danach erforderliche Gesamtbetrachtung nimmt die nachgeholte allgemeine Vorprüfung nicht vor. Ausweislich der Dokumentation vom 19. März bzw. 1. April 2015 bezieht sich die allgemeine Vorprüfung auf die drei genehmigten Windkraftanlagen sowie auf alle im Windpark C1. vorhandenen sechs Windkraftanlagen. Insgesamt seien damit neun Windkraftanlagen als Windfarm betrachtet worden. Im Rahmen der 80. Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 109 der Stadt X. sei jeweils ein Umweltbericht erstellt worden, der diese in ihren Auswirkungen umfassend berücksichtige. Zu den Beeinträchtigungen des UVP-Schutzguts „Tiere“ führt die Dokumentation vom 19. März 2015 aus:
56„Für planungsrelevante Tierarten können von Vornherein keine erheblichen Beeinträchtigungen / Störungen erkannt werden […]. Die hierzu erbrachten Gutachten (vollständige Artenschutzprüfung, Brutvogelbericht, Art-für-Art-Betrachtung, FFH-VP, Erfassung und Bewertung des Fledermausbestandes) wurden separat erstellt und als Teil des Umweltberichtes definiert. Entsprechend deren Ergebnissen werden kein[e] Fortpflanzungs- und Ruhestätten durch das Vorhaben zerstört oder beschädigt.
57Ebenfalls ist eine erhebliche Störung von Vögeln oder Fledermäusen aufgrund des kleinräumigen bis nicht vorhandenen Meideverhaltens nicht zu besorgen.“
58Das Gutachten „Artenschutzprüfung (ASP) im Bereich des geplanten Windparks ‚X1. ‘, Stadtteil I. der Stadt X. “ des Ingenieurbüros für Umweltplanung T. und S. vom 10. Dezember 2012 beschreibt das Untersuchungsgebiet als 2 km- bzw. 500 m-Umfeld um die nunmehr genehmigten Windkraftanlagenstandorte in der Windkraftkonzentrationszone. Die sechs bestehenden Windkraftanlagen sind in der Kartendarstellung des Untersuchungsgebietes vermerkt. Hält man im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eine Untersuchung in Bezug auf Brutvögel im Umkreis von 2.000 m um die jeweiligen Anlagenstandorte für angezeigt, was der Senat - dem vorgelegten Gutachten folgend - jedenfalls für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zugrunde legt, so erfasst die in Bezug genommene Artenschutzprüfung vom 10. Dezember 2012 zwar die Standorte aller sechs vorhandenen Windkraftanlagen. Der Umkreis von 2.000 m um diese Bestandsanlagen wird jedoch durch das angegebene Untersuchungsgebiet nur insoweit erfasst, als es sich mit dem Untersuchungsgebiet um die drei nunmehr genehmigten Windkraftanlagen überschneidet. Im Übrigen bleibt der 2.000 m-Umkreis um die Bestandsanlagen unberücksichtigt. Dies gilt erst recht für die 500 m-Umkreise für die Untersuchung von Fledermäusen. Insoweit dürfte allein die Bestandsanlage „B-04“ im 500 m-Umkreis um die nunmehr genehmigte Windkraftanlage „WEA 03“ liegen. Im Übrigen bleiben auch diese Untersuchungsgebiete um den Anlagenbestand unberücksichtigt.
59Gleiches gilt für den Bericht „Erfassung planungsrelevanter Brutvogelarten im Umfeld des geplanten Windparks ‚X1. ‘, Stadtteil I. der Stadt X. “ des Ingenieurbüros für Umweltplanung T. und S. vom 1. November 2011. Auch dieser beschreibt das Untersuchungsgebiet als das 2 km-Umfeld des geplanten Windparks. Im Weiteren berücksichtigt der Bericht den bestehenden Windpark am Brünningser Berg ausweislich des Kontextes lediglich als Vorbelastung für die drei zu untersuchenden Anlagen. Eine eigenständige Untersuchung des 2.000 m-Umkreises um die bestehenden Windkraftanlagen erfolgt nicht.
60Die FFH-Vorprüfung des „Ingenieurbüros für Umweltplanung T. und S. vom 10. Dezember 2012“ für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen in X. -I. westlich von X1. gibt als Anlass für die Erstellung die Errichtung der drei Windkraftanlagen an. Hinsichtlich der räumlichen Situation führt sie die bestehenden Windkraftanlagen ca. 800 bis 900 m südlich der auszuweisenden Vorrangzone an. In der Folge wird die Lage der Windvorrangzone zu verschiedenen Natura 2000-Gebieten sowie zu dem Vogelschutzgebiet DE 4415-401 „Hellwegbörde“ und die Auswirkungen dieses Projektes auf diese beschrieben. Von den bestehenden Windkraftanlagen, so das Gutachten unter der Überschrift „Relevanz anderer Pläne und Projekte“, sei auch zusammen mit den drei zu errichtenden Anlagen aufgrund der Abstände eine Verriegelungs- und Barrierewirkung nicht zu erwarten. Die FFH-Vorprüfung erschöpft sich damit - mit Ausnahme der Betrachtung der Verriegelungs- und Barrierewirkung - in der Ermittlung der Wirkungen der in der Windvorrangzone zu errichtenden Windkraftanlagen. Eine vollumfängliche Vorprüfung der bestehenden Anlagen in Bezug auf die FFH-Gebiete ist nicht erfolgt.
61Schließlich umfasst auch das Gutachten „Erfassung und Bewertung des Fledermausbestandes im Bereich des geplanten Windparks ‚X1. ‘, Stadtteil I. der Stadt X. “ des Ingenieurbüros für Umweltplanung T. und S. vom 20. Januar 2012 lediglich ein Untersuchungsgebiet von 500 m um die nunmehr genehmigten Windkraftanlagen. Eine Betrachtung des Umkreises um die bestehenden Anlagen erfolgt nicht.
62Das in der Dokumentation der allgemeinen Vorprüfung an anderer Stelle in Bezug genommene Gutachten „Vorprüfung des Einzelfalls zu Bau und Betrieb von 3 WEA des Typs REpower 3.0M122 Windpark X1. “ des Büros für Stadt- und Landschaftsplanung Dipl.-Ing. B. Langenberg vom 30. September 2013 führt zwar aus, es werde aufgrund des Vorhandenseins von sechs Windkraftanlagen eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt. Diese beschränkt sich in ihren textlichen Ausführungen aber allein auf die drei nunmehr genehmigten Windkraftanlagen. Dies ergibt sich in Bezug auf die Avifauna/Fledermäuse auch aus der Liste der in Bezug genommenen Gutachten unter den Gliederungspunkten 5.4.1 und 5.4.2. Vier der sechs dort genannten Gutachten entsprechen den oben aufgeführten Gutachten zur FFH-Vorprüfung, zur Erfassung planungsrelevanter Brutvogelarten, zur Artenschutzprüfung und zur Erfassung und Bewertung des Fledermausbestandes. Die beiden Gutachten „Ökologische Voruntersuchung zur Einschätzung der Eignung einer Fläche in X. -I. als Konzentrationsfläche für Windenergieanlagen. (BÜRO T3. , Landschaft, Ökologie, Planung. 2009)“ und „Avifaunistisches Gutachten zur Eignung einer Fläche in X. -I. (Kr. T2. ) als Konzentrationszone für Windkraftanlagen (BÜRO T3. , Landschaft, Ökologie, Planung. 2010)“ beziehen sich schon nach ihrer Bezeichnung ausschließlich auf die bauplanungsrechtlich ausgewiesene Konzentrationszone bzw. das Sondergebiet, in dem die drei nunmehr genehmigten Windkraftanlagen liegen. Sie sind im Übrigen nicht Teil der vorgelegten Verwaltungsvorgänge.
633. Die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 UmwRG i.V.m. § 45 Abs. 2 VwVfG NRW,
64vgl. zur Anwendbarkeit der letztgenannten Vorschrift OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, ZNER 2015, 177 = juris Rn. 163,
65bestehende Möglichkeit, die allgemeine Vorprüfung im Einzelfall noch bis zum Abschluss der ersten Instanz im Hauptsacheverfahren nachzuholen, führt entgegen der Ansicht des Verwaltungsgericht nicht dazu, dass die Erfolgsaussichten der Klage im Ergebnis als offen zu bezeichnen sind. Es kann schon mangels ausreichender Tatsachengrundlagen nicht hinreichend sicher prognostiziert werden, dass eine erneute allgemeine Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, es bedürfe keiner Umweltverträglichkeitsprüfung.
66Darüber hinaus sind die Vorgaben des Unionsrechts zu berücksichtigen. Zwar ist die Möglichkeit der Nachholung einer UVP-Vorprüfung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 UmwRG i.V.m. § 45 Abs. 2 VwVfG NRW mit Unionsrecht grundsätzlich vereinbar. Insbesondere liegt in der Nachholung keine Legalisierung von Projekten, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung hätten unterzogen werden müssen. Das gilt jedenfalls, wenn die nachgeholte UVP-Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass es einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht bedurfte. Das Unionsrecht steht nationalen Rechtsvorschriften, die unter bestimmten Umständen die Legalisierung unionsrechtswidriger Vorgänge oder Handlungen zulassen, nicht grundsätzlich entgegen.
67Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, ZNER 2015, 177 = juris Rn. 165; vgl. weiterhin BVerwG, Urteil vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 -, BVerwGE 131, 352 = juris Rn. 27 ff.; EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008 - C-215/06 -, juris Rn. 57.
68Allerdings ist zu berücksichtigen, dass im Anwendungsbereich der Richtlinie ein Vorhaben ohne - ggf. nachgeholte - Durchführung einer UVP bzw. Vorprüfung nach Unionsrecht nicht durchgeführt werden darf. Der Europäische Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass Art. 2 Abs. 1 der geänderten Richtlinie 85/337/EWG nur so verstanden werden könne, dass ein Antragsteller, für dessen Vorhaben die Umweltverträglichkeitsprüfung, sofern sie erforderlich ist, nicht zuvor durchgeführt worden ist, die Arbeiten an dem fraglichen Projekt nicht beginnen kann, ohne gegen die Anforderungen der Richtlinie zu verstoßen. Dies gelte auch für Projekte, die unter Anhang II dieser Richtlinie zu fassen und gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie nur dann einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen seien, wenn der von dem Mitgliedstaat festgelegte Schwellenwert überschritten und/oder aufgrund einer Einzelfalluntersuchung mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen sei.
69Vgl. EuGH, Urteil vom 3. Juli 2008 - C-215/06 -, juris Rn. 51 ff.
70Nichts anderes gilt für den nunmehr anwendbaren Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anlage II der Richtlinie 2011/92/EU.
71Aufgrund des unionsrechtlichen Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht zu beheben. Es ist daher Aufgabe der zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alle erforderlichen allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, damit die Projekte im Hinblick darauf überprüft werden, ob bei ihnen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt zu besorgen sind, und damit sie bejahendenfalls auf diese Auswirkungen hin untersucht werden. In diesem Zusammenhang ist es Sache der nationalen Gerichte festzustellen, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit besteht, eine bereits erteilte Genehmigung zurückzunehmen oder jedenfalls auszusetzen, um dieses Projekt einer Prüfung gemäß den Anforderungen der UVP-Richtlinie zu unterziehen.
72Vgl. EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 - C-201/02 -, juris Rn. 65 ff.
73Ist wie im vorliegenden Fall die erforderliche Vorprüfung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden und können somit die zu erwartenden Auswirkungen auf die Schutzgüter nicht hinreichend sicher beurteilt werden, hat das Gericht den Widerspruch dieses Zustands zum Unionsrecht zu berücksichtigen.
74Vgl. insoweit auch OVG S.-A., Beschluss vom 17. September 2008 - 2 M 146/08 -, NVwZ 2009, 340 = juris Rn. 16 f.
75Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kostentragungspflicht der Beigeladenen, die in beiden Rechtszügen eigene Anträge gestellt hat, ergibt sich aus § 154 Abs. 3 VwGO.
76Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Senat orientiert sich dabei an den Ziffern 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der danach im Hauptsacheverfahren je Windkraftanlage festzusetzende Streitwert von 15.000,- € ist im Hinblick auf die Vorläufigkeit der erstrebten Regelung in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf die Hälfte zu reduzieren. Soweit das Verwaltungsgericht lediglich einen Streitwert von 7.500,- € festgesetzt hat, war dieser Streitwertbeschluss nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen zu ändern.
77Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Juni 2015 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. H. Er bewohnt das auf diesem Grundstück liegende Wohnhaus mit der postalischen Anschrift E. in H. Den ebenfalls auf dem Flurstück befindlichen Altenteiler hat er vermietet. Das Flurstück dient dem Kläger als Hofstelle für den von ihm betriebenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau. Es stellt einen Teil des vormaligen Flurstücks dar, welches den gesamten damaligen „O.“ umfasste und ursprünglich insgesamt im Eigentum des Klägers stand. Im Februar 1973 erhielt der Vater des Klägers von der Stadt H. die Baugenehmigung zur Errichtung eines Schweinemaststalls auf dem Flurstück. Im Mai 1979 erteilte der Regierungspräsident Düsseldorf der K. L. GmbH die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung des vorhandenen Schweinemastbestandes auf 2.856 Liegeplätze.
4Im Baulastenverzeichnis ist für das Flurstück am 6. März 1983 folgende Baulast eingetragen worden:
5„Auf dem Grundstück Gemarkung X. , Flur, Flurstück, Verpflichtung, das zu errichtende Wohnhaus als Betriebsleiterwohnung zu nutzen sowie gleichzeitig Bindung des Betriebsleiterwohnhauses an den auf dem gleichen Grundstück vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Wohnhaus E. wird künftig als Altenteilerwohnung genutzt. Eine Teilung oder getrennte Veräußerung des Betriebsleiter- und des Altenteilerwohnhauses wird nicht vorgenommen.“
6Das Flurstück ist im Jahr 2000 in drei eigenständige Flurstücke aufgeteilt worden. In der Folge hat der Kläger die Flurstücke B und C einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe an unterschiedliche Erwerber veräußert. Am 8. März 2000 war zuvor für das Flurstück 84 und dessen Teile A, B und C eine Vereinigungsbaulast nach § 4 Abs. 2 BauO NRW eingetragen worden, nach deren Inhalt die Beurteilung der drei Teile A, B und C des bestehenden Flurstücks bauordnungs- wie bauplanungsrechtlich einheitlich erfolgen sollte. Bereits im Dezember 1999 teilten die Erwerber der Flurstücke B und C dem Staatlichen Umweltamt Krefeld mit, dass die immissionsschutzrechtlich genehmigte Schweinemastanlage mit insgesamt 2.856 Plätzen zwischen ihnen aufgeteilt werden solle. Die jeweils auf den Flurstücken befindlichen Stallgebäude mit ursprünglich 2.016, zukünftig 1.944 (Flurstück C) bzw. 552, zukünftig 504 (Flurstück B) Schweinemastplätzen würden nunmehr von den jeweiligen Eigentümern betrieben. Der dritte Stall mit den verbleibenden Mastplätzen werde stillgelegt. Hierauf erteilte die Bürgermeister der Stadt H. den Eigentümern im Juni 2000 jeweils eine entsprechende Baugenehmigung für die Teilübernahme der Schweinemastanlage.
7Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR, deren Gesellschafter die Grundstückseigentümer sind, dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage auf der Grundlage der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betreibe. Seit April 2003 stehen die Flurstücke B und C im Eigentum der I.-T. GbR. Im Mai 2009 erwarb sie von der Beigeladenen das nördlich der vorhandenen Stallungen liegende Grundstück.
8Mit immissionsschutzrechtlichem Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 wurde der I.-T. GbR der Betrieb eines Schweinemastbetriebs mit nunmehr insgesamt 4.813 Mastschweineplätzen (Schweinestall BE 2, Flurstück C, mit 1.733 Mastplätzen, Schweinestall BE 1, Flurstück B, mit 480 Mastschweineplätzen und Schweinestall BE 3, Flurstück D, mit 2.600 Mastschweineplätzen) genehmigt. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 35 sind im Rahmen der Baumaßnahmen die sechs Kamine auf dem Schweinemaststall BE 1 entsprechend der Geruchsprognose auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über dem Dachfirst zu erhöhen. Satz 2 der Nebenbestimmung Nr. 38 schreibt vor, dass die Lüftungsanlagen in allen Stallgebäuden so zu regeln sind, dass die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s zu jeder Stunde eingehalten wird. In der Folge errichtete die I.-T. GbR auf dem Flurstück D einen weiteren Schweinemaststall sowie einen Güllehochbehälter mit Abdeckung.
9In der südwestlichen Ecke des Flurstücks A und damit südlich des Flurstücks C befinden sich mehrere Bäume. Westlich des Wohnhauses des Klägers und östlich bzw. südöstlich der Schweinemastställe befinden sich der ehemalige Altenteiler der Hofstelle sowie landwirtschaftliche Gebäude (Stallungen, Scheune und ein Schuppen).
10Nord-nordöstlich der Hofstelle des Klägers und westlich der Hofstelle der Beigeladenen befindet sich der E. Am 4. Juli 2011 beantragte der dort ansässige Landwirt, Herr M. I., bei der Stadt H. die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Schweinemaststalls, eines Futterlagers und zweier Futtersilos. Hierzu legte er ein immissionsschutzrechtliches Geruchsgutachten (Nr. 2205) des Dipl.-Ing. N. M. vom 18. Juni 2011 vor. In diesem wurde von dem Sachverständigen die Vorbelastung am Haus des Klägers ohne die Hofstelle I. mit IVb = 20,5 % Jahresgeruchsstunden, die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei Berücksichtigung aller Hofstellen im Ist-Zustand mit IGb1 = 23,4 % und die Gesamtbelastung am Haus des Klägers mit IGb2 = 25,2 % angegeben.
11Östlich des O. liegt der W., auf dem nach den Feststellungen der Stadt H. bis zu 60 Pferde gehalten werden. Eine bauaufsichtliche Genehmigung hierfür ist nicht erteilt worden. Zwischenzeitlich ist ein Bauantrag für die Haltung von 25 Pferden gestellt worden.
12Nordöstlich des O. liegt die Hofstelle der Beigeladenen (T.) mit der Flurbezeichnung Gemarkung X. Die Familie der Beigeladenen betreibt dort in der vierten Generation Landwirtschaft in Form des Ackerbaus und der Viehzucht.
13Am 12. August 2011 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen (zwei Hähnchenmastställe mit je 42.250 Tierplätzen) sowie zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Flüssiggaslagertanks. Die bisherige Haltung von Mastbullen werde aufgegeben. Die Anlage soll südlich an die bisherige Hofstelle anschließen.
14Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 teilte die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle L., dem Beklagten mit, dass nach ihrer Einschätzung die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebs gegeben seien. Die Tierhaltung könne überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen. Für die beantragte Geflügelmast mit 84.500 Mastplätzen sei bei überschlägiger Berechnung eine Futterfläche von 112,81 ha erforderlich. Der Betrieb verfüge über 116,03 ha landwirtschaftliche Flächen.
15Im Genehmigungsverfahren erhob der Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 Einwendungen, die im Wesentlichen die Geruchsimmissionen betrafen. Insbesondere rügte er, dass das in diesem Verfahren vorgelegte Geruchsgutachten nicht mit denen vorangegangener Genehmigungsverfahren (Schweinezucht I.-T. GbR sowie Neubau eine Schweinestalls mit 760 Mastplätzen auf der Hofstelle I.) in Einklang zu bringen sei. Er befürchte eine Überschreitung einer Jahresgeruchsstundenzahl von 0,25.
16Mit Bescheid vom 27. Juni 2012 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Planungsrechtlich befinde sich das Vorhaben im Außenbereich. Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei einschlägig, da eine landwirtschaftliche Nutzung gegeben sei. Die Voraussetzungen des § 201 BauGB seien erfüllt. Von dem geplanten Vorhaben seien keine nachhaltigen und erheblichen Beeinträchtigungen der Umwelt durch Immissionen zu erwarten. Zum Nachweis wurde hinsichtlich der Geruchsimmissionen auf das Gutachten des Sachverständigen N. M. Nr. 2101 vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 Bezug genommen. Die Geruchsimmissionsprognose komme zu dem Schluss, dass die Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) eingehalten seien. Die Umgebung des Vorhabens einschließlich der Wohnnutzung der Einwender sei durch vorhandene und auch ehemalige Tierhaltungsanlagen geprägt, so dass Immissionen aus Tierhaltung ortsüblich seien. Bei dieser Prägung könne jedenfalls eine Geruchsstundenhäufigkeit solcher ortsüblichen Immissionen von bis zu 25 % nicht als erheblich bewertet werden. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorrangig an landwirtschaftlichen Betrieben, die auch eigene Tierhaltung aufwiesen, erreicht. Die als Gesamtbelastung ermittelten Geruchsstundenhäufigkeiten lägen insoweit zwischen 19,9 % und 47,6 %. Dies sei zumutbar, weil diese vorrangig durch eigene Tierhaltung verursacht würden. Insoweit bestehe hier eine erhöhte Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme.
17In dem Geruchsimmissionsgutachten des Sachverständigen für Schall und Geruch Dipl.-Ing. N. M. vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 wurde die Geruchs-Vorbelastung am Wohnhaus des Klägers mit IVb = 20,8 % angegeben und die bei Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen zu erwartende Gesamtbelastung mit IGb = 25,4 % prognostiziert. In der ursprünglichen Fassung des Gutachtens ergab die Berechnung des Sachverständigen eine zu erwartende Gesamtbelastung von IGb = 25,2 %.
18Der Kläger hat gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung am 18. Juli 2012 Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat er geltend gemacht, der Betrieb der genehmigten Geflügelmast führe dazu, dass er unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt werde, da die Geruchsstundenhäufigkeit auf seinem Grundstück über 25 % steige. Die Geruchsimmissionsprognose des Sachverständigen M. erweise sich als offensichtlich falsch. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der im Juni 2011 erstellten Geruchsimmissionsprognose betreffend die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs I. In diesem sei für das Wohnhaus des Klägers eine Gesamtbelastung im Ist-Zustand von 23,4 % ermittelt worden. Im vorliegenden Gutachten hingegen gehe der Gutachter von einer Vorbelastung von lediglich 20,8 % aus. Da bereits mit der genehmigten Erweiterung der Hofstelle I. die Toleranzschwelle von 25 % überschritten worden sei, könne ihm eine weitere Geruchsbelastung nicht mehr zugemutet werden. Er selbst halte gar keine Tiere mehr.
19Der Kläger hat beantragt,
20die der Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 27. Juni 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von 84.500 Mastgeflügelplätzen (Masthähnchen) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt: Nach den Auslegungshinweisen zur GIRL sei das Wohnen im Außenbereich mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden. So könne dort unter Prüfung der speziellen Randbedingen des Einzelfalls eine belästigungsrelevante Kenngröße von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen sein. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorliegend nur an landwirtschaftlichen Betrieben erreicht, die selbst Tierhaltung betrieben. Dies sei zumutbar, weil die Belastungen vorrangig durch die eigene Tierhaltung verursacht würden, und gelte auch für Nachbarn, die - wie der Kläger - keine Tiere mehr hielten. Der Kläger bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, zu dem das von ihm selbst bewohnte Betriebsleiterwohnhaus und der inzwischen fremdvermiete Altenteiler gehöre. In der Vergangenheit habe der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb geteilt und selbst die Viehhaltung aufgegeben, die Gebäude aber verkauft, so dass ihm der jetzige Betrieb zuzurechnen sei.
24Das Geruchsgutachten sei fehlerfrei erstellt worden. Nachdem bekannt geworden sei, dass sich sowohl der Betrieb der Beigeladenen wie auch der landwirtschaftliche Betrieb I. im gleichen Zeitraum erweitern wollten, sei beiden Betrieben nahegelegt worden, die jeweils andere Erweiterung im eigenen Gutachten zu berücksichtigen. Somit seien die Ausgangsbedingungen unterschiedlich gewesen. Auch seien weitere Faktoren, wie etwa die unterschiedliche Richtung und Entfernung zum Kläger, zu berücksichtigen gewesen. Da beide Betriebe bei dem jeweils anderen berücksichtigt worden seien, ergebe sich in beiden Gutachten folgerichtig eine identische Gesamtbelastung am Wohnhaus des Klägers von 25,2 % Jahresgeruchsstunden.
25Die Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat sie ausgeführt: Für das Haus des Klägers sei eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 25,4 % (0,254) ermittelt worden, welche auf einen Wert von 25 % (0,25) zu runden sei. Die festgestellte Gesamtbelastung sei dem Kläger zumutbar. Die GIRL lege keine Werte für die höchstzulässige Geruchsimmission fest, sondern enthalte nur Orientierungswerte. Die belästigungsrelevante Kenngröße des Immissionsanteils ihres Vorhabens am Wohnhaus des Klägers betrage nur 0,05. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL sei bei der Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen, dass in diesen Fällen die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über derjenigen liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen sei. In Anwendung der Ziffer 3.1 der GIRL sei somit ausschließlich die Gesamtbelastung unter Abzug der Geruchseigenbelastung einzubeziehen. Der Wohnnutzung im Haus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus sei dem Tierhaltungsbetrieb auf dem O. zuzurechnen. Die so berechnete Gesamtbelastung liege am Wohnhaus des Klägers sogar unter 0,15. Da der Kläger die Schweinemastanlage über mehrere Jahre selbst betrieben habe, sei sein Grundeigentum mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet. Auch ihre betriebliche Situation sei zu berücksichtigen. Das Vorhaben diene ihr als zweites Standbein, welches erforderlich sei, um langfristig die Existenz des Hofes und der Familie sichern zu können.
28Das Verwaltungsgericht hat den der Beigeladenen durch den Beklagten erteilten Genehmigungsbescheid vom 27. Juni 2012 mit Urteil vom 18. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen aus. Am Wohnhaus des Klägers werde selbst der für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltende Wert von 0,25 überschritten. Hierbei handele es sich um eine absolute Obergrenze. Ihre Einhaltung lasse sich auch nicht damit begründen, dass der Wert von 0,254 abzurunden sei. Rundungen bei einer bereits überschrittenen Höchstgrenze seien nicht zulässig.
29Gegen das Urteil haben der Beklagte und die Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung der Berufung führt der Beklagte in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags aus: Das vorgelegte Gutachten schließe unzumutbare Geruchsbelästigungen verlässlich aus und sei nach mehreren Nachbesserungen auch von dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) als plausibel erachtet worden. Im Rahmen des Genehmigungsverfahren für den vorbelastungsrelevanten Tierhaltungsbetrieb I.-T. GbR sei dem Genehmigungsbescheid vom 15. März 2012 nachträglich eine Auflage beigefügt worden, wonach an den bis dahin lüftungstechnisch unveränderten Bestandsställen ebenfalls Kamine 10 m über Grund und 3 m über Dach herzustellen seien. Eine Änderung der Geruchsprognose in dem damaligen Genehmigungsverfahren sei allerdings nicht für notwendig befunden worden, da das Vorhaben bereits ursprünglich genehmigungsfähig gewesen sei und die neuen Abluftbedingungen insbesondere im Nahbereich der Anlage zu einer Verbesserung der Immissionssituation geführt hätten.
31Das Verwaltungsgericht habe die GIRL widersprüchlich ausgelegt, wenn es einerseits davon ausgehe, diese gebe einen Immissionsgrenzwert für den Außenbereich nicht ausdrücklich vor, aber andererseits einen absoluten oberen Grenzwert von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche vorsehe. Die GIRL sei als in sich geschlossenes, schlüssiges System zu begreifen. Die isolierte Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, verbunden mit der Feststellung, dass der Wert von 0,25 den absoluten Grenzwert darstelle, stehe im Widerspruch zu dem in den Auslegungshinweisen selbst zitierten Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - und zu den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 der GIRL.
32Die zur Beurteilung der Erheblichkeit bedeutsamen Umstände des Einzelfalls seien umfassend ermittelt und bewertet worden. Im Hinblick auf den Kläger habe man unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Vor- und Zusatzbelastung sowie der planungsrechtlichen Grundlagen die nunmehr ermittelte Gesamtbelastung von 0,254, gerundet 0,25, für zumutbar erachtet. Hierbei dürfe die Historie der klägerischen Hofstelle nicht außer Acht gelassen werden. Die genehmigte Tierhaltungsanlage des Klägers sei immissionsschutzrechtlich durchgängig betrieben worden. Zwar habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung angeben, er habe die Schweinezucht ca. ein halbes Jahr vor dem Verkauf im Jahr 2000 aufgegeben. Dies führe aber nicht automatisch zu einem Erlöschen der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Vielmehr seien die Stall- einschließlich aller Nebenanlagen unverändert bestehen geblieben und durch die neuen Betreiber übernommen worden. Mithin stellten der frühere eigene Tierhaltungsbetrieb, dessen Fortführung am Standort und die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs spezielle Randbedingungen dar, die bei der Prüfung des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Zu beachten sei weiterhin das Verhältnis der Zusatzbelastung der verfahrensgegenständlichen Anlage zu der bewerteten Vorbelastung IVb = 0,208 durch die beiden anderen Tierhaltungsanlagen. Die Vorbelastung werde dabei eindeutig durch die Haltung von Mastschweinen und Sauen bestimmt. Selbst bei einer Gewichtung des besonders störenden Mastgeflügelgeruchs sei die Anlage der Beigeladenen maximal für ein Fünftel der Gesamtbelastung verantwortlich.
33Der Beklagte beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Die Beigeladene führt zur Berufungsbegründung aus: Nachdem ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Inhalt der Auflagen Nr. 35 und 38 zum Änderungsgenehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 betreffend die Tierhaltungsanlage der I.-T. GbR bekannt geworden sei, habe sie eine Neuberechnung zur Geruchssituation an den Wohnnutzungen des Klägers veranlasst. Der bisher vorgelegten gutachterlichen Berechnung habe die Erhöhung der Kamine und die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s betreffend die Betriebseinheit 1 noch nicht zugrundegelegen. Auch sei die Methodik der Berechnung der Geruchsbelastung bei Hähnchenmastställen verändert worden. Die mittlerweile vom LANUV NRW als auf der sicheren Seite liegend empfohlene Berechnung der Geruchsemissionen bei Geflügelzucht mittels einer die Wachstumsrate der Tiere darstellenden Zeitreihe sei berücksichtigt worden. Die Gesamtbelastung einschließlich des Betriebs der I.-T. GbR betrage ausweislich des Geruchsgutachtens in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 nebst Nachberechnung vom 16. September 2014 am Immissionsort E1 IGb = 0,23 und am Immissionsort E2 IGb = 0,22. Ohne den dort ansässigen Tierhaltungsbetrieb betrage die Gesamtgeruchsbelastung am Haus E1 0,14 und am Haus E2 0,12 und bliebe damit sogar unter dem in Dorfgebieten zulässigen Wert von 0,15. Nach Prüfung der speziellen Randbedingungen könne im Einzelfall ein Immissionswert von bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche herangezogen werden. Diese Einzelfallabwägung habe der Beklagte zutreffend vorgenommen. Der Kläger habe das Grundstück mit allen Anlagen zur Schweinemast verkauft, so dass ihm auch ein höherer Kaufpreis zugeflossen sei. Selbst wenn man in rechtlicher Hinsicht nicht von selbstverursachten Immissionen ausgehen wolle, sei dieser Aspekt ebenso wie die Prägung der Umgebung durch Tierhaltungsbetriebe jedenfalls als spezielle Randbedingung wertend zu berücksichtigen. Die Zusatzbelastung für den Kläger durch das Vorhaben sei mit 0,05 zwar nicht irrelevant, stelle sich aber im Vergleich zur Gesamtvorbelastung als gering dar. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Wohnnutzung des Klägers rechtlich im Zusammenhang mit der Tierhaltungsanlage genehmigt und sogar durch Baulast gesichert worden sei.
36Die Beigeladene beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung seines Antrags nimmt er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag und führt im Übrigen aus: Das der Genehmigung zugrundeliegende Geruchsgutachten sei nicht nachvollziehbar. Die anlässlich der Erweiterung der Hofstelle I. und des Betriebes der I.-T. GbR vorgelegten Gutachten gingen jeweils von deutlich höheren Vorbelastungen an seinem Haus aus. Addiere man hierzu die aus dem geplanten Hähnchenmaststall der Beigeladenen zu erwartende Mehrbelastung, ergebe sich eine Geruchsbelastung von deutlich mehr als 25 % Jahresgeruchsstunden Eine Zurechnung der durch den jetzigen Betrieb der I.-T. GbR verursachten Immissionen scheide schon deshalb aus, weil dieser nur zu einem geringen Teil auf seinem früheren Grundstück liege. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Abluftfahnenüberhöhung bei dem Schweinemaststall BE 1 lägen nicht vor. Da sich im Umkreis von 100 m Gebäude und Baumbewuchs befänden, sei eine freie Anströmung der Kamine nicht gegeben.
41Im Berufungsverfahren hat der erkennende Senat eine fachliche Stellungnahme des LANUV NRW eingeholt, ob das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der 2. Ergänzung vom 3. März 2014 nachvollziehbar und plausibel sei. Mit Schreiben vom 5. September 2014 hat das LANUV NRW ausgeführt, dass es die Darstellung der ermittelten Immissionen grundsätzlich als plausibel ansehe. Bezogen auf die Ausbreitungsrechnung sei jedoch aufgefallen, dass diese hinsichtlich der Quelle QUE_40 (Mastschweinestall mit 6 Kaminen) der Tierzuchtanlage I.-T. nur einen Kamin enthalte. Auch habe der Gutachter die Quelle QUE_43 (Güllehochbehälter) in der Ausbreitungsrechnung nicht angesetzt. Vor einer Heranziehung des Gutachtens sei die Rechnung diesbezüglich zu korrigieren.
42Die Beigeladene hat in der Folge die bereits erwähnte teilweise Neuberechnung vom 16. September 2014 vorgelegt.
43Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. vom LANUV NRW - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Stadt H. Bezug genommen.
45Entscheidungsgründe:
46Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 27. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47Von dem Vorhaben der Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
48Bei der durch die Beigeladene geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 84.500 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
49Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei ist neben der eigenen Wohnung des Klägers auch der fremdvermietete Altenteiler in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
50Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 ‑ 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
51Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
52Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
53In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
55Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben der Beigeladenen als auch das Wohnhaus des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.5.a).
56Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
57I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
58vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
59bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung (dazu 3.) unter Berücksichtigung der Rundungsregeln der GIRL (dazu 4.) ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu 5.).
601. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
61Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
62Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
63Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
64Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für den von ihm vermieteten Altenteiler geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
652. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
66Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
67kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
683. Soweit Nr. 4.6 (Auswertung) Abs. 2 der GIRL vorgibt, die Kenngröße der Gesamtbelastung IG ergebe sich aus der Addition der Kenngrößen für die vorhandene und die zu erwartende Zusatzbelastung, gilt dies nicht für den vorliegenden Fall einer Ausbreitungsrechnung. So weisen die Auslegungshinweise zu Nr. 4.6 der GIRL darauf hin, dass die dort angeführte Addition von Vorbelastung und Zusatzbelastung zur Gesamtbelastung nur für den Fall gelte, dass die Vorbelastung durch Rasterbegehung nach VDI 3949, Blatt 1 (2006) ermittelt worden sei. Werde in einer Prognose nur die Ausbreitungsrechnung für die Ermittlung der Gesamtgeruchsbelastung verwendet, so müssten die Geruchsimmissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in eine gemeinsame Rechnung Eingang finden.
69Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 6 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 33; Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2012 ‑ 12 LA 114/11 -, BauR 2012, 1769 = juris Rn. 11.
70Erfolgt hingegen eine Addition von Werten, die in Ausbreitungsrechnungen ermittelt worden sind, erweist sich dieses Vorgehen als nicht konform mit der GIRL. Die Addition einzelner Gerüche für einen Ort berücksichtigt nicht die Überlagerung von Geruchsfahnen und führt in der Folge grundsätzlich zu einer Überschätzung der zu erwartenden Immissionswerte. Lediglich für eine grobe, aufgrund der Überschätzung auf jeden Fall auf der sicheren Seite liegende Abschätzung zu erwartender Geruchsimmissionen kann eine derartige Addition einzelner Belastungen Verwendung finden. Hierauf weist das LANUV in seiner fachlichen Stellungnahme gegenüber dem Senat vom 5. September 2014 ausdrücklich hin.
714. Nach Nr. 4.6 der GIRL sind für die Berechnung der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb die Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung mit 3 Stellen nach dem Komma zu verwenden. Zum Vergleich der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb mit dem aus der Tabelle 1 zu entnehmenden Immissionswert für das jeweilige Gebiet sind sie auf zwei Stellen nach dem Komma zu runden. Diese Vorgaben über die Berechnung und die Rundung auf zwei Stellen nach dem Komma werden durch die GIRL nicht auf bestimmte Gesamtbelastungen eingeschränkt, sondern stellen eine allgemeine Rundungs- und Vergleichsregel dar. Die GIRL beruht - wie schon dargelegt - auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen. Ihr kommt insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten zu. Zwar ist das Gericht bei der Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen mangels Rechtsnormqualität der GIRL nicht gehindert, von deren Ergebnis abzuweichen. Der Außerachtlassung bloß einzelner Teile der GIRL steht aber grundsätzlich entgegen, dass diese als vorweggenommene sachverständige Bewertung ein Gesamtkonzept verfolgt, das nicht nur partiell angewendet werden kann.
725. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
73a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
74Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
75Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
76Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
77Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
78Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
79b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
80Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
81Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
82Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
83Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
84Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
86Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
87Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
88Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit - worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
89Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
90c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
91aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
92Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
93Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
94In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
95bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
96Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
97Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
98cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
99Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
100In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
101Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
102dd) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
103Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
104Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
105II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben der Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen nicht überschritten (dazu 2.).
1061. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls, wie der landwirtschaftlichen Prägung (dazu a), der bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle (dazu b) und der besonderen Ortsgebundenheit des Vorhabens der Beigeladenen (dazu c) ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
107a) Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der Wohnbebauung auf dem Grundstück des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich liegen die Hofstelle I,. auf der Schweinezucht betrieben wird, der W. mit bis zu 60 Pferden, der T. der Beigeladenen mit derzeit noch betriebener Rinderzucht sowie der M., auf dem Rinder- und Schweinezucht betrieben wird. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen landwirtschaftlich genutzt. Die vorhandenen Wohnhäuser weisen alle einen Bezug zu diesen landwirtschaftlichen Hofstellen auf.
108b) Für den Kläger erweist sich in diesem Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 auch deshalb als noch hinnehmbar, weil er sich als Landwirt, der auf seiner Hofstelle nunmehr nur noch Ackerbau betreibt (dazu aa), die von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen jedenfalls zu einem erheblichen Teil wertungsmäßig zurechnen lassen muss (dazu bb).
109aa) Der Kläger hat aus betrieblichen Erwägungen seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf reinen Ackerbau umgestellt. Dies führt - ebenso wenig wie eine gänzliche Aufgabe der Landwirtschaft - nicht zu einer geringeren Erheblichkeitsschwelle für landwirtschaftliche Gerüche. Vielmehr bleibt er im Rahmen der Variationsbreite der Landwirtschaft und ist somit mit einer vergleichbaren Verpflichtung zur Hinnahme von Geruchsimmissionen belastet wie zuvor. Andernfalls hätte es der jeweilige Betreiber einer Tierhaltungsanlage allein durch die Änderung des Betriebskonzepts in der Hand, die Zumutbarkeitsschwelle zu senken und den umliegenden Betrieben, mit denen er in einem wechselseitigen Verhältnis des Duldens steht, einseitig über die Bestandsgenehmigungen hinaus die Möglichkeit etwa der Erweiterung zu nehmen. Dies würde gerade auch deshalb zu einem Wertungswiderspruch führen, da er selbst weiterhin als - wenngleich anders ausgerichteter - Landwirt die bauplanungsrechtliche Privilegierung der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB in Anspruch nimmt.
110bb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs waren ursprünglich Teil des von ihm geführten landwirtschaftlichen Betriebs (dazu aaa) und weisen aufgrund von Baulasten auch weiterhin eine besondere rechtliche Verbindung zu ihm auf (dazu bbb).
111aaa) Die Schweinehaltung der I.-T. GbR steht in einem engen räumlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers und ist historisch als Teil einer einheitlichen landwirtschaftlichen Hofstelle anzusehen. Vorliegend hat der Kläger die Schweinehaltung zwar nach eigenen Angaben im Jahr 1999 aufgegeben. In der Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ist aber zu berücksichtigen, dass er in der Folge das Grundstück geteilt und Teile mit den bestehenden Schweineställen und sonstigen Einrichtungen an die nunmehrigen Gesellschafter der I.-T. GbR veräußert hat. Diese haben in der Folge die Aufteilung der bestehenden Schweinemast angezeigt. Die Stadt H. erteilte beiden Betreibern Baugenehmigungen für die jeweilige Teilübernahme der Schweinemastanlage. Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken B und C befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage - und zwar auf der Grundlage der früher erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - betreibe. Mithin setzte die Betreiberin den Betrieb der ursprünglich durch den Kläger betriebenen Anlage mit den - jedenfalls ganz überwiegend - unveränderten Anlagen fort.
112Es liegt nicht im Ermessen des jeweiligen Inhabers der Hofstelle, durch Veräußerung emittierender Tierhaltungsanlagen an eine rechtlich von ihm zu unterscheidende Person diese immissionsschutzrechtlich einer anderen Bewertung zu unterwerfen - hier durch den sodann fehlenden eigenen Beitrag zu den Immissionen -, ohne dass eine bestehende räumlich-funktionale Einheit und die historische Entwicklung Berücksichtigung findet. Dies würde im Übrigen auch zu einer missbräuchlichen Gestaltung zum Nachteil der übrigen Betreiber von Tierhaltungsanlagen einladen können.
113bbb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs sind mit der Hofstelle des Klägers auch weiterhin durch Baulasten in rechtlich erheblicher Weise besonders verbunden.
114Durch Eintragung vom 6. März 1983 wurde eine Baulast begründet, mit der das Wohnhaus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus an den auf dem damaligen Flurstück 84 bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb gebunden worden ist. Diese Verbindung wurde ausdrücklich als dauerhaft und ständig bezeichnet. Eine Teilung und getrennte Veräußerung wurde ausgeschlossen. Die Bindung des Betriebsleiterwohnhauses umfasst somit nicht nur den heute von dem Kläger geführten landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Flurstück A, sondern auch die auf den Flurstücken B und C weiterhin bestehenden Schweinemastställe. Die für das Flurstück übernommene Baulast setzt sich insoweit an den durch die Teilung entstandenen Flurstücken fort. Dies folgt, obwohl eine ausdrückliche Regelung in der Bauordnung hierzu fehlt, aus dem Regelungsgedanken des § 1026 BGB, wonach eine Grunddienstbarkeit bei Teilung des dienenden Grundstücks nur insoweit erlischt, als die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des Grundstücks beschränkt ist.
115Vgl. insoweit zur Grunddienstbarkeit: OLG München, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 34 Wx 543/11 -, juris Rn. 8; Mayer, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1026 Rn. 1; Grziwotz, in: Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 1026 Rn. 2.
116Dabei kommt es auf die Frage, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der bestehenden Mastställe in Folge der Aufteilung der Ställe und das Unterschreiten der maßgeblichen Schwellenwerte nach der 4. BImSchV erloschen ist, nicht maßgeblich an. Auch ein mehrmonatiges Brachliegen der Schweinezucht stellt im Zusammenhang mit dem Übergang der Einrichtungen auf den Erwerber keine Unterbrechung dar, die angesichts der Kontinuität der äußeren Umstände den sodann aufgenommenen Betrieb als etwas wesentlich anderes erscheinen ließe. Für die Berücksichtigung der von dem Kläger hinzunehmenden Geruchsimmissionen erweist es sich weiterhin als nicht maßgeblich, dass die Mastställe zwischenzeitlich aufgrund der Eigentumsstrukturen als baurechtlich genehmigte Anlagen aus dem Regelungsregime des BImSchG herausgefallen sind. Der Umfang der sich ergebenden Geruchsimmissionen an dem Wohnhaus des Klägers unterscheidet sich nicht aufgrund der gesetzlichen Regelung, aufgrund derer die Anlage genehmigt worden ist.
117Der Berücksichtigung im Rahmen der Einzelfallwertung jedenfalls im Umfang des im Zeitpunkt der Veräußerung bestehenden Betriebs steht nicht entgegen, dass die I.-T. GbR den Schweinemastbetrieb im Jahr 2012 durch Neubau eines weiteren, 2.600 Mastplätze umfassenden Stallgebäudes erheblich vergrößert hat. Die ursprünglich vorhandenen Stallungen mit nunmehr noch 2.213 Mastplätzen treten dahinter jedenfalls nicht in solchem Umfang zurück, dass der Schweinemastbetrieb nunmehr als ein gänzlich anderer als der erscheint, den der Kläger 1999 veräußert hat.
118Für eine Vergleichbarkeit der von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen mit solchen vom eigenen Betrieb ausgehenden spricht im vorliegenden Fall schließlich, dass das Grundstück des Klägers mit der Flurstücksnummer A gemeinsam mit den angrenzenden Flurstücken B und C, die den veräußerten Stallbestand umfassen, mit einer Vereinigungsbaulast aus dem Jahr 2000 belastet ist. Nach dem Inhalt dieser Baulast sollen die drei Flurstücke (dort bezeichnet durch die Teilstücke A, B und C des ursprünglichen Flurstücks) nicht nur bauordnungs-, sondern auch bauplanungsrechtlich als ein Grundstück anzusehen sein.
119Vgl. zur Möglichkeit der Erstreckung einer Baulast auch auf das Planungsrecht BVerwG, Beschluss vom 12. November 1987 - 4 B 216/87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24 = juris Rn. 2.
120Insoweit kann sich der Kläger gegenüber dem Schweinemastbetrieb, jedenfalls soweit dieser auf den Flurstücken B und C ausgeübt wird, nicht auf das bauplanungsrechtliche, im Außenbereich über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB wirkende Gebot der Rücksichtnahme berufen, da ihm insoweit keine nachbarlichen Abwehrrechte zukommen.
121Vgl. zu der Möglichkeit, sich der aus dem Rücksichtnahmegebot folgenden Abwehrrechte zu begeben, BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3/00 -, NVwZ 2001, 813 = juris Rn. 17.
1222. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen überschreiten auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 sowie der weiteren Neuberechnung vom 16. September 2014 den Immissionswert von 0,25 nicht. Auch soweit das Haus des Klägers bei der Darstellung der Immissionsprognose in mehreren Rasterfeldern liegt, kommt maximal eine Immissionsbelastung von 0,25 in Betracht (dazu a). Dabei sind die jedenfalls aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen emittierten Tiergerüche dem Kläger wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen (dazu b). Gleiches würde für die Mehrimmissionen gelten, soweit eine Abgasfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 zu Unrecht angesetzt worden wäre (dazu c). Auch im Übrigen bestehen an den Ansätzen der vorgelegten Immissionsprognose keine Zweifel (dazu d).
123a) Soweit der Kläger der Auffassung ist, das vorgelegte Immissionsgutachten schließe nicht aus, dass an seinem Wohnhaus eine den Wert von 0,25 überschreitende Gesamtgeruchsbelastung vorliege, folgt der Senat dem nicht, losgelöst von der Frage, ob und inwieweit die Immissionen aus dem Schweinemastbetrieb überhaupt als Fremdbelastung zu berücksichtigen sind. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass in der Darstellung der zu erwartenden Gesamtbelastung vom 16. September 2014 sein Wohnhaus in mehreren Rasterflächen liegt und für eine Rasterfläche die Gesamtbelastung mit 0,27 angegeben wird. Der in der mündlichen Verhandlung befragte Sachverständige des LANUV NRW hat jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass selbst bei - pessimaler - Mittelung beider Werte maximal eine Gesamtbelastung von 0,25 vorliege.
124b) Offenlassen kann der Senat vorliegend, ob die aus der Schweinehaltung der I.-T. GbR herrührenden Geruchsimmissionen dem Kläger in vollem Umfang wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen und daher bei der Ermittlung der Vorbelastung nicht zu berücksichtigen sind. Jedenfalls die aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen (BE 1 und 2) emittierten Tiergerüche sind ihm bei wertender Betrachtung als Eigenimmissionen zuzurechnen. Zwar stehen weder die Grundstücke einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe gegenwärtig in seinem Eigentum noch kann er Einfluss auf die Tierhaltung als solche nehmen. Wie vorstehend aber bereits ausgeführt, hat der Kläger die Schweinemastställe veräußert, so dass ihm ein entsprechender Erlös zugeflossen ist. Die beiden Ställe BE 1 und BE 2 werden nunmehr durch die Erwerber nahezu unverändert weiterbetrieben. Dies geschah bis in das Jahr 2012 sogar unter Ausnutzung der bisherigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Weiterhin ist das Grundstück des Klägers mit der fortbestehenden Hofstelle durch eine Vereinigungsbaulast auch bauplanungsrechtlich mit den Ställen BE 1 und BE 2 verbunden, so dass dem Kläger insoweit kein planungsrechtlicher Rücksichtnahmeanspruch zukommt und er sich in der Folge gegen dort herrührende Geruchsbelästigungen nicht erfolgreich zur Wehr setzen kann. Gibt der Betreiber einer Tierhaltungsanlage durch Veräußerung die Einflussnahmemöglichkeit auf, verzichtet aber gleichzeitig gegenüber dieser Anlage auf seinen Rücksichtnahmeanspruch, ergibt sich kein Unterschied zu eigener Tierhaltung.
125Dass das Geruchsimmissionsgutachten die durch die Schweinemast bedingten Immissionen als Fremdvorbelastung berücksichtigt, steht der Annahme einer fehlenden Überschreitung des Immissionswertes IW = 0,25 nicht entgegen. Selbst bei vollständiger Einbeziehung der durch die Schweinezucht auf die klägerische Wohnbebauung einwirkenden Geruchsimmissionen beträgt die Gesamtbelastung - unter Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 - am Haus des Klägers maximal 0,25.
126c) Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose zu Recht für die von dem Schweinemaststall BE 1 ausgehenden Geruchsimmissionen eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt hat. Die für eine Abluftfahnenüberhöhung erforderliche Mindesthöhe der Kamine ist gegeben. Nach der Nebenbestimmung Nr. 35 zu der erteilten Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 sind im Zuge der Um- und Neubaumaßnahmen an dem bestehenden Stall BE 1 die Kamine auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über Dachfirst zu erhöhen. Auch die Anforderungen an den Bewegungsimpuls sind eingehalten. Die erforderliche Mindestabluftgeschwindigkeit muss ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 38 Satz 2 zu jeder Betriebsstunde mindestens 7 m/s betragen.
127Ob, wie der Kläger meint, der freie Luftstrom aufgrund der Höhe der östlich des Schweinestalls liegenden Gebäude seiner Hofstelle nicht ausreichend gesichert ist, um eine Abluftfahnenüberhöhung anzunehmen, kann vorliegend dahinstehen. Selbst wenn dem Kläger in dieser Einschätzung zu folgen sein sollte und sich in der Folge die tatsächliche Geruchsbelastung als höher erweisen würde, würde dies nicht zur Annahme einer höheren Gesamtbelastung IG im Sinne der GIRL führen. Wie bereits ausgeführt, sind dem Kläger jedenfalls die Geruchsimmissionen aus den Schweinemastställen BE 1 und BE 2 wertend als Eigenimmissionen zuzurechnen, die in der anzunehmenden Vor- wie auch der Gesamtbelastung nach der GIRL keine Berücksichtigung finden. Sind aber die von dem Schweinemaststall BE 1 hervorgerufenen Geruchsimmissionen insgesamt nicht zu berücksichtigen, kann auch der Wegfall der in dem Geruchsimmissionsgutachten für den Stall BE 1 angesetzten Abluftfahnenüberhöhung nicht zu einer Immissionserhöhung an der klägerischen Wohnbebauung führen.
128d) Gegen den Ansatz des vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens bestehen auch keine sonstigen Bedenken.
129Das Gutachten, das die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) ansetzt, erfasst die zu erwartende Geruchsimmissionsbelastung am Haus des Klägers auch im Übrigen zutreffend.
130Soweit der Kläger vorträgt, die tatsächliche Geruchsbelastung sei höher als prognostiziert, und dies insbesondere mit den Geruchsvorbelastungen begründet, die jeweils in dem für die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betrieb I. bzw. des Schweinemastbetriebs der I.-T. GbR vorgelegten Geruchsgutachten ausgewiesen worden seien, ist dieser Schluss nicht tragfähig. Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem von demselben Sachverständigenbüro mit der lfd. Nummer 2205 erstellten Geruchsimmissionsgutachten vom 18. Juni 2011 betreffend die Erweiterung der Hofstelle I. keine höhere Geruchsvorbelastung als in dem hier maßgeblichen Gutachten angenommen. Dort ist die für das Haus des Klägers angenommene Vorbelastung durch alle Quellen (Ist-Zustand) mit Ausnahme der Hofstelle I. insgesamt mit IVb = 20,5 % angegeben. Einschließlich der Hofstelle I. (Ist-Zustand) ohne die dort beantragten Schweineställe wird die Geruchsbelastung mit IGb1 = 23,4 % angegeben. Die Gesamtbelastung einschließlich des Vorhabens auf der Hofstelle I. und des Hähnchenmastbetriebs der Beigeladenen beträgt = 25,2 %. Die Berücksichtigung der Haltung von 84.500 Masthähnchen auf der Hofstelle des Beigeladenen sowohl für den Wert IGb1 wie auch für den Wert IGb2 folgt dabei aus der Übersicht über die Tierplätze und dem Ansatz der Quellen QUE_10 und QUE_11 in der Quellenübersicht des Gutachtens.
131Der in dem hier maßgeblichen Gutachten Nr. 2101 in der zeitlich damit korrespondierenden (Ursprungs-)Fassung vom 27. Januar 2011 benannte Vorbelastungswert (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I. um 740 Mastschweine als Quelle QUE_6, aber ohne die Hofstelle der Beigeladenen) betrug IVb = 20,8 %. Der als Gesamtbelastung ausgewiesene Wert IGb = 25,2 % (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I.) entsprach der in dem Gutachten Nr. 2205.
132Eine hieraus von dem Kläger abgeleitete schlichte Addition der sich jeweils ergebenden Mehrbelastungen für beide Vorhaben ist - wie ausgeführt - nicht zulässig. Soweit der Kläger im vorliegenden Fall einwendet, dass eine Überlagerung der Immissionen aus der Erweiterung der Hofstelle I. und dem Vorhaben der Beigeladenen schon wegen der unterschiedlichen Himmelsrichtung bezogen auf sein Wohnhaus ausgeschlossen erscheinen müsse, spricht hiergegen, dass bei Winden aus nordöstlichen Richtungen eine Überlagerung der Immissionen aus beiden Quellen geradezu naheliegend erscheint.
133Auch soweit der Kläger die fehlende Belastbarkeit der durch die Beigeladene vorgelegten Geruchsimmissionsprognose im Hinblick auf das anlässlich der Erweiterung des Schweinemastbetriebs I.-T. GbR vorgelegte Immissionsberechnung der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 anführt, die bereits ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. zu einer Gesamtbelastung IGb zwischen 18 und 22 % an dem Wohnhaus des Klägers ausweise, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die in dem von der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 ausgewiesene Gesamtbelastung IGb ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. kann bereits deshalb nicht mit der hier maßgeblichen Immissionsprognose verglichen werden, weil sich die maßgeblichen Rahmenbedingungen geändert haben.
134Weiterhin kann sich der Kläger vorliegend auch nicht mit Erfolg darauf berufen, eine Geruchsfahnenüberlagerung zwischen dem Schweinemastbetrieb der I.-T. GbR und den übrigen Erweiterungen sei ausgeschlossen. Eine solche kommt bezüglich des durch die Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 genehmigten Schweinemaststalls BE 3 der I.-T. GbR und dem auf der Hofstelle I. genehmigten Schweinezuchtstall zunächst jedenfalls bei (eher seltenen) nördlichen Windrichtungen in Betracht. Als überwiegend maßgeblich erweist sich aber insbesondere die geringe Distanz des klägerischen Wohnhauses zu den Schweineställen auf seiner (erweiterten) Hofstelle, welche jedenfalls bei häufig vorherrschenden Schwachwindlagen zu einer Überlagerung der Geruchsfahnen unabhängig von der Windrichtung führt. Hierauf hat der in der mündlichen Verhandlung gehörte Sachverständige des LANUV NRW ausdrücklich hingewiesen.
135Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
136Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
137Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Dezember 2012 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 121.900 Mastplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X., auf welchem er auch wohnt. Der Kläger betrieb in der Vergangenheit Landwirtschaft in der Form des Ackerbaus und der Tierhaltung, die er im Jahr 2005 aufgab. Aufgrund einer ihm am 11. Januar 2005 erteilten Baugenehmigung baute der Kläger eine landwirtschaftliche Gerätehalle in zwei Wohnungen um, die er seitdem vermietet. Heute hält er fünf Ponys bzw. Pferde zu Hobbyzwecken.
4Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung L. Er betreibt dort auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 10. Juli 2007 (Az. 533.09 - GV 62/07) einen Hähnchenmaststall mit 39.900 Mastplätzen. Der bestehende Hähnchenmaststall liegt etwa 210 m östlich der Bebauung auf dem Grundstück des Klägers. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde X. ist für das Grundstück eine Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.
5Nord-nordöstlich der ehemaligen Hofstelle des Klägers liegt die Hofstelle G., auf der derzeit eine Hähnchenmastanlage mit 39.900 Mastplätzen betrieben wird. Der Abstand zwischen der Bebauung auf dem klägerischen Grundstück und dem bestehenden Hähnchenmaststall beträgt ca. 190 m. Mit Bescheid vom 2. September 2011 sowie Änderungsbescheid vom 11. März 2013 und Nachtragsgenehmigung vom 28. April 2014 erteilte der Beklagte für diesen Betrieb eine Genehmigung zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 124.200 Mastplätzen. Gegen diese Genehmigung hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben (Aktenzeichen des Berufungsverfahrens 8 A 1487/14).
6Am 19. Mai 2010 beantragte der Beigeladene eine (Erweiterungs-)Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 121.900 Mastplätzen sowie die Errichtung von Flüssiggaslagern mit einer Gesamtlagerkapazität von 9,6 t. Die von dem Beklagten beteiligte Landwirtschaftskammer NRW kam mit Schreiben vom 15. Juli 2010 zu der Einschätzung, bei dem Vorhaben des Beigeladenen handele es sich nicht um Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB. Für eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage werde bei überschlägiger Berechnung eine Fläche von 139,88 ha benötigt. Tatsächlich stünden aber nur 45,31 ha landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung.
7Der Beklagte machte am 19. Juli 2010 öffentlich bekannt, dass die Antragsunterlagen in der Zeit vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010 eingesehen und vom 26. Juli bis einschließlich 7. September 2010 Einwendungen erhoben werden könnten.
8Gegen den Antrag des Beigeladenen machte der Kläger am 6. September 2010 Einwendungen geltend: Die Immissionsuntersuchungen beschränkten sich auf die isolierte Betrachtung des in diesem Verfahren zur Genehmigung stehenden Vorhabens. Unberücksichtigt bleibe das Vorhaben auf der Hofstelle G. und in der Folge der Umstand, dass durch diese beiden Vorhaben zusammen sein Anwesen gleichsam „in die Zange genommen“ werde. Von jedem der Vorhaben - jedenfalls bei der angezeigten Gesamtbetrachtung - gingen schädliche Umwelteinwirkungen aus. So sei mit Belästigungen durch Geruch und Bioaerosole zu rechnen.
9Die Stadt L. verweigerte zunächst mit Schreiben vom 3. August 2010 die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB. Nach Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich der Hofstelle des Beigeladenen am 4. Mai 2012 erteilte die Stadt L. mit Schreiben vom 14. Mai 2012 gegenüber dem Beklagten ihr Einvernehmen.
10Der Beklagte erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 4. Dezember 2012 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der beantragten Anlage. Nach Ziffer II. Nr. 4 des Bescheids dürfen die neu zu errichtenden Stallungen BE I.2 und I.3 nur in Betrieb genommen werden, wenn in diesen die Abluftreinigungsanlage Aerocleaner installiert ist und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben wird. Vor Inbetriebnahme der neu zu errichtenden Stallungen muss auch in dem vorhandenen Stall BE I.1 die Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ installiert sein und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben werden. Nach Ziffer III. des Genehmigungsbescheides schließt diese die Baugenehmigung nach § 63 BauO NRW sowie eine Befreiung gemäß § 67 BNatSchG ein. Der Betrieb erfülle entsprechend der Stellungnahme der Landwirtschaftkammer nicht die Voraussetzungen des § 201 BauGB. Die Tierhaltung könne nicht auf überwiegend eigener Futtergrundlage betrieben werden. Somit sei das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilen und erweise sich im Außenbereich als zulässig. Durch die Erweiterung der Anlage komme es ausweislich der Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 (Az. G-1276-04) nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte an den benachbarten Wohngebäuden. Die Umgebung der Hofstelle des Beigeladenen sei landwirtschaftlich geprägt. Aufgrund der Einzelfallprüfung könne daher an den angrenzenden Wohnhäusern ein Wert von bis zu 0,25 Jahresgeruchsstunden zugelassen werden. Im Planzustand werde an einem benachbarten Wohngebäude maximal ein Wert von 0,19 Jahresgeruchsstunden erreicht, bei Wohnhäusern ohne eigene Tierhaltung 0,17. Der durch die Landwirtschaft verursachte Anteil der Geruchsimmissionen betrage am O. als ehemaliger Hofstelle mit Hobbytierhaltung 0,14. Die Nebenbestimmung Nr. 56 zu dem Genehmigungsbescheid bestimmt diesbezüglich, dass die Immissionsprognose vom 21. September 2009 (Az. G-1275-02) Bestandteil des Bescheides und bei der Errichtung und dem Betrieb der Anlage zu beachten ist. Insbesondere sei die in dem Gutachten prognostizierte Gesamtbelastung IGb einzuhalten. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 57 ist die Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass die von ihr verursachten Geruchsimmissionen die im Geruchsgutachten prognostizierten Werte sicher einhält. Nach der Nebenbestimmung Nr. 58 ist die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über Abluftschächte mindestens 11,10 m über dem Erdboden (mindestens 3,00 m über Dachfirst) mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen.
11Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 legt für die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen bei Verwendung einer Emissionszeitreihe einen Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) und im Übrigen die VDI-Richtlinie 3894 aus September 2011 zugrunde. Weiterhin berücksichtigt es den Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“. Als weitere immissionsmindernde Maßnahme hält das Gutachten fest, dass die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über maximal 12 Kamine mindestens 11,10 m über Erdboden mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen sei. Nach dem Gutachten wird an der ehemaligen Hofstelle des Klägers im Planzustand eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung von maximal 14 % Jahresgeruchsstunden erreicht.
12Am 28. April 2014 erließ der Beklagte einen Nachtrag zu dem Genehmigungsbescheid vom 4. Dezember 2012. Die Bedingung Nr. 4 wurde insoweit geändert, dass der „Aerocleaner“ dauerhaft in allen Stallungen mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielen müsse. Die neu hinzugefügte Auflage Nr. 65 legt fest, dass die Geruchsverminderung durch regelmäßige Messungen nachzuweisen sei. Die ordnungsgemäße Wartung sei durch Abschluss eines Wartungs- und Servicevertrages sicherzustellen. Zur Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls gemäß GIRL führt der Nachtragsbescheid in Ergänzung beider Bescheide sodann aus:
13„Bei dem O. handelt es sich um einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb mit Tierhaltung. Derzeit wird auf der Hofstelle noch Pferde- und Hühnerhaltung als Hobbylandwirtschaft betrieben. […]
14Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) gibt Empfehlungen, welche Kriterien für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranzuziehen sind. So wird für Wohnnutzungen von tierhaltenden Betrieben ein Immissionswert bis 0,25 empfohlen, wobei die jeweilige Eigenbelastung unberücksichtigt bleibt.
15Des Weiteren empfiehlt das LANUV bei Wohnnutzungen innerhalb einer Hofstelle, auf der Tiere gehalten wurden und [die] somit einen landwirtschaftlichen Bezug haben, die aber heute nur noch zu Wohnzwecken genutzt werden, ebenfalls einen Immissionswert von 0,25 heranzuziehen.
16Die spezielle Prüfung des Einzelfalles hat insgesamt ergeben, dass es sich bei allen Immissionsorten um landwirtschaftliche Hofstellen im Außenbereich handelt. Bei der Hofstelle R. und dem E. handelt es sich weiterhin um landwirtschaftliche Betriebe im Vollerwerb mit eigener Tierhaltung. Die sonstigen Immissionsorte stellen ebenfalls landwirtschaftliche Hofstellen dar, welche jedoch nicht mehr im Vollerwerb, sondern teilweise nur noch als Landwirtschaft mit Hobbytierhaltung betrieben werden.
17Aufgrund dieser Fakten sowie der Empfehlungen des LANUV kommt die spezielle Prüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis, dass eine Überschreitung von 0,15 für Dorfgebiete zulässig ist, da alle Immissionsorte einen für den Außenbereich typischen landwirtschaftlichen Bezug haben. Ein Immissionswert von 0,25 kann somit für alle Immissionsorte als zulässig angesehen werden.“
18Der Kläger hat gegen die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung, seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt am 18. Dezember 2012, bereits am 16. Januar 2013 Klage erhoben.
19Zur Begründung hat er geltend gemacht: Die vorgelegte Immissionsprognose erweise sich als nicht geeignet, die Unbedenklichkeit des Vorhabens zu belegen. An seinem Wohnhaus sei nach dem Gutachten mit einer Geruchsbelastung von 0,14 zu rechnen. Aus dem in dem Gutachten enthaltenen Plan ergäben sich aber Belastungen von bis zu 0,43. Erwägungen, warum hier ein Immissionswert von 0,25 anzusetzen sei, seien nicht erkennbar. Schließlich gehe das Gutachten zu Unrecht von einer Minderung der Geruchsbelastung durch die Abluftreinigungsanlage aus. Diese sei nicht hinreichend belegt. Durch die Genehmigung der Abluftreinigungsanlage sei die ursprüngliche Genehmigung weder geändert noch ergänzt worden. Insbesondere stelle der Einbau der Abluftreinigungsanlage keine Auflage für den Betrieb der Mastanlage dar. Der Beigeladene sei nicht verpflichtet, von der Genehmigung der Abluftreinigungsanlage Gebrauch zu machen.
20Der Kläger hat beantragt,
21die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 4. Dezember 2012 zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und Aufzucht von Mastgeflügel (Masthähnchen) mit 121.900 Tierplätzen (davon 39.900 Bestand) sowie Lagerung von 9,6 t brennbaren Gasen (2,4 t Bestand) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen in der Gestalt des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 aufzuheben.
22Der Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung hat er sich auf die Ausführungen in dem ursprünglichen sowie in dem Nachtragsbescheid bezogen.
25Der Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat er ausgeführt: Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 berechne die zu erwartenden Emissionen unter Verwendung einer Zeitreihe 180 GE/(s*GV). Jedenfalls durch die Nachtragsgenehmigung vom 28. April 2014 werde die Immissionsminderung um 40 % in ausreichendem Maße sichergestellt. Selbst bei Nichtberücksichtigung der Geruchsreduzierung sei aufgrund des von dem LANUV NRW in dem Parallelverfahren 3 K 5877/11 betreffend die Hofstelle G. erstellten Gutachtens nachgewiesen, dass die Geruchsimmissionen an der ehemaligen Hofstelle des Klägers einen Immissionswert von 0,25 nicht überschritten.
28Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Genehmigungsbescheid mit Urteil vom 6. Mai 2014 aufgehoben. Eine Prognose, die eine unzumutbare Geruchsbelästigung des Klägers auszuschließen vermöge, liege nicht vor. Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 komme zu einer Immissionsbelastung von über 0,15 am Haus des Klägers. Die Anwendung eines Immissionswertes von maximal 0,25 scheide aus, weil es sich bei den Immissionen aus dem gewerblichen Tierhaltungsbetrieb des Beigeladenen nicht um landwirtschaftliche Gerüche im Sinne der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL handele. Die Landwirtschaft i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfahre insoweit eine Privilegierung. Selbst bei Annahme eines Immissionswertes von 0,25, welcher eine absolute Obergrenze darstelle, sei das Vorhaben nicht zulässig. Sowohl das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 wie auch das in dem Parallelverfahren eingeholte Gutachten des LANUV NRW prognostizierten eine Gesamtbelastung unter Einschluss der eigenen Vorbelastung des Klägers von mehr als 0,25. Die in dem Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. angenommene Minderung der Geruchsimmissionen von 40 % durch die Abluftreinigungsanlage sei nicht hinreichend sicher anzunehmen, da es an einem anzuerkennenden Nachweis mangele.
29Gegen das Urteil hat der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung führt er: Die Umgebung der Grundstücke sei geprägt durch eine Vielzahl landwirtschaftlicher Hofstellen und Tierhaltungsanlagen. Der Kläger sei früher selbst Landwirt gewesen und halte auch heute noch mehrere Ponys bzw. Pferde. Landwirtschaftliche Gerüche i.S.d. Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben i.S.d. § 201 BauGB. Auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien hierunter zu fassen. § 201 BauGB stelle eine rein planungsrechtliche Vorschrift dar. Eine Anknüpfung hieran im Rahmen der Geruchsbewertung sei nicht angezeigt. Zwar nehme die GIRL in Nr. 3.1 Bezug auf planungsrechtliche Kategorien, diese Anknüpfung erfolge aber in Anknüpfung an die Schutzwürdigkeit des Immissionsbelasteten. Mit Blick auf die Wahrnehmbarkeit und den Belästigungsgrad spiele es keine Rolle, ob der Anlage viele oder wenige Flächen zugeordnet seien. Auch der Auslegungshinweis zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, enthalte einen generellen Verweis auf § 35 Abs. 1 BauGB, nicht nur auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Schließlich werde auch in den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL unter dem Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Raum“ ausschließlich auf Tierhaltungsanlagen abgestellt.
31Die GIRL lege keine absolute Obergrenze von 0,25 fest. Schon bei unbeteiligten Dritten im Außenbereich sei ein Immissionswert von 0,25 zumutbar. Da die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL ausführten, dass bei benachbarten Tierhaltungsanlagen die Grenze der erheblichen Belastung deutlich über der bei unbeteiligten Dritten liege, könne keine starre Obergrenze von 0,25 angenommen werden. Bei der Bestimmung der Vorbelastung sei die Eigenbelastung des Klägers nicht zu berücksichtigen. Andernfalls stünde die bei landwirtschaftlichen Betrieben häufig anzutreffende Eigenbelastung jeder Erweiterung eines Nachbarhofes, die mit einer nicht irrelevanten Erhöhung der Immissionen einhergehe, im Wege. Hier müsse auch Berücksichtigung finden, dass der Kläger nur Hobbytierhaltung betreibe, die die Entwicklung eines benachbarten landwirtschaftlichen Betriebs nicht verhindern können dürfe. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls sei zu berücksichtigen, wie hoch der Beitrag des Vorhabens zu der Gesamtbelastung sei und welchen Immissionen sich der Kläger selbst aussetze. Die Wohnnutzung des Klägers sei nur wegen der zuvor betriebenen Landwirtschaft im Außenbereich genehmigungsfähig gewesen.
32Das Verwaltungsgericht habe schließlich den Einbau der Abluftbehandlungsanlage „Aerocleaner“ zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Die Angaben zur Wirksamkeit beruhten nicht nur auf den Angaben des Herstellers, sondern auf Messberichten, denen die maßgeblichen Informationen zu entnehmen gewesen seien. Die Nebenbestimmung in dem Nachtragsbescheid vom 28. April 2014 erweise sich als hinreichend bestimmt. Angesichts der vorgelegten Informationen sei der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Nebenbestimmung erfüllbar sei. Sollte sich dies später als unzutreffend herausstellen, könne der Beklagte auch andere Maßnahmen zur Immissionsminderung ergreifen.
33Der Beigeladene beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Der Beklagte nimmt Bezug auf seine Ausführungen erster Instanz und schließt sich im Übrigen den Ausführungen des Beigeladenen in der Berufungsbegründung an.
36Er beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung weist er darauf hin, der angefochtene Bescheid müsse schon aus formellen Gründen aufgehoben werden. Die Unbestimmtheit der die Minderungsleistung des „Aerocleaners“ betreffenden Bedingung führe zur Rechtswidrigkeit sowohl des Ausgangs- wie auch des Änderungsbescheides. Unklar bleibe, wie die Geruchsreduzierung zu ermitteln und auf welcher Bemessungsgrundlage eine Minderung um 40 % zu erreichen sei. Gerade in dieser Hinsicht habe es einer genauen Festlegung bedurft, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen. Das vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten, welches eine Gesamtbelastung von 0,19 am Haus des Klägers ausweise, stelle keine auf der sicheren Seite liegende Prognose dar, da der Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ anders als in dem Gutachten nicht mit 40 % angesetzt werden könne. Eine Zertifizierung der Anlage liege nicht vor.
41Das LANUV NRW hat auf Ersuchen des erkennenden Gerichts in dem parallelen Berufungsverfahren 8 A 1487/14 zu seinem in erster Instanz erstatteten Geruchsimmissionsgutachten vom 4. Februar 2014 mit schriftlicher Stellungnahme vom 26. Mai 2015 ergänzend ausgeführt, die Vorbelastung an der Hofstelle des Klägers allein durch die westlich liegende Kläranlage betrage 0,001.
42Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe:
45Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
46Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2012 in der Gestalt des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Zwar hat der Beklagte unstreitig die Einwendungsfrist nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG fehlerhaft berechnet und bekanntgemacht. Die öffentliche Auslegung erfolgte vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010. Nach den öffentlichen Bekanntmachungen konnten Einwendungen bis einschließlich 7. September 2010 erhoben werden. § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG sieht vor, dass Einwendungen durch die Öffentlichkeit bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich gegenüber der zuständigen Behörde erhoben werden können. Nach § 31 Abs. 1 VwVfG NRW i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB endete die Einwendungsfrist damit erst am Mittwoch, den 8. September 2010.
48Hieraus kann der Kläger aber keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
49vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174,
50führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat - vertreten durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten - am 6. September 2010 bei dem Beklagten schriftlich Einwendungen insbesondere zu der zu erwartenden Geruchsimmissionssituation angebracht. Diese verfolgt er im gerichtlichen Verfahren weiter. Hat ein Betroffener trotz Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also hier seine Einwendungen trotz fehlerhafter Berechnung des Endes der Einwendungsfrist innerhalb der Frist erhoben, hat die fehlerhafte Berechnung der bekanntgemachten Einwendungsfrist in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
51Vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
52Dass der Kläger durch die Verkürzung der Einwendungsfrist gehindert gewesen wäre, seine Einwände vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
53B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstige Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
54Bei der durch den Beigeladenen geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 121.900 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
55Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage auftretenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei sind neben der eigenen Wohnung des Klägers auch die auf der ehemaligen Hofstelle durch Umbau einer Gerätehalle entstandenen fremdvermieteten Wohnungen in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
56Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
57Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
58Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
59In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012- 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
61Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben des Beigeladenen als auch die ehemalige Hofstelle des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.4.).
62Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
63I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
64vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 ‑ 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
65bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) und der Reduktion durch Abluftreinigungsanlagen (dazu 3.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionswert zu messen (dazu 4.).
661. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
67Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
68Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
69Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
70Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für die von ihm vermieteten Wohneinheiten geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
712. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
72Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
73kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
743. Für die Frage, welche Voraussetzungen Abluftreinigungsanlagen in Tierhaltungsbetrieben zu erfüllen haben, damit sie in einer hinreichend sicheren Immissionsprognose Berücksichtigung finden können, fehlt es an spezifischen normativen Festlegungen. Hinsichtlich der Einhaltung der Betreibergrundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, dass die Genehmigung (nur) zu erteilen ist, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 ergebenden Pflichten erfüllt sind. Das hierin enthaltene Tatbestandsmerkmal des „Sicherstellens“ bedeutet dabei nicht, dass keine auch nur denkbare Möglichkeit der Herbeiführung schädlicher Umwelteinwirkungen bestehen darf, weil etwa ein bestimmter Immissionswert gar nicht erreicht werden könnte. Risiken der Verletzung der Betreiberpflichten müssen vielmehr mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 = juris Rn. 33; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 22 CS 14.739 ‑, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 6 Rn. 12; enger Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 6 BImSchG Rn. 19 „eindeutig und ohne verbleibenden ernsthaften Zweifel“.
76Das hinnehmbare Maß an Prognoseunsicherheit hängt dabei von der Art der gefährdeten Rechtsgüter ab: Je höher deren Rang ist, desto unwahrscheinlicher muss das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen sein.
77Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 ‑ 22 CS 14.739 -, juris Rn. 33; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Dezember 2014, § 6 BImSchG Rn. 30.
78Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Vermeidung erheblicher Geruchsimmissionen aufgrund der durch den Einbau einer Abluftreinigungsanlage zu erzielenden Minderung der Emissionen aus Tierhaltungsanlagen grundsätzlich erst dann i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sichergestellt ist, wenn deren Wirksamkeit dem Grunde und dem Grade nach unter Angabe der einzuhaltenden Einbau- und Betriebsparameter entweder durch Vorlage des Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen oder der Zertifizierung durch eine hierfür anerkannte Stelle nachgewiesen ist. Dies entspricht der in Nordrhein-Westfalen aufgrund des Erlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 19. Februar 2013 - Aktenzeichen V 2 - (sog. Filtererlass) geltenden Verwaltungspraxis, die insoweit als sachgerecht anzusehen ist.
794. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
80a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
81Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
82Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
83Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
84Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
85Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
86b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
87Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
88Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
89Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
90Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
91Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
93Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
94Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
95Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit ‑ worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
96Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
97c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
98aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche etwa aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
99Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 - 22 CS 10.1686, 22 CS 22 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
100Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
101In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
102bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
104Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass etwa Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
105cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
107In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
108Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 ‑ 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 ‑ 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
109dd). Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
110Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
111Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
112II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich des geplanten Vorhabens des Beigeladenen sowie des auf der Hofstelle G. geplanten Vorhabens nicht überschritten (dazu 2.).
1131. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls wie der landwirtschaftlichen Prägung und der früher bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
114Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der ehemaligen Hofstelle des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich befinden sich die Hofstelle R. mit insgesamt 2.000 Mastschweinplätzen nebst Güllelagerung, der C. (Hofstelle T.) mit 350 Mastschweinen nebst Güllelagerung und zwei Pferden, der E. (dem Beigeladenen gehörend) mit 63 Pferden, der P. (Hofstelle U.) mit fünf Pferden, der H. (Hofstelle G.) mit derzeit 39.900 Masthähnchenplätzen sowie die Hofstelle des Beigeladenen mit derzeit ebenfalls 39.900 Masthähnchenplätzen. Insbesondere die Betriebe sowohl des Beigeladenen wie auch des Herrn G. weisen bisher ausreichend große landwirtschaftliche Flächen auf, so dass eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage möglich ist und sie somit Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB betreiben. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen - mit Ausnahme der derzeit zum Kiesabbau verwendeten Flächen - landwirtschaftlich genutzt.
115Der Kläger unterhielt bis ins Jahr 2005 und damit noch in hinreichendem zeitlichen Zusammenhang auf seiner Hofstelle einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem er in etwa 200 Mastschweine, 60 Bullen und 20 Kühe hielt. Insbesondere die Haltung von Mastschweinen geht mit Geruchsemissionen einher, die geeignet sind, an der eigenen Hofstelle, aber auch in der näheren Umgebung nicht unwesentliche Geruchsimmissionen zu verursachen.
116In dieser Situation einer über lange Zeit bestehenden Vorprägung durch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe auf engem Raum und die damit einhergehende Prägung des Raumes durch Tierhaltungsgerüche besteht für den Kläger als ehemaligen Landwirt, der in der Vergangenheit die Geruchssituation mitgeprägt hat und von der wechselseitigen Rücksichtnahme profitiert hat, eine besondere, das Überschreiten der Grenze von 0,15 rechtfertigende Verpflichtung zur Hinnahme solcher Gerüche, die bis zu dem in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, genannten Wert von 0,25 reicht.
1172. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen überschreiten den Immissionswert von 0,25 nicht. Unter Einbeziehung auch des Vorhabens auf der Hofstelle G. ergibt sich ausweislich des Geruchsimmissionsgutachtens des LANUV NRW vom 4. Februar 2014 nebst den schriftlichen Erklärungen vom 26. Mai 2015 eine Gesamtbelastung an den Wohnungen auf der ehemaligen Hofstelle von 0,23 bezogen auf die Beurteilungspunkte BUP 2 und BUP 4. Das Immissionsgutachten setzt zu Recht die Geruchsemissionen masttagabhängig an (dazu a) und berücksichtigt die Abluftbehandlungsanlage nicht geruchsmindernd (dazu b).
118a) Das LANUV NRW hat in seinem Gutachten zu Recht die von der Geflügelmast ausgehenden Emissionen zeitreihenabhängig ermittelt. In Abweichung von dem Ansatz eines Emissionsjahresmittelwertes gemäß VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 setzt das Gutachten die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) an. Dies entspricht dem derzeitigen Stand der Wissenschaft betreffend die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen und wird vom LANUV NRW allgemein als realistisch empfohlen.
119Vgl. zu diesem Ansatz OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 13.
120b) Entgegen der Ansicht des Beigeladenen findet der Einbau einer Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ weder in seiner Anlage noch in der auf der Hofstelle G. geplanten Anlage eine immissionsmindernde Berücksichtigung. Die Geruchsminderung durch den Einsatz der Anlage steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest (dazu aa). Sie kann auch nicht durch eine Nebenbestimmung zu dem Genehmigungsbescheid gesichert werden (dazu bb).
121aa) Eine Geruchsimmissionsprognose, die wie das durch den Beigeladenen vorgelegte Gutachten Nr. G-1276-04 des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 eine solche Minderung zu Grunde legt, ist nicht auf der sicheren Seite. Ihr Ergebnis wäre nicht geeignet, das Vorliegen erheblicher Geruchsbelastungen auszuschließen.
122Ob und in welchem Umfang eine Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ der Firma I. & M. GmbH & Co. KG eine Reduzierung der Geruchsemissionen herbeizuführen vermag, steht jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest. Die vorgelegte Immissionsprognose vom 11. Juni 2012 enthält hierzu keinerlei Feststellungen, sondern gibt an, die Abluftreinigungsanlage zu berücksichtigen. Die im Genehmigungsverfahren vorgelegte Produktbeschreibung für den „Aerocleaner“ selbst nennt, unabhängig von der Frage, inwieweit unvalidierte Angaben des Herstellers überhaupt eine hinreichende Sicherheit zu bieten vermögen, keine Reduktionsrate. Der auf dem Internetauftritt der Herstellerfirma,
123www.hl-agrar.de/de/Gefluegel/Stalltechnik/AeroCLEANER
124abzurufende Produktflyer macht für die Geruchsimmissionsminderung lediglich die Angabe „ca. -40%“.
125Der „Aerocleaner“ ist für die Geflügelmast hinsichtlich der Geruchsreduzierung nicht zertifiziert. Insbesondere liegt keine Bestätigung einer positiven Eignungsprüfung durch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) vor. Der von dem Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Messbericht der A. Ingenieurgesellschaft mbH erfüllt nicht die Anforderungen an ein Sachverständigengutachten, welches die zu erwartende Minderung der Geruchsemissionen belegen soll. Dies folgt unmittelbar schon daraus, dass ausweislich des Messberichts (Ziffer 2.6) zur Minderung der Geruchsemissionen das „LUBING Top Klima System“ der LUBING GmbH & Co. KG (Pumpentyp Eco 250) zum Einsatz gekommen ist. Dass dieses identisch mit dem System „Aerocleaner“ ist, ist nicht ansatzweise erkennbar und wird von dem Beigeladenen auch nicht geltend gemacht. Eine allein vergleichbare Art der Wirkung genügt nicht. Weiterhin handelt es sich erkennbar nicht um ein umfassendes Gutachten, sondern nur um einen Messbericht, welcher unter Ziffer 6.1 lediglich ausführt, nach den Betreiberangaben seien die Betriebsbedingungen repräsentativ gewesen. Wesentliche Angaben des Berichts sind geschwärzt, so der Auftraggeber, die Bearbeiter, der Standort, die Messzeit und die Angaben zu den Messstellen. Ebenfalls geschwärzt sind die gesamten Einzelergebnisse der olfaktorischen Messungen. Lediglich wird unter Ziffer 6.2 der mittlere Wirkungsgrad dieser Anlage mit 64,8 % angegeben.
126Im Gegenteil weisen die von dem Beigeladenen im Rahmen des Genehmigungsantrags vorgelegten Unterlagen darauf hin, dass diese Anlage nicht sicher geeignet ist, eine Minderung der Geruchsbelastung von stets mindestens 40 % herbeizuführen. Ausweislich der Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Emissionsmessungen von Staub und Geruch im Rahmen der Diplomarbeit der Frau S. an der Universität Bonn soll zwar eine durchschnittliche Minderungsleistung von 48,57 % gegeben sein. Die Messung 3 ergibt aber lediglich eine Minderung von 28,6%. Auch wird in der Zusammenfassung angeben, die Geruchsminderungsleistung sei angesichts der stark schwankenden Messergebnisse weiter zu validieren.
127bb) Die Einbeziehung einer Geruchsminderungsleistung durch das System „Aerocleaner“ wird auch nicht dadurch erreicht, dass der Beklagte in dem Nachtrag vom 28. April 2014 den Betrieb unter die Bedingung gestellt hat, dass in den Stallungen das „Aerocleaner“-System installiert ist und betrieben wird, und der „Aerocleaner“ in allen drei Stallungen (BE I.1, BE I.2 und BE I.3) mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielt.
128Ob sich die Bedingung deshalb gegenüber dem Kläger als rechtswidrig erweist, weil sie hinsichtlich der Bestimmung der Geruchsbelastung in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht hinreichend bestimmt ist,
129vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 - 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 ‑ 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44,
130kann vorliegend offenbleiben, weil der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt wird. Für eine mangelnde Bestimmtheit spricht, dass aus dem letzten Satz der Bedingung Nr. 4 nicht hervorgeht, ob sich die angeordnete Reduzierung auf die Geruchsimmissionen (z.B. die Zusatzbelastung in Jahresgeruchsstunden) oder auf die Geruchsemissionen (z.B. Geruchseinheiten je Zeiteinheit) bezieht.
131Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist die Bedingung Nr. 4 nicht geeignet, die Reduzierung der Geruchsbelastung um mindestens 40 % - unter Außerachtlassung der maßgeblichen Bezugsgröße - sicherzustellen. Eine Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen darf nicht durch den Erlass einer Nebenbestimmung umgangen werden. Die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte muss vielmehr effektiv sichergestellt sein. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Genehmigungsbehörde bei der Anordnung von Nebenbestimmungen aufgrund ihrer Erfahrungen oder aufgrund sachverständiger Stellungnahmen davon ausgehen darf, dass die Geruchsbegrenzung realistisch und durch eine technisch machbare Einrichtung zur Begrenzung zu erreichen ist.
132Vgl. Mann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 12 BImSchG Rn. 153; vgl. zur Immissionsreduzierung durch technische Anlagen OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2013 ‑ 8 A 2894/12 -, juris Rn. 29.
133Wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, ist das von der Beklagten in der Bedingung Nr. 4 formulierte Erfordernis der dauerhaften Geruchsreduzierung um mindestens 40 % nicht hinreichend sicher erreichbar. Allein die Möglichkeit der Erreichung eines solchen Wertes genügt nicht.
134Soweit der Beigeladene einwendet, für den Fall der Nichteinhaltung der Minderungsrate seien nachträgliche Anordnungen i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG möglich, greift dies schon deshalb nicht durch, weil die Genehmigungsfähigkeit im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nach § 6 Abs. 1 BImSchG sowohl für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme wie auch für die Dauer des Betriebs gewährleistet sein muss.
135Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15.
136Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
137Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
138Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 wird auf die Berufung der Beigeladenen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil zu vollsteckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und die Inbetriebnahme einer Biogasanlage auf dem Grundstück T. , X. . Sie machen geltend, es sei zu befürchten, dass von dem Betrieb der Anlage unzumutbare Geruchsbelästigungen ausgingen.
3Die Kläger bewohnen ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, auf dem nach Auskunft der Landwirtschaftskammer bis in die 1980er Jahre Tierhaltung betrieben wurde. Das Wohnhaus der Kläger liegt in südwestlicher Richtung der Biogasanlage. An das Wohnhaus der Kläger grenzen beidseitig ehemalige Stallgebäude. Der nördliche Teil des Wohnhauses diente früher als Verbindung zwischen den Stallgebäuden und ist von den Klägern in den 1970er Jahren zum Eingangsbereich des Wohnhauses, der sog. Diele, umgebaut worden. In einem Umkreis von etwa 600 m um das Wohnhaus der Kläger befinden sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe, die Tierhaltung betreiben. In nördlicher Richtung liegen die Stallgebäude der T1. B. GbR, die Schweinehaltung betreibt und deren beide Gesellschafter auch die Gesellschafter der Beigeladenen sind. Auf dem Nachbargrundstück I. hält die T1. B. GbR weitere Schweine. In östlicher Richtung befindet der Tierhaltungsbetrieb L. , in südlichwestlicher Richtung die landwirtschaftlichen Betriebe K. und H. . Die Nachbarn H1. und H2. haben jedenfalls früher ebenfalls Tierhaltung betrieben.
4Die Beigeladene beantragte am 23. August 2010 die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage. In der Anlage sollten Schweinegülle, Maissilage und Ganzpflanzensilage zur Gasherstellung eingesetzt werden. Die Gülle werde mit Transportfahrzeugen vom landwirtschaftlichen Betrieb zur Biogasanlage gefahren und in dem Annahmebehälter zwischengelagert. Von dort werde sie dem Anmischbehälter zugeführt. Die Mais- und Ganzpflanzensilage werde von dem aus drei Fahrsilos bestehenden Silagelager mit Radladern in den Annahmebunker am Technikgebäude abgekippt, von wo sie in den Anmischbehälter eingetragen werde. Das Material werde nach dem Mischvorgang dem Fermenter zugeführt, wo unter anaeroben Bedingungen organische Substanz abgebaut werde und Biogas entstehe; das restliche Gärsubstrat komme in den Gärrestspeicher. Das Biogas werde gekühlt, getrocknet und danach im Blockheizkraftwerk (Gasmotor) verbrannt. Über einen Generator werde Strom erzeugt.
5Die Beigeladene legte im Genehmigungsverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 14. September 2010 - ergänzt unter dem 16. Dezember 2010 - vor, wonach die Zusatzbelastung durch die Gerüche der Biogasanlage am Wohnhaus der Kläger die Irrelevanzschwelle nicht überschreite.
6Mit Bescheid vom 29. März 2011 genehmigte der Beklagte die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 400 kW, einer Feuerungswärmeleistung von 1.015 kW und einer maximalen Gaserzeugung von 2,3 Mio. Nm³ (Normkubikmeter)/a. Der Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
7Am 13. April 2011 haben die Kläger Klage erhoben und Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. Juni 2011 - 11 L 180/11 - abgelehnt hat.
8Am 28. März 2012 hat die Beigeladene einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt (Modifizierung der Fahrsiloanlage, des Technikgebäudes und des Betriebs des Annahmebunkers, Verzicht auf die westliche Zufahrt und Verlagerung der Wallanlage) und das diese Änderungen einbeziehende Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 20. April 2012 vorgelegt.
9Der Senat hat auf die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Juni 2011 die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wiederhergestellt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, es sei offen, ob bei der Nutzung der Biogasanlage für die Kläger unzumutbare Geruchsimmissionen entstünden. Insbesondere aufgrund der Defizite der vorliegenden Geruchsimmissionsprognose könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass die Irrelevanzschwelle von 2% Jahresgeruchsstunden - anders als prognostiziert - überschritten werde. Eine verlässliche Aussage darüber, wie hoch die voraussichtliche Gesamtbelastung am Wohnhaus der Kläger sei, sei mangels entsprechender Untersuchung nicht möglich. Die bei dieser Sachlage erforderliche Interessenabwägung gehe zulasten der Beigeladenen aus.
10Der Beklagte hat den Genehmigungsbescheid mit der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 (geruchsmindernde Maßnahmen an den Stallungen der T1. B. GbR) sowie mit der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 um die von der Beigeladenen am 28. März 2012 beantragten Änderungen ergänzt. Dabei hat er die Vorgaben des Gutachtens der Gutachter V. & Partner vom 7. August 2012, das die veränderte Vorbelastung aufgrund der ins Auge gefassten Änderungen der Abluftanlagen und der Kamine der Stallungen der T1. B. GbR einbezogen hat, und das Geruchsgutachten vom 20. April 2012 berücksichtigt sowie dem Genehmigungsbescheid Nebenbestimmungen zu den beantragten Maßnahmen und zur Abdeckung, Öffnung und Reinigung der Silageanschnittfläche hinzugefügt.
11Am 10. August 2012 hat die Beigeladene beantragt, den Beschluss des OVG NRW vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage - 11 L 521/12 -abzulehnen. Mit Beschluss vom 14. September 2012 hat Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung angeführt, die Interessenabwägung gehe weiterhin zu Gunsten der Beigeladenen aus, da die Zweifel an der Zumutbarkeit der Geruchsimmissionen auch durch die neuerlichen Gutachten und die 1. Nachtragsgenehmigung des Beklagten vom 16. August 2012 nicht ausgeräumt seien.
12Das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) hat unter dem 14. Dezember 2012 erklärt, die Ausführungen des Gutachters in dem unter dem 10. September 2012 ergänzten Gutachten vom 7. August 2012 seien zum Teil nicht nachvollziehbar. Der seitens des Gutachters gewählte Radius von 350 m erweise sich als nicht ausreichend. Entsprechend des heutigen Kenntnisstandes zu den Immissionsauswirkungen von Tierhaltungsbetrieben seien für die Ermittlung der Gesamtbelastung mindestens alle Geruchsemittenten in einem Radius von 600 m um die Beurteilungsfläche in die Ausbreitungsberechnung aufzunehmen. Entsprechend den Auslegungshinweisen der GIRL könne ferner der maximale Immissionswert von 0,25/ 25 % Jahresgeruchsstunden für Tierhaltungsgerüche im Außenbereich nur unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls angewandt werden. Von Seiten des LANUV NRW werde empfohlen, die Kriterien Siedlungsstruktur/Ortsüblichkeit, Nutzung und Historie für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranziehen.
13Mit Blick auf diese Stellungnahme des LANUV NRW hat die Beigeladene eine weitere Immissionsprognose der V. und Partner GmbH vom 21. Januar 2013 vorgelegt. Danach ist unter Berücksichtigung der Vorbelastungen durch die Tierhaltungen im Umkreis am Wohnhaus der Kläger mit einer Geruchsbelastung von 21 % Jahresgeruchsstunden zu rechnen. Die durch die Biogasanlage entstehende Zusatzbelastung wurde mit 5 % Jahresgeruchsstunden veranschlagt.
14Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 - hat der Senat die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2012 - 11 L 521/12 - zurückgewiesen. In der Begründung hat der Senat auf die Ausführungen des LANUV NRW in der Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 Bezug genommen und weiter ausgeführt, dass die Plausibilitätszweifel, die den Senat maßgeblich zu seiner Bewertung im Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - veranlasst haben, durch die Immissionsprognose vom 7. August 2012 nicht hinreichend verlässlich ausgeräumt würden.
15Eine danach im Auftrag der Beigeladenen erstelltes Gutachten des Ingenieurbüros Richters & Hüls vom 22. März 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass am Wohnhaus der Kläger eine Immissionsbelastung in Höhe von 20 bis 23 % Jahresgeruchsstunden zu erwarten ist.
16Das LANUV NRW hat in der vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahme vom 26. November 2013 erklärt, bei erneuter Durchsicht der Unterlagen bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung in dem Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013. Die aktuell vorliegenden Ergebnisse seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Kläger darzustellen, soweit alle Geruchsemittenten berücksichtigt würden, die Zuordnung der Geruchsquellen entsprechend der Prüfung des Beklagten plausibel sei und die Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld zu keiner Änderung der ermittelten Geruchsbelastung führten.
17Zu den Einflüssen der Bebauungsstrukturen auf die Immissionen im Rechengebiet war bereits unter dem 9. Juli 2013 darauf hingewiesen worden, dass ein Bereich verbleibe, der von der TA Luft nicht geregelt werde. In diesem Bereich sei im vorliegenden Fall eine Bewertung der Abstromverhältnisse und der Einwirkung auf den Immissionsort vorzunehmen. Als pragmatische Lösung schlage das LANUV NRW in solchen Fällen grundsätzlich eine Modellierung der Emissionsquellen als vertikale Linienquellen bzw. Volumenquellen ohne weitere Berücksichtigung der Gebäude vor, auf denen sich die Emissionsquellen befinden. Dies führe zumeist zu höheren Immissionswerten als bei einer alle Gebäudeeinflüsse berücksichtigenden Berechnungsweise. Die vorliegende Situation sei jedoch von dem geringen Abstand zwischen dem Wohnhaus der Kläger und den nächstgelegenen Emissionsquellen, nämlich nur 25 m zu dem ersten Fahrsilo, und weiterer umgebender Bebauung geprägt, so dass ein konservatives Berechnungsergebnis nicht zwangsläufig gegeben sei. Ein allgemein fachlich anerkanntes Windfeldmodell zur Verwendung in AUSTAL 2000 für eine solche Aufgabenstellung sei bislang nicht etabliert. Als Lösungsmöglichkeit sei von Seiten des Programmentwicklers von AUSTAL 2000, soweit aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine für die Immissionsbelastung relevante Beeinflussung des Windfeldes durch weitere Gebäude möglich erscheine, vorgeschlagen worden, Vergleichsberechnungen ohne Gebäude und mit Gebäuden mit dem diagnostischen Windfeldmodell TALdia durchzuführen und die Ergebnisse einzelfallbezogen gutachterlich auszuwerten. Die genannte Problematik trete insbesondere bei der Berechnung der Eigenbelastung auf, die meist aus dem direkten Nahbereich gespeist werde und bei der daher spezielle Gebäudeeinflüsse nicht auszuschließen seien. Diese Vergleichsberechnung könne im der vorliegenden Fallgestaltung zu höheren oder geringeren Immissionsbelastungen am klägerischen Wohngebäude führen.
18Die Auswertung der Berechnungsergebnisse - so das LANUV NRW unter dem 26. November 2013 weiter - führe am Wohnhaus der Kläger zu einer Geruchsbelastung von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche der Biogasanlage, 0,17 / 17 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche aus Tierhaltung und einer durch Ausbreitungsberechnung ermittelten Gesamtbelastung von 0,22 / 22 % der Jahresgeruchsstunden.
19Da Gerüche aus Biogasanlagen den Gerüchen aus Tierhaltung nicht gleichgestellt werden könnten, bedürfe es der Bestimmung zweier Immissionswerte. Für Gerüche aus Tierhaltung sei ein Immissionswert von bis 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden und für Gerüche der Biogasanlage ein Immissionswert von 0,15 / 15 % bis 0,20 / 20 % Jahresgeruchsstunden denkbar. Bei einem solchen Zusammentreffen unterschiedlicher Immissionswerte dürfe die Summe der jeweiligen Anteile den Wert 1,00 nicht überschreiten. Dieser Wert werde vorliegend selbst bei Zugrundelegung eines Immissionswerts für Gerüche aus der Tierhaltung von 0,25 und eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,20 mit Blick auf die Vorbelastung durch Gerüche aus der Tierhaltung von 0,17 / 17 % Jahresgeruchsstunden und einer Zusatzbelastung von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden durch Gerüche aus der Biogasanlage - wenn auch nur geringfügig (Wert = 1,03) - überschritten.
20Mit Änderungsbescheid vom Bescheid vom 13. Februar 2014 hat der Beklagte die Nebenbestimmungen Nr. 1 bis 4 des Nachtragsbescheides vom 16. August 2012 betreffend die Umbaumaßnahmen auf dem Hof der T1. B. GbR aufgehoben.
21Die Kläger haben zur Klagebegründung im Wesentlichen auf die durch den Betrieb der Biogasanlage zu erwartende unzumutbare Geruchsbelastung hingewiesen. Es bestünden erhebliche Bedenken an der Plausibilität der vorgelegten Geruchsimmissionsprognosen.
22Die Kläger haben beantragt,
23den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Änderungsgenehmigung vom 13. Februar 2014 aufzuheben.
24Der Beklagte hat beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Er hat vorgetragen, dass nach den Empfehlungen des LANUV NRW bei einer Wohnnutzung im Außenbereich dieser ein Immissionswert bis 25 % Jahresgeruchsstunden auch dann zugeordnet werden könne, wenn die Wohnnutzung auf einer ehemaligen Hofstelle mit Tierhaltung erfolge. Ausführungen zur Prüfung der speziellen Randbedingungen für das Wohnhaus der Kläger seien im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 16. April 2013 erfolgt. Die Auffassung des LANUV NRW, dass Gerüche aus Biogasanlagen anders zu beurteilen seien als Gerüche aus landwirtschaftlichen Betrieben (Tierhaltungsanlagen), teile er nicht. Eine signifikante Unterscheidung der Geruchsqualität zwischen der Silage einer Biogasanlage und der einer Rinderhaltung könne nicht bestehen. Auch entfalte die Biogasanlage eine sogenannte dienende Funktion innerhalb der Landwirtschaft. Die anfallende, betriebseigene Gülle werde über verlegte Leitungen der Anlage direkt zugeführt und die anfallende Abwärme des Motors wiederum zum Teil im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen genutzt.
27Die Beigeladene hat beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Sie hat geltend gemacht, nach der fachlichen Stellungnahme des LANUV NRW vom 26. November 2013 bestünden an der Richtigkeit der Berechnungen durch das Sachverständigenbüro S. & I1. keine Zweifel, vielmehr werde die Plausibilität des Gutachtens ausdrücklich bestätigt. Die weitergehenden Ausführungen des LANUV NRW zur Beurteilung der Geruchsbelastungen seien dagegen nur bedingt zutreffend. Es bestehe kein Erfordernis, zwischen den Gerüchen aus der Biogasanlage und den Gerüchen aus der Tierhaltung zu differenzieren. Es handele sich bei der Biogasanlage ausschließlich um eine solche, die mit nachwachsenden Rohstoffen, wie Mais und Getreide sowie mit Gülle aus der Tierhaltung beschickt werde. Es sei daher hier ein Immissionsgrenzwert bis 25 % Jahresgeruchsstunden anzunehmen. Die Immissionsbelastung beim Wohnhaus der Kläger betrage lediglich 22 % Jahresgeruchsstunden, so dass keine unzumutbare Geruchsbelästigung vorliege. Selbst wenn eine Differenzierung der Gerüche aus der Biogasanlage und denen aus der Tierhaltung zulässig sei, würden die maßgeblichen Immissionswerte eingehalten. Nach der bislang angewendeten und fachlich anerkannten Methodik zur Beurteilung gemeinsamer Einwirkung verschiedener Gerüche anhand der in der fachlichen Stellungnahme angeführten zwei Prüfungsschritte liege insgesamt ebenfalls keine unzumutbare Geruchsbelastung vor. Soweit am Ende der fachlichen Stellungnahme allerdings eine bislang selbst in Gutachterkreisen unbekannte Methodik der Prüfung der Zulässigkeit der Geruchsbelastung angeführt werde, die im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) länderübergreifend geregelt worden sein solle, sei diese vorliegend nicht zu berücksichtigen. Ein Erlass oder eine Verwaltungsvorschrift zu dieser neuen Methodik existiere nicht. Hinzu komme, dass die Angelegenheit seitens des LANUV NRW nicht zeitnah bearbeitet worden sei. Wäre die fachliche Stellungnahme innerhalb angemessener Zeit erstellt worden, wäre eine Entscheidung aller Wahrscheinlichkeit vor der internen Beschlussfassung der LAI getroffen worden. Eine derartige Verzögerung könne nicht zu Lasten der Beigeladenen gehen.
30Mit Urteil vom 25. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Genehmigungsbescheid in der seinerzeit aktuellen Fassung aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Genehmigung in der Fassung der Änderungsbescheide stelle nicht hinreichend sicher, dass beim Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen entstünden. Auf den von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärten Verzicht auf die dem Grundstück der Kläger nächstgelegene Fahrsilokammer sowie auf den Einsatz und die Lagerung von Grassilage komme es nicht an. Die Summe der Anteile der Gerüche sei - bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,25 für die Gerüche aus Tierhaltung - bei einer anhand der neuen Erkenntnisse zu den genehmigten Tierplatzzahlen des Nachbarbetriebs H. korrigierten Geruchsvorbelastung durch Tierhaltung von 0,18 / 18 % Jahresgeruchsstunden sowie einer Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden größer als 1, und zwar sowohl bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,15 als auch bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,20 für Gerüche aus der Biogasanlage.
31Die Beigeladene hat gegen das ihr am 10. März 2014 zugestellte Urteil am 8. April 2014 die Zulassung der Berufung beantragt.
32Am 6. Juni 2014 hat die Beigeladene erneut einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt. Gegenstand des Antrags ist der Verzicht auf die dem Wohnhaus der Kläger nächstgelegene dritte Fahrsilokammer, die ausschließliche Lagerung von Maissilage, die Änderung der Raumentlüftung des Technikgebäudes sowie der Einbau eines Aktivkohlefilters im Anschluss an den Anmischbehälter. Es sei ein Einsatz an nachwachsenden Rohstoffen von 3.988 t/a und an Gülle von 3.000 t/a geplant; die Rohgasproduktion belaufe sich voraussichtlich auf 1.480.024 m³/a. Die Beigeladene hat ein ergänzendes Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgelegt, das diese Änderungen und die von der T1. B. GbR unter dem 26. Mai 2014 gegenüber der Bauaufsicht verbindlich zugesagten Änderungen ihres landwirtschaftlichen Betriebes (Änderung der Abluft der Stallungen und Reduzierung der Tierzahlen) berücksichtigt. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Kläger 0,04 / 4 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche der Biogasanlage und 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche aus Tierhaltung betrage, die Gesamtbelastung belaufe sich auf 0,19 / 19 % Jahresgeruchsstunden. Ausgehend von einem Immissionswert von 0,20 für Gerüche aus Tierhaltung und einem Immissionswert von 0,175 für Gerüche der Biogasanlage sei auch unter Berücksichtigung der Prüfformel des LANUV NRW bei einem Wert von 0,98 nicht mit einer unzumutbaren Geruchsbelastung zu rechnen.
33Mit der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 hat der Beklagte die Änderungen genehmigt und die Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014 zum verbindlichen Bestandteil des Antrags gemacht; die darin angenommenen Rahmenbedingungen seien einzuhalten und den Empfehlungen sei zu folgen.
34Am 1. September 2014 hat die Beigeladene Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der aktuellen Fassung der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 gestellt.
35Der Senat hat mit Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 - die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, 13. Februar 2012 und vom 14. August 2014 ab dem Zeitpunkt angeordnet, in dem die Beigeladene gegenüber dem Beklagten und den Klägern nachgewiesen hat, dass die im Schreiben vom 26. Mai 2014 gegenüber dem Bauordnungsamt des Beklagten verbindlich angekündigten Änderungen des landwirtschaftlichen Betriebes der T1. B. GbR - Reduzierung des Tierbestandes sowie Modernisierung der Abluftführung in den Stallungen - umgesetzt wurden, und, dass die Mündungshöhe des Abgaskamins des Technikgebäudes der streitgegenständlichen Anlage mindestens 10 m über dem Erdboden und mindestens 3 m über dem Dachfirst liegt sowie die Abluftgeschwindigkeit der Raumentlüftung 7 m/s beträgt. Im Übrigen sind der Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage 8 A 799/14 (VG Minden 11 K 805/11) gegen den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 sowie der Antrag der Beigeladenen abgelehnt worden.
36Ebenfalls mit Beschluss vom 22. Mai 2015 hat der Senat die Berufung zugelassen.
37Die Beigeladene trägt zur Begründung der Berufung vor, für den vom LANUV NRW und vom Senat in dem Beschluss vom 22. Mai 2015 gewählten Berechnungsansatz bei einem Zusammentreffen von Tiergerüchen und Gerüchen der Biogasanlage fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Die Prüfmethodik sei in Nordrhein-Westfalen nicht eingeführt und stelle ein völliges Novum dar. Sie habe auch Zweifel an seiner fachlichen Eignung. Die Aussonderung der Gerüche der Biogasanlage aus den landwirtschaftlichen Gerüchen überzeuge nicht, weil die Gerüche sich nicht unterschieden. Anders als vom Verwaltungsgericht angenommen müsse die für die Bestimmung des Immissionswerts im Außenbereich erforderliche Einzelfallbeurteilung auch nicht im Bescheid selbst vorgenommen werden. Die Kläger müssten im Übrigen eine Geruchsbelastung von 25% Jahresgeruchsstunden hinnehmen. Das Umfeld sei landwirtschaftlich geprägt und die Kläger hätten selbst früher - wohl in einem größeren Umfang als bisher angenommen - Landwirtschaft und Tierhaltung betrieben.
38Die vom Senat in dem Beschluss vom 22. Mai 2015 offen gelassene Problematik der Bebauungseinflüsse habe das Gutachten des Büros S. & I1. vom 17. Juli 2014 ausdrücklich angesprochen. Vor dem Hintergrund, dass das Modell der TA Luft für die Berücksichtigung von Gebäudeeinflüssen nur dann anwendbar sei, wenn die Kamine mindestens das 1,2-fache der Höhe des höchsten Gebäudes in einem Umkreis vom 10-fachen der Kaminhöhe erreichen, und dies hier nicht der Fall sei, habe das Gutachten die vom LANUV NRW empfohlene pragmatische Lösung gewählt, die Emissionsquellen als vertikale Linienquellen bzw. Volumenquellen ohne weitere Berücksichtigung der Gebäude zu modellieren. Die Modellierung der Emissionsquellen als vertikale Linienquellen ohne gesonderte Berücksichtigung der konkreten Gebäudeeinflüsse sei auch ausreichend, da es sich um eine konservative Berechnungsweise handele. Der vom LANUV NRW für den Nahbereich unter dem 9. Juli 2014 vorgeschlagenen Vergleichsberechnung bedürfe es hier zum einen nicht, weil diese Aussage nur bei der Berechnung der Eigenbelastung gelten sollte. Die Eigenbelastung sei jedoch sowohl nach der Ansicht des LANUV NRW als auch nach der neuesten Rechtsprechung des Senats nicht zu berücksichtigen. Zum anderen bedürfe es der Vergleichsberechnung auch deshalb nicht (mehr), weil sich der Abstand zwischen dem klägerischen Wohnhaus und der nächstgelegenen Emissionsquelle aufgrund des Wegfalls des dritten Fahrsilos mit jetzt 45 m fast verdoppelt habe.
39Die Vergleichsberechnung stelle die Gutachter schließlich auch vor ein unlösbares Problem. Ein anerkanntes Berechnungsmodell existiere nicht, Werte für das Wohnhaus der Kläger könnten daher nicht exakt berechnet werden. Um gleichwohl jeglichen Zweifel auszuräumen, habe man das Büro S. & I1. um eine ergänzende Stellungnahme und die Erstellung einer Vergleichsberechnung gebeten. Diese habe ergeben, dass eine Berechnung der Gebäudeeinflüsse im Bereich des Wohnhauses der Kläger schon deshalb nicht möglich sei, weil das Programm für die Teile der Beurteilungsfläche, auf denen sich die Gebäude befänden, den Wert 0,00 auswerfe. Dies führe zu dem sehr geringen Wert 0,02 am klägerischen Wohnhaus. Bei den von diesem Gebäudeeffekt nicht betroffenen Flächen nördlich des Wohnhauses zeige sich jedoch, dass die zusätzliche rechnerische Aufnahme des Gebäudeeinflusses nicht zu einer Erhöhung der Werte führe; diese würden vielmehr nach unten abweichen. Dieser Effekt lasse den hinreichend sicheren Schluss zu, dass auch im Bereich des Wohnhauses keine signifikanten Abweichungen zuungunsten der Kläger aufträten.
40Die Beigeladene beantragt,
41das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 (Az.:11 K 805/11) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
42Die Kläger beantragen,
43die Berufung zurückzuweisen.
44Sie beziehen sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass Gerüche der Biogasanlage nicht als landwirtschaftliche Gerüche einzuordnen seien. Zudem sei eine Abweichung von dem Immissionswert 0,15 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich nur aufgrund einer Einzelfallprüfung möglich, die von der Genehmigungsbehörde vorgenommen werden müsse und nicht auf die Sachverständigen verlagert werden könne. Die vom Beklagten vorgenommene Einzelfallwürdigung sei defizitär. Die auch von der Beigeladenen gewünschte Bestimmung eines Immissionswerts von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche komme nicht in Betracht. Der Kläger nutze das Grundstück für eine reine Wohnnutzung. In der Nachbarschaft seien zudem weitere reine Wohnnutzungen vorhanden. Die landwirtschaftlichen Gerüche seien zwar durchaus als ortsüblich anzusehen, nicht aber die Gerüche der Biogasanlage. Im Übrigen ermöglichten die vorgelegten Bauakten und die Berechnungen des Büros S. & I1. keine realistische Abschätzung der tatsächlich vorhandenen relevanten Geruchsquellen. Die Baugenehmigungen seien teilweise sehr alt und entsprächen nicht mehr den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen. Die Beklagte müsse bei Abstellen auf die Genehmigungslage jedenfalls darlegen, wann und innerhalb welcher Zeit er darauf hinwirken werde, dass nur noch ein genehmigter Betrieb stattfinde. Die Hofstelle H2. sei überhaupt nicht berücksichtigt worden, obwohl dort seit Jahren 275 Mastschweine gehalten würden. Auch die Hofstelle Kramer sei als relevante Quelle zu berücksichtigen. Dort befinde sich ein Güllebehälter, der ständig von dem Betrieb K. benutzt werde. Die Biogasanlage werde zudem nicht ordnungsgemäß betrieben. Sie werde nicht nur aus den vorhandenen Fahrsilos beschickt, sondern auch von auf dem Grundstück offen gelagerten Feldmieten. Das Gelände der Biogasanlage sei teilweise unbefestigt. Durch die Transporte der Silage komme es zu Verunreinigungen, so dass großflächig wirksame Geruchsquellen vorhanden seien, die gutachterlich nicht erfasst seien. Die Prognose sei nach alledem nicht auf der sicheren Seite.
45Die Genehmigung sei aufgrund der zahlreichen nachträglichen Änderungen schließlich auch nicht mehr hinreichend bestimmt; ein genehmigungskonformer Betrieb könne nicht mehr nachvollzogen werden.
46Der Beklagte beantragt,
47das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
48Er macht sich den Vortrag der Beigeladenen zu Eigen.
49Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und der Anhörung des sachverständigen Zeugen und Sachverständigen Dr. X1. T2. wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung des Senats vom 12. August 2015 Bezug genommen.
50Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens einschließlich der unter dem 6. August 2015 vorgelegten Ausbreitungsrechnungen der Gutachter S. & I1. sowie der vorläufigen Rechtsschutzverfahren und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten einschließlich der Bauakten der landwirtschaftlichen Betriebe K. , L. , I. , H. , H1. und H2. verwiesen.
51Entscheidungsgründe:
52Die Berufung der Beigeladenen hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 29. März 2011 in der Fassung dieser Bescheide ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in einem ihnen zustehenden Recht, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
53Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage grundsätzlich der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
54Vgl. zur baurechtlichen Nachbarklage OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228 = juris Rn. 47 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 2014 - 10 S 1853/13 -, NVwZ-RR 2015, 18 = juris Rn. 6; Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431 = juris Rn. 60 ff.
55Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.
56Vgl.OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 ‑ 8 A 959/10 -, ZNER 2015, 177 = juris Rn. 88 ff.; BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179 = juris Rn. 3.
57Die bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erlassenen Nachtragsgenehmigungen vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012 und vom 14. August 2014 sowie der Aufhebungsbescheid vom 13. Februar 2014 sind danach in die Prüfung mit einzubeziehen.
58A. Die angefochtene Genehmigung genügt trotz der wiederholten Nachträge und Änderungen den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Die Genehmigung für das Vorhaben ist ungeachtet des Umstandes, dass die Regelungen und Nebenbestimmungen sich auf mehrere (Nachtrags-)Bescheide verteilen, im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW hinreichend bestimmt.
59Eine Genehmigung entspricht den Anforderungen des § 37 VwVfG NRW, wenn die getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens - gegebenenfalls nach Auslegung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts einschließlich aller seiner Nebenstimmungen. Insoweit muss klar sein, welche Rechtsbeziehung zwischen wem geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Entsprechend muss bei einer Genehmigung klar sein, was genau genehmigt wurde und welchen Umfang die gestattende Wirkung der Genehmigung hat. Bestimmbarkeit reicht hier aus; welches Maß an Konkretisierung notwendig ist, hängt von der Art des Verwaltungsakts, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab. Das Gewollte kann sich auch aus der Bezugnahme auf bestimmte Antragsunterlagen ergeben.
60Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 2, 3, 5 und 27; Bay. VGH, Beschluss vom 22. April 2009 - 1 CS 09.221 -, juris Rn. 20 und 24; OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
61Vorliegend ist trotz der nachträglichen Änderungen des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 weder unklar, welches Vorhaben genehmigt wurde oder welchen Umfang die gestattende Wirkung hat noch welche Nebenbestimmungen für das Vorhaben gelten sollen. Der aktuelle Inhalt der Genehmigung lässt sich sowohl hinsichtlich des verfügenden Teils als auch hinsichtlich der Nebenbestimmungen bei einer „parallelen“ Lektüre der Bescheide - unter zulässiger Heranziehung der jeweils (ergänzend) vorgelegten Antragsunterlagen - auch von den drittbetroffenen Klägern mit einem noch vertretbaren Aufwand ermitteln.
62Die Genehmigung ist in ihrer aktuellen Fassung auch nicht deshalb unbestimmt, weil die Nebenbestimmung Nr. 8 in der 3. Nachtragsgenehmigung eine Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung von mindestens 10 m über dem Erdboden verlangt, während die in Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum verbindlichen Bestandteil der Genehmigung gemachte Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 davon abweichend - wie die ersetzte Nebenbestimmung Nr. 9 zur Luftreinhaltung auf Seite 9 des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 - ausdrücklich von einer Mündungshöhe von 12 m über dem Erdboden ausgeht. Insoweit liegt offenkundig ein Schreibversehen des Beklagten vor, welches dieser jederzeit korrigieren kann. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Beklagte die Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung ohne jeden Anlass und entgegen der Rahmenbedingungen der maßgeblichen Immissionsprognose von 12 m auf 10 m absenken wollte.
63,
64Es bestehen im Übrigen auch keine Bedenken an der Bestimmtheit des Genehmigungsinhalts, weil die „Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014“ einschließlich der dort vorausgesetzten Rahmenbedingungen durch Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum (verbindlichen) Bestandteil der Genehmigung gemacht wurde. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Bezugnahme auf die Antragsunterlagen.
65Vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
66Vor diesem Hintergrund wirkt es sich auch mit Blick darauf, dass die Einhaltung der Pflichten des § 5 BImSchG in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sichergestellt sein müssen, nicht auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung aus, dass weder die - die Vorbelastung senkenden - Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T1. B. GbR noch die Vorgabe, dass die Austrittsgeschwindigkeit der Abgase der Raumentlüftung des Technikgebäudes mindestens 7 m/s betragen muss, in einer Nebenbestimmung geregelt sind. Diese Vorgaben sind durch die Bezugnahme auf die Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 und ihre Rahmenbedingungen sowie die Antragsunterlagen verbindlicher Inhalt der Genehmigung geworden.
67Vgl. zum Erfordernis der Sicherstellung von Kompensationsmaßnahmen im Genehmigungsbescheid OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 24.
68B. Von dem Vorhaben der Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für die Kläger aus.
69Bei der von der Beigeladenen geplanten (und bereits errichteten) Biogasanlage handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 1.2.2.2 (Anlage zur Erzeugung von Strom in einer Verbrennungseinrichtung einschließlich zugehöriger Dampfkessel durch den Einsatz von Biogas, mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 Megawatt bis weniger als 10 Megawatt) und Ziffer 8.6.3.2 (Anlage zur biologischen Behandlung von Gülle, soweit die Behandlung ausschließlich zur Verwertung durch anaerobe Vergärung [Biogaserzeugung] erfolgt, mit einer Durchsatzkapazität von weniger als 100 Tonnen je Tag, soweit die Produktionskapazität von Rohgas 1,2 Mio. Nm³ je Jahr oder mehr beträgt) des Anhangs 1 der 4. BImSchV.
70Die an dem Wohnhaus der Kläger aufgrund des Betriebs der streitgegenständlichen Anlage zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar.
711. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
72Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
73In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
74Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
75Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete der Immissionswert 0,10 / 10 % Jahresgeruchsstunden, für Gewerbe-/Industriegebiete und Dorfgebiete gilt ein Immissionswert 0,15 /15 % Jahresgeruchsstunden, wobei der Wert für Dorfgebiete nur Tierhaltungsgerüche betrifft. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben der Beigeladenen als auch das Wohnhaus der Kläger liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter B. 2. d) cc)).
76Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
772. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Prognose,
78vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
79bei der aus der Vorbelastung (dazu a) und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse (dazu b) und einer Abluftfahnenüberhöhung (dazu c) bei der Abluftführung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Geruchsbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu d). Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, muss der jeweilige Immissionswert bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden (dazu e).
80a) Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
81Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 58 ff.
82b) Nach Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) sind bei einer gebäudenahen Abluftführung die nicht auszuschließenden Einflüsse der Bebauung auf die Immissionen zwingend zu berücksichtigen. Insoweit sind alle Gebäude in den Blick zu nehmen, deren Abstand von der jeweiligen Emissionsquelle geringer ist als das 6fache der Schornsteinbauhöhe.
83Für die Fälle, in denen entweder die Schornsteinhöhe mehr als das 1,2fache der Höhen der Gebäude beträgt oder die Gebäude, für die diese Bedingung nicht erfüllt ist, einen Abstand von mehr als dem 6fachen ihrer Höhe von der Emissionsquelle haben, regelt die TA Luft (2020) ausdrücklich, auf welche Weise die Gebäudeeinflüsse zu ermitteln sind. Beträgt die Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhen, ist die Berücksichtigung der Bebauung - bei einer Modellierung des Abluftkamins als Punktquelle - durch Rauhigkeitslänge und Verdrängungshöhe ohne Berücksichtigung der Gebäude ausreichend. Beträgt die Schonsteinbauhöhe weniger als das 1,7fache der Gebäudehöhen und ist eine freie Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden. Solange ein solches Windfeldmodell noch nicht existiert, kann ein anderes Windfeldmodell verwendet werden, dessen Eignung der obersten Landesbehörde nachgewiesen worden ist. Der Sachverständige Dr. T2. hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, das LANUV NRW empfehle in diesen Fällen die Modellierung eines Ersatzquellensystems, in dem die Quellen eine künstliche vertikale Ausdehnung erhalten. Die Modellierung der gebäudenahen Emissionsquellen als vertikale Linienquellen - mit einer Ausdehnung grundsätzlich bis zum Erdboden - simuliere die Um- und Überströmung der (Stall)Gebäude und deren Auswirkungen auf die Ausbreitungsrechnung, weil - anders als bei einer Modellierung der Quellen als Punktquellen - die gemessenen Konzentrationen in der Regel überschätzt würden. Um allerdings eine zu hohe Überschätzung auszuschließen, seien bei Quellkonfigurationen, bei denen die Höhe der Emissionsquellen größer als das 1,2fache der Gebäude, einschließlich des Gebäudes, auf dem sie stehen, ist, die Emissionen gleichmäßig auf den oberen halben Quellbereich zu verteilen.
84Vgl. auch: Hartmann, Gärtner, Hölscher, Köllner, Janicke, Untersuchungen zum Verhalten von Abluftfahnen landwirtschaftlicher Anlagen in der Atmosphäre, Langfassung zum Jahresbericht 2003, S. 5 und 6 abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/veröffentlichungen/jahresberichte.
85Eine solche Ersatzquellenmodellierung werde vom LANUV NRW auch für die von der TA Luft (2002) nicht ausdrücklich geregelte, aber in der Landwirtschaft häufig - wie auch im vorliegenden Fall - anzutreffende Fallkonstellation von Schornsteinhöhen unter dem 1,2fachen der Gebäudehöhen bzw. einem Abstand zwischen Immissionsort und Emissionsquelle von weniger als dem 6fachen der Gebäudehöhen empfohlen.
86Bei einem Abstand von weniger als 50 m zwischen dem Immissionsort und der nächstgelegenen Emissionsquelle sowie weiterer Bebauung in der Umgebung gewährleiste allerdings auch eine Ersatzmodellierung nicht immer ein konservatives Berechnungsergebnis. Insoweit bedürfe es einer ergänzenden Ausbreitungsrechnung, in der - bei einer Modellierung der Abluftquellen als Punktquellen - die Gebäude gesondert miteinberechnet würden. Anders als die Beigeladene meint, betrifft dies nicht nur die Berechnung der - hier nicht zu berücksichtigenden - Eigenbelastung. Die Eigenbelastung ist vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 9. Juli 2013 nicht als einziger, sondern lediglich als besonders häufig vorkommender Beispielsfall genannt worden, in dem derart geringe Abstände zwischen Gebäuden und Emissionsquellen vorkommen können.
87Das LANUV NRW hat bereits in der Stellungnahme vom 9. Juli 2013 und auf Seite 33 seines Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
88Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
89darauf hingewiesen, dass es zwar an einem fachlich allgemein anerkannten Windfeldmodell für eine solche Ausbreitungsrechnung fehle. Man schließe sich jedoch dem Vorschlag des Programmentwicklers von AUSTAL 2000 an, eine Berechnung durchzuführen, in der die Gebäude mit dem diagnostischen Windfeldmodell TALdia berücksichtigt würden. Die Ergebnisse der Berechnungen müssten dann gutachterlich ausgewertet werden. Der Sachverständige Dr. T2. hat in der mündlichen Verhandlung betont, dass Ausbreitungsrechnungen mit gesonderter Berücksichtigung grundsätzlich ein genaueres Bild der Geruchssituation lieferten als die Ausbreitungsrechnungen mit Ersatzmodellierung der Abluftquellen, die die vorhandenen Gebäude lediglich simulierten. Der Senat hält diese Vorgehensweise für plausibel.
90c) Bei Emissionen aus Kaminen ist ferner zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
91Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
92kann im Allgemeinen eine Überhöhung der Abluftfahne angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First ist, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle - in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem 10fachen, nach der an die Regelungen in Nr. 10 der Anlage 3 zur der TA Luft (2002) angelehnten Praxis des LANUV NRW auch schon entsprechend dem 6fachen der Quellenhöhe - ausgeschlossen ist.
93Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 65.
94Der Sachverständige Dr. T2. vom LANUV NRW hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass die Abluftgeschwindigkeit entweder - wie bei Stallungen im landwirtschaftlichen Bereich - mit Hilfe kinetischer Unterstützung oder - wie etwa bei Blockheizkraftwerken - aufgrund der hohen Ablufttemperatur erreicht werden könne. Er hat weiter ausgeführt, dass entsprechend der Praxis des LANUV NRW eine hindernisfreie Abströmung dann angenommen werden könne, wenn der Abstand zwischen dem Abluftkamin und benachbarten Gebäuden mehr als das 6fache der jeweiligen Gebäudehöhe betrage. Lägen die Voraussetzungen für eine Abluftfahnenüberhöhung vor, könne eine solche auch im Rahmen der Ersatzquellenmodellierung berücksichtigt werden. Auch diese Ausführungen hält der Senat für plausibel.
95d) Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu aa) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu bb und cc). Einer solchen Einzelfallprüfung bedarf es auch bei der - ebenfalls erforderlichen - Bestimmung des maßgeblichen Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich (dazu dd).
96aa) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen. Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
97Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 71 ff.
98Bei den Gerüchen der Biogasanlage handelt es sich dagegen um gewerbliche Gerüche, die von Tierhaltungsgerüchen zu unterscheiden sind. Der Betrieb einer Biogasanlage ist auch bei einer weiten wertenden Betrachtung nicht mit einer Tierhaltung gleichzusetzen. Er führt zudem zur Entfaltung von in der Tierhaltung nicht auftretenden biogasanlagentypischen Gerüchen. Dies entspricht der Einschätzung des Expertengremiums GIRL, wonach Biogasanlagen grundsätzlich Industrieanlagen gleichzusetzen und mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 in die Berechnung einzustellen sind. Dies betrifft neben den Geruchsemissionen des Blockheizkraftwerks (BHKW) auch die Geruchsemmissionen aller unmittelbar zum Betrieb der Biogasanlage gehörenden Einrichtungen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Biogasanlage Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes ist oder sie ausschließlich mit Festmist bzw. Gülle aus Rinderhaltung sowie nachwachsenden Rohstoffen betrieben wird, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben.
99Vgl. Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.19 f.
100Solche - möglichen - Ausnahmefälle liegen nicht vor.
101bb) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
102Für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen ist nicht von vorneherein ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber nach weder dem Wortlaut noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt.
103Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
104Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 77 ff. Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 56.
105Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dahinter steht unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren ‑ etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 0,50 / 50 % Jahresgeruchsstunden entsprechen kann.
106Der Wert 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
107Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, juris Rn. 59; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
108Der Immissionswert sollte, wenn er über die in der GIRL für vergleichbare Nutzungsgebiete ausdrücklich bestimmten Immissionswerte hinausgehend festgesetzt wird, aus Gründen der Rechtsklarheit in den Genehmigungsbescheid (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich der Wert allerdings aus der Begründung des Bescheides oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
109cc) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu (1)), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu (2)), die historische Entwicklung (dazu (3)) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu (4)) zu rechnen sind.
110(1) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 erhöht werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
111Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
112Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
113In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
114(2) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
115Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
116Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Mietern auf Hofstellen, die in diesem Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
117(3) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
118Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
119In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
121(4) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zu ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
122Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
123Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
124dd) Für die Bestimmung des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich gilt im Grundsatz nichts anderes. Die Bestimmung dieses weiteren Immissionswerts ist eigenständig festzusetzen, weil gewerbliche Gerüche sich von Tierhaltungsgerüchen unterscheiden (siehe oben B 2. d) aa)). Auch hinsichtlich des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich bedarf es einer Einzelfallprüfung, wenn ein höherer als der für Gewerbe- und Industriegebiete geltende Immissionswert von 0,15 bestimmt werden soll. Das LANUV NRW hält in seiner Stellungnahme vom 26. November 2014 im Einzelfall insoweit eine Erhöhung auf Werte bis 0,20 für möglich. Dem schließt sich der Senat an.
125e) Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, reicht es für die Feststellung, dass die Geruchsbelastung für den Nachbarn zumutbar ist, allerdings nicht aus, wenn die beide Geruchstypen erfassende Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionspunkt den höheren Immissionswert einhält. Zusätzlich muss der jeweilige Immissionswert auch bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden.
126Die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2013 vorgeschlagene, vom sogenannten „GIRL-Expertengremium“ für das Dorfgebiet entwickelte Prüfregel ermöglicht eine sichere Beurteilung dieser weiteren Vorgabe auch im Außenbereich.
127Einer rechtlichen Grundlage bedarf diese Prüfregel - anders als die Beigeladene meint - nicht. Es handelt sich bei der Prüfregel im Ergebnis um eine Fortschreibung der GIRL für die bislang nicht behandelte Fallkonstellation des Aufeinandertreffens zweier Geruchstypen mit unterschiedlichen Immissionswerten in einem Beurteilungsgebiet. Diese Fortschreibung ist - wie die GIRL - als sachverständige Aussage und nicht als Rechtssatz zu qualifizieren.
128Bei Gemengelagen von Tierhaltungen und gewerblichen Emittenten sind danach die jeweiligen Immissionswerte eingehalten, sofern die Prüfungsregel
129(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
130erfüllt ist. Danach ist zu berechnen, welche Anteile ihres Immissionswertes die beiden Geruchskategorien jeweils ausschöpfen. Die 1. Klammer betrifft Gerüche aus der Tierhaltung und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (ITH) an dem zulässigen Immissionswert für Tiergerüche (IWTH) an; die 2. Klammer betrifft Gerüche aus Industrieanlagen und Gewerbebetrieben und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (IG/I) an dem zulässigen Immissionswert für gewerbliche Gerüche (IWG/I) an. Die Summe beider Anteile darf den Wert von 1,0 nicht überschreiten.
131Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand: Februar 2014, S. 4 und 10 f.
132Der Anwendung dieser Prüfregel steht nicht von vorneherein entgegen, dass sie letztlich auf eine Addition der - ins Verhältnis zum jeweiligen Immissionswert gesetzten - Geruchshäufigkeitswerte hinausläuft und - anders als bei der Ausbreitungsberechnung - Geruchsüberlagerungen außer Betracht bleiben. Zum einen lässt die GIRL in Nr. 4.6 selbst aus Vereinfachungsgründen die an sich nicht mögliche arithmetische Addition von Geruchshäufigkeiten zu. Zum anderen wird die mit der Prüfregel notwendig verbundene, regelmäßig zulasten des Betreibers gehende Unschärfe der tatsächlichen Belastungssituation durch die Anwendung der Rundungsregeln auf den errechneten Wert gemindert. Die arithmetische Rundungsregel ist anwendbar, weil es sich bei dem Wert 1,0 um eine mathematische Größe handelt. Danach trifft die Aussage x ≤ 1,0 bei Werten bis x = 1,04 zu.
133Vgl. Bartsch, Mathematische Formeln für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 23. Auflage 2014, S. 54: Abrunden: die letzte Ziffer bleibt unverändert, wenn die erste weggelassene Ziffer 0,1,2,3,4 ist; Aufrunden: die letzte Ziffer wird um 1 erhöht, wenn die erste weggelassene Ziffer 5,6,7,8,9 ist, vgl. auch DIN 1333.
134Dagegen dürfte weder die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2014 verwendete Fassung der Prüfregel
135(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,00
136noch die von dem Expertengremium GIRL ferner genannte Fassung
137(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1
138diesem Anliegen ausreichend Rechnung tragen. Die erste Formel erscheint auch bei Anwendung der Rundungsregel zuungunsten des Betreibers zu eng (x ≤ 1,004) und die zweite zuungunsten des Nachbarn zu weit (x ≤ 1,4).
1393. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erweisen sich die im Berufungsverfahren vorgelegten Ausbreitungsrechnungen der Gutachter S. & I1. vom 6. August 2015, in denen die Gebäudeeinflüsse gesondert mit einbezogen wurden, als plausibel. Diese Rechnungen bilden die voraussichtliche Geruchssituation am Wohnhaus der Kläger hinreichend sicher ab (dazu a). Die in der 3. Nachtragsgenehmigung erfolgte Festlegung des Immissionswerts für Tierhaltungsgerüche auf 0,20 / 20 % Jahresgeruchsstunden begegnet keinen Bedenken. Für die Bestimmung eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage in Höhe von 0,175 / 17,5 % Jahresgeruchsstunden geben die Umstände des Einzelfalls allerdings nichts her. Es bleibt daher bei dem von der GIRL für Gewerbe- und Industriegebiete bestimmten Immissionswert von 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden (dazu b). Bei Zugrundelegung des Immissionswerts 0,20 für Tierhaltungsgerüche und des Immissionswerts 0,15 Gerüche der Biogasanlage wird die oben beschriebene Prüfregel eingehalten (dazu c).
140a) Die Gutachter haben in den unter ausdrücklicher Berücksichtigung der Gebäude - insbesondere die Gebäude der Biogasanlage und die Stallungen des landwirtschaftlichen Betriebs der T1. B. GbR - erstellten Ausbreitungsrechnungen vom 6. August 2015 um das Wohnhaus der Kläger eine Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung zwischen 0,12 und 0,15 / 12 % bis 15 % Jahresgeruchsstunden, eine Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,01 bis 0,05 / 1 % bis 5 % Jahresgeruchsstunden und eine Gesamtbelastung von 0,14 bis 0,19 / 14 % bis 19 % Jahresgeruchsstunden errechnet. Eine solche ausdrückliche Untersuchung der Gebäudeeinflüsse war angezeigt, weil sich die Biogasanlage im unmittelbaren Nahbereich des klägerischen Wohnhauses befindet. Das Wohnhaus der Kläger liegt auch nach den Angaben der Beigeladenen in einer Entfernung von nur 45 m von dem nunmehr nächstgelegenen Fahrsilo.
141Die Ergebnisse dieser Ausbreitungsrechnungen unterliegen auch nach der Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. T2. keinen durchgreifenden Zweifeln. Auf die - nach den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnissen wohl zu verneinende - Frage, ob die ebenfalls noch vorgelegten Ausbreitungsrechnungen, in denen die Gebäudeeinflüsse mit Hilfe einer Ersatzquellenmodellierung simuliert wurden, plausibel sind, kommt es nicht entscheidungserheblich an; denn die Ausbreitungsrechnungen mit ausdrücklicher Einbeziehung der Gebäude ergeben ohnehin ein genaueres Ergebnis.
142aa) Die bislang in die Vorbelastung durch Tierhaltungsgerüche und die Gesamtbelastung erfolgte Einbeziehung der Tierzahlen des ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebes der Kläger ist in Einklang mit den oben dargelegten Grundsätzen zu Recht nunmehr unterblieben.
143bb) Die Abluftkamine der Stallungen (Q 48 bis Q 55) und der streitgegenständlichen Biogasanlage (Q 12 - Mischbehälter -, Q 13 - Technikgebäude - und Q 15 - BHKW -) sind zutreffend als Punktquellen und nicht ersatzweise als vertikale Linienquellen modelliert worden. Einer Simulierung der Gebäude bedarf es bei deren ausdrücklicher Einbeziehung nicht mehr. Die für die Stallungen und die Biogasanlage eingestellten relevanten Gebäudehöhen entsprechen den Höhenangaben in den Genehmigungsunterlagen.
144cc) Dass für die Quellen Q 49 bis Q 55 jeweils eine (kinetische) Abluftfahnenüberhöhung einberechnet wurde, ist - bezogen auf das südwestlich der Stallungen gelegene Wohnhaus der Kläger - nicht zu beanstanden. Die technischen und baulichen Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung liegen vor. Die sieben Kamine der Stallungen der T1. B. GbR weisen mit 11,8 m, 11 m (2x) und 10 m (4x) Höhen von mindestens 10 m über dem Grund auf. Sie ragen bei - nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen eher zu hoch angesetzten - Stallgebäudehöhen von 8 m, 8,8 m (2x) und 5 m (4x) auch jeweils 3 m über den Dachfirst der Gebäude, auf denen sie stehen. In Richtung des Wohnhauses der Kläger ist die freie Abströmung der Abluft auch nicht wesentlich durch Hindernisse beeinträchtigt. Zwischen dem Wohnhaus der Kläger und den Abgaskaminen der Stallungen liegt nur das - im Radius des 6fachen bzw. 10fachen der Schornsteinbauhöhen liegende und deshalb in die Betrachtung der Abströmungsverhältnisse einzubeziehende - Technikgebäude der Biogasanlage. Das Technikgebäude ist mit einer Höhe von 7,42 m zwar keine 3 m niedriger ist die nur 10 m hohen Abluftkamine, es ist jedoch nach den Feststellungen des sachverständigen Zeugen Dr. T2. aufgrund seines Abstands von diesen Abluftkaminen von etwas mehr als dem 6fachen seiner Höhe nicht mehr als Hindernis zu berücksichtigen.
145Für die der Betriebseinheit B der T1. B. GbR zugehörigen Quelle Q 48 ist bei einer Schornsteinhöhe von 11 m und der unmittelbaren Nähe zu dem Wohnhaus der Gesellschafter der Beigeladenen mit einer Höhe von (richtig) 9,68 m und der Betriebseinheit D (Q 49) mit einer Höhe von 8,8 m dagegen zu Recht keine Überhöhung der Abluftfahne berücksichtigt worden. Dem Umstand, dass das nicht in Richtung des Wohnhauses des Kläger gelegene Wohnhaus der Gesellschafter der Beigeladenen in den Ausbreitungsrechnungen fälschlich nur mit einer Höhe von 8,8 m berücksichtigt worden ist, kann nach der Beurteilung des Sachverständigen bei konservativer Betrachtung durch einen Sicherheitsaufschlag von einem Prozentpunkt auf die landwirtschaftlichen Gerüche Rechnung getragen werden.
146Für den Abluftkamin des BHKW (Q 15) ist die Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung ebenfalls sachgerecht. Die erforderliche Abluftgeschwindigkeit wird nach Einschätzung des Sachverständigen ohne weiteres angesichts der hohen Temperatur der Abgase erreicht. Der Abluftkamin ist mit 12 m auch mehr als 3 m höher als der First des BHKW mit einer Höhe von 7 m und als der First des benachbarten Technikgebäudes. Die freie Abströmung der Abluft ist in Richtung des klägerischen Wohnhauses ebenfalls gewährleistet. Auch das Wohnhaus der Kläger dürfte zwar noch in dem in den Blick zu nehmenden Radius des 6fachen bzw. 10fachen der Schornsteinbauhöhe liegen, der Dachfirst ist jedoch mit einer Höhe von 8,19 m mehr als 3 m niedriger als der Abluftkamin.
147Dass bei dem Abluftkamin des Technikgebäudes (Q 13) der Biogasanlage eine ‑ nach den technischen und baulichen Voraussetzungen mögliche - Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung unterblieben ist, führt jedenfalls nicht zu einer für die Kläger ungünstigen Erhöhung der errechneten Geruchsbelastung.
148dd) Die Rauhigkeitslänge ist beanstandungsfrei abweichend von dem Katasterwert 0,2 m auf 0,5 m erhöht worden. Dieser Ansatz führt grundsätzlich zu einem pessimalen Ergebnis. Dass für den Platzgeruch eine vertikale Ausdehnung von nur 0,2 m angesetzt worden ist, ist nach der Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. T2. nicht zu beanstanden, da der Platzgeruch als Flächenquelle modelliert worden ist. Die ansonsten manuell ermittelte Anometerhöhenkorrektur durfte durch die nach der Korrekturregel des Deutschen Wetterdienstes berechneten Werte ersetzt werden. Nach Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. T2. entspricht diese Vorgehensweise der aktuellen Praxis des LANUV NRW.
149ee) Es ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht ersichtlich, dass nicht alle für die Ausbreitungsrechnung maßgeblichen Geruchsemittenten eingestellt oder dass bei den in die Rechnung eingestellten Geruchsemittenten unzutreffende, insbesondere zu niedrige Tierzahlen eingestellt worden wären. Maßgeblich ist insoweit jeweils die Genehmigungslage. Abweichungen von der Genehmigungslage sind von dem Beklagten im Überwachungsverfahren zu untersuchen und ggf. zu untersagen. Insoweit wird der Beklagte auch zu prüfen haben, ob die T1. B. GbR auf der Hofstelle I. - wie die Kläger behaupten - statt der nach den Bauakten I. baurechtlich zulässigen 60 Zuchtsauen und vier Mastschweine „sehr viel mehr Tiere“ hält. Dass der Betrieb der streitgegenständlichen Biogasanlage genehmigungskonform abläuft - was die Kläger bezweifeln -, ist ebenfalls im Rahmen der Überwachung der Anlage zu prüfen und für die hier allein streitgegenständliche Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung als solcher ohne Belang.
150Die in die Ausbreitungsrechnung eingestellten Tierzahlen der Nachbarbetriebe wurden den jeweiligen Baugenehmigungsakten (im Wesentlichen den Bauzeichnungen und - falls vorhanden - den Betriebsbeschreibungen) der Nachbarbetriebe entnommen. Die Bauakten haben dem Senat zur Prüfung vorgelegen. Diese Prüfung hat keine Abweichungen zuungunsten der Kläger ergeben; auch die Kläger behaupten nicht, dass die Genehmigungslage von den Gutachtern unzutreffend ermittelt worden wäre. Soweit auf der Hofstelle H1. bei den Geruchsimmissionsprognosen zunächst ein in den Bauzeichnungen befindlicher Hühnerstall mit einer Größe von etwa 11,5 m2 unberücksichtigt geblieben ist, ist dieses Versäumnis in den vom Senat im Berufungsverfahren angeforderten Ausbreitungsrechnungen nachgeholt worden. Der von den Klägern gewünschten gesonderten Berücksichtigung der Hofstelle L1. bedurfte es nicht. Die Kläger weisen zwar zu Recht darauf hin, dass der Landwirt K. auf der Hofstelle L1. einen Güllehochbehälter nutzt. Dieser Güllehochbehälter ist jedoch als Emissionsquelle bei der Hofstelle K. mit berücksichtigt worden. Anders als die Kläger meinen, ist schließlich auch die Hofstelle H2. in der Ausbreitungsberechnung nicht unberücksichtigt geblieben. Sie ist mit 10 Kühen, 25 Färsen, 3 Pferden, 98 Mastschweinen und zwei Sauen mit Ferkeln sowie einer Festmistplatte eingestellt worden. Auch diese Daten sind den Bauakten entnommen worden. Ob hier tatsächlich - wie die Kläger behaupten - seit Jahren 275 Mastschweine gehalten werden, ist wiederum im Rahmen der Überwachung des Betriebs zu prüfen.
151ff) Nach den Feststellungen des Sachverständigen ergibt sich bei einer im Ergebnis konservativen Mittellung der das Wohnhaus umgebenden Beurteilungsflächen errechneten Werte für die Vorbelastung durch Tierhaltungsgerüche ein Wert von 0,14 / 14 % Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Kläger, mit dem erforderlichen Sicherheitszuschlag ein Wert von 0,15 / 15 %; für die Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage liegt der gemittelte Wert bei 0,03 / 3 % Jahresgeruchsstunden und für die Gesamtbelastung bei 0,17 / 17% Jahresgeruchsstunden. Diese Mittelung ist im vorliegenden Fall notwendig, da - wie bereits ausgeführt - aufgrund der Verwendung der Gebäudemodellierung keine Werte für das Haus selbst ausgegeben werden können.
152b) Die in der Genehmigung vorgenommene Bestimmung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche ist nicht zu beanstanden. Dieser Immissionswert erscheint bei Zugrundelegung der oben angeführten Kriterien insbesondere mit Blick auf die bereits vorhandene Tierhaltung in mehreren Nachbarbetrieben und die damit verbundene landwirtschaftliche Vorprägung der Umgebung angemessen sowie selbst mit Blick auf eine frühere - wohl nur geringfügige - eigene Tierhaltung der Kläger auch ausreichend. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass sich in der straßendorfähnlichen Umgebung nicht nur landwirtschaftliche Betriebe befinden, sondern auch nicht nur ganz vereinzelt reine Wohnnutzung stattfindet. Umstände allerdings, die eine Abweichung von dem Immissionswert für gewerbliche und industrielle Gerüche von 0,15 und eine Festsetzung des Werts auf 0,175 rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Die geplante Anlage ist die erste Industrieanlage dieser Art in der Umgebung, so dass weder eine entsprechende Vorbelastung noch eine Prägung der Örtlichkeit durch solche Anlagen vorliegt. Der vom Beklagten angeführte Umstand, dass die Biogasanlage im Außenbereich privilegiert sei, rechtfertigt als solcher allein - wie bei den Tierhaltungsgerüchen - keine Erhöhung des Immissionswerts. Es bleibt damit bei dem Immissionswert von 0,15.
153c) Nach alledem ist die die oben angeführte Prüfregel
154(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
155erfüllt. Es ist damit gewährleistet, dass sowohl der höhere der beiden Immissionswerte als auch jeweils die Immissionswerte für die beiden Geruchstypen eingehalten werden. Im vorliegenden Fall ergibt sich folgende Rechnung:
156(0,03 : 0,15) + (0,15 : 0,20) = 0,2 + 0,75 = 0,95
157Der Wert ist ≤ 1,0.
158Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
159Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
160Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Juni 2015 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. H. Er bewohnt das auf diesem Grundstück liegende Wohnhaus mit der postalischen Anschrift E. in H. Den ebenfalls auf dem Flurstück befindlichen Altenteiler hat er vermietet. Das Flurstück dient dem Kläger als Hofstelle für den von ihm betriebenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau. Es stellt einen Teil des vormaligen Flurstücks dar, welches den gesamten damaligen „O.“ umfasste und ursprünglich insgesamt im Eigentum des Klägers stand. Im Februar 1973 erhielt der Vater des Klägers von der Stadt H. die Baugenehmigung zur Errichtung eines Schweinemaststalls auf dem Flurstück. Im Mai 1979 erteilte der Regierungspräsident Düsseldorf der K. L. GmbH die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung des vorhandenen Schweinemastbestandes auf 2.856 Liegeplätze.
4Im Baulastenverzeichnis ist für das Flurstück am 6. März 1983 folgende Baulast eingetragen worden:
5„Auf dem Grundstück Gemarkung X. , Flur, Flurstück, Verpflichtung, das zu errichtende Wohnhaus als Betriebsleiterwohnung zu nutzen sowie gleichzeitig Bindung des Betriebsleiterwohnhauses an den auf dem gleichen Grundstück vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Wohnhaus E. wird künftig als Altenteilerwohnung genutzt. Eine Teilung oder getrennte Veräußerung des Betriebsleiter- und des Altenteilerwohnhauses wird nicht vorgenommen.“
6Das Flurstück ist im Jahr 2000 in drei eigenständige Flurstücke aufgeteilt worden. In der Folge hat der Kläger die Flurstücke B und C einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe an unterschiedliche Erwerber veräußert. Am 8. März 2000 war zuvor für das Flurstück 84 und dessen Teile A, B und C eine Vereinigungsbaulast nach § 4 Abs. 2 BauO NRW eingetragen worden, nach deren Inhalt die Beurteilung der drei Teile A, B und C des bestehenden Flurstücks bauordnungs- wie bauplanungsrechtlich einheitlich erfolgen sollte. Bereits im Dezember 1999 teilten die Erwerber der Flurstücke B und C dem Staatlichen Umweltamt Krefeld mit, dass die immissionsschutzrechtlich genehmigte Schweinemastanlage mit insgesamt 2.856 Plätzen zwischen ihnen aufgeteilt werden solle. Die jeweils auf den Flurstücken befindlichen Stallgebäude mit ursprünglich 2.016, zukünftig 1.944 (Flurstück C) bzw. 552, zukünftig 504 (Flurstück B) Schweinemastplätzen würden nunmehr von den jeweiligen Eigentümern betrieben. Der dritte Stall mit den verbleibenden Mastplätzen werde stillgelegt. Hierauf erteilte die Bürgermeister der Stadt H. den Eigentümern im Juni 2000 jeweils eine entsprechende Baugenehmigung für die Teilübernahme der Schweinemastanlage.
7Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR, deren Gesellschafter die Grundstückseigentümer sind, dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage auf der Grundlage der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betreibe. Seit April 2003 stehen die Flurstücke B und C im Eigentum der I.-T. GbR. Im Mai 2009 erwarb sie von der Beigeladenen das nördlich der vorhandenen Stallungen liegende Grundstück.
8Mit immissionsschutzrechtlichem Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 wurde der I.-T. GbR der Betrieb eines Schweinemastbetriebs mit nunmehr insgesamt 4.813 Mastschweineplätzen (Schweinestall BE 2, Flurstück C, mit 1.733 Mastplätzen, Schweinestall BE 1, Flurstück B, mit 480 Mastschweineplätzen und Schweinestall BE 3, Flurstück D, mit 2.600 Mastschweineplätzen) genehmigt. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 35 sind im Rahmen der Baumaßnahmen die sechs Kamine auf dem Schweinemaststall BE 1 entsprechend der Geruchsprognose auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über dem Dachfirst zu erhöhen. Satz 2 der Nebenbestimmung Nr. 38 schreibt vor, dass die Lüftungsanlagen in allen Stallgebäuden so zu regeln sind, dass die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s zu jeder Stunde eingehalten wird. In der Folge errichtete die I.-T. GbR auf dem Flurstück D einen weiteren Schweinemaststall sowie einen Güllehochbehälter mit Abdeckung.
9In der südwestlichen Ecke des Flurstücks A und damit südlich des Flurstücks C befinden sich mehrere Bäume. Westlich des Wohnhauses des Klägers und östlich bzw. südöstlich der Schweinemastställe befinden sich der ehemalige Altenteiler der Hofstelle sowie landwirtschaftliche Gebäude (Stallungen, Scheune und ein Schuppen).
10Nord-nordöstlich der Hofstelle des Klägers und westlich der Hofstelle der Beigeladenen befindet sich der E. Am 4. Juli 2011 beantragte der dort ansässige Landwirt, Herr M. I., bei der Stadt H. die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Schweinemaststalls, eines Futterlagers und zweier Futtersilos. Hierzu legte er ein immissionsschutzrechtliches Geruchsgutachten (Nr. 2205) des Dipl.-Ing. N. M. vom 18. Juni 2011 vor. In diesem wurde von dem Sachverständigen die Vorbelastung am Haus des Klägers ohne die Hofstelle I. mit IVb = 20,5 % Jahresgeruchsstunden, die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei Berücksichtigung aller Hofstellen im Ist-Zustand mit IGb1 = 23,4 % und die Gesamtbelastung am Haus des Klägers mit IGb2 = 25,2 % angegeben.
11Östlich des O. liegt der W., auf dem nach den Feststellungen der Stadt H. bis zu 60 Pferde gehalten werden. Eine bauaufsichtliche Genehmigung hierfür ist nicht erteilt worden. Zwischenzeitlich ist ein Bauantrag für die Haltung von 25 Pferden gestellt worden.
12Nordöstlich des O. liegt die Hofstelle der Beigeladenen (T.) mit der Flurbezeichnung Gemarkung X. Die Familie der Beigeladenen betreibt dort in der vierten Generation Landwirtschaft in Form des Ackerbaus und der Viehzucht.
13Am 12. August 2011 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen (zwei Hähnchenmastställe mit je 42.250 Tierplätzen) sowie zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Flüssiggaslagertanks. Die bisherige Haltung von Mastbullen werde aufgegeben. Die Anlage soll südlich an die bisherige Hofstelle anschließen.
14Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 teilte die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle L., dem Beklagten mit, dass nach ihrer Einschätzung die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebs gegeben seien. Die Tierhaltung könne überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen. Für die beantragte Geflügelmast mit 84.500 Mastplätzen sei bei überschlägiger Berechnung eine Futterfläche von 112,81 ha erforderlich. Der Betrieb verfüge über 116,03 ha landwirtschaftliche Flächen.
15Im Genehmigungsverfahren erhob der Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 Einwendungen, die im Wesentlichen die Geruchsimmissionen betrafen. Insbesondere rügte er, dass das in diesem Verfahren vorgelegte Geruchsgutachten nicht mit denen vorangegangener Genehmigungsverfahren (Schweinezucht I.-T. GbR sowie Neubau eine Schweinestalls mit 760 Mastplätzen auf der Hofstelle I.) in Einklang zu bringen sei. Er befürchte eine Überschreitung einer Jahresgeruchsstundenzahl von 0,25.
16Mit Bescheid vom 27. Juni 2012 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Planungsrechtlich befinde sich das Vorhaben im Außenbereich. Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei einschlägig, da eine landwirtschaftliche Nutzung gegeben sei. Die Voraussetzungen des § 201 BauGB seien erfüllt. Von dem geplanten Vorhaben seien keine nachhaltigen und erheblichen Beeinträchtigungen der Umwelt durch Immissionen zu erwarten. Zum Nachweis wurde hinsichtlich der Geruchsimmissionen auf das Gutachten des Sachverständigen N. M. Nr. 2101 vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 Bezug genommen. Die Geruchsimmissionsprognose komme zu dem Schluss, dass die Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) eingehalten seien. Die Umgebung des Vorhabens einschließlich der Wohnnutzung der Einwender sei durch vorhandene und auch ehemalige Tierhaltungsanlagen geprägt, so dass Immissionen aus Tierhaltung ortsüblich seien. Bei dieser Prägung könne jedenfalls eine Geruchsstundenhäufigkeit solcher ortsüblichen Immissionen von bis zu 25 % nicht als erheblich bewertet werden. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorrangig an landwirtschaftlichen Betrieben, die auch eigene Tierhaltung aufwiesen, erreicht. Die als Gesamtbelastung ermittelten Geruchsstundenhäufigkeiten lägen insoweit zwischen 19,9 % und 47,6 %. Dies sei zumutbar, weil diese vorrangig durch eigene Tierhaltung verursacht würden. Insoweit bestehe hier eine erhöhte Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme.
17In dem Geruchsimmissionsgutachten des Sachverständigen für Schall und Geruch Dipl.-Ing. N. M. vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 wurde die Geruchs-Vorbelastung am Wohnhaus des Klägers mit IVb = 20,8 % angegeben und die bei Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen zu erwartende Gesamtbelastung mit IGb = 25,4 % prognostiziert. In der ursprünglichen Fassung des Gutachtens ergab die Berechnung des Sachverständigen eine zu erwartende Gesamtbelastung von IGb = 25,2 %.
18Der Kläger hat gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung am 18. Juli 2012 Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat er geltend gemacht, der Betrieb der genehmigten Geflügelmast führe dazu, dass er unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt werde, da die Geruchsstundenhäufigkeit auf seinem Grundstück über 25 % steige. Die Geruchsimmissionsprognose des Sachverständigen M. erweise sich als offensichtlich falsch. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der im Juni 2011 erstellten Geruchsimmissionsprognose betreffend die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs I. In diesem sei für das Wohnhaus des Klägers eine Gesamtbelastung im Ist-Zustand von 23,4 % ermittelt worden. Im vorliegenden Gutachten hingegen gehe der Gutachter von einer Vorbelastung von lediglich 20,8 % aus. Da bereits mit der genehmigten Erweiterung der Hofstelle I. die Toleranzschwelle von 25 % überschritten worden sei, könne ihm eine weitere Geruchsbelastung nicht mehr zugemutet werden. Er selbst halte gar keine Tiere mehr.
19Der Kläger hat beantragt,
20die der Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 27. Juni 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von 84.500 Mastgeflügelplätzen (Masthähnchen) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt: Nach den Auslegungshinweisen zur GIRL sei das Wohnen im Außenbereich mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden. So könne dort unter Prüfung der speziellen Randbedingen des Einzelfalls eine belästigungsrelevante Kenngröße von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen sein. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorliegend nur an landwirtschaftlichen Betrieben erreicht, die selbst Tierhaltung betrieben. Dies sei zumutbar, weil die Belastungen vorrangig durch die eigene Tierhaltung verursacht würden, und gelte auch für Nachbarn, die - wie der Kläger - keine Tiere mehr hielten. Der Kläger bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, zu dem das von ihm selbst bewohnte Betriebsleiterwohnhaus und der inzwischen fremdvermiete Altenteiler gehöre. In der Vergangenheit habe der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb geteilt und selbst die Viehhaltung aufgegeben, die Gebäude aber verkauft, so dass ihm der jetzige Betrieb zuzurechnen sei.
24Das Geruchsgutachten sei fehlerfrei erstellt worden. Nachdem bekannt geworden sei, dass sich sowohl der Betrieb der Beigeladenen wie auch der landwirtschaftliche Betrieb I. im gleichen Zeitraum erweitern wollten, sei beiden Betrieben nahegelegt worden, die jeweils andere Erweiterung im eigenen Gutachten zu berücksichtigen. Somit seien die Ausgangsbedingungen unterschiedlich gewesen. Auch seien weitere Faktoren, wie etwa die unterschiedliche Richtung und Entfernung zum Kläger, zu berücksichtigen gewesen. Da beide Betriebe bei dem jeweils anderen berücksichtigt worden seien, ergebe sich in beiden Gutachten folgerichtig eine identische Gesamtbelastung am Wohnhaus des Klägers von 25,2 % Jahresgeruchsstunden.
25Die Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat sie ausgeführt: Für das Haus des Klägers sei eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 25,4 % (0,254) ermittelt worden, welche auf einen Wert von 25 % (0,25) zu runden sei. Die festgestellte Gesamtbelastung sei dem Kläger zumutbar. Die GIRL lege keine Werte für die höchstzulässige Geruchsimmission fest, sondern enthalte nur Orientierungswerte. Die belästigungsrelevante Kenngröße des Immissionsanteils ihres Vorhabens am Wohnhaus des Klägers betrage nur 0,05. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL sei bei der Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen, dass in diesen Fällen die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über derjenigen liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen sei. In Anwendung der Ziffer 3.1 der GIRL sei somit ausschließlich die Gesamtbelastung unter Abzug der Geruchseigenbelastung einzubeziehen. Der Wohnnutzung im Haus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus sei dem Tierhaltungsbetrieb auf dem O. zuzurechnen. Die so berechnete Gesamtbelastung liege am Wohnhaus des Klägers sogar unter 0,15. Da der Kläger die Schweinemastanlage über mehrere Jahre selbst betrieben habe, sei sein Grundeigentum mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet. Auch ihre betriebliche Situation sei zu berücksichtigen. Das Vorhaben diene ihr als zweites Standbein, welches erforderlich sei, um langfristig die Existenz des Hofes und der Familie sichern zu können.
28Das Verwaltungsgericht hat den der Beigeladenen durch den Beklagten erteilten Genehmigungsbescheid vom 27. Juni 2012 mit Urteil vom 18. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen aus. Am Wohnhaus des Klägers werde selbst der für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltende Wert von 0,25 überschritten. Hierbei handele es sich um eine absolute Obergrenze. Ihre Einhaltung lasse sich auch nicht damit begründen, dass der Wert von 0,254 abzurunden sei. Rundungen bei einer bereits überschrittenen Höchstgrenze seien nicht zulässig.
29Gegen das Urteil haben der Beklagte und die Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung der Berufung führt der Beklagte in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags aus: Das vorgelegte Gutachten schließe unzumutbare Geruchsbelästigungen verlässlich aus und sei nach mehreren Nachbesserungen auch von dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) als plausibel erachtet worden. Im Rahmen des Genehmigungsverfahren für den vorbelastungsrelevanten Tierhaltungsbetrieb I.-T. GbR sei dem Genehmigungsbescheid vom 15. März 2012 nachträglich eine Auflage beigefügt worden, wonach an den bis dahin lüftungstechnisch unveränderten Bestandsställen ebenfalls Kamine 10 m über Grund und 3 m über Dach herzustellen seien. Eine Änderung der Geruchsprognose in dem damaligen Genehmigungsverfahren sei allerdings nicht für notwendig befunden worden, da das Vorhaben bereits ursprünglich genehmigungsfähig gewesen sei und die neuen Abluftbedingungen insbesondere im Nahbereich der Anlage zu einer Verbesserung der Immissionssituation geführt hätten.
31Das Verwaltungsgericht habe die GIRL widersprüchlich ausgelegt, wenn es einerseits davon ausgehe, diese gebe einen Immissionsgrenzwert für den Außenbereich nicht ausdrücklich vor, aber andererseits einen absoluten oberen Grenzwert von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche vorsehe. Die GIRL sei als in sich geschlossenes, schlüssiges System zu begreifen. Die isolierte Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, verbunden mit der Feststellung, dass der Wert von 0,25 den absoluten Grenzwert darstelle, stehe im Widerspruch zu dem in den Auslegungshinweisen selbst zitierten Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - und zu den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 der GIRL.
32Die zur Beurteilung der Erheblichkeit bedeutsamen Umstände des Einzelfalls seien umfassend ermittelt und bewertet worden. Im Hinblick auf den Kläger habe man unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Vor- und Zusatzbelastung sowie der planungsrechtlichen Grundlagen die nunmehr ermittelte Gesamtbelastung von 0,254, gerundet 0,25, für zumutbar erachtet. Hierbei dürfe die Historie der klägerischen Hofstelle nicht außer Acht gelassen werden. Die genehmigte Tierhaltungsanlage des Klägers sei immissionsschutzrechtlich durchgängig betrieben worden. Zwar habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung angeben, er habe die Schweinezucht ca. ein halbes Jahr vor dem Verkauf im Jahr 2000 aufgegeben. Dies führe aber nicht automatisch zu einem Erlöschen der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Vielmehr seien die Stall- einschließlich aller Nebenanlagen unverändert bestehen geblieben und durch die neuen Betreiber übernommen worden. Mithin stellten der frühere eigene Tierhaltungsbetrieb, dessen Fortführung am Standort und die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs spezielle Randbedingungen dar, die bei der Prüfung des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Zu beachten sei weiterhin das Verhältnis der Zusatzbelastung der verfahrensgegenständlichen Anlage zu der bewerteten Vorbelastung IVb = 0,208 durch die beiden anderen Tierhaltungsanlagen. Die Vorbelastung werde dabei eindeutig durch die Haltung von Mastschweinen und Sauen bestimmt. Selbst bei einer Gewichtung des besonders störenden Mastgeflügelgeruchs sei die Anlage der Beigeladenen maximal für ein Fünftel der Gesamtbelastung verantwortlich.
33Der Beklagte beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Die Beigeladene führt zur Berufungsbegründung aus: Nachdem ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Inhalt der Auflagen Nr. 35 und 38 zum Änderungsgenehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 betreffend die Tierhaltungsanlage der I.-T. GbR bekannt geworden sei, habe sie eine Neuberechnung zur Geruchssituation an den Wohnnutzungen des Klägers veranlasst. Der bisher vorgelegten gutachterlichen Berechnung habe die Erhöhung der Kamine und die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s betreffend die Betriebseinheit 1 noch nicht zugrundegelegen. Auch sei die Methodik der Berechnung der Geruchsbelastung bei Hähnchenmastställen verändert worden. Die mittlerweile vom LANUV NRW als auf der sicheren Seite liegend empfohlene Berechnung der Geruchsemissionen bei Geflügelzucht mittels einer die Wachstumsrate der Tiere darstellenden Zeitreihe sei berücksichtigt worden. Die Gesamtbelastung einschließlich des Betriebs der I.-T. GbR betrage ausweislich des Geruchsgutachtens in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 nebst Nachberechnung vom 16. September 2014 am Immissionsort E1 IGb = 0,23 und am Immissionsort E2 IGb = 0,22. Ohne den dort ansässigen Tierhaltungsbetrieb betrage die Gesamtgeruchsbelastung am Haus E1 0,14 und am Haus E2 0,12 und bliebe damit sogar unter dem in Dorfgebieten zulässigen Wert von 0,15. Nach Prüfung der speziellen Randbedingungen könne im Einzelfall ein Immissionswert von bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche herangezogen werden. Diese Einzelfallabwägung habe der Beklagte zutreffend vorgenommen. Der Kläger habe das Grundstück mit allen Anlagen zur Schweinemast verkauft, so dass ihm auch ein höherer Kaufpreis zugeflossen sei. Selbst wenn man in rechtlicher Hinsicht nicht von selbstverursachten Immissionen ausgehen wolle, sei dieser Aspekt ebenso wie die Prägung der Umgebung durch Tierhaltungsbetriebe jedenfalls als spezielle Randbedingung wertend zu berücksichtigen. Die Zusatzbelastung für den Kläger durch das Vorhaben sei mit 0,05 zwar nicht irrelevant, stelle sich aber im Vergleich zur Gesamtvorbelastung als gering dar. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Wohnnutzung des Klägers rechtlich im Zusammenhang mit der Tierhaltungsanlage genehmigt und sogar durch Baulast gesichert worden sei.
36Die Beigeladene beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung seines Antrags nimmt er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag und führt im Übrigen aus: Das der Genehmigung zugrundeliegende Geruchsgutachten sei nicht nachvollziehbar. Die anlässlich der Erweiterung der Hofstelle I. und des Betriebes der I.-T. GbR vorgelegten Gutachten gingen jeweils von deutlich höheren Vorbelastungen an seinem Haus aus. Addiere man hierzu die aus dem geplanten Hähnchenmaststall der Beigeladenen zu erwartende Mehrbelastung, ergebe sich eine Geruchsbelastung von deutlich mehr als 25 % Jahresgeruchsstunden Eine Zurechnung der durch den jetzigen Betrieb der I.-T. GbR verursachten Immissionen scheide schon deshalb aus, weil dieser nur zu einem geringen Teil auf seinem früheren Grundstück liege. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Abluftfahnenüberhöhung bei dem Schweinemaststall BE 1 lägen nicht vor. Da sich im Umkreis von 100 m Gebäude und Baumbewuchs befänden, sei eine freie Anströmung der Kamine nicht gegeben.
41Im Berufungsverfahren hat der erkennende Senat eine fachliche Stellungnahme des LANUV NRW eingeholt, ob das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der 2. Ergänzung vom 3. März 2014 nachvollziehbar und plausibel sei. Mit Schreiben vom 5. September 2014 hat das LANUV NRW ausgeführt, dass es die Darstellung der ermittelten Immissionen grundsätzlich als plausibel ansehe. Bezogen auf die Ausbreitungsrechnung sei jedoch aufgefallen, dass diese hinsichtlich der Quelle QUE_40 (Mastschweinestall mit 6 Kaminen) der Tierzuchtanlage I.-T. nur einen Kamin enthalte. Auch habe der Gutachter die Quelle QUE_43 (Güllehochbehälter) in der Ausbreitungsrechnung nicht angesetzt. Vor einer Heranziehung des Gutachtens sei die Rechnung diesbezüglich zu korrigieren.
42Die Beigeladene hat in der Folge die bereits erwähnte teilweise Neuberechnung vom 16. September 2014 vorgelegt.
43Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. vom LANUV NRW - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Stadt H. Bezug genommen.
45Entscheidungsgründe:
46Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 27. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47Von dem Vorhaben der Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
48Bei der durch die Beigeladene geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 84.500 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
49Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei ist neben der eigenen Wohnung des Klägers auch der fremdvermietete Altenteiler in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
50Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 ‑ 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
51Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
52Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
53In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
55Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben der Beigeladenen als auch das Wohnhaus des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.5.a).
56Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
57I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
58vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
59bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung (dazu 3.) unter Berücksichtigung der Rundungsregeln der GIRL (dazu 4.) ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu 5.).
601. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
61Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
62Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
63Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
64Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für den von ihm vermieteten Altenteiler geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
652. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
66Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
67kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
683. Soweit Nr. 4.6 (Auswertung) Abs. 2 der GIRL vorgibt, die Kenngröße der Gesamtbelastung IG ergebe sich aus der Addition der Kenngrößen für die vorhandene und die zu erwartende Zusatzbelastung, gilt dies nicht für den vorliegenden Fall einer Ausbreitungsrechnung. So weisen die Auslegungshinweise zu Nr. 4.6 der GIRL darauf hin, dass die dort angeführte Addition von Vorbelastung und Zusatzbelastung zur Gesamtbelastung nur für den Fall gelte, dass die Vorbelastung durch Rasterbegehung nach VDI 3949, Blatt 1 (2006) ermittelt worden sei. Werde in einer Prognose nur die Ausbreitungsrechnung für die Ermittlung der Gesamtgeruchsbelastung verwendet, so müssten die Geruchsimmissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in eine gemeinsame Rechnung Eingang finden.
69Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 6 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 33; Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2012 ‑ 12 LA 114/11 -, BauR 2012, 1769 = juris Rn. 11.
70Erfolgt hingegen eine Addition von Werten, die in Ausbreitungsrechnungen ermittelt worden sind, erweist sich dieses Vorgehen als nicht konform mit der GIRL. Die Addition einzelner Gerüche für einen Ort berücksichtigt nicht die Überlagerung von Geruchsfahnen und führt in der Folge grundsätzlich zu einer Überschätzung der zu erwartenden Immissionswerte. Lediglich für eine grobe, aufgrund der Überschätzung auf jeden Fall auf der sicheren Seite liegende Abschätzung zu erwartender Geruchsimmissionen kann eine derartige Addition einzelner Belastungen Verwendung finden. Hierauf weist das LANUV in seiner fachlichen Stellungnahme gegenüber dem Senat vom 5. September 2014 ausdrücklich hin.
714. Nach Nr. 4.6 der GIRL sind für die Berechnung der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb die Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung mit 3 Stellen nach dem Komma zu verwenden. Zum Vergleich der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb mit dem aus der Tabelle 1 zu entnehmenden Immissionswert für das jeweilige Gebiet sind sie auf zwei Stellen nach dem Komma zu runden. Diese Vorgaben über die Berechnung und die Rundung auf zwei Stellen nach dem Komma werden durch die GIRL nicht auf bestimmte Gesamtbelastungen eingeschränkt, sondern stellen eine allgemeine Rundungs- und Vergleichsregel dar. Die GIRL beruht - wie schon dargelegt - auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen. Ihr kommt insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten zu. Zwar ist das Gericht bei der Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen mangels Rechtsnormqualität der GIRL nicht gehindert, von deren Ergebnis abzuweichen. Der Außerachtlassung bloß einzelner Teile der GIRL steht aber grundsätzlich entgegen, dass diese als vorweggenommene sachverständige Bewertung ein Gesamtkonzept verfolgt, das nicht nur partiell angewendet werden kann.
725. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
73a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
74Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
75Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
76Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
77Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
78Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
79b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
80Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
81Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
82Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
83Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
84Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
86Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
87Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
88Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit - worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
89Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
90c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
91aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
92Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
93Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
94In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
95bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
96Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
97Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
98cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
99Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
100In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
101Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
102dd) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
103Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
104Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
105II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben der Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen nicht überschritten (dazu 2.).
1061. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls, wie der landwirtschaftlichen Prägung (dazu a), der bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle (dazu b) und der besonderen Ortsgebundenheit des Vorhabens der Beigeladenen (dazu c) ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
107a) Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der Wohnbebauung auf dem Grundstück des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich liegen die Hofstelle I,. auf der Schweinezucht betrieben wird, der W. mit bis zu 60 Pferden, der T. der Beigeladenen mit derzeit noch betriebener Rinderzucht sowie der M., auf dem Rinder- und Schweinezucht betrieben wird. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen landwirtschaftlich genutzt. Die vorhandenen Wohnhäuser weisen alle einen Bezug zu diesen landwirtschaftlichen Hofstellen auf.
108b) Für den Kläger erweist sich in diesem Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 auch deshalb als noch hinnehmbar, weil er sich als Landwirt, der auf seiner Hofstelle nunmehr nur noch Ackerbau betreibt (dazu aa), die von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen jedenfalls zu einem erheblichen Teil wertungsmäßig zurechnen lassen muss (dazu bb).
109aa) Der Kläger hat aus betrieblichen Erwägungen seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf reinen Ackerbau umgestellt. Dies führt - ebenso wenig wie eine gänzliche Aufgabe der Landwirtschaft - nicht zu einer geringeren Erheblichkeitsschwelle für landwirtschaftliche Gerüche. Vielmehr bleibt er im Rahmen der Variationsbreite der Landwirtschaft und ist somit mit einer vergleichbaren Verpflichtung zur Hinnahme von Geruchsimmissionen belastet wie zuvor. Andernfalls hätte es der jeweilige Betreiber einer Tierhaltungsanlage allein durch die Änderung des Betriebskonzepts in der Hand, die Zumutbarkeitsschwelle zu senken und den umliegenden Betrieben, mit denen er in einem wechselseitigen Verhältnis des Duldens steht, einseitig über die Bestandsgenehmigungen hinaus die Möglichkeit etwa der Erweiterung zu nehmen. Dies würde gerade auch deshalb zu einem Wertungswiderspruch führen, da er selbst weiterhin als - wenngleich anders ausgerichteter - Landwirt die bauplanungsrechtliche Privilegierung der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB in Anspruch nimmt.
110bb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs waren ursprünglich Teil des von ihm geführten landwirtschaftlichen Betriebs (dazu aaa) und weisen aufgrund von Baulasten auch weiterhin eine besondere rechtliche Verbindung zu ihm auf (dazu bbb).
111aaa) Die Schweinehaltung der I.-T. GbR steht in einem engen räumlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers und ist historisch als Teil einer einheitlichen landwirtschaftlichen Hofstelle anzusehen. Vorliegend hat der Kläger die Schweinehaltung zwar nach eigenen Angaben im Jahr 1999 aufgegeben. In der Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ist aber zu berücksichtigen, dass er in der Folge das Grundstück geteilt und Teile mit den bestehenden Schweineställen und sonstigen Einrichtungen an die nunmehrigen Gesellschafter der I.-T. GbR veräußert hat. Diese haben in der Folge die Aufteilung der bestehenden Schweinemast angezeigt. Die Stadt H. erteilte beiden Betreibern Baugenehmigungen für die jeweilige Teilübernahme der Schweinemastanlage. Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken B und C befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage - und zwar auf der Grundlage der früher erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - betreibe. Mithin setzte die Betreiberin den Betrieb der ursprünglich durch den Kläger betriebenen Anlage mit den - jedenfalls ganz überwiegend - unveränderten Anlagen fort.
112Es liegt nicht im Ermessen des jeweiligen Inhabers der Hofstelle, durch Veräußerung emittierender Tierhaltungsanlagen an eine rechtlich von ihm zu unterscheidende Person diese immissionsschutzrechtlich einer anderen Bewertung zu unterwerfen - hier durch den sodann fehlenden eigenen Beitrag zu den Immissionen -, ohne dass eine bestehende räumlich-funktionale Einheit und die historische Entwicklung Berücksichtigung findet. Dies würde im Übrigen auch zu einer missbräuchlichen Gestaltung zum Nachteil der übrigen Betreiber von Tierhaltungsanlagen einladen können.
113bbb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs sind mit der Hofstelle des Klägers auch weiterhin durch Baulasten in rechtlich erheblicher Weise besonders verbunden.
114Durch Eintragung vom 6. März 1983 wurde eine Baulast begründet, mit der das Wohnhaus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus an den auf dem damaligen Flurstück 84 bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb gebunden worden ist. Diese Verbindung wurde ausdrücklich als dauerhaft und ständig bezeichnet. Eine Teilung und getrennte Veräußerung wurde ausgeschlossen. Die Bindung des Betriebsleiterwohnhauses umfasst somit nicht nur den heute von dem Kläger geführten landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Flurstück A, sondern auch die auf den Flurstücken B und C weiterhin bestehenden Schweinemastställe. Die für das Flurstück übernommene Baulast setzt sich insoweit an den durch die Teilung entstandenen Flurstücken fort. Dies folgt, obwohl eine ausdrückliche Regelung in der Bauordnung hierzu fehlt, aus dem Regelungsgedanken des § 1026 BGB, wonach eine Grunddienstbarkeit bei Teilung des dienenden Grundstücks nur insoweit erlischt, als die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des Grundstücks beschränkt ist.
115Vgl. insoweit zur Grunddienstbarkeit: OLG München, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 34 Wx 543/11 -, juris Rn. 8; Mayer, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1026 Rn. 1; Grziwotz, in: Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 1026 Rn. 2.
116Dabei kommt es auf die Frage, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der bestehenden Mastställe in Folge der Aufteilung der Ställe und das Unterschreiten der maßgeblichen Schwellenwerte nach der 4. BImSchV erloschen ist, nicht maßgeblich an. Auch ein mehrmonatiges Brachliegen der Schweinezucht stellt im Zusammenhang mit dem Übergang der Einrichtungen auf den Erwerber keine Unterbrechung dar, die angesichts der Kontinuität der äußeren Umstände den sodann aufgenommenen Betrieb als etwas wesentlich anderes erscheinen ließe. Für die Berücksichtigung der von dem Kläger hinzunehmenden Geruchsimmissionen erweist es sich weiterhin als nicht maßgeblich, dass die Mastställe zwischenzeitlich aufgrund der Eigentumsstrukturen als baurechtlich genehmigte Anlagen aus dem Regelungsregime des BImSchG herausgefallen sind. Der Umfang der sich ergebenden Geruchsimmissionen an dem Wohnhaus des Klägers unterscheidet sich nicht aufgrund der gesetzlichen Regelung, aufgrund derer die Anlage genehmigt worden ist.
117Der Berücksichtigung im Rahmen der Einzelfallwertung jedenfalls im Umfang des im Zeitpunkt der Veräußerung bestehenden Betriebs steht nicht entgegen, dass die I.-T. GbR den Schweinemastbetrieb im Jahr 2012 durch Neubau eines weiteren, 2.600 Mastplätze umfassenden Stallgebäudes erheblich vergrößert hat. Die ursprünglich vorhandenen Stallungen mit nunmehr noch 2.213 Mastplätzen treten dahinter jedenfalls nicht in solchem Umfang zurück, dass der Schweinemastbetrieb nunmehr als ein gänzlich anderer als der erscheint, den der Kläger 1999 veräußert hat.
118Für eine Vergleichbarkeit der von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen mit solchen vom eigenen Betrieb ausgehenden spricht im vorliegenden Fall schließlich, dass das Grundstück des Klägers mit der Flurstücksnummer A gemeinsam mit den angrenzenden Flurstücken B und C, die den veräußerten Stallbestand umfassen, mit einer Vereinigungsbaulast aus dem Jahr 2000 belastet ist. Nach dem Inhalt dieser Baulast sollen die drei Flurstücke (dort bezeichnet durch die Teilstücke A, B und C des ursprünglichen Flurstücks) nicht nur bauordnungs-, sondern auch bauplanungsrechtlich als ein Grundstück anzusehen sein.
119Vgl. zur Möglichkeit der Erstreckung einer Baulast auch auf das Planungsrecht BVerwG, Beschluss vom 12. November 1987 - 4 B 216/87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24 = juris Rn. 2.
120Insoweit kann sich der Kläger gegenüber dem Schweinemastbetrieb, jedenfalls soweit dieser auf den Flurstücken B und C ausgeübt wird, nicht auf das bauplanungsrechtliche, im Außenbereich über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB wirkende Gebot der Rücksichtnahme berufen, da ihm insoweit keine nachbarlichen Abwehrrechte zukommen.
121Vgl. zu der Möglichkeit, sich der aus dem Rücksichtnahmegebot folgenden Abwehrrechte zu begeben, BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3/00 -, NVwZ 2001, 813 = juris Rn. 17.
1222. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen überschreiten auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 sowie der weiteren Neuberechnung vom 16. September 2014 den Immissionswert von 0,25 nicht. Auch soweit das Haus des Klägers bei der Darstellung der Immissionsprognose in mehreren Rasterfeldern liegt, kommt maximal eine Immissionsbelastung von 0,25 in Betracht (dazu a). Dabei sind die jedenfalls aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen emittierten Tiergerüche dem Kläger wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen (dazu b). Gleiches würde für die Mehrimmissionen gelten, soweit eine Abgasfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 zu Unrecht angesetzt worden wäre (dazu c). Auch im Übrigen bestehen an den Ansätzen der vorgelegten Immissionsprognose keine Zweifel (dazu d).
123a) Soweit der Kläger der Auffassung ist, das vorgelegte Immissionsgutachten schließe nicht aus, dass an seinem Wohnhaus eine den Wert von 0,25 überschreitende Gesamtgeruchsbelastung vorliege, folgt der Senat dem nicht, losgelöst von der Frage, ob und inwieweit die Immissionen aus dem Schweinemastbetrieb überhaupt als Fremdbelastung zu berücksichtigen sind. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass in der Darstellung der zu erwartenden Gesamtbelastung vom 16. September 2014 sein Wohnhaus in mehreren Rasterflächen liegt und für eine Rasterfläche die Gesamtbelastung mit 0,27 angegeben wird. Der in der mündlichen Verhandlung befragte Sachverständige des LANUV NRW hat jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass selbst bei - pessimaler - Mittelung beider Werte maximal eine Gesamtbelastung von 0,25 vorliege.
124b) Offenlassen kann der Senat vorliegend, ob die aus der Schweinehaltung der I.-T. GbR herrührenden Geruchsimmissionen dem Kläger in vollem Umfang wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen und daher bei der Ermittlung der Vorbelastung nicht zu berücksichtigen sind. Jedenfalls die aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen (BE 1 und 2) emittierten Tiergerüche sind ihm bei wertender Betrachtung als Eigenimmissionen zuzurechnen. Zwar stehen weder die Grundstücke einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe gegenwärtig in seinem Eigentum noch kann er Einfluss auf die Tierhaltung als solche nehmen. Wie vorstehend aber bereits ausgeführt, hat der Kläger die Schweinemastställe veräußert, so dass ihm ein entsprechender Erlös zugeflossen ist. Die beiden Ställe BE 1 und BE 2 werden nunmehr durch die Erwerber nahezu unverändert weiterbetrieben. Dies geschah bis in das Jahr 2012 sogar unter Ausnutzung der bisherigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Weiterhin ist das Grundstück des Klägers mit der fortbestehenden Hofstelle durch eine Vereinigungsbaulast auch bauplanungsrechtlich mit den Ställen BE 1 und BE 2 verbunden, so dass dem Kläger insoweit kein planungsrechtlicher Rücksichtnahmeanspruch zukommt und er sich in der Folge gegen dort herrührende Geruchsbelästigungen nicht erfolgreich zur Wehr setzen kann. Gibt der Betreiber einer Tierhaltungsanlage durch Veräußerung die Einflussnahmemöglichkeit auf, verzichtet aber gleichzeitig gegenüber dieser Anlage auf seinen Rücksichtnahmeanspruch, ergibt sich kein Unterschied zu eigener Tierhaltung.
125Dass das Geruchsimmissionsgutachten die durch die Schweinemast bedingten Immissionen als Fremdvorbelastung berücksichtigt, steht der Annahme einer fehlenden Überschreitung des Immissionswertes IW = 0,25 nicht entgegen. Selbst bei vollständiger Einbeziehung der durch die Schweinezucht auf die klägerische Wohnbebauung einwirkenden Geruchsimmissionen beträgt die Gesamtbelastung - unter Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 - am Haus des Klägers maximal 0,25.
126c) Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose zu Recht für die von dem Schweinemaststall BE 1 ausgehenden Geruchsimmissionen eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt hat. Die für eine Abluftfahnenüberhöhung erforderliche Mindesthöhe der Kamine ist gegeben. Nach der Nebenbestimmung Nr. 35 zu der erteilten Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 sind im Zuge der Um- und Neubaumaßnahmen an dem bestehenden Stall BE 1 die Kamine auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über Dachfirst zu erhöhen. Auch die Anforderungen an den Bewegungsimpuls sind eingehalten. Die erforderliche Mindestabluftgeschwindigkeit muss ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 38 Satz 2 zu jeder Betriebsstunde mindestens 7 m/s betragen.
127Ob, wie der Kläger meint, der freie Luftstrom aufgrund der Höhe der östlich des Schweinestalls liegenden Gebäude seiner Hofstelle nicht ausreichend gesichert ist, um eine Abluftfahnenüberhöhung anzunehmen, kann vorliegend dahinstehen. Selbst wenn dem Kläger in dieser Einschätzung zu folgen sein sollte und sich in der Folge die tatsächliche Geruchsbelastung als höher erweisen würde, würde dies nicht zur Annahme einer höheren Gesamtbelastung IG im Sinne der GIRL führen. Wie bereits ausgeführt, sind dem Kläger jedenfalls die Geruchsimmissionen aus den Schweinemastställen BE 1 und BE 2 wertend als Eigenimmissionen zuzurechnen, die in der anzunehmenden Vor- wie auch der Gesamtbelastung nach der GIRL keine Berücksichtigung finden. Sind aber die von dem Schweinemaststall BE 1 hervorgerufenen Geruchsimmissionen insgesamt nicht zu berücksichtigen, kann auch der Wegfall der in dem Geruchsimmissionsgutachten für den Stall BE 1 angesetzten Abluftfahnenüberhöhung nicht zu einer Immissionserhöhung an der klägerischen Wohnbebauung führen.
128d) Gegen den Ansatz des vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens bestehen auch keine sonstigen Bedenken.
129Das Gutachten, das die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) ansetzt, erfasst die zu erwartende Geruchsimmissionsbelastung am Haus des Klägers auch im Übrigen zutreffend.
130Soweit der Kläger vorträgt, die tatsächliche Geruchsbelastung sei höher als prognostiziert, und dies insbesondere mit den Geruchsvorbelastungen begründet, die jeweils in dem für die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betrieb I. bzw. des Schweinemastbetriebs der I.-T. GbR vorgelegten Geruchsgutachten ausgewiesen worden seien, ist dieser Schluss nicht tragfähig. Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem von demselben Sachverständigenbüro mit der lfd. Nummer 2205 erstellten Geruchsimmissionsgutachten vom 18. Juni 2011 betreffend die Erweiterung der Hofstelle I. keine höhere Geruchsvorbelastung als in dem hier maßgeblichen Gutachten angenommen. Dort ist die für das Haus des Klägers angenommene Vorbelastung durch alle Quellen (Ist-Zustand) mit Ausnahme der Hofstelle I. insgesamt mit IVb = 20,5 % angegeben. Einschließlich der Hofstelle I. (Ist-Zustand) ohne die dort beantragten Schweineställe wird die Geruchsbelastung mit IGb1 = 23,4 % angegeben. Die Gesamtbelastung einschließlich des Vorhabens auf der Hofstelle I. und des Hähnchenmastbetriebs der Beigeladenen beträgt = 25,2 %. Die Berücksichtigung der Haltung von 84.500 Masthähnchen auf der Hofstelle des Beigeladenen sowohl für den Wert IGb1 wie auch für den Wert IGb2 folgt dabei aus der Übersicht über die Tierplätze und dem Ansatz der Quellen QUE_10 und QUE_11 in der Quellenübersicht des Gutachtens.
131Der in dem hier maßgeblichen Gutachten Nr. 2101 in der zeitlich damit korrespondierenden (Ursprungs-)Fassung vom 27. Januar 2011 benannte Vorbelastungswert (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I. um 740 Mastschweine als Quelle QUE_6, aber ohne die Hofstelle der Beigeladenen) betrug IVb = 20,8 %. Der als Gesamtbelastung ausgewiesene Wert IGb = 25,2 % (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I.) entsprach der in dem Gutachten Nr. 2205.
132Eine hieraus von dem Kläger abgeleitete schlichte Addition der sich jeweils ergebenden Mehrbelastungen für beide Vorhaben ist - wie ausgeführt - nicht zulässig. Soweit der Kläger im vorliegenden Fall einwendet, dass eine Überlagerung der Immissionen aus der Erweiterung der Hofstelle I. und dem Vorhaben der Beigeladenen schon wegen der unterschiedlichen Himmelsrichtung bezogen auf sein Wohnhaus ausgeschlossen erscheinen müsse, spricht hiergegen, dass bei Winden aus nordöstlichen Richtungen eine Überlagerung der Immissionen aus beiden Quellen geradezu naheliegend erscheint.
133Auch soweit der Kläger die fehlende Belastbarkeit der durch die Beigeladene vorgelegten Geruchsimmissionsprognose im Hinblick auf das anlässlich der Erweiterung des Schweinemastbetriebs I.-T. GbR vorgelegte Immissionsberechnung der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 anführt, die bereits ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. zu einer Gesamtbelastung IGb zwischen 18 und 22 % an dem Wohnhaus des Klägers ausweise, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die in dem von der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 ausgewiesene Gesamtbelastung IGb ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. kann bereits deshalb nicht mit der hier maßgeblichen Immissionsprognose verglichen werden, weil sich die maßgeblichen Rahmenbedingungen geändert haben.
134Weiterhin kann sich der Kläger vorliegend auch nicht mit Erfolg darauf berufen, eine Geruchsfahnenüberlagerung zwischen dem Schweinemastbetrieb der I.-T. GbR und den übrigen Erweiterungen sei ausgeschlossen. Eine solche kommt bezüglich des durch die Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 genehmigten Schweinemaststalls BE 3 der I.-T. GbR und dem auf der Hofstelle I. genehmigten Schweinezuchtstall zunächst jedenfalls bei (eher seltenen) nördlichen Windrichtungen in Betracht. Als überwiegend maßgeblich erweist sich aber insbesondere die geringe Distanz des klägerischen Wohnhauses zu den Schweineställen auf seiner (erweiterten) Hofstelle, welche jedenfalls bei häufig vorherrschenden Schwachwindlagen zu einer Überlagerung der Geruchsfahnen unabhängig von der Windrichtung führt. Hierauf hat der in der mündlichen Verhandlung gehörte Sachverständige des LANUV NRW ausdrücklich hingewiesen.
135Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
136Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
137Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen mit insgesamt 2.412 Mastschweineplätzen.
3Der Beigeladene betreibt auf seiner Hofstelle auf dem Grundstück Gemarkung J. in N. an der Ruhr einen landwirtschaftlichen Betrieb mit derzeit 660 Mastschweineplätzen in einem Stall. Letzterer wurde mit Baugenehmigung vom 5. April 1995 genehmigt. Die Abluftführung erfolgt zurzeit über acht Kamine, deren Oberkante den Dachfirst (Höhe 4,80 m) um 1,50 m überragen. Weiter südlich auf der Hofstelle befindet sich ein Güllehochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 3.350 m³, der von der Beklagten mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Ungefähr 40 m südlich des bestehenden Stalls liegt ein Wohnhaus mit einer Firsthöhe von ca. 12,50 m.
4Der Kläger ist Eigentümer eines ca. 100 m nördlich des Vorhabengrundstücks gelegenen landwirtschaftlichen Betriebs, den er selbst zusammen mit seiner Ehefrau bewirtschaftet und auf dem er auch wohnt. Er hält auf dem Hof ca. 350 Legehennen im Freiland sowie vier Pferde außerhalb eines Stalls. Zwischen den Ställen des Beigeladenen und der Hofstelle des Klägers befinden sich keine weiteren Gebäude.
5Die Hofstellen des Klägers und des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S.“. Dieser setzt für beide Höfe eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in der damals geltenden Fassung fest. Beide Höfe liegen desweiteren im Landschaftsschutzgebiet „S. zwischen N1. und N2. “, welches durch die Ziffer C.2.2.2.20 des Landschaftsplans der Beklagten vom 28. Februar 2005 festgesetzt worden ist. Die Festsetzung erfolgt u. a. zur Erhaltung und Entwicklung eines Freiraums für die siedlungsnahe Erholung im Ballungsraum als Bestandteil des regionalen Freiraumsystems im Ruhrgebiet („Grünzug B“). Nach Ziffer C.2.2.2.20, III. i. V. m. Ziffer C.2.2.1, III. Nr. 4 ist es in dem Landschaftsschutzgebiet u. a. verboten, bauliche Anlagen zu errichten.
6In der näheren Umgebung liegt der landwirtschaftliche Betrieb B. , in dem im Zeitpunkt einer Kontrolle durch den Beklagten im Jahr 2013 fünf Kühe, zwei Kälber und zwei Pferde gehalten wurden. Die zu einem früheren Zeitpunkt noch bestehenden Betriebe O. (15 Kühe) und T. (zwei Pferde) haben die Tierhaltung jedenfalls im Jahr 2013 aufgegeben.
7Am 13. Juli 2011 beantragte der Beigeladene die Erweiterung des bestehenden Betriebs durch ein neues Stallgebäude (Betriebseinheit BE 3) mit 1.752 Mastschweineplätzen, so dass sich eine Gesamtzahl von 2.412 Mastschweineplätzen ergibt. Weiterhin sieht der Antrag die Änderung der Abluftführung für den bestehenden Mastschweinestall (Betriebseinheit BE 1), den Anbau einer Hygieneschleuse, die Abdeckung des bereits vorhandenen Güllehochbehälters (Betriebseinheit BE 2) sowie die Errichtung von vier Futtersilos vor. Ausweislich der Bauvorlagen beträgt die Höhe des Dachfirsts des Stalls BE 3 7,50 m. Die Lüftung erfolgt über sechs in der Mitte des Gebäudes liegende Kamine, die den Dachfirst um 3,00 m überragen.
8Mit dem Antrag legte der Beigeladene ein Geruchs- und Ammoniakgutachten des Ingenieurbüros für Abfallwirtschaft und Immissionsschutz S. & I. vom 9. Mai 2011, ergänzt durch eine Stellungnahme vom 23. März 2012, vor (Gutachten Nummer G-2696-02). Dieses führt unter Punkt 4.3 (immissionsmindernde Maßnahmen) aus, dass für die Betriebseinheiten BE 1 und BE 3 jeweils eine zentrale Abluftführung - bestehend aus maximal 2 bzw. maximal 6 Schächten - auszuführen ist. Diese müsse dem Stand der Technik (mindestens 10 m über Erdboden, mindestens 3 m über First und Mindestaustrittsgeschwindigkeit ganzjährig 7 m/s) entsprechen. Die Immissionen aus dem Güllehochbehälter BE 2 seien durch eine Zeltabdeckung zu mindern.
9Die Beklagte machte das Vorhaben am 15. November 2011 öffentlich bekannt. Die Antragsunterlagen wurden vom 22. November bis 22. Dezember 2011 ausgelegt. Der Kläger erhob am 30. Dezember 2011 Einwendungen. Das Vorhaben, das das Landschaftsbild beeinträchtige, führe insbesondere zu nicht hinzunehmenden Belästigungen durch Gerüche und Bioaerosole an seinem Haus. Außerdem steige durch die höhere Anzahl an Fahrbewegungen, die Ventilatorengeräusche und die Geräusche der Tiere die Lärmbelastung.
10Im weiteren Genehmigungsverfahren legte der Beigeladene eine schalltechnische Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 8. Februar 2012 (Gutachten Nr. L-2696-01) vor, welches neben den Ventilatoren die Tierverladung, die Futteranlieferung, die Verladung von Kadavern, die Abholung von Gülle sowie die Reinigung der Verladezone nebst zugehörigen Fahrgeräuschen berücksichtigt. Für das Wohnhaus des Klägers prognostiziert das Gutachten (IP 2, 2. Obergeschoss) einen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Da das Irrelevanzkriterium nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm erfüllt sei, könne auf die Ermittlung der vorhandenen Geräuschvorbelastung verzichtet werden. Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf der öffentlichen Straße seien nicht zu berücksichtigen. Die Untersuchung der Verkehrsgeräusche gemäß Ziffer 7.4 TA Lärm habe ergeben, dass die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung von 64 dB(A) zur Tagzeit um mindestens 8 dB(A) unterschritten würden. Zu Einhaltung der Immissionsrichtwerte dürften die LKW- und Schlepper-Bewegungen sowie die Verladevorgänge ausschließlich zur Tagzeit stattfinden. Die Schallemissionen der Abluftkamine dürften an der Mündung den Schallleistungspegel vom LWA = 75 dB(A) am Stall BE 1 und LWA = 78 dB(A) am Stall BE 3 je Abluftschacht nicht überschreiten.
11Mit Bescheid vom 3. Dezember 2012 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Gemäß Ziffer II.B.2.1.1 des Genehmigungsbescheids ist die Anlage so zu betreiben, dass am Haus des Klägers ein Immissionswert von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts um mindestens 6 dB(A) unterschritten wird. Einzelne Geräuschspitzen dürfen diese Begrenzung um nicht mehr als 30 dB(A) tags und 20 dB(A) nachts überschreiten. Nach der Auflage 2.1.3 sind die Schallemissionen an den Mündungen der Abluftkamine für den Stall BE 1 maximal auf LWA = 75 dB(A) und für den Stall BE 3 maximal auf LWA = 78 dB(A) zu begrenzen. Geräuschrelevante betriebliche Tätigkeiten sind nach der Auflage 2.1.4 zur Nachtzeit grundsätzlich untersagt. In Ausnahme hiervon darf die Verladung von Tieren bei sommerlichen Witterungsbedingungen aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit erfolgen. Nach der ursprünglichen Fassung der Auflage 2.1.5 sollte die Anzahl der Ausnahmen zehn Nächte im Kalenderjahr nicht überschreiten. Mit Schriftsatz vom 2. November 2015 hat der Beklagte die Formulierung dahingehend geändert, dass mehr als 10 Nächte im Kalenderjahr nicht überschritten und Ausnahmen an nicht mehr als zwei Wochenenden hintereinander in Anspruch genommen werden dürfen.
12Im Hinblick auf die Geruchsimmissionsbelastung legt der Genehmigungsbescheid in der Auflage 2.2.1 fest, dass die von dem Vorhaben insgesamt verursachten Geruchsimmissionen an den „umliegenden Wohnhäusern“ entsprechend dem Immissionsgutachten vom 9. Mai 2011 die belästigungsrelevante Kenngröße IGb = 0,09 nicht überschreiten dürfen. Die Abluftkamine müssen den jeweiligen Dachfirst um mindestens 3 m überschreiten; eine Emissionshöhe von 10 m über Grund darf nicht unterschritten werden (Auflage 2.2.3). Nach Auflage 2.2.5 muss die Austrittsgeschwindigkeit in allen Betriebszuständen mindestens 7 m/s betragen. Gemäß Auflage 2.2.6 müssen die Ableitungsbedingungen an den Ställen BE 1 und BE 3 gemäß den Vorgaben des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 ausgeführt werden. Für den Güllehochbehälter BE 2 schreibt die Auflage 2.2.11 die Abdeckung mit einem Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane vor, welche im Vergleich zu einem Zustand ohne Abdeckung eine Minderung von mindestens 80 % der Geruchs- und Ammoniakemissionen herbeiführt.
13Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Beigeladene weitere Geruchsimmissionsprognosen vom 8. November 2013 und 29. Oktober 2015 (Gutachten Nr. G-2696-06) vorgelegt. Aus letzterer ergibt sich für das klägerische Wohnhaus eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung (mit Abluftfahnenüberhöhung und 100 % Turbulenz) von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung beträgt die Gesamtbelastung 0,15 Jahresgeruchsstunden.
14Gegen den Genehmigungsbescheid hat der Kläger am 31. Dezember 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend macht: Der Genehmigungsbescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die Erteilung der Genehmigung sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen sei. Eine Prüfung möglicher Beeinträchtigungen durch Bioaerosole sei nicht erfolgt. Gleiches gelte für die Prüfung, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB handele und ob ausreichend Lagerkapazität für Gülle beider landwirtschaftlichen Betriebe vorgehalten werde. Dies gelte umso mehr, als der Beigeladene selbst angegeben habe, in dem Güllehochbehälter auch Abfälle aus seiner Biogasanlage in F. -L. zu lagern. Schließlich habe die Beklagte das Vorhaben zu früh öffentlich bekannt gemacht. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG habe die Bekanntmachung erst dann zu erfolgen, wenn die Unterlagen vollständig seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Das schalltechnische Gutachten habe noch nicht vorgelegen.
15Das Vorhaben sei auch materiell rechtswidrig. Es drohe eine gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole. Insoweit entspreche das Vorhaben nicht dem Stand der Technik, der bei einer Haltung von 2.000 oder mehr Mastschweinen den Einbau von Abluftreinigungsanlagen umfasse. Weiterhin gehe von dem geplanten Vorhaben eine erhebliche Belästigung durch Geruchsimmissionen aus. Laut dem vorgelegten Geruchsgutachten sei für das Grundstück des Klägers - bei Einbeziehung der Eigenvorbelastung des Klägers - mit einer Gesamtbelastung von bis zu 0,79 zu rechnen. Selbst ein im Einzelfall anzunehmender Immissionswert von 0,25 werde damit bei weitem überschritten. Eine Beschränkung der Geruchsimmissionen könne auch nicht durch die Nebenbestimmung 2.2.1 erfolgen. Diese könne keinesfalls eingehalten werden. Die Nebenbestimmung 2.2.11 erweise sich als in nachbarrechtlicher Hinsicht zu unbestimmt, weil diese die Abdeckung des Güllehochbehälters mit einem Zeltdach vorsehe, während der Genehmigungsbescheid unter Punkt II.1. die Abdeckung durch ein Festdach bestimme.
16Der Kläger hat beantragt,
17die dem Beigeladenen durch die Beklagte erteilte Genehmigung vom 3. Dezember 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen gemäß Ziffer 7.1 g) des Anhangs zur 4. BImSchV auf dem Grundstück N3. Straße in N. aufzuheben.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung hat sie vorgetragen: Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Gesundheit des Klägers durch Bioaerosole lägen nicht vor. Erhebliche Belästigungen durch Ammoniak würden nicht hervorgerufen. Unzumutbare Geruchsbeeinträchtigungen seien nicht zu befürchten. Vorbelastungen auf dem Grundstück des Klägers durch eigene Emissionsquellen seien im Rahmen der Geruchsimmissionsprognose nicht zu berücksichtigen. Die Immissionsgesamtbelastung IGb überschreite den Wert von 0,10 im Planzustand nicht. Bestimmtheitsmängel lägen nicht vor. Bei der Bezeichnung der Abdeckung des Güllehochbehälters mit den Begriffen „Festdach“ und „Zeltdach“ handele sich um technische Fachbegriffe, wobei der Begriff „Zeltdach“ der genauere und von dem anderen umfasst sei. Die von dem Kläger angeführte Lagerung von Gärrückständen im Güllehochbehälter sei nicht Bestandteil der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.
21Der Beigeladene hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt, eine Rechtsverletzung durch die Bekanntmachung des Vorhabens zu einem Zeitpunkt, an dem das Lärmgutachten noch nicht vorgelegen habe, sei nicht gegeben. Eine Abschätzung der zu erwartenden Geräuschimmissionen sei auch aufgrund der ausgelegten Unterlagen möglich gewesen. Jedenfalls sei diese Frage ohne Einfluss auf das Ergebnis geblieben. Angesichts der Schallprognose sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die begehrte Genehmigung zu erteilen. In die Geruchsvorbelastung sei die Eigenbelastung nicht einzubeziehen. Damit werde am Wohnhaus des Klägers ein Immissionswert von 0,15 eingehalten. Selbst eine Belastung von mehr als 0,25 Jahresgeruchsstunden sei aufgrund der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls nicht als erheblich einzustufen. Hinsichtlich der Ammoniak- und Bioaerosolbelastung sei eine Verletzung drittschützender Normen nicht ersichtlich. Bauplanungsrechtlich sei das Vorhaben nach §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB privilegiert zulässig.
24Das Verwaltungsgericht hat den Genehmigungsbescheid vom 3. Dezember 2012 mit Urteil vom 10. März 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen zulasten des Klägers aus. Die eigene Vorbelastung des Klägers sei bei der Geruchsprognose nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) zu berücksichtigen, so dass sich auf der Grundlage des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 eine Gesamtbelastung im Planzustand von bis zu 0,56 Jahresgeruchsstunden ergebe. Das Geruchsgutachten beziehe die Eigenbelastung aber nicht ausdrücklich ein und stelle daher keine Grundlage einer auf der sicheren Seite liegenden Beurteilung dar. Das nachträglich vorgelegte Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei von der Beklagten nicht wirksam zum Bestandteil des Genehmigungsbescheids gemacht worden. Eine Überschreitung des für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltenden Wertes von 0,25 Jahresgeruchsstunden sei nicht möglich; es handele sich um eine absolute Obergrenze. Jedenfalls fehle es aber an einer Auseinandersetzung mit den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls im Genehmigungsbescheid, welche schon für eine Anhebung des Wertes über 0,15 erforderlich sei.
25Gegen das Urteil haben der Beklagte und der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
26Zu ihrer Begründung führt die Beklagte aus: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats seien selbst verursachte Vorbelastungen bei der Ermittlung der Geruchsbelastung nicht zu berücksichtigen. Für den hier betroffenen Außenbereich sei der Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 Jahresgeruchsstunden bezogen auf Tierhaltungsgerüche anzuwenden. Gemäß der Rechtsprechung des Senats fielen hierunter auch Gerüche aus gewerblicher Tierhaltung. Dieser Immissionswert werde ausweislich des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 in der Fassung der Ergänzung vom 29. Oktober 2015 nicht überschritten. Für den zum ständigen Aufenthalt von Menschen vorgesehenen Wohnbereich auf dem Grundstück des Klägers liege die maximale Immissionsgesamtbelastung ohne Eigenbelastung des Klägers bei maximal 0,15. Die Geruchsberechnung sei in ihrer ergänzten Fassung zu berücksichtigen. Dass sie erst im laufenden gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden sei, stehe dem nicht entgegen. Insbesondere seien Gutachten nicht gemäß § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG bekanntzumachen. Im Übrigen liege in allen Varianten des Gutachtens die Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung beim Kläger nicht über 0,15.
27Die Beklagte beantragt,
28das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
29Der Beigeladene macht zur Begründung der Berufung geltend: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder erheblichen Belästigungen zulasten des Klägers aus. Die Zumutbarkeit der zu erwartenden Geruchsimmissionen ergebe sich aus der vorgelegten Prognose, die auf der sicheren Seite liege. Vorliegend sei für die Gerüche, die nach der Rechtsprechung des Senats solche landwirtschaftlicher Art seien, unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ein Immissionswert von 0,25 maßgeblich. Selbst der Immissionswert von 0,15, der im Außenbereich auf jeden Fall für landwirtschaftliche Gerüche gelte, werde eingehalten.
30Der Beigeladene beantragt,
31das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
32Der Kläger beantragt,
33die Berufungen zurückzuweisen.
34Zur Begründung seines Antrags führt er an: Der Genehmigungsbescheid lege fest, dass an umliegenden Wohnhäusern ein Immissionswert von 0,09 nicht überschritten werden dürfe. Dies sei nach der vorgelegten Immissionsprognose bezogen auf sein Wohnhaus aber der Fall. Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtige im Übrigen die Lagerung von Gärresten im Güllehochbehälter nicht. Insoweit komme es auf die tatsächliche, nicht die genehmigte Nutzung an. Entgegen der Auffassung des Senats sei bei der Ermittlung der Gesamtbelastung auch die Eigenbelastung einzubeziehen. Ein anderes Verständnis widerspreche den Grundzügen des Immissionsschutzrechts. Die so berechnete Gesamtbelastung liege deutlich über 0,15 Jahresgeruchsstunden. Die besonderen Randbedingungen des Einzelfalls habe die Beklagte im Genehmigungsbescheid nicht erörtert. Jedenfalls eine vollständige Nachholung im gerichtlichen Verfahren sei nicht möglich. Das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei nicht verwertbar. Der Beklagte habe das Ergänzungsgutachten ausdrücklich zum Teil der Genehmigung gemacht, eine Bekanntgabe nach § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG aber unterlassen.
35Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2015 verwiesen.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des vormaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Die Berufungen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung zu. Der Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2012 verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Sowohl hinsichtlich der unterbliebenen Auslegung des Schallimmissionsgutachtens (dazu I.) als auch der von dem Kläger gerügten mangelnden Sachverhaltsaufklärung (dazu II.) sind etwaige Fehler jedenfalls unbeachtlich.
40I. Ob die Auslegung des Antrags des Beigeladenen nebst den bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Unterlagen durch die Beklagte gegen § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG verstoßen hat, weil die Schallimmissionsprognose noch nicht vorgelegen hat, kann dahinstehen. Hieraus kann der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
41vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174,
42führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Norm die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Hat ein Betroffener trotz einer (möglichen) Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also diesbezügliche Einwendungen erhoben, hat der geltend gemachte Verfahrensfehler in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1487/14 -, juris Rn. 52; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
44Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat am 2. Januar 2012 bei der Beklagten schriftlich Einwendungen angebracht. Hierzu zählen auch Bedenken gegen die von dem Vorhaben einschließlich des anlagenbezogenen Verkehrs ausgehende Lärmbelästigung (von der Beklagten als Einwendung Nr. 9 gekennzeichnet). Diese Bedenken verfolgt der Kläger im gerichtlichen Verfahren weiter. Dass der Kläger durch das fehlende Schallimmissionsgutachten gehindert gewesen wäre, seine Einwände in Bezug auf die Geräuschimmissionen vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
45II. Die von dem Kläger gerügte mangelnde Aufklärung des Sachverhalts (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) führt ebenfalls nicht zur Aufhebung des erteilten Genehmigungsbescheids. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Verstoß vorliegt, führt er nach § 46 VwVfG NRW nicht zur Aufhebung, weil offensichtlich ist, dass die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst worden ist. Die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG eine gebundene Entscheidung. Wird der Kläger - wie nachfolgend ausgeführt - durch die Erteilung der Genehmigung materiell nicht in seinen Rechten verletzt, kann sich ein eventueller Aufklärungsmangel nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls nicht zu seinen Lasten ausgewirkt haben. Insoweit tritt die Pflicht zur Amtsermittlung des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) an die Stelle der behördlichen Aufklärungspflicht.
46Vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 24 Rn. 59; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2015, § 24 Rn. 36; Ziekow, VwVfG, 3. Auflage 2013, § 24 Rn. 19; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1987 - 1 C 29.85 -, BVerwGE 78, 285 = juris Rn. 33.
47B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus. Die von dem Vorhaben ausgehenden Geruchsimmissionen stellen für den Kläger keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar (dazu I.). Die mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Lärmimmissionen überschreiten die zulässigen Grenzwerte nicht (dazu II.). Ein subjektives öffentliches Recht auf Festlegung von Immissionsobergrenzen für Bioaerosole (dazu III.) und Ammoniak (dazu IV.) kommt dem Kläger nicht zu. Der Kläger kann sich nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan berufen (dazu V.). Gleiches gilt auch für eine Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans (dazu VI.).
48I. Die an dem Wohnhaus des Klägers zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Zum Zwecke der Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchsimmissionen kann auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zurückgegriffen werden (dazu 1.). Auf dieser Grundlage ergibt sich keine erhebliche Geruchsbelastung am Wohnhaus des Klägers (dazu 2.).
491. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
50Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
51In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., und vom 1. Juni 2015 - 1760/13 -, juris Rn. 51, sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
53Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
54vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
55bei der aus der Vorbelastung (dazu a) und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse (dazu b) und einer Abluftfahnenüberhöhung (dazu c) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Geruchsbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu d).
56a) Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
57Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die bisherige Praxis die Eigenbelastung grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liegt unausgesprochen auch dem Konzept GIRL zugrunde.
58Nach der Auffassung des Senats sprechen überwiegende Gründe dafür, die Eigenbelastung nicht zu berücksichtigen. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind landwirtschaftliche Hofstellen teilweise - wie im Fall des Klägers - aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung kommt ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z. B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
59Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 8 A 1760/13 -, juris Rn. 58 ff.
60Die von dem Kläger vorgebrachten Einwendungen vermögen diese Erwägungen nicht in Frage zu stellen; der Senat hat sie bereits in seiner vorgenannten Entscheidung berücksichtigt.
61b) Nach Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) sind bei einer gebäudenahen Abluftführung die nicht auszuschließenden Einflüsse der Bebauung auf der windzugewandten Seite des Emissionspunkts („Luv-Seite“) auf die Immissionen zwingend zu berücksichtigen. Insoweit sind alle Gebäude in den Blick zu nehmen, deren Abstand von der jeweiligen Emissionsquelle geringer ist als das 6fache der Schornsteinbauhöhe.
62Für die Fälle, in denen entweder die Schornsteinhöhe mehr als das 1,2fache der Höhen der Gebäude beträgt oder die Gebäude, für die diese Bedingung nicht erfüllt ist, einen Abstand von mehr als dem 6fachen ihrer Höhe von der Emissionsquelle haben, regelt die TA Luft (2002) ausdrücklich, auf welche Weise die Gebäudeeinflüsse zu ermitteln sind. Beträgt die Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhen, ist die Berücksichtigung der Bebauung - bei einer Modellierung des Abluftkamins als Punktquelle - durch Rauhigkeitslänge und Verdrängungshöhe ohne Berücksichtigung der Gebäude ausreichend. Beträgt die Schonsteinbauhöhe weniger als das 1,7fache (aber mehr als das 1,2fache) der Gebäudehöhen und ist eine freie Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden. Solange ein solches Windfeldmodell noch nicht existiert, kann ein anderes Windfeldmodell verwendet werden, dessen Eignung der obersten Landesbehörde nachgewiesen worden ist. Das LANUV NRW empfiehlt in diesen Fällen als Alternative die Modellierung eines Ersatzquellensystems, in dem die Quellen eine künstliche vertikale Ausdehnung erhalten. Die Modellierung der gebäudenahen Emissionsquellen als vertikale Linienquellen ‑ mit einer Ausdehnung grundsätzlich bis zum Erdboden - simuliert die Um- und Überströmung der Gebäude auf der Luv-Seite und deren Auswirkungen auf die Ausbreitungsrechnung, weil - anders als bei einer Modellierung der Quellen als Punktquellen - die gemessenen Konzentrationen in der Regel überschätzt würden. Um allerdings eine zu hohe Überschätzung auszuschließen, sind bei Quellkonfigurationen, bei denen die Höhe der Emissionsquellen größer ist als das 1,2fache der Gebäude (einschließlich des Gebäudes, auf dem sie stehen), die Emissionen gleichmäßig auf den oberen halben Quellbereich zu verteilen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, juris Rn. 78; vgl. auch: Hartmann u.a., Untersuchungen zum Verhalten von Abluftfahnen landwirtschaftlicher Anlagen in der Atmosphäre, Langfassung zum Jahresbericht 2003, Seite 5 und 6, abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/veröf-fentlichungen/jahresberichte.
64c) Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
65Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
66kann im Allgemeinen eine Überhöhung der Abluftfahne angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First ist, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) auf der windabgewandten Seite („Lee-Seite“) im weiteren Umkreis um die Quelle - in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem 10fachen, nach der an die Regelungen in Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) angelehnten Praxis des LANUV NRW auch schon entsprechend dem 6fachen der Quellhöhe - ausgeschlossen ist.
67Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 65, und vom 12. August 2015 - 8 A 1799/14 -, juris Rn. 87.
68d) Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt für landwirtschaftliche Gerüche ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich wird dabei für landwirtschaftliche Gerüche der für Dorfgebiete anzusetzende Wert angenommen.
69Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 1760/13 -, juris Rn. 53, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31 und vom 21. September 2012 ‑ 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 3.
70In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
71Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
72Gleiches gilt auch, wenn es sich bei dem Gebiet hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Art der baulichen Nutzung nicht um Außenbereich i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB, sondern um eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG bzw. nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB handelt. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus Tierhaltungsanlagen besteht ‑ jedenfalls soweit keine weitergehenden Festsetzungen getroffen worden sind ‑ kein Unterschied zwischen durch Bebauungsplan festgesetzten Flächen für die Landwirtschaft und dem Außenbereich, in dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB landwirtschaftliche Betriebe privilegiert zulässig sind. Bauplanerisch für die Landwirtschaft festgesetzte Flächen sind ebenso wie der Außenbereich als Standorte für stark emittierende (landwirtschaftliche) Betriebe vorgesehen. In diesen Gebieten muss wie im landwirtschaftlich genutzten Außenbereich mit Gerüchen (und anderen Immissionen) gerechnet werden, die etwa durch die Tierhaltung üblicherweise entstehen.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 8 ff.; vgl. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Band I, Stand: 1. August 2015, § 9 Rn. 148.
742. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen aus. Die Geruchsimmissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 9. Mai 2011 in der Fassung des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 sowie der im Berufungsverfahren vorgelegten ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 sind verwertbar (dazu a). Auf ihrer Grundlage überschreitet die zu erwartende Geruchsgesamtbelastung IGb (dazu b) den vorliegend anzusetzenden Immissionswert IW = 0,15 mit der erforderlichen Sicherheit nicht (dazu c).
75a) Die Geruchsimmissionsprognose vom 8. Mai 2011 ist vorliegend einschließlich des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 verwertbar. Zur Bestimmung der zu erwartenden Geruchsbelästigung sind auch solche Gutachten heranzuziehen, die erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegt oder eingeholt worden sind. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die jedenfalls zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris Rn. 22, vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 3. August 2012 ‑ 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 20.
77Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es insoweit keiner Einbeziehung des Gutachtens in den Genehmigungsbescheid. Eine solche ist nur notwendig, soweit immissionsrelevante Voraussetzungen und Grundlagen des Gutachtens Teil des Genehmigungsbescheids selbst werden sollen.
78b) Die sich auf der Grundlage der vorgelegten Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 nebst Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 ergebende Gesamtbelastung IGb überschreitet den maßgeblichen Immissionswert IW nicht. Der Immissionswert IW ist im vorliegenden Fall jedenfalls mit 0,15 Jahresgeruchsstunden anzusetzen (dazu aa). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einhaltung des in der Auflage 2.2.1 bestimmten Immissionswertes von maximal 0,09 (dazu bb). Die Geruchsimmissionsprognose nebst ihren Ergänzungen gibt für die Rasterflächen, die über dem Wohnhaus des Klägers liegen oder dieses zumindest berühren, eine Gesamtbelastung IGb ohne Berücksichtigung der Eigenbelastung des Klägers und mit Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung, deren Voraussetzungen nach der Überzeugung des Senats vorliegen, von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Selbst ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung wird der Immissionswert von 0,15 nicht überschritten. Das Gutachten stellt die Emissionsquellen einschließlich des Ansatzes einer Abluftfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 nachvollziehbar dar (dazu cc). Die Verwendung der Begriffe „Festdach“ bzw. „Zeltdach“ für die Abdeckung des Güllehochbehälters BE 2 führt nicht zu einer Unbestimmtheit des Genehmigungsbescheids, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann (dazu dd). Die Darstellung der Immissionssituation auf der Hofstelle des Klägers ist - auch bei Betrachtung der ansonsten nicht zu berücksichtigenden Eigenbelastung des Klägers - plausibel (dazu ee).
79aa) Für das Wohnhaus ist ein Immissionswert IW = 0,15 maßgeblich. Die Hofstelle des Klägers liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S2. N. “ vom 3. Oktober 1962 des damaligen Planungsträgers. Dieser setzt als einfacher Bebauungsplan an dieser Stelle eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG fest. Überschreitet das geplante Vorhaben einen Wert von 0,15 nicht, bedarf die Frage, ob aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswertes auf bis zu 0,25 möglich ist, keiner Erörterung.
80bb) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der in der Auflage 2.2.1 festgelegte Wert IGb = 0,09 an seinem Haus nicht überschritten wird. Dabei kann offen bleiben, ob der Begriff der „umliegenden Wohnhäuser“ in der Auflage dahingehend auszulegen ist, dass hiervon zu landwirtschaftlichen Hofstellen gehörende Wohnhäuser nicht erfasst werden. Der die Schwelle der erheblichen Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (die, wie ausgeführt, hier bei einem Immissionswert von 0,15 anzusetzen ist) unterschreitende Wert von 0,09 ist dem Bereich der Vorsorge gegen erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Ein subjektiver Anspruch auf Einhaltung von Vorsorgeanforderungen besteht nicht.
81BVerwG, Urteile vom 18. Mai 1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313 = juris Rn. 22, und vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, BVerwG, sowie Beschluss vom 16. Januar 2009 - 7 B 47.08 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 27 = juris Rn. 11;Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2014, § 5 Rn. 121; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015 § 5 BImSchG Rn. 163.
82cc) Die zu berücksichtigenden Geruchsquellen werden einschließlich der angesetzten Geruchsfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 durch die Geruchsimmissionsprognose jedenfalls im Ergebnis zutreffend erfasst.
83Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtigt für den neu zu errichtenden Stall BE 3 1.752 Mastschweineplätze, für den bereits errichteten Stall BE 1 660 Mastschweineplätze. Die Voraussetzungen für die Annahme einer (kinetischen) Abluftfahnenüberhöhung liegen vor. Entsprechend den gemäß Ziffer II.3. der Genehmigung i. V. m. Anlage 1, Ziffer 4 „Grundriss, Schnitt Ansichten“ zum Teil der Genehmigung gemachten Bauvorlagen liegen die Oberkanten der sechs Abluftkamine des Stalls BE 3 10,50 m über Grund und 3,00 m über First. Dies erfüllt die Anforderungen der Auflage 2.2.3 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012. Die Änderung der Abluftführung des Stalls BE 1 ergibt sich nicht aus den Bauvorlagen. Die Einhaltung der Mindestvoraussetzungen für die Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung folgt aber hinsichtlich der Höhe der Abluftkamine und des Gebäudes aus der Nebenbestimmung 2.2.3.
84Die Mindestabluftgeschwindigkeit hat ausweislich der Nebenbestimmung 2.2.5 in allen Betriebszuständen ständig mindestens 7 m/s zu betragen. Die Modellierung dieser Quellen als vertikale Linienquellen in voller Quellhöhe zur Berücksichtigung der Gebäudeeinflüsse in dem Ergänzungsgutachten vom 29. Oktober 2015 stimmt mit der vom LANUV NRW empfohlenen Handlungsweise überein. Die Emissionspunkte weisen nicht das 1,2fache der Höhe der umliegenden landwirtschaftlichen (Bestands-) Gebäude auf. Jedenfalls dem südlich gelegenen Wohnhaus kommt für die Frage der hindernisfreien Anströmung der Emissionsquellen im Verhältnis zum klägerischen Wohnhaus Bedeutung zu. Auswirkungen auf die für die Abluftfahnenüberhöhung notwendige freie Abströmung hat das auf der Luv-Seite stehende Gebäude hingegen nicht. Selbst wenn man aber aus diesem Grund auch die Abluftfahnenüberhöhung beider Ställe unberücksichtigt ließe, läge ausweislich der Ausbreitungsrechnung die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei 0,15.
85Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine eventuell von der Genehmigungslage abweichende tatsächliche Nutzung des Güllehochbehälters für die Lagerung von Gärresten aus der Biogaserzeugung bei der Ermittlung der maßgeblichen Emissionen nicht zu berücksichtigen. Insoweit kommt es allein auf die Genehmigungslage an. Etwaige Abweichungen sind von der Beklagten im Rahmen der laufenden Überwachung zu untersuchen und abzustellen.
86Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 ‑ 8 A 799/14 -, juris Rn. 144.
87Soweit der Kläger zutreffend darauf hingewiesen hat, dass in der Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 für den landwirtschaftlichen Betrieb B. vier Pferde angesetzt worden sind, in der Berechnung vom 29. Oktober 2015 hingegen nur zwei, kann offenbleiben, ob - in Übereinstimmung mit der im Jahr 2013 von der Beklagten festgehaltenen tatsächlichen Situation - lediglich die Haltung zweier Pferde bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Der Ansatz von vier Pferden würde nicht zu einer anderen Bewertung führen. Selbst wenn man - unter Außerachtlassung der erheblichen Entfernung zwischen Emissions- und Immissionspunkt - die Geruchsstundenhäufigheit im Verhältnis des Anteils zweier Pferde an der Gesamtheit der Geruchseinheiten erhöhen würde, wäre die sich ergebende Gesamtbelastung von 15,05 % Jahresgeruchsstunden auf 15 % zu runden.
88Vgl. zur Anwendung der Rundungsregel auf die Gesamtbelastung OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 69.
89dd) Die Beschreibung der geplanten Abdeckung des bestehenden Güllehochbehälters BE 2 unter Ziffer II.1. (Gegenstand der Genehmigung), drittes Aufzählungszeichen, als „Festdach“ und in der Nebenbestimmung 2.2.11 als „Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane“ führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit des Genehmigungsbescheids i. S. d. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann.
90Vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 ‑ 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44.
91Selbst wenn in der Nebenbestimmung 2.2.11 nicht nur eine inhaltliche Konkretisierung des generelleren Begriffs des Festdachs liegen sollte, weicht dies von der in dem Gutachten vorausgesetzten Emissionssituation jedenfalls nicht nachteilig ab. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass der textliche Teil der Geruchsimmissionsprognose lediglich eine Zeltabdeckung als immissionsmindernde Maßnahme vorsieht. Dies entspricht dem Ansatz der Ausbreitungsrechnung, welche den Güllehochbehälter als Emissionsquelle ebenfalls mit einer Zeltabdeckung berücksichtigt.
92ee) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erweist sich die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose nicht deshalb als unplausibel, weil sie die Immissionssituation in dem Gutachten vom 9. Mai 2011 und dem Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 in nicht nachzuvollziehender Weise unterschiedlich darstellt. Berücksichtigt man bei der Betrachtung der Immissionssituation auch die Eigen-Vorbelastung, verschiebt sich der Schwerpunkt der Geruchsbelastung auf der Hofstelle des Klägers Richtung Osten. Während das Gutachten vom 9. Mai 2011 - aus der dem Gutachten angehängten LOG-Datei erkennbar - einen Tierbesatz von 500 Masthähnchen und fünf Pferden in dem unmittelbar nördlich an das Wohnhaus anschließenden Gebäude ansetzt, berücksichtigt das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 350 Legehennen in Bodenhaltung im Stall und mit Auslauffläche sowie 4 Pferde östlich des Wohnhauses. Hinzu kommt die Aufgabe der Tierhaltung auf den landwirtschaftlichen Hofstellen O. und T. . Berücksichtigt man desweiteren die maßgeblichen Windverhältnisse (Hauptwindrichtung Südwest), erscheint eine Reduzierung der Immissionsbelastung im Plan-Zustand nordwestlich des Wohnhauses von 0,79 bzw. 0,56 auf 0,19 bzw. 0,17 (Plan-Zustand in dem Gutachten vom 8. November 2013) ohne weiteres plausibel. Gleichzeitig steigt östlich des Wohnhauses des Klägers unter Berücksichtigung der Eigenbelastung die Geruchsbelastung sowohl im Ist- wie auch im Planzustand auf bis zu 0,99 an.
93Die Geruchsimmissionsprognose ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht unplausibel, weil die westlich der Wohnhäuser N3. Straße und liegenden Rasterflächen auf der Basis des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 Geruchsimmissionen in Höhe von 0,10 Jahresgeruchsstunden aufweisen. Unabhängig von der Frage, ob diese Immissionswerte an Orten erreicht werden, die dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, vermag eine Überschreitung des in der Nebenbestimmung 2.2.1 festgesetzten Wertes die Plausibilität des Gutachtens als solche nicht in Frage zu stellen. Die Nebenbestimmung ist nicht Teil des Gutachtens, sondern ist getrennt von ihr zu betrachten.
94II. Die von dem Betrieb der Schweinemast einschließlich des zurechenbaren An- und Abfahrtverkehrs ausgehenden Geräuschimmissionen stellen für den Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen schädlich i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird durch die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998 (GVBl. S. 503) bestimmt. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet. Weder im Regelbetrieb (dazu 1.) noch bei ausnahmsweise erfolgender nächtlicher Tierverladung (dazu 2.) werden die Immissionsrichtwerte überschritten.
951. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Bewohnern des Außenbereichs von genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen (vgl. Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c) TA Lärm) im Regelbetrieb ausgehende Lärmimmissionspegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 der TA Lärm festgelegten Immissionsrichtwerte zuzumuten sind.
96Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 ‑ 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn. 102 f., m. w. N., sowie Beschlüsse vom 23. Januar 2008 - 8 B 215/07 -, ZNER 2008, 89 = juris Rn. 38, vom 3. Mai 2012 - 8 B 1458/11 u. a. -, juris Rn. 35, und vom 16. Mai 2013 - 8 A 2893/12 -, juris Rn. 16.
97Für durch einfachen Bebauungsplan festgesetzte Flächen für die Landwirtschaft, die in Nr. 6.1 Satz 1 TA Lärm ebenfalls nicht ausdrücklich erwähnt sind, gilt jedenfalls ohne weitere zu berücksichtigende bauplanerische Festsetzungen nichts anderes.
98Vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 23. Februar 2001 - 4 L 56/01.NW -, juris Rn. 18, unter Bezugnahme auf die ebenfalls unter Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm zu fassenden Dorfgebiete.
99Die schalltechnische Immissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 8. Februar 2012 setzt sowohl während der Tag- wie der Nachtzeit den Betrieb von Ventilatoren zur Entlüftung der Ställe BE 1 und BE 3 mit einem maximalen Schallleistungspegel vom max. 75 bzw. 78 dB(A) an. Während der Tagzeit berücksichtigt die Schallimmissionsprognose eine Verladung lebender Tiere nebst nachgehender Reinigung der Verladefläche, eine Futtermittelanlieferung mittels LKW, eine Kadaverabholung mittels LKW, 20 Schlepperbewegungen (jeweils An- und Abfahrt) für den Gülletransport einschließlich Pumpenbetrieb sowie 40 PKW-Bewegungen. Auf dieser pessimalen Grundlage prognostiziert das Lärmgutachten am Haus des Klägers (Immissionspunkt IP 2, 2. Obergeschoss) einen anlagenbezogenen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Die Berücksichtigung anderer, nicht anlagenbezogener Geräuschquellen als Vorbelastung konnte nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm unterbleiben, weil die anlagenbezogene Zusatzbelastung die sich aus Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerte um mehr als 6 dB(A) unterschreitet. Diese Unterschreitung um mindestens 6 dB(A) schreibt die Auflage 2.1.1 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012 fest.
1002. Die ausnahmsweise zulässige Verladung von Tieren aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit bei sommerlichen Witterungsbedingungen nach der Nebenbestimmung 2.1.5 der Genehmigung vom 3. Dezember 2012 in der durch den Schriftsatz vom 2. November 2015 geänderten Fassung führt nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Lärmgrenzwerte. Nach Nr. 7.2 TA Lärm können in der Genehmigung Überschreitungen der Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1 und 6.2 zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb der Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte auch bei Einhaltung des Stands der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Derartige Besonderheiten liegen in den Anforderungen des Tierschutzes an die Verladung der Tiere bei besonders warmen Witterungslagen. Die strikte Beschränkung auf maximal zehn Tage und zwei aufeinanderfolgende Wochenenden wird (nunmehr) eingehalten. Der für seltene Ereignisse nach Nr. 6.3 Satz 1 TA Lärm geltende Immissionsrichtwert von 55 dB(A) nachts wird in diesem Fall für die lauteste Nachtstunde nach TA Lärm 6.4 nicht überschritten. Der über 60 Minuten anzusetzende (höchste) Schallleistungspegel Lw = 105 dB(A) für die Tierverladung führt bei isolierter Betrachtung ausweislich der Lärmimmissionsprognose am Immissionspunkt IP 2 zu einem Teilpegel von 35,8 dB(A). Auch unter Berücksichtigung des zusätzlichen Lüftergeräuschs (Teilpegel 32,8 dB(A)) wird der insoweit maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) sicher um mehr als 6 dB(A) unterschritten.
101III. Der Kläger ist durch die fehlende Festsetzung eines Immissionsgrenzwerts für Bioaerosole nicht in seinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt. Schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole sind vorliegend nicht zu erwarten.
102Unter Bioaerosolen ist nach der Definition in der VDI-Richtlinie 4255 die Summe aller im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln zu verstehen, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte (z.B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. die diese beinhalten oder bilden. Immissions- oder Emissionswerte sieht die TA Luft insoweit nicht vor; insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenz- oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 52, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53, vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -,juris Rn. 33, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
104Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend nicht erkennbar.
105Allerdings spricht gegenwärtig weiterhin Erhebliches dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 22 ff., vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 58, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 55, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 33; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 91; zur Darstellung der Problematik vgl. auch die Internetdokumentation des LANUV NRW unter "Bioaerosole", "Wirkungen von Bioaerosolen" und "Gesundheitliche Wirkungen von Stall-Luft-Komponenten aus Tierhaltungsbetrieben"; Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007; Antwort der Bundesregierung vom 7. Dezember 2006 auf eine Kleine Anfrage zu geplanten Schweinemastgroßanlagen in Deutschland, BT-Drs. 16/3759, Antwort zu den Fragen 12 und 13.
107Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind indessen nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Messtechnische Untersuchungen, die das LANUV NRW seit dem Jahr 2007 an Schweine- und Legehennenställen betreibt, haben ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter - insbesondere von Staphylokokken und Bakterien - an der Lee-Seite eines Legehennenstalls (ca. 300 Großvieheinheiten) gegenüber der Luv-Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass bei derartigen Entfernungen auch mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Die ermittelten Immissionskonzentrationen lagen nach Einschätzung des LANUV NRW auf einem "vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden."
108Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 60 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 57 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 37 ff., jeweils unter Bezugnahme auf Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
109Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können allerdings Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein.
110Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 ‑ 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 12 (zu Nanopartikeln).
111Vor diesem Hintergrund bezeichnet die VDI-Richtlinie 4250 Blatt 1 (Bioaerosole und biologische Agenzien, Umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosol-Immissionen) in Nr. 7 jede Erhöhung der Immissionskonzentration gegenüber den Hintergrundwerten als "umwelthygienisch unerwünscht", fügt aber hinzu, dass dabei das Gesundheitsrisiko nicht quantifiziert werden könne. Aus Gründen der Vorsorge seien Bioaerosol-Konzentrationen zu vermeiden, die gegenüber der Hintergrundbelastung erhöht seien. Davon ausgehend ist die Vermeidung bzw. Senkung von erhöhten Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Auf deren Einhaltung hat der Nachbar - ebenso wie hinsichtlich der in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Pflicht zur Prüfung etwaiger Möglichkeiten, die Emission an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern - grundsätzlich keinen Anspruch.
112Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 67 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 64, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 44 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 99 ff.; zum fehlenden Anspruch auf Vorsorgemaßnahmen vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, und Beschluss vom 9. April 2008 ‑ 7 B 2.08 -, NVwZ 2008, 789 = juris Rn. 11.
113Auf der Grundlage des Vorstehenden fehlt es nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, dass das Wohnhaus des Klägers durch das Vorhaben des Beigeladenen Bioaerosol-Immissionen ausgesetzt sein wird, die über eine allgemeine, gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG führen können. Da der Übertragungsweg bei Bioaerosolen im Grunde derselbe ist wie bei Gerüchen, liegt eine Orientierung an den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose nahe.
114Vgl. zu diesem Maßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 28, und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 ‑, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 70 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 69 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 49 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 103.
115Die Geruchsimmissionsprognose in der Fassung der Neuberechnung vom 29. Oktober 2015 gelangt - wie ausgeführt - zu einer Geruchsbelastung von maximal 0,15 Jahresgeruchsstunden; die Geruchsbelastung liegt damit nicht oberhalb des jedenfalls anzusetzenden Immissionswerts von 0,15. Danach ist davon auszugehen, dass sich auch die Belastung mit Bioaerosolen in einem für den ländlichen Raum gebietstypischen Rahmen bewegt. Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Bevölkerung des ländlichen Raums in signifikantem Umfang an Krankheiten insbesondere der Atemwege leidet, die auf Bioaerosole zurückzuführen sind, bieten die vorliegenden wissenschaftlichen Stellungnahmen nicht.
116Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 75, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 72, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 52; Nds. OVG, Beschluss vom 19. August 1999 - 1 M 2711/99 -, NVwZ-RR 2000, 91 = juris Rn. 9.
117IV. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten des Klägers ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die zu erwartenden Ammoniakimmissionen. Die in der TA Luft bestimmten Grenzwerte für Ammoniak- sowie Stickstoffeinträge dienen, wie das Verwaltungsgericht zurecht ausgeführt hat, nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. Dort sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Gemäß Nr. 4.4.2 Abs. 3 TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Somit kann sich ein Nachbar - jedenfalls soweit er nicht die Einwirkung auf besonders schutzwürdige Pflanzen geltend macht - nicht auf die Verletzung einer ihn schützenden Regelung durch Ammoniakimmissionen berufen.
118Vgl. OVG S.-A., Urteil vom 24. März 2015 - 2 L 184/10 -, juris Rn. 129 ff.; VG München, Urteil vom 16. Oktober 2007 - M 1 K 07.2892 -, juris Rn. 20; VG Oldenburg, Urteil vom 10. März 2010 - 5 A 1375/09 -, juris Rn. 43; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand: 1. Mai 2015, Nr. 4.8 TA Luft Rn. 47.
119Im Übrigen erweist sich die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehende Ammoniakbelastung nicht als erheblich. Nach Nr. 4.8 i. V. m. Anhang 1 Abbildung 4 Abs. 2, Anhang 3 TA Luft ist bei Vorliegen einer Ausbreitungsrechnung lediglich der Mindestabstand der Emissionsquelle erforderlich, bei dem eine anlagenbezogene Zusatzbelastung für Ammoniak von 3 μg/m³ an keinem maßgeblichen Beurteilungspunkt überschritten wird. Ausweislich der graphischen Darstellung der von dem Vorhaben im Planzustand ausgehenden Ammoniakbelastung auf Seite 21 des Geruchs- und Ammoniakimmissionsgutachtens vom 9. Mai 2011 ist auf dem klägerischen Grundstück keine Ammoniakbelastung in diesem Umfang zu erwarten.
120V. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft im Bebauungsplan berufen. Ein solcher könnte gegeben sein, wenn es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um eine Tierhaltung gewerblicher Art handelt. Die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in dem Bebauungsplan „S2. N. “ des damaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk vom 3. Oktober 1962 ist nach §§ 30 Abs. 3 BauGB, 6 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BImSchG Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Prüfungsverfahrens.
121Setzt der Planungsträger in einem Bebauungsplan eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG (nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB) fest, umfasst der Begriff der Landwirtschaft die in § 201 BauGB bestimmten Bewirtschaftungsformen. Ob es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um einen landwirtschaftlichen Betrieb in diesem Sinne handelt, kann aber dahinstehen. Selbst wenn auf den zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen das Futter für die Tierhaltung des Beigeladenen - einschließlich der Tierbestände auf der Hofstelle in F. -L. - nicht überwiegend erzeugt werden könnte, verletzt dies den Kläger nicht in einer ihm zukommenden Rechtsposition. Der Festsetzung kommt keine drittschützende Wirkung zu.
122Ob einer Festsetzung im Bebauungsplan Drittschutz zukommt, entscheidet der Planungsträger grundsätzlich nach eigenem Ermessen; ausgenommen hiervon sind die Baugebietsfestsetzungen nach der BauNVO, denen grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zukommt, sowie solche Festsetzungen, deren Drittschutz sich - wie etwa bei § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB - unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung ergibt. Liegt - wie hier - ein solcher Fall nicht vor, hängt die nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen im Bebauungsplan davon ab, ob diese nach dem ersichtlichen Willen des Plangebers drittschützend sein soll, also welchen Zweck er mit der Festsetzung verfolgt.
123Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. September 1988 - 4 N 1.87 -, BVerwGE 80, 184 = juris Rn. 22, und vom 9. Oktober 1991 - 4 B 137.91 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 104 = juris Rn. 5; Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 10 B 629/03 -, BRS 66 Nr. 183 = juris Rn. 17; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Oktober 1999 ‑ 8 S 2396/99 -, juris Rn. 3; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 30 Rn. 32.
124Vorliegend ergeben sich weder aus dem Bebauungsplan als solchem noch aus den vom Senat beigezogenen Aufstellungsvorgängen des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Hinweise auf eine beabsichtigte drittschützende Wirkung der festgesetzten Fläche für die Landwirtschaft. Im Gegenteil führt die Begründung des Bebauungsplanentwurfs aus, das S. gewinne als Erholungsgebiet ständig an Bedeutung; gleichzeitig sei es in seinem landschaftlichen Charakter durch Bauabsichten gefährdet. Der Bebauungsplan solle im öffentlichen Interesse diesen Bereich für die Erholung der Bevölkerung sichern und vor einer nicht vertretbaren Bebauung sichern. In einem Vermerk über die beabsichtigten Festsetzungen vom 29. August 1961 werden diesbezüglich die „von der Bebauung freizuhaltenden Grundstücke, die nicht als öffentliche Grünfläche, wohl aber als Fläche für die Land- und Forstwirtschaft vorgesehen sind“ angeführt.
125VI. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans sei zu Unrecht erfolgt. Dabei kann der Senat offenlassen, in welchem Verhältnis der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid zu der von der unteren Landschaftsbehörde am 5. Juli 2012 erteilten Befreiung von den Festsetzungen steht. Letztere dürfte sich wegen Verstoßes gegen § 13 BImSchG als rechtswidrig erweisen, weil eine vorweggenommene landschaftsrechtliche Befreiung der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zuwiderläuft.
126Vgl. Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 13 BImSchG Rn. 89b m. w. N.
127Auch wenn die Befreiung (zusätzlich) Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids ist, schützt das Bauverbot unter Ziffer C.2.2.1 III. Nr. 4 des Landschaftsplans den Kläger nicht. Vorschriften des Natur- und Landschaftsschutzes kommt grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung zu, da sie allein im öffentlichen Interesse erlassen werden und öffentlichen Zielen zu dienen bestimmt ist.
128Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, BRS 76 Nr. 184 = juris Rn. 82; Bay. VGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 ‑ 15 CS 10.37 -, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2015 - 3 K 9246/12 -, juris Rn. 32; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 1.87 -, NVwZ 1988, 728 = juris Rn. 22, und Urteil vom 17. Januar 2001 - 6 CN 3.00 -, Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 10 = juris Rn. 8.
129Im Übrigen wäre die Beklagte mangels Anfechtung des zwar rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Befreiungsbescheids vom 5. Juli 2012 an die bereits erteilte Befreiungsentscheidung gebunden.
130Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
132Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Die Anträge des Beklagten und der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2012 werden abgelehnt.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte; hiervon ausgenommen sind ihre eigenen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 15.000,00 € festgesetzt
1
G r ü n d e :
2Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist formgerecht dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier weder in Bezug auf den Antrag des Beklagten noch bezüglich des Antrags der Beigeladenen der Fall.
4A. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Das Vorbringen der Rechtsmittelführer stellt die selbstständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, dass im vorliegenden Fall die Geruchsimmissionen über dem zulässigen Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) lägen und die Zusatzbelastung nicht als irrelevant einzustufen sei, nicht in Frage.
5I. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
6Vgl. MBl. NRW 2009 S. 533 sowie www.lanuv.nrw.de/ luft/gerueche/bewertung.htm.
7In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
8Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
9Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert (IW) von 0,10 (10 % der Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15 (15 % der Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15; einen Immissionswert für den Außenbereich regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
10Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32.
11Nach Nr. 3.3 der GIRL soll die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) überschreitet (Irrelevanzkriterium).
12Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich - vorbehaltlich von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Prognose, bei der aus der Vor- und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird.
13Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33.
14Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist das Verwaltungsgericht auf der Grundlage des eingeholten Geruchsgutachtens des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) vom 31. Mai 2011 in Verbindung mit den mündlichen Erläuterungen der Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. April 2012 (sowie in Zusammenhang mit den ergänzenden Stellungnahmen des LANUV NRW vom 31. August 2011 und vom 31. Januar 2012) zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass durch das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen unzumutbare Geruchsbelastungen gegenüber den Klägern hervorgerufen werden. Das Gutachten hat die Geruchsimmissionssituation unter Berücksichtigung eines Wertes von 60 GE/(s*GV) als mittleren Emissionsfaktor für Masthähnchen für die in der Umgebung bereits vorhandene Geruchsvorbelastung und eines (zeitreihenbezogenen) Wertes von 180 GE/(s*GV) für die vom Vorhaben des Beigeladenen ausgehende Zusatzbelastung berechnet. Nach jenem Gutachten beträgt am Wohnhaus der Kläger (Analysepunkt - ANP 2) die Gesamtvorbelastung durch alle bereits vorhandenen Emissionsquellen 0,29 (29 % der Jahresgeruchsstunden). Die Geruchszusatzbelastung durch den geplanten Stall beträgt (bei 35 Masttagen) ungewichtet 0,03 bzw. gewichtet 0,04 (3 % bzw. 4 % der Jahresgeruchsstunden), was zu einer Gesamtbelastung von gewichtet 0,33 (33 % der Jahresgeruchsstunden) führt (vgl. Seite 22 f. des Gutachtens). Damit ist der im Außenbereich im Einzelfall zulässige Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) gemäß Nr. 3.1 der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL überschritten. Da die Zusatzbelastung über dem Irrelevanzkriterium gemäß Nr. 3.3 GIRL von 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) liegt, ist das Vorhaben der Beigeladenen auch nicht als irrelevant einzustufen.
15II. Die Rügen gegen das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 greifen nicht durch.
161. Der Einwand der Rechtsmittelführer, das Gutachten des LANUV NRW beruhe auf dem aktuellen Wissenstand des Jahres 2011 und entspreche nicht dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung, als noch ein mittlerer Emissionsfaktor von „GE 50“ gemäß der KTBL-Schrift 333 allgemein anerkannt gewesen sei, bleibt ohne Erfolg.
17In Fällen der Anfechtung einer bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte ist zwar grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung maßgeblich.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BauR 1998, 995 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, BauR 2008, 799 = juris Rn. 46 ff.
19Dies schließt es allerdings nicht aus, nachträglich gewonnene Erkenntnisse im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22.
21Messungen oder prognostische Begutachtungen zur Immissionssituation sind daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für die rechtliche Bewertung auch dann anwendbar, wenn sie erst im Anschluss an das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f.
23Nichts anderes gilt für die einer solchen Messung oder Begutachtung zugrundeliegenden Beurteilungs- und Bewertungskriterien. Werden nach Erlass einer Genehmigung diese Kriterien überarbeitet oder liegen sonst neue Kriterien zur Bewertung vor, sind sie auch im Gerichtsverfahren als neue Erkenntnisquelle und Orientierungshilfe zur Beurteilung der Zumutbarkeit von (Geruchs-)Immissionen maßgeblich.
24Vgl. bereits – jeweils zur Anwendbarkeit einer neuen VDI-Richtlinie – OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und Nds. OVG, Urteil vom 4. November 2003 - 1 LB 323/02 -, BauR 2004, 469 = juris Rn. 32.
25Diese Grundsätze werden nicht durchgreifend in Frage gestellt. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass - worauf der Beklagte hinweist - der Widerruf eines Verwaltungsaktes wegen „nachträglich eingetretener Tatsachen“ im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG oder § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG nach allgemeiner Meinung auch aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zulässig sein kann. Auch in diesem Zusammenhang ist vielmehr anerkannt, dass Erkenntnisfortschritte nicht die ursprüngliche Sachlage selbst verändern, sondern die Bewertung der bei Erlass des Verwaltungsakts gegebenen Sachlage betreffen.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 1982 - 7 B 190.81 -, NVwZ 1984, 102 = juris Rn. 5 (zu § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG), sowie OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 1987 - 21 A 1556/86 -, NVwZ 1988, 173, und nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1988 - 7 B 219.87 -, NVwZ 1988, 824 = juris Rn. 5 (zu § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG).
27Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 abgestellt hat. Denn die dort angewandte Vorgehensweise, nämlich die Ermittlung der Geruchsvorbelastung aufgrund eines Wertes von 60 GE/(s*GV) gemäß VDI-Richtlinie 3894/Blatt 1 (2009) und der Geruchszusatzbelastung aufgrund eines zeitreihenbezogenen Wertes von 180 GE/(s*GV), ist - wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des LANUV NRW ausgeführt hat - inzwischen aktuelle wissenschaftliche Praxis und sachgerechte Methode.
28Dass die Berechnungsweise des LANUV NRW zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 31. Mai 2011 dem fachlich anerkannten Erkenntnisstand entsprochen hat, stellen die Rechtsmittelführer nicht in Abrede. Auch ansonsten sind Zweifel hieran nicht ersichtlich. Der Vertreter des LANUV NRW hat am 24. April 2012 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht plausibel erläutert, dass die auf der Grundlage einer fachwissenschaftlichen Studie beruhende „180-Methode“ inzwischen anerkannt sei (Gärtner, A.; Gessner, A.; Müller, F.; Both, R.: Ermittlung der Geruchsemissionen einer Hähnchenmastanlage. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 69 [2009] Nr. 11/12 - Nov./Dez., S. 485-489). Bestätigt wird dies auch durch den von den Klägern im Zulassungsverfahren vorgelegten Beitrag (Geburek, F.; Hebbinghaus, H.; Sowa, A.: Zeitreihen zur Beschreibung der Emissionen aus der Hähnchenmast und ihre Auswirkung auf das Ergebnis der Immissionsprognose, in: VDI-Berichte Nr. 2141 - Gerüche in der Umwelt [2011], S. 197-218). Gegenteilige wissenschaftliche Stellungnahmen haben die Rechtsmittelführer nicht vorgelegt.
29Durfte das Verwaltungsgericht nach alledem auf den Inhalt des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 abstellen, geht auch die weitere Rüge der Rechtsmittelführer ins Leere, das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 10. März 2009, welches die Geruchsbelastung auf der Grundlage eines „GE-Wertes von 50“ berechnet habe, sei durch die Bezirksregierung E. im Rahmen einer Fachaufsichtsbeschwerde unbeanstandet geblieben und auch das LANUV NRW habe bei einer hierbei durchgeführten Plausibilitätsprüfung jedenfalls hinsichtlich des angewandten Emissionsfaktors keine Bedenken angemeldet. Sowohl die fachaufsichtsbehördliche Prüfung als auch die Plausibilitätsprüfung durch das LANUV NRW sind im Genehmigungsverfahren und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der Ansatz von 50 GE/(s*GV) als mittlerer Emissionsfaktor noch vom LANUV NRW anerkannt wurde. Schon deshalb stehen die Ergebnisse jener Prüfungen einer Anwendbarkeit des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011, welches auf neueren Erkenntnissen beruht, nicht entgegen.
302. Ebenso ohne Erfolg bleiben die weiteren Einwände gegen das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011.
31a) Das Zulassungsvorbringen beanstandet zu Unrecht, dass das LANUV NRW bei der Ermittlung der Geruchsvorbelastungen auch weiter entfernt liegende geruchsemittierende Quellen berücksichtigt hat.
32Die Beigeladene trägt insoweit vor, dass das vom LANUV NRW gewählte „Beurteilungsgebiet“ mit einem Radius von 1.200 m um den geplanten Standort der Anlage unzutreffend - namentlich zu groß - festgelegt worden sei. Zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung sei es gemäß Nr. 4.4.2 GIRL für Anlagen, die dem Umfang der hier streitgegenständlichen Anlage entsprächen, übliche Verwaltungspraxis gewesen, einen Radius von 600 m zu wählen. Dieser Radius sei daher im Genehmigungsverfahren auch Grundlage des Gutachtens des Ingenieurbüros S. & I. vom 10. März 2009 gewesen; jenes Gutachten sei im Rahmen der Plausibilitätsprüfung durch das LANUV NRW insoweit unbeanstandet geblieben.
33Dieses Vorbringen stellt das Geruchsgutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 nicht in Frage. Es steht vielmehr im Einklang mit der Geruchsimmissions-Richtlinie, für eine vollständige Vorbelastungserfassung auch weitere geruchsemittierende Quellen einzubeziehen. Nach Nr. 4.4.2 GIRL ist das Beurteilungsgebiet zwar grundsätzlich so festzulegen, dass sich die Beurteilungsflächen vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Danach soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt aber nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Ziel einer Beurteilung nach der GIRL ist es, die Gesamtbelastung im Beurteilungsgebiet zu ermitteln. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken. Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen.
34Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2012 - 12 LA 114/11 -, BauR 2012, 1769 = juris Rn. 11; ferner OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, n. v., Abdruck S. 3 f. und 6; vgl. auch die entsprechenden Ausführungen des LANUV NRW zur „Ausbreitungsrechnung für Geruchsstoffe“ (Abschnitt „Beurteilungsgebiet - Untersuchungsraum“), abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/landwirtschaft/ausbreitung/ ausbreitung_geruch.htm.
35Aus welchen Gründen das LANUV NRW den Umkreis bezüglich der in der Ausbreitungsrechnung zu berücksichtigenden Quellen (Seite 9 ff., Tabelle 3 des Gutachtens) auf etwa 1.200 m festgelegt hat (Seite 19 des Gutachtens), ergibt sich anschaulich aus dem Gutachten selbst: Vor allem der Einwirkungsbereich der süd-östlich des Vorhabengrundstücks gelegenen Tierhaltungsanlagen LW X. (Putenmast, X1.-------weg 9) und LW X2. (Schweinemast, F. Straße 113) erstreckt sich trotz der Entfernung (> 1.000 m) bis zum klägerischen Grundstück; der Anteil dieser beiden „größten Hofstellen im Beurteilungsgebiet“ (Seite 24 des Gutachtens) an der Geruchsvorbelastung am Analysepunkt ANP 2 beträgt für den Betrieb X2. 0,02 und für den Betrieb X. 0,06 (vgl. Tabelle 6, Seite 23 des Gutachtens). Dass vor allem der Anteil des LW X. an der Geruchsvorbelastung am Analysepunkt ANP 2 unter Berücksichtigung der Windrichtungshäufigkeitsverteilung, die einen deutlichen Anteil von Südwinden ausweise, nachvollziehbar und plausibel sei, wird in der weiteren Stellungnahme des LANUV NRW vom 31. August 2011 (dort Seite 4) ergänzend ausgeführt.
36Hiermit setzt sich die Antragsbegründung der Beigeladenen nicht auseinander. Allein der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ein Radius von 600 m von der Genehmigungsbehörde und im Rahmen der Plausibilitätsprüfung auch vom LANUV NRW aufgrund der bis dahin üblichen Verwaltungspraxis akzeptiert worden sein mag, steht der Erfassung der weiter entfernten geruchsemittierende Quellen in dem Gutachten vom 31. Mai 2011 nicht entgegen. Sollte das LANUV NRW tatsächlich erst nach Erlass der Genehmigung zu der Erkenntnis gelangt sein, dass vorliegend eine sachgerechte Begutachtung eine Einbeziehung der Emissionsquellen in einem Radius von etwa 1.200 m erfordert, gelten im Übrigen die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der Berücksichtigung neuer Erkenntnisse entsprechend.
37b) Auch der Einwand, die „Rasterdarlegung“ in dem Gutachten des LANUV NRW sei fehlerhaft, bleibt ohne Erfolg.
38Die Beigeladene trägt insoweit in ihrer Antragsschrift vor, dass der landwirtschaftliche Betrieb Underberg sowie auch das Wohnhaus der Kläger in einem „Rasterfeld“ lägen. Mit Schriftsatz vom 9. August 2012 konkretisiert sie diese Rüge unter Hinweis auf eine E-Mail des Ingenieurbüros S. & I. vom 7. August 2012 dahingehend, dass die Rasterdarstellungen in dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 auf Seite 48 ff. zumindest im Nahbereich der Emissionsquellen nicht sachgerecht seien. Sachgerecht wäre gewesen, das Wohnhaus der Kläger in einem Raster von 16 m x 16 m zu betrachten. Mit weiterem Schriftsatz vom 5. November 2012 führt die Beigeladene aus, dass der Betrieb V. und das klägerische Wohnhaus innerhalb desselben Rechengitters (Raster) des Austall 2000-Programms erfasst worden seien. Diese Vorgehensweise stehe nicht mit den Vorgaben aus Nr. 7 der Anhang 3 der TA Luft und der Nr. 3.3.3.1 des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit Austal2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissions-Richtlinie (Merkblatt 56) in Einklang.
39Diese Rügen der Beigeladenen ziehen die vom LANUV NRW vorgenommene Berechnung nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise in Zweifel.
40Dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 ist zu entnehmen, dass zwar die Seitenlänge der Beurteilungsflächen (vgl. Nr. 4.4.3 GIRL), deren Summe das Beurteilungsgebiet ausmachen (Nr. 4.4.2 GIRL), auf 100 m festgelegt (vgl. Seite 21, 22, 48 ff. des Gutachtens), allerdings für das gewählte Rechengebiet ein geschachteltes Gitter mit den Gitterweiten 16 m, 32 m und 64 m verwendet worden ist, wobei die Maschenweite im äußersten Bereich des Rechengebietes 64 m beträgt und sich bis auf 16 m verringert (vgl. Seite 14 des Gutachtens). Ferner heißt es in dem Gutachten, das die an den beiden Analysepunkten angegebenen Werte denen der zugrundeliegenden 16 m x 16 m-Gitterfläche entsprächen (vgl. Seite 21 des Gutachtens). Dies ist bereits im erstinstanzlichen Verfahren durch das LANUV NRW in der ergänzenden Stellungnahme vom 31. August 2011 nochmals bestätigt worden (vgl. Seite 2 f. der Stellungnahme).
41Mit der danach gebotenen Differenzierung zwischen dem Beurteilungsgebiet einerseits und dem - für die Ausbreitungsrechnung mit Austal2000 maßgeblichen - Rechengebiet anderseits, auf die auch die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 19. November 2012 hingewiesen haben, setzt sich die Antragsbegründung nicht weiter auseinander. Die von der Beigeladenen zitierten Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7, und der Nr. 3.3.3.1 des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit Austal2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissions-Richtlinie (Merkblatt 56) beziehen sich nur auf das Rechengebiet, nicht aber auf das Beurteilungsgebiet (vgl. auch Nr. 4.5 Absätze 2 und 3 der GIRL). Zwar mögen das klägerische Wohnhaus und der Betrieb V. - dieser zumindest teilweise - in derselben Beurteilungsfläche liegen. Konkrete Anhaltpunkte dafür, dass beide Grundstücke auch in derselben Rechenfläche liegen, sind indes nicht dargelegt.
42c) Die Rügen der Rechtsmittelführer stellen, soweit sie innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist vorgetragen wurden, die vom LANUV NRW zugrunde gelegten Tierarten und Tierzahlen nicht in Frage.
43Zwar weist die Beigeladene im Ansatz zutreffend darauf hin, dass im Rahmen der Immissionsprognose bei der Ermittlung der Geruchsvorbelastung die vorhandenen emittierenden Tierhaltungsanlagen oder sonstigen Betriebe grundsätzlich mit dem Tierbestand bzw. Betriebsumfang einzustellen sind, wie er sich aus der jeweiligen
44- immissionsschutzrechtlichen oder bauaufsichtlichen - Genehmigung ergibt.
45Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 10. November 2009 - 1 LB 45/08 -, BauR 2010, 195 = juris Rn. 76; VG Aachen, Urteil vom 23. Januar 2013 - 3 K 2068/10 -, juris Rn. 77; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 -, BauR 1993, 445 = juris, Rn. 27, und Beschluss vom 11. Juli 1994 - 4 B 134.94 -, BRS 56 Nr. 164 = juris Rn. 2 (jeweils zum Rücksichtnahmegebot); s. ferner OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2005 - 10 B 2657/04.NE -, juris Rn. 13, und vom 15. Dezember 2005 - 10 B 1668/05.NE -, NWVBl. 2006, 332 = juris Rn. 15 ff. (jeweils zur Immissionsprognose in einem Bebauungsplanverfahren).
46Dass das LANUV NRW danach bei seinen Berechnungen von falschen Tierarten oder Zahlen ausgegangen sein soll, legt die Beigeladene innerhalb der Antragsbegründungsfrist allerdings nicht hinreichend dar. In dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 wird ausgeführt, dass die Ergebnisse eines vorausgegangenen Ortstermins vom 4. März 2011 in die Tabelle 3, in der u. a. die genauen Tierarten und -zahlen der jeweiligen Betriebe im Einzelnen aufgelistet sind, eingegangen und mit den vom Landkreis W. zur Verfügung gestellten Angaben verglichen worden seien (vgl. Seite 6 des Gutachtens). Auf Seite 19 des Gutachtens heißt es ausdrücklich: „Bezüglich der Tierplatzzahlen erfolgte zudem ein Abgleich mit den genehmigten Tierplatzzahlen.“
47Soweit die Beigeladene demgegenüber in ihrer Antragsschrift vom 18. Juli 2012 lediglich pauschal rügt, das LANUV NRW habe seinem Geruchsgutachten aufgrund des Ortstermins nur die „tatsächlichen“ - also nicht die genehmigten - Tierarten und Zahlen zugrunde gelegt, genügt dies nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Denn die Darlegung ernstlicher Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert, dass sich der Rechtsmittelführer mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinander setzt und im Einzelnen erläutert, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen. Er muss dabei insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will.
48Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 194, 206.
49Im Verfahren auf Zulassung der Berufung muss daher derjenige, der ein Gutachten angreift, substantiiert Anhaltpunkte dafür vortragen, dass seine Einwände gegen das Gutachten geeignet sind, dessen Ergebnis in Bezug auf den Streitgegenstand in Frage zu stellen.
50Vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - 8 A 151/13 -, n. v., Abdruck S. 5.
51Hieran fehlt es. Vor allem hat die Beigeladene innerhalb der Begründungsfrist nicht dargelegt, inwiefern die Angaben in der Tabelle 3 des Gutachtens (Seite 10 ff. des Gutachtens) zu ihren Ungunsten falsch sein sollten.
52Dies gilt zunächst mit Blick auf den gerügten Bestand an Mastschweinen am bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb „T. -C. (alt)“. Soweit die Beigeladene hierzu vorträgt, dass in den Gutachten der Ingenieure S. & I. vom 5. Juni 2008 und 10. März 2009 jeweils eine Anzahl von 160 Mastschweinen zugrunde gelegt worden sei, bei der Berechnung des LANUV NRW hingegen (nur) 150 Mastschweine berücksichtigt wurden, ist schon nicht zu erkennen, inwiefern das Gutachten des LANUV NRW insoweit für die Beigeladene ungünstiger sein soll. Soweit die Beigeladene anmerkt, dass in einem Vermerk des Beklagten vom „29. Februar 2009“ (richtig: 4. Februar 2009, vgl. Bl. 820 der Beiakte/Heft 4) von einem Bestand von 120 Mastschweinen die Rede gewesen sei, ist anzumerken, dass dieser Wert ausweislich des Aktenvermerks lediglich auf einer „Befragung der Tierhalter“ beruht und damit nicht zwingend den genehmigten Bestand widerspiegelt.
53In Bezug auf den Bestand an Bullen am Betrieb „T. -C. (alt)“ hat das LANUV NRW mit einer Anzahl von (nur) 30 den niedrigsten Wert angesetzt, während die Ingenieure S. & I. von 35 (Gutachten vom 5. Juni 2008) bzw. von 70 (Gutachten vom 10. März 2009) und der Aktenvermerk des Beklagten vom 4. Februar 2009 sogar von 89 Bullen ausgegangen sind. Dadurch, dass das LANUV NRW den niedrigsten Wert angesetzt hat, ist auch insoweit jedenfalls nicht festzustellen, dass die Ermittlung der Geruchsvorbelastung wegen einer überhöhten Anzahl zum Nachteil der Beigeladenen zu hoch ausgefallen sein könnte.
54Inwiefern im Übrigen der in der Antragsbegründung noch angesprochene Wert von „1.000 Masthähnchen mit einer Mastdauer von 42 Tagen und 3 Silagen“ für den Betrieb „S1. “ falsch sein soll, wird seitens der Beigeladenen nicht dargelegt.
55Soweit die Beigeladene mit Schriftsatz vom 24. Juli 2012 unter Hinweis darauf, dass sich weder die Tierart noch die Tierzahlen aus der log-Datei ergäben, darum gebeten hat, dass das LANUV NRW ihr mitteile, welche Daten - namentlich welche Tierarten und Tierzahlen an den verschiedenen Standorten - zugrunde gelegt worden seien, hat das LANUV NRW mit Schreiben vom 12. Oktober 2012 klargestellt, dass Tierart und -zahl aus der Tabelle 3 des Gutachtens hervorgingen. Mit Schriftsatz vom 5. November 2012 hat die Beigeladene daraufhin ausgeführt, dass sie die Angaben ausgewertet habe und dies - trotz einiger Unterschiede hinsichtlich der Tierarten und Tierzahlen - keine Erklärung für die große Differenz zwischen dem vom Ingenieurbüro S. & I. im Auftrage der Beigeladenen ermittelten Geruchswertes gegenüber dem vom LANUV NRW ermittelten Wert sei. Dass die Tierzahlen als solche falsch sind, hat die Beigeladene dabei nicht mehr gerügt.
56Die weiteren Einwände der Beigeladenen in Bezug auf die Tierzahlen sind erst in den Schriftsätzen vom 10. September 2013 sowie vom 4., 5. und 14. November 2013 und damit nach Ablauf der Begründungsfrist vorgetragen worden. Sie sind deshalb nicht mehr zu berücksichtigen. Nach Fristablauf eingegangener Vortrag ist nur zu berücksichtigen, soweit er eine zuvor fristgerecht erfolgte, ausreichend dargelegte Begründung erläutert, ergänzt oder verdeutlicht.
57Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29. Juli 1998- 7 S 1139/98 -, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 24. April 1998 - 24 B 236/98 -, juris Rn. 5 ff., und vom 17. Oktober 2011 - 1 A 1731/08 -, juris Rn. 13; Seibert, Die Zulassung der Berufung, DVBl. 1997, 932 (940); Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 53; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124a Rn. 50.
58Dies ist hier nicht der Fall. Denn die weiteren Einwände beziehen sich auf die bislang nicht angezweifelten Tierzahlen der Betriebe „V. “ und „X2. “ und konkretisieren damit nicht lediglich die vorgenannten fristgerechten Rügen.
59d) Soweit die Beigeladene in ihrer Antragsbegründung vom 18. Juli 2012 ferner ausführt, dass es auffällig sei, dass das LANUV NRW die Abluftfahnenüberhöhung (dynamisch wie thermisch) bei der Erstellung des Gutachtens - namentlich bei der Berechnung der Geruchszusatzbelastung - anders als das Ingenieurbüro S. & I. nicht (hinreichend) berücksichtigt habe, werden ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegenüber dem Gutachten aufgezeigt.
60Die Beigeladene führt hierzu aus, dass eine freie und ungestörte Abströmung der Abluft im Umkreis von 100 m (10fache Schornsteinhöhe) um die Kamine gewährleistet sei und auch die weiteren Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung, die das LANUV NRW in seinem Gutachten vom 31. Mai 2011 auf Seite 20 formuliert habe, erfüllt seien; denn die Immissionsquellen befänden sich mindestens in einer Höhe von 3 m über First und 10 m über Grund und die Austrittgeschwindigkeit der Abluft unterschreite zu keiner Betriebsstunde 7 m je Sekunde. Die Lüftungsanlage werde durch einen Lüftungscomputer gesteuert, der die Einhaltung der Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s regele.
61Das LANUV NRW hat bereits auf entsprechende Einwände im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zur Erläuterung seines Gutachtens in der ergänzenden Stellungnahme vom 31. August 2011 nachvollziehbar ausgeführt (dort Seite 3), dass man bei den Berechnungen für den Regelkamin nur dann eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt habe, wenn dies aufgrund der Parameter „Stalltemperatur“, „Außentemperatur“, „Luftrate“ und „Abluftgeschwindigkeit“ - diese sei abhängig von der Temperatur - auch zu erwarten sei. Die über den Regelkamin emittierte Abluftmenge sei im Vergleich zur gesamten Abluftmenge relativ gering. Für alle anderen Kamine sei eine Abluftfahnenüberhöhung in Abhängigkeit von den genannten Parametern angesetzt worden. Mögliche Maßnahmen zum Erreichen einer Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s in allen möglichen Situationen seien - bewusst - nicht berücksichtigt worden. So führe ein Bypass dazu, dass sich die Temperaturdifferenz zwischen Außenluft und Abluft auf nahezu Null reduzieren und infolgedessen zwar 7 m/s sichergestellt sein möge, aber ein Wärmestrom nicht mehr zu berücksichtigen wäre. Auch die Auswirkungen einer intermittierenden Schaltung seien nicht berücksichtigt worden, da auch hier nicht eindeutig klar sei, wie sich diese tatsächlich auswirke. Im Sinne einer worst-case-Betrachtung sei daher der Regelkamin ohne Abluftfahnenüberhöhung gerechnet worden. Das LANUV NRW sah keine fachliche Veranlassung, hiervon abzuweichen.
62Mit diesen Ausführungen setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht hinreichend substantiiert auseinander. Vor allem zeigt die Beigeladene nicht auf, dass bei einer Regelung der Abluftgeschwindigkeit mittels Lüftungscomputers entgegen der Bedenken des LANUV NRW die Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung sachgerecht gewesen wäre und die Immissionsprognose auch in diesem Fall - wie vom Senat in ständiger Rechtsprechung gefordert - noch „auf der sicheren Seite“ liegen würde.
63e) Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. April 2013 - erstmals - inhaltliche Bedenken gegenüber der vom LANUV NRW vorgenommenen zeitreihenbezogenen Berechnung der Geruchszusatzbelastung angedeutet hat, sind diese nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt worden und haben daher nach den obigen Ausführungen im Zulassungsverfahren unberücksichtigt zu bleiben. Dies gilt namentlich für den Einwand des Beklagten, dass das LANUV NRW bei der Zeitreihenmodellierung - mangels entsprechender Angaben in den Antragsunterlagen der Beigeladenen - eigens einen Schaltplan für die Abluftkamine modelliert habe (Seite 41 f. des Gutachtens vom 31. Mai 2011), der ausschließlich auf „Annahmen“ beruhe und überdies unberücksichtigt lasse, dass gemäß Nebenbestimmung 4.4 der Genehmigung vom 2. September 2009 zu jedem Zeitpunkt eine Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s vorgeschrieben sei.
643. Soweit die Beigeladene sinngemäß einwendet, dass - ungeachtet der nicht rechtsverbindlichen Geruchsimmissions-Richtlinie - keine schädlichen Umwelteinwirkungen von dem genehmigten Vorhaben gegenüber den Klägern ausgingen, da die Anlage den Mindestabstand nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft einhalte, ist dieses Vorbringen erstmals mit Schriftsatz vom 27. November 2012 und damit ebenfalls nach Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgetragen worden. Ungeachtet dessen ist dieser Einwand aber auch in der Sache unbegründet. Wie der Senat bereits entschieden hat, handelt es sich bei den Mindestabständen der TA Luft um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen, so dass die Einhaltung der Mindestabstände allenfalls ein Indiz dafür ist, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auftreten.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 38.
66Auch bei Einhaltung der Abstände bedarf es daher einer den Anforderungen der GIRL entsprechenden Geruchsimmissionsprognose jedenfalls dann, wenn - wie hier - die besonderen Umstände des Einzelfalles, zu denen auch eine Geruchsvorbelastung zählt, dies erfordert (vgl. Nr. 1 Abs. 6 GIRL sowie die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 [„Veranlassung zur Erstellung von Gutachten“ und „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“]).
67Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 11 ff., und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, juris Rn. 34 ff.
684. Ebenfalls ohne Erfolg bleiben die Rügen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass es sich bei dem im Außenbereich höchstens zulässigen Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) gemäß Nr. 3.1 der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL um eine „absolute Obergrenze“ handele; auch aus den vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. März 2009 (10 B 259/09) und vom 25. März 2009 (7 D 129/07.NE) folge, dass die Grenze von 0,25 allenfalls „regelmäßig“ gelte. Die Rechtsmittelführer zeigen insoweit jedenfalls nicht auf, dass das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung unrichtig ist. Selbst wenn in Sondersituationen im Außenbereich ein Überschreiten des vorgenannten Grenzwertes zulässig sein kann, so haben weder der Beklagte noch die Beigeladene dargelegt, dass im vorliegenden Fall Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine solche Überschreitung rechtfertigen könnten.
69Ungeachtet des Umstandes, dass die GIRL für den Außenbereich den ausnahmsweise zulässigen Immissionswert von bis zu 0,25 nur für „landwirtschaftliche“ Gerüche vorsieht,
70vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 42 (insoweit offengelassen, ob die von einer gewerblichen Tierhaltung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ausgehenden Gerüche erfasst sind),
71ist es nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL im Außenbereich nur „unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls“ - und nicht etwa ohne Weiteres - möglich, bei der Geruchsbeurteilung einen Wert von bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Die Feststellung einer Außenbereichslage ist dabei notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung zur Annahme eines Wertes von bis zu 0,25. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten und der Qualität der Geruchsbelästigung im konkreten Fall zu erfolgen hat.
72Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, und vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, n. v., Abdruck S. 7.
73Ob darüber hinaus in Sonderkonstellationen sogar ein Überschreiten des Grenzwertes von 0,25 in Betracht kommen könnte, bedarf keiner Vertiefung, weil solche Umstände hier ersichtlich nicht vorliegen.
74Dies gilt insbesondere auch für den von der Beigeladenen betonten Umstand, dass im Außenbereich die Schutzwürdigkeit von Wohninteressen gegenüber der Verwirklichung „landwirtschaftlicher“ Interessen regelmäßig zurückstehen müsse. Dem geringeren Schutzanspruch von im Außenbereich Wohnenden tragen die Anwendungshinweise zur GIRL bereits dadurch Rechnung, dass für landwirtschaftliche Gerüche ein höherer Wert von bis zu 0,25 zulässig sein kann.
75Eine darüber hinaus gesteigerte Rücksichtnahmepflicht der Kläger ergibt sich gegenüber dem Vorhaben der Beigeladenen auch nicht aufgrund des Umstandes, dass zum Zeitpunkt der Genehmigung und Errichtung ihres Wohnhauses offensichtlich nicht unerhebliche (Geruchs-)Vorbelastungen aufgrund genehmigter Tierhaltungsanlagen im näheren Umfeld bereits vorhanden waren.
76Zwar sind im Umfang der Vorbelastung Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären. Was von einem genehmigten Betrieb an Belastungen für eine benachbarte Wohnbebauung verursacht wird, mindert die Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft, es sei denn, die vorhandenen Immissionen überschreiten bereits die Grenze dessen, was unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes erträglich ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der emittierende Betrieb vor der Wohnbebauung vorhanden war oder nicht; denn die Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung wird mit der Unanfechtbarkeit der Genehmigung des emittierenden Betriebes gemindert.
77Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 -, BauR 1990, 689 = juris Rn. 29 ff., vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332 = juris Rn. 244 f., und vom 27. August 1998 - 4 C 5.98 -, BauR 1999, 152 = juris Rn. 31; Bay. VGH, Beschluss vom 3. August 2000 - 1 CS 99.2116 -, juris Rn. 20.
78Diese vom BVerwG insbesondere im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu Lärmvorbelastungen entwickelten Grundsätze gelten auch für Geruchsbeeinträchtigungen.
79Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 1993 - 4 B 151.93 -, NVwZ-RR 1994, 139 = juris Rn. 13; Nds. OVG, Beschluss vom 30. Juli 1999 - 1 M 2870/99 -, BauR 2000, 362 = juris Rn. 5, sowie Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, RdL 2012, 327 = juris Rn. 82 f.
80Die Kläger werden deshalb die zum Zeitpunkt der Genehmigung und Errichtung ihres Wohnhauses bereits vorgefundene Vorbelastung als solche hinzunehmen haben. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich die vorhandene Geruchsbelastung auch gegenüber neu hinzutretenden Emissionen, die aus neu zu errichtenden Anlagen herrühren, schutzmindernd auswirkt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine vorhandene Vorbelastung in nicht unbeachtlicher Weise erhöht wird. Dass diese Grenze der Beachtlichkeit, die hier durch die Irrelevanzschwelle nach Nr. 3.3 GIRL gezogen wird, im vorliegenden Fall überschritten wird, ergibt sich aus dem nicht durchgreifend in Zweifel gezogenen Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011.
815. Der weitere Einwand, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Irrelevanzkriterium gemäß Nr. 3.3 GIRL wegen einer bereits überschrittenen „absoluten Obergrenze“ von 0,25 nicht angewandt, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
82Ist die vorinstanzliche Entscheidung nämlich - wie hier - auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund frist- und formgerecht aufgezeigt wird und vorliegt.
83Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 254.
84Hieran fehlt es. Der Einwand betrifft nicht die entscheidungstragende, auf den Ergebnissen des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 beruhende - keinen ernstlichen Zweifeln begegnende - Hauptbegründung des Verwaltungsgerichts, sondern die weitere - ebenfalls selbständig tragende - (Hilfs-)Argumentation, das Irrelevanzkriterium sei bei einer Überschreitung des „absoluten Höchstwertes“ von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) nicht mehr anwendbar. Diese Aussage bezieht sich ersichtlich nur auf den Fall, dass die Berechnung der zusätzlichen Geruchsbelastung abweichend von dem Gutachten des LANUV NRW nicht unter Anwendung eines (zeitreihenbezogenen) „GE-Wertes“ von 180, sondern anhand eines „GE-Wertes“ von 50 bzw. 60 erfolgen würde. Denn nur in diesem Fall läge die Geruchszusatzbelastung mit lediglich 0,004 (= 0,4 %) bzw. 0,006 (= 0,6 % der Jahresgeruchsstunden) unterhalb der Irrelevanzgrenze.
85Aus demselben Grund kommt es schließlich auch auf die weiteren Angriffe, die sich auf die (Hilfs-)Argumentation des Verwaltungsgerichts beziehen, für die Zulassungsentscheidung nicht mehr an. Sämtliche Einwände der Beigeladenen, mit denen sie die Ansicht des Verwaltungsgerichts in Frage stellt, dass sich „selbst bei Heranziehung eines Wertes von 50 GE“ für die Kläger eine unzumutbare Geruchsimmissionsbelastung ergebe, sind daher unbeachtlich. Dies gilt insbesondere auch für die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die unter Anwendung des Wertes von „50 GE“ ergebende Zusatzbelastung von 0,004 (= 0,4 %) als messbar bezeichnet, obwohl dieser Wert nach den Vorgaben der GIRL auf 0,00 zu runden sei.
86B. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufwirft.
87Für die Zulassung der Berufung kommt es insoweit darauf an, ob die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen das erstinstanzliche Urteil Fragen von solcher Schwierigkeit aufwerfen, dass sich diese nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären und entscheiden lassen.
88Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 124 Rn. 108
89Daran fehlt es hier, wie sich den Ausführungen zu I. entnehmen lässt.
90Nichts anderes ergibt sich aus dem Begründungsaufwand der angefochtenen Entscheidung. Zwar wird sich häufig schon aus diesem ergeben, ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist.
91Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 = juris Rn. 17.
92Einen solchen Begründungsaufwand enthält jedoch das angefochtene Urteil mit den 12 Seiten umfassenden Entscheidungsgründen nicht, zumal die tragenden Erwägungen, mit denen das Verwaltungsgericht die Aufhebung der Genehmigung begründet hat, auf etwa 6 Seiten beschränkt sind. Überdies ist der Umfang der erstinstanzlichen Entscheidungen in erster Linie dem Bemühen des Verwaltungsgerichts geschuldet, auf die zahlreichen Rügen der Beteiligten einzugehen.
93Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 8 A 318/11 -, n. v., Abdruck S. 14 f. (zum Umfangs einer erstinstanzlichen Entscheidung von 80 Seiten).
94Auch der Umfang des Vortrags der Beteiligten im Zulassungsverfahren, der zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Wiederholungen des zuvor bereits Vorgetragenen besteht, rechtfertigt keine andere Bewertung.
95C. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
96Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren von Bedeutung wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.
97Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 127.
98Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.
99Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997
100- 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 = juris Rn. 2 (zu § 132 VwGO).
101Diese Anforderungen sind nicht erfüllt. Die (sinngemäß) aufgeworfenen Fragen,
102ob sich eine Anwendung des Irrelevanzkriteriums gemäß Nr. 3.3 GIRL bei einer vorhandenen Vorbelastung, die bereits allein den zulässigen Wert von 0,25 für den Außenbereich überschreite, verbiete,
103ob einem Antragsteller die Berufung auf eine irrelevante Zusatzbelastung versperrt sei, wenn der je nach Gebietstyp zulässige Grenzwert der hinzunehmenden Geruchsimmissionen im Rahmen der Vorbelastung bereits überschritten sei,
104und
105ob bei einem zur Genehmigung gestellten Vorhaben, das das Irrelevanzkriterium nach der GIRL einhalte, die Vorbelastung ermittelt werden müsse,
106sind für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich, da die vom genehmigten Vorhaben der Beigeladenen ausgehende Geruchszusatzbelastung nach den nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die auf dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 beruhen, nicht irrelevant im Sinne der GIRL sind.
107Die als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage,
108ob die in jedem Einzelfall konkret zu begründende Erweiterungsmöglichkeit auf höchstens 0,25 (25 %) der GIRL 2008 die absolut zulässige Obergrenze für hinzunehmende Geruchsimmissionen darstelle, die nicht überschritten werden dürfe,
109bedarf jedenfalls im vorliegenden Verfahren keiner allgemeinen Klärung, weil - wie aufgezeigt - keine Umstände ersichtlich sind, die eine Überschreitung des Grenzwertes von 0,25 rechtfertigen könnten, wollte man eine solche Überschreitung ausnahmsweise in Sondersituationen für möglich halten.
110Die sinngemäß formulierte Frage,
111ob die Geruchsausbreitungsrechnung mittels des jährlichen Emissionsfaktors für Masthähnchen gemäß VDI 3894 Bl. 1 oder aufgrund einer Zeitreihenbetrachtung unter Anwendung des vom LANUV NRW speziell für diesen Zweck ermittelten Emissionsfaktors zu erfolgen habe,
112ist im vorliegenden Fall nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Wie oben ausgeführt, hat das LANUV NRW die zeitreihenbezogene Berechnungsmethode zur Ermittlung der Geruchszusatzbelastung unter Heranziehung eines mittleren Wertes von 180 GE/(s*GV) im vorliegenden Fall als fachgerecht angesehen, weil die Berücksichtigung zeitabhängiger Emissionen realitätsnäher sei. Diese Vorgehensweise hat das Verwaltungsgericht zu Recht als aktuelle wissenschaftliche Praxis und sachgerechte Methode bewertet. Die Antragsbegründung des Beklagten stellt diese Bewertung nicht infrage. Sie begründet weder, dass die vom LANUV NRW angewandte Ermittlungsmethode nicht mit der Geruchsimmissions-Richtlinie im Einklang stehen könnte, noch legt sie sonst konkrete fachliche Bedenken oder gegenteilige wissenschaftliche Bewertungsansätze dar. Insbesondere zeigt sie aber nicht auf, dass es für die Entscheidung im vorliegenden Fall einer darüber hinausgehenden allgemeingültigen Klärung bedarf, welche Ermittlungsmethode einer Geruchsausbreitungsrechnung zugrundezulegen ist.
113Die weitere Frage,
114ob die GE-Werte weder die objektiv zu beurteilende Sachlage noch erkennbar die Rechtslage beträfen, da es sich bei GE-Werten allein um die Messbarkeit von Gegebenheiten handele,
115kann auf der Grundlage der bereits ergangenen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens dahingehend beantwortet werden, dass - wie oben unter A. II. 1. bereits ausgeführt - die „GE-Werte“, die einer Geruchsimmissionsprognose zugrunde zu legen sind, lediglich Erkenntnismittel sind, die nicht die Rechtslage oder die ursprüngliche Sachlage selbst betreffen, sondern maßgeblich für die Bewertung der ursprünglichen Sachlage sind.
116D. Die Berufung ist schließlich nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der geltend gemachten Abweichung von der Entscheidung eines übergeordneten Gerichts zuzulassen.
117Eine die Berufung eröffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der übergeordneten Rechtsprechung aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz widersprochen hat.
118Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 158.
119Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
120Soweit die Beigeladene darauf hinweist, aus der Rechtsprechung der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen folge, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine „starre“ und „absolute“ Obergrenze für hinzunehmende Geruchsimmissionen im Außenbereich bei 0,25 (25 %) nicht bestehe, sondern vielmehr im jeweiligen Einzelfall eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen habe (OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007
121- 7 A 1434/06 - und vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE - sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 - und vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -), fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit einer etwaigen Abweichung. Wie mehrfach ausgeführt, sind keine Umstände dafür ersichtlich, dass die Kläger hier aufgrund einer solchen umfassenden Würdigung Geruchsimmissionen oberhalb des Grenzwertes von 0,25 hinzunehmen hätten. Dies gilt gleichermaßen, soweit auch der Beklagte eine Abweichung von den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE - und vom 23. März 2009
122- 10 B 259/09 - geltend macht.
123Ebenfalls nicht entscheidungserheblich ist, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei einem Überschreiten der Obergrenze von 0,25 scheide eine Anwendung der Irrelevanzregelung gemäß Nr. 3.3 GIRL aus, von der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen abweicht. Wie ausgeführt, beruht das verwaltungsgerichtliche Urteil auf einer weiteren selbstständig tragenden, nicht erfolgreich angegriffenen Begründung.
124Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
125Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Dabei orientiert sich der Senat an dem in Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (http://www.BVerwG.de/ medien/pdf/streitwertkatalog.pdf) vorgeschlagenen Wert von 15.000,- Euro. Der Umstand, dass der Beklagte und die Beigeladene Rechtsmittelführer sind, führt nicht zu einer Erhöhung dieses Werts. Denn Ausgangspunkt für die Streitwertfestsetzung ist die Bedeutung der Sache für die Kläger; auf die Bedeutung, die die Sache für den beigeladenen Genehmigungsinhaber hat, kommt es nach § 52 Abs. 1 GKG nicht an.
126Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Der Beschluss des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wird mit Ausnahme der Kostenentscheidung abgeändert.
Die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, 13. Februar 2012 und vom 14. August 2014 wird ab dem Zeitpunkt angeordnet, ab dem die Beigeladene gegenüber dem Antragsgegner und den Antragstellern nachgewiesen hat,
a) dass die im Schreiben vom 26. Mai 2014 gegenüber dem Bauordnungsamt des Antragsgegners verbindlich angekündigten Änderungen des landwirtschaftlichen Betriebes der T. Agrar GbR - Reduzierung des Tierbestandes sowie Modernisierung der Abluftführung in den Stallungen - umgesetzt wurden,
und
b) dass die Mündungshöhe des Abgaskamins des Technikgebäudes der streitgegenständlichen Anlage mindestens 10 m über dem Erdboden und mindestens 3 m über dem Dachfirst liegt sowie die Abluftgeschwindigkeit der Raumentlüftung 7 m/sec beträgt.
Im Übrigen werden der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage 8 A 799/14 (VG Minden 11 K 805/11) gegen den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 sowie der Antrag der Beigeladenen abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu 3/4, die Beigeladene und der Antragsgegner zu je zu 1/8. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Antragsteller wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und die Inbetriebnahme einer Biogasanlage auf dem Grundstück T1. , X. , Gemarkung I. .
4Die Beigeladene beantragte am 23. August 2010 die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 400 kW und einer Feuerungswärmeleistung von 1.015 kW. In der Anlage würden Schweinegülle (3.000 t/a), Maissilage (6.288 t/a) und Ganzpflanzensilage (700 t/a) zur Gasherstellung eingesetzt. Die Gülle werde mit Transportfahrzeugen vom landwirtschaftlichen Betrieb zur Biogasanlage gefahren und in dem Annahmebehälter zwischengelagert. Von dort werde sie dem Anmischbehälter zugeführt. Die Mais- und Ganzpflanzensilage werde von dem aus drei Fahrsilos bestehenden Silagelager mit Radladern in den Annahmebunker am Technikgebäude abgekippt, von wo sie in den Anmischbehälter eingetragen werde. Das Material werde nach dem Mischvorgang dem Fermenter zugeführt, wo unter anaeroben Bedingungen organische Substanz abgebaut werde und Biogas entstehe; das restliche Gärsubstrat komme in den Gärrestspeicher. Das Biogas werde gekühlt, getrocknet und danach im Blockheizkraftwerk (Gasmotor) verbrannt. Über einen Generator werde Strom erzeugt. Die Beigeladene legte im Genehmigungsverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 14. September 2010 - ergänzt unter dem 16. Dezember 2010 ‑ vor, wonach die Zusatzbelastung durch die Gerüche der Biogasanlage die Irrelevanzschwelle nicht überschreite.
5Mit Bescheid vom 29. März 2011 genehmigte der Antragsgegner die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage (elektrische Leistung 400 kW, Feuerungswärmeleistung 1.015 kW, maximale Gaserzeugung 2,3 Mio Nm³/a). Der Antragsgegner ordnete die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
6Die Antragsteller, die in unmittelbarer Nachbarschaft des Anlagenstandorts wohnen, haben am 13. April 2011 Klage erhoben und Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Sie machen insbesondere geltend, sie würden durch den Betrieb der Anlage unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.
7Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 15. Juni 2011 abgelehnt - VG Minden 11 L 180/11 -. Die Antragsteller haben hiergegen Beschwerde eingelegt.
8Am 28. März 2012 hat die Beigeladene einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt (Modifizierung der Fahrsiloanlage, des Technikgebäudes und des Betriebs des Annahmebunkers, Verzicht auf die westliche Zufahrt und Verlagerung der Wallanlage) und ein diese Änderungen einbeziehendes Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 20. April 2012 vorgelegt.
9Der Senat hat auf die Beschwerde der Antragsteller die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wiederhergestellt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, es sei offen, ob bei der Nutzung der Biogasanlage für die Antragsteller unzumutbare Geruchsimmissionen entstünden. Insbesondere aufgrund der Defizite der vorliegenden Geruchsimmissionsprognose könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass die Irrelevanzschwelle von 2% der Jahresgeruchsstunden - anders als prognostiziert - überschritten werde. Eine verlässliche Aussage darüber, wie hoch die voraussichtliche Gesamtbelastung am Wohnhaus der Antragsteller sei, sei mangels entsprechender Untersuchung nicht möglich. Die bei dieser Sachlage erforderliche Interessenabwägung gehe zulasten der Beigeladenen aus.
10Der Antragsgegner hat den Genehmigungsbescheid mit Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 geändert sowie mit der weiteren Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 um die am 28. März 2012 beantragten Änderungen ergänzt. Dabei hat er die Vorgaben des Gutachtens der Gutachter V. & Partner vom 7. August 2012, das die veränderte Vorbelastung aufgrund der ins Auge gefassten Änderungen der Abluftanlagen bzw. der Kamine der Stallungen der T. Agrar GbR einbezogen hat, und das Geruchsgutachten vom 20. April 2012 berücksichtigt sowie dem Genehmigungsbescheid Nebenbestimmungen zu den beantragten Maßnahmen und zur Abdeckung, Öffnung und Reinigung der Silageanschnittfläche hinzugefügt.
11Der Antrag der Beigeladenen vom 10. August 2012 auf Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 und auf Ablehnung des Antrags der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung blieb ohne Erfolg (vgl. Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. September 2012 - 11 L 521/12 - sowie Beschluss des Senats vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -).
12Die Beigeladene hat im erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013 vorgelegt, das diese unter dem 19. September 2013 und unter dem 21. Februar 2014 ergänzt haben.
13Mit Bescheid vom 19. Juli 2013 hat der Antragsgegner der Beigeladenen den Betrieb der zwischenzeitlich errichteten Anlage untersagt. Die Untersagungsverfügung ist bestandskräftig geworden.
14Das LANUV NRW hat in seiner vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahme vom 26. November 2013 erklärt, bei erneuter Durchsicht der Unterlagen bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung in dem Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013. Die aktuell vorliegenden Ergebnisse seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Antragsteller darzustellen, soweit alle Geruchsemittenten berücksichtigt würden, die Zuordnung der Geruchsquellen entsprechend der Prüfung des Antragsgegners plausibel sei und die Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld zu keiner Änderung der ermittelten Geruchsbelastung führten. Die Auswertung der Berechnungsergebnisse führe am Wohnhaus der Antragsteller zu einer Geruchsbelastung von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche der Biogasanlage, 0,17 / 17 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche aus Tierhaltung und einer durch Ausbreitungsberechnung ermittelten Gesamtbelastung von 0,22 / 22 % der Jahresgeruchstunden.
15Da Gerüche aus Biogaslagen den Gerüchen aus Tierhaltung nicht gleichgestellt werden könnten, bedürfe es der Bestimmung zweier Immissionswerte. Für Gerüche aus Tierhaltung sei ein Immissionswert von bis 0,25 / 25 % der Jahresgeruchsstunden und für Gerüche der Biogasanlage ein Immissionswert von 0,15 / 15 % bis 0,20 / 20 % der Jahresgeruchsstunden denkbar. Bei einem solchen Zusammentreffen unterschiedlicher Immissionswerte dürfe die Summe der jeweiligen Anteile den Wert 1,00 nicht überschreiten. Dieser Wert werde vorliegend selbst bei Zugrundelegung eines Immissionswerts für Gerüche aus der Tierhaltung von 0,25 und eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,20 mit Blick auf die Vorbelastung durch Gerüche aus der Tierhaltung von 0,17 / 17 % der Jahresgeruchsstunden und einer Zusatzbelastung von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchsstunden durch Gerüche aus der Biogasanlage - wenn auch nur geringfügig (1,03) - überschritten.
16Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 13. Februar 2014 die Nebenbestimmungen 1 bis 4 der Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 betreffend die Umbaumaßnahmen auf dem Hof der T. Agrar GbR aufgehoben.
17Mit Urteil vom 24. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht Minden den angefochtenen Genehmigungsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Genehmigung in der Fassung der Änderungsbescheide stelle nicht hinreichend sicher, dass beim Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen entstünden. Auf den von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärten Verzicht auf die dem Grundstück der Antragsteller nächstgelegene Fahrsilokammer sowie auf den Einsatz und die Lagerung von Grassilage komme es nicht an. Die Summe der Anteile der Gerüche sei - bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,25 für die Gerüche aus Tierhaltung - bei einer anhand der neuen Erkenntnisse zu den genehmigten Tierplatzzahlen des Nachbarbetriebs H. orrigierten Geruchsvorbelastung durch Tierhaltung von 0,18 / 18 % der Jahresgeruchsstunden sowie einer Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchsstunden größer als 1, und zwar sowohl bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,15 als auch bei Zugrundlegung eines Immissionswerts von 0,20 für Gerüche aus der Biogasanlage (1,07 bzw. 1,19).
18Die Beigeladene hat unter dem 8. April 2014 die Zulassung der Berufung beantragt ‑ 8 A 799/14 -. Das Verfahren ist noch anhängig.
19Am 6. Juni 2014 hat die Beigeladene einen weiteren Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt. Gegenstand des Antrags ist der Verzicht auf die dem Wohnhaus der Antragsteller nächstgelegene dritte Fahrsilokammer, die ausschließliche Lagerung von Maissilage, die Änderung der Raumentlüftung des Technikgebäudes sowie der Einbau eines Aktivkohlefilters im Anschluss an den Anmischbehälter. Es sei ein Input an nachwachsenden Rohstoffen von 3.988 t/a und an Gülle von 3.000 t/a geplant; die Rohgasproduktion belaufe sich voraussichtlich auf 1.480.024 m³/a. Die Beigeladene hat ein ergänzendes Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgelegt, das diese Änderungen und die von der T. Agrar GbR unter dem 26. Mai 2014 gegenüber der Bauaufsicht verbindlich zugesagten Änderungen ihres landwirtschaftlichen Betriebes (Abluft der Stallungen und Reduzierung der Tierzahlen) berücksichtigt. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Antragsteller 0,04 / 4 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche der Biogasanlage und 0,15 / 15 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche aus Tierhaltung betrage, die Gesamtbelastung belaufe sich auf 0,19 / 19 % der Jahresgeruchstunden. Ausgehend von einem Immissionswert von 0,20 für Gerüche aus Tierhaltung und einem Immissionswert von 0,175 für Gerüche der Biogasanlage sei auch unter Berücksichtigung der Prüfformel des LANUV NRW bei einem Wert von 0,98 nicht mit einer unzumutbaren Geruchsbelastung zu rechnen.
20Mit Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 hat der Antragsgegner die Änderungen genehmigt und die Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014 zum verbindlichen Bestandteil des Antrags gemacht; die darin angenommenen Rahmenbedingungen seien einzuhalten und den Empfehlungen sei zu folgen.
21Am 1. September 2014 hat die Beigeladene den vorliegenden Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Form der Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 gestellt, hilfsweise hat sie die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung vom 29. März 2011 beantragt.
22II.
23Die auf §§ 80 a Abs. 3 Sätze 1 und 2, 80 a Abs. 1 Nr. 1 und 80 Abs. 7 VwGO gestützten Anträge der Beigeladenen auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2011 - 8 B 799/11 - und auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides in seiner aktuellen Fassung haben unter den aus dem Tenor ersichtlichen Maßgaben Erfolg. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Beigeladene in der Sache die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der - aktuellen - Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, vom 13. Februar 2014 und zuletzt des Bescheides vom 14. August 2014 begehrt.
24A. Die Beigeladene kann die Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2011 - 8 B 799/11 - und - unter der genannten Voraussetzung - die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung verlangen.
25Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Diese Vorschrift gilt nach § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend, wenn ein Dritter - wie hier die Antragsteller - einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt (Verwaltungsakt mit Doppelwirkung) einlegt. Nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten die sofortige Vollziehung anordnen.
26Der Senat ist für die Entscheidung über den Abänderungsantrag und über die Anordnung der sofortigen Vollziehung zuständig. Nachdem die Beigeladene am 8. April 2014 die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 24. Februar 2014 beantragt hat, ist der Senat das Gericht der Hauptsache, vgl. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO.
27Vorliegend bedarf es zunächst der Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - nach §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Die Voraussetzungen für die Abänderung des Beschlusses liegen vor. Die maßgeblichen Umstände haben sich gegenüber dem Ausgangsverfahren verändert (dazu 1). Diese veränderten Umstände führen zu einer anderen als der zuvor getroffenen Entscheidung. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ist unter Berücksichtigung der aktuellen Sachlage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzulehnen (dazu 2.). Die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung wird gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO angeordnet. Voraussetzung ist allerdings, dass die aus dem Tenor ersichtlichen Maßgaben erfüllt sind. Diese Maßgaben tragen dem Umstand Rechnung, dass bislang weder die Beigeladene noch die T. Agrar GbR die in der Immissionsprognose der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgesehenen geruchsmindernden Maßnahmen (vollständig) umgesetzt haben (dazu 3.).
281. Die Beigeladene verlangt zu Recht zunächst die Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 -. Der im Ergebnis angestrebten Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung steht aufgrund der analog § 121 VwGO eingetretenen materiellen Rechtskraft des Beschlusses ohne eine solche Änderung die gerichtliche Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage entgegen.
29Vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80, Rn. 171.
30Die (Rechtskraft)Wirkung des Beschlusses vom 23. Juli 2012 erstreckt sich auch auf die Genehmigung in der Fassung der Nachtragsgenehmigungen und des Aufhebungsbescheides. Das Vorhaben in seiner aktuellen Form ist im Vergleich mit dem ursprünglich genehmigten Vorhaben nicht als „aliud“ zu qualifizieren und begründet auch keinen neuen Streitgegenstand. Es ist nicht wesentlich geändert worden, sondern hat durch die nachträglich getroffenen Regelungen lediglich seine abschließende Gestalt gefunden.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 -, juris Rn 10 ff.
32Die Nachtragsgenehmigungen und der Aufhebungsbescheid regeln ausschließlich die (bauliche) Gestaltung und/oder die Betriebsmodalitäten von solchen Teilen des Vorhabens, die im Verhältnis zum Hauptzweck der Biogasherstellung und ‑verwertung nur Hilfs- oder Nebenfunktion haben (Siloanlage, Annahmebunker, Wallanlage, Zufahrt und Technikgebäude), oder - soweit sie die Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR betreffen - von Anlagen, die dem Vorhaben nicht zuzuordnen sind. Der ursprünglich geplante Betriebsablauf bleibt grundsätzlich erhalten; die Änderungen sind für den Gesamtbetrieb und für die jeweils betroffenen Betriebsteile von allenfalls untergeordnetem Gewicht. Die für die Biogasherstellung und -verwertung maßgeblichen Betriebsteile - Fermenter und Blockheizkraftwerk - bleiben völlig unberührt. Hier verbleibt es insbesondere auch, was die bauliche Gestaltung, die technische und/oder chemische Wirkungsweise und die Leistung angeht, bei den ursprünglich beantragten Vorgaben.
33Der Einbeziehung der Nachtragsgenehmigungen und des Aufhebungsbescheides in das laufende Klageverfahren steht somit nichts entgegen.
34Vgl. zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage bei der Drittanfechtung: OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris Rn. 88 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, juris Rn. 28.
35Die Nachtragsgenehmigungen und der Aufhebungsbescheid haben die (nachbarrelevanten) Umstände gegenüber dem ursprünglich genehmigten Vorhaben verändert. Insbesondere die Regelungen der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 dienen im Wesentlichen der Verringerung der von der Biogasanlage hervorgerufenen Geruchsemissionen und einer Absenkung der Vorbelastung mit Tierhaltungsgerüchen. Sie haben damit Auswirkungen auf die voraussichtlich zu erwartende Geruchsbelastung in der Umgebung der Biogasanlage.
362. Die veränderten Umstände rechtfertigen auch die Änderung des Beschlusses vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 -. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nunmehr abzulehnen.
37Die Erfolgsaussichten der Klage sind nicht (mehr) offen. Der angefochtene Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 dürfte sich in seiner aktuellen Fassung vielmehr als rechtmäßig erweisen. Die Antragsteller dürften durch den Betrieb der Anlage insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelastungen (mehr) ausgesetzt sein (dazu a). Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung überwiegen daher die Interessen der Beigeladenen an einer vorläufigen Inbetriebnahme der Biogasanlage das Interesse der Antragsteller bis zur Entscheidung über die Klage von den Auswirkungen des vorläufigen Betriebs verschont zu bleiben (dazu b).
38a) Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung spricht Erhebliches für die Annahme, dass sich der Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in der geänderten Fassung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
39(1) Die Einschätzung der Antragsteller, die Genehmigung genüge aufgrund der wiederholten Änderungen nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten, trifft nicht zu. Die Genehmigung für das Vorhaben ist vielmehr ungeachtet des Umstandes, dass die Regelungen und Nebenbestimmungen sich auf mehrere (Nachtrags-)Bescheide verteilen, im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW hinreichend bestimmt.
40Eine Genehmigung entspricht den Anforderungen des § 37 VwVfG NRW, wenn die getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens - gegebenenfalls nach Auslegung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts einschließlich aller seiner Nebenstimmungen. Insoweit muss klar sein, welche Rechtsbeziehung zwischen wem geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Entsprechend muss bei einer Genehmigung klar sein, was genau genehmigt wurde und welchen Umfang die gestattende Wirkung der Genehmigung hat. Bestimmbarkeit reicht hier aus; welches Maß an Konkretisierung notwendig ist, hängt von der Art des Verwaltungsakts, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab. Das Gewollte kann sich auch aus der Bezugnahme auf bestimmte Antragsunterlagen ergeben.
41Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 2, 3, 5 und 27; Bay. VGH, Beschluss vom 22. April 2009 - 1 CS 09.221 -, juris Rn. 20 und 24; OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
42Vorliegend ist trotz der nachträglichen Änderungen des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 weder unklar, welches Vorhaben genehmigt wurde oder welchen Umfang die gestattende Wirkung hat, noch welche Nebenbestimmungen für das Vorhaben gelten sollen. Der aktuelle Inhalt der Genehmigung lässt sich vielmehr sowohl hinsichtlich des verfügenden Teils als auch hinsichtlich der Nebenbestimmungen bei einer „parallelen“ Lektüre der Bescheide - unter zulässiger Heranziehung der jeweils ergänzend vorgelegten Antragsunterlagen - auch von den drittbetroffenen Antragstellern mit noch vertretbarem Aufwand ermitteln. Dessen ungeachtet erscheint es sinnvoll, dass der Antragsgegner den aktuellen Genehmigungsstand im Hauptsacheverfahren zusammenfassend darstellt.
43Die Genehmigung ist in ihrer aktuellen Fassung auch nicht deshalb unbestimmt, weil die Nebenbestimmung Nr. 8 in der 3. Nachtragsgenehmigung eine Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung von mindestens 10 m über dem Erdboden verlangt, während die in Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum verbindlichen Bestandteil der Genehmigung gemachte Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 davon abweichend - wie die ersetzte Nebenbestimmung Nr. 9 zur Luftreinhaltung auf Seite 9 des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 - ausdrücklich von einer Mündungshöhe von 12 m über dem Erdboden ausgeht. Insoweit liegt offenkundig ein Schreibversehen vor, das der Antragsgegner jederzeit korrigieren kann. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Antragsgegner die Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung ohne jeden Anlass und entgegen der ausdrücklichen Rahmenbedingungen der maßgeblichen Immissionsprognose von 12 m auf 10 m absenken wollte.
44Es bestehen im Übrigen auch keine durchgreifenden Bedenken an der Bestimmtheit des Genehmigungsinhalts, weil die „Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014“ einschließlich der dort vorausgesetzten Rahmenbedigungen durch Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum (verbindlichen) Bestandteil der Genehmigung gemacht wurde. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Bezugnahme auf die Antragsunterlagen.
45Vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
46Vor diesem Hintergrund wirkt es sich auch mit Blick darauf, dass die Einhaltung der Pflichten des § 5 BImSchG in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sichergestellt sein müssen, nicht auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung aus, dass weder die - die Vorbelastung senkenden - Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR noch die Vorgabe, dass die Austrittsgeschwindigkeit der Abgase der Raumentlüftung des Technikgebäudes mindestens 7 m/s betragen muss, in einer Nebenbestimmung geregelt sind. Diese Vorgaben sind durch die Bezugnahme auf die Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 und ihre Rahmenbedingungen sowie die Antragsunterlagen verbindlicher Inhalt der Genehmigung geworden.
47Vgl. zum Erfordernis der Sicherstellung von Kompensationsmaßnahmen im Genehmigungsbescheid OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 24.
48(2) Die am Wohnhaus der Antragsteller durch den Betrieb der geplanten Biogasanlage zu erwartende Geruchsbelastung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Grundlage der aktuellen Genehmigungslage zumutbar.
49Die drittschützende Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG bestimmt, dass genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.
50Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen als erhebliche Beeinträchtigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG einzustufen sind, kann - bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften ‑ auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009, MBl. NRW 2009 S. 533) zurückgegriffen werden.
51In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die GIRL bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
52Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177, juris Rn.30, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63, juris Rn. 14, m. w. N.; auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27. November 2014 ‑ 1 LA 52/14 -, juris Rn. 7 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 10 ff.
53Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es zudem grundsätzlich - vorbehaltlich von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose.
54Vgl. z. B. OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn.5.
55Nach Nr. 3.1 GIRL ist eine Geruchsemission als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung (IG) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte (IW) überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Die Kenngröße der Gesamtbelastung IG ergibt sich nach Nr. 4.6 GIRL grundsätzlich aus der algebraischen Addition der Kenngröße für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung. Werden sowohl die vorhandene Belastung als auch die zu erwartende Zusatzbelastung - wie hier - über Ausbreitungsberechnung ermittelt, so ist die Gesamtbelastung in der Regel in einem Rechenweg zu bestimmen. Dabei wird die gewöhnlich die Gesamtbelastung IG mindernde Überlagerung von Gerüchen - anders als bei der bloßen Addition der Kenngrößen - berücksichtigt. Für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung ist unter Einbeziehung der Gewichtungsfaktoren aus Tabelle 4 die keine Hedonikfaktoren sind, eine belästigungsrelevante Kenngröße IGb zu berechnen, die mit den Immissionswerten nach Tabelle 1 verglichen wird. Industrie- und Gewerbegerüche gehen - mit der Ausnahme eindeutig angenehmer Gerüche, die mit einem Hedonikfaktor belegt werden können - mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 unverändert in die Berechnung ein.
56Nach der Tabelle 1 zu Nr. 3.1 GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert von 0,10 und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15. Hier sind alle Geruchstypen erfasst. Der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 betrifft dagegen nur Geruchsimmissionen aus Tierhaltung. Aus diesem Grund sind im Dorfgebiet grundsätzlich zwei Immissionswerte zu beachten, und zwar für Industrie- und Gewerbegerüche der Immissionswert für Wohn- und Mischgebiete von 0,10 und für Tierhaltungsgerüche ein Immissionswert von 0,15.
57Vgl. Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.10.
58Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich für landwirtschaftliche Gerüche einen Wert bis zu 0,25 heranzuziehen. Landwirtschaftliche Gerüche in diesem Sinne dürften - wie auch das LANUV NRW in seiner Stellungnahme vom 26. November 2013 angenommen hat - (nur) die besonders belästigungsrelevanten Tierhaltungsgerüche sein, für die die GIRL auch im Dorfgebiet ausdrücklich einen gesonderten Immissionswert vorsieht.
59Im Ausgangspunkt darf ohne diese Einzelfallprüfung auch im Außenbereich der Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche nicht überschritten werden. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts bis 0,25 erfordert nach der Rechtsprechung des Senats immer eine Prüfung der Umstände des konkreten Einzelfalls. Dabei sind u. a. der Gebietscharakter, die Vorbelastung und Ortsüblichkeit der Gerüche, eine gegebenenfalls erhöhte Duldungspflicht des Nachbarn bei eigener (früherer) Tierhaltung, das gesetzgeberische Anliegens, Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen generell zu vermeiden und an sich nicht zumutbare Zustände nicht zu verfestigen, der Stand der Technik, das Ziel, Vorhabenänderungen dann nicht zu verhindern, wenn sie zwar nicht die an sich zumutbaren Geruchsimmissionswerte einhalten, aber deutliche Verbesserungen herbeiführen, sowie sonstige Einzelfallumstände zu berücksichtigen.
60Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, juris Rn. 38 ff., vom 3. August. 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 21, vom 28.November 2012 - 8 B 892/12 -, n. v., Abdruck S. 7, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 30; auch: Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 10 ff.
61In die Betrachtung ist auch mit einzubeziehen, welche Tierarten im Rahmen der Vor- und Zusatzbelastung betroffen sind. Das LANUV NRW weist in seiner Stellungnahme vom 26. November 2013 zu Recht darauf hin, dass bei einem - keinen Hedonikfaktor darstellenden - Gewichtungsfaktor 0,5 für Milchkühe mit Jungtieren der belästigungsrelevanten Kenngröße 0,25, die in die Berechnung der Gesamtbelastung eingestellt wird, eine tatsächliche Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht.
62Die die Erhöhung des Immissionswerts rechtfertigenden Gründe müssen dabei umso gewichtiger sein, je mehr der Immissionswert dem Wert 0,25 angenähert wird. Zwar dürfte auch die Bestimmung eines Immissionswerts über 0,25 nicht generell ausgeschlossen sein, jedoch allenfalls in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht kommen.
63Vgl. zu der Frage, ob der Wert 0,25 eine absolute Obergrenze darstellt, verneinend: Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 11.
64Der Senat geht im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit dem LANUV NRW davon aus, dass für die Bestimmung des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich im Grundsatz nichts anderes gilt. Die Bestimmung dieses weiteren Immissionswerts ist bei einem Zusammentreffen beider Geruchstypen erforderlich, weil - wie dargelegt - auch im Außenbereich ein gesonderter Immissionswert für Tierhaltungsgerüche bestimmt wird. Auch hinsichtlich des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich bedarf es daher einer Einzelfallprüfung, wenn ein höherer als der für Gewerbe-und Industriegebiete geltende Immissionswert von 0,15 bestimmt werden soll. Das LANUV NRW hält hier im Einzelfall eine Erhöhung auf Werte bis 0,20 für möglich. Dem schließt sich der Senat im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes an.
65Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, reicht es für die Feststellung, dass die Geruchsbelastung für den Nachbarn zumutbar ist, allerdings nicht aus, wenn die beide Geruchstypen erfassende Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionspunkt den höheren Immissionswert einhält. Zusätzlich muss der jeweilige Immissionswert auch bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden. Die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2013 vorgeschlagene, vom dem sogenannten „GIRL-Expertengremium“ für das Dorfgebiet entwickelte Prüfregel ermöglicht eine sichere Beurteilung dieser weiteren Vorgabe auch im Außenbereich. Bei Gemengelagen von Tierhaltungen und gewerblichen Emittenten sind danach die jeweiligen Immissionswerte eingehalten, sofern die Prüfungsregel
66(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
67gilt. Danach ist zu berechnen, welche Anteile ihres Immissionswertes die beiden Geruchskategorien jeweils ausschöpfen. Die 1. Klammer betrifft Gerüche aus der Tierhaltung und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (ITH) an dem zulässigen Immissionswert für Tiergerüche (IWTH) an; die 2. Klammer betrifft Gerüche aus Industrieanlagen und Gewerbebetrieben und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (IG/I) an dem zulässigen Immissionswert für gewerbliche Gerüche (IWG/I) an. Die Summe beider Anteile darf den Wert von 1,0 nicht überschreiten.
68Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S. 4 und 10 f.
69Der Anwendung dieser Prüfregel steht nicht von vorneherein entgegen, dass sie letztlich auf eine Addition der - ins Verhältnis zum jeweiligen Immissionswert gesetzten - Geruchshäufigkeitswerte hinausläuft und - anders als bei der Ausbreitungsberechnung - Geruchsüberlagerungen hier außer Betracht bleiben. Zum einen lässt die GIRL in Nr. 4.6 selbst aus Vereinfachungsgründen die an sich nicht mögliche arithmetische Addition von Geruchshäufigkeiten zu. Zum anderen wird die mit der Prüfregel notwendig verbundene, regelmäßig zulasten des Betreibers gehende Unschärfe der tatsächlichen Belastungssituation durch die Anwendung der Rundungsregeln auf den errechneten Wert gemindert. Die arithmetische Rundungsregel ist anwendbar, weil es sich bei dem Wert 1,0 um eine mathematische Größe handelt. Danach trifft die Aussage x ≤ 1,0 bei Werten bis x = 1,04 zu.
70Vgl. Bartsch, Mathematische Formeln für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 23. Auflage 2014, S. 54: Abrunden: die letzte Ziffer bleibt unverändert, wenn die erste weggelassene Ziffer 0,1,2,3,4 ist; Aufrunden: die letzte Ziffer wird um 1 erhöht, wenn die erste weggelassene Ziffer 5,6,7,8,9 ist, vgl. auch DIN 1333.
71Dagegen dürfte weder die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2014 verwendete Fassung der Prüfregel
72(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,00
73noch die von dem Expertengremium GIRL ferner genannte Fassung
74(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1
75diesem Anliegen ausreichend Rechnung tragen. Die erste Formel erscheint auch bei Anwendung der Rundungsregel zuungunsten des Betreibers zu eng (x ≤ 1,004) und die zweite zuungunsten des Nachbarn zu weit (x ≤ 1,4).
76Der Senat geht schließlich im Eilrechtsschutzverfahren mit dem Antragsgegner und dem LANUV NRW davon aus, dass es sich bei den Gerüchen der Biogasanlage um gewerbliche Gerüche handelt, die sich von Tierhaltungsgerüchen unterscheiden. Dies entspricht auch der Einschätzung des Expertengremiums GIRL. Danach sind Biogasanlagen grundsätzlich Industrieanlagen gleichzusetzen und mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 in die Berechnung einzustellen. Dies betrifft neben den Geruchsemissionen des BHKW auch die Geruchsemmissionen aller unmittelbar zum Betrieb der Biogasanlage gehörenden Einrichtungen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Biogasanlage Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes ist oder sie ausschließlich mit Festmist bzw. Gülle aus Rinderhaltung sowie nachwachsenden Rohstoffen betrieben wird, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben.
77Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.19 und 20.
78Solche möglichen Ausnahmefälle liegen bei summarischer Prüfung nicht vor.
79Dies zugrundegelegt bestehen zunächst keine durchgreifenden Zweifel an der Plausibilität der zuletzt erstellten und zum Gegenstand der Genehmigung gemachten Geruchsimmissionsprognose der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 (dazu aa). Der Antragsgegner dürfte in der 3. Nachtragsgenehmigung auch zutreffend für Tierhaltungsgerüche einen Immissionswert von 0,20 zugrundegelegt haben. Für die Bestimmung eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,175 geben die Umstände des Einzelfalls allerdings nichts her. Es dürfte daher bei dem Immissionswert 0,15 bleiben (dazu bb). Auch bei Zugrundelegung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche und des Immissionswerts von 0,15 für Gerüche der Biogasanlage wird die oben beschriebene Prüfregel eingehalten (dazu cc).
80aa) Die Gutachter haben in der Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 im Wege der Ausbreitungsberechnung am Wohnhaus der Antragsteller eine Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung zwischen 0,14 und 0,16 / 14 bis 16 % der Jahresgeruchsstunden, eine Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,04 bis 0,06 / 4 bis 6 % der Jahresgeruchsstunden und eine Gesamtbelastung von 0,18 bis 0,20/18 bis 20 % der Jahresgeruchsstunden errechnet. Diese Berechnung unterliegt im Eilrechtsschutzverfahren keinen durchgreifenden Zweifeln. Es ist nicht zu erkennen, dass dieser Ausbreitungsberechnung eine andere Methodik oder - bis auf die an das Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen zur jeweiligen Genehmigungssituation angepassten Tierzahlen der Nachbarbetriebe und die Änderungen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GmbH - andere Berechnungsparameter zugrundelägen als der Immissionsprognose derselben Gutachter vom 22. März 2013. Die Bewertung des LANUV NRW in der im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 26. November 2013, es bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungsdurchführung und die Ergebnisse des Sachverständigenbüros seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Antragsteller zu beurteilen, hat daher im Grundsatz auch für diese Neuberechnung Bestand. Es bestehen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte, dass diese Bewertung des LANUV NRW unzutreffend wäre.
81Es drängt sich auch nicht auf, dass Geruchsemittenten nicht erfasst wurden oder bei den erfassten Geruchsemittenten unzutreffende Tierzahlen eingestellt worden wären. Die in die Ausbreitungsberechnung eingestellten Tierzahlen der Nachbarbetriebe sind in einer für das Eilrechtsschutzverfahren ausreichenden Weise plausibel gemacht worden. Die Beigeladene hat die Tierzahlen im Wege der Akteneinsicht in die jeweiligen Genehmigungsvorgänge ermittelt und hat dem Antragsgegner das Ergebnis dieser Ermittlungen einschließlich der jeweiligen Aktenzeichen sowie - soweit vorhanden - der Bescheiddaten zur Verfügung gestellt. Den Verwaltungsvorgängen kann auch entnommen werden, dass der Antragsgegner dieses Material einer Prüfung unterzogen hat. Die abschließende Bestätigung der Tierzahlen ist - ebenso wie eine abschließende Bewertung der bislang in der Immissionsprognose jedenfalls nicht ausdrücklich behandelten Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld der Anlage auf die Geruchsbelastung - dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
82Die Richtigkeit der Tierzahlen ist auch nicht deshalb von vorneherein zweifelhaft, weil diese ausschließlich - zuungunsten der Antragsteller und zugunsten der Beigeladenen - nach unten korrigiert worden wären. Es trifft zwar zu, dass im Betrieb I2. weniger Tiere, nämlich 91 Ferkel bis 25 kg, ein Pferd und 2 Kühe, berücksichtigt werden als in der Prognose vom 22. März 2013. Demgegenüber werden die Betriebe H1. mit 8 Kühen, einem Pferd, 7 Mastschweinen und 4 Sauen sowie H2. mit 10 Kühen, 25 Färsen, 3 Pferden, 98 Mastschweinen, 2 Sauen und einer Festmistplatte erstmals in die Berechnung mit einbezogen. Die Tierzahlen der Betriebe K. - wo ein größerer Güllehochbehälter mit einberechnet wird -, und L. sind gleich geblieben, bei dem Betrieb H. blieb es bei den - höheren - Tierzahlen, die schon der ergänzenden Berechnung vom 21. Februar 2014 zugrundelagen. Die bei den Antragstellern berücksichtigte Tierhaltung ist ebenfalls unverändert eingestellt worden.
83Auch die von den Gutachtern vorgenommene Mittelung der Werte für die Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung auf 0,15 / 15 % der Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Antragsteller, für die Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage auf 0,04 / 4 % der Jahresgeruchsstunden und für die Gesamtbelastung auf 0,19 / 19% der Jahresgeruchsstunden dürfte sachgerecht sein. Das Wohnhaus der Antragsteller berührt 12 Beurteilungsflächen à 8 m x 8 m. Die Vorbelastung beträgt nur im östlichen Randbereich des Wohnhauses an drei Stellen 0,16 / 16 % der Jahresgeruchsstunden. An zwei Stellen im westlichen Randbereich beträgt die Vorbelastung nur 0,14 / 14 % der Jahresgeruchsstunden, während in den übrigen sieben, zentral gelegenen Bewertungsflächen ein Wert von 0,15 / 15 % der Jahresgeruchsstunden erreicht wird. Auch bei der Zusatzbelastung durch die Biogasanlage und bei der Gesamtbelastung stellt sich die Verteilung ähnlich dar. Die Belastung beträgt hier auf der Mehrheit der Beurteilungsflächen und insbesondere im zentralen Bereich des Wohnhauses 0,04 / 4 % bzw. 0,19 / 19 % der Jahresgeruchsstunden.
84bb) Die Bestimmung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche ist bei summarischer Betrachtung nicht zu beanstanden. Die Erhöhung des Immissionswerts erscheint bei Zugrundelegung der oben angeführten Kriterien insbesondere mit Blick auf die bereits vorhandene Tierhaltung in mehreren Nachbarbetrieben und die damit verbundene landwirtschaftliche Prägung der Umgebung angemessen sowie selbst mit Blick auf eine frühere - allenfalls geringfügige - eigene Tierhaltung der Antragsteller auch ausreichend. Umstände, die eine Erhöhung des Immissionswerts für die Gerüche der Biogasanlage von 0,15 auf 0,175 rechtfertigen würden, sind hingegen nicht ersichtlich. Die geplante Anlage ist die erste Industrieanlage in der Umgebung, so dass weder eine entsprechende Vorbelastung noch eine Prägung der Örtlichkeit durch solche Anlagen vorliegt. Der vom Antragsgegner angeführte Umstand, dass die Biogasanlage im Außenbereich privilegiert sein dürfte, rechtfertigt als solcher allein - wie bei den Tierhaltungsgerüchen - keine Erhöhung des Immissionswerts.
85cc) Die ermittelte Gesamtgeruchsbelastung von (gemittelt) 0,19 / 19 % der Jahresgeruchstunden ist den Antragstellern zuzumuten. Sie unterschreitet zum einen den höheren Immissionswert von 0,20. Zum anderen ist die oben angeführte Prüfregel
86(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
87erfüllt, die beiden Immissionswerte werden gesondert eingehalten. Die Rechnung stellt sich wie folgt dar:
88(0,04 : 0,15) + (0,15 : 0,20) = 0,266 + 0,75 = 1,016
89Der Wert 1,016 ist - wie oben dargestellt - auf die erste Dezimalstelle gerundet ≤ 1,0.
90b) Ist nach alledem voraussichtlich mit einem Unterliegen der Antragsteller in der Hauptsache zu rechnen, überwiegt das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Vollziehung der Genehmigung und damit an der vorläufigen Inbetriebnahme der Anlage. Dies allerdings nicht wegen der aus ihrer Sicht bei einem weiteren Stillstand drohenden Schäden an der Anlage. Die Beigeladene hat die Anlage trotz der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller in Kenntnis der konkreten Gefahr eines längeren Stillstandes errichtet und muss das daraus resultierende Schadensrisiko selbst tragen. Drohen den Antragstellern jedoch voraussichtlich keine unzumutbaren Geruchsbelastungen mehr, hat das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer vorläufigen Nutzung der Anlage zum Zwecke der Stromeinspeisung ein höheres Gewicht als das Interesse der Antragsteller. Dies gilt umso mehr, als die Anlage vor einem Betrieb erst über einen längeren Zeitraum angefahren werden muss und der Senat, die Berufung der Beigeladenen zeitgleich zulässt sowie beabsichtigt, zügig zu terminieren. Vor diesem Hintergrund ist in einem für die Antragsteller überschaubaren und hinnehmbaren Zeitraum mit einer abschließenden Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu rechnen.
913. Bei dieser Sachlage - Überwiegen des privaten Vollzugsinteresses der Beigeladenen - ist auf den Antrag der Beigeladenen schließlich auch die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 1011 in seiner aktuellen Fassung gemäß § 80 a Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO anzuordnen. Dieser Anordnung bedarf es, obwohl der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 ursprünglich angeordnet hatte. Die behördliche Anordnung des Sofortvollzuges erfasst nur die Genehmigung in der ursprünglichen Fassung und nicht auch die nachträglichen Änderungen. Bei - wie hier - nicht bloß einschränkenden - Änderungen des Verwaltungsaktes muss daher neben dem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO die Vollziehbarkeitsanordnung auf die geänderten Teile ausgedehnt werden.
92Vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 9. August 1984 - 20 AS 84 D.1,2 -, NVwZ 1985, 921, juris (Leitsatz).
93Die mit dem Sofortvollzug verbundene tatsächliche Inbetriebnahme der Anlage setzt allerdings voraus, dass alle Vorgaben der aktuellen Genehmigung - insbesondere die geruchsimmissionsmindernden Maßnahmen - auch tatsächlich umgesetzt werden.
94Ohne die Erfüllung der Maßgaben des Tenors und damit der Vorgaben der Genehmigung können die Anträge der Beigeladenen auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung keinen Erfolg haben. Die die Stattgabe letztlich tragende Prognose, dass an dem Wohnhaus der Antragsteller keine unzumutbaren Geruchsbelastungen mehr zu erwarten sind, dürfte nur bei einer Umsetzung der in der Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 vorausgesetzten geruchsmindernden Maßnahmen an der Anlage selbst und in dem landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR gerechtfertigt sein. Schon bei einer - im Falle des Unterlassens dieser Maßnahmen nicht auszuschließenden - Erhöhung der Geruchsbelastung aus Tierhaltung auf 0,16 / 16 % der Jahresgeruchsstunden und/oder einer Erhöhung der Geruchsbelastung aus der Biogasanlage auf 0,05 / 5% der Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Antragsteller wird die Prüfregel nicht mehr eingehalten.
95Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladenen können Kosten auferlegt werden, weil sie einen Antrag gestellt hat. Ihre außergerichtlichen Kosten sind aus demselben Grunde erstattungsfähig.
96Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
97Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 2 Satz 6 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Juni 2015 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. H. Er bewohnt das auf diesem Grundstück liegende Wohnhaus mit der postalischen Anschrift E. in H. Den ebenfalls auf dem Flurstück befindlichen Altenteiler hat er vermietet. Das Flurstück dient dem Kläger als Hofstelle für den von ihm betriebenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau. Es stellt einen Teil des vormaligen Flurstücks dar, welches den gesamten damaligen „O.“ umfasste und ursprünglich insgesamt im Eigentum des Klägers stand. Im Februar 1973 erhielt der Vater des Klägers von der Stadt H. die Baugenehmigung zur Errichtung eines Schweinemaststalls auf dem Flurstück. Im Mai 1979 erteilte der Regierungspräsident Düsseldorf der K. L. GmbH die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung des vorhandenen Schweinemastbestandes auf 2.856 Liegeplätze.
4Im Baulastenverzeichnis ist für das Flurstück am 6. März 1983 folgende Baulast eingetragen worden:
5„Auf dem Grundstück Gemarkung X. , Flur, Flurstück, Verpflichtung, das zu errichtende Wohnhaus als Betriebsleiterwohnung zu nutzen sowie gleichzeitig Bindung des Betriebsleiterwohnhauses an den auf dem gleichen Grundstück vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Wohnhaus E. wird künftig als Altenteilerwohnung genutzt. Eine Teilung oder getrennte Veräußerung des Betriebsleiter- und des Altenteilerwohnhauses wird nicht vorgenommen.“
6Das Flurstück ist im Jahr 2000 in drei eigenständige Flurstücke aufgeteilt worden. In der Folge hat der Kläger die Flurstücke B und C einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe an unterschiedliche Erwerber veräußert. Am 8. März 2000 war zuvor für das Flurstück 84 und dessen Teile A, B und C eine Vereinigungsbaulast nach § 4 Abs. 2 BauO NRW eingetragen worden, nach deren Inhalt die Beurteilung der drei Teile A, B und C des bestehenden Flurstücks bauordnungs- wie bauplanungsrechtlich einheitlich erfolgen sollte. Bereits im Dezember 1999 teilten die Erwerber der Flurstücke B und C dem Staatlichen Umweltamt Krefeld mit, dass die immissionsschutzrechtlich genehmigte Schweinemastanlage mit insgesamt 2.856 Plätzen zwischen ihnen aufgeteilt werden solle. Die jeweils auf den Flurstücken befindlichen Stallgebäude mit ursprünglich 2.016, zukünftig 1.944 (Flurstück C) bzw. 552, zukünftig 504 (Flurstück B) Schweinemastplätzen würden nunmehr von den jeweiligen Eigentümern betrieben. Der dritte Stall mit den verbleibenden Mastplätzen werde stillgelegt. Hierauf erteilte die Bürgermeister der Stadt H. den Eigentümern im Juni 2000 jeweils eine entsprechende Baugenehmigung für die Teilübernahme der Schweinemastanlage.
7Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR, deren Gesellschafter die Grundstückseigentümer sind, dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage auf der Grundlage der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betreibe. Seit April 2003 stehen die Flurstücke B und C im Eigentum der I.-T. GbR. Im Mai 2009 erwarb sie von der Beigeladenen das nördlich der vorhandenen Stallungen liegende Grundstück.
8Mit immissionsschutzrechtlichem Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 wurde der I.-T. GbR der Betrieb eines Schweinemastbetriebs mit nunmehr insgesamt 4.813 Mastschweineplätzen (Schweinestall BE 2, Flurstück C, mit 1.733 Mastplätzen, Schweinestall BE 1, Flurstück B, mit 480 Mastschweineplätzen und Schweinestall BE 3, Flurstück D, mit 2.600 Mastschweineplätzen) genehmigt. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 35 sind im Rahmen der Baumaßnahmen die sechs Kamine auf dem Schweinemaststall BE 1 entsprechend der Geruchsprognose auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über dem Dachfirst zu erhöhen. Satz 2 der Nebenbestimmung Nr. 38 schreibt vor, dass die Lüftungsanlagen in allen Stallgebäuden so zu regeln sind, dass die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s zu jeder Stunde eingehalten wird. In der Folge errichtete die I.-T. GbR auf dem Flurstück D einen weiteren Schweinemaststall sowie einen Güllehochbehälter mit Abdeckung.
9In der südwestlichen Ecke des Flurstücks A und damit südlich des Flurstücks C befinden sich mehrere Bäume. Westlich des Wohnhauses des Klägers und östlich bzw. südöstlich der Schweinemastställe befinden sich der ehemalige Altenteiler der Hofstelle sowie landwirtschaftliche Gebäude (Stallungen, Scheune und ein Schuppen).
10Nord-nordöstlich der Hofstelle des Klägers und westlich der Hofstelle der Beigeladenen befindet sich der E. Am 4. Juli 2011 beantragte der dort ansässige Landwirt, Herr M. I., bei der Stadt H. die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Schweinemaststalls, eines Futterlagers und zweier Futtersilos. Hierzu legte er ein immissionsschutzrechtliches Geruchsgutachten (Nr. 2205) des Dipl.-Ing. N. M. vom 18. Juni 2011 vor. In diesem wurde von dem Sachverständigen die Vorbelastung am Haus des Klägers ohne die Hofstelle I. mit IVb = 20,5 % Jahresgeruchsstunden, die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei Berücksichtigung aller Hofstellen im Ist-Zustand mit IGb1 = 23,4 % und die Gesamtbelastung am Haus des Klägers mit IGb2 = 25,2 % angegeben.
11Östlich des O. liegt der W., auf dem nach den Feststellungen der Stadt H. bis zu 60 Pferde gehalten werden. Eine bauaufsichtliche Genehmigung hierfür ist nicht erteilt worden. Zwischenzeitlich ist ein Bauantrag für die Haltung von 25 Pferden gestellt worden.
12Nordöstlich des O. liegt die Hofstelle der Beigeladenen (T.) mit der Flurbezeichnung Gemarkung X. Die Familie der Beigeladenen betreibt dort in der vierten Generation Landwirtschaft in Form des Ackerbaus und der Viehzucht.
13Am 12. August 2011 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen (zwei Hähnchenmastställe mit je 42.250 Tierplätzen) sowie zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Flüssiggaslagertanks. Die bisherige Haltung von Mastbullen werde aufgegeben. Die Anlage soll südlich an die bisherige Hofstelle anschließen.
14Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 teilte die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle L., dem Beklagten mit, dass nach ihrer Einschätzung die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebs gegeben seien. Die Tierhaltung könne überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen. Für die beantragte Geflügelmast mit 84.500 Mastplätzen sei bei überschlägiger Berechnung eine Futterfläche von 112,81 ha erforderlich. Der Betrieb verfüge über 116,03 ha landwirtschaftliche Flächen.
15Im Genehmigungsverfahren erhob der Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 Einwendungen, die im Wesentlichen die Geruchsimmissionen betrafen. Insbesondere rügte er, dass das in diesem Verfahren vorgelegte Geruchsgutachten nicht mit denen vorangegangener Genehmigungsverfahren (Schweinezucht I.-T. GbR sowie Neubau eine Schweinestalls mit 760 Mastplätzen auf der Hofstelle I.) in Einklang zu bringen sei. Er befürchte eine Überschreitung einer Jahresgeruchsstundenzahl von 0,25.
16Mit Bescheid vom 27. Juni 2012 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Planungsrechtlich befinde sich das Vorhaben im Außenbereich. Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei einschlägig, da eine landwirtschaftliche Nutzung gegeben sei. Die Voraussetzungen des § 201 BauGB seien erfüllt. Von dem geplanten Vorhaben seien keine nachhaltigen und erheblichen Beeinträchtigungen der Umwelt durch Immissionen zu erwarten. Zum Nachweis wurde hinsichtlich der Geruchsimmissionen auf das Gutachten des Sachverständigen N. M. Nr. 2101 vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 Bezug genommen. Die Geruchsimmissionsprognose komme zu dem Schluss, dass die Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) eingehalten seien. Die Umgebung des Vorhabens einschließlich der Wohnnutzung der Einwender sei durch vorhandene und auch ehemalige Tierhaltungsanlagen geprägt, so dass Immissionen aus Tierhaltung ortsüblich seien. Bei dieser Prägung könne jedenfalls eine Geruchsstundenhäufigkeit solcher ortsüblichen Immissionen von bis zu 25 % nicht als erheblich bewertet werden. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorrangig an landwirtschaftlichen Betrieben, die auch eigene Tierhaltung aufwiesen, erreicht. Die als Gesamtbelastung ermittelten Geruchsstundenhäufigkeiten lägen insoweit zwischen 19,9 % und 47,6 %. Dies sei zumutbar, weil diese vorrangig durch eigene Tierhaltung verursacht würden. Insoweit bestehe hier eine erhöhte Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme.
17In dem Geruchsimmissionsgutachten des Sachverständigen für Schall und Geruch Dipl.-Ing. N. M. vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 wurde die Geruchs-Vorbelastung am Wohnhaus des Klägers mit IVb = 20,8 % angegeben und die bei Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen zu erwartende Gesamtbelastung mit IGb = 25,4 % prognostiziert. In der ursprünglichen Fassung des Gutachtens ergab die Berechnung des Sachverständigen eine zu erwartende Gesamtbelastung von IGb = 25,2 %.
18Der Kläger hat gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung am 18. Juli 2012 Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat er geltend gemacht, der Betrieb der genehmigten Geflügelmast führe dazu, dass er unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt werde, da die Geruchsstundenhäufigkeit auf seinem Grundstück über 25 % steige. Die Geruchsimmissionsprognose des Sachverständigen M. erweise sich als offensichtlich falsch. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der im Juni 2011 erstellten Geruchsimmissionsprognose betreffend die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs I. In diesem sei für das Wohnhaus des Klägers eine Gesamtbelastung im Ist-Zustand von 23,4 % ermittelt worden. Im vorliegenden Gutachten hingegen gehe der Gutachter von einer Vorbelastung von lediglich 20,8 % aus. Da bereits mit der genehmigten Erweiterung der Hofstelle I. die Toleranzschwelle von 25 % überschritten worden sei, könne ihm eine weitere Geruchsbelastung nicht mehr zugemutet werden. Er selbst halte gar keine Tiere mehr.
19Der Kläger hat beantragt,
20die der Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 27. Juni 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von 84.500 Mastgeflügelplätzen (Masthähnchen) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt: Nach den Auslegungshinweisen zur GIRL sei das Wohnen im Außenbereich mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden. So könne dort unter Prüfung der speziellen Randbedingen des Einzelfalls eine belästigungsrelevante Kenngröße von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen sein. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorliegend nur an landwirtschaftlichen Betrieben erreicht, die selbst Tierhaltung betrieben. Dies sei zumutbar, weil die Belastungen vorrangig durch die eigene Tierhaltung verursacht würden, und gelte auch für Nachbarn, die - wie der Kläger - keine Tiere mehr hielten. Der Kläger bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, zu dem das von ihm selbst bewohnte Betriebsleiterwohnhaus und der inzwischen fremdvermiete Altenteiler gehöre. In der Vergangenheit habe der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb geteilt und selbst die Viehhaltung aufgegeben, die Gebäude aber verkauft, so dass ihm der jetzige Betrieb zuzurechnen sei.
24Das Geruchsgutachten sei fehlerfrei erstellt worden. Nachdem bekannt geworden sei, dass sich sowohl der Betrieb der Beigeladenen wie auch der landwirtschaftliche Betrieb I. im gleichen Zeitraum erweitern wollten, sei beiden Betrieben nahegelegt worden, die jeweils andere Erweiterung im eigenen Gutachten zu berücksichtigen. Somit seien die Ausgangsbedingungen unterschiedlich gewesen. Auch seien weitere Faktoren, wie etwa die unterschiedliche Richtung und Entfernung zum Kläger, zu berücksichtigen gewesen. Da beide Betriebe bei dem jeweils anderen berücksichtigt worden seien, ergebe sich in beiden Gutachten folgerichtig eine identische Gesamtbelastung am Wohnhaus des Klägers von 25,2 % Jahresgeruchsstunden.
25Die Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat sie ausgeführt: Für das Haus des Klägers sei eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 25,4 % (0,254) ermittelt worden, welche auf einen Wert von 25 % (0,25) zu runden sei. Die festgestellte Gesamtbelastung sei dem Kläger zumutbar. Die GIRL lege keine Werte für die höchstzulässige Geruchsimmission fest, sondern enthalte nur Orientierungswerte. Die belästigungsrelevante Kenngröße des Immissionsanteils ihres Vorhabens am Wohnhaus des Klägers betrage nur 0,05. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL sei bei der Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen, dass in diesen Fällen die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über derjenigen liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen sei. In Anwendung der Ziffer 3.1 der GIRL sei somit ausschließlich die Gesamtbelastung unter Abzug der Geruchseigenbelastung einzubeziehen. Der Wohnnutzung im Haus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus sei dem Tierhaltungsbetrieb auf dem O. zuzurechnen. Die so berechnete Gesamtbelastung liege am Wohnhaus des Klägers sogar unter 0,15. Da der Kläger die Schweinemastanlage über mehrere Jahre selbst betrieben habe, sei sein Grundeigentum mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet. Auch ihre betriebliche Situation sei zu berücksichtigen. Das Vorhaben diene ihr als zweites Standbein, welches erforderlich sei, um langfristig die Existenz des Hofes und der Familie sichern zu können.
28Das Verwaltungsgericht hat den der Beigeladenen durch den Beklagten erteilten Genehmigungsbescheid vom 27. Juni 2012 mit Urteil vom 18. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen aus. Am Wohnhaus des Klägers werde selbst der für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltende Wert von 0,25 überschritten. Hierbei handele es sich um eine absolute Obergrenze. Ihre Einhaltung lasse sich auch nicht damit begründen, dass der Wert von 0,254 abzurunden sei. Rundungen bei einer bereits überschrittenen Höchstgrenze seien nicht zulässig.
29Gegen das Urteil haben der Beklagte und die Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung der Berufung führt der Beklagte in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags aus: Das vorgelegte Gutachten schließe unzumutbare Geruchsbelästigungen verlässlich aus und sei nach mehreren Nachbesserungen auch von dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) als plausibel erachtet worden. Im Rahmen des Genehmigungsverfahren für den vorbelastungsrelevanten Tierhaltungsbetrieb I.-T. GbR sei dem Genehmigungsbescheid vom 15. März 2012 nachträglich eine Auflage beigefügt worden, wonach an den bis dahin lüftungstechnisch unveränderten Bestandsställen ebenfalls Kamine 10 m über Grund und 3 m über Dach herzustellen seien. Eine Änderung der Geruchsprognose in dem damaligen Genehmigungsverfahren sei allerdings nicht für notwendig befunden worden, da das Vorhaben bereits ursprünglich genehmigungsfähig gewesen sei und die neuen Abluftbedingungen insbesondere im Nahbereich der Anlage zu einer Verbesserung der Immissionssituation geführt hätten.
31Das Verwaltungsgericht habe die GIRL widersprüchlich ausgelegt, wenn es einerseits davon ausgehe, diese gebe einen Immissionsgrenzwert für den Außenbereich nicht ausdrücklich vor, aber andererseits einen absoluten oberen Grenzwert von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche vorsehe. Die GIRL sei als in sich geschlossenes, schlüssiges System zu begreifen. Die isolierte Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, verbunden mit der Feststellung, dass der Wert von 0,25 den absoluten Grenzwert darstelle, stehe im Widerspruch zu dem in den Auslegungshinweisen selbst zitierten Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - und zu den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 der GIRL.
32Die zur Beurteilung der Erheblichkeit bedeutsamen Umstände des Einzelfalls seien umfassend ermittelt und bewertet worden. Im Hinblick auf den Kläger habe man unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Vor- und Zusatzbelastung sowie der planungsrechtlichen Grundlagen die nunmehr ermittelte Gesamtbelastung von 0,254, gerundet 0,25, für zumutbar erachtet. Hierbei dürfe die Historie der klägerischen Hofstelle nicht außer Acht gelassen werden. Die genehmigte Tierhaltungsanlage des Klägers sei immissionsschutzrechtlich durchgängig betrieben worden. Zwar habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung angeben, er habe die Schweinezucht ca. ein halbes Jahr vor dem Verkauf im Jahr 2000 aufgegeben. Dies führe aber nicht automatisch zu einem Erlöschen der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Vielmehr seien die Stall- einschließlich aller Nebenanlagen unverändert bestehen geblieben und durch die neuen Betreiber übernommen worden. Mithin stellten der frühere eigene Tierhaltungsbetrieb, dessen Fortführung am Standort und die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs spezielle Randbedingungen dar, die bei der Prüfung des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Zu beachten sei weiterhin das Verhältnis der Zusatzbelastung der verfahrensgegenständlichen Anlage zu der bewerteten Vorbelastung IVb = 0,208 durch die beiden anderen Tierhaltungsanlagen. Die Vorbelastung werde dabei eindeutig durch die Haltung von Mastschweinen und Sauen bestimmt. Selbst bei einer Gewichtung des besonders störenden Mastgeflügelgeruchs sei die Anlage der Beigeladenen maximal für ein Fünftel der Gesamtbelastung verantwortlich.
33Der Beklagte beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Die Beigeladene führt zur Berufungsbegründung aus: Nachdem ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Inhalt der Auflagen Nr. 35 und 38 zum Änderungsgenehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 betreffend die Tierhaltungsanlage der I.-T. GbR bekannt geworden sei, habe sie eine Neuberechnung zur Geruchssituation an den Wohnnutzungen des Klägers veranlasst. Der bisher vorgelegten gutachterlichen Berechnung habe die Erhöhung der Kamine und die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s betreffend die Betriebseinheit 1 noch nicht zugrundegelegen. Auch sei die Methodik der Berechnung der Geruchsbelastung bei Hähnchenmastställen verändert worden. Die mittlerweile vom LANUV NRW als auf der sicheren Seite liegend empfohlene Berechnung der Geruchsemissionen bei Geflügelzucht mittels einer die Wachstumsrate der Tiere darstellenden Zeitreihe sei berücksichtigt worden. Die Gesamtbelastung einschließlich des Betriebs der I.-T. GbR betrage ausweislich des Geruchsgutachtens in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 nebst Nachberechnung vom 16. September 2014 am Immissionsort E1 IGb = 0,23 und am Immissionsort E2 IGb = 0,22. Ohne den dort ansässigen Tierhaltungsbetrieb betrage die Gesamtgeruchsbelastung am Haus E1 0,14 und am Haus E2 0,12 und bliebe damit sogar unter dem in Dorfgebieten zulässigen Wert von 0,15. Nach Prüfung der speziellen Randbedingungen könne im Einzelfall ein Immissionswert von bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche herangezogen werden. Diese Einzelfallabwägung habe der Beklagte zutreffend vorgenommen. Der Kläger habe das Grundstück mit allen Anlagen zur Schweinemast verkauft, so dass ihm auch ein höherer Kaufpreis zugeflossen sei. Selbst wenn man in rechtlicher Hinsicht nicht von selbstverursachten Immissionen ausgehen wolle, sei dieser Aspekt ebenso wie die Prägung der Umgebung durch Tierhaltungsbetriebe jedenfalls als spezielle Randbedingung wertend zu berücksichtigen. Die Zusatzbelastung für den Kläger durch das Vorhaben sei mit 0,05 zwar nicht irrelevant, stelle sich aber im Vergleich zur Gesamtvorbelastung als gering dar. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Wohnnutzung des Klägers rechtlich im Zusammenhang mit der Tierhaltungsanlage genehmigt und sogar durch Baulast gesichert worden sei.
36Die Beigeladene beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung seines Antrags nimmt er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag und führt im Übrigen aus: Das der Genehmigung zugrundeliegende Geruchsgutachten sei nicht nachvollziehbar. Die anlässlich der Erweiterung der Hofstelle I. und des Betriebes der I.-T. GbR vorgelegten Gutachten gingen jeweils von deutlich höheren Vorbelastungen an seinem Haus aus. Addiere man hierzu die aus dem geplanten Hähnchenmaststall der Beigeladenen zu erwartende Mehrbelastung, ergebe sich eine Geruchsbelastung von deutlich mehr als 25 % Jahresgeruchsstunden Eine Zurechnung der durch den jetzigen Betrieb der I.-T. GbR verursachten Immissionen scheide schon deshalb aus, weil dieser nur zu einem geringen Teil auf seinem früheren Grundstück liege. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Abluftfahnenüberhöhung bei dem Schweinemaststall BE 1 lägen nicht vor. Da sich im Umkreis von 100 m Gebäude und Baumbewuchs befänden, sei eine freie Anströmung der Kamine nicht gegeben.
41Im Berufungsverfahren hat der erkennende Senat eine fachliche Stellungnahme des LANUV NRW eingeholt, ob das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der 2. Ergänzung vom 3. März 2014 nachvollziehbar und plausibel sei. Mit Schreiben vom 5. September 2014 hat das LANUV NRW ausgeführt, dass es die Darstellung der ermittelten Immissionen grundsätzlich als plausibel ansehe. Bezogen auf die Ausbreitungsrechnung sei jedoch aufgefallen, dass diese hinsichtlich der Quelle QUE_40 (Mastschweinestall mit 6 Kaminen) der Tierzuchtanlage I.-T. nur einen Kamin enthalte. Auch habe der Gutachter die Quelle QUE_43 (Güllehochbehälter) in der Ausbreitungsrechnung nicht angesetzt. Vor einer Heranziehung des Gutachtens sei die Rechnung diesbezüglich zu korrigieren.
42Die Beigeladene hat in der Folge die bereits erwähnte teilweise Neuberechnung vom 16. September 2014 vorgelegt.
43Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. vom LANUV NRW - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Stadt H. Bezug genommen.
45Entscheidungsgründe:
46Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 27. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47Von dem Vorhaben der Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
48Bei der durch die Beigeladene geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 84.500 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
49Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei ist neben der eigenen Wohnung des Klägers auch der fremdvermietete Altenteiler in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
50Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 ‑ 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
51Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
52Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
53In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
55Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben der Beigeladenen als auch das Wohnhaus des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.5.a).
56Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
57I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
58vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
59bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung (dazu 3.) unter Berücksichtigung der Rundungsregeln der GIRL (dazu 4.) ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu 5.).
601. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
61Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
62Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
63Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
64Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für den von ihm vermieteten Altenteiler geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
652. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
66Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
67kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
683. Soweit Nr. 4.6 (Auswertung) Abs. 2 der GIRL vorgibt, die Kenngröße der Gesamtbelastung IG ergebe sich aus der Addition der Kenngrößen für die vorhandene und die zu erwartende Zusatzbelastung, gilt dies nicht für den vorliegenden Fall einer Ausbreitungsrechnung. So weisen die Auslegungshinweise zu Nr. 4.6 der GIRL darauf hin, dass die dort angeführte Addition von Vorbelastung und Zusatzbelastung zur Gesamtbelastung nur für den Fall gelte, dass die Vorbelastung durch Rasterbegehung nach VDI 3949, Blatt 1 (2006) ermittelt worden sei. Werde in einer Prognose nur die Ausbreitungsrechnung für die Ermittlung der Gesamtgeruchsbelastung verwendet, so müssten die Geruchsimmissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in eine gemeinsame Rechnung Eingang finden.
69Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 6 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 33; Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2012 ‑ 12 LA 114/11 -, BauR 2012, 1769 = juris Rn. 11.
70Erfolgt hingegen eine Addition von Werten, die in Ausbreitungsrechnungen ermittelt worden sind, erweist sich dieses Vorgehen als nicht konform mit der GIRL. Die Addition einzelner Gerüche für einen Ort berücksichtigt nicht die Überlagerung von Geruchsfahnen und führt in der Folge grundsätzlich zu einer Überschätzung der zu erwartenden Immissionswerte. Lediglich für eine grobe, aufgrund der Überschätzung auf jeden Fall auf der sicheren Seite liegende Abschätzung zu erwartender Geruchsimmissionen kann eine derartige Addition einzelner Belastungen Verwendung finden. Hierauf weist das LANUV in seiner fachlichen Stellungnahme gegenüber dem Senat vom 5. September 2014 ausdrücklich hin.
714. Nach Nr. 4.6 der GIRL sind für die Berechnung der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb die Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung mit 3 Stellen nach dem Komma zu verwenden. Zum Vergleich der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb mit dem aus der Tabelle 1 zu entnehmenden Immissionswert für das jeweilige Gebiet sind sie auf zwei Stellen nach dem Komma zu runden. Diese Vorgaben über die Berechnung und die Rundung auf zwei Stellen nach dem Komma werden durch die GIRL nicht auf bestimmte Gesamtbelastungen eingeschränkt, sondern stellen eine allgemeine Rundungs- und Vergleichsregel dar. Die GIRL beruht - wie schon dargelegt - auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen. Ihr kommt insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten zu. Zwar ist das Gericht bei der Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen mangels Rechtsnormqualität der GIRL nicht gehindert, von deren Ergebnis abzuweichen. Der Außerachtlassung bloß einzelner Teile der GIRL steht aber grundsätzlich entgegen, dass diese als vorweggenommene sachverständige Bewertung ein Gesamtkonzept verfolgt, das nicht nur partiell angewendet werden kann.
725. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
73a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
74Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
75Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
76Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
77Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
78Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
79b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
80Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
81Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
82Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
83Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
84Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
86Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
87Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
88Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit - worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
89Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
90c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
91aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
92Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
93Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
94In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
95bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
96Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
97Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
98cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
99Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
100In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
101Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
102dd) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
103Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
104Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
105II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben der Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen nicht überschritten (dazu 2.).
1061. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls, wie der landwirtschaftlichen Prägung (dazu a), der bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle (dazu b) und der besonderen Ortsgebundenheit des Vorhabens der Beigeladenen (dazu c) ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
107a) Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der Wohnbebauung auf dem Grundstück des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich liegen die Hofstelle I,. auf der Schweinezucht betrieben wird, der W. mit bis zu 60 Pferden, der T. der Beigeladenen mit derzeit noch betriebener Rinderzucht sowie der M., auf dem Rinder- und Schweinezucht betrieben wird. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen landwirtschaftlich genutzt. Die vorhandenen Wohnhäuser weisen alle einen Bezug zu diesen landwirtschaftlichen Hofstellen auf.
108b) Für den Kläger erweist sich in diesem Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 auch deshalb als noch hinnehmbar, weil er sich als Landwirt, der auf seiner Hofstelle nunmehr nur noch Ackerbau betreibt (dazu aa), die von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen jedenfalls zu einem erheblichen Teil wertungsmäßig zurechnen lassen muss (dazu bb).
109aa) Der Kläger hat aus betrieblichen Erwägungen seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf reinen Ackerbau umgestellt. Dies führt - ebenso wenig wie eine gänzliche Aufgabe der Landwirtschaft - nicht zu einer geringeren Erheblichkeitsschwelle für landwirtschaftliche Gerüche. Vielmehr bleibt er im Rahmen der Variationsbreite der Landwirtschaft und ist somit mit einer vergleichbaren Verpflichtung zur Hinnahme von Geruchsimmissionen belastet wie zuvor. Andernfalls hätte es der jeweilige Betreiber einer Tierhaltungsanlage allein durch die Änderung des Betriebskonzepts in der Hand, die Zumutbarkeitsschwelle zu senken und den umliegenden Betrieben, mit denen er in einem wechselseitigen Verhältnis des Duldens steht, einseitig über die Bestandsgenehmigungen hinaus die Möglichkeit etwa der Erweiterung zu nehmen. Dies würde gerade auch deshalb zu einem Wertungswiderspruch führen, da er selbst weiterhin als - wenngleich anders ausgerichteter - Landwirt die bauplanungsrechtliche Privilegierung der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB in Anspruch nimmt.
110bb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs waren ursprünglich Teil des von ihm geführten landwirtschaftlichen Betriebs (dazu aaa) und weisen aufgrund von Baulasten auch weiterhin eine besondere rechtliche Verbindung zu ihm auf (dazu bbb).
111aaa) Die Schweinehaltung der I.-T. GbR steht in einem engen räumlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers und ist historisch als Teil einer einheitlichen landwirtschaftlichen Hofstelle anzusehen. Vorliegend hat der Kläger die Schweinehaltung zwar nach eigenen Angaben im Jahr 1999 aufgegeben. In der Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ist aber zu berücksichtigen, dass er in der Folge das Grundstück geteilt und Teile mit den bestehenden Schweineställen und sonstigen Einrichtungen an die nunmehrigen Gesellschafter der I.-T. GbR veräußert hat. Diese haben in der Folge die Aufteilung der bestehenden Schweinemast angezeigt. Die Stadt H. erteilte beiden Betreibern Baugenehmigungen für die jeweilige Teilübernahme der Schweinemastanlage. Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken B und C befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage - und zwar auf der Grundlage der früher erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - betreibe. Mithin setzte die Betreiberin den Betrieb der ursprünglich durch den Kläger betriebenen Anlage mit den - jedenfalls ganz überwiegend - unveränderten Anlagen fort.
112Es liegt nicht im Ermessen des jeweiligen Inhabers der Hofstelle, durch Veräußerung emittierender Tierhaltungsanlagen an eine rechtlich von ihm zu unterscheidende Person diese immissionsschutzrechtlich einer anderen Bewertung zu unterwerfen - hier durch den sodann fehlenden eigenen Beitrag zu den Immissionen -, ohne dass eine bestehende räumlich-funktionale Einheit und die historische Entwicklung Berücksichtigung findet. Dies würde im Übrigen auch zu einer missbräuchlichen Gestaltung zum Nachteil der übrigen Betreiber von Tierhaltungsanlagen einladen können.
113bbb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs sind mit der Hofstelle des Klägers auch weiterhin durch Baulasten in rechtlich erheblicher Weise besonders verbunden.
114Durch Eintragung vom 6. März 1983 wurde eine Baulast begründet, mit der das Wohnhaus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus an den auf dem damaligen Flurstück 84 bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb gebunden worden ist. Diese Verbindung wurde ausdrücklich als dauerhaft und ständig bezeichnet. Eine Teilung und getrennte Veräußerung wurde ausgeschlossen. Die Bindung des Betriebsleiterwohnhauses umfasst somit nicht nur den heute von dem Kläger geführten landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Flurstück A, sondern auch die auf den Flurstücken B und C weiterhin bestehenden Schweinemastställe. Die für das Flurstück übernommene Baulast setzt sich insoweit an den durch die Teilung entstandenen Flurstücken fort. Dies folgt, obwohl eine ausdrückliche Regelung in der Bauordnung hierzu fehlt, aus dem Regelungsgedanken des § 1026 BGB, wonach eine Grunddienstbarkeit bei Teilung des dienenden Grundstücks nur insoweit erlischt, als die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des Grundstücks beschränkt ist.
115Vgl. insoweit zur Grunddienstbarkeit: OLG München, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 34 Wx 543/11 -, juris Rn. 8; Mayer, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1026 Rn. 1; Grziwotz, in: Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 1026 Rn. 2.
116Dabei kommt es auf die Frage, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der bestehenden Mastställe in Folge der Aufteilung der Ställe und das Unterschreiten der maßgeblichen Schwellenwerte nach der 4. BImSchV erloschen ist, nicht maßgeblich an. Auch ein mehrmonatiges Brachliegen der Schweinezucht stellt im Zusammenhang mit dem Übergang der Einrichtungen auf den Erwerber keine Unterbrechung dar, die angesichts der Kontinuität der äußeren Umstände den sodann aufgenommenen Betrieb als etwas wesentlich anderes erscheinen ließe. Für die Berücksichtigung der von dem Kläger hinzunehmenden Geruchsimmissionen erweist es sich weiterhin als nicht maßgeblich, dass die Mastställe zwischenzeitlich aufgrund der Eigentumsstrukturen als baurechtlich genehmigte Anlagen aus dem Regelungsregime des BImSchG herausgefallen sind. Der Umfang der sich ergebenden Geruchsimmissionen an dem Wohnhaus des Klägers unterscheidet sich nicht aufgrund der gesetzlichen Regelung, aufgrund derer die Anlage genehmigt worden ist.
117Der Berücksichtigung im Rahmen der Einzelfallwertung jedenfalls im Umfang des im Zeitpunkt der Veräußerung bestehenden Betriebs steht nicht entgegen, dass die I.-T. GbR den Schweinemastbetrieb im Jahr 2012 durch Neubau eines weiteren, 2.600 Mastplätze umfassenden Stallgebäudes erheblich vergrößert hat. Die ursprünglich vorhandenen Stallungen mit nunmehr noch 2.213 Mastplätzen treten dahinter jedenfalls nicht in solchem Umfang zurück, dass der Schweinemastbetrieb nunmehr als ein gänzlich anderer als der erscheint, den der Kläger 1999 veräußert hat.
118Für eine Vergleichbarkeit der von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen mit solchen vom eigenen Betrieb ausgehenden spricht im vorliegenden Fall schließlich, dass das Grundstück des Klägers mit der Flurstücksnummer A gemeinsam mit den angrenzenden Flurstücken B und C, die den veräußerten Stallbestand umfassen, mit einer Vereinigungsbaulast aus dem Jahr 2000 belastet ist. Nach dem Inhalt dieser Baulast sollen die drei Flurstücke (dort bezeichnet durch die Teilstücke A, B und C des ursprünglichen Flurstücks) nicht nur bauordnungs-, sondern auch bauplanungsrechtlich als ein Grundstück anzusehen sein.
119Vgl. zur Möglichkeit der Erstreckung einer Baulast auch auf das Planungsrecht BVerwG, Beschluss vom 12. November 1987 - 4 B 216/87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24 = juris Rn. 2.
120Insoweit kann sich der Kläger gegenüber dem Schweinemastbetrieb, jedenfalls soweit dieser auf den Flurstücken B und C ausgeübt wird, nicht auf das bauplanungsrechtliche, im Außenbereich über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB wirkende Gebot der Rücksichtnahme berufen, da ihm insoweit keine nachbarlichen Abwehrrechte zukommen.
121Vgl. zu der Möglichkeit, sich der aus dem Rücksichtnahmegebot folgenden Abwehrrechte zu begeben, BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3/00 -, NVwZ 2001, 813 = juris Rn. 17.
1222. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen überschreiten auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 sowie der weiteren Neuberechnung vom 16. September 2014 den Immissionswert von 0,25 nicht. Auch soweit das Haus des Klägers bei der Darstellung der Immissionsprognose in mehreren Rasterfeldern liegt, kommt maximal eine Immissionsbelastung von 0,25 in Betracht (dazu a). Dabei sind die jedenfalls aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen emittierten Tiergerüche dem Kläger wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen (dazu b). Gleiches würde für die Mehrimmissionen gelten, soweit eine Abgasfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 zu Unrecht angesetzt worden wäre (dazu c). Auch im Übrigen bestehen an den Ansätzen der vorgelegten Immissionsprognose keine Zweifel (dazu d).
123a) Soweit der Kläger der Auffassung ist, das vorgelegte Immissionsgutachten schließe nicht aus, dass an seinem Wohnhaus eine den Wert von 0,25 überschreitende Gesamtgeruchsbelastung vorliege, folgt der Senat dem nicht, losgelöst von der Frage, ob und inwieweit die Immissionen aus dem Schweinemastbetrieb überhaupt als Fremdbelastung zu berücksichtigen sind. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass in der Darstellung der zu erwartenden Gesamtbelastung vom 16. September 2014 sein Wohnhaus in mehreren Rasterflächen liegt und für eine Rasterfläche die Gesamtbelastung mit 0,27 angegeben wird. Der in der mündlichen Verhandlung befragte Sachverständige des LANUV NRW hat jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass selbst bei - pessimaler - Mittelung beider Werte maximal eine Gesamtbelastung von 0,25 vorliege.
124b) Offenlassen kann der Senat vorliegend, ob die aus der Schweinehaltung der I.-T. GbR herrührenden Geruchsimmissionen dem Kläger in vollem Umfang wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen und daher bei der Ermittlung der Vorbelastung nicht zu berücksichtigen sind. Jedenfalls die aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen (BE 1 und 2) emittierten Tiergerüche sind ihm bei wertender Betrachtung als Eigenimmissionen zuzurechnen. Zwar stehen weder die Grundstücke einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe gegenwärtig in seinem Eigentum noch kann er Einfluss auf die Tierhaltung als solche nehmen. Wie vorstehend aber bereits ausgeführt, hat der Kläger die Schweinemastställe veräußert, so dass ihm ein entsprechender Erlös zugeflossen ist. Die beiden Ställe BE 1 und BE 2 werden nunmehr durch die Erwerber nahezu unverändert weiterbetrieben. Dies geschah bis in das Jahr 2012 sogar unter Ausnutzung der bisherigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Weiterhin ist das Grundstück des Klägers mit der fortbestehenden Hofstelle durch eine Vereinigungsbaulast auch bauplanungsrechtlich mit den Ställen BE 1 und BE 2 verbunden, so dass dem Kläger insoweit kein planungsrechtlicher Rücksichtnahmeanspruch zukommt und er sich in der Folge gegen dort herrührende Geruchsbelästigungen nicht erfolgreich zur Wehr setzen kann. Gibt der Betreiber einer Tierhaltungsanlage durch Veräußerung die Einflussnahmemöglichkeit auf, verzichtet aber gleichzeitig gegenüber dieser Anlage auf seinen Rücksichtnahmeanspruch, ergibt sich kein Unterschied zu eigener Tierhaltung.
125Dass das Geruchsimmissionsgutachten die durch die Schweinemast bedingten Immissionen als Fremdvorbelastung berücksichtigt, steht der Annahme einer fehlenden Überschreitung des Immissionswertes IW = 0,25 nicht entgegen. Selbst bei vollständiger Einbeziehung der durch die Schweinezucht auf die klägerische Wohnbebauung einwirkenden Geruchsimmissionen beträgt die Gesamtbelastung - unter Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 - am Haus des Klägers maximal 0,25.
126c) Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose zu Recht für die von dem Schweinemaststall BE 1 ausgehenden Geruchsimmissionen eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt hat. Die für eine Abluftfahnenüberhöhung erforderliche Mindesthöhe der Kamine ist gegeben. Nach der Nebenbestimmung Nr. 35 zu der erteilten Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 sind im Zuge der Um- und Neubaumaßnahmen an dem bestehenden Stall BE 1 die Kamine auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über Dachfirst zu erhöhen. Auch die Anforderungen an den Bewegungsimpuls sind eingehalten. Die erforderliche Mindestabluftgeschwindigkeit muss ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 38 Satz 2 zu jeder Betriebsstunde mindestens 7 m/s betragen.
127Ob, wie der Kläger meint, der freie Luftstrom aufgrund der Höhe der östlich des Schweinestalls liegenden Gebäude seiner Hofstelle nicht ausreichend gesichert ist, um eine Abluftfahnenüberhöhung anzunehmen, kann vorliegend dahinstehen. Selbst wenn dem Kläger in dieser Einschätzung zu folgen sein sollte und sich in der Folge die tatsächliche Geruchsbelastung als höher erweisen würde, würde dies nicht zur Annahme einer höheren Gesamtbelastung IG im Sinne der GIRL führen. Wie bereits ausgeführt, sind dem Kläger jedenfalls die Geruchsimmissionen aus den Schweinemastställen BE 1 und BE 2 wertend als Eigenimmissionen zuzurechnen, die in der anzunehmenden Vor- wie auch der Gesamtbelastung nach der GIRL keine Berücksichtigung finden. Sind aber die von dem Schweinemaststall BE 1 hervorgerufenen Geruchsimmissionen insgesamt nicht zu berücksichtigen, kann auch der Wegfall der in dem Geruchsimmissionsgutachten für den Stall BE 1 angesetzten Abluftfahnenüberhöhung nicht zu einer Immissionserhöhung an der klägerischen Wohnbebauung führen.
128d) Gegen den Ansatz des vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens bestehen auch keine sonstigen Bedenken.
129Das Gutachten, das die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) ansetzt, erfasst die zu erwartende Geruchsimmissionsbelastung am Haus des Klägers auch im Übrigen zutreffend.
130Soweit der Kläger vorträgt, die tatsächliche Geruchsbelastung sei höher als prognostiziert, und dies insbesondere mit den Geruchsvorbelastungen begründet, die jeweils in dem für die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betrieb I. bzw. des Schweinemastbetriebs der I.-T. GbR vorgelegten Geruchsgutachten ausgewiesen worden seien, ist dieser Schluss nicht tragfähig. Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem von demselben Sachverständigenbüro mit der lfd. Nummer 2205 erstellten Geruchsimmissionsgutachten vom 18. Juni 2011 betreffend die Erweiterung der Hofstelle I. keine höhere Geruchsvorbelastung als in dem hier maßgeblichen Gutachten angenommen. Dort ist die für das Haus des Klägers angenommene Vorbelastung durch alle Quellen (Ist-Zustand) mit Ausnahme der Hofstelle I. insgesamt mit IVb = 20,5 % angegeben. Einschließlich der Hofstelle I. (Ist-Zustand) ohne die dort beantragten Schweineställe wird die Geruchsbelastung mit IGb1 = 23,4 % angegeben. Die Gesamtbelastung einschließlich des Vorhabens auf der Hofstelle I. und des Hähnchenmastbetriebs der Beigeladenen beträgt = 25,2 %. Die Berücksichtigung der Haltung von 84.500 Masthähnchen auf der Hofstelle des Beigeladenen sowohl für den Wert IGb1 wie auch für den Wert IGb2 folgt dabei aus der Übersicht über die Tierplätze und dem Ansatz der Quellen QUE_10 und QUE_11 in der Quellenübersicht des Gutachtens.
131Der in dem hier maßgeblichen Gutachten Nr. 2101 in der zeitlich damit korrespondierenden (Ursprungs-)Fassung vom 27. Januar 2011 benannte Vorbelastungswert (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I. um 740 Mastschweine als Quelle QUE_6, aber ohne die Hofstelle der Beigeladenen) betrug IVb = 20,8 %. Der als Gesamtbelastung ausgewiesene Wert IGb = 25,2 % (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I.) entsprach der in dem Gutachten Nr. 2205.
132Eine hieraus von dem Kläger abgeleitete schlichte Addition der sich jeweils ergebenden Mehrbelastungen für beide Vorhaben ist - wie ausgeführt - nicht zulässig. Soweit der Kläger im vorliegenden Fall einwendet, dass eine Überlagerung der Immissionen aus der Erweiterung der Hofstelle I. und dem Vorhaben der Beigeladenen schon wegen der unterschiedlichen Himmelsrichtung bezogen auf sein Wohnhaus ausgeschlossen erscheinen müsse, spricht hiergegen, dass bei Winden aus nordöstlichen Richtungen eine Überlagerung der Immissionen aus beiden Quellen geradezu naheliegend erscheint.
133Auch soweit der Kläger die fehlende Belastbarkeit der durch die Beigeladene vorgelegten Geruchsimmissionsprognose im Hinblick auf das anlässlich der Erweiterung des Schweinemastbetriebs I.-T. GbR vorgelegte Immissionsberechnung der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 anführt, die bereits ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. zu einer Gesamtbelastung IGb zwischen 18 und 22 % an dem Wohnhaus des Klägers ausweise, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die in dem von der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 ausgewiesene Gesamtbelastung IGb ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. kann bereits deshalb nicht mit der hier maßgeblichen Immissionsprognose verglichen werden, weil sich die maßgeblichen Rahmenbedingungen geändert haben.
134Weiterhin kann sich der Kläger vorliegend auch nicht mit Erfolg darauf berufen, eine Geruchsfahnenüberlagerung zwischen dem Schweinemastbetrieb der I.-T. GbR und den übrigen Erweiterungen sei ausgeschlossen. Eine solche kommt bezüglich des durch die Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 genehmigten Schweinemaststalls BE 3 der I.-T. GbR und dem auf der Hofstelle I. genehmigten Schweinezuchtstall zunächst jedenfalls bei (eher seltenen) nördlichen Windrichtungen in Betracht. Als überwiegend maßgeblich erweist sich aber insbesondere die geringe Distanz des klägerischen Wohnhauses zu den Schweineställen auf seiner (erweiterten) Hofstelle, welche jedenfalls bei häufig vorherrschenden Schwachwindlagen zu einer Überlagerung der Geruchsfahnen unabhängig von der Windrichtung führt. Hierauf hat der in der mündlichen Verhandlung gehörte Sachverständige des LANUV NRW ausdrücklich hingewiesen.
135Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
136Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
137Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Dezember 2012 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 121.900 Mastplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X., auf welchem er auch wohnt. Der Kläger betrieb in der Vergangenheit Landwirtschaft in der Form des Ackerbaus und der Tierhaltung, die er im Jahr 2005 aufgab. Aufgrund einer ihm am 11. Januar 2005 erteilten Baugenehmigung baute der Kläger eine landwirtschaftliche Gerätehalle in zwei Wohnungen um, die er seitdem vermietet. Heute hält er fünf Ponys bzw. Pferde zu Hobbyzwecken.
4Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung L. Er betreibt dort auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 10. Juli 2007 (Az. 533.09 - GV 62/07) einen Hähnchenmaststall mit 39.900 Mastplätzen. Der bestehende Hähnchenmaststall liegt etwa 210 m östlich der Bebauung auf dem Grundstück des Klägers. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde X. ist für das Grundstück eine Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.
5Nord-nordöstlich der ehemaligen Hofstelle des Klägers liegt die Hofstelle G., auf der derzeit eine Hähnchenmastanlage mit 39.900 Mastplätzen betrieben wird. Der Abstand zwischen der Bebauung auf dem klägerischen Grundstück und dem bestehenden Hähnchenmaststall beträgt ca. 190 m. Mit Bescheid vom 2. September 2011 sowie Änderungsbescheid vom 11. März 2013 und Nachtragsgenehmigung vom 28. April 2014 erteilte der Beklagte für diesen Betrieb eine Genehmigung zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 124.200 Mastplätzen. Gegen diese Genehmigung hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben (Aktenzeichen des Berufungsverfahrens 8 A 1487/14).
6Am 19. Mai 2010 beantragte der Beigeladene eine (Erweiterungs-)Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 121.900 Mastplätzen sowie die Errichtung von Flüssiggaslagern mit einer Gesamtlagerkapazität von 9,6 t. Die von dem Beklagten beteiligte Landwirtschaftskammer NRW kam mit Schreiben vom 15. Juli 2010 zu der Einschätzung, bei dem Vorhaben des Beigeladenen handele es sich nicht um Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB. Für eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage werde bei überschlägiger Berechnung eine Fläche von 139,88 ha benötigt. Tatsächlich stünden aber nur 45,31 ha landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung.
7Der Beklagte machte am 19. Juli 2010 öffentlich bekannt, dass die Antragsunterlagen in der Zeit vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010 eingesehen und vom 26. Juli bis einschließlich 7. September 2010 Einwendungen erhoben werden könnten.
8Gegen den Antrag des Beigeladenen machte der Kläger am 6. September 2010 Einwendungen geltend: Die Immissionsuntersuchungen beschränkten sich auf die isolierte Betrachtung des in diesem Verfahren zur Genehmigung stehenden Vorhabens. Unberücksichtigt bleibe das Vorhaben auf der Hofstelle G. und in der Folge der Umstand, dass durch diese beiden Vorhaben zusammen sein Anwesen gleichsam „in die Zange genommen“ werde. Von jedem der Vorhaben - jedenfalls bei der angezeigten Gesamtbetrachtung - gingen schädliche Umwelteinwirkungen aus. So sei mit Belästigungen durch Geruch und Bioaerosole zu rechnen.
9Die Stadt L. verweigerte zunächst mit Schreiben vom 3. August 2010 die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB. Nach Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich der Hofstelle des Beigeladenen am 4. Mai 2012 erteilte die Stadt L. mit Schreiben vom 14. Mai 2012 gegenüber dem Beklagten ihr Einvernehmen.
10Der Beklagte erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 4. Dezember 2012 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der beantragten Anlage. Nach Ziffer II. Nr. 4 des Bescheids dürfen die neu zu errichtenden Stallungen BE I.2 und I.3 nur in Betrieb genommen werden, wenn in diesen die Abluftreinigungsanlage Aerocleaner installiert ist und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben wird. Vor Inbetriebnahme der neu zu errichtenden Stallungen muss auch in dem vorhandenen Stall BE I.1 die Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ installiert sein und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben werden. Nach Ziffer III. des Genehmigungsbescheides schließt diese die Baugenehmigung nach § 63 BauO NRW sowie eine Befreiung gemäß § 67 BNatSchG ein. Der Betrieb erfülle entsprechend der Stellungnahme der Landwirtschaftkammer nicht die Voraussetzungen des § 201 BauGB. Die Tierhaltung könne nicht auf überwiegend eigener Futtergrundlage betrieben werden. Somit sei das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilen und erweise sich im Außenbereich als zulässig. Durch die Erweiterung der Anlage komme es ausweislich der Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 (Az. G-1276-04) nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte an den benachbarten Wohngebäuden. Die Umgebung der Hofstelle des Beigeladenen sei landwirtschaftlich geprägt. Aufgrund der Einzelfallprüfung könne daher an den angrenzenden Wohnhäusern ein Wert von bis zu 0,25 Jahresgeruchsstunden zugelassen werden. Im Planzustand werde an einem benachbarten Wohngebäude maximal ein Wert von 0,19 Jahresgeruchsstunden erreicht, bei Wohnhäusern ohne eigene Tierhaltung 0,17. Der durch die Landwirtschaft verursachte Anteil der Geruchsimmissionen betrage am O. als ehemaliger Hofstelle mit Hobbytierhaltung 0,14. Die Nebenbestimmung Nr. 56 zu dem Genehmigungsbescheid bestimmt diesbezüglich, dass die Immissionsprognose vom 21. September 2009 (Az. G-1275-02) Bestandteil des Bescheides und bei der Errichtung und dem Betrieb der Anlage zu beachten ist. Insbesondere sei die in dem Gutachten prognostizierte Gesamtbelastung IGb einzuhalten. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 57 ist die Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass die von ihr verursachten Geruchsimmissionen die im Geruchsgutachten prognostizierten Werte sicher einhält. Nach der Nebenbestimmung Nr. 58 ist die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über Abluftschächte mindestens 11,10 m über dem Erdboden (mindestens 3,00 m über Dachfirst) mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen.
11Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 legt für die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen bei Verwendung einer Emissionszeitreihe einen Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) und im Übrigen die VDI-Richtlinie 3894 aus September 2011 zugrunde. Weiterhin berücksichtigt es den Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“. Als weitere immissionsmindernde Maßnahme hält das Gutachten fest, dass die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über maximal 12 Kamine mindestens 11,10 m über Erdboden mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen sei. Nach dem Gutachten wird an der ehemaligen Hofstelle des Klägers im Planzustand eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung von maximal 14 % Jahresgeruchsstunden erreicht.
12Am 28. April 2014 erließ der Beklagte einen Nachtrag zu dem Genehmigungsbescheid vom 4. Dezember 2012. Die Bedingung Nr. 4 wurde insoweit geändert, dass der „Aerocleaner“ dauerhaft in allen Stallungen mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielen müsse. Die neu hinzugefügte Auflage Nr. 65 legt fest, dass die Geruchsverminderung durch regelmäßige Messungen nachzuweisen sei. Die ordnungsgemäße Wartung sei durch Abschluss eines Wartungs- und Servicevertrages sicherzustellen. Zur Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls gemäß GIRL führt der Nachtragsbescheid in Ergänzung beider Bescheide sodann aus:
13„Bei dem O. handelt es sich um einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb mit Tierhaltung. Derzeit wird auf der Hofstelle noch Pferde- und Hühnerhaltung als Hobbylandwirtschaft betrieben. […]
14Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) gibt Empfehlungen, welche Kriterien für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranzuziehen sind. So wird für Wohnnutzungen von tierhaltenden Betrieben ein Immissionswert bis 0,25 empfohlen, wobei die jeweilige Eigenbelastung unberücksichtigt bleibt.
15Des Weiteren empfiehlt das LANUV bei Wohnnutzungen innerhalb einer Hofstelle, auf der Tiere gehalten wurden und [die] somit einen landwirtschaftlichen Bezug haben, die aber heute nur noch zu Wohnzwecken genutzt werden, ebenfalls einen Immissionswert von 0,25 heranzuziehen.
16Die spezielle Prüfung des Einzelfalles hat insgesamt ergeben, dass es sich bei allen Immissionsorten um landwirtschaftliche Hofstellen im Außenbereich handelt. Bei der Hofstelle R. und dem E. handelt es sich weiterhin um landwirtschaftliche Betriebe im Vollerwerb mit eigener Tierhaltung. Die sonstigen Immissionsorte stellen ebenfalls landwirtschaftliche Hofstellen dar, welche jedoch nicht mehr im Vollerwerb, sondern teilweise nur noch als Landwirtschaft mit Hobbytierhaltung betrieben werden.
17Aufgrund dieser Fakten sowie der Empfehlungen des LANUV kommt die spezielle Prüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis, dass eine Überschreitung von 0,15 für Dorfgebiete zulässig ist, da alle Immissionsorte einen für den Außenbereich typischen landwirtschaftlichen Bezug haben. Ein Immissionswert von 0,25 kann somit für alle Immissionsorte als zulässig angesehen werden.“
18Der Kläger hat gegen die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung, seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt am 18. Dezember 2012, bereits am 16. Januar 2013 Klage erhoben.
19Zur Begründung hat er geltend gemacht: Die vorgelegte Immissionsprognose erweise sich als nicht geeignet, die Unbedenklichkeit des Vorhabens zu belegen. An seinem Wohnhaus sei nach dem Gutachten mit einer Geruchsbelastung von 0,14 zu rechnen. Aus dem in dem Gutachten enthaltenen Plan ergäben sich aber Belastungen von bis zu 0,43. Erwägungen, warum hier ein Immissionswert von 0,25 anzusetzen sei, seien nicht erkennbar. Schließlich gehe das Gutachten zu Unrecht von einer Minderung der Geruchsbelastung durch die Abluftreinigungsanlage aus. Diese sei nicht hinreichend belegt. Durch die Genehmigung der Abluftreinigungsanlage sei die ursprüngliche Genehmigung weder geändert noch ergänzt worden. Insbesondere stelle der Einbau der Abluftreinigungsanlage keine Auflage für den Betrieb der Mastanlage dar. Der Beigeladene sei nicht verpflichtet, von der Genehmigung der Abluftreinigungsanlage Gebrauch zu machen.
20Der Kläger hat beantragt,
21die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 4. Dezember 2012 zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und Aufzucht von Mastgeflügel (Masthähnchen) mit 121.900 Tierplätzen (davon 39.900 Bestand) sowie Lagerung von 9,6 t brennbaren Gasen (2,4 t Bestand) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen in der Gestalt des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 aufzuheben.
22Der Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung hat er sich auf die Ausführungen in dem ursprünglichen sowie in dem Nachtragsbescheid bezogen.
25Der Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat er ausgeführt: Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 berechne die zu erwartenden Emissionen unter Verwendung einer Zeitreihe 180 GE/(s*GV). Jedenfalls durch die Nachtragsgenehmigung vom 28. April 2014 werde die Immissionsminderung um 40 % in ausreichendem Maße sichergestellt. Selbst bei Nichtberücksichtigung der Geruchsreduzierung sei aufgrund des von dem LANUV NRW in dem Parallelverfahren 3 K 5877/11 betreffend die Hofstelle G. erstellten Gutachtens nachgewiesen, dass die Geruchsimmissionen an der ehemaligen Hofstelle des Klägers einen Immissionswert von 0,25 nicht überschritten.
28Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Genehmigungsbescheid mit Urteil vom 6. Mai 2014 aufgehoben. Eine Prognose, die eine unzumutbare Geruchsbelästigung des Klägers auszuschließen vermöge, liege nicht vor. Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 komme zu einer Immissionsbelastung von über 0,15 am Haus des Klägers. Die Anwendung eines Immissionswertes von maximal 0,25 scheide aus, weil es sich bei den Immissionen aus dem gewerblichen Tierhaltungsbetrieb des Beigeladenen nicht um landwirtschaftliche Gerüche im Sinne der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL handele. Die Landwirtschaft i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfahre insoweit eine Privilegierung. Selbst bei Annahme eines Immissionswertes von 0,25, welcher eine absolute Obergrenze darstelle, sei das Vorhaben nicht zulässig. Sowohl das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 wie auch das in dem Parallelverfahren eingeholte Gutachten des LANUV NRW prognostizierten eine Gesamtbelastung unter Einschluss der eigenen Vorbelastung des Klägers von mehr als 0,25. Die in dem Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. angenommene Minderung der Geruchsimmissionen von 40 % durch die Abluftreinigungsanlage sei nicht hinreichend sicher anzunehmen, da es an einem anzuerkennenden Nachweis mangele.
29Gegen das Urteil hat der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung führt er: Die Umgebung der Grundstücke sei geprägt durch eine Vielzahl landwirtschaftlicher Hofstellen und Tierhaltungsanlagen. Der Kläger sei früher selbst Landwirt gewesen und halte auch heute noch mehrere Ponys bzw. Pferde. Landwirtschaftliche Gerüche i.S.d. Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben i.S.d. § 201 BauGB. Auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien hierunter zu fassen. § 201 BauGB stelle eine rein planungsrechtliche Vorschrift dar. Eine Anknüpfung hieran im Rahmen der Geruchsbewertung sei nicht angezeigt. Zwar nehme die GIRL in Nr. 3.1 Bezug auf planungsrechtliche Kategorien, diese Anknüpfung erfolge aber in Anknüpfung an die Schutzwürdigkeit des Immissionsbelasteten. Mit Blick auf die Wahrnehmbarkeit und den Belästigungsgrad spiele es keine Rolle, ob der Anlage viele oder wenige Flächen zugeordnet seien. Auch der Auslegungshinweis zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, enthalte einen generellen Verweis auf § 35 Abs. 1 BauGB, nicht nur auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Schließlich werde auch in den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL unter dem Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Raum“ ausschließlich auf Tierhaltungsanlagen abgestellt.
31Die GIRL lege keine absolute Obergrenze von 0,25 fest. Schon bei unbeteiligten Dritten im Außenbereich sei ein Immissionswert von 0,25 zumutbar. Da die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL ausführten, dass bei benachbarten Tierhaltungsanlagen die Grenze der erheblichen Belastung deutlich über der bei unbeteiligten Dritten liege, könne keine starre Obergrenze von 0,25 angenommen werden. Bei der Bestimmung der Vorbelastung sei die Eigenbelastung des Klägers nicht zu berücksichtigen. Andernfalls stünde die bei landwirtschaftlichen Betrieben häufig anzutreffende Eigenbelastung jeder Erweiterung eines Nachbarhofes, die mit einer nicht irrelevanten Erhöhung der Immissionen einhergehe, im Wege. Hier müsse auch Berücksichtigung finden, dass der Kläger nur Hobbytierhaltung betreibe, die die Entwicklung eines benachbarten landwirtschaftlichen Betriebs nicht verhindern können dürfe. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls sei zu berücksichtigen, wie hoch der Beitrag des Vorhabens zu der Gesamtbelastung sei und welchen Immissionen sich der Kläger selbst aussetze. Die Wohnnutzung des Klägers sei nur wegen der zuvor betriebenen Landwirtschaft im Außenbereich genehmigungsfähig gewesen.
32Das Verwaltungsgericht habe schließlich den Einbau der Abluftbehandlungsanlage „Aerocleaner“ zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Die Angaben zur Wirksamkeit beruhten nicht nur auf den Angaben des Herstellers, sondern auf Messberichten, denen die maßgeblichen Informationen zu entnehmen gewesen seien. Die Nebenbestimmung in dem Nachtragsbescheid vom 28. April 2014 erweise sich als hinreichend bestimmt. Angesichts der vorgelegten Informationen sei der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Nebenbestimmung erfüllbar sei. Sollte sich dies später als unzutreffend herausstellen, könne der Beklagte auch andere Maßnahmen zur Immissionsminderung ergreifen.
33Der Beigeladene beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Der Beklagte nimmt Bezug auf seine Ausführungen erster Instanz und schließt sich im Übrigen den Ausführungen des Beigeladenen in der Berufungsbegründung an.
36Er beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung weist er darauf hin, der angefochtene Bescheid müsse schon aus formellen Gründen aufgehoben werden. Die Unbestimmtheit der die Minderungsleistung des „Aerocleaners“ betreffenden Bedingung führe zur Rechtswidrigkeit sowohl des Ausgangs- wie auch des Änderungsbescheides. Unklar bleibe, wie die Geruchsreduzierung zu ermitteln und auf welcher Bemessungsgrundlage eine Minderung um 40 % zu erreichen sei. Gerade in dieser Hinsicht habe es einer genauen Festlegung bedurft, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen. Das vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten, welches eine Gesamtbelastung von 0,19 am Haus des Klägers ausweise, stelle keine auf der sicheren Seite liegende Prognose dar, da der Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ anders als in dem Gutachten nicht mit 40 % angesetzt werden könne. Eine Zertifizierung der Anlage liege nicht vor.
41Das LANUV NRW hat auf Ersuchen des erkennenden Gerichts in dem parallelen Berufungsverfahren 8 A 1487/14 zu seinem in erster Instanz erstatteten Geruchsimmissionsgutachten vom 4. Februar 2014 mit schriftlicher Stellungnahme vom 26. Mai 2015 ergänzend ausgeführt, die Vorbelastung an der Hofstelle des Klägers allein durch die westlich liegende Kläranlage betrage 0,001.
42Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe:
45Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
46Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2012 in der Gestalt des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Zwar hat der Beklagte unstreitig die Einwendungsfrist nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG fehlerhaft berechnet und bekanntgemacht. Die öffentliche Auslegung erfolgte vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010. Nach den öffentlichen Bekanntmachungen konnten Einwendungen bis einschließlich 7. September 2010 erhoben werden. § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG sieht vor, dass Einwendungen durch die Öffentlichkeit bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich gegenüber der zuständigen Behörde erhoben werden können. Nach § 31 Abs. 1 VwVfG NRW i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB endete die Einwendungsfrist damit erst am Mittwoch, den 8. September 2010.
48Hieraus kann der Kläger aber keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
49vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174,
50führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat - vertreten durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten - am 6. September 2010 bei dem Beklagten schriftlich Einwendungen insbesondere zu der zu erwartenden Geruchsimmissionssituation angebracht. Diese verfolgt er im gerichtlichen Verfahren weiter. Hat ein Betroffener trotz Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also hier seine Einwendungen trotz fehlerhafter Berechnung des Endes der Einwendungsfrist innerhalb der Frist erhoben, hat die fehlerhafte Berechnung der bekanntgemachten Einwendungsfrist in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
51Vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
52Dass der Kläger durch die Verkürzung der Einwendungsfrist gehindert gewesen wäre, seine Einwände vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
53B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstige Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
54Bei der durch den Beigeladenen geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 121.900 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
55Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage auftretenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei sind neben der eigenen Wohnung des Klägers auch die auf der ehemaligen Hofstelle durch Umbau einer Gerätehalle entstandenen fremdvermieteten Wohnungen in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
56Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
57Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
58Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
59In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012- 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
61Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben des Beigeladenen als auch die ehemalige Hofstelle des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.4.).
62Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
63I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
64vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 ‑ 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
65bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) und der Reduktion durch Abluftreinigungsanlagen (dazu 3.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionswert zu messen (dazu 4.).
661. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
67Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
68Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
69Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
70Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für die von ihm vermieteten Wohneinheiten geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
712. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
72Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
73kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
743. Für die Frage, welche Voraussetzungen Abluftreinigungsanlagen in Tierhaltungsbetrieben zu erfüllen haben, damit sie in einer hinreichend sicheren Immissionsprognose Berücksichtigung finden können, fehlt es an spezifischen normativen Festlegungen. Hinsichtlich der Einhaltung der Betreibergrundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, dass die Genehmigung (nur) zu erteilen ist, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 ergebenden Pflichten erfüllt sind. Das hierin enthaltene Tatbestandsmerkmal des „Sicherstellens“ bedeutet dabei nicht, dass keine auch nur denkbare Möglichkeit der Herbeiführung schädlicher Umwelteinwirkungen bestehen darf, weil etwa ein bestimmter Immissionswert gar nicht erreicht werden könnte. Risiken der Verletzung der Betreiberpflichten müssen vielmehr mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 = juris Rn. 33; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 22 CS 14.739 ‑, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 6 Rn. 12; enger Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 6 BImSchG Rn. 19 „eindeutig und ohne verbleibenden ernsthaften Zweifel“.
76Das hinnehmbare Maß an Prognoseunsicherheit hängt dabei von der Art der gefährdeten Rechtsgüter ab: Je höher deren Rang ist, desto unwahrscheinlicher muss das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen sein.
77Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 ‑ 22 CS 14.739 -, juris Rn. 33; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Dezember 2014, § 6 BImSchG Rn. 30.
78Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Vermeidung erheblicher Geruchsimmissionen aufgrund der durch den Einbau einer Abluftreinigungsanlage zu erzielenden Minderung der Emissionen aus Tierhaltungsanlagen grundsätzlich erst dann i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sichergestellt ist, wenn deren Wirksamkeit dem Grunde und dem Grade nach unter Angabe der einzuhaltenden Einbau- und Betriebsparameter entweder durch Vorlage des Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen oder der Zertifizierung durch eine hierfür anerkannte Stelle nachgewiesen ist. Dies entspricht der in Nordrhein-Westfalen aufgrund des Erlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 19. Februar 2013 - Aktenzeichen V 2 - (sog. Filtererlass) geltenden Verwaltungspraxis, die insoweit als sachgerecht anzusehen ist.
794. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
80a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
81Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
82Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
83Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
84Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
85Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
86b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
87Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
88Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
89Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
90Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
91Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
93Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
94Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
95Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit ‑ worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
96Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
97c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
98aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche etwa aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
99Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 - 22 CS 10.1686, 22 CS 22 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
100Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
101In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
102bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
104Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass etwa Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
105cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
107In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
108Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 ‑ 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 ‑ 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
109dd). Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
110Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
111Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
112II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich des geplanten Vorhabens des Beigeladenen sowie des auf der Hofstelle G. geplanten Vorhabens nicht überschritten (dazu 2.).
1131. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls wie der landwirtschaftlichen Prägung und der früher bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
114Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der ehemaligen Hofstelle des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich befinden sich die Hofstelle R. mit insgesamt 2.000 Mastschweinplätzen nebst Güllelagerung, der C. (Hofstelle T.) mit 350 Mastschweinen nebst Güllelagerung und zwei Pferden, der E. (dem Beigeladenen gehörend) mit 63 Pferden, der P. (Hofstelle U.) mit fünf Pferden, der H. (Hofstelle G.) mit derzeit 39.900 Masthähnchenplätzen sowie die Hofstelle des Beigeladenen mit derzeit ebenfalls 39.900 Masthähnchenplätzen. Insbesondere die Betriebe sowohl des Beigeladenen wie auch des Herrn G. weisen bisher ausreichend große landwirtschaftliche Flächen auf, so dass eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage möglich ist und sie somit Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB betreiben. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen - mit Ausnahme der derzeit zum Kiesabbau verwendeten Flächen - landwirtschaftlich genutzt.
115Der Kläger unterhielt bis ins Jahr 2005 und damit noch in hinreichendem zeitlichen Zusammenhang auf seiner Hofstelle einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem er in etwa 200 Mastschweine, 60 Bullen und 20 Kühe hielt. Insbesondere die Haltung von Mastschweinen geht mit Geruchsemissionen einher, die geeignet sind, an der eigenen Hofstelle, aber auch in der näheren Umgebung nicht unwesentliche Geruchsimmissionen zu verursachen.
116In dieser Situation einer über lange Zeit bestehenden Vorprägung durch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe auf engem Raum und die damit einhergehende Prägung des Raumes durch Tierhaltungsgerüche besteht für den Kläger als ehemaligen Landwirt, der in der Vergangenheit die Geruchssituation mitgeprägt hat und von der wechselseitigen Rücksichtnahme profitiert hat, eine besondere, das Überschreiten der Grenze von 0,15 rechtfertigende Verpflichtung zur Hinnahme solcher Gerüche, die bis zu dem in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, genannten Wert von 0,25 reicht.
1172. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen überschreiten den Immissionswert von 0,25 nicht. Unter Einbeziehung auch des Vorhabens auf der Hofstelle G. ergibt sich ausweislich des Geruchsimmissionsgutachtens des LANUV NRW vom 4. Februar 2014 nebst den schriftlichen Erklärungen vom 26. Mai 2015 eine Gesamtbelastung an den Wohnungen auf der ehemaligen Hofstelle von 0,23 bezogen auf die Beurteilungspunkte BUP 2 und BUP 4. Das Immissionsgutachten setzt zu Recht die Geruchsemissionen masttagabhängig an (dazu a) und berücksichtigt die Abluftbehandlungsanlage nicht geruchsmindernd (dazu b).
118a) Das LANUV NRW hat in seinem Gutachten zu Recht die von der Geflügelmast ausgehenden Emissionen zeitreihenabhängig ermittelt. In Abweichung von dem Ansatz eines Emissionsjahresmittelwertes gemäß VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 setzt das Gutachten die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) an. Dies entspricht dem derzeitigen Stand der Wissenschaft betreffend die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen und wird vom LANUV NRW allgemein als realistisch empfohlen.
119Vgl. zu diesem Ansatz OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 13.
120b) Entgegen der Ansicht des Beigeladenen findet der Einbau einer Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ weder in seiner Anlage noch in der auf der Hofstelle G. geplanten Anlage eine immissionsmindernde Berücksichtigung. Die Geruchsminderung durch den Einsatz der Anlage steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest (dazu aa). Sie kann auch nicht durch eine Nebenbestimmung zu dem Genehmigungsbescheid gesichert werden (dazu bb).
121aa) Eine Geruchsimmissionsprognose, die wie das durch den Beigeladenen vorgelegte Gutachten Nr. G-1276-04 des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 eine solche Minderung zu Grunde legt, ist nicht auf der sicheren Seite. Ihr Ergebnis wäre nicht geeignet, das Vorliegen erheblicher Geruchsbelastungen auszuschließen.
122Ob und in welchem Umfang eine Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ der Firma I. & M. GmbH & Co. KG eine Reduzierung der Geruchsemissionen herbeizuführen vermag, steht jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest. Die vorgelegte Immissionsprognose vom 11. Juni 2012 enthält hierzu keinerlei Feststellungen, sondern gibt an, die Abluftreinigungsanlage zu berücksichtigen. Die im Genehmigungsverfahren vorgelegte Produktbeschreibung für den „Aerocleaner“ selbst nennt, unabhängig von der Frage, inwieweit unvalidierte Angaben des Herstellers überhaupt eine hinreichende Sicherheit zu bieten vermögen, keine Reduktionsrate. Der auf dem Internetauftritt der Herstellerfirma,
123www.hl-agrar.de/de/Gefluegel/Stalltechnik/AeroCLEANER
124abzurufende Produktflyer macht für die Geruchsimmissionsminderung lediglich die Angabe „ca. -40%“.
125Der „Aerocleaner“ ist für die Geflügelmast hinsichtlich der Geruchsreduzierung nicht zertifiziert. Insbesondere liegt keine Bestätigung einer positiven Eignungsprüfung durch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) vor. Der von dem Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Messbericht der A. Ingenieurgesellschaft mbH erfüllt nicht die Anforderungen an ein Sachverständigengutachten, welches die zu erwartende Minderung der Geruchsemissionen belegen soll. Dies folgt unmittelbar schon daraus, dass ausweislich des Messberichts (Ziffer 2.6) zur Minderung der Geruchsemissionen das „LUBING Top Klima System“ der LUBING GmbH & Co. KG (Pumpentyp Eco 250) zum Einsatz gekommen ist. Dass dieses identisch mit dem System „Aerocleaner“ ist, ist nicht ansatzweise erkennbar und wird von dem Beigeladenen auch nicht geltend gemacht. Eine allein vergleichbare Art der Wirkung genügt nicht. Weiterhin handelt es sich erkennbar nicht um ein umfassendes Gutachten, sondern nur um einen Messbericht, welcher unter Ziffer 6.1 lediglich ausführt, nach den Betreiberangaben seien die Betriebsbedingungen repräsentativ gewesen. Wesentliche Angaben des Berichts sind geschwärzt, so der Auftraggeber, die Bearbeiter, der Standort, die Messzeit und die Angaben zu den Messstellen. Ebenfalls geschwärzt sind die gesamten Einzelergebnisse der olfaktorischen Messungen. Lediglich wird unter Ziffer 6.2 der mittlere Wirkungsgrad dieser Anlage mit 64,8 % angegeben.
126Im Gegenteil weisen die von dem Beigeladenen im Rahmen des Genehmigungsantrags vorgelegten Unterlagen darauf hin, dass diese Anlage nicht sicher geeignet ist, eine Minderung der Geruchsbelastung von stets mindestens 40 % herbeizuführen. Ausweislich der Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Emissionsmessungen von Staub und Geruch im Rahmen der Diplomarbeit der Frau S. an der Universität Bonn soll zwar eine durchschnittliche Minderungsleistung von 48,57 % gegeben sein. Die Messung 3 ergibt aber lediglich eine Minderung von 28,6%. Auch wird in der Zusammenfassung angeben, die Geruchsminderungsleistung sei angesichts der stark schwankenden Messergebnisse weiter zu validieren.
127bb) Die Einbeziehung einer Geruchsminderungsleistung durch das System „Aerocleaner“ wird auch nicht dadurch erreicht, dass der Beklagte in dem Nachtrag vom 28. April 2014 den Betrieb unter die Bedingung gestellt hat, dass in den Stallungen das „Aerocleaner“-System installiert ist und betrieben wird, und der „Aerocleaner“ in allen drei Stallungen (BE I.1, BE I.2 und BE I.3) mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielt.
128Ob sich die Bedingung deshalb gegenüber dem Kläger als rechtswidrig erweist, weil sie hinsichtlich der Bestimmung der Geruchsbelastung in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht hinreichend bestimmt ist,
129vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 - 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 ‑ 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44,
130kann vorliegend offenbleiben, weil der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt wird. Für eine mangelnde Bestimmtheit spricht, dass aus dem letzten Satz der Bedingung Nr. 4 nicht hervorgeht, ob sich die angeordnete Reduzierung auf die Geruchsimmissionen (z.B. die Zusatzbelastung in Jahresgeruchsstunden) oder auf die Geruchsemissionen (z.B. Geruchseinheiten je Zeiteinheit) bezieht.
131Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist die Bedingung Nr. 4 nicht geeignet, die Reduzierung der Geruchsbelastung um mindestens 40 % - unter Außerachtlassung der maßgeblichen Bezugsgröße - sicherzustellen. Eine Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen darf nicht durch den Erlass einer Nebenbestimmung umgangen werden. Die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte muss vielmehr effektiv sichergestellt sein. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Genehmigungsbehörde bei der Anordnung von Nebenbestimmungen aufgrund ihrer Erfahrungen oder aufgrund sachverständiger Stellungnahmen davon ausgehen darf, dass die Geruchsbegrenzung realistisch und durch eine technisch machbare Einrichtung zur Begrenzung zu erreichen ist.
132Vgl. Mann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 12 BImSchG Rn. 153; vgl. zur Immissionsreduzierung durch technische Anlagen OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2013 ‑ 8 A 2894/12 -, juris Rn. 29.
133Wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, ist das von der Beklagten in der Bedingung Nr. 4 formulierte Erfordernis der dauerhaften Geruchsreduzierung um mindestens 40 % nicht hinreichend sicher erreichbar. Allein die Möglichkeit der Erreichung eines solchen Wertes genügt nicht.
134Soweit der Beigeladene einwendet, für den Fall der Nichteinhaltung der Minderungsrate seien nachträgliche Anordnungen i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG möglich, greift dies schon deshalb nicht durch, weil die Genehmigungsfähigkeit im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nach § 6 Abs. 1 BImSchG sowohl für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme wie auch für die Dauer des Betriebs gewährleistet sein muss.
135Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15.
136Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
137Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
138Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Die Anträge des Beklagten und der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 24. April 2012 werden abgelehnt.
Der Beklagte und die Beigeladene tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte; hiervon ausgenommen sind ihre eigenen Kosten, die sie jeweils selbst tragen.
Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 15.000,00 € festgesetzt
1
G r ü n d e :
2Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist formgerecht dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier weder in Bezug auf den Antrag des Beklagten noch bezüglich des Antrags der Beigeladenen der Fall.
4A. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Das Vorbringen der Rechtsmittelführer stellt die selbstständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, dass im vorliegenden Fall die Geruchsimmissionen über dem zulässigen Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) lägen und die Zusatzbelastung nicht als irrelevant einzustufen sei, nicht in Frage.
5I. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
6Vgl. MBl. NRW 2009 S. 533 sowie www.lanuv.nrw.de/ luft/gerueche/bewertung.htm.
7In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
8Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
9Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert (IW) von 0,10 (10 % der Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15 (15 % der Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15; einen Immissionswert für den Außenbereich regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
10Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32.
11Nach Nr. 3.3 der GIRL soll die Genehmigung für eine Anlage auch bei Überschreitung der Immissionswerte der GIRL nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von der zu beurteilenden Anlage in ihrer Gesamtheit zu erwartende Immissionsbeitrag auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, den Wert 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) überschreitet (Irrelevanzkriterium).
12Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich - vorbehaltlich von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Prognose, bei der aus der Vor- und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird.
13Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33.
14Unter Beachtung dieser Maßstäbe ist das Verwaltungsgericht auf der Grundlage des eingeholten Geruchsgutachtens des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) vom 31. Mai 2011 in Verbindung mit den mündlichen Erläuterungen der Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. April 2012 (sowie in Zusammenhang mit den ergänzenden Stellungnahmen des LANUV NRW vom 31. August 2011 und vom 31. Januar 2012) zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass durch das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen unzumutbare Geruchsbelastungen gegenüber den Klägern hervorgerufen werden. Das Gutachten hat die Geruchsimmissionssituation unter Berücksichtigung eines Wertes von 60 GE/(s*GV) als mittleren Emissionsfaktor für Masthähnchen für die in der Umgebung bereits vorhandene Geruchsvorbelastung und eines (zeitreihenbezogenen) Wertes von 180 GE/(s*GV) für die vom Vorhaben des Beigeladenen ausgehende Zusatzbelastung berechnet. Nach jenem Gutachten beträgt am Wohnhaus der Kläger (Analysepunkt - ANP 2) die Gesamtvorbelastung durch alle bereits vorhandenen Emissionsquellen 0,29 (29 % der Jahresgeruchsstunden). Die Geruchszusatzbelastung durch den geplanten Stall beträgt (bei 35 Masttagen) ungewichtet 0,03 bzw. gewichtet 0,04 (3 % bzw. 4 % der Jahresgeruchsstunden), was zu einer Gesamtbelastung von gewichtet 0,33 (33 % der Jahresgeruchsstunden) führt (vgl. Seite 22 f. des Gutachtens). Damit ist der im Außenbereich im Einzelfall zulässige Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) gemäß Nr. 3.1 der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL überschritten. Da die Zusatzbelastung über dem Irrelevanzkriterium gemäß Nr. 3.3 GIRL von 0,02 (2 % der Jahresgeruchsstunden) liegt, ist das Vorhaben der Beigeladenen auch nicht als irrelevant einzustufen.
15II. Die Rügen gegen das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 greifen nicht durch.
161. Der Einwand der Rechtsmittelführer, das Gutachten des LANUV NRW beruhe auf dem aktuellen Wissenstand des Jahres 2011 und entspreche nicht dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung, als noch ein mittlerer Emissionsfaktor von „GE 50“ gemäß der KTBL-Schrift 333 allgemein anerkannt gewesen sei, bleibt ohne Erfolg.
17In Fällen der Anfechtung einer bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch Dritte ist zwar grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung maßgeblich.
18Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, BauR 1998, 995 = juris Rn. 3; OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, BauR 2008, 799 = juris Rn. 46 ff.
19Dies schließt es allerdings nicht aus, nachträglich gewonnene Erkenntnisse im Rahmen einer solchen Drittanfechtungsklage zu berücksichtigen. Denn hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22.
21Messungen oder prognostische Begutachtungen zur Immissionssituation sind daher im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für die rechtliche Bewertung auch dann anwendbar, wenn sie erst im Anschluss an das Genehmigungsverfahren durchgeführt werden.
22Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251 = juris Rn. 9 f.
23Nichts anderes gilt für die einer solchen Messung oder Begutachtung zugrundeliegenden Beurteilungs- und Bewertungskriterien. Werden nach Erlass einer Genehmigung diese Kriterien überarbeitet oder liegen sonst neue Kriterien zur Bewertung vor, sind sie auch im Gerichtsverfahren als neue Erkenntnisquelle und Orientierungshilfe zur Beurteilung der Zumutbarkeit von (Geruchs-)Immissionen maßgeblich.
24Vgl. bereits – jeweils zur Anwendbarkeit einer neuen VDI-Richtlinie – OVG NRW, Beschluss vom 3. August 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und Nds. OVG, Urteil vom 4. November 2003 - 1 LB 323/02 -, BauR 2004, 469 = juris Rn. 32.
25Diese Grundsätze werden nicht durchgreifend in Frage gestellt. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass - worauf der Beklagte hinweist - der Widerruf eines Verwaltungsaktes wegen „nachträglich eingetretener Tatsachen“ im Sinne von § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG oder § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG nach allgemeiner Meinung auch aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zulässig sein kann. Auch in diesem Zusammenhang ist vielmehr anerkannt, dass Erkenntnisfortschritte nicht die ursprüngliche Sachlage selbst verändern, sondern die Bewertung der bei Erlass des Verwaltungsakts gegebenen Sachlage betreffen.
26Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 1982 - 7 B 190.81 -, NVwZ 1984, 102 = juris Rn. 5 (zu § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwVfG), sowie OVG NRW, Urteil vom 9. Juli 1987 - 21 A 1556/86 -, NVwZ 1988, 173, und nachfolgend BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 1988 - 7 B 219.87 -, NVwZ 1988, 824 = juris Rn. 5 (zu § 21 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG).
27Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht auf das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 abgestellt hat. Denn die dort angewandte Vorgehensweise, nämlich die Ermittlung der Geruchsvorbelastung aufgrund eines Wertes von 60 GE/(s*GV) gemäß VDI-Richtlinie 3894/Blatt 1 (2009) und der Geruchszusatzbelastung aufgrund eines zeitreihenbezogenen Wertes von 180 GE/(s*GV), ist - wie das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Ausführungen des LANUV NRW ausgeführt hat - inzwischen aktuelle wissenschaftliche Praxis und sachgerechte Methode.
28Dass die Berechnungsweise des LANUV NRW zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 31. Mai 2011 dem fachlich anerkannten Erkenntnisstand entsprochen hat, stellen die Rechtsmittelführer nicht in Abrede. Auch ansonsten sind Zweifel hieran nicht ersichtlich. Der Vertreter des LANUV NRW hat am 24. April 2012 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht plausibel erläutert, dass die auf der Grundlage einer fachwissenschaftlichen Studie beruhende „180-Methode“ inzwischen anerkannt sei (Gärtner, A.; Gessner, A.; Müller, F.; Both, R.: Ermittlung der Geruchsemissionen einer Hähnchenmastanlage. Gefahrstoffe - Reinhaltung der Luft 69 [2009] Nr. 11/12 - Nov./Dez., S. 485-489). Bestätigt wird dies auch durch den von den Klägern im Zulassungsverfahren vorgelegten Beitrag (Geburek, F.; Hebbinghaus, H.; Sowa, A.: Zeitreihen zur Beschreibung der Emissionen aus der Hähnchenmast und ihre Auswirkung auf das Ergebnis der Immissionsprognose, in: VDI-Berichte Nr. 2141 - Gerüche in der Umwelt [2011], S. 197-218). Gegenteilige wissenschaftliche Stellungnahmen haben die Rechtsmittelführer nicht vorgelegt.
29Durfte das Verwaltungsgericht nach alledem auf den Inhalt des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 abstellen, geht auch die weitere Rüge der Rechtsmittelführer ins Leere, das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 10. März 2009, welches die Geruchsbelastung auf der Grundlage eines „GE-Wertes von 50“ berechnet habe, sei durch die Bezirksregierung E. im Rahmen einer Fachaufsichtsbeschwerde unbeanstandet geblieben und auch das LANUV NRW habe bei einer hierbei durchgeführten Plausibilitätsprüfung jedenfalls hinsichtlich des angewandten Emissionsfaktors keine Bedenken angemeldet. Sowohl die fachaufsichtsbehördliche Prüfung als auch die Plausibilitätsprüfung durch das LANUV NRW sind im Genehmigungsverfahren und damit zu einem Zeitpunkt erfolgt, als der Ansatz von 50 GE/(s*GV) als mittlerer Emissionsfaktor noch vom LANUV NRW anerkannt wurde. Schon deshalb stehen die Ergebnisse jener Prüfungen einer Anwendbarkeit des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011, welches auf neueren Erkenntnissen beruht, nicht entgegen.
302. Ebenso ohne Erfolg bleiben die weiteren Einwände gegen das Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011.
31a) Das Zulassungsvorbringen beanstandet zu Unrecht, dass das LANUV NRW bei der Ermittlung der Geruchsvorbelastungen auch weiter entfernt liegende geruchsemittierende Quellen berücksichtigt hat.
32Die Beigeladene trägt insoweit vor, dass das vom LANUV NRW gewählte „Beurteilungsgebiet“ mit einem Radius von 1.200 m um den geplanten Standort der Anlage unzutreffend - namentlich zu groß - festgelegt worden sei. Zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung sei es gemäß Nr. 4.4.2 GIRL für Anlagen, die dem Umfang der hier streitgegenständlichen Anlage entsprächen, übliche Verwaltungspraxis gewesen, einen Radius von 600 m zu wählen. Dieser Radius sei daher im Genehmigungsverfahren auch Grundlage des Gutachtens des Ingenieurbüros S. & I. vom 10. März 2009 gewesen; jenes Gutachten sei im Rahmen der Plausibilitätsprüfung durch das LANUV NRW insoweit unbeanstandet geblieben.
33Dieses Vorbringen stellt das Geruchsgutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 nicht in Frage. Es steht vielmehr im Einklang mit der Geruchsimmissions-Richtlinie, für eine vollständige Vorbelastungserfassung auch weitere geruchsemittierende Quellen einzubeziehen. Nach Nr. 4.4.2 GIRL ist das Beurteilungsgebiet zwar grundsätzlich so festzulegen, dass sich die Beurteilungsflächen vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30fachen der Schornsteinhöhe entspricht; als kleinster Radius ist 600 m zu wählen. Danach soll sichergestellt werden, dass das Beurteilungsgebiet keinesfalls kleiner ausfallen soll, als es einem Radius von 600 m um den Emissionsschwerpunkt der Anlage entspricht. Die Regelung schließt aber nicht aus, dass die äußeren Grenzen des Beurteilungsgebiets im Einzelfall größer zu ziehen sind, wenn nach den konkreten Fallumständen ein weitergehender Prüfungsbedarf erkennbar ist. Ziel einer Beurteilung nach der GIRL ist es, die Gesamtbelastung im Beurteilungsgebiet zu ermitteln. Dies erfordert gegebenenfalls, auch Emittenten in die Untersuchung aufzunehmen, die sich außerhalb des Beurteilungsgebiets befinden, aber relevant auf dieses einwirken. Das zeigt auch die Regelung in Nr. 4.1 Abs. 2 Satz 2 der GIRL, welche vorschreibt, dass alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen sind, wenn die Ermittlung der vorhandenen Belastung rechnerisch vorgenommen wird. Ferner heißt es in der Begründung und den Auslegungshinweisen zur GIRL (dort zu Nr. 4.4.2), das Beurteilungsgebiet sei stets so zu legen bzw. von der Größe her so zu wählen, dass eine sachgerechte Beurteilung des jeweiligen Problems ermöglicht wird. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 4.6 wird ebenfalls hervorgehoben, dass bei der Ermittlung der Gesamtbelastung durch Ausbreitungsrechnung die Geruchsemissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in einer gemeinsamen Rechnung Eingang finden und in diesem Fall alle das Beurteilungsgebiet beaufschlagenden Geruchsquellen in der Ausbreitungsrechnung erfasst werden müssen.
34Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2012 - 12 LA 114/11 -, BauR 2012, 1769 = juris Rn. 11; ferner OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, n. v., Abdruck S. 3 f. und 6; vgl. auch die entsprechenden Ausführungen des LANUV NRW zur „Ausbreitungsrechnung für Geruchsstoffe“ (Abschnitt „Beurteilungsgebiet - Untersuchungsraum“), abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/landwirtschaft/ausbreitung/ ausbreitung_geruch.htm.
35Aus welchen Gründen das LANUV NRW den Umkreis bezüglich der in der Ausbreitungsrechnung zu berücksichtigenden Quellen (Seite 9 ff., Tabelle 3 des Gutachtens) auf etwa 1.200 m festgelegt hat (Seite 19 des Gutachtens), ergibt sich anschaulich aus dem Gutachten selbst: Vor allem der Einwirkungsbereich der süd-östlich des Vorhabengrundstücks gelegenen Tierhaltungsanlagen LW X. (Putenmast, X1.-------weg 9) und LW X2. (Schweinemast, F. Straße 113) erstreckt sich trotz der Entfernung (> 1.000 m) bis zum klägerischen Grundstück; der Anteil dieser beiden „größten Hofstellen im Beurteilungsgebiet“ (Seite 24 des Gutachtens) an der Geruchsvorbelastung am Analysepunkt ANP 2 beträgt für den Betrieb X2. 0,02 und für den Betrieb X. 0,06 (vgl. Tabelle 6, Seite 23 des Gutachtens). Dass vor allem der Anteil des LW X. an der Geruchsvorbelastung am Analysepunkt ANP 2 unter Berücksichtigung der Windrichtungshäufigkeitsverteilung, die einen deutlichen Anteil von Südwinden ausweise, nachvollziehbar und plausibel sei, wird in der weiteren Stellungnahme des LANUV NRW vom 31. August 2011 (dort Seite 4) ergänzend ausgeführt.
36Hiermit setzt sich die Antragsbegründung der Beigeladenen nicht auseinander. Allein der Umstand, dass zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ein Radius von 600 m von der Genehmigungsbehörde und im Rahmen der Plausibilitätsprüfung auch vom LANUV NRW aufgrund der bis dahin üblichen Verwaltungspraxis akzeptiert worden sein mag, steht der Erfassung der weiter entfernten geruchsemittierende Quellen in dem Gutachten vom 31. Mai 2011 nicht entgegen. Sollte das LANUV NRW tatsächlich erst nach Erlass der Genehmigung zu der Erkenntnis gelangt sein, dass vorliegend eine sachgerechte Begutachtung eine Einbeziehung der Emissionsquellen in einem Radius von etwa 1.200 m erfordert, gelten im Übrigen die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der Berücksichtigung neuer Erkenntnisse entsprechend.
37b) Auch der Einwand, die „Rasterdarlegung“ in dem Gutachten des LANUV NRW sei fehlerhaft, bleibt ohne Erfolg.
38Die Beigeladene trägt insoweit in ihrer Antragsschrift vor, dass der landwirtschaftliche Betrieb Underberg sowie auch das Wohnhaus der Kläger in einem „Rasterfeld“ lägen. Mit Schriftsatz vom 9. August 2012 konkretisiert sie diese Rüge unter Hinweis auf eine E-Mail des Ingenieurbüros S. & I. vom 7. August 2012 dahingehend, dass die Rasterdarstellungen in dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 auf Seite 48 ff. zumindest im Nahbereich der Emissionsquellen nicht sachgerecht seien. Sachgerecht wäre gewesen, das Wohnhaus der Kläger in einem Raster von 16 m x 16 m zu betrachten. Mit weiterem Schriftsatz vom 5. November 2012 führt die Beigeladene aus, dass der Betrieb V. und das klägerische Wohnhaus innerhalb desselben Rechengitters (Raster) des Austall 2000-Programms erfasst worden seien. Diese Vorgehensweise stehe nicht mit den Vorgaben aus Nr. 7 der Anhang 3 der TA Luft und der Nr. 3.3.3.1 des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit Austal2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissions-Richtlinie (Merkblatt 56) in Einklang.
39Diese Rügen der Beigeladenen ziehen die vom LANUV NRW vorgenommene Berechnung nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise in Zweifel.
40Dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 ist zu entnehmen, dass zwar die Seitenlänge der Beurteilungsflächen (vgl. Nr. 4.4.3 GIRL), deren Summe das Beurteilungsgebiet ausmachen (Nr. 4.4.2 GIRL), auf 100 m festgelegt (vgl. Seite 21, 22, 48 ff. des Gutachtens), allerdings für das gewählte Rechengebiet ein geschachteltes Gitter mit den Gitterweiten 16 m, 32 m und 64 m verwendet worden ist, wobei die Maschenweite im äußersten Bereich des Rechengebietes 64 m beträgt und sich bis auf 16 m verringert (vgl. Seite 14 des Gutachtens). Ferner heißt es in dem Gutachten, das die an den beiden Analysepunkten angegebenen Werte denen der zugrundeliegenden 16 m x 16 m-Gitterfläche entsprächen (vgl. Seite 21 des Gutachtens). Dies ist bereits im erstinstanzlichen Verfahren durch das LANUV NRW in der ergänzenden Stellungnahme vom 31. August 2011 nochmals bestätigt worden (vgl. Seite 2 f. der Stellungnahme).
41Mit der danach gebotenen Differenzierung zwischen dem Beurteilungsgebiet einerseits und dem - für die Ausbreitungsrechnung mit Austal2000 maßgeblichen - Rechengebiet anderseits, auf die auch die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 19. November 2012 hingewiesen haben, setzt sich die Antragsbegründung nicht weiter auseinander. Die von der Beigeladenen zitierten Vorgaben der TA Luft Anhang 3, Nr. 7, und der Nr. 3.3.3.1 des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit Austal2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissions-Richtlinie (Merkblatt 56) beziehen sich nur auf das Rechengebiet, nicht aber auf das Beurteilungsgebiet (vgl. auch Nr. 4.5 Absätze 2 und 3 der GIRL). Zwar mögen das klägerische Wohnhaus und der Betrieb V. - dieser zumindest teilweise - in derselben Beurteilungsfläche liegen. Konkrete Anhaltpunkte dafür, dass beide Grundstücke auch in derselben Rechenfläche liegen, sind indes nicht dargelegt.
42c) Die Rügen der Rechtsmittelführer stellen, soweit sie innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist vorgetragen wurden, die vom LANUV NRW zugrunde gelegten Tierarten und Tierzahlen nicht in Frage.
43Zwar weist die Beigeladene im Ansatz zutreffend darauf hin, dass im Rahmen der Immissionsprognose bei der Ermittlung der Geruchsvorbelastung die vorhandenen emittierenden Tierhaltungsanlagen oder sonstigen Betriebe grundsätzlich mit dem Tierbestand bzw. Betriebsumfang einzustellen sind, wie er sich aus der jeweiligen
44- immissionsschutzrechtlichen oder bauaufsichtlichen - Genehmigung ergibt.
45Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 10. November 2009 - 1 LB 45/08 -, BauR 2010, 195 = juris Rn. 76; VG Aachen, Urteil vom 23. Januar 2013 - 3 K 2068/10 -, juris Rn. 77; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 -, BauR 1993, 445 = juris, Rn. 27, und Beschluss vom 11. Juli 1994 - 4 B 134.94 -, BRS 56 Nr. 164 = juris Rn. 2 (jeweils zum Rücksichtnahmegebot); s. ferner OVG NRW, Beschlüsse vom 6. Mai 2005 - 10 B 2657/04.NE -, juris Rn. 13, und vom 15. Dezember 2005 - 10 B 1668/05.NE -, NWVBl. 2006, 332 = juris Rn. 15 ff. (jeweils zur Immissionsprognose in einem Bebauungsplanverfahren).
46Dass das LANUV NRW danach bei seinen Berechnungen von falschen Tierarten oder Zahlen ausgegangen sein soll, legt die Beigeladene innerhalb der Antragsbegründungsfrist allerdings nicht hinreichend dar. In dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 wird ausgeführt, dass die Ergebnisse eines vorausgegangenen Ortstermins vom 4. März 2011 in die Tabelle 3, in der u. a. die genauen Tierarten und -zahlen der jeweiligen Betriebe im Einzelnen aufgelistet sind, eingegangen und mit den vom Landkreis W. zur Verfügung gestellten Angaben verglichen worden seien (vgl. Seite 6 des Gutachtens). Auf Seite 19 des Gutachtens heißt es ausdrücklich: „Bezüglich der Tierplatzzahlen erfolgte zudem ein Abgleich mit den genehmigten Tierplatzzahlen.“
47Soweit die Beigeladene demgegenüber in ihrer Antragsschrift vom 18. Juli 2012 lediglich pauschal rügt, das LANUV NRW habe seinem Geruchsgutachten aufgrund des Ortstermins nur die „tatsächlichen“ - also nicht die genehmigten - Tierarten und Zahlen zugrunde gelegt, genügt dies nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Denn die Darlegung ernstlicher Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert, dass sich der Rechtsmittelführer mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinander setzt und im Einzelnen erläutert, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen. Er muss dabei insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will.
48Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 194, 206.
49Im Verfahren auf Zulassung der Berufung muss daher derjenige, der ein Gutachten angreift, substantiiert Anhaltpunkte dafür vortragen, dass seine Einwände gegen das Gutachten geeignet sind, dessen Ergebnis in Bezug auf den Streitgegenstand in Frage zu stellen.
50Vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - 8 A 151/13 -, n. v., Abdruck S. 5.
51Hieran fehlt es. Vor allem hat die Beigeladene innerhalb der Begründungsfrist nicht dargelegt, inwiefern die Angaben in der Tabelle 3 des Gutachtens (Seite 10 ff. des Gutachtens) zu ihren Ungunsten falsch sein sollten.
52Dies gilt zunächst mit Blick auf den gerügten Bestand an Mastschweinen am bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb „T. -C. (alt)“. Soweit die Beigeladene hierzu vorträgt, dass in den Gutachten der Ingenieure S. & I. vom 5. Juni 2008 und 10. März 2009 jeweils eine Anzahl von 160 Mastschweinen zugrunde gelegt worden sei, bei der Berechnung des LANUV NRW hingegen (nur) 150 Mastschweine berücksichtigt wurden, ist schon nicht zu erkennen, inwiefern das Gutachten des LANUV NRW insoweit für die Beigeladene ungünstiger sein soll. Soweit die Beigeladene anmerkt, dass in einem Vermerk des Beklagten vom „29. Februar 2009“ (richtig: 4. Februar 2009, vgl. Bl. 820 der Beiakte/Heft 4) von einem Bestand von 120 Mastschweinen die Rede gewesen sei, ist anzumerken, dass dieser Wert ausweislich des Aktenvermerks lediglich auf einer „Befragung der Tierhalter“ beruht und damit nicht zwingend den genehmigten Bestand widerspiegelt.
53In Bezug auf den Bestand an Bullen am Betrieb „T. -C. (alt)“ hat das LANUV NRW mit einer Anzahl von (nur) 30 den niedrigsten Wert angesetzt, während die Ingenieure S. & I. von 35 (Gutachten vom 5. Juni 2008) bzw. von 70 (Gutachten vom 10. März 2009) und der Aktenvermerk des Beklagten vom 4. Februar 2009 sogar von 89 Bullen ausgegangen sind. Dadurch, dass das LANUV NRW den niedrigsten Wert angesetzt hat, ist auch insoweit jedenfalls nicht festzustellen, dass die Ermittlung der Geruchsvorbelastung wegen einer überhöhten Anzahl zum Nachteil der Beigeladenen zu hoch ausgefallen sein könnte.
54Inwiefern im Übrigen der in der Antragsbegründung noch angesprochene Wert von „1.000 Masthähnchen mit einer Mastdauer von 42 Tagen und 3 Silagen“ für den Betrieb „S1. “ falsch sein soll, wird seitens der Beigeladenen nicht dargelegt.
55Soweit die Beigeladene mit Schriftsatz vom 24. Juli 2012 unter Hinweis darauf, dass sich weder die Tierart noch die Tierzahlen aus der log-Datei ergäben, darum gebeten hat, dass das LANUV NRW ihr mitteile, welche Daten - namentlich welche Tierarten und Tierzahlen an den verschiedenen Standorten - zugrunde gelegt worden seien, hat das LANUV NRW mit Schreiben vom 12. Oktober 2012 klargestellt, dass Tierart und -zahl aus der Tabelle 3 des Gutachtens hervorgingen. Mit Schriftsatz vom 5. November 2012 hat die Beigeladene daraufhin ausgeführt, dass sie die Angaben ausgewertet habe und dies - trotz einiger Unterschiede hinsichtlich der Tierarten und Tierzahlen - keine Erklärung für die große Differenz zwischen dem vom Ingenieurbüro S. & I. im Auftrage der Beigeladenen ermittelten Geruchswertes gegenüber dem vom LANUV NRW ermittelten Wert sei. Dass die Tierzahlen als solche falsch sind, hat die Beigeladene dabei nicht mehr gerügt.
56Die weiteren Einwände der Beigeladenen in Bezug auf die Tierzahlen sind erst in den Schriftsätzen vom 10. September 2013 sowie vom 4., 5. und 14. November 2013 und damit nach Ablauf der Begründungsfrist vorgetragen worden. Sie sind deshalb nicht mehr zu berücksichtigen. Nach Fristablauf eingegangener Vortrag ist nur zu berücksichtigen, soweit er eine zuvor fristgerecht erfolgte, ausreichend dargelegte Begründung erläutert, ergänzt oder verdeutlicht.
57Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29. Juli 1998- 7 S 1139/98 -, juris Rn. 24; OVG NRW, Beschlüsse vom 24. April 1998 - 24 B 236/98 -, juris Rn. 5 ff., und vom 17. Oktober 2011 - 1 A 1731/08 -, juris Rn. 13; Seibert, Die Zulassung der Berufung, DVBl. 1997, 932 (940); Happ, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 53; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124a Rn. 50.
58Dies ist hier nicht der Fall. Denn die weiteren Einwände beziehen sich auf die bislang nicht angezweifelten Tierzahlen der Betriebe „V. “ und „X2. “ und konkretisieren damit nicht lediglich die vorgenannten fristgerechten Rügen.
59d) Soweit die Beigeladene in ihrer Antragsbegründung vom 18. Juli 2012 ferner ausführt, dass es auffällig sei, dass das LANUV NRW die Abluftfahnenüberhöhung (dynamisch wie thermisch) bei der Erstellung des Gutachtens - namentlich bei der Berechnung der Geruchszusatzbelastung - anders als das Ingenieurbüro S. & I. nicht (hinreichend) berücksichtigt habe, werden ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegenüber dem Gutachten aufgezeigt.
60Die Beigeladene führt hierzu aus, dass eine freie und ungestörte Abströmung der Abluft im Umkreis von 100 m (10fache Schornsteinhöhe) um die Kamine gewährleistet sei und auch die weiteren Voraussetzungen für die Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung, die das LANUV NRW in seinem Gutachten vom 31. Mai 2011 auf Seite 20 formuliert habe, erfüllt seien; denn die Immissionsquellen befänden sich mindestens in einer Höhe von 3 m über First und 10 m über Grund und die Austrittgeschwindigkeit der Abluft unterschreite zu keiner Betriebsstunde 7 m je Sekunde. Die Lüftungsanlage werde durch einen Lüftungscomputer gesteuert, der die Einhaltung der Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s regele.
61Das LANUV NRW hat bereits auf entsprechende Einwände im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zur Erläuterung seines Gutachtens in der ergänzenden Stellungnahme vom 31. August 2011 nachvollziehbar ausgeführt (dort Seite 3), dass man bei den Berechnungen für den Regelkamin nur dann eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt habe, wenn dies aufgrund der Parameter „Stalltemperatur“, „Außentemperatur“, „Luftrate“ und „Abluftgeschwindigkeit“ - diese sei abhängig von der Temperatur - auch zu erwarten sei. Die über den Regelkamin emittierte Abluftmenge sei im Vergleich zur gesamten Abluftmenge relativ gering. Für alle anderen Kamine sei eine Abluftfahnenüberhöhung in Abhängigkeit von den genannten Parametern angesetzt worden. Mögliche Maßnahmen zum Erreichen einer Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s in allen möglichen Situationen seien - bewusst - nicht berücksichtigt worden. So führe ein Bypass dazu, dass sich die Temperaturdifferenz zwischen Außenluft und Abluft auf nahezu Null reduzieren und infolgedessen zwar 7 m/s sichergestellt sein möge, aber ein Wärmestrom nicht mehr zu berücksichtigen wäre. Auch die Auswirkungen einer intermittierenden Schaltung seien nicht berücksichtigt worden, da auch hier nicht eindeutig klar sei, wie sich diese tatsächlich auswirke. Im Sinne einer worst-case-Betrachtung sei daher der Regelkamin ohne Abluftfahnenüberhöhung gerechnet worden. Das LANUV NRW sah keine fachliche Veranlassung, hiervon abzuweichen.
62Mit diesen Ausführungen setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht hinreichend substantiiert auseinander. Vor allem zeigt die Beigeladene nicht auf, dass bei einer Regelung der Abluftgeschwindigkeit mittels Lüftungscomputers entgegen der Bedenken des LANUV NRW die Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung sachgerecht gewesen wäre und die Immissionsprognose auch in diesem Fall - wie vom Senat in ständiger Rechtsprechung gefordert - noch „auf der sicheren Seite“ liegen würde.
63e) Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. April 2013 - erstmals - inhaltliche Bedenken gegenüber der vom LANUV NRW vorgenommenen zeitreihenbezogenen Berechnung der Geruchszusatzbelastung angedeutet hat, sind diese nicht innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt worden und haben daher nach den obigen Ausführungen im Zulassungsverfahren unberücksichtigt zu bleiben. Dies gilt namentlich für den Einwand des Beklagten, dass das LANUV NRW bei der Zeitreihenmodellierung - mangels entsprechender Angaben in den Antragsunterlagen der Beigeladenen - eigens einen Schaltplan für die Abluftkamine modelliert habe (Seite 41 f. des Gutachtens vom 31. Mai 2011), der ausschließlich auf „Annahmen“ beruhe und überdies unberücksichtigt lasse, dass gemäß Nebenbestimmung 4.4 der Genehmigung vom 2. September 2009 zu jedem Zeitpunkt eine Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s vorgeschrieben sei.
643. Soweit die Beigeladene sinngemäß einwendet, dass - ungeachtet der nicht rechtsverbindlichen Geruchsimmissions-Richtlinie - keine schädlichen Umwelteinwirkungen von dem genehmigten Vorhaben gegenüber den Klägern ausgingen, da die Anlage den Mindestabstand nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft einhalte, ist dieses Vorbringen erstmals mit Schriftsatz vom 27. November 2012 und damit ebenfalls nach Ablauf der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgetragen worden. Ungeachtet dessen ist dieser Einwand aber auch in der Sache unbegründet. Wie der Senat bereits entschieden hat, handelt es sich bei den Mindestabständen der TA Luft um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen, so dass die Einhaltung der Mindestabstände allenfalls ein Indiz dafür ist, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auftreten.
65Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 38.
66Auch bei Einhaltung der Abstände bedarf es daher einer den Anforderungen der GIRL entsprechenden Geruchsimmissionsprognose jedenfalls dann, wenn - wie hier - die besonderen Umstände des Einzelfalles, zu denen auch eine Geruchsvorbelastung zählt, dies erfordert (vgl. Nr. 1 Abs. 6 GIRL sowie die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 [„Veranlassung zur Erstellung von Gutachten“ und „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“]).
67Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 11 ff., und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, juris Rn. 34 ff.
684. Ebenfalls ohne Erfolg bleiben die Rügen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass es sich bei dem im Außenbereich höchstens zulässigen Grenzwert von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) gemäß Nr. 3.1 der Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL um eine „absolute Obergrenze“ handele; auch aus den vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. März 2009 (10 B 259/09) und vom 25. März 2009 (7 D 129/07.NE) folge, dass die Grenze von 0,25 allenfalls „regelmäßig“ gelte. Die Rechtsmittelführer zeigen insoweit jedenfalls nicht auf, dass das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung unrichtig ist. Selbst wenn in Sondersituationen im Außenbereich ein Überschreiten des vorgenannten Grenzwertes zulässig sein kann, so haben weder der Beklagte noch die Beigeladene dargelegt, dass im vorliegenden Fall Umstände vorliegen, die ausnahmsweise eine solche Überschreitung rechtfertigen könnten.
69Ungeachtet des Umstandes, dass die GIRL für den Außenbereich den ausnahmsweise zulässigen Immissionswert von bis zu 0,25 nur für „landwirtschaftliche“ Gerüche vorsieht,
70vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 42 (insoweit offengelassen, ob die von einer gewerblichen Tierhaltung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ausgehenden Gerüche erfasst sind),
71ist es nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL im Außenbereich nur „unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls“ - und nicht etwa ohne Weiteres - möglich, bei der Geruchsbeurteilung einen Wert von bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Die Feststellung einer Außenbereichslage ist dabei notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung zur Annahme eines Wertes von bis zu 0,25. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten und der Qualität der Geruchsbelästigung im konkreten Fall zu erfolgen hat.
72Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, und vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, n. v., Abdruck S. 7.
73Ob darüber hinaus in Sonderkonstellationen sogar ein Überschreiten des Grenzwertes von 0,25 in Betracht kommen könnte, bedarf keiner Vertiefung, weil solche Umstände hier ersichtlich nicht vorliegen.
74Dies gilt insbesondere auch für den von der Beigeladenen betonten Umstand, dass im Außenbereich die Schutzwürdigkeit von Wohninteressen gegenüber der Verwirklichung „landwirtschaftlicher“ Interessen regelmäßig zurückstehen müsse. Dem geringeren Schutzanspruch von im Außenbereich Wohnenden tragen die Anwendungshinweise zur GIRL bereits dadurch Rechnung, dass für landwirtschaftliche Gerüche ein höherer Wert von bis zu 0,25 zulässig sein kann.
75Eine darüber hinaus gesteigerte Rücksichtnahmepflicht der Kläger ergibt sich gegenüber dem Vorhaben der Beigeladenen auch nicht aufgrund des Umstandes, dass zum Zeitpunkt der Genehmigung und Errichtung ihres Wohnhauses offensichtlich nicht unerhebliche (Geruchs-)Vorbelastungen aufgrund genehmigter Tierhaltungsanlagen im näheren Umfeld bereits vorhanden waren.
76Zwar sind im Umfang der Vorbelastung Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinnehmbar wären. Was von einem genehmigten Betrieb an Belastungen für eine benachbarte Wohnbebauung verursacht wird, mindert die Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft, es sei denn, die vorhandenen Immissionen überschreiten bereits die Grenze dessen, was unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes erträglich ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der emittierende Betrieb vor der Wohnbebauung vorhanden war oder nicht; denn die Schutzwürdigkeit einer Wohnbebauung wird mit der Unanfechtbarkeit der Genehmigung des emittierenden Betriebes gemindert.
77Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Juni 1990 - 4 C 6.87 -, BauR 1990, 689 = juris Rn. 29 ff., vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 -, BVerwGE 87, 332 = juris Rn. 244 f., und vom 27. August 1998 - 4 C 5.98 -, BauR 1999, 152 = juris Rn. 31; Bay. VGH, Beschluss vom 3. August 2000 - 1 CS 99.2116 -, juris Rn. 20.
78Diese vom BVerwG insbesondere im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu Lärmvorbelastungen entwickelten Grundsätze gelten auch für Geruchsbeeinträchtigungen.
79Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. September 1993 - 4 B 151.93 -, NVwZ-RR 1994, 139 = juris Rn. 13; Nds. OVG, Beschluss vom 30. Juli 1999 - 1 M 2870/99 -, BauR 2000, 362 = juris Rn. 5, sowie Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, RdL 2012, 327 = juris Rn. 82 f.
80Die Kläger werden deshalb die zum Zeitpunkt der Genehmigung und Errichtung ihres Wohnhauses bereits vorgefundene Vorbelastung als solche hinzunehmen haben. Daraus folgt jedoch nicht, dass sich die vorhandene Geruchsbelastung auch gegenüber neu hinzutretenden Emissionen, die aus neu zu errichtenden Anlagen herrühren, schutzmindernd auswirkt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine vorhandene Vorbelastung in nicht unbeachtlicher Weise erhöht wird. Dass diese Grenze der Beachtlichkeit, die hier durch die Irrelevanzschwelle nach Nr. 3.3 GIRL gezogen wird, im vorliegenden Fall überschritten wird, ergibt sich aus dem nicht durchgreifend in Zweifel gezogenen Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011.
815. Der weitere Einwand, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Irrelevanzkriterium gemäß Nr. 3.3 GIRL wegen einer bereits überschrittenen „absoluten Obergrenze“ von 0,25 nicht angewandt, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung.
82Ist die vorinstanzliche Entscheidung nämlich - wie hier - auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Berufung nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Zulassungsgrund frist- und formgerecht aufgezeigt wird und vorliegt.
83Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124a Rn. 254.
84Hieran fehlt es. Der Einwand betrifft nicht die entscheidungstragende, auf den Ergebnissen des Gutachtens des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 beruhende - keinen ernstlichen Zweifeln begegnende - Hauptbegründung des Verwaltungsgerichts, sondern die weitere - ebenfalls selbständig tragende - (Hilfs-)Argumentation, das Irrelevanzkriterium sei bei einer Überschreitung des „absoluten Höchstwertes“ von 0,25 (25 % der Jahresgeruchsstunden) nicht mehr anwendbar. Diese Aussage bezieht sich ersichtlich nur auf den Fall, dass die Berechnung der zusätzlichen Geruchsbelastung abweichend von dem Gutachten des LANUV NRW nicht unter Anwendung eines (zeitreihenbezogenen) „GE-Wertes“ von 180, sondern anhand eines „GE-Wertes“ von 50 bzw. 60 erfolgen würde. Denn nur in diesem Fall läge die Geruchszusatzbelastung mit lediglich 0,004 (= 0,4 %) bzw. 0,006 (= 0,6 % der Jahresgeruchsstunden) unterhalb der Irrelevanzgrenze.
85Aus demselben Grund kommt es schließlich auch auf die weiteren Angriffe, die sich auf die (Hilfs-)Argumentation des Verwaltungsgerichts beziehen, für die Zulassungsentscheidung nicht mehr an. Sämtliche Einwände der Beigeladenen, mit denen sie die Ansicht des Verwaltungsgerichts in Frage stellt, dass sich „selbst bei Heranziehung eines Wertes von 50 GE“ für die Kläger eine unzumutbare Geruchsimmissionsbelastung ergebe, sind daher unbeachtlich. Dies gilt insbesondere auch für die Rüge, das Verwaltungsgericht habe die unter Anwendung des Wertes von „50 GE“ ergebende Zusatzbelastung von 0,004 (= 0,4 %) als messbar bezeichnet, obwohl dieser Wert nach den Vorgaben der GIRL auf 0,00 zu runden sei.
86B. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Rechtssache keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufwirft.
87Für die Zulassung der Berufung kommt es insoweit darauf an, ob die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen das erstinstanzliche Urteil Fragen von solcher Schwierigkeit aufwerfen, dass sich diese nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären und entscheiden lassen.
88Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Auflage 2010, § 124 Rn. 108
89Daran fehlt es hier, wie sich den Ausführungen zu I. entnehmen lässt.
90Nichts anderes ergibt sich aus dem Begründungsaufwand der angefochtenen Entscheidung. Zwar wird sich häufig schon aus diesem ergeben, ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist.
91Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458 = juris Rn. 17.
92Einen solchen Begründungsaufwand enthält jedoch das angefochtene Urteil mit den 12 Seiten umfassenden Entscheidungsgründen nicht, zumal die tragenden Erwägungen, mit denen das Verwaltungsgericht die Aufhebung der Genehmigung begründet hat, auf etwa 6 Seiten beschränkt sind. Überdies ist der Umfang der erstinstanzlichen Entscheidungen in erster Linie dem Bemühen des Verwaltungsgerichts geschuldet, auf die zahlreichen Rügen der Beteiligten einzugehen.
93Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Juni 2013 - 8 A 318/11 -, n. v., Abdruck S. 14 f. (zum Umfangs einer erstinstanzlichen Entscheidung von 80 Seiten).
94Auch der Umfang des Vortrags der Beteiligten im Zulassungsverfahren, der zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Wiederholungen des zuvor bereits Vorgetragenen besteht, rechtfertigt keine andere Bewertung.
95C. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
96Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren von Bedeutung wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint.
97Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 127.
98Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.
99Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997
100- 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 = juris Rn. 2 (zu § 132 VwGO).
101Diese Anforderungen sind nicht erfüllt. Die (sinngemäß) aufgeworfenen Fragen,
102ob sich eine Anwendung des Irrelevanzkriteriums gemäß Nr. 3.3 GIRL bei einer vorhandenen Vorbelastung, die bereits allein den zulässigen Wert von 0,25 für den Außenbereich überschreite, verbiete,
103ob einem Antragsteller die Berufung auf eine irrelevante Zusatzbelastung versperrt sei, wenn der je nach Gebietstyp zulässige Grenzwert der hinzunehmenden Geruchsimmissionen im Rahmen der Vorbelastung bereits überschritten sei,
104und
105ob bei einem zur Genehmigung gestellten Vorhaben, das das Irrelevanzkriterium nach der GIRL einhalte, die Vorbelastung ermittelt werden müsse,
106sind für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich, da die vom genehmigten Vorhaben der Beigeladenen ausgehende Geruchszusatzbelastung nach den nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die auf dem Gutachten des LANUV NRW vom 31. Mai 2011 beruhen, nicht irrelevant im Sinne der GIRL sind.
107Die als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage,
108ob die in jedem Einzelfall konkret zu begründende Erweiterungsmöglichkeit auf höchstens 0,25 (25 %) der GIRL 2008 die absolut zulässige Obergrenze für hinzunehmende Geruchsimmissionen darstelle, die nicht überschritten werden dürfe,
109bedarf jedenfalls im vorliegenden Verfahren keiner allgemeinen Klärung, weil - wie aufgezeigt - keine Umstände ersichtlich sind, die eine Überschreitung des Grenzwertes von 0,25 rechtfertigen könnten, wollte man eine solche Überschreitung ausnahmsweise in Sondersituationen für möglich halten.
110Die sinngemäß formulierte Frage,
111ob die Geruchsausbreitungsrechnung mittels des jährlichen Emissionsfaktors für Masthähnchen gemäß VDI 3894 Bl. 1 oder aufgrund einer Zeitreihenbetrachtung unter Anwendung des vom LANUV NRW speziell für diesen Zweck ermittelten Emissionsfaktors zu erfolgen habe,
112ist im vorliegenden Fall nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Wie oben ausgeführt, hat das LANUV NRW die zeitreihenbezogene Berechnungsmethode zur Ermittlung der Geruchszusatzbelastung unter Heranziehung eines mittleren Wertes von 180 GE/(s*GV) im vorliegenden Fall als fachgerecht angesehen, weil die Berücksichtigung zeitabhängiger Emissionen realitätsnäher sei. Diese Vorgehensweise hat das Verwaltungsgericht zu Recht als aktuelle wissenschaftliche Praxis und sachgerechte Methode bewertet. Die Antragsbegründung des Beklagten stellt diese Bewertung nicht infrage. Sie begründet weder, dass die vom LANUV NRW angewandte Ermittlungsmethode nicht mit der Geruchsimmissions-Richtlinie im Einklang stehen könnte, noch legt sie sonst konkrete fachliche Bedenken oder gegenteilige wissenschaftliche Bewertungsansätze dar. Insbesondere zeigt sie aber nicht auf, dass es für die Entscheidung im vorliegenden Fall einer darüber hinausgehenden allgemeingültigen Klärung bedarf, welche Ermittlungsmethode einer Geruchsausbreitungsrechnung zugrundezulegen ist.
113Die weitere Frage,
114ob die GE-Werte weder die objektiv zu beurteilende Sachlage noch erkennbar die Rechtslage beträfen, da es sich bei GE-Werten allein um die Messbarkeit von Gegebenheiten handele,
115kann auf der Grundlage der bereits ergangenen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens dahingehend beantwortet werden, dass - wie oben unter A. II. 1. bereits ausgeführt - die „GE-Werte“, die einer Geruchsimmissionsprognose zugrunde zu legen sind, lediglich Erkenntnismittel sind, die nicht die Rechtslage oder die ursprüngliche Sachlage selbst betreffen, sondern maßgeblich für die Bewertung der ursprünglichen Sachlage sind.
116D. Die Berufung ist schließlich nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen der geltend gemachten Abweichung von der Entscheidung eines übergeordneten Gerichts zuzulassen.
117Eine die Berufung eröffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der übergeordneten Rechtsprechung aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz widersprochen hat.
118Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rn. 158.
119Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
120Soweit die Beigeladene darauf hinweist, aus der Rechtsprechung der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen folge, dass entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine „starre“ und „absolute“ Obergrenze für hinzunehmende Geruchsimmissionen im Außenbereich bei 0,25 (25 %) nicht bestehe, sondern vielmehr im jeweiligen Einzelfall eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen habe (OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007
121- 7 A 1434/06 - und vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE - sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 - und vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -), fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit einer etwaigen Abweichung. Wie mehrfach ausgeführt, sind keine Umstände dafür ersichtlich, dass die Kläger hier aufgrund einer solchen umfassenden Würdigung Geruchsimmissionen oberhalb des Grenzwertes von 0,25 hinzunehmen hätten. Dies gilt gleichermaßen, soweit auch der Beklagte eine Abweichung von den Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE - und vom 23. März 2009
122- 10 B 259/09 - geltend macht.
123Ebenfalls nicht entscheidungserheblich ist, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei einem Überschreiten der Obergrenze von 0,25 scheide eine Anwendung der Irrelevanzregelung gemäß Nr. 3.3 GIRL aus, von der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen abweicht. Wie ausgeführt, beruht das verwaltungsgerichtliche Urteil auf einer weiteren selbstständig tragenden, nicht erfolgreich angegriffenen Begründung.
124Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.
125Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Dabei orientiert sich der Senat an dem in Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (http://www.BVerwG.de/ medien/pdf/streitwertkatalog.pdf) vorgeschlagenen Wert von 15.000,- Euro. Der Umstand, dass der Beklagte und die Beigeladene Rechtsmittelführer sind, führt nicht zu einer Erhöhung dieses Werts. Denn Ausgangspunkt für die Streitwertfestsetzung ist die Bedeutung der Sache für die Kläger; auf die Bedeutung, die die Sache für den beigeladenen Genehmigungsinhaber hat, kommt es nach § 52 Abs. 1 GKG nicht an.
126Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 wird auf die Berufung der Beigeladenen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil zu vollsteckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und die Inbetriebnahme einer Biogasanlage auf dem Grundstück T. , X. . Sie machen geltend, es sei zu befürchten, dass von dem Betrieb der Anlage unzumutbare Geruchsbelästigungen ausgingen.
3Die Kläger bewohnen ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, auf dem nach Auskunft der Landwirtschaftskammer bis in die 1980er Jahre Tierhaltung betrieben wurde. Das Wohnhaus der Kläger liegt in südwestlicher Richtung der Biogasanlage. An das Wohnhaus der Kläger grenzen beidseitig ehemalige Stallgebäude. Der nördliche Teil des Wohnhauses diente früher als Verbindung zwischen den Stallgebäuden und ist von den Klägern in den 1970er Jahren zum Eingangsbereich des Wohnhauses, der sog. Diele, umgebaut worden. In einem Umkreis von etwa 600 m um das Wohnhaus der Kläger befinden sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe, die Tierhaltung betreiben. In nördlicher Richtung liegen die Stallgebäude der T1. B. GbR, die Schweinehaltung betreibt und deren beide Gesellschafter auch die Gesellschafter der Beigeladenen sind. Auf dem Nachbargrundstück I. hält die T1. B. GbR weitere Schweine. In östlicher Richtung befindet der Tierhaltungsbetrieb L. , in südlichwestlicher Richtung die landwirtschaftlichen Betriebe K. und H. . Die Nachbarn H1. und H2. haben jedenfalls früher ebenfalls Tierhaltung betrieben.
4Die Beigeladene beantragte am 23. August 2010 die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage. In der Anlage sollten Schweinegülle, Maissilage und Ganzpflanzensilage zur Gasherstellung eingesetzt werden. Die Gülle werde mit Transportfahrzeugen vom landwirtschaftlichen Betrieb zur Biogasanlage gefahren und in dem Annahmebehälter zwischengelagert. Von dort werde sie dem Anmischbehälter zugeführt. Die Mais- und Ganzpflanzensilage werde von dem aus drei Fahrsilos bestehenden Silagelager mit Radladern in den Annahmebunker am Technikgebäude abgekippt, von wo sie in den Anmischbehälter eingetragen werde. Das Material werde nach dem Mischvorgang dem Fermenter zugeführt, wo unter anaeroben Bedingungen organische Substanz abgebaut werde und Biogas entstehe; das restliche Gärsubstrat komme in den Gärrestspeicher. Das Biogas werde gekühlt, getrocknet und danach im Blockheizkraftwerk (Gasmotor) verbrannt. Über einen Generator werde Strom erzeugt.
5Die Beigeladene legte im Genehmigungsverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 14. September 2010 - ergänzt unter dem 16. Dezember 2010 - vor, wonach die Zusatzbelastung durch die Gerüche der Biogasanlage am Wohnhaus der Kläger die Irrelevanzschwelle nicht überschreite.
6Mit Bescheid vom 29. März 2011 genehmigte der Beklagte die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 400 kW, einer Feuerungswärmeleistung von 1.015 kW und einer maximalen Gaserzeugung von 2,3 Mio. Nm³ (Normkubikmeter)/a. Der Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
7Am 13. April 2011 haben die Kläger Klage erhoben und Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. Juni 2011 - 11 L 180/11 - abgelehnt hat.
8Am 28. März 2012 hat die Beigeladene einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt (Modifizierung der Fahrsiloanlage, des Technikgebäudes und des Betriebs des Annahmebunkers, Verzicht auf die westliche Zufahrt und Verlagerung der Wallanlage) und das diese Änderungen einbeziehende Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 20. April 2012 vorgelegt.
9Der Senat hat auf die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Juni 2011 die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wiederhergestellt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, es sei offen, ob bei der Nutzung der Biogasanlage für die Kläger unzumutbare Geruchsimmissionen entstünden. Insbesondere aufgrund der Defizite der vorliegenden Geruchsimmissionsprognose könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass die Irrelevanzschwelle von 2% Jahresgeruchsstunden - anders als prognostiziert - überschritten werde. Eine verlässliche Aussage darüber, wie hoch die voraussichtliche Gesamtbelastung am Wohnhaus der Kläger sei, sei mangels entsprechender Untersuchung nicht möglich. Die bei dieser Sachlage erforderliche Interessenabwägung gehe zulasten der Beigeladenen aus.
10Der Beklagte hat den Genehmigungsbescheid mit der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 (geruchsmindernde Maßnahmen an den Stallungen der T1. B. GbR) sowie mit der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 um die von der Beigeladenen am 28. März 2012 beantragten Änderungen ergänzt. Dabei hat er die Vorgaben des Gutachtens der Gutachter V. & Partner vom 7. August 2012, das die veränderte Vorbelastung aufgrund der ins Auge gefassten Änderungen der Abluftanlagen und der Kamine der Stallungen der T1. B. GbR einbezogen hat, und das Geruchsgutachten vom 20. April 2012 berücksichtigt sowie dem Genehmigungsbescheid Nebenbestimmungen zu den beantragten Maßnahmen und zur Abdeckung, Öffnung und Reinigung der Silageanschnittfläche hinzugefügt.
11Am 10. August 2012 hat die Beigeladene beantragt, den Beschluss des OVG NRW vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage - 11 L 521/12 -abzulehnen. Mit Beschluss vom 14. September 2012 hat Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung angeführt, die Interessenabwägung gehe weiterhin zu Gunsten der Beigeladenen aus, da die Zweifel an der Zumutbarkeit der Geruchsimmissionen auch durch die neuerlichen Gutachten und die 1. Nachtragsgenehmigung des Beklagten vom 16. August 2012 nicht ausgeräumt seien.
12Das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) hat unter dem 14. Dezember 2012 erklärt, die Ausführungen des Gutachters in dem unter dem 10. September 2012 ergänzten Gutachten vom 7. August 2012 seien zum Teil nicht nachvollziehbar. Der seitens des Gutachters gewählte Radius von 350 m erweise sich als nicht ausreichend. Entsprechend des heutigen Kenntnisstandes zu den Immissionsauswirkungen von Tierhaltungsbetrieben seien für die Ermittlung der Gesamtbelastung mindestens alle Geruchsemittenten in einem Radius von 600 m um die Beurteilungsfläche in die Ausbreitungsberechnung aufzunehmen. Entsprechend den Auslegungshinweisen der GIRL könne ferner der maximale Immissionswert von 0,25/ 25 % Jahresgeruchsstunden für Tierhaltungsgerüche im Außenbereich nur unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls angewandt werden. Von Seiten des LANUV NRW werde empfohlen, die Kriterien Siedlungsstruktur/Ortsüblichkeit, Nutzung und Historie für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranziehen.
13Mit Blick auf diese Stellungnahme des LANUV NRW hat die Beigeladene eine weitere Immissionsprognose der V. und Partner GmbH vom 21. Januar 2013 vorgelegt. Danach ist unter Berücksichtigung der Vorbelastungen durch die Tierhaltungen im Umkreis am Wohnhaus der Kläger mit einer Geruchsbelastung von 21 % Jahresgeruchsstunden zu rechnen. Die durch die Biogasanlage entstehende Zusatzbelastung wurde mit 5 % Jahresgeruchsstunden veranschlagt.
14Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 - hat der Senat die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2012 - 11 L 521/12 - zurückgewiesen. In der Begründung hat der Senat auf die Ausführungen des LANUV NRW in der Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 Bezug genommen und weiter ausgeführt, dass die Plausibilitätszweifel, die den Senat maßgeblich zu seiner Bewertung im Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - veranlasst haben, durch die Immissionsprognose vom 7. August 2012 nicht hinreichend verlässlich ausgeräumt würden.
15Eine danach im Auftrag der Beigeladenen erstelltes Gutachten des Ingenieurbüros Richters & Hüls vom 22. März 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass am Wohnhaus der Kläger eine Immissionsbelastung in Höhe von 20 bis 23 % Jahresgeruchsstunden zu erwarten ist.
16Das LANUV NRW hat in der vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahme vom 26. November 2013 erklärt, bei erneuter Durchsicht der Unterlagen bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung in dem Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013. Die aktuell vorliegenden Ergebnisse seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Kläger darzustellen, soweit alle Geruchsemittenten berücksichtigt würden, die Zuordnung der Geruchsquellen entsprechend der Prüfung des Beklagten plausibel sei und die Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld zu keiner Änderung der ermittelten Geruchsbelastung führten.
17Zu den Einflüssen der Bebauungsstrukturen auf die Immissionen im Rechengebiet war bereits unter dem 9. Juli 2013 darauf hingewiesen worden, dass ein Bereich verbleibe, der von der TA Luft nicht geregelt werde. In diesem Bereich sei im vorliegenden Fall eine Bewertung der Abstromverhältnisse und der Einwirkung auf den Immissionsort vorzunehmen. Als pragmatische Lösung schlage das LANUV NRW in solchen Fällen grundsätzlich eine Modellierung der Emissionsquellen als vertikale Linienquellen bzw. Volumenquellen ohne weitere Berücksichtigung der Gebäude vor, auf denen sich die Emissionsquellen befinden. Dies führe zumeist zu höheren Immissionswerten als bei einer alle Gebäudeeinflüsse berücksichtigenden Berechnungsweise. Die vorliegende Situation sei jedoch von dem geringen Abstand zwischen dem Wohnhaus der Kläger und den nächstgelegenen Emissionsquellen, nämlich nur 25 m zu dem ersten Fahrsilo, und weiterer umgebender Bebauung geprägt, so dass ein konservatives Berechnungsergebnis nicht zwangsläufig gegeben sei. Ein allgemein fachlich anerkanntes Windfeldmodell zur Verwendung in AUSTAL 2000 für eine solche Aufgabenstellung sei bislang nicht etabliert. Als Lösungsmöglichkeit sei von Seiten des Programmentwicklers von AUSTAL 2000, soweit aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine für die Immissionsbelastung relevante Beeinflussung des Windfeldes durch weitere Gebäude möglich erscheine, vorgeschlagen worden, Vergleichsberechnungen ohne Gebäude und mit Gebäuden mit dem diagnostischen Windfeldmodell TALdia durchzuführen und die Ergebnisse einzelfallbezogen gutachterlich auszuwerten. Die genannte Problematik trete insbesondere bei der Berechnung der Eigenbelastung auf, die meist aus dem direkten Nahbereich gespeist werde und bei der daher spezielle Gebäudeeinflüsse nicht auszuschließen seien. Diese Vergleichsberechnung könne im der vorliegenden Fallgestaltung zu höheren oder geringeren Immissionsbelastungen am klägerischen Wohngebäude führen.
18Die Auswertung der Berechnungsergebnisse - so das LANUV NRW unter dem 26. November 2013 weiter - führe am Wohnhaus der Kläger zu einer Geruchsbelastung von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche der Biogasanlage, 0,17 / 17 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche aus Tierhaltung und einer durch Ausbreitungsberechnung ermittelten Gesamtbelastung von 0,22 / 22 % der Jahresgeruchsstunden.
19Da Gerüche aus Biogasanlagen den Gerüchen aus Tierhaltung nicht gleichgestellt werden könnten, bedürfe es der Bestimmung zweier Immissionswerte. Für Gerüche aus Tierhaltung sei ein Immissionswert von bis 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden und für Gerüche der Biogasanlage ein Immissionswert von 0,15 / 15 % bis 0,20 / 20 % Jahresgeruchsstunden denkbar. Bei einem solchen Zusammentreffen unterschiedlicher Immissionswerte dürfe die Summe der jeweiligen Anteile den Wert 1,00 nicht überschreiten. Dieser Wert werde vorliegend selbst bei Zugrundelegung eines Immissionswerts für Gerüche aus der Tierhaltung von 0,25 und eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,20 mit Blick auf die Vorbelastung durch Gerüche aus der Tierhaltung von 0,17 / 17 % Jahresgeruchsstunden und einer Zusatzbelastung von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden durch Gerüche aus der Biogasanlage - wenn auch nur geringfügig (Wert = 1,03) - überschritten.
20Mit Änderungsbescheid vom Bescheid vom 13. Februar 2014 hat der Beklagte die Nebenbestimmungen Nr. 1 bis 4 des Nachtragsbescheides vom 16. August 2012 betreffend die Umbaumaßnahmen auf dem Hof der T1. B. GbR aufgehoben.
21Die Kläger haben zur Klagebegründung im Wesentlichen auf die durch den Betrieb der Biogasanlage zu erwartende unzumutbare Geruchsbelastung hingewiesen. Es bestünden erhebliche Bedenken an der Plausibilität der vorgelegten Geruchsimmissionsprognosen.
22Die Kläger haben beantragt,
23den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Änderungsgenehmigung vom 13. Februar 2014 aufzuheben.
24Der Beklagte hat beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Er hat vorgetragen, dass nach den Empfehlungen des LANUV NRW bei einer Wohnnutzung im Außenbereich dieser ein Immissionswert bis 25 % Jahresgeruchsstunden auch dann zugeordnet werden könne, wenn die Wohnnutzung auf einer ehemaligen Hofstelle mit Tierhaltung erfolge. Ausführungen zur Prüfung der speziellen Randbedingungen für das Wohnhaus der Kläger seien im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 16. April 2013 erfolgt. Die Auffassung des LANUV NRW, dass Gerüche aus Biogasanlagen anders zu beurteilen seien als Gerüche aus landwirtschaftlichen Betrieben (Tierhaltungsanlagen), teile er nicht. Eine signifikante Unterscheidung der Geruchsqualität zwischen der Silage einer Biogasanlage und der einer Rinderhaltung könne nicht bestehen. Auch entfalte die Biogasanlage eine sogenannte dienende Funktion innerhalb der Landwirtschaft. Die anfallende, betriebseigene Gülle werde über verlegte Leitungen der Anlage direkt zugeführt und die anfallende Abwärme des Motors wiederum zum Teil im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen genutzt.
27Die Beigeladene hat beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Sie hat geltend gemacht, nach der fachlichen Stellungnahme des LANUV NRW vom 26. November 2013 bestünden an der Richtigkeit der Berechnungen durch das Sachverständigenbüro S. & I1. keine Zweifel, vielmehr werde die Plausibilität des Gutachtens ausdrücklich bestätigt. Die weitergehenden Ausführungen des LANUV NRW zur Beurteilung der Geruchsbelastungen seien dagegen nur bedingt zutreffend. Es bestehe kein Erfordernis, zwischen den Gerüchen aus der Biogasanlage und den Gerüchen aus der Tierhaltung zu differenzieren. Es handele sich bei der Biogasanlage ausschließlich um eine solche, die mit nachwachsenden Rohstoffen, wie Mais und Getreide sowie mit Gülle aus der Tierhaltung beschickt werde. Es sei daher hier ein Immissionsgrenzwert bis 25 % Jahresgeruchsstunden anzunehmen. Die Immissionsbelastung beim Wohnhaus der Kläger betrage lediglich 22 % Jahresgeruchsstunden, so dass keine unzumutbare Geruchsbelästigung vorliege. Selbst wenn eine Differenzierung der Gerüche aus der Biogasanlage und denen aus der Tierhaltung zulässig sei, würden die maßgeblichen Immissionswerte eingehalten. Nach der bislang angewendeten und fachlich anerkannten Methodik zur Beurteilung gemeinsamer Einwirkung verschiedener Gerüche anhand der in der fachlichen Stellungnahme angeführten zwei Prüfungsschritte liege insgesamt ebenfalls keine unzumutbare Geruchsbelastung vor. Soweit am Ende der fachlichen Stellungnahme allerdings eine bislang selbst in Gutachterkreisen unbekannte Methodik der Prüfung der Zulässigkeit der Geruchsbelastung angeführt werde, die im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) länderübergreifend geregelt worden sein solle, sei diese vorliegend nicht zu berücksichtigen. Ein Erlass oder eine Verwaltungsvorschrift zu dieser neuen Methodik existiere nicht. Hinzu komme, dass die Angelegenheit seitens des LANUV NRW nicht zeitnah bearbeitet worden sei. Wäre die fachliche Stellungnahme innerhalb angemessener Zeit erstellt worden, wäre eine Entscheidung aller Wahrscheinlichkeit vor der internen Beschlussfassung der LAI getroffen worden. Eine derartige Verzögerung könne nicht zu Lasten der Beigeladenen gehen.
30Mit Urteil vom 25. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Genehmigungsbescheid in der seinerzeit aktuellen Fassung aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Genehmigung in der Fassung der Änderungsbescheide stelle nicht hinreichend sicher, dass beim Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen entstünden. Auf den von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärten Verzicht auf die dem Grundstück der Kläger nächstgelegene Fahrsilokammer sowie auf den Einsatz und die Lagerung von Grassilage komme es nicht an. Die Summe der Anteile der Gerüche sei - bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,25 für die Gerüche aus Tierhaltung - bei einer anhand der neuen Erkenntnisse zu den genehmigten Tierplatzzahlen des Nachbarbetriebs H. korrigierten Geruchsvorbelastung durch Tierhaltung von 0,18 / 18 % Jahresgeruchsstunden sowie einer Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden größer als 1, und zwar sowohl bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,15 als auch bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,20 für Gerüche aus der Biogasanlage.
31Die Beigeladene hat gegen das ihr am 10. März 2014 zugestellte Urteil am 8. April 2014 die Zulassung der Berufung beantragt.
32Am 6. Juni 2014 hat die Beigeladene erneut einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt. Gegenstand des Antrags ist der Verzicht auf die dem Wohnhaus der Kläger nächstgelegene dritte Fahrsilokammer, die ausschließliche Lagerung von Maissilage, die Änderung der Raumentlüftung des Technikgebäudes sowie der Einbau eines Aktivkohlefilters im Anschluss an den Anmischbehälter. Es sei ein Einsatz an nachwachsenden Rohstoffen von 3.988 t/a und an Gülle von 3.000 t/a geplant; die Rohgasproduktion belaufe sich voraussichtlich auf 1.480.024 m³/a. Die Beigeladene hat ein ergänzendes Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgelegt, das diese Änderungen und die von der T1. B. GbR unter dem 26. Mai 2014 gegenüber der Bauaufsicht verbindlich zugesagten Änderungen ihres landwirtschaftlichen Betriebes (Änderung der Abluft der Stallungen und Reduzierung der Tierzahlen) berücksichtigt. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Kläger 0,04 / 4 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche der Biogasanlage und 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche aus Tierhaltung betrage, die Gesamtbelastung belaufe sich auf 0,19 / 19 % Jahresgeruchsstunden. Ausgehend von einem Immissionswert von 0,20 für Gerüche aus Tierhaltung und einem Immissionswert von 0,175 für Gerüche der Biogasanlage sei auch unter Berücksichtigung der Prüfformel des LANUV NRW bei einem Wert von 0,98 nicht mit einer unzumutbaren Geruchsbelastung zu rechnen.
33Mit der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 hat der Beklagte die Änderungen genehmigt und die Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014 zum verbindlichen Bestandteil des Antrags gemacht; die darin angenommenen Rahmenbedingungen seien einzuhalten und den Empfehlungen sei zu folgen.
34Am 1. September 2014 hat die Beigeladene Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der aktuellen Fassung der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 gestellt.
35Der Senat hat mit Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 - die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, 13. Februar 2012 und vom 14. August 2014 ab dem Zeitpunkt angeordnet, in dem die Beigeladene gegenüber dem Beklagten und den Klägern nachgewiesen hat, dass die im Schreiben vom 26. Mai 2014 gegenüber dem Bauordnungsamt des Beklagten verbindlich angekündigten Änderungen des landwirtschaftlichen Betriebes der T1. B. GbR - Reduzierung des Tierbestandes sowie Modernisierung der Abluftführung in den Stallungen - umgesetzt wurden, und, dass die Mündungshöhe des Abgaskamins des Technikgebäudes der streitgegenständlichen Anlage mindestens 10 m über dem Erdboden und mindestens 3 m über dem Dachfirst liegt sowie die Abluftgeschwindigkeit der Raumentlüftung 7 m/s beträgt. Im Übrigen sind der Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage 8 A 799/14 (VG Minden 11 K 805/11) gegen den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 sowie der Antrag der Beigeladenen abgelehnt worden.
36Ebenfalls mit Beschluss vom 22. Mai 2015 hat der Senat die Berufung zugelassen.
37Die Beigeladene trägt zur Begründung der Berufung vor, für den vom LANUV NRW und vom Senat in dem Beschluss vom 22. Mai 2015 gewählten Berechnungsansatz bei einem Zusammentreffen von Tiergerüchen und Gerüchen der Biogasanlage fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Die Prüfmethodik sei in Nordrhein-Westfalen nicht eingeführt und stelle ein völliges Novum dar. Sie habe auch Zweifel an seiner fachlichen Eignung. Die Aussonderung der Gerüche der Biogasanlage aus den landwirtschaftlichen Gerüchen überzeuge nicht, weil die Gerüche sich nicht unterschieden. Anders als vom Verwaltungsgericht angenommen müsse die für die Bestimmung des Immissionswerts im Außenbereich erforderliche Einzelfallbeurteilung auch nicht im Bescheid selbst vorgenommen werden. Die Kläger müssten im Übrigen eine Geruchsbelastung von 25% Jahresgeruchsstunden hinnehmen. Das Umfeld sei landwirtschaftlich geprägt und die Kläger hätten selbst früher - wohl in einem größeren Umfang als bisher angenommen - Landwirtschaft und Tierhaltung betrieben.
38Die vom Senat in dem Beschluss vom 22. Mai 2015 offen gelassene Problematik der Bebauungseinflüsse habe das Gutachten des Büros S. & I1. vom 17. Juli 2014 ausdrücklich angesprochen. Vor dem Hintergrund, dass das Modell der TA Luft für die Berücksichtigung von Gebäudeeinflüssen nur dann anwendbar sei, wenn die Kamine mindestens das 1,2-fache der Höhe des höchsten Gebäudes in einem Umkreis vom 10-fachen der Kaminhöhe erreichen, und dies hier nicht der Fall sei, habe das Gutachten die vom LANUV NRW empfohlene pragmatische Lösung gewählt, die Emissionsquellen als vertikale Linienquellen bzw. Volumenquellen ohne weitere Berücksichtigung der Gebäude zu modellieren. Die Modellierung der Emissionsquellen als vertikale Linienquellen ohne gesonderte Berücksichtigung der konkreten Gebäudeeinflüsse sei auch ausreichend, da es sich um eine konservative Berechnungsweise handele. Der vom LANUV NRW für den Nahbereich unter dem 9. Juli 2014 vorgeschlagenen Vergleichsberechnung bedürfe es hier zum einen nicht, weil diese Aussage nur bei der Berechnung der Eigenbelastung gelten sollte. Die Eigenbelastung sei jedoch sowohl nach der Ansicht des LANUV NRW als auch nach der neuesten Rechtsprechung des Senats nicht zu berücksichtigen. Zum anderen bedürfe es der Vergleichsberechnung auch deshalb nicht (mehr), weil sich der Abstand zwischen dem klägerischen Wohnhaus und der nächstgelegenen Emissionsquelle aufgrund des Wegfalls des dritten Fahrsilos mit jetzt 45 m fast verdoppelt habe.
39Die Vergleichsberechnung stelle die Gutachter schließlich auch vor ein unlösbares Problem. Ein anerkanntes Berechnungsmodell existiere nicht, Werte für das Wohnhaus der Kläger könnten daher nicht exakt berechnet werden. Um gleichwohl jeglichen Zweifel auszuräumen, habe man das Büro S. & I1. um eine ergänzende Stellungnahme und die Erstellung einer Vergleichsberechnung gebeten. Diese habe ergeben, dass eine Berechnung der Gebäudeeinflüsse im Bereich des Wohnhauses der Kläger schon deshalb nicht möglich sei, weil das Programm für die Teile der Beurteilungsfläche, auf denen sich die Gebäude befänden, den Wert 0,00 auswerfe. Dies führe zu dem sehr geringen Wert 0,02 am klägerischen Wohnhaus. Bei den von diesem Gebäudeeffekt nicht betroffenen Flächen nördlich des Wohnhauses zeige sich jedoch, dass die zusätzliche rechnerische Aufnahme des Gebäudeeinflusses nicht zu einer Erhöhung der Werte führe; diese würden vielmehr nach unten abweichen. Dieser Effekt lasse den hinreichend sicheren Schluss zu, dass auch im Bereich des Wohnhauses keine signifikanten Abweichungen zuungunsten der Kläger aufträten.
40Die Beigeladene beantragt,
41das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 (Az.:11 K 805/11) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
42Die Kläger beantragen,
43die Berufung zurückzuweisen.
44Sie beziehen sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass Gerüche der Biogasanlage nicht als landwirtschaftliche Gerüche einzuordnen seien. Zudem sei eine Abweichung von dem Immissionswert 0,15 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich nur aufgrund einer Einzelfallprüfung möglich, die von der Genehmigungsbehörde vorgenommen werden müsse und nicht auf die Sachverständigen verlagert werden könne. Die vom Beklagten vorgenommene Einzelfallwürdigung sei defizitär. Die auch von der Beigeladenen gewünschte Bestimmung eines Immissionswerts von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche komme nicht in Betracht. Der Kläger nutze das Grundstück für eine reine Wohnnutzung. In der Nachbarschaft seien zudem weitere reine Wohnnutzungen vorhanden. Die landwirtschaftlichen Gerüche seien zwar durchaus als ortsüblich anzusehen, nicht aber die Gerüche der Biogasanlage. Im Übrigen ermöglichten die vorgelegten Bauakten und die Berechnungen des Büros S. & I1. keine realistische Abschätzung der tatsächlich vorhandenen relevanten Geruchsquellen. Die Baugenehmigungen seien teilweise sehr alt und entsprächen nicht mehr den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen. Die Beklagte müsse bei Abstellen auf die Genehmigungslage jedenfalls darlegen, wann und innerhalb welcher Zeit er darauf hinwirken werde, dass nur noch ein genehmigter Betrieb stattfinde. Die Hofstelle H2. sei überhaupt nicht berücksichtigt worden, obwohl dort seit Jahren 275 Mastschweine gehalten würden. Auch die Hofstelle Kramer sei als relevante Quelle zu berücksichtigen. Dort befinde sich ein Güllebehälter, der ständig von dem Betrieb K. benutzt werde. Die Biogasanlage werde zudem nicht ordnungsgemäß betrieben. Sie werde nicht nur aus den vorhandenen Fahrsilos beschickt, sondern auch von auf dem Grundstück offen gelagerten Feldmieten. Das Gelände der Biogasanlage sei teilweise unbefestigt. Durch die Transporte der Silage komme es zu Verunreinigungen, so dass großflächig wirksame Geruchsquellen vorhanden seien, die gutachterlich nicht erfasst seien. Die Prognose sei nach alledem nicht auf der sicheren Seite.
45Die Genehmigung sei aufgrund der zahlreichen nachträglichen Änderungen schließlich auch nicht mehr hinreichend bestimmt; ein genehmigungskonformer Betrieb könne nicht mehr nachvollzogen werden.
46Der Beklagte beantragt,
47das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
48Er macht sich den Vortrag der Beigeladenen zu Eigen.
49Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und der Anhörung des sachverständigen Zeugen und Sachverständigen Dr. X1. T2. wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung des Senats vom 12. August 2015 Bezug genommen.
50Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens einschließlich der unter dem 6. August 2015 vorgelegten Ausbreitungsrechnungen der Gutachter S. & I1. sowie der vorläufigen Rechtsschutzverfahren und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten einschließlich der Bauakten der landwirtschaftlichen Betriebe K. , L. , I. , H. , H1. und H2. verwiesen.
51Entscheidungsgründe:
52Die Berufung der Beigeladenen hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 29. März 2011 in der Fassung dieser Bescheide ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in einem ihnen zustehenden Recht, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
53Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage grundsätzlich der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
54Vgl. zur baurechtlichen Nachbarklage OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228 = juris Rn. 47 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 2014 - 10 S 1853/13 -, NVwZ-RR 2015, 18 = juris Rn. 6; Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431 = juris Rn. 60 ff.
55Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.
56Vgl.OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 ‑ 8 A 959/10 -, ZNER 2015, 177 = juris Rn. 88 ff.; BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179 = juris Rn. 3.
57Die bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erlassenen Nachtragsgenehmigungen vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012 und vom 14. August 2014 sowie der Aufhebungsbescheid vom 13. Februar 2014 sind danach in die Prüfung mit einzubeziehen.
58A. Die angefochtene Genehmigung genügt trotz der wiederholten Nachträge und Änderungen den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Die Genehmigung für das Vorhaben ist ungeachtet des Umstandes, dass die Regelungen und Nebenbestimmungen sich auf mehrere (Nachtrags-)Bescheide verteilen, im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW hinreichend bestimmt.
59Eine Genehmigung entspricht den Anforderungen des § 37 VwVfG NRW, wenn die getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens - gegebenenfalls nach Auslegung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts einschließlich aller seiner Nebenstimmungen. Insoweit muss klar sein, welche Rechtsbeziehung zwischen wem geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Entsprechend muss bei einer Genehmigung klar sein, was genau genehmigt wurde und welchen Umfang die gestattende Wirkung der Genehmigung hat. Bestimmbarkeit reicht hier aus; welches Maß an Konkretisierung notwendig ist, hängt von der Art des Verwaltungsakts, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab. Das Gewollte kann sich auch aus der Bezugnahme auf bestimmte Antragsunterlagen ergeben.
60Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 2, 3, 5 und 27; Bay. VGH, Beschluss vom 22. April 2009 - 1 CS 09.221 -, juris Rn. 20 und 24; OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
61Vorliegend ist trotz der nachträglichen Änderungen des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 weder unklar, welches Vorhaben genehmigt wurde oder welchen Umfang die gestattende Wirkung hat noch welche Nebenbestimmungen für das Vorhaben gelten sollen. Der aktuelle Inhalt der Genehmigung lässt sich sowohl hinsichtlich des verfügenden Teils als auch hinsichtlich der Nebenbestimmungen bei einer „parallelen“ Lektüre der Bescheide - unter zulässiger Heranziehung der jeweils (ergänzend) vorgelegten Antragsunterlagen - auch von den drittbetroffenen Klägern mit einem noch vertretbaren Aufwand ermitteln.
62Die Genehmigung ist in ihrer aktuellen Fassung auch nicht deshalb unbestimmt, weil die Nebenbestimmung Nr. 8 in der 3. Nachtragsgenehmigung eine Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung von mindestens 10 m über dem Erdboden verlangt, während die in Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum verbindlichen Bestandteil der Genehmigung gemachte Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 davon abweichend - wie die ersetzte Nebenbestimmung Nr. 9 zur Luftreinhaltung auf Seite 9 des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 - ausdrücklich von einer Mündungshöhe von 12 m über dem Erdboden ausgeht. Insoweit liegt offenkundig ein Schreibversehen des Beklagten vor, welches dieser jederzeit korrigieren kann. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Beklagte die Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung ohne jeden Anlass und entgegen der Rahmenbedingungen der maßgeblichen Immissionsprognose von 12 m auf 10 m absenken wollte.
63,
64Es bestehen im Übrigen auch keine Bedenken an der Bestimmtheit des Genehmigungsinhalts, weil die „Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014“ einschließlich der dort vorausgesetzten Rahmenbedingungen durch Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum (verbindlichen) Bestandteil der Genehmigung gemacht wurde. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Bezugnahme auf die Antragsunterlagen.
65Vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
66Vor diesem Hintergrund wirkt es sich auch mit Blick darauf, dass die Einhaltung der Pflichten des § 5 BImSchG in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sichergestellt sein müssen, nicht auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung aus, dass weder die - die Vorbelastung senkenden - Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T1. B. GbR noch die Vorgabe, dass die Austrittsgeschwindigkeit der Abgase der Raumentlüftung des Technikgebäudes mindestens 7 m/s betragen muss, in einer Nebenbestimmung geregelt sind. Diese Vorgaben sind durch die Bezugnahme auf die Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 und ihre Rahmenbedingungen sowie die Antragsunterlagen verbindlicher Inhalt der Genehmigung geworden.
67Vgl. zum Erfordernis der Sicherstellung von Kompensationsmaßnahmen im Genehmigungsbescheid OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 24.
68B. Von dem Vorhaben der Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für die Kläger aus.
69Bei der von der Beigeladenen geplanten (und bereits errichteten) Biogasanlage handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 1.2.2.2 (Anlage zur Erzeugung von Strom in einer Verbrennungseinrichtung einschließlich zugehöriger Dampfkessel durch den Einsatz von Biogas, mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 Megawatt bis weniger als 10 Megawatt) und Ziffer 8.6.3.2 (Anlage zur biologischen Behandlung von Gülle, soweit die Behandlung ausschließlich zur Verwertung durch anaerobe Vergärung [Biogaserzeugung] erfolgt, mit einer Durchsatzkapazität von weniger als 100 Tonnen je Tag, soweit die Produktionskapazität von Rohgas 1,2 Mio. Nm³ je Jahr oder mehr beträgt) des Anhangs 1 der 4. BImSchV.
70Die an dem Wohnhaus der Kläger aufgrund des Betriebs der streitgegenständlichen Anlage zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar.
711. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
72Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
73In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
74Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
75Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete der Immissionswert 0,10 / 10 % Jahresgeruchsstunden, für Gewerbe-/Industriegebiete und Dorfgebiete gilt ein Immissionswert 0,15 /15 % Jahresgeruchsstunden, wobei der Wert für Dorfgebiete nur Tierhaltungsgerüche betrifft. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben der Beigeladenen als auch das Wohnhaus der Kläger liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter B. 2. d) cc)).
76Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
772. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Prognose,
78vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
79bei der aus der Vorbelastung (dazu a) und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse (dazu b) und einer Abluftfahnenüberhöhung (dazu c) bei der Abluftführung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Geruchsbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu d). Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, muss der jeweilige Immissionswert bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden (dazu e).
80a) Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
81Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 58 ff.
82b) Nach Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) sind bei einer gebäudenahen Abluftführung die nicht auszuschließenden Einflüsse der Bebauung auf die Immissionen zwingend zu berücksichtigen. Insoweit sind alle Gebäude in den Blick zu nehmen, deren Abstand von der jeweiligen Emissionsquelle geringer ist als das 6fache der Schornsteinbauhöhe.
83Für die Fälle, in denen entweder die Schornsteinhöhe mehr als das 1,2fache der Höhen der Gebäude beträgt oder die Gebäude, für die diese Bedingung nicht erfüllt ist, einen Abstand von mehr als dem 6fachen ihrer Höhe von der Emissionsquelle haben, regelt die TA Luft (2020) ausdrücklich, auf welche Weise die Gebäudeeinflüsse zu ermitteln sind. Beträgt die Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhen, ist die Berücksichtigung der Bebauung - bei einer Modellierung des Abluftkamins als Punktquelle - durch Rauhigkeitslänge und Verdrängungshöhe ohne Berücksichtigung der Gebäude ausreichend. Beträgt die Schonsteinbauhöhe weniger als das 1,7fache der Gebäudehöhen und ist eine freie Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden. Solange ein solches Windfeldmodell noch nicht existiert, kann ein anderes Windfeldmodell verwendet werden, dessen Eignung der obersten Landesbehörde nachgewiesen worden ist. Der Sachverständige Dr. T2. hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, das LANUV NRW empfehle in diesen Fällen die Modellierung eines Ersatzquellensystems, in dem die Quellen eine künstliche vertikale Ausdehnung erhalten. Die Modellierung der gebäudenahen Emissionsquellen als vertikale Linienquellen - mit einer Ausdehnung grundsätzlich bis zum Erdboden - simuliere die Um- und Überströmung der (Stall)Gebäude und deren Auswirkungen auf die Ausbreitungsrechnung, weil - anders als bei einer Modellierung der Quellen als Punktquellen - die gemessenen Konzentrationen in der Regel überschätzt würden. Um allerdings eine zu hohe Überschätzung auszuschließen, seien bei Quellkonfigurationen, bei denen die Höhe der Emissionsquellen größer als das 1,2fache der Gebäude, einschließlich des Gebäudes, auf dem sie stehen, ist, die Emissionen gleichmäßig auf den oberen halben Quellbereich zu verteilen.
84Vgl. auch: Hartmann, Gärtner, Hölscher, Köllner, Janicke, Untersuchungen zum Verhalten von Abluftfahnen landwirtschaftlicher Anlagen in der Atmosphäre, Langfassung zum Jahresbericht 2003, S. 5 und 6 abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/veröffentlichungen/jahresberichte.
85Eine solche Ersatzquellenmodellierung werde vom LANUV NRW auch für die von der TA Luft (2002) nicht ausdrücklich geregelte, aber in der Landwirtschaft häufig - wie auch im vorliegenden Fall - anzutreffende Fallkonstellation von Schornsteinhöhen unter dem 1,2fachen der Gebäudehöhen bzw. einem Abstand zwischen Immissionsort und Emissionsquelle von weniger als dem 6fachen der Gebäudehöhen empfohlen.
86Bei einem Abstand von weniger als 50 m zwischen dem Immissionsort und der nächstgelegenen Emissionsquelle sowie weiterer Bebauung in der Umgebung gewährleiste allerdings auch eine Ersatzmodellierung nicht immer ein konservatives Berechnungsergebnis. Insoweit bedürfe es einer ergänzenden Ausbreitungsrechnung, in der - bei einer Modellierung der Abluftquellen als Punktquellen - die Gebäude gesondert miteinberechnet würden. Anders als die Beigeladene meint, betrifft dies nicht nur die Berechnung der - hier nicht zu berücksichtigenden - Eigenbelastung. Die Eigenbelastung ist vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 9. Juli 2013 nicht als einziger, sondern lediglich als besonders häufig vorkommender Beispielsfall genannt worden, in dem derart geringe Abstände zwischen Gebäuden und Emissionsquellen vorkommen können.
87Das LANUV NRW hat bereits in der Stellungnahme vom 9. Juli 2013 und auf Seite 33 seines Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
88Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
89darauf hingewiesen, dass es zwar an einem fachlich allgemein anerkannten Windfeldmodell für eine solche Ausbreitungsrechnung fehle. Man schließe sich jedoch dem Vorschlag des Programmentwicklers von AUSTAL 2000 an, eine Berechnung durchzuführen, in der die Gebäude mit dem diagnostischen Windfeldmodell TALdia berücksichtigt würden. Die Ergebnisse der Berechnungen müssten dann gutachterlich ausgewertet werden. Der Sachverständige Dr. T2. hat in der mündlichen Verhandlung betont, dass Ausbreitungsrechnungen mit gesonderter Berücksichtigung grundsätzlich ein genaueres Bild der Geruchssituation lieferten als die Ausbreitungsrechnungen mit Ersatzmodellierung der Abluftquellen, die die vorhandenen Gebäude lediglich simulierten. Der Senat hält diese Vorgehensweise für plausibel.
90c) Bei Emissionen aus Kaminen ist ferner zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
91Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
92kann im Allgemeinen eine Überhöhung der Abluftfahne angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First ist, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle - in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem 10fachen, nach der an die Regelungen in Nr. 10 der Anlage 3 zur der TA Luft (2002) angelehnten Praxis des LANUV NRW auch schon entsprechend dem 6fachen der Quellenhöhe - ausgeschlossen ist.
93Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 65.
94Der Sachverständige Dr. T2. vom LANUV NRW hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass die Abluftgeschwindigkeit entweder - wie bei Stallungen im landwirtschaftlichen Bereich - mit Hilfe kinetischer Unterstützung oder - wie etwa bei Blockheizkraftwerken - aufgrund der hohen Ablufttemperatur erreicht werden könne. Er hat weiter ausgeführt, dass entsprechend der Praxis des LANUV NRW eine hindernisfreie Abströmung dann angenommen werden könne, wenn der Abstand zwischen dem Abluftkamin und benachbarten Gebäuden mehr als das 6fache der jeweiligen Gebäudehöhe betrage. Lägen die Voraussetzungen für eine Abluftfahnenüberhöhung vor, könne eine solche auch im Rahmen der Ersatzquellenmodellierung berücksichtigt werden. Auch diese Ausführungen hält der Senat für plausibel.
95d) Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu aa) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu bb und cc). Einer solchen Einzelfallprüfung bedarf es auch bei der - ebenfalls erforderlichen - Bestimmung des maßgeblichen Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich (dazu dd).
96aa) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen. Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
97Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 71 ff.
98Bei den Gerüchen der Biogasanlage handelt es sich dagegen um gewerbliche Gerüche, die von Tierhaltungsgerüchen zu unterscheiden sind. Der Betrieb einer Biogasanlage ist auch bei einer weiten wertenden Betrachtung nicht mit einer Tierhaltung gleichzusetzen. Er führt zudem zur Entfaltung von in der Tierhaltung nicht auftretenden biogasanlagentypischen Gerüchen. Dies entspricht der Einschätzung des Expertengremiums GIRL, wonach Biogasanlagen grundsätzlich Industrieanlagen gleichzusetzen und mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 in die Berechnung einzustellen sind. Dies betrifft neben den Geruchsemissionen des Blockheizkraftwerks (BHKW) auch die Geruchsemmissionen aller unmittelbar zum Betrieb der Biogasanlage gehörenden Einrichtungen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Biogasanlage Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes ist oder sie ausschließlich mit Festmist bzw. Gülle aus Rinderhaltung sowie nachwachsenden Rohstoffen betrieben wird, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben.
99Vgl. Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.19 f.
100Solche - möglichen - Ausnahmefälle liegen nicht vor.
101bb) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
102Für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen ist nicht von vorneherein ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber nach weder dem Wortlaut noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt.
103Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
104Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 77 ff. Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 56.
105Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dahinter steht unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren ‑ etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 0,50 / 50 % Jahresgeruchsstunden entsprechen kann.
106Der Wert 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
107Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, juris Rn. 59; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
108Der Immissionswert sollte, wenn er über die in der GIRL für vergleichbare Nutzungsgebiete ausdrücklich bestimmten Immissionswerte hinausgehend festgesetzt wird, aus Gründen der Rechtsklarheit in den Genehmigungsbescheid (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich der Wert allerdings aus der Begründung des Bescheides oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
109cc) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu (1)), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu (2)), die historische Entwicklung (dazu (3)) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu (4)) zu rechnen sind.
110(1) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 erhöht werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
111Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
112Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
113In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
114(2) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
115Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
116Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Mietern auf Hofstellen, die in diesem Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
117(3) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
118Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
119In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
121(4) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zu ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
122Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
123Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
124dd) Für die Bestimmung des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich gilt im Grundsatz nichts anderes. Die Bestimmung dieses weiteren Immissionswerts ist eigenständig festzusetzen, weil gewerbliche Gerüche sich von Tierhaltungsgerüchen unterscheiden (siehe oben B 2. d) aa)). Auch hinsichtlich des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich bedarf es einer Einzelfallprüfung, wenn ein höherer als der für Gewerbe- und Industriegebiete geltende Immissionswert von 0,15 bestimmt werden soll. Das LANUV NRW hält in seiner Stellungnahme vom 26. November 2014 im Einzelfall insoweit eine Erhöhung auf Werte bis 0,20 für möglich. Dem schließt sich der Senat an.
125e) Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, reicht es für die Feststellung, dass die Geruchsbelastung für den Nachbarn zumutbar ist, allerdings nicht aus, wenn die beide Geruchstypen erfassende Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionspunkt den höheren Immissionswert einhält. Zusätzlich muss der jeweilige Immissionswert auch bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden.
126Die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2013 vorgeschlagene, vom sogenannten „GIRL-Expertengremium“ für das Dorfgebiet entwickelte Prüfregel ermöglicht eine sichere Beurteilung dieser weiteren Vorgabe auch im Außenbereich.
127Einer rechtlichen Grundlage bedarf diese Prüfregel - anders als die Beigeladene meint - nicht. Es handelt sich bei der Prüfregel im Ergebnis um eine Fortschreibung der GIRL für die bislang nicht behandelte Fallkonstellation des Aufeinandertreffens zweier Geruchstypen mit unterschiedlichen Immissionswerten in einem Beurteilungsgebiet. Diese Fortschreibung ist - wie die GIRL - als sachverständige Aussage und nicht als Rechtssatz zu qualifizieren.
128Bei Gemengelagen von Tierhaltungen und gewerblichen Emittenten sind danach die jeweiligen Immissionswerte eingehalten, sofern die Prüfungsregel
129(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
130erfüllt ist. Danach ist zu berechnen, welche Anteile ihres Immissionswertes die beiden Geruchskategorien jeweils ausschöpfen. Die 1. Klammer betrifft Gerüche aus der Tierhaltung und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (ITH) an dem zulässigen Immissionswert für Tiergerüche (IWTH) an; die 2. Klammer betrifft Gerüche aus Industrieanlagen und Gewerbebetrieben und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (IG/I) an dem zulässigen Immissionswert für gewerbliche Gerüche (IWG/I) an. Die Summe beider Anteile darf den Wert von 1,0 nicht überschreiten.
131Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand: Februar 2014, S. 4 und 10 f.
132Der Anwendung dieser Prüfregel steht nicht von vorneherein entgegen, dass sie letztlich auf eine Addition der - ins Verhältnis zum jeweiligen Immissionswert gesetzten - Geruchshäufigkeitswerte hinausläuft und - anders als bei der Ausbreitungsberechnung - Geruchsüberlagerungen außer Betracht bleiben. Zum einen lässt die GIRL in Nr. 4.6 selbst aus Vereinfachungsgründen die an sich nicht mögliche arithmetische Addition von Geruchshäufigkeiten zu. Zum anderen wird die mit der Prüfregel notwendig verbundene, regelmäßig zulasten des Betreibers gehende Unschärfe der tatsächlichen Belastungssituation durch die Anwendung der Rundungsregeln auf den errechneten Wert gemindert. Die arithmetische Rundungsregel ist anwendbar, weil es sich bei dem Wert 1,0 um eine mathematische Größe handelt. Danach trifft die Aussage x ≤ 1,0 bei Werten bis x = 1,04 zu.
133Vgl. Bartsch, Mathematische Formeln für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 23. Auflage 2014, S. 54: Abrunden: die letzte Ziffer bleibt unverändert, wenn die erste weggelassene Ziffer 0,1,2,3,4 ist; Aufrunden: die letzte Ziffer wird um 1 erhöht, wenn die erste weggelassene Ziffer 5,6,7,8,9 ist, vgl. auch DIN 1333.
134Dagegen dürfte weder die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2014 verwendete Fassung der Prüfregel
135(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,00
136noch die von dem Expertengremium GIRL ferner genannte Fassung
137(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1
138diesem Anliegen ausreichend Rechnung tragen. Die erste Formel erscheint auch bei Anwendung der Rundungsregel zuungunsten des Betreibers zu eng (x ≤ 1,004) und die zweite zuungunsten des Nachbarn zu weit (x ≤ 1,4).
1393. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erweisen sich die im Berufungsverfahren vorgelegten Ausbreitungsrechnungen der Gutachter S. & I1. vom 6. August 2015, in denen die Gebäudeeinflüsse gesondert mit einbezogen wurden, als plausibel. Diese Rechnungen bilden die voraussichtliche Geruchssituation am Wohnhaus der Kläger hinreichend sicher ab (dazu a). Die in der 3. Nachtragsgenehmigung erfolgte Festlegung des Immissionswerts für Tierhaltungsgerüche auf 0,20 / 20 % Jahresgeruchsstunden begegnet keinen Bedenken. Für die Bestimmung eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage in Höhe von 0,175 / 17,5 % Jahresgeruchsstunden geben die Umstände des Einzelfalls allerdings nichts her. Es bleibt daher bei dem von der GIRL für Gewerbe- und Industriegebiete bestimmten Immissionswert von 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden (dazu b). Bei Zugrundelegung des Immissionswerts 0,20 für Tierhaltungsgerüche und des Immissionswerts 0,15 Gerüche der Biogasanlage wird die oben beschriebene Prüfregel eingehalten (dazu c).
140a) Die Gutachter haben in den unter ausdrücklicher Berücksichtigung der Gebäude - insbesondere die Gebäude der Biogasanlage und die Stallungen des landwirtschaftlichen Betriebs der T1. B. GbR - erstellten Ausbreitungsrechnungen vom 6. August 2015 um das Wohnhaus der Kläger eine Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung zwischen 0,12 und 0,15 / 12 % bis 15 % Jahresgeruchsstunden, eine Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,01 bis 0,05 / 1 % bis 5 % Jahresgeruchsstunden und eine Gesamtbelastung von 0,14 bis 0,19 / 14 % bis 19 % Jahresgeruchsstunden errechnet. Eine solche ausdrückliche Untersuchung der Gebäudeeinflüsse war angezeigt, weil sich die Biogasanlage im unmittelbaren Nahbereich des klägerischen Wohnhauses befindet. Das Wohnhaus der Kläger liegt auch nach den Angaben der Beigeladenen in einer Entfernung von nur 45 m von dem nunmehr nächstgelegenen Fahrsilo.
141Die Ergebnisse dieser Ausbreitungsrechnungen unterliegen auch nach der Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. T2. keinen durchgreifenden Zweifeln. Auf die - nach den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnissen wohl zu verneinende - Frage, ob die ebenfalls noch vorgelegten Ausbreitungsrechnungen, in denen die Gebäudeeinflüsse mit Hilfe einer Ersatzquellenmodellierung simuliert wurden, plausibel sind, kommt es nicht entscheidungserheblich an; denn die Ausbreitungsrechnungen mit ausdrücklicher Einbeziehung der Gebäude ergeben ohnehin ein genaueres Ergebnis.
142aa) Die bislang in die Vorbelastung durch Tierhaltungsgerüche und die Gesamtbelastung erfolgte Einbeziehung der Tierzahlen des ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebes der Kläger ist in Einklang mit den oben dargelegten Grundsätzen zu Recht nunmehr unterblieben.
143bb) Die Abluftkamine der Stallungen (Q 48 bis Q 55) und der streitgegenständlichen Biogasanlage (Q 12 - Mischbehälter -, Q 13 - Technikgebäude - und Q 15 - BHKW -) sind zutreffend als Punktquellen und nicht ersatzweise als vertikale Linienquellen modelliert worden. Einer Simulierung der Gebäude bedarf es bei deren ausdrücklicher Einbeziehung nicht mehr. Die für die Stallungen und die Biogasanlage eingestellten relevanten Gebäudehöhen entsprechen den Höhenangaben in den Genehmigungsunterlagen.
144cc) Dass für die Quellen Q 49 bis Q 55 jeweils eine (kinetische) Abluftfahnenüberhöhung einberechnet wurde, ist - bezogen auf das südwestlich der Stallungen gelegene Wohnhaus der Kläger - nicht zu beanstanden. Die technischen und baulichen Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung liegen vor. Die sieben Kamine der Stallungen der T1. B. GbR weisen mit 11,8 m, 11 m (2x) und 10 m (4x) Höhen von mindestens 10 m über dem Grund auf. Sie ragen bei - nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen eher zu hoch angesetzten - Stallgebäudehöhen von 8 m, 8,8 m (2x) und 5 m (4x) auch jeweils 3 m über den Dachfirst der Gebäude, auf denen sie stehen. In Richtung des Wohnhauses der Kläger ist die freie Abströmung der Abluft auch nicht wesentlich durch Hindernisse beeinträchtigt. Zwischen dem Wohnhaus der Kläger und den Abgaskaminen der Stallungen liegt nur das - im Radius des 6fachen bzw. 10fachen der Schornsteinbauhöhen liegende und deshalb in die Betrachtung der Abströmungsverhältnisse einzubeziehende - Technikgebäude der Biogasanlage. Das Technikgebäude ist mit einer Höhe von 7,42 m zwar keine 3 m niedriger ist die nur 10 m hohen Abluftkamine, es ist jedoch nach den Feststellungen des sachverständigen Zeugen Dr. T2. aufgrund seines Abstands von diesen Abluftkaminen von etwas mehr als dem 6fachen seiner Höhe nicht mehr als Hindernis zu berücksichtigen.
145Für die der Betriebseinheit B der T1. B. GbR zugehörigen Quelle Q 48 ist bei einer Schornsteinhöhe von 11 m und der unmittelbaren Nähe zu dem Wohnhaus der Gesellschafter der Beigeladenen mit einer Höhe von (richtig) 9,68 m und der Betriebseinheit D (Q 49) mit einer Höhe von 8,8 m dagegen zu Recht keine Überhöhung der Abluftfahne berücksichtigt worden. Dem Umstand, dass das nicht in Richtung des Wohnhauses des Kläger gelegene Wohnhaus der Gesellschafter der Beigeladenen in den Ausbreitungsrechnungen fälschlich nur mit einer Höhe von 8,8 m berücksichtigt worden ist, kann nach der Beurteilung des Sachverständigen bei konservativer Betrachtung durch einen Sicherheitsaufschlag von einem Prozentpunkt auf die landwirtschaftlichen Gerüche Rechnung getragen werden.
146Für den Abluftkamin des BHKW (Q 15) ist die Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung ebenfalls sachgerecht. Die erforderliche Abluftgeschwindigkeit wird nach Einschätzung des Sachverständigen ohne weiteres angesichts der hohen Temperatur der Abgase erreicht. Der Abluftkamin ist mit 12 m auch mehr als 3 m höher als der First des BHKW mit einer Höhe von 7 m und als der First des benachbarten Technikgebäudes. Die freie Abströmung der Abluft ist in Richtung des klägerischen Wohnhauses ebenfalls gewährleistet. Auch das Wohnhaus der Kläger dürfte zwar noch in dem in den Blick zu nehmenden Radius des 6fachen bzw. 10fachen der Schornsteinbauhöhe liegen, der Dachfirst ist jedoch mit einer Höhe von 8,19 m mehr als 3 m niedriger als der Abluftkamin.
147Dass bei dem Abluftkamin des Technikgebäudes (Q 13) der Biogasanlage eine ‑ nach den technischen und baulichen Voraussetzungen mögliche - Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung unterblieben ist, führt jedenfalls nicht zu einer für die Kläger ungünstigen Erhöhung der errechneten Geruchsbelastung.
148dd) Die Rauhigkeitslänge ist beanstandungsfrei abweichend von dem Katasterwert 0,2 m auf 0,5 m erhöht worden. Dieser Ansatz führt grundsätzlich zu einem pessimalen Ergebnis. Dass für den Platzgeruch eine vertikale Ausdehnung von nur 0,2 m angesetzt worden ist, ist nach der Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. T2. nicht zu beanstanden, da der Platzgeruch als Flächenquelle modelliert worden ist. Die ansonsten manuell ermittelte Anometerhöhenkorrektur durfte durch die nach der Korrekturregel des Deutschen Wetterdienstes berechneten Werte ersetzt werden. Nach Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. T2. entspricht diese Vorgehensweise der aktuellen Praxis des LANUV NRW.
149ee) Es ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht ersichtlich, dass nicht alle für die Ausbreitungsrechnung maßgeblichen Geruchsemittenten eingestellt oder dass bei den in die Rechnung eingestellten Geruchsemittenten unzutreffende, insbesondere zu niedrige Tierzahlen eingestellt worden wären. Maßgeblich ist insoweit jeweils die Genehmigungslage. Abweichungen von der Genehmigungslage sind von dem Beklagten im Überwachungsverfahren zu untersuchen und ggf. zu untersagen. Insoweit wird der Beklagte auch zu prüfen haben, ob die T1. B. GbR auf der Hofstelle I. - wie die Kläger behaupten - statt der nach den Bauakten I. baurechtlich zulässigen 60 Zuchtsauen und vier Mastschweine „sehr viel mehr Tiere“ hält. Dass der Betrieb der streitgegenständlichen Biogasanlage genehmigungskonform abläuft - was die Kläger bezweifeln -, ist ebenfalls im Rahmen der Überwachung der Anlage zu prüfen und für die hier allein streitgegenständliche Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung als solcher ohne Belang.
150Die in die Ausbreitungsrechnung eingestellten Tierzahlen der Nachbarbetriebe wurden den jeweiligen Baugenehmigungsakten (im Wesentlichen den Bauzeichnungen und - falls vorhanden - den Betriebsbeschreibungen) der Nachbarbetriebe entnommen. Die Bauakten haben dem Senat zur Prüfung vorgelegen. Diese Prüfung hat keine Abweichungen zuungunsten der Kläger ergeben; auch die Kläger behaupten nicht, dass die Genehmigungslage von den Gutachtern unzutreffend ermittelt worden wäre. Soweit auf der Hofstelle H1. bei den Geruchsimmissionsprognosen zunächst ein in den Bauzeichnungen befindlicher Hühnerstall mit einer Größe von etwa 11,5 m2 unberücksichtigt geblieben ist, ist dieses Versäumnis in den vom Senat im Berufungsverfahren angeforderten Ausbreitungsrechnungen nachgeholt worden. Der von den Klägern gewünschten gesonderten Berücksichtigung der Hofstelle L1. bedurfte es nicht. Die Kläger weisen zwar zu Recht darauf hin, dass der Landwirt K. auf der Hofstelle L1. einen Güllehochbehälter nutzt. Dieser Güllehochbehälter ist jedoch als Emissionsquelle bei der Hofstelle K. mit berücksichtigt worden. Anders als die Kläger meinen, ist schließlich auch die Hofstelle H2. in der Ausbreitungsberechnung nicht unberücksichtigt geblieben. Sie ist mit 10 Kühen, 25 Färsen, 3 Pferden, 98 Mastschweinen und zwei Sauen mit Ferkeln sowie einer Festmistplatte eingestellt worden. Auch diese Daten sind den Bauakten entnommen worden. Ob hier tatsächlich - wie die Kläger behaupten - seit Jahren 275 Mastschweine gehalten werden, ist wiederum im Rahmen der Überwachung des Betriebs zu prüfen.
151ff) Nach den Feststellungen des Sachverständigen ergibt sich bei einer im Ergebnis konservativen Mittellung der das Wohnhaus umgebenden Beurteilungsflächen errechneten Werte für die Vorbelastung durch Tierhaltungsgerüche ein Wert von 0,14 / 14 % Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Kläger, mit dem erforderlichen Sicherheitszuschlag ein Wert von 0,15 / 15 %; für die Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage liegt der gemittelte Wert bei 0,03 / 3 % Jahresgeruchsstunden und für die Gesamtbelastung bei 0,17 / 17% Jahresgeruchsstunden. Diese Mittelung ist im vorliegenden Fall notwendig, da - wie bereits ausgeführt - aufgrund der Verwendung der Gebäudemodellierung keine Werte für das Haus selbst ausgegeben werden können.
152b) Die in der Genehmigung vorgenommene Bestimmung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche ist nicht zu beanstanden. Dieser Immissionswert erscheint bei Zugrundelegung der oben angeführten Kriterien insbesondere mit Blick auf die bereits vorhandene Tierhaltung in mehreren Nachbarbetrieben und die damit verbundene landwirtschaftliche Vorprägung der Umgebung angemessen sowie selbst mit Blick auf eine frühere - wohl nur geringfügige - eigene Tierhaltung der Kläger auch ausreichend. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass sich in der straßendorfähnlichen Umgebung nicht nur landwirtschaftliche Betriebe befinden, sondern auch nicht nur ganz vereinzelt reine Wohnnutzung stattfindet. Umstände allerdings, die eine Abweichung von dem Immissionswert für gewerbliche und industrielle Gerüche von 0,15 und eine Festsetzung des Werts auf 0,175 rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Die geplante Anlage ist die erste Industrieanlage dieser Art in der Umgebung, so dass weder eine entsprechende Vorbelastung noch eine Prägung der Örtlichkeit durch solche Anlagen vorliegt. Der vom Beklagten angeführte Umstand, dass die Biogasanlage im Außenbereich privilegiert sei, rechtfertigt als solcher allein - wie bei den Tierhaltungsgerüchen - keine Erhöhung des Immissionswerts. Es bleibt damit bei dem Immissionswert von 0,15.
153c) Nach alledem ist die die oben angeführte Prüfregel
154(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
155erfüllt. Es ist damit gewährleistet, dass sowohl der höhere der beiden Immissionswerte als auch jeweils die Immissionswerte für die beiden Geruchstypen eingehalten werden. Im vorliegenden Fall ergibt sich folgende Rechnung:
156(0,03 : 0,15) + (0,15 : 0,20) = 0,2 + 0,75 = 0,95
157Der Wert ist ≤ 1,0.
158Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
159Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
160Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Dezember 2012 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 121.900 Mastplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X., auf welchem er auch wohnt. Der Kläger betrieb in der Vergangenheit Landwirtschaft in der Form des Ackerbaus und der Tierhaltung, die er im Jahr 2005 aufgab. Aufgrund einer ihm am 11. Januar 2005 erteilten Baugenehmigung baute der Kläger eine landwirtschaftliche Gerätehalle in zwei Wohnungen um, die er seitdem vermietet. Heute hält er fünf Ponys bzw. Pferde zu Hobbyzwecken.
4Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung L. Er betreibt dort auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 10. Juli 2007 (Az. 533.09 - GV 62/07) einen Hähnchenmaststall mit 39.900 Mastplätzen. Der bestehende Hähnchenmaststall liegt etwa 210 m östlich der Bebauung auf dem Grundstück des Klägers. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde X. ist für das Grundstück eine Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.
5Nord-nordöstlich der ehemaligen Hofstelle des Klägers liegt die Hofstelle G., auf der derzeit eine Hähnchenmastanlage mit 39.900 Mastplätzen betrieben wird. Der Abstand zwischen der Bebauung auf dem klägerischen Grundstück und dem bestehenden Hähnchenmaststall beträgt ca. 190 m. Mit Bescheid vom 2. September 2011 sowie Änderungsbescheid vom 11. März 2013 und Nachtragsgenehmigung vom 28. April 2014 erteilte der Beklagte für diesen Betrieb eine Genehmigung zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 124.200 Mastplätzen. Gegen diese Genehmigung hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben (Aktenzeichen des Berufungsverfahrens 8 A 1487/14).
6Am 19. Mai 2010 beantragte der Beigeladene eine (Erweiterungs-)Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 121.900 Mastplätzen sowie die Errichtung von Flüssiggaslagern mit einer Gesamtlagerkapazität von 9,6 t. Die von dem Beklagten beteiligte Landwirtschaftskammer NRW kam mit Schreiben vom 15. Juli 2010 zu der Einschätzung, bei dem Vorhaben des Beigeladenen handele es sich nicht um Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB. Für eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage werde bei überschlägiger Berechnung eine Fläche von 139,88 ha benötigt. Tatsächlich stünden aber nur 45,31 ha landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung.
7Der Beklagte machte am 19. Juli 2010 öffentlich bekannt, dass die Antragsunterlagen in der Zeit vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010 eingesehen und vom 26. Juli bis einschließlich 7. September 2010 Einwendungen erhoben werden könnten.
8Gegen den Antrag des Beigeladenen machte der Kläger am 6. September 2010 Einwendungen geltend: Die Immissionsuntersuchungen beschränkten sich auf die isolierte Betrachtung des in diesem Verfahren zur Genehmigung stehenden Vorhabens. Unberücksichtigt bleibe das Vorhaben auf der Hofstelle G. und in der Folge der Umstand, dass durch diese beiden Vorhaben zusammen sein Anwesen gleichsam „in die Zange genommen“ werde. Von jedem der Vorhaben - jedenfalls bei der angezeigten Gesamtbetrachtung - gingen schädliche Umwelteinwirkungen aus. So sei mit Belästigungen durch Geruch und Bioaerosole zu rechnen.
9Die Stadt L. verweigerte zunächst mit Schreiben vom 3. August 2010 die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB. Nach Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich der Hofstelle des Beigeladenen am 4. Mai 2012 erteilte die Stadt L. mit Schreiben vom 14. Mai 2012 gegenüber dem Beklagten ihr Einvernehmen.
10Der Beklagte erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 4. Dezember 2012 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der beantragten Anlage. Nach Ziffer II. Nr. 4 des Bescheids dürfen die neu zu errichtenden Stallungen BE I.2 und I.3 nur in Betrieb genommen werden, wenn in diesen die Abluftreinigungsanlage Aerocleaner installiert ist und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben wird. Vor Inbetriebnahme der neu zu errichtenden Stallungen muss auch in dem vorhandenen Stall BE I.1 die Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ installiert sein und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben werden. Nach Ziffer III. des Genehmigungsbescheides schließt diese die Baugenehmigung nach § 63 BauO NRW sowie eine Befreiung gemäß § 67 BNatSchG ein. Der Betrieb erfülle entsprechend der Stellungnahme der Landwirtschaftkammer nicht die Voraussetzungen des § 201 BauGB. Die Tierhaltung könne nicht auf überwiegend eigener Futtergrundlage betrieben werden. Somit sei das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilen und erweise sich im Außenbereich als zulässig. Durch die Erweiterung der Anlage komme es ausweislich der Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 (Az. G-1276-04) nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte an den benachbarten Wohngebäuden. Die Umgebung der Hofstelle des Beigeladenen sei landwirtschaftlich geprägt. Aufgrund der Einzelfallprüfung könne daher an den angrenzenden Wohnhäusern ein Wert von bis zu 0,25 Jahresgeruchsstunden zugelassen werden. Im Planzustand werde an einem benachbarten Wohngebäude maximal ein Wert von 0,19 Jahresgeruchsstunden erreicht, bei Wohnhäusern ohne eigene Tierhaltung 0,17. Der durch die Landwirtschaft verursachte Anteil der Geruchsimmissionen betrage am O. als ehemaliger Hofstelle mit Hobbytierhaltung 0,14. Die Nebenbestimmung Nr. 56 zu dem Genehmigungsbescheid bestimmt diesbezüglich, dass die Immissionsprognose vom 21. September 2009 (Az. G-1275-02) Bestandteil des Bescheides und bei der Errichtung und dem Betrieb der Anlage zu beachten ist. Insbesondere sei die in dem Gutachten prognostizierte Gesamtbelastung IGb einzuhalten. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 57 ist die Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass die von ihr verursachten Geruchsimmissionen die im Geruchsgutachten prognostizierten Werte sicher einhält. Nach der Nebenbestimmung Nr. 58 ist die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über Abluftschächte mindestens 11,10 m über dem Erdboden (mindestens 3,00 m über Dachfirst) mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen.
11Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 legt für die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen bei Verwendung einer Emissionszeitreihe einen Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) und im Übrigen die VDI-Richtlinie 3894 aus September 2011 zugrunde. Weiterhin berücksichtigt es den Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“. Als weitere immissionsmindernde Maßnahme hält das Gutachten fest, dass die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über maximal 12 Kamine mindestens 11,10 m über Erdboden mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen sei. Nach dem Gutachten wird an der ehemaligen Hofstelle des Klägers im Planzustand eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung von maximal 14 % Jahresgeruchsstunden erreicht.
12Am 28. April 2014 erließ der Beklagte einen Nachtrag zu dem Genehmigungsbescheid vom 4. Dezember 2012. Die Bedingung Nr. 4 wurde insoweit geändert, dass der „Aerocleaner“ dauerhaft in allen Stallungen mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielen müsse. Die neu hinzugefügte Auflage Nr. 65 legt fest, dass die Geruchsverminderung durch regelmäßige Messungen nachzuweisen sei. Die ordnungsgemäße Wartung sei durch Abschluss eines Wartungs- und Servicevertrages sicherzustellen. Zur Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls gemäß GIRL führt der Nachtragsbescheid in Ergänzung beider Bescheide sodann aus:
13„Bei dem O. handelt es sich um einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb mit Tierhaltung. Derzeit wird auf der Hofstelle noch Pferde- und Hühnerhaltung als Hobbylandwirtschaft betrieben. […]
14Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) gibt Empfehlungen, welche Kriterien für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranzuziehen sind. So wird für Wohnnutzungen von tierhaltenden Betrieben ein Immissionswert bis 0,25 empfohlen, wobei die jeweilige Eigenbelastung unberücksichtigt bleibt.
15Des Weiteren empfiehlt das LANUV bei Wohnnutzungen innerhalb einer Hofstelle, auf der Tiere gehalten wurden und [die] somit einen landwirtschaftlichen Bezug haben, die aber heute nur noch zu Wohnzwecken genutzt werden, ebenfalls einen Immissionswert von 0,25 heranzuziehen.
16Die spezielle Prüfung des Einzelfalles hat insgesamt ergeben, dass es sich bei allen Immissionsorten um landwirtschaftliche Hofstellen im Außenbereich handelt. Bei der Hofstelle R. und dem E. handelt es sich weiterhin um landwirtschaftliche Betriebe im Vollerwerb mit eigener Tierhaltung. Die sonstigen Immissionsorte stellen ebenfalls landwirtschaftliche Hofstellen dar, welche jedoch nicht mehr im Vollerwerb, sondern teilweise nur noch als Landwirtschaft mit Hobbytierhaltung betrieben werden.
17Aufgrund dieser Fakten sowie der Empfehlungen des LANUV kommt die spezielle Prüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis, dass eine Überschreitung von 0,15 für Dorfgebiete zulässig ist, da alle Immissionsorte einen für den Außenbereich typischen landwirtschaftlichen Bezug haben. Ein Immissionswert von 0,25 kann somit für alle Immissionsorte als zulässig angesehen werden.“
18Der Kläger hat gegen die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung, seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt am 18. Dezember 2012, bereits am 16. Januar 2013 Klage erhoben.
19Zur Begründung hat er geltend gemacht: Die vorgelegte Immissionsprognose erweise sich als nicht geeignet, die Unbedenklichkeit des Vorhabens zu belegen. An seinem Wohnhaus sei nach dem Gutachten mit einer Geruchsbelastung von 0,14 zu rechnen. Aus dem in dem Gutachten enthaltenen Plan ergäben sich aber Belastungen von bis zu 0,43. Erwägungen, warum hier ein Immissionswert von 0,25 anzusetzen sei, seien nicht erkennbar. Schließlich gehe das Gutachten zu Unrecht von einer Minderung der Geruchsbelastung durch die Abluftreinigungsanlage aus. Diese sei nicht hinreichend belegt. Durch die Genehmigung der Abluftreinigungsanlage sei die ursprüngliche Genehmigung weder geändert noch ergänzt worden. Insbesondere stelle der Einbau der Abluftreinigungsanlage keine Auflage für den Betrieb der Mastanlage dar. Der Beigeladene sei nicht verpflichtet, von der Genehmigung der Abluftreinigungsanlage Gebrauch zu machen.
20Der Kläger hat beantragt,
21die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 4. Dezember 2012 zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und Aufzucht von Mastgeflügel (Masthähnchen) mit 121.900 Tierplätzen (davon 39.900 Bestand) sowie Lagerung von 9,6 t brennbaren Gasen (2,4 t Bestand) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen in der Gestalt des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 aufzuheben.
22Der Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung hat er sich auf die Ausführungen in dem ursprünglichen sowie in dem Nachtragsbescheid bezogen.
25Der Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat er ausgeführt: Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 berechne die zu erwartenden Emissionen unter Verwendung einer Zeitreihe 180 GE/(s*GV). Jedenfalls durch die Nachtragsgenehmigung vom 28. April 2014 werde die Immissionsminderung um 40 % in ausreichendem Maße sichergestellt. Selbst bei Nichtberücksichtigung der Geruchsreduzierung sei aufgrund des von dem LANUV NRW in dem Parallelverfahren 3 K 5877/11 betreffend die Hofstelle G. erstellten Gutachtens nachgewiesen, dass die Geruchsimmissionen an der ehemaligen Hofstelle des Klägers einen Immissionswert von 0,25 nicht überschritten.
28Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Genehmigungsbescheid mit Urteil vom 6. Mai 2014 aufgehoben. Eine Prognose, die eine unzumutbare Geruchsbelästigung des Klägers auszuschließen vermöge, liege nicht vor. Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 komme zu einer Immissionsbelastung von über 0,15 am Haus des Klägers. Die Anwendung eines Immissionswertes von maximal 0,25 scheide aus, weil es sich bei den Immissionen aus dem gewerblichen Tierhaltungsbetrieb des Beigeladenen nicht um landwirtschaftliche Gerüche im Sinne der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL handele. Die Landwirtschaft i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfahre insoweit eine Privilegierung. Selbst bei Annahme eines Immissionswertes von 0,25, welcher eine absolute Obergrenze darstelle, sei das Vorhaben nicht zulässig. Sowohl das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 wie auch das in dem Parallelverfahren eingeholte Gutachten des LANUV NRW prognostizierten eine Gesamtbelastung unter Einschluss der eigenen Vorbelastung des Klägers von mehr als 0,25. Die in dem Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. angenommene Minderung der Geruchsimmissionen von 40 % durch die Abluftreinigungsanlage sei nicht hinreichend sicher anzunehmen, da es an einem anzuerkennenden Nachweis mangele.
29Gegen das Urteil hat der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung führt er: Die Umgebung der Grundstücke sei geprägt durch eine Vielzahl landwirtschaftlicher Hofstellen und Tierhaltungsanlagen. Der Kläger sei früher selbst Landwirt gewesen und halte auch heute noch mehrere Ponys bzw. Pferde. Landwirtschaftliche Gerüche i.S.d. Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben i.S.d. § 201 BauGB. Auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien hierunter zu fassen. § 201 BauGB stelle eine rein planungsrechtliche Vorschrift dar. Eine Anknüpfung hieran im Rahmen der Geruchsbewertung sei nicht angezeigt. Zwar nehme die GIRL in Nr. 3.1 Bezug auf planungsrechtliche Kategorien, diese Anknüpfung erfolge aber in Anknüpfung an die Schutzwürdigkeit des Immissionsbelasteten. Mit Blick auf die Wahrnehmbarkeit und den Belästigungsgrad spiele es keine Rolle, ob der Anlage viele oder wenige Flächen zugeordnet seien. Auch der Auslegungshinweis zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, enthalte einen generellen Verweis auf § 35 Abs. 1 BauGB, nicht nur auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Schließlich werde auch in den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL unter dem Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Raum“ ausschließlich auf Tierhaltungsanlagen abgestellt.
31Die GIRL lege keine absolute Obergrenze von 0,25 fest. Schon bei unbeteiligten Dritten im Außenbereich sei ein Immissionswert von 0,25 zumutbar. Da die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL ausführten, dass bei benachbarten Tierhaltungsanlagen die Grenze der erheblichen Belastung deutlich über der bei unbeteiligten Dritten liege, könne keine starre Obergrenze von 0,25 angenommen werden. Bei der Bestimmung der Vorbelastung sei die Eigenbelastung des Klägers nicht zu berücksichtigen. Andernfalls stünde die bei landwirtschaftlichen Betrieben häufig anzutreffende Eigenbelastung jeder Erweiterung eines Nachbarhofes, die mit einer nicht irrelevanten Erhöhung der Immissionen einhergehe, im Wege. Hier müsse auch Berücksichtigung finden, dass der Kläger nur Hobbytierhaltung betreibe, die die Entwicklung eines benachbarten landwirtschaftlichen Betriebs nicht verhindern können dürfe. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls sei zu berücksichtigen, wie hoch der Beitrag des Vorhabens zu der Gesamtbelastung sei und welchen Immissionen sich der Kläger selbst aussetze. Die Wohnnutzung des Klägers sei nur wegen der zuvor betriebenen Landwirtschaft im Außenbereich genehmigungsfähig gewesen.
32Das Verwaltungsgericht habe schließlich den Einbau der Abluftbehandlungsanlage „Aerocleaner“ zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Die Angaben zur Wirksamkeit beruhten nicht nur auf den Angaben des Herstellers, sondern auf Messberichten, denen die maßgeblichen Informationen zu entnehmen gewesen seien. Die Nebenbestimmung in dem Nachtragsbescheid vom 28. April 2014 erweise sich als hinreichend bestimmt. Angesichts der vorgelegten Informationen sei der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Nebenbestimmung erfüllbar sei. Sollte sich dies später als unzutreffend herausstellen, könne der Beklagte auch andere Maßnahmen zur Immissionsminderung ergreifen.
33Der Beigeladene beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Der Beklagte nimmt Bezug auf seine Ausführungen erster Instanz und schließt sich im Übrigen den Ausführungen des Beigeladenen in der Berufungsbegründung an.
36Er beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung weist er darauf hin, der angefochtene Bescheid müsse schon aus formellen Gründen aufgehoben werden. Die Unbestimmtheit der die Minderungsleistung des „Aerocleaners“ betreffenden Bedingung führe zur Rechtswidrigkeit sowohl des Ausgangs- wie auch des Änderungsbescheides. Unklar bleibe, wie die Geruchsreduzierung zu ermitteln und auf welcher Bemessungsgrundlage eine Minderung um 40 % zu erreichen sei. Gerade in dieser Hinsicht habe es einer genauen Festlegung bedurft, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen. Das vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten, welches eine Gesamtbelastung von 0,19 am Haus des Klägers ausweise, stelle keine auf der sicheren Seite liegende Prognose dar, da der Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ anders als in dem Gutachten nicht mit 40 % angesetzt werden könne. Eine Zertifizierung der Anlage liege nicht vor.
41Das LANUV NRW hat auf Ersuchen des erkennenden Gerichts in dem parallelen Berufungsverfahren 8 A 1487/14 zu seinem in erster Instanz erstatteten Geruchsimmissionsgutachten vom 4. Februar 2014 mit schriftlicher Stellungnahme vom 26. Mai 2015 ergänzend ausgeführt, die Vorbelastung an der Hofstelle des Klägers allein durch die westlich liegende Kläranlage betrage 0,001.
42Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe:
45Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
46Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2012 in der Gestalt des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Zwar hat der Beklagte unstreitig die Einwendungsfrist nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG fehlerhaft berechnet und bekanntgemacht. Die öffentliche Auslegung erfolgte vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010. Nach den öffentlichen Bekanntmachungen konnten Einwendungen bis einschließlich 7. September 2010 erhoben werden. § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG sieht vor, dass Einwendungen durch die Öffentlichkeit bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich gegenüber der zuständigen Behörde erhoben werden können. Nach § 31 Abs. 1 VwVfG NRW i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB endete die Einwendungsfrist damit erst am Mittwoch, den 8. September 2010.
48Hieraus kann der Kläger aber keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
49vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174,
50führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat - vertreten durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten - am 6. September 2010 bei dem Beklagten schriftlich Einwendungen insbesondere zu der zu erwartenden Geruchsimmissionssituation angebracht. Diese verfolgt er im gerichtlichen Verfahren weiter. Hat ein Betroffener trotz Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also hier seine Einwendungen trotz fehlerhafter Berechnung des Endes der Einwendungsfrist innerhalb der Frist erhoben, hat die fehlerhafte Berechnung der bekanntgemachten Einwendungsfrist in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
51Vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
52Dass der Kläger durch die Verkürzung der Einwendungsfrist gehindert gewesen wäre, seine Einwände vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
53B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstige Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
54Bei der durch den Beigeladenen geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 121.900 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
55Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage auftretenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei sind neben der eigenen Wohnung des Klägers auch die auf der ehemaligen Hofstelle durch Umbau einer Gerätehalle entstandenen fremdvermieteten Wohnungen in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
56Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
57Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
58Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
59In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012- 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
61Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben des Beigeladenen als auch die ehemalige Hofstelle des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.4.).
62Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
63I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
64vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 ‑ 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
65bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) und der Reduktion durch Abluftreinigungsanlagen (dazu 3.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionswert zu messen (dazu 4.).
661. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
67Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
68Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
69Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
70Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für die von ihm vermieteten Wohneinheiten geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
712. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
72Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
73kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
743. Für die Frage, welche Voraussetzungen Abluftreinigungsanlagen in Tierhaltungsbetrieben zu erfüllen haben, damit sie in einer hinreichend sicheren Immissionsprognose Berücksichtigung finden können, fehlt es an spezifischen normativen Festlegungen. Hinsichtlich der Einhaltung der Betreibergrundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, dass die Genehmigung (nur) zu erteilen ist, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 ergebenden Pflichten erfüllt sind. Das hierin enthaltene Tatbestandsmerkmal des „Sicherstellens“ bedeutet dabei nicht, dass keine auch nur denkbare Möglichkeit der Herbeiführung schädlicher Umwelteinwirkungen bestehen darf, weil etwa ein bestimmter Immissionswert gar nicht erreicht werden könnte. Risiken der Verletzung der Betreiberpflichten müssen vielmehr mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 = juris Rn. 33; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 22 CS 14.739 ‑, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 6 Rn. 12; enger Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 6 BImSchG Rn. 19 „eindeutig und ohne verbleibenden ernsthaften Zweifel“.
76Das hinnehmbare Maß an Prognoseunsicherheit hängt dabei von der Art der gefährdeten Rechtsgüter ab: Je höher deren Rang ist, desto unwahrscheinlicher muss das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen sein.
77Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 ‑ 22 CS 14.739 -, juris Rn. 33; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Dezember 2014, § 6 BImSchG Rn. 30.
78Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Vermeidung erheblicher Geruchsimmissionen aufgrund der durch den Einbau einer Abluftreinigungsanlage zu erzielenden Minderung der Emissionen aus Tierhaltungsanlagen grundsätzlich erst dann i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sichergestellt ist, wenn deren Wirksamkeit dem Grunde und dem Grade nach unter Angabe der einzuhaltenden Einbau- und Betriebsparameter entweder durch Vorlage des Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen oder der Zertifizierung durch eine hierfür anerkannte Stelle nachgewiesen ist. Dies entspricht der in Nordrhein-Westfalen aufgrund des Erlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 19. Februar 2013 - Aktenzeichen V 2 - (sog. Filtererlass) geltenden Verwaltungspraxis, die insoweit als sachgerecht anzusehen ist.
794. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
80a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
81Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
82Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
83Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
84Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
85Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
86b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
87Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
88Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
89Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
90Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
91Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
93Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
94Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
95Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit ‑ worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
96Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
97c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
98aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche etwa aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
99Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 - 22 CS 10.1686, 22 CS 22 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
100Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
101In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
102bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
104Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass etwa Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
105cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
107In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
108Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 ‑ 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 ‑ 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
109dd). Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
110Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
111Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
112II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich des geplanten Vorhabens des Beigeladenen sowie des auf der Hofstelle G. geplanten Vorhabens nicht überschritten (dazu 2.).
1131. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls wie der landwirtschaftlichen Prägung und der früher bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
114Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der ehemaligen Hofstelle des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich befinden sich die Hofstelle R. mit insgesamt 2.000 Mastschweinplätzen nebst Güllelagerung, der C. (Hofstelle T.) mit 350 Mastschweinen nebst Güllelagerung und zwei Pferden, der E. (dem Beigeladenen gehörend) mit 63 Pferden, der P. (Hofstelle U.) mit fünf Pferden, der H. (Hofstelle G.) mit derzeit 39.900 Masthähnchenplätzen sowie die Hofstelle des Beigeladenen mit derzeit ebenfalls 39.900 Masthähnchenplätzen. Insbesondere die Betriebe sowohl des Beigeladenen wie auch des Herrn G. weisen bisher ausreichend große landwirtschaftliche Flächen auf, so dass eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage möglich ist und sie somit Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB betreiben. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen - mit Ausnahme der derzeit zum Kiesabbau verwendeten Flächen - landwirtschaftlich genutzt.
115Der Kläger unterhielt bis ins Jahr 2005 und damit noch in hinreichendem zeitlichen Zusammenhang auf seiner Hofstelle einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem er in etwa 200 Mastschweine, 60 Bullen und 20 Kühe hielt. Insbesondere die Haltung von Mastschweinen geht mit Geruchsemissionen einher, die geeignet sind, an der eigenen Hofstelle, aber auch in der näheren Umgebung nicht unwesentliche Geruchsimmissionen zu verursachen.
116In dieser Situation einer über lange Zeit bestehenden Vorprägung durch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe auf engem Raum und die damit einhergehende Prägung des Raumes durch Tierhaltungsgerüche besteht für den Kläger als ehemaligen Landwirt, der in der Vergangenheit die Geruchssituation mitgeprägt hat und von der wechselseitigen Rücksichtnahme profitiert hat, eine besondere, das Überschreiten der Grenze von 0,15 rechtfertigende Verpflichtung zur Hinnahme solcher Gerüche, die bis zu dem in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, genannten Wert von 0,25 reicht.
1172. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen überschreiten den Immissionswert von 0,25 nicht. Unter Einbeziehung auch des Vorhabens auf der Hofstelle G. ergibt sich ausweislich des Geruchsimmissionsgutachtens des LANUV NRW vom 4. Februar 2014 nebst den schriftlichen Erklärungen vom 26. Mai 2015 eine Gesamtbelastung an den Wohnungen auf der ehemaligen Hofstelle von 0,23 bezogen auf die Beurteilungspunkte BUP 2 und BUP 4. Das Immissionsgutachten setzt zu Recht die Geruchsemissionen masttagabhängig an (dazu a) und berücksichtigt die Abluftbehandlungsanlage nicht geruchsmindernd (dazu b).
118a) Das LANUV NRW hat in seinem Gutachten zu Recht die von der Geflügelmast ausgehenden Emissionen zeitreihenabhängig ermittelt. In Abweichung von dem Ansatz eines Emissionsjahresmittelwertes gemäß VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 setzt das Gutachten die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) an. Dies entspricht dem derzeitigen Stand der Wissenschaft betreffend die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen und wird vom LANUV NRW allgemein als realistisch empfohlen.
119Vgl. zu diesem Ansatz OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 13.
120b) Entgegen der Ansicht des Beigeladenen findet der Einbau einer Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ weder in seiner Anlage noch in der auf der Hofstelle G. geplanten Anlage eine immissionsmindernde Berücksichtigung. Die Geruchsminderung durch den Einsatz der Anlage steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest (dazu aa). Sie kann auch nicht durch eine Nebenbestimmung zu dem Genehmigungsbescheid gesichert werden (dazu bb).
121aa) Eine Geruchsimmissionsprognose, die wie das durch den Beigeladenen vorgelegte Gutachten Nr. G-1276-04 des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 eine solche Minderung zu Grunde legt, ist nicht auf der sicheren Seite. Ihr Ergebnis wäre nicht geeignet, das Vorliegen erheblicher Geruchsbelastungen auszuschließen.
122Ob und in welchem Umfang eine Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ der Firma I. & M. GmbH & Co. KG eine Reduzierung der Geruchsemissionen herbeizuführen vermag, steht jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest. Die vorgelegte Immissionsprognose vom 11. Juni 2012 enthält hierzu keinerlei Feststellungen, sondern gibt an, die Abluftreinigungsanlage zu berücksichtigen. Die im Genehmigungsverfahren vorgelegte Produktbeschreibung für den „Aerocleaner“ selbst nennt, unabhängig von der Frage, inwieweit unvalidierte Angaben des Herstellers überhaupt eine hinreichende Sicherheit zu bieten vermögen, keine Reduktionsrate. Der auf dem Internetauftritt der Herstellerfirma,
123www.hl-agrar.de/de/Gefluegel/Stalltechnik/AeroCLEANER
124abzurufende Produktflyer macht für die Geruchsimmissionsminderung lediglich die Angabe „ca. -40%“.
125Der „Aerocleaner“ ist für die Geflügelmast hinsichtlich der Geruchsreduzierung nicht zertifiziert. Insbesondere liegt keine Bestätigung einer positiven Eignungsprüfung durch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) vor. Der von dem Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Messbericht der A. Ingenieurgesellschaft mbH erfüllt nicht die Anforderungen an ein Sachverständigengutachten, welches die zu erwartende Minderung der Geruchsemissionen belegen soll. Dies folgt unmittelbar schon daraus, dass ausweislich des Messberichts (Ziffer 2.6) zur Minderung der Geruchsemissionen das „LUBING Top Klima System“ der LUBING GmbH & Co. KG (Pumpentyp Eco 250) zum Einsatz gekommen ist. Dass dieses identisch mit dem System „Aerocleaner“ ist, ist nicht ansatzweise erkennbar und wird von dem Beigeladenen auch nicht geltend gemacht. Eine allein vergleichbare Art der Wirkung genügt nicht. Weiterhin handelt es sich erkennbar nicht um ein umfassendes Gutachten, sondern nur um einen Messbericht, welcher unter Ziffer 6.1 lediglich ausführt, nach den Betreiberangaben seien die Betriebsbedingungen repräsentativ gewesen. Wesentliche Angaben des Berichts sind geschwärzt, so der Auftraggeber, die Bearbeiter, der Standort, die Messzeit und die Angaben zu den Messstellen. Ebenfalls geschwärzt sind die gesamten Einzelergebnisse der olfaktorischen Messungen. Lediglich wird unter Ziffer 6.2 der mittlere Wirkungsgrad dieser Anlage mit 64,8 % angegeben.
126Im Gegenteil weisen die von dem Beigeladenen im Rahmen des Genehmigungsantrags vorgelegten Unterlagen darauf hin, dass diese Anlage nicht sicher geeignet ist, eine Minderung der Geruchsbelastung von stets mindestens 40 % herbeizuführen. Ausweislich der Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Emissionsmessungen von Staub und Geruch im Rahmen der Diplomarbeit der Frau S. an der Universität Bonn soll zwar eine durchschnittliche Minderungsleistung von 48,57 % gegeben sein. Die Messung 3 ergibt aber lediglich eine Minderung von 28,6%. Auch wird in der Zusammenfassung angeben, die Geruchsminderungsleistung sei angesichts der stark schwankenden Messergebnisse weiter zu validieren.
127bb) Die Einbeziehung einer Geruchsminderungsleistung durch das System „Aerocleaner“ wird auch nicht dadurch erreicht, dass der Beklagte in dem Nachtrag vom 28. April 2014 den Betrieb unter die Bedingung gestellt hat, dass in den Stallungen das „Aerocleaner“-System installiert ist und betrieben wird, und der „Aerocleaner“ in allen drei Stallungen (BE I.1, BE I.2 und BE I.3) mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielt.
128Ob sich die Bedingung deshalb gegenüber dem Kläger als rechtswidrig erweist, weil sie hinsichtlich der Bestimmung der Geruchsbelastung in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht hinreichend bestimmt ist,
129vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 - 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 ‑ 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44,
130kann vorliegend offenbleiben, weil der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt wird. Für eine mangelnde Bestimmtheit spricht, dass aus dem letzten Satz der Bedingung Nr. 4 nicht hervorgeht, ob sich die angeordnete Reduzierung auf die Geruchsimmissionen (z.B. die Zusatzbelastung in Jahresgeruchsstunden) oder auf die Geruchsemissionen (z.B. Geruchseinheiten je Zeiteinheit) bezieht.
131Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist die Bedingung Nr. 4 nicht geeignet, die Reduzierung der Geruchsbelastung um mindestens 40 % - unter Außerachtlassung der maßgeblichen Bezugsgröße - sicherzustellen. Eine Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen darf nicht durch den Erlass einer Nebenbestimmung umgangen werden. Die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte muss vielmehr effektiv sichergestellt sein. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Genehmigungsbehörde bei der Anordnung von Nebenbestimmungen aufgrund ihrer Erfahrungen oder aufgrund sachverständiger Stellungnahmen davon ausgehen darf, dass die Geruchsbegrenzung realistisch und durch eine technisch machbare Einrichtung zur Begrenzung zu erreichen ist.
132Vgl. Mann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 12 BImSchG Rn. 153; vgl. zur Immissionsreduzierung durch technische Anlagen OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2013 ‑ 8 A 2894/12 -, juris Rn. 29.
133Wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, ist das von der Beklagten in der Bedingung Nr. 4 formulierte Erfordernis der dauerhaften Geruchsreduzierung um mindestens 40 % nicht hinreichend sicher erreichbar. Allein die Möglichkeit der Erreichung eines solchen Wertes genügt nicht.
134Soweit der Beigeladene einwendet, für den Fall der Nichteinhaltung der Minderungsrate seien nachträgliche Anordnungen i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG möglich, greift dies schon deshalb nicht durch, weil die Genehmigungsfähigkeit im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nach § 6 Abs. 1 BImSchG sowohl für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme wie auch für die Dauer des Betriebs gewährleistet sein muss.
135Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15.
136Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
137Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
138Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 wird auf die Berufung der Beigeladenen abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil zu vollsteckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und die Inbetriebnahme einer Biogasanlage auf dem Grundstück T. , X. . Sie machen geltend, es sei zu befürchten, dass von dem Betrieb der Anlage unzumutbare Geruchsbelästigungen ausgingen.
3Die Kläger bewohnen ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, auf dem nach Auskunft der Landwirtschaftskammer bis in die 1980er Jahre Tierhaltung betrieben wurde. Das Wohnhaus der Kläger liegt in südwestlicher Richtung der Biogasanlage. An das Wohnhaus der Kläger grenzen beidseitig ehemalige Stallgebäude. Der nördliche Teil des Wohnhauses diente früher als Verbindung zwischen den Stallgebäuden und ist von den Klägern in den 1970er Jahren zum Eingangsbereich des Wohnhauses, der sog. Diele, umgebaut worden. In einem Umkreis von etwa 600 m um das Wohnhaus der Kläger befinden sich mehrere landwirtschaftliche Betriebe, die Tierhaltung betreiben. In nördlicher Richtung liegen die Stallgebäude der T1. B. GbR, die Schweinehaltung betreibt und deren beide Gesellschafter auch die Gesellschafter der Beigeladenen sind. Auf dem Nachbargrundstück I. hält die T1. B. GbR weitere Schweine. In östlicher Richtung befindet der Tierhaltungsbetrieb L. , in südlichwestlicher Richtung die landwirtschaftlichen Betriebe K. und H. . Die Nachbarn H1. und H2. haben jedenfalls früher ebenfalls Tierhaltung betrieben.
4Die Beigeladene beantragte am 23. August 2010 die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage. In der Anlage sollten Schweinegülle, Maissilage und Ganzpflanzensilage zur Gasherstellung eingesetzt werden. Die Gülle werde mit Transportfahrzeugen vom landwirtschaftlichen Betrieb zur Biogasanlage gefahren und in dem Annahmebehälter zwischengelagert. Von dort werde sie dem Anmischbehälter zugeführt. Die Mais- und Ganzpflanzensilage werde von dem aus drei Fahrsilos bestehenden Silagelager mit Radladern in den Annahmebunker am Technikgebäude abgekippt, von wo sie in den Anmischbehälter eingetragen werde. Das Material werde nach dem Mischvorgang dem Fermenter zugeführt, wo unter anaeroben Bedingungen organische Substanz abgebaut werde und Biogas entstehe; das restliche Gärsubstrat komme in den Gärrestspeicher. Das Biogas werde gekühlt, getrocknet und danach im Blockheizkraftwerk (Gasmotor) verbrannt. Über einen Generator werde Strom erzeugt.
5Die Beigeladene legte im Genehmigungsverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 14. September 2010 - ergänzt unter dem 16. Dezember 2010 - vor, wonach die Zusatzbelastung durch die Gerüche der Biogasanlage am Wohnhaus der Kläger die Irrelevanzschwelle nicht überschreite.
6Mit Bescheid vom 29. März 2011 genehmigte der Beklagte die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 400 kW, einer Feuerungswärmeleistung von 1.015 kW und einer maximalen Gaserzeugung von 2,3 Mio. Nm³ (Normkubikmeter)/a. Der Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
7Am 13. April 2011 haben die Kläger Klage erhoben und Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt, den das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 15. Juni 2011 - 11 L 180/11 - abgelehnt hat.
8Am 28. März 2012 hat die Beigeladene einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt (Modifizierung der Fahrsiloanlage, des Technikgebäudes und des Betriebs des Annahmebunkers, Verzicht auf die westliche Zufahrt und Verlagerung der Wallanlage) und das diese Änderungen einbeziehende Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 20. April 2012 vorgelegt.
9Der Senat hat auf die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Juni 2011 die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wiederhergestellt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, es sei offen, ob bei der Nutzung der Biogasanlage für die Kläger unzumutbare Geruchsimmissionen entstünden. Insbesondere aufgrund der Defizite der vorliegenden Geruchsimmissionsprognose könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass die Irrelevanzschwelle von 2% Jahresgeruchsstunden - anders als prognostiziert - überschritten werde. Eine verlässliche Aussage darüber, wie hoch die voraussichtliche Gesamtbelastung am Wohnhaus der Kläger sei, sei mangels entsprechender Untersuchung nicht möglich. Die bei dieser Sachlage erforderliche Interessenabwägung gehe zulasten der Beigeladenen aus.
10Der Beklagte hat den Genehmigungsbescheid mit der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 (geruchsmindernde Maßnahmen an den Stallungen der T1. B. GbR) sowie mit der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 um die von der Beigeladenen am 28. März 2012 beantragten Änderungen ergänzt. Dabei hat er die Vorgaben des Gutachtens der Gutachter V. & Partner vom 7. August 2012, das die veränderte Vorbelastung aufgrund der ins Auge gefassten Änderungen der Abluftanlagen und der Kamine der Stallungen der T1. B. GbR einbezogen hat, und das Geruchsgutachten vom 20. April 2012 berücksichtigt sowie dem Genehmigungsbescheid Nebenbestimmungen zu den beantragten Maßnahmen und zur Abdeckung, Öffnung und Reinigung der Silageanschnittfläche hinzugefügt.
11Am 10. August 2012 hat die Beigeladene beantragt, den Beschluss des OVG NRW vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - aufzuheben und den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage - 11 L 521/12 -abzulehnen. Mit Beschluss vom 14. September 2012 hat Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt und zur Begründung angeführt, die Interessenabwägung gehe weiterhin zu Gunsten der Beigeladenen aus, da die Zweifel an der Zumutbarkeit der Geruchsimmissionen auch durch die neuerlichen Gutachten und die 1. Nachtragsgenehmigung des Beklagten vom 16. August 2012 nicht ausgeräumt seien.
12Das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) hat unter dem 14. Dezember 2012 erklärt, die Ausführungen des Gutachters in dem unter dem 10. September 2012 ergänzten Gutachten vom 7. August 2012 seien zum Teil nicht nachvollziehbar. Der seitens des Gutachters gewählte Radius von 350 m erweise sich als nicht ausreichend. Entsprechend des heutigen Kenntnisstandes zu den Immissionsauswirkungen von Tierhaltungsbetrieben seien für die Ermittlung der Gesamtbelastung mindestens alle Geruchsemittenten in einem Radius von 600 m um die Beurteilungsfläche in die Ausbreitungsberechnung aufzunehmen. Entsprechend den Auslegungshinweisen der GIRL könne ferner der maximale Immissionswert von 0,25/ 25 % Jahresgeruchsstunden für Tierhaltungsgerüche im Außenbereich nur unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls angewandt werden. Von Seiten des LANUV NRW werde empfohlen, die Kriterien Siedlungsstruktur/Ortsüblichkeit, Nutzung und Historie für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranziehen.
13Mit Blick auf diese Stellungnahme des LANUV NRW hat die Beigeladene eine weitere Immissionsprognose der V. und Partner GmbH vom 21. Januar 2013 vorgelegt. Danach ist unter Berücksichtigung der Vorbelastungen durch die Tierhaltungen im Umkreis am Wohnhaus der Kläger mit einer Geruchsbelastung von 21 % Jahresgeruchsstunden zu rechnen. Die durch die Biogasanlage entstehende Zusatzbelastung wurde mit 5 % Jahresgeruchsstunden veranschlagt.
14Mit Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 - hat der Senat die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. September 2012 - 11 L 521/12 - zurückgewiesen. In der Begründung hat der Senat auf die Ausführungen des LANUV NRW in der Stellungnahme vom 13./14. Dezember 2012 Bezug genommen und weiter ausgeführt, dass die Plausibilitätszweifel, die den Senat maßgeblich zu seiner Bewertung im Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - veranlasst haben, durch die Immissionsprognose vom 7. August 2012 nicht hinreichend verlässlich ausgeräumt würden.
15Eine danach im Auftrag der Beigeladenen erstelltes Gutachten des Ingenieurbüros Richters & Hüls vom 22. März 2013 kommt zu dem Ergebnis, dass am Wohnhaus der Kläger eine Immissionsbelastung in Höhe von 20 bis 23 % Jahresgeruchsstunden zu erwarten ist.
16Das LANUV NRW hat in der vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahme vom 26. November 2013 erklärt, bei erneuter Durchsicht der Unterlagen bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung in dem Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013. Die aktuell vorliegenden Ergebnisse seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Kläger darzustellen, soweit alle Geruchsemittenten berücksichtigt würden, die Zuordnung der Geruchsquellen entsprechend der Prüfung des Beklagten plausibel sei und die Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld zu keiner Änderung der ermittelten Geruchsbelastung führten.
17Zu den Einflüssen der Bebauungsstrukturen auf die Immissionen im Rechengebiet war bereits unter dem 9. Juli 2013 darauf hingewiesen worden, dass ein Bereich verbleibe, der von der TA Luft nicht geregelt werde. In diesem Bereich sei im vorliegenden Fall eine Bewertung der Abstromverhältnisse und der Einwirkung auf den Immissionsort vorzunehmen. Als pragmatische Lösung schlage das LANUV NRW in solchen Fällen grundsätzlich eine Modellierung der Emissionsquellen als vertikale Linienquellen bzw. Volumenquellen ohne weitere Berücksichtigung der Gebäude vor, auf denen sich die Emissionsquellen befinden. Dies führe zumeist zu höheren Immissionswerten als bei einer alle Gebäudeeinflüsse berücksichtigenden Berechnungsweise. Die vorliegende Situation sei jedoch von dem geringen Abstand zwischen dem Wohnhaus der Kläger und den nächstgelegenen Emissionsquellen, nämlich nur 25 m zu dem ersten Fahrsilo, und weiterer umgebender Bebauung geprägt, so dass ein konservatives Berechnungsergebnis nicht zwangsläufig gegeben sei. Ein allgemein fachlich anerkanntes Windfeldmodell zur Verwendung in AUSTAL 2000 für eine solche Aufgabenstellung sei bislang nicht etabliert. Als Lösungsmöglichkeit sei von Seiten des Programmentwicklers von AUSTAL 2000, soweit aufgrund der örtlichen Gegebenheiten eine für die Immissionsbelastung relevante Beeinflussung des Windfeldes durch weitere Gebäude möglich erscheine, vorgeschlagen worden, Vergleichsberechnungen ohne Gebäude und mit Gebäuden mit dem diagnostischen Windfeldmodell TALdia durchzuführen und die Ergebnisse einzelfallbezogen gutachterlich auszuwerten. Die genannte Problematik trete insbesondere bei der Berechnung der Eigenbelastung auf, die meist aus dem direkten Nahbereich gespeist werde und bei der daher spezielle Gebäudeeinflüsse nicht auszuschließen seien. Diese Vergleichsberechnung könne im der vorliegenden Fallgestaltung zu höheren oder geringeren Immissionsbelastungen am klägerischen Wohngebäude führen.
18Die Auswertung der Berechnungsergebnisse - so das LANUV NRW unter dem 26. November 2013 weiter - führe am Wohnhaus der Kläger zu einer Geruchsbelastung von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche der Biogasanlage, 0,17 / 17 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche aus Tierhaltung und einer durch Ausbreitungsberechnung ermittelten Gesamtbelastung von 0,22 / 22 % der Jahresgeruchsstunden.
19Da Gerüche aus Biogasanlagen den Gerüchen aus Tierhaltung nicht gleichgestellt werden könnten, bedürfe es der Bestimmung zweier Immissionswerte. Für Gerüche aus Tierhaltung sei ein Immissionswert von bis 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden und für Gerüche der Biogasanlage ein Immissionswert von 0,15 / 15 % bis 0,20 / 20 % Jahresgeruchsstunden denkbar. Bei einem solchen Zusammentreffen unterschiedlicher Immissionswerte dürfe die Summe der jeweiligen Anteile den Wert 1,00 nicht überschreiten. Dieser Wert werde vorliegend selbst bei Zugrundelegung eines Immissionswerts für Gerüche aus der Tierhaltung von 0,25 und eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,20 mit Blick auf die Vorbelastung durch Gerüche aus der Tierhaltung von 0,17 / 17 % Jahresgeruchsstunden und einer Zusatzbelastung von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden durch Gerüche aus der Biogasanlage - wenn auch nur geringfügig (Wert = 1,03) - überschritten.
20Mit Änderungsbescheid vom Bescheid vom 13. Februar 2014 hat der Beklagte die Nebenbestimmungen Nr. 1 bis 4 des Nachtragsbescheides vom 16. August 2012 betreffend die Umbaumaßnahmen auf dem Hof der T1. B. GbR aufgehoben.
21Die Kläger haben zur Klagebegründung im Wesentlichen auf die durch den Betrieb der Biogasanlage zu erwartende unzumutbare Geruchsbelastung hingewiesen. Es bestünden erhebliche Bedenken an der Plausibilität der vorgelegten Geruchsimmissionsprognosen.
22Die Kläger haben beantragt,
23den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in Gestalt der 1. Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012, der 2. Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 sowie der 3. Änderungsgenehmigung vom 13. Februar 2014 aufzuheben.
24Der Beklagte hat beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Er hat vorgetragen, dass nach den Empfehlungen des LANUV NRW bei einer Wohnnutzung im Außenbereich dieser ein Immissionswert bis 25 % Jahresgeruchsstunden auch dann zugeordnet werden könne, wenn die Wohnnutzung auf einer ehemaligen Hofstelle mit Tierhaltung erfolge. Ausführungen zur Prüfung der speziellen Randbedingungen für das Wohnhaus der Kläger seien im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 16. April 2013 erfolgt. Die Auffassung des LANUV NRW, dass Gerüche aus Biogasanlagen anders zu beurteilen seien als Gerüche aus landwirtschaftlichen Betrieben (Tierhaltungsanlagen), teile er nicht. Eine signifikante Unterscheidung der Geruchsqualität zwischen der Silage einer Biogasanlage und der einer Rinderhaltung könne nicht bestehen. Auch entfalte die Biogasanlage eine sogenannte dienende Funktion innerhalb der Landwirtschaft. Die anfallende, betriebseigene Gülle werde über verlegte Leitungen der Anlage direkt zugeführt und die anfallende Abwärme des Motors wiederum zum Teil im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb der Beigeladenen genutzt.
27Die Beigeladene hat beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Sie hat geltend gemacht, nach der fachlichen Stellungnahme des LANUV NRW vom 26. November 2013 bestünden an der Richtigkeit der Berechnungen durch das Sachverständigenbüro S. & I1. keine Zweifel, vielmehr werde die Plausibilität des Gutachtens ausdrücklich bestätigt. Die weitergehenden Ausführungen des LANUV NRW zur Beurteilung der Geruchsbelastungen seien dagegen nur bedingt zutreffend. Es bestehe kein Erfordernis, zwischen den Gerüchen aus der Biogasanlage und den Gerüchen aus der Tierhaltung zu differenzieren. Es handele sich bei der Biogasanlage ausschließlich um eine solche, die mit nachwachsenden Rohstoffen, wie Mais und Getreide sowie mit Gülle aus der Tierhaltung beschickt werde. Es sei daher hier ein Immissionsgrenzwert bis 25 % Jahresgeruchsstunden anzunehmen. Die Immissionsbelastung beim Wohnhaus der Kläger betrage lediglich 22 % Jahresgeruchsstunden, so dass keine unzumutbare Geruchsbelästigung vorliege. Selbst wenn eine Differenzierung der Gerüche aus der Biogasanlage und denen aus der Tierhaltung zulässig sei, würden die maßgeblichen Immissionswerte eingehalten. Nach der bislang angewendeten und fachlich anerkannten Methodik zur Beurteilung gemeinsamer Einwirkung verschiedener Gerüche anhand der in der fachlichen Stellungnahme angeführten zwei Prüfungsschritte liege insgesamt ebenfalls keine unzumutbare Geruchsbelastung vor. Soweit am Ende der fachlichen Stellungnahme allerdings eine bislang selbst in Gutachterkreisen unbekannte Methodik der Prüfung der Zulässigkeit der Geruchsbelastung angeführt werde, die im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) länderübergreifend geregelt worden sein solle, sei diese vorliegend nicht zu berücksichtigen. Ein Erlass oder eine Verwaltungsvorschrift zu dieser neuen Methodik existiere nicht. Hinzu komme, dass die Angelegenheit seitens des LANUV NRW nicht zeitnah bearbeitet worden sei. Wäre die fachliche Stellungnahme innerhalb angemessener Zeit erstellt worden, wäre eine Entscheidung aller Wahrscheinlichkeit vor der internen Beschlussfassung der LAI getroffen worden. Eine derartige Verzögerung könne nicht zu Lasten der Beigeladenen gehen.
30Mit Urteil vom 25. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Genehmigungsbescheid in der seinerzeit aktuellen Fassung aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Genehmigung in der Fassung der Änderungsbescheide stelle nicht hinreichend sicher, dass beim Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen entstünden. Auf den von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärten Verzicht auf die dem Grundstück der Kläger nächstgelegene Fahrsilokammer sowie auf den Einsatz und die Lagerung von Grassilage komme es nicht an. Die Summe der Anteile der Gerüche sei - bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,25 für die Gerüche aus Tierhaltung - bei einer anhand der neuen Erkenntnisse zu den genehmigten Tierplatzzahlen des Nachbarbetriebs H. korrigierten Geruchsvorbelastung durch Tierhaltung von 0,18 / 18 % Jahresgeruchsstunden sowie einer Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,07 / 7 % Jahresgeruchsstunden größer als 1, und zwar sowohl bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,15 als auch bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,20 für Gerüche aus der Biogasanlage.
31Die Beigeladene hat gegen das ihr am 10. März 2014 zugestellte Urteil am 8. April 2014 die Zulassung der Berufung beantragt.
32Am 6. Juni 2014 hat die Beigeladene erneut einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt. Gegenstand des Antrags ist der Verzicht auf die dem Wohnhaus der Kläger nächstgelegene dritte Fahrsilokammer, die ausschließliche Lagerung von Maissilage, die Änderung der Raumentlüftung des Technikgebäudes sowie der Einbau eines Aktivkohlefilters im Anschluss an den Anmischbehälter. Es sei ein Einsatz an nachwachsenden Rohstoffen von 3.988 t/a und an Gülle von 3.000 t/a geplant; die Rohgasproduktion belaufe sich voraussichtlich auf 1.480.024 m³/a. Die Beigeladene hat ein ergänzendes Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgelegt, das diese Änderungen und die von der T1. B. GbR unter dem 26. Mai 2014 gegenüber der Bauaufsicht verbindlich zugesagten Änderungen ihres landwirtschaftlichen Betriebes (Änderung der Abluft der Stallungen und Reduzierung der Tierzahlen) berücksichtigt. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Kläger 0,04 / 4 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche der Biogasanlage und 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden für Gerüche aus Tierhaltung betrage, die Gesamtbelastung belaufe sich auf 0,19 / 19 % Jahresgeruchsstunden. Ausgehend von einem Immissionswert von 0,20 für Gerüche aus Tierhaltung und einem Immissionswert von 0,175 für Gerüche der Biogasanlage sei auch unter Berücksichtigung der Prüfformel des LANUV NRW bei einem Wert von 0,98 nicht mit einer unzumutbaren Geruchsbelastung zu rechnen.
33Mit der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 hat der Beklagte die Änderungen genehmigt und die Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014 zum verbindlichen Bestandteil des Antrags gemacht; die darin angenommenen Rahmenbedingungen seien einzuhalten und den Empfehlungen sei zu folgen.
34Am 1. September 2014 hat die Beigeladene Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der aktuellen Fassung der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 gestellt.
35Der Senat hat mit Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 - die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, 13. Februar 2012 und vom 14. August 2014 ab dem Zeitpunkt angeordnet, in dem die Beigeladene gegenüber dem Beklagten und den Klägern nachgewiesen hat, dass die im Schreiben vom 26. Mai 2014 gegenüber dem Bauordnungsamt des Beklagten verbindlich angekündigten Änderungen des landwirtschaftlichen Betriebes der T1. B. GbR - Reduzierung des Tierbestandes sowie Modernisierung der Abluftführung in den Stallungen - umgesetzt wurden, und, dass die Mündungshöhe des Abgaskamins des Technikgebäudes der streitgegenständlichen Anlage mindestens 10 m über dem Erdboden und mindestens 3 m über dem Dachfirst liegt sowie die Abluftgeschwindigkeit der Raumentlüftung 7 m/s beträgt. Im Übrigen sind der Antrag der Kläger auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage 8 A 799/14 (VG Minden 11 K 805/11) gegen den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 sowie der Antrag der Beigeladenen abgelehnt worden.
36Ebenfalls mit Beschluss vom 22. Mai 2015 hat der Senat die Berufung zugelassen.
37Die Beigeladene trägt zur Begründung der Berufung vor, für den vom LANUV NRW und vom Senat in dem Beschluss vom 22. Mai 2015 gewählten Berechnungsansatz bei einem Zusammentreffen von Tiergerüchen und Gerüchen der Biogasanlage fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Die Prüfmethodik sei in Nordrhein-Westfalen nicht eingeführt und stelle ein völliges Novum dar. Sie habe auch Zweifel an seiner fachlichen Eignung. Die Aussonderung der Gerüche der Biogasanlage aus den landwirtschaftlichen Gerüchen überzeuge nicht, weil die Gerüche sich nicht unterschieden. Anders als vom Verwaltungsgericht angenommen müsse die für die Bestimmung des Immissionswerts im Außenbereich erforderliche Einzelfallbeurteilung auch nicht im Bescheid selbst vorgenommen werden. Die Kläger müssten im Übrigen eine Geruchsbelastung von 25% Jahresgeruchsstunden hinnehmen. Das Umfeld sei landwirtschaftlich geprägt und die Kläger hätten selbst früher - wohl in einem größeren Umfang als bisher angenommen - Landwirtschaft und Tierhaltung betrieben.
38Die vom Senat in dem Beschluss vom 22. Mai 2015 offen gelassene Problematik der Bebauungseinflüsse habe das Gutachten des Büros S. & I1. vom 17. Juli 2014 ausdrücklich angesprochen. Vor dem Hintergrund, dass das Modell der TA Luft für die Berücksichtigung von Gebäudeeinflüssen nur dann anwendbar sei, wenn die Kamine mindestens das 1,2-fache der Höhe des höchsten Gebäudes in einem Umkreis vom 10-fachen der Kaminhöhe erreichen, und dies hier nicht der Fall sei, habe das Gutachten die vom LANUV NRW empfohlene pragmatische Lösung gewählt, die Emissionsquellen als vertikale Linienquellen bzw. Volumenquellen ohne weitere Berücksichtigung der Gebäude zu modellieren. Die Modellierung der Emissionsquellen als vertikale Linienquellen ohne gesonderte Berücksichtigung der konkreten Gebäudeeinflüsse sei auch ausreichend, da es sich um eine konservative Berechnungsweise handele. Der vom LANUV NRW für den Nahbereich unter dem 9. Juli 2014 vorgeschlagenen Vergleichsberechnung bedürfe es hier zum einen nicht, weil diese Aussage nur bei der Berechnung der Eigenbelastung gelten sollte. Die Eigenbelastung sei jedoch sowohl nach der Ansicht des LANUV NRW als auch nach der neuesten Rechtsprechung des Senats nicht zu berücksichtigen. Zum anderen bedürfe es der Vergleichsberechnung auch deshalb nicht (mehr), weil sich der Abstand zwischen dem klägerischen Wohnhaus und der nächstgelegenen Emissionsquelle aufgrund des Wegfalls des dritten Fahrsilos mit jetzt 45 m fast verdoppelt habe.
39Die Vergleichsberechnung stelle die Gutachter schließlich auch vor ein unlösbares Problem. Ein anerkanntes Berechnungsmodell existiere nicht, Werte für das Wohnhaus der Kläger könnten daher nicht exakt berechnet werden. Um gleichwohl jeglichen Zweifel auszuräumen, habe man das Büro S. & I1. um eine ergänzende Stellungnahme und die Erstellung einer Vergleichsberechnung gebeten. Diese habe ergeben, dass eine Berechnung der Gebäudeeinflüsse im Bereich des Wohnhauses der Kläger schon deshalb nicht möglich sei, weil das Programm für die Teile der Beurteilungsfläche, auf denen sich die Gebäude befänden, den Wert 0,00 auswerfe. Dies führe zu dem sehr geringen Wert 0,02 am klägerischen Wohnhaus. Bei den von diesem Gebäudeeffekt nicht betroffenen Flächen nördlich des Wohnhauses zeige sich jedoch, dass die zusätzliche rechnerische Aufnahme des Gebäudeeinflusses nicht zu einer Erhöhung der Werte führe; diese würden vielmehr nach unten abweichen. Dieser Effekt lasse den hinreichend sicheren Schluss zu, dass auch im Bereich des Wohnhauses keine signifikanten Abweichungen zuungunsten der Kläger aufträten.
40Die Beigeladene beantragt,
41das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 (Az.:11 K 805/11) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
42Die Kläger beantragen,
43die Berufung zurückzuweisen.
44Sie beziehen sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils. Das Verwaltungsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass Gerüche der Biogasanlage nicht als landwirtschaftliche Gerüche einzuordnen seien. Zudem sei eine Abweichung von dem Immissionswert 0,15 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich nur aufgrund einer Einzelfallprüfung möglich, die von der Genehmigungsbehörde vorgenommen werden müsse und nicht auf die Sachverständigen verlagert werden könne. Die vom Beklagten vorgenommene Einzelfallwürdigung sei defizitär. Die auch von der Beigeladenen gewünschte Bestimmung eines Immissionswerts von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche komme nicht in Betracht. Der Kläger nutze das Grundstück für eine reine Wohnnutzung. In der Nachbarschaft seien zudem weitere reine Wohnnutzungen vorhanden. Die landwirtschaftlichen Gerüche seien zwar durchaus als ortsüblich anzusehen, nicht aber die Gerüche der Biogasanlage. Im Übrigen ermöglichten die vorgelegten Bauakten und die Berechnungen des Büros S. & I1. keine realistische Abschätzung der tatsächlich vorhandenen relevanten Geruchsquellen. Die Baugenehmigungen seien teilweise sehr alt und entsprächen nicht mehr den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen. Die Beklagte müsse bei Abstellen auf die Genehmigungslage jedenfalls darlegen, wann und innerhalb welcher Zeit er darauf hinwirken werde, dass nur noch ein genehmigter Betrieb stattfinde. Die Hofstelle H2. sei überhaupt nicht berücksichtigt worden, obwohl dort seit Jahren 275 Mastschweine gehalten würden. Auch die Hofstelle Kramer sei als relevante Quelle zu berücksichtigen. Dort befinde sich ein Güllebehälter, der ständig von dem Betrieb K. benutzt werde. Die Biogasanlage werde zudem nicht ordnungsgemäß betrieben. Sie werde nicht nur aus den vorhandenen Fahrsilos beschickt, sondern auch von auf dem Grundstück offen gelagerten Feldmieten. Das Gelände der Biogasanlage sei teilweise unbefestigt. Durch die Transporte der Silage komme es zu Verunreinigungen, so dass großflächig wirksame Geruchsquellen vorhanden seien, die gutachterlich nicht erfasst seien. Die Prognose sei nach alledem nicht auf der sicheren Seite.
45Die Genehmigung sei aufgrund der zahlreichen nachträglichen Änderungen schließlich auch nicht mehr hinreichend bestimmt; ein genehmigungskonformer Betrieb könne nicht mehr nachvollzogen werden.
46Der Beklagte beantragt,
47das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 25. Februar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
48Er macht sich den Vortrag der Beigeladenen zu Eigen.
49Wegen des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und der Anhörung des sachverständigen Zeugen und Sachverständigen Dr. X1. T2. wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung des Senats vom 12. August 2015 Bezug genommen.
50Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens einschließlich der unter dem 6. August 2015 vorgelegten Ausbreitungsrechnungen der Gutachter S. & I1. sowie der vorläufigen Rechtsschutzverfahren und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten einschließlich der Bauakten der landwirtschaftlichen Betriebe K. , L. , I. , H. , H1. und H2. verwiesen.
51Entscheidungsgründe:
52Die Berufung der Beigeladenen hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 29. März 2011 in der Fassung dieser Bescheide ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in einem ihnen zustehenden Recht, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
53Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei einer auf Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gerichteten Anfechtungsklage grundsätzlich der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
54Vgl. zur baurechtlichen Nachbarklage OVG NRW, Urteil vom 28. November 2007 - 8 A 2325/06 -, NWVBl. 2008, 228 = juris Rn. 47 ff.; a. A. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7. August 2014 - 10 S 1853/13 -, NVwZ-RR 2015, 18 = juris Rn. 6; Urteil vom 14. Mai 2012 - 10 S 2693/09 -, VBlBW 2012, 431 = juris Rn. 60 ff.
55Spätere Änderungen zu Lasten des Betreibers haben außer Betracht zu bleiben. Nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen.
56Vgl.OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 ‑ 8 A 959/10 -, ZNER 2015, 177 = juris Rn. 88 ff.; BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 - 4 B 40.98 -, NVwZ 1998, 1179 = juris Rn. 3.
57Die bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erlassenen Nachtragsgenehmigungen vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012 und vom 14. August 2014 sowie der Aufhebungsbescheid vom 13. Februar 2014 sind danach in die Prüfung mit einzubeziehen.
58A. Die angefochtene Genehmigung genügt trotz der wiederholten Nachträge und Änderungen den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Die Genehmigung für das Vorhaben ist ungeachtet des Umstandes, dass die Regelungen und Nebenbestimmungen sich auf mehrere (Nachtrags-)Bescheide verteilen, im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW hinreichend bestimmt.
59Eine Genehmigung entspricht den Anforderungen des § 37 VwVfG NRW, wenn die getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens - gegebenenfalls nach Auslegung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts einschließlich aller seiner Nebenstimmungen. Insoweit muss klar sein, welche Rechtsbeziehung zwischen wem geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Entsprechend muss bei einer Genehmigung klar sein, was genau genehmigt wurde und welchen Umfang die gestattende Wirkung der Genehmigung hat. Bestimmbarkeit reicht hier aus; welches Maß an Konkretisierung notwendig ist, hängt von der Art des Verwaltungsakts, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab. Das Gewollte kann sich auch aus der Bezugnahme auf bestimmte Antragsunterlagen ergeben.
60Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 2, 3, 5 und 27; Bay. VGH, Beschluss vom 22. April 2009 - 1 CS 09.221 -, juris Rn. 20 und 24; OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
61Vorliegend ist trotz der nachträglichen Änderungen des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 weder unklar, welches Vorhaben genehmigt wurde oder welchen Umfang die gestattende Wirkung hat noch welche Nebenbestimmungen für das Vorhaben gelten sollen. Der aktuelle Inhalt der Genehmigung lässt sich sowohl hinsichtlich des verfügenden Teils als auch hinsichtlich der Nebenbestimmungen bei einer „parallelen“ Lektüre der Bescheide - unter zulässiger Heranziehung der jeweils (ergänzend) vorgelegten Antragsunterlagen - auch von den drittbetroffenen Klägern mit einem noch vertretbaren Aufwand ermitteln.
62Die Genehmigung ist in ihrer aktuellen Fassung auch nicht deshalb unbestimmt, weil die Nebenbestimmung Nr. 8 in der 3. Nachtragsgenehmigung eine Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung von mindestens 10 m über dem Erdboden verlangt, während die in Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum verbindlichen Bestandteil der Genehmigung gemachte Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 davon abweichend - wie die ersetzte Nebenbestimmung Nr. 9 zur Luftreinhaltung auf Seite 9 des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 - ausdrücklich von einer Mündungshöhe von 12 m über dem Erdboden ausgeht. Insoweit liegt offenkundig ein Schreibversehen des Beklagten vor, welches dieser jederzeit korrigieren kann. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Beklagte die Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung ohne jeden Anlass und entgegen der Rahmenbedingungen der maßgeblichen Immissionsprognose von 12 m auf 10 m absenken wollte.
63,
64Es bestehen im Übrigen auch keine Bedenken an der Bestimmtheit des Genehmigungsinhalts, weil die „Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014“ einschließlich der dort vorausgesetzten Rahmenbedingungen durch Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum (verbindlichen) Bestandteil der Genehmigung gemacht wurde. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Bezugnahme auf die Antragsunterlagen.
65Vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
66Vor diesem Hintergrund wirkt es sich auch mit Blick darauf, dass die Einhaltung der Pflichten des § 5 BImSchG in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sichergestellt sein müssen, nicht auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung aus, dass weder die - die Vorbelastung senkenden - Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T1. B. GbR noch die Vorgabe, dass die Austrittsgeschwindigkeit der Abgase der Raumentlüftung des Technikgebäudes mindestens 7 m/s betragen muss, in einer Nebenbestimmung geregelt sind. Diese Vorgaben sind durch die Bezugnahme auf die Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 und ihre Rahmenbedingungen sowie die Antragsunterlagen verbindlicher Inhalt der Genehmigung geworden.
67Vgl. zum Erfordernis der Sicherstellung von Kompensationsmaßnahmen im Genehmigungsbescheid OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 24.
68B. Von dem Vorhaben der Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für die Kläger aus.
69Bei der von der Beigeladenen geplanten (und bereits errichteten) Biogasanlage handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 1.2.2.2 (Anlage zur Erzeugung von Strom in einer Verbrennungseinrichtung einschließlich zugehöriger Dampfkessel durch den Einsatz von Biogas, mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 Megawatt bis weniger als 10 Megawatt) und Ziffer 8.6.3.2 (Anlage zur biologischen Behandlung von Gülle, soweit die Behandlung ausschließlich zur Verwertung durch anaerobe Vergärung [Biogaserzeugung] erfolgt, mit einer Durchsatzkapazität von weniger als 100 Tonnen je Tag, soweit die Produktionskapazität von Rohgas 1,2 Mio. Nm³ je Jahr oder mehr beträgt) des Anhangs 1 der 4. BImSchV.
70Die an dem Wohnhaus der Kläger aufgrund des Betriebs der streitgegenständlichen Anlage zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar.
711. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
72Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
73In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
74Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
75Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete der Immissionswert 0,10 / 10 % Jahresgeruchsstunden, für Gewerbe-/Industriegebiete und Dorfgebiete gilt ein Immissionswert 0,15 /15 % Jahresgeruchsstunden, wobei der Wert für Dorfgebiete nur Tierhaltungsgerüche betrifft. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben der Beigeladenen als auch das Wohnhaus der Kläger liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter B. 2. d) cc)).
76Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
772. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer „auf der sicheren Seite“ liegenden Prognose,
78vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
79bei der aus der Vorbelastung (dazu a) und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse (dazu b) und einer Abluftfahnenüberhöhung (dazu c) bei der Abluftführung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Geruchsbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu d). Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, muss der jeweilige Immissionswert bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden (dazu e).
80a) Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
81Vgl. ausführlich OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 58 ff.
82b) Nach Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) sind bei einer gebäudenahen Abluftführung die nicht auszuschließenden Einflüsse der Bebauung auf die Immissionen zwingend zu berücksichtigen. Insoweit sind alle Gebäude in den Blick zu nehmen, deren Abstand von der jeweiligen Emissionsquelle geringer ist als das 6fache der Schornsteinbauhöhe.
83Für die Fälle, in denen entweder die Schornsteinhöhe mehr als das 1,2fache der Höhen der Gebäude beträgt oder die Gebäude, für die diese Bedingung nicht erfüllt ist, einen Abstand von mehr als dem 6fachen ihrer Höhe von der Emissionsquelle haben, regelt die TA Luft (2020) ausdrücklich, auf welche Weise die Gebäudeeinflüsse zu ermitteln sind. Beträgt die Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhen, ist die Berücksichtigung der Bebauung - bei einer Modellierung des Abluftkamins als Punktquelle - durch Rauhigkeitslänge und Verdrängungshöhe ohne Berücksichtigung der Gebäude ausreichend. Beträgt die Schonsteinbauhöhe weniger als das 1,7fache der Gebäudehöhen und ist eine freie Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden. Solange ein solches Windfeldmodell noch nicht existiert, kann ein anderes Windfeldmodell verwendet werden, dessen Eignung der obersten Landesbehörde nachgewiesen worden ist. Der Sachverständige Dr. T2. hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, das LANUV NRW empfehle in diesen Fällen die Modellierung eines Ersatzquellensystems, in dem die Quellen eine künstliche vertikale Ausdehnung erhalten. Die Modellierung der gebäudenahen Emissionsquellen als vertikale Linienquellen - mit einer Ausdehnung grundsätzlich bis zum Erdboden - simuliere die Um- und Überströmung der (Stall)Gebäude und deren Auswirkungen auf die Ausbreitungsrechnung, weil - anders als bei einer Modellierung der Quellen als Punktquellen - die gemessenen Konzentrationen in der Regel überschätzt würden. Um allerdings eine zu hohe Überschätzung auszuschließen, seien bei Quellkonfigurationen, bei denen die Höhe der Emissionsquellen größer als das 1,2fache der Gebäude, einschließlich des Gebäudes, auf dem sie stehen, ist, die Emissionen gleichmäßig auf den oberen halben Quellbereich zu verteilen.
84Vgl. auch: Hartmann, Gärtner, Hölscher, Köllner, Janicke, Untersuchungen zum Verhalten von Abluftfahnen landwirtschaftlicher Anlagen in der Atmosphäre, Langfassung zum Jahresbericht 2003, S. 5 und 6 abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/veröffentlichungen/jahresberichte.
85Eine solche Ersatzquellenmodellierung werde vom LANUV NRW auch für die von der TA Luft (2002) nicht ausdrücklich geregelte, aber in der Landwirtschaft häufig - wie auch im vorliegenden Fall - anzutreffende Fallkonstellation von Schornsteinhöhen unter dem 1,2fachen der Gebäudehöhen bzw. einem Abstand zwischen Immissionsort und Emissionsquelle von weniger als dem 6fachen der Gebäudehöhen empfohlen.
86Bei einem Abstand von weniger als 50 m zwischen dem Immissionsort und der nächstgelegenen Emissionsquelle sowie weiterer Bebauung in der Umgebung gewährleiste allerdings auch eine Ersatzmodellierung nicht immer ein konservatives Berechnungsergebnis. Insoweit bedürfe es einer ergänzenden Ausbreitungsrechnung, in der - bei einer Modellierung der Abluftquellen als Punktquellen - die Gebäude gesondert miteinberechnet würden. Anders als die Beigeladene meint, betrifft dies nicht nur die Berechnung der - hier nicht zu berücksichtigenden - Eigenbelastung. Die Eigenbelastung ist vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 9. Juli 2013 nicht als einziger, sondern lediglich als besonders häufig vorkommender Beispielsfall genannt worden, in dem derart geringe Abstände zwischen Gebäuden und Emissionsquellen vorkommen können.
87Das LANUV NRW hat bereits in der Stellungnahme vom 9. Juli 2013 und auf Seite 33 seines Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
88Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
89darauf hingewiesen, dass es zwar an einem fachlich allgemein anerkannten Windfeldmodell für eine solche Ausbreitungsrechnung fehle. Man schließe sich jedoch dem Vorschlag des Programmentwicklers von AUSTAL 2000 an, eine Berechnung durchzuführen, in der die Gebäude mit dem diagnostischen Windfeldmodell TALdia berücksichtigt würden. Die Ergebnisse der Berechnungen müssten dann gutachterlich ausgewertet werden. Der Sachverständige Dr. T2. hat in der mündlichen Verhandlung betont, dass Ausbreitungsrechnungen mit gesonderter Berücksichtigung grundsätzlich ein genaueres Bild der Geruchssituation lieferten als die Ausbreitungsrechnungen mit Ersatzmodellierung der Abluftquellen, die die vorhandenen Gebäude lediglich simulierten. Der Senat hält diese Vorgehensweise für plausibel.
90c) Bei Emissionen aus Kaminen ist ferner zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
91Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
92kann im Allgemeinen eine Überhöhung der Abluftfahne angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First ist, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle - in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem 10fachen, nach der an die Regelungen in Nr. 10 der Anlage 3 zur der TA Luft (2002) angelehnten Praxis des LANUV NRW auch schon entsprechend dem 6fachen der Quellenhöhe - ausgeschlossen ist.
93Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 65.
94Der Sachverständige Dr. T2. vom LANUV NRW hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass die Abluftgeschwindigkeit entweder - wie bei Stallungen im landwirtschaftlichen Bereich - mit Hilfe kinetischer Unterstützung oder - wie etwa bei Blockheizkraftwerken - aufgrund der hohen Ablufttemperatur erreicht werden könne. Er hat weiter ausgeführt, dass entsprechend der Praxis des LANUV NRW eine hindernisfreie Abströmung dann angenommen werden könne, wenn der Abstand zwischen dem Abluftkamin und benachbarten Gebäuden mehr als das 6fache der jeweiligen Gebäudehöhe betrage. Lägen die Voraussetzungen für eine Abluftfahnenüberhöhung vor, könne eine solche auch im Rahmen der Ersatzquellenmodellierung berücksichtigt werden. Auch diese Ausführungen hält der Senat für plausibel.
95d) Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu aa) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu bb und cc). Einer solchen Einzelfallprüfung bedarf es auch bei der - ebenfalls erforderlichen - Bestimmung des maßgeblichen Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich (dazu dd).
96aa) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen. Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
97Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 71 ff.
98Bei den Gerüchen der Biogasanlage handelt es sich dagegen um gewerbliche Gerüche, die von Tierhaltungsgerüchen zu unterscheiden sind. Der Betrieb einer Biogasanlage ist auch bei einer weiten wertenden Betrachtung nicht mit einer Tierhaltung gleichzusetzen. Er führt zudem zur Entfaltung von in der Tierhaltung nicht auftretenden biogasanlagentypischen Gerüchen. Dies entspricht der Einschätzung des Expertengremiums GIRL, wonach Biogasanlagen grundsätzlich Industrieanlagen gleichzusetzen und mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 in die Berechnung einzustellen sind. Dies betrifft neben den Geruchsemissionen des Blockheizkraftwerks (BHKW) auch die Geruchsemmissionen aller unmittelbar zum Betrieb der Biogasanlage gehörenden Einrichtungen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Biogasanlage Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes ist oder sie ausschließlich mit Festmist bzw. Gülle aus Rinderhaltung sowie nachwachsenden Rohstoffen betrieben wird, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben.
99Vgl. Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.19 f.
100Solche - möglichen - Ausnahmefälle liegen nicht vor.
101bb) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
102Für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen ist nicht von vorneherein ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber nach weder dem Wortlaut noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt.
103Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
104Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 77 ff. Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, juris Rn. 56.
105Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dahinter steht unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren ‑ etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 0,50 / 50 % Jahresgeruchsstunden entsprechen kann.
106Der Wert 0,25 / 25 % Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
107Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, juris Rn. 59; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
108Der Immissionswert sollte, wenn er über die in der GIRL für vergleichbare Nutzungsgebiete ausdrücklich bestimmten Immissionswerte hinausgehend festgesetzt wird, aus Gründen der Rechtsklarheit in den Genehmigungsbescheid (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich der Wert allerdings aus der Begründung des Bescheides oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
109cc) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu (1)), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu (2)), die historische Entwicklung (dazu (3)) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu (4)) zu rechnen sind.
110(1) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 erhöht werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
111Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
112Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
113In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
114(2) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
115Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
116Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Mietern auf Hofstellen, die in diesem Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
117(3) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
118Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
119In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
120Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
121(4) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zu ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
122Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
123Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
124dd) Für die Bestimmung des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich gilt im Grundsatz nichts anderes. Die Bestimmung dieses weiteren Immissionswerts ist eigenständig festzusetzen, weil gewerbliche Gerüche sich von Tierhaltungsgerüchen unterscheiden (siehe oben B 2. d) aa)). Auch hinsichtlich des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich bedarf es einer Einzelfallprüfung, wenn ein höherer als der für Gewerbe- und Industriegebiete geltende Immissionswert von 0,15 bestimmt werden soll. Das LANUV NRW hält in seiner Stellungnahme vom 26. November 2014 im Einzelfall insoweit eine Erhöhung auf Werte bis 0,20 für möglich. Dem schließt sich der Senat an.
125e) Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, reicht es für die Feststellung, dass die Geruchsbelastung für den Nachbarn zumutbar ist, allerdings nicht aus, wenn die beide Geruchstypen erfassende Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionspunkt den höheren Immissionswert einhält. Zusätzlich muss der jeweilige Immissionswert auch bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden.
126Die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2013 vorgeschlagene, vom sogenannten „GIRL-Expertengremium“ für das Dorfgebiet entwickelte Prüfregel ermöglicht eine sichere Beurteilung dieser weiteren Vorgabe auch im Außenbereich.
127Einer rechtlichen Grundlage bedarf diese Prüfregel - anders als die Beigeladene meint - nicht. Es handelt sich bei der Prüfregel im Ergebnis um eine Fortschreibung der GIRL für die bislang nicht behandelte Fallkonstellation des Aufeinandertreffens zweier Geruchstypen mit unterschiedlichen Immissionswerten in einem Beurteilungsgebiet. Diese Fortschreibung ist - wie die GIRL - als sachverständige Aussage und nicht als Rechtssatz zu qualifizieren.
128Bei Gemengelagen von Tierhaltungen und gewerblichen Emittenten sind danach die jeweiligen Immissionswerte eingehalten, sofern die Prüfungsregel
129(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
130erfüllt ist. Danach ist zu berechnen, welche Anteile ihres Immissionswertes die beiden Geruchskategorien jeweils ausschöpfen. Die 1. Klammer betrifft Gerüche aus der Tierhaltung und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (ITH) an dem zulässigen Immissionswert für Tiergerüche (IWTH) an; die 2. Klammer betrifft Gerüche aus Industrieanlagen und Gewerbebetrieben und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (IG/I) an dem zulässigen Immissionswert für gewerbliche Gerüche (IWG/I) an. Die Summe beider Anteile darf den Wert von 1,0 nicht überschreiten.
131Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand: Februar 2014, S. 4 und 10 f.
132Der Anwendung dieser Prüfregel steht nicht von vorneherein entgegen, dass sie letztlich auf eine Addition der - ins Verhältnis zum jeweiligen Immissionswert gesetzten - Geruchshäufigkeitswerte hinausläuft und - anders als bei der Ausbreitungsberechnung - Geruchsüberlagerungen außer Betracht bleiben. Zum einen lässt die GIRL in Nr. 4.6 selbst aus Vereinfachungsgründen die an sich nicht mögliche arithmetische Addition von Geruchshäufigkeiten zu. Zum anderen wird die mit der Prüfregel notwendig verbundene, regelmäßig zulasten des Betreibers gehende Unschärfe der tatsächlichen Belastungssituation durch die Anwendung der Rundungsregeln auf den errechneten Wert gemindert. Die arithmetische Rundungsregel ist anwendbar, weil es sich bei dem Wert 1,0 um eine mathematische Größe handelt. Danach trifft die Aussage x ≤ 1,0 bei Werten bis x = 1,04 zu.
133Vgl. Bartsch, Mathematische Formeln für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 23. Auflage 2014, S. 54: Abrunden: die letzte Ziffer bleibt unverändert, wenn die erste weggelassene Ziffer 0,1,2,3,4 ist; Aufrunden: die letzte Ziffer wird um 1 erhöht, wenn die erste weggelassene Ziffer 5,6,7,8,9 ist, vgl. auch DIN 1333.
134Dagegen dürfte weder die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2014 verwendete Fassung der Prüfregel
135(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,00
136noch die von dem Expertengremium GIRL ferner genannte Fassung
137(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1
138diesem Anliegen ausreichend Rechnung tragen. Die erste Formel erscheint auch bei Anwendung der Rundungsregel zuungunsten des Betreibers zu eng (x ≤ 1,004) und die zweite zuungunsten des Nachbarn zu weit (x ≤ 1,4).
1393. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erweisen sich die im Berufungsverfahren vorgelegten Ausbreitungsrechnungen der Gutachter S. & I1. vom 6. August 2015, in denen die Gebäudeeinflüsse gesondert mit einbezogen wurden, als plausibel. Diese Rechnungen bilden die voraussichtliche Geruchssituation am Wohnhaus der Kläger hinreichend sicher ab (dazu a). Die in der 3. Nachtragsgenehmigung erfolgte Festlegung des Immissionswerts für Tierhaltungsgerüche auf 0,20 / 20 % Jahresgeruchsstunden begegnet keinen Bedenken. Für die Bestimmung eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage in Höhe von 0,175 / 17,5 % Jahresgeruchsstunden geben die Umstände des Einzelfalls allerdings nichts her. Es bleibt daher bei dem von der GIRL für Gewerbe- und Industriegebiete bestimmten Immissionswert von 0,15 / 15 % Jahresgeruchsstunden (dazu b). Bei Zugrundelegung des Immissionswerts 0,20 für Tierhaltungsgerüche und des Immissionswerts 0,15 Gerüche der Biogasanlage wird die oben beschriebene Prüfregel eingehalten (dazu c).
140a) Die Gutachter haben in den unter ausdrücklicher Berücksichtigung der Gebäude - insbesondere die Gebäude der Biogasanlage und die Stallungen des landwirtschaftlichen Betriebs der T1. B. GbR - erstellten Ausbreitungsrechnungen vom 6. August 2015 um das Wohnhaus der Kläger eine Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung zwischen 0,12 und 0,15 / 12 % bis 15 % Jahresgeruchsstunden, eine Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,01 bis 0,05 / 1 % bis 5 % Jahresgeruchsstunden und eine Gesamtbelastung von 0,14 bis 0,19 / 14 % bis 19 % Jahresgeruchsstunden errechnet. Eine solche ausdrückliche Untersuchung der Gebäudeeinflüsse war angezeigt, weil sich die Biogasanlage im unmittelbaren Nahbereich des klägerischen Wohnhauses befindet. Das Wohnhaus der Kläger liegt auch nach den Angaben der Beigeladenen in einer Entfernung von nur 45 m von dem nunmehr nächstgelegenen Fahrsilo.
141Die Ergebnisse dieser Ausbreitungsrechnungen unterliegen auch nach der Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. T2. keinen durchgreifenden Zweifeln. Auf die - nach den in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnissen wohl zu verneinende - Frage, ob die ebenfalls noch vorgelegten Ausbreitungsrechnungen, in denen die Gebäudeeinflüsse mit Hilfe einer Ersatzquellenmodellierung simuliert wurden, plausibel sind, kommt es nicht entscheidungserheblich an; denn die Ausbreitungsrechnungen mit ausdrücklicher Einbeziehung der Gebäude ergeben ohnehin ein genaueres Ergebnis.
142aa) Die bislang in die Vorbelastung durch Tierhaltungsgerüche und die Gesamtbelastung erfolgte Einbeziehung der Tierzahlen des ehemaligen landwirtschaftlichen Betriebes der Kläger ist in Einklang mit den oben dargelegten Grundsätzen zu Recht nunmehr unterblieben.
143bb) Die Abluftkamine der Stallungen (Q 48 bis Q 55) und der streitgegenständlichen Biogasanlage (Q 12 - Mischbehälter -, Q 13 - Technikgebäude - und Q 15 - BHKW -) sind zutreffend als Punktquellen und nicht ersatzweise als vertikale Linienquellen modelliert worden. Einer Simulierung der Gebäude bedarf es bei deren ausdrücklicher Einbeziehung nicht mehr. Die für die Stallungen und die Biogasanlage eingestellten relevanten Gebäudehöhen entsprechen den Höhenangaben in den Genehmigungsunterlagen.
144cc) Dass für die Quellen Q 49 bis Q 55 jeweils eine (kinetische) Abluftfahnenüberhöhung einberechnet wurde, ist - bezogen auf das südwestlich der Stallungen gelegene Wohnhaus der Kläger - nicht zu beanstanden. Die technischen und baulichen Voraussetzungen für eine Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung liegen vor. Die sieben Kamine der Stallungen der T1. B. GbR weisen mit 11,8 m, 11 m (2x) und 10 m (4x) Höhen von mindestens 10 m über dem Grund auf. Sie ragen bei - nach den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen eher zu hoch angesetzten - Stallgebäudehöhen von 8 m, 8,8 m (2x) und 5 m (4x) auch jeweils 3 m über den Dachfirst der Gebäude, auf denen sie stehen. In Richtung des Wohnhauses der Kläger ist die freie Abströmung der Abluft auch nicht wesentlich durch Hindernisse beeinträchtigt. Zwischen dem Wohnhaus der Kläger und den Abgaskaminen der Stallungen liegt nur das - im Radius des 6fachen bzw. 10fachen der Schornsteinbauhöhen liegende und deshalb in die Betrachtung der Abströmungsverhältnisse einzubeziehende - Technikgebäude der Biogasanlage. Das Technikgebäude ist mit einer Höhe von 7,42 m zwar keine 3 m niedriger ist die nur 10 m hohen Abluftkamine, es ist jedoch nach den Feststellungen des sachverständigen Zeugen Dr. T2. aufgrund seines Abstands von diesen Abluftkaminen von etwas mehr als dem 6fachen seiner Höhe nicht mehr als Hindernis zu berücksichtigen.
145Für die der Betriebseinheit B der T1. B. GbR zugehörigen Quelle Q 48 ist bei einer Schornsteinhöhe von 11 m und der unmittelbaren Nähe zu dem Wohnhaus der Gesellschafter der Beigeladenen mit einer Höhe von (richtig) 9,68 m und der Betriebseinheit D (Q 49) mit einer Höhe von 8,8 m dagegen zu Recht keine Überhöhung der Abluftfahne berücksichtigt worden. Dem Umstand, dass das nicht in Richtung des Wohnhauses des Kläger gelegene Wohnhaus der Gesellschafter der Beigeladenen in den Ausbreitungsrechnungen fälschlich nur mit einer Höhe von 8,8 m berücksichtigt worden ist, kann nach der Beurteilung des Sachverständigen bei konservativer Betrachtung durch einen Sicherheitsaufschlag von einem Prozentpunkt auf die landwirtschaftlichen Gerüche Rechnung getragen werden.
146Für den Abluftkamin des BHKW (Q 15) ist die Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung ebenfalls sachgerecht. Die erforderliche Abluftgeschwindigkeit wird nach Einschätzung des Sachverständigen ohne weiteres angesichts der hohen Temperatur der Abgase erreicht. Der Abluftkamin ist mit 12 m auch mehr als 3 m höher als der First des BHKW mit einer Höhe von 7 m und als der First des benachbarten Technikgebäudes. Die freie Abströmung der Abluft ist in Richtung des klägerischen Wohnhauses ebenfalls gewährleistet. Auch das Wohnhaus der Kläger dürfte zwar noch in dem in den Blick zu nehmenden Radius des 6fachen bzw. 10fachen der Schornsteinbauhöhe liegen, der Dachfirst ist jedoch mit einer Höhe von 8,19 m mehr als 3 m niedriger als der Abluftkamin.
147Dass bei dem Abluftkamin des Technikgebäudes (Q 13) der Biogasanlage eine ‑ nach den technischen und baulichen Voraussetzungen mögliche - Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung unterblieben ist, führt jedenfalls nicht zu einer für die Kläger ungünstigen Erhöhung der errechneten Geruchsbelastung.
148dd) Die Rauhigkeitslänge ist beanstandungsfrei abweichend von dem Katasterwert 0,2 m auf 0,5 m erhöht worden. Dieser Ansatz führt grundsätzlich zu einem pessimalen Ergebnis. Dass für den Platzgeruch eine vertikale Ausdehnung von nur 0,2 m angesetzt worden ist, ist nach der Einschätzung des sachverständigen Zeugen Dr. T2. nicht zu beanstanden, da der Platzgeruch als Flächenquelle modelliert worden ist. Die ansonsten manuell ermittelte Anometerhöhenkorrektur durfte durch die nach der Korrekturregel des Deutschen Wetterdienstes berechneten Werte ersetzt werden. Nach Angaben des sachverständigen Zeugen Dr. T2. entspricht diese Vorgehensweise der aktuellen Praxis des LANUV NRW.
149ee) Es ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens nicht ersichtlich, dass nicht alle für die Ausbreitungsrechnung maßgeblichen Geruchsemittenten eingestellt oder dass bei den in die Rechnung eingestellten Geruchsemittenten unzutreffende, insbesondere zu niedrige Tierzahlen eingestellt worden wären. Maßgeblich ist insoweit jeweils die Genehmigungslage. Abweichungen von der Genehmigungslage sind von dem Beklagten im Überwachungsverfahren zu untersuchen und ggf. zu untersagen. Insoweit wird der Beklagte auch zu prüfen haben, ob die T1. B. GbR auf der Hofstelle I. - wie die Kläger behaupten - statt der nach den Bauakten I. baurechtlich zulässigen 60 Zuchtsauen und vier Mastschweine „sehr viel mehr Tiere“ hält. Dass der Betrieb der streitgegenständlichen Biogasanlage genehmigungskonform abläuft - was die Kläger bezweifeln -, ist ebenfalls im Rahmen der Überwachung der Anlage zu prüfen und für die hier allein streitgegenständliche Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung als solcher ohne Belang.
150Die in die Ausbreitungsrechnung eingestellten Tierzahlen der Nachbarbetriebe wurden den jeweiligen Baugenehmigungsakten (im Wesentlichen den Bauzeichnungen und - falls vorhanden - den Betriebsbeschreibungen) der Nachbarbetriebe entnommen. Die Bauakten haben dem Senat zur Prüfung vorgelegen. Diese Prüfung hat keine Abweichungen zuungunsten der Kläger ergeben; auch die Kläger behaupten nicht, dass die Genehmigungslage von den Gutachtern unzutreffend ermittelt worden wäre. Soweit auf der Hofstelle H1. bei den Geruchsimmissionsprognosen zunächst ein in den Bauzeichnungen befindlicher Hühnerstall mit einer Größe von etwa 11,5 m2 unberücksichtigt geblieben ist, ist dieses Versäumnis in den vom Senat im Berufungsverfahren angeforderten Ausbreitungsrechnungen nachgeholt worden. Der von den Klägern gewünschten gesonderten Berücksichtigung der Hofstelle L1. bedurfte es nicht. Die Kläger weisen zwar zu Recht darauf hin, dass der Landwirt K. auf der Hofstelle L1. einen Güllehochbehälter nutzt. Dieser Güllehochbehälter ist jedoch als Emissionsquelle bei der Hofstelle K. mit berücksichtigt worden. Anders als die Kläger meinen, ist schließlich auch die Hofstelle H2. in der Ausbreitungsberechnung nicht unberücksichtigt geblieben. Sie ist mit 10 Kühen, 25 Färsen, 3 Pferden, 98 Mastschweinen und zwei Sauen mit Ferkeln sowie einer Festmistplatte eingestellt worden. Auch diese Daten sind den Bauakten entnommen worden. Ob hier tatsächlich - wie die Kläger behaupten - seit Jahren 275 Mastschweine gehalten werden, ist wiederum im Rahmen der Überwachung des Betriebs zu prüfen.
151ff) Nach den Feststellungen des Sachverständigen ergibt sich bei einer im Ergebnis konservativen Mittellung der das Wohnhaus umgebenden Beurteilungsflächen errechneten Werte für die Vorbelastung durch Tierhaltungsgerüche ein Wert von 0,14 / 14 % Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Kläger, mit dem erforderlichen Sicherheitszuschlag ein Wert von 0,15 / 15 %; für die Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage liegt der gemittelte Wert bei 0,03 / 3 % Jahresgeruchsstunden und für die Gesamtbelastung bei 0,17 / 17% Jahresgeruchsstunden. Diese Mittelung ist im vorliegenden Fall notwendig, da - wie bereits ausgeführt - aufgrund der Verwendung der Gebäudemodellierung keine Werte für das Haus selbst ausgegeben werden können.
152b) Die in der Genehmigung vorgenommene Bestimmung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche ist nicht zu beanstanden. Dieser Immissionswert erscheint bei Zugrundelegung der oben angeführten Kriterien insbesondere mit Blick auf die bereits vorhandene Tierhaltung in mehreren Nachbarbetrieben und die damit verbundene landwirtschaftliche Vorprägung der Umgebung angemessen sowie selbst mit Blick auf eine frühere - wohl nur geringfügige - eigene Tierhaltung der Kläger auch ausreichend. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass sich in der straßendorfähnlichen Umgebung nicht nur landwirtschaftliche Betriebe befinden, sondern auch nicht nur ganz vereinzelt reine Wohnnutzung stattfindet. Umstände allerdings, die eine Abweichung von dem Immissionswert für gewerbliche und industrielle Gerüche von 0,15 und eine Festsetzung des Werts auf 0,175 rechtfertigen würden, liegen nicht vor. Die geplante Anlage ist die erste Industrieanlage dieser Art in der Umgebung, so dass weder eine entsprechende Vorbelastung noch eine Prägung der Örtlichkeit durch solche Anlagen vorliegt. Der vom Beklagten angeführte Umstand, dass die Biogasanlage im Außenbereich privilegiert sei, rechtfertigt als solcher allein - wie bei den Tierhaltungsgerüchen - keine Erhöhung des Immissionswerts. Es bleibt damit bei dem Immissionswert von 0,15.
153c) Nach alledem ist die die oben angeführte Prüfregel
154(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
155erfüllt. Es ist damit gewährleistet, dass sowohl der höhere der beiden Immissionswerte als auch jeweils die Immissionswerte für die beiden Geruchstypen eingehalten werden. Im vorliegenden Fall ergibt sich folgende Rechnung:
156(0,03 : 0,15) + (0,15 : 0,20) = 0,2 + 0,75 = 0,95
157Der Wert ist ≤ 1,0.
158Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
159Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
160Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen mit insgesamt 2.412 Mastschweineplätzen.
3Der Beigeladene betreibt auf seiner Hofstelle auf dem Grundstück Gemarkung J. in N. an der Ruhr einen landwirtschaftlichen Betrieb mit derzeit 660 Mastschweineplätzen in einem Stall. Letzterer wurde mit Baugenehmigung vom 5. April 1995 genehmigt. Die Abluftführung erfolgt zurzeit über acht Kamine, deren Oberkante den Dachfirst (Höhe 4,80 m) um 1,50 m überragen. Weiter südlich auf der Hofstelle befindet sich ein Güllehochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 3.350 m³, der von der Beklagten mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Ungefähr 40 m südlich des bestehenden Stalls liegt ein Wohnhaus mit einer Firsthöhe von ca. 12,50 m.
4Der Kläger ist Eigentümer eines ca. 100 m nördlich des Vorhabengrundstücks gelegenen landwirtschaftlichen Betriebs, den er selbst zusammen mit seiner Ehefrau bewirtschaftet und auf dem er auch wohnt. Er hält auf dem Hof ca. 350 Legehennen im Freiland sowie vier Pferde außerhalb eines Stalls. Zwischen den Ställen des Beigeladenen und der Hofstelle des Klägers befinden sich keine weiteren Gebäude.
5Die Hofstellen des Klägers und des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S.“. Dieser setzt für beide Höfe eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in der damals geltenden Fassung fest. Beide Höfe liegen desweiteren im Landschaftsschutzgebiet „S. zwischen N1. und N2. “, welches durch die Ziffer C.2.2.2.20 des Landschaftsplans der Beklagten vom 28. Februar 2005 festgesetzt worden ist. Die Festsetzung erfolgt u. a. zur Erhaltung und Entwicklung eines Freiraums für die siedlungsnahe Erholung im Ballungsraum als Bestandteil des regionalen Freiraumsystems im Ruhrgebiet („Grünzug B“). Nach Ziffer C.2.2.2.20, III. i. V. m. Ziffer C.2.2.1, III. Nr. 4 ist es in dem Landschaftsschutzgebiet u. a. verboten, bauliche Anlagen zu errichten.
6In der näheren Umgebung liegt der landwirtschaftliche Betrieb B. , in dem im Zeitpunkt einer Kontrolle durch den Beklagten im Jahr 2013 fünf Kühe, zwei Kälber und zwei Pferde gehalten wurden. Die zu einem früheren Zeitpunkt noch bestehenden Betriebe O. (15 Kühe) und T. (zwei Pferde) haben die Tierhaltung jedenfalls im Jahr 2013 aufgegeben.
7Am 13. Juli 2011 beantragte der Beigeladene die Erweiterung des bestehenden Betriebs durch ein neues Stallgebäude (Betriebseinheit BE 3) mit 1.752 Mastschweineplätzen, so dass sich eine Gesamtzahl von 2.412 Mastschweineplätzen ergibt. Weiterhin sieht der Antrag die Änderung der Abluftführung für den bestehenden Mastschweinestall (Betriebseinheit BE 1), den Anbau einer Hygieneschleuse, die Abdeckung des bereits vorhandenen Güllehochbehälters (Betriebseinheit BE 2) sowie die Errichtung von vier Futtersilos vor. Ausweislich der Bauvorlagen beträgt die Höhe des Dachfirsts des Stalls BE 3 7,50 m. Die Lüftung erfolgt über sechs in der Mitte des Gebäudes liegende Kamine, die den Dachfirst um 3,00 m überragen.
8Mit dem Antrag legte der Beigeladene ein Geruchs- und Ammoniakgutachten des Ingenieurbüros für Abfallwirtschaft und Immissionsschutz S. & I. vom 9. Mai 2011, ergänzt durch eine Stellungnahme vom 23. März 2012, vor (Gutachten Nummer G-2696-02). Dieses führt unter Punkt 4.3 (immissionsmindernde Maßnahmen) aus, dass für die Betriebseinheiten BE 1 und BE 3 jeweils eine zentrale Abluftführung - bestehend aus maximal 2 bzw. maximal 6 Schächten - auszuführen ist. Diese müsse dem Stand der Technik (mindestens 10 m über Erdboden, mindestens 3 m über First und Mindestaustrittsgeschwindigkeit ganzjährig 7 m/s) entsprechen. Die Immissionen aus dem Güllehochbehälter BE 2 seien durch eine Zeltabdeckung zu mindern.
9Die Beklagte machte das Vorhaben am 15. November 2011 öffentlich bekannt. Die Antragsunterlagen wurden vom 22. November bis 22. Dezember 2011 ausgelegt. Der Kläger erhob am 30. Dezember 2011 Einwendungen. Das Vorhaben, das das Landschaftsbild beeinträchtige, führe insbesondere zu nicht hinzunehmenden Belästigungen durch Gerüche und Bioaerosole an seinem Haus. Außerdem steige durch die höhere Anzahl an Fahrbewegungen, die Ventilatorengeräusche und die Geräusche der Tiere die Lärmbelastung.
10Im weiteren Genehmigungsverfahren legte der Beigeladene eine schalltechnische Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 8. Februar 2012 (Gutachten Nr. L-2696-01) vor, welches neben den Ventilatoren die Tierverladung, die Futteranlieferung, die Verladung von Kadavern, die Abholung von Gülle sowie die Reinigung der Verladezone nebst zugehörigen Fahrgeräuschen berücksichtigt. Für das Wohnhaus des Klägers prognostiziert das Gutachten (IP 2, 2. Obergeschoss) einen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Da das Irrelevanzkriterium nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm erfüllt sei, könne auf die Ermittlung der vorhandenen Geräuschvorbelastung verzichtet werden. Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf der öffentlichen Straße seien nicht zu berücksichtigen. Die Untersuchung der Verkehrsgeräusche gemäß Ziffer 7.4 TA Lärm habe ergeben, dass die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung von 64 dB(A) zur Tagzeit um mindestens 8 dB(A) unterschritten würden. Zu Einhaltung der Immissionsrichtwerte dürften die LKW- und Schlepper-Bewegungen sowie die Verladevorgänge ausschließlich zur Tagzeit stattfinden. Die Schallemissionen der Abluftkamine dürften an der Mündung den Schallleistungspegel vom LWA = 75 dB(A) am Stall BE 1 und LWA = 78 dB(A) am Stall BE 3 je Abluftschacht nicht überschreiten.
11Mit Bescheid vom 3. Dezember 2012 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Gemäß Ziffer II.B.2.1.1 des Genehmigungsbescheids ist die Anlage so zu betreiben, dass am Haus des Klägers ein Immissionswert von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts um mindestens 6 dB(A) unterschritten wird. Einzelne Geräuschspitzen dürfen diese Begrenzung um nicht mehr als 30 dB(A) tags und 20 dB(A) nachts überschreiten. Nach der Auflage 2.1.3 sind die Schallemissionen an den Mündungen der Abluftkamine für den Stall BE 1 maximal auf LWA = 75 dB(A) und für den Stall BE 3 maximal auf LWA = 78 dB(A) zu begrenzen. Geräuschrelevante betriebliche Tätigkeiten sind nach der Auflage 2.1.4 zur Nachtzeit grundsätzlich untersagt. In Ausnahme hiervon darf die Verladung von Tieren bei sommerlichen Witterungsbedingungen aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit erfolgen. Nach der ursprünglichen Fassung der Auflage 2.1.5 sollte die Anzahl der Ausnahmen zehn Nächte im Kalenderjahr nicht überschreiten. Mit Schriftsatz vom 2. November 2015 hat der Beklagte die Formulierung dahingehend geändert, dass mehr als 10 Nächte im Kalenderjahr nicht überschritten und Ausnahmen an nicht mehr als zwei Wochenenden hintereinander in Anspruch genommen werden dürfen.
12Im Hinblick auf die Geruchsimmissionsbelastung legt der Genehmigungsbescheid in der Auflage 2.2.1 fest, dass die von dem Vorhaben insgesamt verursachten Geruchsimmissionen an den „umliegenden Wohnhäusern“ entsprechend dem Immissionsgutachten vom 9. Mai 2011 die belästigungsrelevante Kenngröße IGb = 0,09 nicht überschreiten dürfen. Die Abluftkamine müssen den jeweiligen Dachfirst um mindestens 3 m überschreiten; eine Emissionshöhe von 10 m über Grund darf nicht unterschritten werden (Auflage 2.2.3). Nach Auflage 2.2.5 muss die Austrittsgeschwindigkeit in allen Betriebszuständen mindestens 7 m/s betragen. Gemäß Auflage 2.2.6 müssen die Ableitungsbedingungen an den Ställen BE 1 und BE 3 gemäß den Vorgaben des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 ausgeführt werden. Für den Güllehochbehälter BE 2 schreibt die Auflage 2.2.11 die Abdeckung mit einem Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane vor, welche im Vergleich zu einem Zustand ohne Abdeckung eine Minderung von mindestens 80 % der Geruchs- und Ammoniakemissionen herbeiführt.
13Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Beigeladene weitere Geruchsimmissionsprognosen vom 8. November 2013 und 29. Oktober 2015 (Gutachten Nr. G-2696-06) vorgelegt. Aus letzterer ergibt sich für das klägerische Wohnhaus eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung (mit Abluftfahnenüberhöhung und 100 % Turbulenz) von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung beträgt die Gesamtbelastung 0,15 Jahresgeruchsstunden.
14Gegen den Genehmigungsbescheid hat der Kläger am 31. Dezember 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend macht: Der Genehmigungsbescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die Erteilung der Genehmigung sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen sei. Eine Prüfung möglicher Beeinträchtigungen durch Bioaerosole sei nicht erfolgt. Gleiches gelte für die Prüfung, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB handele und ob ausreichend Lagerkapazität für Gülle beider landwirtschaftlichen Betriebe vorgehalten werde. Dies gelte umso mehr, als der Beigeladene selbst angegeben habe, in dem Güllehochbehälter auch Abfälle aus seiner Biogasanlage in F. -L. zu lagern. Schließlich habe die Beklagte das Vorhaben zu früh öffentlich bekannt gemacht. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG habe die Bekanntmachung erst dann zu erfolgen, wenn die Unterlagen vollständig seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Das schalltechnische Gutachten habe noch nicht vorgelegen.
15Das Vorhaben sei auch materiell rechtswidrig. Es drohe eine gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole. Insoweit entspreche das Vorhaben nicht dem Stand der Technik, der bei einer Haltung von 2.000 oder mehr Mastschweinen den Einbau von Abluftreinigungsanlagen umfasse. Weiterhin gehe von dem geplanten Vorhaben eine erhebliche Belästigung durch Geruchsimmissionen aus. Laut dem vorgelegten Geruchsgutachten sei für das Grundstück des Klägers - bei Einbeziehung der Eigenvorbelastung des Klägers - mit einer Gesamtbelastung von bis zu 0,79 zu rechnen. Selbst ein im Einzelfall anzunehmender Immissionswert von 0,25 werde damit bei weitem überschritten. Eine Beschränkung der Geruchsimmissionen könne auch nicht durch die Nebenbestimmung 2.2.1 erfolgen. Diese könne keinesfalls eingehalten werden. Die Nebenbestimmung 2.2.11 erweise sich als in nachbarrechtlicher Hinsicht zu unbestimmt, weil diese die Abdeckung des Güllehochbehälters mit einem Zeltdach vorsehe, während der Genehmigungsbescheid unter Punkt II.1. die Abdeckung durch ein Festdach bestimme.
16Der Kläger hat beantragt,
17die dem Beigeladenen durch die Beklagte erteilte Genehmigung vom 3. Dezember 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen gemäß Ziffer 7.1 g) des Anhangs zur 4. BImSchV auf dem Grundstück N3. Straße in N. aufzuheben.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung hat sie vorgetragen: Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Gesundheit des Klägers durch Bioaerosole lägen nicht vor. Erhebliche Belästigungen durch Ammoniak würden nicht hervorgerufen. Unzumutbare Geruchsbeeinträchtigungen seien nicht zu befürchten. Vorbelastungen auf dem Grundstück des Klägers durch eigene Emissionsquellen seien im Rahmen der Geruchsimmissionsprognose nicht zu berücksichtigen. Die Immissionsgesamtbelastung IGb überschreite den Wert von 0,10 im Planzustand nicht. Bestimmtheitsmängel lägen nicht vor. Bei der Bezeichnung der Abdeckung des Güllehochbehälters mit den Begriffen „Festdach“ und „Zeltdach“ handele sich um technische Fachbegriffe, wobei der Begriff „Zeltdach“ der genauere und von dem anderen umfasst sei. Die von dem Kläger angeführte Lagerung von Gärrückständen im Güllehochbehälter sei nicht Bestandteil der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.
21Der Beigeladene hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt, eine Rechtsverletzung durch die Bekanntmachung des Vorhabens zu einem Zeitpunkt, an dem das Lärmgutachten noch nicht vorgelegen habe, sei nicht gegeben. Eine Abschätzung der zu erwartenden Geräuschimmissionen sei auch aufgrund der ausgelegten Unterlagen möglich gewesen. Jedenfalls sei diese Frage ohne Einfluss auf das Ergebnis geblieben. Angesichts der Schallprognose sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die begehrte Genehmigung zu erteilen. In die Geruchsvorbelastung sei die Eigenbelastung nicht einzubeziehen. Damit werde am Wohnhaus des Klägers ein Immissionswert von 0,15 eingehalten. Selbst eine Belastung von mehr als 0,25 Jahresgeruchsstunden sei aufgrund der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls nicht als erheblich einzustufen. Hinsichtlich der Ammoniak- und Bioaerosolbelastung sei eine Verletzung drittschützender Normen nicht ersichtlich. Bauplanungsrechtlich sei das Vorhaben nach §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB privilegiert zulässig.
24Das Verwaltungsgericht hat den Genehmigungsbescheid vom 3. Dezember 2012 mit Urteil vom 10. März 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen zulasten des Klägers aus. Die eigene Vorbelastung des Klägers sei bei der Geruchsprognose nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) zu berücksichtigen, so dass sich auf der Grundlage des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 eine Gesamtbelastung im Planzustand von bis zu 0,56 Jahresgeruchsstunden ergebe. Das Geruchsgutachten beziehe die Eigenbelastung aber nicht ausdrücklich ein und stelle daher keine Grundlage einer auf der sicheren Seite liegenden Beurteilung dar. Das nachträglich vorgelegte Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei von der Beklagten nicht wirksam zum Bestandteil des Genehmigungsbescheids gemacht worden. Eine Überschreitung des für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltenden Wertes von 0,25 Jahresgeruchsstunden sei nicht möglich; es handele sich um eine absolute Obergrenze. Jedenfalls fehle es aber an einer Auseinandersetzung mit den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls im Genehmigungsbescheid, welche schon für eine Anhebung des Wertes über 0,15 erforderlich sei.
25Gegen das Urteil haben der Beklagte und der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
26Zu ihrer Begründung führt die Beklagte aus: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats seien selbst verursachte Vorbelastungen bei der Ermittlung der Geruchsbelastung nicht zu berücksichtigen. Für den hier betroffenen Außenbereich sei der Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 Jahresgeruchsstunden bezogen auf Tierhaltungsgerüche anzuwenden. Gemäß der Rechtsprechung des Senats fielen hierunter auch Gerüche aus gewerblicher Tierhaltung. Dieser Immissionswert werde ausweislich des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 in der Fassung der Ergänzung vom 29. Oktober 2015 nicht überschritten. Für den zum ständigen Aufenthalt von Menschen vorgesehenen Wohnbereich auf dem Grundstück des Klägers liege die maximale Immissionsgesamtbelastung ohne Eigenbelastung des Klägers bei maximal 0,15. Die Geruchsberechnung sei in ihrer ergänzten Fassung zu berücksichtigen. Dass sie erst im laufenden gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden sei, stehe dem nicht entgegen. Insbesondere seien Gutachten nicht gemäß § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG bekanntzumachen. Im Übrigen liege in allen Varianten des Gutachtens die Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung beim Kläger nicht über 0,15.
27Die Beklagte beantragt,
28das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
29Der Beigeladene macht zur Begründung der Berufung geltend: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder erheblichen Belästigungen zulasten des Klägers aus. Die Zumutbarkeit der zu erwartenden Geruchsimmissionen ergebe sich aus der vorgelegten Prognose, die auf der sicheren Seite liege. Vorliegend sei für die Gerüche, die nach der Rechtsprechung des Senats solche landwirtschaftlicher Art seien, unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ein Immissionswert von 0,25 maßgeblich. Selbst der Immissionswert von 0,15, der im Außenbereich auf jeden Fall für landwirtschaftliche Gerüche gelte, werde eingehalten.
30Der Beigeladene beantragt,
31das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
32Der Kläger beantragt,
33die Berufungen zurückzuweisen.
34Zur Begründung seines Antrags führt er an: Der Genehmigungsbescheid lege fest, dass an umliegenden Wohnhäusern ein Immissionswert von 0,09 nicht überschritten werden dürfe. Dies sei nach der vorgelegten Immissionsprognose bezogen auf sein Wohnhaus aber der Fall. Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtige im Übrigen die Lagerung von Gärresten im Güllehochbehälter nicht. Insoweit komme es auf die tatsächliche, nicht die genehmigte Nutzung an. Entgegen der Auffassung des Senats sei bei der Ermittlung der Gesamtbelastung auch die Eigenbelastung einzubeziehen. Ein anderes Verständnis widerspreche den Grundzügen des Immissionsschutzrechts. Die so berechnete Gesamtbelastung liege deutlich über 0,15 Jahresgeruchsstunden. Die besonderen Randbedingungen des Einzelfalls habe die Beklagte im Genehmigungsbescheid nicht erörtert. Jedenfalls eine vollständige Nachholung im gerichtlichen Verfahren sei nicht möglich. Das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei nicht verwertbar. Der Beklagte habe das Ergänzungsgutachten ausdrücklich zum Teil der Genehmigung gemacht, eine Bekanntgabe nach § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG aber unterlassen.
35Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2015 verwiesen.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des vormaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Die Berufungen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung zu. Der Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2012 verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Sowohl hinsichtlich der unterbliebenen Auslegung des Schallimmissionsgutachtens (dazu I.) als auch der von dem Kläger gerügten mangelnden Sachverhaltsaufklärung (dazu II.) sind etwaige Fehler jedenfalls unbeachtlich.
40I. Ob die Auslegung des Antrags des Beigeladenen nebst den bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Unterlagen durch die Beklagte gegen § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG verstoßen hat, weil die Schallimmissionsprognose noch nicht vorgelegen hat, kann dahinstehen. Hieraus kann der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
41vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174,
42führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Norm die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Hat ein Betroffener trotz einer (möglichen) Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also diesbezügliche Einwendungen erhoben, hat der geltend gemachte Verfahrensfehler in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1487/14 -, juris Rn. 52; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
44Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat am 2. Januar 2012 bei der Beklagten schriftlich Einwendungen angebracht. Hierzu zählen auch Bedenken gegen die von dem Vorhaben einschließlich des anlagenbezogenen Verkehrs ausgehende Lärmbelästigung (von der Beklagten als Einwendung Nr. 9 gekennzeichnet). Diese Bedenken verfolgt der Kläger im gerichtlichen Verfahren weiter. Dass der Kläger durch das fehlende Schallimmissionsgutachten gehindert gewesen wäre, seine Einwände in Bezug auf die Geräuschimmissionen vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
45II. Die von dem Kläger gerügte mangelnde Aufklärung des Sachverhalts (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) führt ebenfalls nicht zur Aufhebung des erteilten Genehmigungsbescheids. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Verstoß vorliegt, führt er nach § 46 VwVfG NRW nicht zur Aufhebung, weil offensichtlich ist, dass die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst worden ist. Die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG eine gebundene Entscheidung. Wird der Kläger - wie nachfolgend ausgeführt - durch die Erteilung der Genehmigung materiell nicht in seinen Rechten verletzt, kann sich ein eventueller Aufklärungsmangel nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls nicht zu seinen Lasten ausgewirkt haben. Insoweit tritt die Pflicht zur Amtsermittlung des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) an die Stelle der behördlichen Aufklärungspflicht.
46Vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 24 Rn. 59; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2015, § 24 Rn. 36; Ziekow, VwVfG, 3. Auflage 2013, § 24 Rn. 19; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1987 - 1 C 29.85 -, BVerwGE 78, 285 = juris Rn. 33.
47B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus. Die von dem Vorhaben ausgehenden Geruchsimmissionen stellen für den Kläger keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar (dazu I.). Die mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Lärmimmissionen überschreiten die zulässigen Grenzwerte nicht (dazu II.). Ein subjektives öffentliches Recht auf Festlegung von Immissionsobergrenzen für Bioaerosole (dazu III.) und Ammoniak (dazu IV.) kommt dem Kläger nicht zu. Der Kläger kann sich nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan berufen (dazu V.). Gleiches gilt auch für eine Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans (dazu VI.).
48I. Die an dem Wohnhaus des Klägers zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Zum Zwecke der Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchsimmissionen kann auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zurückgegriffen werden (dazu 1.). Auf dieser Grundlage ergibt sich keine erhebliche Geruchsbelastung am Wohnhaus des Klägers (dazu 2.).
491. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
50Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
51In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., und vom 1. Juni 2015 - 1760/13 -, juris Rn. 51, sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
53Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
54vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
55bei der aus der Vorbelastung (dazu a) und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse (dazu b) und einer Abluftfahnenüberhöhung (dazu c) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Geruchsbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu d).
56a) Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
57Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die bisherige Praxis die Eigenbelastung grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liegt unausgesprochen auch dem Konzept GIRL zugrunde.
58Nach der Auffassung des Senats sprechen überwiegende Gründe dafür, die Eigenbelastung nicht zu berücksichtigen. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind landwirtschaftliche Hofstellen teilweise - wie im Fall des Klägers - aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung kommt ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z. B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
59Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 8 A 1760/13 -, juris Rn. 58 ff.
60Die von dem Kläger vorgebrachten Einwendungen vermögen diese Erwägungen nicht in Frage zu stellen; der Senat hat sie bereits in seiner vorgenannten Entscheidung berücksichtigt.
61b) Nach Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) sind bei einer gebäudenahen Abluftführung die nicht auszuschließenden Einflüsse der Bebauung auf der windzugewandten Seite des Emissionspunkts („Luv-Seite“) auf die Immissionen zwingend zu berücksichtigen. Insoweit sind alle Gebäude in den Blick zu nehmen, deren Abstand von der jeweiligen Emissionsquelle geringer ist als das 6fache der Schornsteinbauhöhe.
62Für die Fälle, in denen entweder die Schornsteinhöhe mehr als das 1,2fache der Höhen der Gebäude beträgt oder die Gebäude, für die diese Bedingung nicht erfüllt ist, einen Abstand von mehr als dem 6fachen ihrer Höhe von der Emissionsquelle haben, regelt die TA Luft (2002) ausdrücklich, auf welche Weise die Gebäudeeinflüsse zu ermitteln sind. Beträgt die Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhen, ist die Berücksichtigung der Bebauung - bei einer Modellierung des Abluftkamins als Punktquelle - durch Rauhigkeitslänge und Verdrängungshöhe ohne Berücksichtigung der Gebäude ausreichend. Beträgt die Schonsteinbauhöhe weniger als das 1,7fache (aber mehr als das 1,2fache) der Gebäudehöhen und ist eine freie Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden. Solange ein solches Windfeldmodell noch nicht existiert, kann ein anderes Windfeldmodell verwendet werden, dessen Eignung der obersten Landesbehörde nachgewiesen worden ist. Das LANUV NRW empfiehlt in diesen Fällen als Alternative die Modellierung eines Ersatzquellensystems, in dem die Quellen eine künstliche vertikale Ausdehnung erhalten. Die Modellierung der gebäudenahen Emissionsquellen als vertikale Linienquellen ‑ mit einer Ausdehnung grundsätzlich bis zum Erdboden - simuliert die Um- und Überströmung der Gebäude auf der Luv-Seite und deren Auswirkungen auf die Ausbreitungsrechnung, weil - anders als bei einer Modellierung der Quellen als Punktquellen - die gemessenen Konzentrationen in der Regel überschätzt würden. Um allerdings eine zu hohe Überschätzung auszuschließen, sind bei Quellkonfigurationen, bei denen die Höhe der Emissionsquellen größer ist als das 1,2fache der Gebäude (einschließlich des Gebäudes, auf dem sie stehen), die Emissionen gleichmäßig auf den oberen halben Quellbereich zu verteilen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, juris Rn. 78; vgl. auch: Hartmann u.a., Untersuchungen zum Verhalten von Abluftfahnen landwirtschaftlicher Anlagen in der Atmosphäre, Langfassung zum Jahresbericht 2003, Seite 5 und 6, abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/veröf-fentlichungen/jahresberichte.
64c) Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
65Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
66kann im Allgemeinen eine Überhöhung der Abluftfahne angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First ist, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) auf der windabgewandten Seite („Lee-Seite“) im weiteren Umkreis um die Quelle - in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem 10fachen, nach der an die Regelungen in Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) angelehnten Praxis des LANUV NRW auch schon entsprechend dem 6fachen der Quellhöhe - ausgeschlossen ist.
67Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 65, und vom 12. August 2015 - 8 A 1799/14 -, juris Rn. 87.
68d) Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt für landwirtschaftliche Gerüche ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich wird dabei für landwirtschaftliche Gerüche der für Dorfgebiete anzusetzende Wert angenommen.
69Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 1760/13 -, juris Rn. 53, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31 und vom 21. September 2012 ‑ 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 3.
70In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
71Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
72Gleiches gilt auch, wenn es sich bei dem Gebiet hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Art der baulichen Nutzung nicht um Außenbereich i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB, sondern um eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG bzw. nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB handelt. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus Tierhaltungsanlagen besteht ‑ jedenfalls soweit keine weitergehenden Festsetzungen getroffen worden sind ‑ kein Unterschied zwischen durch Bebauungsplan festgesetzten Flächen für die Landwirtschaft und dem Außenbereich, in dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB landwirtschaftliche Betriebe privilegiert zulässig sind. Bauplanerisch für die Landwirtschaft festgesetzte Flächen sind ebenso wie der Außenbereich als Standorte für stark emittierende (landwirtschaftliche) Betriebe vorgesehen. In diesen Gebieten muss wie im landwirtschaftlich genutzten Außenbereich mit Gerüchen (und anderen Immissionen) gerechnet werden, die etwa durch die Tierhaltung üblicherweise entstehen.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 8 ff.; vgl. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Band I, Stand: 1. August 2015, § 9 Rn. 148.
742. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen aus. Die Geruchsimmissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 9. Mai 2011 in der Fassung des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 sowie der im Berufungsverfahren vorgelegten ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 sind verwertbar (dazu a). Auf ihrer Grundlage überschreitet die zu erwartende Geruchsgesamtbelastung IGb (dazu b) den vorliegend anzusetzenden Immissionswert IW = 0,15 mit der erforderlichen Sicherheit nicht (dazu c).
75a) Die Geruchsimmissionsprognose vom 8. Mai 2011 ist vorliegend einschließlich des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 verwertbar. Zur Bestimmung der zu erwartenden Geruchsbelästigung sind auch solche Gutachten heranzuziehen, die erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegt oder eingeholt worden sind. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die jedenfalls zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris Rn. 22, vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 3. August 2012 ‑ 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 20.
77Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es insoweit keiner Einbeziehung des Gutachtens in den Genehmigungsbescheid. Eine solche ist nur notwendig, soweit immissionsrelevante Voraussetzungen und Grundlagen des Gutachtens Teil des Genehmigungsbescheids selbst werden sollen.
78b) Die sich auf der Grundlage der vorgelegten Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 nebst Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 ergebende Gesamtbelastung IGb überschreitet den maßgeblichen Immissionswert IW nicht. Der Immissionswert IW ist im vorliegenden Fall jedenfalls mit 0,15 Jahresgeruchsstunden anzusetzen (dazu aa). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einhaltung des in der Auflage 2.2.1 bestimmten Immissionswertes von maximal 0,09 (dazu bb). Die Geruchsimmissionsprognose nebst ihren Ergänzungen gibt für die Rasterflächen, die über dem Wohnhaus des Klägers liegen oder dieses zumindest berühren, eine Gesamtbelastung IGb ohne Berücksichtigung der Eigenbelastung des Klägers und mit Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung, deren Voraussetzungen nach der Überzeugung des Senats vorliegen, von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Selbst ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung wird der Immissionswert von 0,15 nicht überschritten. Das Gutachten stellt die Emissionsquellen einschließlich des Ansatzes einer Abluftfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 nachvollziehbar dar (dazu cc). Die Verwendung der Begriffe „Festdach“ bzw. „Zeltdach“ für die Abdeckung des Güllehochbehälters BE 2 führt nicht zu einer Unbestimmtheit des Genehmigungsbescheids, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann (dazu dd). Die Darstellung der Immissionssituation auf der Hofstelle des Klägers ist - auch bei Betrachtung der ansonsten nicht zu berücksichtigenden Eigenbelastung des Klägers - plausibel (dazu ee).
79aa) Für das Wohnhaus ist ein Immissionswert IW = 0,15 maßgeblich. Die Hofstelle des Klägers liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S2. N. “ vom 3. Oktober 1962 des damaligen Planungsträgers. Dieser setzt als einfacher Bebauungsplan an dieser Stelle eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG fest. Überschreitet das geplante Vorhaben einen Wert von 0,15 nicht, bedarf die Frage, ob aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswertes auf bis zu 0,25 möglich ist, keiner Erörterung.
80bb) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der in der Auflage 2.2.1 festgelegte Wert IGb = 0,09 an seinem Haus nicht überschritten wird. Dabei kann offen bleiben, ob der Begriff der „umliegenden Wohnhäuser“ in der Auflage dahingehend auszulegen ist, dass hiervon zu landwirtschaftlichen Hofstellen gehörende Wohnhäuser nicht erfasst werden. Der die Schwelle der erheblichen Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (die, wie ausgeführt, hier bei einem Immissionswert von 0,15 anzusetzen ist) unterschreitende Wert von 0,09 ist dem Bereich der Vorsorge gegen erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Ein subjektiver Anspruch auf Einhaltung von Vorsorgeanforderungen besteht nicht.
81BVerwG, Urteile vom 18. Mai 1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313 = juris Rn. 22, und vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, BVerwG, sowie Beschluss vom 16. Januar 2009 - 7 B 47.08 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 27 = juris Rn. 11;Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2014, § 5 Rn. 121; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015 § 5 BImSchG Rn. 163.
82cc) Die zu berücksichtigenden Geruchsquellen werden einschließlich der angesetzten Geruchsfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 durch die Geruchsimmissionsprognose jedenfalls im Ergebnis zutreffend erfasst.
83Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtigt für den neu zu errichtenden Stall BE 3 1.752 Mastschweineplätze, für den bereits errichteten Stall BE 1 660 Mastschweineplätze. Die Voraussetzungen für die Annahme einer (kinetischen) Abluftfahnenüberhöhung liegen vor. Entsprechend den gemäß Ziffer II.3. der Genehmigung i. V. m. Anlage 1, Ziffer 4 „Grundriss, Schnitt Ansichten“ zum Teil der Genehmigung gemachten Bauvorlagen liegen die Oberkanten der sechs Abluftkamine des Stalls BE 3 10,50 m über Grund und 3,00 m über First. Dies erfüllt die Anforderungen der Auflage 2.2.3 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012. Die Änderung der Abluftführung des Stalls BE 1 ergibt sich nicht aus den Bauvorlagen. Die Einhaltung der Mindestvoraussetzungen für die Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung folgt aber hinsichtlich der Höhe der Abluftkamine und des Gebäudes aus der Nebenbestimmung 2.2.3.
84Die Mindestabluftgeschwindigkeit hat ausweislich der Nebenbestimmung 2.2.5 in allen Betriebszuständen ständig mindestens 7 m/s zu betragen. Die Modellierung dieser Quellen als vertikale Linienquellen in voller Quellhöhe zur Berücksichtigung der Gebäudeeinflüsse in dem Ergänzungsgutachten vom 29. Oktober 2015 stimmt mit der vom LANUV NRW empfohlenen Handlungsweise überein. Die Emissionspunkte weisen nicht das 1,2fache der Höhe der umliegenden landwirtschaftlichen (Bestands-) Gebäude auf. Jedenfalls dem südlich gelegenen Wohnhaus kommt für die Frage der hindernisfreien Anströmung der Emissionsquellen im Verhältnis zum klägerischen Wohnhaus Bedeutung zu. Auswirkungen auf die für die Abluftfahnenüberhöhung notwendige freie Abströmung hat das auf der Luv-Seite stehende Gebäude hingegen nicht. Selbst wenn man aber aus diesem Grund auch die Abluftfahnenüberhöhung beider Ställe unberücksichtigt ließe, läge ausweislich der Ausbreitungsrechnung die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei 0,15.
85Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine eventuell von der Genehmigungslage abweichende tatsächliche Nutzung des Güllehochbehälters für die Lagerung von Gärresten aus der Biogaserzeugung bei der Ermittlung der maßgeblichen Emissionen nicht zu berücksichtigen. Insoweit kommt es allein auf die Genehmigungslage an. Etwaige Abweichungen sind von der Beklagten im Rahmen der laufenden Überwachung zu untersuchen und abzustellen.
86Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 ‑ 8 A 799/14 -, juris Rn. 144.
87Soweit der Kläger zutreffend darauf hingewiesen hat, dass in der Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 für den landwirtschaftlichen Betrieb B. vier Pferde angesetzt worden sind, in der Berechnung vom 29. Oktober 2015 hingegen nur zwei, kann offenbleiben, ob - in Übereinstimmung mit der im Jahr 2013 von der Beklagten festgehaltenen tatsächlichen Situation - lediglich die Haltung zweier Pferde bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Der Ansatz von vier Pferden würde nicht zu einer anderen Bewertung führen. Selbst wenn man - unter Außerachtlassung der erheblichen Entfernung zwischen Emissions- und Immissionspunkt - die Geruchsstundenhäufigheit im Verhältnis des Anteils zweier Pferde an der Gesamtheit der Geruchseinheiten erhöhen würde, wäre die sich ergebende Gesamtbelastung von 15,05 % Jahresgeruchsstunden auf 15 % zu runden.
88Vgl. zur Anwendung der Rundungsregel auf die Gesamtbelastung OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 69.
89dd) Die Beschreibung der geplanten Abdeckung des bestehenden Güllehochbehälters BE 2 unter Ziffer II.1. (Gegenstand der Genehmigung), drittes Aufzählungszeichen, als „Festdach“ und in der Nebenbestimmung 2.2.11 als „Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane“ führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit des Genehmigungsbescheids i. S. d. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann.
90Vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 ‑ 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44.
91Selbst wenn in der Nebenbestimmung 2.2.11 nicht nur eine inhaltliche Konkretisierung des generelleren Begriffs des Festdachs liegen sollte, weicht dies von der in dem Gutachten vorausgesetzten Emissionssituation jedenfalls nicht nachteilig ab. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass der textliche Teil der Geruchsimmissionsprognose lediglich eine Zeltabdeckung als immissionsmindernde Maßnahme vorsieht. Dies entspricht dem Ansatz der Ausbreitungsrechnung, welche den Güllehochbehälter als Emissionsquelle ebenfalls mit einer Zeltabdeckung berücksichtigt.
92ee) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erweist sich die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose nicht deshalb als unplausibel, weil sie die Immissionssituation in dem Gutachten vom 9. Mai 2011 und dem Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 in nicht nachzuvollziehender Weise unterschiedlich darstellt. Berücksichtigt man bei der Betrachtung der Immissionssituation auch die Eigen-Vorbelastung, verschiebt sich der Schwerpunkt der Geruchsbelastung auf der Hofstelle des Klägers Richtung Osten. Während das Gutachten vom 9. Mai 2011 - aus der dem Gutachten angehängten LOG-Datei erkennbar - einen Tierbesatz von 500 Masthähnchen und fünf Pferden in dem unmittelbar nördlich an das Wohnhaus anschließenden Gebäude ansetzt, berücksichtigt das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 350 Legehennen in Bodenhaltung im Stall und mit Auslauffläche sowie 4 Pferde östlich des Wohnhauses. Hinzu kommt die Aufgabe der Tierhaltung auf den landwirtschaftlichen Hofstellen O. und T. . Berücksichtigt man desweiteren die maßgeblichen Windverhältnisse (Hauptwindrichtung Südwest), erscheint eine Reduzierung der Immissionsbelastung im Plan-Zustand nordwestlich des Wohnhauses von 0,79 bzw. 0,56 auf 0,19 bzw. 0,17 (Plan-Zustand in dem Gutachten vom 8. November 2013) ohne weiteres plausibel. Gleichzeitig steigt östlich des Wohnhauses des Klägers unter Berücksichtigung der Eigenbelastung die Geruchsbelastung sowohl im Ist- wie auch im Planzustand auf bis zu 0,99 an.
93Die Geruchsimmissionsprognose ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht unplausibel, weil die westlich der Wohnhäuser N3. Straße und liegenden Rasterflächen auf der Basis des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 Geruchsimmissionen in Höhe von 0,10 Jahresgeruchsstunden aufweisen. Unabhängig von der Frage, ob diese Immissionswerte an Orten erreicht werden, die dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, vermag eine Überschreitung des in der Nebenbestimmung 2.2.1 festgesetzten Wertes die Plausibilität des Gutachtens als solche nicht in Frage zu stellen. Die Nebenbestimmung ist nicht Teil des Gutachtens, sondern ist getrennt von ihr zu betrachten.
94II. Die von dem Betrieb der Schweinemast einschließlich des zurechenbaren An- und Abfahrtverkehrs ausgehenden Geräuschimmissionen stellen für den Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen schädlich i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird durch die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998 (GVBl. S. 503) bestimmt. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet. Weder im Regelbetrieb (dazu 1.) noch bei ausnahmsweise erfolgender nächtlicher Tierverladung (dazu 2.) werden die Immissionsrichtwerte überschritten.
951. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Bewohnern des Außenbereichs von genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen (vgl. Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c) TA Lärm) im Regelbetrieb ausgehende Lärmimmissionspegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 der TA Lärm festgelegten Immissionsrichtwerte zuzumuten sind.
96Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 ‑ 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn. 102 f., m. w. N., sowie Beschlüsse vom 23. Januar 2008 - 8 B 215/07 -, ZNER 2008, 89 = juris Rn. 38, vom 3. Mai 2012 - 8 B 1458/11 u. a. -, juris Rn. 35, und vom 16. Mai 2013 - 8 A 2893/12 -, juris Rn. 16.
97Für durch einfachen Bebauungsplan festgesetzte Flächen für die Landwirtschaft, die in Nr. 6.1 Satz 1 TA Lärm ebenfalls nicht ausdrücklich erwähnt sind, gilt jedenfalls ohne weitere zu berücksichtigende bauplanerische Festsetzungen nichts anderes.
98Vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 23. Februar 2001 - 4 L 56/01.NW -, juris Rn. 18, unter Bezugnahme auf die ebenfalls unter Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm zu fassenden Dorfgebiete.
99Die schalltechnische Immissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 8. Februar 2012 setzt sowohl während der Tag- wie der Nachtzeit den Betrieb von Ventilatoren zur Entlüftung der Ställe BE 1 und BE 3 mit einem maximalen Schallleistungspegel vom max. 75 bzw. 78 dB(A) an. Während der Tagzeit berücksichtigt die Schallimmissionsprognose eine Verladung lebender Tiere nebst nachgehender Reinigung der Verladefläche, eine Futtermittelanlieferung mittels LKW, eine Kadaverabholung mittels LKW, 20 Schlepperbewegungen (jeweils An- und Abfahrt) für den Gülletransport einschließlich Pumpenbetrieb sowie 40 PKW-Bewegungen. Auf dieser pessimalen Grundlage prognostiziert das Lärmgutachten am Haus des Klägers (Immissionspunkt IP 2, 2. Obergeschoss) einen anlagenbezogenen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Die Berücksichtigung anderer, nicht anlagenbezogener Geräuschquellen als Vorbelastung konnte nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm unterbleiben, weil die anlagenbezogene Zusatzbelastung die sich aus Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerte um mehr als 6 dB(A) unterschreitet. Diese Unterschreitung um mindestens 6 dB(A) schreibt die Auflage 2.1.1 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012 fest.
1002. Die ausnahmsweise zulässige Verladung von Tieren aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit bei sommerlichen Witterungsbedingungen nach der Nebenbestimmung 2.1.5 der Genehmigung vom 3. Dezember 2012 in der durch den Schriftsatz vom 2. November 2015 geänderten Fassung führt nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Lärmgrenzwerte. Nach Nr. 7.2 TA Lärm können in der Genehmigung Überschreitungen der Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1 und 6.2 zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb der Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte auch bei Einhaltung des Stands der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Derartige Besonderheiten liegen in den Anforderungen des Tierschutzes an die Verladung der Tiere bei besonders warmen Witterungslagen. Die strikte Beschränkung auf maximal zehn Tage und zwei aufeinanderfolgende Wochenenden wird (nunmehr) eingehalten. Der für seltene Ereignisse nach Nr. 6.3 Satz 1 TA Lärm geltende Immissionsrichtwert von 55 dB(A) nachts wird in diesem Fall für die lauteste Nachtstunde nach TA Lärm 6.4 nicht überschritten. Der über 60 Minuten anzusetzende (höchste) Schallleistungspegel Lw = 105 dB(A) für die Tierverladung führt bei isolierter Betrachtung ausweislich der Lärmimmissionsprognose am Immissionspunkt IP 2 zu einem Teilpegel von 35,8 dB(A). Auch unter Berücksichtigung des zusätzlichen Lüftergeräuschs (Teilpegel 32,8 dB(A)) wird der insoweit maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) sicher um mehr als 6 dB(A) unterschritten.
101III. Der Kläger ist durch die fehlende Festsetzung eines Immissionsgrenzwerts für Bioaerosole nicht in seinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt. Schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole sind vorliegend nicht zu erwarten.
102Unter Bioaerosolen ist nach der Definition in der VDI-Richtlinie 4255 die Summe aller im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln zu verstehen, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte (z.B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. die diese beinhalten oder bilden. Immissions- oder Emissionswerte sieht die TA Luft insoweit nicht vor; insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenz- oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 52, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53, vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -,juris Rn. 33, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
104Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend nicht erkennbar.
105Allerdings spricht gegenwärtig weiterhin Erhebliches dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 22 ff., vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 58, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 55, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 33; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 91; zur Darstellung der Problematik vgl. auch die Internetdokumentation des LANUV NRW unter "Bioaerosole", "Wirkungen von Bioaerosolen" und "Gesundheitliche Wirkungen von Stall-Luft-Komponenten aus Tierhaltungsbetrieben"; Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007; Antwort der Bundesregierung vom 7. Dezember 2006 auf eine Kleine Anfrage zu geplanten Schweinemastgroßanlagen in Deutschland, BT-Drs. 16/3759, Antwort zu den Fragen 12 und 13.
107Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind indessen nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Messtechnische Untersuchungen, die das LANUV NRW seit dem Jahr 2007 an Schweine- und Legehennenställen betreibt, haben ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter - insbesondere von Staphylokokken und Bakterien - an der Lee-Seite eines Legehennenstalls (ca. 300 Großvieheinheiten) gegenüber der Luv-Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass bei derartigen Entfernungen auch mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Die ermittelten Immissionskonzentrationen lagen nach Einschätzung des LANUV NRW auf einem "vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden."
108Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 60 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 57 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 37 ff., jeweils unter Bezugnahme auf Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
109Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können allerdings Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein.
110Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 ‑ 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 12 (zu Nanopartikeln).
111Vor diesem Hintergrund bezeichnet die VDI-Richtlinie 4250 Blatt 1 (Bioaerosole und biologische Agenzien, Umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosol-Immissionen) in Nr. 7 jede Erhöhung der Immissionskonzentration gegenüber den Hintergrundwerten als "umwelthygienisch unerwünscht", fügt aber hinzu, dass dabei das Gesundheitsrisiko nicht quantifiziert werden könne. Aus Gründen der Vorsorge seien Bioaerosol-Konzentrationen zu vermeiden, die gegenüber der Hintergrundbelastung erhöht seien. Davon ausgehend ist die Vermeidung bzw. Senkung von erhöhten Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Auf deren Einhaltung hat der Nachbar - ebenso wie hinsichtlich der in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Pflicht zur Prüfung etwaiger Möglichkeiten, die Emission an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern - grundsätzlich keinen Anspruch.
112Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 67 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 64, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 44 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 99 ff.; zum fehlenden Anspruch auf Vorsorgemaßnahmen vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, und Beschluss vom 9. April 2008 ‑ 7 B 2.08 -, NVwZ 2008, 789 = juris Rn. 11.
113Auf der Grundlage des Vorstehenden fehlt es nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, dass das Wohnhaus des Klägers durch das Vorhaben des Beigeladenen Bioaerosol-Immissionen ausgesetzt sein wird, die über eine allgemeine, gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG führen können. Da der Übertragungsweg bei Bioaerosolen im Grunde derselbe ist wie bei Gerüchen, liegt eine Orientierung an den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose nahe.
114Vgl. zu diesem Maßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 28, und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 ‑, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 70 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 69 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 49 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 103.
115Die Geruchsimmissionsprognose in der Fassung der Neuberechnung vom 29. Oktober 2015 gelangt - wie ausgeführt - zu einer Geruchsbelastung von maximal 0,15 Jahresgeruchsstunden; die Geruchsbelastung liegt damit nicht oberhalb des jedenfalls anzusetzenden Immissionswerts von 0,15. Danach ist davon auszugehen, dass sich auch die Belastung mit Bioaerosolen in einem für den ländlichen Raum gebietstypischen Rahmen bewegt. Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Bevölkerung des ländlichen Raums in signifikantem Umfang an Krankheiten insbesondere der Atemwege leidet, die auf Bioaerosole zurückzuführen sind, bieten die vorliegenden wissenschaftlichen Stellungnahmen nicht.
116Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 75, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 72, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 52; Nds. OVG, Beschluss vom 19. August 1999 - 1 M 2711/99 -, NVwZ-RR 2000, 91 = juris Rn. 9.
117IV. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten des Klägers ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die zu erwartenden Ammoniakimmissionen. Die in der TA Luft bestimmten Grenzwerte für Ammoniak- sowie Stickstoffeinträge dienen, wie das Verwaltungsgericht zurecht ausgeführt hat, nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. Dort sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Gemäß Nr. 4.4.2 Abs. 3 TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Somit kann sich ein Nachbar - jedenfalls soweit er nicht die Einwirkung auf besonders schutzwürdige Pflanzen geltend macht - nicht auf die Verletzung einer ihn schützenden Regelung durch Ammoniakimmissionen berufen.
118Vgl. OVG S.-A., Urteil vom 24. März 2015 - 2 L 184/10 -, juris Rn. 129 ff.; VG München, Urteil vom 16. Oktober 2007 - M 1 K 07.2892 -, juris Rn. 20; VG Oldenburg, Urteil vom 10. März 2010 - 5 A 1375/09 -, juris Rn. 43; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand: 1. Mai 2015, Nr. 4.8 TA Luft Rn. 47.
119Im Übrigen erweist sich die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehende Ammoniakbelastung nicht als erheblich. Nach Nr. 4.8 i. V. m. Anhang 1 Abbildung 4 Abs. 2, Anhang 3 TA Luft ist bei Vorliegen einer Ausbreitungsrechnung lediglich der Mindestabstand der Emissionsquelle erforderlich, bei dem eine anlagenbezogene Zusatzbelastung für Ammoniak von 3 μg/m³ an keinem maßgeblichen Beurteilungspunkt überschritten wird. Ausweislich der graphischen Darstellung der von dem Vorhaben im Planzustand ausgehenden Ammoniakbelastung auf Seite 21 des Geruchs- und Ammoniakimmissionsgutachtens vom 9. Mai 2011 ist auf dem klägerischen Grundstück keine Ammoniakbelastung in diesem Umfang zu erwarten.
120V. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft im Bebauungsplan berufen. Ein solcher könnte gegeben sein, wenn es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um eine Tierhaltung gewerblicher Art handelt. Die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in dem Bebauungsplan „S2. N. “ des damaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk vom 3. Oktober 1962 ist nach §§ 30 Abs. 3 BauGB, 6 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BImSchG Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Prüfungsverfahrens.
121Setzt der Planungsträger in einem Bebauungsplan eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG (nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB) fest, umfasst der Begriff der Landwirtschaft die in § 201 BauGB bestimmten Bewirtschaftungsformen. Ob es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um einen landwirtschaftlichen Betrieb in diesem Sinne handelt, kann aber dahinstehen. Selbst wenn auf den zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen das Futter für die Tierhaltung des Beigeladenen - einschließlich der Tierbestände auf der Hofstelle in F. -L. - nicht überwiegend erzeugt werden könnte, verletzt dies den Kläger nicht in einer ihm zukommenden Rechtsposition. Der Festsetzung kommt keine drittschützende Wirkung zu.
122Ob einer Festsetzung im Bebauungsplan Drittschutz zukommt, entscheidet der Planungsträger grundsätzlich nach eigenem Ermessen; ausgenommen hiervon sind die Baugebietsfestsetzungen nach der BauNVO, denen grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zukommt, sowie solche Festsetzungen, deren Drittschutz sich - wie etwa bei § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB - unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung ergibt. Liegt - wie hier - ein solcher Fall nicht vor, hängt die nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen im Bebauungsplan davon ab, ob diese nach dem ersichtlichen Willen des Plangebers drittschützend sein soll, also welchen Zweck er mit der Festsetzung verfolgt.
123Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. September 1988 - 4 N 1.87 -, BVerwGE 80, 184 = juris Rn. 22, und vom 9. Oktober 1991 - 4 B 137.91 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 104 = juris Rn. 5; Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 10 B 629/03 -, BRS 66 Nr. 183 = juris Rn. 17; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Oktober 1999 ‑ 8 S 2396/99 -, juris Rn. 3; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 30 Rn. 32.
124Vorliegend ergeben sich weder aus dem Bebauungsplan als solchem noch aus den vom Senat beigezogenen Aufstellungsvorgängen des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Hinweise auf eine beabsichtigte drittschützende Wirkung der festgesetzten Fläche für die Landwirtschaft. Im Gegenteil führt die Begründung des Bebauungsplanentwurfs aus, das S. gewinne als Erholungsgebiet ständig an Bedeutung; gleichzeitig sei es in seinem landschaftlichen Charakter durch Bauabsichten gefährdet. Der Bebauungsplan solle im öffentlichen Interesse diesen Bereich für die Erholung der Bevölkerung sichern und vor einer nicht vertretbaren Bebauung sichern. In einem Vermerk über die beabsichtigten Festsetzungen vom 29. August 1961 werden diesbezüglich die „von der Bebauung freizuhaltenden Grundstücke, die nicht als öffentliche Grünfläche, wohl aber als Fläche für die Land- und Forstwirtschaft vorgesehen sind“ angeführt.
125VI. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans sei zu Unrecht erfolgt. Dabei kann der Senat offenlassen, in welchem Verhältnis der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid zu der von der unteren Landschaftsbehörde am 5. Juli 2012 erteilten Befreiung von den Festsetzungen steht. Letztere dürfte sich wegen Verstoßes gegen § 13 BImSchG als rechtswidrig erweisen, weil eine vorweggenommene landschaftsrechtliche Befreiung der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zuwiderläuft.
126Vgl. Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 13 BImSchG Rn. 89b m. w. N.
127Auch wenn die Befreiung (zusätzlich) Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids ist, schützt das Bauverbot unter Ziffer C.2.2.1 III. Nr. 4 des Landschaftsplans den Kläger nicht. Vorschriften des Natur- und Landschaftsschutzes kommt grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung zu, da sie allein im öffentlichen Interesse erlassen werden und öffentlichen Zielen zu dienen bestimmt ist.
128Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, BRS 76 Nr. 184 = juris Rn. 82; Bay. VGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 ‑ 15 CS 10.37 -, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2015 - 3 K 9246/12 -, juris Rn. 32; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 1.87 -, NVwZ 1988, 728 = juris Rn. 22, und Urteil vom 17. Januar 2001 - 6 CN 3.00 -, Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 10 = juris Rn. 8.
129Im Übrigen wäre die Beklagte mangels Anfechtung des zwar rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Befreiungsbescheids vom 5. Juli 2012 an die bereits erteilte Befreiungsentscheidung gebunden.
130Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
132Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
Auf die Berufung des Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 4. Dezember 2012 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 121.900 Mastplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X., auf welchem er auch wohnt. Der Kläger betrieb in der Vergangenheit Landwirtschaft in der Form des Ackerbaus und der Tierhaltung, die er im Jahr 2005 aufgab. Aufgrund einer ihm am 11. Januar 2005 erteilten Baugenehmigung baute der Kläger eine landwirtschaftliche Gerätehalle in zwei Wohnungen um, die er seitdem vermietet. Heute hält er fünf Ponys bzw. Pferde zu Hobbyzwecken.
4Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung L. Er betreibt dort auf der Grundlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Beklagten vom 10. Juli 2007 (Az. 533.09 - GV 62/07) einen Hähnchenmaststall mit 39.900 Mastplätzen. Der bestehende Hähnchenmaststall liegt etwa 210 m östlich der Bebauung auf dem Grundstück des Klägers. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde X. ist für das Grundstück eine Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen.
5Nord-nordöstlich der ehemaligen Hofstelle des Klägers liegt die Hofstelle G., auf der derzeit eine Hähnchenmastanlage mit 39.900 Mastplätzen betrieben wird. Der Abstand zwischen der Bebauung auf dem klägerischen Grundstück und dem bestehenden Hähnchenmaststall beträgt ca. 190 m. Mit Bescheid vom 2. September 2011 sowie Änderungsbescheid vom 11. März 2013 und Nachtragsgenehmigung vom 28. April 2014 erteilte der Beklagte für diesen Betrieb eine Genehmigung zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 124.200 Mastplätzen. Gegen diese Genehmigung hat der Kläger ebenfalls Klage erhoben (Aktenzeichen des Berufungsverfahrens 8 A 1487/14).
6Am 19. Mai 2010 beantragte der Beigeladene eine (Erweiterungs-)Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastgeflügel mit insgesamt 121.900 Mastplätzen sowie die Errichtung von Flüssiggaslagern mit einer Gesamtlagerkapazität von 9,6 t. Die von dem Beklagten beteiligte Landwirtschaftskammer NRW kam mit Schreiben vom 15. Juli 2010 zu der Einschätzung, bei dem Vorhaben des Beigeladenen handele es sich nicht um Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB. Für eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage werde bei überschlägiger Berechnung eine Fläche von 139,88 ha benötigt. Tatsächlich stünden aber nur 45,31 ha landwirtschaftliche Fläche zur Verfügung.
7Der Beklagte machte am 19. Juli 2010 öffentlich bekannt, dass die Antragsunterlagen in der Zeit vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010 eingesehen und vom 26. Juli bis einschließlich 7. September 2010 Einwendungen erhoben werden könnten.
8Gegen den Antrag des Beigeladenen machte der Kläger am 6. September 2010 Einwendungen geltend: Die Immissionsuntersuchungen beschränkten sich auf die isolierte Betrachtung des in diesem Verfahren zur Genehmigung stehenden Vorhabens. Unberücksichtigt bleibe das Vorhaben auf der Hofstelle G. und in der Folge der Umstand, dass durch diese beiden Vorhaben zusammen sein Anwesen gleichsam „in die Zange genommen“ werde. Von jedem der Vorhaben - jedenfalls bei der angezeigten Gesamtbetrachtung - gingen schädliche Umwelteinwirkungen aus. So sei mit Belästigungen durch Geruch und Bioaerosole zu rechnen.
9Die Stadt L. verweigerte zunächst mit Schreiben vom 3. August 2010 die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB. Nach Änderung des Flächennutzungsplans im Bereich der Hofstelle des Beigeladenen am 4. Mai 2012 erteilte die Stadt L. mit Schreiben vom 14. Mai 2012 gegenüber dem Beklagten ihr Einvernehmen.
10Der Beklagte erteilte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 4. Dezember 2012 die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der beantragten Anlage. Nach Ziffer II. Nr. 4 des Bescheids dürfen die neu zu errichtenden Stallungen BE I.2 und I.3 nur in Betrieb genommen werden, wenn in diesen die Abluftreinigungsanlage Aerocleaner installiert ist und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben wird. Vor Inbetriebnahme der neu zu errichtenden Stallungen muss auch in dem vorhandenen Stall BE I.1 die Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ installiert sein und diese sachgemäß entsprechend der Anwendungsempfehlung Hähnchenmast der Firma I. & M. betrieben werden. Nach Ziffer III. des Genehmigungsbescheides schließt diese die Baugenehmigung nach § 63 BauO NRW sowie eine Befreiung gemäß § 67 BNatSchG ein. Der Betrieb erfülle entsprechend der Stellungnahme der Landwirtschaftkammer nicht die Voraussetzungen des § 201 BauGB. Die Tierhaltung könne nicht auf überwiegend eigener Futtergrundlage betrieben werden. Somit sei das Vorhaben bauplanungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zu beurteilen und erweise sich im Außenbereich als zulässig. Durch die Erweiterung der Anlage komme es ausweislich der Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 (Az. G-1276-04) nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte an den benachbarten Wohngebäuden. Die Umgebung der Hofstelle des Beigeladenen sei landwirtschaftlich geprägt. Aufgrund der Einzelfallprüfung könne daher an den angrenzenden Wohnhäusern ein Wert von bis zu 0,25 Jahresgeruchsstunden zugelassen werden. Im Planzustand werde an einem benachbarten Wohngebäude maximal ein Wert von 0,19 Jahresgeruchsstunden erreicht, bei Wohnhäusern ohne eigene Tierhaltung 0,17. Der durch die Landwirtschaft verursachte Anteil der Geruchsimmissionen betrage am O. als ehemaliger Hofstelle mit Hobbytierhaltung 0,14. Die Nebenbestimmung Nr. 56 zu dem Genehmigungsbescheid bestimmt diesbezüglich, dass die Immissionsprognose vom 21. September 2009 (Az. G-1275-02) Bestandteil des Bescheides und bei der Errichtung und dem Betrieb der Anlage zu beachten ist. Insbesondere sei die in dem Gutachten prognostizierte Gesamtbelastung IGb einzuhalten. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 57 ist die Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass die von ihr verursachten Geruchsimmissionen die im Geruchsgutachten prognostizierten Werte sicher einhält. Nach der Nebenbestimmung Nr. 58 ist die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über Abluftschächte mindestens 11,10 m über dem Erdboden (mindestens 3,00 m über Dachfirst) mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen.
11Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 legt für die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen bei Verwendung einer Emissionszeitreihe einen Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) und im Übrigen die VDI-Richtlinie 3894 aus September 2011 zugrunde. Weiterhin berücksichtigt es den Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“. Als weitere immissionsmindernde Maßnahme hält das Gutachten fest, dass die Abluft aus den Ställen jeweils über eine Abluftführung nach dem Stand der Technik über maximal 12 Kamine mindestens 11,10 m über Erdboden mit einer Abluftaustrittsgeschwindigkeit von 7 m/s zu führen sei. Nach dem Gutachten wird an der ehemaligen Hofstelle des Klägers im Planzustand eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung von maximal 14 % Jahresgeruchsstunden erreicht.
12Am 28. April 2014 erließ der Beklagte einen Nachtrag zu dem Genehmigungsbescheid vom 4. Dezember 2012. Die Bedingung Nr. 4 wurde insoweit geändert, dass der „Aerocleaner“ dauerhaft in allen Stallungen mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielen müsse. Die neu hinzugefügte Auflage Nr. 65 legt fest, dass die Geruchsverminderung durch regelmäßige Messungen nachzuweisen sei. Die ordnungsgemäße Wartung sei durch Abschluss eines Wartungs- und Servicevertrages sicherzustellen. Zur Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls gemäß GIRL führt der Nachtragsbescheid in Ergänzung beider Bescheide sodann aus:
13„Bei dem O. handelt es sich um einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb mit Tierhaltung. Derzeit wird auf der Hofstelle noch Pferde- und Hühnerhaltung als Hobbylandwirtschaft betrieben. […]
14Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) gibt Empfehlungen, welche Kriterien für die Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls heranzuziehen sind. So wird für Wohnnutzungen von tierhaltenden Betrieben ein Immissionswert bis 0,25 empfohlen, wobei die jeweilige Eigenbelastung unberücksichtigt bleibt.
15Des Weiteren empfiehlt das LANUV bei Wohnnutzungen innerhalb einer Hofstelle, auf der Tiere gehalten wurden und [die] somit einen landwirtschaftlichen Bezug haben, die aber heute nur noch zu Wohnzwecken genutzt werden, ebenfalls einen Immissionswert von 0,25 heranzuziehen.
16Die spezielle Prüfung des Einzelfalles hat insgesamt ergeben, dass es sich bei allen Immissionsorten um landwirtschaftliche Hofstellen im Außenbereich handelt. Bei der Hofstelle R. und dem E. handelt es sich weiterhin um landwirtschaftliche Betriebe im Vollerwerb mit eigener Tierhaltung. Die sonstigen Immissionsorte stellen ebenfalls landwirtschaftliche Hofstellen dar, welche jedoch nicht mehr im Vollerwerb, sondern teilweise nur noch als Landwirtschaft mit Hobbytierhaltung betrieben werden.
17Aufgrund dieser Fakten sowie der Empfehlungen des LANUV kommt die spezielle Prüfung des Einzelfalls zu dem Ergebnis, dass eine Überschreitung von 0,15 für Dorfgebiete zulässig ist, da alle Immissionsorte einen für den Außenbereich typischen landwirtschaftlichen Bezug haben. Ein Immissionswert von 0,25 kann somit für alle Immissionsorte als zulässig angesehen werden.“
18Der Kläger hat gegen die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung, seinen Prozessbevollmächtigten zugestellt am 18. Dezember 2012, bereits am 16. Januar 2013 Klage erhoben.
19Zur Begründung hat er geltend gemacht: Die vorgelegte Immissionsprognose erweise sich als nicht geeignet, die Unbedenklichkeit des Vorhabens zu belegen. An seinem Wohnhaus sei nach dem Gutachten mit einer Geruchsbelastung von 0,14 zu rechnen. Aus dem in dem Gutachten enthaltenen Plan ergäben sich aber Belastungen von bis zu 0,43. Erwägungen, warum hier ein Immissionswert von 0,25 anzusetzen sei, seien nicht erkennbar. Schließlich gehe das Gutachten zu Unrecht von einer Minderung der Geruchsbelastung durch die Abluftreinigungsanlage aus. Diese sei nicht hinreichend belegt. Durch die Genehmigung der Abluftreinigungsanlage sei die ursprüngliche Genehmigung weder geändert noch ergänzt worden. Insbesondere stelle der Einbau der Abluftreinigungsanlage keine Auflage für den Betrieb der Mastanlage dar. Der Beigeladene sei nicht verpflichtet, von der Genehmigung der Abluftreinigungsanlage Gebrauch zu machen.
20Der Kläger hat beantragt,
21die dem Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 4. Dezember 2012 zur Erweiterung und zum Betrieb einer Anlage zur Haltung und Aufzucht von Mastgeflügel (Masthähnchen) mit 121.900 Tierplätzen (davon 39.900 Bestand) sowie Lagerung von 9,6 t brennbaren Gasen (2,4 t Bestand) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen in der Gestalt des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 aufzuheben.
22Der Beklagte hat beantragt,
23die Klage abzuweisen.
24Zur Begründung hat er sich auf die Ausführungen in dem ursprünglichen sowie in dem Nachtragsbescheid bezogen.
25Der Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat er ausgeführt: Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 berechne die zu erwartenden Emissionen unter Verwendung einer Zeitreihe 180 GE/(s*GV). Jedenfalls durch die Nachtragsgenehmigung vom 28. April 2014 werde die Immissionsminderung um 40 % in ausreichendem Maße sichergestellt. Selbst bei Nichtberücksichtigung der Geruchsreduzierung sei aufgrund des von dem LANUV NRW in dem Parallelverfahren 3 K 5877/11 betreffend die Hofstelle G. erstellten Gutachtens nachgewiesen, dass die Geruchsimmissionen an der ehemaligen Hofstelle des Klägers einen Immissionswert von 0,25 nicht überschritten.
28Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Genehmigungsbescheid mit Urteil vom 6. Mai 2014 aufgehoben. Eine Prognose, die eine unzumutbare Geruchsbelästigung des Klägers auszuschließen vermöge, liege nicht vor. Das Geruchsimmissionsgutachten vom 11. Juni 2012 komme zu einer Immissionsbelastung von über 0,15 am Haus des Klägers. Die Anwendung eines Immissionswertes von maximal 0,25 scheide aus, weil es sich bei den Immissionen aus dem gewerblichen Tierhaltungsbetrieb des Beigeladenen nicht um landwirtschaftliche Gerüche im Sinne der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL handele. Die Landwirtschaft i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfahre insoweit eine Privilegierung. Selbst bei Annahme eines Immissionswertes von 0,25, welcher eine absolute Obergrenze darstelle, sei das Vorhaben nicht zulässig. Sowohl das Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 wie auch das in dem Parallelverfahren eingeholte Gutachten des LANUV NRW prognostizierten eine Gesamtbelastung unter Einschluss der eigenen Vorbelastung des Klägers von mehr als 0,25. Die in dem Gutachten des Ingenieurbüros S. & I. angenommene Minderung der Geruchsimmissionen von 40 % durch die Abluftreinigungsanlage sei nicht hinreichend sicher anzunehmen, da es an einem anzuerkennenden Nachweis mangele.
29Gegen das Urteil hat der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung führt er: Die Umgebung der Grundstücke sei geprägt durch eine Vielzahl landwirtschaftlicher Hofstellen und Tierhaltungsanlagen. Der Kläger sei früher selbst Landwirt gewesen und halte auch heute noch mehrere Ponys bzw. Pferde. Landwirtschaftliche Gerüche i.S.d. Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben i.S.d. § 201 BauGB. Auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB seien hierunter zu fassen. § 201 BauGB stelle eine rein planungsrechtliche Vorschrift dar. Eine Anknüpfung hieran im Rahmen der Geruchsbewertung sei nicht angezeigt. Zwar nehme die GIRL in Nr. 3.1 Bezug auf planungsrechtliche Kategorien, diese Anknüpfung erfolge aber in Anknüpfung an die Schutzwürdigkeit des Immissionsbelasteten. Mit Blick auf die Wahrnehmbarkeit und den Belästigungsgrad spiele es keine Rolle, ob der Anlage viele oder wenige Flächen zugeordnet seien. Auch der Auslegungshinweis zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, enthalte einen generellen Verweis auf § 35 Abs. 1 BauGB, nicht nur auf § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Schließlich werde auch in den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL unter dem Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Raum“ ausschließlich auf Tierhaltungsanlagen abgestellt.
31Die GIRL lege keine absolute Obergrenze von 0,25 fest. Schon bei unbeteiligten Dritten im Außenbereich sei ein Immissionswert von 0,25 zumutbar. Da die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL ausführten, dass bei benachbarten Tierhaltungsanlagen die Grenze der erheblichen Belastung deutlich über der bei unbeteiligten Dritten liege, könne keine starre Obergrenze von 0,25 angenommen werden. Bei der Bestimmung der Vorbelastung sei die Eigenbelastung des Klägers nicht zu berücksichtigen. Andernfalls stünde die bei landwirtschaftlichen Betrieben häufig anzutreffende Eigenbelastung jeder Erweiterung eines Nachbarhofes, die mit einer nicht irrelevanten Erhöhung der Immissionen einhergehe, im Wege. Hier müsse auch Berücksichtigung finden, dass der Kläger nur Hobbytierhaltung betreibe, die die Entwicklung eines benachbarten landwirtschaftlichen Betriebs nicht verhindern können dürfe. Im Rahmen der Prüfung der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls sei zu berücksichtigen, wie hoch der Beitrag des Vorhabens zu der Gesamtbelastung sei und welchen Immissionen sich der Kläger selbst aussetze. Die Wohnnutzung des Klägers sei nur wegen der zuvor betriebenen Landwirtschaft im Außenbereich genehmigungsfähig gewesen.
32Das Verwaltungsgericht habe schließlich den Einbau der Abluftbehandlungsanlage „Aerocleaner“ zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Die Angaben zur Wirksamkeit beruhten nicht nur auf den Angaben des Herstellers, sondern auf Messberichten, denen die maßgeblichen Informationen zu entnehmen gewesen seien. Die Nebenbestimmung in dem Nachtragsbescheid vom 28. April 2014 erweise sich als hinreichend bestimmt. Angesichts der vorgelegten Informationen sei der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass die Nebenbestimmung erfüllbar sei. Sollte sich dies später als unzutreffend herausstellen, könne der Beklagte auch andere Maßnahmen zur Immissionsminderung ergreifen.
33Der Beigeladene beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Der Beklagte nimmt Bezug auf seine Ausführungen erster Instanz und schließt sich im Übrigen den Ausführungen des Beigeladenen in der Berufungsbegründung an.
36Er beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 2014 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung weist er darauf hin, der angefochtene Bescheid müsse schon aus formellen Gründen aufgehoben werden. Die Unbestimmtheit der die Minderungsleistung des „Aerocleaners“ betreffenden Bedingung führe zur Rechtswidrigkeit sowohl des Ausgangs- wie auch des Änderungsbescheides. Unklar bleibe, wie die Geruchsreduzierung zu ermitteln und auf welcher Bemessungsgrundlage eine Minderung um 40 % zu erreichen sei. Gerade in dieser Hinsicht habe es einer genauen Festlegung bedurft, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen. Das vorgelegte Geruchsimmissionsgutachten, welches eine Gesamtbelastung von 0,19 am Haus des Klägers ausweise, stelle keine auf der sicheren Seite liegende Prognose dar, da der Einsatz der Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ anders als in dem Gutachten nicht mit 40 % angesetzt werden könne. Eine Zertifizierung der Anlage liege nicht vor.
41Das LANUV NRW hat auf Ersuchen des erkennenden Gerichts in dem parallelen Berufungsverfahren 8 A 1487/14 zu seinem in erster Instanz erstatteten Geruchsimmissionsgutachten vom 4. Februar 2014 mit schriftlicher Stellungnahme vom 26. Mai 2015 ergänzend ausgeführt, die Vorbelastung an der Hofstelle des Klägers allein durch die westlich liegende Kläranlage betrage 0,001.
42Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
43Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
44Entscheidungsgründe:
45Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu.
46Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 4. Dezember 2012 in der Gestalt des Nachtragsbescheides vom 28. April 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Zwar hat der Beklagte unstreitig die Einwendungsfrist nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG fehlerhaft berechnet und bekanntgemacht. Die öffentliche Auslegung erfolgte vom 26. Juli bis einschließlich 25. August 2010. Nach den öffentlichen Bekanntmachungen konnten Einwendungen bis einschließlich 7. September 2010 erhoben werden. § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG sieht vor, dass Einwendungen durch die Öffentlichkeit bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich gegenüber der zuständigen Behörde erhoben werden können. Nach § 31 Abs. 1 VwVfG NRW i.V.m. § 188 Abs. 2 Alt. 2 BGB endete die Einwendungsfrist damit erst am Mittwoch, den 8. September 2010.
48Hieraus kann der Kläger aber keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
49vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174,
50führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat - vertreten durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten - am 6. September 2010 bei dem Beklagten schriftlich Einwendungen insbesondere zu der zu erwartenden Geruchsimmissionssituation angebracht. Diese verfolgt er im gerichtlichen Verfahren weiter. Hat ein Betroffener trotz Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also hier seine Einwendungen trotz fehlerhafter Berechnung des Endes der Einwendungsfrist innerhalb der Frist erhoben, hat die fehlerhafte Berechnung der bekanntgemachten Einwendungsfrist in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
51Vgl. Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
52Dass der Kläger durch die Verkürzung der Einwendungsfrist gehindert gewesen wäre, seine Einwände vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
53B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstige Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
54Bei der durch den Beigeladenen geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 121.900 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
55Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage auftretenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei sind neben der eigenen Wohnung des Klägers auch die auf der ehemaligen Hofstelle durch Umbau einer Gerätehalle entstandenen fremdvermieteten Wohnungen in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
56Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 - 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
57Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
58Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
59In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
60Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012- 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
61Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben des Beigeladenen als auch die ehemalige Hofstelle des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.4.).
62Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
63I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
64vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 ‑ 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
65bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) und der Reduktion durch Abluftreinigungsanlagen (dazu 3.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an dem nach der GIRL maßgeblichen Immissionswert zu messen (dazu 4.).
661. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
67Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
68Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
69Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
70Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für die von ihm vermieteten Wohneinheiten geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
712. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
72Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
73kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
743. Für die Frage, welche Voraussetzungen Abluftreinigungsanlagen in Tierhaltungsbetrieben zu erfüllen haben, damit sie in einer hinreichend sicheren Immissionsprognose Berücksichtigung finden können, fehlt es an spezifischen normativen Festlegungen. Hinsichtlich der Einhaltung der Betreibergrundpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bestimmt § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, dass die Genehmigung (nur) zu erteilen ist, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 ergebenden Pflichten erfüllt sind. Das hierin enthaltene Tatbestandsmerkmal des „Sicherstellens“ bedeutet dabei nicht, dass keine auch nur denkbare Möglichkeit der Herbeiführung schädlicher Umwelteinwirkungen bestehen darf, weil etwa ein bestimmter Immissionswert gar nicht erreicht werden könnte. Risiken der Verletzung der Betreiberpflichten müssen vielmehr mit hinreichender, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 1978 - 1 C 102.76 -, BVerwGE 55, 250 = juris Rn. 33; Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 22 CS 14.739 ‑, juris Rn. 33; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15; Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2013, § 6 Rn. 12; enger Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 6 BImSchG Rn. 19 „eindeutig und ohne verbleibenden ernsthaften Zweifel“.
76Das hinnehmbare Maß an Prognoseunsicherheit hängt dabei von der Art der gefährdeten Rechtsgüter ab: Je höher deren Rang ist, desto unwahrscheinlicher muss das Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen sein.
77Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 2. Juni 2014 ‑ 22 CS 14.739 -, juris Rn. 33; Scheidler, in: Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Dezember 2014, § 6 BImSchG Rn. 30.
78Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, dass die Vermeidung erheblicher Geruchsimmissionen aufgrund der durch den Einbau einer Abluftreinigungsanlage zu erzielenden Minderung der Emissionen aus Tierhaltungsanlagen grundsätzlich erst dann i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sichergestellt ist, wenn deren Wirksamkeit dem Grunde und dem Grade nach unter Angabe der einzuhaltenden Einbau- und Betriebsparameter entweder durch Vorlage des Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen oder der Zertifizierung durch eine hierfür anerkannte Stelle nachgewiesen ist. Dies entspricht der in Nordrhein-Westfalen aufgrund des Erlasses des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz vom 19. Februar 2013 - Aktenzeichen V 2 - (sog. Filtererlass) geltenden Verwaltungspraxis, die insoweit als sachgerecht anzusehen ist.
794. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
80a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
81Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
82Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
83Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
84Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
85Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
86b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
87Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
88Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
89Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
90Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
91Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 - 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
93Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
94Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
95Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit ‑ worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
96Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
97c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
98aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche etwa aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
99Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 - 22 CS 10.1686, 22 CS 22 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
100Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
101In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
102bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
104Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass etwa Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
105cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
107In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
108Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 ‑ 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 ‑ 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
109dd). Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
110Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
111Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
112II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich des geplanten Vorhabens des Beigeladenen sowie des auf der Hofstelle G. geplanten Vorhabens nicht überschritten (dazu 2.).
1131. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls wie der landwirtschaftlichen Prägung und der früher bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
114Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der ehemaligen Hofstelle des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich befinden sich die Hofstelle R. mit insgesamt 2.000 Mastschweinplätzen nebst Güllelagerung, der C. (Hofstelle T.) mit 350 Mastschweinen nebst Güllelagerung und zwei Pferden, der E. (dem Beigeladenen gehörend) mit 63 Pferden, der P. (Hofstelle U.) mit fünf Pferden, der H. (Hofstelle G.) mit derzeit 39.900 Masthähnchenplätzen sowie die Hofstelle des Beigeladenen mit derzeit ebenfalls 39.900 Masthähnchenplätzen. Insbesondere die Betriebe sowohl des Beigeladenen wie auch des Herrn G. weisen bisher ausreichend große landwirtschaftliche Flächen auf, so dass eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage möglich ist und sie somit Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB betreiben. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen - mit Ausnahme der derzeit zum Kiesabbau verwendeten Flächen - landwirtschaftlich genutzt.
115Der Kläger unterhielt bis ins Jahr 2005 und damit noch in hinreichendem zeitlichen Zusammenhang auf seiner Hofstelle einen landwirtschaftlichen Betrieb, in dem er in etwa 200 Mastschweine, 60 Bullen und 20 Kühe hielt. Insbesondere die Haltung von Mastschweinen geht mit Geruchsemissionen einher, die geeignet sind, an der eigenen Hofstelle, aber auch in der näheren Umgebung nicht unwesentliche Geruchsimmissionen zu verursachen.
116In dieser Situation einer über lange Zeit bestehenden Vorprägung durch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe auf engem Raum und die damit einhergehende Prägung des Raumes durch Tierhaltungsgerüche besteht für den Kläger als ehemaligen Landwirt, der in der Vergangenheit die Geruchssituation mitgeprägt hat und von der wechselseitigen Rücksichtnahme profitiert hat, eine besondere, das Überschreiten der Grenze von 0,15 rechtfertigende Verpflichtung zur Hinnahme solcher Gerüche, die bis zu dem in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungszeichen, genannten Wert von 0,25 reicht.
1172. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen überschreiten den Immissionswert von 0,25 nicht. Unter Einbeziehung auch des Vorhabens auf der Hofstelle G. ergibt sich ausweislich des Geruchsimmissionsgutachtens des LANUV NRW vom 4. Februar 2014 nebst den schriftlichen Erklärungen vom 26. Mai 2015 eine Gesamtbelastung an den Wohnungen auf der ehemaligen Hofstelle von 0,23 bezogen auf die Beurteilungspunkte BUP 2 und BUP 4. Das Immissionsgutachten setzt zu Recht die Geruchsemissionen masttagabhängig an (dazu a) und berücksichtigt die Abluftbehandlungsanlage nicht geruchsmindernd (dazu b).
118a) Das LANUV NRW hat in seinem Gutachten zu Recht die von der Geflügelmast ausgehenden Emissionen zeitreihenabhängig ermittelt. In Abweichung von dem Ansatz eines Emissionsjahresmittelwertes gemäß VDI-Richtlinie 3894 Blatt 1 setzt das Gutachten die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) an. Dies entspricht dem derzeitigen Stand der Wissenschaft betreffend die Berechnung der Geruchsemissionen von Masthähnchen und wird vom LANUV NRW allgemein als realistisch empfohlen.
119Vgl. zu diesem Ansatz OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 13.
120b) Entgegen der Ansicht des Beigeladenen findet der Einbau einer Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ weder in seiner Anlage noch in der auf der Hofstelle G. geplanten Anlage eine immissionsmindernde Berücksichtigung. Die Geruchsminderung durch den Einsatz der Anlage steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest (dazu aa). Sie kann auch nicht durch eine Nebenbestimmung zu dem Genehmigungsbescheid gesichert werden (dazu bb).
121aa) Eine Geruchsimmissionsprognose, die wie das durch den Beigeladenen vorgelegte Gutachten Nr. G-1276-04 des Ingenieurbüros S. & I. vom 11. Juni 2012 eine solche Minderung zu Grunde legt, ist nicht auf der sicheren Seite. Ihr Ergebnis wäre nicht geeignet, das Vorliegen erheblicher Geruchsbelastungen auszuschließen.
122Ob und in welchem Umfang eine Abluftreinigungsanlage „Aerocleaner“ der Firma I. & M. GmbH & Co. KG eine Reduzierung der Geruchsemissionen herbeizuführen vermag, steht jedenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest. Die vorgelegte Immissionsprognose vom 11. Juni 2012 enthält hierzu keinerlei Feststellungen, sondern gibt an, die Abluftreinigungsanlage zu berücksichtigen. Die im Genehmigungsverfahren vorgelegte Produktbeschreibung für den „Aerocleaner“ selbst nennt, unabhängig von der Frage, inwieweit unvalidierte Angaben des Herstellers überhaupt eine hinreichende Sicherheit zu bieten vermögen, keine Reduktionsrate. Der auf dem Internetauftritt der Herstellerfirma,
123www.hl-agrar.de/de/Gefluegel/Stalltechnik/AeroCLEANER
124abzurufende Produktflyer macht für die Geruchsimmissionsminderung lediglich die Angabe „ca. -40%“.
125Der „Aerocleaner“ ist für die Geflügelmast hinsichtlich der Geruchsreduzierung nicht zertifiziert. Insbesondere liegt keine Bestätigung einer positiven Eignungsprüfung durch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) vor. Der von dem Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Messbericht der A. Ingenieurgesellschaft mbH erfüllt nicht die Anforderungen an ein Sachverständigengutachten, welches die zu erwartende Minderung der Geruchsemissionen belegen soll. Dies folgt unmittelbar schon daraus, dass ausweislich des Messberichts (Ziffer 2.6) zur Minderung der Geruchsemissionen das „LUBING Top Klima System“ der LUBING GmbH & Co. KG (Pumpentyp Eco 250) zum Einsatz gekommen ist. Dass dieses identisch mit dem System „Aerocleaner“ ist, ist nicht ansatzweise erkennbar und wird von dem Beigeladenen auch nicht geltend gemacht. Eine allein vergleichbare Art der Wirkung genügt nicht. Weiterhin handelt es sich erkennbar nicht um ein umfassendes Gutachten, sondern nur um einen Messbericht, welcher unter Ziffer 6.1 lediglich ausführt, nach den Betreiberangaben seien die Betriebsbedingungen repräsentativ gewesen. Wesentliche Angaben des Berichts sind geschwärzt, so der Auftraggeber, die Bearbeiter, der Standort, die Messzeit und die Angaben zu den Messstellen. Ebenfalls geschwärzt sind die gesamten Einzelergebnisse der olfaktorischen Messungen. Lediglich wird unter Ziffer 6.2 der mittlere Wirkungsgrad dieser Anlage mit 64,8 % angegeben.
126Im Gegenteil weisen die von dem Beigeladenen im Rahmen des Genehmigungsantrags vorgelegten Unterlagen darauf hin, dass diese Anlage nicht sicher geeignet ist, eine Minderung der Geruchsbelastung von stets mindestens 40 % herbeizuführen. Ausweislich der Zusammenfassung der Ergebnisse aus den Emissionsmessungen von Staub und Geruch im Rahmen der Diplomarbeit der Frau S. an der Universität Bonn soll zwar eine durchschnittliche Minderungsleistung von 48,57 % gegeben sein. Die Messung 3 ergibt aber lediglich eine Minderung von 28,6%. Auch wird in der Zusammenfassung angeben, die Geruchsminderungsleistung sei angesichts der stark schwankenden Messergebnisse weiter zu validieren.
127bb) Die Einbeziehung einer Geruchsminderungsleistung durch das System „Aerocleaner“ wird auch nicht dadurch erreicht, dass der Beklagte in dem Nachtrag vom 28. April 2014 den Betrieb unter die Bedingung gestellt hat, dass in den Stallungen das „Aerocleaner“-System installiert ist und betrieben wird, und der „Aerocleaner“ in allen drei Stallungen (BE I.1, BE I.2 und BE I.3) mindestens eine Geruchsreduzierung von 40 % erzielt.
128Ob sich die Bedingung deshalb gegenüber dem Kläger als rechtswidrig erweist, weil sie hinsichtlich der Bestimmung der Geruchsbelastung in nachbarrechtlicher Hinsicht nicht hinreichend bestimmt ist,
129vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 - 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 ‑ 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44,
130kann vorliegend offenbleiben, weil der Kläger hierdurch nicht in seinen Rechten verletzt wird. Für eine mangelnde Bestimmtheit spricht, dass aus dem letzten Satz der Bedingung Nr. 4 nicht hervorgeht, ob sich die angeordnete Reduzierung auf die Geruchsimmissionen (z.B. die Zusatzbelastung in Jahresgeruchsstunden) oder auf die Geruchsemissionen (z.B. Geruchseinheiten je Zeiteinheit) bezieht.
131Entgegen der Auffassung des Beigeladenen ist die Bedingung Nr. 4 nicht geeignet, die Reduzierung der Geruchsbelastung um mindestens 40 % - unter Außerachtlassung der maßgeblichen Bezugsgröße - sicherzustellen. Eine Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen darf nicht durch den Erlass einer Nebenbestimmung umgangen werden. Die Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwerte muss vielmehr effektiv sichergestellt sein. Dies ist dann anzunehmen, wenn die Genehmigungsbehörde bei der Anordnung von Nebenbestimmungen aufgrund ihrer Erfahrungen oder aufgrund sachverständiger Stellungnahmen davon ausgehen darf, dass die Geruchsbegrenzung realistisch und durch eine technisch machbare Einrichtung zur Begrenzung zu erreichen ist.
132Vgl. Mann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 12 BImSchG Rn. 153; vgl. zur Immissionsreduzierung durch technische Anlagen OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2013 ‑ 8 A 2894/12 -, juris Rn. 29.
133Wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, ist das von der Beklagten in der Bedingung Nr. 4 formulierte Erfordernis der dauerhaften Geruchsreduzierung um mindestens 40 % nicht hinreichend sicher erreichbar. Allein die Möglichkeit der Erreichung eines solchen Wertes genügt nicht.
134Soweit der Beigeladene einwendet, für den Fall der Nichteinhaltung der Minderungsrate seien nachträgliche Anordnungen i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 BImSchG möglich, greift dies schon deshalb nicht durch, weil die Genehmigungsfähigkeit im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung nach § 6 Abs. 1 BImSchG sowohl für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme wie auch für die Dauer des Betriebs gewährleistet sein muss.
135Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11. Dezember 2014 - 10 S 473/14 -, juris Rn. 15.
136Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
137Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
138Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Juni 2015 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. H. Er bewohnt das auf diesem Grundstück liegende Wohnhaus mit der postalischen Anschrift E. in H. Den ebenfalls auf dem Flurstück befindlichen Altenteiler hat er vermietet. Das Flurstück dient dem Kläger als Hofstelle für den von ihm betriebenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau. Es stellt einen Teil des vormaligen Flurstücks dar, welches den gesamten damaligen „O.“ umfasste und ursprünglich insgesamt im Eigentum des Klägers stand. Im Februar 1973 erhielt der Vater des Klägers von der Stadt H. die Baugenehmigung zur Errichtung eines Schweinemaststalls auf dem Flurstück. Im Mai 1979 erteilte der Regierungspräsident Düsseldorf der K. L. GmbH die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung des vorhandenen Schweinemastbestandes auf 2.856 Liegeplätze.
4Im Baulastenverzeichnis ist für das Flurstück am 6. März 1983 folgende Baulast eingetragen worden:
5„Auf dem Grundstück Gemarkung X. , Flur, Flurstück, Verpflichtung, das zu errichtende Wohnhaus als Betriebsleiterwohnung zu nutzen sowie gleichzeitig Bindung des Betriebsleiterwohnhauses an den auf dem gleichen Grundstück vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Wohnhaus E. wird künftig als Altenteilerwohnung genutzt. Eine Teilung oder getrennte Veräußerung des Betriebsleiter- und des Altenteilerwohnhauses wird nicht vorgenommen.“
6Das Flurstück ist im Jahr 2000 in drei eigenständige Flurstücke aufgeteilt worden. In der Folge hat der Kläger die Flurstücke B und C einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe an unterschiedliche Erwerber veräußert. Am 8. März 2000 war zuvor für das Flurstück 84 und dessen Teile A, B und C eine Vereinigungsbaulast nach § 4 Abs. 2 BauO NRW eingetragen worden, nach deren Inhalt die Beurteilung der drei Teile A, B und C des bestehenden Flurstücks bauordnungs- wie bauplanungsrechtlich einheitlich erfolgen sollte. Bereits im Dezember 1999 teilten die Erwerber der Flurstücke B und C dem Staatlichen Umweltamt Krefeld mit, dass die immissionsschutzrechtlich genehmigte Schweinemastanlage mit insgesamt 2.856 Plätzen zwischen ihnen aufgeteilt werden solle. Die jeweils auf den Flurstücken befindlichen Stallgebäude mit ursprünglich 2.016, zukünftig 1.944 (Flurstück C) bzw. 552, zukünftig 504 (Flurstück B) Schweinemastplätzen würden nunmehr von den jeweiligen Eigentümern betrieben. Der dritte Stall mit den verbleibenden Mastplätzen werde stillgelegt. Hierauf erteilte die Bürgermeister der Stadt H. den Eigentümern im Juni 2000 jeweils eine entsprechende Baugenehmigung für die Teilübernahme der Schweinemastanlage.
7Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR, deren Gesellschafter die Grundstückseigentümer sind, dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage auf der Grundlage der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betreibe. Seit April 2003 stehen die Flurstücke B und C im Eigentum der I.-T. GbR. Im Mai 2009 erwarb sie von der Beigeladenen das nördlich der vorhandenen Stallungen liegende Grundstück.
8Mit immissionsschutzrechtlichem Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 wurde der I.-T. GbR der Betrieb eines Schweinemastbetriebs mit nunmehr insgesamt 4.813 Mastschweineplätzen (Schweinestall BE 2, Flurstück C, mit 1.733 Mastplätzen, Schweinestall BE 1, Flurstück B, mit 480 Mastschweineplätzen und Schweinestall BE 3, Flurstück D, mit 2.600 Mastschweineplätzen) genehmigt. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 35 sind im Rahmen der Baumaßnahmen die sechs Kamine auf dem Schweinemaststall BE 1 entsprechend der Geruchsprognose auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über dem Dachfirst zu erhöhen. Satz 2 der Nebenbestimmung Nr. 38 schreibt vor, dass die Lüftungsanlagen in allen Stallgebäuden so zu regeln sind, dass die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s zu jeder Stunde eingehalten wird. In der Folge errichtete die I.-T. GbR auf dem Flurstück D einen weiteren Schweinemaststall sowie einen Güllehochbehälter mit Abdeckung.
9In der südwestlichen Ecke des Flurstücks A und damit südlich des Flurstücks C befinden sich mehrere Bäume. Westlich des Wohnhauses des Klägers und östlich bzw. südöstlich der Schweinemastställe befinden sich der ehemalige Altenteiler der Hofstelle sowie landwirtschaftliche Gebäude (Stallungen, Scheune und ein Schuppen).
10Nord-nordöstlich der Hofstelle des Klägers und westlich der Hofstelle der Beigeladenen befindet sich der E. Am 4. Juli 2011 beantragte der dort ansässige Landwirt, Herr M. I., bei der Stadt H. die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Schweinemaststalls, eines Futterlagers und zweier Futtersilos. Hierzu legte er ein immissionsschutzrechtliches Geruchsgutachten (Nr. 2205) des Dipl.-Ing. N. M. vom 18. Juni 2011 vor. In diesem wurde von dem Sachverständigen die Vorbelastung am Haus des Klägers ohne die Hofstelle I. mit IVb = 20,5 % Jahresgeruchsstunden, die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei Berücksichtigung aller Hofstellen im Ist-Zustand mit IGb1 = 23,4 % und die Gesamtbelastung am Haus des Klägers mit IGb2 = 25,2 % angegeben.
11Östlich des O. liegt der W., auf dem nach den Feststellungen der Stadt H. bis zu 60 Pferde gehalten werden. Eine bauaufsichtliche Genehmigung hierfür ist nicht erteilt worden. Zwischenzeitlich ist ein Bauantrag für die Haltung von 25 Pferden gestellt worden.
12Nordöstlich des O. liegt die Hofstelle der Beigeladenen (T.) mit der Flurbezeichnung Gemarkung X. Die Familie der Beigeladenen betreibt dort in der vierten Generation Landwirtschaft in Form des Ackerbaus und der Viehzucht.
13Am 12. August 2011 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen (zwei Hähnchenmastställe mit je 42.250 Tierplätzen) sowie zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Flüssiggaslagertanks. Die bisherige Haltung von Mastbullen werde aufgegeben. Die Anlage soll südlich an die bisherige Hofstelle anschließen.
14Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 teilte die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle L., dem Beklagten mit, dass nach ihrer Einschätzung die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebs gegeben seien. Die Tierhaltung könne überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen. Für die beantragte Geflügelmast mit 84.500 Mastplätzen sei bei überschlägiger Berechnung eine Futterfläche von 112,81 ha erforderlich. Der Betrieb verfüge über 116,03 ha landwirtschaftliche Flächen.
15Im Genehmigungsverfahren erhob der Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 Einwendungen, die im Wesentlichen die Geruchsimmissionen betrafen. Insbesondere rügte er, dass das in diesem Verfahren vorgelegte Geruchsgutachten nicht mit denen vorangegangener Genehmigungsverfahren (Schweinezucht I.-T. GbR sowie Neubau eine Schweinestalls mit 760 Mastplätzen auf der Hofstelle I.) in Einklang zu bringen sei. Er befürchte eine Überschreitung einer Jahresgeruchsstundenzahl von 0,25.
16Mit Bescheid vom 27. Juni 2012 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Planungsrechtlich befinde sich das Vorhaben im Außenbereich. Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei einschlägig, da eine landwirtschaftliche Nutzung gegeben sei. Die Voraussetzungen des § 201 BauGB seien erfüllt. Von dem geplanten Vorhaben seien keine nachhaltigen und erheblichen Beeinträchtigungen der Umwelt durch Immissionen zu erwarten. Zum Nachweis wurde hinsichtlich der Geruchsimmissionen auf das Gutachten des Sachverständigen N. M. Nr. 2101 vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 Bezug genommen. Die Geruchsimmissionsprognose komme zu dem Schluss, dass die Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) eingehalten seien. Die Umgebung des Vorhabens einschließlich der Wohnnutzung der Einwender sei durch vorhandene und auch ehemalige Tierhaltungsanlagen geprägt, so dass Immissionen aus Tierhaltung ortsüblich seien. Bei dieser Prägung könne jedenfalls eine Geruchsstundenhäufigkeit solcher ortsüblichen Immissionen von bis zu 25 % nicht als erheblich bewertet werden. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorrangig an landwirtschaftlichen Betrieben, die auch eigene Tierhaltung aufwiesen, erreicht. Die als Gesamtbelastung ermittelten Geruchsstundenhäufigkeiten lägen insoweit zwischen 19,9 % und 47,6 %. Dies sei zumutbar, weil diese vorrangig durch eigene Tierhaltung verursacht würden. Insoweit bestehe hier eine erhöhte Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme.
17In dem Geruchsimmissionsgutachten des Sachverständigen für Schall und Geruch Dipl.-Ing. N. M. vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 wurde die Geruchs-Vorbelastung am Wohnhaus des Klägers mit IVb = 20,8 % angegeben und die bei Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen zu erwartende Gesamtbelastung mit IGb = 25,4 % prognostiziert. In der ursprünglichen Fassung des Gutachtens ergab die Berechnung des Sachverständigen eine zu erwartende Gesamtbelastung von IGb = 25,2 %.
18Der Kläger hat gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung am 18. Juli 2012 Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat er geltend gemacht, der Betrieb der genehmigten Geflügelmast führe dazu, dass er unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt werde, da die Geruchsstundenhäufigkeit auf seinem Grundstück über 25 % steige. Die Geruchsimmissionsprognose des Sachverständigen M. erweise sich als offensichtlich falsch. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der im Juni 2011 erstellten Geruchsimmissionsprognose betreffend die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs I. In diesem sei für das Wohnhaus des Klägers eine Gesamtbelastung im Ist-Zustand von 23,4 % ermittelt worden. Im vorliegenden Gutachten hingegen gehe der Gutachter von einer Vorbelastung von lediglich 20,8 % aus. Da bereits mit der genehmigten Erweiterung der Hofstelle I. die Toleranzschwelle von 25 % überschritten worden sei, könne ihm eine weitere Geruchsbelastung nicht mehr zugemutet werden. Er selbst halte gar keine Tiere mehr.
19Der Kläger hat beantragt,
20die der Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 27. Juni 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von 84.500 Mastgeflügelplätzen (Masthähnchen) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt: Nach den Auslegungshinweisen zur GIRL sei das Wohnen im Außenbereich mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden. So könne dort unter Prüfung der speziellen Randbedingen des Einzelfalls eine belästigungsrelevante Kenngröße von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen sein. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorliegend nur an landwirtschaftlichen Betrieben erreicht, die selbst Tierhaltung betrieben. Dies sei zumutbar, weil die Belastungen vorrangig durch die eigene Tierhaltung verursacht würden, und gelte auch für Nachbarn, die - wie der Kläger - keine Tiere mehr hielten. Der Kläger bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, zu dem das von ihm selbst bewohnte Betriebsleiterwohnhaus und der inzwischen fremdvermiete Altenteiler gehöre. In der Vergangenheit habe der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb geteilt und selbst die Viehhaltung aufgegeben, die Gebäude aber verkauft, so dass ihm der jetzige Betrieb zuzurechnen sei.
24Das Geruchsgutachten sei fehlerfrei erstellt worden. Nachdem bekannt geworden sei, dass sich sowohl der Betrieb der Beigeladenen wie auch der landwirtschaftliche Betrieb I. im gleichen Zeitraum erweitern wollten, sei beiden Betrieben nahegelegt worden, die jeweils andere Erweiterung im eigenen Gutachten zu berücksichtigen. Somit seien die Ausgangsbedingungen unterschiedlich gewesen. Auch seien weitere Faktoren, wie etwa die unterschiedliche Richtung und Entfernung zum Kläger, zu berücksichtigen gewesen. Da beide Betriebe bei dem jeweils anderen berücksichtigt worden seien, ergebe sich in beiden Gutachten folgerichtig eine identische Gesamtbelastung am Wohnhaus des Klägers von 25,2 % Jahresgeruchsstunden.
25Die Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat sie ausgeführt: Für das Haus des Klägers sei eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 25,4 % (0,254) ermittelt worden, welche auf einen Wert von 25 % (0,25) zu runden sei. Die festgestellte Gesamtbelastung sei dem Kläger zumutbar. Die GIRL lege keine Werte für die höchstzulässige Geruchsimmission fest, sondern enthalte nur Orientierungswerte. Die belästigungsrelevante Kenngröße des Immissionsanteils ihres Vorhabens am Wohnhaus des Klägers betrage nur 0,05. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL sei bei der Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen, dass in diesen Fällen die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über derjenigen liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen sei. In Anwendung der Ziffer 3.1 der GIRL sei somit ausschließlich die Gesamtbelastung unter Abzug der Geruchseigenbelastung einzubeziehen. Der Wohnnutzung im Haus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus sei dem Tierhaltungsbetrieb auf dem O. zuzurechnen. Die so berechnete Gesamtbelastung liege am Wohnhaus des Klägers sogar unter 0,15. Da der Kläger die Schweinemastanlage über mehrere Jahre selbst betrieben habe, sei sein Grundeigentum mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet. Auch ihre betriebliche Situation sei zu berücksichtigen. Das Vorhaben diene ihr als zweites Standbein, welches erforderlich sei, um langfristig die Existenz des Hofes und der Familie sichern zu können.
28Das Verwaltungsgericht hat den der Beigeladenen durch den Beklagten erteilten Genehmigungsbescheid vom 27. Juni 2012 mit Urteil vom 18. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen aus. Am Wohnhaus des Klägers werde selbst der für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltende Wert von 0,25 überschritten. Hierbei handele es sich um eine absolute Obergrenze. Ihre Einhaltung lasse sich auch nicht damit begründen, dass der Wert von 0,254 abzurunden sei. Rundungen bei einer bereits überschrittenen Höchstgrenze seien nicht zulässig.
29Gegen das Urteil haben der Beklagte und die Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung der Berufung führt der Beklagte in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags aus: Das vorgelegte Gutachten schließe unzumutbare Geruchsbelästigungen verlässlich aus und sei nach mehreren Nachbesserungen auch von dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) als plausibel erachtet worden. Im Rahmen des Genehmigungsverfahren für den vorbelastungsrelevanten Tierhaltungsbetrieb I.-T. GbR sei dem Genehmigungsbescheid vom 15. März 2012 nachträglich eine Auflage beigefügt worden, wonach an den bis dahin lüftungstechnisch unveränderten Bestandsställen ebenfalls Kamine 10 m über Grund und 3 m über Dach herzustellen seien. Eine Änderung der Geruchsprognose in dem damaligen Genehmigungsverfahren sei allerdings nicht für notwendig befunden worden, da das Vorhaben bereits ursprünglich genehmigungsfähig gewesen sei und die neuen Abluftbedingungen insbesondere im Nahbereich der Anlage zu einer Verbesserung der Immissionssituation geführt hätten.
31Das Verwaltungsgericht habe die GIRL widersprüchlich ausgelegt, wenn es einerseits davon ausgehe, diese gebe einen Immissionsgrenzwert für den Außenbereich nicht ausdrücklich vor, aber andererseits einen absoluten oberen Grenzwert von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche vorsehe. Die GIRL sei als in sich geschlossenes, schlüssiges System zu begreifen. Die isolierte Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, verbunden mit der Feststellung, dass der Wert von 0,25 den absoluten Grenzwert darstelle, stehe im Widerspruch zu dem in den Auslegungshinweisen selbst zitierten Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - und zu den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 der GIRL.
32Die zur Beurteilung der Erheblichkeit bedeutsamen Umstände des Einzelfalls seien umfassend ermittelt und bewertet worden. Im Hinblick auf den Kläger habe man unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Vor- und Zusatzbelastung sowie der planungsrechtlichen Grundlagen die nunmehr ermittelte Gesamtbelastung von 0,254, gerundet 0,25, für zumutbar erachtet. Hierbei dürfe die Historie der klägerischen Hofstelle nicht außer Acht gelassen werden. Die genehmigte Tierhaltungsanlage des Klägers sei immissionsschutzrechtlich durchgängig betrieben worden. Zwar habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung angeben, er habe die Schweinezucht ca. ein halbes Jahr vor dem Verkauf im Jahr 2000 aufgegeben. Dies führe aber nicht automatisch zu einem Erlöschen der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Vielmehr seien die Stall- einschließlich aller Nebenanlagen unverändert bestehen geblieben und durch die neuen Betreiber übernommen worden. Mithin stellten der frühere eigene Tierhaltungsbetrieb, dessen Fortführung am Standort und die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs spezielle Randbedingungen dar, die bei der Prüfung des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Zu beachten sei weiterhin das Verhältnis der Zusatzbelastung der verfahrensgegenständlichen Anlage zu der bewerteten Vorbelastung IVb = 0,208 durch die beiden anderen Tierhaltungsanlagen. Die Vorbelastung werde dabei eindeutig durch die Haltung von Mastschweinen und Sauen bestimmt. Selbst bei einer Gewichtung des besonders störenden Mastgeflügelgeruchs sei die Anlage der Beigeladenen maximal für ein Fünftel der Gesamtbelastung verantwortlich.
33Der Beklagte beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Die Beigeladene führt zur Berufungsbegründung aus: Nachdem ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Inhalt der Auflagen Nr. 35 und 38 zum Änderungsgenehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 betreffend die Tierhaltungsanlage der I.-T. GbR bekannt geworden sei, habe sie eine Neuberechnung zur Geruchssituation an den Wohnnutzungen des Klägers veranlasst. Der bisher vorgelegten gutachterlichen Berechnung habe die Erhöhung der Kamine und die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s betreffend die Betriebseinheit 1 noch nicht zugrundegelegen. Auch sei die Methodik der Berechnung der Geruchsbelastung bei Hähnchenmastställen verändert worden. Die mittlerweile vom LANUV NRW als auf der sicheren Seite liegend empfohlene Berechnung der Geruchsemissionen bei Geflügelzucht mittels einer die Wachstumsrate der Tiere darstellenden Zeitreihe sei berücksichtigt worden. Die Gesamtbelastung einschließlich des Betriebs der I.-T. GbR betrage ausweislich des Geruchsgutachtens in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 nebst Nachberechnung vom 16. September 2014 am Immissionsort E1 IGb = 0,23 und am Immissionsort E2 IGb = 0,22. Ohne den dort ansässigen Tierhaltungsbetrieb betrage die Gesamtgeruchsbelastung am Haus E1 0,14 und am Haus E2 0,12 und bliebe damit sogar unter dem in Dorfgebieten zulässigen Wert von 0,15. Nach Prüfung der speziellen Randbedingungen könne im Einzelfall ein Immissionswert von bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche herangezogen werden. Diese Einzelfallabwägung habe der Beklagte zutreffend vorgenommen. Der Kläger habe das Grundstück mit allen Anlagen zur Schweinemast verkauft, so dass ihm auch ein höherer Kaufpreis zugeflossen sei. Selbst wenn man in rechtlicher Hinsicht nicht von selbstverursachten Immissionen ausgehen wolle, sei dieser Aspekt ebenso wie die Prägung der Umgebung durch Tierhaltungsbetriebe jedenfalls als spezielle Randbedingung wertend zu berücksichtigen. Die Zusatzbelastung für den Kläger durch das Vorhaben sei mit 0,05 zwar nicht irrelevant, stelle sich aber im Vergleich zur Gesamtvorbelastung als gering dar. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Wohnnutzung des Klägers rechtlich im Zusammenhang mit der Tierhaltungsanlage genehmigt und sogar durch Baulast gesichert worden sei.
36Die Beigeladene beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung seines Antrags nimmt er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag und führt im Übrigen aus: Das der Genehmigung zugrundeliegende Geruchsgutachten sei nicht nachvollziehbar. Die anlässlich der Erweiterung der Hofstelle I. und des Betriebes der I.-T. GbR vorgelegten Gutachten gingen jeweils von deutlich höheren Vorbelastungen an seinem Haus aus. Addiere man hierzu die aus dem geplanten Hähnchenmaststall der Beigeladenen zu erwartende Mehrbelastung, ergebe sich eine Geruchsbelastung von deutlich mehr als 25 % Jahresgeruchsstunden Eine Zurechnung der durch den jetzigen Betrieb der I.-T. GbR verursachten Immissionen scheide schon deshalb aus, weil dieser nur zu einem geringen Teil auf seinem früheren Grundstück liege. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Abluftfahnenüberhöhung bei dem Schweinemaststall BE 1 lägen nicht vor. Da sich im Umkreis von 100 m Gebäude und Baumbewuchs befänden, sei eine freie Anströmung der Kamine nicht gegeben.
41Im Berufungsverfahren hat der erkennende Senat eine fachliche Stellungnahme des LANUV NRW eingeholt, ob das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der 2. Ergänzung vom 3. März 2014 nachvollziehbar und plausibel sei. Mit Schreiben vom 5. September 2014 hat das LANUV NRW ausgeführt, dass es die Darstellung der ermittelten Immissionen grundsätzlich als plausibel ansehe. Bezogen auf die Ausbreitungsrechnung sei jedoch aufgefallen, dass diese hinsichtlich der Quelle QUE_40 (Mastschweinestall mit 6 Kaminen) der Tierzuchtanlage I.-T. nur einen Kamin enthalte. Auch habe der Gutachter die Quelle QUE_43 (Güllehochbehälter) in der Ausbreitungsrechnung nicht angesetzt. Vor einer Heranziehung des Gutachtens sei die Rechnung diesbezüglich zu korrigieren.
42Die Beigeladene hat in der Folge die bereits erwähnte teilweise Neuberechnung vom 16. September 2014 vorgelegt.
43Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. vom LANUV NRW - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Stadt H. Bezug genommen.
45Entscheidungsgründe:
46Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 27. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47Von dem Vorhaben der Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
48Bei der durch die Beigeladene geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 84.500 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
49Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei ist neben der eigenen Wohnung des Klägers auch der fremdvermietete Altenteiler in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
50Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 ‑ 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
51Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
52Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
53In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
55Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben der Beigeladenen als auch das Wohnhaus des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.5.a).
56Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
57I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
58vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
59bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung (dazu 3.) unter Berücksichtigung der Rundungsregeln der GIRL (dazu 4.) ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu 5.).
601. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
61Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
62Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
63Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
64Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für den von ihm vermieteten Altenteiler geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
652. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
66Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
67kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
683. Soweit Nr. 4.6 (Auswertung) Abs. 2 der GIRL vorgibt, die Kenngröße der Gesamtbelastung IG ergebe sich aus der Addition der Kenngrößen für die vorhandene und die zu erwartende Zusatzbelastung, gilt dies nicht für den vorliegenden Fall einer Ausbreitungsrechnung. So weisen die Auslegungshinweise zu Nr. 4.6 der GIRL darauf hin, dass die dort angeführte Addition von Vorbelastung und Zusatzbelastung zur Gesamtbelastung nur für den Fall gelte, dass die Vorbelastung durch Rasterbegehung nach VDI 3949, Blatt 1 (2006) ermittelt worden sei. Werde in einer Prognose nur die Ausbreitungsrechnung für die Ermittlung der Gesamtgeruchsbelastung verwendet, so müssten die Geruchsimmissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in eine gemeinsame Rechnung Eingang finden.
69Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 6 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 33; Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2012 ‑ 12 LA 114/11 -, BauR 2012, 1769 = juris Rn. 11.
70Erfolgt hingegen eine Addition von Werten, die in Ausbreitungsrechnungen ermittelt worden sind, erweist sich dieses Vorgehen als nicht konform mit der GIRL. Die Addition einzelner Gerüche für einen Ort berücksichtigt nicht die Überlagerung von Geruchsfahnen und führt in der Folge grundsätzlich zu einer Überschätzung der zu erwartenden Immissionswerte. Lediglich für eine grobe, aufgrund der Überschätzung auf jeden Fall auf der sicheren Seite liegende Abschätzung zu erwartender Geruchsimmissionen kann eine derartige Addition einzelner Belastungen Verwendung finden. Hierauf weist das LANUV in seiner fachlichen Stellungnahme gegenüber dem Senat vom 5. September 2014 ausdrücklich hin.
714. Nach Nr. 4.6 der GIRL sind für die Berechnung der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb die Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung mit 3 Stellen nach dem Komma zu verwenden. Zum Vergleich der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb mit dem aus der Tabelle 1 zu entnehmenden Immissionswert für das jeweilige Gebiet sind sie auf zwei Stellen nach dem Komma zu runden. Diese Vorgaben über die Berechnung und die Rundung auf zwei Stellen nach dem Komma werden durch die GIRL nicht auf bestimmte Gesamtbelastungen eingeschränkt, sondern stellen eine allgemeine Rundungs- und Vergleichsregel dar. Die GIRL beruht - wie schon dargelegt - auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen. Ihr kommt insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten zu. Zwar ist das Gericht bei der Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen mangels Rechtsnormqualität der GIRL nicht gehindert, von deren Ergebnis abzuweichen. Der Außerachtlassung bloß einzelner Teile der GIRL steht aber grundsätzlich entgegen, dass diese als vorweggenommene sachverständige Bewertung ein Gesamtkonzept verfolgt, das nicht nur partiell angewendet werden kann.
725. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
73a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
74Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
75Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
76Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
77Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
78Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
79b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
80Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
81Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
82Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
83Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
84Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
86Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
87Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
88Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit - worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
89Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
90c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
91aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
92Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
93Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
94In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
95bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
96Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
97Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
98cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
99Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
100In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
101Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
102dd) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
103Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
104Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
105II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben der Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen nicht überschritten (dazu 2.).
1061. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls, wie der landwirtschaftlichen Prägung (dazu a), der bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle (dazu b) und der besonderen Ortsgebundenheit des Vorhabens der Beigeladenen (dazu c) ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
107a) Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der Wohnbebauung auf dem Grundstück des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich liegen die Hofstelle I,. auf der Schweinezucht betrieben wird, der W. mit bis zu 60 Pferden, der T. der Beigeladenen mit derzeit noch betriebener Rinderzucht sowie der M., auf dem Rinder- und Schweinezucht betrieben wird. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen landwirtschaftlich genutzt. Die vorhandenen Wohnhäuser weisen alle einen Bezug zu diesen landwirtschaftlichen Hofstellen auf.
108b) Für den Kläger erweist sich in diesem Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 auch deshalb als noch hinnehmbar, weil er sich als Landwirt, der auf seiner Hofstelle nunmehr nur noch Ackerbau betreibt (dazu aa), die von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen jedenfalls zu einem erheblichen Teil wertungsmäßig zurechnen lassen muss (dazu bb).
109aa) Der Kläger hat aus betrieblichen Erwägungen seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf reinen Ackerbau umgestellt. Dies führt - ebenso wenig wie eine gänzliche Aufgabe der Landwirtschaft - nicht zu einer geringeren Erheblichkeitsschwelle für landwirtschaftliche Gerüche. Vielmehr bleibt er im Rahmen der Variationsbreite der Landwirtschaft und ist somit mit einer vergleichbaren Verpflichtung zur Hinnahme von Geruchsimmissionen belastet wie zuvor. Andernfalls hätte es der jeweilige Betreiber einer Tierhaltungsanlage allein durch die Änderung des Betriebskonzepts in der Hand, die Zumutbarkeitsschwelle zu senken und den umliegenden Betrieben, mit denen er in einem wechselseitigen Verhältnis des Duldens steht, einseitig über die Bestandsgenehmigungen hinaus die Möglichkeit etwa der Erweiterung zu nehmen. Dies würde gerade auch deshalb zu einem Wertungswiderspruch führen, da er selbst weiterhin als - wenngleich anders ausgerichteter - Landwirt die bauplanungsrechtliche Privilegierung der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB in Anspruch nimmt.
110bb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs waren ursprünglich Teil des von ihm geführten landwirtschaftlichen Betriebs (dazu aaa) und weisen aufgrund von Baulasten auch weiterhin eine besondere rechtliche Verbindung zu ihm auf (dazu bbb).
111aaa) Die Schweinehaltung der I.-T. GbR steht in einem engen räumlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers und ist historisch als Teil einer einheitlichen landwirtschaftlichen Hofstelle anzusehen. Vorliegend hat der Kläger die Schweinehaltung zwar nach eigenen Angaben im Jahr 1999 aufgegeben. In der Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ist aber zu berücksichtigen, dass er in der Folge das Grundstück geteilt und Teile mit den bestehenden Schweineställen und sonstigen Einrichtungen an die nunmehrigen Gesellschafter der I.-T. GbR veräußert hat. Diese haben in der Folge die Aufteilung der bestehenden Schweinemast angezeigt. Die Stadt H. erteilte beiden Betreibern Baugenehmigungen für die jeweilige Teilübernahme der Schweinemastanlage. Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken B und C befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage - und zwar auf der Grundlage der früher erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - betreibe. Mithin setzte die Betreiberin den Betrieb der ursprünglich durch den Kläger betriebenen Anlage mit den - jedenfalls ganz überwiegend - unveränderten Anlagen fort.
112Es liegt nicht im Ermessen des jeweiligen Inhabers der Hofstelle, durch Veräußerung emittierender Tierhaltungsanlagen an eine rechtlich von ihm zu unterscheidende Person diese immissionsschutzrechtlich einer anderen Bewertung zu unterwerfen - hier durch den sodann fehlenden eigenen Beitrag zu den Immissionen -, ohne dass eine bestehende räumlich-funktionale Einheit und die historische Entwicklung Berücksichtigung findet. Dies würde im Übrigen auch zu einer missbräuchlichen Gestaltung zum Nachteil der übrigen Betreiber von Tierhaltungsanlagen einladen können.
113bbb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs sind mit der Hofstelle des Klägers auch weiterhin durch Baulasten in rechtlich erheblicher Weise besonders verbunden.
114Durch Eintragung vom 6. März 1983 wurde eine Baulast begründet, mit der das Wohnhaus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus an den auf dem damaligen Flurstück 84 bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb gebunden worden ist. Diese Verbindung wurde ausdrücklich als dauerhaft und ständig bezeichnet. Eine Teilung und getrennte Veräußerung wurde ausgeschlossen. Die Bindung des Betriebsleiterwohnhauses umfasst somit nicht nur den heute von dem Kläger geführten landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Flurstück A, sondern auch die auf den Flurstücken B und C weiterhin bestehenden Schweinemastställe. Die für das Flurstück übernommene Baulast setzt sich insoweit an den durch die Teilung entstandenen Flurstücken fort. Dies folgt, obwohl eine ausdrückliche Regelung in der Bauordnung hierzu fehlt, aus dem Regelungsgedanken des § 1026 BGB, wonach eine Grunddienstbarkeit bei Teilung des dienenden Grundstücks nur insoweit erlischt, als die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des Grundstücks beschränkt ist.
115Vgl. insoweit zur Grunddienstbarkeit: OLG München, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 34 Wx 543/11 -, juris Rn. 8; Mayer, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1026 Rn. 1; Grziwotz, in: Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 1026 Rn. 2.
116Dabei kommt es auf die Frage, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der bestehenden Mastställe in Folge der Aufteilung der Ställe und das Unterschreiten der maßgeblichen Schwellenwerte nach der 4. BImSchV erloschen ist, nicht maßgeblich an. Auch ein mehrmonatiges Brachliegen der Schweinezucht stellt im Zusammenhang mit dem Übergang der Einrichtungen auf den Erwerber keine Unterbrechung dar, die angesichts der Kontinuität der äußeren Umstände den sodann aufgenommenen Betrieb als etwas wesentlich anderes erscheinen ließe. Für die Berücksichtigung der von dem Kläger hinzunehmenden Geruchsimmissionen erweist es sich weiterhin als nicht maßgeblich, dass die Mastställe zwischenzeitlich aufgrund der Eigentumsstrukturen als baurechtlich genehmigte Anlagen aus dem Regelungsregime des BImSchG herausgefallen sind. Der Umfang der sich ergebenden Geruchsimmissionen an dem Wohnhaus des Klägers unterscheidet sich nicht aufgrund der gesetzlichen Regelung, aufgrund derer die Anlage genehmigt worden ist.
117Der Berücksichtigung im Rahmen der Einzelfallwertung jedenfalls im Umfang des im Zeitpunkt der Veräußerung bestehenden Betriebs steht nicht entgegen, dass die I.-T. GbR den Schweinemastbetrieb im Jahr 2012 durch Neubau eines weiteren, 2.600 Mastplätze umfassenden Stallgebäudes erheblich vergrößert hat. Die ursprünglich vorhandenen Stallungen mit nunmehr noch 2.213 Mastplätzen treten dahinter jedenfalls nicht in solchem Umfang zurück, dass der Schweinemastbetrieb nunmehr als ein gänzlich anderer als der erscheint, den der Kläger 1999 veräußert hat.
118Für eine Vergleichbarkeit der von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen mit solchen vom eigenen Betrieb ausgehenden spricht im vorliegenden Fall schließlich, dass das Grundstück des Klägers mit der Flurstücksnummer A gemeinsam mit den angrenzenden Flurstücken B und C, die den veräußerten Stallbestand umfassen, mit einer Vereinigungsbaulast aus dem Jahr 2000 belastet ist. Nach dem Inhalt dieser Baulast sollen die drei Flurstücke (dort bezeichnet durch die Teilstücke A, B und C des ursprünglichen Flurstücks) nicht nur bauordnungs-, sondern auch bauplanungsrechtlich als ein Grundstück anzusehen sein.
119Vgl. zur Möglichkeit der Erstreckung einer Baulast auch auf das Planungsrecht BVerwG, Beschluss vom 12. November 1987 - 4 B 216/87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24 = juris Rn. 2.
120Insoweit kann sich der Kläger gegenüber dem Schweinemastbetrieb, jedenfalls soweit dieser auf den Flurstücken B und C ausgeübt wird, nicht auf das bauplanungsrechtliche, im Außenbereich über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB wirkende Gebot der Rücksichtnahme berufen, da ihm insoweit keine nachbarlichen Abwehrrechte zukommen.
121Vgl. zu der Möglichkeit, sich der aus dem Rücksichtnahmegebot folgenden Abwehrrechte zu begeben, BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3/00 -, NVwZ 2001, 813 = juris Rn. 17.
1222. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen überschreiten auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 sowie der weiteren Neuberechnung vom 16. September 2014 den Immissionswert von 0,25 nicht. Auch soweit das Haus des Klägers bei der Darstellung der Immissionsprognose in mehreren Rasterfeldern liegt, kommt maximal eine Immissionsbelastung von 0,25 in Betracht (dazu a). Dabei sind die jedenfalls aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen emittierten Tiergerüche dem Kläger wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen (dazu b). Gleiches würde für die Mehrimmissionen gelten, soweit eine Abgasfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 zu Unrecht angesetzt worden wäre (dazu c). Auch im Übrigen bestehen an den Ansätzen der vorgelegten Immissionsprognose keine Zweifel (dazu d).
123a) Soweit der Kläger der Auffassung ist, das vorgelegte Immissionsgutachten schließe nicht aus, dass an seinem Wohnhaus eine den Wert von 0,25 überschreitende Gesamtgeruchsbelastung vorliege, folgt der Senat dem nicht, losgelöst von der Frage, ob und inwieweit die Immissionen aus dem Schweinemastbetrieb überhaupt als Fremdbelastung zu berücksichtigen sind. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass in der Darstellung der zu erwartenden Gesamtbelastung vom 16. September 2014 sein Wohnhaus in mehreren Rasterflächen liegt und für eine Rasterfläche die Gesamtbelastung mit 0,27 angegeben wird. Der in der mündlichen Verhandlung befragte Sachverständige des LANUV NRW hat jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass selbst bei - pessimaler - Mittelung beider Werte maximal eine Gesamtbelastung von 0,25 vorliege.
124b) Offenlassen kann der Senat vorliegend, ob die aus der Schweinehaltung der I.-T. GbR herrührenden Geruchsimmissionen dem Kläger in vollem Umfang wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen und daher bei der Ermittlung der Vorbelastung nicht zu berücksichtigen sind. Jedenfalls die aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen (BE 1 und 2) emittierten Tiergerüche sind ihm bei wertender Betrachtung als Eigenimmissionen zuzurechnen. Zwar stehen weder die Grundstücke einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe gegenwärtig in seinem Eigentum noch kann er Einfluss auf die Tierhaltung als solche nehmen. Wie vorstehend aber bereits ausgeführt, hat der Kläger die Schweinemastställe veräußert, so dass ihm ein entsprechender Erlös zugeflossen ist. Die beiden Ställe BE 1 und BE 2 werden nunmehr durch die Erwerber nahezu unverändert weiterbetrieben. Dies geschah bis in das Jahr 2012 sogar unter Ausnutzung der bisherigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Weiterhin ist das Grundstück des Klägers mit der fortbestehenden Hofstelle durch eine Vereinigungsbaulast auch bauplanungsrechtlich mit den Ställen BE 1 und BE 2 verbunden, so dass dem Kläger insoweit kein planungsrechtlicher Rücksichtnahmeanspruch zukommt und er sich in der Folge gegen dort herrührende Geruchsbelästigungen nicht erfolgreich zur Wehr setzen kann. Gibt der Betreiber einer Tierhaltungsanlage durch Veräußerung die Einflussnahmemöglichkeit auf, verzichtet aber gleichzeitig gegenüber dieser Anlage auf seinen Rücksichtnahmeanspruch, ergibt sich kein Unterschied zu eigener Tierhaltung.
125Dass das Geruchsimmissionsgutachten die durch die Schweinemast bedingten Immissionen als Fremdvorbelastung berücksichtigt, steht der Annahme einer fehlenden Überschreitung des Immissionswertes IW = 0,25 nicht entgegen. Selbst bei vollständiger Einbeziehung der durch die Schweinezucht auf die klägerische Wohnbebauung einwirkenden Geruchsimmissionen beträgt die Gesamtbelastung - unter Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 - am Haus des Klägers maximal 0,25.
126c) Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose zu Recht für die von dem Schweinemaststall BE 1 ausgehenden Geruchsimmissionen eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt hat. Die für eine Abluftfahnenüberhöhung erforderliche Mindesthöhe der Kamine ist gegeben. Nach der Nebenbestimmung Nr. 35 zu der erteilten Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 sind im Zuge der Um- und Neubaumaßnahmen an dem bestehenden Stall BE 1 die Kamine auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über Dachfirst zu erhöhen. Auch die Anforderungen an den Bewegungsimpuls sind eingehalten. Die erforderliche Mindestabluftgeschwindigkeit muss ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 38 Satz 2 zu jeder Betriebsstunde mindestens 7 m/s betragen.
127Ob, wie der Kläger meint, der freie Luftstrom aufgrund der Höhe der östlich des Schweinestalls liegenden Gebäude seiner Hofstelle nicht ausreichend gesichert ist, um eine Abluftfahnenüberhöhung anzunehmen, kann vorliegend dahinstehen. Selbst wenn dem Kläger in dieser Einschätzung zu folgen sein sollte und sich in der Folge die tatsächliche Geruchsbelastung als höher erweisen würde, würde dies nicht zur Annahme einer höheren Gesamtbelastung IG im Sinne der GIRL führen. Wie bereits ausgeführt, sind dem Kläger jedenfalls die Geruchsimmissionen aus den Schweinemastställen BE 1 und BE 2 wertend als Eigenimmissionen zuzurechnen, die in der anzunehmenden Vor- wie auch der Gesamtbelastung nach der GIRL keine Berücksichtigung finden. Sind aber die von dem Schweinemaststall BE 1 hervorgerufenen Geruchsimmissionen insgesamt nicht zu berücksichtigen, kann auch der Wegfall der in dem Geruchsimmissionsgutachten für den Stall BE 1 angesetzten Abluftfahnenüberhöhung nicht zu einer Immissionserhöhung an der klägerischen Wohnbebauung führen.
128d) Gegen den Ansatz des vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens bestehen auch keine sonstigen Bedenken.
129Das Gutachten, das die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) ansetzt, erfasst die zu erwartende Geruchsimmissionsbelastung am Haus des Klägers auch im Übrigen zutreffend.
130Soweit der Kläger vorträgt, die tatsächliche Geruchsbelastung sei höher als prognostiziert, und dies insbesondere mit den Geruchsvorbelastungen begründet, die jeweils in dem für die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betrieb I. bzw. des Schweinemastbetriebs der I.-T. GbR vorgelegten Geruchsgutachten ausgewiesen worden seien, ist dieser Schluss nicht tragfähig. Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem von demselben Sachverständigenbüro mit der lfd. Nummer 2205 erstellten Geruchsimmissionsgutachten vom 18. Juni 2011 betreffend die Erweiterung der Hofstelle I. keine höhere Geruchsvorbelastung als in dem hier maßgeblichen Gutachten angenommen. Dort ist die für das Haus des Klägers angenommene Vorbelastung durch alle Quellen (Ist-Zustand) mit Ausnahme der Hofstelle I. insgesamt mit IVb = 20,5 % angegeben. Einschließlich der Hofstelle I. (Ist-Zustand) ohne die dort beantragten Schweineställe wird die Geruchsbelastung mit IGb1 = 23,4 % angegeben. Die Gesamtbelastung einschließlich des Vorhabens auf der Hofstelle I. und des Hähnchenmastbetriebs der Beigeladenen beträgt = 25,2 %. Die Berücksichtigung der Haltung von 84.500 Masthähnchen auf der Hofstelle des Beigeladenen sowohl für den Wert IGb1 wie auch für den Wert IGb2 folgt dabei aus der Übersicht über die Tierplätze und dem Ansatz der Quellen QUE_10 und QUE_11 in der Quellenübersicht des Gutachtens.
131Der in dem hier maßgeblichen Gutachten Nr. 2101 in der zeitlich damit korrespondierenden (Ursprungs-)Fassung vom 27. Januar 2011 benannte Vorbelastungswert (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I. um 740 Mastschweine als Quelle QUE_6, aber ohne die Hofstelle der Beigeladenen) betrug IVb = 20,8 %. Der als Gesamtbelastung ausgewiesene Wert IGb = 25,2 % (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I.) entsprach der in dem Gutachten Nr. 2205.
132Eine hieraus von dem Kläger abgeleitete schlichte Addition der sich jeweils ergebenden Mehrbelastungen für beide Vorhaben ist - wie ausgeführt - nicht zulässig. Soweit der Kläger im vorliegenden Fall einwendet, dass eine Überlagerung der Immissionen aus der Erweiterung der Hofstelle I. und dem Vorhaben der Beigeladenen schon wegen der unterschiedlichen Himmelsrichtung bezogen auf sein Wohnhaus ausgeschlossen erscheinen müsse, spricht hiergegen, dass bei Winden aus nordöstlichen Richtungen eine Überlagerung der Immissionen aus beiden Quellen geradezu naheliegend erscheint.
133Auch soweit der Kläger die fehlende Belastbarkeit der durch die Beigeladene vorgelegten Geruchsimmissionsprognose im Hinblick auf das anlässlich der Erweiterung des Schweinemastbetriebs I.-T. GbR vorgelegte Immissionsberechnung der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 anführt, die bereits ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. zu einer Gesamtbelastung IGb zwischen 18 und 22 % an dem Wohnhaus des Klägers ausweise, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die in dem von der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 ausgewiesene Gesamtbelastung IGb ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. kann bereits deshalb nicht mit der hier maßgeblichen Immissionsprognose verglichen werden, weil sich die maßgeblichen Rahmenbedingungen geändert haben.
134Weiterhin kann sich der Kläger vorliegend auch nicht mit Erfolg darauf berufen, eine Geruchsfahnenüberlagerung zwischen dem Schweinemastbetrieb der I.-T. GbR und den übrigen Erweiterungen sei ausgeschlossen. Eine solche kommt bezüglich des durch die Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 genehmigten Schweinemaststalls BE 3 der I.-T. GbR und dem auf der Hofstelle I. genehmigten Schweinezuchtstall zunächst jedenfalls bei (eher seltenen) nördlichen Windrichtungen in Betracht. Als überwiegend maßgeblich erweist sich aber insbesondere die geringe Distanz des klägerischen Wohnhauses zu den Schweineställen auf seiner (erweiterten) Hofstelle, welche jedenfalls bei häufig vorherrschenden Schwachwindlagen zu einer Überlagerung der Geruchsfahnen unabhängig von der Windrichtung führt. Hierauf hat der in der mündlichen Verhandlung gehörte Sachverständige des LANUV NRW ausdrücklich hingewiesen.
135Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
136Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
137Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Der Beschluss des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wird mit Ausnahme der Kostenentscheidung abgeändert.
Die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, 13. Februar 2012 und vom 14. August 2014 wird ab dem Zeitpunkt angeordnet, ab dem die Beigeladene gegenüber dem Antragsgegner und den Antragstellern nachgewiesen hat,
a) dass die im Schreiben vom 26. Mai 2014 gegenüber dem Bauordnungsamt des Antragsgegners verbindlich angekündigten Änderungen des landwirtschaftlichen Betriebes der T. Agrar GbR - Reduzierung des Tierbestandes sowie Modernisierung der Abluftführung in den Stallungen - umgesetzt wurden,
und
b) dass die Mündungshöhe des Abgaskamins des Technikgebäudes der streitgegenständlichen Anlage mindestens 10 m über dem Erdboden und mindestens 3 m über dem Dachfirst liegt sowie die Abluftgeschwindigkeit der Raumentlüftung 7 m/sec beträgt.
Im Übrigen werden der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage 8 A 799/14 (VG Minden 11 K 805/11) gegen den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 sowie der Antrag der Beigeladenen abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu 3/4, die Beigeladene und der Antragsgegner zu je zu 1/8. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Antragsteller wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und die Inbetriebnahme einer Biogasanlage auf dem Grundstück T1. , X. , Gemarkung I. .
4Die Beigeladene beantragte am 23. August 2010 die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 400 kW und einer Feuerungswärmeleistung von 1.015 kW. In der Anlage würden Schweinegülle (3.000 t/a), Maissilage (6.288 t/a) und Ganzpflanzensilage (700 t/a) zur Gasherstellung eingesetzt. Die Gülle werde mit Transportfahrzeugen vom landwirtschaftlichen Betrieb zur Biogasanlage gefahren und in dem Annahmebehälter zwischengelagert. Von dort werde sie dem Anmischbehälter zugeführt. Die Mais- und Ganzpflanzensilage werde von dem aus drei Fahrsilos bestehenden Silagelager mit Radladern in den Annahmebunker am Technikgebäude abgekippt, von wo sie in den Anmischbehälter eingetragen werde. Das Material werde nach dem Mischvorgang dem Fermenter zugeführt, wo unter anaeroben Bedingungen organische Substanz abgebaut werde und Biogas entstehe; das restliche Gärsubstrat komme in den Gärrestspeicher. Das Biogas werde gekühlt, getrocknet und danach im Blockheizkraftwerk (Gasmotor) verbrannt. Über einen Generator werde Strom erzeugt. Die Beigeladene legte im Genehmigungsverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 14. September 2010 - ergänzt unter dem 16. Dezember 2010 ‑ vor, wonach die Zusatzbelastung durch die Gerüche der Biogasanlage die Irrelevanzschwelle nicht überschreite.
5Mit Bescheid vom 29. März 2011 genehmigte der Antragsgegner die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage (elektrische Leistung 400 kW, Feuerungswärmeleistung 1.015 kW, maximale Gaserzeugung 2,3 Mio Nm³/a). Der Antragsgegner ordnete die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
6Die Antragsteller, die in unmittelbarer Nachbarschaft des Anlagenstandorts wohnen, haben am 13. April 2011 Klage erhoben und Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Sie machen insbesondere geltend, sie würden durch den Betrieb der Anlage unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.
7Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 15. Juni 2011 abgelehnt - VG Minden 11 L 180/11 -. Die Antragsteller haben hiergegen Beschwerde eingelegt.
8Am 28. März 2012 hat die Beigeladene einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt (Modifizierung der Fahrsiloanlage, des Technikgebäudes und des Betriebs des Annahmebunkers, Verzicht auf die westliche Zufahrt und Verlagerung der Wallanlage) und ein diese Änderungen einbeziehendes Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 20. April 2012 vorgelegt.
9Der Senat hat auf die Beschwerde der Antragsteller die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wiederhergestellt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, es sei offen, ob bei der Nutzung der Biogasanlage für die Antragsteller unzumutbare Geruchsimmissionen entstünden. Insbesondere aufgrund der Defizite der vorliegenden Geruchsimmissionsprognose könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass die Irrelevanzschwelle von 2% der Jahresgeruchsstunden - anders als prognostiziert - überschritten werde. Eine verlässliche Aussage darüber, wie hoch die voraussichtliche Gesamtbelastung am Wohnhaus der Antragsteller sei, sei mangels entsprechender Untersuchung nicht möglich. Die bei dieser Sachlage erforderliche Interessenabwägung gehe zulasten der Beigeladenen aus.
10Der Antragsgegner hat den Genehmigungsbescheid mit Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 geändert sowie mit der weiteren Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 um die am 28. März 2012 beantragten Änderungen ergänzt. Dabei hat er die Vorgaben des Gutachtens der Gutachter V. & Partner vom 7. August 2012, das die veränderte Vorbelastung aufgrund der ins Auge gefassten Änderungen der Abluftanlagen bzw. der Kamine der Stallungen der T. Agrar GbR einbezogen hat, und das Geruchsgutachten vom 20. April 2012 berücksichtigt sowie dem Genehmigungsbescheid Nebenbestimmungen zu den beantragten Maßnahmen und zur Abdeckung, Öffnung und Reinigung der Silageanschnittfläche hinzugefügt.
11Der Antrag der Beigeladenen vom 10. August 2012 auf Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 und auf Ablehnung des Antrags der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung blieb ohne Erfolg (vgl. Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. September 2012 - 11 L 521/12 - sowie Beschluss des Senats vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -).
12Die Beigeladene hat im erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013 vorgelegt, das diese unter dem 19. September 2013 und unter dem 21. Februar 2014 ergänzt haben.
13Mit Bescheid vom 19. Juli 2013 hat der Antragsgegner der Beigeladenen den Betrieb der zwischenzeitlich errichteten Anlage untersagt. Die Untersagungsverfügung ist bestandskräftig geworden.
14Das LANUV NRW hat in seiner vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahme vom 26. November 2013 erklärt, bei erneuter Durchsicht der Unterlagen bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung in dem Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013. Die aktuell vorliegenden Ergebnisse seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Antragsteller darzustellen, soweit alle Geruchsemittenten berücksichtigt würden, die Zuordnung der Geruchsquellen entsprechend der Prüfung des Antragsgegners plausibel sei und die Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld zu keiner Änderung der ermittelten Geruchsbelastung führten. Die Auswertung der Berechnungsergebnisse führe am Wohnhaus der Antragsteller zu einer Geruchsbelastung von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche der Biogasanlage, 0,17 / 17 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche aus Tierhaltung und einer durch Ausbreitungsberechnung ermittelten Gesamtbelastung von 0,22 / 22 % der Jahresgeruchstunden.
15Da Gerüche aus Biogaslagen den Gerüchen aus Tierhaltung nicht gleichgestellt werden könnten, bedürfe es der Bestimmung zweier Immissionswerte. Für Gerüche aus Tierhaltung sei ein Immissionswert von bis 0,25 / 25 % der Jahresgeruchsstunden und für Gerüche der Biogasanlage ein Immissionswert von 0,15 / 15 % bis 0,20 / 20 % der Jahresgeruchsstunden denkbar. Bei einem solchen Zusammentreffen unterschiedlicher Immissionswerte dürfe die Summe der jeweiligen Anteile den Wert 1,00 nicht überschreiten. Dieser Wert werde vorliegend selbst bei Zugrundelegung eines Immissionswerts für Gerüche aus der Tierhaltung von 0,25 und eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,20 mit Blick auf die Vorbelastung durch Gerüche aus der Tierhaltung von 0,17 / 17 % der Jahresgeruchsstunden und einer Zusatzbelastung von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchsstunden durch Gerüche aus der Biogasanlage - wenn auch nur geringfügig (1,03) - überschritten.
16Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 13. Februar 2014 die Nebenbestimmungen 1 bis 4 der Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 betreffend die Umbaumaßnahmen auf dem Hof der T. Agrar GbR aufgehoben.
17Mit Urteil vom 24. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht Minden den angefochtenen Genehmigungsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Genehmigung in der Fassung der Änderungsbescheide stelle nicht hinreichend sicher, dass beim Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen entstünden. Auf den von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärten Verzicht auf die dem Grundstück der Antragsteller nächstgelegene Fahrsilokammer sowie auf den Einsatz und die Lagerung von Grassilage komme es nicht an. Die Summe der Anteile der Gerüche sei - bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,25 für die Gerüche aus Tierhaltung - bei einer anhand der neuen Erkenntnisse zu den genehmigten Tierplatzzahlen des Nachbarbetriebs H. orrigierten Geruchsvorbelastung durch Tierhaltung von 0,18 / 18 % der Jahresgeruchsstunden sowie einer Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchsstunden größer als 1, und zwar sowohl bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,15 als auch bei Zugrundlegung eines Immissionswerts von 0,20 für Gerüche aus der Biogasanlage (1,07 bzw. 1,19).
18Die Beigeladene hat unter dem 8. April 2014 die Zulassung der Berufung beantragt ‑ 8 A 799/14 -. Das Verfahren ist noch anhängig.
19Am 6. Juni 2014 hat die Beigeladene einen weiteren Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt. Gegenstand des Antrags ist der Verzicht auf die dem Wohnhaus der Antragsteller nächstgelegene dritte Fahrsilokammer, die ausschließliche Lagerung von Maissilage, die Änderung der Raumentlüftung des Technikgebäudes sowie der Einbau eines Aktivkohlefilters im Anschluss an den Anmischbehälter. Es sei ein Input an nachwachsenden Rohstoffen von 3.988 t/a und an Gülle von 3.000 t/a geplant; die Rohgasproduktion belaufe sich voraussichtlich auf 1.480.024 m³/a. Die Beigeladene hat ein ergänzendes Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgelegt, das diese Änderungen und die von der T. Agrar GbR unter dem 26. Mai 2014 gegenüber der Bauaufsicht verbindlich zugesagten Änderungen ihres landwirtschaftlichen Betriebes (Abluft der Stallungen und Reduzierung der Tierzahlen) berücksichtigt. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Antragsteller 0,04 / 4 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche der Biogasanlage und 0,15 / 15 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche aus Tierhaltung betrage, die Gesamtbelastung belaufe sich auf 0,19 / 19 % der Jahresgeruchstunden. Ausgehend von einem Immissionswert von 0,20 für Gerüche aus Tierhaltung und einem Immissionswert von 0,175 für Gerüche der Biogasanlage sei auch unter Berücksichtigung der Prüfformel des LANUV NRW bei einem Wert von 0,98 nicht mit einer unzumutbaren Geruchsbelastung zu rechnen.
20Mit Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 hat der Antragsgegner die Änderungen genehmigt und die Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014 zum verbindlichen Bestandteil des Antrags gemacht; die darin angenommenen Rahmenbedingungen seien einzuhalten und den Empfehlungen sei zu folgen.
21Am 1. September 2014 hat die Beigeladene den vorliegenden Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Form der Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 gestellt, hilfsweise hat sie die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung vom 29. März 2011 beantragt.
22II.
23Die auf §§ 80 a Abs. 3 Sätze 1 und 2, 80 a Abs. 1 Nr. 1 und 80 Abs. 7 VwGO gestützten Anträge der Beigeladenen auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2011 - 8 B 799/11 - und auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides in seiner aktuellen Fassung haben unter den aus dem Tenor ersichtlichen Maßgaben Erfolg. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Beigeladene in der Sache die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der - aktuellen - Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, vom 13. Februar 2014 und zuletzt des Bescheides vom 14. August 2014 begehrt.
24A. Die Beigeladene kann die Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2011 - 8 B 799/11 - und - unter der genannten Voraussetzung - die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung verlangen.
25Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Diese Vorschrift gilt nach § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend, wenn ein Dritter - wie hier die Antragsteller - einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt (Verwaltungsakt mit Doppelwirkung) einlegt. Nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten die sofortige Vollziehung anordnen.
26Der Senat ist für die Entscheidung über den Abänderungsantrag und über die Anordnung der sofortigen Vollziehung zuständig. Nachdem die Beigeladene am 8. April 2014 die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 24. Februar 2014 beantragt hat, ist der Senat das Gericht der Hauptsache, vgl. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO.
27Vorliegend bedarf es zunächst der Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - nach §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Die Voraussetzungen für die Abänderung des Beschlusses liegen vor. Die maßgeblichen Umstände haben sich gegenüber dem Ausgangsverfahren verändert (dazu 1). Diese veränderten Umstände führen zu einer anderen als der zuvor getroffenen Entscheidung. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ist unter Berücksichtigung der aktuellen Sachlage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzulehnen (dazu 2.). Die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung wird gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO angeordnet. Voraussetzung ist allerdings, dass die aus dem Tenor ersichtlichen Maßgaben erfüllt sind. Diese Maßgaben tragen dem Umstand Rechnung, dass bislang weder die Beigeladene noch die T. Agrar GbR die in der Immissionsprognose der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgesehenen geruchsmindernden Maßnahmen (vollständig) umgesetzt haben (dazu 3.).
281. Die Beigeladene verlangt zu Recht zunächst die Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 -. Der im Ergebnis angestrebten Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung steht aufgrund der analog § 121 VwGO eingetretenen materiellen Rechtskraft des Beschlusses ohne eine solche Änderung die gerichtliche Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage entgegen.
29Vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80, Rn. 171.
30Die (Rechtskraft)Wirkung des Beschlusses vom 23. Juli 2012 erstreckt sich auch auf die Genehmigung in der Fassung der Nachtragsgenehmigungen und des Aufhebungsbescheides. Das Vorhaben in seiner aktuellen Form ist im Vergleich mit dem ursprünglich genehmigten Vorhaben nicht als „aliud“ zu qualifizieren und begründet auch keinen neuen Streitgegenstand. Es ist nicht wesentlich geändert worden, sondern hat durch die nachträglich getroffenen Regelungen lediglich seine abschließende Gestalt gefunden.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 -, juris Rn 10 ff.
32Die Nachtragsgenehmigungen und der Aufhebungsbescheid regeln ausschließlich die (bauliche) Gestaltung und/oder die Betriebsmodalitäten von solchen Teilen des Vorhabens, die im Verhältnis zum Hauptzweck der Biogasherstellung und ‑verwertung nur Hilfs- oder Nebenfunktion haben (Siloanlage, Annahmebunker, Wallanlage, Zufahrt und Technikgebäude), oder - soweit sie die Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR betreffen - von Anlagen, die dem Vorhaben nicht zuzuordnen sind. Der ursprünglich geplante Betriebsablauf bleibt grundsätzlich erhalten; die Änderungen sind für den Gesamtbetrieb und für die jeweils betroffenen Betriebsteile von allenfalls untergeordnetem Gewicht. Die für die Biogasherstellung und -verwertung maßgeblichen Betriebsteile - Fermenter und Blockheizkraftwerk - bleiben völlig unberührt. Hier verbleibt es insbesondere auch, was die bauliche Gestaltung, die technische und/oder chemische Wirkungsweise und die Leistung angeht, bei den ursprünglich beantragten Vorgaben.
33Der Einbeziehung der Nachtragsgenehmigungen und des Aufhebungsbescheides in das laufende Klageverfahren steht somit nichts entgegen.
34Vgl. zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage bei der Drittanfechtung: OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris Rn. 88 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, juris Rn. 28.
35Die Nachtragsgenehmigungen und der Aufhebungsbescheid haben die (nachbarrelevanten) Umstände gegenüber dem ursprünglich genehmigten Vorhaben verändert. Insbesondere die Regelungen der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 dienen im Wesentlichen der Verringerung der von der Biogasanlage hervorgerufenen Geruchsemissionen und einer Absenkung der Vorbelastung mit Tierhaltungsgerüchen. Sie haben damit Auswirkungen auf die voraussichtlich zu erwartende Geruchsbelastung in der Umgebung der Biogasanlage.
362. Die veränderten Umstände rechtfertigen auch die Änderung des Beschlusses vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 -. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nunmehr abzulehnen.
37Die Erfolgsaussichten der Klage sind nicht (mehr) offen. Der angefochtene Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 dürfte sich in seiner aktuellen Fassung vielmehr als rechtmäßig erweisen. Die Antragsteller dürften durch den Betrieb der Anlage insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelastungen (mehr) ausgesetzt sein (dazu a). Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung überwiegen daher die Interessen der Beigeladenen an einer vorläufigen Inbetriebnahme der Biogasanlage das Interesse der Antragsteller bis zur Entscheidung über die Klage von den Auswirkungen des vorläufigen Betriebs verschont zu bleiben (dazu b).
38a) Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung spricht Erhebliches für die Annahme, dass sich der Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in der geänderten Fassung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
39(1) Die Einschätzung der Antragsteller, die Genehmigung genüge aufgrund der wiederholten Änderungen nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten, trifft nicht zu. Die Genehmigung für das Vorhaben ist vielmehr ungeachtet des Umstandes, dass die Regelungen und Nebenbestimmungen sich auf mehrere (Nachtrags-)Bescheide verteilen, im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW hinreichend bestimmt.
40Eine Genehmigung entspricht den Anforderungen des § 37 VwVfG NRW, wenn die getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens - gegebenenfalls nach Auslegung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts einschließlich aller seiner Nebenstimmungen. Insoweit muss klar sein, welche Rechtsbeziehung zwischen wem geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Entsprechend muss bei einer Genehmigung klar sein, was genau genehmigt wurde und welchen Umfang die gestattende Wirkung der Genehmigung hat. Bestimmbarkeit reicht hier aus; welches Maß an Konkretisierung notwendig ist, hängt von der Art des Verwaltungsakts, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab. Das Gewollte kann sich auch aus der Bezugnahme auf bestimmte Antragsunterlagen ergeben.
41Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 2, 3, 5 und 27; Bay. VGH, Beschluss vom 22. April 2009 - 1 CS 09.221 -, juris Rn. 20 und 24; OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
42Vorliegend ist trotz der nachträglichen Änderungen des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 weder unklar, welches Vorhaben genehmigt wurde oder welchen Umfang die gestattende Wirkung hat, noch welche Nebenbestimmungen für das Vorhaben gelten sollen. Der aktuelle Inhalt der Genehmigung lässt sich vielmehr sowohl hinsichtlich des verfügenden Teils als auch hinsichtlich der Nebenbestimmungen bei einer „parallelen“ Lektüre der Bescheide - unter zulässiger Heranziehung der jeweils ergänzend vorgelegten Antragsunterlagen - auch von den drittbetroffenen Antragstellern mit noch vertretbarem Aufwand ermitteln. Dessen ungeachtet erscheint es sinnvoll, dass der Antragsgegner den aktuellen Genehmigungsstand im Hauptsacheverfahren zusammenfassend darstellt.
43Die Genehmigung ist in ihrer aktuellen Fassung auch nicht deshalb unbestimmt, weil die Nebenbestimmung Nr. 8 in der 3. Nachtragsgenehmigung eine Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung von mindestens 10 m über dem Erdboden verlangt, während die in Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum verbindlichen Bestandteil der Genehmigung gemachte Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 davon abweichend - wie die ersetzte Nebenbestimmung Nr. 9 zur Luftreinhaltung auf Seite 9 des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 - ausdrücklich von einer Mündungshöhe von 12 m über dem Erdboden ausgeht. Insoweit liegt offenkundig ein Schreibversehen vor, das der Antragsgegner jederzeit korrigieren kann. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Antragsgegner die Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung ohne jeden Anlass und entgegen der ausdrücklichen Rahmenbedingungen der maßgeblichen Immissionsprognose von 12 m auf 10 m absenken wollte.
44Es bestehen im Übrigen auch keine durchgreifenden Bedenken an der Bestimmtheit des Genehmigungsinhalts, weil die „Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014“ einschließlich der dort vorausgesetzten Rahmenbedigungen durch Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum (verbindlichen) Bestandteil der Genehmigung gemacht wurde. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Bezugnahme auf die Antragsunterlagen.
45Vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
46Vor diesem Hintergrund wirkt es sich auch mit Blick darauf, dass die Einhaltung der Pflichten des § 5 BImSchG in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sichergestellt sein müssen, nicht auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung aus, dass weder die - die Vorbelastung senkenden - Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR noch die Vorgabe, dass die Austrittsgeschwindigkeit der Abgase der Raumentlüftung des Technikgebäudes mindestens 7 m/s betragen muss, in einer Nebenbestimmung geregelt sind. Diese Vorgaben sind durch die Bezugnahme auf die Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 und ihre Rahmenbedingungen sowie die Antragsunterlagen verbindlicher Inhalt der Genehmigung geworden.
47Vgl. zum Erfordernis der Sicherstellung von Kompensationsmaßnahmen im Genehmigungsbescheid OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 24.
48(2) Die am Wohnhaus der Antragsteller durch den Betrieb der geplanten Biogasanlage zu erwartende Geruchsbelastung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Grundlage der aktuellen Genehmigungslage zumutbar.
49Die drittschützende Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG bestimmt, dass genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.
50Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen als erhebliche Beeinträchtigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG einzustufen sind, kann - bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften ‑ auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009, MBl. NRW 2009 S. 533) zurückgegriffen werden.
51In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die GIRL bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
52Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177, juris Rn.30, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63, juris Rn. 14, m. w. N.; auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27. November 2014 ‑ 1 LA 52/14 -, juris Rn. 7 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 10 ff.
53Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es zudem grundsätzlich - vorbehaltlich von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose.
54Vgl. z. B. OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn.5.
55Nach Nr. 3.1 GIRL ist eine Geruchsemission als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung (IG) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte (IW) überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Die Kenngröße der Gesamtbelastung IG ergibt sich nach Nr. 4.6 GIRL grundsätzlich aus der algebraischen Addition der Kenngröße für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung. Werden sowohl die vorhandene Belastung als auch die zu erwartende Zusatzbelastung - wie hier - über Ausbreitungsberechnung ermittelt, so ist die Gesamtbelastung in der Regel in einem Rechenweg zu bestimmen. Dabei wird die gewöhnlich die Gesamtbelastung IG mindernde Überlagerung von Gerüchen - anders als bei der bloßen Addition der Kenngrößen - berücksichtigt. Für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung ist unter Einbeziehung der Gewichtungsfaktoren aus Tabelle 4 die keine Hedonikfaktoren sind, eine belästigungsrelevante Kenngröße IGb zu berechnen, die mit den Immissionswerten nach Tabelle 1 verglichen wird. Industrie- und Gewerbegerüche gehen - mit der Ausnahme eindeutig angenehmer Gerüche, die mit einem Hedonikfaktor belegt werden können - mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 unverändert in die Berechnung ein.
56Nach der Tabelle 1 zu Nr. 3.1 GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert von 0,10 und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15. Hier sind alle Geruchstypen erfasst. Der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 betrifft dagegen nur Geruchsimmissionen aus Tierhaltung. Aus diesem Grund sind im Dorfgebiet grundsätzlich zwei Immissionswerte zu beachten, und zwar für Industrie- und Gewerbegerüche der Immissionswert für Wohn- und Mischgebiete von 0,10 und für Tierhaltungsgerüche ein Immissionswert von 0,15.
57Vgl. Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.10.
58Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich für landwirtschaftliche Gerüche einen Wert bis zu 0,25 heranzuziehen. Landwirtschaftliche Gerüche in diesem Sinne dürften - wie auch das LANUV NRW in seiner Stellungnahme vom 26. November 2013 angenommen hat - (nur) die besonders belästigungsrelevanten Tierhaltungsgerüche sein, für die die GIRL auch im Dorfgebiet ausdrücklich einen gesonderten Immissionswert vorsieht.
59Im Ausgangspunkt darf ohne diese Einzelfallprüfung auch im Außenbereich der Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche nicht überschritten werden. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts bis 0,25 erfordert nach der Rechtsprechung des Senats immer eine Prüfung der Umstände des konkreten Einzelfalls. Dabei sind u. a. der Gebietscharakter, die Vorbelastung und Ortsüblichkeit der Gerüche, eine gegebenenfalls erhöhte Duldungspflicht des Nachbarn bei eigener (früherer) Tierhaltung, das gesetzgeberische Anliegens, Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen generell zu vermeiden und an sich nicht zumutbare Zustände nicht zu verfestigen, der Stand der Technik, das Ziel, Vorhabenänderungen dann nicht zu verhindern, wenn sie zwar nicht die an sich zumutbaren Geruchsimmissionswerte einhalten, aber deutliche Verbesserungen herbeiführen, sowie sonstige Einzelfallumstände zu berücksichtigen.
60Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, juris Rn. 38 ff., vom 3. August. 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 21, vom 28.November 2012 - 8 B 892/12 -, n. v., Abdruck S. 7, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 30; auch: Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 10 ff.
61In die Betrachtung ist auch mit einzubeziehen, welche Tierarten im Rahmen der Vor- und Zusatzbelastung betroffen sind. Das LANUV NRW weist in seiner Stellungnahme vom 26. November 2013 zu Recht darauf hin, dass bei einem - keinen Hedonikfaktor darstellenden - Gewichtungsfaktor 0,5 für Milchkühe mit Jungtieren der belästigungsrelevanten Kenngröße 0,25, die in die Berechnung der Gesamtbelastung eingestellt wird, eine tatsächliche Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht.
62Die die Erhöhung des Immissionswerts rechtfertigenden Gründe müssen dabei umso gewichtiger sein, je mehr der Immissionswert dem Wert 0,25 angenähert wird. Zwar dürfte auch die Bestimmung eines Immissionswerts über 0,25 nicht generell ausgeschlossen sein, jedoch allenfalls in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht kommen.
63Vgl. zu der Frage, ob der Wert 0,25 eine absolute Obergrenze darstellt, verneinend: Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 11.
64Der Senat geht im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit dem LANUV NRW davon aus, dass für die Bestimmung des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich im Grundsatz nichts anderes gilt. Die Bestimmung dieses weiteren Immissionswerts ist bei einem Zusammentreffen beider Geruchstypen erforderlich, weil - wie dargelegt - auch im Außenbereich ein gesonderter Immissionswert für Tierhaltungsgerüche bestimmt wird. Auch hinsichtlich des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich bedarf es daher einer Einzelfallprüfung, wenn ein höherer als der für Gewerbe-und Industriegebiete geltende Immissionswert von 0,15 bestimmt werden soll. Das LANUV NRW hält hier im Einzelfall eine Erhöhung auf Werte bis 0,20 für möglich. Dem schließt sich der Senat im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes an.
65Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, reicht es für die Feststellung, dass die Geruchsbelastung für den Nachbarn zumutbar ist, allerdings nicht aus, wenn die beide Geruchstypen erfassende Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionspunkt den höheren Immissionswert einhält. Zusätzlich muss der jeweilige Immissionswert auch bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden. Die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2013 vorgeschlagene, vom dem sogenannten „GIRL-Expertengremium“ für das Dorfgebiet entwickelte Prüfregel ermöglicht eine sichere Beurteilung dieser weiteren Vorgabe auch im Außenbereich. Bei Gemengelagen von Tierhaltungen und gewerblichen Emittenten sind danach die jeweiligen Immissionswerte eingehalten, sofern die Prüfungsregel
66(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
67gilt. Danach ist zu berechnen, welche Anteile ihres Immissionswertes die beiden Geruchskategorien jeweils ausschöpfen. Die 1. Klammer betrifft Gerüche aus der Tierhaltung und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (ITH) an dem zulässigen Immissionswert für Tiergerüche (IWTH) an; die 2. Klammer betrifft Gerüche aus Industrieanlagen und Gewerbebetrieben und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (IG/I) an dem zulässigen Immissionswert für gewerbliche Gerüche (IWG/I) an. Die Summe beider Anteile darf den Wert von 1,0 nicht überschreiten.
68Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S. 4 und 10 f.
69Der Anwendung dieser Prüfregel steht nicht von vorneherein entgegen, dass sie letztlich auf eine Addition der - ins Verhältnis zum jeweiligen Immissionswert gesetzten - Geruchshäufigkeitswerte hinausläuft und - anders als bei der Ausbreitungsberechnung - Geruchsüberlagerungen hier außer Betracht bleiben. Zum einen lässt die GIRL in Nr. 4.6 selbst aus Vereinfachungsgründen die an sich nicht mögliche arithmetische Addition von Geruchshäufigkeiten zu. Zum anderen wird die mit der Prüfregel notwendig verbundene, regelmäßig zulasten des Betreibers gehende Unschärfe der tatsächlichen Belastungssituation durch die Anwendung der Rundungsregeln auf den errechneten Wert gemindert. Die arithmetische Rundungsregel ist anwendbar, weil es sich bei dem Wert 1,0 um eine mathematische Größe handelt. Danach trifft die Aussage x ≤ 1,0 bei Werten bis x = 1,04 zu.
70Vgl. Bartsch, Mathematische Formeln für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 23. Auflage 2014, S. 54: Abrunden: die letzte Ziffer bleibt unverändert, wenn die erste weggelassene Ziffer 0,1,2,3,4 ist; Aufrunden: die letzte Ziffer wird um 1 erhöht, wenn die erste weggelassene Ziffer 5,6,7,8,9 ist, vgl. auch DIN 1333.
71Dagegen dürfte weder die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2014 verwendete Fassung der Prüfregel
72(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,00
73noch die von dem Expertengremium GIRL ferner genannte Fassung
74(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1
75diesem Anliegen ausreichend Rechnung tragen. Die erste Formel erscheint auch bei Anwendung der Rundungsregel zuungunsten des Betreibers zu eng (x ≤ 1,004) und die zweite zuungunsten des Nachbarn zu weit (x ≤ 1,4).
76Der Senat geht schließlich im Eilrechtsschutzverfahren mit dem Antragsgegner und dem LANUV NRW davon aus, dass es sich bei den Gerüchen der Biogasanlage um gewerbliche Gerüche handelt, die sich von Tierhaltungsgerüchen unterscheiden. Dies entspricht auch der Einschätzung des Expertengremiums GIRL. Danach sind Biogasanlagen grundsätzlich Industrieanlagen gleichzusetzen und mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 in die Berechnung einzustellen. Dies betrifft neben den Geruchsemissionen des BHKW auch die Geruchsemmissionen aller unmittelbar zum Betrieb der Biogasanlage gehörenden Einrichtungen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Biogasanlage Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes ist oder sie ausschließlich mit Festmist bzw. Gülle aus Rinderhaltung sowie nachwachsenden Rohstoffen betrieben wird, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben.
77Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.19 und 20.
78Solche möglichen Ausnahmefälle liegen bei summarischer Prüfung nicht vor.
79Dies zugrundegelegt bestehen zunächst keine durchgreifenden Zweifel an der Plausibilität der zuletzt erstellten und zum Gegenstand der Genehmigung gemachten Geruchsimmissionsprognose der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 (dazu aa). Der Antragsgegner dürfte in der 3. Nachtragsgenehmigung auch zutreffend für Tierhaltungsgerüche einen Immissionswert von 0,20 zugrundegelegt haben. Für die Bestimmung eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,175 geben die Umstände des Einzelfalls allerdings nichts her. Es dürfte daher bei dem Immissionswert 0,15 bleiben (dazu bb). Auch bei Zugrundelegung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche und des Immissionswerts von 0,15 für Gerüche der Biogasanlage wird die oben beschriebene Prüfregel eingehalten (dazu cc).
80aa) Die Gutachter haben in der Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 im Wege der Ausbreitungsberechnung am Wohnhaus der Antragsteller eine Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung zwischen 0,14 und 0,16 / 14 bis 16 % der Jahresgeruchsstunden, eine Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,04 bis 0,06 / 4 bis 6 % der Jahresgeruchsstunden und eine Gesamtbelastung von 0,18 bis 0,20/18 bis 20 % der Jahresgeruchsstunden errechnet. Diese Berechnung unterliegt im Eilrechtsschutzverfahren keinen durchgreifenden Zweifeln. Es ist nicht zu erkennen, dass dieser Ausbreitungsberechnung eine andere Methodik oder - bis auf die an das Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen zur jeweiligen Genehmigungssituation angepassten Tierzahlen der Nachbarbetriebe und die Änderungen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GmbH - andere Berechnungsparameter zugrundelägen als der Immissionsprognose derselben Gutachter vom 22. März 2013. Die Bewertung des LANUV NRW in der im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 26. November 2013, es bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungsdurchführung und die Ergebnisse des Sachverständigenbüros seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Antragsteller zu beurteilen, hat daher im Grundsatz auch für diese Neuberechnung Bestand. Es bestehen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte, dass diese Bewertung des LANUV NRW unzutreffend wäre.
81Es drängt sich auch nicht auf, dass Geruchsemittenten nicht erfasst wurden oder bei den erfassten Geruchsemittenten unzutreffende Tierzahlen eingestellt worden wären. Die in die Ausbreitungsberechnung eingestellten Tierzahlen der Nachbarbetriebe sind in einer für das Eilrechtsschutzverfahren ausreichenden Weise plausibel gemacht worden. Die Beigeladene hat die Tierzahlen im Wege der Akteneinsicht in die jeweiligen Genehmigungsvorgänge ermittelt und hat dem Antragsgegner das Ergebnis dieser Ermittlungen einschließlich der jeweiligen Aktenzeichen sowie - soweit vorhanden - der Bescheiddaten zur Verfügung gestellt. Den Verwaltungsvorgängen kann auch entnommen werden, dass der Antragsgegner dieses Material einer Prüfung unterzogen hat. Die abschließende Bestätigung der Tierzahlen ist - ebenso wie eine abschließende Bewertung der bislang in der Immissionsprognose jedenfalls nicht ausdrücklich behandelten Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld der Anlage auf die Geruchsbelastung - dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
82Die Richtigkeit der Tierzahlen ist auch nicht deshalb von vorneherein zweifelhaft, weil diese ausschließlich - zuungunsten der Antragsteller und zugunsten der Beigeladenen - nach unten korrigiert worden wären. Es trifft zwar zu, dass im Betrieb I2. weniger Tiere, nämlich 91 Ferkel bis 25 kg, ein Pferd und 2 Kühe, berücksichtigt werden als in der Prognose vom 22. März 2013. Demgegenüber werden die Betriebe H1. mit 8 Kühen, einem Pferd, 7 Mastschweinen und 4 Sauen sowie H2. mit 10 Kühen, 25 Färsen, 3 Pferden, 98 Mastschweinen, 2 Sauen und einer Festmistplatte erstmals in die Berechnung mit einbezogen. Die Tierzahlen der Betriebe K. - wo ein größerer Güllehochbehälter mit einberechnet wird -, und L. sind gleich geblieben, bei dem Betrieb H. blieb es bei den - höheren - Tierzahlen, die schon der ergänzenden Berechnung vom 21. Februar 2014 zugrundelagen. Die bei den Antragstellern berücksichtigte Tierhaltung ist ebenfalls unverändert eingestellt worden.
83Auch die von den Gutachtern vorgenommene Mittelung der Werte für die Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung auf 0,15 / 15 % der Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Antragsteller, für die Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage auf 0,04 / 4 % der Jahresgeruchsstunden und für die Gesamtbelastung auf 0,19 / 19% der Jahresgeruchsstunden dürfte sachgerecht sein. Das Wohnhaus der Antragsteller berührt 12 Beurteilungsflächen à 8 m x 8 m. Die Vorbelastung beträgt nur im östlichen Randbereich des Wohnhauses an drei Stellen 0,16 / 16 % der Jahresgeruchsstunden. An zwei Stellen im westlichen Randbereich beträgt die Vorbelastung nur 0,14 / 14 % der Jahresgeruchsstunden, während in den übrigen sieben, zentral gelegenen Bewertungsflächen ein Wert von 0,15 / 15 % der Jahresgeruchsstunden erreicht wird. Auch bei der Zusatzbelastung durch die Biogasanlage und bei der Gesamtbelastung stellt sich die Verteilung ähnlich dar. Die Belastung beträgt hier auf der Mehrheit der Beurteilungsflächen und insbesondere im zentralen Bereich des Wohnhauses 0,04 / 4 % bzw. 0,19 / 19 % der Jahresgeruchsstunden.
84bb) Die Bestimmung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche ist bei summarischer Betrachtung nicht zu beanstanden. Die Erhöhung des Immissionswerts erscheint bei Zugrundelegung der oben angeführten Kriterien insbesondere mit Blick auf die bereits vorhandene Tierhaltung in mehreren Nachbarbetrieben und die damit verbundene landwirtschaftliche Prägung der Umgebung angemessen sowie selbst mit Blick auf eine frühere - allenfalls geringfügige - eigene Tierhaltung der Antragsteller auch ausreichend. Umstände, die eine Erhöhung des Immissionswerts für die Gerüche der Biogasanlage von 0,15 auf 0,175 rechtfertigen würden, sind hingegen nicht ersichtlich. Die geplante Anlage ist die erste Industrieanlage in der Umgebung, so dass weder eine entsprechende Vorbelastung noch eine Prägung der Örtlichkeit durch solche Anlagen vorliegt. Der vom Antragsgegner angeführte Umstand, dass die Biogasanlage im Außenbereich privilegiert sein dürfte, rechtfertigt als solcher allein - wie bei den Tierhaltungsgerüchen - keine Erhöhung des Immissionswerts.
85cc) Die ermittelte Gesamtgeruchsbelastung von (gemittelt) 0,19 / 19 % der Jahresgeruchstunden ist den Antragstellern zuzumuten. Sie unterschreitet zum einen den höheren Immissionswert von 0,20. Zum anderen ist die oben angeführte Prüfregel
86(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
87erfüllt, die beiden Immissionswerte werden gesondert eingehalten. Die Rechnung stellt sich wie folgt dar:
88(0,04 : 0,15) + (0,15 : 0,20) = 0,266 + 0,75 = 1,016
89Der Wert 1,016 ist - wie oben dargestellt - auf die erste Dezimalstelle gerundet ≤ 1,0.
90b) Ist nach alledem voraussichtlich mit einem Unterliegen der Antragsteller in der Hauptsache zu rechnen, überwiegt das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Vollziehung der Genehmigung und damit an der vorläufigen Inbetriebnahme der Anlage. Dies allerdings nicht wegen der aus ihrer Sicht bei einem weiteren Stillstand drohenden Schäden an der Anlage. Die Beigeladene hat die Anlage trotz der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller in Kenntnis der konkreten Gefahr eines längeren Stillstandes errichtet und muss das daraus resultierende Schadensrisiko selbst tragen. Drohen den Antragstellern jedoch voraussichtlich keine unzumutbaren Geruchsbelastungen mehr, hat das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer vorläufigen Nutzung der Anlage zum Zwecke der Stromeinspeisung ein höheres Gewicht als das Interesse der Antragsteller. Dies gilt umso mehr, als die Anlage vor einem Betrieb erst über einen längeren Zeitraum angefahren werden muss und der Senat, die Berufung der Beigeladenen zeitgleich zulässt sowie beabsichtigt, zügig zu terminieren. Vor diesem Hintergrund ist in einem für die Antragsteller überschaubaren und hinnehmbaren Zeitraum mit einer abschließenden Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu rechnen.
913. Bei dieser Sachlage - Überwiegen des privaten Vollzugsinteresses der Beigeladenen - ist auf den Antrag der Beigeladenen schließlich auch die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 1011 in seiner aktuellen Fassung gemäß § 80 a Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO anzuordnen. Dieser Anordnung bedarf es, obwohl der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 ursprünglich angeordnet hatte. Die behördliche Anordnung des Sofortvollzuges erfasst nur die Genehmigung in der ursprünglichen Fassung und nicht auch die nachträglichen Änderungen. Bei - wie hier - nicht bloß einschränkenden - Änderungen des Verwaltungsaktes muss daher neben dem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO die Vollziehbarkeitsanordnung auf die geänderten Teile ausgedehnt werden.
92Vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 9. August 1984 - 20 AS 84 D.1,2 -, NVwZ 1985, 921, juris (Leitsatz).
93Die mit dem Sofortvollzug verbundene tatsächliche Inbetriebnahme der Anlage setzt allerdings voraus, dass alle Vorgaben der aktuellen Genehmigung - insbesondere die geruchsimmissionsmindernden Maßnahmen - auch tatsächlich umgesetzt werden.
94Ohne die Erfüllung der Maßgaben des Tenors und damit der Vorgaben der Genehmigung können die Anträge der Beigeladenen auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung keinen Erfolg haben. Die die Stattgabe letztlich tragende Prognose, dass an dem Wohnhaus der Antragsteller keine unzumutbaren Geruchsbelastungen mehr zu erwarten sind, dürfte nur bei einer Umsetzung der in der Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 vorausgesetzten geruchsmindernden Maßnahmen an der Anlage selbst und in dem landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR gerechtfertigt sein. Schon bei einer - im Falle des Unterlassens dieser Maßnahmen nicht auszuschließenden - Erhöhung der Geruchsbelastung aus Tierhaltung auf 0,16 / 16 % der Jahresgeruchsstunden und/oder einer Erhöhung der Geruchsbelastung aus der Biogasanlage auf 0,05 / 5% der Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Antragsteller wird die Prüfregel nicht mehr eingehalten.
95Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladenen können Kosten auferlegt werden, weil sie einen Antrag gestellt hat. Ihre außergerichtlichen Kosten sind aus demselben Grunde erstattungsfähig.
96Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
97Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 2 Satz 6 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen mit insgesamt 2.412 Mastschweineplätzen.
3Der Beigeladene betreibt auf seiner Hofstelle auf dem Grundstück Gemarkung J. in N. an der Ruhr einen landwirtschaftlichen Betrieb mit derzeit 660 Mastschweineplätzen in einem Stall. Letzterer wurde mit Baugenehmigung vom 5. April 1995 genehmigt. Die Abluftführung erfolgt zurzeit über acht Kamine, deren Oberkante den Dachfirst (Höhe 4,80 m) um 1,50 m überragen. Weiter südlich auf der Hofstelle befindet sich ein Güllehochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 3.350 m³, der von der Beklagten mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Ungefähr 40 m südlich des bestehenden Stalls liegt ein Wohnhaus mit einer Firsthöhe von ca. 12,50 m.
4Der Kläger ist Eigentümer eines ca. 100 m nördlich des Vorhabengrundstücks gelegenen landwirtschaftlichen Betriebs, den er selbst zusammen mit seiner Ehefrau bewirtschaftet und auf dem er auch wohnt. Er hält auf dem Hof ca. 350 Legehennen im Freiland sowie vier Pferde außerhalb eines Stalls. Zwischen den Ställen des Beigeladenen und der Hofstelle des Klägers befinden sich keine weiteren Gebäude.
5Die Hofstellen des Klägers und des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S.“. Dieser setzt für beide Höfe eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in der damals geltenden Fassung fest. Beide Höfe liegen desweiteren im Landschaftsschutzgebiet „S. zwischen N1. und N2. “, welches durch die Ziffer C.2.2.2.20 des Landschaftsplans der Beklagten vom 28. Februar 2005 festgesetzt worden ist. Die Festsetzung erfolgt u. a. zur Erhaltung und Entwicklung eines Freiraums für die siedlungsnahe Erholung im Ballungsraum als Bestandteil des regionalen Freiraumsystems im Ruhrgebiet („Grünzug B“). Nach Ziffer C.2.2.2.20, III. i. V. m. Ziffer C.2.2.1, III. Nr. 4 ist es in dem Landschaftsschutzgebiet u. a. verboten, bauliche Anlagen zu errichten.
6In der näheren Umgebung liegt der landwirtschaftliche Betrieb B. , in dem im Zeitpunkt einer Kontrolle durch den Beklagten im Jahr 2013 fünf Kühe, zwei Kälber und zwei Pferde gehalten wurden. Die zu einem früheren Zeitpunkt noch bestehenden Betriebe O. (15 Kühe) und T. (zwei Pferde) haben die Tierhaltung jedenfalls im Jahr 2013 aufgegeben.
7Am 13. Juli 2011 beantragte der Beigeladene die Erweiterung des bestehenden Betriebs durch ein neues Stallgebäude (Betriebseinheit BE 3) mit 1.752 Mastschweineplätzen, so dass sich eine Gesamtzahl von 2.412 Mastschweineplätzen ergibt. Weiterhin sieht der Antrag die Änderung der Abluftführung für den bestehenden Mastschweinestall (Betriebseinheit BE 1), den Anbau einer Hygieneschleuse, die Abdeckung des bereits vorhandenen Güllehochbehälters (Betriebseinheit BE 2) sowie die Errichtung von vier Futtersilos vor. Ausweislich der Bauvorlagen beträgt die Höhe des Dachfirsts des Stalls BE 3 7,50 m. Die Lüftung erfolgt über sechs in der Mitte des Gebäudes liegende Kamine, die den Dachfirst um 3,00 m überragen.
8Mit dem Antrag legte der Beigeladene ein Geruchs- und Ammoniakgutachten des Ingenieurbüros für Abfallwirtschaft und Immissionsschutz S. & I. vom 9. Mai 2011, ergänzt durch eine Stellungnahme vom 23. März 2012, vor (Gutachten Nummer G-2696-02). Dieses führt unter Punkt 4.3 (immissionsmindernde Maßnahmen) aus, dass für die Betriebseinheiten BE 1 und BE 3 jeweils eine zentrale Abluftführung - bestehend aus maximal 2 bzw. maximal 6 Schächten - auszuführen ist. Diese müsse dem Stand der Technik (mindestens 10 m über Erdboden, mindestens 3 m über First und Mindestaustrittsgeschwindigkeit ganzjährig 7 m/s) entsprechen. Die Immissionen aus dem Güllehochbehälter BE 2 seien durch eine Zeltabdeckung zu mindern.
9Die Beklagte machte das Vorhaben am 15. November 2011 öffentlich bekannt. Die Antragsunterlagen wurden vom 22. November bis 22. Dezember 2011 ausgelegt. Der Kläger erhob am 30. Dezember 2011 Einwendungen. Das Vorhaben, das das Landschaftsbild beeinträchtige, führe insbesondere zu nicht hinzunehmenden Belästigungen durch Gerüche und Bioaerosole an seinem Haus. Außerdem steige durch die höhere Anzahl an Fahrbewegungen, die Ventilatorengeräusche und die Geräusche der Tiere die Lärmbelastung.
10Im weiteren Genehmigungsverfahren legte der Beigeladene eine schalltechnische Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 8. Februar 2012 (Gutachten Nr. L-2696-01) vor, welches neben den Ventilatoren die Tierverladung, die Futteranlieferung, die Verladung von Kadavern, die Abholung von Gülle sowie die Reinigung der Verladezone nebst zugehörigen Fahrgeräuschen berücksichtigt. Für das Wohnhaus des Klägers prognostiziert das Gutachten (IP 2, 2. Obergeschoss) einen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Da das Irrelevanzkriterium nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm erfüllt sei, könne auf die Ermittlung der vorhandenen Geräuschvorbelastung verzichtet werden. Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf der öffentlichen Straße seien nicht zu berücksichtigen. Die Untersuchung der Verkehrsgeräusche gemäß Ziffer 7.4 TA Lärm habe ergeben, dass die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung von 64 dB(A) zur Tagzeit um mindestens 8 dB(A) unterschritten würden. Zu Einhaltung der Immissionsrichtwerte dürften die LKW- und Schlepper-Bewegungen sowie die Verladevorgänge ausschließlich zur Tagzeit stattfinden. Die Schallemissionen der Abluftkamine dürften an der Mündung den Schallleistungspegel vom LWA = 75 dB(A) am Stall BE 1 und LWA = 78 dB(A) am Stall BE 3 je Abluftschacht nicht überschreiten.
11Mit Bescheid vom 3. Dezember 2012 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Gemäß Ziffer II.B.2.1.1 des Genehmigungsbescheids ist die Anlage so zu betreiben, dass am Haus des Klägers ein Immissionswert von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts um mindestens 6 dB(A) unterschritten wird. Einzelne Geräuschspitzen dürfen diese Begrenzung um nicht mehr als 30 dB(A) tags und 20 dB(A) nachts überschreiten. Nach der Auflage 2.1.3 sind die Schallemissionen an den Mündungen der Abluftkamine für den Stall BE 1 maximal auf LWA = 75 dB(A) und für den Stall BE 3 maximal auf LWA = 78 dB(A) zu begrenzen. Geräuschrelevante betriebliche Tätigkeiten sind nach der Auflage 2.1.4 zur Nachtzeit grundsätzlich untersagt. In Ausnahme hiervon darf die Verladung von Tieren bei sommerlichen Witterungsbedingungen aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit erfolgen. Nach der ursprünglichen Fassung der Auflage 2.1.5 sollte die Anzahl der Ausnahmen zehn Nächte im Kalenderjahr nicht überschreiten. Mit Schriftsatz vom 2. November 2015 hat der Beklagte die Formulierung dahingehend geändert, dass mehr als 10 Nächte im Kalenderjahr nicht überschritten und Ausnahmen an nicht mehr als zwei Wochenenden hintereinander in Anspruch genommen werden dürfen.
12Im Hinblick auf die Geruchsimmissionsbelastung legt der Genehmigungsbescheid in der Auflage 2.2.1 fest, dass die von dem Vorhaben insgesamt verursachten Geruchsimmissionen an den „umliegenden Wohnhäusern“ entsprechend dem Immissionsgutachten vom 9. Mai 2011 die belästigungsrelevante Kenngröße IGb = 0,09 nicht überschreiten dürfen. Die Abluftkamine müssen den jeweiligen Dachfirst um mindestens 3 m überschreiten; eine Emissionshöhe von 10 m über Grund darf nicht unterschritten werden (Auflage 2.2.3). Nach Auflage 2.2.5 muss die Austrittsgeschwindigkeit in allen Betriebszuständen mindestens 7 m/s betragen. Gemäß Auflage 2.2.6 müssen die Ableitungsbedingungen an den Ställen BE 1 und BE 3 gemäß den Vorgaben des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 ausgeführt werden. Für den Güllehochbehälter BE 2 schreibt die Auflage 2.2.11 die Abdeckung mit einem Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane vor, welche im Vergleich zu einem Zustand ohne Abdeckung eine Minderung von mindestens 80 % der Geruchs- und Ammoniakemissionen herbeiführt.
13Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Beigeladene weitere Geruchsimmissionsprognosen vom 8. November 2013 und 29. Oktober 2015 (Gutachten Nr. G-2696-06) vorgelegt. Aus letzterer ergibt sich für das klägerische Wohnhaus eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung (mit Abluftfahnenüberhöhung und 100 % Turbulenz) von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung beträgt die Gesamtbelastung 0,15 Jahresgeruchsstunden.
14Gegen den Genehmigungsbescheid hat der Kläger am 31. Dezember 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend macht: Der Genehmigungsbescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die Erteilung der Genehmigung sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen sei. Eine Prüfung möglicher Beeinträchtigungen durch Bioaerosole sei nicht erfolgt. Gleiches gelte für die Prüfung, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB handele und ob ausreichend Lagerkapazität für Gülle beider landwirtschaftlichen Betriebe vorgehalten werde. Dies gelte umso mehr, als der Beigeladene selbst angegeben habe, in dem Güllehochbehälter auch Abfälle aus seiner Biogasanlage in F. -L. zu lagern. Schließlich habe die Beklagte das Vorhaben zu früh öffentlich bekannt gemacht. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG habe die Bekanntmachung erst dann zu erfolgen, wenn die Unterlagen vollständig seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Das schalltechnische Gutachten habe noch nicht vorgelegen.
15Das Vorhaben sei auch materiell rechtswidrig. Es drohe eine gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole. Insoweit entspreche das Vorhaben nicht dem Stand der Technik, der bei einer Haltung von 2.000 oder mehr Mastschweinen den Einbau von Abluftreinigungsanlagen umfasse. Weiterhin gehe von dem geplanten Vorhaben eine erhebliche Belästigung durch Geruchsimmissionen aus. Laut dem vorgelegten Geruchsgutachten sei für das Grundstück des Klägers - bei Einbeziehung der Eigenvorbelastung des Klägers - mit einer Gesamtbelastung von bis zu 0,79 zu rechnen. Selbst ein im Einzelfall anzunehmender Immissionswert von 0,25 werde damit bei weitem überschritten. Eine Beschränkung der Geruchsimmissionen könne auch nicht durch die Nebenbestimmung 2.2.1 erfolgen. Diese könne keinesfalls eingehalten werden. Die Nebenbestimmung 2.2.11 erweise sich als in nachbarrechtlicher Hinsicht zu unbestimmt, weil diese die Abdeckung des Güllehochbehälters mit einem Zeltdach vorsehe, während der Genehmigungsbescheid unter Punkt II.1. die Abdeckung durch ein Festdach bestimme.
16Der Kläger hat beantragt,
17die dem Beigeladenen durch die Beklagte erteilte Genehmigung vom 3. Dezember 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen gemäß Ziffer 7.1 g) des Anhangs zur 4. BImSchV auf dem Grundstück N3. Straße in N. aufzuheben.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung hat sie vorgetragen: Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Gesundheit des Klägers durch Bioaerosole lägen nicht vor. Erhebliche Belästigungen durch Ammoniak würden nicht hervorgerufen. Unzumutbare Geruchsbeeinträchtigungen seien nicht zu befürchten. Vorbelastungen auf dem Grundstück des Klägers durch eigene Emissionsquellen seien im Rahmen der Geruchsimmissionsprognose nicht zu berücksichtigen. Die Immissionsgesamtbelastung IGb überschreite den Wert von 0,10 im Planzustand nicht. Bestimmtheitsmängel lägen nicht vor. Bei der Bezeichnung der Abdeckung des Güllehochbehälters mit den Begriffen „Festdach“ und „Zeltdach“ handele sich um technische Fachbegriffe, wobei der Begriff „Zeltdach“ der genauere und von dem anderen umfasst sei. Die von dem Kläger angeführte Lagerung von Gärrückständen im Güllehochbehälter sei nicht Bestandteil der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.
21Der Beigeladene hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt, eine Rechtsverletzung durch die Bekanntmachung des Vorhabens zu einem Zeitpunkt, an dem das Lärmgutachten noch nicht vorgelegen habe, sei nicht gegeben. Eine Abschätzung der zu erwartenden Geräuschimmissionen sei auch aufgrund der ausgelegten Unterlagen möglich gewesen. Jedenfalls sei diese Frage ohne Einfluss auf das Ergebnis geblieben. Angesichts der Schallprognose sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die begehrte Genehmigung zu erteilen. In die Geruchsvorbelastung sei die Eigenbelastung nicht einzubeziehen. Damit werde am Wohnhaus des Klägers ein Immissionswert von 0,15 eingehalten. Selbst eine Belastung von mehr als 0,25 Jahresgeruchsstunden sei aufgrund der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls nicht als erheblich einzustufen. Hinsichtlich der Ammoniak- und Bioaerosolbelastung sei eine Verletzung drittschützender Normen nicht ersichtlich. Bauplanungsrechtlich sei das Vorhaben nach §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB privilegiert zulässig.
24Das Verwaltungsgericht hat den Genehmigungsbescheid vom 3. Dezember 2012 mit Urteil vom 10. März 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen zulasten des Klägers aus. Die eigene Vorbelastung des Klägers sei bei der Geruchsprognose nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) zu berücksichtigen, so dass sich auf der Grundlage des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 eine Gesamtbelastung im Planzustand von bis zu 0,56 Jahresgeruchsstunden ergebe. Das Geruchsgutachten beziehe die Eigenbelastung aber nicht ausdrücklich ein und stelle daher keine Grundlage einer auf der sicheren Seite liegenden Beurteilung dar. Das nachträglich vorgelegte Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei von der Beklagten nicht wirksam zum Bestandteil des Genehmigungsbescheids gemacht worden. Eine Überschreitung des für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltenden Wertes von 0,25 Jahresgeruchsstunden sei nicht möglich; es handele sich um eine absolute Obergrenze. Jedenfalls fehle es aber an einer Auseinandersetzung mit den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls im Genehmigungsbescheid, welche schon für eine Anhebung des Wertes über 0,15 erforderlich sei.
25Gegen das Urteil haben der Beklagte und der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
26Zu ihrer Begründung führt die Beklagte aus: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats seien selbst verursachte Vorbelastungen bei der Ermittlung der Geruchsbelastung nicht zu berücksichtigen. Für den hier betroffenen Außenbereich sei der Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 Jahresgeruchsstunden bezogen auf Tierhaltungsgerüche anzuwenden. Gemäß der Rechtsprechung des Senats fielen hierunter auch Gerüche aus gewerblicher Tierhaltung. Dieser Immissionswert werde ausweislich des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 in der Fassung der Ergänzung vom 29. Oktober 2015 nicht überschritten. Für den zum ständigen Aufenthalt von Menschen vorgesehenen Wohnbereich auf dem Grundstück des Klägers liege die maximale Immissionsgesamtbelastung ohne Eigenbelastung des Klägers bei maximal 0,15. Die Geruchsberechnung sei in ihrer ergänzten Fassung zu berücksichtigen. Dass sie erst im laufenden gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden sei, stehe dem nicht entgegen. Insbesondere seien Gutachten nicht gemäß § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG bekanntzumachen. Im Übrigen liege in allen Varianten des Gutachtens die Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung beim Kläger nicht über 0,15.
27Die Beklagte beantragt,
28das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
29Der Beigeladene macht zur Begründung der Berufung geltend: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder erheblichen Belästigungen zulasten des Klägers aus. Die Zumutbarkeit der zu erwartenden Geruchsimmissionen ergebe sich aus der vorgelegten Prognose, die auf der sicheren Seite liege. Vorliegend sei für die Gerüche, die nach der Rechtsprechung des Senats solche landwirtschaftlicher Art seien, unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ein Immissionswert von 0,25 maßgeblich. Selbst der Immissionswert von 0,15, der im Außenbereich auf jeden Fall für landwirtschaftliche Gerüche gelte, werde eingehalten.
30Der Beigeladene beantragt,
31das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
32Der Kläger beantragt,
33die Berufungen zurückzuweisen.
34Zur Begründung seines Antrags führt er an: Der Genehmigungsbescheid lege fest, dass an umliegenden Wohnhäusern ein Immissionswert von 0,09 nicht überschritten werden dürfe. Dies sei nach der vorgelegten Immissionsprognose bezogen auf sein Wohnhaus aber der Fall. Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtige im Übrigen die Lagerung von Gärresten im Güllehochbehälter nicht. Insoweit komme es auf die tatsächliche, nicht die genehmigte Nutzung an. Entgegen der Auffassung des Senats sei bei der Ermittlung der Gesamtbelastung auch die Eigenbelastung einzubeziehen. Ein anderes Verständnis widerspreche den Grundzügen des Immissionsschutzrechts. Die so berechnete Gesamtbelastung liege deutlich über 0,15 Jahresgeruchsstunden. Die besonderen Randbedingungen des Einzelfalls habe die Beklagte im Genehmigungsbescheid nicht erörtert. Jedenfalls eine vollständige Nachholung im gerichtlichen Verfahren sei nicht möglich. Das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei nicht verwertbar. Der Beklagte habe das Ergänzungsgutachten ausdrücklich zum Teil der Genehmigung gemacht, eine Bekanntgabe nach § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG aber unterlassen.
35Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2015 verwiesen.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des vormaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Die Berufungen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung zu. Der Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2012 verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Sowohl hinsichtlich der unterbliebenen Auslegung des Schallimmissionsgutachtens (dazu I.) als auch der von dem Kläger gerügten mangelnden Sachverhaltsaufklärung (dazu II.) sind etwaige Fehler jedenfalls unbeachtlich.
40I. Ob die Auslegung des Antrags des Beigeladenen nebst den bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Unterlagen durch die Beklagte gegen § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG verstoßen hat, weil die Schallimmissionsprognose noch nicht vorgelegen hat, kann dahinstehen. Hieraus kann der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
41vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174,
42führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Norm die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Hat ein Betroffener trotz einer (möglichen) Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also diesbezügliche Einwendungen erhoben, hat der geltend gemachte Verfahrensfehler in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1487/14 -, juris Rn. 52; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
44Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat am 2. Januar 2012 bei der Beklagten schriftlich Einwendungen angebracht. Hierzu zählen auch Bedenken gegen die von dem Vorhaben einschließlich des anlagenbezogenen Verkehrs ausgehende Lärmbelästigung (von der Beklagten als Einwendung Nr. 9 gekennzeichnet). Diese Bedenken verfolgt der Kläger im gerichtlichen Verfahren weiter. Dass der Kläger durch das fehlende Schallimmissionsgutachten gehindert gewesen wäre, seine Einwände in Bezug auf die Geräuschimmissionen vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
45II. Die von dem Kläger gerügte mangelnde Aufklärung des Sachverhalts (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) führt ebenfalls nicht zur Aufhebung des erteilten Genehmigungsbescheids. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Verstoß vorliegt, führt er nach § 46 VwVfG NRW nicht zur Aufhebung, weil offensichtlich ist, dass die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst worden ist. Die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG eine gebundene Entscheidung. Wird der Kläger - wie nachfolgend ausgeführt - durch die Erteilung der Genehmigung materiell nicht in seinen Rechten verletzt, kann sich ein eventueller Aufklärungsmangel nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls nicht zu seinen Lasten ausgewirkt haben. Insoweit tritt die Pflicht zur Amtsermittlung des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) an die Stelle der behördlichen Aufklärungspflicht.
46Vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 24 Rn. 59; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2015, § 24 Rn. 36; Ziekow, VwVfG, 3. Auflage 2013, § 24 Rn. 19; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1987 - 1 C 29.85 -, BVerwGE 78, 285 = juris Rn. 33.
47B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus. Die von dem Vorhaben ausgehenden Geruchsimmissionen stellen für den Kläger keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar (dazu I.). Die mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Lärmimmissionen überschreiten die zulässigen Grenzwerte nicht (dazu II.). Ein subjektives öffentliches Recht auf Festlegung von Immissionsobergrenzen für Bioaerosole (dazu III.) und Ammoniak (dazu IV.) kommt dem Kläger nicht zu. Der Kläger kann sich nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan berufen (dazu V.). Gleiches gilt auch für eine Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans (dazu VI.).
48I. Die an dem Wohnhaus des Klägers zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Zum Zwecke der Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchsimmissionen kann auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zurückgegriffen werden (dazu 1.). Auf dieser Grundlage ergibt sich keine erhebliche Geruchsbelastung am Wohnhaus des Klägers (dazu 2.).
491. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
50Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
51In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., und vom 1. Juni 2015 - 1760/13 -, juris Rn. 51, sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
53Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
54vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
55bei der aus der Vorbelastung (dazu a) und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse (dazu b) und einer Abluftfahnenüberhöhung (dazu c) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Geruchsbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu d).
56a) Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
57Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die bisherige Praxis die Eigenbelastung grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liegt unausgesprochen auch dem Konzept GIRL zugrunde.
58Nach der Auffassung des Senats sprechen überwiegende Gründe dafür, die Eigenbelastung nicht zu berücksichtigen. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind landwirtschaftliche Hofstellen teilweise - wie im Fall des Klägers - aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung kommt ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z. B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
59Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 8 A 1760/13 -, juris Rn. 58 ff.
60Die von dem Kläger vorgebrachten Einwendungen vermögen diese Erwägungen nicht in Frage zu stellen; der Senat hat sie bereits in seiner vorgenannten Entscheidung berücksichtigt.
61b) Nach Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) sind bei einer gebäudenahen Abluftführung die nicht auszuschließenden Einflüsse der Bebauung auf der windzugewandten Seite des Emissionspunkts („Luv-Seite“) auf die Immissionen zwingend zu berücksichtigen. Insoweit sind alle Gebäude in den Blick zu nehmen, deren Abstand von der jeweiligen Emissionsquelle geringer ist als das 6fache der Schornsteinbauhöhe.
62Für die Fälle, in denen entweder die Schornsteinhöhe mehr als das 1,2fache der Höhen der Gebäude beträgt oder die Gebäude, für die diese Bedingung nicht erfüllt ist, einen Abstand von mehr als dem 6fachen ihrer Höhe von der Emissionsquelle haben, regelt die TA Luft (2002) ausdrücklich, auf welche Weise die Gebäudeeinflüsse zu ermitteln sind. Beträgt die Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhen, ist die Berücksichtigung der Bebauung - bei einer Modellierung des Abluftkamins als Punktquelle - durch Rauhigkeitslänge und Verdrängungshöhe ohne Berücksichtigung der Gebäude ausreichend. Beträgt die Schonsteinbauhöhe weniger als das 1,7fache (aber mehr als das 1,2fache) der Gebäudehöhen und ist eine freie Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden. Solange ein solches Windfeldmodell noch nicht existiert, kann ein anderes Windfeldmodell verwendet werden, dessen Eignung der obersten Landesbehörde nachgewiesen worden ist. Das LANUV NRW empfiehlt in diesen Fällen als Alternative die Modellierung eines Ersatzquellensystems, in dem die Quellen eine künstliche vertikale Ausdehnung erhalten. Die Modellierung der gebäudenahen Emissionsquellen als vertikale Linienquellen ‑ mit einer Ausdehnung grundsätzlich bis zum Erdboden - simuliert die Um- und Überströmung der Gebäude auf der Luv-Seite und deren Auswirkungen auf die Ausbreitungsrechnung, weil - anders als bei einer Modellierung der Quellen als Punktquellen - die gemessenen Konzentrationen in der Regel überschätzt würden. Um allerdings eine zu hohe Überschätzung auszuschließen, sind bei Quellkonfigurationen, bei denen die Höhe der Emissionsquellen größer ist als das 1,2fache der Gebäude (einschließlich des Gebäudes, auf dem sie stehen), die Emissionen gleichmäßig auf den oberen halben Quellbereich zu verteilen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, juris Rn. 78; vgl. auch: Hartmann u.a., Untersuchungen zum Verhalten von Abluftfahnen landwirtschaftlicher Anlagen in der Atmosphäre, Langfassung zum Jahresbericht 2003, Seite 5 und 6, abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/veröf-fentlichungen/jahresberichte.
64c) Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
65Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
66kann im Allgemeinen eine Überhöhung der Abluftfahne angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First ist, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) auf der windabgewandten Seite („Lee-Seite“) im weiteren Umkreis um die Quelle - in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem 10fachen, nach der an die Regelungen in Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) angelehnten Praxis des LANUV NRW auch schon entsprechend dem 6fachen der Quellhöhe - ausgeschlossen ist.
67Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 65, und vom 12. August 2015 - 8 A 1799/14 -, juris Rn. 87.
68d) Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt für landwirtschaftliche Gerüche ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich wird dabei für landwirtschaftliche Gerüche der für Dorfgebiete anzusetzende Wert angenommen.
69Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 1760/13 -, juris Rn. 53, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31 und vom 21. September 2012 ‑ 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 3.
70In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
71Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
72Gleiches gilt auch, wenn es sich bei dem Gebiet hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Art der baulichen Nutzung nicht um Außenbereich i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB, sondern um eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG bzw. nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB handelt. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus Tierhaltungsanlagen besteht ‑ jedenfalls soweit keine weitergehenden Festsetzungen getroffen worden sind ‑ kein Unterschied zwischen durch Bebauungsplan festgesetzten Flächen für die Landwirtschaft und dem Außenbereich, in dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB landwirtschaftliche Betriebe privilegiert zulässig sind. Bauplanerisch für die Landwirtschaft festgesetzte Flächen sind ebenso wie der Außenbereich als Standorte für stark emittierende (landwirtschaftliche) Betriebe vorgesehen. In diesen Gebieten muss wie im landwirtschaftlich genutzten Außenbereich mit Gerüchen (und anderen Immissionen) gerechnet werden, die etwa durch die Tierhaltung üblicherweise entstehen.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 8 ff.; vgl. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Band I, Stand: 1. August 2015, § 9 Rn. 148.
742. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen aus. Die Geruchsimmissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 9. Mai 2011 in der Fassung des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 sowie der im Berufungsverfahren vorgelegten ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 sind verwertbar (dazu a). Auf ihrer Grundlage überschreitet die zu erwartende Geruchsgesamtbelastung IGb (dazu b) den vorliegend anzusetzenden Immissionswert IW = 0,15 mit der erforderlichen Sicherheit nicht (dazu c).
75a) Die Geruchsimmissionsprognose vom 8. Mai 2011 ist vorliegend einschließlich des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 verwertbar. Zur Bestimmung der zu erwartenden Geruchsbelästigung sind auch solche Gutachten heranzuziehen, die erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegt oder eingeholt worden sind. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die jedenfalls zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris Rn. 22, vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 3. August 2012 ‑ 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 20.
77Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es insoweit keiner Einbeziehung des Gutachtens in den Genehmigungsbescheid. Eine solche ist nur notwendig, soweit immissionsrelevante Voraussetzungen und Grundlagen des Gutachtens Teil des Genehmigungsbescheids selbst werden sollen.
78b) Die sich auf der Grundlage der vorgelegten Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 nebst Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 ergebende Gesamtbelastung IGb überschreitet den maßgeblichen Immissionswert IW nicht. Der Immissionswert IW ist im vorliegenden Fall jedenfalls mit 0,15 Jahresgeruchsstunden anzusetzen (dazu aa). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einhaltung des in der Auflage 2.2.1 bestimmten Immissionswertes von maximal 0,09 (dazu bb). Die Geruchsimmissionsprognose nebst ihren Ergänzungen gibt für die Rasterflächen, die über dem Wohnhaus des Klägers liegen oder dieses zumindest berühren, eine Gesamtbelastung IGb ohne Berücksichtigung der Eigenbelastung des Klägers und mit Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung, deren Voraussetzungen nach der Überzeugung des Senats vorliegen, von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Selbst ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung wird der Immissionswert von 0,15 nicht überschritten. Das Gutachten stellt die Emissionsquellen einschließlich des Ansatzes einer Abluftfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 nachvollziehbar dar (dazu cc). Die Verwendung der Begriffe „Festdach“ bzw. „Zeltdach“ für die Abdeckung des Güllehochbehälters BE 2 führt nicht zu einer Unbestimmtheit des Genehmigungsbescheids, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann (dazu dd). Die Darstellung der Immissionssituation auf der Hofstelle des Klägers ist - auch bei Betrachtung der ansonsten nicht zu berücksichtigenden Eigenbelastung des Klägers - plausibel (dazu ee).
79aa) Für das Wohnhaus ist ein Immissionswert IW = 0,15 maßgeblich. Die Hofstelle des Klägers liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S2. N. “ vom 3. Oktober 1962 des damaligen Planungsträgers. Dieser setzt als einfacher Bebauungsplan an dieser Stelle eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG fest. Überschreitet das geplante Vorhaben einen Wert von 0,15 nicht, bedarf die Frage, ob aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswertes auf bis zu 0,25 möglich ist, keiner Erörterung.
80bb) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der in der Auflage 2.2.1 festgelegte Wert IGb = 0,09 an seinem Haus nicht überschritten wird. Dabei kann offen bleiben, ob der Begriff der „umliegenden Wohnhäuser“ in der Auflage dahingehend auszulegen ist, dass hiervon zu landwirtschaftlichen Hofstellen gehörende Wohnhäuser nicht erfasst werden. Der die Schwelle der erheblichen Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (die, wie ausgeführt, hier bei einem Immissionswert von 0,15 anzusetzen ist) unterschreitende Wert von 0,09 ist dem Bereich der Vorsorge gegen erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Ein subjektiver Anspruch auf Einhaltung von Vorsorgeanforderungen besteht nicht.
81BVerwG, Urteile vom 18. Mai 1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313 = juris Rn. 22, und vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, BVerwG, sowie Beschluss vom 16. Januar 2009 - 7 B 47.08 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 27 = juris Rn. 11;Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2014, § 5 Rn. 121; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015 § 5 BImSchG Rn. 163.
82cc) Die zu berücksichtigenden Geruchsquellen werden einschließlich der angesetzten Geruchsfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 durch die Geruchsimmissionsprognose jedenfalls im Ergebnis zutreffend erfasst.
83Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtigt für den neu zu errichtenden Stall BE 3 1.752 Mastschweineplätze, für den bereits errichteten Stall BE 1 660 Mastschweineplätze. Die Voraussetzungen für die Annahme einer (kinetischen) Abluftfahnenüberhöhung liegen vor. Entsprechend den gemäß Ziffer II.3. der Genehmigung i. V. m. Anlage 1, Ziffer 4 „Grundriss, Schnitt Ansichten“ zum Teil der Genehmigung gemachten Bauvorlagen liegen die Oberkanten der sechs Abluftkamine des Stalls BE 3 10,50 m über Grund und 3,00 m über First. Dies erfüllt die Anforderungen der Auflage 2.2.3 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012. Die Änderung der Abluftführung des Stalls BE 1 ergibt sich nicht aus den Bauvorlagen. Die Einhaltung der Mindestvoraussetzungen für die Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung folgt aber hinsichtlich der Höhe der Abluftkamine und des Gebäudes aus der Nebenbestimmung 2.2.3.
84Die Mindestabluftgeschwindigkeit hat ausweislich der Nebenbestimmung 2.2.5 in allen Betriebszuständen ständig mindestens 7 m/s zu betragen. Die Modellierung dieser Quellen als vertikale Linienquellen in voller Quellhöhe zur Berücksichtigung der Gebäudeeinflüsse in dem Ergänzungsgutachten vom 29. Oktober 2015 stimmt mit der vom LANUV NRW empfohlenen Handlungsweise überein. Die Emissionspunkte weisen nicht das 1,2fache der Höhe der umliegenden landwirtschaftlichen (Bestands-) Gebäude auf. Jedenfalls dem südlich gelegenen Wohnhaus kommt für die Frage der hindernisfreien Anströmung der Emissionsquellen im Verhältnis zum klägerischen Wohnhaus Bedeutung zu. Auswirkungen auf die für die Abluftfahnenüberhöhung notwendige freie Abströmung hat das auf der Luv-Seite stehende Gebäude hingegen nicht. Selbst wenn man aber aus diesem Grund auch die Abluftfahnenüberhöhung beider Ställe unberücksichtigt ließe, läge ausweislich der Ausbreitungsrechnung die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei 0,15.
85Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine eventuell von der Genehmigungslage abweichende tatsächliche Nutzung des Güllehochbehälters für die Lagerung von Gärresten aus der Biogaserzeugung bei der Ermittlung der maßgeblichen Emissionen nicht zu berücksichtigen. Insoweit kommt es allein auf die Genehmigungslage an. Etwaige Abweichungen sind von der Beklagten im Rahmen der laufenden Überwachung zu untersuchen und abzustellen.
86Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 ‑ 8 A 799/14 -, juris Rn. 144.
87Soweit der Kläger zutreffend darauf hingewiesen hat, dass in der Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 für den landwirtschaftlichen Betrieb B. vier Pferde angesetzt worden sind, in der Berechnung vom 29. Oktober 2015 hingegen nur zwei, kann offenbleiben, ob - in Übereinstimmung mit der im Jahr 2013 von der Beklagten festgehaltenen tatsächlichen Situation - lediglich die Haltung zweier Pferde bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Der Ansatz von vier Pferden würde nicht zu einer anderen Bewertung führen. Selbst wenn man - unter Außerachtlassung der erheblichen Entfernung zwischen Emissions- und Immissionspunkt - die Geruchsstundenhäufigheit im Verhältnis des Anteils zweier Pferde an der Gesamtheit der Geruchseinheiten erhöhen würde, wäre die sich ergebende Gesamtbelastung von 15,05 % Jahresgeruchsstunden auf 15 % zu runden.
88Vgl. zur Anwendung der Rundungsregel auf die Gesamtbelastung OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 69.
89dd) Die Beschreibung der geplanten Abdeckung des bestehenden Güllehochbehälters BE 2 unter Ziffer II.1. (Gegenstand der Genehmigung), drittes Aufzählungszeichen, als „Festdach“ und in der Nebenbestimmung 2.2.11 als „Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane“ führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit des Genehmigungsbescheids i. S. d. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann.
90Vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 ‑ 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44.
91Selbst wenn in der Nebenbestimmung 2.2.11 nicht nur eine inhaltliche Konkretisierung des generelleren Begriffs des Festdachs liegen sollte, weicht dies von der in dem Gutachten vorausgesetzten Emissionssituation jedenfalls nicht nachteilig ab. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass der textliche Teil der Geruchsimmissionsprognose lediglich eine Zeltabdeckung als immissionsmindernde Maßnahme vorsieht. Dies entspricht dem Ansatz der Ausbreitungsrechnung, welche den Güllehochbehälter als Emissionsquelle ebenfalls mit einer Zeltabdeckung berücksichtigt.
92ee) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erweist sich die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose nicht deshalb als unplausibel, weil sie die Immissionssituation in dem Gutachten vom 9. Mai 2011 und dem Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 in nicht nachzuvollziehender Weise unterschiedlich darstellt. Berücksichtigt man bei der Betrachtung der Immissionssituation auch die Eigen-Vorbelastung, verschiebt sich der Schwerpunkt der Geruchsbelastung auf der Hofstelle des Klägers Richtung Osten. Während das Gutachten vom 9. Mai 2011 - aus der dem Gutachten angehängten LOG-Datei erkennbar - einen Tierbesatz von 500 Masthähnchen und fünf Pferden in dem unmittelbar nördlich an das Wohnhaus anschließenden Gebäude ansetzt, berücksichtigt das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 350 Legehennen in Bodenhaltung im Stall und mit Auslauffläche sowie 4 Pferde östlich des Wohnhauses. Hinzu kommt die Aufgabe der Tierhaltung auf den landwirtschaftlichen Hofstellen O. und T. . Berücksichtigt man desweiteren die maßgeblichen Windverhältnisse (Hauptwindrichtung Südwest), erscheint eine Reduzierung der Immissionsbelastung im Plan-Zustand nordwestlich des Wohnhauses von 0,79 bzw. 0,56 auf 0,19 bzw. 0,17 (Plan-Zustand in dem Gutachten vom 8. November 2013) ohne weiteres plausibel. Gleichzeitig steigt östlich des Wohnhauses des Klägers unter Berücksichtigung der Eigenbelastung die Geruchsbelastung sowohl im Ist- wie auch im Planzustand auf bis zu 0,99 an.
93Die Geruchsimmissionsprognose ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht unplausibel, weil die westlich der Wohnhäuser N3. Straße und liegenden Rasterflächen auf der Basis des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 Geruchsimmissionen in Höhe von 0,10 Jahresgeruchsstunden aufweisen. Unabhängig von der Frage, ob diese Immissionswerte an Orten erreicht werden, die dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, vermag eine Überschreitung des in der Nebenbestimmung 2.2.1 festgesetzten Wertes die Plausibilität des Gutachtens als solche nicht in Frage zu stellen. Die Nebenbestimmung ist nicht Teil des Gutachtens, sondern ist getrennt von ihr zu betrachten.
94II. Die von dem Betrieb der Schweinemast einschließlich des zurechenbaren An- und Abfahrtverkehrs ausgehenden Geräuschimmissionen stellen für den Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen schädlich i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird durch die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998 (GVBl. S. 503) bestimmt. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet. Weder im Regelbetrieb (dazu 1.) noch bei ausnahmsweise erfolgender nächtlicher Tierverladung (dazu 2.) werden die Immissionsrichtwerte überschritten.
951. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Bewohnern des Außenbereichs von genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen (vgl. Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c) TA Lärm) im Regelbetrieb ausgehende Lärmimmissionspegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 der TA Lärm festgelegten Immissionsrichtwerte zuzumuten sind.
96Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 ‑ 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn. 102 f., m. w. N., sowie Beschlüsse vom 23. Januar 2008 - 8 B 215/07 -, ZNER 2008, 89 = juris Rn. 38, vom 3. Mai 2012 - 8 B 1458/11 u. a. -, juris Rn. 35, und vom 16. Mai 2013 - 8 A 2893/12 -, juris Rn. 16.
97Für durch einfachen Bebauungsplan festgesetzte Flächen für die Landwirtschaft, die in Nr. 6.1 Satz 1 TA Lärm ebenfalls nicht ausdrücklich erwähnt sind, gilt jedenfalls ohne weitere zu berücksichtigende bauplanerische Festsetzungen nichts anderes.
98Vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 23. Februar 2001 - 4 L 56/01.NW -, juris Rn. 18, unter Bezugnahme auf die ebenfalls unter Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm zu fassenden Dorfgebiete.
99Die schalltechnische Immissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 8. Februar 2012 setzt sowohl während der Tag- wie der Nachtzeit den Betrieb von Ventilatoren zur Entlüftung der Ställe BE 1 und BE 3 mit einem maximalen Schallleistungspegel vom max. 75 bzw. 78 dB(A) an. Während der Tagzeit berücksichtigt die Schallimmissionsprognose eine Verladung lebender Tiere nebst nachgehender Reinigung der Verladefläche, eine Futtermittelanlieferung mittels LKW, eine Kadaverabholung mittels LKW, 20 Schlepperbewegungen (jeweils An- und Abfahrt) für den Gülletransport einschließlich Pumpenbetrieb sowie 40 PKW-Bewegungen. Auf dieser pessimalen Grundlage prognostiziert das Lärmgutachten am Haus des Klägers (Immissionspunkt IP 2, 2. Obergeschoss) einen anlagenbezogenen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Die Berücksichtigung anderer, nicht anlagenbezogener Geräuschquellen als Vorbelastung konnte nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm unterbleiben, weil die anlagenbezogene Zusatzbelastung die sich aus Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerte um mehr als 6 dB(A) unterschreitet. Diese Unterschreitung um mindestens 6 dB(A) schreibt die Auflage 2.1.1 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012 fest.
1002. Die ausnahmsweise zulässige Verladung von Tieren aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit bei sommerlichen Witterungsbedingungen nach der Nebenbestimmung 2.1.5 der Genehmigung vom 3. Dezember 2012 in der durch den Schriftsatz vom 2. November 2015 geänderten Fassung führt nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Lärmgrenzwerte. Nach Nr. 7.2 TA Lärm können in der Genehmigung Überschreitungen der Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1 und 6.2 zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb der Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte auch bei Einhaltung des Stands der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Derartige Besonderheiten liegen in den Anforderungen des Tierschutzes an die Verladung der Tiere bei besonders warmen Witterungslagen. Die strikte Beschränkung auf maximal zehn Tage und zwei aufeinanderfolgende Wochenenden wird (nunmehr) eingehalten. Der für seltene Ereignisse nach Nr. 6.3 Satz 1 TA Lärm geltende Immissionsrichtwert von 55 dB(A) nachts wird in diesem Fall für die lauteste Nachtstunde nach TA Lärm 6.4 nicht überschritten. Der über 60 Minuten anzusetzende (höchste) Schallleistungspegel Lw = 105 dB(A) für die Tierverladung führt bei isolierter Betrachtung ausweislich der Lärmimmissionsprognose am Immissionspunkt IP 2 zu einem Teilpegel von 35,8 dB(A). Auch unter Berücksichtigung des zusätzlichen Lüftergeräuschs (Teilpegel 32,8 dB(A)) wird der insoweit maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) sicher um mehr als 6 dB(A) unterschritten.
101III. Der Kläger ist durch die fehlende Festsetzung eines Immissionsgrenzwerts für Bioaerosole nicht in seinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt. Schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole sind vorliegend nicht zu erwarten.
102Unter Bioaerosolen ist nach der Definition in der VDI-Richtlinie 4255 die Summe aller im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln zu verstehen, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte (z.B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. die diese beinhalten oder bilden. Immissions- oder Emissionswerte sieht die TA Luft insoweit nicht vor; insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenz- oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 52, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53, vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -,juris Rn. 33, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
104Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend nicht erkennbar.
105Allerdings spricht gegenwärtig weiterhin Erhebliches dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 22 ff., vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 58, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 55, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 33; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 91; zur Darstellung der Problematik vgl. auch die Internetdokumentation des LANUV NRW unter "Bioaerosole", "Wirkungen von Bioaerosolen" und "Gesundheitliche Wirkungen von Stall-Luft-Komponenten aus Tierhaltungsbetrieben"; Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007; Antwort der Bundesregierung vom 7. Dezember 2006 auf eine Kleine Anfrage zu geplanten Schweinemastgroßanlagen in Deutschland, BT-Drs. 16/3759, Antwort zu den Fragen 12 und 13.
107Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind indessen nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Messtechnische Untersuchungen, die das LANUV NRW seit dem Jahr 2007 an Schweine- und Legehennenställen betreibt, haben ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter - insbesondere von Staphylokokken und Bakterien - an der Lee-Seite eines Legehennenstalls (ca. 300 Großvieheinheiten) gegenüber der Luv-Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass bei derartigen Entfernungen auch mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Die ermittelten Immissionskonzentrationen lagen nach Einschätzung des LANUV NRW auf einem "vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden."
108Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 60 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 57 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 37 ff., jeweils unter Bezugnahme auf Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
109Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können allerdings Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein.
110Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 ‑ 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 12 (zu Nanopartikeln).
111Vor diesem Hintergrund bezeichnet die VDI-Richtlinie 4250 Blatt 1 (Bioaerosole und biologische Agenzien, Umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosol-Immissionen) in Nr. 7 jede Erhöhung der Immissionskonzentration gegenüber den Hintergrundwerten als "umwelthygienisch unerwünscht", fügt aber hinzu, dass dabei das Gesundheitsrisiko nicht quantifiziert werden könne. Aus Gründen der Vorsorge seien Bioaerosol-Konzentrationen zu vermeiden, die gegenüber der Hintergrundbelastung erhöht seien. Davon ausgehend ist die Vermeidung bzw. Senkung von erhöhten Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Auf deren Einhaltung hat der Nachbar - ebenso wie hinsichtlich der in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Pflicht zur Prüfung etwaiger Möglichkeiten, die Emission an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern - grundsätzlich keinen Anspruch.
112Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 67 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 64, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 44 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 99 ff.; zum fehlenden Anspruch auf Vorsorgemaßnahmen vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, und Beschluss vom 9. April 2008 ‑ 7 B 2.08 -, NVwZ 2008, 789 = juris Rn. 11.
113Auf der Grundlage des Vorstehenden fehlt es nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, dass das Wohnhaus des Klägers durch das Vorhaben des Beigeladenen Bioaerosol-Immissionen ausgesetzt sein wird, die über eine allgemeine, gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG führen können. Da der Übertragungsweg bei Bioaerosolen im Grunde derselbe ist wie bei Gerüchen, liegt eine Orientierung an den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose nahe.
114Vgl. zu diesem Maßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 28, und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 ‑, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 70 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 69 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 49 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 103.
115Die Geruchsimmissionsprognose in der Fassung der Neuberechnung vom 29. Oktober 2015 gelangt - wie ausgeführt - zu einer Geruchsbelastung von maximal 0,15 Jahresgeruchsstunden; die Geruchsbelastung liegt damit nicht oberhalb des jedenfalls anzusetzenden Immissionswerts von 0,15. Danach ist davon auszugehen, dass sich auch die Belastung mit Bioaerosolen in einem für den ländlichen Raum gebietstypischen Rahmen bewegt. Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Bevölkerung des ländlichen Raums in signifikantem Umfang an Krankheiten insbesondere der Atemwege leidet, die auf Bioaerosole zurückzuführen sind, bieten die vorliegenden wissenschaftlichen Stellungnahmen nicht.
116Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 75, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 72, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 52; Nds. OVG, Beschluss vom 19. August 1999 - 1 M 2711/99 -, NVwZ-RR 2000, 91 = juris Rn. 9.
117IV. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten des Klägers ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die zu erwartenden Ammoniakimmissionen. Die in der TA Luft bestimmten Grenzwerte für Ammoniak- sowie Stickstoffeinträge dienen, wie das Verwaltungsgericht zurecht ausgeführt hat, nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. Dort sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Gemäß Nr. 4.4.2 Abs. 3 TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Somit kann sich ein Nachbar - jedenfalls soweit er nicht die Einwirkung auf besonders schutzwürdige Pflanzen geltend macht - nicht auf die Verletzung einer ihn schützenden Regelung durch Ammoniakimmissionen berufen.
118Vgl. OVG S.-A., Urteil vom 24. März 2015 - 2 L 184/10 -, juris Rn. 129 ff.; VG München, Urteil vom 16. Oktober 2007 - M 1 K 07.2892 -, juris Rn. 20; VG Oldenburg, Urteil vom 10. März 2010 - 5 A 1375/09 -, juris Rn. 43; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand: 1. Mai 2015, Nr. 4.8 TA Luft Rn. 47.
119Im Übrigen erweist sich die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehende Ammoniakbelastung nicht als erheblich. Nach Nr. 4.8 i. V. m. Anhang 1 Abbildung 4 Abs. 2, Anhang 3 TA Luft ist bei Vorliegen einer Ausbreitungsrechnung lediglich der Mindestabstand der Emissionsquelle erforderlich, bei dem eine anlagenbezogene Zusatzbelastung für Ammoniak von 3 μg/m³ an keinem maßgeblichen Beurteilungspunkt überschritten wird. Ausweislich der graphischen Darstellung der von dem Vorhaben im Planzustand ausgehenden Ammoniakbelastung auf Seite 21 des Geruchs- und Ammoniakimmissionsgutachtens vom 9. Mai 2011 ist auf dem klägerischen Grundstück keine Ammoniakbelastung in diesem Umfang zu erwarten.
120V. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft im Bebauungsplan berufen. Ein solcher könnte gegeben sein, wenn es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um eine Tierhaltung gewerblicher Art handelt. Die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in dem Bebauungsplan „S2. N. “ des damaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk vom 3. Oktober 1962 ist nach §§ 30 Abs. 3 BauGB, 6 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BImSchG Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Prüfungsverfahrens.
121Setzt der Planungsträger in einem Bebauungsplan eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG (nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB) fest, umfasst der Begriff der Landwirtschaft die in § 201 BauGB bestimmten Bewirtschaftungsformen. Ob es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um einen landwirtschaftlichen Betrieb in diesem Sinne handelt, kann aber dahinstehen. Selbst wenn auf den zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen das Futter für die Tierhaltung des Beigeladenen - einschließlich der Tierbestände auf der Hofstelle in F. -L. - nicht überwiegend erzeugt werden könnte, verletzt dies den Kläger nicht in einer ihm zukommenden Rechtsposition. Der Festsetzung kommt keine drittschützende Wirkung zu.
122Ob einer Festsetzung im Bebauungsplan Drittschutz zukommt, entscheidet der Planungsträger grundsätzlich nach eigenem Ermessen; ausgenommen hiervon sind die Baugebietsfestsetzungen nach der BauNVO, denen grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zukommt, sowie solche Festsetzungen, deren Drittschutz sich - wie etwa bei § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB - unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung ergibt. Liegt - wie hier - ein solcher Fall nicht vor, hängt die nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen im Bebauungsplan davon ab, ob diese nach dem ersichtlichen Willen des Plangebers drittschützend sein soll, also welchen Zweck er mit der Festsetzung verfolgt.
123Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. September 1988 - 4 N 1.87 -, BVerwGE 80, 184 = juris Rn. 22, und vom 9. Oktober 1991 - 4 B 137.91 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 104 = juris Rn. 5; Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 10 B 629/03 -, BRS 66 Nr. 183 = juris Rn. 17; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Oktober 1999 ‑ 8 S 2396/99 -, juris Rn. 3; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 30 Rn. 32.
124Vorliegend ergeben sich weder aus dem Bebauungsplan als solchem noch aus den vom Senat beigezogenen Aufstellungsvorgängen des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Hinweise auf eine beabsichtigte drittschützende Wirkung der festgesetzten Fläche für die Landwirtschaft. Im Gegenteil führt die Begründung des Bebauungsplanentwurfs aus, das S. gewinne als Erholungsgebiet ständig an Bedeutung; gleichzeitig sei es in seinem landschaftlichen Charakter durch Bauabsichten gefährdet. Der Bebauungsplan solle im öffentlichen Interesse diesen Bereich für die Erholung der Bevölkerung sichern und vor einer nicht vertretbaren Bebauung sichern. In einem Vermerk über die beabsichtigten Festsetzungen vom 29. August 1961 werden diesbezüglich die „von der Bebauung freizuhaltenden Grundstücke, die nicht als öffentliche Grünfläche, wohl aber als Fläche für die Land- und Forstwirtschaft vorgesehen sind“ angeführt.
125VI. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans sei zu Unrecht erfolgt. Dabei kann der Senat offenlassen, in welchem Verhältnis der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid zu der von der unteren Landschaftsbehörde am 5. Juli 2012 erteilten Befreiung von den Festsetzungen steht. Letztere dürfte sich wegen Verstoßes gegen § 13 BImSchG als rechtswidrig erweisen, weil eine vorweggenommene landschaftsrechtliche Befreiung der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zuwiderläuft.
126Vgl. Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 13 BImSchG Rn. 89b m. w. N.
127Auch wenn die Befreiung (zusätzlich) Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids ist, schützt das Bauverbot unter Ziffer C.2.2.1 III. Nr. 4 des Landschaftsplans den Kläger nicht. Vorschriften des Natur- und Landschaftsschutzes kommt grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung zu, da sie allein im öffentlichen Interesse erlassen werden und öffentlichen Zielen zu dienen bestimmt ist.
128Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, BRS 76 Nr. 184 = juris Rn. 82; Bay. VGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 ‑ 15 CS 10.37 -, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2015 - 3 K 9246/12 -, juris Rn. 32; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 1.87 -, NVwZ 1988, 728 = juris Rn. 22, und Urteil vom 17. Januar 2001 - 6 CN 3.00 -, Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 10 = juris Rn. 8.
129Im Übrigen wäre die Beklagte mangels Anfechtung des zwar rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Befreiungsbescheids vom 5. Juli 2012 an die bereits erteilte Befreiungsentscheidung gebunden.
130Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
132Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens; ausgenommen hiervon sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2Der Kläger wendet sich gegen einen Vorbescheid für die Änderung des landwirtschaftlichen Betriebs des Beigeladenen durch Errichtung eines Milchviehboxenlaufstalls mit Nebengebäuden.
3Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstücks H. 45 in S. (Gemarkung M. Flur 3, Flurstücke 1451, 1454 und 2158, Grundbuch von M. , Amtsgericht Bergisch Gladbach, Blatt 290). Er führt dort einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb. Der Kläger ist mit einem hälftigen Anteil Miteigentümer des Grundstücks H. 46 a in S. (Gemarkung M. , Flur 3, Flurstück 1916, Blatt 501 des Grundbuchs von M. ). Das Grundstück des Klägers liegt nördlich des Betriebs des Beigeladenen. Dazwischen verläuft der H1. Weg. Das Grundstück des Klägers ist mit einem Wohnhaus bebaut, das die Beklagte unter dem 21. Juli 1976 genehmigt hatte. Die Grundstücke gehören zur Ansiedlung H. , die östlich des Ortskerns von S. liegt und über den asphaltierten H1. Weg erschlossen ist, der zur etwa 100 m entfernten L.----straße 49 führt. Wegen der Lage der Grundstücke und Gebäude im Einzelnen wird auf den von der Beklagten eingereichten Lageplan vom 31. August 2011 (BA 5) Bezug genommen.
4Am 25. August 2008 stellte der Beigeladene einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids zum Neubau eines Milchviehboxenlaufstalls mit Nebengebäuden.
5Im August 2009 reichte der Beigeladene einen ergänzten Lageplan im Maßstab 1:1000 mit einer Markierung des Standorts etwa 130 m südwestlich des Hauses des Klägers ein. Unter dem 22. Dezember 2009 wurde im Auftrag des Beigeladenen ein Gutachten zu Geruchsimmissionen durch die landwirtschaftliche Unternehmensberatung NRW GmbH in N. erstellt. Dieses Gutachten prognostiziert für das Grundstück des Klägers eine belästigungsrelevante Gesamtbelastung von 6 % bis 8 % der Jahresstunden durch den Betrieb des Beigeladenen und stellt fest, dass von einem weiteren im Umkreis von 600 m vorhandenen Betrieb wegen dessen geringen Tierbestands nur irrelevante Auswirkungen zu erwarten seien. Zuvor hatte das LANUV NRW im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung Hinweise zu den zugrundezulegenden Annahmen u. a. in Bezug auf Wetterdaten und Geländerauhigkeitswerte gegeben. Am 3. Februar 2010 reichte der Beigeladene eine Betriebsbeschreibung ein, in der die Zahl der Milchkühe, Kälber und Jungvieh/Bullen angegeben wird. In der Rubrik tierische Abgänge ist ein Güllekeller mit derzeit 1.500 cbm und geplant 8.500 cbm Lagerkapazität genannt. Der Gegenstand des Antrags wurde unter dem 10. Mai 2010 dahin geändert, dass ein positiver Vorbescheid für einen ersten Bauabschnitt für 250 Milchkühe, und 100 Rinder und Kälber beantragt und um Zustimmung für den zweiten Bauabschnitt für weitere 200 Milchkühe und 30 Rinder/Kälber unter der Voraussetzung vorliegender erforderlicher Flächen für Futtergrundlagen und Güllebeseitigung gebeten wurde. Unter dem 23. Juni 2010 wurden die Maße des geplanten Güllekellers vom Beigeladenen auf 6.450 cbm reduziert.
6Die Beklagte erteilte den beantragten Vorbescheid unter dem 12. Oktober 2010.
7Gegenstand des Vorbescheids ist ausweislich von der Beklagten aufgebrachter Grünstempel der Erläuterungsbericht vom August 2008, die Betriebsbeschreibung vom 22. August 2008, ein Prospekt der Fa. X. mit einem Mustergebäude, der Lageplan vom 13. August 2009 im Maßstab 1:1000, und das Geruchsgutachten (Stand 22. Dezember 2009) mit dessen angegebenen Parametern und sonstigen Angaben. Der Vorbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers zur Kenntnis übersandt und ging dort am 19. Oktober 2010 ein.
8Am 19. November 2010 hat der Kläger - zusammen mit den Nachbarn Frau K. und Herrn I. - Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen:
9Der Bauvorbescheid verstoße gegen nachbarschützende Vorschriften. Eine Rechtsverletzung ergebe sich schon daraus, dass angesichts der Größe des Vorhabens das Bundesimmissionsschutzgesetz hätte angewendet werden müssen. Dies folge aus der geplanten Güllelagerkapazität und der Zahl der Tierplätze. Eine Berücksichtigung seiner berechtigten Nachbarinteressen könne dadurch erfolgen, dass die vorhandenen Stallungen, die im Gutachten mit D 1 bis D 3 bezeichnet seien, komplett aus der Viehnutzung herausgenommen würden. Durch die Zunahme der Zahl der Tiere von 146 auf 580 erhöhe sich die nicht mehr hinnehmbare Immissionsbelastung, die vom landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen ausgehe. Zudem erhöhe sich im Stall D 3 die Zahl der Tiere von 60 auf 90. Eine Rechtsbeeinträchtigung ergebe sich auch daraus, dass sich der Beigeladene für den Betrieb wegen der Anzahl der gehaltenen Tiere nicht auf erteilte Baugenehmigungen berufen könne. Genehmigt seien lediglich 86 Tiereinheiten. Das dem Vorbescheid zugrunde liegende Gutachten zu Geruchsimmissionen vom 22. Dezember 2009 sei mangelhaft. Insbesondere sei der angenommene Grenzwert mit 25 % der Jahresstunden zu hoch und die Windprognose unzutreffend. Die zu erwartenden Gerüche seien unzumutbar. Ferner drohe eine Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole.
10Der Kläger und die weiteren Kläger haben beantragt,
11den dem Beigeladenen von der Beklagten unter dem 12. Oktober 2010 erteilten Bauvorbescheid aufzuheben.
12Die Beklagte hat beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung hat sie ausgeführt:
15Es sei zu Recht ein baurechtlicher Vorbescheid erteilt worden. Die Voraussetzungen für die Durchführung eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens seien nicht erfüllt gewesen. Das Vorhaben verletze auch keine Nachbarrechte der Kläger. Es sei sichergestellt, dass es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 201 BauGB handele. Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen. Es rufe keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervor. Insbesondere führe es nicht zu unzumutbaren Gerüchen für den Kläger. Das maßgebliche Gutachten gelange zu zutreffenden Ergebnissen. Nach dem Ergebnis der Begutachtung sei vorliegend im Rahmen der Einzelfallprüfung für die Umgebungsbebauung wegen des Gebietscharakters eine Gesamtbelastung von bis zu 25 % der Jahresstunden zumutbar. Diese Belastungsgrenze würde auf dem Grundstück des Klägers bei weitem nicht erreicht werden. Nicht zu beanstanden sei, dass im Rahmen des Gutachtens eine Prognoseberechnung angefertigt worden sei, da die Auswirkungen eines zukünftigen Vorhabens anders nicht ermittelt werden könnten. Die Annahme, dass ein Immissionswert von 25 % der Jahresstunden zumutbar sei, entspreche der obergerichtlichen Rechtsprechung. Auch eine umfassende Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls führe nicht zu einer zu erwartenden Geruchsbelästigung, die die Erheblichkeitsschwelle des § 3 Abs. 1 BImSchG überschreite. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass alle Grundstücke im Außenbereich gelegen seien. In einem landwirtschaftlich genutzten Gebiet müsse mit Lärm und Gerüchen gerechnet werden. Der solchen Belastungen ausgesetzte Eigentümer eines Wohnhauses könne in der Regel nicht verlangen, von den mit der Tierhaltung verbundenen Immissionen verschont zu bleiben. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der geplante Stall deutlich von der Wohnbebauung des Klägers abrücke, die Viehhaltung in Stall D 2 aufgegeben werde und auch die Erschließung der Ställe nunmehr über die südöstlich verlaufende K 49 erfolgen solle. Die vorgesehene Güllelagerkapazität sei ausreichend.
16Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
17Das Verwaltungsgericht hat die Klage - nach Durchführung eines Ortstermins - mit Urteil vom 30. September 2011 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Dem Vorhaben stünden keine auf den Vorbescheidantrag allein zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften entgegen, die auch dem materiellen Schutz des betroffenen Dritten zu dienen bestimmt seien. Daraus folge, dass die Kläger allein aus der formellen Rechtswidrigkeit eines Vorhabens kein Abwehrrecht herleiten könnten. Damit komme es weder auf die Frage an, ob der Betrieb des Beigeladenen in Teilen baurechtlich nicht genehmigt sei noch auf die Ansicht, es hätte kein baurechtlicher Vorbescheid beantragt und erteilt werden dürfen, sondern ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt werden müssen. Letzterem Gesichtspunkt folge das Gericht auch deshalb nicht, weil die Anlagengröße die Kapazitäten unterschreite, die erst zu einer Anwendung des Immissionsschutzrechts führten. Im Übrigen hätte auch eine fehlerhaft unterbliebene Anwendung der immissionsschutzrechtlichen Vorschriften für ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren keine für den Nachbarn erhebliche Veränderung des materiellen Genehmigungsmaßstabs zur Folge. Bei der planungsrechtlichen Beurteilung sei § 35 BauGB zugrunde zu legen. Die Siedlung H. stelle eine typische Splittersiedlung im Außenbereich außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils dar. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege nicht vor. Die im Wesentlichen gerügten Geruchsbelastungen, die vom landwirtschaftlichen Betrieb des Beigeladenen ausgingen, seien auf der Grundlage des eingeholten Geruchsgutachtens vom 22. Dezember 2009 unter Berücksichtigung der Geruchsimmissionsrichtlinie des Landes NRW zu beurteilen. Da die Geruchsimmissionsrichtlinie für eine Wohnnutzung im Außenbereich keine Werte angebe, sei darauf abzustellen, ob die Grenze der Zumutbarkeit überschritten sei. Dies sei nicht der Fall. Fehler des Gutachtens seien von den Klägern nicht substantiiert aufgezeigt worden. Zu den vorgetragenen erheblichen gesundheitlichen Problemen der Ehefrau des Klägers sei ergänzend zu bemerken, dass diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in Zweifel gezogen würden, es möge sogar zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass die Beeinträchtigungen auch vom Betrieb des Beigeladenen herrührten; dies ändere aber nichts daran, dass diese Auswirkungen im persönlichen Bereich das Vorhaben nicht in einem objektivierten Sinn planungsrechtlich rücksichtslos machten, weil das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nicht personenbezogen auf die Eigentumsverhältnisse oder die Nutzungsberechtigten zu einem bestimmten Zeitpunkt abstelle. Hinzu komme, dass es der Kläger in der Hand habe, durch die Ausrichtung der besonders geruchsempfindlichen Räumlichkeiten bzw. des Außenwohnbereichs in gewissem Umfang architektonische Selbsthilfe zu üben, sofern dies nicht bereits geschehen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die mit Beschluss vom 8. November 2011 berichtigten Urteilsgründe Bezug genommen.
18Der Kläger und die weiteren erstinstanzlichen Kläger haben die Zulassung der Berufung beantragt. Die weiteren Kläger haben ihre Zulassungsanträge später zurückgenommen. Der Senat hat das Verfahren daraufhin abgetrennt, unter dem Aktenzeichen - 7 A 655/13 - fortgeführt und eingestellt, soweit es diese Klagen betraf. Der Kläger trägt zur Begründung der vom Senat wegen besonderer Schwierigkeiten zugelassenen Berufung vor:
19Das Verwaltungsgericht habe die nachbarschützende Regelung des § 5 BImSchG verkannt, indem es angenommen habe, in Bezug auf die Anwendung des BImSchG gehe es nur um formale Verfahrensregeln. Tatsächlich sei eine Anwendung des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz geboten. Der Stall, der im Gutachten mit D 1 bezeichnet sei, sei nicht als Stall genehmigt. Der Stall D 3 sei lediglich als Remise genehmigt. Bei der planungsrechtlichen Beurteilung sei das Gebiet nicht als Außenbereich, sondern als Dorfgebiet einzustufen. Es befänden sich dort etwa auch Handwerksbetriebe, ein Betrieb des Garten- und Landschaftsbaus und eine Hundeschule und -pension. Die vorhandene Bebauung vermittle auch den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit und verfüge daher über die für einen Ortsteil im Sinne des Gesetzes erforderliche organische Siedlungsstruktur. Die Beklagte sei bei der Genehmigung seines Wohnhauses von einer Lage im Innenbereich ausgegangen. Ferner sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einem privilegierten Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB ausgegangen. Tatsächlich handele es sich um einen Gewerbebetrieb, der den Rahmen des Ortsüblichen sprenge. Es fehle eine ausreichende eigene Futtergrundlage für eine betriebliche Erweiterung. Das zugrundegelegte Gutachten zu den Geruchsimmissionen sei nicht ausreichend. Es beruhe auf Daten einer Wetterstation in größerer Entfernung, die die tatsächliche Situation nicht träfen. Es komme zu Windverwirbelungen, die gerade sein Haus beträfen. Ferner sei das im Gutachten zugrunde gelegte Kriterium einer Rauhigkeit des Geländes zweifelhaft. Ein früheres Gutachten sei zu einer höheren Geruchsbelastung gelangt. Das Verwaltungsgericht habe eine effektive Grenzwertfestlegung für Geruchsimmissionen unterlassen und die Problematik einer drohenden Gesundheitsgefährdung durch Bioaerosole verkannt. Nach einer vorliegenden Studie sei im Umkreis von 500 m von Tierhaltungsanlagen mit Gesundheitsgefahren zu rechnen. Dies ergebe sich insbesondere aus der sog. NiLS Studie (Niedersächsische Lungen-Studie) sowie auch aus der VDI-Richtlinie 4250. Das Verwaltungsgericht habe auch die Grundsätze verkannt, die das OVG Münster in der Entscheidung vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 - aufgestellt habe.
20Der Kläger beantragt,
21das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.
24Sie trägt vor:
25Die Berufung sei unzulässig. Es fehle an der erforderlichen detaillierten Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils. Die Berufung sei im Übrigen aus den Gründen des erstinstanzlichen Urteils unbegründet. Für die planungsrechtliche Beurteilung sei § 35 BauGB maßgeblich. Das Gebiet H. sei Außenbereich und kein Ortsteil im Sinne des Gesetzes. Mit Blick auf die Siedlungsstruktur in S. mit den jeweils mehrere Hundert Hauptgebäude umfassenden Ortsteilen S. , tal, G. und L1. bzw. die Struktur der Nachbargemeinden im Ballungsraum / könne sich die Ansiedlung H. mit den vorhandenen Gebäuden nicht als selbständige Siedlungseinheit behaupten. Das Bundesimmissionsschutzgesetz sei nicht einschlägig. Zudem sei ein Verstoß gegen das Genehmigungserfordernis nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz ohnehin unerheblich. Der Vorbehalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im vereinfachten Verfahren sei nach der Rechtsprechung nicht drittschützend. Das Vorhaben des Beigeladenen sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen. Es betreffe Landwirtschaft im Sinne der Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage. Eine Privilegierung sei aber - nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB - auch dann gegeben, wenn eine eigene Futtergrundlage nicht nachgewiesen wäre. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot insbesondere auch hinsichtlich der Geruchsbelastung verneint. Gegen eine Unzumutbarkeit spreche bereits der Aspekt der zeitlichen Priorität landwirtschaftlicher Viehhaltung in H. . Der Kläger habe sich zu einem Zeitpunkt in H. angesiedelt, als der Betrieb des Beigeladenen und auch andere Betriebe längst vorhanden gewesen seien. Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Außenbereich vom Gesetzgeber nach § 35 Abs. 1 BauGB generell als Standort stark emittierender Betriebe vorgesehen sei. Der Beigeladene nehme bei der Gestaltung des Vorhabens auch hinsichtlich der Betriebserweiterung größtmögliche Rücksicht auf den Kläger und die Nachbarschaft. Der Großteil des Bestands und die verkehrliche Erschließung lägen nach Umsetzung des Vorhabens deutlich weiter vom Haus des Klägers entfernt. Nach dem vorliegenden Geruchsgutachten sei die Grenze der Zumutbarkeit nicht erreicht. Abgesehen davon führe das Vorhaben zu einer Verbesserung der Immissionssituation. Nach der Rechtsprechung sei auch eine an sich nicht mehr hinnehmbare Immissionsbelastung im Einzelfall im Umfang der Vorbelastung zumutbar, wenn eine Änderungsgenehmigung die Situation verbessere. Ein solcher Sachverhalt sei hier gegeben, weil der Beigeladene den nahe am Haus des Klägers gelegenen Stall D 2 aufgebe und der neue Stall in wesentlich größerer Entfernung gebaut werden solle. Ferner fehle es an konkreten Anhaltspunkten für Gesundheitsgefahren durch Bioaerosole. Bioaerosole spielten in der fachwissenschaftlichen Diskussion im Zusammenhang mit Rinderhaltungsanlagen keine Rolle. So enthalte auch der Tierhaltungserlass des Landes NRW vom 19. Februar 2013 lediglich für die Haltung von Schweinen und Geflügel diesbezügliche Empfehlungen.
26Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
27Der Kläger hat ärztliche Bescheinigungen zu eigenen Erkrankungen und Erkrankungen seiner Ehefrau vorgelegt; danach leidet er u. a. an einem sinubronchialen Syndrom mit Asthma bronchiale, seine Ehefrau leidet u. a. an einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung.
28Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 19. September 2013 besichtigt. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf das Protokoll zum Ortstermin verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach‑ und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge zum Vorbescheidsverfahren und zu den Baugenehmigungen für bauliche Anlagen auf dem Grundstück des Beigeladenen sowie zur Baugenehmigung für das Wohnhaus des Klägers Bezug genommen.
29Entscheidungsgründe:
30Die Berufung ist zulässig.
31Es fehlt entgegen der Meinung der Beklagten nicht an einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung. Die Berufungsbegründung muss nach § 124a Abs. 6 Satz 3 i. V. m. Abs. 3 Satz 4 VwGO einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung. Ein Berufungsführer genügt grundsätzlich seiner gesetzlichen Pflicht, in der Berufungsbegründung die Gründe der Anfechtung anzugeben, wenn er in der Berufungsbegründung an seiner in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hinreichend konkret erläuterten Auffassung festhält, durch den mit der Klage angegriffenen Bescheid verletzt zu sein, und dadurch zum Ausdruck bringt, dass er von den gegenteiligen Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht überzeugt ist.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 2012 ‑ 9 B 71.11 -, juris, m. w. N.
33Gemessen an diesen Ausführungen sind die Darlegungen des Klägers im rechtzeitig am 21. Mai 2013 (erster Werktag nach Pfingstmontag) eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz ausreichend. Die von der Beklagten vermisste Auseinandersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils findet sich darin in hinreichend detaillierter Weise. Dies gilt jedenfalls mit Blick auf die Ausführungen zu der vom Kläger befürchteten Beeinträchtigung durch Bioaerosole; hierzu enthält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts keine konkreten Erwägungen.
34Die Berufung hat aber in der Sache keinen Erfolg.
35I. Die Klage ist zwar zulässig.
361. Der Kläger ist insbesondere klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Er kann geltend machen, dass eine Verletzung seiner Rechte durch den angegriffenen Vorbescheid nicht von vornherein ausgeschlossen ist. An der Klagebefugnis fehlt es nur dann, wenn unter Zugrundelegung des Vorbringens des jeweiligen Klägers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise dessen subjektive Rechte verletzt sein können.
37Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. August 2003
38- 3 C 15.03 -, NJW 2004, 698.
39Es kommt hier jedenfalls eine Verletzung des nachbarschützenden Rücksicht-nahmegebots mit Blick auf vorhabenbedingte Geruchsimmissionen in Betracht.
402. Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht zwischenzeitlich wegen des Ablaufs der Geltungsdauer des Vorbescheids entfallen. Denn der Ablauf der Frist für die Geltung eines Vorbescheids ist durch eine gegen den Bescheid gerichtete Klage gehemmt.
41Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2012
42- 7 A 2444/09 -, juris, m. w. N.
43II. Die Klage ist aber in der Sache nicht begründet.
44Der angefochtene Vorbescheid verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
45Der Senat versteht den Vorbescheid dahin, dass er sich auf die Änderung des landwirtschaftlichen Betriebs des Beigeladenen insgesamt und nicht lediglich auf die Errichtung eines zusätzlichen Gebäudes bezieht. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch die Zahl und Verteilung der Tierplätze für Rinder und Kälber und deren Zuordnung zu bestimmten Stallungen geregelt wird und andere Regelungen getroffen werden, die sich auf den Betrieb des Beigeladenen insgesamt beziehen. Es handelt sich mithin um ein einheitliches Änderungsvorhaben in Bezug auf den Gesamtbetrieb.
46Vgl. zu baurechtlichen (Änderungs-) Genehmigungen: BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2000 - 4 B 106.99 -, BRS 63 Nr. 172.
47Maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist nach allgemeinen Grundsätzen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids; soweit sich nachträgliche Änderungen zugunsten des Beigeladenen auswirken, sind sie zu berücksichtigen.
48Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. November 2010 - 4 B 43.10 -, BRS 76 Nr. 162.
49Der Vorbescheid verstößt danach weder gegen den Bestimmtheitsgrundsatz (dazu 1.) oder drittschützendes Verfahrensrecht (dazu 2.) noch gegen das nach dem hier maßgeblichen § 35 Abs. 1 BauGB (dazu 3.) allein zu prüfende planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot (dazu 4.).
501. Der Vorbescheid verstößt nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise gegen das Bestimmtheitsgebot.
51Ein planungsrechtlicher Vorbescheid muss ebenso wie eine Baugenehmigung inhaltlich bestimmt sein. Das Bestimmtheitserfordernis in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass der Nachbar der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen kann, dass danach nur solche Nutzungen bzw. Baumaßnahmen erlaubt sind, die seine Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Aus einer Unbestimmtheit der Baugenehmigung folgt ein Aufhebungsanspruch des Nachbarn allerdings erst dann, wenn sich die Unbestimmtheit auf Merkmale des genehmigten Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften zu seinen Lasten auszuschließen, und er - wäre die Baugenehmigung insoweit rechtswidrig - von dem genehmigten Vorhaben konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hätte.
52Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. Januar 2013 ‑ 10 A 2269/10 -, m. w. N.
53Diesen Anforderungen ist hier genügt. Der Vorbescheid regelt nachbarrechtsrelevante Aspekte der Änderung des Betriebs zunächst in Bezug auf den ersten Bauabschnitt mit 250 Plätzen für Kühe. Es wird damit hinreichend festgelegt, wie im ersten Bauabschnitt die Tierplätze verteilt sind (vgl. Ziff. 2. und 4. des Vorbescheids und Bl. 7 des Gutachtens). Die Entscheidung stellt mit der Bezugnahme auf das Gutachten auch hinreichend klar, wo (in welchen Ställen) im ersten Bauabschnitt die 250 Kühe bzw. 100 Rinder stehen sollen. Widersprüchlich ist auch nicht etwa die Regelung zum Tierplatzbestand. Soweit die Angaben zu Bullen bzw. Jungvieh in der Betriebsbeschreibung bzw. im Gutachten divergieren - der Bestand bezieht sich nach der Betriebsbeschreibung u. a. auf 90 Tiere, bei denen es sich um Bullen und Jungvieh handelt, nach dem Gutachten sind Bullen nicht mehr vorgesehen, sondern 90 Tiere der Kategorie Jungvieh, von denen 25 unter einem Jahr und 65 zwischen einem und zwei Jahren alt sind - ist dies mit Blick auf die Bestimmung zu 4. zum Vorbescheid dahin zu verstehen, dass die Beklagte nur von 90 Plätzen für Jungrinder ausgeht und die Haltung von Bullen planungsrechtlich nicht mehr positiv regeln wollte. Im Übrigen wird - ungeachtet der Nachbarrechtsrelevanz dieses Aspekts - in Bezug auf den zweiten Bauabschnitt auch eine hinreichend bestimmte planungsrechtliche Beurteilung unter der Maßgabe einer ausreichenden eigenen Futtergrundlage gemäß der Regelung zu Ziffer 4. getroffen.
542. Ein für die Verletzung von Rechten des Klägers erheblicher Verfahrensfehler liegt nicht darin, dass nicht anstelle eines baurechtlichen Vorbescheids ein immissionsschutzrechtlicher Vorbescheid nach § 9 BImSchG erteilt worden ist.
55Es spricht bereits Vieles dafür, dass ein immissionsschutzrechtliches Vorbescheidsverfahren nicht durchzuführen war, weil eine Genehmigungspflicht nach dem BImSchG hier weder mit Blick auf die genehmigten Tierplatzzahlen noch mit Blick auf die Lagerkapazität für Gülle bestand. Dies bedarf indes keiner abschließenden Beurteilung. Denn es ist mit dem Verwaltungsgericht davon auszugehen, dass ein solcher Verstoß gegen Verfahrensrecht ohnehin nicht nachbarrechtsrelevant wäre. Der materielle Maßstab für die Beurteilung der Nachbarrechtskonformität nach dem Bauplanungsrecht unter dem Aspekt des Rücksichtnahmegebots und nach dem Immissionsschutzrecht ist einheitlich. Das Immissionsschutzrecht legt die Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen für den Nachbarn und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereichs grundsätzlich allgemein fest.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012
57- 4 C 8.11 -, BRS 79 Nr. 92.
58Danach könnte es nicht zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung führen, wenn die Anlage insgesamt nach dem BImSchG genehmigungspflichtig und deshalb ein Verfahren auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheids nach § 9 BImSchG erforderlich gewesen wäre, denn aus den nachfolgenden Gründen ist kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot festzustellen.
593. Das Vorhaben ist planungsrechtlich nach § 35 Abs. 1 BauGB zu beurteilen.
60Das Vorhaben liegt im Außenbereich (dazu a.) und ist dort als landwirtschaftliches Vorhaben privilegiert (dazu b.).
61a. Die Beurteilung richtet sich nach § 35 BauGB, weil das Vorhaben im Außenbereich verwirklicht werden soll. Die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen liegen im Außenbereich. Der Außenbereich umfasst Flächen, die nicht im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB qualifiziert überplant sind und nicht Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 BauGB sind. Ein Bebauungsplan besteht für das Gebiet nicht. Die Ansiedlung H. stellt sich auch nicht als ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB dar.
62Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Das gewisse Gewicht für die Bewertung eines Bebauungszusammenhangs als Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB ist nicht für alle Gemeinden und Siedlungsräume einheitlich, sondern nach den siedlungsstrukturellen Gegebenheiten im Gebiet der jeweiligen Gemeinde zu bestimmen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. November 2009
64- 7 A 1236/08 -, juris.
65Danach erfüllt die Ansiedlung H. nicht die Anforderungen an einen Ortsteil. Dies ergibt sich aus den vorliegenden Karten, Plänen und Luftbildern sowie dem Eindruck des Berichterstatters bei der Ortsbesichtigung, der den Mitgliedern des Senats in der Beratung vermittelt worden ist. Danach fehlt es - wie auch von der Beklagten im Berufungsverfahren nach der Durchführung des Ortstermins im Einzelnen dargelegt worden ist - schon an einer hinreichenden Anzahl von Gebäuden hinreichenden bodenrechtlicher Bedeutung. Abgesehen davon lässt die Ansiedlung auch die erforderliche siedlungsstrukturelle Qualität vermissen, die für einen Ortsteil im Sinne des Gesetzes konstitutiv ist. Aus dem Vortrag des Klägers, die Beklagte sei bei der Genehmigung seines Hauses von einer Innenbereichslage ausgegangen, ergibt sich keine andere Beurteilung, an eine solche Beurteilung wäre der Senat nicht gebunden.
66b. Das Vorhaben ist entgegen der Auffassung des Klägers auch als landwirtschaftliches Vorhaben im Sinne des BauGB und damit nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen.
67Der Kläger bezweifelt dies, weil er meint, es fehle für den zweiten Bauabschnitt an der nach § 201 BauGB angesichts des vorgesehenen Tierbestands erforderlichen Futtergrundlage. Damit verkennt er indes den - bereits oben aufgezeigten - Regelungsgehalt des Vorbescheids, dessen positive planungsrechtliche Beurteilung für den zweiten Bauabschnitt auf der in Ziffer 4. benannten Voraussetzung beruht, dass auch für den weiteren Tierbestand, der im zweiten Bauabschnitt aufgebaut werden soll, eine ausreichende Futtergrundlage vorhanden ist.
684. Das Vorhaben verstößt nicht gegen das Rücksichtnahmegebot, das auch bei der Zulassung von Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Rahmen der Prüfung entgegen stehender öffentlicher Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB Anwendung findet, denn es ist weder wegen Geruchsimmissionen (dazu a.) noch auf sonstige Weise (dazu b.) gegenüber dem Kläger im Rechtssinne rücksichtslos.
69a. Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots lässt sich zunächst nicht mit Blick auf Geruchsimmissionen feststellen. Voraussetzung für eine solche Verletzung wäre, dass auf dem Grundstück des Klägers auftretende vorhabenbedingte Gerüche als schädliche Umwelteinwirkungen gewertet werden können. Das ist aber nicht der Fall.
70Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder Nachbarschaft herbeizuführen. Ob Belästigungen i. S. d. Immissionsschutzrechts erheblich sind, und deshalb einem Nachbarn nicht zugemutet werden können, richtet sich nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und nach den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen bestimmen.
71Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. März 2009
72- 10 A 259/08 -, juris, m. w. N.
73Ob diese Würdigung, wie die Beklagte meint, schon auf den Aspekt gestützt werden kann, dass es sich um eine „Verbesserungsgenehmigung“ handele, kann dahingestellt bleiben.
74Vgl. zur sog. „Verbesserungsgenehmigung“ die Erwägungen des 2. Senats des OVG NRW, Beschluss vom 23. April 2013 - 2 B 141/13 -, BauR 2013, 1251.
75Gegen eine Unzumutbarkeit der auf dem Grundstück des Klägers auftretenden Gerüche spricht bereits der von der Beklagten in Übereinstimmung mit der einschlägigen Rechtsprechung aufgezeigte Aspekt, dass der Außenbereich bauplanungsrechtlich nur ausnahmsweise für Wohnnutzungen, in erster Linie aber als Standort für stark emittierende Betriebe vorgesehen ist. Im typischerweise landwirtschaftlich genutzten Außenbereich muss insbesondere mit Gerüchen gerechnet werden, die durch Tierhaltung, Dungstätten und Güllegruben typischerweise entstehen. Der Eigentümer eines Wohnhauses kann in der Regel nicht verlangen, von solchen mit der Tierhaltung verbundenen Immissionen verschont zu bleiben. Dies hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen auch in der vom Kläger zitierten Entscheidung klargestellt.
76Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010
77- 8 B 992/09 -, juris, m. w. N.
78Anderweitige Anhaltspunkte, die für eine Unzumutbarkeit gegenüber dem Kläger sprechen könnten, ergeben sich weder mit Blick auf Anforderungen der Geruchsimmissionsrichtlinie (aa.) oder der TA-Luft ( bb.) bzw. einschlägiger technischer Regelwerke wie der VDI-Richtlinie 3894 (cc.) noch aus besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Entwicklung der Nutzungen in der maßgeblichen Umgebung (dd.).
79aa. Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit von Geruchsimmissionen ergeben sich nicht aus der - ohnehin auf nicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigungspflichtige Vorhaben nicht unmittelbar, sondern nur sinngemäß anwendbaren - Geruchsimmissionsrichtlinie des Landes NRW in der Fassung vom 29. Februar 2008 mit Ergänzungen vom 10. September 2008 - GIRL -, die in Nordrhein-Westfalen als ministerieller Erlass gilt (vgl. MBl. NRW. 2009, S. 529). Diese Richtlinie ist ein rechtlich nicht verbindliches Regelwerk. Sie stellt keine Rechtsquelle dar. Vielmehr enthält sie technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
80Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 ‑ 4 B 5.07 ‑, BRS 71 Nr. 168; OVG NRW, Urteil vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 ‑, juris.
81Eine Begutachtung nach der GIRL ist nur ein Kriterium zur Bewertung von Geruchsimmissionen. Die Beurteilung von Geruchsimmissionen darf sich nicht allein an den in der GIRL festgelegten Immissionswerten für die Geruchshäufigkeit orientieren, vielmehr hat jeweils eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen. Dementsprechend wird bereits in der GIRL unter Nr. 5 darauf hingewiesen, dass eine Beurteilung im Einzelfall erforderlich ist. Dies gilt insbesondere für die Bewertung von durch landwirtschaftliche Betriebe verursachten Gerüchen in Außenbereichslagen, für die die GIRL keinen Immissionswert enthält und in der die Grundstücke mit einer Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme belastet sein können, auf Grund der in erheblich höherem Maße Geruchseinwirkungen hinzunehmen sind.
82Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. März 2009 ‑ 10 A 259/08 ‑, juris.
83Im Ergebnis ist die auf das vorliegende Gutachten gestützte erstinstanzliche Würdigung nicht zu beanstanden, dass im vorliegenden Fall eine unzumutbare Geruchsbelastung auch nach Maßgabe der GIRL nicht zu befürchten ist. Der Senat sieht keinen Anlass, für die Beurteilung der Zumutbarkeit nach Maßgabe der GIRL eine generelle Grenze bestimmter Geruchshäufigkeiten zu bestimmen, wie es der Kläger wünscht.
84Vgl. zu der Auffassung, dass im Außenbereich bei einer Überschreitung des Immissionswerts von 0,25 infolge einer vorhabenbedingten relevanten Zusatzbelastung landwirtschaftliche Gerüche unzumutbar sind, OVG NRW, Beschluss vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, juris, m. w. N. bzw. dazu, dass jedenfalls ein Immissionswert von 0,25 im Außenbereich unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls im Sinne der Auslegungshinweise zur GIRL zumutbar ist, BVerwG, Beschluss vom 2. Dezember 2013 - 4 BN 44.13 -, juris.
85Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers den in der GIRL angesetzten Wert von 0,15 (15 % der belästigungsrelevanten bewerteten Geruchsstunden) zugrunde legt, der für ein Dorfgebiet maßgeblich wäre, ist auf der Grundlage des hinreichend belastbaren Gutachtens keine Überschreitung festzustellen und schon deshalb aus der GIRL kein Anhaltspunkt für eine Unzumutbarkeit der Geruchsbelastung abzuleiten. Das Vorhaben führt nach dem Gutachten zu einer belästigungsrelevanten Gesamtbelastung, die sich unter Berücksichtigung des gesamten Betriebs des Beigeladenen einschließlich der Belastungen durch den geplanten neuen Stall auf 6 % bis 8 % der Jahresstunden beläuft. Der Senat hat keine Zweifel an der Belastbarkeit der Prognose des Gutachtens.
86Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Oktober 2013
87- 7 D 19/13.NE -, m. w. N.
88Dies gilt zunächst für die zugrunde gelegten Wetterdaten. Die Gutachterin hat auf Empfehlung des LANUV in der Plausibilitätsprüfung vom November bzw. 4. Dezember 2009 die Daten der Wetterstation Köln/Bonn zugrundegelegt. Weshalb diese Vorgehensweise methodisch zu beanstanden sein sollte, hat der Kläger nicht substantiiert aufgezeigt. Die von ihm gewünschte Errichtung einer gesonderten Wetterstation im Bereich des Vorhabenstandorts hält der Senat nach den genannten Vorgaben nicht für erforderlich.
89Das Gleiche gilt für die Behauptungen zur Rauhigkeit des Geländes ebenso wie für den Standort des Anemometers. Auch insoweit beruhen die Annahmen der Gutachterin auf einer Empfehlung des LANUV, gegen deren methodische Richtigkeit der Kläger keine hinreichend plausiblen Einwände vorbringt. Dass sich aus den behaupteten geländebedingten Windverwirbelungen wesentlich häufigere Geruchsbelastungen ergeben, ist nicht substantiiert aufgezeigt. Dass ein früheres Gutachten aus dem Jahr 2005 ohne entsprechende Vorgaben des LANUV zu einem anderen Ergebnis gelangt ist, ist für die vorliegend gebotene Beurteilung ohnehin unerheblich.
90Ebensowenig teilt der Senat die weiteren in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwände gegen das Gutachten. Der Senat sieht weder Gründe für die Annahme, das Gutachten habe die maßgeblichen Quellen von Gerüchen auf dem Grundstück des Beigeladenen nicht zutreffend erfasst noch für die Einschätzung, das Gutachten sei mit Blick auf die nachfolgend bekannt gemachte VDI-Richtlinie 3894 nicht verwertbar, weil darin bei Unterschreitung bestimmter Abstände zwischen Wohnbebauung und Rinderhaltungsanlagen eine Einzelfallprüfung für erforderlich sei; eine solche Prüfung des Einzelfalls fehlt nicht, sondern liegt mit dem Gutachten gerade vor.
91Auf der mithin hinreichend belastbaren Prognosegrundlage sind die zu erwartenden Belastungen durch Gerüche nicht als unzumutbar zu werten. Der Senat lässt - wie bereits vorstehend erläutert - offen, ob der Grenzwert 0,25 (d.h. die Grenze von 25 % der belästigungsrelevanten Jahresgeruchsstunden) hier maßgeblich ist. Denn selbst der Grenzwert von 0,15, der für Dorfgebiete gilt (15 % der belästigungsrelevanten Geruchsstunden), ist hier eindeutig nicht überschritten. Nach der Prognose wird gerade die Hälfte dieses Belastungswerts erreicht.
92bb. Eine andere Beurteilung folgt nicht aus den Abstandsregelungen in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft -TA-Luft - (GMBl. 2002, 511).
93Für Rinderhaltungsanlagen sind dort keine Abstandsregelungen vorgesehen.
94Abgesehen davon dienen die Abstandsregelungen, die Anlagen zum Halten von Schweinen oder Geflügel betreffen, ohnehin nur Vorsorgezwecken. Sie definieren nicht die Grenze, ab der von einer Unzumutbarkeit für die Nachbarschaft auszugehen ist. Entsprechendes gilt für die durch gesonderten Erlass im Jahr 2007 getroffene Abstandsregelung für Rinderhaltungen in NRW, die sich an die Regelungen der TA-Luft für Anlagen, zur Haltung von Schweine oder Geflügel anlehnt.
95Vgl. dazu OVG NRW, Beschluss vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, BRS 76 Nr. 193
96Denn auch diese Vorgabe dient nicht dem Nachbarschutz in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen, sondern beruht auf dem Vorsorgedanken und ist deshalb hier nicht ausreichend, um nachbarrechtliche Abwehrrechte zu begründen.
97cc. Die VDI-Richtlinie 3894 Blatt 2 vom November 2012 - Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen - Methode zur Abstandbestimmung Geruch sieht ebenso Abstandsregelungen vor (vgl. Anhang C mit einer Beispielrechnung für Rinderhaltung), die gleichfalls nicht im Sinne der Definition einer Grenze der Zumutbarkeit zu verstehen sind, sondern - was sich aus den Ausführungen zu Zielsetzung und Geltungsbereich der Richtlinie ergibt - der Vorsorge dienen, indem sie mit einer vereinfachten schematischen Betrachtung den Abstand liefern, bei dem mit hinreichender Sicherheit eine bestimmte Geruchstundenhäufigkeit eingehalten wird. Werden die so ermittelten Abstände nicht eingehalten, gibt dies lediglich Anlass zu einen weiteren Einzelfallbetrachtung, die hier - wie bereits ausgeführt - vorgenommen worden ist.
98dd. Aus den von der Beklagten in der Berufungserwiderung aufgezeigten Gründen spricht schließlich auch die Entwicklung der Nutzungen in der näheren Umgebung nicht für, sondern vielmehr gegen eine Unzumutbarkeit der vom Kläger beklagten Geruchsbelastungen. Es ist nämlich nach den vorliegenden Baugenehmigungsakten davon auszugehen, dass eine Rinderhaltung in nennenswertem Umfang in der näheren Umgebung des Hauses des Klägers bereits stattfand, als er dort Grundeigentum erwarb und die Wohnnutzung aufnahm. Im Jahr 1976 bestand bereits seit vielen Jahren jedenfalls der unter dem 22. Oktober 1970 genehmigte Stall D 2 mit Dunggrube.
99Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat, es komme ungeachtet der geplanten Änderung der Erschließung der Anlagen des Beigeladenen zu Beeinträchtigungen durch den Transport von Gülle über den H1. Weg und die Ausbringung der Gülle in der Nähe seines Grundstücks, rechtfertigt dies schon deshalb keine andere Beurteilung der Zumutbarkeit im Sinne des Bauplanungsrechts, weil diese Sachverhalte nicht unter Beachtung des Rücksichtnahmegebots durch den bauplanungsrechtlichen Vorbescheid zu regeln sind, sondern anderweitig nach Maßgabe des Straßenverkehrsrechts bzw. gesonderter Regelungen der Verbringung von Gülle.
100b. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot ergibt sich auch nicht mit Blick auf schädliche Umwelteinwirkungen im Zusammenhang mit der Emission von Bioaerosolen durch den Betrieb des Beigeladenen.
101Unter Bioaerosolen sind nach der Definition in dem Entwurf der VDI‑Richtlinie 4250 Blatt alle im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln zu verstehen, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte (z. B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. die diese beinhalten oder bilden. Immissionswerte oder Emissionswerte sieht die TA‑Luft hierfür nicht vor. Insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenzwerte oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 der TA‑Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
102Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2012 ‑ 8 B 1322/11 ‑, m. w. N.
103Dies ist hier allerdings zur Überzeugung des Senats nicht der Fall.
104Zwar mögen von Tierhaltungsbetrieben ausgehende luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube‑, Mikroorganismen, z. B. Pilzsporen und Endotoxine, grundsätzlich geeignet sein, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken.
105Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 - sowie auch für Rinderhaltungsanlagen die VDI-Richtlinie 4255 Blatt 2 (S. 10 f.).
106Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind indessen nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Messtechnische Untersuchungen, die das Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Verbraucher seit dem Jahre 2007 an Schweineställen und Legehennenställen betreibt, haben ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter ‑ insbesondere von Staphylokokken ‑ an der in Windrichtung gelegenen Seite eines Lege-hennenstalls gegenüber der windabgewandten Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Daraus folgt aber nicht ohne Weiteres, dass bei derartigen Entfernungen auch mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Denn die ermittelten Immissionskonzentrationen lagen nach Einschätzung des LANUV auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden.
107Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, unter Hinweis auf Heller/Köllner (LANUV), Bioaerosole in der Umwelt von Tierhaltungsanlagen ‑ Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein‑Westfalen, 2007.
108Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Potenziell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Immissionen und Schadenseintritt, oder ein generelles Besorgnispotenzial können allenfalls Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein.
109Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 ‑ 7 C 19.02 ‑, BVerwGE 119, 329.
110Nichts anderes gilt mit Blick auf das baurechtliche Rücksichtnahmegebot, das insoweit - wie bereits aufgezeigt - keinen weitergehenden Schutz vermittelt als das Immissionsschutzrecht.
111Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012
112- 4 C 8.11 -, BRS 79 Nr. 92.
113Auch der Entwurf („Gründruck“) der VDI‑Richtlinie 4250 Blatt 1 (Bioaerosole und biologische Agenzien, umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosolimmissionen) rechtfertigt entgegen dem Hinweis des Klägers keine andere Beurteilung.
114Soweit der Entwurf in Nr. 7 jede Erhöhung der Immissionskonzentration gegenüber den Hintergrundwerten als „umwelthygienisch unerwünscht“ wertet, fügt er hinzu, dass dabei das Gesundheitsrisiko nicht quantifiziert werden könne. Aus Gründen der Vorsorge seien Bioaerosol‑Konzentrationen zu vermeiden, die gegenüber der Hintergrundbelastung erhöht seien. Davon ausgehend können diese Vorstellungen der Entwurfsverfasser nicht den drittschützenden Betreiberpflichten im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG, sondern allenfalls den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen sein.
115Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 ‑ 8 B 1015/09 ‑, und vom 8. Februar 2012 ‑ 8 B 1322/11 ‑.
116Auf die Einhaltung entsprechender Anforderungen hat ein Nachbar grundsätzlich keinen Anspruch.
117Vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. April 2008 ‑ 7 B 2.08 ‑, NVwZ 2008, 789.
118Ausgehend von diesen Feststellungen fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, dass das Grundstück des Klägers durch das Vorhaben des Beigeladenen Bioaerosolimmissionen ausgesetzt sein wird, die über eine allgemeine gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit führen könnten.
119Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist.
120Diese Einschätzung entspricht auch der in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte übereinstimmend vertretenen Auffassung in Bezug auf Immissionen in Gestalt von Bioaerosolen, die von Tierhaltungsanlagen ausgehen.
121Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 ‑, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 13. März 2012 - 12 ME 270/11 -,
122NordÖR 2012, 298; Bayerischer VGH, Beschluss vom 22. März 2012 - 22 ZB 12.149, 22 ZB 12.151-, juris; OVG Schleswig, Urteil vom 8. März 2013 - 1 LB 5.12 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Juni 2013
123- 2 M 16/13 -,AUR 2013, 346; ebenso in Bezug auf gentechnische Anlagen BVerwG, Urteil vom 19. April 2012 - 4 CN 3.11 -, BRS 79 Nr. 20.
124Eine andere Beurteilung ergibt sich im vorliegenden Einzelfall nicht aus den Gründen der attestierten Erkrankungen des Klägers und seiner Ehefrau. Dass diese Erkrankungen durch Bioaerosolimmissionen des bisherigen Betriebs des Beigeladenen verursacht worden sind, steht nicht fest; auch die vorgelegten Atteste geben dies lediglich als Einschätzung des Klägers bzw. seiner Ehefrau wieder.
125Die attestierte Tatsache der Erkrankung des Klägers bzw. seiner Ehefrau begründet auch für sich genommen - unabhängig von ihren Gründen - keine andere Beurteilung. Das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot bezieht sich auf den Schutz des Grundeigentums und soll dem Grundeigentümer Schutz vor rücksichtslosen Vorhaben gewähren, die eine typische Nutzung seines Eigentum betreffen; auf individuelle Umstände, die eine besondere gesundheitliche Empfindlichkeit begründen, ist nicht abzustellen. Bei der Beurteilung, ob von einem Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen, kommt es darauf an, ob die Einwirkungen bezogen auf eine durchschnittliche Empfindlichkeit das zumutbare Maß überschreiten.
126Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -,BRS 76 Nr. 100, m. w. N..
127Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO; es entspräche nicht der Billigkeit, dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen, denn dieser hat keinen Sachantrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt. Wegen der bis zur Rücknahme des Zulassungsantrags der erstinstanzlichen Kläger K. und I. entstandenen Kosten verbleibt es bei der mit Beschluss vom 14. März 2013 im abgetrennten Verfahren - 7 A 655/13 - getroffenen Kostenentscheidung.
128Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
129Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen mit insgesamt 2.412 Mastschweineplätzen.
3Der Beigeladene betreibt auf seiner Hofstelle auf dem Grundstück Gemarkung J. in N. an der Ruhr einen landwirtschaftlichen Betrieb mit derzeit 660 Mastschweineplätzen in einem Stall. Letzterer wurde mit Baugenehmigung vom 5. April 1995 genehmigt. Die Abluftführung erfolgt zurzeit über acht Kamine, deren Oberkante den Dachfirst (Höhe 4,80 m) um 1,50 m überragen. Weiter südlich auf der Hofstelle befindet sich ein Güllehochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 3.350 m³, der von der Beklagten mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Ungefähr 40 m südlich des bestehenden Stalls liegt ein Wohnhaus mit einer Firsthöhe von ca. 12,50 m.
4Der Kläger ist Eigentümer eines ca. 100 m nördlich des Vorhabengrundstücks gelegenen landwirtschaftlichen Betriebs, den er selbst zusammen mit seiner Ehefrau bewirtschaftet und auf dem er auch wohnt. Er hält auf dem Hof ca. 350 Legehennen im Freiland sowie vier Pferde außerhalb eines Stalls. Zwischen den Ställen des Beigeladenen und der Hofstelle des Klägers befinden sich keine weiteren Gebäude.
5Die Hofstellen des Klägers und des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S.“. Dieser setzt für beide Höfe eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in der damals geltenden Fassung fest. Beide Höfe liegen desweiteren im Landschaftsschutzgebiet „S. zwischen N1. und N2. “, welches durch die Ziffer C.2.2.2.20 des Landschaftsplans der Beklagten vom 28. Februar 2005 festgesetzt worden ist. Die Festsetzung erfolgt u. a. zur Erhaltung und Entwicklung eines Freiraums für die siedlungsnahe Erholung im Ballungsraum als Bestandteil des regionalen Freiraumsystems im Ruhrgebiet („Grünzug B“). Nach Ziffer C.2.2.2.20, III. i. V. m. Ziffer C.2.2.1, III. Nr. 4 ist es in dem Landschaftsschutzgebiet u. a. verboten, bauliche Anlagen zu errichten.
6In der näheren Umgebung liegt der landwirtschaftliche Betrieb B. , in dem im Zeitpunkt einer Kontrolle durch den Beklagten im Jahr 2013 fünf Kühe, zwei Kälber und zwei Pferde gehalten wurden. Die zu einem früheren Zeitpunkt noch bestehenden Betriebe O. (15 Kühe) und T. (zwei Pferde) haben die Tierhaltung jedenfalls im Jahr 2013 aufgegeben.
7Am 13. Juli 2011 beantragte der Beigeladene die Erweiterung des bestehenden Betriebs durch ein neues Stallgebäude (Betriebseinheit BE 3) mit 1.752 Mastschweineplätzen, so dass sich eine Gesamtzahl von 2.412 Mastschweineplätzen ergibt. Weiterhin sieht der Antrag die Änderung der Abluftführung für den bestehenden Mastschweinestall (Betriebseinheit BE 1), den Anbau einer Hygieneschleuse, die Abdeckung des bereits vorhandenen Güllehochbehälters (Betriebseinheit BE 2) sowie die Errichtung von vier Futtersilos vor. Ausweislich der Bauvorlagen beträgt die Höhe des Dachfirsts des Stalls BE 3 7,50 m. Die Lüftung erfolgt über sechs in der Mitte des Gebäudes liegende Kamine, die den Dachfirst um 3,00 m überragen.
8Mit dem Antrag legte der Beigeladene ein Geruchs- und Ammoniakgutachten des Ingenieurbüros für Abfallwirtschaft und Immissionsschutz S. & I. vom 9. Mai 2011, ergänzt durch eine Stellungnahme vom 23. März 2012, vor (Gutachten Nummer G-2696-02). Dieses führt unter Punkt 4.3 (immissionsmindernde Maßnahmen) aus, dass für die Betriebseinheiten BE 1 und BE 3 jeweils eine zentrale Abluftführung - bestehend aus maximal 2 bzw. maximal 6 Schächten - auszuführen ist. Diese müsse dem Stand der Technik (mindestens 10 m über Erdboden, mindestens 3 m über First und Mindestaustrittsgeschwindigkeit ganzjährig 7 m/s) entsprechen. Die Immissionen aus dem Güllehochbehälter BE 2 seien durch eine Zeltabdeckung zu mindern.
9Die Beklagte machte das Vorhaben am 15. November 2011 öffentlich bekannt. Die Antragsunterlagen wurden vom 22. November bis 22. Dezember 2011 ausgelegt. Der Kläger erhob am 30. Dezember 2011 Einwendungen. Das Vorhaben, das das Landschaftsbild beeinträchtige, führe insbesondere zu nicht hinzunehmenden Belästigungen durch Gerüche und Bioaerosole an seinem Haus. Außerdem steige durch die höhere Anzahl an Fahrbewegungen, die Ventilatorengeräusche und die Geräusche der Tiere die Lärmbelastung.
10Im weiteren Genehmigungsverfahren legte der Beigeladene eine schalltechnische Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 8. Februar 2012 (Gutachten Nr. L-2696-01) vor, welches neben den Ventilatoren die Tierverladung, die Futteranlieferung, die Verladung von Kadavern, die Abholung von Gülle sowie die Reinigung der Verladezone nebst zugehörigen Fahrgeräuschen berücksichtigt. Für das Wohnhaus des Klägers prognostiziert das Gutachten (IP 2, 2. Obergeschoss) einen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Da das Irrelevanzkriterium nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm erfüllt sei, könne auf die Ermittlung der vorhandenen Geräuschvorbelastung verzichtet werden. Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf der öffentlichen Straße seien nicht zu berücksichtigen. Die Untersuchung der Verkehrsgeräusche gemäß Ziffer 7.4 TA Lärm habe ergeben, dass die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung von 64 dB(A) zur Tagzeit um mindestens 8 dB(A) unterschritten würden. Zu Einhaltung der Immissionsrichtwerte dürften die LKW- und Schlepper-Bewegungen sowie die Verladevorgänge ausschließlich zur Tagzeit stattfinden. Die Schallemissionen der Abluftkamine dürften an der Mündung den Schallleistungspegel vom LWA = 75 dB(A) am Stall BE 1 und LWA = 78 dB(A) am Stall BE 3 je Abluftschacht nicht überschreiten.
11Mit Bescheid vom 3. Dezember 2012 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Gemäß Ziffer II.B.2.1.1 des Genehmigungsbescheids ist die Anlage so zu betreiben, dass am Haus des Klägers ein Immissionswert von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts um mindestens 6 dB(A) unterschritten wird. Einzelne Geräuschspitzen dürfen diese Begrenzung um nicht mehr als 30 dB(A) tags und 20 dB(A) nachts überschreiten. Nach der Auflage 2.1.3 sind die Schallemissionen an den Mündungen der Abluftkamine für den Stall BE 1 maximal auf LWA = 75 dB(A) und für den Stall BE 3 maximal auf LWA = 78 dB(A) zu begrenzen. Geräuschrelevante betriebliche Tätigkeiten sind nach der Auflage 2.1.4 zur Nachtzeit grundsätzlich untersagt. In Ausnahme hiervon darf die Verladung von Tieren bei sommerlichen Witterungsbedingungen aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit erfolgen. Nach der ursprünglichen Fassung der Auflage 2.1.5 sollte die Anzahl der Ausnahmen zehn Nächte im Kalenderjahr nicht überschreiten. Mit Schriftsatz vom 2. November 2015 hat der Beklagte die Formulierung dahingehend geändert, dass mehr als 10 Nächte im Kalenderjahr nicht überschritten und Ausnahmen an nicht mehr als zwei Wochenenden hintereinander in Anspruch genommen werden dürfen.
12Im Hinblick auf die Geruchsimmissionsbelastung legt der Genehmigungsbescheid in der Auflage 2.2.1 fest, dass die von dem Vorhaben insgesamt verursachten Geruchsimmissionen an den „umliegenden Wohnhäusern“ entsprechend dem Immissionsgutachten vom 9. Mai 2011 die belästigungsrelevante Kenngröße IGb = 0,09 nicht überschreiten dürfen. Die Abluftkamine müssen den jeweiligen Dachfirst um mindestens 3 m überschreiten; eine Emissionshöhe von 10 m über Grund darf nicht unterschritten werden (Auflage 2.2.3). Nach Auflage 2.2.5 muss die Austrittsgeschwindigkeit in allen Betriebszuständen mindestens 7 m/s betragen. Gemäß Auflage 2.2.6 müssen die Ableitungsbedingungen an den Ställen BE 1 und BE 3 gemäß den Vorgaben des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 ausgeführt werden. Für den Güllehochbehälter BE 2 schreibt die Auflage 2.2.11 die Abdeckung mit einem Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane vor, welche im Vergleich zu einem Zustand ohne Abdeckung eine Minderung von mindestens 80 % der Geruchs- und Ammoniakemissionen herbeiführt.
13Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Beigeladene weitere Geruchsimmissionsprognosen vom 8. November 2013 und 29. Oktober 2015 (Gutachten Nr. G-2696-06) vorgelegt. Aus letzterer ergibt sich für das klägerische Wohnhaus eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung (mit Abluftfahnenüberhöhung und 100 % Turbulenz) von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung beträgt die Gesamtbelastung 0,15 Jahresgeruchsstunden.
14Gegen den Genehmigungsbescheid hat der Kläger am 31. Dezember 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend macht: Der Genehmigungsbescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die Erteilung der Genehmigung sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen sei. Eine Prüfung möglicher Beeinträchtigungen durch Bioaerosole sei nicht erfolgt. Gleiches gelte für die Prüfung, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB handele und ob ausreichend Lagerkapazität für Gülle beider landwirtschaftlichen Betriebe vorgehalten werde. Dies gelte umso mehr, als der Beigeladene selbst angegeben habe, in dem Güllehochbehälter auch Abfälle aus seiner Biogasanlage in F. -L. zu lagern. Schließlich habe die Beklagte das Vorhaben zu früh öffentlich bekannt gemacht. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG habe die Bekanntmachung erst dann zu erfolgen, wenn die Unterlagen vollständig seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Das schalltechnische Gutachten habe noch nicht vorgelegen.
15Das Vorhaben sei auch materiell rechtswidrig. Es drohe eine gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole. Insoweit entspreche das Vorhaben nicht dem Stand der Technik, der bei einer Haltung von 2.000 oder mehr Mastschweinen den Einbau von Abluftreinigungsanlagen umfasse. Weiterhin gehe von dem geplanten Vorhaben eine erhebliche Belästigung durch Geruchsimmissionen aus. Laut dem vorgelegten Geruchsgutachten sei für das Grundstück des Klägers - bei Einbeziehung der Eigenvorbelastung des Klägers - mit einer Gesamtbelastung von bis zu 0,79 zu rechnen. Selbst ein im Einzelfall anzunehmender Immissionswert von 0,25 werde damit bei weitem überschritten. Eine Beschränkung der Geruchsimmissionen könne auch nicht durch die Nebenbestimmung 2.2.1 erfolgen. Diese könne keinesfalls eingehalten werden. Die Nebenbestimmung 2.2.11 erweise sich als in nachbarrechtlicher Hinsicht zu unbestimmt, weil diese die Abdeckung des Güllehochbehälters mit einem Zeltdach vorsehe, während der Genehmigungsbescheid unter Punkt II.1. die Abdeckung durch ein Festdach bestimme.
16Der Kläger hat beantragt,
17die dem Beigeladenen durch die Beklagte erteilte Genehmigung vom 3. Dezember 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen gemäß Ziffer 7.1 g) des Anhangs zur 4. BImSchV auf dem Grundstück N3. Straße in N. aufzuheben.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung hat sie vorgetragen: Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Gesundheit des Klägers durch Bioaerosole lägen nicht vor. Erhebliche Belästigungen durch Ammoniak würden nicht hervorgerufen. Unzumutbare Geruchsbeeinträchtigungen seien nicht zu befürchten. Vorbelastungen auf dem Grundstück des Klägers durch eigene Emissionsquellen seien im Rahmen der Geruchsimmissionsprognose nicht zu berücksichtigen. Die Immissionsgesamtbelastung IGb überschreite den Wert von 0,10 im Planzustand nicht. Bestimmtheitsmängel lägen nicht vor. Bei der Bezeichnung der Abdeckung des Güllehochbehälters mit den Begriffen „Festdach“ und „Zeltdach“ handele sich um technische Fachbegriffe, wobei der Begriff „Zeltdach“ der genauere und von dem anderen umfasst sei. Die von dem Kläger angeführte Lagerung von Gärrückständen im Güllehochbehälter sei nicht Bestandteil der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.
21Der Beigeladene hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt, eine Rechtsverletzung durch die Bekanntmachung des Vorhabens zu einem Zeitpunkt, an dem das Lärmgutachten noch nicht vorgelegen habe, sei nicht gegeben. Eine Abschätzung der zu erwartenden Geräuschimmissionen sei auch aufgrund der ausgelegten Unterlagen möglich gewesen. Jedenfalls sei diese Frage ohne Einfluss auf das Ergebnis geblieben. Angesichts der Schallprognose sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die begehrte Genehmigung zu erteilen. In die Geruchsvorbelastung sei die Eigenbelastung nicht einzubeziehen. Damit werde am Wohnhaus des Klägers ein Immissionswert von 0,15 eingehalten. Selbst eine Belastung von mehr als 0,25 Jahresgeruchsstunden sei aufgrund der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls nicht als erheblich einzustufen. Hinsichtlich der Ammoniak- und Bioaerosolbelastung sei eine Verletzung drittschützender Normen nicht ersichtlich. Bauplanungsrechtlich sei das Vorhaben nach §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB privilegiert zulässig.
24Das Verwaltungsgericht hat den Genehmigungsbescheid vom 3. Dezember 2012 mit Urteil vom 10. März 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen zulasten des Klägers aus. Die eigene Vorbelastung des Klägers sei bei der Geruchsprognose nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) zu berücksichtigen, so dass sich auf der Grundlage des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 eine Gesamtbelastung im Planzustand von bis zu 0,56 Jahresgeruchsstunden ergebe. Das Geruchsgutachten beziehe die Eigenbelastung aber nicht ausdrücklich ein und stelle daher keine Grundlage einer auf der sicheren Seite liegenden Beurteilung dar. Das nachträglich vorgelegte Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei von der Beklagten nicht wirksam zum Bestandteil des Genehmigungsbescheids gemacht worden. Eine Überschreitung des für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltenden Wertes von 0,25 Jahresgeruchsstunden sei nicht möglich; es handele sich um eine absolute Obergrenze. Jedenfalls fehle es aber an einer Auseinandersetzung mit den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls im Genehmigungsbescheid, welche schon für eine Anhebung des Wertes über 0,15 erforderlich sei.
25Gegen das Urteil haben der Beklagte und der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
26Zu ihrer Begründung führt die Beklagte aus: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats seien selbst verursachte Vorbelastungen bei der Ermittlung der Geruchsbelastung nicht zu berücksichtigen. Für den hier betroffenen Außenbereich sei der Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 Jahresgeruchsstunden bezogen auf Tierhaltungsgerüche anzuwenden. Gemäß der Rechtsprechung des Senats fielen hierunter auch Gerüche aus gewerblicher Tierhaltung. Dieser Immissionswert werde ausweislich des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 in der Fassung der Ergänzung vom 29. Oktober 2015 nicht überschritten. Für den zum ständigen Aufenthalt von Menschen vorgesehenen Wohnbereich auf dem Grundstück des Klägers liege die maximale Immissionsgesamtbelastung ohne Eigenbelastung des Klägers bei maximal 0,15. Die Geruchsberechnung sei in ihrer ergänzten Fassung zu berücksichtigen. Dass sie erst im laufenden gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden sei, stehe dem nicht entgegen. Insbesondere seien Gutachten nicht gemäß § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG bekanntzumachen. Im Übrigen liege in allen Varianten des Gutachtens die Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung beim Kläger nicht über 0,15.
27Die Beklagte beantragt,
28das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
29Der Beigeladene macht zur Begründung der Berufung geltend: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder erheblichen Belästigungen zulasten des Klägers aus. Die Zumutbarkeit der zu erwartenden Geruchsimmissionen ergebe sich aus der vorgelegten Prognose, die auf der sicheren Seite liege. Vorliegend sei für die Gerüche, die nach der Rechtsprechung des Senats solche landwirtschaftlicher Art seien, unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ein Immissionswert von 0,25 maßgeblich. Selbst der Immissionswert von 0,15, der im Außenbereich auf jeden Fall für landwirtschaftliche Gerüche gelte, werde eingehalten.
30Der Beigeladene beantragt,
31das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
32Der Kläger beantragt,
33die Berufungen zurückzuweisen.
34Zur Begründung seines Antrags führt er an: Der Genehmigungsbescheid lege fest, dass an umliegenden Wohnhäusern ein Immissionswert von 0,09 nicht überschritten werden dürfe. Dies sei nach der vorgelegten Immissionsprognose bezogen auf sein Wohnhaus aber der Fall. Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtige im Übrigen die Lagerung von Gärresten im Güllehochbehälter nicht. Insoweit komme es auf die tatsächliche, nicht die genehmigte Nutzung an. Entgegen der Auffassung des Senats sei bei der Ermittlung der Gesamtbelastung auch die Eigenbelastung einzubeziehen. Ein anderes Verständnis widerspreche den Grundzügen des Immissionsschutzrechts. Die so berechnete Gesamtbelastung liege deutlich über 0,15 Jahresgeruchsstunden. Die besonderen Randbedingungen des Einzelfalls habe die Beklagte im Genehmigungsbescheid nicht erörtert. Jedenfalls eine vollständige Nachholung im gerichtlichen Verfahren sei nicht möglich. Das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei nicht verwertbar. Der Beklagte habe das Ergänzungsgutachten ausdrücklich zum Teil der Genehmigung gemacht, eine Bekanntgabe nach § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG aber unterlassen.
35Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2015 verwiesen.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des vormaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Die Berufungen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung zu. Der Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2012 verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Sowohl hinsichtlich der unterbliebenen Auslegung des Schallimmissionsgutachtens (dazu I.) als auch der von dem Kläger gerügten mangelnden Sachverhaltsaufklärung (dazu II.) sind etwaige Fehler jedenfalls unbeachtlich.
40I. Ob die Auslegung des Antrags des Beigeladenen nebst den bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Unterlagen durch die Beklagte gegen § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG verstoßen hat, weil die Schallimmissionsprognose noch nicht vorgelegen hat, kann dahinstehen. Hieraus kann der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
41vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174,
42führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Norm die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Hat ein Betroffener trotz einer (möglichen) Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also diesbezügliche Einwendungen erhoben, hat der geltend gemachte Verfahrensfehler in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1487/14 -, juris Rn. 52; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
44Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat am 2. Januar 2012 bei der Beklagten schriftlich Einwendungen angebracht. Hierzu zählen auch Bedenken gegen die von dem Vorhaben einschließlich des anlagenbezogenen Verkehrs ausgehende Lärmbelästigung (von der Beklagten als Einwendung Nr. 9 gekennzeichnet). Diese Bedenken verfolgt der Kläger im gerichtlichen Verfahren weiter. Dass der Kläger durch das fehlende Schallimmissionsgutachten gehindert gewesen wäre, seine Einwände in Bezug auf die Geräuschimmissionen vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
45II. Die von dem Kläger gerügte mangelnde Aufklärung des Sachverhalts (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) führt ebenfalls nicht zur Aufhebung des erteilten Genehmigungsbescheids. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Verstoß vorliegt, führt er nach § 46 VwVfG NRW nicht zur Aufhebung, weil offensichtlich ist, dass die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst worden ist. Die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG eine gebundene Entscheidung. Wird der Kläger - wie nachfolgend ausgeführt - durch die Erteilung der Genehmigung materiell nicht in seinen Rechten verletzt, kann sich ein eventueller Aufklärungsmangel nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls nicht zu seinen Lasten ausgewirkt haben. Insoweit tritt die Pflicht zur Amtsermittlung des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) an die Stelle der behördlichen Aufklärungspflicht.
46Vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 24 Rn. 59; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2015, § 24 Rn. 36; Ziekow, VwVfG, 3. Auflage 2013, § 24 Rn. 19; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1987 - 1 C 29.85 -, BVerwGE 78, 285 = juris Rn. 33.
47B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus. Die von dem Vorhaben ausgehenden Geruchsimmissionen stellen für den Kläger keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar (dazu I.). Die mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Lärmimmissionen überschreiten die zulässigen Grenzwerte nicht (dazu II.). Ein subjektives öffentliches Recht auf Festlegung von Immissionsobergrenzen für Bioaerosole (dazu III.) und Ammoniak (dazu IV.) kommt dem Kläger nicht zu. Der Kläger kann sich nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan berufen (dazu V.). Gleiches gilt auch für eine Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans (dazu VI.).
48I. Die an dem Wohnhaus des Klägers zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Zum Zwecke der Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchsimmissionen kann auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zurückgegriffen werden (dazu 1.). Auf dieser Grundlage ergibt sich keine erhebliche Geruchsbelastung am Wohnhaus des Klägers (dazu 2.).
491. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
50Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
51In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., und vom 1. Juni 2015 - 1760/13 -, juris Rn. 51, sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
53Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
54vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
55bei der aus der Vorbelastung (dazu a) und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse (dazu b) und einer Abluftfahnenüberhöhung (dazu c) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Geruchsbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu d).
56a) Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
57Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die bisherige Praxis die Eigenbelastung grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liegt unausgesprochen auch dem Konzept GIRL zugrunde.
58Nach der Auffassung des Senats sprechen überwiegende Gründe dafür, die Eigenbelastung nicht zu berücksichtigen. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind landwirtschaftliche Hofstellen teilweise - wie im Fall des Klägers - aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung kommt ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z. B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
59Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 8 A 1760/13 -, juris Rn. 58 ff.
60Die von dem Kläger vorgebrachten Einwendungen vermögen diese Erwägungen nicht in Frage zu stellen; der Senat hat sie bereits in seiner vorgenannten Entscheidung berücksichtigt.
61b) Nach Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) sind bei einer gebäudenahen Abluftführung die nicht auszuschließenden Einflüsse der Bebauung auf der windzugewandten Seite des Emissionspunkts („Luv-Seite“) auf die Immissionen zwingend zu berücksichtigen. Insoweit sind alle Gebäude in den Blick zu nehmen, deren Abstand von der jeweiligen Emissionsquelle geringer ist als das 6fache der Schornsteinbauhöhe.
62Für die Fälle, in denen entweder die Schornsteinhöhe mehr als das 1,2fache der Höhen der Gebäude beträgt oder die Gebäude, für die diese Bedingung nicht erfüllt ist, einen Abstand von mehr als dem 6fachen ihrer Höhe von der Emissionsquelle haben, regelt die TA Luft (2002) ausdrücklich, auf welche Weise die Gebäudeeinflüsse zu ermitteln sind. Beträgt die Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhen, ist die Berücksichtigung der Bebauung - bei einer Modellierung des Abluftkamins als Punktquelle - durch Rauhigkeitslänge und Verdrängungshöhe ohne Berücksichtigung der Gebäude ausreichend. Beträgt die Schonsteinbauhöhe weniger als das 1,7fache (aber mehr als das 1,2fache) der Gebäudehöhen und ist eine freie Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden. Solange ein solches Windfeldmodell noch nicht existiert, kann ein anderes Windfeldmodell verwendet werden, dessen Eignung der obersten Landesbehörde nachgewiesen worden ist. Das LANUV NRW empfiehlt in diesen Fällen als Alternative die Modellierung eines Ersatzquellensystems, in dem die Quellen eine künstliche vertikale Ausdehnung erhalten. Die Modellierung der gebäudenahen Emissionsquellen als vertikale Linienquellen ‑ mit einer Ausdehnung grundsätzlich bis zum Erdboden - simuliert die Um- und Überströmung der Gebäude auf der Luv-Seite und deren Auswirkungen auf die Ausbreitungsrechnung, weil - anders als bei einer Modellierung der Quellen als Punktquellen - die gemessenen Konzentrationen in der Regel überschätzt würden. Um allerdings eine zu hohe Überschätzung auszuschließen, sind bei Quellkonfigurationen, bei denen die Höhe der Emissionsquellen größer ist als das 1,2fache der Gebäude (einschließlich des Gebäudes, auf dem sie stehen), die Emissionen gleichmäßig auf den oberen halben Quellbereich zu verteilen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, juris Rn. 78; vgl. auch: Hartmann u.a., Untersuchungen zum Verhalten von Abluftfahnen landwirtschaftlicher Anlagen in der Atmosphäre, Langfassung zum Jahresbericht 2003, Seite 5 und 6, abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/veröf-fentlichungen/jahresberichte.
64c) Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
65Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
66kann im Allgemeinen eine Überhöhung der Abluftfahne angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First ist, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) auf der windabgewandten Seite („Lee-Seite“) im weiteren Umkreis um die Quelle - in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem 10fachen, nach der an die Regelungen in Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) angelehnten Praxis des LANUV NRW auch schon entsprechend dem 6fachen der Quellhöhe - ausgeschlossen ist.
67Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 65, und vom 12. August 2015 - 8 A 1799/14 -, juris Rn. 87.
68d) Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt für landwirtschaftliche Gerüche ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich wird dabei für landwirtschaftliche Gerüche der für Dorfgebiete anzusetzende Wert angenommen.
69Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 1760/13 -, juris Rn. 53, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31 und vom 21. September 2012 ‑ 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 3.
70In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
71Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
72Gleiches gilt auch, wenn es sich bei dem Gebiet hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Art der baulichen Nutzung nicht um Außenbereich i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB, sondern um eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG bzw. nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB handelt. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus Tierhaltungsanlagen besteht ‑ jedenfalls soweit keine weitergehenden Festsetzungen getroffen worden sind ‑ kein Unterschied zwischen durch Bebauungsplan festgesetzten Flächen für die Landwirtschaft und dem Außenbereich, in dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB landwirtschaftliche Betriebe privilegiert zulässig sind. Bauplanerisch für die Landwirtschaft festgesetzte Flächen sind ebenso wie der Außenbereich als Standorte für stark emittierende (landwirtschaftliche) Betriebe vorgesehen. In diesen Gebieten muss wie im landwirtschaftlich genutzten Außenbereich mit Gerüchen (und anderen Immissionen) gerechnet werden, die etwa durch die Tierhaltung üblicherweise entstehen.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 8 ff.; vgl. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Band I, Stand: 1. August 2015, § 9 Rn. 148.
742. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen aus. Die Geruchsimmissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 9. Mai 2011 in der Fassung des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 sowie der im Berufungsverfahren vorgelegten ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 sind verwertbar (dazu a). Auf ihrer Grundlage überschreitet die zu erwartende Geruchsgesamtbelastung IGb (dazu b) den vorliegend anzusetzenden Immissionswert IW = 0,15 mit der erforderlichen Sicherheit nicht (dazu c).
75a) Die Geruchsimmissionsprognose vom 8. Mai 2011 ist vorliegend einschließlich des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 verwertbar. Zur Bestimmung der zu erwartenden Geruchsbelästigung sind auch solche Gutachten heranzuziehen, die erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegt oder eingeholt worden sind. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die jedenfalls zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris Rn. 22, vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 3. August 2012 ‑ 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 20.
77Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es insoweit keiner Einbeziehung des Gutachtens in den Genehmigungsbescheid. Eine solche ist nur notwendig, soweit immissionsrelevante Voraussetzungen und Grundlagen des Gutachtens Teil des Genehmigungsbescheids selbst werden sollen.
78b) Die sich auf der Grundlage der vorgelegten Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 nebst Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 ergebende Gesamtbelastung IGb überschreitet den maßgeblichen Immissionswert IW nicht. Der Immissionswert IW ist im vorliegenden Fall jedenfalls mit 0,15 Jahresgeruchsstunden anzusetzen (dazu aa). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einhaltung des in der Auflage 2.2.1 bestimmten Immissionswertes von maximal 0,09 (dazu bb). Die Geruchsimmissionsprognose nebst ihren Ergänzungen gibt für die Rasterflächen, die über dem Wohnhaus des Klägers liegen oder dieses zumindest berühren, eine Gesamtbelastung IGb ohne Berücksichtigung der Eigenbelastung des Klägers und mit Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung, deren Voraussetzungen nach der Überzeugung des Senats vorliegen, von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Selbst ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung wird der Immissionswert von 0,15 nicht überschritten. Das Gutachten stellt die Emissionsquellen einschließlich des Ansatzes einer Abluftfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 nachvollziehbar dar (dazu cc). Die Verwendung der Begriffe „Festdach“ bzw. „Zeltdach“ für die Abdeckung des Güllehochbehälters BE 2 führt nicht zu einer Unbestimmtheit des Genehmigungsbescheids, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann (dazu dd). Die Darstellung der Immissionssituation auf der Hofstelle des Klägers ist - auch bei Betrachtung der ansonsten nicht zu berücksichtigenden Eigenbelastung des Klägers - plausibel (dazu ee).
79aa) Für das Wohnhaus ist ein Immissionswert IW = 0,15 maßgeblich. Die Hofstelle des Klägers liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S2. N. “ vom 3. Oktober 1962 des damaligen Planungsträgers. Dieser setzt als einfacher Bebauungsplan an dieser Stelle eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG fest. Überschreitet das geplante Vorhaben einen Wert von 0,15 nicht, bedarf die Frage, ob aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswertes auf bis zu 0,25 möglich ist, keiner Erörterung.
80bb) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der in der Auflage 2.2.1 festgelegte Wert IGb = 0,09 an seinem Haus nicht überschritten wird. Dabei kann offen bleiben, ob der Begriff der „umliegenden Wohnhäuser“ in der Auflage dahingehend auszulegen ist, dass hiervon zu landwirtschaftlichen Hofstellen gehörende Wohnhäuser nicht erfasst werden. Der die Schwelle der erheblichen Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (die, wie ausgeführt, hier bei einem Immissionswert von 0,15 anzusetzen ist) unterschreitende Wert von 0,09 ist dem Bereich der Vorsorge gegen erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Ein subjektiver Anspruch auf Einhaltung von Vorsorgeanforderungen besteht nicht.
81BVerwG, Urteile vom 18. Mai 1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313 = juris Rn. 22, und vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, BVerwG, sowie Beschluss vom 16. Januar 2009 - 7 B 47.08 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 27 = juris Rn. 11;Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2014, § 5 Rn. 121; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015 § 5 BImSchG Rn. 163.
82cc) Die zu berücksichtigenden Geruchsquellen werden einschließlich der angesetzten Geruchsfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 durch die Geruchsimmissionsprognose jedenfalls im Ergebnis zutreffend erfasst.
83Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtigt für den neu zu errichtenden Stall BE 3 1.752 Mastschweineplätze, für den bereits errichteten Stall BE 1 660 Mastschweineplätze. Die Voraussetzungen für die Annahme einer (kinetischen) Abluftfahnenüberhöhung liegen vor. Entsprechend den gemäß Ziffer II.3. der Genehmigung i. V. m. Anlage 1, Ziffer 4 „Grundriss, Schnitt Ansichten“ zum Teil der Genehmigung gemachten Bauvorlagen liegen die Oberkanten der sechs Abluftkamine des Stalls BE 3 10,50 m über Grund und 3,00 m über First. Dies erfüllt die Anforderungen der Auflage 2.2.3 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012. Die Änderung der Abluftführung des Stalls BE 1 ergibt sich nicht aus den Bauvorlagen. Die Einhaltung der Mindestvoraussetzungen für die Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung folgt aber hinsichtlich der Höhe der Abluftkamine und des Gebäudes aus der Nebenbestimmung 2.2.3.
84Die Mindestabluftgeschwindigkeit hat ausweislich der Nebenbestimmung 2.2.5 in allen Betriebszuständen ständig mindestens 7 m/s zu betragen. Die Modellierung dieser Quellen als vertikale Linienquellen in voller Quellhöhe zur Berücksichtigung der Gebäudeeinflüsse in dem Ergänzungsgutachten vom 29. Oktober 2015 stimmt mit der vom LANUV NRW empfohlenen Handlungsweise überein. Die Emissionspunkte weisen nicht das 1,2fache der Höhe der umliegenden landwirtschaftlichen (Bestands-) Gebäude auf. Jedenfalls dem südlich gelegenen Wohnhaus kommt für die Frage der hindernisfreien Anströmung der Emissionsquellen im Verhältnis zum klägerischen Wohnhaus Bedeutung zu. Auswirkungen auf die für die Abluftfahnenüberhöhung notwendige freie Abströmung hat das auf der Luv-Seite stehende Gebäude hingegen nicht. Selbst wenn man aber aus diesem Grund auch die Abluftfahnenüberhöhung beider Ställe unberücksichtigt ließe, läge ausweislich der Ausbreitungsrechnung die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei 0,15.
85Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine eventuell von der Genehmigungslage abweichende tatsächliche Nutzung des Güllehochbehälters für die Lagerung von Gärresten aus der Biogaserzeugung bei der Ermittlung der maßgeblichen Emissionen nicht zu berücksichtigen. Insoweit kommt es allein auf die Genehmigungslage an. Etwaige Abweichungen sind von der Beklagten im Rahmen der laufenden Überwachung zu untersuchen und abzustellen.
86Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 ‑ 8 A 799/14 -, juris Rn. 144.
87Soweit der Kläger zutreffend darauf hingewiesen hat, dass in der Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 für den landwirtschaftlichen Betrieb B. vier Pferde angesetzt worden sind, in der Berechnung vom 29. Oktober 2015 hingegen nur zwei, kann offenbleiben, ob - in Übereinstimmung mit der im Jahr 2013 von der Beklagten festgehaltenen tatsächlichen Situation - lediglich die Haltung zweier Pferde bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Der Ansatz von vier Pferden würde nicht zu einer anderen Bewertung führen. Selbst wenn man - unter Außerachtlassung der erheblichen Entfernung zwischen Emissions- und Immissionspunkt - die Geruchsstundenhäufigheit im Verhältnis des Anteils zweier Pferde an der Gesamtheit der Geruchseinheiten erhöhen würde, wäre die sich ergebende Gesamtbelastung von 15,05 % Jahresgeruchsstunden auf 15 % zu runden.
88Vgl. zur Anwendung der Rundungsregel auf die Gesamtbelastung OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 69.
89dd) Die Beschreibung der geplanten Abdeckung des bestehenden Güllehochbehälters BE 2 unter Ziffer II.1. (Gegenstand der Genehmigung), drittes Aufzählungszeichen, als „Festdach“ und in der Nebenbestimmung 2.2.11 als „Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane“ führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit des Genehmigungsbescheids i. S. d. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann.
90Vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 ‑ 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44.
91Selbst wenn in der Nebenbestimmung 2.2.11 nicht nur eine inhaltliche Konkretisierung des generelleren Begriffs des Festdachs liegen sollte, weicht dies von der in dem Gutachten vorausgesetzten Emissionssituation jedenfalls nicht nachteilig ab. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass der textliche Teil der Geruchsimmissionsprognose lediglich eine Zeltabdeckung als immissionsmindernde Maßnahme vorsieht. Dies entspricht dem Ansatz der Ausbreitungsrechnung, welche den Güllehochbehälter als Emissionsquelle ebenfalls mit einer Zeltabdeckung berücksichtigt.
92ee) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erweist sich die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose nicht deshalb als unplausibel, weil sie die Immissionssituation in dem Gutachten vom 9. Mai 2011 und dem Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 in nicht nachzuvollziehender Weise unterschiedlich darstellt. Berücksichtigt man bei der Betrachtung der Immissionssituation auch die Eigen-Vorbelastung, verschiebt sich der Schwerpunkt der Geruchsbelastung auf der Hofstelle des Klägers Richtung Osten. Während das Gutachten vom 9. Mai 2011 - aus der dem Gutachten angehängten LOG-Datei erkennbar - einen Tierbesatz von 500 Masthähnchen und fünf Pferden in dem unmittelbar nördlich an das Wohnhaus anschließenden Gebäude ansetzt, berücksichtigt das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 350 Legehennen in Bodenhaltung im Stall und mit Auslauffläche sowie 4 Pferde östlich des Wohnhauses. Hinzu kommt die Aufgabe der Tierhaltung auf den landwirtschaftlichen Hofstellen O. und T. . Berücksichtigt man desweiteren die maßgeblichen Windverhältnisse (Hauptwindrichtung Südwest), erscheint eine Reduzierung der Immissionsbelastung im Plan-Zustand nordwestlich des Wohnhauses von 0,79 bzw. 0,56 auf 0,19 bzw. 0,17 (Plan-Zustand in dem Gutachten vom 8. November 2013) ohne weiteres plausibel. Gleichzeitig steigt östlich des Wohnhauses des Klägers unter Berücksichtigung der Eigenbelastung die Geruchsbelastung sowohl im Ist- wie auch im Planzustand auf bis zu 0,99 an.
93Die Geruchsimmissionsprognose ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht unplausibel, weil die westlich der Wohnhäuser N3. Straße und liegenden Rasterflächen auf der Basis des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 Geruchsimmissionen in Höhe von 0,10 Jahresgeruchsstunden aufweisen. Unabhängig von der Frage, ob diese Immissionswerte an Orten erreicht werden, die dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, vermag eine Überschreitung des in der Nebenbestimmung 2.2.1 festgesetzten Wertes die Plausibilität des Gutachtens als solche nicht in Frage zu stellen. Die Nebenbestimmung ist nicht Teil des Gutachtens, sondern ist getrennt von ihr zu betrachten.
94II. Die von dem Betrieb der Schweinemast einschließlich des zurechenbaren An- und Abfahrtverkehrs ausgehenden Geräuschimmissionen stellen für den Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen schädlich i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird durch die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998 (GVBl. S. 503) bestimmt. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet. Weder im Regelbetrieb (dazu 1.) noch bei ausnahmsweise erfolgender nächtlicher Tierverladung (dazu 2.) werden die Immissionsrichtwerte überschritten.
951. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Bewohnern des Außenbereichs von genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen (vgl. Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c) TA Lärm) im Regelbetrieb ausgehende Lärmimmissionspegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 der TA Lärm festgelegten Immissionsrichtwerte zuzumuten sind.
96Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 ‑ 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn. 102 f., m. w. N., sowie Beschlüsse vom 23. Januar 2008 - 8 B 215/07 -, ZNER 2008, 89 = juris Rn. 38, vom 3. Mai 2012 - 8 B 1458/11 u. a. -, juris Rn. 35, und vom 16. Mai 2013 - 8 A 2893/12 -, juris Rn. 16.
97Für durch einfachen Bebauungsplan festgesetzte Flächen für die Landwirtschaft, die in Nr. 6.1 Satz 1 TA Lärm ebenfalls nicht ausdrücklich erwähnt sind, gilt jedenfalls ohne weitere zu berücksichtigende bauplanerische Festsetzungen nichts anderes.
98Vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 23. Februar 2001 - 4 L 56/01.NW -, juris Rn. 18, unter Bezugnahme auf die ebenfalls unter Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm zu fassenden Dorfgebiete.
99Die schalltechnische Immissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 8. Februar 2012 setzt sowohl während der Tag- wie der Nachtzeit den Betrieb von Ventilatoren zur Entlüftung der Ställe BE 1 und BE 3 mit einem maximalen Schallleistungspegel vom max. 75 bzw. 78 dB(A) an. Während der Tagzeit berücksichtigt die Schallimmissionsprognose eine Verladung lebender Tiere nebst nachgehender Reinigung der Verladefläche, eine Futtermittelanlieferung mittels LKW, eine Kadaverabholung mittels LKW, 20 Schlepperbewegungen (jeweils An- und Abfahrt) für den Gülletransport einschließlich Pumpenbetrieb sowie 40 PKW-Bewegungen. Auf dieser pessimalen Grundlage prognostiziert das Lärmgutachten am Haus des Klägers (Immissionspunkt IP 2, 2. Obergeschoss) einen anlagenbezogenen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Die Berücksichtigung anderer, nicht anlagenbezogener Geräuschquellen als Vorbelastung konnte nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm unterbleiben, weil die anlagenbezogene Zusatzbelastung die sich aus Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerte um mehr als 6 dB(A) unterschreitet. Diese Unterschreitung um mindestens 6 dB(A) schreibt die Auflage 2.1.1 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012 fest.
1002. Die ausnahmsweise zulässige Verladung von Tieren aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit bei sommerlichen Witterungsbedingungen nach der Nebenbestimmung 2.1.5 der Genehmigung vom 3. Dezember 2012 in der durch den Schriftsatz vom 2. November 2015 geänderten Fassung führt nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Lärmgrenzwerte. Nach Nr. 7.2 TA Lärm können in der Genehmigung Überschreitungen der Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1 und 6.2 zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb der Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte auch bei Einhaltung des Stands der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Derartige Besonderheiten liegen in den Anforderungen des Tierschutzes an die Verladung der Tiere bei besonders warmen Witterungslagen. Die strikte Beschränkung auf maximal zehn Tage und zwei aufeinanderfolgende Wochenenden wird (nunmehr) eingehalten. Der für seltene Ereignisse nach Nr. 6.3 Satz 1 TA Lärm geltende Immissionsrichtwert von 55 dB(A) nachts wird in diesem Fall für die lauteste Nachtstunde nach TA Lärm 6.4 nicht überschritten. Der über 60 Minuten anzusetzende (höchste) Schallleistungspegel Lw = 105 dB(A) für die Tierverladung führt bei isolierter Betrachtung ausweislich der Lärmimmissionsprognose am Immissionspunkt IP 2 zu einem Teilpegel von 35,8 dB(A). Auch unter Berücksichtigung des zusätzlichen Lüftergeräuschs (Teilpegel 32,8 dB(A)) wird der insoweit maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) sicher um mehr als 6 dB(A) unterschritten.
101III. Der Kläger ist durch die fehlende Festsetzung eines Immissionsgrenzwerts für Bioaerosole nicht in seinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt. Schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole sind vorliegend nicht zu erwarten.
102Unter Bioaerosolen ist nach der Definition in der VDI-Richtlinie 4255 die Summe aller im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln zu verstehen, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte (z.B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. die diese beinhalten oder bilden. Immissions- oder Emissionswerte sieht die TA Luft insoweit nicht vor; insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenz- oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 52, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53, vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -,juris Rn. 33, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
104Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend nicht erkennbar.
105Allerdings spricht gegenwärtig weiterhin Erhebliches dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 22 ff., vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 58, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 55, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 33; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 91; zur Darstellung der Problematik vgl. auch die Internetdokumentation des LANUV NRW unter "Bioaerosole", "Wirkungen von Bioaerosolen" und "Gesundheitliche Wirkungen von Stall-Luft-Komponenten aus Tierhaltungsbetrieben"; Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007; Antwort der Bundesregierung vom 7. Dezember 2006 auf eine Kleine Anfrage zu geplanten Schweinemastgroßanlagen in Deutschland, BT-Drs. 16/3759, Antwort zu den Fragen 12 und 13.
107Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind indessen nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Messtechnische Untersuchungen, die das LANUV NRW seit dem Jahr 2007 an Schweine- und Legehennenställen betreibt, haben ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter - insbesondere von Staphylokokken und Bakterien - an der Lee-Seite eines Legehennenstalls (ca. 300 Großvieheinheiten) gegenüber der Luv-Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass bei derartigen Entfernungen auch mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Die ermittelten Immissionskonzentrationen lagen nach Einschätzung des LANUV NRW auf einem "vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden."
108Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 60 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 57 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 37 ff., jeweils unter Bezugnahme auf Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
109Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können allerdings Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein.
110Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 ‑ 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 12 (zu Nanopartikeln).
111Vor diesem Hintergrund bezeichnet die VDI-Richtlinie 4250 Blatt 1 (Bioaerosole und biologische Agenzien, Umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosol-Immissionen) in Nr. 7 jede Erhöhung der Immissionskonzentration gegenüber den Hintergrundwerten als "umwelthygienisch unerwünscht", fügt aber hinzu, dass dabei das Gesundheitsrisiko nicht quantifiziert werden könne. Aus Gründen der Vorsorge seien Bioaerosol-Konzentrationen zu vermeiden, die gegenüber der Hintergrundbelastung erhöht seien. Davon ausgehend ist die Vermeidung bzw. Senkung von erhöhten Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Auf deren Einhaltung hat der Nachbar - ebenso wie hinsichtlich der in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Pflicht zur Prüfung etwaiger Möglichkeiten, die Emission an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern - grundsätzlich keinen Anspruch.
112Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 67 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 64, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 44 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 99 ff.; zum fehlenden Anspruch auf Vorsorgemaßnahmen vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, und Beschluss vom 9. April 2008 ‑ 7 B 2.08 -, NVwZ 2008, 789 = juris Rn. 11.
113Auf der Grundlage des Vorstehenden fehlt es nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, dass das Wohnhaus des Klägers durch das Vorhaben des Beigeladenen Bioaerosol-Immissionen ausgesetzt sein wird, die über eine allgemeine, gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG führen können. Da der Übertragungsweg bei Bioaerosolen im Grunde derselbe ist wie bei Gerüchen, liegt eine Orientierung an den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose nahe.
114Vgl. zu diesem Maßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 28, und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 ‑, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 70 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 69 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 49 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 103.
115Die Geruchsimmissionsprognose in der Fassung der Neuberechnung vom 29. Oktober 2015 gelangt - wie ausgeführt - zu einer Geruchsbelastung von maximal 0,15 Jahresgeruchsstunden; die Geruchsbelastung liegt damit nicht oberhalb des jedenfalls anzusetzenden Immissionswerts von 0,15. Danach ist davon auszugehen, dass sich auch die Belastung mit Bioaerosolen in einem für den ländlichen Raum gebietstypischen Rahmen bewegt. Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Bevölkerung des ländlichen Raums in signifikantem Umfang an Krankheiten insbesondere der Atemwege leidet, die auf Bioaerosole zurückzuführen sind, bieten die vorliegenden wissenschaftlichen Stellungnahmen nicht.
116Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 75, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 72, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 52; Nds. OVG, Beschluss vom 19. August 1999 - 1 M 2711/99 -, NVwZ-RR 2000, 91 = juris Rn. 9.
117IV. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten des Klägers ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die zu erwartenden Ammoniakimmissionen. Die in der TA Luft bestimmten Grenzwerte für Ammoniak- sowie Stickstoffeinträge dienen, wie das Verwaltungsgericht zurecht ausgeführt hat, nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. Dort sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Gemäß Nr. 4.4.2 Abs. 3 TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Somit kann sich ein Nachbar - jedenfalls soweit er nicht die Einwirkung auf besonders schutzwürdige Pflanzen geltend macht - nicht auf die Verletzung einer ihn schützenden Regelung durch Ammoniakimmissionen berufen.
118Vgl. OVG S.-A., Urteil vom 24. März 2015 - 2 L 184/10 -, juris Rn. 129 ff.; VG München, Urteil vom 16. Oktober 2007 - M 1 K 07.2892 -, juris Rn. 20; VG Oldenburg, Urteil vom 10. März 2010 - 5 A 1375/09 -, juris Rn. 43; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand: 1. Mai 2015, Nr. 4.8 TA Luft Rn. 47.
119Im Übrigen erweist sich die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehende Ammoniakbelastung nicht als erheblich. Nach Nr. 4.8 i. V. m. Anhang 1 Abbildung 4 Abs. 2, Anhang 3 TA Luft ist bei Vorliegen einer Ausbreitungsrechnung lediglich der Mindestabstand der Emissionsquelle erforderlich, bei dem eine anlagenbezogene Zusatzbelastung für Ammoniak von 3 μg/m³ an keinem maßgeblichen Beurteilungspunkt überschritten wird. Ausweislich der graphischen Darstellung der von dem Vorhaben im Planzustand ausgehenden Ammoniakbelastung auf Seite 21 des Geruchs- und Ammoniakimmissionsgutachtens vom 9. Mai 2011 ist auf dem klägerischen Grundstück keine Ammoniakbelastung in diesem Umfang zu erwarten.
120V. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft im Bebauungsplan berufen. Ein solcher könnte gegeben sein, wenn es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um eine Tierhaltung gewerblicher Art handelt. Die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in dem Bebauungsplan „S2. N. “ des damaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk vom 3. Oktober 1962 ist nach §§ 30 Abs. 3 BauGB, 6 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BImSchG Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Prüfungsverfahrens.
121Setzt der Planungsträger in einem Bebauungsplan eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG (nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB) fest, umfasst der Begriff der Landwirtschaft die in § 201 BauGB bestimmten Bewirtschaftungsformen. Ob es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um einen landwirtschaftlichen Betrieb in diesem Sinne handelt, kann aber dahinstehen. Selbst wenn auf den zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen das Futter für die Tierhaltung des Beigeladenen - einschließlich der Tierbestände auf der Hofstelle in F. -L. - nicht überwiegend erzeugt werden könnte, verletzt dies den Kläger nicht in einer ihm zukommenden Rechtsposition. Der Festsetzung kommt keine drittschützende Wirkung zu.
122Ob einer Festsetzung im Bebauungsplan Drittschutz zukommt, entscheidet der Planungsträger grundsätzlich nach eigenem Ermessen; ausgenommen hiervon sind die Baugebietsfestsetzungen nach der BauNVO, denen grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zukommt, sowie solche Festsetzungen, deren Drittschutz sich - wie etwa bei § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB - unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung ergibt. Liegt - wie hier - ein solcher Fall nicht vor, hängt die nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen im Bebauungsplan davon ab, ob diese nach dem ersichtlichen Willen des Plangebers drittschützend sein soll, also welchen Zweck er mit der Festsetzung verfolgt.
123Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. September 1988 - 4 N 1.87 -, BVerwGE 80, 184 = juris Rn. 22, und vom 9. Oktober 1991 - 4 B 137.91 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 104 = juris Rn. 5; Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 10 B 629/03 -, BRS 66 Nr. 183 = juris Rn. 17; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Oktober 1999 ‑ 8 S 2396/99 -, juris Rn. 3; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 30 Rn. 32.
124Vorliegend ergeben sich weder aus dem Bebauungsplan als solchem noch aus den vom Senat beigezogenen Aufstellungsvorgängen des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Hinweise auf eine beabsichtigte drittschützende Wirkung der festgesetzten Fläche für die Landwirtschaft. Im Gegenteil führt die Begründung des Bebauungsplanentwurfs aus, das S. gewinne als Erholungsgebiet ständig an Bedeutung; gleichzeitig sei es in seinem landschaftlichen Charakter durch Bauabsichten gefährdet. Der Bebauungsplan solle im öffentlichen Interesse diesen Bereich für die Erholung der Bevölkerung sichern und vor einer nicht vertretbaren Bebauung sichern. In einem Vermerk über die beabsichtigten Festsetzungen vom 29. August 1961 werden diesbezüglich die „von der Bebauung freizuhaltenden Grundstücke, die nicht als öffentliche Grünfläche, wohl aber als Fläche für die Land- und Forstwirtschaft vorgesehen sind“ angeführt.
125VI. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans sei zu Unrecht erfolgt. Dabei kann der Senat offenlassen, in welchem Verhältnis der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid zu der von der unteren Landschaftsbehörde am 5. Juli 2012 erteilten Befreiung von den Festsetzungen steht. Letztere dürfte sich wegen Verstoßes gegen § 13 BImSchG als rechtswidrig erweisen, weil eine vorweggenommene landschaftsrechtliche Befreiung der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zuwiderläuft.
126Vgl. Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 13 BImSchG Rn. 89b m. w. N.
127Auch wenn die Befreiung (zusätzlich) Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids ist, schützt das Bauverbot unter Ziffer C.2.2.1 III. Nr. 4 des Landschaftsplans den Kläger nicht. Vorschriften des Natur- und Landschaftsschutzes kommt grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung zu, da sie allein im öffentlichen Interesse erlassen werden und öffentlichen Zielen zu dienen bestimmt ist.
128Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, BRS 76 Nr. 184 = juris Rn. 82; Bay. VGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 ‑ 15 CS 10.37 -, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2015 - 3 K 9246/12 -, juris Rn. 32; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 1.87 -, NVwZ 1988, 728 = juris Rn. 22, und Urteil vom 17. Januar 2001 - 6 CN 3.00 -, Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 10 = juris Rn. 8.
129Im Übrigen wäre die Beklagte mangels Anfechtung des zwar rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Befreiungsbescheids vom 5. Juli 2012 an die bereits erteilte Befreiungsentscheidung gebunden.
130Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
132Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt
- 1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können; - 2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen; - 3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften; - 4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.
(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.
(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung
- 1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können, - 2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und - 3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.
(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die dem Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen mit insgesamt 2.412 Mastschweineplätzen.
3Der Beigeladene betreibt auf seiner Hofstelle auf dem Grundstück Gemarkung J. in N. an der Ruhr einen landwirtschaftlichen Betrieb mit derzeit 660 Mastschweineplätzen in einem Stall. Letzterer wurde mit Baugenehmigung vom 5. April 1995 genehmigt. Die Abluftführung erfolgt zurzeit über acht Kamine, deren Oberkante den Dachfirst (Höhe 4,80 m) um 1,50 m überragen. Weiter südlich auf der Hofstelle befindet sich ein Güllehochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 3.350 m³, der von der Beklagten mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Ungefähr 40 m südlich des bestehenden Stalls liegt ein Wohnhaus mit einer Firsthöhe von ca. 12,50 m.
4Der Kläger ist Eigentümer eines ca. 100 m nördlich des Vorhabengrundstücks gelegenen landwirtschaftlichen Betriebs, den er selbst zusammen mit seiner Ehefrau bewirtschaftet und auf dem er auch wohnt. Er hält auf dem Hof ca. 350 Legehennen im Freiland sowie vier Pferde außerhalb eines Stalls. Zwischen den Ställen des Beigeladenen und der Hofstelle des Klägers befinden sich keine weiteren Gebäude.
5Die Hofstellen des Klägers und des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S.“. Dieser setzt für beide Höfe eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in der damals geltenden Fassung fest. Beide Höfe liegen desweiteren im Landschaftsschutzgebiet „S. zwischen N1. und N2. “, welches durch die Ziffer C.2.2.2.20 des Landschaftsplans der Beklagten vom 28. Februar 2005 festgesetzt worden ist. Die Festsetzung erfolgt u. a. zur Erhaltung und Entwicklung eines Freiraums für die siedlungsnahe Erholung im Ballungsraum als Bestandteil des regionalen Freiraumsystems im Ruhrgebiet („Grünzug B“). Nach Ziffer C.2.2.2.20, III. i. V. m. Ziffer C.2.2.1, III. Nr. 4 ist es in dem Landschaftsschutzgebiet u. a. verboten, bauliche Anlagen zu errichten.
6In der näheren Umgebung liegt der landwirtschaftliche Betrieb B. , in dem im Zeitpunkt einer Kontrolle durch den Beklagten im Jahr 2013 fünf Kühe, zwei Kälber und zwei Pferde gehalten wurden. Die zu einem früheren Zeitpunkt noch bestehenden Betriebe O. (15 Kühe) und T. (zwei Pferde) haben die Tierhaltung jedenfalls im Jahr 2013 aufgegeben.
7Am 13. Juli 2011 beantragte der Beigeladene die Erweiterung des bestehenden Betriebs durch ein neues Stallgebäude (Betriebseinheit BE 3) mit 1.752 Mastschweineplätzen, so dass sich eine Gesamtzahl von 2.412 Mastschweineplätzen ergibt. Weiterhin sieht der Antrag die Änderung der Abluftführung für den bestehenden Mastschweinestall (Betriebseinheit BE 1), den Anbau einer Hygieneschleuse, die Abdeckung des bereits vorhandenen Güllehochbehälters (Betriebseinheit BE 2) sowie die Errichtung von vier Futtersilos vor. Ausweislich der Bauvorlagen beträgt die Höhe des Dachfirsts des Stalls BE 3 7,50 m. Die Lüftung erfolgt über sechs in der Mitte des Gebäudes liegende Kamine, die den Dachfirst um 3,00 m überragen.
8Mit dem Antrag legte der Beigeladene ein Geruchs- und Ammoniakgutachten des Ingenieurbüros für Abfallwirtschaft und Immissionsschutz S. & I. vom 9. Mai 2011, ergänzt durch eine Stellungnahme vom 23. März 2012, vor (Gutachten Nummer G-2696-02). Dieses führt unter Punkt 4.3 (immissionsmindernde Maßnahmen) aus, dass für die Betriebseinheiten BE 1 und BE 3 jeweils eine zentrale Abluftführung - bestehend aus maximal 2 bzw. maximal 6 Schächten - auszuführen ist. Diese müsse dem Stand der Technik (mindestens 10 m über Erdboden, mindestens 3 m über First und Mindestaustrittsgeschwindigkeit ganzjährig 7 m/s) entsprechen. Die Immissionen aus dem Güllehochbehälter BE 2 seien durch eine Zeltabdeckung zu mindern.
9Die Beklagte machte das Vorhaben am 15. November 2011 öffentlich bekannt. Die Antragsunterlagen wurden vom 22. November bis 22. Dezember 2011 ausgelegt. Der Kläger erhob am 30. Dezember 2011 Einwendungen. Das Vorhaben, das das Landschaftsbild beeinträchtige, führe insbesondere zu nicht hinzunehmenden Belästigungen durch Gerüche und Bioaerosole an seinem Haus. Außerdem steige durch die höhere Anzahl an Fahrbewegungen, die Ventilatorengeräusche und die Geräusche der Tiere die Lärmbelastung.
10Im weiteren Genehmigungsverfahren legte der Beigeladene eine schalltechnische Immissionsprognose des Ingenieurbüros S. & I. vom 8. Februar 2012 (Gutachten Nr. L-2696-01) vor, welches neben den Ventilatoren die Tierverladung, die Futteranlieferung, die Verladung von Kadavern, die Abholung von Gülle sowie die Reinigung der Verladezone nebst zugehörigen Fahrgeräuschen berücksichtigt. Für das Wohnhaus des Klägers prognostiziert das Gutachten (IP 2, 2. Obergeschoss) einen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Da das Irrelevanzkriterium nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm erfüllt sei, könne auf die Ermittlung der vorhandenen Geräuschvorbelastung verzichtet werden. Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf der öffentlichen Straße seien nicht zu berücksichtigen. Die Untersuchung der Verkehrsgeräusche gemäß Ziffer 7.4 TA Lärm habe ergeben, dass die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung von 64 dB(A) zur Tagzeit um mindestens 8 dB(A) unterschritten würden. Zu Einhaltung der Immissionsrichtwerte dürften die LKW- und Schlepper-Bewegungen sowie die Verladevorgänge ausschließlich zur Tagzeit stattfinden. Die Schallemissionen der Abluftkamine dürften an der Mündung den Schallleistungspegel vom LWA = 75 dB(A) am Stall BE 1 und LWA = 78 dB(A) am Stall BE 3 je Abluftschacht nicht überschreiten.
11Mit Bescheid vom 3. Dezember 2012 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die begehrte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Gemäß Ziffer II.B.2.1.1 des Genehmigungsbescheids ist die Anlage so zu betreiben, dass am Haus des Klägers ein Immissionswert von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts um mindestens 6 dB(A) unterschritten wird. Einzelne Geräuschspitzen dürfen diese Begrenzung um nicht mehr als 30 dB(A) tags und 20 dB(A) nachts überschreiten. Nach der Auflage 2.1.3 sind die Schallemissionen an den Mündungen der Abluftkamine für den Stall BE 1 maximal auf LWA = 75 dB(A) und für den Stall BE 3 maximal auf LWA = 78 dB(A) zu begrenzen. Geräuschrelevante betriebliche Tätigkeiten sind nach der Auflage 2.1.4 zur Nachtzeit grundsätzlich untersagt. In Ausnahme hiervon darf die Verladung von Tieren bei sommerlichen Witterungsbedingungen aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit erfolgen. Nach der ursprünglichen Fassung der Auflage 2.1.5 sollte die Anzahl der Ausnahmen zehn Nächte im Kalenderjahr nicht überschreiten. Mit Schriftsatz vom 2. November 2015 hat der Beklagte die Formulierung dahingehend geändert, dass mehr als 10 Nächte im Kalenderjahr nicht überschritten und Ausnahmen an nicht mehr als zwei Wochenenden hintereinander in Anspruch genommen werden dürfen.
12Im Hinblick auf die Geruchsimmissionsbelastung legt der Genehmigungsbescheid in der Auflage 2.2.1 fest, dass die von dem Vorhaben insgesamt verursachten Geruchsimmissionen an den „umliegenden Wohnhäusern“ entsprechend dem Immissionsgutachten vom 9. Mai 2011 die belästigungsrelevante Kenngröße IGb = 0,09 nicht überschreiten dürfen. Die Abluftkamine müssen den jeweiligen Dachfirst um mindestens 3 m überschreiten; eine Emissionshöhe von 10 m über Grund darf nicht unterschritten werden (Auflage 2.2.3). Nach Auflage 2.2.5 muss die Austrittsgeschwindigkeit in allen Betriebszuständen mindestens 7 m/s betragen. Gemäß Auflage 2.2.6 müssen die Ableitungsbedingungen an den Ställen BE 1 und BE 3 gemäß den Vorgaben des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 ausgeführt werden. Für den Güllehochbehälter BE 2 schreibt die Auflage 2.2.11 die Abdeckung mit einem Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane vor, welche im Vergleich zu einem Zustand ohne Abdeckung eine Minderung von mindestens 80 % der Geruchs- und Ammoniakemissionen herbeiführt.
13Während des gerichtlichen Verfahrens hat der Beigeladene weitere Geruchsimmissionsprognosen vom 8. November 2013 und 29. Oktober 2015 (Gutachten Nr. G-2696-06) vorgelegt. Aus letzterer ergibt sich für das klägerische Wohnhaus eine Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung (mit Abluftfahnenüberhöhung und 100 % Turbulenz) von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung beträgt die Gesamtbelastung 0,15 Jahresgeruchsstunden.
14Gegen den Genehmigungsbescheid hat der Kläger am 31. Dezember 2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend macht: Der Genehmigungsbescheid sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die Erteilung der Genehmigung sei formell rechtswidrig, weil die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht nicht nachgekommen sei. Eine Prüfung möglicher Beeinträchtigungen durch Bioaerosole sei nicht erfolgt. Gleiches gelte für die Prüfung, ob es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB handele und ob ausreichend Lagerkapazität für Gülle beider landwirtschaftlichen Betriebe vorgehalten werde. Dies gelte umso mehr, als der Beigeladene selbst angegeben habe, in dem Güllehochbehälter auch Abfälle aus seiner Biogasanlage in F. -L. zu lagern. Schließlich habe die Beklagte das Vorhaben zu früh öffentlich bekannt gemacht. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG habe die Bekanntmachung erst dann zu erfolgen, wenn die Unterlagen vollständig seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Das schalltechnische Gutachten habe noch nicht vorgelegen.
15Das Vorhaben sei auch materiell rechtswidrig. Es drohe eine gesundheitliche Beeinträchtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole. Insoweit entspreche das Vorhaben nicht dem Stand der Technik, der bei einer Haltung von 2.000 oder mehr Mastschweinen den Einbau von Abluftreinigungsanlagen umfasse. Weiterhin gehe von dem geplanten Vorhaben eine erhebliche Belästigung durch Geruchsimmissionen aus. Laut dem vorgelegten Geruchsgutachten sei für das Grundstück des Klägers - bei Einbeziehung der Eigenvorbelastung des Klägers - mit einer Gesamtbelastung von bis zu 0,79 zu rechnen. Selbst ein im Einzelfall anzunehmender Immissionswert von 0,25 werde damit bei weitem überschritten. Eine Beschränkung der Geruchsimmissionen könne auch nicht durch die Nebenbestimmung 2.2.1 erfolgen. Diese könne keinesfalls eingehalten werden. Die Nebenbestimmung 2.2.11 erweise sich als in nachbarrechtlicher Hinsicht zu unbestimmt, weil diese die Abdeckung des Güllehochbehälters mit einem Zeltdach vorsehe, während der Genehmigungsbescheid unter Punkt II.1. die Abdeckung durch ein Festdach bestimme.
16Der Kläger hat beantragt,
17die dem Beigeladenen durch die Beklagte erteilte Genehmigung vom 3. Dezember 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Schweinen gemäß Ziffer 7.1 g) des Anhangs zur 4. BImSchV auf dem Grundstück N3. Straße in N. aufzuheben.
18Die Beklagte hat beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Zur Begründung hat sie vorgetragen: Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Gesundheit des Klägers durch Bioaerosole lägen nicht vor. Erhebliche Belästigungen durch Ammoniak würden nicht hervorgerufen. Unzumutbare Geruchsbeeinträchtigungen seien nicht zu befürchten. Vorbelastungen auf dem Grundstück des Klägers durch eigene Emissionsquellen seien im Rahmen der Geruchsimmissionsprognose nicht zu berücksichtigen. Die Immissionsgesamtbelastung IGb überschreite den Wert von 0,10 im Planzustand nicht. Bestimmtheitsmängel lägen nicht vor. Bei der Bezeichnung der Abdeckung des Güllehochbehälters mit den Begriffen „Festdach“ und „Zeltdach“ handele sich um technische Fachbegriffe, wobei der Begriff „Zeltdach“ der genauere und von dem anderen umfasst sei. Die von dem Kläger angeführte Lagerung von Gärrückständen im Güllehochbehälter sei nicht Bestandteil der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung.
21Der Beigeladene hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt, eine Rechtsverletzung durch die Bekanntmachung des Vorhabens zu einem Zeitpunkt, an dem das Lärmgutachten noch nicht vorgelegen habe, sei nicht gegeben. Eine Abschätzung der zu erwartenden Geräuschimmissionen sei auch aufgrund der ausgelegten Unterlagen möglich gewesen. Jedenfalls sei diese Frage ohne Einfluss auf das Ergebnis geblieben. Angesichts der Schallprognose sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die begehrte Genehmigung zu erteilen. In die Geruchsvorbelastung sei die Eigenbelastung nicht einzubeziehen. Damit werde am Wohnhaus des Klägers ein Immissionswert von 0,15 eingehalten. Selbst eine Belastung von mehr als 0,25 Jahresgeruchsstunden sei aufgrund der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls nicht als erheblich einzustufen. Hinsichtlich der Ammoniak- und Bioaerosolbelastung sei eine Verletzung drittschützender Normen nicht ersichtlich. Bauplanungsrechtlich sei das Vorhaben nach §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB privilegiert zulässig.
24Das Verwaltungsgericht hat den Genehmigungsbescheid vom 3. Dezember 2012 mit Urteil vom 10. März 2015 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen zulasten des Klägers aus. Die eigene Vorbelastung des Klägers sei bei der Geruchsprognose nach der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) zu berücksichtigen, so dass sich auf der Grundlage des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 eine Gesamtbelastung im Planzustand von bis zu 0,56 Jahresgeruchsstunden ergebe. Das Geruchsgutachten beziehe die Eigenbelastung aber nicht ausdrücklich ein und stelle daher keine Grundlage einer auf der sicheren Seite liegenden Beurteilung dar. Das nachträglich vorgelegte Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei von der Beklagten nicht wirksam zum Bestandteil des Genehmigungsbescheids gemacht worden. Eine Überschreitung des für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltenden Wertes von 0,25 Jahresgeruchsstunden sei nicht möglich; es handele sich um eine absolute Obergrenze. Jedenfalls fehle es aber an einer Auseinandersetzung mit den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls im Genehmigungsbescheid, welche schon für eine Anhebung des Wertes über 0,15 erforderlich sei.
25Gegen das Urteil haben der Beklagte und der Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
26Zu ihrer Begründung führt die Beklagte aus: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats seien selbst verursachte Vorbelastungen bei der Ermittlung der Geruchsbelastung nicht zu berücksichtigen. Für den hier betroffenen Außenbereich sei der Immissionswert für Dorfgebiete von 0,15 Jahresgeruchsstunden bezogen auf Tierhaltungsgerüche anzuwenden. Gemäß der Rechtsprechung des Senats fielen hierunter auch Gerüche aus gewerblicher Tierhaltung. Dieser Immissionswert werde ausweislich des Geruchsgutachtens vom 9. Mai 2011 in der Fassung der Ergänzung vom 29. Oktober 2015 nicht überschritten. Für den zum ständigen Aufenthalt von Menschen vorgesehenen Wohnbereich auf dem Grundstück des Klägers liege die maximale Immissionsgesamtbelastung ohne Eigenbelastung des Klägers bei maximal 0,15. Die Geruchsberechnung sei in ihrer ergänzten Fassung zu berücksichtigen. Dass sie erst im laufenden gerichtlichen Verfahren vorgelegt worden sei, stehe dem nicht entgegen. Insbesondere seien Gutachten nicht gemäß § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG bekanntzumachen. Im Übrigen liege in allen Varianten des Gutachtens die Gesamtbelastung ohne Eigenbelastung beim Kläger nicht über 0,15.
27Die Beklagte beantragt,
28das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
29Der Beigeladene macht zur Begründung der Berufung geltend: Von dem Vorhaben gingen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder erheblichen Belästigungen zulasten des Klägers aus. Die Zumutbarkeit der zu erwartenden Geruchsimmissionen ergebe sich aus der vorgelegten Prognose, die auf der sicheren Seite liege. Vorliegend sei für die Gerüche, die nach der Rechtsprechung des Senats solche landwirtschaftlicher Art seien, unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ein Immissionswert von 0,25 maßgeblich. Selbst der Immissionswert von 0,15, der im Außenbereich auf jeden Fall für landwirtschaftliche Gerüche gelte, werde eingehalten.
30Der Beigeladene beantragt,
31das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 10. März 2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
32Der Kläger beantragt,
33die Berufungen zurückzuweisen.
34Zur Begründung seines Antrags führt er an: Der Genehmigungsbescheid lege fest, dass an umliegenden Wohnhäusern ein Immissionswert von 0,09 nicht überschritten werden dürfe. Dies sei nach der vorgelegten Immissionsprognose bezogen auf sein Wohnhaus aber der Fall. Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtige im Übrigen die Lagerung von Gärresten im Güllehochbehälter nicht. Insoweit komme es auf die tatsächliche, nicht die genehmigte Nutzung an. Entgegen der Auffassung des Senats sei bei der Ermittlung der Gesamtbelastung auch die Eigenbelastung einzubeziehen. Ein anderes Verständnis widerspreche den Grundzügen des Immissionsschutzrechts. Die so berechnete Gesamtbelastung liege deutlich über 0,15 Jahresgeruchsstunden. Die besonderen Randbedingungen des Einzelfalls habe die Beklagte im Genehmigungsbescheid nicht erörtert. Jedenfalls eine vollständige Nachholung im gerichtlichen Verfahren sei nicht möglich. Das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 sei nicht verwertbar. Der Beklagte habe das Ergänzungsgutachten ausdrücklich zum Teil der Genehmigung gemacht, eine Bekanntgabe nach § 10 Abs. 7 und 8 BImSchG aber unterlassen.
35Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf den Inhalt des Protokolls der öffentlichen Sitzung vom 10. November 2015 verwiesen.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten und des vormaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Bezug genommen.
37Entscheidungsgründe:
38Die Berufungen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Genehmigung zu. Der Genehmigungsbescheid der Beklagten vom 3. Dezember 2012 verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
39A. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der dem Beigeladenen erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung aufgrund formeller Mängel. Sowohl hinsichtlich der unterbliebenen Auslegung des Schallimmissionsgutachtens (dazu I.) als auch der von dem Kläger gerügten mangelnden Sachverhaltsaufklärung (dazu II.) sind etwaige Fehler jedenfalls unbeachtlich.
40I. Ob die Auslegung des Antrags des Beigeladenen nebst den bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Unterlagen durch die Beklagte gegen § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG verstoßen hat, weil die Schallimmissionsprognose noch nicht vorgelegen hat, kann dahinstehen. Hieraus kann der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung ableiten. Unabhängig von der Frage, ob Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung oder der Auslage unmittelbar zu einem Erfolg einer Anfechtungsklage führen können,
41vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. Dezember 1980 - 7 B 114/77 -, DVBl. 1981, 644, 647; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174,
42führen diese nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls dann nicht zur Aufhebung, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Norm die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Hat ein Betroffener trotz einer (möglichen) Verletzung der Vorschriften über die Bekanntmachung und Auslegung seine Rechte umfassend wahrgenommen, also diesbezügliche Einwendungen erhoben, hat der geltend gemachte Verfahrensfehler in Bezug auf seine Einwände keinerlei Einfluss gehabt und kann auch in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1487/14 -, juris Rn. 52; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 10 BImSchG Rn. 174, unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 29. März 1966 - I C 19.65 -, BVerwGE 24, 23 = juris Rn. 38.
44Dies ist in Bezug auf den Kläger der Fall. Er hat am 2. Januar 2012 bei der Beklagten schriftlich Einwendungen angebracht. Hierzu zählen auch Bedenken gegen die von dem Vorhaben einschließlich des anlagenbezogenen Verkehrs ausgehende Lärmbelästigung (von der Beklagten als Einwendung Nr. 9 gekennzeichnet). Diese Bedenken verfolgt der Kläger im gerichtlichen Verfahren weiter. Dass der Kläger durch das fehlende Schallimmissionsgutachten gehindert gewesen wäre, seine Einwände in Bezug auf die Geräuschimmissionen vollumfänglich anzubringen, hat er nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht erkennbar.
45II. Die von dem Kläger gerügte mangelnde Aufklärung des Sachverhalts (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW) führt ebenfalls nicht zur Aufhebung des erteilten Genehmigungsbescheids. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Verstoß vorliegt, führt er nach § 46 VwVfG NRW nicht zur Aufhebung, weil offensichtlich ist, dass die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst worden ist. Die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG eine gebundene Entscheidung. Wird der Kläger - wie nachfolgend ausgeführt - durch die Erteilung der Genehmigung materiell nicht in seinen Rechten verletzt, kann sich ein eventueller Aufklärungsmangel nach § 46 VwVfG NRW jedenfalls nicht zu seinen Lasten ausgewirkt haben. Insoweit tritt die Pflicht zur Amtsermittlung des Gerichts (§ 86 Abs. 1 VwGO) an die Stelle der behördlichen Aufklärungspflicht.
46Vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 24 Rn. 59; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2015, § 24 Rn. 36; Ziekow, VwVfG, 3. Auflage 2013, § 24 Rn. 19; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 1987 - 1 C 29.85 -, BVerwGE 78, 285 = juris Rn. 33.
47B. Dem Kläger steht auch kein Aufhebungsanspruch wegen materieller Rechtswidrigkeit der erteilten Genehmigung zu. Von dem Vorhaben des Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus. Die von dem Vorhaben ausgehenden Geruchsimmissionen stellen für den Kläger keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar (dazu I.). Die mit dem Betrieb der Anlage einhergehenden Lärmimmissionen überschreiten die zulässigen Grenzwerte nicht (dazu II.). Ein subjektives öffentliches Recht auf Festlegung von Immissionsobergrenzen für Bioaerosole (dazu III.) und Ammoniak (dazu IV.) kommt dem Kläger nicht zu. Der Kläger kann sich nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan berufen (dazu V.). Gleiches gilt auch für eine Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans (dazu VI.).
48I. Die an dem Wohnhaus des Klägers zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erhebliche Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Zum Zwecke der Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchsimmissionen kann auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) zurückgegriffen werden (dazu 1.). Auf dieser Grundlage ergibt sich keine erhebliche Geruchsbelastung am Wohnhaus des Klägers (dazu 2.).
491. Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
50Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
51In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
52Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteile vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., und vom 1. Juni 2015 - 1760/13 -, juris Rn. 51, sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
53Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
54vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
55bei der aus der Vorbelastung (dazu a) und der Zusatzbelastung ggf. unter Berücksichtigung der Bebauungseinflüsse (dazu b) und einer Abluftfahnenüberhöhung (dazu c) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Geruchsbelastung ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu d).
56a) Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
57Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die bisherige Praxis die Eigenbelastung grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liegt unausgesprochen auch dem Konzept GIRL zugrunde.
58Nach der Auffassung des Senats sprechen überwiegende Gründe dafür, die Eigenbelastung nicht zu berücksichtigen. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind landwirtschaftliche Hofstellen teilweise - wie im Fall des Klägers - aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung kommt ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z. B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
59Vgl. hierzu OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 8 A 1760/13 -, juris Rn. 58 ff.
60Die von dem Kläger vorgebrachten Einwendungen vermögen diese Erwägungen nicht in Frage zu stellen; der Senat hat sie bereits in seiner vorgenannten Entscheidung berücksichtigt.
61b) Nach Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) sind bei einer gebäudenahen Abluftführung die nicht auszuschließenden Einflüsse der Bebauung auf der windzugewandten Seite des Emissionspunkts („Luv-Seite“) auf die Immissionen zwingend zu berücksichtigen. Insoweit sind alle Gebäude in den Blick zu nehmen, deren Abstand von der jeweiligen Emissionsquelle geringer ist als das 6fache der Schornsteinbauhöhe.
62Für die Fälle, in denen entweder die Schornsteinhöhe mehr als das 1,2fache der Höhen der Gebäude beträgt oder die Gebäude, für die diese Bedingung nicht erfüllt ist, einen Abstand von mehr als dem 6fachen ihrer Höhe von der Emissionsquelle haben, regelt die TA Luft (2002) ausdrücklich, auf welche Weise die Gebäudeeinflüsse zu ermitteln sind. Beträgt die Schornsteinbauhöhe mehr als das 1,7fache der Gebäudehöhen, ist die Berücksichtigung der Bebauung - bei einer Modellierung des Abluftkamins als Punktquelle - durch Rauhigkeitslänge und Verdrängungshöhe ohne Berücksichtigung der Gebäude ausreichend. Beträgt die Schonsteinbauhöhe weniger als das 1,7fache (aber mehr als das 1,2fache) der Gebäudehöhen und ist eine freie Abströmung gewährleistet, können die Einflüsse mit Hilfe eines diagnostischen Windfeldmodells für Gebäudeumströmung berücksichtigt werden. Solange ein solches Windfeldmodell noch nicht existiert, kann ein anderes Windfeldmodell verwendet werden, dessen Eignung der obersten Landesbehörde nachgewiesen worden ist. Das LANUV NRW empfiehlt in diesen Fällen als Alternative die Modellierung eines Ersatzquellensystems, in dem die Quellen eine künstliche vertikale Ausdehnung erhalten. Die Modellierung der gebäudenahen Emissionsquellen als vertikale Linienquellen ‑ mit einer Ausdehnung grundsätzlich bis zum Erdboden - simuliert die Um- und Überströmung der Gebäude auf der Luv-Seite und deren Auswirkungen auf die Ausbreitungsrechnung, weil - anders als bei einer Modellierung der Quellen als Punktquellen - die gemessenen Konzentrationen in der Regel überschätzt würden. Um allerdings eine zu hohe Überschätzung auszuschließen, sind bei Quellkonfigurationen, bei denen die Höhe der Emissionsquellen größer ist als das 1,2fache der Gebäude (einschließlich des Gebäudes, auf dem sie stehen), die Emissionen gleichmäßig auf den oberen halben Quellbereich zu verteilen.
63Vgl. OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 - 8 A 799/14 -, juris Rn. 78; vgl. auch: Hartmann u.a., Untersuchungen zum Verhalten von Abluftfahnen landwirtschaftlicher Anlagen in der Atmosphäre, Langfassung zum Jahresbericht 2003, Seite 5 und 6, abrufbar unter www.lanuv.nrw.de/veröf-fentlichungen/jahresberichte.
64c) Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL 2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblatt Band 56 des Landesumweltamtes NRW (Leitfaden AUSTAL 2000),
65Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf, vgl. auch VDI 3738 Nr. 4.5.3.2,
66kann im Allgemeinen eine Überhöhung der Abluftfahne angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies ist in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First ist, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s beträgt und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) auf der windabgewandten Seite („Lee-Seite“) im weiteren Umkreis um die Quelle - in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem 10fachen, nach der an die Regelungen in Nr. 10 der Anlage 3 zur TA Luft (2002) angelehnten Praxis des LANUV NRW auch schon entsprechend dem 6fachen der Quellhöhe - ausgeschlossen ist.
67Vgl. OVG NRW, Urteile vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, juris Rn. 65, und vom 12. August 2015 - 8 A 1799/14 -, juris Rn. 87.
68d) Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt für landwirtschaftliche Gerüche ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. Für den bauplanungsrechtlichen Außenbereich wird dabei für landwirtschaftliche Gerüche der für Dorfgebiete anzusetzende Wert angenommen.
69Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 ‑ 1760/13 -, juris Rn. 53, sowie Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31 und vom 21. September 2012 ‑ 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 3.
70In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.
71Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
72Gleiches gilt auch, wenn es sich bei dem Gebiet hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Art der baulichen Nutzung nicht um Außenbereich i. S. d. § 35 Abs. 1 BauGB, sondern um eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG bzw. nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB handelt. Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Geruchsimmissionen aus Tierhaltungsanlagen besteht ‑ jedenfalls soweit keine weitergehenden Festsetzungen getroffen worden sind ‑ kein Unterschied zwischen durch Bebauungsplan festgesetzten Flächen für die Landwirtschaft und dem Außenbereich, in dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BauGB landwirtschaftliche Betriebe privilegiert zulässig sind. Bauplanerisch für die Landwirtschaft festgesetzte Flächen sind ebenso wie der Außenbereich als Standorte für stark emittierende (landwirtschaftliche) Betriebe vorgesehen. In diesen Gebieten muss wie im landwirtschaftlich genutzten Außenbereich mit Gerüchen (und anderen Immissionen) gerechnet werden, die etwa durch die Tierhaltung üblicherweise entstehen.
73Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 8 ff.; vgl. auch Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Band I, Stand: 1. August 2015, § 9 Rn. 148.
742. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben des Beigeladenen keine unzumutbaren Geruchsbelästigungen aus. Die Geruchsimmissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 9. Mai 2011 in der Fassung des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 sowie der im Berufungsverfahren vorgelegten ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 sind verwertbar (dazu a). Auf ihrer Grundlage überschreitet die zu erwartende Geruchsgesamtbelastung IGb (dazu b) den vorliegend anzusetzenden Immissionswert IW = 0,15 mit der erforderlichen Sicherheit nicht (dazu c).
75a) Die Geruchsimmissionsprognose vom 8. Mai 2011 ist vorliegend einschließlich des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 verwertbar. Zur Bestimmung der zu erwartenden Geruchsbelästigung sind auch solche Gutachten heranzuziehen, die erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegt oder eingeholt worden sind. Hierbei handelt es sich nicht um nachträgliche Veränderungen der Sachlage, die jedenfalls zu Lasten des Bauherrn grundsätzlich nicht berücksichtigt werden dürfen, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse hinsichtlich der ursprünglichen Sachlage.
76Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 2007 - 4 C 2.07 -, BVerwGE 129, 209 = juris Rn. 20 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - 8 A 340/09 -, juris Rn. 22, vom 16. Mai 2011 - 8 A 372/09 -, juris Rn. 22 ff., vom 3. August 2012 ‑ 8 B 290/12 -, juris Rn. 9, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 20.
77Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedarf es insoweit keiner Einbeziehung des Gutachtens in den Genehmigungsbescheid. Eine solche ist nur notwendig, soweit immissionsrelevante Voraussetzungen und Grundlagen des Gutachtens Teil des Genehmigungsbescheids selbst werden sollen.
78b) Die sich auf der Grundlage der vorgelegten Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 nebst Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 und der ergänzenden Ausbreitungsrechnung vom 29. Oktober 2015 ergebende Gesamtbelastung IGb überschreitet den maßgeblichen Immissionswert IW nicht. Der Immissionswert IW ist im vorliegenden Fall jedenfalls mit 0,15 Jahresgeruchsstunden anzusetzen (dazu aa). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einhaltung des in der Auflage 2.2.1 bestimmten Immissionswertes von maximal 0,09 (dazu bb). Die Geruchsimmissionsprognose nebst ihren Ergänzungen gibt für die Rasterflächen, die über dem Wohnhaus des Klägers liegen oder dieses zumindest berühren, eine Gesamtbelastung IGb ohne Berücksichtigung der Eigenbelastung des Klägers und mit Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung, deren Voraussetzungen nach der Überzeugung des Senats vorliegen, von maximal 0,10 Jahresgeruchsstunden. Selbst ohne Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung wird der Immissionswert von 0,15 nicht überschritten. Das Gutachten stellt die Emissionsquellen einschließlich des Ansatzes einer Abluftfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 nachvollziehbar dar (dazu cc). Die Verwendung der Begriffe „Festdach“ bzw. „Zeltdach“ für die Abdeckung des Güllehochbehälters BE 2 führt nicht zu einer Unbestimmtheit des Genehmigungsbescheids, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann (dazu dd). Die Darstellung der Immissionssituation auf der Hofstelle des Klägers ist - auch bei Betrachtung der ansonsten nicht zu berücksichtigenden Eigenbelastung des Klägers - plausibel (dazu ee).
79aa) Für das Wohnhaus ist ein Immissionswert IW = 0,15 maßgeblich. Die Hofstelle des Klägers liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans „S2. N. “ vom 3. Oktober 1962 des damaligen Planungsträgers. Dieser setzt als einfacher Bebauungsplan an dieser Stelle eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG fest. Überschreitet das geplante Vorhaben einen Wert von 0,15 nicht, bedarf die Frage, ob aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswertes auf bis zu 0,25 möglich ist, keiner Erörterung.
80bb) Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der in der Auflage 2.2.1 festgelegte Wert IGb = 0,09 an seinem Haus nicht überschritten wird. Dabei kann offen bleiben, ob der Begriff der „umliegenden Wohnhäuser“ in der Auflage dahingehend auszulegen ist, dass hiervon zu landwirtschaftlichen Hofstellen gehörende Wohnhäuser nicht erfasst werden. Der die Schwelle der erheblichen Belästigung i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG (die, wie ausgeführt, hier bei einem Immissionswert von 0,15 anzusetzen ist) unterschreitende Wert von 0,09 ist dem Bereich der Vorsorge gegen erhebliche Belästigungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Ein subjektiver Anspruch auf Einhaltung von Vorsorgeanforderungen besteht nicht.
81BVerwG, Urteile vom 18. Mai 1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313 = juris Rn. 22, und vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, BVerwG, sowie Beschluss vom 16. Januar 2009 - 7 B 47.08 -, Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 27 = juris Rn. 11;Jarass, BImSchG, 10. Auflage 2014, § 5 Rn. 121; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015 § 5 BImSchG Rn. 163.
82cc) Die zu berücksichtigenden Geruchsquellen werden einschließlich der angesetzten Geruchsfahnenüberhöhung für die Betriebseinheiten BE 1 und 3 durch die Geruchsimmissionsprognose jedenfalls im Ergebnis zutreffend erfasst.
83Die Geruchsimmissionsprognose berücksichtigt für den neu zu errichtenden Stall BE 3 1.752 Mastschweineplätze, für den bereits errichteten Stall BE 1 660 Mastschweineplätze. Die Voraussetzungen für die Annahme einer (kinetischen) Abluftfahnenüberhöhung liegen vor. Entsprechend den gemäß Ziffer II.3. der Genehmigung i. V. m. Anlage 1, Ziffer 4 „Grundriss, Schnitt Ansichten“ zum Teil der Genehmigung gemachten Bauvorlagen liegen die Oberkanten der sechs Abluftkamine des Stalls BE 3 10,50 m über Grund und 3,00 m über First. Dies erfüllt die Anforderungen der Auflage 2.2.3 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012. Die Änderung der Abluftführung des Stalls BE 1 ergibt sich nicht aus den Bauvorlagen. Die Einhaltung der Mindestvoraussetzungen für die Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung folgt aber hinsichtlich der Höhe der Abluftkamine und des Gebäudes aus der Nebenbestimmung 2.2.3.
84Die Mindestabluftgeschwindigkeit hat ausweislich der Nebenbestimmung 2.2.5 in allen Betriebszuständen ständig mindestens 7 m/s zu betragen. Die Modellierung dieser Quellen als vertikale Linienquellen in voller Quellhöhe zur Berücksichtigung der Gebäudeeinflüsse in dem Ergänzungsgutachten vom 29. Oktober 2015 stimmt mit der vom LANUV NRW empfohlenen Handlungsweise überein. Die Emissionspunkte weisen nicht das 1,2fache der Höhe der umliegenden landwirtschaftlichen (Bestands-) Gebäude auf. Jedenfalls dem südlich gelegenen Wohnhaus kommt für die Frage der hindernisfreien Anströmung der Emissionsquellen im Verhältnis zum klägerischen Wohnhaus Bedeutung zu. Auswirkungen auf die für die Abluftfahnenüberhöhung notwendige freie Abströmung hat das auf der Luv-Seite stehende Gebäude hingegen nicht. Selbst wenn man aber aus diesem Grund auch die Abluftfahnenüberhöhung beider Ställe unberücksichtigt ließe, läge ausweislich der Ausbreitungsrechnung die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei 0,15.
85Entgegen der Auffassung des Klägers ist eine eventuell von der Genehmigungslage abweichende tatsächliche Nutzung des Güllehochbehälters für die Lagerung von Gärresten aus der Biogaserzeugung bei der Ermittlung der maßgeblichen Emissionen nicht zu berücksichtigen. Insoweit kommt es allein auf die Genehmigungslage an. Etwaige Abweichungen sind von der Beklagten im Rahmen der laufenden Überwachung zu untersuchen und abzustellen.
86Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 12. August 2015 ‑ 8 A 799/14 -, juris Rn. 144.
87Soweit der Kläger zutreffend darauf hingewiesen hat, dass in der Geruchsimmissionsprognose vom 9. Mai 2011 für den landwirtschaftlichen Betrieb B. vier Pferde angesetzt worden sind, in der Berechnung vom 29. Oktober 2015 hingegen nur zwei, kann offenbleiben, ob - in Übereinstimmung mit der im Jahr 2013 von der Beklagten festgehaltenen tatsächlichen Situation - lediglich die Haltung zweier Pferde bauaufsichtlich genehmigt worden ist. Der Ansatz von vier Pferden würde nicht zu einer anderen Bewertung führen. Selbst wenn man - unter Außerachtlassung der erheblichen Entfernung zwischen Emissions- und Immissionspunkt - die Geruchsstundenhäufigheit im Verhältnis des Anteils zweier Pferde an der Gesamtheit der Geruchseinheiten erhöhen würde, wäre die sich ergebende Gesamtbelastung von 15,05 % Jahresgeruchsstunden auf 15 % zu runden.
88Vgl. zur Anwendung der Rundungsregel auf die Gesamtbelastung OVG NRW, Urteil vom 1. Juni 2015 - 8 A 1760/13 -, NWVBl. 2015, 415 = juris Rn. 69.
89dd) Die Beschreibung der geplanten Abdeckung des bestehenden Güllehochbehälters BE 2 unter Ziffer II.1. (Gegenstand der Genehmigung), drittes Aufzählungszeichen, als „Festdach“ und in der Nebenbestimmung 2.2.11 als „Zeltdach aus regen- und luftdichter Plane“ führt nicht zur mangelnden Bestimmtheit des Genehmigungsbescheids i. S. d. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW, die sich auf die Rechte des Klägers auswirken kann.
90Vgl. zu den Erfordernissen an die Bestimmtheit von nachbarrechtlich relevanten Bestimmungen etwa OVG NRW, Beschluss vom 30. Mai 2005 ‑ 10 A 2017/03 -, NWVBl. 2005, 470 = juris Rn. 3; Urteile vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, NWVBl. 2013, 365 = juris Rn. 61, und vom 15. Mai 2013 - 2 A 3010/11 -, DVBl. 2013, 1327 = juris Rn. 44.
91Selbst wenn in der Nebenbestimmung 2.2.11 nicht nur eine inhaltliche Konkretisierung des generelleren Begriffs des Festdachs liegen sollte, weicht dies von der in dem Gutachten vorausgesetzten Emissionssituation jedenfalls nicht nachteilig ab. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass der textliche Teil der Geruchsimmissionsprognose lediglich eine Zeltabdeckung als immissionsmindernde Maßnahme vorsieht. Dies entspricht dem Ansatz der Ausbreitungsrechnung, welche den Güllehochbehälter als Emissionsquelle ebenfalls mit einer Zeltabdeckung berücksichtigt.
92ee) Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts erweist sich die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose nicht deshalb als unplausibel, weil sie die Immissionssituation in dem Gutachten vom 9. Mai 2011 und dem Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 in nicht nachzuvollziehender Weise unterschiedlich darstellt. Berücksichtigt man bei der Betrachtung der Immissionssituation auch die Eigen-Vorbelastung, verschiebt sich der Schwerpunkt der Geruchsbelastung auf der Hofstelle des Klägers Richtung Osten. Während das Gutachten vom 9. Mai 2011 - aus der dem Gutachten angehängten LOG-Datei erkennbar - einen Tierbesatz von 500 Masthähnchen und fünf Pferden in dem unmittelbar nördlich an das Wohnhaus anschließenden Gebäude ansetzt, berücksichtigt das Ergänzungsgutachten vom 8. November 2013 350 Legehennen in Bodenhaltung im Stall und mit Auslauffläche sowie 4 Pferde östlich des Wohnhauses. Hinzu kommt die Aufgabe der Tierhaltung auf den landwirtschaftlichen Hofstellen O. und T. . Berücksichtigt man desweiteren die maßgeblichen Windverhältnisse (Hauptwindrichtung Südwest), erscheint eine Reduzierung der Immissionsbelastung im Plan-Zustand nordwestlich des Wohnhauses von 0,79 bzw. 0,56 auf 0,19 bzw. 0,17 (Plan-Zustand in dem Gutachten vom 8. November 2013) ohne weiteres plausibel. Gleichzeitig steigt östlich des Wohnhauses des Klägers unter Berücksichtigung der Eigenbelastung die Geruchsbelastung sowohl im Ist- wie auch im Planzustand auf bis zu 0,99 an.
93Die Geruchsimmissionsprognose ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht unplausibel, weil die westlich der Wohnhäuser N3. Straße und liegenden Rasterflächen auf der Basis des Ergänzungsgutachtens vom 8. November 2013 Geruchsimmissionen in Höhe von 0,10 Jahresgeruchsstunden aufweisen. Unabhängig von der Frage, ob diese Immissionswerte an Orten erreicht werden, die dem dauernden Aufenthalt von Menschen dienen, vermag eine Überschreitung des in der Nebenbestimmung 2.2.1 festgesetzten Wertes die Plausibilität des Gutachtens als solche nicht in Frage zu stellen. Die Nebenbestimmung ist nicht Teil des Gutachtens, sondern ist getrennt von ihr zu betrachten.
94II. Die von dem Betrieb der Schweinemast einschließlich des zurechenbaren An- und Abfahrtverkehrs ausgehenden Geräuschimmissionen stellen für den Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Unter welchen Voraussetzungen Geräuschimmissionen schädlich i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, wird durch die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm - TA Lärm) vom 26. August 1998 (GVBl. S. 503) bestimmt. Gemäß Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 TA Lärm nicht überschreitet. Weder im Regelbetrieb (dazu 1.) noch bei ausnahmsweise erfolgender nächtlicher Tierverladung (dazu 2.) werden die Immissionsrichtwerte überschritten.
951. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Bewohnern des Außenbereichs von genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen (vgl. Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c) TA Lärm) im Regelbetrieb ausgehende Lärmimmissionspegel von 60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A) nachts in Anlehnung an die für Mischgebiete nach Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 der TA Lärm festgelegten Immissionsrichtwerte zuzumuten sind.
96Vgl. nur OVG NRW, Urteil vom 19. Juni 2007 ‑ 8 A 2677/06 -, NWVBl. 2008, 26 = juris Rn. 102 f., m. w. N., sowie Beschlüsse vom 23. Januar 2008 - 8 B 215/07 -, ZNER 2008, 89 = juris Rn. 38, vom 3. Mai 2012 - 8 B 1458/11 u. a. -, juris Rn. 35, und vom 16. Mai 2013 - 8 A 2893/12 -, juris Rn. 16.
97Für durch einfachen Bebauungsplan festgesetzte Flächen für die Landwirtschaft, die in Nr. 6.1 Satz 1 TA Lärm ebenfalls nicht ausdrücklich erwähnt sind, gilt jedenfalls ohne weitere zu berücksichtigende bauplanerische Festsetzungen nichts anderes.
98Vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 23. Februar 2001 - 4 L 56/01.NW -, juris Rn. 18, unter Bezugnahme auf die ebenfalls unter Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c) TA Lärm zu fassenden Dorfgebiete.
99Die schalltechnische Immissionsprognose der Gutachter S. & I. vom 8. Februar 2012 setzt sowohl während der Tag- wie der Nachtzeit den Betrieb von Ventilatoren zur Entlüftung der Ställe BE 1 und BE 3 mit einem maximalen Schallleistungspegel vom max. 75 bzw. 78 dB(A) an. Während der Tagzeit berücksichtigt die Schallimmissionsprognose eine Verladung lebender Tiere nebst nachgehender Reinigung der Verladefläche, eine Futtermittelanlieferung mittels LKW, eine Kadaverabholung mittels LKW, 20 Schlepperbewegungen (jeweils An- und Abfahrt) für den Gülletransport einschließlich Pumpenbetrieb sowie 40 PKW-Bewegungen. Auf dieser pessimalen Grundlage prognostiziert das Lärmgutachten am Haus des Klägers (Immissionspunkt IP 2, 2. Obergeschoss) einen anlagenbezogenen Beurteilungspegel Lr von tags 51,8 dB(A) und nachts 32,8 dB(A). Die Berücksichtigung anderer, nicht anlagenbezogener Geräuschquellen als Vorbelastung konnte nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 Satz 2 TA Lärm unterbleiben, weil die anlagenbezogene Zusatzbelastung die sich aus Nr. 6.1 Satz 1 Buchst. c), Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerte um mehr als 6 dB(A) unterschreitet. Diese Unterschreitung um mindestens 6 dB(A) schreibt die Auflage 2.1.1 des Genehmigungsbescheids vom 3. Dezember 2012 fest.
1002. Die ausnahmsweise zulässige Verladung von Tieren aus Gründen des Tierschutzes zur Nachtzeit bei sommerlichen Witterungsbedingungen nach der Nebenbestimmung 2.1.5 der Genehmigung vom 3. Dezember 2012 in der durch den Schriftsatz vom 2. November 2015 geänderten Fassung führt nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Lärmgrenzwerte. Nach Nr. 7.2 TA Lärm können in der Genehmigung Überschreitungen der Immissionsrichtwerte nach den Nrn. 6.1 und 6.2 zugelassen werden, wenn wegen voraussehbarer Besonderheiten beim Betrieb der Anlage zu erwarten ist, dass in seltenen Fällen oder über eine begrenzte Zeitdauer, aber an nicht mehr als zehn Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, die Immissionsrichtwerte auch bei Einhaltung des Stands der Technik zur Lärmminderung nicht eingehalten werden können. Derartige Besonderheiten liegen in den Anforderungen des Tierschutzes an die Verladung der Tiere bei besonders warmen Witterungslagen. Die strikte Beschränkung auf maximal zehn Tage und zwei aufeinanderfolgende Wochenenden wird (nunmehr) eingehalten. Der für seltene Ereignisse nach Nr. 6.3 Satz 1 TA Lärm geltende Immissionsrichtwert von 55 dB(A) nachts wird in diesem Fall für die lauteste Nachtstunde nach TA Lärm 6.4 nicht überschritten. Der über 60 Minuten anzusetzende (höchste) Schallleistungspegel Lw = 105 dB(A) für die Tierverladung führt bei isolierter Betrachtung ausweislich der Lärmimmissionsprognose am Immissionspunkt IP 2 zu einem Teilpegel von 35,8 dB(A). Auch unter Berücksichtigung des zusätzlichen Lüftergeräuschs (Teilpegel 32,8 dB(A)) wird der insoweit maßgebliche Immissionsrichtwert von 55 dB(A) sicher um mehr als 6 dB(A) unterschritten.
101III. Der Kläger ist durch die fehlende Festsetzung eines Immissionsgrenzwerts für Bioaerosole nicht in seinen subjektiven öffentlichen Rechten verletzt. Schädliche Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG durch Bioaerosole sind vorliegend nicht zu erwarten.
102Unter Bioaerosolen ist nach der Definition in der VDI-Richtlinie 4255 die Summe aller im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln zu verstehen, denen Pilze (Sporen, Konidien, Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte (z.B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. die diese beinhalten oder bilden. Immissions- oder Emissionswerte sieht die TA Luft insoweit nicht vor; insbesondere enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Es gibt bislang auch keine sonstigen Grenz- oder Orientierungswerte, die die Schädlichkeitsschwelle für Bioaerosole beschreiben. In Betracht kommt daher allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorruft.
103Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 52, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 53, vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -,juris Rn. 33, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
104Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend nicht erkennbar.
105Allerdings spricht gegenwärtig weiterhin Erhebliches dafür, dass von Tierhaltungsbetrieben luftgetragene Schadstoffe wie insbesondere Stäube, Mikroorganismen (z.B. Pilzsporen) und Endotoxine ausgehen, die grundsätzlich geeignet sind, nachteilig auf die Gesundheit zu wirken.
106Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 22 ff., vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 58, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 55, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 33; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 91; zur Darstellung der Problematik vgl. auch die Internetdokumentation des LANUV NRW unter "Bioaerosole", "Wirkungen von Bioaerosolen" und "Gesundheitliche Wirkungen von Stall-Luft-Komponenten aus Tierhaltungsbetrieben"; Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007; Antwort der Bundesregierung vom 7. Dezember 2006 auf eine Kleine Anfrage zu geplanten Schweinemastgroßanlagen in Deutschland, BT-Drs. 16/3759, Antwort zu den Fragen 12 und 13.
107Wissenschaftliche Untersuchungen und Erkenntnisse darüber, von welcher Wirkschwelle an diese allgemeine Gefährdung in konkrete Gesundheitsgefahren für bestimmte Personengruppen umschlägt, sind indessen nicht bekannt. Es gibt weder ein anerkanntes Ermittlungsverfahren noch verallgemeinerungsfähige Untersuchungsergebnisse über die gesundheitliche Gefährdung der Nachbarschaft durch eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Tierhaltung. Messtechnische Untersuchungen, die das LANUV NRW seit dem Jahr 2007 an Schweine- und Legehennenställen betreibt, haben ergeben, dass sich eine Erhöhung bestimmter Parameter - insbesondere von Staphylokokken und Bakterien - an der Lee-Seite eines Legehennenstalls (ca. 300 Großvieheinheiten) gegenüber der Luv-Seite, die der jeweiligen örtlichen Hintergrundbelastung entspricht, noch in einer Entfernung von bis zu 500 m nachweisen lässt. Daraus folgt aber nicht ohne weiteres, dass bei derartigen Entfernungen auch mit gesundheitsgefährdenden Konzentrationen zu rechnen ist. Die ermittelten Immissionskonzentrationen lagen nach Einschätzung des LANUV NRW auf einem "vergleichsweise niedrigen Niveau und erreichten bei weitem nicht die Konzentrationen, wie sie an Arbeitsplätzen gemessen werden."
108Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 60 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 57 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 37 ff., jeweils unter Bezugnahme auf Heller/Köllner (LANUV NRW), Bioaerosole im Umfeld von Tierhaltungsanlagen - Untersuchungsergebnisse aus Nordrhein-Westfalen, 2007, sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 88.
109Ausgehend von diesem Erkenntnisstand greift die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr nicht ein, weil ungewiss ist, ob mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können allerdings Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein.
110Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 ‑ 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 12 (zu Nanopartikeln).
111Vor diesem Hintergrund bezeichnet die VDI-Richtlinie 4250 Blatt 1 (Bioaerosole und biologische Agenzien, Umweltmedizinische Bewertung von Bioaerosol-Immissionen) in Nr. 7 jede Erhöhung der Immissionskonzentration gegenüber den Hintergrundwerten als "umwelthygienisch unerwünscht", fügt aber hinzu, dass dabei das Gesundheitsrisiko nicht quantifiziert werden könne. Aus Gründen der Vorsorge seien Bioaerosol-Konzentrationen zu vermeiden, die gegenüber der Hintergrundbelastung erhöht seien. Davon ausgehend ist die Vermeidung bzw. Senkung von erhöhten Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zuzuordnen. Auf deren Einhaltung hat der Nachbar - ebenso wie hinsichtlich der in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft geregelten Pflicht zur Prüfung etwaiger Möglichkeiten, die Emission an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern - grundsätzlich keinen Anspruch.
112Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 67 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 64, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 44 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 ‑ 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 99 ff.; zum fehlenden Anspruch auf Vorsorgemaßnahmen vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2003 - 7 C 19.02 -, BVerwGE 119, 329 = juris Rn. 11, und Beschluss vom 9. April 2008 ‑ 7 B 2.08 -, NVwZ 2008, 789 = juris Rn. 11.
113Auf der Grundlage des Vorstehenden fehlt es nach dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand an ausreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, dass das Wohnhaus des Klägers durch das Vorhaben des Beigeladenen Bioaerosol-Immissionen ausgesetzt sein wird, die über eine allgemeine, gebietstypische Gefährdung hinausgehen und bereits zu einer konkreten Gefährdung der Gesundheit i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG führen können. Da der Übertragungsweg bei Bioaerosolen im Grunde derselbe ist wie bei Gerüchen, liegt eine Orientierung an den Ergebnissen der Geruchsimmissionsprognose nahe.
114Vgl. zu diesem Maßstab OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 - 10 A 1666/05 -, juris Rn. 28, und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 ‑, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 70 ff., vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 69 ff., und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 49 ff., sowie Urteil vom 30. Januar 2014 - 7 A 2555/11 -, NWVBl. 2014, 306 = juris Rn. 103.
115Die Geruchsimmissionsprognose in der Fassung der Neuberechnung vom 29. Oktober 2015 gelangt - wie ausgeführt - zu einer Geruchsbelastung von maximal 0,15 Jahresgeruchsstunden; die Geruchsbelastung liegt damit nicht oberhalb des jedenfalls anzusetzenden Immissionswerts von 0,15. Danach ist davon auszugehen, dass sich auch die Belastung mit Bioaerosolen in einem für den ländlichen Raum gebietstypischen Rahmen bewegt. Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Bevölkerung des ländlichen Raums in signifikantem Umfang an Krankheiten insbesondere der Atemwege leidet, die auf Bioaerosole zurückzuführen sind, bieten die vorliegenden wissenschaftlichen Stellungnahmen nicht.
116Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, BRS 76 Nr. 100 = juris Rn. 75, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rn. 72, und vom 8. Februar 2012 - 8 B 1322/11 -, juris Rn. 52; Nds. OVG, Beschluss vom 19. August 1999 - 1 M 2711/99 -, NVwZ-RR 2000, 91 = juris Rn. 9.
117IV. Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG zulasten des Klägers ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die zu erwartenden Ammoniakimmissionen. Die in der TA Luft bestimmten Grenzwerte für Ammoniak- sowie Stickstoffeinträge dienen, wie das Verwaltungsgericht zurecht ausgeführt hat, nicht dem Schutz der menschlichen Gesundheit, sondern dem Schutz empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme. Anforderungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden in Nr. 4.2. der TA Luft gestellt. Dort sind zum Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit Immissionswerte für verschiedene luftverunreinigende Stoffe festgelegt, nicht aber für Ammoniak oder Stickstoff. Gemäß Nr. 4.4.2 Abs. 3 TA Luft ist nach Nr. 4.8 zu prüfen, ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist. Somit kann sich ein Nachbar - jedenfalls soweit er nicht die Einwirkung auf besonders schutzwürdige Pflanzen geltend macht - nicht auf die Verletzung einer ihn schützenden Regelung durch Ammoniakimmissionen berufen.
118Vgl. OVG S.-A., Urteil vom 24. März 2015 - 2 L 184/10 -, juris Rn. 129 ff.; VG München, Urteil vom 16. Oktober 2007 - M 1 K 07.2892 -, juris Rn. 20; VG Oldenburg, Urteil vom 10. März 2010 - 5 A 1375/09 -, juris Rn. 43; Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band IV, Stand: 1. Mai 2015, Nr. 4.8 TA Luft Rn. 47.
119Im Übrigen erweist sich die von dem Vorhaben des Beigeladenen ausgehende Ammoniakbelastung nicht als erheblich. Nach Nr. 4.8 i. V. m. Anhang 1 Abbildung 4 Abs. 2, Anhang 3 TA Luft ist bei Vorliegen einer Ausbreitungsrechnung lediglich der Mindestabstand der Emissionsquelle erforderlich, bei dem eine anlagenbezogene Zusatzbelastung für Ammoniak von 3 μg/m³ an keinem maßgeblichen Beurteilungspunkt überschritten wird. Ausweislich der graphischen Darstellung der von dem Vorhaben im Planzustand ausgehenden Ammoniakbelastung auf Seite 21 des Geruchs- und Ammoniakimmissionsgutachtens vom 9. Mai 2011 ist auf dem klägerischen Grundstück keine Ammoniakbelastung in diesem Umfang zu erwarten.
120V. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen möglichen Verstoß gegen die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft im Bebauungsplan berufen. Ein solcher könnte gegeben sein, wenn es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um eine Tierhaltung gewerblicher Art handelt. Die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG in dem Bebauungsplan „S2. N. “ des damaligen Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk vom 3. Oktober 1962 ist nach §§ 30 Abs. 3 BauGB, 6 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BImSchG Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Prüfungsverfahrens.
121Setzt der Planungsträger in einem Bebauungsplan eine Fläche für die Landwirtschaft nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BBauG (nunmehr § 9 Abs. 1 Nr. 18 Buchst. a) BauGB) fest, umfasst der Begriff der Landwirtschaft die in § 201 BauGB bestimmten Bewirtschaftungsformen. Ob es sich bei dem Betrieb des Beigeladenen um einen landwirtschaftlichen Betrieb in diesem Sinne handelt, kann aber dahinstehen. Selbst wenn auf den zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen das Futter für die Tierhaltung des Beigeladenen - einschließlich der Tierbestände auf der Hofstelle in F. -L. - nicht überwiegend erzeugt werden könnte, verletzt dies den Kläger nicht in einer ihm zukommenden Rechtsposition. Der Festsetzung kommt keine drittschützende Wirkung zu.
122Ob einer Festsetzung im Bebauungsplan Drittschutz zukommt, entscheidet der Planungsträger grundsätzlich nach eigenem Ermessen; ausgenommen hiervon sind die Baugebietsfestsetzungen nach der BauNVO, denen grundsätzlich nachbarschützende Wirkung zukommt, sowie solche Festsetzungen, deren Drittschutz sich - wie etwa bei § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB - unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung ergibt. Liegt - wie hier - ein solcher Fall nicht vor, hängt die nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen im Bebauungsplan davon ab, ob diese nach dem ersichtlichen Willen des Plangebers drittschützend sein soll, also welchen Zweck er mit der Festsetzung verfolgt.
123Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. September 1988 - 4 N 1.87 -, BVerwGE 80, 184 = juris Rn. 22, und vom 9. Oktober 1991 - 4 B 137.91 -, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 104 = juris Rn. 5; Urteil vom 16. September 1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 10 B 629/03 -, BRS 66 Nr. 183 = juris Rn. 17; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 14. Oktober 1999 ‑ 8 S 2396/99 -, juris Rn. 3; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Auflage 2015, § 30 Rn. 32.
124Vorliegend ergeben sich weder aus dem Bebauungsplan als solchem noch aus den vom Senat beigezogenen Aufstellungsvorgängen des Siedlungsverbands Ruhrkohlenbezirk Hinweise auf eine beabsichtigte drittschützende Wirkung der festgesetzten Fläche für die Landwirtschaft. Im Gegenteil führt die Begründung des Bebauungsplanentwurfs aus, das S. gewinne als Erholungsgebiet ständig an Bedeutung; gleichzeitig sei es in seinem landschaftlichen Charakter durch Bauabsichten gefährdet. Der Bebauungsplan solle im öffentlichen Interesse diesen Bereich für die Erholung der Bevölkerung sichern und vor einer nicht vertretbaren Bebauung sichern. In einem Vermerk über die beabsichtigten Festsetzungen vom 29. August 1961 werden diesbezüglich die „von der Bebauung freizuhaltenden Grundstücke, die nicht als öffentliche Grünfläche, wohl aber als Fläche für die Land- und Forstwirtschaft vorgesehen sind“ angeführt.
125VI. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die Befreiung von den Festsetzungen des Landschaftsplans sei zu Unrecht erfolgt. Dabei kann der Senat offenlassen, in welchem Verhältnis der immissionsschutzrechtliche Genehmigungsbescheid zu der von der unteren Landschaftsbehörde am 5. Juli 2012 erteilten Befreiung von den Festsetzungen steht. Letztere dürfte sich wegen Verstoßes gegen § 13 BImSchG als rechtswidrig erweisen, weil eine vorweggenommene landschaftsrechtliche Befreiung der Konzentrationswirkung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zuwiderläuft.
126Vgl. Seibert, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, Stand: 1. Mai 2015, § 13 BImSchG Rn. 89b m. w. N.
127Auch wenn die Befreiung (zusätzlich) Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheids ist, schützt das Bauverbot unter Ziffer C.2.2.1 III. Nr. 4 des Landschaftsplans den Kläger nicht. Vorschriften des Natur- und Landschaftsschutzes kommt grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung zu, da sie allein im öffentlichen Interesse erlassen werden und öffentlichen Zielen zu dienen bestimmt ist.
128Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 24. Juni 2010 - 8 A 2764/09 -, BRS 76 Nr. 184 = juris Rn. 82; Bay. VGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 ‑ 15 CS 10.37 -, juris Rn. 24; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. März 2015 - 3 K 9246/12 -, juris Rn. 32; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 1987 - 4 NB 1.87 -, NVwZ 1988, 728 = juris Rn. 22, und Urteil vom 17. Januar 2001 - 6 CN 3.00 -, Buchholz 406.401 § 15 BNatSchG Nr. 10 = juris Rn. 8.
129Im Übrigen wäre die Beklagte mangels Anfechtung des zwar rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Befreiungsbescheids vom 5. Juli 2012 an die bereits erteilte Befreiungsentscheidung gebunden.
130Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
131Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
132Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es
- 1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt, - 2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient, - 3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient, - 4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind, - 5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient, - 6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb, - b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt, - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und - d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
- 7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität, - 8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient - a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder - b)
auf einer Fläche längs von - aa)
Autobahnen oder - bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
- 9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2, - b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und - c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.
(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.
(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben
- 1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, - 2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht, - 3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird, - 4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert, - 5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet, - 6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet, - 7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder - 8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:
- 1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz, - b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt, - c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück, - d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden, - e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs, - f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und - g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
- 2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf, - c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und - d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
- 3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle, - 4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient, - 5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen: - a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden, - b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und - c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
- 6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.
(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(1) Die Regelungen zur Zulässigkeit von Anlagen zur Kinderbetreuung sowie von Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in § 3 Absatz 2 Nummer 2 und § 14 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung in der ab dem 20. September 2013 geltenden Fassung gelten vorbehaltlich des Satzes 2 und des Absatzes 2 auch für Bebauungspläne, die auf der Grundlage der Baunutzungsverordnung in einer Fassung vor dem 20. September 2013 in Kraft getreten sind. Satz 1 gilt nicht in Bezug auf Anlagen zur Kinderbetreuung, wenn vor dem 20. September 2013 die ausnahmsweise Zulässigkeit dieser Anlagen nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 der Baunutzungsverordnung in der vom 27. Januar 1990 bis zum 20. September 2013 geltenden Fassung durch Festsetzungen nach § 1 Absatz 6 Nummer 1, Absatz 8 und 9 der Baunutzungsverordnung ausgeschlossen worden ist.
(2) Die sich aus § 3 Absatz 2 Nummer 2 und § 14 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung in der ab dem 20. September 2013 geltenden Fassung in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ergebende Zulässigkeit von Anlagen zur Kinderbetreuung sowie von Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie und von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen kann durch Änderung der Bebauungspläne nach Maßgabe der Vorschriften der Baunutzungsverordnung eingeschränkt oder ausgeschlossen werden; hierauf sind die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung der Bauleitpläne, einschließlich der §§ 14 bis 18, anzuwenden. Das Verfahren für die Änderung von Bebauungsplänen nach Satz 1 kann vor dem 20. September 2013 eingeleitet werden.
(3) Darstellungen in Flächennutzungsplänen, die vor dem 20. September 2013 in Bezug auf bauliche Anlagen zur Tierhaltung im Sinne des § 35 Absatz 1 Nummer 4 die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erzielt haben, haben diese Rechtswirkungen auch in Bezug auf bauliche Anlagen zur Tierhaltung im Sinne der ab dem 20. September 2013 geltenden Fassung des § 35 Absatz 1 Nummer 4. Wenn ein Fortgelten der Rechtswirkungen nach Satz 1 der ursprünglichen planerischen Zielsetzung widerspricht, stellt die Gemeinde dies in einem Beschluss fest, der ortsüblich bekannt zu machen ist. Mit der ortsüblichen Bekanntmachung des Beschlusses gelten die entsprechenden Darstellungen als aufgehoben; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen.
(4) Soweit für Zulassungsentscheidungen über Anlagen zur Tierhaltung, die dem § 35 Absatz 1 Nummer 4 unterfallen, vor Ablauf des 4. Juli 2012 bei der zuständigen Behörde ein Antrag eingegangen ist, ist § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bis zum 20. September 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
(5) Soweit bei einer Zulassungsentscheidung über Anlagen zur Tierhaltung auf Grund von Absatz 4 § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bis zum Ablauf des 20. September 2013 geltenden Fassung anzuwenden war, ist die Änderung der danach errichteten baulichen Anlage zur Tierhaltung ebenfalls unter den Voraussetzungen des § 35 Absatz 1 Nummer 4 in seiner bis zum Ablauf des 20. September 2013 geltenden Fassung zulässig, wenn
- 1.
es sich ausschließlich um eine Änderung zur Umsetzung eines Betriebs- und Umbaukonzepts zur Umstellung der vorhandenen Haltungseinrichtungen auf Haltungseinrichtungen zum Halten von Jungsauen und Sauen, das den Anforderungen des § 30 Absatz 2 und 2a der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. August 2006 (BGBl. I S. 2043), die zuletzt durch Artikel 1a der Verordnung vom 29. Januar 2021 (BGBl. I S. 146) geändert worden ist, jeweils in Verbindung mit § 24 Absatz 2 der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, genügt, oder eines Betriebs- und Umbaukonzepts zur Umstellung der vorhandenen Abferkelbuchten auf Abferkelbuchten zum Halten von Jungsauen und Sauen, das den Anforderungen des § 24 Absatz 3 Satz 3 und Absatz 4 sowie § 30 Absatz 2b der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung genügt, handelt sowie - 2.
die Anzahl der Tierplätze nicht erhöht und die Tierart im Sinne der Nummer 7.8 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht geändert wird.
Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.
(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn
- 1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften - a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder - b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
- 2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder - 3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der - a)
nicht geheilt worden ist, - b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und - c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.
(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben
- 1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie - 2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von
- 1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie - 2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Tenor
Der Beschluss des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wird mit Ausnahme der Kostenentscheidung abgeändert.
Die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, 13. Februar 2012 und vom 14. August 2014 wird ab dem Zeitpunkt angeordnet, ab dem die Beigeladene gegenüber dem Antragsgegner und den Antragstellern nachgewiesen hat,
a) dass die im Schreiben vom 26. Mai 2014 gegenüber dem Bauordnungsamt des Antragsgegners verbindlich angekündigten Änderungen des landwirtschaftlichen Betriebes der T. Agrar GbR - Reduzierung des Tierbestandes sowie Modernisierung der Abluftführung in den Stallungen - umgesetzt wurden,
und
b) dass die Mündungshöhe des Abgaskamins des Technikgebäudes der streitgegenständlichen Anlage mindestens 10 m über dem Erdboden und mindestens 3 m über dem Dachfirst liegt sowie die Abluftgeschwindigkeit der Raumentlüftung 7 m/sec beträgt.
Im Übrigen werden der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage 8 A 799/14 (VG Minden 11 K 805/11) gegen den Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 sowie der Antrag der Beigeladenen abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu 3/4, die Beigeladene und der Antragsgegner zu je zu 1/8. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Antragsteller wenden sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und die Inbetriebnahme einer Biogasanlage auf dem Grundstück T1. , X. , Gemarkung I. .
4Die Beigeladene beantragte am 23. August 2010 die Erteilung einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage mit einer elektrischen Leistung von 400 kW und einer Feuerungswärmeleistung von 1.015 kW. In der Anlage würden Schweinegülle (3.000 t/a), Maissilage (6.288 t/a) und Ganzpflanzensilage (700 t/a) zur Gasherstellung eingesetzt. Die Gülle werde mit Transportfahrzeugen vom landwirtschaftlichen Betrieb zur Biogasanlage gefahren und in dem Annahmebehälter zwischengelagert. Von dort werde sie dem Anmischbehälter zugeführt. Die Mais- und Ganzpflanzensilage werde von dem aus drei Fahrsilos bestehenden Silagelager mit Radladern in den Annahmebunker am Technikgebäude abgekippt, von wo sie in den Anmischbehälter eingetragen werde. Das Material werde nach dem Mischvorgang dem Fermenter zugeführt, wo unter anaeroben Bedingungen organische Substanz abgebaut werde und Biogas entstehe; das restliche Gärsubstrat komme in den Gärrestspeicher. Das Biogas werde gekühlt, getrocknet und danach im Blockheizkraftwerk (Gasmotor) verbrannt. Über einen Generator werde Strom erzeugt. Die Beigeladene legte im Genehmigungsverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 14. September 2010 - ergänzt unter dem 16. Dezember 2010 ‑ vor, wonach die Zusatzbelastung durch die Gerüche der Biogasanlage die Irrelevanzschwelle nicht überschreite.
5Mit Bescheid vom 29. März 2011 genehmigte der Antragsgegner die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage (elektrische Leistung 400 kW, Feuerungswärmeleistung 1.015 kW, maximale Gaserzeugung 2,3 Mio Nm³/a). Der Antragsgegner ordnete die sofortige Vollziehung der Genehmigung an.
6Die Antragsteller, die in unmittelbarer Nachbarschaft des Anlagenstandorts wohnen, haben am 13. April 2011 Klage erhoben und Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt. Sie machen insbesondere geltend, sie würden durch den Betrieb der Anlage unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt.
7Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 15. Juni 2011 abgelehnt - VG Minden 11 L 180/11 -. Die Antragsteller haben hiergegen Beschwerde eingelegt.
8Am 28. März 2012 hat die Beigeladene einen Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt (Modifizierung der Fahrsiloanlage, des Technikgebäudes und des Betriebs des Annahmebunkers, Verzicht auf die westliche Zufahrt und Verlagerung der Wallanlage) und ein diese Änderungen einbeziehendes Geruchsgutachten der Gutachter V. & Partner vom 20. April 2012 vorgelegt.
9Der Senat hat auf die Beschwerde der Antragsteller die aufschiebende Wirkung der Klage mit Beschluss vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - wiederhergestellt. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, es sei offen, ob bei der Nutzung der Biogasanlage für die Antragsteller unzumutbare Geruchsimmissionen entstünden. Insbesondere aufgrund der Defizite der vorliegenden Geruchsimmissionsprognose könne nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, dass die Irrelevanzschwelle von 2% der Jahresgeruchsstunden - anders als prognostiziert - überschritten werde. Eine verlässliche Aussage darüber, wie hoch die voraussichtliche Gesamtbelastung am Wohnhaus der Antragsteller sei, sei mangels entsprechender Untersuchung nicht möglich. Die bei dieser Sachlage erforderliche Interessenabwägung gehe zulasten der Beigeladenen aus.
10Der Antragsgegner hat den Genehmigungsbescheid mit Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 geändert sowie mit der weiteren Nachtragsgenehmigung vom 30. Oktober 2012 um die am 28. März 2012 beantragten Änderungen ergänzt. Dabei hat er die Vorgaben des Gutachtens der Gutachter V. & Partner vom 7. August 2012, das die veränderte Vorbelastung aufgrund der ins Auge gefassten Änderungen der Abluftanlagen bzw. der Kamine der Stallungen der T. Agrar GbR einbezogen hat, und das Geruchsgutachten vom 20. April 2012 berücksichtigt sowie dem Genehmigungsbescheid Nebenbestimmungen zu den beantragten Maßnahmen und zur Abdeckung, Öffnung und Reinigung der Silageanschnittfläche hinzugefügt.
11Der Antrag der Beigeladenen vom 10. August 2012 auf Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 und auf Ablehnung des Antrags der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung blieb ohne Erfolg (vgl. Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. September 2012 - 11 L 521/12 - sowie Beschluss des Senats vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -).
12Die Beigeladene hat im erstinstanzlichen Hauptsacheverfahren ein Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013 vorgelegt, das diese unter dem 19. September 2013 und unter dem 21. Februar 2014 ergänzt haben.
13Mit Bescheid vom 19. Juli 2013 hat der Antragsgegner der Beigeladenen den Betrieb der zwischenzeitlich errichteten Anlage untersagt. Die Untersagungsverfügung ist bestandskräftig geworden.
14Das LANUV NRW hat in seiner vom Verwaltungsgericht eingeholten Stellungnahme vom 26. November 2013 erklärt, bei erneuter Durchsicht der Unterlagen bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung in dem Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 22. März 2013. Die aktuell vorliegenden Ergebnisse seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Antragsteller darzustellen, soweit alle Geruchsemittenten berücksichtigt würden, die Zuordnung der Geruchsquellen entsprechend der Prüfung des Antragsgegners plausibel sei und die Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld zu keiner Änderung der ermittelten Geruchsbelastung führten. Die Auswertung der Berechnungsergebnisse führe am Wohnhaus der Antragsteller zu einer Geruchsbelastung von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche der Biogasanlage, 0,17 / 17 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche aus Tierhaltung und einer durch Ausbreitungsberechnung ermittelten Gesamtbelastung von 0,22 / 22 % der Jahresgeruchstunden.
15Da Gerüche aus Biogaslagen den Gerüchen aus Tierhaltung nicht gleichgestellt werden könnten, bedürfe es der Bestimmung zweier Immissionswerte. Für Gerüche aus Tierhaltung sei ein Immissionswert von bis 0,25 / 25 % der Jahresgeruchsstunden und für Gerüche der Biogasanlage ein Immissionswert von 0,15 / 15 % bis 0,20 / 20 % der Jahresgeruchsstunden denkbar. Bei einem solchen Zusammentreffen unterschiedlicher Immissionswerte dürfe die Summe der jeweiligen Anteile den Wert 1,00 nicht überschreiten. Dieser Wert werde vorliegend selbst bei Zugrundelegung eines Immissionswerts für Gerüche aus der Tierhaltung von 0,25 und eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,20 mit Blick auf die Vorbelastung durch Gerüche aus der Tierhaltung von 0,17 / 17 % der Jahresgeruchsstunden und einer Zusatzbelastung von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchsstunden durch Gerüche aus der Biogasanlage - wenn auch nur geringfügig (1,03) - überschritten.
16Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 13. Februar 2014 die Nebenbestimmungen 1 bis 4 der Nachtragsgenehmigung vom 16. August 2012 betreffend die Umbaumaßnahmen auf dem Hof der T. Agrar GbR aufgehoben.
17Mit Urteil vom 24. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht Minden den angefochtenen Genehmigungsbescheid aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Genehmigung in der Fassung der Änderungsbescheide stelle nicht hinreichend sicher, dass beim Betrieb der Biogasanlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Gerüchen entstünden. Auf den von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung erklärten Verzicht auf die dem Grundstück der Antragsteller nächstgelegene Fahrsilokammer sowie auf den Einsatz und die Lagerung von Grassilage komme es nicht an. Die Summe der Anteile der Gerüche sei - bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,25 für die Gerüche aus Tierhaltung - bei einer anhand der neuen Erkenntnisse zu den genehmigten Tierplatzzahlen des Nachbarbetriebs H. orrigierten Geruchsvorbelastung durch Tierhaltung von 0,18 / 18 % der Jahresgeruchsstunden sowie einer Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,07 / 7 % der Jahresgeruchsstunden größer als 1, und zwar sowohl bei Zugrundelegung eines Immissionswerts von 0,15 als auch bei Zugrundlegung eines Immissionswerts von 0,20 für Gerüche aus der Biogasanlage (1,07 bzw. 1,19).
18Die Beigeladene hat unter dem 8. April 2014 die Zulassung der Berufung beantragt ‑ 8 A 799/14 -. Das Verfahren ist noch anhängig.
19Am 6. Juni 2014 hat die Beigeladene einen weiteren Antrag auf Änderung des Vorhabens gestellt. Gegenstand des Antrags ist der Verzicht auf die dem Wohnhaus der Antragsteller nächstgelegene dritte Fahrsilokammer, die ausschließliche Lagerung von Maissilage, die Änderung der Raumentlüftung des Technikgebäudes sowie der Einbau eines Aktivkohlefilters im Anschluss an den Anmischbehälter. Es sei ein Input an nachwachsenden Rohstoffen von 3.988 t/a und an Gülle von 3.000 t/a geplant; die Rohgasproduktion belaufe sich voraussichtlich auf 1.480.024 m³/a. Die Beigeladene hat ein ergänzendes Geruchsgutachten der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgelegt, das diese Änderungen und die von der T. Agrar GbR unter dem 26. Mai 2014 gegenüber der Bauaufsicht verbindlich zugesagten Änderungen ihres landwirtschaftlichen Betriebes (Abluft der Stallungen und Reduzierung der Tierzahlen) berücksichtigt. Die Gutachter kommen zu dem Ergebnis, dass die Geruchsbelastung am Wohnhaus der Antragsteller 0,04 / 4 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche der Biogasanlage und 0,15 / 15 % der Jahresgeruchstunden für Gerüche aus Tierhaltung betrage, die Gesamtbelastung belaufe sich auf 0,19 / 19 % der Jahresgeruchstunden. Ausgehend von einem Immissionswert von 0,20 für Gerüche aus Tierhaltung und einem Immissionswert von 0,175 für Gerüche der Biogasanlage sei auch unter Berücksichtigung der Prüfformel des LANUV NRW bei einem Wert von 0,98 nicht mit einer unzumutbaren Geruchsbelastung zu rechnen.
20Mit Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 hat der Antragsgegner die Änderungen genehmigt und die Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014 zum verbindlichen Bestandteil des Antrags gemacht; die darin angenommenen Rahmenbedingungen seien einzuhalten und den Empfehlungen sei zu folgen.
21Am 1. September 2014 hat die Beigeladene den vorliegenden Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der Form der Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 gestellt, hilfsweise hat sie die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung vom 29. März 2011 beantragt.
22II.
23Die auf §§ 80 a Abs. 3 Sätze 1 und 2, 80 a Abs. 1 Nr. 1 und 80 Abs. 7 VwGO gestützten Anträge der Beigeladenen auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2011 - 8 B 799/11 - und auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides in seiner aktuellen Fassung haben unter den aus dem Tenor ersichtlichen Maßgaben Erfolg. Dabei geht der Senat davon aus, dass die Beigeladene in der Sache die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in der - aktuellen - Fassung der Bescheide vom 16. August 2012, vom 30. Oktober 2012, vom 13. Februar 2014 und zuletzt des Bescheides vom 14. August 2014 begehrt.
24A. Die Beigeladene kann die Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2011 - 8 B 799/11 - und - unter der genannten Voraussetzung - die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung verlangen.
25Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Diese Vorschrift gilt nach § 80 a Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend, wenn ein Dritter - wie hier die Antragsteller - einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt (Verwaltungsakt mit Doppelwirkung) einlegt. Nach § 80 a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag des Begünstigten die sofortige Vollziehung anordnen.
26Der Senat ist für die Entscheidung über den Abänderungsantrag und über die Anordnung der sofortigen Vollziehung zuständig. Nachdem die Beigeladene am 8. April 2014 die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 24. Februar 2014 beantragt hat, ist der Senat das Gericht der Hauptsache, vgl. § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO.
27Vorliegend bedarf es zunächst der Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 - nach §§ 80 a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO. Die Voraussetzungen für die Abänderung des Beschlusses liegen vor. Die maßgeblichen Umstände haben sich gegenüber dem Ausgangsverfahren verändert (dazu 1). Diese veränderten Umstände führen zu einer anderen als der zuvor getroffenen Entscheidung. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage ist unter Berücksichtigung der aktuellen Sachlage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzulehnen (dazu 2.). Die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung wird gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO angeordnet. Voraussetzung ist allerdings, dass die aus dem Tenor ersichtlichen Maßgaben erfüllt sind. Diese Maßgaben tragen dem Umstand Rechnung, dass bislang weder die Beigeladene noch die T. Agrar GbR die in der Immissionsprognose der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 vorgesehenen geruchsmindernden Maßnahmen (vollständig) umgesetzt haben (dazu 3.).
281. Die Beigeladene verlangt zu Recht zunächst die Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 -. Der im Ergebnis angestrebten Anordnung der sofortigen Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 in seiner aktuellen Fassung steht aufgrund der analog § 121 VwGO eingetretenen materiellen Rechtskraft des Beschlusses ohne eine solche Änderung die gerichtliche Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage entgegen.
29Vgl. Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80, Rn. 171.
30Die (Rechtskraft)Wirkung des Beschlusses vom 23. Juli 2012 erstreckt sich auch auf die Genehmigung in der Fassung der Nachtragsgenehmigungen und des Aufhebungsbescheides. Das Vorhaben in seiner aktuellen Form ist im Vergleich mit dem ursprünglich genehmigten Vorhaben nicht als „aliud“ zu qualifizieren und begründet auch keinen neuen Streitgegenstand. Es ist nicht wesentlich geändert worden, sondern hat durch die nachträglich getroffenen Regelungen lediglich seine abschließende Gestalt gefunden.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 -, juris Rn 10 ff.
32Die Nachtragsgenehmigungen und der Aufhebungsbescheid regeln ausschließlich die (bauliche) Gestaltung und/oder die Betriebsmodalitäten von solchen Teilen des Vorhabens, die im Verhältnis zum Hauptzweck der Biogasherstellung und ‑verwertung nur Hilfs- oder Nebenfunktion haben (Siloanlage, Annahmebunker, Wallanlage, Zufahrt und Technikgebäude), oder - soweit sie die Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR betreffen - von Anlagen, die dem Vorhaben nicht zuzuordnen sind. Der ursprünglich geplante Betriebsablauf bleibt grundsätzlich erhalten; die Änderungen sind für den Gesamtbetrieb und für die jeweils betroffenen Betriebsteile von allenfalls untergeordnetem Gewicht. Die für die Biogasherstellung und -verwertung maßgeblichen Betriebsteile - Fermenter und Blockheizkraftwerk - bleiben völlig unberührt. Hier verbleibt es insbesondere auch, was die bauliche Gestaltung, die technische und/oder chemische Wirkungsweise und die Leistung angeht, bei den ursprünglich beantragten Vorgaben.
33Der Einbeziehung der Nachtragsgenehmigungen und des Aufhebungsbescheides in das laufende Klageverfahren steht somit nichts entgegen.
34Vgl. zur maßgeblichen Sach- und Rechtslage bei der Drittanfechtung: OVG NRW, Urteil vom 25. Februar 2015 - 8 A 959/10 -, juris Rn. 88 ff.; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, juris Rn. 28.
35Die Nachtragsgenehmigungen und der Aufhebungsbescheid haben die (nachbarrelevanten) Umstände gegenüber dem ursprünglich genehmigten Vorhaben verändert. Insbesondere die Regelungen der 3. Nachtragsgenehmigung vom 14. August 2014 dienen im Wesentlichen der Verringerung der von der Biogasanlage hervorgerufenen Geruchsemissionen und einer Absenkung der Vorbelastung mit Tierhaltungsgerüchen. Sie haben damit Auswirkungen auf die voraussichtlich zu erwartende Geruchsbelastung in der Umgebung der Biogasanlage.
362. Die veränderten Umstände rechtfertigen auch die Änderung des Beschlusses vom 23. Juli 2012 - 8 B 799/11 -. Der Antrag der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nunmehr abzulehnen.
37Die Erfolgsaussichten der Klage sind nicht (mehr) offen. Der angefochtene Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 dürfte sich in seiner aktuellen Fassung vielmehr als rechtmäßig erweisen. Die Antragsteller dürften durch den Betrieb der Anlage insbesondere keinen unzumutbaren Geruchsbelastungen (mehr) ausgesetzt sein (dazu a). Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung überwiegen daher die Interessen der Beigeladenen an einer vorläufigen Inbetriebnahme der Biogasanlage das Interesse der Antragsteller bis zur Entscheidung über die Klage von den Auswirkungen des vorläufigen Betriebs verschont zu bleiben (dazu b).
38a) Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung spricht Erhebliches für die Annahme, dass sich der Genehmigungsbescheid vom 29. März 2011 in der geänderten Fassung im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt, vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
39(1) Die Einschätzung der Antragsteller, die Genehmigung genüge aufgrund der wiederholten Änderungen nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten, trifft nicht zu. Die Genehmigung für das Vorhaben ist vielmehr ungeachtet des Umstandes, dass die Regelungen und Nebenbestimmungen sich auf mehrere (Nachtrags-)Bescheide verteilen, im Sinne des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW hinreichend bestimmt.
40Eine Genehmigung entspricht den Anforderungen des § 37 VwVfG NRW, wenn die getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens - gegebenenfalls nach Auslegung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsregeln - eindeutig zu erkennen und damit einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich ist. Das Bestimmtheitsgebot bezieht sich auf den verfügenden Teil des Verwaltungsakts einschließlich aller seiner Nebenstimmungen. Insoweit muss klar sein, welche Rechtsbeziehung zwischen wem geregelt wird und wie die Regelung aussehen soll. Entsprechend muss bei einer Genehmigung klar sein, was genau genehmigt wurde und welchen Umfang die gestattende Wirkung der Genehmigung hat. Bestimmbarkeit reicht hier aus; welches Maß an Konkretisierung notwendig ist, hängt von der Art des Verwaltungsakts, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab. Das Gewollte kann sich auch aus der Bezugnahme auf bestimmte Antragsunterlagen ergeben.
41Vgl. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Auflage 2014, § 37 Rn. 2, 3, 5 und 27; Bay. VGH, Beschluss vom 22. April 2009 - 1 CS 09.221 -, juris Rn. 20 und 24; OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
42Vorliegend ist trotz der nachträglichen Änderungen des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 weder unklar, welches Vorhaben genehmigt wurde oder welchen Umfang die gestattende Wirkung hat, noch welche Nebenbestimmungen für das Vorhaben gelten sollen. Der aktuelle Inhalt der Genehmigung lässt sich vielmehr sowohl hinsichtlich des verfügenden Teils als auch hinsichtlich der Nebenbestimmungen bei einer „parallelen“ Lektüre der Bescheide - unter zulässiger Heranziehung der jeweils ergänzend vorgelegten Antragsunterlagen - auch von den drittbetroffenen Antragstellern mit noch vertretbarem Aufwand ermitteln. Dessen ungeachtet erscheint es sinnvoll, dass der Antragsgegner den aktuellen Genehmigungsstand im Hauptsacheverfahren zusammenfassend darstellt.
43Die Genehmigung ist in ihrer aktuellen Fassung auch nicht deshalb unbestimmt, weil die Nebenbestimmung Nr. 8 in der 3. Nachtragsgenehmigung eine Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung von mindestens 10 m über dem Erdboden verlangt, während die in Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum verbindlichen Bestandteil der Genehmigung gemachte Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 davon abweichend - wie die ersetzte Nebenbestimmung Nr. 9 zur Luftreinhaltung auf Seite 9 des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 - ausdrücklich von einer Mündungshöhe von 12 m über dem Erdboden ausgeht. Insoweit liegt offenkundig ein Schreibversehen vor, das der Antragsgegner jederzeit korrigieren kann. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Antragsgegner die Mündungshöhe des Abgaskamins der Gasverstromung ohne jeden Anlass und entgegen der ausdrücklichen Rahmenbedingungen der maßgeblichen Immissionsprognose von 12 m auf 10 m absenken wollte.
44Es bestehen im Übrigen auch keine durchgreifenden Bedenken an der Bestimmtheit des Genehmigungsinhalts, weil die „Neuberechnung der zu erwartenden Änderung der Immissionssituation vom 17. Juli 2014“ einschließlich der dort vorausgesetzten Rahmenbedigungen durch Nebenbestimmung Nr. 1 der 3. Nachtragsgenehmigung zum (verbindlichen) Bestandteil der Genehmigung gemacht wurde. Insoweit handelt es sich um eine zulässige Bezugnahme auf die Antragsunterlagen.
45Vgl. hierzu OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. November 2012 - 12 ME 189/12 -, juris Rn. 10.
46Vor diesem Hintergrund wirkt es sich auch mit Blick darauf, dass die Einhaltung der Pflichten des § 5 BImSchG in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sichergestellt sein müssen, nicht auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung aus, dass weder die - die Vorbelastung senkenden - Maßnahmen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR noch die Vorgabe, dass die Austrittsgeschwindigkeit der Abgase der Raumentlüftung des Technikgebäudes mindestens 7 m/s betragen muss, in einer Nebenbestimmung geregelt sind. Diese Vorgaben sind durch die Bezugnahme auf die Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 und ihre Rahmenbedingungen sowie die Antragsunterlagen verbindlicher Inhalt der Genehmigung geworden.
47Vgl. zum Erfordernis der Sicherstellung von Kompensationsmaßnahmen im Genehmigungsbescheid OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 24.
48(2) Die am Wohnhaus der Antragsteller durch den Betrieb der geplanten Biogasanlage zu erwartende Geruchsbelastung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Grundlage der aktuellen Genehmigungslage zumutbar.
49Die drittschützende Regelung des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG bestimmt, dass genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können.
50Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen als erhebliche Beeinträchtigungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG einzustufen sind, kann - bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften ‑ auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009, MBl. NRW 2009 S. 533) zurückgegriffen werden.
51In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die GIRL bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
52Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177, juris Rn.30, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63, juris Rn. 14, m. w. N.; auch OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27. November 2014 ‑ 1 LA 52/14 -, juris Rn. 7 ff.; Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 10 ff.
53Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es zudem grundsätzlich - vorbehaltlich von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose.
54Vgl. z. B. OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn.5.
55Nach Nr. 3.1 GIRL ist eine Geruchsemission als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung (IG) die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte (IW) überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden. Die Kenngröße der Gesamtbelastung IG ergibt sich nach Nr. 4.6 GIRL grundsätzlich aus der algebraischen Addition der Kenngröße für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung. Werden sowohl die vorhandene Belastung als auch die zu erwartende Zusatzbelastung - wie hier - über Ausbreitungsberechnung ermittelt, so ist die Gesamtbelastung in der Regel in einem Rechenweg zu bestimmen. Dabei wird die gewöhnlich die Gesamtbelastung IG mindernde Überlagerung von Gerüchen - anders als bei der bloßen Addition der Kenngrößen - berücksichtigt. Für die Beurteilung von Geruchsimmissionen aus der Tierhaltung ist unter Einbeziehung der Gewichtungsfaktoren aus Tabelle 4 die keine Hedonikfaktoren sind, eine belästigungsrelevante Kenngröße IGb zu berechnen, die mit den Immissionswerten nach Tabelle 1 verglichen wird. Industrie- und Gewerbegerüche gehen - mit der Ausnahme eindeutig angenehmer Gerüche, die mit einem Hedonikfaktor belegt werden können - mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 unverändert in die Berechnung ein.
56Nach der Tabelle 1 zu Nr. 3.1 GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert von 0,10 und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15. Hier sind alle Geruchstypen erfasst. Der für Dorfgebiete geltende Immissionswert von 0,15 betrifft dagegen nur Geruchsimmissionen aus Tierhaltung. Aus diesem Grund sind im Dorfgebiet grundsätzlich zwei Immissionswerte zu beachten, und zwar für Industrie- und Gewerbegerüche der Immissionswert für Wohn- und Mischgebiete von 0,10 und für Tierhaltungsgerüche ein Immissionswert von 0,15.
57Vgl. Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.10.
58Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich für landwirtschaftliche Gerüche einen Wert bis zu 0,25 heranzuziehen. Landwirtschaftliche Gerüche in diesem Sinne dürften - wie auch das LANUV NRW in seiner Stellungnahme vom 26. November 2013 angenommen hat - (nur) die besonders belästigungsrelevanten Tierhaltungsgerüche sein, für die die GIRL auch im Dorfgebiet ausdrücklich einen gesonderten Immissionswert vorsieht.
59Im Ausgangspunkt darf ohne diese Einzelfallprüfung auch im Außenbereich der Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche nicht überschritten werden. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts bis 0,25 erfordert nach der Rechtsprechung des Senats immer eine Prüfung der Umstände des konkreten Einzelfalls. Dabei sind u. a. der Gebietscharakter, die Vorbelastung und Ortsüblichkeit der Gerüche, eine gegebenenfalls erhöhte Duldungspflicht des Nachbarn bei eigener (früherer) Tierhaltung, das gesetzgeberische Anliegens, Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen generell zu vermeiden und an sich nicht zumutbare Zustände nicht zu verfestigen, der Stand der Technik, das Ziel, Vorhabenänderungen dann nicht zu verhindern, wenn sie zwar nicht die an sich zumutbaren Geruchsimmissionswerte einhalten, aber deutliche Verbesserungen herbeiführen, sowie sonstige Einzelfallumstände zu berücksichtigen.
60Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, juris Rn. 38 ff., vom 3. August. 2012 - 8 B 290/12 -, juris Rn. 21, vom 28.November 2012 - 8 B 892/12 -, n. v., Abdruck S. 7, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, juris Rn. 30; auch: Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 10 ff.
61In die Betrachtung ist auch mit einzubeziehen, welche Tierarten im Rahmen der Vor- und Zusatzbelastung betroffen sind. Das LANUV NRW weist in seiner Stellungnahme vom 26. November 2013 zu Recht darauf hin, dass bei einem - keinen Hedonikfaktor darstellenden - Gewichtungsfaktor 0,5 für Milchkühe mit Jungtieren der belästigungsrelevanten Kenngröße 0,25, die in die Berechnung der Gesamtbelastung eingestellt wird, eine tatsächliche Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht.
62Die die Erhöhung des Immissionswerts rechtfertigenden Gründe müssen dabei umso gewichtiger sein, je mehr der Immissionswert dem Wert 0,25 angenähert wird. Zwar dürfte auch die Bestimmung eines Immissionswerts über 0,25 nicht generell ausgeschlossen sein, jedoch allenfalls in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht kommen.
63Vgl. zu der Frage, ob der Wert 0,25 eine absolute Obergrenze darstellt, verneinend: Bay. VGH, Beschluss vom 27. März 2014 - 22 ZB 13.692 -, juris Rn. 11.
64Der Senat geht im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit dem LANUV NRW davon aus, dass für die Bestimmung des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich im Grundsatz nichts anderes gilt. Die Bestimmung dieses weiteren Immissionswerts ist bei einem Zusammentreffen beider Geruchstypen erforderlich, weil - wie dargelegt - auch im Außenbereich ein gesonderter Immissionswert für Tierhaltungsgerüche bestimmt wird. Auch hinsichtlich des Immissionswerts für Industrie- und Gewerbegerüche im Außenbereich bedarf es daher einer Einzelfallprüfung, wenn ein höherer als der für Gewerbe-und Industriegebiete geltende Immissionswert von 0,15 bestimmt werden soll. Das LANUV NRW hält hier im Einzelfall eine Erhöhung auf Werte bis 0,20 für möglich. Dem schließt sich der Senat im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes an.
65Gelten in einem Beurteilungsgebiet für Tierhaltungsgerüche und Industrie- und Gewerbegerüche unterschiedliche Immissionswerte, reicht es für die Feststellung, dass die Geruchsbelastung für den Nachbarn zumutbar ist, allerdings nicht aus, wenn die beide Geruchstypen erfassende Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionspunkt den höheren Immissionswert einhält. Zusätzlich muss der jeweilige Immissionswert auch bezogen auf den jeweiligen Geruchstyp eingehalten werden und das „Gesamtkontingent“ darf nicht überschritten werden. Die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2013 vorgeschlagene, vom dem sogenannten „GIRL-Expertengremium“ für das Dorfgebiet entwickelte Prüfregel ermöglicht eine sichere Beurteilung dieser weiteren Vorgabe auch im Außenbereich. Bei Gemengelagen von Tierhaltungen und gewerblichen Emittenten sind danach die jeweiligen Immissionswerte eingehalten, sofern die Prüfungsregel
66(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
67gilt. Danach ist zu berechnen, welche Anteile ihres Immissionswertes die beiden Geruchskategorien jeweils ausschöpfen. Die 1. Klammer betrifft Gerüche aus der Tierhaltung und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (ITH) an dem zulässigen Immissionswert für Tiergerüche (IWTH) an; die 2. Klammer betrifft Gerüche aus Industrieanlagen und Gewerbebetrieben und gibt den Anteil der ermittelten Immissionsbelastung (IG/I) an dem zulässigen Immissionswert für gewerbliche Gerüche (IWG/I) an. Die Summe beider Anteile darf den Wert von 1,0 nicht überschreiten.
68Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S. 4 und 10 f.
69Der Anwendung dieser Prüfregel steht nicht von vorneherein entgegen, dass sie letztlich auf eine Addition der - ins Verhältnis zum jeweiligen Immissionswert gesetzten - Geruchshäufigkeitswerte hinausläuft und - anders als bei der Ausbreitungsberechnung - Geruchsüberlagerungen hier außer Betracht bleiben. Zum einen lässt die GIRL in Nr. 4.6 selbst aus Vereinfachungsgründen die an sich nicht mögliche arithmetische Addition von Geruchshäufigkeiten zu. Zum anderen wird die mit der Prüfregel notwendig verbundene, regelmäßig zulasten des Betreibers gehende Unschärfe der tatsächlichen Belastungssituation durch die Anwendung der Rundungsregeln auf den errechneten Wert gemindert. Die arithmetische Rundungsregel ist anwendbar, weil es sich bei dem Wert 1,0 um eine mathematische Größe handelt. Danach trifft die Aussage x ≤ 1,0 bei Werten bis x = 1,04 zu.
70Vgl. Bartsch, Mathematische Formeln für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 23. Auflage 2014, S. 54: Abrunden: die letzte Ziffer bleibt unverändert, wenn die erste weggelassene Ziffer 0,1,2,3,4 ist; Aufrunden: die letzte Ziffer wird um 1 erhöht, wenn die erste weggelassene Ziffer 5,6,7,8,9 ist, vgl. auch DIN 1333.
71Dagegen dürfte weder die vom LANUV NRW in der Stellungnahme vom 26. November 2014 verwendete Fassung der Prüfregel
72(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,00
73noch die von dem Expertengremium GIRL ferner genannte Fassung
74(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1
75diesem Anliegen ausreichend Rechnung tragen. Die erste Formel erscheint auch bei Anwendung der Rundungsregel zuungunsten des Betreibers zu eng (x ≤ 1,004) und die zweite zuungunsten des Nachbarn zu weit (x ≤ 1,4).
76Der Senat geht schließlich im Eilrechtsschutzverfahren mit dem Antragsgegner und dem LANUV NRW davon aus, dass es sich bei den Gerüchen der Biogasanlage um gewerbliche Gerüche handelt, die sich von Tierhaltungsgerüchen unterscheiden. Dies entspricht auch der Einschätzung des Expertengremiums GIRL. Danach sind Biogasanlagen grundsätzlich Industrieanlagen gleichzusetzen und mit dem Gewichtungsfaktor 1,0 in die Berechnung einzustellen. Dies betrifft neben den Geruchsemissionen des BHKW auch die Geruchsemmissionen aller unmittelbar zum Betrieb der Biogasanlage gehörenden Einrichtungen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Biogasanlage Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes ist oder sie ausschließlich mit Festmist bzw. Gülle aus Rinderhaltung sowie nachwachsenden Rohstoffen betrieben wird, kann im vorliegenden Zusammenhang offen bleiben.
77Vgl. auch Zweifelsfragen zur Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) des Expertengremiums GIRL, Stand Februar 2014, S.19 und 20.
78Solche möglichen Ausnahmefälle liegen bei summarischer Prüfung nicht vor.
79Dies zugrundegelegt bestehen zunächst keine durchgreifenden Zweifel an der Plausibilität der zuletzt erstellten und zum Gegenstand der Genehmigung gemachten Geruchsimmissionsprognose der Gutachter S. & I1. vom 17. Juli 2014 (dazu aa). Der Antragsgegner dürfte in der 3. Nachtragsgenehmigung auch zutreffend für Tierhaltungsgerüche einen Immissionswert von 0,20 zugrundegelegt haben. Für die Bestimmung eines Immissionswerts für Gerüche der Biogasanlage von 0,175 geben die Umstände des Einzelfalls allerdings nichts her. Es dürfte daher bei dem Immissionswert 0,15 bleiben (dazu bb). Auch bei Zugrundelegung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche und des Immissionswerts von 0,15 für Gerüche der Biogasanlage wird die oben beschriebene Prüfregel eingehalten (dazu cc).
80aa) Die Gutachter haben in der Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 im Wege der Ausbreitungsberechnung am Wohnhaus der Antragsteller eine Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung zwischen 0,14 und 0,16 / 14 bis 16 % der Jahresgeruchsstunden, eine Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage von 0,04 bis 0,06 / 4 bis 6 % der Jahresgeruchsstunden und eine Gesamtbelastung von 0,18 bis 0,20/18 bis 20 % der Jahresgeruchsstunden errechnet. Diese Berechnung unterliegt im Eilrechtsschutzverfahren keinen durchgreifenden Zweifeln. Es ist nicht zu erkennen, dass dieser Ausbreitungsberechnung eine andere Methodik oder - bis auf die an das Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen zur jeweiligen Genehmigungssituation angepassten Tierzahlen der Nachbarbetriebe und die Änderungen im landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GmbH - andere Berechnungsparameter zugrundelägen als der Immissionsprognose derselben Gutachter vom 22. März 2013. Die Bewertung des LANUV NRW in der im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme vom 26. November 2013, es bestünden keine offensichtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Berechnungsdurchführung und die Ergebnisse des Sachverständigenbüros seien geeignet, die Immissionssituation am Wohnhaus der Antragsteller zu beurteilen, hat daher im Grundsatz auch für diese Neuberechnung Bestand. Es bestehen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte, dass diese Bewertung des LANUV NRW unzutreffend wäre.
81Es drängt sich auch nicht auf, dass Geruchsemittenten nicht erfasst wurden oder bei den erfassten Geruchsemittenten unzutreffende Tierzahlen eingestellt worden wären. Die in die Ausbreitungsberechnung eingestellten Tierzahlen der Nachbarbetriebe sind in einer für das Eilrechtsschutzverfahren ausreichenden Weise plausibel gemacht worden. Die Beigeladene hat die Tierzahlen im Wege der Akteneinsicht in die jeweiligen Genehmigungsvorgänge ermittelt und hat dem Antragsgegner das Ergebnis dieser Ermittlungen einschließlich der jeweiligen Aktenzeichen sowie - soweit vorhanden - der Bescheiddaten zur Verfügung gestellt. Den Verwaltungsvorgängen kann auch entnommen werden, dass der Antragsgegner dieses Material einer Prüfung unterzogen hat. Die abschließende Bestätigung der Tierzahlen ist - ebenso wie eine abschließende Bewertung der bislang in der Immissionsprognose jedenfalls nicht ausdrücklich behandelten Einflüsse der Bebauungsstrukturen im Umfeld der Anlage auf die Geruchsbelastung - dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
82Die Richtigkeit der Tierzahlen ist auch nicht deshalb von vorneherein zweifelhaft, weil diese ausschließlich - zuungunsten der Antragsteller und zugunsten der Beigeladenen - nach unten korrigiert worden wären. Es trifft zwar zu, dass im Betrieb I2. weniger Tiere, nämlich 91 Ferkel bis 25 kg, ein Pferd und 2 Kühe, berücksichtigt werden als in der Prognose vom 22. März 2013. Demgegenüber werden die Betriebe H1. mit 8 Kühen, einem Pferd, 7 Mastschweinen und 4 Sauen sowie H2. mit 10 Kühen, 25 Färsen, 3 Pferden, 98 Mastschweinen, 2 Sauen und einer Festmistplatte erstmals in die Berechnung mit einbezogen. Die Tierzahlen der Betriebe K. - wo ein größerer Güllehochbehälter mit einberechnet wird -, und L. sind gleich geblieben, bei dem Betrieb H. blieb es bei den - höheren - Tierzahlen, die schon der ergänzenden Berechnung vom 21. Februar 2014 zugrundelagen. Die bei den Antragstellern berücksichtigte Tierhaltung ist ebenfalls unverändert eingestellt worden.
83Auch die von den Gutachtern vorgenommene Mittelung der Werte für die Vorbelastung durch Gerüche aus Tierhaltung auf 0,15 / 15 % der Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Antragsteller, für die Zusatzbelastung durch Gerüche der Biogasanlage auf 0,04 / 4 % der Jahresgeruchsstunden und für die Gesamtbelastung auf 0,19 / 19% der Jahresgeruchsstunden dürfte sachgerecht sein. Das Wohnhaus der Antragsteller berührt 12 Beurteilungsflächen à 8 m x 8 m. Die Vorbelastung beträgt nur im östlichen Randbereich des Wohnhauses an drei Stellen 0,16 / 16 % der Jahresgeruchsstunden. An zwei Stellen im westlichen Randbereich beträgt die Vorbelastung nur 0,14 / 14 % der Jahresgeruchsstunden, während in den übrigen sieben, zentral gelegenen Bewertungsflächen ein Wert von 0,15 / 15 % der Jahresgeruchsstunden erreicht wird. Auch bei der Zusatzbelastung durch die Biogasanlage und bei der Gesamtbelastung stellt sich die Verteilung ähnlich dar. Die Belastung beträgt hier auf der Mehrheit der Beurteilungsflächen und insbesondere im zentralen Bereich des Wohnhauses 0,04 / 4 % bzw. 0,19 / 19 % der Jahresgeruchsstunden.
84bb) Die Bestimmung des Immissionswerts von 0,20 für Tierhaltungsgerüche ist bei summarischer Betrachtung nicht zu beanstanden. Die Erhöhung des Immissionswerts erscheint bei Zugrundelegung der oben angeführten Kriterien insbesondere mit Blick auf die bereits vorhandene Tierhaltung in mehreren Nachbarbetrieben und die damit verbundene landwirtschaftliche Prägung der Umgebung angemessen sowie selbst mit Blick auf eine frühere - allenfalls geringfügige - eigene Tierhaltung der Antragsteller auch ausreichend. Umstände, die eine Erhöhung des Immissionswerts für die Gerüche der Biogasanlage von 0,15 auf 0,175 rechtfertigen würden, sind hingegen nicht ersichtlich. Die geplante Anlage ist die erste Industrieanlage in der Umgebung, so dass weder eine entsprechende Vorbelastung noch eine Prägung der Örtlichkeit durch solche Anlagen vorliegt. Der vom Antragsgegner angeführte Umstand, dass die Biogasanlage im Außenbereich privilegiert sein dürfte, rechtfertigt als solcher allein - wie bei den Tierhaltungsgerüchen - keine Erhöhung des Immissionswerts.
85cc) Die ermittelte Gesamtgeruchsbelastung von (gemittelt) 0,19 / 19 % der Jahresgeruchstunden ist den Antragstellern zuzumuten. Sie unterschreitet zum einen den höheren Immissionswert von 0,20. Zum anderen ist die oben angeführte Prüfregel
86(ITH : IWTH) + (IG/I : IWG/I) ≤ 1,0
87erfüllt, die beiden Immissionswerte werden gesondert eingehalten. Die Rechnung stellt sich wie folgt dar:
88(0,04 : 0,15) + (0,15 : 0,20) = 0,266 + 0,75 = 1,016
89Der Wert 1,016 ist - wie oben dargestellt - auf die erste Dezimalstelle gerundet ≤ 1,0.
90b) Ist nach alledem voraussichtlich mit einem Unterliegen der Antragsteller in der Hauptsache zu rechnen, überwiegt das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Vollziehung der Genehmigung und damit an der vorläufigen Inbetriebnahme der Anlage. Dies allerdings nicht wegen der aus ihrer Sicht bei einem weiteren Stillstand drohenden Schäden an der Anlage. Die Beigeladene hat die Anlage trotz der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller in Kenntnis der konkreten Gefahr eines längeren Stillstandes errichtet und muss das daraus resultierende Schadensrisiko selbst tragen. Drohen den Antragstellern jedoch voraussichtlich keine unzumutbaren Geruchsbelastungen mehr, hat das wirtschaftliche Interesse der Beigeladenen an einer vorläufigen Nutzung der Anlage zum Zwecke der Stromeinspeisung ein höheres Gewicht als das Interesse der Antragsteller. Dies gilt umso mehr, als die Anlage vor einem Betrieb erst über einen längeren Zeitraum angefahren werden muss und der Senat, die Berufung der Beigeladenen zeitgleich zulässt sowie beabsichtigt, zügig zu terminieren. Vor diesem Hintergrund ist in einem für die Antragsteller überschaubaren und hinnehmbaren Zeitraum mit einer abschließenden Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens zu rechnen.
913. Bei dieser Sachlage - Überwiegen des privaten Vollzugsinteresses der Beigeladenen - ist auf den Antrag der Beigeladenen schließlich auch die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 1011 in seiner aktuellen Fassung gemäß § 80 a Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 VwGO anzuordnen. Dieser Anordnung bedarf es, obwohl der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheides vom 29. März 2011 ursprünglich angeordnet hatte. Die behördliche Anordnung des Sofortvollzuges erfasst nur die Genehmigung in der ursprünglichen Fassung und nicht auch die nachträglichen Änderungen. Bei - wie hier - nicht bloß einschränkenden - Änderungen des Verwaltungsaktes muss daher neben dem Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO die Vollziehbarkeitsanordnung auf die geänderten Teile ausgedehnt werden.
92Vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 9. August 1984 - 20 AS 84 D.1,2 -, NVwZ 1985, 921, juris (Leitsatz).
93Die mit dem Sofortvollzug verbundene tatsächliche Inbetriebnahme der Anlage setzt allerdings voraus, dass alle Vorgaben der aktuellen Genehmigung - insbesondere die geruchsimmissionsmindernden Maßnahmen - auch tatsächlich umgesetzt werden.
94Ohne die Erfüllung der Maßgaben des Tenors und damit der Vorgaben der Genehmigung können die Anträge der Beigeladenen auf Abänderung des Beschlusses des Senats vom 23. Juli 2012 sowie auf Anordnung der sofortigen Vollziehung keinen Erfolg haben. Die die Stattgabe letztlich tragende Prognose, dass an dem Wohnhaus der Antragsteller keine unzumutbaren Geruchsbelastungen mehr zu erwarten sind, dürfte nur bei einer Umsetzung der in der Immissionsprognose vom 17. Juli 2014 vorausgesetzten geruchsmindernden Maßnahmen an der Anlage selbst und in dem landwirtschaftlichen Betrieb der T. Agrar GbR gerechtfertigt sein. Schon bei einer - im Falle des Unterlassens dieser Maßnahmen nicht auszuschließenden - Erhöhung der Geruchsbelastung aus Tierhaltung auf 0,16 / 16 % der Jahresgeruchsstunden und/oder einer Erhöhung der Geruchsbelastung aus der Biogasanlage auf 0,05 / 5% der Jahresgeruchsstunden am Wohnhaus der Antragsteller wird die Prüfregel nicht mehr eingehalten.
95Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 155 Abs. 1, 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladenen können Kosten auferlegt werden, weil sie einen Antrag gestellt hat. Ihre außergerichtlichen Kosten sind aus demselben Grunde erstattungsfähig.
96Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 19.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
97Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 2 Satz 6 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Auf die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen wird das auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2013 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 27. Juni 2015 für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen.
3Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X. H. Er bewohnt das auf diesem Grundstück liegende Wohnhaus mit der postalischen Anschrift E. in H. Den ebenfalls auf dem Flurstück befindlichen Altenteiler hat er vermietet. Das Flurstück dient dem Kläger als Hofstelle für den von ihm betriebenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Ackerbau. Es stellt einen Teil des vormaligen Flurstücks dar, welches den gesamten damaligen „O.“ umfasste und ursprünglich insgesamt im Eigentum des Klägers stand. Im Februar 1973 erhielt der Vater des Klägers von der Stadt H. die Baugenehmigung zur Errichtung eines Schweinemaststalls auf dem Flurstück. Im Mai 1979 erteilte der Regierungspräsident Düsseldorf der K. L. GmbH die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Erweiterung des vorhandenen Schweinemastbestandes auf 2.856 Liegeplätze.
4Im Baulastenverzeichnis ist für das Flurstück am 6. März 1983 folgende Baulast eingetragen worden:
5„Auf dem Grundstück Gemarkung X. , Flur, Flurstück, Verpflichtung, das zu errichtende Wohnhaus als Betriebsleiterwohnung zu nutzen sowie gleichzeitig Bindung des Betriebsleiterwohnhauses an den auf dem gleichen Grundstück vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Wohnhaus E. wird künftig als Altenteilerwohnung genutzt. Eine Teilung oder getrennte Veräußerung des Betriebsleiter- und des Altenteilerwohnhauses wird nicht vorgenommen.“
6Das Flurstück ist im Jahr 2000 in drei eigenständige Flurstücke aufgeteilt worden. In der Folge hat der Kläger die Flurstücke B und C einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe an unterschiedliche Erwerber veräußert. Am 8. März 2000 war zuvor für das Flurstück 84 und dessen Teile A, B und C eine Vereinigungsbaulast nach § 4 Abs. 2 BauO NRW eingetragen worden, nach deren Inhalt die Beurteilung der drei Teile A, B und C des bestehenden Flurstücks bauordnungs- wie bauplanungsrechtlich einheitlich erfolgen sollte. Bereits im Dezember 1999 teilten die Erwerber der Flurstücke B und C dem Staatlichen Umweltamt Krefeld mit, dass die immissionsschutzrechtlich genehmigte Schweinemastanlage mit insgesamt 2.856 Plätzen zwischen ihnen aufgeteilt werden solle. Die jeweils auf den Flurstücken befindlichen Stallgebäude mit ursprünglich 2.016, zukünftig 1.944 (Flurstück C) bzw. 552, zukünftig 504 (Flurstück B) Schweinemastplätzen würden nunmehr von den jeweiligen Eigentümern betrieben. Der dritte Stall mit den verbleibenden Mastplätzen werde stillgelegt. Hierauf erteilte die Bürgermeister der Stadt H. den Eigentümern im Juni 2000 jeweils eine entsprechende Baugenehmigung für die Teilübernahme der Schweinemastanlage.
7Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR, deren Gesellschafter die Grundstückseigentümer sind, dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage auf der Grundlage der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung betreibe. Seit April 2003 stehen die Flurstücke B und C im Eigentum der I.-T. GbR. Im Mai 2009 erwarb sie von der Beigeladenen das nördlich der vorhandenen Stallungen liegende Grundstück.
8Mit immissionsschutzrechtlichem Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 wurde der I.-T. GbR der Betrieb eines Schweinemastbetriebs mit nunmehr insgesamt 4.813 Mastschweineplätzen (Schweinestall BE 2, Flurstück C, mit 1.733 Mastplätzen, Schweinestall BE 1, Flurstück B, mit 480 Mastschweineplätzen und Schweinestall BE 3, Flurstück D, mit 2.600 Mastschweineplätzen) genehmigt. Ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 35 sind im Rahmen der Baumaßnahmen die sechs Kamine auf dem Schweinemaststall BE 1 entsprechend der Geruchsprognose auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über dem Dachfirst zu erhöhen. Satz 2 der Nebenbestimmung Nr. 38 schreibt vor, dass die Lüftungsanlagen in allen Stallgebäuden so zu regeln sind, dass die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s zu jeder Stunde eingehalten wird. In der Folge errichtete die I.-T. GbR auf dem Flurstück D einen weiteren Schweinemaststall sowie einen Güllehochbehälter mit Abdeckung.
9In der südwestlichen Ecke des Flurstücks A und damit südlich des Flurstücks C befinden sich mehrere Bäume. Westlich des Wohnhauses des Klägers und östlich bzw. südöstlich der Schweinemastställe befinden sich der ehemalige Altenteiler der Hofstelle sowie landwirtschaftliche Gebäude (Stallungen, Scheune und ein Schuppen).
10Nord-nordöstlich der Hofstelle des Klägers und westlich der Hofstelle der Beigeladenen befindet sich der E. Am 4. Juli 2011 beantragte der dort ansässige Landwirt, Herr M. I., bei der Stadt H. die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Schweinemaststalls, eines Futterlagers und zweier Futtersilos. Hierzu legte er ein immissionsschutzrechtliches Geruchsgutachten (Nr. 2205) des Dipl.-Ing. N. M. vom 18. Juni 2011 vor. In diesem wurde von dem Sachverständigen die Vorbelastung am Haus des Klägers ohne die Hofstelle I. mit IVb = 20,5 % Jahresgeruchsstunden, die Gesamtbelastung am Haus des Klägers bei Berücksichtigung aller Hofstellen im Ist-Zustand mit IGb1 = 23,4 % und die Gesamtbelastung am Haus des Klägers mit IGb2 = 25,2 % angegeben.
11Östlich des O. liegt der W., auf dem nach den Feststellungen der Stadt H. bis zu 60 Pferde gehalten werden. Eine bauaufsichtliche Genehmigung hierfür ist nicht erteilt worden. Zwischenzeitlich ist ein Bauantrag für die Haltung von 25 Pferden gestellt worden.
12Nordöstlich des O. liegt die Hofstelle der Beigeladenen (T.) mit der Flurbezeichnung Gemarkung X. Die Familie der Beigeladenen betreibt dort in der vierten Generation Landwirtschaft in Form des Ackerbaus und der Viehzucht.
13Am 12. August 2011 beantragte die Beigeladene bei dem Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 BImSchG für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Mastgeflügel mit 84.500 Mastgeflügelplätzen (zwei Hähnchenmastställe mit je 42.250 Tierplätzen) sowie zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Flüssiggaslagertanks. Die bisherige Haltung von Mastbullen werde aufgegeben. Die Anlage soll südlich an die bisherige Hofstelle anschließen.
14Mit Schreiben vom 17. Oktober 2011 teilte die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Kreisstelle L., dem Beklagten mit, dass nach ihrer Einschätzung die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebs gegeben seien. Die Tierhaltung könne überwiegend auf eigener Futtergrundlage erfolgen. Für die beantragte Geflügelmast mit 84.500 Mastplätzen sei bei überschlägiger Berechnung eine Futterfläche von 112,81 ha erforderlich. Der Betrieb verfüge über 116,03 ha landwirtschaftliche Flächen.
15Im Genehmigungsverfahren erhob der Kläger mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 Einwendungen, die im Wesentlichen die Geruchsimmissionen betrafen. Insbesondere rügte er, dass das in diesem Verfahren vorgelegte Geruchsgutachten nicht mit denen vorangegangener Genehmigungsverfahren (Schweinezucht I.-T. GbR sowie Neubau eine Schweinestalls mit 760 Mastplätzen auf der Hofstelle I.) in Einklang zu bringen sei. Er befürchte eine Überschreitung einer Jahresgeruchsstundenzahl von 0,25.
16Mit Bescheid vom 27. Juni 2012 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Planungsrechtlich befinde sich das Vorhaben im Außenbereich. Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei einschlägig, da eine landwirtschaftliche Nutzung gegeben sei. Die Voraussetzungen des § 201 BauGB seien erfüllt. Von dem geplanten Vorhaben seien keine nachhaltigen und erheblichen Beeinträchtigungen der Umwelt durch Immissionen zu erwarten. Zum Nachweis wurde hinsichtlich der Geruchsimmissionen auf das Gutachten des Sachverständigen N. M. Nr. 2101 vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 Bezug genommen. Die Geruchsimmissionsprognose komme zu dem Schluss, dass die Vorgaben der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) eingehalten seien. Die Umgebung des Vorhabens einschließlich der Wohnnutzung der Einwender sei durch vorhandene und auch ehemalige Tierhaltungsanlagen geprägt, so dass Immissionen aus Tierhaltung ortsüblich seien. Bei dieser Prägung könne jedenfalls eine Geruchsstundenhäufigkeit solcher ortsüblichen Immissionen von bis zu 25 % nicht als erheblich bewertet werden. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorrangig an landwirtschaftlichen Betrieben, die auch eigene Tierhaltung aufwiesen, erreicht. Die als Gesamtbelastung ermittelten Geruchsstundenhäufigkeiten lägen insoweit zwischen 19,9 % und 47,6 %. Dies sei zumutbar, weil diese vorrangig durch eigene Tierhaltung verursacht würden. Insoweit bestehe hier eine erhöhte Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme.
17In dem Geruchsimmissionsgutachten des Sachverständigen für Schall und Geruch Dipl.-Ing. N. M. vom 27. Januar 2011 nebst Ergänzung vom 3. April 2012 wurde die Geruchs-Vorbelastung am Wohnhaus des Klägers mit IVb = 20,8 % angegeben und die bei Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen zu erwartende Gesamtbelastung mit IGb = 25,4 % prognostiziert. In der ursprünglichen Fassung des Gutachtens ergab die Berechnung des Sachverständigen eine zu erwartende Gesamtbelastung von IGb = 25,2 %.
18Der Kläger hat gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung am 18. Juli 2012 Klage erhoben. Zu ihrer Begründung hat er geltend gemacht, der Betrieb der genehmigten Geflügelmast führe dazu, dass er unzumutbaren Geruchsimmissionen ausgesetzt werde, da die Geruchsstundenhäufigkeit auf seinem Grundstück über 25 % steige. Die Geruchsimmissionsprognose des Sachverständigen M. erweise sich als offensichtlich falsch. Dies ergebe sich aus einem Vergleich mit der im Juni 2011 erstellten Geruchsimmissionsprognose betreffend die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betriebs I. In diesem sei für das Wohnhaus des Klägers eine Gesamtbelastung im Ist-Zustand von 23,4 % ermittelt worden. Im vorliegenden Gutachten hingegen gehe der Gutachter von einer Vorbelastung von lediglich 20,8 % aus. Da bereits mit der genehmigten Erweiterung der Hofstelle I. die Toleranzschwelle von 25 % überschritten worden sei, könne ihm eine weitere Geruchsbelastung nicht mehr zugemutet werden. Er selbst halte gar keine Tiere mehr.
19Der Kläger hat beantragt,
20die der Beigeladenen durch den Beklagten erteilte Genehmigung vom 27. Juni 2012 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten und zur Aufzucht von 84.500 Mastgeflügelplätzen (Masthähnchen) einschließlich der erforderlichen Nebeneinrichtungen aufzuheben.
21Der Beklagte hat beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Zur Begründung hat er ausgeführt: Nach den Auslegungshinweisen zur GIRL sei das Wohnen im Außenbereich mit einem geringeren Schutzanspruch verbunden. So könne dort unter Prüfung der speziellen Randbedingen des Einzelfalls eine belästigungsrelevante Kenngröße von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen sein. Geruchsstundenhäufigkeiten von mehr als 25 % würden vorliegend nur an landwirtschaftlichen Betrieben erreicht, die selbst Tierhaltung betrieben. Dies sei zumutbar, weil die Belastungen vorrangig durch die eigene Tierhaltung verursacht würden, und gelte auch für Nachbarn, die - wie der Kläger - keine Tiere mehr hielten. Der Kläger bewirtschafte einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, zu dem das von ihm selbst bewohnte Betriebsleiterwohnhaus und der inzwischen fremdvermiete Altenteiler gehöre. In der Vergangenheit habe der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb geteilt und selbst die Viehhaltung aufgegeben, die Gebäude aber verkauft, so dass ihm der jetzige Betrieb zuzurechnen sei.
24Das Geruchsgutachten sei fehlerfrei erstellt worden. Nachdem bekannt geworden sei, dass sich sowohl der Betrieb der Beigeladenen wie auch der landwirtschaftliche Betrieb I. im gleichen Zeitraum erweitern wollten, sei beiden Betrieben nahegelegt worden, die jeweils andere Erweiterung im eigenen Gutachten zu berücksichtigen. Somit seien die Ausgangsbedingungen unterschiedlich gewesen. Auch seien weitere Faktoren, wie etwa die unterschiedliche Richtung und Entfernung zum Kläger, zu berücksichtigen gewesen. Da beide Betriebe bei dem jeweils anderen berücksichtigt worden seien, ergebe sich in beiden Gutachten folgerichtig eine identische Gesamtbelastung am Wohnhaus des Klägers von 25,2 % Jahresgeruchsstunden.
25Die Beigeladene hat beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Zur Begründung hat sie ausgeführt: Für das Haus des Klägers sei eine Jahresgeruchsstundenhäufigkeit von 25,4 % (0,254) ermittelt worden, welche auf einen Wert von 25 % (0,25) zu runden sei. Die festgestellte Gesamtbelastung sei dem Kläger zumutbar. Die GIRL lege keine Werte für die höchstzulässige Geruchsimmission fest, sondern enthalte nur Orientierungswerte. Die belästigungsrelevante Kenngröße des Immissionsanteils ihres Vorhabens am Wohnhaus des Klägers betrage nur 0,05. Nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL sei bei der Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen, dass in diesen Fällen die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über derjenigen liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen sei. In Anwendung der Ziffer 3.1 der GIRL sei somit ausschließlich die Gesamtbelastung unter Abzug der Geruchseigenbelastung einzubeziehen. Der Wohnnutzung im Haus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus sei dem Tierhaltungsbetrieb auf dem O. zuzurechnen. Die so berechnete Gesamtbelastung liege am Wohnhaus des Klägers sogar unter 0,15. Da der Kläger die Schweinemastanlage über mehrere Jahre selbst betrieben habe, sei sein Grundeigentum mit einer nachwirkenden Pflicht zur Rücksichtnahme belastet. Auch ihre betriebliche Situation sei zu berücksichtigen. Das Vorhaben diene ihr als zweites Standbein, welches erforderlich sei, um langfristig die Existenz des Hofes und der Familie sichern zu können.
28Das Verwaltungsgericht hat den der Beigeladenen durch den Beklagten erteilten Genehmigungsbescheid vom 27. Juni 2012 mit Urteil vom 18. Juni 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, von dem Vorhaben gingen unzulässig hohe Geruchsimmissionen aus. Am Wohnhaus des Klägers werde selbst der für landwirtschaftliche Gerüche im Einzelfall geltende Wert von 0,25 überschritten. Hierbei handele es sich um eine absolute Obergrenze. Ihre Einhaltung lasse sich auch nicht damit begründen, dass der Wert von 0,254 abzurunden sei. Rundungen bei einer bereits überschrittenen Höchstgrenze seien nicht zulässig.
29Gegen das Urteil haben der Beklagte und die Beigeladene die durch den Senat zugelassene Berufung eingelegt.
30Zur Begründung der Berufung führt der Beklagte in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags aus: Das vorgelegte Gutachten schließe unzumutbare Geruchsbelästigungen verlässlich aus und sei nach mehreren Nachbesserungen auch von dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV NRW) als plausibel erachtet worden. Im Rahmen des Genehmigungsverfahren für den vorbelastungsrelevanten Tierhaltungsbetrieb I.-T. GbR sei dem Genehmigungsbescheid vom 15. März 2012 nachträglich eine Auflage beigefügt worden, wonach an den bis dahin lüftungstechnisch unveränderten Bestandsställen ebenfalls Kamine 10 m über Grund und 3 m über Dach herzustellen seien. Eine Änderung der Geruchsprognose in dem damaligen Genehmigungsverfahren sei allerdings nicht für notwendig befunden worden, da das Vorhaben bereits ursprünglich genehmigungsfähig gewesen sei und die neuen Abluftbedingungen insbesondere im Nahbereich der Anlage zu einer Verbesserung der Immissionssituation geführt hätten.
31Das Verwaltungsgericht habe die GIRL widersprüchlich ausgelegt, wenn es einerseits davon ausgehe, diese gebe einen Immissionsgrenzwert für den Außenbereich nicht ausdrücklich vor, aber andererseits einen absoluten oberen Grenzwert von 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche vorsehe. Die GIRL sei als in sich geschlossenes, schlüssiges System zu begreifen. Die isolierte Betrachtung der Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, verbunden mit der Feststellung, dass der Wert von 0,25 den absoluten Grenzwert darstelle, stehe im Widerspruch zu dem in den Auslegungshinweisen selbst zitierten Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - und zu den Auslegungshinweisen zu Nr. 5 der GIRL.
32Die zur Beurteilung der Erheblichkeit bedeutsamen Umstände des Einzelfalls seien umfassend ermittelt und bewertet worden. Im Hinblick auf den Kläger habe man unter Berücksichtigung des Verhältnisses von Vor- und Zusatzbelastung sowie der planungsrechtlichen Grundlagen die nunmehr ermittelte Gesamtbelastung von 0,254, gerundet 0,25, für zumutbar erachtet. Hierbei dürfe die Historie der klägerischen Hofstelle nicht außer Acht gelassen werden. Die genehmigte Tierhaltungsanlage des Klägers sei immissionsschutzrechtlich durchgängig betrieben worden. Zwar habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung angeben, er habe die Schweinezucht ca. ein halbes Jahr vor dem Verkauf im Jahr 2000 aufgegeben. Dies führe aber nicht automatisch zu einem Erlöschen der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Vielmehr seien die Stall- einschließlich aller Nebenanlagen unverändert bestehen geblieben und durch die neuen Betreiber übernommen worden. Mithin stellten der frühere eigene Tierhaltungsbetrieb, dessen Fortführung am Standort und die Fortführung eines landwirtschaftlichen Betriebs spezielle Randbedingungen dar, die bei der Prüfung des Einzelfalls zu berücksichtigen seien. Zu beachten sei weiterhin das Verhältnis der Zusatzbelastung der verfahrensgegenständlichen Anlage zu der bewerteten Vorbelastung IVb = 0,208 durch die beiden anderen Tierhaltungsanlagen. Die Vorbelastung werde dabei eindeutig durch die Haltung von Mastschweinen und Sauen bestimmt. Selbst bei einer Gewichtung des besonders störenden Mastgeflügelgeruchs sei die Anlage der Beigeladenen maximal für ein Fünftel der Gesamtbelastung verantwortlich.
33Der Beklagte beantragt,
34das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2012 abzuändern und die Klage abzuweisen.
35Die Beigeladene führt zur Berufungsbegründung aus: Nachdem ihr in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Inhalt der Auflagen Nr. 35 und 38 zum Änderungsgenehmigungsbescheid des Beklagten vom 15. März 2012 betreffend die Tierhaltungsanlage der I.-T. GbR bekannt geworden sei, habe sie eine Neuberechnung zur Geruchssituation an den Wohnnutzungen des Klägers veranlasst. Der bisher vorgelegten gutachterlichen Berechnung habe die Erhöhung der Kamine und die Mindestabluftgeschwindigkeit von 7 m/s betreffend die Betriebseinheit 1 noch nicht zugrundegelegen. Auch sei die Methodik der Berechnung der Geruchsbelastung bei Hähnchenmastställen verändert worden. Die mittlerweile vom LANUV NRW als auf der sicheren Seite liegend empfohlene Berechnung der Geruchsemissionen bei Geflügelzucht mittels einer die Wachstumsrate der Tiere darstellenden Zeitreihe sei berücksichtigt worden. Die Gesamtbelastung einschließlich des Betriebs der I.-T. GbR betrage ausweislich des Geruchsgutachtens in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 nebst Nachberechnung vom 16. September 2014 am Immissionsort E1 IGb = 0,23 und am Immissionsort E2 IGb = 0,22. Ohne den dort ansässigen Tierhaltungsbetrieb betrage die Gesamtgeruchsbelastung am Haus E1 0,14 und am Haus E2 0,12 und bliebe damit sogar unter dem in Dorfgebieten zulässigen Wert von 0,15. Nach Prüfung der speziellen Randbedingungen könne im Einzelfall ein Immissionswert von bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche herangezogen werden. Diese Einzelfallabwägung habe der Beklagte zutreffend vorgenommen. Der Kläger habe das Grundstück mit allen Anlagen zur Schweinemast verkauft, so dass ihm auch ein höherer Kaufpreis zugeflossen sei. Selbst wenn man in rechtlicher Hinsicht nicht von selbstverursachten Immissionen ausgehen wolle, sei dieser Aspekt ebenso wie die Prägung der Umgebung durch Tierhaltungsbetriebe jedenfalls als spezielle Randbedingung wertend zu berücksichtigen. Die Zusatzbelastung für den Kläger durch das Vorhaben sei mit 0,05 zwar nicht irrelevant, stelle sich aber im Vergleich zur Gesamtvorbelastung als gering dar. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Wohnnutzung des Klägers rechtlich im Zusammenhang mit der Tierhaltungsanlage genehmigt und sogar durch Baulast gesichert worden sei.
36Die Beigeladene beantragt,
37das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.
38Der Kläger beantragt,
39die Berufung zurückzuweisen.
40Zur Begründung seines Antrags nimmt er Bezug auf seinen bisherigen Vortrag und führt im Übrigen aus: Das der Genehmigung zugrundeliegende Geruchsgutachten sei nicht nachvollziehbar. Die anlässlich der Erweiterung der Hofstelle I. und des Betriebes der I.-T. GbR vorgelegten Gutachten gingen jeweils von deutlich höheren Vorbelastungen an seinem Haus aus. Addiere man hierzu die aus dem geplanten Hähnchenmaststall der Beigeladenen zu erwartende Mehrbelastung, ergebe sich eine Geruchsbelastung von deutlich mehr als 25 % Jahresgeruchsstunden Eine Zurechnung der durch den jetzigen Betrieb der I.-T. GbR verursachten Immissionen scheide schon deshalb aus, weil dieser nur zu einem geringen Teil auf seinem früheren Grundstück liege. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Abluftfahnenüberhöhung bei dem Schweinemaststall BE 1 lägen nicht vor. Da sich im Umkreis von 100 m Gebäude und Baumbewuchs befänden, sei eine freie Anströmung der Kamine nicht gegeben.
41Im Berufungsverfahren hat der erkennende Senat eine fachliche Stellungnahme des LANUV NRW eingeholt, ob das von der Beigeladenen vorgelegte Geruchsgutachten Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der 2. Ergänzung vom 3. März 2014 nachvollziehbar und plausibel sei. Mit Schreiben vom 5. September 2014 hat das LANUV NRW ausgeführt, dass es die Darstellung der ermittelten Immissionen grundsätzlich als plausibel ansehe. Bezogen auf die Ausbreitungsrechnung sei jedoch aufgefallen, dass diese hinsichtlich der Quelle QUE_40 (Mastschweinestall mit 6 Kaminen) der Tierzuchtanlage I.-T. nur einen Kamin enthalte. Auch habe der Gutachter die Quelle QUE_43 (Güllehochbehälter) in der Ausbreitungsrechnung nicht angesetzt. Vor einer Heranziehung des Gutachtens sei die Rechnung diesbezüglich zu korrigieren.
42Die Beigeladene hat in der Folge die bereits erwähnte teilweise Neuberechnung vom 16. September 2014 vorgelegt.
43Hinsichtlich der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung - einschließlich der Befragung des Sachverständigen Dr. C. vom LANUV NRW - wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 1. Juni 2015 verwiesen.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Stadt H. Bezug genommen.
45Entscheidungsgründe:
46Die Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Genehmigungsbescheids zu. Der Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 27. Juni 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in einem ihm zustehenden Recht (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
47Von dem Vorhaben der Beigeladenen gehen keine schädlichen Umwelt- oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG für den Kläger aus.
48Bei der durch die Beigeladene geplanten Anlage zur Geflügelmast mit 84.500 Hähnchenmastplätzen handelt es sich um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage nach § 4 Abs. 1 Satz 1 und 3 BImSchG, § 1 Abs. 1 Satz 1, Ziffer 7.1.3.1 des Anhang 1 der 4. BImSchV.
49Die an den Wohnungen auf dem Grundstück des Klägers mit Errichtung und Betrieb der verfahrensgegenständlichen Anlage zu erwartenden Geruchsimmissionen stellen keine erheblichen Belästigungen i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dar. Dabei ist neben der eigenen Wohnung des Klägers auch der fremdvermietete Altenteiler in die Betrachtung einzubeziehen. Der Vermieter wird als Eigentümer des Grundstücks vom Schutzbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erfasst. Auf seinen Wohnsitz vor Ort kommt es insoweit nicht an.
50Vgl. zur Einbeziehung des Eigentums an Grundstücken BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1982 ‑ 7 C 50/78 -, NJW 1983, 1507 = juris Rn. 13; Thiel, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: November 2014, § 3 BImSchG Rn. 22,
51Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften auf die nordrhein-westfälische Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009) zurückgegriffen werden.
52Vgl. MBl. NRW 2009 Seite 533 sowie www.lanuv.nrw.de/luft/gerueche/bewertung.htm.
53In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden kann; sie enthält technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, BauR 2007, 1454 = juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BauR 2008, 71 = juris Rn. 55 ff., sowie Beschlüsse vom 24. Juni 2004 - 21 A 4130/01 -, NVwZ 2004, 1259 = juris Rn. 9 ff., vom 14. März 2008 - 8 B 34/08 -, juris Rn. 12, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl. 2010, 277 = juris Rn. 31, vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, NWVBl. 2011, 146 = juris Rn. 10, und vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 30; Nds. OVG, Urteil vom 12. November 2008 - 12 LB 17/07 -, juris Rn. 42, und Beschluss vom 14. Februar 2011 - 12 LA 8/09 -, NVwZ-RR 2011, 397 = juris Rn. 13.
55Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert IW = 0,10 (10 % Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert IW = 0,15 (15 % Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15. Einen Immissionswert für den Außenbereich, in dem sowohl das Vorhaben der Beigeladenen als auch das Wohnhaus des Klägers unstreitig liegen, regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind nach Nr. 3.1 Abs. 2 der GIRL entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert von bis zu 0,25 (25 % Jahresgeruchsstunden) für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen (dazu näher unten unter I.5.a).
56Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 32, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 8.
57I. Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich ‑ vorbehaltlich hier nicht vorliegender Ausnahmen - einer "auf der sicheren Seite" liegenden Prognose,
58vgl. insoweit OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Februar 2011 - 8 B 1797/10 -, juris Rn. 5, vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 33, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 11,
59bei der aus der Vorbelastung (dazu 1.) und der Zusatzbelastung unter Berücksichtigung der Abluftfahnenüberhöhung (dazu 2.) im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung (dazu 3.) unter Berücksichtigung der Rundungsregeln der GIRL (dazu 4.) ermittelt wird. Diese ist sodann an den nach der GIRL maßgeblichen Immissionswerten zu messen (dazu 5.).
601. Bei der Ermittlung der Vorbelastung sind solche Emissionsquellen nicht mit einzubeziehen, die dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen sind (sog. Eigenbelastung). Dies gilt unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind.
61Der Text der GIRL enthält zu dieser Fragestellung keine ausdrückliche Aussage. Nach Nr. 4.2 der GIRL ist die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnde vorhandene Belastung (IV) die von den vorhandenen Anlagen ausgehende Geruchsbelastung ohne die zu erwartende Zusatzbelastung, die durch das beantragte Vorhaben hervorgerufen wird. Ob von dem Begriff der „vorhandenen Anlagen“ auch eigene Geruchsimmissionen verursachende Anlagen umfasst sein sollen, ergibt sich hieraus nicht eindeutig. Gleiches gilt für die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“. Allerdings hat die Praxis, wie der Sachverständige Dr. C. vom LANUV NRW in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, die Eigenbelastung bislang grundsätzlich nicht bei der Vorbelastung und damit bei der Gesamtbelastung berücksichtigt. Dies liege unausgesprochen auch der GIRL zugrunde.
62Der Senat geht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und Mitverfasser der GIRL Dr. C. davon aus, dass die Eigenbelastung nicht in die Immissionsvorbelastung mit einzubeziehen ist. Die Gerüche aus eigener Tierhaltung werden zum einen, auch weil die Tierhaltung meist der Erzielung des Lebensunterhalts dient, nicht in gleicher Weise als störend empfunden wie Fremdgerüche, sondern als notwendig angesehen und hingenommen. Zum anderen sind - worauf der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - landwirtschaftliche Hofstellen teilweise aufgrund eigener (in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses stehender) Tierhaltungsanlagen sogar so hohen Immissionsbelastungen ausgesetzt, dass diese bereits für sich genommen den maximal zulässigen Immissionswert (nahezu) erreichen oder sogar überschreiten. In derartigen Fällen hätte eine Einbeziehung der Eigenbelastung zur Folge, dass ein Landwirt allein aufgrund eigener Tierhaltung andere Anlagen auf benachbarten Hofstellen verhindern würde. Andererseits hat der Landwirt es in der Regel weitgehend selbst in der Hand, inwieweit er sich Geruchsimmissionen aus eigener Tierhaltung aussetzt. Bei einer Nichtberücksichtigung der Eigenbelastung würde ihre Reduzierung oder gar ihr Wegfallen dem Tierhalter auch stets unmittelbar selbst zu Gute kommen. Hingegen würde bei Berücksichtigung der Eigenbelastung anderen Emittenten die Möglichkeit eröffnet, den maßgeblichen Immissionspunkt nunmehr selbst höheren Immissionen auszusetzen. Ein Landwirt könnte somit in diesem Fall durch die Aufgabe eigener Tierhaltung oder z.B. die Verbesserung der Ablufttechnik nicht zwingend eine Verbesserung der eigenen Geruchsbelastung erreichen.
63Der Senat hat auch erwogen, den vorgenannten Problemen dadurch zu begegnen, dass zwar die Eigenbelastung in die Vorbelastung mit einbezogen, gleichzeitig aber bei den besonderen Randbedingungen des Einzelfalls die Eigenbelastung wertend zu Lasten des Betroffenen mit einem höheren Immissionswert berücksichtigt wird. Dies würde jedoch - bei einer aus Sicht des Senats angezeigten Berücksichtigung im gleichen Umfang - zu keinem grundsätzlich anderen Ergebnis führen. Zudem würde die Systematik der GIRL infrage gestellt. Gleiches würde für eine - ebenfalls denkbare - teilweise Berücksichtigung der Eigenbelastung gelten. Sie würde überdies eine wertende Betrachtung erfordern, für die die Maßstäbe fehlen mit der Folge einer erheblichen Unsicherheit bei der Anwendung der GIRL.
64Soweit der Kläger die Erheblichkeit der Geruchsimmissionen nicht nur für seine eigene Wohnung, sondern auch für den von ihm vermieteten Altenteiler geltend macht, gilt nichts anderes. In beiden Fällen ist das Eigentumsrecht betroffen. In Bezug auf einen eigenen Schutzanspruch etwaiger Mieter weist der Senat darauf hin, dass diese im Umfang der vorgefundenen Eigenbelastung des Tierhaltungsbetriebs jedenfalls im Ergebnis keine weitergehenden Schutzrechte haben dürften. Zwar haben die Mieter keinen direkten Einfluss auf den Umfang der Tierhaltung auf der von ihnen bewohnten Hofstelle. Ihre Wohnungen teilen jedoch das Schicksal der Hofstelle, von der sie das Vorrecht, im Außenbereich wohnen zu dürfen, ableiten (§ 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB). Auch die Nutzung der Mietsache ist mithin mit der „Geruchshypothek“ der Hofstelle belastet. Die (hier in Rede stehenden) Geruchsimmissionen durch Tierhaltung gefährden nicht die Gesundheit, sondern sind ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der zumutbaren Belästigung zu betrachten.
652. Bei Emissionen aus Kaminen ist zu berücksichtigen, dass sich bei Einhaltung spezieller Parameter die Abluft durch die Austrittsgeschwindigkeit bzw. den Temperaturunterschied besser verteilt und in der Folge der höheren Verdünnung in geringerem Maße auf einen Immissionsort einwirkt. Nach Ziffer 3.3.1.4 (Abluftfahnenüberhöhung) des Leitfadens zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissionsrichtlinie, Merkblätter Band 56 des Landesumweltamtes NRW,
66Essen 2006, abzurufen unter http://www.lanuv. nrw.de/veroeffentlichungen/merkbl/merk56/merk56.pdf,
67kann eine solche Überhöhung der Abluftfahne nur angenommen werden, wenn die Abluft in den freien Luftstrom gelangt. Dies sei in der Regel gewährleistet, wenn die Quellhöhe mindestens 10 m über der Flur und 3 m über First sei, die Abluftgeschwindigkeit in jeder Betriebsstunde minimal 7 m/s betrage und eine Beeinflussung durch andere Strömungshindernisse (Gebäude, Vegetation usw.) im weiteren Umkreis um die Quelle (in der Regel ein Kreis mit einem Radius entsprechend dem zehnfachen der Quellenhöhe) ausgeschlossen werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige erklärt, eine Beeinflussung sei bereits dann regelmäßig auszuschließen, wenn keine Strömungshindernisse im Umkreis entsprechend der sechsfachen Quellenhöhe vorhanden seien.
683. Soweit Nr. 4.6 (Auswertung) Abs. 2 der GIRL vorgibt, die Kenngröße der Gesamtbelastung IG ergebe sich aus der Addition der Kenngrößen für die vorhandene und die zu erwartende Zusatzbelastung, gilt dies nicht für den vorliegenden Fall einer Ausbreitungsrechnung. So weisen die Auslegungshinweise zu Nr. 4.6 der GIRL darauf hin, dass die dort angeführte Addition von Vorbelastung und Zusatzbelastung zur Gesamtbelastung nur für den Fall gelte, dass die Vorbelastung durch Rasterbegehung nach VDI 3949, Blatt 1 (2006) ermittelt worden sei. Werde in einer Prognose nur die Ausbreitungsrechnung für die Ermittlung der Gesamtgeruchsbelastung verwendet, so müssten die Geruchsimmissionen der vorhandenen Quellen (Vorbelastung) und die der neuen Quellen (Zusatzbelastung) in eine gemeinsame Rechnung Eingang finden.
69Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 6 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht, und vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 33; Nds. OVG, Beschluss vom 18. Juli 2012 ‑ 12 LA 114/11 -, BauR 2012, 1769 = juris Rn. 11.
70Erfolgt hingegen eine Addition von Werten, die in Ausbreitungsrechnungen ermittelt worden sind, erweist sich dieses Vorgehen als nicht konform mit der GIRL. Die Addition einzelner Gerüche für einen Ort berücksichtigt nicht die Überlagerung von Geruchsfahnen und führt in der Folge grundsätzlich zu einer Überschätzung der zu erwartenden Immissionswerte. Lediglich für eine grobe, aufgrund der Überschätzung auf jeden Fall auf der sicheren Seite liegende Abschätzung zu erwartender Geruchsimmissionen kann eine derartige Addition einzelner Belastungen Verwendung finden. Hierauf weist das LANUV in seiner fachlichen Stellungnahme gegenüber dem Senat vom 5. September 2014 ausdrücklich hin.
714. Nach Nr. 4.6 der GIRL sind für die Berechnung der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb die Kenngrößen für die vorhandene Belastung und die zu erwartende Zusatzbelastung mit 3 Stellen nach dem Komma zu verwenden. Zum Vergleich der Kenngrößen der Gesamtbelastung IG bzw. IGb mit dem aus der Tabelle 1 zu entnehmenden Immissionswert für das jeweilige Gebiet sind sie auf zwei Stellen nach dem Komma zu runden. Diese Vorgaben über die Berechnung und die Rundung auf zwei Stellen nach dem Komma werden durch die GIRL nicht auf bestimmte Gesamtbelastungen eingeschränkt, sondern stellen eine allgemeine Rundungs- und Vergleichsregel dar. Die GIRL beruht - wie schon dargelegt - auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen. Ihr kommt insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten zu. Zwar ist das Gericht bei der Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsimmissionen mangels Rechtsnormqualität der GIRL nicht gehindert, von deren Ergebnis abzuweichen. Der Außerachtlassung bloß einzelner Teile der GIRL steht aber grundsätzlich entgegen, dass diese als vorweggenommene sachverständige Bewertung ein Gesamtkonzept verfolgt, das nicht nur partiell angewendet werden kann.
725. Immissionswerte für den - hier betroffenen - Außenbereich sieht die GIRL nicht ausdrücklich vor. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 (Nr. 3.1. der GIRL) zuzuordnen. Auch im Außenbereich ist daher der für das Dorfgebiet geltende Immissionswert von 0,15 für Tierhaltungsgerüche maßgeblich. Die Bestimmung eines höheren Immissionswerts für landwirtschaftliche Gerüche (dazu a) im Außenbereich bis 0,25 setzt das Vorliegen besonderer Einzelfallumstände voraus. Erforderlich ist stets eine Prüfung und Darlegung der maßgeblichen Zumutbarkeitsaspekte des konkreten Einzelfalls und eine wertende Gewichtung aller speziellen Randbedingungen des Einzelfalls (dazu b und c).
73a) „Landwirtschaftliche Gerüche“ im vorstehenden Sinne sind nicht nur solche aus landwirtschaftlichen Betrieben im Sinne des § 201 BauGB. Auch Gerüche aus bauplanungsrechtlich als gewerblich einzuordnenden Tierhaltungsanlagen sind hierunter zu fassen.
74Der Sachverständige Dr. C. hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, in dem der GIRL maßgeblich zu Grunde liegenden Forschungsvorhaben seien nur Gerüche aus der Tierhaltung der Bezeichnung „landwirtschaftliche Gerüche“ zugeordnet worden. Auch bei der Erarbeitung der GIRL sei der Begriff mangels Unterscheidbarkeit der Herkunft der Gerüche einheitlich verstanden worden.
75Dementsprechend nehmen die Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 der GIRL, 4. Aufzählungspunkt, nicht nur § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, also die Land- und Forstwirtschaft, in Bezug, sondern allgemein § 35 Abs. 1 BauGB und somit auch gewerbliche Tierhaltungsanlagen, deren Privilegierung allein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in Betracht kommt.
76Dieses Verständnis der Auslegungshinweise entspricht auch dem Sinn und Zweck des durch die GIRL ausgestalteten Systems der Bewertung, welche Geruchsimmissionen in der jeweiligen Situation als noch hinnehmbar anzusehen sind. Eine Unterscheidung im fachlichen Sinne, also hinsichtlich der Art des Geruchs, zwischen Tierhaltungsgerüchen aus Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB und solchen aus gewerblichen Tierhaltungsanlagen besteht nicht. Die Wahrnehmung von Tierhaltungsgerüchen ist nicht an die rechtliche Einordnung des Produktionsbetriebs gekoppelt.
77Vgl. in diesem Sinn VG Minden, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 11 K 805/11 -, juris Rn. 84 ff.; vgl. weiterhin auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, nicht veröffentlicht.
78Allerdings ist der Umstand, dass der landwirtschaftliche Betrieb im bauplanungsrechtlichen Sinn eine besondere Verbindung zu den genutzten Flächen und der Hofstelle aufweist, nachfolgend bei der Frage wertend zu berücksichtigen, ob und inwieweit unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände ein höherer Immissionswert als 0,15 maßgeblich ist.
79b) Eine Erhöhung des im Außenbereich im Ausgangspunkt geltenden Immissionswerts von 0,15 auf einen Wert bis zu 0,25 bedarf stets einer Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls.
80Die gegenteilige Auffassung des Beigeladenen, für Wohnungen auf (auch ehemals) landwirtschaftlichen Hofstellen sei immer ein höherer Immissionswert als 0,15 anzusetzen, ist unzutreffend. Zwar verweisen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im Landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ darauf, dass bei Betrachtung der Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen davon auszugehen sei, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Dass damit bei Wohnen im Zusammenhang mit Tierhaltungsbetrieben der Wert grundsätzlich höher als 0,15 liegen müsse, ist aber weder unter dem Blickwinkel des Wortlautes noch der Systematik zwingend oder nahe gelegt. Dies wird insbesondere auch durch die Aussage des Sachverständigen Dr. C. bestätigt, der Wert von 25 % sei bewusst nicht in die Auflistung der Immissionswerte in den vorderen Teil der GIRL eingestellt worden, um den Fehlschluss zu vermeiden, dieser Wert sei im Außenbereich grundsätzlich maßgeblich.
81Bei der Prüfung, ob unter Berücksichtigung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls eine Erhöhung des Immissionswerts von 0,15 im Außenbereich gerechtfertigt ist, ist die Feststellung einer Außenbereichslage daher nur notwendige, aber für sich allein nicht hinreichende Bedingung. Insoweit bedarf es vielmehr einer Einzelfallbeurteilung durch die Genehmigungsbehörde, die unter Berücksichtigung vor allem der konkreten örtlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat.
82Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. September 2012 - 8 B 762/11 -, NWVBl. 2013, 177 = juris Rn. 41, vom 30. Januar 2013 - 8 B 1130/12 -, Beschlussabdruck Seite 7, nicht veröffentlicht, vom 9. Dezember 2013 - 8 A 1451/12 -, NWVBl. 2014, 318 = juris Rn. 70, und vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, Beschlussabdruck Seite 14.
83Je höher das Gewicht der für die Zumutbarkeit sprechenden Gesichtspunkte ist, umso höher kann der maßgebliche Immissionswert über dem Wert 0,15 liegen. Der in den Auslegungshinweisen genannte Wert von 0,25 bildet dabei grundsätzlich eine „olfaktorische Schallmauer“. Dies wird durch die Erläuterungen des Sachverständigen Dr. C. in der mündlichen Verhandlung bestätigt, das LANUV NRW lege im Außenbereich eine grundsätzliche Obergrenze von 25 % der Jahresgeruchsstunden für landwirtschaftliche Gerüche zugrunde. Dahinter stehe unter anderem der Gedanke, dass bei der gebotenen Berücksichtigung der in der GIRL vorgesehenen Gewichtungsfaktoren - etwa bei den Rindern 0,5 - dieser Wert einer tatsächlichen Dauer der Geruchseinwirkung von bis zu 50 % der Jahresgeruchsstunden entsprechen könne.
84Der Wert 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche im Außenbereich stellt allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine absolute Obergrenze dar. Die Auslegungshinweise zu Nr. 1 der GIRL gehen davon aus, dass unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls auch Immissionen über einem Wert von 0,25 nicht ausnahmslos zur Unzumutbarkeit führen müssen. Die Bestimmung eines Immissionswertes von über 0,25 kommt allerdings nur in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Einzelfallumstände in Betracht.
85Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Mai 2015 ‑ 8 B 1029/14 -, Seite 16 des Beschlussabdrucks, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. weiterhin OVG NRW, Beschlüsse vom 12. August 2008 ‑ 10 A 1666/05 -, juris Rn. 19, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 20 ff.; Nds. OVG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 1 LC 130/09 -, juris Rn. 65; Bay. VGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 1 ZB 12.1023 -, juris Rn. 16.
86Denkbar kann dies etwa sein, wenn durch Erteilung einer Verbesserungsgenehmigung nach § 6 Abs. 3 BImSchG eine signifikante Verbesserung der bisher über dem Wert von 0,25 liegenden Immissionsbelastung - z.B. durch immissionsmindernde Maßnahmen auch im Bestand - herbeigeführt werden kann. Anzustrebender Zielwert bleibt aber auch in diesen Fällen die Verringerung der Immissionen auf ein Niveau von maximal 0,25.
87Vgl. insoweit auch: Nds. OVG, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 - BauR 2015, 464 = juris Rn. 40.
88Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass der von den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL in Bezug genommene Beschluss des OVG NRW vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 - auf Sachverhalte, die von der GIRL 2008 erfasst werden, keine Anwendung finden kann. Die Entscheidung ist vor Abfassung der aktuellen GIRL ergangen und hat daher - ungeachtet der Frage einer Berücksichtigung der Eigenbelastung - die Gewichtungsfaktoren der GIRL, die der Geruchsqualität der unterschiedlichen Tierarten Rechnung tragen, nicht mit einbeziehen können. Für die in jenem Verfahren relevante Rinderhaltung gilt heute nach der Tabelle 4 zu Nr. 4.6 der GIRL ein Gewichtungsfaktor von 0,5. Die in dem Beschluss angenommene zumutbare Geruchsbelastung von 50 % der Jahresgeruchsstunden entspricht damit - worauf auch der Sachverständige Dr. C. in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - innerhalb des Systems der aktuellen GIRL einer gewichteten Geruchsbelastung von 25 % der Jahresgeruchsstunden.
89Der maßgebliche Immissionswert sollte aus Gründen der Rechtsklarheit in den behördlichen Genehmigungstenor (in Form einer Nebenbestimmung) aufgenommen werden. Wenn sich allerdings der Wert lediglich aus der Begründung des Bescheids oder jedenfalls aus den zulässig in Bezug genommenen Antragsunterlagen ergibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden.
90c) Bei der Prüfung des Einzelfalls sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen und zu gewichten, zu denen insbesondere die Ortsüblichkeit und Siedlungsstruktur (dazu aa), die Nutzung des betreffenden Gebäudes (dazu bb), die historische Entwicklung (dazu cc) und die besondere Ortsgebundenheit von Immissionsquellen (dazu dd) zu rechnen sind.
91aa) Maßgeblich für die Frage, ob und wie weit der Immissionswert von 0,15 im Außenbereich bis zu einem Wert von 0,25 überschritten werden kann, ist zunächst die Ortsüblichkeit im Sinne einer Vorprägung der maßgeblichen Umgebung zu berücksichtigen. Weist die Umgebung, in der die zu errichtende Anlage sowie der Immissionsort liegen, eine Prägung durch landwirtschaftliche Nutzungen - zum Beispiel durch das Vorhandensein mehrerer Betriebe auf engem Raum - auf, muss ein dort Wohnender Gerüche aus der Tierzucht in höherem Umfang hinnehmen.
92Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, BRS 74 Nr. 22 = juris Rn. 126, und Beschluss vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 21; vgl. für den Übergang von Dorfgebieten und Außenbereich: Bay. VGH, Beschluss vom 18. August 2010 ‑ 22 CS 10.1686, 22 CS 122 CS 10.1687 -, juris Rn. 8; Hess. VGH, Beschluss vom 10. April 2014 - 9 B 2156/13 -, NuR 2014, 864 = juris Rn. 82.
93Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der historischen Entwicklung landwirtschaftliche Prägungen über einen langen Zeitraum entwickeln und sich in der Folge auch nur allmählich verändern oder abschwächen.
94In einem derartigen Umfeld bedarf auch die Siedlungsstruktur der Berücksichtigung. Einzelnen Wohnnutzungen im Außenbereich kommt - losgelöst von den nachfolgenden Faktoren - ein geringeres Gewicht zu als etwa Wohnbebauung unterhalb der planungsrechtlichen Schwelle des § 34 Abs. 1 BauGB beispielsweise in Form von sog. Weilern, Straßendörfern oder Streusiedlungen.
95bb) Entsprechend den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 der GIRL, Punkt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterpunkt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ kann Wohnnutzungen im Außenbereich, die im Zusammenhang mit Tierhaltungsanlagen stehen, ein geringerer Schutzanspruch zukommen. Insoweit ist - generalisierend - davon auszugehen, dass eine wechselseitige Rücksichtnahme im Hinblick auf die Geruchssituation im Sinne eines „Gebens und Nehmens“ erfolgt und eine Hinnahme der Gerüche anderer Tierhaltungen in dem Wissen erfolgt, dass auch umgekehrt geruchliche Belastungen hingenommen werden.
96Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2002 - 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11, und vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 23; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 37.
97Reinen Wohnnutzungen ohne diese wechselbezügliche Belastung kann mithin ein höherer Schutzanspruch gegenüber Tiergerüchen zukommen. Auch insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass Mietern auf Hofstellen, die im oben beschriebenen Sinne mit einer „Geruchshypothek“ belastet sind, keine stärkere Rechtsposition zukommen dürfte als dem tierhaltenden Eigentümer und Vermieter.
98cc) Im Sinne einer historischen Betrachtung ist dabei nicht nur der jetzige Zustand in die Wertung einzubeziehen, sondern auch die Nutzung in der Vergangenheit. Einem Gebäude, das auch in der Vergangenheit stets nur zu Wohnzwecken ohne besondere Zweckbestimmung gedient hat, kann ein höherer Schutzanspruch zukommen als solchen Wohnhäusern, die zwar heute nur noch Wohnzwecken dienen, aber ursprünglich Teil einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Tierhaltung waren, auch wenn diese aufgegeben worden ist. Diese nehmen dabei jedenfalls regelmäßig im Fall der Aufgabe der Landwirtschaft die Privilegierung des § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB in Anspruch, so dass sich ihr Vorhandensein von der bisherigen Landwirtschaft ableitet.
99Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. März 2009 - 10 A 259/08 -, juris Rn. 25, und vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 38.
100In welchem Umfang und wie lange ein geringerer Schutzanspruch nachwirkt, bedarf der Bewertung im Einzelfall, wobei der Umfang der jeweiligen Tierhaltung und die damit einhergehende Geruchsbelastung ebenso Berücksichtigung finden können wie die weitere Entwicklung der Umgebung. Solange die Umgebung weiterhin von landwirtschaftlicher Nutzung geprägt ist und insoweit die Wechselbezüglichkeit grundsätzlich fortbesteht, kann auch ein höheres Maß an Geruchsimmissionen hinzunehmen sein.
101Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 - 8 B 1011/13 -, NWVBl. 2015, 63 = juris Rn. 35; OVG Lüneburg, Urteil vom 26. November 2014 - 1 LB 164/13 -, BauR 2015, 464 = juris Rn. 39.
102dd) Schließlich kann auch die besondere Ortsgebundenheit der Anlage Eingang in die Bewertung finden. Ist eine solche Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne der § 201 BauGB, ist zu berücksichtigen, dass dieser mit der Hofstelle und den zum ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen besonders verbunden ist. Die bodenbezogene Urproduktion auf diesen Flächen, die die Tierhaltung auf der Basis überwiegend eigener Futtergrundlage erst ermöglicht, setzt eine angemessene Berücksichtigung der besonderen betrieblichen Belange voraus. Die Standortwahl für betriebsbezogene Gebäude muss sich dabei maßgeblich an Zweckmäßigkeitserwägungen einer sachgerechten landwirtschaftlichen Betriebsführung ausrichten. Hierzu gehört auch eine räumliche Nähe zwischen den eigenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden und der Hofstelle, welche etwa die Versorgung des Tierbestands mit selbst produziertem Futter maßgeblich erleichtert.
103Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. März 2002 ‑ 7 B 315/02 -, NVwZ 2002, 1390 = juris Rn. 11.
104Derartige Belange kann eine im Außenbereich allein aufgrund der von ihr ausgehenden nachteiligen Wirkung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert zulässige gewerbliche Tierhaltung nicht für sich in Anspruch nehmen, da eine Bindung an landwirtschaftliche Produktionsflächen nicht besteht. Allein die Tatsache, dass etwa Eigentumsflächen im Außenbereich vorhanden sind, oder sonstige betriebliche Vorteile wie die Nähe zu dem vorhandenen Wohnhaus stehen dem nicht gleich.
105II. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gehen von dem Vorhaben der Beigeladenen keine erheblichen Belästigungen aus. Die im Einzelfall zu ziehende Grenze der Erheblichkeit (dazu 1.) wird durch die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen nicht überschritten (dazu 2.).
1061. Maßgebend ist im vorliegenden Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 bezogen auf landwirtschaftliche Gerüche. Aufgrund der besonderen Randbedingungen des Einzelfalls, wie der landwirtschaftlichen Prägung (dazu a), der bestehenden landwirtschaftlichen Hofstelle (dazu b) und der besonderen Ortsgebundenheit des Vorhabens der Beigeladenen (dazu c) ist eine Erhöhung des Immissionswertes von 0,15 bis zu diesem Wert möglich.
107a) Die Umgebung sowohl des Betriebs der Beigeladenen wie auch der Wohnbebauung auf dem Grundstück des Klägers ist seit langer Zeit durch landwirtschaftliche Nutzung und verschiedene (auch größere) Tierhaltungsbetriebe geprägt, die sich alle in einem Umkreis von nur wenigen hundert Metern befinden und somit in Bezug auf die Geruchssituation eng zusammenliegen. In diesem Bereich liegen die Hofstelle I,. auf der Schweinezucht betrieben wird, der W. mit bis zu 60 Pferden, der T. der Beigeladenen mit derzeit noch betriebener Rinderzucht sowie der M., auf dem Rinder- und Schweinezucht betrieben wird. Ausweislich der von dem Senat eingesehenen Luftbilder der Umgebung werden die umliegenden Flächen landwirtschaftlich genutzt. Die vorhandenen Wohnhäuser weisen alle einen Bezug zu diesen landwirtschaftlichen Hofstellen auf.
108b) Für den Kläger erweist sich in diesem Einzelfall ein Immissionswert von 0,25 auch deshalb als noch hinnehmbar, weil er sich als Landwirt, der auf seiner Hofstelle nunmehr nur noch Ackerbau betreibt (dazu aa), die von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen jedenfalls zu einem erheblichen Teil wertungsmäßig zurechnen lassen muss (dazu bb).
109aa) Der Kläger hat aus betrieblichen Erwägungen seinen landwirtschaftlichen Betrieb auf reinen Ackerbau umgestellt. Dies führt - ebenso wenig wie eine gänzliche Aufgabe der Landwirtschaft - nicht zu einer geringeren Erheblichkeitsschwelle für landwirtschaftliche Gerüche. Vielmehr bleibt er im Rahmen der Variationsbreite der Landwirtschaft und ist somit mit einer vergleichbaren Verpflichtung zur Hinnahme von Geruchsimmissionen belastet wie zuvor. Andernfalls hätte es der jeweilige Betreiber einer Tierhaltungsanlage allein durch die Änderung des Betriebskonzepts in der Hand, die Zumutbarkeitsschwelle zu senken und den umliegenden Betrieben, mit denen er in einem wechselseitigen Verhältnis des Duldens steht, einseitig über die Bestandsgenehmigungen hinaus die Möglichkeit etwa der Erweiterung zu nehmen. Dies würde gerade auch deshalb zu einem Wertungswiderspruch führen, da er selbst weiterhin als - wenngleich anders ausgerichteter - Landwirt die bauplanungsrechtliche Privilegierung der §§ 35 Abs. 1 Nr. 1, 201 BauGB in Anspruch nimmt.
110bb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs waren ursprünglich Teil des von ihm geführten landwirtschaftlichen Betriebs (dazu aaa) und weisen aufgrund von Baulasten auch weiterhin eine besondere rechtliche Verbindung zu ihm auf (dazu bbb).
111aaa) Die Schweinehaltung der I.-T. GbR steht in einem engen räumlichen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers und ist historisch als Teil einer einheitlichen landwirtschaftlichen Hofstelle anzusehen. Vorliegend hat der Kläger die Schweinehaltung zwar nach eigenen Angaben im Jahr 1999 aufgegeben. In der Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls ist aber zu berücksichtigen, dass er in der Folge das Grundstück geteilt und Teile mit den bestehenden Schweineställen und sonstigen Einrichtungen an die nunmehrigen Gesellschafter der I.-T. GbR veräußert hat. Diese haben in der Folge die Aufteilung der bestehenden Schweinemast angezeigt. Die Stadt H. erteilte beiden Betreibern Baugenehmigungen für die jeweilige Teilübernahme der Schweinemastanlage. Im Jahr 2002 zeigte die I.-T. GbR dem Staatlichen Umweltamt Krefeld an, dass sie die auf den beiden Flurstücken B und C befindlichen Stallungen nunmehr wieder als eine Anlage - und zwar auf der Grundlage der früher erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung - betreibe. Mithin setzte die Betreiberin den Betrieb der ursprünglich durch den Kläger betriebenen Anlage mit den - jedenfalls ganz überwiegend - unveränderten Anlagen fort.
112Es liegt nicht im Ermessen des jeweiligen Inhabers der Hofstelle, durch Veräußerung emittierender Tierhaltungsanlagen an eine rechtlich von ihm zu unterscheidende Person diese immissionsschutzrechtlich einer anderen Bewertung zu unterwerfen - hier durch den sodann fehlenden eigenen Beitrag zu den Immissionen -, ohne dass eine bestehende räumlich-funktionale Einheit und die historische Entwicklung Berücksichtigung findet. Dies würde im Übrigen auch zu einer missbräuchlichen Gestaltung zum Nachteil der übrigen Betreiber von Tierhaltungsanlagen einladen können.
113bbb) Wesentliche Teile des Schweinemastbetriebs sind mit der Hofstelle des Klägers auch weiterhin durch Baulasten in rechtlich erheblicher Weise besonders verbunden.
114Durch Eintragung vom 6. März 1983 wurde eine Baulast begründet, mit der das Wohnhaus des Klägers als Betriebsleiterwohnhaus an den auf dem damaligen Flurstück 84 bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb gebunden worden ist. Diese Verbindung wurde ausdrücklich als dauerhaft und ständig bezeichnet. Eine Teilung und getrennte Veräußerung wurde ausgeschlossen. Die Bindung des Betriebsleiterwohnhauses umfasst somit nicht nur den heute von dem Kläger geführten landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Flurstück A, sondern auch die auf den Flurstücken B und C weiterhin bestehenden Schweinemastställe. Die für das Flurstück übernommene Baulast setzt sich insoweit an den durch die Teilung entstandenen Flurstücken fort. Dies folgt, obwohl eine ausdrückliche Regelung in der Bauordnung hierzu fehlt, aus dem Regelungsgedanken des § 1026 BGB, wonach eine Grunddienstbarkeit bei Teilung des dienenden Grundstücks nur insoweit erlischt, als die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des Grundstücks beschränkt ist.
115Vgl. insoweit zur Grunddienstbarkeit: OLG München, Beschluss vom 5. Januar 2012 - 34 Wx 543/11 -, juris Rn. 8; Mayer, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1026 Rn. 1; Grziwotz, in: Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 1026 Rn. 2.
116Dabei kommt es auf die Frage, ob die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der bestehenden Mastställe in Folge der Aufteilung der Ställe und das Unterschreiten der maßgeblichen Schwellenwerte nach der 4. BImSchV erloschen ist, nicht maßgeblich an. Auch ein mehrmonatiges Brachliegen der Schweinezucht stellt im Zusammenhang mit dem Übergang der Einrichtungen auf den Erwerber keine Unterbrechung dar, die angesichts der Kontinuität der äußeren Umstände den sodann aufgenommenen Betrieb als etwas wesentlich anderes erscheinen ließe. Für die Berücksichtigung der von dem Kläger hinzunehmenden Geruchsimmissionen erweist es sich weiterhin als nicht maßgeblich, dass die Mastställe zwischenzeitlich aufgrund der Eigentumsstrukturen als baurechtlich genehmigte Anlagen aus dem Regelungsregime des BImSchG herausgefallen sind. Der Umfang der sich ergebenden Geruchsimmissionen an dem Wohnhaus des Klägers unterscheidet sich nicht aufgrund der gesetzlichen Regelung, aufgrund derer die Anlage genehmigt worden ist.
117Der Berücksichtigung im Rahmen der Einzelfallwertung jedenfalls im Umfang des im Zeitpunkt der Veräußerung bestehenden Betriebs steht nicht entgegen, dass die I.-T. GbR den Schweinemastbetrieb im Jahr 2012 durch Neubau eines weiteren, 2.600 Mastplätze umfassenden Stallgebäudes erheblich vergrößert hat. Die ursprünglich vorhandenen Stallungen mit nunmehr noch 2.213 Mastplätzen treten dahinter jedenfalls nicht in solchem Umfang zurück, dass der Schweinemastbetrieb nunmehr als ein gänzlich anderer als der erscheint, den der Kläger 1999 veräußert hat.
118Für eine Vergleichbarkeit der von dem Schweinemastbetrieb ausgehenden Geruchsimmissionen mit solchen vom eigenen Betrieb ausgehenden spricht im vorliegenden Fall schließlich, dass das Grundstück des Klägers mit der Flurstücksnummer A gemeinsam mit den angrenzenden Flurstücken B und C, die den veräußerten Stallbestand umfassen, mit einer Vereinigungsbaulast aus dem Jahr 2000 belastet ist. Nach dem Inhalt dieser Baulast sollen die drei Flurstücke (dort bezeichnet durch die Teilstücke A, B und C des ursprünglichen Flurstücks) nicht nur bauordnungs-, sondern auch bauplanungsrechtlich als ein Grundstück anzusehen sein.
119Vgl. zur Möglichkeit der Erstreckung einer Baulast auch auf das Planungsrecht BVerwG, Beschluss vom 12. November 1987 - 4 B 216/87 -, Buchholz 406.17 BauordnungsR Nr. 24 = juris Rn. 2.
120Insoweit kann sich der Kläger gegenüber dem Schweinemastbetrieb, jedenfalls soweit dieser auf den Flurstücken B und C ausgeübt wird, nicht auf das bauplanungsrechtliche, im Außenbereich über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB wirkende Gebot der Rücksichtnahme berufen, da ihm insoweit keine nachbarlichen Abwehrrechte zukommen.
121Vgl. zu der Möglichkeit, sich der aus dem Rücksichtnahmegebot folgenden Abwehrrechte zu begeben, BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3/00 -, NVwZ 2001, 813 = juris Rn. 17.
1222. Die auf die klägerische Wohnbebauung insgesamt einwirkenden und zu berücksichtigenden Geruchsimmissionen einschließlich der des geplanten Vorhabens der Beigeladenen überschreiten auf der Grundlage des von der Beigeladenen vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens Nr. 2101 des Dipl.-Ing. N. M. in der Fassung der zweiten Ergänzung vom 3. März 2014 sowie der weiteren Neuberechnung vom 16. September 2014 den Immissionswert von 0,25 nicht. Auch soweit das Haus des Klägers bei der Darstellung der Immissionsprognose in mehreren Rasterfeldern liegt, kommt maximal eine Immissionsbelastung von 0,25 in Betracht (dazu a). Dabei sind die jedenfalls aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen emittierten Tiergerüche dem Kläger wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen (dazu b). Gleiches würde für die Mehrimmissionen gelten, soweit eine Abgasfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 zu Unrecht angesetzt worden wäre (dazu c). Auch im Übrigen bestehen an den Ansätzen der vorgelegten Immissionsprognose keine Zweifel (dazu d).
123a) Soweit der Kläger der Auffassung ist, das vorgelegte Immissionsgutachten schließe nicht aus, dass an seinem Wohnhaus eine den Wert von 0,25 überschreitende Gesamtgeruchsbelastung vorliege, folgt der Senat dem nicht, losgelöst von der Frage, ob und inwieweit die Immissionen aus dem Schweinemastbetrieb überhaupt als Fremdbelastung zu berücksichtigen sind. Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass in der Darstellung der zu erwartenden Gesamtbelastung vom 16. September 2014 sein Wohnhaus in mehreren Rasterflächen liegt und für eine Rasterfläche die Gesamtbelastung mit 0,27 angegeben wird. Der in der mündlichen Verhandlung befragte Sachverständige des LANUV NRW hat jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass selbst bei - pessimaler - Mittelung beider Werte maximal eine Gesamtbelastung von 0,25 vorliege.
124b) Offenlassen kann der Senat vorliegend, ob die aus der Schweinehaltung der I.-T. GbR herrührenden Geruchsimmissionen dem Kläger in vollem Umfang wertungsmäßig als Eigenimmissionen zuzurechnen und daher bei der Ermittlung der Vorbelastung nicht zu berücksichtigen sind. Jedenfalls die aus den von dem Kläger veräußerten Stallanlagen (BE 1 und 2) emittierten Tiergerüche sind ihm bei wertender Betrachtung als Eigenimmissionen zuzurechnen. Zwar stehen weder die Grundstücke einschließlich der aufstehenden Schweinemastställe gegenwärtig in seinem Eigentum noch kann er Einfluss auf die Tierhaltung als solche nehmen. Wie vorstehend aber bereits ausgeführt, hat der Kläger die Schweinemastställe veräußert, so dass ihm ein entsprechender Erlös zugeflossen ist. Die beiden Ställe BE 1 und BE 2 werden nunmehr durch die Erwerber nahezu unverändert weiterbetrieben. Dies geschah bis in das Jahr 2012 sogar unter Ausnutzung der bisherigen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Weiterhin ist das Grundstück des Klägers mit der fortbestehenden Hofstelle durch eine Vereinigungsbaulast auch bauplanungsrechtlich mit den Ställen BE 1 und BE 2 verbunden, so dass dem Kläger insoweit kein planungsrechtlicher Rücksichtnahmeanspruch zukommt und er sich in der Folge gegen dort herrührende Geruchsbelästigungen nicht erfolgreich zur Wehr setzen kann. Gibt der Betreiber einer Tierhaltungsanlage durch Veräußerung die Einflussnahmemöglichkeit auf, verzichtet aber gleichzeitig gegenüber dieser Anlage auf seinen Rücksichtnahmeanspruch, ergibt sich kein Unterschied zu eigener Tierhaltung.
125Dass das Geruchsimmissionsgutachten die durch die Schweinemast bedingten Immissionen als Fremdvorbelastung berücksichtigt, steht der Annahme einer fehlenden Überschreitung des Immissionswertes IW = 0,25 nicht entgegen. Selbst bei vollständiger Einbeziehung der durch die Schweinezucht auf die klägerische Wohnbebauung einwirkenden Geruchsimmissionen beträgt die Gesamtbelastung - unter Berücksichtigung einer Abluftfahnenüberhöhung für den Stall BE 1 - am Haus des Klägers maximal 0,25.
126c) Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob die vorgelegte Geruchsimmissionsprognose zu Recht für die von dem Schweinemaststall BE 1 ausgehenden Geruchsimmissionen eine Abluftfahnenüberhöhung angesetzt hat. Die für eine Abluftfahnenüberhöhung erforderliche Mindesthöhe der Kamine ist gegeben. Nach der Nebenbestimmung Nr. 35 zu der erteilten Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 sind im Zuge der Um- und Neubaumaßnahmen an dem bestehenden Stall BE 1 die Kamine auf mindestens 10 m über Grund und 3 m über Dachfirst zu erhöhen. Auch die Anforderungen an den Bewegungsimpuls sind eingehalten. Die erforderliche Mindestabluftgeschwindigkeit muss ausweislich der Nebenbestimmung Nr. 38 Satz 2 zu jeder Betriebsstunde mindestens 7 m/s betragen.
127Ob, wie der Kläger meint, der freie Luftstrom aufgrund der Höhe der östlich des Schweinestalls liegenden Gebäude seiner Hofstelle nicht ausreichend gesichert ist, um eine Abluftfahnenüberhöhung anzunehmen, kann vorliegend dahinstehen. Selbst wenn dem Kläger in dieser Einschätzung zu folgen sein sollte und sich in der Folge die tatsächliche Geruchsbelastung als höher erweisen würde, würde dies nicht zur Annahme einer höheren Gesamtbelastung IG im Sinne der GIRL führen. Wie bereits ausgeführt, sind dem Kläger jedenfalls die Geruchsimmissionen aus den Schweinemastställen BE 1 und BE 2 wertend als Eigenimmissionen zuzurechnen, die in der anzunehmenden Vor- wie auch der Gesamtbelastung nach der GIRL keine Berücksichtigung finden. Sind aber die von dem Schweinemaststall BE 1 hervorgerufenen Geruchsimmissionen insgesamt nicht zu berücksichtigen, kann auch der Wegfall der in dem Geruchsimmissionsgutachten für den Stall BE 1 angesetzten Abluftfahnenüberhöhung nicht zu einer Immissionserhöhung an der klägerischen Wohnbebauung führen.
128d) Gegen den Ansatz des vorgelegten Geruchsimmissionsgutachtens bestehen auch keine sonstigen Bedenken.
129Das Gutachten, das die Geruchsemissionen masttagabhängig mit einem Emissionskonventionswert von 180 GE/(s*GV) ansetzt, erfasst die zu erwartende Geruchsimmissionsbelastung am Haus des Klägers auch im Übrigen zutreffend.
130Soweit der Kläger vorträgt, die tatsächliche Geruchsbelastung sei höher als prognostiziert, und dies insbesondere mit den Geruchsvorbelastungen begründet, die jeweils in dem für die Erweiterung des landwirtschaftlichen Betrieb I. bzw. des Schweinemastbetriebs der I.-T. GbR vorgelegten Geruchsgutachten ausgewiesen worden seien, ist dieser Schluss nicht tragfähig. Entgegen der Ansicht des Klägers folgt aus dem von demselben Sachverständigenbüro mit der lfd. Nummer 2205 erstellten Geruchsimmissionsgutachten vom 18. Juni 2011 betreffend die Erweiterung der Hofstelle I. keine höhere Geruchsvorbelastung als in dem hier maßgeblichen Gutachten angenommen. Dort ist die für das Haus des Klägers angenommene Vorbelastung durch alle Quellen (Ist-Zustand) mit Ausnahme der Hofstelle I. insgesamt mit IVb = 20,5 % angegeben. Einschließlich der Hofstelle I. (Ist-Zustand) ohne die dort beantragten Schweineställe wird die Geruchsbelastung mit IGb1 = 23,4 % angegeben. Die Gesamtbelastung einschließlich des Vorhabens auf der Hofstelle I. und des Hähnchenmastbetriebs der Beigeladenen beträgt = 25,2 %. Die Berücksichtigung der Haltung von 84.500 Masthähnchen auf der Hofstelle des Beigeladenen sowohl für den Wert IGb1 wie auch für den Wert IGb2 folgt dabei aus der Übersicht über die Tierplätze und dem Ansatz der Quellen QUE_10 und QUE_11 in der Quellenübersicht des Gutachtens.
131Der in dem hier maßgeblichen Gutachten Nr. 2101 in der zeitlich damit korrespondierenden (Ursprungs-)Fassung vom 27. Januar 2011 benannte Vorbelastungswert (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I. um 740 Mastschweine als Quelle QUE_6, aber ohne die Hofstelle der Beigeladenen) betrug IVb = 20,8 %. Der als Gesamtbelastung ausgewiesene Wert IGb = 25,2 % (einschließlich der Erweiterung der Hofstelle I.) entsprach der in dem Gutachten Nr. 2205.
132Eine hieraus von dem Kläger abgeleitete schlichte Addition der sich jeweils ergebenden Mehrbelastungen für beide Vorhaben ist - wie ausgeführt - nicht zulässig. Soweit der Kläger im vorliegenden Fall einwendet, dass eine Überlagerung der Immissionen aus der Erweiterung der Hofstelle I. und dem Vorhaben der Beigeladenen schon wegen der unterschiedlichen Himmelsrichtung bezogen auf sein Wohnhaus ausgeschlossen erscheinen müsse, spricht hiergegen, dass bei Winden aus nordöstlichen Richtungen eine Überlagerung der Immissionen aus beiden Quellen geradezu naheliegend erscheint.
133Auch soweit der Kläger die fehlende Belastbarkeit der durch die Beigeladene vorgelegten Geruchsimmissionsprognose im Hinblick auf das anlässlich der Erweiterung des Schweinemastbetriebs I.-T. GbR vorgelegte Immissionsberechnung der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 anführt, die bereits ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. zu einer Gesamtbelastung IGb zwischen 18 und 22 % an dem Wohnhaus des Klägers ausweise, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Die in dem von der V. und Partner GmbH vom 24. März 2011 ausgewiesene Gesamtbelastung IGb ohne die Erweiterungsvorhaben der Beigeladenen und auf der Hofstelle I. kann bereits deshalb nicht mit der hier maßgeblichen Immissionsprognose verglichen werden, weil sich die maßgeblichen Rahmenbedingungen geändert haben.
134Weiterhin kann sich der Kläger vorliegend auch nicht mit Erfolg darauf berufen, eine Geruchsfahnenüberlagerung zwischen dem Schweinemastbetrieb der I.-T. GbR und den übrigen Erweiterungen sei ausgeschlossen. Eine solche kommt bezüglich des durch die Änderungsgenehmigung vom 15. März 2012 genehmigten Schweinemaststalls BE 3 der I.-T. GbR und dem auf der Hofstelle I. genehmigten Schweinezuchtstall zunächst jedenfalls bei (eher seltenen) nördlichen Windrichtungen in Betracht. Als überwiegend maßgeblich erweist sich aber insbesondere die geringe Distanz des klägerischen Wohnhauses zu den Schweineställen auf seiner (erweiterten) Hofstelle, welche jedenfalls bei häufig vorherrschenden Schwachwindlagen zu einer Überlagerung der Geruchsfahnen unabhängig von der Windrichtung führt. Hierauf hat der in der mündlichen Verhandlung gehörte Sachverständige des LANUV NRW ausdrücklich hingewiesen.
135Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese in beiden Instanzen einen Antrag gestellt und sich somit jeweils einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
136Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
137Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.