Oberlandesgericht Köln Urteil, 27. Nov. 2013 - 2 U 6/13
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 15.01.2013 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen, 12 O 10/11, wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil sowie das vorgenannte Urteil des Landgerichts Aachen sind vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des beklagten Landes durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Gründe:
2(Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
3I.
4Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der T GmbH (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin oder T), eingetragen im Handelsregister B (HRB 9001) des Amtsgerichts Aachen (Bl. 676 ff. d. A.). Der Geschäftsgegenstand der Insolvenzschuldnerin umfasste u.a. den Ein- und Verkauf sowie die Ein- und Ausfuhr von Handelswaren aller Art, insbesondere von Textilien. Sie war zudem als Systempartnerin von SB-Warenhäusern im Bereich Textilien tätig. Hierbei übernahm sie den Einkauf, aber auch die Warenwirtschaft und insbesondere die Warenverantwortung einschließlich der Restantenvermarktung. Darüber hinaus führte sie bis zum 31.12.2005 im Niedrigpreissegment sogenannte „MiniTextil-Märkte“. Mit der Klage macht der Kläger Rückgewähransprüche wegen geleisteter Umsatzsteuerzahlungen in Höhe von 6.524.493,52 € zuzüglich Zinsen gegen das beklagte Land, vertreten durch das Finanzamt B Stadt, geltend.
5Über das Vermögen der T GmbH – T2 & Sohn (im Folgenden: T3), eingetragen im Handelsregister B des Amtsgerichts Aachen - HRB 1638 (Bl. 673 ff. d. A.) - war durch Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 01.05.2002 (19 IN 154/02) das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Geschäftsanteile der T3 wurden ausschließlich von den Familien C und H gehalten. Zum Insolvenzverwalter der T3 wurde Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. N bestellt; zwischenzeitlich war für die T3 Herr Rechtsanwalt Dr. G als Sonderinsolvenzverwalter tätig.
6Am 28.06.2002 kam zwischen der in Gründung befindlichen Insolvenzschuldnerin und dem Insolvenzverwalter der T3 ein Kauf-, Pacht-, Kaufoptions-, Darlehens-, Kooperations- und Überleitungsvertrag zustande (Urkundenrollen-Nr. 768/2002 W des Notars Dr. C2 in X; Anlage K 2 zur Klageschrift). Gegenstand dieses Vertrages war u.a. die Veräußerung des gesamten beweglichen Anlagevermögens der T3 an die Insolvenzschuldnerin, die Übertragung aller immateriellen Wirtschaftgüter, die Verpachtung der Betriebsimmobilie O 191 in B durch die T3 an die Insolvenzschuldnerin zu einem Mietpreis von 1.080.000,00 € jährlich, die Gewährung eines Darlehens bis zu 10.650.000,00 € durch die T3 und die Übernahme der Gewährleistungen der T3 durch die Insolvenzschuldnerin. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages vom 28.06.2002 verwiesen (Anlage K 2 der Anlagehefter zur Klageschrift).
7Die Insolvenzschuldnerin wurde dann am 01.07.2002 gegründet. Die Geschäftsanteile der Insolvenzschuldnerin wurden zunächst von dem Insolvenzverwalter der T3 gehalten. Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin waren anfangs Herr W, Herr I, Herr O2 und Herr F, wobei Herr W, Herr I und Herr O2 auch Geschäftsführer der T3 gewesen waren. Als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin schieden am 28.07.2003 Herr I und am 17.11.2004 Herr F aus.
8Am 19.07.2004 veräußerte der Insolvenzverwalter der T3, Herr Prof. Dr. N, 66% der Geschäftsanteile der Insolvenzschuldnerin an die in den Niederlanden ansässige N2 Holding B.V. und 34% an den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin, Herrn O2, wobei dessen Anteile im Jahre 2005 auf die N2 Holding übergingen, welche noch heute zu 100 % Anteilseignerin der Insolvenzschuldnerin ist.
9Die Insolvenzschuldnerin erbrachte an das Finanzamt Umsatzsteuerzahlungen für das Jahr 2002 in Höhe von insgesamt 2.084.855,79 €, für das Jahr 2003 in Höhe von insgesamt 3.246.351,83 € und für den Zeitraum Januar bis Juni 2004 in Höhe von 1.193.285,96 €.
10Insoweit erfolgten für den Zeitraum Juni 2002 bis Dezember 2002 Zahlungen in Höhe eines Betrages von insgesamt 614.587,95 € aufgrund der jeweiligen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für diese Monate, wobei aufgrund einer gewährten Dauerfristverlängerung nach §§ 46 ff. UStDV die Zahlungen jeweils am 15. des übernächsten Monats des jeweiligen Voranmeldezeitraums fällig waren. Der Gesamtbetrag ist entsprechend spätestens zum 15.02.2003 beglichen worden.
11Im Rahmen einer am 06.05.2004 angeordneten Umsatzsteuersonderprüfung für das Jahr 2002 (Anlage K 12 der Anlagehefter zur Klageschrift) wurde festgestellt, dass die T3 für das Jahr 2002 zu Unrecht Umsatzsteuer in Höhe von 1.470.267,84 € gezahlt hatte, die Insolvenzschuldnerin nach dem Bescheid des Finanzamtes B-Außenstadt vom 21.07.2004 (Anlage K 11 der Anlagehefter zur Klageschrift) dagegen einen Betrag von 1.492.320,84 € bis zum 26.08.2004 nachzuzahlen hatte. Der Insolvenzverwalter der T3 trat in einer an das Finanzamt gerichteten Abtretungsanzeige vom 06.08.2004 diesen Erstattungsanspruch gegen das beklagte Land in Höhe eines Betrages von 1.470.268,00 € an die Insolvenzschuldnerin ab (Anlage K15 der Anlagehefter zur Klageschrift).
12Aufgrund dieser Erklärung veranlasste das Finanzamt eine „Umbuchung“ in Höhe eines Betrages von 1.460.780,89 € und damit Tilgung der Umsatzsteuerschuld der Insolvenzschuldnerin für das Jahr 2002 in Höhe dieses Betrages (K 16 der Anlagehefter zur Klageschrift). Weitere 22.053,00 € an Nachzahlungszinsen gem. § 227 AO wurden der T auf Antrag erlassen. Den Restbetrag von 9.487,03 € zahlte diese bis zum 26.08.2004.
13Die Umsatzsteuer für das Jahr 2003 in Höhe von insgesamt 3.299.597,96 € wurde von der Insolvenzschuldnerin überwiegend monatlich im Anschluss an die laufenden monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen, d.h. bis zum 15.02.2004, und ein Restbetrag von 53.246,13 € aufgrund des Bescheides des Finanzamtes B-Außenstadt vom 14.01.2005 (Anlage K 17 der Anlagehefter zur Klageschrift) am 31.01.2005 beglichen.
14Die Umsatzsteuer für die Zeit von Januar bis Juni 2004 in Höhe von insgesamt 1.193.285,96 € zahlte die Insolvenzschuldnerin ebenfalls im Rahmen der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen (Anlagen K 18a bis 18f der Anlagehefter zur Klageschrift) am jeweils 15. des übernächsten Monats, d.h.
15für Januar 2004 am 15.03.2004 einen Betrag von 176.633,84 €,
16für Februar 2004 am 15.04.2004 einen Betrag von 194.303,95 €,
17für März 2004 am 15.05.2004 einen Betrag von 237.506,42 €,
18für April 2004 am 15.06.2004 einen Betrag von 141.885,98 €,
19für Mai 2004 am 15.07.2004 einen Betrag von 267.206,45 €,
20für Juni 2004 am 15.08.2004 einen Betrag von 175.749,32 €.
21Ein Darlehen über einen Betrag von 2.000.000,00 €, das die Firma F2 GmbH der Insolvenzschuldnerin gewährt hatte, war am 30.06.2004 zur Rückzahlung fällig. Es kam zu – bezüglich der Einzelheiten streitigen - Gesprächen über eine Prolongation des Darlehens, die die Firma F2 GmbH der Insolvenzschuldnerin letztlich gewährte. Das Darlehen ist von der Insolvenzschuldnerin in den Jahren 2004 und 2005 vollständig zurückgeführt worden.
22Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin wurde aufgrund eines am 09.10.2006 vom Hauptzollamt gestellten Antrags durch Beschluss des Amtsgerichts Aachen (92 IN 296/06) vom 16.01.2007 eröffnet (Anlage K 1 der Anlagehefter zur Klageschrift). Am 03.06.2011 zeigte der Kläger Masseunzulänglichkeit an.
23Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 21.09.2009 die Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2004 (Anlage K 19 der Anlagehefter zur Klageschrift), die Aufhebung der bestandskräftigen Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2002 und 2003 und eine Berichtigung des Umsatzsteuerbescheids für das Jahr 2004. Mit Bescheid vom 18.11.2009 wies das Finanzamt B-Stadt diese Anträge zurück. Unter dem 18.12.2009 legte der Kläger hiergegen Einspruch ein. Seit dem Jahre 2012 ist vor dem Finanzgericht L ein Verfahren anhängig, in dem der Kläger die Aufhebung der Steuerfestsetzungen für die Jahre 2002 und 2003 auf der Grundlage des § 174 AO begehrt. Bislang ist eine Aufhebung der Umsatzsteuerfestsetzungen nicht erfolgt. Am 28.05.2010 war bezüglich des Umsatzsteuerbescheids 2004, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen war, vom Finanzamt B-Stadt die Aufhebung dieses Vorbehalts angeordnet worden, wogegen der Kläger unter dem 30.06.2010 Einspruch einlegte. Über diesen Einspruch ist noch keine Entscheidung ergangen.
24Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Umsatzsteuerzahlungen der Insolvenzschuldnerin in den Jahren 2002 bis 2004 in Höhe von insgesamt 6.524.493,52 € seien gem. § 134 InsO anfechtbar. Die Insolvenzschuldnerin habe Umsatzsteuerzahlungen auf eine nicht bestehende Schuld geleistet. Sie sei bis zur Veräußerung der Geschäftsanteile am 19.07.2004 nicht umsatzsteuerpflichtig gewesen, vielmehr habe eine unerkannte umsatzsteuerliche Organschaft i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit T3 vorgelegen, die als Organträger die Umsatzsteuer habe entrichten müssen. Der Kläger hat zudem behauptet, die T3 sei nicht zur Zahlung der Umsatzsteuer in der Lage gewesen.
25Darüber hinaus hat der Kläger die Auffassung vertreten, dass zumindest alle Zahlungen ab November 2003 nach § 133 InsO anfechtbar seien. Insoweit hat er behauptet, die Insolvenzschuldnerin sei spätestens am 30.06.2004 überschuldet gewesen. Dies ergebe sich aus einem von ihm vorgelegten Gutachten des Prof. Dr. H2, welches - unstreitig - in einem von der N2 Holding B.V. gegen Rechtsanwalt Prof. Dr. N u.a. vor dem Landgericht Aachen geführten Rechtsstreit, 10 O 520/06, eingeholt worden ist (Anlage K 27 der Anlagehefter zur Klageschrift). In diesem Gutachten ist der gerichtlich beauftragte Sachverständige zu dem Ergebnis einer bilanziellen Überschuldung der Insolvenzschuldnerin gelangt.
26Zudem hat sich der Kläger darauf berufen, die Zahlungsunfähigkeit folge auch daraus, dass die Insolvenzschuldnerin am 30.06.2004 das endfällige Darlehen über 2.000.000,00 € der F3 Service GmbH nicht habe bedienen können. Dieses Darlehen ist – insoweit unstreitig – am 28. Juli 2004 in Höhe eines Teilbetrages von 1.000.000,00 € getilgt, in Höhe eines weiteren Teilbetrag von 1.000.000,00 € prolongiert und später vollständig getilgt worden.
27Zudem sei im Jahr 2004 - unstreitig - eine Steuerschuld der Insolvenzschuldnerin in Höhe von 1.470.286,00 € durch Abtretung eines Erstattungsanspruchs der T3 beglichen worden. Da die Insolvenzschuldnerin zu diesem Zeitpunkt selbst nur in der Lage gewesen sei, einen knapp fünfstelligen Betrag aufzubringen, sei für das beklagte Land erkennbar gewesen, dass die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gedroht habe. Zudem hätten dem Finanzamt „zum Zeitpunkt der anfechtbaren Handlungen“ bereits die Jahresabschlüsse 2002 und 2003 vorgelegen, aus welchen ebenfalls eine Zahlungsunfähigkeit ersichtlich gewesen sei.
28Der Kläger hat beantragt,
29das beklagte Land zu verurteilen,
30an ihn 6.524.493,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
31über dem Basiszinssatz
32auf einen Betrag in Höhe von 614.587,95 € seit dem 15.02.2003,
33auf einen Betrag in Höhe von 3.246.351,83 € seit dem 15.02.2004,
34auf einen Betrag in Höhe von 176.633,84 € seit dem 15.03.2004,
35auf einen Betrag in Höhe von 194.303,95 € seit dem 15.04.2004,
36auf einen Betrag in Höhe von 237.506,42 € seit dem 15.05.2004,
37auf einen Betrag in Höhe von 141.885,98 € seit dem 15.06.2004,
38auf einen Betrag in Höhe von 267.206,45 € seit dem 15.07.2004,
39auf einen Betrag in Höhe von 175.749,32 € seit dem 15.08.2004,
40auf einen Betrag in Höhe von 1.470.267,84 € seit dem 26.08.2004,
41auf einen Betrag in Höhe von 53.246,13 € seit dem 31.01.2005
42zu zahlen.
43Das beklagte Land hat beantragt,
44die Klage abzuweisen.
45Es hat behauptet, eine Überschuldung der Insolvenzschuldnerin habe zum 30.06.2004 nicht bestanden. Aus der Tatsache, dass ein Darlehen nicht habe bedient werden können, könne hierauf nicht geschlossen werden. Auch aus den Jahresabschlüssen habe sich eine Zahlungsunfähigkeit nicht ergeben. Es ist der Ansicht, alle streitgegenständlichen Umsatzsteuerzahlungen beruhten auf bestandskräftigen Festsetzungen. Eine umsatzsteuerliche Organschaft liege ersichtlich nicht vor, die Insolvenzschuldnerin sei weder finanziell, noch wirtschaftlich, noch organisatorisch in die T3 eingegliedert gewesen.
46Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht (§ 296a ZPO) hat der Kläger mit Schriftsatz vom 09.01.2013, der nicht nachgelassen worden ist, weiter neu vorgetragen und neue Beweismittel angeboten.
47Das Landgericht Aachen hat durch das angefochtene Urteil die Klage abgewiesen. Es hat Ansprüche gem. §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO, 812 BGB verneint und hierzu ausgeführt, ein Anspruch gem. §§ 143 Abs. 1, 134 Abs. 1 InsO scheide aus, weil die Insolvenzschuldnerin mit ihren Zahlungen ihre Umsatzsteuerschuld getilgt und deshalb nicht rechtsgrundlos gezahlt habe. Das Vorliegen der Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft sei zweifelhaft, weil es an einer wesentlichen Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft gefehlt habe. Unabhängig davon habe die Insolvenzschuldnerin aber auch deshalb auf eine eigene Verbindlichkeit gezahlt, weil sie für den Fall des Vorliegens einer umsatzsteuerlichen Organschaft ebenfalls auf eine eigene Verbindlichkeit, nämlich den Haftungsanspruch gem. § 73 AO gezahlt habe. Zudem seien die ihren Zahlungen zugrunde liegenden Steuerbescheide bestandskräftig, zumindest aber existent, so dass sie auch aus diesem Grund auf eigene Verbindlichkeiten gezahlt habe. Aus diesem Grund käme auch ein Anspruch gem. § 812 BGB nicht in Betracht. Ein Anspruch gem. §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1 InsO scheide aus, weil der Kläger zu den Voraussetzungen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Insolvenzschuldnerin und der Kenntnis der Beklagten hiervon nicht substantiiert vorgetragen habe. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Urteils vom 15.01.2013 verwiesen (Bl. 406 ff. d. A.).
48Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner rechtzeitig eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren weiter.
49Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und vertritt die Auffassung, § 134 InsO sei auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar. Dem stehe entgegen der Auffassung der Kammer die Entscheidung des BGH vom 19.01.2012 nicht entgegen, weil der dort entschiedene Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar sei. In dem vom BGH entschiedenen Rechtsstreit habe es sich um eine von Anfang an bekannte und steuerlich offen zu Tage getretene umsatzsteuerliche Organschaft gehandelt. Da dem Finanzamt in diesem Fall zudem bekannt gewesen sei, dass der Organträger zum Ausgleich der Umsatzsteuerschuld nicht in der Lage war, habe das Finanzamt dort den Haftungsanspruch gem. § 73 AO gegen die Organgesellschaft realisieren wollen. Der BGH habe insoweit zu Recht entschieden, dass die Organgesellschaft nicht eine fremde Steuerschuld, sondern eine eigene Schuld gem. § 73 AO beglichen habe. Im vorliegenden Fall habe die Insolvenzschuldnerin dagegen in dem Glauben gezahlt, eine eigene Steuerschuld zu begleichen. Wie sich später erst herausgestellt habe, habe es sich objektiv allerdings um eine Steuerschuld des Organträgers, der T3 gehandelt. Die Zahlung sei daher rechtsgrundlos im Sinne von § 134 InsO erfolgt, zumal die T3 zu keinem Zeitpunkt in der Lage gewesen sei, die Steuerschuld selbst zu begleichen. § 73 AO sei nicht anwendbar. Ein Haftungsbescheid sei nicht erlassen worden; sein Erlass sei nach Insolvenzeröffnung auch nicht mehr möglich. Eine Aufrechnung sei nicht erklärt worden, heute auch nicht mehr möglich. Zudem erfasse § 73 AO nur die Steuerschuld, nicht aber die Zinsen.
50Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, die Bestandskraft der Steuerbescheide stehe einer Anfechtung gem. §§ 129 ff. InsO nicht entgegen. Ob eine Steuerschuld bestehe, ergebe sich allein aus dem Gesetz; der Steuerbescheid sei nur deklaratorisch. Unentgeltlichkeit im Sinne von § 134 InsO liege vor, wenn der Insolvenzschuldner irrtümlich eine vermeintliche, in Wirklichkeit nicht bestehende Schuld erfülle. So liege der Fall hier, weil die Insolvenzschuldnerin irrtümlich auf die Umsatzsteuerschuld der T3 gezahlt habe. Dass ein entsprechender Steuerbescheid vorgelegen habe, sei unerheblich.
51Weiter meint der Kläger, die Tatbestandsvoraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG seien gegeben. Die finanzielle Eingliederung der Insolvenzschuldnerin in die T3 liege schon deshalb vor, weil die T3 während der maßgeblichen Zeit vom 01.07.2002 bis zum 19.07.2004 alle Anteile der Insolvenzschuldnerin gehalten habe. Hierbei sei entgegen der Auffassung der Kammer unerheblich, wer in dieser Zeit Gesellschafter der T3 gewesen und ob vor oder nach Gründung der Insolvenzschuldnerin ein Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Die wirtschaftliche Eingliederung der Insolvenzschuldnerin in die T3 sei gegeben, da der Insolvenzschuldnerin alle wesentlichen Aktiva, die sie benötigt habe, seitens der T3 übertragen worden seien. Auch die organisatorische Eingliederung liege vor. Die Geschäftsführung beider Gesellschaften sei in der fraglichen Zeit zeitweise identisch, zeitweise im Wesentlichen identisch gewesen.
52Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2013, der am Tag vor der mündlichen Verhandlung - am 22. Oktober 2013- bei Gericht eingegangen ist, hat der Kläger nochmals zu der umsatzsteuerlichen Organschaft vorgetragen und einen Bericht des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B vom 4. Oktober 2013 (Bl. 1040 ff. d. A.) vorgelegt. Dort heißt es u.a.:
53„Die Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen „T3“ und der Bfa. lt. Antrag des Herrn RA X2 vom 21.09.2009 wird seitens der Betriebsprüfung insgesamt verneint und abgelehnt. Für die Jahre 2002 und 2003 kann dem Antrag des Weiteren nicht gefolgt werden, da die Steuerschuld aufgrund eingetretener Festsetzungsverjährung für die Umsatzsteuer formell bestandskräftig geworden ist.
54......
55Eine wirtschaftliche Eingliederung liegt jedoch nicht vor, das sie an der notwendigen strukturellen Eingliederung der Bfa. in die „T3“ scheitert. Die vermeintliche Organgesellschafter (Bfa.) hat der Unternehmen des vermeintlichen Organträgers „T3“ weder gefördert bzw. ergänzt, noch haben die beiden Gesellschaften in einem Überordnungsverhältnis gestanden. ....
56........
57Auf der Grundlage des vorliegenden Sachverhalts ist eine organisatorische Eingliederung nicht gegeben. ......“
58Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, es bestehe in Höhe des eingeklagten Betrages auch ein Anspruch gem. § 812 BGB. Die Zahlungen der Insolvenzschuldnerin seien rechtsgrundlos erfolgt.
59Schließlich beruft sich der Kläger darauf, entgegen der Auffassung der Kammer würden auch die Voraussetzungen einer Anfechtung gem. § 133 InsO vorliegen. Sein Vorbringen in erster Instanz sei hinreichend substantiiert gewesen. Hierzu behauptet er, die Insolvenzschuldnerin sei spätestens am 30.06.2004 überschuldet gewesen. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Prof. Dr. H2 vom 29.07.2008 (K 27 der Anlagehefter zur Klageschrift). Zudem sei die Insolvenzschuldnerin zahlungsunfähig gewesen und habe ihre Zahlungen eingestellt. Hierfür spreche bereits, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, gegenüber dem beklagten Land die – vermeintlich – geschuldete Umsatzsteuernachzahlung für das Jahr 2002 aus der im Jahre 2004 durchgeführten Betriebsprüfung zu erbringen und das am 30.06.2004 endfällige Darlehen gegenüber der Firma F3 Service GmbH zu bedienen. Dieses Darlehen sei erst später im Zusammenhang mit der Zahlung einer ersten Rate prolongiert worden. Die zweite Rate, die Ende 2004 fällig gewesen sei, sei dann bei Fälligkeit zunächst nicht gezahlt worden. Dabei habe der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin die Zahlungsunfähigkeit gegenüber der F3 Service GmbH eingestanden.
60Mit Schriftsatz vom 10.10.2013 (Bl. 628 ff. d. A.), bei Gericht im Original eingegangen am 14.10.2013, hat der Kläger Kopien (ohne Anlagen) eines – ausweislich des Eingangsstempels bereits am 31.07.2013 bei ihm eingegangenen - Gutachtens des Sachverständigen Dr. I2 vom 16.07.2013 vorgelegt, das der Sachverständige in einem beim Landgericht Aachen (10 O 193/08) geführten Rechtsstreit „N gegen T GmbH u.a.“ erstellt hat (Bl. 680 ff. d. A.) und die Beiziehung und Verwertung des Gutachtens gem. § 411a ZPO beantragt. Zugleich hat er eine von ihm in dem dortigen Rechtsstreit unter dem 01.10.2013 zu dem Gutachten eingereichte eigene umfangreiche Stellungnahme zu den Akten gereicht (Bl. 857 ff. d. A.), in dem u.a. die Ausführungen in dem Sachverständigengutachten Dr. I2 angegriffen und weitere Beweise durch Einholung von Gutachten, Zeugenvernehmungen, Ortstermine angeboten werden. Weiterhin hat er in dem vor dem Landgericht Aachen geführten Rechtsstreit eine mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen beantragt. Unter Berufung auf dieses Gutachten - welches nach Auffassung des Klägers „nicht in allen Belangen zutreffend“ ist und „in Teilbereichen handwerkliche Mängel“ aufweist - behauptet der Kläger, die Insolvenzschuldnerin sei seit Februar 2003 drohend zahlungsunfähig gewesen.
61Weiterhin behauptet der Kläger, das beklagte Land bzw. das Finanzamt habe auch Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin besessen. Das beklagte Finanzamt habe die Struktur der Insolvenzschuldnerin als Auffanggesellschaft der insolventen T3 gekannt. Zum Zeitpunkt der anfechtbaren Handlung seien dem beklagten Land die Jahresabschlüsse für die Jahre 2002 und 2003 bekannt gewesen. Daraus habe sich ergeben, dass Verbindlichkeiten im achtstelligen Euro-Bereich bestanden hätten. Aufgrund des Umstands, dass die Insolvenzschuldnerin nicht in der Lage gewesen sei, die – vermeintliche – Umsatzsteuerschuld in Höhe von rund 1,49 Mio. Euro zu begleichen, habe das beklagte Land auch gewusst, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte. Aufgrund des dem beklagten Land vorliegenden Jahresabschlusses für das Jahr 2003 hätte ihm auch bewusst sein müssen, dass die Insolvenzschuldnerin das Darlehen der Firma F3 GmbH aus eigenen Mitteln nicht würde zurückzahlen können. Das Finanzamt sei insoweit auch hinreichend sachkundig. Ein Beweisanzeichen für die drohende Zahlungsunfähigkeit und damit sowohl für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin aber auch die Kenntnis des Anfechtungsgegners liege im Übrigen vor, wenn inkongruente Leistungen erfolgen. Inkongruent sei hier die Abtretung des Steuererstattungsanspruchs der T3 in Höhe von 1.470.286,00 € an die Insolvenzschuldnerin.
62Der Kläger beantragt,
63das beklagte Land unter Abänderung des am 15.01.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Aachen zu verurteilen, an ihn 6.524.493,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
64auf einen Betrag in Höhe von 614.587,95 € seit dem 15.02.2003,
65auf einen Betrag in Höhe von 3.246.351,83 € seit dem 15.02.2004,
66auf einen Betrag in Höhe von 176.633,84 € seit dem 15.03.2004,
67auf einen Betrag in Höhe von 194.303,95 € seit dem 15.04.2004,
68auf einen Betrag in Höhe von 237.506,42 € seit dem 15.05.2004,
69auf einen Betrag in Höhe von 141.885,98 € seit dem 15.06.2004,
70auf einen Betrag in Höhe von 267.206,45 € seit dem 15.07.2004,
71auf einen Betrag in Höhe von 175.749,32 € seit dem 15.08.2004,
72auf einen Betrag in Höhe von 1.470.267,84 € seit dem 26.08.2004,
73auf einen Betrag in Höhe von 53.246,13 € seit dem 31.01.2005
74zu zahlen,
75hilfsweise die Sache an das Landgericht Aachen zurückzuverweisen.
76Das beklagte Land beantragt,
77die Berufung zurückzuweisen.
78Das beklagte Land verteidigt das angegriffene Urteil und wiederholt sowie vertieft das erstinstanzliche Vorbringen. Es vertritt die Auffassung, eine Anfechtung gem. § 134 InsO komme nicht in Betracht. Es fehle an einer rechtsgrundlosen Leistung der Insolvenzschuldnerin. Selbst wenn eine Organschaft vorliege, was bestritten werde, hafte die Insolvenzschuldnerin gem. § 73 AO für die Umsatzsteuer. § 73 AO begründe einen eigenständigen Haftungsanspruch gegen die Organgesellschaft. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 19.01.2012 (IX ZR 2/11) erfasse entgegen der Auffassung des Klägers auch den vorliegenden Fall. Es komme nicht darauf an, ob die Organschaft bekannt sei, oder ob ein Haftungsbescheid erlassen worden sei. Im Übrigen sei das beklagte Land zur Aufrechnung berechtigt, die hilfsweise geltend gemacht werde.
79Das beklagte Land bestreitet, dass T3 nicht in der Lage gewesen sei, die Umsatzsteuer an das beklagte Land zu zahlen, und dass das Verfahren T3 dauerhaft masseunzulänglich sei bzw. bleibe.
80Das beklagte Land verweist darauf, dass die Umsatzsteuer für die Jahre 2002 bis 2004 bestandskräftig festgesetzt sei. Die ergangenen, nicht aufgehobenen Bescheide seien bei der Entscheidung über eine Insolvenzanfechtung gem. § 134 InsO zugrundezulegen, ohne dass deren Rechtmäßigkeit zu prüfen wäre. Die Leistungen der Insolvenzschuldnerin seien daher nicht rechtsgrundlos erfolgt, sondern zum einen im Hinblick auf die bestandskräftigen Steuerbescheide und zum anderen wegen § 73 AO mit Rechtsgrund. Die Voraussetzungen einer Organschaft lägen im Übrigen nicht vor. Es fehle die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Insolvenzschuldnerin in die T3. Ein Anspruch des Klägers gem. § 812 BGB bestehe nicht, weil die Steuerzahlungen der Insolvenzschuldnerin mit Rechtsgrund erfolgt seien.
81Das beklagte Land vertritt weiterhin die Auffassung, die Voraussetzungen einer Anfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO lägen nicht vor und seien vom Kläger auch nicht dargelegt worden. Hierauf habe die Kammer bereits erstinstanzlich hingewiesen. Eine Nachbesserung des Vortrags durch den Kläger sei in erster Instanz nicht erfolgt. Soweit der Kläger in zweiter Instanz neu vortrage, sei er mit seinem Vorbringen ausgeschlossen. Im Übrigen sei sein Vortrag auch in zweiter Instanz unzureichend.
82Das beklagte Land macht geltend, die Insolvenzschuldnerin sei am 30.06.2004 nicht überschuldet gewesen. Dies ergebe sich nicht aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. H2, da sich dieses Gutachten nur mit der Frage der bilanziellen Überschuldung befasst habe, nicht aber mit der insolvenzrechtlichen Überschuldung, wie schon das Oberlandesgericht Köln in einem weiteren Rechtsstreit des Klägers gegen Herrn W - 18 U 242/11 – durch Urteil vom 30.08.2012 zutreffend festgestellt habe. Für eine Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin spreche auch nicht der am 30.06.2004 fällige Darlehensrückzahlungsanspruch der Firma F3 Service GmbH. Das Darlehen sei nämlich verlängert und letztendlich zurückgezahlt worden.
83Weiterhin bestreitet das beklagte Land, dass die Insolvenzschuldnerin zur Zeit der maßgeblichen Rechtshandlungen mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt habe. Dementsprechend fehle es auch an der entsprechenden Kenntnis von dem Gläubigerbenachteilungsvorsatz. Soweit der Kläger auf die Jahresabschlüsse für die Jahre 2002 und 2003 verweise, seien sie zum Zeitpunkt der maßgeblichen Rechtshandlungen nicht bekannt gewesen; im Übrigen habe der Kläger auch nicht dargelegt, welche konkreten Hinweise auf die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit sich aus diesen Abschlüssen ergeben sollen. Die Insolvenzschuldnerin sei in der Lage gewesen, im Jahre 2004 die Umsatzsteuernachzahlung in Höhe von ca. 1,49 Mio. Euro durch Zahlung zu erbringen. Dies sei aber gar nicht nötig gewesen, da ihr die T3 ihren Erstattungsanspruch abgetreten habe.
84Bezüglich der Schriftsätze des Klägers vom 10.10.2013 und 21.10.2013 rügt das beklagte Land Verspätung.
85Der Kläger hat nach Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 296a ZPO) vor dem Senat in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 6.11.2013 (Bl. 1082 ff.) weiter vorgetragen.
86Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamte vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze einschließlich aller Anlagen zu diesen Schriftsätzen und auf das Urteil des Landgerichts vom 15.01.2013 Bezug genommen.
87II.
88Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die hiergegen mit der Berufung erhobenen Angriffe rechtfertigen keine andere Beurteilung.
89Der Kläger hat gegen das beklagte Land keinen Anspruch auf Erstattung der von der Insolvenzschuldnerin für die Zeit vom 01.07.2002 bis zum 19.07.2004 erbrachten diversen Umsatzsteuerzahlungen in Höhe von insgesamt 6.524.493,52 €.
901.
91Ein Anspruch auf Rückgewähr ergibt sich nicht gem. § 143 Abs. 1 i.V.m. § 134 Abs. 1 InsO.
92a)
93Sollte, wovon das beklagte Land und auch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung B - in dem von dem Kläger nunmehr vorgelegten Bericht der Außenprüfung bei der Insolvenzschuldnerin - ausgehen, keine umsatzsteuerliche Organschaft zwischen „T3“ und „T“ vorliegen, scheidet eine Anfechtung der erbrachten Umsatzsteuerzahlungen gem. § 134 InsO schon mangels unentgeltlicher Leistungen aus. In diesem Fall hat die Insolvenzschuldnerin jeweils eigene Umsatzsteuerverbindlichkeiten erfüllt. Die Zahlungen erfolgten dann jeweils im Zusammenhang mit entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Umsatzsteuerfestsetzungen.
94b)
95Unterstellt man zugunsten des Klägers das Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft, sind die Voraussetzungen des § 134 InsO aus mehreren unabhängigen Gesichtspunkten nicht gegeben.
96aa)
97Es bestehen bereits Bedenken, ob auf der Grundlage des Prozessvortrages des Klägers überhaupt hinsichtlich jeder einzelnen der in dem streitbefangenen Zeitraum erfolgten Umsatzsteuerzahlungen von einer Leistung der Insolvenzschuldnerin im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO ausgegangen werden kann.
98Vom Begriff der Leistung im Sinne von § 134 InsO werden Rechtshandlungen des Schuldners erfasst, die dazu dienen, einen Vermögenswert aus dem haftenden Vermögen des Schuldners zugunsten eines anderen zu entfernen, wodurch der Anfechtungsgegner einen Vermögensvorteil erlangt (z.B. Hamburger Kommentar/Rogge/Leptien, InsO, 4. Aufl. 2012, § 134 Rn. 2, 6, 7 m.w.N.). Da der Kläger seinen auf § 134 InsO gestützten Rückgewähranspruch auf eine Vielzahl einzelner Umsatzsteuerzahlungen stützt, bedarf es – wie der Senat mit den Parteien erörtert hat - hinsichtlich jeder einzelnen Zahlung einer näheren Darlegung. Jede einzelne Zahlung und damit Leistung des Schuldners könnte ein selbstständiges Rückgewährschuldverhältnis im Sinne des § 143 Abs. 1 InsO i.V.m. § 134 InsO begründen. Entsprechend muss für jede einzelne Zahlung konkret aufgezeigt werden, dass es sich hierbei überhaupt um eine Leistung des Schuldners handelt. Hierauf weist der Kläger in der Berufungsbegründungsschrift und dem Schriftsatz vom 10.10.2013 zwar zutreffend hin, ohne jedoch dem mit der Berufung gerecht zu werden. Es wird – wie der Senat erörtert hat - auch weiterhin nicht hinsichtlich jeder einzelnen Umsatzsteuerzahlung konkret eine Leistung der Insolvenzschuldnerin aufgezeigt.
99So ist hinsichtlich eines Teilbetrages von 1.460.780,89 € zweifelhaft, ob auf der Grundlage des Prozessvortrages des Klägers überhaupt eine Leistung der Insolvenzschuldnerin vorliegt. Das beklagte Land hat unstreitig diesen Betrag dadurch erlangt, dass der Insolvenzverwalter der T3 einen bestehenden Steuererstattungsanspruch in Höhe von 1.470.267,84 € an die Insolvenzschuldnerin zur Verrechnung mit den Steuerverbindlichkeiten abgetreten hatte und dadurch dem Finanzamt die Möglichkeit eröffnet worden ist, in Höhe eines Teilbetrages von 1.460.780,89 € die Steuerschuld der Insolvenzschuldnerin durch „Umbuchung zur Tilgung zu bringen“.
100Soweit der Kläger erstmals in dem Schriftsatz vom 10.10.2013 ohne konkreten Sachvortrag behauptet, es sei seitens der Insolvenzschuldnerin „eine Nachzahlung in Höhe von 1.470.269.00 € erfolgt“ (Bl. 646 d. A.) stehen diese Ausführung im Widerspruch zu dem eigenen bisherigen Vortrag, zu den von ihm zu dem Akten gereichten Unterlagen sowie den für den Senat bindenden Feststellungen des Landgerichts in dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (§ 314 ZPO).
101Auch hinsichtlich der weiteren Zahlungen in Höhe von insgesamt 5.063.712,63 € ist der Prozessvortrag nur pauschal. So stützt der Kläger seinen Anfechtungsanspruch für das Jahr 2002 pauschal darauf, die Zahlungen in Höhe eines Betrages von insgesamt 614.587,95 € seien aufgrund der jeweiligen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Juni bis Dezember 2002, fällig jeweils am 15. des übernächsten Monat, bis spätestens zum 15.02.2003 erfolgt. Hieraus ist aber weder erkennbar, welcher konkrete Betrag im jeweiligen Monat gezahlt wurde, noch ist ersichtlich, wie die einzelnen Umsatzsteuerzahlungen in diesem Zeitraum erfolgt sind, etwa per Barzahlung, per Überweisung seitens der Schuldnerin oder im Lastschrifteinziehungsermächtigungsverfahren von einem Konto der Schuldnerin.
102Bezüglich der Zahlungen für das Jahr 2003 in Höhe von insgesamt 3.246.351,83 € und für das Jahr 2004 gelten die vorstehenden Ausführungen zum Vorjahr entsprechend. Es wird seitens des darlegungs- und beweispflichtigen Klägers weder die Höhe noch die Art und Weise der monatlichen Zahlungen angegeben. So heißt es in der von dem Kläger zu den Akten gereichten Abrechnung für 2003 über Umsatzsteuer (Anlage K 17), der Restbetrag von 53.246,13 € werde zum Zeitpunkt der Fälligkeit am 31.01.2005 „vom Konto 0000xxxxx0 bei Sparkasse B per Lastschrift eingezogen“. Dies legt die Vermutung nahe, dass zumindest die Restforderung nicht durch eine Zahlung seitens der Insolvenzschuldnerin, sondern im Wege der Einziehung durch das Finanzamt beglichen worden ist.
103bb)
104Hinsichtlich der für das Jahr 2002 erbrachten Zahlungen in Höhe von insgesamt 614.587,95 € scheidet – wie der Senat erörtert hat - ein auf § 134 InsO gestützter Rückgewähranspruch aber auch aus einem anderen Grund aus. Bereits auf der Grundlage des eigenen – vom Beklagten insoweit nicht bestrittenen - Vortrages des Klägers kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass der gesamte Betrag innerhalb der vierjährigen Frist seit Insolvenzantragstellung geflossen ist. Der Insolvenzantrag ist am 09.10.2006 gestellt worden. Der Lauf der Frist begann daher am 09.10.2002. Der Kläger selbst beruft sich darauf, dass die erste – angefochtene - Zahlung für den Monat Juni 2002 am 15.08.2002 fällig war und diejenige für den Monat Juli 2002 am 15.09.2002. Hierzu ist dann unstreitig, dass die Umsatzsteuervorauszahlungen pünktlich erfolgt sind, so dass mangels anderweitiger Anhaltspunkte feststeht, dass zumindest die ersten beiden Zahlungen vor dem 09.10.2002 und damit außerhalb der kritischen Zeit erfolgt sind. Da aber die Höhe der einzelnen monatlichen Vorauszahlungen nicht von dem Kläger mitgeteilt, ist bereits nicht feststellbar, in welchem Umfang Leistungen vor bzw. nach dem 09.10.2002 erbracht worden sind.
105Insoweit ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.11.2013 nicht unstreitig, dass sämtliche Zahlungen innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Insolvenzantrag erfolgt sind. Vielmehr hat der Kläger selbst bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen, dass Zahlungen, deren Höhe nicht weiter mitgeteilt wurde, bereits im August und September 2002 fällig waren, pünktlich und damit außerhalb des maßgeblichen Anfechtungszeitraum bezahlt worden sind. Unzutreffend ist die Auffassung des Klägers, das Landgericht habe in dem unstreitigen Tatbestand des angefochtenen landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass sämtliche Zahlungen innerhalb der maßgeblichen Frist erfolgt sind. Die Kammer hat hinsichtlich der einzelnen Zahlungen weder zu der Höhe noch zu dem Zeitpunkt der Zahlung Feststellungen getroffen. Vielmehr heißt es hinsichtlich der Umsatzsteuerzahlungen für das Jahr 2002 nur:
106„T erbrachte Umsatzsteuerzahlungen für das Jahr 2002 in Höhe von insgesamt 2.084,855,79 EURO .....“
107cc)
108Weiterhin fehlt es - wie der Senat ebenfalls mit den Parteien erörtert hat - an der für eine erfolgreiche Anfechtung notwendigen Unentgeltlichkeit der einzelnen Leistungen. Die Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit ist entgeltlich, wenn diese Verbindlichkeit durch einen entgeltlichen Vertrag oder durch ein gesetzliches Schuldverhältnis rechtswirksam begründet wurde, da der Schuldner auf diese Weise von der Verbindlichkeit frei wird (Hamburger Kommentar/Rogge/Leptien, InsO, 4. Auflage 2012, § 134 Rn. 22; BGH, NZI 2008, 556 Rn.13). Hier hat die Insolvenzschuldnerin bezüglich eines Teilbetrages von 9.487,03 € (Restbetrag von 2002) schon deshalb auf ihre eigene Umsatzsteuerschuld geleistet, weil die Steuerschuld zu Lasten der Insolvenzschuldnerin bestandskräftig festgesetzt worden ist und die Insolvenzschuldnerin im Hinblick auf diesen Steuerbescheid geleistet hat, worauf das beklagte Land schon mit Schriftsatz vom 25.09.2012 und der Senat im Beschluss vom 29.03.2012 – 2 W 119/11 - hingewiesen haben. Solange dieser Steuerbescheid nicht aufgehoben wird, besteht auch die Zahlungspflicht der Insolvenzschuldnerin gegenüber dem beklagten Land.
109Entgegen der Auffassung des Klägers ist dieser Steuerbescheid im vorliegenden Rechtsstreit auch zu beachten. Verwaltungsakte binden in den Grenzen ihrer Bestandskraft andere Gerichte und Behörden (BGH NZI 2011, 323; BGH ZIP 2006, 2234; BGHZ 158, 19 [22]). Die Gerichte haben Verwaltungsakte, selbst wenn sie fehlerhaft sein sollten, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht aufgehoben worden sind (BGH NZI 2011, 323; BGH ZIP 2006, 2234; BGHZ 73, 114, 117; MünchKomm/Wolf, ZPO, 2. Aufl., § 17 GVG Rn. 13). Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, zugrunde zu legen (BGH, NZI 2006, 249). Entgegen der in der Berufungsbegründung vom 18.04.2013 vertretenen Auffassung des Klägers ist ein bestandskräftiger Verwaltungsakt gerade nicht mit einem nichtigen Kaufvertrages vergleichbar.
110Die Ausführungen des Klägers zum Verhältnis von Insolvenzanfechtungsrecht und Steuerrecht rechtfertigen ebenfalls keine andere Beurteilung. Es ist zwar zutreffend, dass Zahlungen von Steuerschuldnern grundsätzlich insolvenzrechtlich auch dann angefochten werden können, wenn den Leistungen bestandskräftige Steuerbescheide zugrundeliegen. Das ist bei den Anfechtungstatbeständen wie §§ 130, 131, 133 InsO möglich. Eine andere Frage ist jedoch, ob eine Leistung unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO erbracht worden ist. Hier stellen sich nämlich Vorfragen. Insoweit können auch bestandskräftige Steuerbescheide maßgeblich sein, die im Einzelfall dazu führen können, dass eine Anfechtung nach § 134 InsO gerade nicht durchgreift. Die Umsatzsteuer für das Jahr 2002 ist durch bestandskräftigen Bescheid vom 21.07.2004 festgesetzt worden. Die Restzahlung von 9.487,03 € erfolgte aufgrund dieses Bescheides.
111Ob die vorstehenden Überlegungen auch für alle übrigen Umsatzsteuerzahlungen gelten, denen zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen kein bestandskräftiger Bescheid zugrunde liegt, sondern nur Umsatzsteuervoranmeldungen der Insolvenzschuldnerin, kann offen bleiben. Die Insolvenzschuldnerin hat auch insoweit entgeltlich geleistet, weil ihre Umsatzsteuerschuld durch ein gesetzliches Schuldverhältnis rechtswirksam begründet und sie infolge ihrer Zahlungen von den Verbindlichkeiten frei wurde. Dies gilt auch, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, dass zur Zeit der jeweils angefochtenen Leistung der Tatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und damit eine umsatzsteuerliche Organschaft im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorgelegen hat. Auch in diesem Fall liegen keine unentgeltlichen Leistungen vor.
112Gem. § 73 AO haftet eine Organgesellschaft (hier die Insolvenzschuldnerin) persönlich für solche Steuern des Organträgers (hier die T3), für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Diese Haftung entsteht zugleich mit dem Steueranspruch gegen den Organträger, ohne dass es - entgegen der Auffassung des Klägers – eines entsprechenden Haftungsbescheides gegenüber der Organgesellschaft bedarf. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 19.01.2012 (NZI 2012, 177) in Rn. 17 ausgeführt:
113„Mit dem Steueranspruch gegen den Organträger wird zugleich der Haftungsanspruch gegen die Organgesellschaft begründet. Ein Haftungsanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Wegen der Akzessorietät des Haftungsanspruchs ist hierfür im Regelfall erforderlich, daß auch die Steuerschuld, für die gehaftet werden soll, entstanden ist und noch besteht. Für die Entstehung des Haftungsanspruchs als abstrakten, materiell-rechtlichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bedarf es nicht des Erlasses eines Haftungsbescheids. Der Haftungsbescheid konkretisiert lediglich den bereits entstandenen Haftungsanspruch und bildet die Grundlage für die Verwirklichung dieses Anspruchs. Der Haftungsbescheid hat demnach ebenso wie der Steuerbescheid keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Bedeutung (BFH, Urteil vom 15. Oktober 1996 - VII R 46/96, BFHE 181, 392, 394 f.). Die Entstehung des Haftungstatbestandes als materiell-rechtlicher Anspruch aus dem Steuerverhältnis erfordert nach dieser weiter maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs also nicht den Erlass eines Haftungsbescheides (OLG O2, ZInsO 2010, 207). Im Streitfall war der Haftungsanspruch mit Begründung der ihm zugrunde liegenden Umsatzsteuerschuld entstanden. In der Subsidiarität des § 219 Satz 1 AO liegt kein Entstehungshindernis der Haftpflicht. Selbst ein Haftungsbescheid gemäß § 191 AO kann - trotz aussichtsreicher Vollstreckung gegen den Steuerschuldner - ergehen. Nur das Leistungsgebot gemäß § 254 AO hat dann als Folge der Subsidiarität zu unterbleiben (Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 2011, § 219 Rn. 10, 12). Da der Schuldnerin gegen den von dem beklagten Land verfolgten Haftungsanspruch wegen der Zahlungsfähigkeit des Organträgers ein Leistungsverweigerungsrecht (vgl. etwa § 273 BGB) eröffnet war, konnte das beklagte Land als Haftungsgläubiger die im Lastschriftverfahren erlangte Deckung "nicht zu der Zeit" beanspruchen (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO, § 131 Rn. 40; Hamburger Kommentar/Rogge, InsO, aaO, § 131 Rn. 18; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 131 Rn. 68). Dieser Umstand lässt aber die Stellung der Finanzbehörde als Gläubigerin der Schuldnerin unberührt. (BGH, Urteil vom 19. Januar 2012 – IX ZR 2/11, BGHZ 192, 221).“
114Diese Ausführungen werden von dem Senat uneingeschränkt geteilt. Ließe man in Fällen der Zahlungsunfähigkeit des Organträgers die Anfechtung des Insolvenzverwalters der Organgesellschaft nach § 134 Abs. 1 InsO durchgreifen, würde der Zweck des § 73 AO, eine umfassende Sicherung des Steueranspruchs zu gewährleisten (BFH, ZIP 2009, 2455), insolvenzrechtlich verfehlt, weil die Organgesellschaft wie ein bloßer Drittzahler behandelt würde (BGH, NZI 2012, 177).
115Unerheblich ist auch, ob die Insolvenzschuldnerin zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung Kenntnis von dem Vorliegen einer Organschaft hatte. Die Frage, ob der Leistung des Schuldners eine ausgleichende Gegenleistung gegenüberstehen, bestimmt sich – worauf der Kläger bereits in der Klageschrift hingewiesen hat - nach objektiven Gesichtspunkten (BGH ZIP 2011, 484). Maßgeblich ist, ob sich Leistung und Gegenleistung in ihrem objektiv zu ermittelnden Wert entsprechen; subjektive Vorstellung und Absichten treten demgegenüber zurück. Entsprechend kommt es nicht darauf an, ob die Insolvenzschuldnerin bei der Zahlung bereits Kenntnis von dem Bestehen – einer hier unterstellten – Organschaft hatte. Auch § 73 AO differenziert für eine Haftung nicht zwischen einer von Beginn an bekannten und einer unerkannten Organschaft. Vielmehr besteht eine Haftung stets dann, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 Nr. UStG erfüllt sind; sie ist nicht von den subjektiven Vorstellungen des Zahlenden abhängig.
116Ob und in welchem Umfang die T3, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden war und – ausweislich der öffentlichen Bekanntmachungen auf der Internetplattform „www.insolvenzbekanntmachungen.de“ - am 17.01.2006 die Masseunzulänglichkeit angezeigt worden ist, jemals in der Lage und auch bereit gewesen ist, im Falle einer eigenen Inanspruchnahme durch das Finanzamt die Umsatzsteuerschulden umfänglich auszugleichen, kann letztlich dahingestellt bleiben. Im Rahmen des Anfechtungsrechts sind, worauf auch der Kläger zutreffend in der Berufungsbegründungsschrift hinweist, hypothetische Kausalverläufe nicht zu berücksichtigen. Gleiches gilt auch für die von dem Kläger mit der Berufungsschrift pauschal aufgezeigte denkbare Möglichkeit einer Inanspruchnahme des Insolvenzverwalters der T3 gem. §§ 60, 61 InsO im Falle einer fehlenden Möglichkeit der Erfüllung der Umsatzsteuerschulden durch die Organträgerin.
117Insoweit bestand – entgegen der Auffassung der Berufung – hinsichtlich der Inanspruchnahme keine Ermessensreduzierung. Der Anspruch aus dem Steuerverhältnis und der Haftungsanspruch bestehen unabhängig voneinander. Eine Zahlung durch den Haftungsschuldner wirkt gem. § 44 Abs. 2 S. 1, S. 2 AO zugunsten des Steuerschuldners (BFHE 195, 510, 515). Mit der Zahlung durch den Haftenden geht die Steuerforderung auf diesen über, wenn er im Innenverhältnis gem. § 426 Abs. 2 BGB von dem Steuerschuldner Ausgleich verlangen kann. Zudem hätte unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes das Finanzamt im Insolvenzverfahren mit Haftungsforderungen aufrechnen können, die – wie hier – vor Verfahrenseröffnung entstanden sind, ohne dass es des vorherigen Erlasses eines Haftungsbescheides, der Feststellung der Haftungsforderung oder ihrer Anmeldung zur Tabelle bedarf. Auch § 96 InsO steht einer entsprechenden Aufrechnung nicht entgegen (BFHE 217, 216).
118Soweit der Kläger gelten macht, § 73 AO betreffe nur die Steuerschulden, nicht aber Nebenleistungen wie Zinsen, verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg. Inwieweit dies von Relevanz sein soll, erschließt sich indes nicht, zumal der Kläger hierzu nicht weiter vorträgt. Dies gilt auch für den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 10.10.2013, § 73 AO erfasse nicht sämtliche geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen. Der Vortrag ist ohne jede Substanz. Es ist nicht nachvollziehbar, dass auf „gewisse Umsätze“ entfallene Umsatzsteuer zwar nicht dem § 73 AO unterfallen sollen, auf der anderen Seite die Insolvenzschuldnerin aber von der T3 geschuldete Umsatzsteuer beglichen haben soll.
1192.
120Das Landgericht hat ebenfalls zu Recht einen auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 133 Abs. 1 InsO gestützten Rückgewähranspruch verneint.
121a)
122Wie vorstehend bereits für die jeweiligen Leistungen der Insolvenzschuldnerin näher aufgezeigt worden ist, fehlt es schon an einer konkreten Darlegung der einzelnen der Anfechtung unterliegenden Rechtshandlungen. Hierauf hat das beklagte Land bereits erstinstanzlich hingewiesen. Insbesondere bezüglich der „Umbuchung“ der abgetretenen Forderung in Höhe von 1.460.780,89 € wird bereits nicht konkret aufgezeigt, worin die Rechtshandlung der Schuldnerin liegt. Gleiches gilt für die möglicherweise im Wege der Lastschrift eingezogenen Umsatzsteuerzahlungen.
123b)
124Zudem kann auch auf der Grundlage des eigenen Prozessvortrages des Kläger sowie des unstreitigen Vorbringen nicht davon ausgegangen werden, dass die Insolvenzschuldnerin bei jeder einzelnen Zahlung mit der von § 133 Abs. 1 InsO geforderten Benachteiligungsabsicht gehandelt hat.
125aa)
126Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat. Die Beweislast für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners liegt ebenso wie für die übrigen Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 S. 1 InsO beim Insolvenzverwalter. Da es sich bei dem Benachteiligungsvorsatz um eine innere, dem Beweis nur schwer zugängliche Tatsache handelt, hat die Rechtsprechung zur Feststellung eines Benachteiligungsvorsatzes im Laufe der Zeit bestimmte aus der Lebenserfahrung abgeleitete Grundsätze entwickelt (BGH NJW 2003, 3560). Die durch die Rechtsprechung entwickelten Erfahrungssätze und Beweisanzeichen dürfen hierbei nicht schematisch im Sinne einer zu widerlegenden Vermutung angewendet werden, denn solche machen eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich (BGH ZInsO 2009, 2149).
127Ein Insolvenzschuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. Dessen Vorliegen ist schon dann zu vermuten, wenn der Insolvenzschuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 S. 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Vorsatz des Schuldners selbst keine strengeren Anforderungen gelten (BGH ZInsO 2011, 1410).
128Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts nach § 17 InsO (BGH ZInsO 2011, 1410). Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 InsO kann eine Liquiditätsbilanz aufgestellt werden. Eine solche Liquiditätsbilanz ist im Anfechtungsprozess jedoch entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH ZInsO 2011, 1410). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGH ZInsO 2011, 1410; BGHZ 149, 178 (184 f.)). Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen (BGH WM 2007, 1616). Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus (BGH WM 2008, 452). Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH WM 2010, 711). Die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist (BGHZ 149, 178, 185). Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH WM 2006, 2312). Eine bloß vorübergehende Zahlungsstockung liegt nicht vor, wenn es dem Schuldner über mehrere Monate nicht gelingt, seine fälligen Verbindlichkeiten spätestens innerhalb von drei Wochen auszugleichen und die rückständigen Beträge insgesamt so erheblich sind, dass von lediglich geringfügigen Liquiditätslücken keine Rede sein kann (BGH WM 2010, 711). Eine Zahlungseinstellung kann aus einem einzelnen, aber auch aus einer Gesamtschau mehrerer darauf hindeutender, in der Rechtsprechung entwickelter Beweisanzeichen gefolgert werden (BGH WM 2006, 1215). Sind derartige Indizien vorhanden, bedarf es nicht einer darüber hinaus gehenden Darlegung und Feststellung der genauen Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung von mindestens 10 % (BGH WM 2006, 1631). Dafür kann auch ein Vortrag ausreichend sein, der zwar in bestimmten Punkten lückenhaft ist, eine Ergänzung fehlender Tatsachen aber schon auf der Grundlage von Beweisanzeichen zulässt (vgl. BGH ZIP 1998, 2008, 2010). Es obliegt dann dem Tatrichter, ausgehend von den festgestellten Indizien eine Gesamtabwägung vorzunehmen, ob eine Zahlungseinstellung gegeben ist.
129bb)
130Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann kein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz festgestellt werden:
131Der Kläger hat die Voraussetzungen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Insolvenzschuldnerin zu dem jeweils maßgeblichen Zeitpunkt nicht schlüssig aufgezeigt. Fehl geht der pauschale Hinweis des Klägers in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu den Akten gereichten Schriftsatz vom 06.11.2013, er habe bereits in erster Instanz ausführlich dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die Geschäftsführung von T die vorliegende Insolvenzreife kannte, mithin mit Gläubigerbenachteilungsabsicht handelte. Der Kläger hat sich für die Gläubigerbenachteiligungsabsicht maßgeblich auf die nach seinem Vortrag bereits zum 30.06.2004 eingetretene Zahlungsunfähigkeit gestützt. Folgte man dem Kläger in seiner Argumentation, so würde dies dazu führen, dass nur hinsichtlich der ab diesem Zeitpunkt erfolgten bzw. hinsichtlich der Umbuchung zugunsten des Kläger unterstellten Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorliegen kann, so dass ein Rückgewähranspruch nur hinsichtlich folgender Beträge in Betracht käme: nämlich die Verrechnung der abgetretenen Forderung i.H.v. 1.460.780,89 €, die Zahlung der restlichen Umsatzsteuer für 2004 (26.08.2004) i.H.v. 9.487,03 €, die Umsatzsteuerzahlung für Mai 2004 (15.07.2004) i.H.v. 267.206,45 €, die Umsatzsteuerzahlung für Juni 2004 (15.08.2004) i.H.v. 175.749,32 € und die Zahlung der restlichen Umsatzsteuer für 2003 am 31.01.2005 i.H.v. 53.246,13 €.
132cc)
133Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren, die Insolvenzschuldnerin sei bereits seit Februar 2003 drohend zahlungsunfähig, ist neu und gem. §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Der Kläger hätte nämlich schon in erster Instanz im Hinblick auf die ihm bereits vorliegenden Gutachten auch ohne Kenntnis des erst im Juli 2013 in einem anderen Rechtsstreit eingeholten Gutachtens substantiiert zu einer früheren drohenden Zahlungsunfähigkeit vortragen und entsprechende eigene Beweismittel anbieten können.
134Soweit sich der Kläger erstmals in dem Schriftsatz vom 10.10.2013 auf das ihm am 31.07.2013 übersandte Gutachten des Sachverständigen Dr. I2 stützt, dessen Verwertung das beklagte Land widersprochen hat, ist dieses Beweisangebot gem. §§ 525, 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. I2 ist entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht so zeitig vorgelegt worden, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Das Gutachten lag dem Kläger am 31.07.2013 vor. Es wäre daher zu erwarten gewesen, dass er das Gutachten noch im August 2013 zur Akte reichen und zum Gutachten Stellung nehmen würde. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Senat noch keinen Termin bestimmt. Er hätte auf dieses neue Vorbringen reagieren und durch prozessleitende Verfügungen einer Verzögerung des Rechtsstreits entgegenwirken können, z.B. durch vorsorgliche Ladung des Sachverständigen Dr. I2 zum Termin.
135Die Berücksichtigung des erst am 10.10.2013 zur Akte gereichten Gutachtens hätte dagegen eine Verzögerung des Rechtsstreits zur Folge. Es ist nämlich ungeklärt, ob das Gutachten im vorliegenden Rechtsstreit gem. § 411a ZPO verwertet werden kann. Denn allein zum maßgeblichen Stichtag des 30.06.2004 weist das Gutachten bezüglich der materiellen Verschuldung zwei Werte auf, nämlich einen Wert „inkl. Korr. Buchungen“ und einen Wert „ohne Korr. Buchungen“. In dem einen Fall ist von einer Überschuldung in Höhe von 955.439,75 €, im anderen Fall ist von einer Überdeckung von 512.302,23 € auszugehen. Da die Parteien im vorliegenden Rechtsstreit zu Überbewertungen von Aktivvermögenswerten, die den unterschiedlichen Ergebnissen des Sachverständigen Dr. I2 zugrunde liegen, gar nicht – konkret - vorgetragen haben, wäre den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme zu gewähren und der Sachverständige gegebenenfalls zu hören gewesen.
136Die Verspätung ist auch nicht hinreichend entschuldigt. Die persönliche Verhinderung des Klägers im Sommer 2013 aus familiären Gründen reicht nicht. Soweit der Kläger aufgrund des bedauerlichen persönlichen Schicksals nicht in der Lage war, zeitnah den aus seiner Sicht für die Prozessführung maßgeblichen Sachverhalt vorzutragen und das Beweismittel dem Senat vorzulegen bzw. die entsprechenden Unterlagen zu lesen, hätte er hiermit entweder ein anderes Mitglied seiner Kanzlei oder einen anderen Rechtsanwalt beauftragen können und letztlich auch müssen. So sieht § 53 Abs. 1 Nr. 1 BRAO zwingend vor, dass ein Rechtsanwalt für seine Vertretung sorgen „muss“, wenn er länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben (Nr. 1) bzw. wenn er sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will (Nr. 2).
137Aber auch eine Zulassung des neuen Vorbringens sowie des Beweismittels würde keine andere Beurteilung hinsichtlich des von dem Kläger nunmehr geltend gemachten Zeitpunkts rechtfertigen. Selbst wenn – so der Kläger – bereits im Februar 2003 oder zu einem späteren Zeitpunkt die Fortführungsprognose der Insolvenzschuldnerin negativ gewesen sein sollte, rechtfertigt allein dieser Hinweis noch nicht einen Rückschluss auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu eben diesem Zeitpunkt. Der Vortrag des Klägers, drohende Zahlungsunfähigkeit habe schon im Februar 2003 vorgelegen, folgt aber gar nicht aus dem vorgelegten Gutachten. Der Sachverständige Dr. I2 gelangt in seinem – in einem anderen Rechtsstreit erstatteten - Gutachten vom 16.07.2013 nicht zu dem Ergebnis einer bestehenden oder zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit im Februar 2003. Diese Feststellung war auch nicht Aufgabe des Sachverständigen. Vielmehr war dieser entsprechend dem Beweisbeschluss des Landgerichts Aachen vom 03.02.2011 u.a. mit der Beantwortung folgender Frage beauftragt:
138„War T – und wenn ja ab/zu welchem/welchen Zeitpunkt/Zeitpunkten – überschuldet [wobei vom Überschuldungsbegriff im Sinne der Rechtsprechung zum Eigenkapitalschutz nach alter Rechtslage auszugehen ist; d.h. deckte das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten unter Einbeziehung der stillen Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht (rechnerische Überschuldung) und reichte die Finanzkraft der Gesellschafter nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens aus (Überlebens- oder Fortbestehensprognose)? – zweistufiger Überschuldensbegriff - ] und ihr Stammkapital angegriffen oder aufgezehrt?“
139Insoweit hat der Sachverständige für bestimmte im Gutachten näher dargelegte Stichtage Feststellungen zur mittelfristigen Finanzkraft bzw. zur Überschuldung der T gemacht. Für den von dem Kläger geltend gemachten Zeitpunkt Februar 2003 werden hierbei keine Feststellungen getroffen. Statt dessen verweist der Sachverständige für den 30.06.2003 und 31.12.2003 auf den anhand der „Jahresabschluss- und Buchhaltungsunterlagen bestehenden positiven Cash-flow“.
140Zudem sind die Ausführungen des Klägers zu dem Gutachten Dr. I2 nicht frei von Widersprüchen. Wenn der Kläger dieses Gutachten zur Grundlage seines Vorbringens machten möchte, ist nicht nachvollziehbar, wieso er mit dem ebenfalls zu den Akten gereichten – an das Landgericht Aachen gerichteten - Schriftsatz vom 01.10.2013 die sachverständigen Ausführungen in Frage stellt, die Einholung weiterer Sachverständigengutachten als Beweis anbietet und eine mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen beantragt.
141dd)
142Letztlich steht aber auch nicht fest, dass bereits am 30.06.2004 von einer Zahlungsunfähigkeit oder von einer zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen war. Soweit der Kläger vorträgt, ein Indiz für die Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin ergebe sich daraus, dass Herr Prof. Dr. H2 in seinem Gutachten vom 09.07.2008 (Anlage K 27 der Anlagehefter zur Klageschrift) die bilanzielle Überschuldung der Insolvenzschuldnerin festgestellt habe, kann dem nicht gefolgt werden. Die Handelsbilanz ist zur Messung der Überschuldung im Sinne von § 19 Abs. 2 InsO ungeeignet (Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl. 2010, § 19 Rn. 10). Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHZ 146, 264, 267 f.; BGHZ 125, 141, 146; BGH, Urt. v. 12. Juli 1999 - II ZR 87/98, ZIP 1999, 1524; Urteil vom 18. Dezember 2000 - II ZR 191/99) kann das Vorhandensein einer Überschuldung nicht auf der Grundlage einer fortgeschriebenen Jahresbilanz, mag deren negativem Ergebnis auch indizielle Bedeutung zukommen, festgestellt werden; hierzu bedarf es vielmehr der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz, in welcher die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind. Hierzu fehlt aber entsprechender Vortrag des Klägers.
143Dementsprechend hat auch der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln in dem – von dem beklagten Land bereits im erstinstanzlichen Verfahren zu den Akten gereichten - Urteil vom 30.08.2012 – 18 U 242/11 - in der Sache des Klägers gegen Herrn W, einen ehemaligen Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin und der T3, wegen eines Anspruchs gem. § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. festgestellt, dass die Insolvenzreife der Insolvenzschuldnerin für das Jahr 2004 aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. H2 und des Sachverständigen L2 nicht festgestellt werden könne, sondern frühestens ab dem 31.03.2015 bestand. Entsprechend hat der 18. Zivilsenat hierzu ausgeführt (Bl. 386 ff. d.GA.):
144„1. Der vom Kläger in erster Linie verfolgte Anspruch aus § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. kann schon deshalb nicht festgestellt werden, weil nicht feststeht, dass die Schuldnerin bereits im Jahr 2004 insolvenzreif gewesen ist.
145a) Die Insolvenzreife der Schuldnerin bereits im Jahr 2004 lässt sich nicht aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten des betriebswirtschaftlichen Sachverständigen Prof. Dr. H2 (Anlagen K 4 und K 60) ableiten. Der Senat teilt im Ergebnis die Auffassung des Landgerichts, dass dieses Gutachten die Feststellung der Überschuldung nicht zulässt. Das beruht allerdings nicht darauf, dass das Gutachten „mangelhaft“ ist, sondern darauf, dass es sich gar nicht mit der Frage der Überschuldung i. S. des § 19 InsO befasst. Das ergibt sich ohne Weiteres bereits aus der abschließenden Feststellung:
146„Die T GmbH war nach unserer Auffassung damit bereits am 30.06.2004 bilanziell überschuldet.“ (K 4, S. 18; ebenso K 60, S. 11)
147Die bilanzielle Überschuldung ist jedoch etwas anderes als die insolvenzrechtliche Überschuldung.
148Verständlich wird das Gutachten Prof. Dr. H2 nur, wenn man es im Zusammenhang mit der Zwischenbilanz der Schuldnerin zum 30.06.2004 liest, die für die Verhandlungen mit der N2 erstellt wurde (Anlage K 8). Diese Zwischenbilanz weist einen Überschuss zum 30.06.2004 in Höhe von 333.336,19 € aus. In dem Rechtsstreit, in dem das Gutachten erstattet wurde, ging es um die Frage, ob die Bilanz das Vermögen der Schuldnerin zutreffend ausweist. Deshalb war es sachgerecht, dass sich der Sachverständige Prof. Dr. H2 unter bilanzrechtlichen Gesichtspunkten kritisch mit dieser Bilanz auseinandergesetzt hat. Für ihn ging es darum, wie eine Handelsbilanz der Schuldnerin zum 30.06.2004 auszusehen gehabt hätte. Die schließlich getroffene Feststellung der bilanziellen Überschuldung hat aber für die Feststellung der insolvenzrechtlichen Überschuldung in diesem Fall nur sehr begrenze Aussagekraft. Diese ist so gering, dass auf eine Überschuldungsbilanz zur Feststellung der insolvenzrechtlichen Überschuldung nicht verzichtet werden kann. Das beruht auf Folgendem:
149- Die Schuldnerin verfügte ausweislich der Zwischenbilanz über Anlagevermögen in Höhe von über 1,8 Mio. €. Hierin können stille Reserven stecken, die in einer Handelsbilanz nicht offen gelegt werden. Der Sachverständige Prof. Dr. H2 meint hierzu zwar:
150„Stille Reserven im Anlagevermögen sind nach unserem Dafürhalten auszuschließen,…“ (Anlage K 4, S. 17)
151Das ist jedoch eine substanzlose Vermutung. Deshalb hätte der Kläger schon darlegen müssen, woraus das Anlagevermögen bestand und warum es maximal den Buchwert hatte. Es erscheint im Übrigen eher fernliegend, dass das gesamte Anlagevermögen nur noch den Buchwert hatte. Der Vortrag des Klägers, dass keine stillen Reserven bestanden hätten, krankt bereits daran, dass er von der handelsrechtlichen Bewertung durch den Sachverständigen Prof. Dr. H2 ausgeht. Das verkennt jedoch, dass die stillen Reserven gerade die Differenz zwischen dem Zeitwert und dem Buchwert von Vermögensgegenständen darstellen. Wer nur die Buchwerte berücksichtigt, kann schon gedanklich stille Reserven gar nicht erfassen. Insofern verkennt der Kläger auch die ihm obliegende Darlegungslast: Erst wenn er nachvollziehbar dargelegt hat, dass im Anlage- oder Umlaufvermögen keine stillen Reserven vorhanden sind, ist es Sache des Beklagten aufzuzeigen, wo er solche sieht (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2011 – II ZR 106/10 -, Rn 4 m. w. N.).
152- Gravierender ist jedoch Folgendes: In der Bilanz wurden die Warenvorräte mit ca. 12,5 Mio. € bewertet und zwar in der Weise, dass vom jeweiligen Preis ein bestimmter Abschlag vorgenommen wurde. Das entspricht dem bilanzrechtlichen Grundsatz vorsichtiger Bewertung. Der Sachverständige Prof. Dr. H2 hält die Warenvorräte bilanzrechtlich jedoch immer noch für überbewertet, weil nach seiner Auffassung höhere Abschläge geboten gewesen wären. So nimmt er bei den im Zentrallager befindlichen Warenvorräten einen Abschlag von 3,92 % vom Großhandelspreis vor (Anlage K 4, S. 11). Für die Feststellung der insolvenzrechtlichen Überschuldung wäre jedoch anders vorzugehen gewesen. Es hätte zunächst einmal festgestellt werden müssen, ob eine positive oder negative Fortführungsprognose bestand. Die Fortführung des Unternehmens für geraume Zeit über den Stichtag 30.06.2004 hinaus spricht eher für eine positive Fortführungsprognose. Sodann wären die Warenvorräte zu den – je nach dem, zu welcher Prognose man kommt unterschiedlichen – Verkaufspreisen zu bewerten gewesen. Das führt nur dann zu dem von dem Sachverständigen ermittelten Wert von Großhandelseinkaufspreis abzüglich 3,92 %, wenn man davon ausgeht, dass diese Warenvorräte insgesamt nicht einmal kostendeckend zu veräußern gewesen wären. Das kann zwar so sein, lässt sich dem Vortrag des Klägers aber nicht ansatzweise entnehmen. Angesichts des Umstandes, dass die Schuldnerin noch bis in das Jahr 2007 tätig war, hätte die Darlegung auf der Grundlage der tatsächlich erzielten Veräußerungserlöse erfolgen können und müssen.
153- Schließlich zeigt sich die unterschiedliche Herangehensweise auch an der Bewertung der Firma. Während in der Handelsbilanz überhaupt nur der erworbene Firmenwert aktiviert wird (§§ 246 Abs. 1 S. 4, 266 Abs. 2 HGB), der dann linear abzuschreiben ist, ist bei der Überschuldungsbilanz jedenfalls bei positiver Fortführungsprognose auch der originäre Firmenwert zum Zeitwert zu aktivieren – sofern man die Aktivierung von Firmenwerten überhaupt zulässt (vgl. Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., 2010, § 19 Rn 67 m. w. N.).
154b) Der Senat kann dem Kläger auch insoweit nicht folgen, wie er meint, dass sich die Insolvenzreife der Schuldnerin im Juli 2004 aus dem Gutachten des Sachverständigen L2 ergebe, das dieser im Jahre 2007 im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens (302 Js 45/06 StA Aachen) erstellt hat (Gutachten L2 I, Anlage BB 1). Gegenstand dieses Gutachtens war u. a. die Frage „Wann lag eine Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung der Firma T GmbH vor?“ (Anlage BB 1, S. 5). Nach Auswertung der ihm zur Verfügung stehenden Unternehmensunterlagen kommt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass unter Ansatz von Liquidationswerten eine Überschuldung zum 31.03.2005 vorgelegen habe (Anlage BB 1, S. 38). Dabei ist er davon ausgegangen, dass die Bilanz der Schuldnerin zum 31.12.2004 (Anlage III zur Klageerwiderung), die einen Überschuss in Höhe von 181.376,04 € ausgewiesen hat, nicht zu beanstanden sei (Anlage BB 1, S. 18). Nur im Hinblick darauf, dass die Schuldnerin ab Januar 2005 durchgehend Verluste im operativen Geschäft erwirtschaftete, ist der Sachverständige ab Ende März 2005 von einer fehlenden Fortführungsprognose ausgegangen und hat die Bewertung des Vermögens nach Liquidationswerten vorgenommen (Anlage BB 1, 35 ff.). Für den hier interessierenden Zeitraum bis Ende 2004 bietet dieses Gutachten für den Vortrag des Klägers, es habe Zahlungsunfähigkeit vorgelegen, keine Stütze. Der Sachverständige akzeptiert vielmehr den im Jahresabschluss 2004 ausgewiesenen Überschuss. Dies hat er in seinem weiteren Gutachten aus dem Jahr 2010, in dem er sich auch mit dem Gutachten von Prof. Dr. H2 auseinander setzt, bestätigt (S. 16 des Gutachtens L2 II; Bl. 165 d. A.)
155Die Auffassung des Klägers, dass die Feststellung der Überschuldung zum 31.03.2005 den Rückschluss zulasse, dass bereits im hier interessierenden Zeitraum Überschuldung vorgelegen habe, ist bei dieser Ausgangslage nicht vertretbar. Der Sachverständige L2 hatte den Auftrag den frühesten Zeitpunkt der Überschuldung festzustellen. Wenn er dann zu dem Ergebnis kommt, dass dies der 31.03.2005 war, kann dieser Zeitpunkt nicht mehr weiter nach vorne verlegt werden, denn sonst hätte der Sachverständige selbst ja schon die Feststellung für einen früheren Zeitpunkt getroffen. Dagegen spricht insbesondere auch, dass der Sachverständige für 2004 noch den Ausweis eines Überschusses als richtig akzeptiert hat.
156c) Auch eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits im Jahr 2004 kann nicht festgestellt werden.
157(1) Eine Liquiditätsbilanz, aus der sich die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergeben würde, hat der Kläger nicht vorgelegt. Auch aus dem Gutachten des Sachverständigen L2 lässt sich eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits im Jahr 2004 nicht ableiten. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass (erst) ab Ende März 2005 von einer Zahlungseinstellung i. S. des § 17 Abs. 2 S. 2 InsO auszugehen sei (Anlage BB 1, S. 46). Für denselben Zeitpunkt geht er auch von drohender Zahlungsunfähigkeit i. S. des § 18 InsO aus (Anlage BB 1, S. 47). Genau für diesen Zeitpunkt geht er auch aufgrund einer wirtschaftskriminalistischen Betrachtungsweise von Zahlungsunfähigkeit aus (Anlage BB 1, S. 50). Aus dem Gutachten L2 lässt sich demnach auch der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit für den hier interessierenden Zeitraum bis Ende 2004 nicht ableiten.“
158Der erkennende Senat nimmt für seine Entscheidung auf diese überzeugenden, von ihm geteilten Ausführungen des 18. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Köln Bezug.
159Ein Indiz für eine Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin ergibt sich ebenso wenig aus dem Umstand, dass das Darlehen der Firma F2 GmbH über einen Betrag von 2.000.000,00 € bei Fälligkeit am 30.06.2004 nicht sofort zurückgezahlt worden ist. Das Darlehen ist nämlich nach Fälligkeit prolongiert und dann in zwei Raten insgesamt zurückgezahlt worden. Im Übrigen wird vom Kläger nicht vorgetragen, dass die Firma F2 GmbH nach Fälligkeit ernsthafte Bemühungen unternommen hätte, die sofortige Rückzahlung des Darlehens zu erreichen. Vielmehr haben die Insolvenzschuldnerin und die Firma F2 GmbH schon vor Eintritt der Fälligkeit Verhandlungen über eine Verlängerung des Darlehens aufgenommen. Mit Schreiben vom 05.04.2004 (Anlage K 22 der Anlagenhefter zur Klageschrift) hat die Insolvenzschuldnerin entgegen dem Vortrag des Klägers nicht zum Ausdruck gebracht, dass sie das Darlehen nicht würde zurückzahlen können; sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass „die Kapitaldecke nach wie vor hauchdünn“ sei, die Ablösung des Darlehens durch Investoren bis zum 30.06.2004 in zeitlicher Hinsicht problematisch werden könnte und sie deshalb um eine Prolongation bitte. Die folgenden Verhandlungen sind auch nicht „unmissverständlich“ abgelehnt worden, wie der Kläger meint. Das Schreiben der Firma F2 GmbH vom 28.04.2004 (Anlage K23) ist zwar durchaus als Ablehnung der Anfrage der Insolvenzschuldnerin, ob eine Prolongation des Darlehens in Betracht komme, anzusehen. Anschließend hat sich die Darlehensgeberin mit weiteren Verhandlungen über eine Prolongation einverstanden erklärt.
160Entsprechend hat der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln in seinem Urteil vom 30.08.2012, dem sich der erkennende Senat auch insoweit anschließt, überzeugend ausgeführt:
161„(2) Auch die vom Kläger herangezogenen Indizien rechtfertigen die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits im Juli 2004 nicht.
162(a) In einem beim Landgericht Münster (102 O 113/10) anhängigen Rechtsstreit des Klägers gegen die F2 GmbH wurde auf der Grundlage des Vortrags des Klägers ein Beweisbeschluss zur Insolvenzreife der Schuldnerin erlassen. Grundlage hierfür sollen die Anlagen K 20, 21, 27, 12 und BB 6 im vorliegenden Verfahren sein.
163Bei der Anlage K 20 – Anlage K 21 betrifft den gleichen Sachverhalt - handelt es sich um ein Schreiben des Beklagten vom 05.04.2004 an die F2. Diese hatte der Schuldnerin ein bis zum 30.06.2004 befristetes Darlehen gewährt. In dem Schreiben wird über die anstehenden Verhandlungen mit Investoren berichtet, deren Kapital für die Ablösung des Darlehens benötigt wird. Abschließend wird im Hinblick auf die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen mit Investoren um eine Verlängerung des Darlehens gebeten, „um uns vom Zeitdruck zu befreien“.
164Aus diesem Schreiben ergibt sich nur, dass die Schuldnerin bei Fälligkeit nicht würde zahlen können, wenn sie keine Investoren findet. Das ist noch kein Beleg für Zahlungsunfähigkeit. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass ein asiatischer Investor (M Europe Limited) bereits eine positiv verlaufene due diligence-Prüfung durchgeführt hatte. Zu einer Beteiligung dieser Gesellschaft war es bislang nur deswegen nicht gekommen, weil die Geschäftsführung der Schuldnerin ihrerseits die vom Investor gewünschte „Kompensation“ durch Wareneinkäufe abgelehnt hatte (Anlage BB 2). Am 01.04.2004 hatte der Gesellschafter der Schuldnerin mit der N3 B. V. einen Anteilskaufvertrag geschlossen (Anlage K 6). Schließlich wurde am 19.07.2004 ein Vertrag mit N2 geschlossen, durch den der Schuldnerin 2,5 Mio. € neues Kapital zuflossen. Hieraus wurden 1 Mio. € an F2 gezahlt und das Restdarlehen wurde bis zum Jahresende prolongiert.
165Selbst wenn man davon ausgeht, dass bei Fälligkeit der Darlehensrückzahlung am 30.06.2004 das erforderliche Kapital noch nicht zur Verfügung gestanden hat – das ergibt sich aus Anlage K 27, wo der Gesellschafter der Schuldnerin dokumentiert, wie er auf das Geld wartet -, steht der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit jedenfalls noch entgegen, dass der Rückzahlungsanspruch nicht ernsthaft geltend gemacht wurde. Gerade hiervon geht der Senat nach der Vernehmung des Zeugen Prof. Dr. N aus.
166Der Zeuge Prof. Dr. N hat in seiner Aussage bestätigt, dass die F2 GmbH sich Ende Juni/Anfang Juli 2004 mit einer Prolongation des zum 30.06.2004 fälligen Darlehens über 2 Mio. € einverstanden erklärt hat. Der Senat hat auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Zeuge, der selbst Beklagter in einem Parallelverfahren (18 U 30/12) ist und insofern ein eigenes Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits hat, keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Darstellung. Dies beruht entscheidend darauf, dass allein diese Darstellung sich zwanglos in das weitere unstreitige Geschehen einfügen lässt. Es steht nämlich fest, dass das Darlehen schließlich im August 2004 zur Hälfte getilgt und im Übrigen bis zum Ende des Jahres 2004 prolongiert worden ist (Anlagen K 14 und K 75). Bis zum August 2004 sind auch keinerlei Maßnahmen seitens der F2 GmbH erfolgt, mit der die Zahlung der seit dem 30.06.2004 fällig gewesenen 2 Mio. € angemahnt worden wären. Ohne eine Absprache zwischen der Schuldnerin und der F2 GmbH, wie sie der Zeuge bekundet hat, wäre aber schon aufgrund der Höhe der Forderung zu erwarten gewesen, dass die F2 GmbH die Zahlung zumindest anmahnt. Vor diesem Hintergrund erscheint dem Senat auch nicht zweifelhaft, dass der handschriftliche Vermerk auf dem Schreiben der Notare Dr. C2 und Dr. G2 vom 05.07.2004 (Anlage BE 5; Bl. 1316 d. A.)
167„01xx/2xxxxx0
168Herr Dr. N, tel. x.x.xx
1693 Monate Prolongation“
170tatsächlich von dem damaligen Geschäftsführer der F2 GmbH, dem inzwischen verstorbenen Herrn F4, stammt. Die in dem Vermerk enthaltene Rufnummer gehört jedenfalls zum Handy des Zeugen Prof. Dr. N wie der Senat im Rahmen der Beweisaufnahme festgestellt hat.
171Unerheblich ist insoweit, dass eine wirksame Prolongation möglicherweise der Schriftform bedurft hätte, eine solche schriftliche Prolongation aber erst im August 2004 erfolgt ist. Für die Frage, ob eine Forderung (noch) ernsthaft eingefordert wird, kommt es nicht entscheidend auf die Wirksamkeit einer Prolongation oder Stundung an, sondern es reicht schon, dass diese faktisch erfolgt, denn für die insolvenzrechtliche Fälligkeit kommt es auch auf den Willen des Gläubigers an, die Erfüllung der Forderung zu verlangen (BGH, Beschluss vom 19.07.2007 – IX ZB 36/07 -, Rn 18).
172Entgegen der noch vom Senat in dem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 28.03.2012 geäußerten Auffassung kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Kündigung des Restdarlehens im Dezember 2004 Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist. Es ist der Schuldnerin nämlich noch rechtzeitig gelungen, diese Zahlungsverpflichtung durch den Verkauf von Waren an die Gläubigerin und die Verrechnung der wechselseitigen Forderungen zum Erlöschen zu bringen. Dies hat der Zeuge E, der damalige Leiter der Buchhaltung der Schuldnerin, bestätigt. Der Senat hat auch keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage, weil sie der Dokumentenlage entspricht. Die Darstellung des Zeugen entspricht dem, was sich aus der Rechnung der Schuldnerin an die F2 GmbH vom 31.12.2004 (Anlage 3 zum Schriftsatz des Beklagten vom 30.05.2012; Bl. 807 d. A.) ergibt. Danach wurden für Waren im Wert von über 2,3 Mio. € nur 1.073.785,70 € berechnet. Der Differenzbetrag entspricht dem zum 31.12.2004 fälligen Darlehensrückzahlungsanspruch nebst Zinsen. Dementsprechend weist auch der Jahresabschluss der Schuldnerin zum 31.12.2004 das Darlehen der F2 GmbH als getilgt aus (Anlage 7 zum Jahresabschluss. S. 7; Bl. 880 d. A.).“
173Soweit der Kläger weiterhin auf verschiedene Erklärungen des Insolvenzverwalters der T3 oder der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin zur Liquidität der Insolvenzschuldnerin aus der Zeit vor dem 01.07.2004 verweist, haben diese Erklärungen keinen erheblichen Aussagewert, weil es sich um Mutmaßungen und Prognosen handelt, es letztlich aber allein auf die konkreten Umstände zum maßgeblichen Zeitpunkt ankommt.
174Auch der Umstand, dass die Insolvenzschuldnerin die mit Bescheid vom 21.07.2004 festgesetzte Umsatzsteuernachzahlung für das Jahr 2002 über 1.492.320,84 € im August 2004 nicht aus eigenen Mitteln, sondern durch eine Verrechnung mit einem ihr von der T3 abgetretenen Steuererstattungsanspruch getilgt hat, rechtfertigt nicht die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit bzw. drohenden Zahlungsunfähigkeit. Dabei kann es dahinstehen, ob es sich hierbei um eine kongruente oder inkongruente Leistung der T3 handelte. Dass eine werbend tätige Firma eine Umsatzsteuernachzahlung in Millionenhöhe nicht sofort aus freien Mitteln zurückführen kann, lässt noch keinen Rückschluss auf ihre Zahlungsunfähigkeit zu. Vielmehr spricht der Umstand, dass ein Dritter zur Abtretung eigener fälliger Ansprüche bereit war, dafür, dass die Insolvenzschuldnerin zu dem damaligen Zeitpunkt in der Lage war, noch finanzielle Mittel zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten aufzutun.
175Soweit der Kläger mit der Berufung neu vorträgt, ist sein Vorbringen gem.§§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Dies gilt insbesondere für seine - im Übrigen auch substanzlose – Behauptung, die Insolvenzschuldnerin habe schon in den Jahren 2002 und 2003 fällige Verbindlichkeiten gegenüber T3 aus begebenen Darlehen nicht bezahlen können.
176Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aller Umstände kann auf der Grundlage des Prozessvortrages des Klägers sowie der unstreitigen Umstände nicht von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin ausgegangen werden, zumal andere Indizien, die auch typischerweise für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sprechen können, wie z.B. vielfache Vollstreckungsversuche, nicht eingelöste Lastschriften, angedrohte Insolvenzanträge etc. von dem Kläger nicht aufgezeigt werden.
177c)
178Selbst bei einem zugunsten des Klägers unterstellten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin scheidet ein auf den Anfechtungsgrund des § 133 Abs. 1 InsO gestützter Rückgewähranspruch des Klägers hinsichtlich der zwischen 2002 und 2004 jeweils erbrachten Umsatzsteuerzahlungen aus.
179Denn das beklagte Land bzw. das Finanzamt hatte zum Zeitpunkt der jeweils maßgeblichen Rechtshandlung keine Kenntnis von einem jeweils bestehenden – unterstellten - Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin. Diese Kenntnis wird nach § 133 Abs. 1 S. 2 InsO zwar vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die jeweilige Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH ZInsO 2010, 1598). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, ZInsO 2010, 1598). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen.
180Diese Voraussetzungen hat der Kläger entgegen seiner Annahme in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 06.11.2013 nicht aufgezeigt. So fehlt es schon an einem konkreten Prozessvortrag zu der Kenntnis des beklagten Landes – zu dem jeweiligen maßgeblichen Zeitpunkt - von dem Vorliegen eines „Sanierungsfalles“ bzw. einer „inkongruenten Deckung.“
181Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung liegen hier unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände nicht vor (§ 286 ZPO): Soweit der Kläger behauptet, dem beklagten Land seien die Jahresabschlüsse für die Jahre 2002 und 2003 am 30.06.2004 bekannt gewesen, ist dieses Vorbringen ohne Substanz. Der Kläger legt bereits nicht konkret dar, wann dem beklagten Land die Jahresabschlüsse vorgelegt worden sind. Erst recht ist nicht ersichtlich, warum dem beklagten Land aufgrund der Kenntnis von diesen Jahresabschlüssen hätte bekannt sein müssen, dass zum 30.06.2004 die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin drohte. Es fehlen nämlich jegliche Angaben zum Inhalt dieser Abschlüsse. Insbesondere ist nicht ersichtlich, aufgrund welcher Angaben in den Bilanzen das beklagte Land die entsprechende Kenntnis von Umständen, die auf eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuteten, hatte oder hätte gewinnen können.
182Der Einwand des Klägers, dem beklagten Land sei aufgrund der vorgelegten Jahresabschlüsse bekannt gewesen, dass das Darlehen der Firma F2 GmbH zum 30.06.2004 zur Rückzahlung angestanden hätte und dass die Insolvenzschuldnerin außerstande gewesen sei, die Rückzahlung zu erbringen, ist ohne Substanz. Es wird nämlich nicht aufgezeigt, woher das beklagte Land hätte wissen können, dass – unterstellt, sie wusste, dass ein Darlehen zur Rückzahlung anstand – die Insolvenzschuldnerin nicht in der Lage gewesen sein soll, die Rückzahlung zu erbringen, zumal kurz nach dem Fälligkeitstermin ein Teil der Forderung zurückgeführt und die Restforderung prolongiert wurde. Unstreitig ist das Darlehen noch lange vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens insgesamt zurückgeführt worden.
183Selbst wenn man unterstellen würde, dass sich aufgrund der vorgelegten Abschlüsse - entsprechend den Angaben des Prof. Dr. H2 in seinem Gutachten - eine bilanzielle Überschuldung der Insolvenzschuldnerin ergeben hätte, würde das indes nicht bedeuten, dass das beklagte Land auch von einer insolvenzrechtlichen Überschuldung oder einer Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin hätte ausgehen müssen. Im Übrigen ist gar nicht dargelegt worden, warum das beklagte Land bzw. dessen Mitarbeiter die vorgelegten Jahresabschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit oder insolvenzrechtliche Überschuldung der Insolvenzschuldnerin hin hätte überprüfen sollen.
184Die Ausführungen des Klägers über die bekannte Struktur der Auffanggesellschaft sind, wie das beklagte Land zu Recht rügt, unsubstantiiert und weder seitens des beklagten Landes einlassungsfähig noch seitens des Senats auf ihre Maßgeblichkeit für die Beurteilung der Kenntnis von dem – unterstellten - Gläubigerbenachteilungsvorsatz überprüfbar. Der weitere Vortrag des Klägers zu anderen vermeintlichen Indizien, die die Kenntnis des beklagten Landes vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin belegen sollen, ist substanzlos. So ist unklar, was sich aus der Teilnahme der Mitarbeiter des beklagten Landes an der Gläubigerversammlung der T3 im Hinblick auf die Insolvenzschuldnerin konkret ergeben soll. Ebenso unsubstantiiert ist der Vortrag, die Insolvenzschuldnerin sei als „Auffanglösung“ bezeichnet oder die „Auffanggesellschaft“ sei stets als Sanierungsfall dargestellt worden. Insoweit handelt es sich um leere Formulierungen. Daraus lassen sich keine Rückschlüsse auf eine Kenntnis des beklagten Landes vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin herleiten.
185Letztlich begründet die Art und Weise des Ausgleichs der Umsatzsteuernachforderung des beklagten Landes im August 2004 noch keine Kenntnis des beklagten Landes von dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin. Wie die Kammer zutreffend ausgeführt hat, sind für eine solche Verrechnung vielfältige Gründe denkbar. Diese Gründe müssen nicht zwangsläufig auf einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin beruhen. Umgekehrt spricht die Abtretung eines werthaltigen Anspruchs eher dafür, dass der Abtretende nicht von einer alsbaldigen Zahlungsunfähigkeit des Abtretungsempfängers ausgeht. Im Übrigen dürften wohl die meisten Firmen in Deutschland nicht in der Lage sein, eine – unerwartete - Steuernachforderung in Höhe von ca. 1.500.000 € unmittelbar mit vorhandenen Barmitteln zu befriedigen.
186Im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände ist zu berücksichtigen, dass die Insolvenzschuldnerin die Umsatzsteuervorauszahlungen sowie die Umsatzsteuernachforderungen in dem maßgeblichen Zeitraum gegenüber dem beklagten Land stets pünktlich beglichen hat, ohne dass Mahnungen oder gar Vollstreckungsmaßnahmen notwendig waren. Damit liegen gerade nicht die Indizien vor, die typischerweise für eine entsprechende Kenntnis des Anfechtungsgegners sprechen können. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Finanzbehörden ansonsten Vollstreckungsmaßnahmen einleiten mussten bzw. dass Lastschriften nicht eingelöst wurden. Bei dieser Sachlage kann von dem Vorliegen einer entsprechenden Kenntnis des beklagten Landes vom einem (etwaigen) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin nicht ausgegangen werden.
1873.
188Ein Anspruch ergibt sich auch nicht gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
189Entsprechend dem Urteil der Kammer erfolgten die Umsatzsteuerzahlungen seitens der Insolvenzschuldnerin aufgrund der wirksamen Steuerfestsetzungen in dem Bescheid vom 21.07.2004 und den Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 168 S. 1 AO) mit Rechtsgrund. Der Senat ist an diese Festsetzungen bis zu ihrer Aufhebung gebunden.
1904.
191Neue tatsächliche Ausführungen und neue Angriffsmittel in dem nicht nachgelassenen nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten Schriftsatz des Klägers vom 06.11.2013 durfte der Senat nicht mehr berücksichtigen (§§ 525, 296a ZPO). Die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) lagen nicht vor. Der Kläger hatte in dem Berufungsverfahren sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hinreichend Gelegenheit zur Stellungnahme.
192Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2013 bei der Darstellung der vorläufigen Rechtsauffassung des Senats nicht zum Ausdruck gebracht hat, der Schriftsatz vom 10.10.2013 sei noch nicht gelesen worden. Vielmehr ist dieser Schriftsatz im Original am 14.10.2013 zu den Akten gelangte Schriftsatz noch umfänglich bei der senatsinternen Vorberatung berücksichtigt worden. Lediglich der Inhalt der beiden dem Senat am Morgen des Sitzungstages vorgelegten Schriftsätze des Klägers vom 21.10.2013 sowie des beklagten Landes vom 18.10.2013, die beide erst am Vortrag bei Gericht eingegangen sind, konnten nicht mehr von allen Senatsmitgliedern gelesen und vor Beginn der Sitzung - um 9.00 Uhr - beraten werden. Auf diesen Umstand hat der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.
193III.
194Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre rechtliche Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1, S. 2 ZPO.
195Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) sind nicht erfüllt. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch bedarf es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen, insbesondere zu einer Anfechtung nach § 134 InsO bei einer Haftung gem. § 73 AO, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Im Übrigen beruht die Beurteilung des Streitfalles nur auf einer Würdigung des Vorbringens zu den konkreten Umständen des vorliegenden Einzelfalls.
196Berufungsstreitwert: 6.524.493,52 €
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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
(1) Ist ein bestimmter Sachverhalt in mehreren Steuerbescheiden zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden, obwohl er nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen, so ist der fehlerhafte Steuerbescheid auf Antrag aufzuheben oder zu ändern. Ist die Festsetzungsfrist für diese Steuerfestsetzung bereits abgelaufen, so kann der Antrag noch bis zum Ablauf eines Jahres gestellt werden, nachdem der letzte der betroffenen Steuerbescheide unanfechtbar geworden ist. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, steht der Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids insoweit keine Frist entgegen.
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger berücksichtigt worden ist; ein Antrag ist nicht erforderlich. Der fehlerhafte Steuerbescheid darf jedoch nur dann geändert werden, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist.
(3) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die Nachholung, Aufhebung oder Änderung ist nur zulässig bis zum Ablauf der für die andere Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist.
(4) Ist auf Grund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der auf Grund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist unbeachtlich, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids gezogen werden. War die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, als der später aufgehobene oder geänderte Steuerbescheid erlassen wurde, gilt dies nur unter den Voraussetzungen des Absatzes 3 Satz 1.
(5) Gegenüber Dritten gilt Absatz 4, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren. Ihre Hinzuziehung oder Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig.
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
- 1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind, - 2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
(3) (weggefallen)
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
- 1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind, - 2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
(3) (weggefallen)
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.
Der Tatbestand des Urteils liefert Beweis für das mündliche Parteivorbringen. Der Beweis kann nur durch das Sitzungsprotokoll entkräftet werden.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,
- 1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder - 2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.
(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
- 1.
wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, - 2.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder - 3.
wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte.
(2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
- 1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind, - 2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
(3) (weggefallen)
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
Wenn nichts anderes bestimmt ist, darf ein Haftungsschuldner auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners ohne Erfolg geblieben oder anzunehmen ist, dass die Vollstreckung aussichtslos sein würde. Diese Einschränkung gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat oder gesetzlich verpflichtet war, Steuern einzubehalten und abzuführen oder zu Lasten eines anderen zu entrichten.
(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.
(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.
(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.
(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.(1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, darf die Vollstreckung erst beginnen, wenn die Leistung fällig ist und der Vollstreckungsschuldner zur Leistung oder Duldung oder Unterlassung aufgefordert worden ist (Leistungsgebot) und seit der Aufforderung mindestens eine Woche verstrichen ist. Das Leistungsgebot kann mit dem zu vollstreckenden Verwaltungsakt verbunden werden. Ein Leistungsgebot ist auch dann erforderlich, wenn der Verwaltungsakt gegen den Vollstreckungsschuldner wirkt, ohne ihm bekannt gegeben zu sein. Soweit der Vollstreckungsschuldner eine von ihm auf Grund einer Steueranmeldung geschuldete Leistung nicht erbracht hat, bedarf es eines Leistungsgebots nicht.
(2) Eines Leistungsgebots wegen der Säumniszuschläge und Zinsen bedarf es nicht, wenn sie zusammen mit der Steuer beigetrieben werden. Dies gilt sinngemäß für die Vollstreckungskosten, wenn sie zusammen mit dem Hauptanspruch beigetrieben werden. Die gesonderte Anforderung von Säumniszuschlägen kann ausschließlich automationsgestützt erfolgen.
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
(2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
(3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 19. Dezember 2008 über das Vermögen der S. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. Februar 2009 eröffneten Insolvenzverfahren.
- 2
- Zwischen der Schuldnerin und ihrem Alleingesellschafter/Geschäftsführer A. S. , dem Streithelfer des Klägers, bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft, bei der die Schuldnerin als Organgesellschaft und A. S. als Organträger fungierte. Das beklagte Land zog am 14. Oktober 2008 von dem bei einer S. geführten Konto der Schuldnerin aufgrund einer ihm erteilten Einzugsermächtigung eine Umsatzsteuerzahlung von 60.735,73 € ein, die auf der Geschäftstätigkeit der Schuldnerin beruhte. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der S. bestand die Möglich- keit, gegen die Lastschrift binnen einer Frist von sechs Wochen nach Rechnungsabschluss Widerspruch einzulegen.
- 3
- Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung von dem beklagten Land Erstattung des Betrages von 60.735,73 €. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, in der Genehmigung der Lastschriften durch die Schuldnerin, die zu einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung geführt habe, liege eine anfechtbare Rechtshandlung. Zu Unrecht mache das beklagte Land unter Hinweis auf die Entscheidung BFHE 226, 391 geltend, nicht Gläubigerin der Schuldnerin, sondern nur des Organträgers gewesen zu sein. Die Eigenschaft als Insolvenzgläubiger bestimme sich nach zivilrechtlichen und nicht nach steuerrechtlichen Maßstäben. Aus der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ergebe sich, dass sowohl der Organträger als auch die Organgesellschaft Steuerschuldner seien. Die nur subsidiäre Haftung der Organgesellschaft lasse die Stellung des Finanzamts als deren Insolvenzgläubiger nicht entfallen. Zwar sei ein Haftungsbescheid gegen die Schuldnerin nicht er- gangen. Der Haftungsanspruch entstehe aber mit der Erfüllung der Voraussetzungen der Haftungsnorm unabhängig von dem Erlass eines Haftungsbescheids , dem nur deklaratorische Bedeutung zukomme. Die Finanzbehörde könne ihre Forderung bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des nachrangig Haftenden als aufschiebend bedingt anmelden. Dann werde die Quote auf den Ausfallbetrag berechnet.
- 6
- Die Insolvenzanfechtung sei nicht wegen einer vorrangigen Anfechtung gegenüber dem Organträger verschlossen. Es gelte nicht der Grundsatz, dass der Insolvenzverwalter stets zuerst gegen den solventen Organträger im Wege der Anfechtung vorgehen müsse. Stünden zwei Anfechtungsansprüche gleichstufig nebeneinander, liege eine Gesamtschuld (§ 426 Abs. 1 BGB) vor. Dann sei es Sache des Insolvenzverwalters, welchen Anfechtungsschuldner er in Anspruch nehme. Die Monatsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei gewahrt. Es handele sich um eine inkongruente Deckung, weil dem Land eine Befriedigung gewährt werde, die es mangels eines Haftungsbescheids nicht zu der Zeit zu beanspruchen gehabt habe.
II.
- 7
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand.
A.
- 8
- Die Klageforderung findet in § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO ihre Grundlage. Die Vorschrift gestattet eine Anfechtung nur gegenüber einem Gläubiger des Schuldners (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 44/05, ZIP 2006, 1591 Rn. 10; vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14).
I.
- 9
- Das beklagte Land ist im hier gegebenen Fall des mittels einer Lastschrift bewirkten Einzugs einer Haftungsforderung (§ 73 AO) als Gläubiger der Schuldnerin zu betrachten. Der Senat vermag nicht der Rechtsauffassung zu folgen (BFH, Urteil vom 23. September 2009 - VII R 43/08, BFHE 226, 391, 396), dass die Finanzbehörde im Falle der Leistungsfähigkeit des primären Steuerschuldners keine Insolvenzgläubigerin des Haftungsschuldners sei, wenn dieser vor Erlass eines Haftungsbescheids Zahlung an sie entrichte.
- 10
- 1. Eine Anfechtung wäre gegen das beklagte Land als Gläubiger der empfangenen Leistung selbst dann begründet, wenn diesem überhaupt keine Forderung gegen die Schuldnerin zugestanden hätte.
- 11
- a) Der im Rahmen der Deckungsanfechtung (§ 130 Abs. 1, § 131 Abs. 1 InsO) verwendete Begriff des Insolvenzgläubigers setzt nicht voraus, dass dem Leistungsempfänger als Anfechtungsgegner eine rechtsbeständige Forderung gegen den Schuldner zusteht. Erbringt der Schuldner auf eine vermeintliche, tatsächlich aber nicht bestehende Forderung eine Zahlung, ist der Empfänger in Anwendung der §§ 130, 131 InsO als Insolvenzgläubiger zu betrachten, wenn die Leistung aus seiner Warte bei objektiver Betrachtung zur Tilgung der nicht bestehenden Forderung bestimmt ist. Bereits dem Wortlaut des § 131 Abs. 1 InsO, der Deckungen der Anfechtung unterwirft, die der Insolvenzgläubiger "nicht", "nicht in der Art" oder "nicht zu der Zeit" zu beanspruchen hatte, kann entnommen werden, dass auch der Empfänger einer Zuwendung, die eines Rechtsgrundes entbehrt, Insolvenzgläubiger ist. Diese Auslegung gilt ebenfalls für § 130 InsO, weil diese Vorschrift als Auffangtatbestand auch inkongruente Deckungen im Sinne des § 131 InsO erfasst (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 130 Rn. 6; Jaeger/Henckel, InsO, § 130 Rn. 13; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl. § 130 Rn. 5).
- 12
- b) Es ist allgemein anerkannt, dass eine Deckung "nicht" zu beanspruchen ist, wenn unvollkommene (§ 762 f BGB), verjährte (§§ 194 ff BGB), durch Irrtum, Täuschung oder Drohung (§§ 119, 123 BGB) anfechtbar begründete sowie solche Verbindlichkeiten beglichen werden, bei denen ein Formmangel durch die Leistungsbewirkung (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB, § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG) geheilt wird (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, WM 2004, 932, 933; Jaeger/Henckel, aaO, § 131 Rn. 8). Aber auch im Fall der Leistung auf eine nach objektiver Rechtslage unabhängig von einer Einwendung oder Einrede von vornherein nicht bestehende Forderung ist der Zuwendungsempfänger , weil er die Deckung "nicht" zu beanspruchen hat, als Insolvenzgläubiger zu erachten (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO, § 131 Rn. 6; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2008, § 131 Rn. 23, 24; HmbKomm -InsO/Rogge, 3. Aufl., § 130 Rn. 5, § 131 Rn. 4; Jaeger/Henckel, aaO, § 130 Rn. 35; aA FK-InsO/Dauernheim, 6. Aufl., § 131 Rn. 7; Uhlenbruck/Hirte, aaO, § 131 Rn. 4). Es wäre nicht gerechtfertigt, einen Gläubiger, der eine rechtsgrundlose Leistung erlangt, im Vergleich zu einem Gläubiger, der für einen rechtlich begründeten Anspruch lediglich eine inkongruente Deckung er- hält, von der Deckungsanfechtung freizustellen (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO, § 131 Rn. 6; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 131 Rn. 24; vgl. auch Jaeger/Henckel, aaO, § 131 Rn. 8). Wäre der Empfänger im Falle der Wirksamkeit der geltend gemachten Forderung als Insolvenzgläubiger zu behandeln , bleibt es bei dieser Bewertung, wenn die beanspruchte Forderung eines Rechtsgrundes entbehrt (Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 130 Rn. 49). Da das beklagte Land als Inhaber des Haftungsanspruchs aus § 73 AO Insolvenzgläubiger der Schuldnerin gewesen wäre, wird diese Rechtsstellung nicht dadurch berührt, dass die gesetzlichen Haftungsvoraussetzungen tatsächlich fehlen.
- 13
- 2. Bei zutreffender rechtlicher Beurteilung folgt deshalb die Stellung des beklagten Landes als Insolvenzgläubiger, die durch innerstaatliche Abführungspflichten an andere Rechtsträger nicht berührt wird (BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 87/06, WM 2007, 2158 Rn. 4), aus dem ihm gegen die Schuldnerin gemäß § 73 AO zustehenden Haftungsanspruch. Dieser war infolge der Zahlungsfähigkeit des Organträgers als Steuerschuldner (§ 219 Satz 1 AO) "nicht zu der Zeit" im Sinne des § 131 Abs. 1 InsO begründet.
- 14
- a) Ist der Leistungsempfänger bei Zahlung auf eine nicht bestehende Forderung als Insolvenzgläubiger anzusehen, gilt dies gleichfalls im Falle der Befriedigung einer einredebehafteten Forderung. Der im Verhältnis zu dem Organträger bestehende Haftungsnachrang der Organgesellschaft führt nicht dazu , dass bei einer Zahlung durch die Organgesellschaft die Finanzbehörde die Eigenschaft einer Insolvenzgläubigerin verliert.
- 15
- aa) Eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO liegt vor, wenn der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abge- schlossen ist, mag sich eine Forderung des Gläubigers daraus auch erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens ergeben. Nur die schuldrechtliche Grundlage des Anspruchs muss schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sein (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 22. September 2011 - IX ZB 121/11, ZVI 2011, 408 Rn. 3). Unerheblich ist, ob die Forderung selbst schon entstanden oder fällig ist. Entsprechend geht auch der Bundesfinanzhof davon aus, dass für die Frage, ob Steuerforderungen Insolvenzforderungen sind, entscheidend ist, ob die Hauptforderung ihrem Kern nach bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Auf die Frage, ob der Anspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im steuerrechtlichen Sinne entstanden ist, kommt es dagegen nicht an (BFH, Beschluss vom 1. April 2008 - X B 201/07, ZIP 2008, 1780 Rn. 17 mwN). Zu den Insolvenzgläubigern gehört jeder, der in der Insolvenz nur eine Forderung im Sinne des § 38 InsO oder einen nachrangigen Anspruch (§ 39 InsO) gehabt hätte, weil dessen Erfüllung geeignet ist, die Befriedigungsaussichten der Gläubigergesamtheit zu schmälern. Ob der Empfänger der Leistung des Schuldners tatsächlich an dem Verfahren teilnehmen würde, spielt keine Rolle, weil davon die Gläubigerbenachteiligung durch die Rechtshandlung des Schuldners nicht abhängig ist (BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 44/05, ZIP 2006, 1591 Rn. 10; vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 59/07, WM 2008, 2178 Rn. 15).
- 16
- bb) Wegen der damit verbundenen Gläubigerbenachteiligung ist eine Anfechtung anzuerkennen, wenn der Schuldner vorzeitig einer Mitverpflichtung nachkommt und dadurch den Gläubiger befriedigt. Ein Bürge haftet neben dem Hauptschuldner - abgesehen von dem Fall einer selbstschuldnerischen Bürgschaft , in dem die Einrede der Vorausklage ausgeschlossen ist (§ 771 BGB; vgl. dazu BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008, aaO Rn. 16) - nicht gleichstufig, sondern im Verhältnis zu diesem nachrangig. Die Forderung gegen den Bürgen kann bei dessen Insolvenz nur als aufschiebend bedingt angemeldet werden, so dass der Bürgschaftsgläubiger eine Quote lediglich auf den Ausfallbetrag erhält (OLG Köln, ZInsO 2006, 1329, 1330; MünchKomm-InsO/Bitter, aaO § 43 Rn. 11 i.V.m. Rn. 6; Uhlenbruck/Knof, aaO § 43 Rn. 4). Bis zum Eintritt der Bedingung nimmt der Bürgschaftsgläubiger nicht an einer Verteilung teil; ihm wird aber eine Sicherung gewährt, indem der auf ihn entfallende Teil gemäß § 198 InsO hinterlegt wird (Uhlenbruck/Knof, aaO, § 42 Rn. 7). Gleichwohl ist auch der Inhaber einer aufschiebend bedingten Forderung als Insolvenzgläubiger im Sinne der §§ 130, 131 InsO anzusehen, weil nach § 191 Abs. 1 InsO selbst bedingte Forderungen einen Vermögensanspruch gegen den Schuldner begründen (MünchKomm-InsO/Ehricke, aaO, § 38 Rn. 17; Jaeger/Heckel, aaO, § 38 Rn. 87; Holzer in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 38 Rn. 28; HK-InsO/Eickmann, aaO, § 38 Rn. 18). Darum ist der Bürgschaftsgläubiger Insolvenzgläubiger eines Bürgen, der unter Verzicht auf die Ausübung der ihm eröffneten Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB) freiwillig Zahlung geleistet hat (RGZ 152, 321, 322 f; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO, § 130 Rn. 19). Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Sachverhalt ohne weiteres zu übertragen, weil nicht anders als bei einem Bürgen gemäß §§ 73, 219 Satz 1 AO nur eine nachrangige Haftung der Schuldnerin stattfindet. Zahlt der Haftungsschuldner trotz Leistungsfähigkeit des primären Steuerschuldners, ist die Finanzverwaltung folglich Insolvenzgläubiger.
- 17
- cc) Diese Würdigung entspricht der rechtlichen Eigenart des hier gegebenen steuerrechtlichen Haftungsanspruchs. Mit dem Steueranspruch gegen den Organträger wird zugleich der Haftungsanspruch gegen die Organgesellschaft begründet. Ein Haftungsanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Wegen der Ak- zessorietät des Haftungsanspruchs ist hierfür im Regelfall erforderlich, daß auch die Steuerschuld, für die gehaftet werden soll, entstanden ist und noch besteht. Für die Entstehung des Haftungsanspruchs als abstrakten, materiellrechtlichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis bedarf es nicht des Erlasses eines Haftungsbescheids. Der Haftungsbescheid konkretisiert lediglich den bereits entstandenen Haftungsanspruch und bildet die Grundlage für die Verwirklichung dieses Anspruchs. Der Haftungsbescheid hat demnach ebenso wie der Steuerbescheid keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Bedeutung (BFH, Urteil vom 15. Oktober 1996 - VII R 46/96, BFHE 181, 392, 394 f). Die Entstehung des Haftungstatbestandes als materiell-rechtlicher Anspruch aus dem Steuerverhältnis erfordert nach dieser weiter maßgeblichen Rechtsprechung des Bundefinanzhofs also nicht den Erlass eines Haftungsbescheides (OLG Nürnberg ZInsO 2010, 207). Im Streitfall war der Haftungsanspruch mit Begründung der ihm zugrunde liegenden Umsatzsteuerschuld entstanden. In der Subsidiarität des § 219 Satz 1 AO liegt kein Entstehungshindernis der Haftpflicht. Selbst ein Haftungsbescheid gemäß § 191 AO kann - trotz aussichtsreicher Vollstreckung gegen den Steuerschuldner - ergehen. Nur das Leistungsgebot gemäß § 254 AO hat dann als Folge der Subsidiarität zu unterbleiben (Alber in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 2011, § 219 Rn. 10, 12). Da der Schuldnerin gegen den von dem beklagten Land verfolgten Haftungsanspruch wegen der Zahlungsfähigkeit des Organträgers ein Leistungsverweigerungsrecht (vgl. etwa § 273 BGB) eröffnet war, konnte das beklagte Land als Haftungsgläubiger die im Lastschriftverfahren erlangte Deckung "nicht zu der Zeit" beanspruchen (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO, § 131 Rn. 40; HmbKomm -InsO/Rogge, aaO, § 131 Rn. 18; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 131 Rn. 68). Dieser Umstand lässt aber die Stellung der Finanzbehörde als Gläubigerin der Schuldnerin unberührt.
- 18
- b) Die Deckungsanfechtung setzt ferner voraus, dass die Leistung aus objektiver Warte des Empfängers die Tilgung einer gegen den Schuldner gerichteten Forderung bezweckte (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 59/07, WM 2008, 2178 Rn. 21).
- 19
- aa) Soweit auf das Verständnis des Empfängers für die Bewertung abgestellt wird, ob der Schuldner eine Eigen- oder eine Fremdverbindlichkeit tilgt, entsprechen die insolvenzrechtlichen Zuordnungskriterien (BGH, Urteil vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 287; Urteil vom 9. Oktober 2008, aaO Rn. 21) denen des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs (vgl. BGH, Urteil vom 31. Oktober 1963 - VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272, 277 f; vom 24. Februar 1972 - VII ZR 207/70, BGHZ 58, 184, 188 zum bereicherungsrechtlichen Leistungsempfänger). Der Anspruch aus dem Steuerverhältnis und der Haftungsanspruch bestehen unabhängig voneinander (Schwarz, AO, 2007, Vor §§ 69 bis 77 Rn. 22). Der Steuerschuldner und der Haftende sind gemäß § 44 AO Gesamtschuldner (BFH, Beschluss vom 11. Juli 2001 - VII R 28/99, BFHE 195, 510, 514 f; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, aaO, § 44 Rn. 13; Schwarz, aaO, § 44 Rn. 13). Da die Zahlung durch den Haftungsschuldner gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AO zu Gunsten des Steuerschuldners wirkt (BFH, aaO, S. 515), geht das Gesetz bei einer Zahlung durch den Haftenden nicht von der Notwendigkeit einer zum Erlöschen der Steuerschuld führenden Tilgungsbestimmung aus. Überdies geht bei Zahlung durch den Haftenden die Steuerforderung auf diesen über, wenn er im Innenverhältnis gemäß § 426 Abs. 2 BGB von dem Steuerschuldner Ausgleich verlangen kann (BGH, Urteil vom 2. April 1973 - VIII ZR 108/72, NJW 1973, 1077, 1078; BFH, Urteil vom 12. Mai 1976 - II R 187/72, BFHE 119, 188, 191; Schwarz, aaO, 2009, § 44 Rn. 35; Boeker, aaO, § 44 Rn. 64).
- 20
- bb) Lässt sich aus den dem Finanzamt bei Zahlung erkennbaren Umständen nicht erschließen, wessen Steuerschuld der zahlende Gesamtschuldner begleichen wollte, so wird im allgemeinen angenommen, daß der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte (BFH, Urteil vom 25. Juli 1989 - VII R 118/87, BFHE 157, 326, 327 f; vom 18. Februar 1997 - VII R 117/95, DStRE 1997, 658, 659; Tipke/Drüen, AO, 2010, § 37 Rn. 69 mwN; Madle in Leopold/Madle/Radler, AO, 2008, § 37 Rn. 4). Da durch die Zahlung auf den Haftungsanspruch die Steuerforderung entweder kraft Gesetzes erlischt oder im Falle eines Ausgleichsanspruch auf den Haftenden übergeht, kann die Finanzbehörde Zahlungen des Haftungsschuldners allein dem Haftungsanspruch zuordnen (Schwarz, aaO, 2005, § 37 Rn. 13; Drüen in Tipke/Kruse, aaO, § 37 Rn. 69 f; Boeker, aaO, § 37 Rn. 64). Nähme man in Fällen der vorliegenden Art eine Zahlung auf die Steuerforderung und den Haftungsanspruch an, würde die Unterscheidung zwischen beiden Rechtsinstituten aufgegeben und der Haftende generell als Steuerschuldner behandelt. Ein solches Verständnis liegt der gesetzlichen Regelung der Abgabenordnung fern.
II.
- 21
- Auch die weiteren Anfechtungsvoraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1, InsO sind im Streitfall gegeben.
- 22
- 1. Infolge der "nicht zu der Zeit" zu beanspruchenden Befriedigung ist ein Erstattungsanspruch gegen das beklagte Land wegen inkongruenter Deckung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 InsO, welche die Anfechtung nicht an besondere subjektive Merkmale (BT-Drucks. 12/2443 S. 158) knüpfen, begründet. Danach ist wegen der im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen Rechtshandlung § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO einschlägig.
- 23
- a) Die Rechtshandlung der Schuldnerin wurde innerhalb der Frist von einem Monat vor Antragstellung vorgenommen. Bei einer Zahlung im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens liegt die anfechtbare Rechtshandlung erst in der Genehmigung der Lastschriftbuchung, nicht bereits in dieser Buchung selbst, weil die Belastung des Kontos bis zur Genehmigung ohne materielle Wirkung bleibt (BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 21; vom 30. September 2010 - IX ZR 177/07, WM 2010, 2167 Rn. 11). Die Schuldnerin hat den Einzug aufgrund der Genehmigungsfiktion des Nr. 7 Abs. 4 AGB-Spk mit Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses vom 31. Oktober 2008 am 12. Dezember 2008 genehmigt (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 19).
- 24
- b) Soweit sich das beklagte Land im Revisionsrechtszug auf eine ausschließlich die Anwendung des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO gestattende, bereits vor Eintritt der Genehmigungsfiktion erteilte konkludente Genehmigung der Lastschrift durch die Schuldnerin beruft, kann dieses Vorbringen gemäß § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht berücksichtigt werden. Der Kläger hat in der Klageschrift vorgetragen, dass die Zahlung auf der Grundlage einer fiktiven Genehmigung der Belastungsbuchung durch die Schuldnerin am 12 Dezember 2008 erbracht wurde. Diese Darstellung hat das beklagte Land in der Klageerwiderung ausdrücklich unstreitig gestellt. Darin liegt ein Geständnis im Sinne des § 288 Abs. 1 ZPO, das sich auch auf eine juristisch eingekleidete Tatsache und mithin die Frage beziehen kann, ob eine Lastschrift durch ausdrückliche Erklärung oder konkludentes Verhalten genehmigt worden ist (BGH, Urteil vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, WM 2011, 688 Rn. 12). Durch die in der nachfolgenden Antragstellung liegende stillschweigende Bezugnahme wurde die Geständniswirkung des § 288 ZPO verwirklicht (BGH, Urteil vom 14. April 1999 - IV ZR 289/97, NJW-RR 1999, 1113; vom 18. Juni 2007 - II ZR 89/06, NJW-RR 2007, 1563 Rn. 16). Da zu den Voraussetzungen des § 290 ZPO nichts vorgetragen ist, bleibt das beklagte Land auch im Revisionsrechtszug an dieses Geständnis gebunden.
- 25
- 2. Eine Gläubigerbenachteiligung ist eingetreten. Auch soweit die Zahlung aus einem nur geduldeten Überziehungskredit erfolgte, liegt eine Gläubigerbenachteiligung vor (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 11 ff).
III.
- 26
- Die Anfechtung gegen das beklagte Land nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO scheitert schließlich im Streitfall entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 23. September 2009, aaO, S. 397 ff) nicht daran, dass dem Kläger ein Anfechtungsanspruch auch gegen den Streithelfer als Organträger zustehen kann und diesem im Verhältnis zu dem mit der Klage verfolgten Anfechtungsanspruch Vorrang zukäme.
- 27
- 1. Der Anfechtungsanspruch ist gegen das beklagte Land als neben dem Organträger verpflichtetem Gesamtschuldner (§ 421 BGB) begründet.
- 28
- Die Schuldnerin hatte gemäß § 73 AO als Haftungsschuldner für die Umsatzsteuerschuld des Organträgers gegenüber dem beklagten Land einzu- stehen. Im Innenverhältnis zu dem Organträger musste freilich die Schuldnerin die durch ihre eigene Geschäftstätigkeit ausgelöste Umsatzsteuer tragen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 54 ff). Das interne Ausgleichsverhältnis ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Organgesellschaft im Rahmen einer Organschaft Zahlungen an die Finanzverwaltung allein auf der Grundlage des gegen sie gerichteten Haftungsanspruchs (§ 73 AO) erbringt. Darum greift die Deckungsanfechtung gegen den Zahlungsempfänger durch, wenn der Schuldner diesem aufgrund einer von ihm übernommenen Sicherung im Rahmen einer eigenen Rechtsbeziehung zur Zahlung der gegen einen Dritten gerichteten Verbindlichkeit verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 5. Februar 2004 - IX ZR 473/00, WM 2004, 932, 933; vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 59/07, WM 2008, 2178 Rn. 23 a.E.; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 130 Rn. 19; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 130 Rn. 51; HmbKomm -InsO/Rogge, aaO § 130 Rn. 3; HK-InsO/Kreft, aaO § 130 Rn. 10; ähnlich im Ergebnis Jaeger/Henckel, aaO § 130 Rn. 19 a.E.).
- 29
- 2. Allerdings bestand hier - sofern die weiteren Voraussetzungen eingreifen - auch ein Anfechtungsanspruch aus §§ 130, 131 InsO gegen den Streithelfer als Organträger. Wenn der Schuldner eine Verbindlichkeit tilgt, für die ein Dritter eine Sicherung bestellt hat, wird mit seiner Leistung zugleich der Anspruch des Dritten auf Befreiung von der Verbindlichkeit erfüllt. Dann ist der Sicherungsgeber ebenfalls Insolvenzgläubiger, und die Leistung kann auch ihm gegenüber angefochten werden (RG LZ 1911, 944, 945 f; MünchKomm-InsO/ Kirchhof, aaO § 130 Rn. 17; Jaeger/Henckel, aaO § 130 Rn. 18; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, aaO; HmbKomm-InsO/Rogge, aaO § 130 Rn. 3; vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 44/05, ZIP 2006, 1591). Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar, weil die Schuldnerin die Umsatzsteuerschuld im Innenverhältnis zu dem Streithelfer zu tragen hatte und deshalb mit ihrer Zahlung an das beklagte Land zugleich den Befreiungsanspruch des Streithelfers (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 54 ff) beglichen hat.
- 30
- 3. Angesichts der Doppelwirkung der von der Schuldnerin geleisteten Zahlung ist keine mittelbare Zuwendung des Organträgers gegeben, bei welcher der Organträger Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebt, ohne mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 16/08, WM 2009, 809 Rn. 7 mwN).
- 31
- a) Hier fehlt es infolge des Lastschrifteinzugs durch das beklagte Land bereits an einer Veranlassung der seitens der Schuldnerin bewirkten Zahlung durch den Streithelfer als Voraussetzung einer mittelbaren Zuwendung (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2005 - IX ZR 182/01, WM 2006, 190, 191). Ferner war für das beklagte Land nicht erkennbar, dass es sich um eine Leistung des Organträgers hätte handeln sollen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2008, aaO, Rn. 21). Eine mittelbare Zuwendung scheidet der Sache nach aus, wenn die Zwischenperson mit ihrer Leistung an den Gläubiger auch eine eigene Verbindlichkeit als Mitschuldner zu tilgen sucht (MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO, § 129 Rn. 49a; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, 2010, S. 330). Wird durch die Leistung des Schuldners an den Gläubiger außerdem ein Mitverpflichteter befreit, fehlt es, weil der Vermögenswert aus Sicht des Schuldners letztlich allein dem Gläubiger zukommen soll, an einer mittelbaren Zuwendung (HmbKomm-InsO/Rogge, aaO, § 129 Rn. 29). Für eine mittelbare Zuwendung ist daher kein Raum, wenn der Leistende - wie hier - einem Dritten zur Schuldbefreiung und dem Empfänger kraft Gesetzes zur Zahlung verpflichtet ist (BGH, Urteil vom 24. September 1962 - VIII ZR 18/62, BGHZ 38, 44, 46 f).
- 32
- b) Die Annahme einer mittelbaren Zuwendung des Organträgers unter Einschaltung der Organgesellschaft an die Finanzbehörde würde ferner zu dem unangemessenen Ergebnis führen, dass die Organgesellschaft nach einer Zahlung an die Finanzbehörde im Falle der Insolvenz des Organträgers die Anfechtung der von ihr bewirkten Leistung zu befürchten hätte und in diesem Fall kraft ihrer Haftungsverpflichtung für die nach § 144 InsO wieder auflebende Steuerschuld abermals herangezogen werden könnte (vgl. BGH, aaO, S. 48). Mithin kann aus dem Grundsatz, dass in Fällen einer Doppelinsolvenz die Anfechtung des Insolvenzverwalters des Leistenden der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter des Leistungsmittlers vorgeht (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2007 - IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rn. 34 ff, 37), für den Streitfall nichts hergeleitet werden.
- 33
- 4. Bei Doppelwirkung einer Leistung hat der Verwalter vielmehr die Wahl, welchen Leistungsempfänger er in Anspruch nimmt. Es können, sofern die Voraussetzungen vorliegen, beide belangt werden und haften gegebenenfalls als Gesamtschuldner (BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 165/05, WM 2008, 363 Rn. 17; vom 26. Juni 2008 - IX ZR 47/05, WM 2008, 1442 Rn. 23; vom 26. Juni 2008 - IX ZR 144/05, WM 2008, 1512 Rn. 33; vgl. auch BGH, Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 25 ff; vom 9. Oktober 2008 - IX ZR 59/07, WM 2008, 2178 Rn. 23 a.E.). Dies gilt ohne weiteres auch dann, wenn die Leistung des Schuldners - wie hier - zugleich einem im Verhältnis zu ihm nachrangig Mitverpflichteten zugutekommt (BGH, Urteil vom 29. April 1999 - IX ZR 163/98, ZIP 1999, 973, 974 unter 2 d). Daher ist außer dem Zahlungsempfänger der Dritte gleichfalls Insolvenzgläubiger. Ist das beklagte Land neben dem Organträger Gesamtschuldner des Anfechtungsanspruchs , steht es dem Kläger gemäß § 421 Satz 1 BGB frei, welchen Verpflich- teten er in Anspruch nimmt (Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 165/05, aaO, Rn. 17).
B.
- 34
- In vorliegender Gestaltung ist infolge der auf dem Haftungsanspruch des § 73 AO beruhenden Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin für eine Schenkungsanfechtung gegen das beklagte Land innerhalb der Vierjahresfrist des § 134 Abs. 1 InsO kein Raum.
I.
- 35
- Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn die gegen den Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos war; dann hat der Zuwendungsempfänger wirtschaftlich nichts verloren, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2009 - IX ZR 182/08, WM 2009, 2283 Rn. 8; vom 17. Juni 2010 - IX ZR 186/08, WM 2010, 1421 Rn. 7 jeweils mwN). Diese Grundsätze gelten lediglich in Fällen einer freiwilligen Drittleistung, hingegen nicht auch, wenn den Dritten gegenüber dem Zahlungsempfänger eine eigene Verbindlichkeit trifft. Denn dann tilgt er mit der fremden Schuld zugleich eine eigene. In dem Freiwerden von der eigenen Schuld liegt der Ausgleich, der die Anwendung des § 134 Abs. 1 InsO ausschließt (BGH, Urteil vom 5. Juni 2008 - IX ZR 163/07, WM 2008, 1459 Rn. 13).
II.
- 36
- Die Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin folgt hier aus § 73 AO, der einen eigenständigen gesetzlichen Anspruch gegen die Organgesellschaft begründet. Die Tilgung von Ansprüchen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen ist jedoch nicht unentgeltlicher Natur (BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, WM 2010, 851 Rn. 9). Ließe man in Fällen der Zahlungsunfähigkeit des Organträgers die Anfechtung des Insolvenzverwalters der Organgesellschaft nach § 134 Abs. 1 InsO durchgreifen, würde der Zweck des § 73 AO, eine umfassende Sicherung des Steueranspruchs zu gewährleisten (BFH, Urteil vom 23. September 2009, aaO, S. 397), insolvenzrechtlich verfehlt, weil die Organgesellschaft wie ein bloßer Drittzahler behandelt würde. Eine Entgeltlichkeit der Leistung der Schuldnerin kann hingegen nicht daraus hergeleitet werden, dass sie im Innenverhältnis zu dem Organträger verpflichtet war, für die aus ihrer eigenen Geschäftstätigkeit herrührende Steuerschuld aufzukommen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 1992 - IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 54 ff), weil für die Beurteilung, ob eine nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung vorliegt , allein auf das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Insolvenzschuldner und dem Zuwendungsempfänger abzustellen ist (BGH, Urteil vom 4. März 1999 - IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96, 100).
C.
- 37
- Danach ist die Revision gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen, weil sich das angefochtene Urteil als zutreffend darstellt. Der Senat kann in der Sache entscheiden, ohne im Blick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 23. September 2009 (VII R 43/08, BFHE 226, 391) den Gemeinsamen Senat der obers- ten Gerichtshöfe des Bundes anzurufen. Der vorliegende Sachverhalt ist im Vergleich zu der von dem Bundesfinanzhof entschiedenen Sache in wesentlichen Punkten anders gelagert: Es handelt sich im Unterschied zu dem von dem Bundesfinanzhof entschiedenen Fall nicht um eine freiwillige Zahlung der Organgesellschaft vor Fälligkeit der Steuerschuld, sondern um eine im Wege des Lastschrifteinzugs von der Finanzverwaltung selbst ausgelöste Zahlung. Das Finanzamt hat in den Tatsacheninstanzen eingeräumt, durch den Lastschrifteinzug gegen die Schuldnerin den Haftungsanspruch durchgesetzt zu haben. Kann die Zahlung mithin allein dem Haftungsanspruch zugeordnet werden, ist die Anfechtung gegen die Finanzverwaltung begründet.
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, Entscheidung vom 01.04.2010 - I-4 O 485/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 02.12.2010 - I-27 U 55/10 -
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
- 1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind, - 2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
(3) (weggefallen)
(1) Der Insolvenzverwalter ist allen Beteiligten zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Gesetz obliegen. Er hat für die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzverwalters einzustehen.
(2) Soweit er zur Erfüllung der ihm als Verwalter obliegenden Pflichten Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzen muß und diese Angestellten nicht offensichtlich ungeeignet sind, hat der Verwalter ein Verschulden dieser Personen nicht gemäß § 278 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu vertreten, sondern ist nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich.
Kann eine Masseverbindlichkeit, die durch eine Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden, so ist der Verwalter dem Massegläubiger zum Schadenersatz verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Verwalter bei der Begründung der Verbindlichkeit nicht erkennen konnte, daß die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde.
(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.
(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.
(1) Die Gesamtschuldner sind im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesamtschuldner der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
(2) Soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldnern Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.
(1) Die Aufrechnung ist unzulässig,
- 1.
wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist, - 2.
wenn ein Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Verfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, - 3.
wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, - 4.
wenn ein Gläubiger, dessen Forderung aus dem freien Vermögen des Schuldners zu erfüllen ist, etwas zur Insolvenzmasse schuldet.
(2) Absatz 1 sowie § 95 Abs. 1 Satz 3 stehen nicht der Verfügung über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes oder der Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Zahlungsaufträgen, Aufträgen zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträgen zur Übertragung von Wertpapieren entgegen, die in Systeme im Sinne des § 1 Abs. 16 des Kreditwesengesetzes eingebracht wurden, das der Ausführung solcher Verträge dient, sofern die Verrechnung spätestens am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt; ist der andere Teil ein Systembetreiber oder Teilnehmer in dem System, bestimmt sich der Tag der Eröffnung nach dem Geschäftstag im Sinne des § 1 Absatz 16b des Kreditwesengesetzes.
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.
(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.
(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.
(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.
(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.
(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.
(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.
Die schriftliche Begutachtung kann durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.
(1) Der Rechtsanwalt muss für seine Vertretung sorgen, wenn er
- 1.
länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben, oder - 2.
sich länger als zwei Wochen von seiner Kanzlei entfernen will.
(2) Die Vertretung soll einem anderen Rechtsanwalt übertragen werden. Sie kann auch durch Personen erfolgen, die die Befähigung zum Richteramt erworben oder mindestens zwölf Monate des Vorbereitungsdienstes nach § 5b des Deutschen Richtergesetzes absolviert haben. In den Fällen des Satzes 2 gilt § 7 entsprechend.
(3) Soll die Vertretung einem anderen Rechtsanwalt übertragen werden, so soll der Rechtsanwalt diesen selbst bestellen. Soll die Vertretung durch eine andere Person erfolgen oder findet der Rechtsanwalt keine Vertretung, so ist die Vertretung auf Antrag des Rechtsanwalts von der Rechtsanwaltskammer zu bestellen.
(4) Hat es ein Rechtsanwalt in den Fällen des Absatzes 1 unterlassen, eine Vertretung zu bestellen oder deren Bestellung zu beantragen, so soll die Rechtsanwaltskammer eine Vertretung von Amts wegen bestellen. Zuvor soll sie den Rechtsanwalt auffordern, die Vertretung selbst zu bestellen oder deren Bestellung zu beantragen. Ein Rechtsanwalt, der von Amts wegen als Vertretung bestellt wird, kann die Vertretung nur aus wichtigem Grund ablehnen.
(5) Die Bestellung kann jederzeit widerrufen werden.
(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.
(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.
(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte gründete Ende 1991 die M. Hutmanufaktur GmbH (im folgenden : M. GmbH). Diese mietete zugleich ein dem Beklagten gehörendes, sanierungsbedürftiges Grundstück, welches sie teilweise selbst nutzte, teilwei-
se im Auftrag des Beklagten "untervermietete". Die von dem Beklagten für erforderlich angesehenen Instandsetzungs- und Verbesserungsmaßnahmen gab nicht er selbst in Auftrag, sondern verpflichtete in dem Mietvertrag die M. GmbH mit deren Ausführung. Zur Finanzierung der Baumaßnahmen nahm die M. GmbH aus öffentlichen Kassen geförderte Kredite in einer Gesamthöhe von 2 Mio. DM auf. Der Beklagte sicherte diese Darlehensaufnahme durch die Einräumung von Grundschulden und die Übernahme einer Bürgschaft ab. Im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses sollte die M. GmbH aus der Kreditverpflichtung entlassen und an ihrer Stelle allein der Beklagte gegenüber den Darlehensgebern verpflichtet sein. Gegenüber der M. GmbH verpflichtete er sich zum Ersatz aller ihr durch die Baumaßnahmen entstehenden Aufwendungen. Soweit die eingehenden Mietzahlungen hierzu nicht ausreichten, hatte der Beklagte die erforderlichen Beträge aus seinem sonstigen Vermögen aufzubringen.
Nachdem die M. GmbH im Jahr 1992 zwischen Februar und August die Mieten regelmäßig auf das Mietkonto des Beklagten überwiesen hatte, ist sie in der Folgezeit ihre Zahlungen schuldig geblieben; lediglich am 18. März 1993 hat sie einen Betrag von 15.000,-- DM geleistet. Die Klägerin, die nach Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens Ende Februar 1995 zur Verwalterin berufen worden ist, hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - von dem Beklagten Erstattung der von der Gemeinschuldnerin in den beiden Jahren 1992 und 1993 gezahlten Mieten in Höhe von insgesamt 57.500,-- DM mit der Begründung verlangt, die Grundstücksüberlassung habe eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt. Das Berufungsgericht hat die entsprechende Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Revision der Klägerin hat der Senat nur hinsichtlich der im März 1993 gezahlten Mieten angenommen.
Entscheidungsgründe:
Da der Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, ist durch Versäumnisurteil (§§ 331, 557 ZPO), aber auf Grund sachlicher Prüfung (BGHZ 37, 79, 81) zu entscheiden.
Im Umfang der Annahme ist die Revision der Klägerin begründet. Sie rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen hat, die im März 1993 geleistete Mietzahlung von 15.000,-- DM müsse deswegen von dem Beklagten nicht erstattet werden, weil der Gemeinschuldnerin seitens des Beklagten in demselben Zeitraum "Untermietzinsen" von mehr als 30.000,-- DM belassen worden sind. Mit dieser Erwägung setzt sich das Berufungsgericht zu seiner eigenen Annahme in Widerspruch, daß die dem Beklagten zustehenden "Untermietzinsen" - wie es mit der M. GmbH bei Abschluß des Mietvertrages vereinbart worden war - dazu verwendet worden sind, die Pflicht des Beklagten zur Erstattung derjenigen Aufwendungen zu erfüllen, die der M. GmbH bei den in seinem Auftrag und in seinem Interesse als Grundstückseigentümer veranlaßten Bau- und Sanierungsmaßnahmen einschließlich der Bedienung der in diesem Zusammenhang aufgenommenen Kredite entstanden sind. Dienten danach die dem Beklagten gebührenden "Untermietzinsen" allein dazu, dessen gegenüber der M. GmbH eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen, geht das Berufungsgericht fehl, wenn es in der Überlassung der "Untermietzinsen" an die M. GmbH eine die Auszahlung gebundenen Stammkapitals kompensierende Leistung ihres Gesellschafters sehen will und aus diesem Grund annimmt, ein von der Klägerin auf die sog. "Rechtsprechungsregeln" gestützter Erstattungsanspruch könne nicht bestehen.
Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat verwehrt, weil das Berufungsgericht - von seinem abweichenden Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft, sondern lediglich unterstellt hat, daß die Gesellschaft bei Bewirkung der Mietzahlung am 18. März 1993 überschuldet gewesen ist. Damit die hierzu erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. In diesem Zusammenhang weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß die Klägerin allein mit der Vorlage der zum 31. Dezember 1992 erstellten Jahresbilanz ihrer Darlegungs- und Beweislast für das Vorhandensein einer Überschuldung (vgl. Sen.Urt. v. 2. Juni 1997 - II ZR 211/95, ZIP 1997, 1648) der M. GmbH nicht nachkommen kann, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 125, 141, 146; Sen.Urt. v. 12. Juli 1999 - II ZR 87/98, ZIP 1999, 1524) die Überschuldungsbilanz nach anderen Kriterien als die Handelsbilanz aufzustellen ist. Abgesehen davon, daß ein negatives Ergebnis der Handelsbilanz zum maßgebenden Stichtag - mag es auch indizielle Bedeutung haben können - nicht zwangsläufig auch das Vorhandensein einer Überschuldung belegt, kann selbst bei Annahme
einer Überschuldung am 31. Dezember 1992 nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, daß die erst zu Beginn des Jahres 1995 in die Insolvenz geratene Gesellschaft im Zeitpunkt der Zahlung der Miete (18. März 1993) die Krise überwunden hatte und in der Lage war, den Betrag aus ungebundenem Gesellschaftsvermögen zu zahlen.
Röhricht Hesselberger Goette
Kurzwelly Kraemer
(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.
(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.
(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(1) Der Jahresabschluss hat sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten sowie Aufwendungen und Erträge zu enthalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Vermögensgegenstände sind in der Bilanz des Eigentümers aufzunehmen; ist ein Vermögensgegenstand nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen, hat dieser ihn in seiner Bilanz auszuweisen. Schulden sind in die Bilanz des Schuldners aufzunehmen. Der Unterschiedsbetrag, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt (entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert), gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand.
(2) Posten der Aktivseite dürfen nicht mit Posten der Passivseite, Aufwendungen nicht mit Erträgen, Grundstücksrechte nicht mit Grundstückslasten verrechnet werden. Vermögensgegenstände, die dem Zugriff aller übrigen Gläubiger entzogen sind und ausschließlich der Erfüllung von Schulden aus Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbaren langfristig fälligen Verpflichtungen dienen, sind mit diesen Schulden zu verrechnen; entsprechend ist mit den zugehörigen Aufwendungen und Erträgen aus der Abzinsung und aus dem zu verrechnenden Vermögen zu verfahren. Übersteigt der beizulegende Zeitwert der Vermögensgegenstände den Betrag der Schulden, ist der übersteigende Betrag unter einem gesonderten Posten zu aktivieren.
(3) Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Ansatzmethoden sind beizubehalten. § 252 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund.
(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
(3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
Eine Steueranmeldung steht einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Führt die Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuervergütung, so gilt Satz 1 erst, wenn die Finanzbehörde zustimmt. Die Zustimmung bedarf keiner Form.
Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
Eine Organgesellschaft haftet für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Haftet eine Organgesellschaft, die selbst Organträger ist, nach Satz 1, haften ihre Organgesellschaften neben ihr ebenfalls nach Satz 1. Den Steuern stehen die Ansprüche auf Erstattung von Steuervergütungen gleich.