Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 03. Apr. 2014 - I-6 U 114/13
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Juli 2013 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf (40 O 41/12) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger begehrt zum einen die Feststellung, dass die Beklagte weder Gesellschafterin der A. GmbH & Co. KG noch der A. Verwaltung GmbH ist, und zum anderen die Feststellung der Nichtigkeit der von der Beklagten in einer von ihr abgehaltenen Gesellschafterversammlung der A. GmbH & Co. KG am 27. Februar 2012 gefassten Beschlüsse.
4Wegen des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils verwiesen, soweit diese den Feststellungen in diesem Urteil nicht widersprechen.
5Der Kläger hat beantragt,
6festzustellen,
7-
8
1.
dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der im Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf unter HRA … eingetragenen A. GmbH & Co. KG ist;
102.
11dass die Beklagte nicht Gesellschafterin der im Handelsregister des Amtsgerichts Düsseldorf unter HRB … eingetragenen A. Verwaltung GmbH ist;
123.
13dass die von der Beklagten in der von ihr abgehaltenen Gesellschafterversammlung der A. GmbH & Co. KG am 27.02.2012 ab 18:00 Uhr jeweils gefassten Beschlüsse mit dem Inhalt
14a) „Die Komplementärin der Gesellschaft bedarf für die in der Anlage zu diesem Beschluss genannten Geschäfte der Zustimmung der Gesellschafterversammlung.“
15b) „Der Jahresabschluss der Gesellschaft für das Geschäftsjahr 2010 ist einer freiwilligen Abschlussprüfung zu unterziehen.
16Zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2010 wird die die M. GmbH bestellt.“
17c) „Der Jahresabschluss der Gesellschaft für das Jahr 2011 ist einer freiwilligen Abschlussprüfung zu unterziehen.
18Zum Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr 2011 wird die M. GmbH bestellt.“
19jeweils nichtig sind.
20Die Beklagte hat beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Feststellungsklagen seien zulässig und auch begründet. Die Beklagte sei nicht Gesellschafterin geworden. Eine wirksame Übertragung des auf die Verstorbene C. entfallenden Gesellschaftsanteils an die Beklagte aufgrund des Vertrags vom 19.12.2007 sei nicht erfolgt, da die weiteren Bedingungen für die Übertragung nicht eingetreten seien. Die unter dem 22.01.2008 aufgestellte Bedingung, dass die Beklagte als Kommanditistin der A. GmbH Co. KG im Handelsregister eingetragen werde, sei unstreitig nicht eingetreten. Diese Bedingung sei auch nicht vor dem Tod von C. wirksam aufgehoben worden. Die mit dem Datum des 01.12.2011 versehenen Erklärungen von Frau und Herrn Dr. B. stellten keinen wirksamen Verzicht dar. Für die C. GmbH & Co.KG selbst sei am 01.12.2011 kein Verzicht erklärt worden. Vielmehr hätten Frau B. und Herr Dr. B. für C., Herr Dr. B. aber nur für die Komplementärin der Beklagten den Verzicht erklärt. Die Erklärung sei auch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gemäß § 164 Abs.1 Satz 2 BGB dahin auszulegen, dass Dr. B. im Namen der Beklagten gehandelt habe.
23Darüber hinaus seien die Erklärungen auch formunwirksam, weil es an der notariellen Beurkundung des Verzichts fehle. Die verstorbene C. habe die Formbedürftigkeit etwaiger Erklärungen auch auf die ergänzenden Vereinbarungen zum Verzicht auf den Bedingungseintritt ausgedehnt. Demgemäß habe sie die nachträglich eingefügte aufschiebende Bedingung hier auch beurkunden lassen. Aus der Beurkundungspflicht für diese Nebenabrede folge aber, dass deren Aufhebung ebenso beurkundungsbedürftig sei. Auf das Formbedürfnis könne auch nicht aus anderen Gründen verzichtet werden. Der Verzicht auf eine Bedingung sei grundsätzlich formlos möglich, wenn diese Bedingung einseitig eine Vertragspartei begünstige (vgl. BGH VIII ZR 257/93, Urteil vom 21.09.1994, zit. nach Juris). Die Bedingung diene aber nicht einseitig einer Partei, sondern erkennbar der Absicherung und Klarheit beider Vertragsparteien, weil sie inhaltlich selbst die Eintragung in das Handelsregister vorsehe. Dem würde es widersprechen, wenn entgegen der Formvorschrift des § 15 Abs. 3 GmbHG auf sie formfrei verzichtet werden könnte.
24Zudem bestünden Bedenken, ob die Verzichtserklärung für C., die Herr Dr. B. und Frau B. aufgrund der ihnen erteilten Vorsorgevollmacht abgegeben hätten, von dieser Vorsorgevollmacht tatsächlich gedeckt sei. Vielmehr spreche Vieles dafür, dass die Vorsorgevollmacht missbraucht worden sei. Ein mutmaßlicher Wille von C., derart kurz nach Eintritt ihrer Geschäftsunfähigkeit und derart kurz vor ihrem Tod den Übergang der Geschäftsanteile zu bewirken, sei nicht ersichtlich. Vielmehr habe sie diesen Übergang nach den 2008 geführten Rechtsstreitigkeiten trotz ihres Obsiegens offensichtlich nicht gewollt. Der Anteilsübergang diene ferner erkennbar den finanziellen Interessen der Erben. Durch ihn könne die in den Gesellschaftsverträgen zu Buchwerten vorgesehene Einziehung des Anteils an der A. Verwaltung GmbH bzw. die Fortführung der A. GmbH & Co. KG durch den Kläger als einzigem verbliebenen Gesellschafter verhindert werden.
25Die Nichtigkeitsklage des Klägers gegen die in der Antragsschrift bezeichneten Beschlüsse sei gemäß §§ 47 GmbHG, 249 analog AktG zulässig und begründet. Die angegriffenen Beschlüsse seien nichtig, weil an ihnen unstreitig die Beklagte mitgewirkt habe, ohne dass sie nach den oben dargelegten Gründen Gesellschafterin der A. GmbH & Co.KG geworden sei. Die Mitwirkung eines Nicht-Gesellschafters führe zur Unwirksamkeit jedweder Beschlüsse, an denen der vermeintliche Gesellschafter mitgewirkt habe.
26Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Beklagte rügt die Verletzung materiellen Rechts.
271. Sie macht geltend, das landgerichtliche Urteil sei schon deshalb unzutreffend, weil es auf die Wirksamkeit des Verzichts am 01.12.2011 nicht mehr angekommen sei, da die Bedingung für den Rechtsübergang unmittelbar eingetreten sei, als in der Gesellschafterversammlung der A. Verwaltung GmbH am 21.01.2008 die Zustimmung zu der Anteilsübertragung beschlossen worden sei. Die Parteien des Einbringungsvertrages hätten durch die aufschiebende Bedingung kein weiteres, nach der Satzung gar nicht erforderliches Wirksamkeitserfordernis vereinbaren wollen. Die Satzung der A. Verwaltung GmbH habe die Mitteilung der Genehmigung durch die Gesellschaft nicht vorgesehen. Selbst wenn man annähme, dass das Beschlussergebnis von der Gesellschaft oder den Gesellschaften an Veräußerer und/oder Erwerber hätte bekanntgegeben werden müssen, ändere dies nichts, weil diese Bekanntgabe am 21.01.2008 erfolgt sei, da mit Kenntnis von Frau C. zugleich auch eine Kenntnis der C. Verwaltungs GmbH und damit auch eine Bekanntgabe der beschlossenen Zustimmung vorgelegen habe. Damit sei die aufschiebende Bedingung für die dinglichen Rechtsübergänge gemäß Ziffer 7.1 des Einbringungsvertrages am 21.01.2008 eingetreten und seien die dinglichen Übertragungsakte wirksam geworden. Die spätere Aufnahme einer weiteren aufschiebenden Bedingung (Handelsregistereintragung) am 22.01.2008 sei daher zu spät gekommen. Diesen rechtlichen Aspekt hätten weder das Landgericht noch die Parteien bisher gesehen.
282. Jedenfalls sei der Rechtsübergang auf sie, die Beklagte, am 01.12.2011 in Folge des wirksamen Verzichts auf die aufschiebende Bedingung der Handelsregistereintragung des Kommanditistenwechsels erfolgt. Entgegen der Auffassung des Klägers sei diese Handelsregistereintragung die einzige noch offene Bedingung gewesen, unter der die Rechtsübergänge gestanden hätten, da die weitere Bedingung der Zustimmung der beiden Gesellschaften unstreitig am 23.01.2008 eingetreten sei. Unzutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Wirksamkeit eines Verzichts auf die aufschiebende Bedingung von allen Parteien des Einbringungsvertrages hätte erklärt werden müssen. Die diesbezügliche Regelung des Einbringungsvertrages sei demgegenüber richtigerweise dahin auszulegen, dass es zum wirksamen Verzicht gerade keiner allseitigen Erklärung bedürfe, sondern bereits ein einseitiger Verzicht ausreichend sein sollte. Unstreitig sei - gestützt auf die Vorsorgevollmacht - der Verzicht für Frau C. erklärt worden.
29Das Landgericht sei aber auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine wirksame Erklärung von ihr, der Beklagten, nicht vorliege. Nach den Umständen, insbesondere unter Berücksichtigung der Vermutung unternehmensbezogenen Handelns sowie des Umstandes, dass sie nur durch ihre Komplementärin rechtsgeschäftlich handeln könne, bleibe für eine andere Auslegung als die, dass der Verzicht durch die Komplementärin, vertreten von Herr Dr. B., für sie, die Beklagte, erklärt worden sei, kein Raum.
30Der Verzicht habe entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keiner notariellen Beurkundung bedurft. Weder habe es eine gewillkürte Beurkundungspflicht gegeben, noch folge die Beurkundungspflicht daraus, dass die aufschiebende Bedingung nicht nur einseitig begünstigend sei. Schon Letzteres sei unzutreffend, die aufschiebende Bedingung diene typischerweise dem Schutz des Erwerbers. Selbst wenn man aber hier einen einseitigen formfreien Verzicht nach allgemeinen Grundsätzen zu einseitig begünstigenden Bedingungen nicht für ausreichend halten wollte, sei der Verzicht auch ohne notarielle Beurkundung deshalb wirksam erklärt worden, weil die Möglichkeit des beiderseitigen Verzichts als Alternative zur Handelsregistereintragung schon in der notariellen Urkunde vom 22.01.2008 selbst beurkundet worden sei. Damit sei aber die spätere Wahrnehmung dieses notariell bereits zugelassenen Verzichts keine Vertragsänderung mehr, sondern selbst alternative Bedingung, deren Eintritt gerade nicht beurkundungspflichtig sei.
31Von einem Missbrauch der Vorsorgevollmacht, zu dem das Landgericht, ohne seine Entscheidung indes hierauf zu stützen, Ausführungen gemacht habe, könne angesichts der zunehmenden Eskalation des Konflikts zwischen Frau C. und dem Kläger sowie des Ansinnens von Frau B. und Herrn Dr. B., ihre Verantwortung wahrzunehmen und Frau C. vor dem Kläger zu schützen, keine Rede sein.
323. Schließlich habe sie, die Beklagte, die Geschäftsanteile der A. Verwaltung GmbH auch nicht durch den vom Kläger am 23.01.2012 gefassten Einziehungsbeschluss wieder verloren. Zum einen sei sie zu der Gesellschafterversammlung nicht eingeladen worden, womit die Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig gewesen sei. Zum anderen habe ein Grund für die auf § 8 Ziffer 3 3. Spiegelstrich der Satzung gestützte Einziehung nicht vorgelegen, da sie nicht durch den Tod eines Gesellschafters, sondern durch die Einbringung Gesellschafterin geworden sei.
33Dementsprechend habe sie als Mehrheitsgesellschafterin der A. GmbH & Co. KG die am 27.02.2012 gefassten Beschlüsse auch fassen können.
34Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
35die Klage unter Abänderung des am 19. Juli 2013 verkündeten Urteils
36des Landgerichts Düsseldorf (40 O 41/12) abzuweisen;
37hilfsweise,
38das Verfahren unter Aufhebung des am 19. Juli 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf (40 O 41/12) an das Landgericht Düsseldorf zurückzuverweisen.
39Der Kläger beantragt,
40die Berufung zurückzuweisen.
41Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens als in jeder Hinsicht zutreffend Soweit die Beklagte erstmals behaupte, der Rechtsübergang sei schon am 21. Januar 2008 erfolgt, sei sie mit diesem Vortrag präkludiert. Ein Rechtsübergang zu diesem Zeitpunkt sei auch nicht schlüssig dargetan, jedenfalls aber mit Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Januar 2008 rückabgewickelt worden.
42Ein Verzicht habe im vorliegenden Fall nur durch einen von beiden Vertragsparteien geschlossenen Änderungsvertrag bewirkt werden können, an dem es aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils fehle. Die Erklärung sei eindeutig für die C. Verwaltungs GmbH abgegeben worden, für eine Auslegung sei kein Raum, zumal auch nur der Vertretene, also die Beklagte, auf § 181 BGB verzichten könne, woran es ebenfalls fehle. Die Änderungsvereinbarung habe auch der notariellen Beurkundung bedurft, da die aufschiebende Bedingung nicht einseitig begünstigend sei. Im Übrigen fehle es aber auch an der (ersten) Bedingung, da die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich sei, die einfache Mehrheit der Stimmen von C. reiche vorliegend nicht aus.
43Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 20. Februar 2014 sowie die nachfolgenden tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
44II.
45Die Berufung hat Erfolg. Die Feststellungsklage ist zulässig aber unbegründet. Die Beklagte ist seit dem 1. Dezember 2011 Gesellschafterin der A. GmbH & Co. KG und der A. Verwaltung GmbH [dazu unter A.]. Die Nichtigkeitsklage (Antrag zu 3.) ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet. Die in der Gesellschaftversammlung der A. GmbH & Co. KG am 27. Februar 2012 mit den auf die Beklagte entfallenden Stimmen gefassten Beschlüsse - Klageantrag zu 3. a), b) und c) – sind nicht unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder die Satzung zustande gekommen [dazu unter B.].
46A.
47Die Feststellungsklage ist mit beiden Anträgen (1. und 2.) zulässig, insbesondere ist, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, das Feststellungsinteresse des Klägers aus § 256 Abs. 1 ZPO gegeben. Die Feststellungsklage ist aber mit beiden Anträgen unbegründet, weil die Beklagte Gesellschafterin beider Gesellschaften ist.
481) Die angefochtene Entscheidung ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil es auf die - vom Landgericht verneinte - Wirksamkeit des am 1. Dezember 2011 erklärten Verzichts nicht mehr ankommt. Die Beklagte ist nicht bereits am 21. Januar 2008 Gesellschafterin der A. GmbH und der A. GmbH & Co. KG geworden. Das diesbezügliche - neue - Vorbringen der Beklagten ist allerdings entgegen der Ansicht des Klägers vom Senat zu berücksichtigen, weil die zur Stützung der vertretenen Rechtsauffassung in Bezug genommenen Tatsachen sämtlich unstreitig sind. Unstreitiges und somit nicht beweisbedürftiges Vorbringen hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung gemäß § 529 Abs. 1 ZPO stets zugrunde zu legen, es unterfällt weder § 531 Abs. 1 noch Abs. 2 ZPO (PG/Oberheim, ZPO, 4. Auflage 2012, § 531 Rn 14 unter Hinweis auf BGH NJW 2009, 2532 u.a.).
49Die Beklagte ist aber nicht dadurch am 21. Januar 2008 Gesellschafterin der beiden genannten Gesellschaften geworden, dass in den an diesem Tag abgehaltenen Gesellschafterversammlungen mit einfacher Stimmenmehrheit jeweils der folgende Beschluss gefasst und verkündet worden ist:
50„Der Verfügung gem. Urkundsrolle des Notars Dr. F. vom 19.12.2007 … über den von Frau C. gehaltenen Geschäftsanteil (bzw. KG-Anteil) im Wege der Einbringung …. wird zugestimmt. Die Gesellschafterin C. wird ermächtigt, die Zustimmung der Gesellschafterversammlung und damit auch der Gesellschaft in der jeweils erforderlichen Form mitzuteilen bzw. für die Gesellschaft zu erklären.“
51Denn die - zumindest nach dieser Beschlussfassung notwendige - nach außen gerichtete Erklärung der Zustimmung ist erst nach der notariellen Beurkundung der „Ergänzung zum Einbringungsvertrag“ am 22. Januar 2008 erfolgt. Am 23. Januar 2008 konnte durch die Abgabe der Zustimmungserklärung allein der Rechtsübergang auf die Klägerin aber nicht (mehr) bewirkt werden, weil die Einbringung zu diesem Zeitpunkt bereits vom Eintritt einer weiteren aufschiebenden Bedingung abhängig war.
52a) C. hat sich durch den notariell beurkundeten Einbringungsvertrag vom 19. Dezember 2011 (Anlage H 9) u.a. dazu verpflichtet, ihre an der A. GmbH & Co. KG sowie an der A. GmbH gehaltenen und unter Ziffer 1.2 der Urkunde näher bezeichneten Anteile als (Sach)Einlage in die seinerzeit noch unter E. GmbH & Co. KG firmierende Beklagte im Wege der Abtretung dieser Anteile einzubringen. Die Rechtswirkungen des dinglichen Übertragungsaktes sollten jedoch nach der Regelung unter Ziffer 3.2 der Urkunde erst mit Eintritt von aufschiebenden Bedingungen eintreten. Gleiches gilt nach 4.3 der Urkunde für den Übergang der Rechte an der Wortmarke „G.“. Unter 7.1 des Einbringungsvertrages vom 19. Dezember 2011 ist in Bezug auf die vereinbarten Bedingungen folgendes geregelt worden:
53„Sämtliche vorstehenden dinglichen Rechtsübertragungen sollen nur einheitlich erfolgen und sind daher aufschiebend bedingt durch die Zustimmung der A. GmbH & Co. KG sowie die der A. Verwaltung GmbH zu der Abtretung des GmbH-Anteils.“
54Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass sowohl der Gesellschaftsvertrag der A. GmbH & Co. KG als auch derjenige der A. GmbH die Verfügung über Geschäftsanteile dahingehend einschränkte, dass kein Gesellschafter „ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung“ seine Anteile abtreten oder sonst wie darüber verfügen konnte [§ 7 des Gesellschaftsvertrages der A. GmbH (Anlage H 15) und § 17.1 des Gesellschaftsvertrages der A. GmbH & Co. KG (Anlage H 1)]. Der Gesellschaftsvertrag der A. GmbH enthält des Weiteren unter § 11 (1) eine Vereinbarung, durch die sich die beiden Gesellschafter verpflichtet haben, an deren Stammkapital und am Kommanditkapital der A. GmbH & Co. KG in gleichem Verhältnis beteiligt zu sein. Die Erfüllung dieser Verpflichtung sollte gemäß § 11 (1) Satz 2 des Gesellschaftsvertrages dadurch sichergestellt werden, dass die Veräußerung von Geschäftsanteilen oder Teilen von solchen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf [§ 11 (2) GV] und die - für den Fall aufgetretener Differenzen in Bezug auf die jeweiligen Beteiligungen vorgesehene - Einziehungsbefugnis in § 11 (3) GV sichergestellt werden.
55b) Rechtliche Bedenken gegen derartige Einschränkungen der Übertragbarkeit der GmbH-Anteile bestehen nicht. § 15 Abs. 5 GmbHG sieht vor, dass die Abtretung der Geschäftsanteile durch den Gesellschaftsvertrag an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden kann. Gleichermaßen kommt aber als zusätzliches Wirksamkeitserfordernis der Verfügung über den Anteil auch die Zustimmung der Gesellschafterversammlung in Betracht (statt anderer Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Auflage 2013, § 15 Rn 38 unter Hinweis auf BGH WM 1976, 204). Für Gesellschaftverträge einer Kommanditgesellschaft gilt im Übrigen nichts anderes (Koller in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Auflage 2011, § 161 Rn 29/30 unter Hinweis auf § 105 Rn 57 ff. m.w.N.).
56c) In dem Einbringungsvertrag vom 19. Dezember 2011 ist, wie erwähnt, der Eintritt des Rechtsübergangs von der Zustimmung der A. GmbH & Co. KG sowie der A. GmbH abhängig gemacht worden. Die Satzung der A. GmbH sieht demgegenüber die Zustimmung der Gesellschafterversammlung vor. Welchem Zustimmungserfordernis hier letztendlich der Vorrang zukommen würde, kann offen bleiben. Unstreitig sind in den Gesellschafterversammlungen beider Gesellschaften am 21. Januar 2008 jeweils mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen entsprechende Beschlüsse gefasst worden (Anlagen H 10, Seite 7 des Protokolls und LLR 4, Seite 5 des Protokolls).
57d) Die einfache Mehrheit der Stimmen war entgegen der Ansicht des Klägers auch ausreichend, sodass jeweils von einer wirksamen Zustimmung der Gesellschafterversammlung auszugehen ist.
58aa) Hinsichtlich der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung der A. GmbH steht dies nicht nur außer Streit, sondern ergibt sich dieser Befund auch aus deren Gesellschaftsvertrag, der das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit oder gar der Zustimmung beider Gesellschafter nicht anordnet, §§ 6 (8) und 7 GV.
59bb) Nichts anderes gilt im Ergebnis auch für die Regelung im Gesellschaftsvertrag der A. GmbH & Co. KG. Die Mehrheitsklausel in § 11 des Gesellschaftsvertrages, wonach Beschlüsse, „soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist“, zu ihrer Wirksamkeit einer - überhaupt nur mit den Stimmen der Gesellschafterin C. zu erreichenden - 51%igen kapitalmäßigen Mehrheit bedürfen, gilt auch für die Zustimmung der Gesellschafterversammlung gemäß § 17 des Gesellschaftsvertrages, da dort „nichts anderes bestimmt ist“.
60(1) Dabei kann dahinstehen, ob der hier in Rede stehende Gesellschafterwechsel ein Grundlagengeschäft (zum Begriff: statt anderer Baumbach/Hopt, HGB, 35. Auflage 2012, § 114 m.w.N.) ist. Hierfür mag zwar die personalistische Struktur der A. GmbH & Co. KG sprechen. Andererseits geht es aber weder um die Aufnahme eines weiteren, gänzlich neuen Gesellschafters noch geht es bei genauerer Betrachtung um einen „echten“ Gesellschafterwechsel. Denn die Beklagte ist von C., ihrer alleinigen Kommanditistin, die gleichzeitig alleinige Gesellschafterin ihrer selbst keine Geschäftsanteile haltenden Komplementärin, der C. Verwaltungs GmbH, sowie deren Geschäftsführerin war, beherrscht worden. Selbst wenn man annehmen würde, der beabsichtigte Gesellschafterwechsel habe ein Grundlagengeschäft dargestellt, folgt daraus jedoch nicht zwingend, dass der Gesellschafterwechsel nur dann wirksam hätte zustande kommen können, wenn alle Gesellschafter zustimmen. Auch Grundlagengeschäfte bedürfen der Zustimmung aller Gesellschafter aber ebenfalls nur „vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung im Gesellschaftsvertrag (BGH, Urt. v. 15. Januar 2007 – II ZR 245/05, „Otto“ = BGHZ 170, 283 ff./juris Tz. 6 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 29. März 1996 – II ZR 263/94, BGHZ 132, 263 ff.). § 119 Abs. 1 HGB ist nämlich, wie sich bereits aus § 119 Abs. 2 HGB ergibt, nicht nur für einfache Geschäftsführungsangelegenheiten, sondern auch darüber hinaus dispositiv (BGH „Otto“ a.a.O.).
61(2) Entgegen der Auffassung des Klägers unterliegt die Beschlussfassung auch nicht deshalb dem Einstimmigkeitsprinzip nach §§ 161, 119 Abs. 1 HGB, weil die Zustimmung zu einer Verfügung über eine Beteiligung nach § 17 des Gesellschaftsvertrages der A. GmbH & Co. KG nicht ausdrücklich in die Mehrheitsklausel des § 11 einbezogen ist (grundlegend dazu wiederum BGH, Urt. v. 15. Januar 2007 – II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 ff. = WM 2007, 501 ff; fortgeführt durch Urt. v. 20. November 2012 – II ZR 98/10, GWR 2013, 89 ff.). Eine Mehrheitsklausel muss nicht stets die betroffenen Beschlussgegenstände minutiös auflisten, es genügt vielmehr, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag - sei es auch durch Auslegung - ergibt, dass der in Frage stehende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll (BGH „Otto“/juris Tz. 9).
62So liegen die Dinge hier. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrages der A. GmbH & Co. KG ergibt, dass deren zwei Gesellschafter auch über die Zustimmung zu einer Abtretung von Anteilen mit einfacher Mehrheit der Stimmen entscheiden. Das dem Minderheitsgesellschafter A. eingeräumte Vorkaufsrecht in § 17 1. Satz 2 des Gesellschaftsvertrages ist nur dann sinnvoll, wenn dessen Zustimmung zu der beabsichtigten Verfügung gerade nicht ohnehin erforderlich ist. Es regelt nicht nur den Anspruch des Minderheitsgesellschafters auf Abschluss eines Anteilskaufs- und Übertragungsvertrages, wie die Berufung meint, sondern dient der Absicherung des Minderheitsgesellschafters, falls dieser mit der beabsichtigten Verfügung der Mehrheitsgesellschafterin nicht einverstanden ist und deshalb mit dem Ziel von dem Vorkaufsrecht Gebrauch machen will, selbst künftig die Mehrheit der Stimmen inne zu haben. Könnte die Gesellschafterversammlung die Zustimmung nicht mit einfacher Mehrheit beschließen, bedürfte es also der Zustimmung des Minderheitsgesellschafters, liefe diese Regelung nahezu leer. Auch das Kündigungsrecht in § 17 3. GV spricht nur auf den ersten Blick gegen die Einschlägigkeit der Mehrheitsklausel in § 11 GV, weil es bei verständiger Würdigung ebenfalls den Minderheitsgesellschafter schützt, der dieses Schutzes indes nicht bedürfte, wenn der Mehrheitsgesellschafter auf seine Zustimmung ohnehin angewiesen wäre, um seinen Geschäftsanteil übertragen zu können.
63Ganz entscheidend sprechen schließlich die Regelungen in § 11 des Gesellschaftsvertrages der A. GmbH für die Richtigkeit des zugrunde gelegten Auslegungsergebnisses. Wie weiter oben bereits dargestellt, haben sich die beiden Gesellschafter dazu verpflichtet, am Kommanditkapital der KG und am Stammkapital der GmbH stets in gleichem Verhältnis beteiligt zu sein und die Erfüllung dieser Verpflichtung durch die nachfolgenden Regelungen unter § 11 (2) und (3) GV (der A. GmbH) sichergestellt. Dass hierüber zwischen den beiden Gesellschaftern Einigkeit bestand, bedarf keiner näheren Begründung. Vor diesem Hintergrund ist aber die Argumentation des Klägers nicht frei von Widersprüchlichkeiten. Denn dass in Bezug auf die Veräußerung des Geschäftsanteils an der A. GmbH die nur von C. mit ihren Stimmen zu erreichende einfache Mehrheit ausreichend ist, steht außer Streit. Haben sich aber beide Gesellschafter dazu verpflichtet, die Beteiligungen stets im gleichen Verhältnis zu halten, macht eine gesellschaftsvertragliche Regelung, nach welcher im Fall der KG die einfache Mehrheit gerade nicht ausreichen würde, was dazu führen könnte, dass der Minderheitsgesellschafter die Übertragung blockieren könnte, ersichtlich keinen Sinn. Die verständige Würdigung der gesellschaftsvertraglichen Regelungen beider Gesellschaften ergibt mithin, dass die Gesellschafter in Bezug auf die Übertragung von Anteilen einen Gleichlauf gewollt und auch geregelt haben. Die sich bei Richtigkeit ihres Standpunktes ergebenden Wertungswidersprüche vermag die Beklagte mit ihrem Vorbringen jedenfalls nicht sinnvoll aufzulösen.
64Zu einer anderen Sichtweise sieht der Senat auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Klägers keinen Anlass. Auch die Vernehmung der von ihm mit Schriftsatz vom 2. Januar 2013 benannten Zeugen ist nicht geboten. Zwar geht er im Ansatz zutreffend davon aus, dass ein übereinstimmender Wille der an dem Abschluss eines Vertrages beteiligten Parteien dem Vertragswortlaut oder einer anderweitigen Auslegung vorgehen würde. Jedoch trägt der Vortrag das von ihm gewünschte Ergebnis nicht. Abgesehen davon, dass - wie soeben aufgezeigt - die allein an dem Gesellschaftsvertrag der A. GmbH & Co. KG orientierte Argumentation zu Wertungswidersprüchen führt, reicht die Behauptung, es habe einen übereinstimmenden Parteiwillen gegeben, gerade nicht aus. Diese Behauptung betrifft nämlich eine innere Tatsache, über die nur dann Beweis zu erheben ist, wenn auch schlüssig behauptet wird, dass die Parteien ihren übereinstimmenden Willen einander zu erkennen gegeben haben. Wird ein Zeuge zum Beweis einer nicht in seiner Person eingetretenen inneren Tatsache benannt, ist ein derartiger Beweisantritt nur dann erheblich, wenn die Umstände schlüssig dargelegt sind, aufgrund deren er Kenntnis von der inneren Tatsache erlangt hat (st Rspr, vgl. nur BGH, Urt. v. 29. März 1996 – II ZR 263/94, BGHZ 132, 263 ff./juris Tz.14 m.w.N.).
65Derartige Umstände sind weder vom Kläger schlüssig aufgezeigt worden noch lassen sie sich der im Parallelverfahren I-6 U 113/13 in Bezug genommenen eidesstattlichen Versicherung des Zeugen H. (Anlage B 16) entnehmen. Dieser war bereits mit der Abfassung der Gesellschaftsverträge nicht persönlich - zumindest nicht „federführend“- befasst, sondern vielmehr der Zeuge J.. Die von dem Zeugen H. benannte Aktennotiz ist nur „seines Wissens“ mit den Beteiligten „letztlich auch so besprochen worden“. Soweit er erklärt, nach „seiner Wahrnehmung“ habe Konsens bestanden, ist der eidesstattlichen Versicherung nicht ansatzweise zu entnehmen, worauf diese Wahrnehmung beruht. Die Vernehmung des Zeugen H. liefe vor diesem Hintergrund auf eine grundsätzlich unzulässige Sachverhaltsausforschung hinaus. Entscheidend ist im Übrigen nicht das angebliche damalige Verständnis der (juristischen) Berater bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages, sondern das von den Gesellschaftern entgegen dem Inhalt der Gesellschaftsverträge angeblich übereinstimmend Gewollte, weswegen auch den diesbezüglichen Beweisantritten der Beklagten (in erster Linie in dem schon erwähnten Schriftsatz vom 2.1.2013) nicht nachzugehen ist.
66(3) Dass sich C. mit der getroffenen Zustimmungsentscheidung unter Verstoß gegen ihre gesellschafterliche Treuepflicht über beachtenswerte Belange des A. hinweggesetzt hätte oder dass der Beschluss aus anderen Gründen unwirksam sein sollte, wird schon nicht behauptet.
67cc) Die Zustimmung, die - als Einwilligung gemäß § 182 BGB - vor der Abtretung oder aber nachher als Genehmigung gemäß § 183 BGB erklärt werden kann, ist eine einseitige, insbesondere aber empfangsbedürftige Willenserklärung, die sowohl gegenüber dem Veräußerer als auch gegenüber dem Erwerber des Geschäftsanteils abgegeben werden kann und - vorausgesetzt, die Satzung schreibt nichts anderes vor - keiner besonderen Form bedarf (Fastrich a.a.O. Rn 45). Anders als die Zustimmung, die ex tunc wirksam wird, also zurückwirkt (allgM, vgl. Fastrich a.a.O. Rn 47), treten die Rechtsfolgen des Eintritts einer aufschiebenden Bedingung gemäß § 158 Abs. 1 BGB nur ex nunc ein (allgM, vgl. etwa BGH, Urt. v. 25. März 1998 – VIII ZR 185/96, BGHZ 138, 195 – 210/juris Tz. 32 m.w.N.), sodass die Beklagte richtigerweise nicht rückwirkend zum 19. Dezember 2011, sondern am Tag des Bedingungseintritts, also der Abgabe der Zustimmungserklärung, Gesellschafterin geworden wäre.
68(1) Die Erteilung der Zustimmung war entgegen der Auffassung der Berufung nicht deshalb entbehrlich, weil entsprechende Mitteilungspflichten in der Satzung der A. GmbH bzw. der A. GmbH & Co. KG nicht enthalten sind. Ob dem schon die grundsätzliche Erwägung entgegen steht, dass die Zustimmung als empfangsbedürftige Willenserklärung per se „mitteilungspflichtig“ ist, ohne dass es hierzu einer Anordnung in der Satzung bedürfte, mag offen bleiben. Denn jedenfalls ergibt sich das Erfordernis einer ausdrücklichen Zustimmungserklärung aus dem Inhalt des gefassten Beschlusses selbst. Die Beklagte setzt sich dem Vorwurf selbstwidersprüchlichen Verhaltens aus, wenn sie zwar ihre Rechtsposition aus dem Beschluss vom 21. Januar 2008 herleitet, das in diesem Beschluss ausdrücklich festgelegte Verfahren aber nicht gelten lassen will, § 242 BGB.
69(2) Eine Bekanntgabe der beschlossenen Zustimmung ist auch nicht schon in der Gesellschafterversammlung vom 21. Januar 2008 erfolgt. Die für Frau C. abgegebenen Erklärungen haben sich auf die Stimmabgabe zwecks Herbeiführung der - die Ermächtigung zur Mitteilung der Zustimmung gerade enthaltenden - Beschlussfassungen beschränkt, weswegen ihnen kein weitergehender Erklärungsinhalt entnommen werden kann, insbesondere nicht dahingehend, dass gleichzeitig ihr gegenüber in ihrer Eigenschaft als Anteilserwerber und/oder -veräußerer die Zustimmung erklärt werden sollte, §§ 133, 157 BGB. Nur dieses Verständnis entspricht dem Wortlaut des am 21. Januar 2008 gefassten Beschlusses. Für dessen Richtigkeit spricht nicht zuletzt, dass C. dem Beschlussinhalt gemäß vorgegangen ist und unter Hinweis auf die erteilte Ermächtigung am 23. Januar 2008 die Zustimmung ausdrücklich erklärt hat (Anlage H 11). Dem hätte es nicht bedurft, wenn sie davon ausgegangen wäre, die Zustimmung sei ihr gegenüber schon in der Gesellschafterversammlung erklärt worden.
70Der Senat übersieht hierbei auch nicht, dass die Zustimmung konkludent erteilt werden kann (Fastrich a.a.O. Rn 45 m.N.). Der Annahme einer konkludent erklärten Zustimmung steht jedoch zweierlei entscheidend entgegen: Zum einen hat Frau C. durch die von ihr beantragten und zustande gebrachten Beschlussfassungen selbst eindeutig zum Ausdruck gebracht, von dem Erfordernis der förmlichen Bekanntgabe nach außen auszugehen, da die Beschlüsse in ihrem Satz 2 die weiter oben genannte Ermächtigung enthalten haben. Hieran muss sich auch die Beklagte als deren Rechtsnachfolgerin festhalten lassen, will sie sich nicht dem Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens aussetzen, § 242 BGB. Sie rückt in die vorhandene Rechtsposition ein, kann also nicht anders oder sogar besser stehen als C. selbst stehen würde, wenn sie noch lebte. Zum anderen ist weder dargetan noch ersichtlich, dass Rechtsanwalt K., der C. in den Gesellschafterversammlungen am 21. Januar 2008 vertreten hat, auch zur Entgegennahme einer solchen Zustimmungserklärung bevollmächtigt war. Die für die Gesellschafterversammlung der A. GmbH erteilte Vollmacht vom 21. Januar 2008 (Bl. 262 GA) bezieht sich nur auf die Vertretung in Bezug auf die Gesellschafterrechte, insbesondere auf die Ausübung von Stimmrechten. Die Vollmacht für die Gesellschafterversammlung der A. GmbH & Co. KG, in der C. ebenfalls von Rechtsanwalt K. vertreten worden ist, ist nicht zu den Akten gelangt. Dafür, dass sie inhaltlich weiter gefasst worden ist, spricht nichts. Dass die Vollmachten gleichwohl auch die Entgegennahme rechtsgeschäftlicher Erklärungen mit Wirkung für und gegen die vertretene C. umfasst haben, wird weder behauptet noch ist hierfür etwas ersichtlich.
71(3) Hinzu kommt, dass alle Beteiligten einschließlich C. selbst nach dem 21. Januar 2008 übereinstimmend davon ausgegangen sind, C. sei weiterhin Gesellschafterin beider Gesellschaften. Noch unter dem 4. November 2011 hat C. Frau B. und Herrn Dr. B. für die Vertretung gegenüber beiden Gesellschaften eine schriftliche Vollmacht erteilt (Anlage H 23).
72dd) Selbst wenn man dies anders sehen wollte und die in den Gesellschaftversammlungen gefassten Beschlüsse für ausreichend halten würde, könnte die Beklagte hieraus im Ergebnis Entscheidendes für sich nicht herleiten. In diesem Fall hätte C. bei der notariellen Beurkundung der „Ergänzung zum Einbringungsvertrag“ am 22. Januar 2008 zwar (in Person) als Nichtberechtigte i.S.v. § 185 BGB gehandelt. Dies wäre aber mit Einverständnis der bei der Beurkundung von Frau C. in ihrer Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführerin der Komplementärin der Berechtigten, also der Beklagten, geschehen, sodass die in der Beurkundung der Ergänzungsvereinbarungen, die schuldrechtlich Rückabwicklungscharakter gehabt haben mögen, liegende Verfügung über die bereits auf die Klägerin übertragenen Anteile wirksam gewesen wäre, § 185 Abs. 1 BGB, und zu der Rückübertragung der Anteile auf Frau C. in Person geführt hätte. Denn C. hat - einerseits in eigenem Namen und andererseits für die Klägerin handelnd - am 22. Januar 2008, also noch vor der Abgabe ihrer nach außen gerichteten und notariell beglaubigten Zustimmungserklärung vom 23. Januar 2008 (Anlage H 11), die „Ergänzung zum Einbringungsvertrag“ beurkunden lassen (Anlage H 9), mit der eine weitere aufschiebende Bedingung für die Wirksamkeit der Abtretung der Anteile vereinbart worden ist, nämlich die Eintragung der Beklagten als Kommanditistin der A. GmbH & Co. KG im Handelsregister. Darin liegt nicht nur die Vereinbarung einer weiteren aufschiebenden Bedingung für den dinglichen Rechtsübergang, sondern auch denknotwendig eine Rückübertragung des womöglich am 21. Januar 2008 übergegangenen Anteils.
732) Der Verzicht auf die aufschiebende Bedingung - Eintragung der Beklagten als Kommanditistin der A. GmbH & Co. KG im Handelsregister - ist am 1. Dezember 2011 wirksam sowohl für die Beklagte als auch für C. erklärt worden [dazu unter a)]. Die Verzichtserklärungen sind hinreichend bestimmt [dazu unter b)]. Ein Vollmachtsmissbrauch lässt sich nicht feststellen [dazu unter c)]. Der Berufung auf die am 23. Januar 2008 abgegebene Zustimmungserklärung steht der Aspekt der Verwirkung nicht entgegen [dazu unter d)].
74a) Die Erklärungen vom 1. Dezember 2011 (Anlage H 12 - H 14) sind nicht wegen fehlender notarieller Beurkundung nichtig, § 125 BGB i.V.m. § 15 Abs. 4 GmbHG.
75aa) Formbedürftig nach § 15 Abs. 3 GmbHG ist die Abtretung eines Geschäftsanteils. Der im Rahmen des Einbringungsgeschäfts zustande gekommene Abtretungsvertrag zwischen C. und der Beklagten ist in der gesetzlich vorgeschriebenen Form der notariellen Beurkundung geschlossen worden. Die hierüber errichtete notarielle Urkunde vom 19. Dezember 2007 (Anlage H 9) enthält auch sowohl die Erklärung der Abtretenden als auch die Annahmeerklärung der Beklagten sowie die Einigung der Vertragsparteien über die (teilweise) Bedingtheit des Verfügungsgeschäfts (2.4 des Einbringungsvertrages). Die - unter zwei aufschiebenden Bedingungen erfolgte - Abtretung des Geschäftsanteils ist somit wirksam.
76bb) Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG ist zudem die Verpflichtung zur Abtretung formbedürftig, wobei dem Beurkundungszwang alle Vereinbarungen unterliegen, die nach dem Willen der Vertragsparteien zu dem schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäft gehören. Zum schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäft gehört dabei nicht nur die Schaffung von Bedingungen, sondern auch ihr Wegfall (BGH, Urt. v. 23. November 1988 – VIII ZR 262/87, NJW-RR 1989, 291 ff/juris Tz. 27 m.w.N.). In notarieller Form sind demnach vorliegend zum einen das im Rahmen des Einbringungsgeschäfts zustande gekommene Verpflichtungsgeschäft mitsamt der Vereinbarung der (ersten) aufschiebenden Bedingung - Zustimmung der A. GmbH und der A. GmbH & Co. KG - und zum anderen die Ergänzung zu dem Einbringungsvertrag vom 22. Januar 2008 (Anlage K 5) mitsamt der (zweiten) aufschiebenden Bedingung - Eintragung der Beklagten als Kommanditistin der A. GmbH & Co. KG im Handelsregister - geschlossen worden. Außerdem ist die Zustimmungserklärung in notariell beurkundeter Form abgegeben worden, wenngleich dies nicht einmal erforderlich gewesen wäre (BGH, Urt.v. 13. Oktober 2008 – II ZR 76/07, ZIP 2008, 2214 f./juris Tz. 9 a.E.).
77cc) Anerkannt ist, dass der Begünstigte auf die der Abtretung beigefügte Bedingung einseitig durch formfreie und keiner Annahme bedürftige Erklärung verzichten kann, weil in einer solchen Erklärung keine der Form des § 15 GmbHG unterliegende Vertragsänderung zu sehen ist und unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit der Nachweis eines Verzichts in der Regel keine größeren Schwierigkeiten bereiten wird als der Nachweis des Eintritts einer Bedingung (BGH, Urt. v. 23. November 1988 – VIII ZR 262/87, ZIP 1989, 234 ff./juris Tz. 26; Urt. v. 25. März 1998 – VIII ZR 185/96, BGHZ 138, 195 ff./juris Tz. 32). Ob hier unter Berücksichtigung der Regelung unter § 7.1 des Einbringungsvertrages vom 19. Dezember 2007 in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Januar 2008 und der hierzu entwickelten Grundsätze (BGHZ 127, 129 ff/juris Tz. 14; BGHZ 138, 195 ff./juris Tz. 31) ein einseitiger Verzicht der Beklagten oder aber der C. in Person ausgereicht hätte, kann mangels Entscheidungserheblichkeit offen bleiben, weil wirksame Verzichtserklärungen beider Vertragsparteien vorliegen (Anlage H 12). Aus dem gleichen Grund muss der Senat auch nicht darüber entscheiden, ob die aufschiebende Bedingung der Handelsregistereintragung beide Vertragsparteien oder aber nur eine von ihnen, ggf. welche von Beiden, i.S. dieser Rechtsprechung begünstigt hat.
78(1) Die am 1. Dezember 2011 von B. und Dr. B. aufgrund der Vorsorgevollmacht vom 25. Mai 2007 (Anlage H 6) in gemeinschaftlicher Vertretung der C. abgegebene Verzichtserklärung ist wirksam, §§ 164 ff. BGB. Die Vertretene hat ihrer Tochter und ihrem Enkel ausweislich der notariellen Urkunde vom 25. Mai 2007 ausdrücklich eine gemeinschaftliche „Generalvollmacht“ erteilt. Diese Vollmacht ermächtigt - unter Befreiung von § 181 BGB - zur umfassenden rechtsgeschäftlichen Vertretung. In der Vollmachtsurkunde heißt es auf Seite 3 ganz unten: „Die vorstehende beispielhafte Aufzählung dient allein der Verdeutlichung und soll keine Begrenzung der erteilten Vollmacht darstellen.“ Die Vertretene hat außerdem in der Vollmachtsurkunde angeordnet, dass die Vollmacht Dritten gegenüber „uneingeschränkt ist“. Daran dass die Verzichtserklärung im aus Rechtsgründen allein maßgeblichen Außenverhältnis wirksam ist, kann demnach kein vernünftiger Zweifel bestehen. Was den Vorwurf des Vollmachtsmissbrauchs anbelangt, betrifft dieser das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem, berührt also die Wirksamkeit des gemäß §§ 164 ff. BGB zustande gebrachten Rechtsgeschäfts nach außen schon wegen des Grundsatzes der Abstraktheit der Vertretungsmacht nicht. Denn der Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Vertreter lässt dessen Vertretungsmacht unberührt (h.M. vgl. etwa Schramm in MüKo, BGB, 6. Auflage 2012 § 164 Rn 105/106 m.w.N.), was grundsätzliche Bedenken daran begründet, ob der Kläger sich auf einen solchen Tatbestand berufen könnte. Denn grundsätzlich hat allein der Vertretene das Risiko eines Vollmachtsmissbrauchs zu tragen (BGH, Urt. v. 14. Mai 1986 – Iva ZR 146/85, WM 1986, 1061 f.). Jedenfalls aber lässt sich, wie im Folgenden unter ccc) dargelegt werden wird, ein solcher Missbrauch nicht feststellen.
79(2) Der von Herrn Dr. B. - nach der Abberufung von C. als Geschäftsführerin der C. Verwaltungs GmbH und seiner Bestellung zu deren neuem Geschäftsführer - erklärte Verzicht ist einzig nach seinem Wortlaut nur namens der C. Verwaltungs GmbH erfolgt. Dies steht indes der Feststellung, dass der Verzicht für die Beklagte erklärt worden ist, nicht entgegen und zwar auch dann nicht, wenn man berücksichtigt, dass Herr Dr. B. promovierter Jurist ist. Dass er die Verzichtserklärung „in seiner Eigenschaft als alleinvertretungsberechtigter und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer der C. Verwaltungs GmbH“ abgegeben hat, beruht darauf, dass die Beklagte kraft Gesetzes (§ 164 HGB) von ihrer Komplementärin, der C. Verwaltungs GmbH, und diese von ihrem Geschäftsführer (§ 35 GmbHG) vertreten wird. Die Beklagte kann rechtsgeschäftlich überhaupt nur vertreten durch ihre persönlich haftende Gesellschafterin handeln und Willenserklärungen abgeben. Die Annahme, die Verzichtserklärung sei gleichwohl für die C. Verwaltungs GmbH selbst und nicht für sie in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin der Beklagten abgegeben worden, ist aber auch deshalb fernliegend, weil die C. Verwaltungs GmbH nicht Partei des Einbringungsvertrages ist, sondern - handelnd jeweils durch C. als deren damalige alleinvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreite Geschäftsführerin - die Beklagte bei dem Abschluss des Einbringungsvertrages lediglich vertreten hat. In deren Namen eine Verzichtserklärung abzugeben, würde vor diesem Hintergrund keinen Sinn machen. Auch und gerade weil der Erklärende promovierter Jurist ist, kann nicht angenommen werden, dass bewusst etwas Sinnloses für eine Nicht-Vertragspartei erklärt werden sollte.
80(3) Selbst wenn man davon ausginge, dass ein jeweils einseitiger Verzicht nicht ausgereicht hätte und zusätzlich eine vertragliche Einigung notwendig gewesen wäre, da ein einseitiger Verzicht auf die (auch) dem schuldrechtlichen Vertrag beigefügte aufschiebende Bedingung rechtlich nicht möglich ist (BGH, Urt. v. 23. November 1988 – VIII ZR 262/87, ZIP 1989, 234 ff./juris Tz. 27), würde sich im Ergebnis kein anderer Befund ergeben. Denn in diesem Fall wäre eine Heilung der formnichtigen Vereinbarung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG eingetreten da das Verfügungsgeschäft, wie unteraa) festgestellt, wirksam ist, und zwar mit Abgabe der Verzichtserklärungen am 1. Dezember 2011. Die Wirkungen eines aufschiebend bedingten Rechtsgeschäfts treten im Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung ein, § 158 Abs. 1 BGB. Entsprechendes gilt für den nachträglichen Verzicht auf eine aufschiebende Bedingung (BGH, Urt. v. 25. März 1998 – VIII ZR 185/96, BGHZ 138, 195 ff./juris Tz. 32). Auch in diesem Fall wäre also die Abtretung am 1. Dezember 2011 wirksam geworden.
81(4) Die Übertragung der KG-Anteile bedurfte bereits nicht der Form des § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG. Da aber die Beteiligungen an der GmbH und an der KG zugleich übergehen sollten, wäre die Wirksamkeit der Übertragung des Kommanditkapitalanteils ggf. nach § 139 BGB analog zu beurteilen gewesen (Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Auflage 2012, § 15 Rn 93 m.N.). Da die Übertragungen indes, wie dargelegt, vollzogen worden sind, erübrigen sich Ausführungen hierzu.
82b) Die Erklärungen „Wir verzichten“ bzw. „Ich verzichte auf den Eintritt der aufschiebenden Bedingung zur Wirksamkeit des Einbringungsvertrages“ sind auch hinreichend bestimmt. Die ausdrückliche Bezugnahme auf den Einbringungsvertrag läuft entgegen der - zumindest im ersten Rechtszug - vertretenen Auffassung des Klägers nicht ins Leere. Ersichtlich ist die auf das Wesentliche reduzierte Verzichtserklärung darauf gerichtet, die Einbringung der Anteile rechtswirksam zustande zu bringen, §§ 133, 157 BGB, was nach den Regelungen in dem Einbringungsvertrag vom 19. Dezember 2007 i. d. Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 22. Januar 2008 den Eintritt der aufschiebenden Bedingungen oder aber den Verzicht auf die noch nicht eingetretene Bedingung voraussetzt. Auch kann den Verzichtserklärungen entnommen werden, auf welche Bedingung verzichtet worden ist und zwar jedenfalls zusammen mit der in dieselbe Urkunde aufgenommenen „Präambel“, §§ 133, 157 BGB, in welcher der zum damalige Sachstand dargestellt wird. Danach ist eine von zwei aufschiebenden Bedingungen für den dinglichen Vollzug des Einbringungsvertrages, also die Abtretung des Geschäftsanteils, bereits eingetreten, nämlich die Zustimmung der A. GmbH & Co. KG und die ihrer Komplementärin, die andere aufschiebende Bedingung, Eintragung der Beklagten als Kommanditistin der A. GmbH & Co. KG im Handelsregister, hingegen noch nicht. Verzichtet worden ist mithin auf die einzige aufschiebende Bedingung, die noch nicht eingetreten ist, also die Handelsregistereintragung.
83c) Ein Missbrauch der Vertretungsmacht - unterstellt, der Kläger könnte sich hierauf überhaupt berufen - lässt sich anhand seines Vorbringens nicht feststellen.
84Abgesehen davon, dass aus der Sicht des Senats gerade keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass C. die Einbringung ihrer Anteile an der A. GmbH und an der A. GmbH & Co. KG in die Beklagte am 1. Dezember 2011 nicht mehr gewollt hat, und es dem Senat angesichts des Alters und der physischen Verfassung von C. ohne weiteres vorstellbar erscheint, dass sie, wie von der Beklagten ausführlich vorgetragen, zunehmend zermürbt und erschöpft von den Streitigkeiten und (gerichtlichen) Auseinandersetzungen mit dem Kläger gewesen ist und daher schlicht nicht mehr die Kraft hatte, den noch ausstehenden Verzicht selbst zu erklären, können die tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen der Vertretene ausnahmsweise nicht das Risiko des Missbrauchs der Vertretungsmacht trägt, nicht festgestellt werden.
85Der Kläger hat weder schlüssig dargetan, dass Frau und Herr B. bewusst zum Nachteil von C. zusammengewirkt haben (Kollusion), noch liegt ein Fall des offensichtlichen Missbrauchs der Vertretungsmacht vor.
86aa) Dabei würde der Senat einen Nachteil für die Vertretene nicht bereits darin sehen, dass C. die Einbringung womöglich am 1. Dezember 2011 nicht mehr wollte, wovon der Senat, ohne hierzu aber mangels Entscheidungserheblichkeit Feststellungen treffen zu müssen, allerdings nicht einmal mit Sicherheit ausgeht. Denn daraus allein würde nicht folgen, dass der Verzicht auf die Bedingung für sie auch nachteilig gewesen ist, zumal C. so oder so zumindest bei wirtschaftlicher Betrachtung der Geschäftsanteil und der Kommanditanteil vermögensmäßig zuzuordnen gewesen sind, da sie - wie schon erwähnt - alleinige Gesellschafterin der Klägerin und der C. Verwaltungs GmbH war. Zwar ist durch die Abgabe der Verzichtserklärungen der Einziehung des Geschäftsanteils nach § 8 (3) GV (der A. GmbH) die rechtliche Grundlage entzogen worden. Dies ist jedoch nicht für C., sondern allenfalls und wenn überhaupt für den Kläger von Nachteil, was hier indes keine entscheidende Rolle spielen kann, aber erkennbar dessen Vortrag beeinflusst. Gerade diese Rechtsfolge, also keine Einziehung ihres Anteils im Falle des Todes, entsprach aber dem in dem Einbringungsvertrag vom 19. Dezember 2007 zum Ausdruck gekommenen Willen der Mehrheitsgesellschafterin. Die Einbringung ihrer Anteile diente zusammen mit den testamentarischen Verfügungen vom 31. Oktober 2007 und vom 26. Februar 2010 (Anlage H 7) der Vorbereitung ihres Ablebens bzw. der Absicherung einer Umsetzung ihres Willens. Gerade in der erstgenannten letztwilligen Anordnung kommt zum Ausdruck, dass C. zwar ihre sämtlichen Unternehmensanteile dem (enterbten) Kläger zukommen lassen wollte, allerdings gerade nicht auf dem in § 8 bzw. § 18 der Gesellschaftsverträge der A. GmbH und der A. GmbH & Co. KG vorgesehenen Weg, also durch eine Abfindung nach Buchwerten. Da sich das Vermächtnis zugunsten des Klägers in § 4 des Testaments vom 31. Oktober 2007 auch auf in ein anderes Unternehmen eingebrachte Anteile bezog, hätte es für diesen nicht einmal einen Unterschied gemacht, ob C. oder aber die Klägerin die Anteile hält. Vor diesem Hintergrund haben Frau und Herr B. wie von der Beklagten vorgetragen, den zumindest nicht nachweisbar aufgebeben Willen von C. umgesetzt, wobei sie aber nicht allein zum eigenen Vorteil, geschweige denn kollusiv mit der Beklagten zum Nachteil der Vertretenen gehandelt haben.
87bb) Dass der Verzicht auf die Bedingung sich als offensichtlicher Missbrauch der Vertretungsmacht durch die beiden Vertreter darstellt, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Erforderlich sind massive Verdachtsmomente, die sich dem Geschäftspartner geradezu hätten aufdrängen müssen (Schramm in MüKo, BGB, § 164 Rn 114 m.w.N.). Geschäftspartner ist hier die Beklagte, die wirtschaftlich indes ohnehin von der Vollmachtgeberin beherrscht worden ist. Im Übrigen gilt das unter (1) Gesagte hier sinngemäß gleichermaßen.
88cc) Der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, dass - unterstellt der Kläger als Dritter könnte sich hierauf überhaupt berufen - aus den gleichen Gründen die Voraussetzungen des § 162 Abs. 2 BGB nicht vorliegen würden. Angesichts des Umstandes, dass es zu einer Rückgängigmachung der Einbringung der Anteile nicht gekommen ist, weswegen zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass C. die darin liegende Vorbereitung des „Erbfalles“ noch gewünscht hat und damit verhindern wollte, dass A. alleiniger Gesellschafter der Gesellschaften wird, kann die Herbeiführung des Bedingungseintritts durch Frau und Herr B. nicht treuwidrig gewesen sein.
89d) Dem mit dem Verzicht auf die weitere aufschiebende Bedingung am 1. Dezember 2011 eingetretenen Rechtsübergang steht schließlich auch nicht entgegen, dass die Zustimmung der Gesellschaften oder der Gesellschafterversammlungen hätte wiederholt werden müssen - was unstreitig nicht erfolgt ist. Die Rechte der C., von der die Beklagte ihre Rechtsposition ableitet, aus der am 23. Januar 2008 nach außen erklärten Zustimmung sind nicht verwirkt, § 242 BGB. Unabhängig davon, dass zweifelhaft erscheint, ob sich der Kläger in Person respektive als Geschäftsführer der A. GmbH auf Verwirkung überhaupt berufen könnte, weil diese an der Eintragung der Klägerin als Kommanditistin der A. GmbH & Co. KG nicht mitgewirkt hat, lassen sich die Voraussetzungen, unter denen von der Verwirkung eines Rechts ausgegangen werden kann, nicht feststellen. Richtig ist allein, dass C. nach dem 22/23. Januar 2008 die Eintragung der Beklagten im Handelsregister trotz der zu Gebote stehenden verfahrensrechtlichen Möglichkeiten, die A. GmbH zur Mitwirkung zu zwingen, weder aktiv betrieben noch auf diese aufschiebende Bedingung selbst zu Lebzeiten verzichtet hat. Es fehlt aber an Sachvortrag des Klägers dazu, dass und inwiefern er sich gerade aufgrund dieses Verhaltens darauf eingerichtet hat, C. werde auch in Zukunft die Abtretung nicht wirksam lassen werden. Erst recht ist nichts dafür ersichtlich, dass wegen des dergestalt geschaffenen Vertrauenstatbestandes die Herbeiführung einer wirksamen Abtretung der Anteile als verspätet anzusehen ist und als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheint (vgl. dazu allgemein Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage 2014, § 242 Rn 94/95 m.w.N.).
90B.
91Die Nichtigkeits- bzw. Anfechtungsklage ist analog §§ 249, 243 AktG zulässig. Der Kläger ist Gesellschafter der betroffenen Gesellschaft und als solcher berechtigt, Mängel der in der Gesellschafterversammlung der A. GmbH & Co. KG gefassten Beschlüsse geltend zu machen. Die Klage ist aber nicht begründet. Die drei angefochtenen Beschlüsse sind in einer ordnungsgemäß einberufenen und abgehaltenen Gesellschafterversammlung mit den auf die Beklagte entfallenden Stimmen, also mit der satzungsgemäß (§ 11 GV) erforderlichen einfachen Mehrheit von 51 % gefasst worden. Dass sie inhaltliche Mängel aufweisen, macht der Kläger nicht geltend.
92III.
93Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
94Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben, § 543 Abs. 2 ZPO. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen nicht aufwirft und von den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs und anderer Gerichte in entscheidungserheblichen Fragen nicht abweicht.
95Streitwert des Berufungsverfahrens: 510.000,00 €
96Am 13. Mai 2014 erging folgender Berichtigungsbeschluss:
97I. Auf den Antrag des Klägers vom 14. April 2014 wird das am 3. April 2014 verkündete Urteil des Senats wegen offenbarer Unrichtigkeit dahin berichtigt, dass auf der Seite 10 im letzten Absatz unter a) zu Beginn der zweiten Zeile, auf der Seite 11 im letzten Absatz unter c) in der ersten Zeile sowie auf der Seite 16 im ersten Absatz in der drittletzten Zeile auf den Einbringungsvertrag vom 19. Dezember 2007 (nicht 2011) Bezug genommen wird.
98II. Der weitergehende Berichtigungsantrag wird zurückgewiesen.
99Gründe:
100Zu I.:
101Das Urteil weist eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. § 319 Abs. 1 ZPO auf, soweit darin an den im Tenor des Beschlusses näher bezeichneten Stellen festgestellt wird, der Einbringungsvertrag sei am 19. Dezember 2011 beurkundet worden. Richtig ist, dass dieser Vertrag, der in Kopie als Anlage H 9 zu den Akten gereicht und in dem Urteil des Senats in Bezug genommen wird, am 19. Dezember 2007 beurkundet worden ist. Es handelt sich um ein Schreibversehen, das antragsgemäß zu korrigieren war.
102Zu II.:
103Der Antrag des Klägers gemäß § 320 ZPO (Ziffern 1. bis 5. des Schriftsatzes vom 14. April 2014), über den der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden kann, da ein Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gestellt worden ist, § 320 Abs. 3 ZPO, ist statthaft und auch ansonsten zulässig, § 320 Abs. 2 ZPO, aber nicht begründet, da das Urteil die behaupteten Unrichtigkeiten nicht enthält.
1041. Gegenstand einer Berichtigung gemäß § 320 ZPO kann, wie der Kläger zutreffend ausführt, auch das in den Entscheidungsgründen eines Urteils enthaltene tatsächliche Parteivorbringen sein (Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Auflage, § 320 Rn 4 m.w.N.; PG/Thole, ZPO, 4. Auflage, § 320 Rn 2 m.N.). Auch unterfällt die mit dem Antrag begehrte Berichtigung des Urteils nicht § 319 ZPO, da es sich um keine offenbare Unrichtigkeit handelt. Ein Antrag nach § 320 ZPO kommt auch und gerade in Betracht, wenn streitiges Vorbringen als unstreitig behandelt wurde (PG/Thole, a.a.O. Rn 1 unter Hinweis auf Karlsruhe NJW-RR 2003, 891 f.).
1052. Das am 3. April 2014 verkündete Urteil des Senats enthält jedoch keine Unrichtigkeiten i.S.v. § 320 Abs. 1 ZPO, soweit darin als unstreitig behandelt und zugrunde gelegt worden ist, dass für die Beklagte und für C. am 1. Dezember 2011 Verzichtserklärungen abgegeben worden sind, § 138 ZPO. Der Kläger hat weder den Sachvortrag der Beklagten zum Zustandekommen der Verzichtserklärungen in der Berufungsbegründung (dort ab Seite 13 = Bl. 205 ff., insbesondere Seiten 16/17 BB = Bl. 208 und 209 GA) nochmals ausdrücklich bestritten, noch geht aus seinem Vortrag hervor, dass er auch im Berufungsrechtszug bestritten hat, dass die Verzichtserklärungen am 1. Dezember 2011 abgegeben worden sind, § 138 Abs. 3 ZPO. Der Senat hat daher die Behauptung der Beklagten, die Verzichtserklärungen (Anlagen H 12 – 14) seien am 1. Dezember 2011 abgegeben worden, als zugestanden gewertet.
106a) Richtig ist, was der Senat nicht übersehen hat, dass der Kläger den Vortrag der Beklagten zu dem noch zu Lebzeiten für C. am 1. Dezember 2011 erklärten Verzicht auf die Bedingung im ersten Rechtszug bestritten hat. Dementsprechend ist dieser Vortrag im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils auch als streitig wiedergegeben worden. Feststellungen zum Abgabezeitpunkt hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil allerdings nicht getroffen, weil seiner Ansicht nach die Verzichtserklärungen ohnehin nicht wirksam abgegeben worden sind, sodass es auf den Zeitpunkt der Abgabe der entsprechenden Erklärungen für das Landgericht nicht ankam. Formelle Gründe, den Vortrag der einen oder anderen Partei hierzu nicht zu berücksichtigen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, lagen mithin nicht vor.
107b) Dass der Kläger, wie er nunmehr im Rahmen seiner Antragsbegründung geltend macht, den Abgabezeitpunkt auch im zweiten Rechtszug bestreiten wollte, ging nicht daraus hervor, dass er in der Berufungserwiderung auf sein gesamtes Vorbringen und seine Beweisantritte aus dem ersten Rechtszug Bezug genommen hat. Zwar gibt es keine Regelung, die es dem Berufungsbeklagten auferlegen würde, erstinstanzliches Vorbringen einschließlich des Bestreitens von Tatsachenbehauptungen zu wiederholen oder jedenfalls in Bezug zu nehmen (Zöller/Greger § 138 Rn 10 unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1999 – 2 BvR 762/98, NJW 2000,131). Der Berufungsbeklagte darf sich in erster Linie darauf beschränken, die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen und neue Angriffsmittel des Gegners abzuwehren (BVerfG a.a.O./juris Tz. 12 unter Hinweis auf BGH NJW 1982, 581 f.). Es ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass ein Berufungsbeklagter nach §§ 521 Abs. 2 Satz 2, 277 Abs. 1 Satz 1 ZPO in der Berufungserwiderung seine Verteidigungsmittel vorzubringen hat, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht (BVerfG a.a.O.).
108Danach wäre es vorliegend auf Seiten des Berufungsbeklagten erforderlich gewesen, den Vortrag der Berufungsklägerin erneut zu bestreiten. Die Berufungsklägerin hat, wie soeben unter 2. erwähnt, in ihrer Berufungsbegründung nochmals ausführlich dazu vorgetragen, aus welchen Gründen und unter welchen Umständen es zur Abgabe der Verzichtserklärung am 1. Dezember 2011 gekommen sein soll. Abschließend hat sie unter Wiederholung der schon im ersten Rechtszug gemachten zeitlichen Angaben (7.40 Uhr) gemeint, damit sei die Behauptung des Klägers, die Dokumente seien rückdatiert worden, als widerlegt anzusehen. Sodann hat sie ausgeführt, im Bedarfsfall möge der angebotene Zeugenbeweis erhoben werden (Seite 17 BB = Bl. 209 GA). Außerdem hat die Beklagte es als „unerträglich“ bezeichnet, eine Rückdatierung ins Blaue hinein zu behaupten. Trotz dieser dezidierten Befassung der Berufungsklägerin mit der in Rede stehenden Thematik hat der Berufungsbeklagte in seiner Berufungserwiderung zu den strittigen Verzichtserklärungen vom 1. Dezember 2011 lediglich, wenn auch ausführlich (Seiten 4 – 18 BE = Bl. 300 – 314 GA) ausgeführt, aus welchen Gründen er diese Verzichtserklärungen für unerheblich hält. Dabei hat er nicht einmal andeutungsweise darauf aufmerksam gemacht, dass er abgesehen von seiner abweichenden rechtlichen Beurteilung zugleich nach wie vor zusätzlich auch bestreiten will, dass die Erklärungen noch zu Lebzeiten von C. abgegeben worden sind. Dies wäre jedoch in der geschilderten prozessualen Lage geboten gewesen, schon um dem Senat Gelegenheit zu geben, im Rahmen der Terminsvorbereitung entsprechende Maßnahmen zu treffen, insbesondere gegebenenfalls Zeugen zu laden. Dass ein erneutes Bestreiten seitens des Klägers unterblieben ist, konnte der Senat von daher, aber auch unter Berücksichtigung der Ausführlichkeit und Tiefe seiner Ausführungen im Übrigen nur dahin verstehen, dass der Kläger die Abgabe der Verzichtserklärungen zum genannten Zeitpunkt vom Tatsächlichen her nicht länger bestreiten wollte. Dies gilt umso mehr, als der im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Berücksichtigung der Parallelsache (I-6 U 113/13) durch insgesamt drei Prozessbevollmächtigte vertretene Kläger auch im Rahmen der ausführlichen Erörterung, bei der der Senat ausweislich des Protokolls ausdrücklich zu erkennen gegeben hat, dass für die Entscheidung die Verzichtserklärungen vom 1. Dezember 2011 ausschlaggebend seien, nicht erklärt hat, den Erklärungszeitpunkt nach wie vor bestreiten zu wollen. Der Vollständigkeit wegen ist zu erwähnen, dass auch in dem nur in dem Parallelverfahren (I-6 U 113/13) eingereichten - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 28. Februar 2014, der auch im hiesigen Verfahren zur Verlegung des Verkündungstermins geführt hat, die dortige Beklagte, deren alleiniger Geschäftsführer der hiesige Kläger ist, der im Verhandlungstermin geäußerten vorläufigen Auffassung des Senats nicht etwa mit dem Hinweis entgegengetreten ist, dass die Abgabe der Verzichtserklärungen am 1. Dezember 2011 keineswegs unstreitig sei, obwohl der Senat davon ganz offensichtlich ausgegangen ist, wie sich aus den am 20. Februar 2014 protokollierten Hinweisen ergibt. Der Senat hat danach in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er davon ausgehe, dass die Beklagte infolge der Verzichtserklärungen vom 1. Dezember 2011 Gesellschafterin geworden sei und hat diese Auffassung näher begründet, ohne dabei das Datum der Abgabeerklärung zu problematisieren. Hieraus ergab sich zwangsläufig, dass der Senat den Abgabezeitpunkt bei seiner Würdigung als unstreitig angesehen hat. Gleichwohl hat die dortige Beklagte in dem oben genannten Schriftsatz lediglich Ausführungen dazu gemacht, warum ihrer Ansicht nach die Erklärung des Dr. B. nicht im Namen der dortigen Klägerin abgegeben worden und die Verzichtserklärungen formunwirksam seien. Des Weiteren hat sich die dortige Beklagte erneut auf den Standpunkt gestellt, sich jedenfalls auf einen Missbrauch der Vorsorgevollmacht berufen zu können und hat schließlich bemängelt, der Senat habe sich nicht mit ihren sachenrechtlichen Einwänden resp. der ihrer Ansicht nach fehlenden Bestimmtheit der Erklärungen befasst. Auch nach Zugang dieses Schriftsatzes fehlte es mithin an jedwedem Anhaltspunkt dafür, dass die in den erteilten Hinweisen bereits zum Ausdruck gebrachte Wertung, das Abgabedatum sei nunmehr zugestanden, nicht richtig sein könnte.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 03. Apr. 2014 - I-6 U 114/13
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Urteil einreichenOberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 03. Apr. 2014 - I-6 U 114/13 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.
(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.
(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.
(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.
(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.
(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
(1) Die von den Gesellschaftern in den Angelegenheiten der Gesellschaft zu treffenden Bestimmungen erfolgen durch Beschlußfassung nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
(2) Jeder Euro eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme.
(3) Vollmachten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Textform.
(4) Ein Gesellschafter, welcher durch die Beschlußfassung entlastet oder von einer Verbindlichkeit befreit werden soll, hat hierbei kein Stimmrecht und darf ein solches auch nicht für andere ausüben. Dasselbe gilt von einer Beschlußfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.
(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.
(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.
(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.
(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin und die Beklagten zu 1 bis 3 sind die alleinigen Kommanditisten , die Beklagte zu 4 ist Komplementärin der O. GmbH & Co. KG (im folgenden: O. GmbH & Co. KG). Von ihrem Kommanditkapital (und von dem Stammkapital der Beklagten zu 4) halten die Klägerin 25 % und die - im Anteilsbesitz der Familie O. stehenden - Beklagten zu 1 bis 3 zusammen 75 %.
- 2
- Gegenstand des Rechtsstreits in der Revisionsinstanz sind zwei Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der O. GmbH & Co. KG vom 1. September 2003, welche die Feststellung des Jahresabschlusses zum 28. Februar 2003 sowie die Verwendung des Bilanzgewinns betreffen. Beide Beschlüsse wurden mit einer Stimmenmehrheit von 75 % des Kommanditkapitals gegen die Stimmen der Klägerin gefasst. Mit ihrer Klage begehrt die Kläge- rin die Feststellung der Nichtigkeit dieser Beschlüsse, weil sie als "Grundlagengeschäfte" der Einstimmigkeit gemäß § 119 Abs. 1 HGB, zumindest aber einer Mehrheit von 76 % gemäß einem Gesellschafterbeschluss vom 5. September 1962 bedurft hätten. Es fehle aber auch schon an einer einfachen Mehrheit, weil der Klägerin nach dem genannten Gesellschafterbeschluss ein Dreifachstimmrecht zustehe. Im Übrigen liege der Gewinnfeststellung im Jahresabschluss eine unzulässig hohe Rücklagenbildung zugrunde. Schließlich sei der Jahresabschluss auch wegen unberechtigter Aufwandspositionen materiell unrichtig. Hilfsweise widerklagend begehren die Beklagten die Zustimmung der Klägerin zur Feststellung des Jahresabschlusses per 28. Februar 2003.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage (unter Abweisung der Widerklage) entsprochen ; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision bleibt erfolglos. Die mit der Klage angegriffenen Gesellschafterbeschlüsse sind weder aus formellen noch aus materiellen Gründen nichtig.
- 5
- 1. Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht (ZIP 2006, 895 = AG 2006, 45) davon aus, dass die angegriffenen Gesellschafterbeschlüsse nicht dem Einstimmigkeitserfordernis gemäß §§ 161 Abs. 2, 119 Abs. 1 HGB unterlagen.
- 6
- a) Nach dem Senatsurteil vom 29. März 1996 (BGHZ 132, 263, 266) ist zwar die Feststellung des Jahresabschlusses einer Personengesellschaft im Gegensatz zu dessen Aufstellung keine bloße Geschäftsführungsmaßnahme, welche in die alleinige Kompetenz der geschäftsführenden Gesellschafter bzw. - in einer KG - der Komplementäre (§ 164 HGB) fiele, sondern ein "Grundlagengeschäft" , das vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung im Gesellschaftsvertrag der Zustimmung aller Gesellschafter einschließlich der Kommanditisten bedürfe. Das hat der Senat damit begründet, dass die Maßnahme die Verbindlicherklärung der Bilanz im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern sowie gegenüber Dritten zum Gegenstand habe und es bei der Bilanzfeststellung auch darum gehe, die Grundlage für die Berechnung der Gewinnansprüche der Gesellschafter festzulegen (vgl. §§ 120 f. HGB). Die Einstufung als derartiges "Grundlagengeschäft" besagt indessen nichts darüber, ob der entsprechende Beschluss nur einstimmig gefasst werden kann. Denn aus § 119 Abs. 2 HGB ergibt sich, dass das für Gesellschafterbeschlüsse in einer oHG oder KG geltende Einstimmigkeitsprinzip des § 119 Abs. 1 HGB nicht nur für einfache Geschäftsführungsangelegenheiten, sondern auch darüber hinaus grundsätzlich dispositiv ist. Es steht den Gesellschaftern im Rahmen der Privatautonomie - in noch zu erörternden Grenzen - frei, sich im Gesellschaftsvertrag dahin zu einigen, dass das starre, praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip ersetzt wird, um die Flexibilität und die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft in Streitfällen sicherzustellen.
- 7
- aa) Entsprechende Regelungen finden sich in Gesellschaftsverträgen häufig und sind auch in dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) der O. GmbH & Co. KG vorgesehen:
- 8
- Gemäß § 6 Abs. 5 GV werden "Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der auf das Kommanditkapital entfallenden Stimmen gefasst, soweit nicht einzelne Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages oder sonstige Vereinbarungen der Gesellschafter etwas anderes vorschreiben". Für Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses ist anderes nicht vorgeschrieben. Einer - ohne Zustimmung der Klägerin nicht erreichbaren - qualifizierten Mehrheit von 76 % bedürfen gemäß § 6 Abs. 6 GV nur "Änderungen des Gesellschaftsvertrages , insbesondere Veränderungen der Einlageverpflichtungen, die Auszahlung von Beträgen zu Lasten der Darlehenskonten und die Abberufung der Komplementärin". Auch in dem Katalog "außergewöhnlicher Geschäfte", die gemäß § 6 Abs. 7 GV der Zustimmung einer Mehrheit von 63 % bedürfen, findet sich die Bilanzfeststellung nicht. Sie fällt daher nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen unter die einfache Mehrheitsklausel des § 6 Nr. 5 GV.
- 9
- bb) Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen die von der Klägerin angegriffenen Beschlüsse nicht nach dem sog. "Bestimmtheitsgrundsatz" deshalb dem Einstimmigkeitsprinzip des § 119 Abs. 1 HGB, weil ihr Gegenstand nicht eigens und ausdrücklich in die Mehrheitsklausel des § 6 Abs. 5 GV einbezogen ist. Der auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 91, 166; 151, 321; 163, 385) zurückgehende und von dem Senat in einer frühen Entscheidung (BGHZ 8, 35, 41 f.) aufgegriffene Bestimmtheitsgrundsatz beschränkt den Anwendungsbereich allgemeiner Mehrheitsklauseln auf "gewöhnliche" Beschlussgegenstände. Im Gegensatz dazu stehen Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen, welche bei der im Gesellschaftsvertrag außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbarten Unterwerfung unter den Mehrheitswillen typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst werden und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig nicht erfasst werden können (vgl. BGHZ 85, 350, 356; Sen.Urt. v.
- 10
- Ohnehin reicht die Eindeutigkeit einer vertraglichen Regelung - und selbst eine ausdrückliche Spezifizierung im Gesellschaftsvertrag - nicht in allen Fällen aus, um eine Mehrheitsentscheidung zu legitimieren. Diese unterliegt vielmehr auf einer zweiten Stufe einer inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung (vgl. Goette, Festschrift Sigle, S. 145, 156 ff.; derselbe in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 119 Rdn. 59; zust. Baumbach/Hopt, HGB 32. Aufl. § 119 Rdn. 39), wie sie auch von der sog. "Kernbereichslehre" mit z.T. unterschiedlichen Akzenten gefordert wird (vgl. dazu Staub/Ulmer, HGB 4. Aufl. § 119 Rdn. 40 ff.; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 709 Rdn. 91 ff.; K. Schmidt aaO § 16 II 2, III 3, S. 252 ff.). Zu prüfen ist hier, ob trotz Zulassung der betreffenden Mehrheitsentscheidung im Gesellschaftsvertrag ein unzulässiger Eingriff in schlechthin unverzichtbare (vgl. dazu BGHZ 20, 363, 368; Goette in Ebenroth /Boujong/Joost aaO § 119 Rdn. 53) oder in "relativ unentziehbare", d.h. in nur mit (gfs. antizipierter) Zustimmung des einzelnen Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte vorliegt. Im zweiten Fall kommt es darauf an, ob die Gesellschaftermehrheit die inhaltlichen Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung eingehalten und sie sich nicht etwa treupflichtwidrig über beachtenswerte Belange der Minderheit hinweggesetzt hat. Dies bedeutet nicht, dass einer - durch den Gesellschaftsvertrag eindeutig legitimierten - Mehrheit im Rechtsstreit der Nachweis einer sachlichen Rechtfertigung des Beschlusses obliegt (so wohl MünchKommBGB/Ulmer aaO § 709 Rdn. 100); vielmehr hat umgekehrt die Minderheit den Nachweis einer treupflichtwidrigen Mehrheitsentscheidung zu führen (vgl. Goette in Ebenroth/Boujong/Joost aaO § 119 Rdn. 59).
- 11
- b) Im vorliegenden Fall ist weder der Bestimmtheitsgrundsatz verletzt noch ein materiell unzulässiger Eingriff in Gesellschafterrechte der Klägerin dargetan.
- 12
- aa) Als periodisch wiederkehrende Maßnahme, die nicht mit einer Änderung des Gesellschaftsvertrages einhergeht, ist die Feststellung des Jahresabschlusses ein gesetzlich vorgeschriebenes, nicht "ungewöhnliches" Geschäft (§ 6 Abs. 7 GV) der Gesellschafterversammlung. Dem trägt der vorliegende Gesellschaftsvertrag in § 8 Abs. 3 Rechnung. Danach ist der jeweilige Jahres- abschluss der Gesellschafterversammlung vorzulegen, die über dessen Feststellung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages zu beschließen hat. Da § 6 Abs. 6, 7 GV Einstimmigkeit nicht einmal für Änderungen des Gesellschaftsvertrages oder für außergewöhnliche Geschäfte verlangt, ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag zweifelsfrei, dass die Bilanzfeststellung von der allgemeinen Mehrheitsklausel gemäß § 6 Abs. 5 GV erfasst wird. Das folgt im Übrigen, worauf die Revisionserwiderung der Beklagten zu 4 mit Recht hinweist, auch daraus , dass die Mehrheitserfordernisse in dem KG-Vertrag mit denjenigen in der Satzung der Komplementär-GmbH wegen des Gleichlaufs der Regelungen nach den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen übereinstimmen müssen und dort ein Mehrheitsentscheid über die Bilanzfeststellung (und die Gewinnverwendung ) dem gesetzlichen Normalstatut entspricht (vgl. §§ 29 Abs. 1, 46 Nr. 1, 47 Abs. 1 GmbHG).
- 13
- bb) Der Senat hat zwar in der von der Klägerin vielfach angeführten Entscheidung vom 29. März 1996 (BGHZ 132, 263, 268) angenommen, eine Mehrheitsklausel decke die Bilanzfeststellung als ein das Gewinnrecht der Gesellschafter tangierendes "Grundlagengeschäft" nur bei ausdrücklicher Einbeziehung dieses Beschlussgegenstandes und müsse auch Art und Umfang des zulässigen Eingriffs erkennen lassen. Daran hält der Senat nicht fest. Um ein "Grundlagengeschäft", worauf der Senat maßgeblich abgestellt hat, handelt es sich hierbei nur insofern, als mit dieser Begriffsbildung negativ abgrenzend zum Ausdruck gebracht wird, es falle nicht in die Zuständigkeit der Geschäftsführungsorgane ; es berührt jedoch nicht - wie vor allem eine Vertragsänderung - die Grundlagen der Gesellschaft (vgl. Priester, DStR 2007, 28 f.; derselbe Festschrift Hadding S. 607, 611; K. Schmidt, ZGR 1999, 601, 606), sondern betrifft eine den Gesellschaftern obliegende Angelegenheit der laufenden Verwaltung (vgl. K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 16 II 2 S. 454). Der Jahresabschluss und dessen Feststellung enthalten auch nicht per se einen "Eingriff" in einen (beste- henden) Gewinnanspruch, sondern sind im Grundsatz interesseneutrale Voraussetzungen für dessen Berechnung (§ 120 Abs. 1 HGB).
- 14
- Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, wie die Feststellung bzw. Verbindlicherklärung des Jahresabschlusses als solche nach Art und Ausmaß vorab im Gesellschaftsvertrag sollte quantifiziert werden können. Bilanzielle Ansatz - und Bewertungswahlrechte (dazu BGHZ 132, 263, 274) sind bei der Bilanzaufstellung zu berücksichtigen und können zwar die Höhe des Gewinns beeinflussen, sich aber je nach Sachlage zu dessen Gunsten wie zu dessen Lasten auswirken. Eine Festlegung im Gesellschaftsvertrag nach Umfang und Ausmaß wäre weder praktikabel noch - im Interesse flexibler Handhabung - sachgerecht (vgl. auch Binz/Mayer, DB 2006, 1599, 1604). Von der Wirksamkeit einer (einfachen) Mehrheitsklausel für die Bilanzfeststellung ist der Senat auch im Urteil vom 28. Januar 1991 (II ZR 20/90, WM 1991, 509) ausgegangen. Allenfalls kann sich im Einzelfall die Frage stellen, ob die konkrete Beschlussfassung treuwidrig in das zum Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Minderheit gehörende Gewinnrecht eingreift (BGHZ 132, 263, 273 f.), was hier jedoch , wie noch auszuführen ist, nicht der Fall war (dazu unten 3.).
- 15
- cc) Ob dagegen eine mit der Feststellung des Jahresabschlusses einhergehende Mehrheitsentscheidung über eine in ihm vorweggenommene Ergebnisverwendung (vgl. § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB), wie insbesondere die Bildung offener Rücklagen (vgl. dazu MünchKommHGB/Priester 2. Aufl. § 120 Rdn. 81; derselbe DStR 2007, 28, 31; Staub/Ulmer aaO § 120 Rdn. 31 f.), als "bilanzrechtliches Grundlagengeschäft" zu qualifizieren ist (so BGHZ 132, 263, 274 f.), das wegen seiner "Kernbereichsrelevanz" einer besonderen Mehrheitsermächtigung im Gesellschaftsvertrag mit Begrenzung nach Ausmaß und Umfang bedarf (so Staub/Ulmer aaO § 120 Rdn. 40, 42; a.A. Priester, DStR 2007, 28, 31 unter Hinweis auf §§ 29 Abs. 1, 46 Nr. 1, 47 Abs. 1 GmbHG sowie auf die Wertsteigerung des Gesellschaftsanteils durch Gewinnthesaurierung), kann hier dahinstehen, weil § 9 GV eine entsprechende Regelung enthält. Nach dieser Bestimmung ist "im Verhältnis der Gesellschafter zueinander ein zu verteilender Gewinn erst vorhanden, wenn … ein Betrag in Höhe von 20 % des Jahresüberschusses einer freien Rücklage zugeführt worden ist". Damit ist über eine bestimmte Rücklagenquote sogar schon vorab im Gesellschaftsvertrag einstimmig entschieden. Gemäß § 9 Abs. 4 GV können höhere Rücklagen mit einer (satzungsändernden) Mehrheit von 76 %, geringere mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Insoweit handelt es sich um eine Entscheidung über eine in der Bilanz vorweggenommene Gewinnverwendung (vgl. Priester, DStR 2007, 28, 31; derselbe in MünchKommHGB § 120 Rdn. 81). Da die Entscheidung über höhere oder geringere Rücklagen als 20 % in Zusammenhang mit der Bilanzfeststellung getroffen werden muss, wäre es - wie das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision zutreffend ausführt - widersinnig, wenn über die Bilanzfeststellung ohnehin einstimmig entschieden werden müsste. Dass in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG mehr als 20 % ihres Jahresüberschusses einer freien Rücklage zugeführt worden sind und aus diesem Grund eine Stimmenmehrheit von 76 % erforderlich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich (dazu unten 3.).
- 16
- c) Angesichts des, wie dargelegt, eindeutigen Auslegungsbefundes, dass die Bilanzfeststellung unter die Mehrheitsklausel gemäß § 6 Abs. 5 GV fällt, kommt es auf die weiteren von dem Berufungsgericht angeführten Gründe zur Stützung seiner - revisionsrechtlich ohnehin nur beschränkt überprüfbaren (vgl. Boujong in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 105 Rdn. 64; Staub/Ulmer aaO § 105 Rdn. 205) - Auslegung des Gesellschaftsvertrages nicht an.
- 17
- aa) Entgegen der Ansicht der Revision folgt ein gegenteiliges Auslegungsergebnis nicht aus § 8 Abs. 1, 4 GV. Danach soll die Handelsbilanz grundsätzlich, soweit handelsrechtlich zulässig, der Steuerbilanz entsprechen, und ist eine festgestellte Handelsbilanz rückwirkend anzupassen, wenn die auf ihr beruhende Steuerbilanz im Zuge der Veranlagung oder aufgrund einer Betriebsprüfung geändert wird. Abweichend hiervon, können die Gesellschafter mit der in § 6 Abs. 6 GV bestimmten Mehrheit von 76 % beschließen, dass die steuerrechtlich bedingten Änderungen erst in dem nachfolgenden Jahresabschluss zu berücksichtigen sind. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn für die Bilanzfeststellung ohnehin das Einstimmigkeitsprinzip oder ein Mehrheitserfordernis von 76 % gelten würde. Zwar handelt es sich nur um eine zeitliche Verschiebung der in § 8 Abs. 4 GV bestimmten Anpassung an die Steuerbilanz. Sie führt aber zu einer zeitlichen Verschiebung der Fälligkeit und damit der Verfügbarkeit sowie der Verzinsung des in den Fällen steuerrechtlich bedingter Bilanzänderungen regelmäßig höheren Gewinnanteils. Dies sowie die Abweichung von dem gesellschaftsvertraglich bestimmten Anpassungsgrundsatz durch besonderen Beschluss erklären die Anwendung des für Änderungen des Gesellschaftsvertrages vorgeschriebenen Mehrheitserfordernisses von 76 % - im Unterschied zu der mit einfacher Mehrheit zu beschließenden Bilanzfeststellung. Jedenfalls ergäbe das hier besonders angeordnete Mehrheitserfordernis von 76 % keinen Sinn, wenn für Bilanzentscheidungen der Gesellschafter ohnehin das Einstimmigkeitsprinzip (oder ein Mehrheitserfordernis von 76 %) gelten würde, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausführt.
- 18
- bb) Dass aus der von dem Berufungsgericht herangezogenen Entstehungsgeschichte des Gesellschaftsvertrages (als Auslegungskriterium vgl. Boujong aaO § 105 Rdn. 60) ein gegenteiliges Auslegungsergebnis folge, macht die Revision nicht geltend, sondern meint selbst, die damalige Sichtweise könne ohnehin nicht als entscheidend für die Auslegung des Gesellschaftsvertrages in seiner aktuellen Fassung herangezogen werden.
- 19
- cc) Im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich ist schließlich die Ansicht des Berufungsgerichts, die Zulässigkeit der vorliegenden Abweichung von dem Einstimmigkeitsprinzip (§ 119 Abs. 1 HGB) rechtfertige sich auch daraus , dass die O. GmbH & Co. KG eine von dem gesetzlichen Leitbild der §§ 105 ff., 161 ff. HGB abweichende, körperschaftliche Struktur aufweise, weil an ihr keine persönlich mitarbeitenden natürlichen Personen, sondern nur juristische Personen beteiligt seien.
- 20
- 2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass die angegriffenen Beschlüsse vom 1. September 2003 nicht einmal mit einfacher Mehrheit gefasst worden seien, weil der Klägerin aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 5. September 1962 ein dreifaches Stimmrecht zustehe.
- 21
- a) Dieser Gesellschafterbeschluss stand in Zusammenhang mit dem Verkauf von 25 % der Kommanditanteile des Unternehmensgründers W.O. an die Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1962. Er verpflichtete sich damals, die ihm verbleibende Gesellschaftsbeteiligung bis zum 28. Februar 1966 nach und nach auf 50 % zurückzuführen, was in der Folgezeit auch geschah. Am 5. September 1962 wurde ein neuer Gesellschaftsvertrag geschlossen, der in § 6 Abs. 5 für Gesellschafterbeschlüsse im Grundsatz ein einfaches Mehrheitserfordernis vorsah. Am selben Tag beschloss die Gesellschafterversammlung "in Abänderung des heute beschlossenen Gesellschaftsvertrages", dass bis zur Zurückführung der Kommanditanteile des W.O. auf 50 %, längstens jedoch bis zum 28. Februar 1966 Beschlüsse gemäß § 8 Abs. 3 GV, darunter Bilanzfeststellungsbeschlüsse , einer Mehrheit von 76 % bedürfen. Für den Fall einer Versäumung der Verkaufsfrist sollte den Rechtsvorgängern der Klägerin bis zur Zurückführung der Beteiligung des W.O. auf 50 % ein dreifaches Stimmrecht zustehen.
- 22
- b) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, diese Regelung sei inzwischen längst überholt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Gesellschafterbeschluss vom 5. September 1962 hatte lediglich eine "Abänderung des heute beschlossenen Gesellschaftsvertrages" zum Gegenstand. Bereits der nachfolgende Gesellschaftsvertrag vom 20. Juni 1974, der "unter Einarbeitung der von der Gesellschafterversammlung bis zum 20. Juni 1974 beschlossenen Abänderungen und Ergänzungen" abgeschlossen wurde, enthält keinerlei Hinweis auf das Mehrfachstimmrecht. Dieses wurde nach der fristgerechten Rückführung der O.-Anteile durch Veräußerung an die Beklagten zu 2 und 3 von den Rechtsvorgängern der Klägerin auch nie in Anspruch genommen.
- 23
- aa) Unstreitig haben zwar inzwischen Mitglieder der Familie O. zumindest die Mehrheit der Anteile an den Beklagten zu 2 und 3 erworben, was die Klägerin erst aufgrund der Berufungsbegründung der Beklagten erfahren haben will. Sie hat in der Vorinstanz unter Berufung auf den an den Vereinbarungen im Jahre 1962 beteiligten Rechtsanwalt G. als Zeugen behauptet, das damals vereinbarte Mehrfachstimmrecht sei bewusst außerhalb der jeweiligen Fassung des Gesellschaftsvertrages in einer Sondervereinbarung geregelt worden; es habe zwecks Wahrung der Stimmenparität zwischen der Klägerin und der Familie O. dauerhaft gelten und immer dann eingreifen sollen, wenn die Familie O. einschließlich ihr nahe stehender Personen eine Beteiligung von mehr als 50 % an der O. GmbH & Co. KG halten sollte. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Gesellschafter den Willen gehabt oder zum Ausdruck gebracht, das Mehrfachstimmrecht aufheben zu wollen.
- 24
- bb) Zu Recht hält das Berufungsgericht diesen Vortrag bzw. die behauptete Vereinbarung zwischen den Rechtsvorgängern der Klägerin und W.O. aus dem Jahr 1962 für rechtsunerheblich, weil später (1974 und 1978) jeweils neue Gesellschaftsverträge - ohne Erwähnung des Mehrfachstimmrechts - abgeschlossen wurden, an denen keine der ursprünglichen Vertragsparteien, sondern andere (juristische) Personen wie insbesondere die Beklagten zu 2 und 3 (als Erwerber von 25 % der O.-Anteile) beteiligt waren. Dadurch wurde das Gesellschaftsverhältnis jeweils auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt, die kein Mehrfachstimmrecht vorsah. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, dass die neuen Vertragsparteien bei Vertragsschluss nicht den Willen zum Ausdruck gebracht haben, das Mehrfachstimmrecht aufheben zu wollen. Rechtserheblich wäre vielmehr nur eine ausdrückliche Vereinbarung der neuen Vertragsparteien des Inhalts, dass das Mehrfachstimmrecht entgegen dem anders lautenden Inhalt der neuen Verträge aufrechterhalten bleiben solle. Das aber behauptet die Klägerin selbst so nicht. Die mit anderen Vertragspartnern jeweils neu abgeschlossenen Gesellschaftsverträge gelten daher so, wie sie abgeschlossen worden sind.
- 25
- 3. Zu Unrecht meint die Revision, die Feststellung des Jahresabschlusses sei nichtig, weil dieser auf unzulässig überhöhten Thesaurierungen in Tochter - und Beteiligungsgesellschaften der O. GmbH & Co. KG beruhe und bei einer Einbeziehung des konzernweiten Jahresüberschusses weit mehr als 20 % thesauriert worden seien, was gemäß § 9 Abs. 4 GV einer Zustimmung mit qualifizierter Mehrheit von 76 % der Stimmen bedurft hätte.
- 26
- a) Die Klägerin verkennt schon im Ansatz die Funktion des Jahresabschlusses und seiner Feststellung. Der Jahresabschluss (§§ 242 f. HGB) ist nur ein Rechenwerk, in das u.a. die Forderungen und Verbindlichkeiten des Rechnungslegungspflichtigen eingehen (vgl. Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 - II ZR 27/01, ZIP 2002, 802). Gewinnausschüttungsansprüche der O. GmbH & Co. KG gegen ihre Tochtergesellschaften können in die Bilanz der O. GmbH & Co. KG nur Eingang finden, wenn sie aktivierbar bestehen. Das setzt nach dem - gemäß § 8 Abs. 1 GV maßgeblichen - Steuerrecht grundsätzlich voraus, dass ein entsprechender Gewinnausschüttungsbeschluss bei der Tochtergesellschaft gefasst worden ist (vgl. BFH, Beschl. v. 7. August 2000 - GrS 2/99, DStR 2000, 1682; dazu List, WM 2001, 941). Das ist aber gerade nicht der Fall, wenn am Bilanzstichtag der Obergesellschaft bereits eine Thesaurierung bei der Untergesellschaft beschlossen worden ist. Insoweit gilt auch nach handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen (vgl. dazu BGHZ 137, 378, 381 f.) nichts anderes. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts endet das Geschäftsjahr der Untergesellschaften jeweils zwei Monate vor demjenigen der O. GmbH & Co. KG, so dass an deren Bilanzstichtag in der Regel bereits festgestellte Jahresabschlüsse und Gewinnverwendungsbeschlüsse der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften vorliegen. Soweit es im Einzelfall daran fehlt, kann nach steuerrechtlichen Grundsätzen ein Gewinnanspruch der Obergesellschaft ohnehin nicht oder allenfalls dann aktiviert werden, wenn eine bestimmte Ausschüttungsabsicht feststeht (vgl. BFH aaO; vgl. auch Senat, BGHZ 137, 378, 382). Dazu ist im Einzelnen nichts vorgetragen. In keinem Fall ist im Rahmen der Bilanzfeststellung der O. GmbH & Co. KG über die Gewinnverwendung der abhängigen Gesellschaften zu entscheiden. Gesellschafterbeschlüsse einer abhängigen Gesellschaft werden vielmehr im Grundsatz von der Geschäftsführung ihrer Gesellschafterin als deren Vertreter, im Fall einer KG durch die Komplementärin, gefasst, wie es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall auch über viele Jahre hinweg gehandhabt wurde. Ob in einem Personengesellschaftskonzern die willkürliche Bildung von Reserven bei Untergesellschaften entsprechend §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1 Halbs. 2 HGB auch der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Obergesellschaft bedarf (so MünchKommHGB/Mülbert 2. Aufl. Bd. 3 Anh. KonzernR Rdn. 97 m.w.Nachw.), kann hier dahinstehen.
- 27
- Da nämlich, wie bereits dargelegt, ein Gewinnanspruch der Obergesellschaft , hier also der O. GmbH & Co. KG, in deren Bilanz ohne entsprechenden Gewinnausschüttungsbeschluss der Untergesellschaften nicht aktiviert werden kann, ist die vorliegende (mehrheitlich festgestellte) Bilanz insoweit richtig. Sie wäre - im Gegenteil - unrichtig, wenn sie einen Gewinn auswiese, der bei den Untergesellschaften thesauriert wird. Es bestand daher bei der Bilanzfeststellung für die Gesellschaftermehrheit kein Entscheidungsspielraum, den sie treupflichtwidrig ausgeübt haben könnte. Selbst wenn man davon ausginge, dass die von der Komplementärin der O. GmbH & Co. KG gefassten Gewinnverwendungsbeschlüsse der Untergesellschaften mangels Zustimmung der Gesellschafter unwirksam sind, würde es immer noch an den erforderlichen Ausschüttungsbeschlüssen als Voraussetzung für eine Aktivierung in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG fehlen. Gegen die mehrheitliche Feststellung des sonach richtigen Jahresabschlusses kann die Klägerin nichts einwenden. Ihre Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Bilanzfeststellung ist kein geeigneter Weg, ihre Ausschüttungsinteressen hinsichtlich des bei den Tochtergesellschaften thesaurierten Gewinns durchzusetzen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt (vgl. auch Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO).
- 28
- b) Auf § 9 Abs. 4 GV kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Diese Bestimmung verlangt nach ihrer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung durch das Berufungsgericht eine qualifizierte Mehrheit von 76 % der Stimmen nur für eine Rücklagenbildung von mehr als 20 % des Jahresüberschusses der O. GmbH & Co. KG in deren Bilanz. Der von der Klägerin erstrebte Ansatz eines "konzernweiten" Jahresüberschusses unter Einschluss des bei den Tochtergesellschaften thesaurierten Gewinns ist im Jahresabschluss der O. GmbH & Co. KG nicht darstellbar. Es handelt sich eben nicht um den Gewinn aus verschiedenen "Betriebsabteilungen" ein und derselben Gesellschaft, womit die Klägerin die jetzige Konzernsituation der O. GmbH & Co. KG zu Un- recht vergleicht. Bilanzrechtlich ist die aktuelle Situation maßgeblich. Unerheblich ist, dass nach dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 1962 die Feststellung des Jahresabschlusses (und damit auch eine in ihm vorweggenommene Gewinnverwendung) abhängiger Unternehmen in den Katalog außergewöhnlicher Geschäfte aufgenommen war, welche einer Zustimmung der Gesellschafter der O. GmbH & Co. KG mit einer Mehrheit von 63 % der Stimmen bedurften. Diese Regelung findet sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in den Gesellschaftsverträgen seit 1978 nicht mehr. Im Übrigen wäre auch danach zwischen Bilanzfeststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüssen auf der Ebene der Unter- und der Obergesellschaft zu unterscheiden mit der Folge, dass letztere einen Gewinnausschüttungsanspruch in ihrer Bilanz nur ausweisen könnte, wenn eine entsprechende Gewinnausschüttung für die Untergesellschaft beschlossen worden ist. Selbst wenn die Regelung im Grundsatz - mit welchem Mehrheitserfordernis auch immer - fortgelten würde, wie die Klägerin meint, würde daraus nicht die Unrichtigkeit der mit der Klage angegriffenen Beschlüsse aus dem Jahr 2003 folgen, weil es hinsichtlich der bei den Untergesellschaften thesaurierten Beträge an einem Ausschüttungsbeschluss fehlt und eine Ausschüttung in bestimmter Höhe schon angesichts der Uneinigkeit der Prozessparteien in dieser Frage nicht "so gut wie sicher" ist, so dass ausnahmsweise bereits jetzt ein Gewinnanspruch in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG aktiviert werden könnte (vgl. BFH aaO).
- 29
- c) Die Klägerin ist deshalb nicht schutzlos, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt; sie kann ihre und die Befugnisse ihrer Mitgesellschafter hinsichtlich der Gewinnverwendung bei den Untergesellschaften durch Feststellungsklage klären lassen (vgl. dazu BGHZ 132, 263), die sie im Übrigen bereits erhoben hat. Sie kann möglicherweise auch gegen die Beklagte zu 4 (Komplementärin ) wegen der angeblich ihre Interessen treupflichtwidrig missachtenden Gewinnverwendungsentscheidungen vorgehen, welche die Beklagte zu 4 für die Untergesellschaften getroffen oder zugelassen hat. Darüber ist hier nicht zu entscheiden.
- 30
- 4. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Jahresabschluss auch nicht wegen des dortigen Ansatzes einiger von der Klägerin gerügter Aufwandspositionen fehlerhaft.
- 31
- a) Dass die genannten Aufwendungen angefallen sind, bestreitet die Klägerin nicht. Sie meint vielmehr, die Aufwendungen seien sachlich ungerechtfertigt ; die O. GmbH & Co. KG habe damit u.a. der Familie O. obliegende Zahlungspflichten übernommen. Auch insoweit verkennt die Revision die Funktion des Jahresabschlusses, hier der GuV. Sind die Aufwendungen angefallen, so sind sie in die GuV einzustellen. Etwaige Erstattungsansprüche gegen Mitglieder der Familie O. oder sonstige Dritte wegen angeblich unberechtigter Zuwendungen , die - auch in diesem Verhältnis - ersichtlich streitig sind, können erst nach ihrer Titulierung in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG aktiviert werden (vgl. BFH, Urt. v. 26. April 1989 - I R 147/84, DB 1989, 1949 = BB 1989, 1729; vgl. auch Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO).
- 32
- b) Was die angeblich unberechtigten Aufwendungen für das Sekretariat des Unternehmensgründers Prof. W.O. angeht, so hält das Berufungsgericht den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin im Übrigen zu Recht für präkludiert (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Der Vortrag war entgegen der Ansicht der Revision nicht als "unstreitig" zu berücksichtigen (dazu BGHZ 161, 138); vielmehr haben sich die Beklagten hierauf wegen Verspätung gar nicht eingelassen, wie die Revisionserwiderung zu Recht ausführt.
- 33
- 5. Im Ergebnis zu Recht versagt das Berufungsgericht der Klägerin schließlich den Einwand, dass der festgestellte Jahresabschluss wegen des dortigen Ansatzes steuerlich nicht anerkannter Rückstellungen für "Verwal- tungskosten betriebliche Altersversorgung" in Höhe von ca. 3 Mio. DM sowie für den Pensionssicherungsverein in Höhe von ca. 10 Mio. DM in Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz unrichtig sei. Zwar mag es sein, dass der von dem Berufungsgericht herangezogene Gesichtspunkt der Bilanzkontinuität (vgl. dazu Baumbach/Hopt/Merkt, HGB 32. Aufl. § 252 Rdn. 19) einer Auflösung der bereits in den Jahresabschlüssen seit 29. Februar 2000 enthaltenen Rückstellungen nicht entgegensteht. Gemäß § 249 Abs. 3 Satz 2 HGB ist die Auflösung jedenfalls nicht ohne weiteres möglich (vgl. auch BGHZ 139, 167, 175). Die Klägerin hat dem Bilanzansatz in den vorangegangenen Jahresabschlüssen, wenn auch widerwillig, zugestimmt. Eine Anpassung an die Steuerbilanz ist gemäß § 9 GV nicht zwingend, sondern nur vorgeschrieben, soweit Gesellschaftervereinbarungen nicht dagegenstehen. Dass die Rückstellungen handelsrechtlich unzulässig und betriebswirtschaftlich bzw. unternehmerisch verfehlt seien, macht die Revision nicht geltend, was bei dem Gegenstand der Rückstellungen auch fern liegt. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Rückstellungsbetrag nicht isoliert, sondern muss hinsichtlich seiner "Wesentlichkeit" als allgemeinem Kriterium für eine etwaige Nichtigkeit der Bilanz (vgl. zum Aktienrecht Hüffer, AktG 7. Aufl. § 256 Rdn. 25) im Verhältnis zu der Bilanzsumme der O. GmbH & Co. KG in Milliardenhöhe gesehen werden. Eine treupflichtwidrige Zustimmung zu dieser Rückstellung durch mehrheitliche Feststellung des Jahresabschlusses kann den Beklagten bei einer Gesamtbetrachtung der genannten Umstände jedenfalls nicht vorgeworfen werden. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist auch die tatrichterliche Würdigung, dass die Klägerin sich ihrerseits selbstwidersprüchlich und treupflichtwidrig verhalte , soweit sie wegen des angeblichen Bilanzmangels die Zustimmung zu dem Jahresabschluss verweigere.
- 34
- 6. Soweit das Berufungsgericht die Feststellungsklage gegen den Gewinnverwendungsbeschluss abgewiesen hat, erhebt die Revision keine geson- derten Einwände. Wie das Berufungsgericht ausführt, hat die Klägerin die Nichtigkeit dieses Beschlusses nur als Folge der behaupteten Nichtigkeit der Bilanzfeststellung geltend gemacht. Beide Beschlüsse unterlagen den gleichen Mehrheitserfordernissen. Einer Mehrheit von 76 % der Stimmen gemäß § 9 GV bedurfte es nicht, weil freie Rücklagen in Höhe von mehr als 20 % des Jahresüberschusses in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG nicht gebildet wurden, wie an anderer Stelle (unter 3.) im Einzelnen dargelegt. Ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung wurde der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn entsprechend den Vorgaben der Satzung verteilt, ohne dass darüber eine eigentliche Entscheidung getroffen werden musste. Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Reichart
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.08.2004 - 411 O 153/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 09.08.2005 - 11 U 203/04 -
(1) Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).
(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.
(1) Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter.
(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin und die Beklagten zu 1 bis 3 sind die alleinigen Kommanditisten , die Beklagte zu 4 ist Komplementärin der O. GmbH & Co. KG (im folgenden: O. GmbH & Co. KG). Von ihrem Kommanditkapital (und von dem Stammkapital der Beklagten zu 4) halten die Klägerin 25 % und die - im Anteilsbesitz der Familie O. stehenden - Beklagten zu 1 bis 3 zusammen 75 %.
- 2
- Gegenstand des Rechtsstreits in der Revisionsinstanz sind zwei Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der O. GmbH & Co. KG vom 1. September 2003, welche die Feststellung des Jahresabschlusses zum 28. Februar 2003 sowie die Verwendung des Bilanzgewinns betreffen. Beide Beschlüsse wurden mit einer Stimmenmehrheit von 75 % des Kommanditkapitals gegen die Stimmen der Klägerin gefasst. Mit ihrer Klage begehrt die Kläge- rin die Feststellung der Nichtigkeit dieser Beschlüsse, weil sie als "Grundlagengeschäfte" der Einstimmigkeit gemäß § 119 Abs. 1 HGB, zumindest aber einer Mehrheit von 76 % gemäß einem Gesellschafterbeschluss vom 5. September 1962 bedurft hätten. Es fehle aber auch schon an einer einfachen Mehrheit, weil der Klägerin nach dem genannten Gesellschafterbeschluss ein Dreifachstimmrecht zustehe. Im Übrigen liege der Gewinnfeststellung im Jahresabschluss eine unzulässig hohe Rücklagenbildung zugrunde. Schließlich sei der Jahresabschluss auch wegen unberechtigter Aufwandspositionen materiell unrichtig. Hilfsweise widerklagend begehren die Beklagten die Zustimmung der Klägerin zur Feststellung des Jahresabschlusses per 28. Februar 2003.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage (unter Abweisung der Widerklage) entsprochen ; das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die - von dem Berufungsgericht zugelassene - Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision bleibt erfolglos. Die mit der Klage angegriffenen Gesellschafterbeschlüsse sind weder aus formellen noch aus materiellen Gründen nichtig.
- 5
- 1. Im Ergebnis zutreffend geht das Berufungsgericht (ZIP 2006, 895 = AG 2006, 45) davon aus, dass die angegriffenen Gesellschafterbeschlüsse nicht dem Einstimmigkeitserfordernis gemäß §§ 161 Abs. 2, 119 Abs. 1 HGB unterlagen.
- 6
- a) Nach dem Senatsurteil vom 29. März 1996 (BGHZ 132, 263, 266) ist zwar die Feststellung des Jahresabschlusses einer Personengesellschaft im Gegensatz zu dessen Aufstellung keine bloße Geschäftsführungsmaßnahme, welche in die alleinige Kompetenz der geschäftsführenden Gesellschafter bzw. - in einer KG - der Komplementäre (§ 164 HGB) fiele, sondern ein "Grundlagengeschäft" , das vorbehaltlich einer anderweitigen Regelung im Gesellschaftsvertrag der Zustimmung aller Gesellschafter einschließlich der Kommanditisten bedürfe. Das hat der Senat damit begründet, dass die Maßnahme die Verbindlicherklärung der Bilanz im Verhältnis zwischen den Gesellschaftern sowie gegenüber Dritten zum Gegenstand habe und es bei der Bilanzfeststellung auch darum gehe, die Grundlage für die Berechnung der Gewinnansprüche der Gesellschafter festzulegen (vgl. §§ 120 f. HGB). Die Einstufung als derartiges "Grundlagengeschäft" besagt indessen nichts darüber, ob der entsprechende Beschluss nur einstimmig gefasst werden kann. Denn aus § 119 Abs. 2 HGB ergibt sich, dass das für Gesellschafterbeschlüsse in einer oHG oder KG geltende Einstimmigkeitsprinzip des § 119 Abs. 1 HGB nicht nur für einfache Geschäftsführungsangelegenheiten, sondern auch darüber hinaus grundsätzlich dispositiv ist. Es steht den Gesellschaftern im Rahmen der Privatautonomie - in noch zu erörternden Grenzen - frei, sich im Gesellschaftsvertrag dahin zu einigen, dass das starre, praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip durch das Mehrheitsprinzip ersetzt wird, um die Flexibilität und die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft in Streitfällen sicherzustellen.
- 7
- aa) Entsprechende Regelungen finden sich in Gesellschaftsverträgen häufig und sind auch in dem vorliegenden Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) der O. GmbH & Co. KG vorgesehen:
- 8
- Gemäß § 6 Abs. 5 GV werden "Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der auf das Kommanditkapital entfallenden Stimmen gefasst, soweit nicht einzelne Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages oder sonstige Vereinbarungen der Gesellschafter etwas anderes vorschreiben". Für Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses ist anderes nicht vorgeschrieben. Einer - ohne Zustimmung der Klägerin nicht erreichbaren - qualifizierten Mehrheit von 76 % bedürfen gemäß § 6 Abs. 6 GV nur "Änderungen des Gesellschaftsvertrages , insbesondere Veränderungen der Einlageverpflichtungen, die Auszahlung von Beträgen zu Lasten der Darlehenskonten und die Abberufung der Komplementärin". Auch in dem Katalog "außergewöhnlicher Geschäfte", die gemäß § 6 Abs. 7 GV der Zustimmung einer Mehrheit von 63 % bedürfen, findet sich die Bilanzfeststellung nicht. Sie fällt daher nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen unter die einfache Mehrheitsklausel des § 6 Nr. 5 GV.
- 9
- bb) Entgegen der Ansicht der Revision unterliegen die von der Klägerin angegriffenen Beschlüsse nicht nach dem sog. "Bestimmtheitsgrundsatz" deshalb dem Einstimmigkeitsprinzip des § 119 Abs. 1 HGB, weil ihr Gegenstand nicht eigens und ausdrücklich in die Mehrheitsklausel des § 6 Abs. 5 GV einbezogen ist. Der auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 91, 166; 151, 321; 163, 385) zurückgehende und von dem Senat in einer frühen Entscheidung (BGHZ 8, 35, 41 f.) aufgegriffene Bestimmtheitsgrundsatz beschränkt den Anwendungsbereich allgemeiner Mehrheitsklauseln auf "gewöhnliche" Beschlussgegenstände. Im Gegensatz dazu stehen Vertragsänderungen und ähnliche die Grundlagen der Gesellschaft berührende oder in Rechtspositionen der Gesellschafter eingreifende Maßnahmen, welche bei der im Gesellschaftsvertrag außerhalb eines konkreten Anlasses vereinbarten Unterwerfung unter den Mehrheitswillen typischerweise nicht in ihrer vollen Tragweite erfasst werden und angesichts der Unvorhersehbarkeit späterer Entwicklungen auch regelmäßig nicht erfasst werden können (vgl. BGHZ 85, 350, 356; Sen.Urt. v.
- 10
- Ohnehin reicht die Eindeutigkeit einer vertraglichen Regelung - und selbst eine ausdrückliche Spezifizierung im Gesellschaftsvertrag - nicht in allen Fällen aus, um eine Mehrheitsentscheidung zu legitimieren. Diese unterliegt vielmehr auf einer zweiten Stufe einer inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung (vgl. Goette, Festschrift Sigle, S. 145, 156 ff.; derselbe in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 119 Rdn. 59; zust. Baumbach/Hopt, HGB 32. Aufl. § 119 Rdn. 39), wie sie auch von der sog. "Kernbereichslehre" mit z.T. unterschiedlichen Akzenten gefordert wird (vgl. dazu Staub/Ulmer, HGB 4. Aufl. § 119 Rdn. 40 ff.; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 709 Rdn. 91 ff.; K. Schmidt aaO § 16 II 2, III 3, S. 252 ff.). Zu prüfen ist hier, ob trotz Zulassung der betreffenden Mehrheitsentscheidung im Gesellschaftsvertrag ein unzulässiger Eingriff in schlechthin unverzichtbare (vgl. dazu BGHZ 20, 363, 368; Goette in Ebenroth /Boujong/Joost aaO § 119 Rdn. 53) oder in "relativ unentziehbare", d.h. in nur mit (gfs. antizipierter) Zustimmung des einzelnen Gesellschafters oder aus wichtigem Grund entziehbare Mitgliedschaftsrechte vorliegt. Im zweiten Fall kommt es darauf an, ob die Gesellschaftermehrheit die inhaltlichen Grenzen der ihr erteilten Ermächtigung eingehalten und sie sich nicht etwa treupflichtwidrig über beachtenswerte Belange der Minderheit hinweggesetzt hat. Dies bedeutet nicht, dass einer - durch den Gesellschaftsvertrag eindeutig legitimierten - Mehrheit im Rechtsstreit der Nachweis einer sachlichen Rechtfertigung des Beschlusses obliegt (so wohl MünchKommBGB/Ulmer aaO § 709 Rdn. 100); vielmehr hat umgekehrt die Minderheit den Nachweis einer treupflichtwidrigen Mehrheitsentscheidung zu führen (vgl. Goette in Ebenroth/Boujong/Joost aaO § 119 Rdn. 59).
- 11
- b) Im vorliegenden Fall ist weder der Bestimmtheitsgrundsatz verletzt noch ein materiell unzulässiger Eingriff in Gesellschafterrechte der Klägerin dargetan.
- 12
- aa) Als periodisch wiederkehrende Maßnahme, die nicht mit einer Änderung des Gesellschaftsvertrages einhergeht, ist die Feststellung des Jahresabschlusses ein gesetzlich vorgeschriebenes, nicht "ungewöhnliches" Geschäft (§ 6 Abs. 7 GV) der Gesellschafterversammlung. Dem trägt der vorliegende Gesellschaftsvertrag in § 8 Abs. 3 Rechnung. Danach ist der jeweilige Jahres- abschluss der Gesellschafterversammlung vorzulegen, die über dessen Feststellung nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages zu beschließen hat. Da § 6 Abs. 6, 7 GV Einstimmigkeit nicht einmal für Änderungen des Gesellschaftsvertrages oder für außergewöhnliche Geschäfte verlangt, ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag zweifelsfrei, dass die Bilanzfeststellung von der allgemeinen Mehrheitsklausel gemäß § 6 Abs. 5 GV erfasst wird. Das folgt im Übrigen, worauf die Revisionserwiderung der Beklagten zu 4 mit Recht hinweist, auch daraus , dass die Mehrheitserfordernisse in dem KG-Vertrag mit denjenigen in der Satzung der Komplementär-GmbH wegen des Gleichlaufs der Regelungen nach den gesellschaftsvertraglichen Bestimmungen übereinstimmen müssen und dort ein Mehrheitsentscheid über die Bilanzfeststellung (und die Gewinnverwendung ) dem gesetzlichen Normalstatut entspricht (vgl. §§ 29 Abs. 1, 46 Nr. 1, 47 Abs. 1 GmbHG).
- 13
- bb) Der Senat hat zwar in der von der Klägerin vielfach angeführten Entscheidung vom 29. März 1996 (BGHZ 132, 263, 268) angenommen, eine Mehrheitsklausel decke die Bilanzfeststellung als ein das Gewinnrecht der Gesellschafter tangierendes "Grundlagengeschäft" nur bei ausdrücklicher Einbeziehung dieses Beschlussgegenstandes und müsse auch Art und Umfang des zulässigen Eingriffs erkennen lassen. Daran hält der Senat nicht fest. Um ein "Grundlagengeschäft", worauf der Senat maßgeblich abgestellt hat, handelt es sich hierbei nur insofern, als mit dieser Begriffsbildung negativ abgrenzend zum Ausdruck gebracht wird, es falle nicht in die Zuständigkeit der Geschäftsführungsorgane ; es berührt jedoch nicht - wie vor allem eine Vertragsänderung - die Grundlagen der Gesellschaft (vgl. Priester, DStR 2007, 28 f.; derselbe Festschrift Hadding S. 607, 611; K. Schmidt, ZGR 1999, 601, 606), sondern betrifft eine den Gesellschaftern obliegende Angelegenheit der laufenden Verwaltung (vgl. K. Schmidt, GesR 4. Aufl. § 16 II 2 S. 454). Der Jahresabschluss und dessen Feststellung enthalten auch nicht per se einen "Eingriff" in einen (beste- henden) Gewinnanspruch, sondern sind im Grundsatz interesseneutrale Voraussetzungen für dessen Berechnung (§ 120 Abs. 1 HGB).
- 14
- Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, wie die Feststellung bzw. Verbindlicherklärung des Jahresabschlusses als solche nach Art und Ausmaß vorab im Gesellschaftsvertrag sollte quantifiziert werden können. Bilanzielle Ansatz - und Bewertungswahlrechte (dazu BGHZ 132, 263, 274) sind bei der Bilanzaufstellung zu berücksichtigen und können zwar die Höhe des Gewinns beeinflussen, sich aber je nach Sachlage zu dessen Gunsten wie zu dessen Lasten auswirken. Eine Festlegung im Gesellschaftsvertrag nach Umfang und Ausmaß wäre weder praktikabel noch - im Interesse flexibler Handhabung - sachgerecht (vgl. auch Binz/Mayer, DB 2006, 1599, 1604). Von der Wirksamkeit einer (einfachen) Mehrheitsklausel für die Bilanzfeststellung ist der Senat auch im Urteil vom 28. Januar 1991 (II ZR 20/90, WM 1991, 509) ausgegangen. Allenfalls kann sich im Einzelfall die Frage stellen, ob die konkrete Beschlussfassung treuwidrig in das zum Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte der Minderheit gehörende Gewinnrecht eingreift (BGHZ 132, 263, 273 f.), was hier jedoch , wie noch auszuführen ist, nicht der Fall war (dazu unten 3.).
- 15
- cc) Ob dagegen eine mit der Feststellung des Jahresabschlusses einhergehende Mehrheitsentscheidung über eine in ihm vorweggenommene Ergebnisverwendung (vgl. § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB), wie insbesondere die Bildung offener Rücklagen (vgl. dazu MünchKommHGB/Priester 2. Aufl. § 120 Rdn. 81; derselbe DStR 2007, 28, 31; Staub/Ulmer aaO § 120 Rdn. 31 f.), als "bilanzrechtliches Grundlagengeschäft" zu qualifizieren ist (so BGHZ 132, 263, 274 f.), das wegen seiner "Kernbereichsrelevanz" einer besonderen Mehrheitsermächtigung im Gesellschaftsvertrag mit Begrenzung nach Ausmaß und Umfang bedarf (so Staub/Ulmer aaO § 120 Rdn. 40, 42; a.A. Priester, DStR 2007, 28, 31 unter Hinweis auf §§ 29 Abs. 1, 46 Nr. 1, 47 Abs. 1 GmbHG sowie auf die Wertsteigerung des Gesellschaftsanteils durch Gewinnthesaurierung), kann hier dahinstehen, weil § 9 GV eine entsprechende Regelung enthält. Nach dieser Bestimmung ist "im Verhältnis der Gesellschafter zueinander ein zu verteilender Gewinn erst vorhanden, wenn … ein Betrag in Höhe von 20 % des Jahresüberschusses einer freien Rücklage zugeführt worden ist". Damit ist über eine bestimmte Rücklagenquote sogar schon vorab im Gesellschaftsvertrag einstimmig entschieden. Gemäß § 9 Abs. 4 GV können höhere Rücklagen mit einer (satzungsändernden) Mehrheit von 76 %, geringere mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Insoweit handelt es sich um eine Entscheidung über eine in der Bilanz vorweggenommene Gewinnverwendung (vgl. Priester, DStR 2007, 28, 31; derselbe in MünchKommHGB § 120 Rdn. 81). Da die Entscheidung über höhere oder geringere Rücklagen als 20 % in Zusammenhang mit der Bilanzfeststellung getroffen werden muss, wäre es - wie das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision zutreffend ausführt - widersinnig, wenn über die Bilanzfeststellung ohnehin einstimmig entschieden werden müsste. Dass in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG mehr als 20 % ihres Jahresüberschusses einer freien Rücklage zugeführt worden sind und aus diesem Grund eine Stimmenmehrheit von 76 % erforderlich gewesen wäre, ist nicht ersichtlich (dazu unten 3.).
- 16
- c) Angesichts des, wie dargelegt, eindeutigen Auslegungsbefundes, dass die Bilanzfeststellung unter die Mehrheitsklausel gemäß § 6 Abs. 5 GV fällt, kommt es auf die weiteren von dem Berufungsgericht angeführten Gründe zur Stützung seiner - revisionsrechtlich ohnehin nur beschränkt überprüfbaren (vgl. Boujong in Ebenroth/Boujong/Joost, HGB § 105 Rdn. 64; Staub/Ulmer aaO § 105 Rdn. 205) - Auslegung des Gesellschaftsvertrages nicht an.
- 17
- aa) Entgegen der Ansicht der Revision folgt ein gegenteiliges Auslegungsergebnis nicht aus § 8 Abs. 1, 4 GV. Danach soll die Handelsbilanz grundsätzlich, soweit handelsrechtlich zulässig, der Steuerbilanz entsprechen, und ist eine festgestellte Handelsbilanz rückwirkend anzupassen, wenn die auf ihr beruhende Steuerbilanz im Zuge der Veranlagung oder aufgrund einer Betriebsprüfung geändert wird. Abweichend hiervon, können die Gesellschafter mit der in § 6 Abs. 6 GV bestimmten Mehrheit von 76 % beschließen, dass die steuerrechtlich bedingten Änderungen erst in dem nachfolgenden Jahresabschluss zu berücksichtigen sind. Diese Regelung wäre überflüssig, wenn für die Bilanzfeststellung ohnehin das Einstimmigkeitsprinzip oder ein Mehrheitserfordernis von 76 % gelten würde. Zwar handelt es sich nur um eine zeitliche Verschiebung der in § 8 Abs. 4 GV bestimmten Anpassung an die Steuerbilanz. Sie führt aber zu einer zeitlichen Verschiebung der Fälligkeit und damit der Verfügbarkeit sowie der Verzinsung des in den Fällen steuerrechtlich bedingter Bilanzänderungen regelmäßig höheren Gewinnanteils. Dies sowie die Abweichung von dem gesellschaftsvertraglich bestimmten Anpassungsgrundsatz durch besonderen Beschluss erklären die Anwendung des für Änderungen des Gesellschaftsvertrages vorgeschriebenen Mehrheitserfordernisses von 76 % - im Unterschied zu der mit einfacher Mehrheit zu beschließenden Bilanzfeststellung. Jedenfalls ergäbe das hier besonders angeordnete Mehrheitserfordernis von 76 % keinen Sinn, wenn für Bilanzentscheidungen der Gesellschafter ohnehin das Einstimmigkeitsprinzip (oder ein Mehrheitserfordernis von 76 %) gelten würde, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausführt.
- 18
- bb) Dass aus der von dem Berufungsgericht herangezogenen Entstehungsgeschichte des Gesellschaftsvertrages (als Auslegungskriterium vgl. Boujong aaO § 105 Rdn. 60) ein gegenteiliges Auslegungsergebnis folge, macht die Revision nicht geltend, sondern meint selbst, die damalige Sichtweise könne ohnehin nicht als entscheidend für die Auslegung des Gesellschaftsvertrages in seiner aktuellen Fassung herangezogen werden.
- 19
- cc) Im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich ist schließlich die Ansicht des Berufungsgerichts, die Zulässigkeit der vorliegenden Abweichung von dem Einstimmigkeitsprinzip (§ 119 Abs. 1 HGB) rechtfertige sich auch daraus , dass die O. GmbH & Co. KG eine von dem gesetzlichen Leitbild der §§ 105 ff., 161 ff. HGB abweichende, körperschaftliche Struktur aufweise, weil an ihr keine persönlich mitarbeitenden natürlichen Personen, sondern nur juristische Personen beteiligt seien.
- 20
- 2. Ohne Erfolg rügt die Revision, dass die angegriffenen Beschlüsse vom 1. September 2003 nicht einmal mit einfacher Mehrheit gefasst worden seien, weil der Klägerin aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 5. September 1962 ein dreifaches Stimmrecht zustehe.
- 21
- a) Dieser Gesellschafterbeschluss stand in Zusammenhang mit dem Verkauf von 25 % der Kommanditanteile des Unternehmensgründers W.O. an die Rechtsvorgänger der Klägerin im Jahr 1962. Er verpflichtete sich damals, die ihm verbleibende Gesellschaftsbeteiligung bis zum 28. Februar 1966 nach und nach auf 50 % zurückzuführen, was in der Folgezeit auch geschah. Am 5. September 1962 wurde ein neuer Gesellschaftsvertrag geschlossen, der in § 6 Abs. 5 für Gesellschafterbeschlüsse im Grundsatz ein einfaches Mehrheitserfordernis vorsah. Am selben Tag beschloss die Gesellschafterversammlung "in Abänderung des heute beschlossenen Gesellschaftsvertrages", dass bis zur Zurückführung der Kommanditanteile des W.O. auf 50 %, längstens jedoch bis zum 28. Februar 1966 Beschlüsse gemäß § 8 Abs. 3 GV, darunter Bilanzfeststellungsbeschlüsse , einer Mehrheit von 76 % bedürfen. Für den Fall einer Versäumung der Verkaufsfrist sollte den Rechtsvorgängern der Klägerin bis zur Zurückführung der Beteiligung des W.O. auf 50 % ein dreifaches Stimmrecht zustehen.
- 22
- b) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, diese Regelung sei inzwischen längst überholt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Gesellschafterbeschluss vom 5. September 1962 hatte lediglich eine "Abänderung des heute beschlossenen Gesellschaftsvertrages" zum Gegenstand. Bereits der nachfolgende Gesellschaftsvertrag vom 20. Juni 1974, der "unter Einarbeitung der von der Gesellschafterversammlung bis zum 20. Juni 1974 beschlossenen Abänderungen und Ergänzungen" abgeschlossen wurde, enthält keinerlei Hinweis auf das Mehrfachstimmrecht. Dieses wurde nach der fristgerechten Rückführung der O.-Anteile durch Veräußerung an die Beklagten zu 2 und 3 von den Rechtsvorgängern der Klägerin auch nie in Anspruch genommen.
- 23
- aa) Unstreitig haben zwar inzwischen Mitglieder der Familie O. zumindest die Mehrheit der Anteile an den Beklagten zu 2 und 3 erworben, was die Klägerin erst aufgrund der Berufungsbegründung der Beklagten erfahren haben will. Sie hat in der Vorinstanz unter Berufung auf den an den Vereinbarungen im Jahre 1962 beteiligten Rechtsanwalt G. als Zeugen behauptet, das damals vereinbarte Mehrfachstimmrecht sei bewusst außerhalb der jeweiligen Fassung des Gesellschaftsvertrages in einer Sondervereinbarung geregelt worden; es habe zwecks Wahrung der Stimmenparität zwischen der Klägerin und der Familie O. dauerhaft gelten und immer dann eingreifen sollen, wenn die Familie O. einschließlich ihr nahe stehender Personen eine Beteiligung von mehr als 50 % an der O. GmbH & Co. KG halten sollte. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Gesellschafter den Willen gehabt oder zum Ausdruck gebracht, das Mehrfachstimmrecht aufheben zu wollen.
- 24
- bb) Zu Recht hält das Berufungsgericht diesen Vortrag bzw. die behauptete Vereinbarung zwischen den Rechtsvorgängern der Klägerin und W.O. aus dem Jahr 1962 für rechtsunerheblich, weil später (1974 und 1978) jeweils neue Gesellschaftsverträge - ohne Erwähnung des Mehrfachstimmrechts - abgeschlossen wurden, an denen keine der ursprünglichen Vertragsparteien, sondern andere (juristische) Personen wie insbesondere die Beklagten zu 2 und 3 (als Erwerber von 25 % der O.-Anteile) beteiligt waren. Dadurch wurde das Gesellschaftsverhältnis jeweils auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt, die kein Mehrfachstimmrecht vorsah. Bei dieser Sach- und Rechtslage kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht darauf an, dass die neuen Vertragsparteien bei Vertragsschluss nicht den Willen zum Ausdruck gebracht haben, das Mehrfachstimmrecht aufheben zu wollen. Rechtserheblich wäre vielmehr nur eine ausdrückliche Vereinbarung der neuen Vertragsparteien des Inhalts, dass das Mehrfachstimmrecht entgegen dem anders lautenden Inhalt der neuen Verträge aufrechterhalten bleiben solle. Das aber behauptet die Klägerin selbst so nicht. Die mit anderen Vertragspartnern jeweils neu abgeschlossenen Gesellschaftsverträge gelten daher so, wie sie abgeschlossen worden sind.
- 25
- 3. Zu Unrecht meint die Revision, die Feststellung des Jahresabschlusses sei nichtig, weil dieser auf unzulässig überhöhten Thesaurierungen in Tochter - und Beteiligungsgesellschaften der O. GmbH & Co. KG beruhe und bei einer Einbeziehung des konzernweiten Jahresüberschusses weit mehr als 20 % thesauriert worden seien, was gemäß § 9 Abs. 4 GV einer Zustimmung mit qualifizierter Mehrheit von 76 % der Stimmen bedurft hätte.
- 26
- a) Die Klägerin verkennt schon im Ansatz die Funktion des Jahresabschlusses und seiner Feststellung. Der Jahresabschluss (§§ 242 f. HGB) ist nur ein Rechenwerk, in das u.a. die Forderungen und Verbindlichkeiten des Rechnungslegungspflichtigen eingehen (vgl. Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 - II ZR 27/01, ZIP 2002, 802). Gewinnausschüttungsansprüche der O. GmbH & Co. KG gegen ihre Tochtergesellschaften können in die Bilanz der O. GmbH & Co. KG nur Eingang finden, wenn sie aktivierbar bestehen. Das setzt nach dem - gemäß § 8 Abs. 1 GV maßgeblichen - Steuerrecht grundsätzlich voraus, dass ein entsprechender Gewinnausschüttungsbeschluss bei der Tochtergesellschaft gefasst worden ist (vgl. BFH, Beschl. v. 7. August 2000 - GrS 2/99, DStR 2000, 1682; dazu List, WM 2001, 941). Das ist aber gerade nicht der Fall, wenn am Bilanzstichtag der Obergesellschaft bereits eine Thesaurierung bei der Untergesellschaft beschlossen worden ist. Insoweit gilt auch nach handelsrechtlichen Bilanzierungsgrundsätzen (vgl. dazu BGHZ 137, 378, 381 f.) nichts anderes. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts endet das Geschäftsjahr der Untergesellschaften jeweils zwei Monate vor demjenigen der O. GmbH & Co. KG, so dass an deren Bilanzstichtag in der Regel bereits festgestellte Jahresabschlüsse und Gewinnverwendungsbeschlüsse der Tochter- und Beteiligungsgesellschaften vorliegen. Soweit es im Einzelfall daran fehlt, kann nach steuerrechtlichen Grundsätzen ein Gewinnanspruch der Obergesellschaft ohnehin nicht oder allenfalls dann aktiviert werden, wenn eine bestimmte Ausschüttungsabsicht feststeht (vgl. BFH aaO; vgl. auch Senat, BGHZ 137, 378, 382). Dazu ist im Einzelnen nichts vorgetragen. In keinem Fall ist im Rahmen der Bilanzfeststellung der O. GmbH & Co. KG über die Gewinnverwendung der abhängigen Gesellschaften zu entscheiden. Gesellschafterbeschlüsse einer abhängigen Gesellschaft werden vielmehr im Grundsatz von der Geschäftsführung ihrer Gesellschafterin als deren Vertreter, im Fall einer KG durch die Komplementärin, gefasst, wie es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall auch über viele Jahre hinweg gehandhabt wurde. Ob in einem Personengesellschaftskonzern die willkürliche Bildung von Reserven bei Untergesellschaften entsprechend §§ 116 Abs. 2, 164 Satz 1 Halbs. 2 HGB auch der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Obergesellschaft bedarf (so MünchKommHGB/Mülbert 2. Aufl. Bd. 3 Anh. KonzernR Rdn. 97 m.w.Nachw.), kann hier dahinstehen.
- 27
- Da nämlich, wie bereits dargelegt, ein Gewinnanspruch der Obergesellschaft , hier also der O. GmbH & Co. KG, in deren Bilanz ohne entsprechenden Gewinnausschüttungsbeschluss der Untergesellschaften nicht aktiviert werden kann, ist die vorliegende (mehrheitlich festgestellte) Bilanz insoweit richtig. Sie wäre - im Gegenteil - unrichtig, wenn sie einen Gewinn auswiese, der bei den Untergesellschaften thesauriert wird. Es bestand daher bei der Bilanzfeststellung für die Gesellschaftermehrheit kein Entscheidungsspielraum, den sie treupflichtwidrig ausgeübt haben könnte. Selbst wenn man davon ausginge, dass die von der Komplementärin der O. GmbH & Co. KG gefassten Gewinnverwendungsbeschlüsse der Untergesellschaften mangels Zustimmung der Gesellschafter unwirksam sind, würde es immer noch an den erforderlichen Ausschüttungsbeschlüssen als Voraussetzung für eine Aktivierung in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG fehlen. Gegen die mehrheitliche Feststellung des sonach richtigen Jahresabschlusses kann die Klägerin nichts einwenden. Ihre Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Bilanzfeststellung ist kein geeigneter Weg, ihre Ausschüttungsinteressen hinsichtlich des bei den Tochtergesellschaften thesaurierten Gewinns durchzusetzen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt (vgl. auch Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO).
- 28
- b) Auf § 9 Abs. 4 GV kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Diese Bestimmung verlangt nach ihrer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung durch das Berufungsgericht eine qualifizierte Mehrheit von 76 % der Stimmen nur für eine Rücklagenbildung von mehr als 20 % des Jahresüberschusses der O. GmbH & Co. KG in deren Bilanz. Der von der Klägerin erstrebte Ansatz eines "konzernweiten" Jahresüberschusses unter Einschluss des bei den Tochtergesellschaften thesaurierten Gewinns ist im Jahresabschluss der O. GmbH & Co. KG nicht darstellbar. Es handelt sich eben nicht um den Gewinn aus verschiedenen "Betriebsabteilungen" ein und derselben Gesellschaft, womit die Klägerin die jetzige Konzernsituation der O. GmbH & Co. KG zu Un- recht vergleicht. Bilanzrechtlich ist die aktuelle Situation maßgeblich. Unerheblich ist, dass nach dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 1962 die Feststellung des Jahresabschlusses (und damit auch eine in ihm vorweggenommene Gewinnverwendung) abhängiger Unternehmen in den Katalog außergewöhnlicher Geschäfte aufgenommen war, welche einer Zustimmung der Gesellschafter der O. GmbH & Co. KG mit einer Mehrheit von 63 % der Stimmen bedurften. Diese Regelung findet sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in den Gesellschaftsverträgen seit 1978 nicht mehr. Im Übrigen wäre auch danach zwischen Bilanzfeststellungs- und Gewinnverwendungsbeschlüssen auf der Ebene der Unter- und der Obergesellschaft zu unterscheiden mit der Folge, dass letztere einen Gewinnausschüttungsanspruch in ihrer Bilanz nur ausweisen könnte, wenn eine entsprechende Gewinnausschüttung für die Untergesellschaft beschlossen worden ist. Selbst wenn die Regelung im Grundsatz - mit welchem Mehrheitserfordernis auch immer - fortgelten würde, wie die Klägerin meint, würde daraus nicht die Unrichtigkeit der mit der Klage angegriffenen Beschlüsse aus dem Jahr 2003 folgen, weil es hinsichtlich der bei den Untergesellschaften thesaurierten Beträge an einem Ausschüttungsbeschluss fehlt und eine Ausschüttung in bestimmter Höhe schon angesichts der Uneinigkeit der Prozessparteien in dieser Frage nicht "so gut wie sicher" ist, so dass ausnahmsweise bereits jetzt ein Gewinnanspruch in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG aktiviert werden könnte (vgl. BFH aaO).
- 29
- c) Die Klägerin ist deshalb nicht schutzlos, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt; sie kann ihre und die Befugnisse ihrer Mitgesellschafter hinsichtlich der Gewinnverwendung bei den Untergesellschaften durch Feststellungsklage klären lassen (vgl. dazu BGHZ 132, 263), die sie im Übrigen bereits erhoben hat. Sie kann möglicherweise auch gegen die Beklagte zu 4 (Komplementärin ) wegen der angeblich ihre Interessen treupflichtwidrig missachtenden Gewinnverwendungsentscheidungen vorgehen, welche die Beklagte zu 4 für die Untergesellschaften getroffen oder zugelassen hat. Darüber ist hier nicht zu entscheiden.
- 30
- 4. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Jahresabschluss auch nicht wegen des dortigen Ansatzes einiger von der Klägerin gerügter Aufwandspositionen fehlerhaft.
- 31
- a) Dass die genannten Aufwendungen angefallen sind, bestreitet die Klägerin nicht. Sie meint vielmehr, die Aufwendungen seien sachlich ungerechtfertigt ; die O. GmbH & Co. KG habe damit u.a. der Familie O. obliegende Zahlungspflichten übernommen. Auch insoweit verkennt die Revision die Funktion des Jahresabschlusses, hier der GuV. Sind die Aufwendungen angefallen, so sind sie in die GuV einzustellen. Etwaige Erstattungsansprüche gegen Mitglieder der Familie O. oder sonstige Dritte wegen angeblich unberechtigter Zuwendungen , die - auch in diesem Verhältnis - ersichtlich streitig sind, können erst nach ihrer Titulierung in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG aktiviert werden (vgl. BFH, Urt. v. 26. April 1989 - I R 147/84, DB 1989, 1949 = BB 1989, 1729; vgl. auch Sen.Urt. v. 17. Dezember 2001 aaO).
- 32
- b) Was die angeblich unberechtigten Aufwendungen für das Sekretariat des Unternehmensgründers Prof. W.O. angeht, so hält das Berufungsgericht den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin im Übrigen zu Recht für präkludiert (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Der Vortrag war entgegen der Ansicht der Revision nicht als "unstreitig" zu berücksichtigen (dazu BGHZ 161, 138); vielmehr haben sich die Beklagten hierauf wegen Verspätung gar nicht eingelassen, wie die Revisionserwiderung zu Recht ausführt.
- 33
- 5. Im Ergebnis zu Recht versagt das Berufungsgericht der Klägerin schließlich den Einwand, dass der festgestellte Jahresabschluss wegen des dortigen Ansatzes steuerlich nicht anerkannter Rückstellungen für "Verwal- tungskosten betriebliche Altersversorgung" in Höhe von ca. 3 Mio. DM sowie für den Pensionssicherungsverein in Höhe von ca. 10 Mio. DM in Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz unrichtig sei. Zwar mag es sein, dass der von dem Berufungsgericht herangezogene Gesichtspunkt der Bilanzkontinuität (vgl. dazu Baumbach/Hopt/Merkt, HGB 32. Aufl. § 252 Rdn. 19) einer Auflösung der bereits in den Jahresabschlüssen seit 29. Februar 2000 enthaltenen Rückstellungen nicht entgegensteht. Gemäß § 249 Abs. 3 Satz 2 HGB ist die Auflösung jedenfalls nicht ohne weiteres möglich (vgl. auch BGHZ 139, 167, 175). Die Klägerin hat dem Bilanzansatz in den vorangegangenen Jahresabschlüssen, wenn auch widerwillig, zugestimmt. Eine Anpassung an die Steuerbilanz ist gemäß § 9 GV nicht zwingend, sondern nur vorgeschrieben, soweit Gesellschaftervereinbarungen nicht dagegenstehen. Dass die Rückstellungen handelsrechtlich unzulässig und betriebswirtschaftlich bzw. unternehmerisch verfehlt seien, macht die Revision nicht geltend, was bei dem Gegenstand der Rückstellungen auch fern liegt. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Rückstellungsbetrag nicht isoliert, sondern muss hinsichtlich seiner "Wesentlichkeit" als allgemeinem Kriterium für eine etwaige Nichtigkeit der Bilanz (vgl. zum Aktienrecht Hüffer, AktG 7. Aufl. § 256 Rdn. 25) im Verhältnis zu der Bilanzsumme der O. GmbH & Co. KG in Milliardenhöhe gesehen werden. Eine treupflichtwidrige Zustimmung zu dieser Rückstellung durch mehrheitliche Feststellung des Jahresabschlusses kann den Beklagten bei einer Gesamtbetrachtung der genannten Umstände jedenfalls nicht vorgeworfen werden. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist auch die tatrichterliche Würdigung, dass die Klägerin sich ihrerseits selbstwidersprüchlich und treupflichtwidrig verhalte , soweit sie wegen des angeblichen Bilanzmangels die Zustimmung zu dem Jahresabschluss verweigere.
- 34
- 6. Soweit das Berufungsgericht die Feststellungsklage gegen den Gewinnverwendungsbeschluss abgewiesen hat, erhebt die Revision keine geson- derten Einwände. Wie das Berufungsgericht ausführt, hat die Klägerin die Nichtigkeit dieses Beschlusses nur als Folge der behaupteten Nichtigkeit der Bilanzfeststellung geltend gemacht. Beide Beschlüsse unterlagen den gleichen Mehrheitserfordernissen. Einer Mehrheit von 76 % der Stimmen gemäß § 9 GV bedurfte es nicht, weil freie Rücklagen in Höhe von mehr als 20 % des Jahresüberschusses in der Bilanz der O. GmbH & Co. KG nicht gebildet wurden, wie an anderer Stelle (unter 3.) im Einzelnen dargelegt. Ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung wurde der in der Bilanz ausgewiesene Gewinn entsprechend den Vorgaben der Satzung verteilt, ohne dass darüber eine eigentliche Entscheidung getroffen werden musste. Goette Kurzwelly Kraemer Caliebe Reichart
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.08.2004 - 411 O 153/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 09.08.2005 - 11 U 203/04 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, wurde im Jahr 1992 zu dem Zweck gegründet , in B. mehrere Wohnhäuser zu errichten und zu bewirtschaften. Die Beklagte und ihr im Laufe des Rechtsstreits verstorbener Ehemann, dessen Alleinerbin die Beklagte ist, traten der Gesellschaft im Dezember1992 bei. Zuletzt betrug ihre Beteiligungsquote 7,5570 %.
- 2
- Der Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) der Klägerin enthält unter anderem folgende Bestimmungen: § 8 Haftung/Nachschüsse 1. Die Gesellschafter haften gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner. 2. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie den Gläubigern der Gesellschaft nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft, in der Höhe jedoch unbegrenzt.
§ 16 Gesellschafterversammlung - Beschlussgegenstände - Die Gesellschafterversammlung beschließt über …
e) die Änderung des Gesellschaftsvertrages, …
g) die Auflösung der Gesellschaft …
h) alle sonstigen Angelegenheiten, die ihr nach diesem Gesellschafts- vertrag zugewiesen sind … § 17 Gesellschafterversammlung - Beschlussfassung, Stimmrechte - … 3. Sämtliche Beschlüsse werden mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht das Gesetz oder dieser Ver-
trag ausdrücklich eine andere Mehrheit vorschreibt. Bei Abstimmung über Gegenstände im Sinne von [§] 16 e) und g) ist eine Mehrheit von 3/4 der abgegebenen, mindestens aber von 51 % aller Gesellschafterstimmen erforderlich und ausreichend. … 5. Beschlüsse der Gesellschafter können außer in der Gesellschafterversammlung auch durch schriftliche Abstimmung gefasst werden. Zur Wirksamkeit solcher schriftlichen Beschlüsse genügt die in der Satzung oder im Gesetz vorgeschriebene Mehrheit.
- 3
- Die Klägerin geriet in eine wirtschaftliche Schieflage, weil ihre Einnahmen nicht ausreichten, um die Wohnanlage zu bewirtschaften und den Kapitaldienst gegenüber der finanzierenden Bank zu tragen. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin fasste aufgrund einer Beschlussvorlage vom 30. März 2007, über die die Gesellschafter bis zum 25. April 2007 abstimmen konnten, im schriftlichen Verfahren den Beschluss, die Fondsimmobilie zu einem Kaufpreis von mindestens 9.000.000 € zu veräußern. Mit Datum des dem notariellen Kaufvertrag nachfolgenden Tages sollte die Klägerin als aufgelöst gelten. Zum Liquidator wurde die B. GmbH bestellt. Der Beschluss wurde mit 98,4726 % der abgegebenen und 67,3886 % aller möglichen Stimmen angenommen. 1,5274 % der abgegebenen Stimmen richteten sich gegen die Beschlussvorlage oder enthielten sich.
- 4
- Am 26. Oktober 2007 wurde die Immobilie zu einem Kaufpreis von 9.320.000 € verkauft. Zum 27. Oktober 2007 wurden eine Liquidationsbilanz sowie eine „Vermögensübersicht zur Liquidationseröffnung“ erstellt. Diese wiesen ein „negatives Kapital“ von 13.415.303,24 € aus. Zur Ermittlung des ersten vorläufigen Liquidationsverlusts wurde voraussichtlichen Ausfällen von Gesell- schaftern Rechnung getragen und das „negative Kapital“ dementsprechend um 2.400.000 € auf einen Betrag von 15.815.303,24 € erhöht. In der Liquidationsbilanz ist hierzu erläutert, dass bei bestimmten - namentlich genannten - Gesell- schaftern „die Bonität aufgrund vorliegender Erklärungen der Gesellschafter bzw. von deren Anwälten als schlecht zu bewerten“ sei. Auf dieser Grundlage und der Berücksichtigung einer Beteiligungsquote von 7,5570 % wurde eine Ausgleichszahlung der Beklagten und ihres verstorbenen Ehemanns in Höhe von 993.181,74 € ermittelt.
- 5
- Mit Schreiben vom 23. November 2007 forderte die Klägerin die Beklagte und ihren verstorbenen Ehemann unter Fristsetzung bis zum 10. Dezember 2007 vergeblich zur Leistung ihres auszugleichenden Fehlbetrags auf.
- 6
- Die Gesellschafterversammlung der Klägerin stimmte - nach Erhebung der Klage im vorliegenden Verfahren - im Umlaufverfahren in der mit Schreiben vom 12. September 2008 gesetzten Frist zur Stimmabgabe bis zum 27. September 2008 mit 51,14 % aller möglichen und 86,2253 % aller abgegebenen Stimmen dafür, die mit Schreiben vom 23. November 2007 versandte Vermögensübersicht zur Liquidationseröffnung zum 27. Oktober 2007 als Schlussbilanz zu genehmigen. Gleichzeitig wurde der Liquidator angewiesen, auf der Basis des ausgewiesenen Fehlbetrags der Gesellschaft in Höhe von 15.815.303,24 € die erforderlichen Nachschüsse einzufordern und die Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern zu betreiben.
- 7
- Der zunächst geschlossene Kaufvertrag vom 26. Oktober 2007 über die Immobilie konnte nicht durchgeführt werden. Nachdem daraufhin im Umlaufverfahren beschlossen worden war, das Grundstück zu einem Kaufpreis von min- destens 7.000.000 € zu veräußern, schloss die Klägerin Anfang 2010 einen neuen Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von ca. 7.800.000 €.
- 8
- Das Landgericht hat der auf Zahlung von 993.181,74 € nebst Zinsen seit dem 11. Dezember 2007 gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten und ihres verstorbenen Ehemanns führte zur Abweisung der Klage in Höhe von 181.368 € nebst Zinsen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht das Urteil bestätigt. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen wenden sich die Parteien gegen das Berufungsurteil, soweit zu ihrem Nachteil entschieden wurde.
Entscheidungsgründe:
- 9
- Die Revision der Klägerin hat bis auf einen Teil des Zinsanspruchs Erfolg. Die im Übrigen erfolglose Revision der Beklagten führt lediglich hinsichtlich eines Teils des Zinsanspruchs zur Abweisung der Klage.
- 10
- I. Das Berufungsgericht (KG, NZG 2010, 1102) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 11
- Der Klägerin stehe ein Zahlungsanspruch zumindest in Höhe von 811.813,74 €nebst Zinsen seit dem 11. Dezember 2007 gemäß § 735 Satz 1 BGB zu. Wegen des weitergehenden Betrags von 181.368 € nebst Zinsen, der der anteiligen Quote der Beklagten am voraussichtlichen Ausfallbetrag von 2.400.000 € entspreche, sei die Klage dagegen unbegründet.
- 12
- Bei der Nachschussforderung handele es sich um einen Sozialanspruch der Gesellschaft, der - jedenfalls bei Publikumsgesellschaften wie der Klägerin - vom Liquidator geltend gemacht werden könne.
- 13
- Der Beschluss vom 30. März 2007 über die Auflösung und Liquidation sei wirksam zustande gekommen. Die gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Buchst. g) GV notwendige Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen, mindestens aber 51 % aller Gesellschafterstimmen sei unstreitig erreicht worden. Eine einstimmige Entscheidung sei nicht erforderlich gewesen, da jeder Gesellschafter durch die Zustimmung zum Gesellschaftsvertrag antizipiert seine Zustimmung zur Fassung von Mehrheitsbeschlüssen gegeben habe. Die Auflösung sei in § 16 Buchst. g) GV ausdrücklich geregelt. Die gleichzeitig beschlossene Bestellung von Liquidatoren greife nicht in den Kernbereich der Mitgliedschaft ein.
- 14
- Auch der Beschluss vom 12. September 2008 über die Liquidationsbilanz sei wirksam. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergebe, dass eine einfache Mehrheit ausgereicht habe. Der Beschluss halte auch der inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung auf der zweiten Stufe stand. Der Wirksamkeit des Beschlusses stehe ferner nicht entgegen, dass über ihn im schriftlichen Verfahren abgestimmt worden sei.
- 15
- Entgegen der Auffassung des Landgerichts dürfe aber in der Bilanz kein Betrag von 2.400.000 € für voraussichtliche Ausfälle von einzelnen möglicherweise insolventen Gesellschaftern zu Lasten der Beklagten eingestellt werden. Dadurch werde das gesetzliche Leitbild des § 735 Satz 2 BGB verletzt, das von der Nachrangigkeit der Ausfallhaftung ausgehe.
- 16
- II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Die Beklagte ist gemäß dem Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin, der im Umlaufverfahren mit Ablauf der im Schreiben vom 12. September 2008 gesetzten Frist für die Stimmabgabe am 27. September 2008 zustande gekommen ist, in Verbindung mit § 735 BGB zur Zahlung des von der Klägerin geforderten anteiligen Verlustausgleichs verpflichtet. In die Bilanz durfte ein Betrag von 2.400.000 € für voraussichtliche Ausfälle eingestellt werden. Ein Anspruch auf Zinsen steht der Klägerin allerdings erst ab dem 28. September 2008 zu.
- 17
- 1. Die Revision der Beklagten hat nur insoweit Erfolg, als diese erst ab dem 28. September 2008 Zinsen zahlen muss. Im Übrigen sind die Angriffe der Revision der Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichts unbegründet.
- 18
- a) Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten konnte der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 27. September 2008, die mit Schreiben vom 23. November 2007 versandte Vermögensübersicht zur Liquidationseröffnung zum 27. Oktober 2007 als Schlussbilanz zu genehmigen und den Liquidator anzuweisen, auf der Basis des ausgewiesenen Fehlbetrags der Gesellschaft in Höhe von 15.815.303,24 € die erforderlichen Nachschüsse einzufordern, mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Dies hat der Senat bereits mit Urteil vom 15. November 2011 (II ZR 266/09, BGHZ 191, 293) zu einem Beschluss entschieden, der auf der Grundlage eines in den hier erheblichen Bestimmungen identischen Gesellschaftsvertrags gefasst worden war.
- 19
- aa) Beschlüsse in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind einstimmig zu fassen (vgl. § 709 Abs. 1 BGB). Es steht den Gesellschaftern jedoch grundsätzlich frei, im Gesellschaftsvertrag das nach dem Gesetz geltende Einstimmigkeitserfordernis durch das Mehrheitsprinzip zu ersetzen (vgl. § 709 Abs. 2 BGB). Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält für die Beschlussfassung über die Feststellung einer Auseinandersetzungsbilanz, die zur Ermittlung des zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden im Sinne von § 733 Abs. 1, § 735 BGB von den Gesellschaftern benötigten Betrags aufgestellt worden ist (im Folgenden nur: Auseinandersetzungsbilanz), eine solche Regelung.
- 20
- § 17 Nr. 3 Satz 1 GV bestimmt, dass sämtliche Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit gefasst werden, soweit nicht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich eine abweichende Mehrheit vorschreiben. Danach genügt für die Beschlussfassung über die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz die einfache Mehrheit, da weder das Gesetz noch der Gesellschaftsvertrag für diesen Beschlussgegenstand ausdrücklich eine andere Mehrheit vorschreiben.
- 21
- (1) Zwar wird im Gesellschaftsvertrag der Klägerin nicht ausdrücklich ausgesprochen, dass für die Beschlussfassung über die Auseinandersetzungsbilanz die einfache Mehrheit genügt. Für die formelle Legitimation einer auf die Mehrheitsklausel gestützten Mehrheitsentscheidung ist es aber ausreichend, dass sich - wie hier - durch Auslegung des Gesellschaftsvertrags eindeutig ergibt, dass der betreffende Beschlussgegenstand einer Mehrheitsentscheidung unterworfen sein soll; einer Aufzählung der von der Mehrheitsklausel erfassten Beschlussgegenstände im Einzelnen bedarf es hierfür grundsätzlich nicht, und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein früher so genanntes „Grundlagengeschäft“ handelt (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007- II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 6, 9 - OTTO; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 15 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 16).
- 22
- (2) Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags der Klägerin, die der Senat, da es sich um eine Publikumsgesellschaft handelt, selbständig und objektiv vornehmen kann (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Rn. 8; Urteil vom 11. Januar 2011 - II ZR 187/09, ZIP 2011, 322 Rn. 12 jeweils mwN), ergibt, dass die Gesellschafter auch über die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz nicht einstimmig, sondern mit einfacher Mehrheit der Stimmen entscheiden.
- 23
- (aa) Dieser Beschlussgegenstand ist - anders als beispielsweise die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Auflösung der Gesellschaft - in § 16 GV nicht gesondert aufgeführt. Er ist auch in der Bestimmung des § 17 Nr. 3 Satz 2 GV nicht genannt, nach der für die Entscheidung, ob die Gesellschaft aufgelöst wird, eine (qualifizierte) Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen, mindestens aber 51 % aller Gesellschafterstimmen ausreicht. Daraus ergibt sich nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen, dass für Entscheidungen bei der Durchführung der beschlossenen Auflösung einschließlich der Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz das Einstimmigkeitserfordernis gleichfalls abbedungen sein soll. Angesichts der klaren gesellschaftsvertraglichen Regelungen sowie der unterschiedlichen Bedeutung der Auflösungsentscheidung als solcher einerseits und der Abwicklung der aufgelösten Gesellschaft andererseits spricht ferner nichts dafür, dass das ausschließlich für die Änderung des Gesellschaftsvertrags und die Auflösung der Gesellschaft angeordnete qualifizierte Mehrheitserfordernis des § 17 Nr. 3 Satz 2 GV auch für die Beschlussfassung über die Auseinandersetzungsbilanz gelten sollte.
- 24
- (bb) Nimmt man zudem den Charakter der Klägerin als Publikumsgesellschaft mit einer Vielzahl untereinander nicht persönlich verbundener Gesellschafter in den Blick, steht außer Zweifel, dass die allgemeine Mehrheitsklausel des § 17 Nr. 3 Satz 1 GV die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz einschließt. Der nach dem Gesetz geltende Einstimmigkeitsgrundsatz wird in Publikumsgesellschaften mit einer Vielzahl von Gesellschaftern regelmäßig durch das Mehrheitsprinzip ersetzt, um die Handlungsfähigkeit solcher Gesellschaften zu gewährleisten (vgl. MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 709 Rn. 94 mwN). Dieses Erfordernis besteht nach Auflösung der Gesellschaft in der Abwicklungsphase unverändert fort. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass § 17 Nr. 3 Satz 1 GV lediglich die Beschlussfassung in der werbenden Gesellschaft erleichtern sollte, während für Beschlüsse in der Liquidationsphase einschließlich solcher über die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz - mangels einer anderslautenden Mehrheitsregelung im Gesellschaftsvertrag - das Einstimmigkeitsprinzip gelten sollte. Hiervon konnten beitretende Gesellschafter vor dem Hintergrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen nicht ausgehen.
- 25
- bb) Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten ist die Beschlussfassung über die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz nicht deshalb aus dem Geltungsbereich der Mehrheitsklausel des § 17 Nr. 3 Satz 1 GV auszunehmen, weil es sich um eine einer nachträglichen Beitragserhöhung vergleichbare Entscheidung handele, die wie jene der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bedürfe (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 12 mwN). Zwar ist für Mehrheitsentscheidungen über eine nachträgliche Erhöhung der Beitragspflichten im Sinn von § 707 BGB eine entsprechende eindeutige Legitimationsgrundlage im Gesellschaftsvertrag erforderlich, die Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung der Gesellschafter erkennen lassen muss, weil es sich hierbei um eine antizipierte Zustimmung handelt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Januar 2006 - II ZR 306/04, ZIP 2006, 562 Rn. 18 ff.; Urteil vom 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Rn. 13; Urteil vom 9. Februar 2009 - II ZR 231/07, ZIP 2009, 864 Rn. 14 f.). Die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz als Grundlage der hier in Rede stehenden Verlustausgleichspflicht nach Auflösung der Gesellschaft steht jedoch einer Belastung der Gesellschafter mit zusätzlichen Beitragspflichten in der werbenden Gesellschaft nicht gleich. Während die nachträgliche Begründung einer Nachschusspflicht in der werbenden Gesellschaft von der gesetzlichen Regelung in § 707 BGB abweicht, dass ein Gesellschafter während des Bestehens der Gesellschaft nicht ohne seine Zustimmung nachträglich mit zusätzlichen Beitragspflichten belastet werden darf, stellt die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz - auch in der Form des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 27. September 2008 - lediglich eine Voraussetzung für die Geltendmachung der sich nach Auflösung der Gesellschaft aus dem Gesetz selbst (§ 735 BGB) ergebenden und - anders als die Verpflichtung zur Nachschusszahlung in der werbenden Gesellschaft - unabhängig von der Zustimmung des einzelnen Gesellschafters bestehenden (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 735 Rn. 1) Verlustausgleichspflicht dar und konkretisiert diese.
- 26
- cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass mit der Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz darüber entschieden wird, ob die Gesellschaft von den Gesellschaftern Nachschüsse anfordert oder ob sie es auf die Inanspruchnahme einzelner Gesellschafter durch die Gläubiger der Gesellschaft ankommen lässt. Die Gesellschafter haben sich bereits mit dem Beschluss , die Gesellschaft aufzulösen, dafür entschieden, die Verbindlichkeiten der Klägerin aus deren Aktivvermögen und - soweit dieses nicht ausreicht - durch Nachschusszahlungen der Gesellschafter zu tilgen (§§ 733, 735 BGB).
- 27
- Die Möglichkeit, dass die Gläubiger einzelne Gesellschafter unmittelbar in Anspruch nehmen, wird hierdurch nicht berührt.
- 28
- b) Der Beschluss ist auch nicht deshalb materiell unwirksam, weil sich die Mehrheit der Gesellschafter mit der getroffenen Entscheidung unter Verstoß gegen die gesellschafterliche Treuepflicht über beachtenswerte Belange der Minderheit hinweggesetzt hätte.
- 29
- aa) Ist die Entscheidung der Mehrheit der Gesellschafter von einer Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag gedeckt, ist allerdings auf einer zweiten Stufe zu prüfen, ob sie sich als treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit mit der Folge darstellt, dass sie inhaltlich unwirksam ist (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 - OTTO; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 17 - Schutzgemeinschaftsvertrag II). Dies trifft für den Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 27. September 2008 über die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz jedoch nicht zu.
- 30
- bb) Anders als die Beklagte meint, verletzt der Beschluss über die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz nicht deshalb treupflichtwidrig ihre Rechte, weil ihr die Möglichkeit genommen werde, Einwendungen gegenüber der finanzierenden Bank geltend zu machen. Die Frage, ob der Beklagten - wie sie meint - gegen die Bank Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB zustehen , die sie ihrer persönlichen Inanspruchnahme wegen des gegen die Gesellschaft begründeten Darlehensrückzahlungsanspruchs als Einwendung entgegensetzen kann, betrifft nur ihre Außenhaftung gegenüber der Bank. Die im Innenverhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern bestehende Verpflichtung zum Verlustausgleich nach § 735 BGB bleibt davon unberührt. Die geltend gemachten Nachschüsse sind erforderlich, um die Liquidität der Gesellschaft herzustellen, damit gemäß § 733 Abs. 1 Satz 1 BGB die Schulden der Gesellschaft, zu denen auch die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Bank aus der Objektfinanzierung zählen, berichtigt werden können. Sollte die Beklagte vor Tilgung der Darlehensschuld durch die Gesellschaft von der finanzierenden Bank analog § 128 HGB in Anspruch genommen werden, wird ihr die Geltendmachung etwaiger Einwendungen, die ihr im Verhältnis zur Bank zustehen , durch die von ihr geforderte Zahlung des Verlustausgleichs weder genommen noch erschwert. Wird die Darlehensschuld - nach Einforderung der Nachschüsse der Gesellschafter - von der Gesellschaft beglichen, bleibt es der Beklagten gleichfalls unbenommen, die von ihr angenommenen Schadensersatzansprüche gegen die finanzierende Bank dieser gegenüber geltend zu machen.
- 31
- Die Beklagte hat deshalb kein berechtigtes Interesse daran, dass die Gesellschaft ihre Darlehensverbindlichkeiten mit der Folge zusätzlicher Zinsund Kostenlasten nicht bedient, obwohl ihr selbst gegen die Forderungen der Bank keine Einwendungen zustehen. Vielmehr folgt aus der in § 733 Abs. 1 und 2 BGB geregelten Reihenfolge, dass die Schulden der Gesellschaft vorrangig zu tilgen sind. Dies dient auch dem Schutz der Gesellschafter vor einer persönlichen Inanspruchnahme, die mit dem Risiko des Ausfalls beim Rückgriff gegen die Mitgesellschafter verbunden ist (vgl. Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 733 Rn. 1). Zudem ist es ohnehin der Entscheidung der Bank überlassen , ob sie die Gesellschaft oder einzelne Gesellschafter analog § 128 HGB für die Gesellschaftsverbindlichkeiten in Anspruch nimmt.
- 32
- c) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Geltendmachung der sich aus der Schlussabrechnung gegen die einzelnen Gesellschafter entsprechend ihrer Verlustbeteiligung ergebenden der Klägerin zustehenden Ansprüche auf Zahlung eines Nachschusses gemäß § 735 BGB als Teil der Abwicklung Aufgabe des Liquidators (MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 730 Rn. 45; Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 149 Rn. 31; MünchKommHGB/ K. Schmidt, 3. Aufl., § 149 Rn. 27). Dieser hat die jeweils geschuldeten Nachschusszahlungen grundsätzlich von allen Gesellschaftern einzufordern, hat diese gegebenenfalls zu verklagen und einen sich abweichend vom prognostizierten Ausfall ergebenden Überschuss an die Gesellschafter zu verteilen (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 36).
- 33
- d) Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 5. Januar 2012 geltend macht, sämtliche Forderungen der finanzierenden Bank seien nach Erlass des Berufungsurteils durch Tilgung oder Erlass im 4. Quartal 2010 erloschen und damit sei die Grundlage für den verlangten Nachschuss entfallen, kann dieses Vorbringen in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden.
- 34
- e) Die Revision der Beklagten hat jedoch insoweit Erfolg, als der Klägerin Verzugszinsen ab dem 11. Dezember 2007 zugesprochen wurden. Der An- spruch auf Nachschuss nach § 735 BGB wird im vorliegenden Fall erst mit dem Beschluss über die Feststellung der Auseinandersetzungsbilanz fällig (vgl. Henssler/Strohn/Kilian, Gesellschaftsrecht, § 735 BGB Rn. 3; Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., § 735 Rn. 2; MünchKommBGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 735 Rn. 5 und § 730 Rn. 61). Der Beschluss ist hier mit Ablauf der Frist zur Stimmabgabe am 27. September 2008 nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage gefasst worden. Zinsen schuldet die Beklagte demnach aus § 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 1990 - VIII ZR 296/88, NJW-RR 1990, 518, 519) erst ab dem 28. September 2008.
- 35
- 2. Die Revision der Klägerin hat bis auf einen Teil des Zinsanspruchs Erfolg.
- 36
- Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht es für unzulässig erachtet, in der Auseinandersetzungsbilanz zu berücksichtigen, dass ein Teil der Gesellschafter nicht in der Lage sein wird, die jeweiligen Nachschussforderungen der Klägerin zu erfüllen. Die Berechnung der zur Erfüllung der Gesellschaftsverbindlichkeiten nach § 733 BGB erforderlichen Nachschüsse der Gesellschafter auf der Grundlage der Prognose, dass in Höhe von 2.400.000 € Nachschüsse nicht zu erlangen sein werden, führt unter den festgestellten Umständen nicht zur Treuwidrigkeit des Beschlusses vom 27. September 2008. Die Berücksichtigung von voraussichtlichen Ausfällen verletzt auch nicht das gesetzliche Leitbild des § 735 Satz 2 BGB. Der Zinsanspruch ist allerdings erst ab dem 28. September 2008 begründet.
- 37
- a) Nach § 735 Satz 2 BGB haften die übrigen Gesellschafter subsidiär, wenn der auf einen Mitgesellschafter nach § 735 Satz 1 BGB entfallende Verlustausgleichsbetrag nicht erlangt werden kann. Der Verlustausgleichsbetrag kann von einem Gesellschafter nicht erlangt werden, wenn er zahlungsunfähig oder die Forderung gegen ihn aus sonstigen Gründen nicht durchsetzbar ist (vgl. MünchKommBGB/Bydlinski, 6. Aufl., § 426 Rn. 36).
- 38
- b) Die Klägerin muss nicht darlegen, dass und gegebenenfalls in welcher Höhe sie mit Nachschussforderungen gegen Gesellschafter konkret ausgefallen ist. Eine solche Darlegung ist zwar erforderlich, wenn im Zuge der Schlussabrechnung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern der Umfang der Nachschusspflicht der einzelnen Gesellschafter unter Berücksichtigung der subsidiären Ausfallhaftung nach § 735 Satz 2 BGB endgültig festgestellt werden soll. Dies trifft hier aber nicht zu. Bei dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 27. September 2008 geht es noch nicht um die (auf den Zeitpunkt der Vollbeendigung der Gesellschaft bezogene) endgültige Abrechnung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern. Soweit in der mit dem Beschluss vom 27. September 2008 mehrheitlich gebilligten Liquidationsbilanz bei der Ermittlung des zur Berichtigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten benötigten Betrages berücksichtigt worden ist, dass in Höhe von 2.400.000 € voraussichtlich keine Zahlung zu erlangen sein wird, ist damit die Höhe des auf die einzelnen Gesellschafter nach § 735 Satz 1 und 2 BGB entfallenden Verlust- ausgleichs trotz der Bezeichnung als „Schlussbilanz“ ersichtlich nur vorläufig festgestellt worden. Diese Verfahrensweise unterliegt bei einer Publikumsgesellschaft weder unter dem Blickwinkel der gesellschafterlichen Treuepflicht noch im Hinblick auf die Regelung des § 735 BGB rechtlichen Bedenken (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 28).
- 39
- c) Die in diesem Stadium der Abwicklung der Gesellschaft erstellte Auseinandersetzungsbilanz dient dazu, durch eine Gegenüberstellung des Aktivvermögens mit den Verbindlichkeiten der Gesellschaft einschließlich der Gesellschaftereinlagen festzustellen, ob und in welcher Höhe ein Überschuss verteilt werden kann oder von den Gesellschaftern Nachschüsse benötigt werden, um die Verbindlichkeiten begleichen und die Einlagen zurückerstatten zu können. Dabei ist das Aktivvermögen zu bewerten. Bestehen bei Aufstellung der Bilanz ernsthafte Zweifel an der Werthaltigkeit von Forderungen der Gesellschaft , ist diesem Umstand in der Bilanz in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Auch bei den Ansprüchen gegen die Gesellschafter auf Zahlung von Verlustausgleich, die in eine zu dem genannten Zweck erstellte Bilanz eingestellt werden, handelt es sich um Forderungen der Gesellschaft (MünchKommBGB /Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 735 Rn. 5; Soergel/Hadding/Kießling, BGB, 13. Aufl., § 735 Rn. 6; K. Schmidt, ZHR 153 (1989), 270, 296; MünchKommHGB /K. Schmidt, 3. Aufl., § 149 Rn. 27, 29; Staub/Habersack, HGB, 5. Aufl., § 149 Rn. 31 für die Personenhandelsgesellschaft), die das - zur Begleichung der Verbindlichkeiten und gegebenenfalls Rückerstattung von Einlagen - unzureichende Aktivvermögen ergänzen. Bestehen schon bei der Aufstellung dieser Auseinandersetzungsbilanz greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der ermittelte Fehlbetrag durch die Anforderung von Nachschüssen in gleicher Höhe nicht aufgebracht werden kann, weil zu erwarten ist, dass Gesellschafter teilweise nicht in der Lage sein werden, die auf sie entfallenden Nachschüsse zu leisten, kann die Gesellschafterversammlung mit der nach dem Gesell- schaftsvertrag erforderlichen Mehrheit beschließen, dass diesem Umstand bereits bei der Festlegung der Höhe der von den Gesellschaftern anzufordernden Nachschusszahlungen Rechnung getragen wird, und den Liquidator zur Einforderung der entsprechenden Beträge anweisen (BGH, Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 30).
- 40
- d) Davon, dass der dem Beschluss vom 27. September 2008 zugrunde gelegte Ausfall von voraussichtlich 2.400.000 € auf unzutreffenden Grundlagen beruht oder unrealistisch ist, kann nicht ausgegangen werden. Der prognostizierte Ausfallbetrag basiert - wie vom erkennenden Senat in dem Urteil vom 15. November 2011 (aaO) gefordert - auf greifbaren Anhaltspunkten. In der Liquidationsbilanz zum 27. Oktober 2007 ist ausgeführt, dass bei verschiedenen Gesellschaftern die Bonität als schlecht zu bewerten sei. Der Ansatz des Ausfallbetrages beruht nach den Erläuterungen in einem nicht näher dargelegten Umfang auf Erfahrungswerten der Gläubigerbank und dieser vorliegenden Selbstauskünften der Gesellschafter. Bezüglich der einzelnen in die Liquidationsbilanz eingestellten namentlich benannten Gesellschafter beruht die Prognose auf Erklärungen der Gesellschafter bzw. ihrer Anwälte. Die Eigenauskunft des Gesellschafters bzw. seines Anwalts, dass er nicht über ausreichende Mittel verfügt, Zahlungen zu leisten, ist regelmäßig, sofern keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, als Grundlage einer Ausfallprognose geeignet. Denn durch eine unrichtige Auskunft würden sich die betreffenden Gesellschafter selbst schädigen, weil jede Mehrung des prognostizierten Ausfallbetrags zugleich den von allen Gesellschaftern zu zahlenden vorläufigen Verlustausgleich erhöht und der Liquidator grundsätzlich verpflichtet ist, den Anspruch auch gegenüber denjenigen Mitgesellschaftern geltend zu machen, die bekundet ha- ben, sie seien zur Zahlung nicht in der Lage. Der Umstand, dass der Liquidator auch gerichtlich gegen Mitgesellschafter vorgeht, deren voraussichtlicher Ausfall in die Prognose eingestellt worden war, macht die Behauptung der Klägerin entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung der Beklagten daher auch nicht unschlüssig, sondern ist Folge des pflichtgemäßen Vorgehens des Liquidators.
- 41
- Aus einer Anlage zur Liquidationsbilanz ergibt sich, dass bei der Ermitt- lung des Ausfallbetrags von einer Gesamtforderung von 3.728.778,95 € ausge- gangen worden war, die Gesellschafter betraf, die sich als vermögenslos bezeichnet hatten. Die tatsächliche Ausfallwahrscheinlichkeit wurde teils mit 75 %, teils mit 100 % und teils mit null bewertet. In der Summe wurde ein Ausfall von 2.400.000 € prognostiziert. Bei diesem Umfang wird die Prognose nicht dadurch untauglich, dass ein Gesellschafter doppelt, nämlich mit 94.707,24 € (100 %) und mit 71.030,43 € (75 %) berücksichtigt wurde.
- 42
- Die Revisionserwiderung der Beklagten weist zwar darauf hin, dass die Beklagte die der Berechnung des Ausfallbetrags zugrundeliegenden Forderungen bestritten hätte. Hierbei verkennt sie aber schon im Ausgangspunkt, dass pauschales Bestreiten nicht ausreicht, vielmehr die Darlegungs- und Beweislast für die Treupflichtwidrigkeit der Mehrheitsentscheidung bei der Beklagten liegt (BGH, Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 10 - OTTO; Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 17 - Schutzgemeinschaftsvertrag II; Urteil vom 15. November 2011 - II ZR 266/09, BGHZ 191, 293 Rn. 31). Soweit die Beklagte mit der Berufungsbegründung vorgetragen hat, dass bei den Mitgesellschaftern I. und S. H. ein Ausfallrisiko nicht bestünde, ist dies bereits nicht ausreichend substantiiert und zudem unerheblich. Es ist nicht entscheidend, ob im Zeitpunkt des Vortrags der Beklagten im Prozess ein Ausfallrisiko bestand, sondern ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung greifbare Anhaltspunkte für einen zukünftigen Ausfall vorgelegen haben.
- 43
- e) Es ist nicht ersichtlich, dass unter diesen Umständen durch die von der Mehrheit gebilligte Berücksichtigung des zu erwartenden Ausfalls eines Teils der Gesellschafter in der Auseinandersetzungsbilanz berechtigte Interessen der Minderheit, die ihr nicht zugestimmt hat, treuwidrig beeinträchtigt werden. Die gewählte Verfahrensweise führt dazu, dass die Liquidation der Gesellschaft rascher abgeschlossen werden kann und die Verbindlichkeiten der Gesellschaft durch frühzeitigen Ausgleich der voraussichtlich uneinbringlichen Nachschusszahlungen schneller getilgt werden können, so dass weitere finanzielle Belastungen der Gesellschaft durch anfallende Zinsen vermieden werden und zudem das Risiko einer unmittelbaren Inanspruchnahme der Gesellschafter durch die Gläubiger der Gesellschaft verringert wird. Diese gerade für die Abwicklung von Publikumsgesellschaften bedeutsamen Vorteile kommen allen Gesellschaftern gleichermaßen zu Gute. Die Gesellschafter haften nach § 735 Satz 2 BGB ohnehin entsprechend ihrer Beteiligung an der Gesellschaft für den Ausfall anderer Gesellschafter. Sollte sich herausstellen, dass zunächst zu hohe Beiträge eingefordert worden sind, weil sich die Ausfälle geringer als erwartet darstellen, ist dies (spätestens) im Rahmen der endgültigen Schlussabrechnung zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern zu berücksichtigen. Der Umstand, dass Beiträge möglicherweise entgegen der Prognose nicht in voller Höhe zur Begleichung der Gesellschaftsverbindlichkeiten und Rückerstattung der Einlagen benötigt werden, führt wegen der den Gesellschaftern inso- weit zustehenden Ansprüche auf Rückerstattung zuviel geleisteter Zahlungen zu keinem schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der Minderheit, der die Berücksichtigung des zu erwartenden Zahlungsausfalls in der Liquidationsbilanz als treuwidrig erscheinen lassen könnte.
- 44
- f) Hinsichtlich des Zinsanspruchs bleibt die Revision der Klägerin aus den oben unter II 1 e genannten Gründen ohne Erfolg, soweit sie Zinsen für den Zeitraum vor dem 28. September 2008 beansprucht hat.
- 45
- III. Das Berufungsurteil war auf die Rechtsmittel der Parteien gem. § 562 Abs. 1 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht die Klage in Höhe von 181.368 € nebst Zinsen ab dem 28. September 2008 abgewiesen und der Klägerin hinsichtlich des ausgeurteilten Betrages von 811.813,74 € einen Anspruch auf Zinsen vor dem 28. September 2008 zuerkannt hat. Insoweit war gemäß § 563 Abs. 3 ZPO die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 993.181,74 € nebst Zinsen seit dem 28. September 2008 wiederherzustellen und die Klage unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils wegen des weitergehenden Zinsanspruchs abzuweisen. Die Kosten des Rechtsstreits waren gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 29.01.2009 - 19 O 248/08 -
KG, Entscheidung vom 03.05.2010 - 23 U 47/09 -
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.06.2013 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 81 O 118/12 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich der Unterlassungsansprüche 100.000 € (bezüglich jeder Variante 33.333 €), im Übrigen für die der Vollstreckung ausgesetzte Partei 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die die Vollstreckung betreibende Partei 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beklagte betreibt eine Apotheke in den Niederlanden, von wo sie Arzneimittel insbesondere auch an deutsche Kunden versendet. In Bezug auf ihre Verkaufspreise warb sie seit Beginn ihrer Geschäftstätigkeit im Jahr 2000 mit Bonusmodellen, die sich an der Höhe der gesetzlichen Zuzahlung orientierten. Im September 2012 kündigte sie in einer Zeitungsbeilagenwerbung und im Internet (Anlagen K 1 und 2) an, dass sie gesetzlich oder privat versicherten Kunden für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel gegen Vorlage des Rezepts mindestens 2,50 € und gesetzlich Krankenversicherten für jedes zuzahlungspflichtige Medikament die Hälfte der Zuzahlung, bis zu 15,00 € pro Rezept, gutschreibe.
4Die Klägerin sieht darin eine bewusste Verletzung des ihrer Ansicht nach auch für ausländische Versandapotheken geltenden deutschen Arzneimittelpreisrechts, das für verschreibungspflichtige und zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebene Arzneimittel einheitliche Abgabepreise der Apotheken vorsieht. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung der Werbung, des Werbenlassens, Ankündigens, Ankündigenlassens und der Gewährung von Boni in drei jeweils selbständig angegriffenen Varianten (Bonus in Höhe der halben gesetzlichen Zuzahlung auf verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Kassenrezept; Bonus in Höhe von 2,50 € für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Kassenrezept; Bonus in Höhe von 2,50 € für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Privatrezept), Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hat behauptet, dass sie das streitbefangene Bonusmodell seit dem 26.10.2012 nicht mehr angeboten habe. Sie hält die seitdem geltende, ausländische Versandapotheken ausdrücklich dem inländischen Arzneimittelpreisrecht unterwerfende gesetzliche Regelung ebenso wie den für das bisherige Recht zum gleichen Ergebnis kommenden Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 22.08.2012 – GmS-OGB 1/10 – für unvereinbar mit dem Recht der Europäischen Union (Art. 34 AEUV) und deutschem Verfassungsrecht (Art. 12 GG), § 7 HWG für unanwendbar und sämtliche etwa in Betracht kommenden Ansprüche für verwirkt.
5Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte überwiegend – unter Abweisung des Schadensersatzfeststellungs- und Auskunftsbegehrens der Klägerin – antragsgemäß verurteilt. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage und – hilfsweise – ihre Verfahrensanträge auf Aussetzung und Einholung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union bzw. des Bundesverfassungsgerichts weiter verfolgt. Sie rügt, das Landgericht habe den schon aus formellen Gründen keine Wirkung entfaltenden Beschluss des Gemeinsamen Senats zitiert, ohne sich mit ihren Argumenten inhaltlich auseinanderzusetzen; hierzu wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht sie bezüglich der Höhe der Boni geltend, die Bagatellgrenze sei zumindest nicht in jedem denkbaren Fall verletzt. Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.
6II.
7Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
8Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das Landgericht die Beklagte im beantragten Umfang zur Unterlassung (§§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 78 AMG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 3 Abs. 1 AMPreisV) und zur Erstattung der Abmahnkosten (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) verurteilt, wobei es für den auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichteten Unterlassungsanspruch auf das geltende Recht und zusätzlich – wegen sonst fehlender Wiederholungsgefahr – auf die Rechtswidrigkeit der Wettbewerbshandlung zur Zeit ihrer Begehung, für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankommt (vgl. BGH, GRUR 2012, 1053 = WRP 2012, 1216 [Rn. 10] – Marktführer Sport, m.w.N.). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
91. Die Beklagte hat mit der beanstandeten Auslobung und Gewährung der streitgegenständlichen Boni in der 38. Kalenderwoche 2012 (17.-24.09.2012) den als Marktverhaltensregeln (§ 4 Nr. 11 UWG) anzusehenden Bestimmungen des deutschen Arzneimittelpreisrechts zuwidergehandelt.
10a) Hiernach haben Apotheken bei der Abgabe von apothekenpflichtigen Fertigarzneimitteln an Endverbraucher einen einheitlichen Abgabepreis (§ 78 Abs. 2 S. 2 AMG) in Höhe von 3 Prozent über dem Nettoabgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens zuzüglich 8,10 € und Umsatzsteuer (§ 3 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AMPreisV) zu berechnen.
11b) Diese Bestimmungen waren bereits vor Inkrafttreten des neuen § 78 Abs. 1 S. 4 AMG am 26.10.2012 auch auf Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union anzuwenden, die – wie die Beklagte – solche Arzneimittel an deutsche Verbraucher im Wege des Versandhandels abgeben.
12aa) Eine gegenteilige Auffassung hat der Senat allerdings früher im Anschluss an Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSGE 101, 161 = PharmR 2008, 595) und des Oberlandesgerichts Hamm (MMR 2005, 101) für Fälle der Bestellung und Kurierlieferung von in den Niederlanden verkauften Arzneimitteln über deutsche Apotheken vertreten (PharmR 2010, 197 = MD 2010, 77 – Holland-Preise). Hieran wird nicht mehr festgehalten, nachdem der vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (NJW 2010, 3724 = GRUR 2010, 1130 = WRP 2010, 1485 – Sparen Sie beim Medikamentenkauf) angerufene Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Beschluss vom 22.08.2012 – GmS-OGB 1/10 (BGHZ 194, 354 = GRUR 2013, 417 = WRP 2013, 621) – die Argumentation des Bundessozialgerichts verworfen und ausgeführt hat, dass die deutschen Vorschriften, die einen Preiswettbewerb zwar auf der Stufe der pharmazeutischen Unternehmen (Hersteller, Groß- und Zwischenhändler, Parallel- und Reimporteure) zulassen, auf der Einzelhandelsstufe aber einen einheitlichen Apothekenabgabepreis vorsehen, nach ihrem Wortlaut, ihrem Zweck, ihrer Systematik und ihrer Entstehungsgeschichte nicht nach einer Abgabe im herkömmlichen Apothekenbetrieb oder im Versandhandel oder nach dem Sitz der Apotheke im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union unterscheiden (GmS-OGB, a.a.O. [Rn. 23 ff.]).
13Den überzeugenden Erwägungen des Gemeinsamen Senats, die sich das Landgericht im angefochtenen Urteil durch weitgehend wörtliche Wiedergabe zu eigen gemacht hat und die an dieser Stelle nicht im Einzelnen wiederholt werden müssen, schließt sich der Senat an. Die Behauptung der Beklagten, dass die schriftliche Begründung des Beschlusses vom 22.08.2012 nicht binnen fünf Monaten zur Geschäftsstelle des Gemeinsamen Senats gelangt sei, ist unerheblich, weil die Überzeugungskraft der Begründung des Gemeinsamen Senats nicht von ihrer – in vorliegender Sache ohnehin fehlenden – prozessualen Bindungswirkung abhängt.
14Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung gehen fehl:
15bb) Gegen die kollisionsrechtliche Anknüpfung wendet sich die Berufung nicht, so dass sich ergänzende Ausführungen zur Anwendung deutschen Sachrechts auf den zwischenstaatlichen Arzneimittelversandhandel erübrigen.
16cc) Die Bindung der in den Niederlanden ansässigen, als Aktiengesellschaft niederländischen Rechts organisierten Beklagten an deutsches Arzneimittelpreisrecht verstößt entgegen der von ihr und ihren anwaltlichen Vertretern (vgl. Diekmann, WRP 2013, 290) am Beschluss des Gemeinsamen Senats geübten Kritik nicht gegen höherrangiges europäisches Recht.
17(1) Maßnahmen von Mitgliedstaaten, die den Handel mit Arzneimitteln betreffen, sind mangels vorrangiger Regelung durch die zuständigen Organe der Europäischen Union nur an primärem Unionsrecht, nämlich insbesondere der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV zu messen. Arzneimittel sind Waren im Sinne von Art. 28 Abs. 2 AEUV. Soweit die Beklagte als Versandhändlerin auch Dienstleistungen erbringen mag, ist die Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 ff. AEUV gegenüber dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV subsidiär (vgl. Pfeifer, jurisPR-ITR 23/2013 Anm. 6, sub C II 6).
18(2) Gemäß Art. 34 AEUV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieser Tatbestand liegt hier jedoch nicht vor.
19(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist allerdings grundsätzlich jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den Handel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, als eine Maßnahme gleicher Wirkung gemäß Art. 34 AEUV anzusehen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 11.07.1974 – 8/74 – Dassonville = NJW 1975, 515; GemS-OGH, BGHZ 194, 354 = GRUR 2013, 417 = WRP 2013, 621 [Rn. 40] m.w.N.). Eine Einschränkung greift aber bei Vorschriften der Mitgliedstaaten, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten; diese dürfen auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten angewandt werden, solange sie für alle im Inland tätigen Wirtschaftsteilnehmer gelten und den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren, den Marktzugang für diese Erzeugnisse also nicht stärker behindern als für inländische Waren (vgl. EuGH, Urteil vom 24.11.1993 – C-267 und 268/91 – Keck und Mithouard = NJW 1994, 121 = GRUR 1994, 296 m. Anm. Bornkamm; vgl. auch GemS-OGH, a.a.O.). Solche Vorschriften begründen keine Behinderung im Rechtssinne, weil ihnen das Element einer (formellen oder materiellen) Diskriminierung der Anbieter aus anderen Mitgliedsstaaten fehlt (vgl. EuGH, Urteil vom 30.04.2009 – C 531/07 – LIBRO = GRUR 2009, 792).
20In den von der Berufung angeführten Entscheidungen zur Buchpreisbindung (EuGH, Urteil vom 10.01.1985 – C 229/83 – Leclerc = NJW 1985, 1615; Urteil vom 30.04.2009 – C 531/07 – LIBRO = GRUR 2009, 792) lag eine Diskriminierung darin, dass die nationale Regelung den Absatz importierter Bücher gegenüber dem Absatz der einheimischen Buchausgaben erschwerte, indem sie dem Importeur gezielt die Möglichkeit nahm, seine durch einen günstigeren Einstandspreis im Ausfuhrmitgliedstaat erzielte Beschaffungsvorteile über den Endverkaufspreis weiterzugeben.
21(b) Im Streitfall dagegen liegt keine damit vergleichbare, sondern in gewisser Hinsicht sogar eine gegensätzliche Konstellation vor, insofern sich die Beklagte durch „Auswanderung aus dem deutschen Arzneimittelpreisrecht“ einen Sondervorteil gegenüber inländischen Apotheken zu verschaffen versucht. Sie behauptet nämlich nicht etwa, auf Grund niedrigerer Beschaffungskosten für Arzneimittel in den Niederlanden über einen unionsrechtlich geschützten Wettbewerbsvorteil zu verfügen, den sie an deutsche Endverbraucher müsse weitergeben dürfen; vielmehr ist davon auszugehen, dass die Abgabepreise der Pharmaunternehmen und damit die Einkaufspreise der in Rede stehenden, deutschen Patienten von ihren Ärzten verordneten Medikamente in beiden Ländern gleich sind (vgl. die entsprechenden, von der Berufung nicht in Frage gestellten Feststellungen des Gemeinsamen Senats betreffend die Apotheke Venlo, a.a.O. [Rn. 43]). Das Bonusmodell der Beklagten beruht demgemäß nicht auf niedrigeren Gestehungskosten, sondern nach ihren eigenen Angaben darauf, dass sie in den Niederlanden nur Höchstabgabepreise zu beachten hat, die an die Einkaufspreise gekoppelten Mindestabgabepreise ihrer inländischen Mitbewerber deshalb zur Förderung ihres eigenen Absatzes meint unterbieten zu können. Hiermit reklamiert sie für ihr Marktverhalten in Deutschland zu Unrecht großzügigere Bedingungen der Verkaufsförderung als sie das deutsche Arzeimittelpreisrecht den Apotheken gewährt.
22(4) Unabhängig davon, dass es danach an einer diskriminierenden Ungleichbehandlung der Versandhandelsanbieter aus anderen Mitgliedsstaaten – wie der Beklagten – durch ihre Bindung an die für die Abgabe an Endverbraucher geltenden Mindestpreise des deutschen Arzneimittelpreisrechts fehlt, scheidet ein Verstoß gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit auch deshalb aus, weil die Anwendung der deutschen Bestimmungen – gemäß der im angefochtenen Urteil aufgegriffenen (Hilfs-) Begründung des Gemeinsamen Senats (a.a.O. [Rn. 44 ff.]) – nach Art. 36 AEUV zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt wäre.
23Das nationale Arzneimittelpreisrecht betrifft die Gesundheitspolitik und Organisation des Gesundheitswesens der Mitgliedsstaaten. Der Senat teilt die überzeugend begründete Auffassung des Gemeinsamen Senats, dass der deutsche Gesetzgeber den ihm insoweit eingeräumten Wertungsspielraum nicht überschritten hat, indem er bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Interesse der sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung einen einheitlichen Apothekenabgabepreis vorgesehen hat.
24Das gegenteilige Vorbringen der Berufung erschöpft sich trotz seines Umfangs letztlich darin, die Stichhaltigkeit der vom deutschen Gesetzgeber angeführten Gründe – nämlich der Verhinderung eines ruinösen Preiswettbewerbs unter Apotheken, der Sicherung einer flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung und der Minderung der Gefahr eines Fehl- oder Mehrgebrauchs von Medikamenten – pauschal zu bestreiten, ohne hinreichend nachvollziehbar aufzuzeigen, welches andere konkrete System bei geringeren Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit ebenso geeignet wäre, die vorbeschriebenen Ziele zu erreichen. Entgegen der Auffassung der Berufung ist es angesichts der vom deutschen Gesetzgeber vorgenommenen Wertung keineswegs Aufgabe der Klägerin, die drohende Beeinträchtigung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung bei Aufgabe des Systems substantiiert darzulegen; vielmehr hätte es nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen der Beklagten oblegen, die Voraussetzungen ihrer anspruchsvernichtenden Einwendung schlüssig vorzutragen und über den Hinweis auf mögliche oder bereits umgesetzte unterstützende Maßnahmen hinaus belegbar darzutun, dass und gegebenenfalls wie die vom deutschen Gesetzgeber mit dem derzeitigen System verfolgten legitimen Gemeinwohlziele auf andere, den Preiswettbewerb auf der Handelsstufe der Apotheken weniger einschränkende konkrete Weise ebenso effektiv erreicht werden könnten. Daran fehlt es.
25(5) Vor diesem tatsächlichen Hintergrund besteht auch kein Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die vom Landgericht gefundene Entscheidung des Streitfalles beruht vielmehr auf einer Auslegung des Unionsrechts, die in ihre Grundlage in der gesicherten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat (vgl. hierzu den Beschluss des Gemeinsamen Senats, a.a.O. [Rn. 47], m.w.N.).
26dd) Ebenso wenig ist anzunehmen, dass die bis zum 25.10.2012 geltenden deutschen Vorschriften über den einheitlichen Apothekenabgabepreis (§ 78 Abs. 2 S. 2 AMG, § 3 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AMPreisV) in ihrer Auslegung durch den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes gegen Art. 12 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland verstießen, weil die von der Beklagten bzw. ihren Geschäftsführern für den Betrieb einer Versandapotheke in einem europäischen Nachbarland in Anspruch genommene Berufsausübungsfreiheit dadurch unverhältnismäßig eingeschränkt worden sein könnte. Da sich die Berufung zur Begründung der materiellen Verfassungswidrigkeit der Regelung nur auf den angeblichen Verstoß gegen die unionsrechtlich fundierte Warenverkehrsfreiheit bezieht, genügt in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die vorstehenden Erwägungen, wonach ein solcher Verstoß nicht feststellbar ist.
27c) Die Einfügung des neuen § 78 Abs. 1 S. 4 AMG, wonach die Arzneimittelpreisverordnung auch für Arzneimittel gilt, die gemäß § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a AMG von einer Versandapotheke in einem anderen Land des Europäischen Wirtschaftsraum aus nach Deutschland verbracht werden, hat an dieser, im Beschluss des Gemeinsamen Senats vom 22.08.2012 näher dargestellten Rechtslage ersichtlich nichts geändert.
28Soweit die Berufung aus einem vermeintlichen Verstoß des deutschen Gesetzgebers gegen die unionsvertragliche Pflicht zur Notifizierung geplanter wettbewerbsverzerrender Vorschriften des nationalen Rechts gemäß Art. 116, 117 Abs. 1 AEUV die auch von der Beklagten geltend zu machende Unwirksamkeit der Gesetzesänderung meint herleiten zu können, geht dies schon deshalb fehl, weil mit der Einfügung des neuen § 78 Abs. 1 S. 4 AMG keine Rechtsänderung bewirkt, sondern lediglich die bereits bestehende, durch Auslegung feststellbare Rechtslage klargestellt worden ist.
29Da diese Rechtslage – wie ausgeführt – mit Art. 34 AEUV wie mit Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG im Einklang steht, hat es das Landgericht zu Recht auch insoweit abgelehnt, die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 78 Abs. 1 S. 4 AMG gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht oder die Frage der unionsrechtlichen Unbedenklichkeit der Vorschrift gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorzulegen.
30d) Mit ihrer Bonus-Werbung hat die Beklagte gegen die von ihr nach alledem zu beachtende Regelung des Apothekenabgabepreises verstoßen.
31aa) Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur vor, wenn ein Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt, sondern auch, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen; insbesondere eine über einen bestimmten Geldbetrag lautende Gutschrift kann einen entsprechenden Vorteil darstellen (vgl. BGH, GRUR 2010, 1136 = WRP 2010, 1482 [Rn. 17 f.] – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE; GRUR 2013, 1264 = WRP 2013, 1587 [Rn. 13] – RezeptBonus). Die mit der Klage angegriffenen Varianten des Bonusmodells der Beklagten stellen solche geldwerten Vorteile dar.
32bb) Die von der Beklagten ausgelobten und gewährten Boni sind auch geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, wobei die Bagatellgrenze des § 3 Abs. 1 UWG der einer geringwertigen Kleinigkeit gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Alt. HWG entspricht (vgl. BGH, GRUR 2013, 1264 = WRP 2013, 1587 [Rn. 18 ff.] – RezeptBonus; GRUR 2013, 1262 = WRP 2013, 1590 [Rn. 7 ff.] – Rezept-Prämie). Ohne dass es insofern auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage ankommt, ob unter den Umständen des Streitfalls auch eine Anwendung von § 7 HWG auf das Bonusmodell der Beklagten in Betracht käme, überschreiten die von ihr in Aussicht gestellten Boni die vom Bundesgerichtshof in seinen beiden Entscheidungen vom 08.05.2013 (a.a.O.) mit einem Euro pro Medikament bestimmte Spürbarkeitsschwelle bereits deutlich. In Bezug auf Nr. 1.2 und 1.3 der Klage und des Unterlassungstenors, die sich gegen Auslobung eines Rezeptbonus „von 2,50 € für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel“ wenden, liegt das auf der Hand (vgl. BGH, GRUR 2013, 1264 = WRP 2013, 1587 – RezeptBonus, wo der Betrag sich auf 1,50 € belief); in Bezug auf den mit dem Unterlassungsgebot zu Nr. 1.1 angesprochenen, unstreitig ebenfalls durchweg über 1,00 € liegenden Bonus in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Zuzahlung gilt im Ergebnis nichts anderes. Richtig ist, dass bei abstrakter Fassung des Unterlassungsantrags ein Rabatt bis zu 3,00 € pro Rezept möglicherweise unbedenklich und ein entsprechender Antrag wegen zu weiter Fassung insgesamt unbegründet sein könnte, weil die Wertgrenze von 1,00 € für jedes verschreibungspflichtige Medikament gilt (vgl. BGH, GRUR 2013, 1262 = WRP 2013, 1590 [Rn. 9] – Rezept-Prämie). Dem trägt der Tenor des landgerichtlichen Urteils jedoch Rechnung, indem der Beklagten nicht die Auslobung eines Bonus pro Rezept (der beim Kauf eines einzigen Medikaments über, beim Kauf von drei Medikamenten unter der Bagatellgrenze liegen mag), sondern eines oberhalb der Spürbarkeitsschwelle liegenden Bonus für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel untersagt worden ist.
33e) Die durch den Wettbewerbsverstoß der Beklagten begründete Wiederholungsgefahr (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG) ist – wie zutreffend schon das Landgericht angenommen hat – durch die Neufassung des § 78 Abs. 1 AMG selbst dann nicht entfallen, wenn entsprechend ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 22.04. 2013 unterstellt wird, dass sie ihr Bonusmodell in seiner bisherigen Form ab dem 26.10.2012 nicht mehr praktiziert hat.
34Allerdings entfällt die im Wettbewerbsrecht geltende Vermutung, ein Wettbewerber werde sein in der Vergangenheit gezeigtes Verhalten auch in der Zukunft fortsetzen oder wiederholen, in der Regel dann, wenn die Wettbewerbswidrigkeit des fraglichen Verhaltens in der Vergangenheit umstritten war, aufgrund einer Gesetzesänderung nunmehr aber eindeutig zu bejahen ist. Denn bei bisher zweifelhafter Rechtslage kann nicht angenommen werden, dass derjenige, der sein Verhalten (noch im Prozess) mit vertretbaren Gründen gegen den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verteidigt, auch dann auf einer Fortsetzung oder Wiederholung seines Handelns besteht, wenn der Gesetzgeber die offene Frage eindeutig im Sinne des zuvor streitigen Verbots entschieden hat (vgl. BGH, GRUR 2002, 717 [719] = WRP 2002, 679 – Vertretung der Anwalts-GmbH; Bornkamm, in: Köhler / Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 8 Rn. 1.43 m.w.N.).
35Im Streitfall liegt es jedoch anders. Zwar war angesichts der Divergenz zwischen Bundessozialgericht und Bundesgerichtshof in der hier maßgeblichen Frage der Anwendbarkeit deutschen Arzneimittelpreisrechts auf Versandapotheken in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union sicherlich eine zweifelhafte Rechtslage entstanden. Doch war zur Zeit der streitgegenständlichen Werbung die entscheidende Klärung bereits erfolgt, weil der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Beschluss vom 22.08.2012 – GmS-OGB 1/10 – die umstrittene Rechtsfrage im Sinne der Auffassung des Bundesgerichtshofs beantwortet und deutsches Arzneimittelpreisrecht auf Versandapotheken in den Niederlanden ausdrücklich für anwendbar erklärt hatte. Obwohl ihr die dieses Verfahrensergebnis deutlich zum Ausdruck bringende Pressemitteilung vom gleichen Tag (Anlage K 5) bekannt war, hat die Beklagte an ihrem Bonussystem bewusst weiter festgehalten (vgl. Anlage K 7), das in Rede stehende Wettbewerbsverhalten also nicht etwa aufgegeben, sondern in Kenntnis der klärenden Entscheidung des Gemeinsamen Senats fortgesetzt und auf diese Weise intensiviert. Angesichts dessen kann es ihr nicht zu Gute kommen, dass sich der Gesetzgeber bereits zu einer klarstellenden Ergänzung des § 78 AMG im Hinblick auf die „anstehende nicht kurzfristig zu erwartende Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes“ (vgl. BR-Drs. 91/12, S. 108 = Anlage K 6; BT-Drs. 17/9341, S. 66) entschlossen hatte, die abschließende Lesung im Deutschen Bundestag aber erst am 21.09.2012 – einige Wochen nach dem Beschluss des Gemeinsamen Senats und nahezu gleichzeitig mit der streitbefangenen Werbung – erfolgte.
362. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass von einer Verwirkung des Unterlassunganspruchs (vgl. Köhler, in: Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 11, Rn. 2.13 ff.) der Klägerin keine Rede sein kann.
37Denn auch wenn sich das mit der Klage angegriffene Rezeptbonus-Angebot der Beklagten nicht wesentlich von ihren bereits früher (möglicherweise schon seit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit im Jahr 2000) praktizierten Bonusmodellen unterschieden haben mag, hatte seine werbliche Ankündigung und Durchführung im September 2012 auf Grund des zwischenzeitlich ergangenen, der Beklagten aus der Pressemitteilung bekannten Beschlusses des Gemeinsamen Senats doch eine neue Qualität. Zum einen gab das den Beschluss ignorierende Verhalten der Beklagten der Klägerin einen gewichtigen zusätzlichen Anlass zum gerichtlichen Vorgehen; zum anderen wäre ein von der Beklagten im Vertrauen auf bisher unterbliebene Maßnahmen der berufsständischen Vertretungen der deutschen Apotheker aufgebauter Besitzstand jedenfalls nach diesem Beschluss nicht mehr schutzwürdig gewesen. Ohnehin greift die Verwirkung als ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) grundsätzlich nur bei in der Vergangenheit liegenden Sachverhalten ein, während wiederholte gleichartige Verletzungshandlungen jeweils einen neuen Unterlassungsanspruch auslösen und die für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist immer neu beginnen lassen (vgl. zum Markenrecht BGH, GRUR 2012, 928 = WRP 2012, 1104 [Rn. 22 ff.] – Honda-Grauimport; zum Wettbewerbsrecht Köhler, a.a.O., § 11, Rn. 2.14).
383. Zusätzliche den Grund oder die Höhe des Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten betreffende Einwände bringt die Berufung nicht vor; sie sind auch nicht ersichtlich.
39III.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
41Das Urteil betrifft – wie dargestellt – Fragen der tatrichterlichen Anwendung gefestigter Rechtsgrundsätze, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
42IV.
43Der Streitwert für den Rechtsstreit erster Instanz wird nach § 63 Abs. 3 GKG abweichend von der Festsetzung im angefochtenen Urteil und unter Berücksichtigung des von der Klägerin im Parallelverfahren 84 O 3/13 LG Köln angegebenen und dort festgesetzten Werts auf angemessene 125.000 € festgesetzt. Für den Streitwert des Berufungsverfahrens bleibt es bei der Festsetzung auf 100.000 € mit Beschluss des Senats vom 26.08.2013.
(1) Hängt die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen Rechtsgeschäfts, das einem anderen gegenüber vorzunehmen ist, von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann die Erteilung sowie die Verweigerung der Zustimmung sowohl dem einen als dem anderen Teil gegenüber erklärt werden.
(2) Die Zustimmung bedarf nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.
(3) Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft, dessen Wirksamkeit von der Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung des Dritten vorgenommen, so finden die Vorschriften des § 111 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung.
Die vorherige Zustimmung (Einwilligung) ist bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerruflich, soweit nicht aus dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis sich ein anderes ergibt. Der Widerruf kann sowohl dem einen als dem anderen Teil gegenüber erklärt werden.
(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.
(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.
(2) Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt oder wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt oder wenn er von dem Berechtigten beerbt wird und dieser für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. In den beiden letzteren Fällen wird, wenn über den Gegenstand mehrere miteinander nicht in Einklang stehende Verfügungen getroffen worden sind, nur die frühere Verfügung wirksam.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt.
(2) Die Verfügung wird wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt oder wenn der Verfügende den Gegenstand erwirbt oder wenn er von dem Berechtigten beerbt wird und dieser für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. In den beiden letzteren Fällen wird, wenn über den Gegenstand mehrere miteinander nicht in Einklang stehende Verfügungen getroffen worden sind, nur die frühere Verfügung wirksam.
Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.
(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.
(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.
(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.
(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.
(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger war zusammen mit Rechtsanwalt N. Gründungsgesellschafter der Beklagten und ihr Geschäftsführer. Rechtsanwalt N. hielt den Geschäftsanteil, wie dem Kläger bekannt war, als Treuhänder für S. . In einer notariellen Urkunde vom 5. August 1996 "verkaufte" Rechtsanwalt N. , vertreten durch den vollmachtlosen S. , seine Geschäftsanteile an S. und trat sie ihm ab. Rechtsanwalt N. teilte am 8. August 1996 S. und dem Kläger mit, dass er den ihm vorgelegten Kaufvertrag jedenfalls derzeit nicht genehmigen könne und wolle. Am 13. August 1996 genehmigte er die Abtretung der Geschäftsanteile vom 5. August 1996.
- 2
- Am 18. Dezember 1996 meldete S. die Anteilsübertragung unter Vorlage der notariellen Urkunde und der Genehmigung vom 13. August 1996 bei der Beklagten an. Am 30. Dezember 1996 setzte Rechtsanwalt P. als Bevollmächtigter von S. die Beklagte davon in Kenntnis, dass seit diesem Tag die früher von S. gehaltenen Geschäftsanteile von Rechtsanwalt Dr. No. gehalten würden, eine Ausfertigung der darüber erstellten notariellen Urkunde übersandt werde, sobald sie vorliege, und der Rechtserwerb angemeldet werde. Anlässlich einer am 19. Dezember 2003 auf Verlangen von S. einberufenen Gesellschafterversammlung der Beklagten entstand Streit, wer neben dem Kläger noch Gesellschafter der Beklagten sei. Am 3. Mai 2004 bestätigten S. und Rechtsanwalt N. vorsorglich die dingliche Übertragung der Geschäftsanteile vom 5. August 1996. S. zeigte dies der Beklagten vor der Gesellschafterversammlung vom 14. Mai 2004 an.
- 3
- Der Kläger hat gegen verschiedene Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 14. Mai 2004 Anfechtungsklage erhoben. Die Beklagte hat widerklagend die Feststellung beantragt, dass S. am Stammkapital der Beklagten beteiligt und Inhaber von drei Geschäftsanteilen sei. Das Landgericht hat der Zwischenfeststellungswiderklage stattgegeben, das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision des Klägers hat Erfolg.
- 5
- I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, S. sei seit dem 3. Mai 2004 an der Beklagten beteiligt, bis dahin habe Rechtsanwalt N. den Anteil treuhänderisch für ihn gehalten. 1996 sei er nicht Gesellschafter geworden. Rechtsanwalt N. habe - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe - am 8. August 1996 die Genehmigung der Erklärung vom 5. August 1996 verweigert und seine kurz darauf erfolgte Zustimmung entbehre der notwendigen Form für die Abtretung von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Übertragung der Anteile von Rechtsanwalt N. auf S. am 3. Mai 2004 stehe nicht entgegen, dass nach § 16 Abs. 1 GmbHG der Beklagten gegenüber zunächst Rechtsanwalt Dr. No. als Gesellschafter zu gelten hatte, weil er bei ihr angemeldet war. Eine rechtlich unzutreffende Anmeldung könne die materielle Rechtslage nicht ändern, zumindest sei jene Anmeldung gegenüber der Beklagten durch die Anmeldung der Übertragung von Rechtsanwalt N. auf S. vom 3. Mai 2004 widerrufen worden.
- 6
- II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 7
- 1. Rechtsfehlerhaft ist schon der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine rechtlich unzutreffende Anmeldung von Rechtsanwalt Dr. No. als Gesellschafter könne die wirkliche materielle Rechtslage nicht ändern. Die mit der Widerklage begehrte Feststellung der Gesellschaft, dass S. ihr Gesellschafter sei, hängt nicht von einer Änderung der "wirklichen" materiellen Rechtslage ab. Nach § 16 Abs. 1 GmbHG gilt bei einer Anteilsveräußerung der Gesellschaft gegenüber derjenige als Erwerber und damit als Gesellschafter, dessen Erwerb unter Nachweis des Übergangs bei der Gesellschaft angemeldet ist. Es handelt sich um eine gesetzliche Fiktion, die für die Stellung als Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft die Anmeldung durch einen dazu Befugten und einen überzeugenden Nachweis des Anteilsübergangs voraussetzt. Auf die Wirksamkeit der Übertragung oder die materielle Rechtslage kommt es nicht an (st.Rspr. Senat, BGHZ 84, 47, 49; BGHZ 112, 103, 113; Sen.Urt. v. 15. April 1991 - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724; v. 9. Juli 1990 - II ZR 194/89, ZIP 1990, 1057; v. 24. Juni 1996 - II ZR 56/95, NJW-RR 1996, 1377).
- 8
- 2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Rechtsanwalt Dr. No. im Verhältnis zur Beklagten seit 30. Dezember 1996 als Gesellschafter gilt. Rechtsanwalt Dr. No. ist von einem Anmeldebefugten angemeldet worden. Dazu , ob sein Anteilserwerb bei der Anmeldung überzeugend nachgewiesen wurde , fehlen bisher ausreichende Feststellungen.
- 9
- a) Der Erwerb der Gesellschaftsanteile durch Rechtsanwalt Dr. No. wurde am 30. Dezember 1996 von dem dazu befugten S. , vertreten durch Rechtsanwalt P. , bei der Beklagten angemeldet. Anmeldeberechtigt sind Veräußerer und Erwerber (Baumbach/Hueck/ Fastrich, GmbHG 18. Aufl. § 16 Rdn. 5). S. war als Veräußerer zur Anmeldung befugt, weil er zu diesem Zeitpunkt als Gesellschafter der Beklagten galt (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Die Anteilsübertragung von Rechtsanwalt N. auf ihn war am 18. Dezember 1996 unter gleichzeitigem Nachweis des Rechtsübergangs der Beklagten angemeldet worden. Der Übergang der Gesellschafterstellung ist auch nachgewiesen. Dazu genügt, dass die Gesellschaft vom Rechtsübergang überzeugend unterrichtet wird (Sen.Urt. v. 25. Januar 1960 - II ZR 207/57, WM 1960, 289; Urt. v. 15. April 1991 - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724). Der Anmeldung vom 18. Dezember 1996 waren überzeugende Nachwei- se beigefügt, nämlich eine beglaubigte Abschrift der Urkunde über die Anteilsübertragung vom 5. August 1996, bei der Rechtsanwalt N. von S. vollmachtlos vertreten wurde, und die nach § 177 Abs. 1 BGB notwendige Genehmigungserklärung von Rechtsanwalt N. vom 13. August 1996. Die Zustimmung bedurfte entgegen der vom Berufungsgericht übernommenen Auffassung des Landgerichts anders als die Anteilsübertragung (§ 15 Abs. 3 GmbHG) nicht der notariellen Form (§ 182 Abs. 2 BGB).
- 10
- Gegen die Überzeugungskraft der vorgelegten Nachweise spricht nicht, dass Rechtsanwalt N. in seinem Schreiben vom 8. August 1996 an den Kläger und S. - das der Beklagten mit der Anmeldung nicht vorgelegt wurde - vor Erteilung der Genehmigung den Kaufvertrag nicht genehmigt hat. Das Schreiben stand einer späteren Genehmigung der Anteilsübertragung nicht entgegen, weil sie darin nicht verweigert wurde. Wenn der Berechtigte die Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB in der Schwebe hält, verweigert er sie nicht endgültig (BGH, Urt. v. 15. Juni 1964 - VIII ZR 7/63, WM 1964, 878). Rechtsanwalt N. hat in seinem Schreiben vom 8. August 1996 zwischen dem schuldrechtlichen Geschäft und der Anteilsübertragung unterschieden. Zur Genehmigung der Anteilsübertragung hat er sich nicht geäußert, die Genehmigung des schuldrechtlichen Geschäfts ausdrücklich offen gelassen. Er hat erklärt, dass er den vorgelegten Kaufvertrag derzeit nicht genehmigen könne und wolle, weil er als Treuhänder den Anteil an den Treugeber nicht verkaufen könne. Bei der Bestätigung der dinglichen Übertragung der Geschäftsanteile vom 3. Mai 2004 hat Rechtsanwalt N. nochmals ausdrücklich klargestellt, dass er mit seinem Schreiben vom 8. August 1996 nur mitgeteilt habe, dass er den schuldrechtlichen Vertrag als Kaufvertrag nicht genehmigen könne, aber danach die dingliche Rechtsübertragung genehmigt habe und sie seiner Ansicht nach rückwirkend wirksam geworden sei.
- 11
- b) Die Anmeldung von Rechtsanwalt Dr. No. ist nach den bisherigen Feststellungen auch nicht mangels eines überzeugenden Nachweises im Sinn von § 16 Abs. 1 GmbHG unwirksam.
- 12
- 3. Rechtsfehlerhaft ist auch die Annahme des Berufungsgerichts, zumindest sei die Anmeldung von Rechtsanwalt Dr. No. durch die Anmeldung der Übertragung von Rechtsanwalt N. auf S. vom 3. Mai 2004 widerrufen worden. Die Anzeige der Übertragung von Rechtsanwalt N. auf S. vom 3. Mai 2004 ist kein Widerruf der Anmeldung vom 30. Dezember 1996. Der Widerruf einer Anmeldung ist in § 16 Abs. 1 GmbHG nicht vorgesehen und nach Zugang der Anmeldung bei der Gesellschaft nicht möglich, § 130 Abs. 1 BGB. Wie die Wirkungen von § 16 Abs. 1 GmbHG im Fall einer unwirksamen Übertragung beseitigt werden können, hat der Senat bislang offen gelassen (Senat BGHZ 84, 47, 51) und muss dies auch im vorliegenden Fall nicht entscheiden. Selbst wenn dazu statt einer Rückübertragung ein "Widerruf" genügte , kommt er nur als Wiederanmeldung des früheren Veräußerers in Betracht. Ein solcher "Widerruf" setzt neben der Anmeldung voraus, dass die Unwirksamkeit der früher angemeldeten Übertragung überzeugend nachgewiesen wird (Baumbach/ Hueck/Fastrich, GmbHG 18. Aufl. § 16 Rdn. 4; Loebbe in Großkomm.z.GmbHG § 16 Rdn. 53; Schulz/H. Winter/Seibt, GmbHG 10. Aufl. § 16 Rdn. 23 a). Ein solcher Nachweis wurde bei der Anmeldung im Mai 2004 nicht erbracht. Die als Nachweis beigefügte vorsorgliche Bestätigung der Veräußerung von Rechtsanwalt N. an S. im Jahr 1996 in der Urkunde vom 3. Mai 2004 belegt die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung von S. an Rechtsanwalt Dr. No. nicht, sondern hätte im Gegenteil, wenn sie mangels Verfügungsbefugnis von S. 1996 unwirksam gewesen wäre, nach § 185 Abs. 2 BGB nachträglich zu ihrer Wirksamkeit geführt.
- 13
- 4. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 ZPO). Die Sache ist zurückzuverweisen , damit die Parteien Gelegenheit erhalten, ihren Vortrag zum bisher nicht weiter beachteten Gesichtspunkt eines Nachweises bei der Anmeldung des Anteilserwerbs von Rechtsanwalt Dr. No. zu ergänzen. In der Anmeldung vom 30. Dezember 1996 wird die Übersendung einer Urkunde über die Übertragung der Geschäftsanteile nur angekündigt. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass Rechtsanwalt Dr. No. ohne einen Nachweis ordnungsgemäß angemeldet war. Die Gesellschaft kann nach pflichtgemäßem Ermessen des Geschäftsführers auf Nachweise verzichten. Eine ordnungsgemäße An- meldung liegt dann auch vor, wenn die Gesellschaft den Erwerber als neuen Gesellschafter anerkennt und behandelt (Sen.Urt. v. 15. April 1991 - II ZR 209/90, ZIP 1991, 724).
Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 04.10.2006 - 23 O 97/04 -
OLG Celle, Entscheidung vom 21.03.2007 - 9 U 118/06 -
(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.
(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.
(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.
(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.
(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Die Kommanditisten sind von der Führung der Geschäfte der Gesellschaft ausgeschlossen; sie können einer Handlung der persönlich haftenden Gesellschafter nicht widersprechen, es sei denn, daß die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht. Die Vorschriften des § 116 Abs. 3 bleiben unberührt.
(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.
(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.
(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.
(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.
(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.
(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.
(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.
(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.
(1) Die Geschäftsanteile sind veräußerlich und vererblich.
(2) Erwirbt ein Gesellschafter zu seinem ursprünglichen Geschäftsanteil weitere Geschäftsanteile, so behalten dieselben ihre Selbständigkeit.
(3) Zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter bedarf es eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.
(4) Der notariellen Form bedarf auch eine Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird. Eine ohne diese Form getroffene Vereinbarung wird jedoch durch den nach Maßgabe des vorigen Absatzes geschlossenen Abtretungsvertrag gültig.
(5) Durch den Gesellschaftsvertrag kann die Abtretung der Geschäftsanteile an weitere Voraussetzungen geknüpft, insbesondere von der Genehmigung der Gesellschaft abhängig gemacht werden.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.
(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Erhebt ein Aktionär, der Vorstand oder ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses gegen die Gesellschaft, so finden § 246 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 bis 5, Abs. 4, §§ 246a, 247, 248 und 248a entsprechende Anwendung. Es ist nicht ausgeschlossen, die Nichtigkeit auf andere Weise als durch Erhebung der Klage geltend zu machen. Schafft der Hauptversammlungsbeschluss Voraussetzungen für eine Umwandlung nach § 1 des Umwandlungsgesetzes und ist der Umwandlungsbeschluss eingetragen, so gilt § 20 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes für den Hauptversammlungsbeschluss entsprechend.
(2) Mehrere Nichtigkeitsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Nichtigkeits- und Anfechtungsprozesse können verbunden werden.
(1) Ein Beschluß der Hauptversammlung kann wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung durch Klage angefochten werden.
(2) Die Anfechtung kann auch darauf gestützt werden, daß ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen suchte und der Beschluß geeignet ist, diesem Zweck zu dienen. Dies gilt nicht, wenn der Beschluß den anderen Aktionären einen angemessenen Ausgleich für ihren Schaden gewährt.
(3) Die Anfechtung kann nicht gestützt werden
- 1.
auf die durch eine technische Störung verursachte Verletzung von Rechten, die nach § 118 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1 sowie § 134 Absatz 3 auf elektronischem Wege wahrgenommen worden sind, - 2.
auf die durch eine technische Störung verursachte Verletzung von Rechten, die nach § 118a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, 3, 4 in Verbindung mit § 131, nach § 118a Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 130a Absatz 1 bis 4, nach § 118a Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 in Verbindung mit § 130a Absatz 5 und 6 sowie nach § 118a Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 auf elektronischem Wege wahrgenommen worden sind, - 3.
auf die durch eine technische Störung verursachte Verletzung von § 118a Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 und 5 sowie Absatz 6, - 4.
auf eine Verletzung der §§ 67a, 67b, 118 Absatz 1 Satz 3 bis 5 und Absatz 2 Satz 2, von § 118a Absatz 1 Satz 4, § 121 Absatz 4a oder des § 124a, - 5.
auf Gründe, die ein Verfahren nach § 318 Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs rechtfertigen.
(4) Wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen kann nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. Auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen in der Hauptversammlung über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit von Ausgleich, Abfindung, Zuzahlung oder über sonstige Kompensationen kann eine Anfechtungsklage nicht gestützt werden, wenn das Gesetz für Bewertungsrügen ein Spruchverfahren vorsieht.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.
(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.
(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.
(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.
(1) Enthält der Tatbestand des Urteils Unrichtigkeiten, die nicht unter die Vorschriften des vorstehenden Paragraphen fallen, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche, so kann die Berichtigung binnen einer zweiwöchigen Frist durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.
(2) Die Frist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Der Antrag kann schon vor dem Beginn der Frist gestellt werden. Die Berichtigung des Tatbestandes ist ausgeschlossen, wenn sie nicht binnen drei Monaten seit der Verkündung des Urteils beantragt wird.
(3) Das Gericht entscheidet ohne Beweisaufnahme. Bei der Entscheidung wirken nur diejenigen Richter mit, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Ist ein Richter verhindert, so gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden und bei dessen Verhinderung die Stimme des ältesten Richters den Ausschlag. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(4) Die Berichtigung des Tatbestandes hat eine Änderung des übrigen Teils des Urteils nicht zur Folge.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung sind der Gegenpartei zuzustellen.
(2) Der Vorsitzende oder das Berufungsgericht kann der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Berufungserwiderung und dem Berufungskläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Berufungserwiderung setzen. § 277 gilt entsprechend.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 06.06.2013 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 81 O 118/12 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagten haben die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich der Unterlassungsansprüche 100.000 € (bezüglich jeder Variante 33.333 €), im Übrigen für die der Vollstreckung ausgesetzte Partei 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die die Vollstreckung betreibende Partei 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Beklagte betreibt eine Apotheke in den Niederlanden, von wo sie Arzneimittel insbesondere auch an deutsche Kunden versendet. In Bezug auf ihre Verkaufspreise warb sie seit Beginn ihrer Geschäftstätigkeit im Jahr 2000 mit Bonusmodellen, die sich an der Höhe der gesetzlichen Zuzahlung orientierten. Im September 2012 kündigte sie in einer Zeitungsbeilagenwerbung und im Internet (Anlagen K 1 und 2) an, dass sie gesetzlich oder privat versicherten Kunden für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel gegen Vorlage des Rezepts mindestens 2,50 € und gesetzlich Krankenversicherten für jedes zuzahlungspflichtige Medikament die Hälfte der Zuzahlung, bis zu 15,00 € pro Rezept, gutschreibe.
4Die Klägerin sieht darin eine bewusste Verletzung des ihrer Ansicht nach auch für ausländische Versandapotheken geltenden deutschen Arzneimittelpreisrechts, das für verschreibungspflichtige und zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegebene Arzneimittel einheitliche Abgabepreise der Apotheken vorsieht. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung der Werbung, des Werbenlassens, Ankündigens, Ankündigenlassens und der Gewährung von Boni in drei jeweils selbständig angegriffenen Varianten (Bonus in Höhe der halben gesetzlichen Zuzahlung auf verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Kassenrezept; Bonus in Höhe von 2,50 € für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Kassenrezept; Bonus in Höhe von 2,50 € für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Privatrezept), Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hat behauptet, dass sie das streitbefangene Bonusmodell seit dem 26.10.2012 nicht mehr angeboten habe. Sie hält die seitdem geltende, ausländische Versandapotheken ausdrücklich dem inländischen Arzneimittelpreisrecht unterwerfende gesetzliche Regelung ebenso wie den für das bisherige Recht zum gleichen Ergebnis kommenden Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 22.08.2012 – GmS-OGB 1/10 – für unvereinbar mit dem Recht der Europäischen Union (Art. 34 AEUV) und deutschem Verfassungsrecht (Art. 12 GG), § 7 HWG für unanwendbar und sämtliche etwa in Betracht kommenden Ansprüche für verwirkt.
5Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte überwiegend – unter Abweisung des Schadensersatzfeststellungs- und Auskunftsbegehrens der Klägerin – antragsgemäß verurteilt. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage und – hilfsweise – ihre Verfahrensanträge auf Aussetzung und Einholung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union bzw. des Bundesverfassungsgerichts weiter verfolgt. Sie rügt, das Landgericht habe den schon aus formellen Gründen keine Wirkung entfaltenden Beschluss des Gemeinsamen Senats zitiert, ohne sich mit ihren Argumenten inhaltlich auseinanderzusetzen; hierzu wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend macht sie bezüglich der Höhe der Boni geltend, die Bagatellgrenze sei zumindest nicht in jedem denkbaren Fall verletzt. Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.
6II.
7Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.
8Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das Landgericht die Beklagte im beantragten Umfang zur Unterlassung (§§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit § 78 AMG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 3 Abs. 1 AMPreisV) und zur Erstattung der Abmahnkosten (§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG) verurteilt, wobei es für den auf die Abwehr künftiger Rechtsverstöße gerichteten Unterlassungsanspruch auf das geltende Recht und zusätzlich – wegen sonst fehlender Wiederholungsgefahr – auf die Rechtswidrigkeit der Wettbewerbshandlung zur Zeit ihrer Begehung, für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung ankommt (vgl. BGH, GRUR 2012, 1053 = WRP 2012, 1216 [Rn. 10] – Marktführer Sport, m.w.N.). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
91. Die Beklagte hat mit der beanstandeten Auslobung und Gewährung der streitgegenständlichen Boni in der 38. Kalenderwoche 2012 (17.-24.09.2012) den als Marktverhaltensregeln (§ 4 Nr. 11 UWG) anzusehenden Bestimmungen des deutschen Arzneimittelpreisrechts zuwidergehandelt.
10a) Hiernach haben Apotheken bei der Abgabe von apothekenpflichtigen Fertigarzneimitteln an Endverbraucher einen einheitlichen Abgabepreis (§ 78 Abs. 2 S. 2 AMG) in Höhe von 3 Prozent über dem Nettoabgabepreis des pharmazeutischen Unternehmens zuzüglich 8,10 € und Umsatzsteuer (§ 3 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AMPreisV) zu berechnen.
11b) Diese Bestimmungen waren bereits vor Inkrafttreten des neuen § 78 Abs. 1 S. 4 AMG am 26.10.2012 auch auf Apotheken mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union anzuwenden, die – wie die Beklagte – solche Arzneimittel an deutsche Verbraucher im Wege des Versandhandels abgeben.
12aa) Eine gegenteilige Auffassung hat der Senat allerdings früher im Anschluss an Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSGE 101, 161 = PharmR 2008, 595) und des Oberlandesgerichts Hamm (MMR 2005, 101) für Fälle der Bestellung und Kurierlieferung von in den Niederlanden verkauften Arzneimitteln über deutsche Apotheken vertreten (PharmR 2010, 197 = MD 2010, 77 – Holland-Preise). Hieran wird nicht mehr festgehalten, nachdem der vom I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (NJW 2010, 3724 = GRUR 2010, 1130 = WRP 2010, 1485 – Sparen Sie beim Medikamentenkauf) angerufene Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Beschluss vom 22.08.2012 – GmS-OGB 1/10 (BGHZ 194, 354 = GRUR 2013, 417 = WRP 2013, 621) – die Argumentation des Bundessozialgerichts verworfen und ausgeführt hat, dass die deutschen Vorschriften, die einen Preiswettbewerb zwar auf der Stufe der pharmazeutischen Unternehmen (Hersteller, Groß- und Zwischenhändler, Parallel- und Reimporteure) zulassen, auf der Einzelhandelsstufe aber einen einheitlichen Apothekenabgabepreis vorsehen, nach ihrem Wortlaut, ihrem Zweck, ihrer Systematik und ihrer Entstehungsgeschichte nicht nach einer Abgabe im herkömmlichen Apothekenbetrieb oder im Versandhandel oder nach dem Sitz der Apotheke im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union unterscheiden (GmS-OGB, a.a.O. [Rn. 23 ff.]).
13Den überzeugenden Erwägungen des Gemeinsamen Senats, die sich das Landgericht im angefochtenen Urteil durch weitgehend wörtliche Wiedergabe zu eigen gemacht hat und die an dieser Stelle nicht im Einzelnen wiederholt werden müssen, schließt sich der Senat an. Die Behauptung der Beklagten, dass die schriftliche Begründung des Beschlusses vom 22.08.2012 nicht binnen fünf Monaten zur Geschäftsstelle des Gemeinsamen Senats gelangt sei, ist unerheblich, weil die Überzeugungskraft der Begründung des Gemeinsamen Senats nicht von ihrer – in vorliegender Sache ohnehin fehlenden – prozessualen Bindungswirkung abhängt.
14Die dagegen gerichteten Angriffe der Berufung gehen fehl:
15bb) Gegen die kollisionsrechtliche Anknüpfung wendet sich die Berufung nicht, so dass sich ergänzende Ausführungen zur Anwendung deutschen Sachrechts auf den zwischenstaatlichen Arzneimittelversandhandel erübrigen.
16cc) Die Bindung der in den Niederlanden ansässigen, als Aktiengesellschaft niederländischen Rechts organisierten Beklagten an deutsches Arzneimittelpreisrecht verstößt entgegen der von ihr und ihren anwaltlichen Vertretern (vgl. Diekmann, WRP 2013, 290) am Beschluss des Gemeinsamen Senats geübten Kritik nicht gegen höherrangiges europäisches Recht.
17(1) Maßnahmen von Mitgliedstaaten, die den Handel mit Arzneimitteln betreffen, sind mangels vorrangiger Regelung durch die zuständigen Organe der Europäischen Union nur an primärem Unionsrecht, nämlich insbesondere der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV zu messen. Arzneimittel sind Waren im Sinne von Art. 28 Abs. 2 AEUV. Soweit die Beklagte als Versandhändlerin auch Dienstleistungen erbringen mag, ist die Gewährleistung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 ff. AEUV gegenüber dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art. 34 AEUV subsidiär (vgl. Pfeifer, jurisPR-ITR 23/2013 Anm. 6, sub C II 6).
18(2) Gemäß Art. 34 AEUV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieser Tatbestand liegt hier jedoch nicht vor.
19(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist allerdings grundsätzlich jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den Handel innerhalb der Union unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, als eine Maßnahme gleicher Wirkung gemäß Art. 34 AEUV anzusehen (vgl. nur EuGH, Urteil vom 11.07.1974 – 8/74 – Dassonville = NJW 1975, 515; GemS-OGH, BGHZ 194, 354 = GRUR 2013, 417 = WRP 2013, 621 [Rn. 40] m.w.N.). Eine Einschränkung greift aber bei Vorschriften der Mitgliedstaaten, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten; diese dürfen auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten angewandt werden, solange sie für alle im Inland tätigen Wirtschaftsteilnehmer gelten und den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren, den Marktzugang für diese Erzeugnisse also nicht stärker behindern als für inländische Waren (vgl. EuGH, Urteil vom 24.11.1993 – C-267 und 268/91 – Keck und Mithouard = NJW 1994, 121 = GRUR 1994, 296 m. Anm. Bornkamm; vgl. auch GemS-OGH, a.a.O.). Solche Vorschriften begründen keine Behinderung im Rechtssinne, weil ihnen das Element einer (formellen oder materiellen) Diskriminierung der Anbieter aus anderen Mitgliedsstaaten fehlt (vgl. EuGH, Urteil vom 30.04.2009 – C 531/07 – LIBRO = GRUR 2009, 792).
20In den von der Berufung angeführten Entscheidungen zur Buchpreisbindung (EuGH, Urteil vom 10.01.1985 – C 229/83 – Leclerc = NJW 1985, 1615; Urteil vom 30.04.2009 – C 531/07 – LIBRO = GRUR 2009, 792) lag eine Diskriminierung darin, dass die nationale Regelung den Absatz importierter Bücher gegenüber dem Absatz der einheimischen Buchausgaben erschwerte, indem sie dem Importeur gezielt die Möglichkeit nahm, seine durch einen günstigeren Einstandspreis im Ausfuhrmitgliedstaat erzielte Beschaffungsvorteile über den Endverkaufspreis weiterzugeben.
21(b) Im Streitfall dagegen liegt keine damit vergleichbare, sondern in gewisser Hinsicht sogar eine gegensätzliche Konstellation vor, insofern sich die Beklagte durch „Auswanderung aus dem deutschen Arzneimittelpreisrecht“ einen Sondervorteil gegenüber inländischen Apotheken zu verschaffen versucht. Sie behauptet nämlich nicht etwa, auf Grund niedrigerer Beschaffungskosten für Arzneimittel in den Niederlanden über einen unionsrechtlich geschützten Wettbewerbsvorteil zu verfügen, den sie an deutsche Endverbraucher müsse weitergeben dürfen; vielmehr ist davon auszugehen, dass die Abgabepreise der Pharmaunternehmen und damit die Einkaufspreise der in Rede stehenden, deutschen Patienten von ihren Ärzten verordneten Medikamente in beiden Ländern gleich sind (vgl. die entsprechenden, von der Berufung nicht in Frage gestellten Feststellungen des Gemeinsamen Senats betreffend die Apotheke Venlo, a.a.O. [Rn. 43]). Das Bonusmodell der Beklagten beruht demgemäß nicht auf niedrigeren Gestehungskosten, sondern nach ihren eigenen Angaben darauf, dass sie in den Niederlanden nur Höchstabgabepreise zu beachten hat, die an die Einkaufspreise gekoppelten Mindestabgabepreise ihrer inländischen Mitbewerber deshalb zur Förderung ihres eigenen Absatzes meint unterbieten zu können. Hiermit reklamiert sie für ihr Marktverhalten in Deutschland zu Unrecht großzügigere Bedingungen der Verkaufsförderung als sie das deutsche Arzeimittelpreisrecht den Apotheken gewährt.
22(4) Unabhängig davon, dass es danach an einer diskriminierenden Ungleichbehandlung der Versandhandelsanbieter aus anderen Mitgliedsstaaten – wie der Beklagten – durch ihre Bindung an die für die Abgabe an Endverbraucher geltenden Mindestpreise des deutschen Arzneimittelpreisrechts fehlt, scheidet ein Verstoß gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit auch deshalb aus, weil die Anwendung der deutschen Bestimmungen – gemäß der im angefochtenen Urteil aufgegriffenen (Hilfs-) Begründung des Gemeinsamen Senats (a.a.O. [Rn. 44 ff.]) – nach Art. 36 AEUV zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt wäre.
23Das nationale Arzneimittelpreisrecht betrifft die Gesundheitspolitik und Organisation des Gesundheitswesens der Mitgliedsstaaten. Der Senat teilt die überzeugend begründete Auffassung des Gemeinsamen Senats, dass der deutsche Gesetzgeber den ihm insoweit eingeräumten Wertungsspielraum nicht überschritten hat, indem er bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln im Interesse der sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung einen einheitlichen Apothekenabgabepreis vorgesehen hat.
24Das gegenteilige Vorbringen der Berufung erschöpft sich trotz seines Umfangs letztlich darin, die Stichhaltigkeit der vom deutschen Gesetzgeber angeführten Gründe – nämlich der Verhinderung eines ruinösen Preiswettbewerbs unter Apotheken, der Sicherung einer flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung und der Minderung der Gefahr eines Fehl- oder Mehrgebrauchs von Medikamenten – pauschal zu bestreiten, ohne hinreichend nachvollziehbar aufzuzeigen, welches andere konkrete System bei geringeren Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit ebenso geeignet wäre, die vorbeschriebenen Ziele zu erreichen. Entgegen der Auffassung der Berufung ist es angesichts der vom deutschen Gesetzgeber vorgenommenen Wertung keineswegs Aufgabe der Klägerin, die drohende Beeinträchtigung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung bei Aufgabe des Systems substantiiert darzulegen; vielmehr hätte es nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen der Beklagten oblegen, die Voraussetzungen ihrer anspruchsvernichtenden Einwendung schlüssig vorzutragen und über den Hinweis auf mögliche oder bereits umgesetzte unterstützende Maßnahmen hinaus belegbar darzutun, dass und gegebenenfalls wie die vom deutschen Gesetzgeber mit dem derzeitigen System verfolgten legitimen Gemeinwohlziele auf andere, den Preiswettbewerb auf der Handelsstufe der Apotheken weniger einschränkende konkrete Weise ebenso effektiv erreicht werden könnten. Daran fehlt es.
25(5) Vor diesem tatsächlichen Hintergrund besteht auch kein Anlass für ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV. Die vom Landgericht gefundene Entscheidung des Streitfalles beruht vielmehr auf einer Auslegung des Unionsrechts, die in ihre Grundlage in der gesicherten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hat (vgl. hierzu den Beschluss des Gemeinsamen Senats, a.a.O. [Rn. 47], m.w.N.).
26dd) Ebenso wenig ist anzunehmen, dass die bis zum 25.10.2012 geltenden deutschen Vorschriften über den einheitlichen Apothekenabgabepreis (§ 78 Abs. 2 S. 2 AMG, § 3 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 AMPreisV) in ihrer Auslegung durch den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes gegen Art. 12 Abs. 1 S. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland verstießen, weil die von der Beklagten bzw. ihren Geschäftsführern für den Betrieb einer Versandapotheke in einem europäischen Nachbarland in Anspruch genommene Berufsausübungsfreiheit dadurch unverhältnismäßig eingeschränkt worden sein könnte. Da sich die Berufung zur Begründung der materiellen Verfassungswidrigkeit der Regelung nur auf den angeblichen Verstoß gegen die unionsrechtlich fundierte Warenverkehrsfreiheit bezieht, genügt in diesem Zusammenhang der Hinweis auf die vorstehenden Erwägungen, wonach ein solcher Verstoß nicht feststellbar ist.
27c) Die Einfügung des neuen § 78 Abs. 1 S. 4 AMG, wonach die Arzneimittelpreisverordnung auch für Arzneimittel gilt, die gemäß § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a AMG von einer Versandapotheke in einem anderen Land des Europäischen Wirtschaftsraum aus nach Deutschland verbracht werden, hat an dieser, im Beschluss des Gemeinsamen Senats vom 22.08.2012 näher dargestellten Rechtslage ersichtlich nichts geändert.
28Soweit die Berufung aus einem vermeintlichen Verstoß des deutschen Gesetzgebers gegen die unionsvertragliche Pflicht zur Notifizierung geplanter wettbewerbsverzerrender Vorschriften des nationalen Rechts gemäß Art. 116, 117 Abs. 1 AEUV die auch von der Beklagten geltend zu machende Unwirksamkeit der Gesetzesänderung meint herleiten zu können, geht dies schon deshalb fehl, weil mit der Einfügung des neuen § 78 Abs. 1 S. 4 AMG keine Rechtsänderung bewirkt, sondern lediglich die bereits bestehende, durch Auslegung feststellbare Rechtslage klargestellt worden ist.
29Da diese Rechtslage – wie ausgeführt – mit Art. 34 AEUV wie mit Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG im Einklang steht, hat es das Landgericht zu Recht auch insoweit abgelehnt, die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 78 Abs. 1 S. 4 AMG gemäß Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht oder die Frage der unionsrechtlichen Unbedenklichkeit der Vorschrift gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Entscheidung vorzulegen.
30d) Mit ihrer Bonus-Werbung hat die Beklagte gegen die von ihr nach alledem zu beachtende Regelung des Apothekenabgabepreises verstoßen.
31aa) Ein Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung liegt nicht nur vor, wenn ein Apotheker ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt, sondern auch, wenn für das preisgebundene Arzneimittel zwar der korrekte Preis angesetzt wird, dem Kunden aber gekoppelt mit dem Erwerb des Arzneimittels Vorteile gewährt werden, die den Erwerb für ihn wirtschaftlich günstiger erscheinen lassen; insbesondere eine über einen bestimmten Geldbetrag lautende Gutschrift kann einen entsprechenden Vorteil darstellen (vgl. BGH, GRUR 2010, 1136 = WRP 2010, 1482 [Rn. 17 f.] – UNSER DANKESCHÖN FÜR SIE; GRUR 2013, 1264 = WRP 2013, 1587 [Rn. 13] – RezeptBonus). Die mit der Klage angegriffenen Varianten des Bonusmodells der Beklagten stellen solche geldwerten Vorteile dar.
32bb) Die von der Beklagten ausgelobten und gewährten Boni sind auch geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, wobei die Bagatellgrenze des § 3 Abs. 1 UWG der einer geringwertigen Kleinigkeit gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2. Alt. HWG entspricht (vgl. BGH, GRUR 2013, 1264 = WRP 2013, 1587 [Rn. 18 ff.] – RezeptBonus; GRUR 2013, 1262 = WRP 2013, 1590 [Rn. 7 ff.] – Rezept-Prämie). Ohne dass es insofern auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage ankommt, ob unter den Umständen des Streitfalls auch eine Anwendung von § 7 HWG auf das Bonusmodell der Beklagten in Betracht käme, überschreiten die von ihr in Aussicht gestellten Boni die vom Bundesgerichtshof in seinen beiden Entscheidungen vom 08.05.2013 (a.a.O.) mit einem Euro pro Medikament bestimmte Spürbarkeitsschwelle bereits deutlich. In Bezug auf Nr. 1.2 und 1.3 der Klage und des Unterlassungstenors, die sich gegen Auslobung eines Rezeptbonus „von 2,50 € für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel“ wenden, liegt das auf der Hand (vgl. BGH, GRUR 2013, 1264 = WRP 2013, 1587 – RezeptBonus, wo der Betrag sich auf 1,50 € belief); in Bezug auf den mit dem Unterlassungsgebot zu Nr. 1.1 angesprochenen, unstreitig ebenfalls durchweg über 1,00 € liegenden Bonus in Höhe der Hälfte der gesetzlichen Zuzahlung gilt im Ergebnis nichts anderes. Richtig ist, dass bei abstrakter Fassung des Unterlassungsantrags ein Rabatt bis zu 3,00 € pro Rezept möglicherweise unbedenklich und ein entsprechender Antrag wegen zu weiter Fassung insgesamt unbegründet sein könnte, weil die Wertgrenze von 1,00 € für jedes verschreibungspflichtige Medikament gilt (vgl. BGH, GRUR 2013, 1262 = WRP 2013, 1590 [Rn. 9] – Rezept-Prämie). Dem trägt der Tenor des landgerichtlichen Urteils jedoch Rechnung, indem der Beklagten nicht die Auslobung eines Bonus pro Rezept (der beim Kauf eines einzigen Medikaments über, beim Kauf von drei Medikamenten unter der Bagatellgrenze liegen mag), sondern eines oberhalb der Spürbarkeitsschwelle liegenden Bonus für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel untersagt worden ist.
33e) Die durch den Wettbewerbsverstoß der Beklagten begründete Wiederholungsgefahr (§ 8 Abs. 1 S. 1 UWG) ist – wie zutreffend schon das Landgericht angenommen hat – durch die Neufassung des § 78 Abs. 1 AMG selbst dann nicht entfallen, wenn entsprechend ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 22.04. 2013 unterstellt wird, dass sie ihr Bonusmodell in seiner bisherigen Form ab dem 26.10.2012 nicht mehr praktiziert hat.
34Allerdings entfällt die im Wettbewerbsrecht geltende Vermutung, ein Wettbewerber werde sein in der Vergangenheit gezeigtes Verhalten auch in der Zukunft fortsetzen oder wiederholen, in der Regel dann, wenn die Wettbewerbswidrigkeit des fraglichen Verhaltens in der Vergangenheit umstritten war, aufgrund einer Gesetzesänderung nunmehr aber eindeutig zu bejahen ist. Denn bei bisher zweifelhafter Rechtslage kann nicht angenommen werden, dass derjenige, der sein Verhalten (noch im Prozess) mit vertretbaren Gründen gegen den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verteidigt, auch dann auf einer Fortsetzung oder Wiederholung seines Handelns besteht, wenn der Gesetzgeber die offene Frage eindeutig im Sinne des zuvor streitigen Verbots entschieden hat (vgl. BGH, GRUR 2002, 717 [719] = WRP 2002, 679 – Vertretung der Anwalts-GmbH; Bornkamm, in: Köhler / Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 8 Rn. 1.43 m.w.N.).
35Im Streitfall liegt es jedoch anders. Zwar war angesichts der Divergenz zwischen Bundessozialgericht und Bundesgerichtshof in der hier maßgeblichen Frage der Anwendbarkeit deutschen Arzneimittelpreisrechts auf Versandapotheken in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union sicherlich eine zweifelhafte Rechtslage entstanden. Doch war zur Zeit der streitgegenständlichen Werbung die entscheidende Klärung bereits erfolgt, weil der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Beschluss vom 22.08.2012 – GmS-OGB 1/10 – die umstrittene Rechtsfrage im Sinne der Auffassung des Bundesgerichtshofs beantwortet und deutsches Arzneimittelpreisrecht auf Versandapotheken in den Niederlanden ausdrücklich für anwendbar erklärt hatte. Obwohl ihr die dieses Verfahrensergebnis deutlich zum Ausdruck bringende Pressemitteilung vom gleichen Tag (Anlage K 5) bekannt war, hat die Beklagte an ihrem Bonussystem bewusst weiter festgehalten (vgl. Anlage K 7), das in Rede stehende Wettbewerbsverhalten also nicht etwa aufgegeben, sondern in Kenntnis der klärenden Entscheidung des Gemeinsamen Senats fortgesetzt und auf diese Weise intensiviert. Angesichts dessen kann es ihr nicht zu Gute kommen, dass sich der Gesetzgeber bereits zu einer klarstellenden Ergänzung des § 78 AMG im Hinblick auf die „anstehende nicht kurzfristig zu erwartende Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes“ (vgl. BR-Drs. 91/12, S. 108 = Anlage K 6; BT-Drs. 17/9341, S. 66) entschlossen hatte, die abschließende Lesung im Deutschen Bundestag aber erst am 21.09.2012 – einige Wochen nach dem Beschluss des Gemeinsamen Senats und nahezu gleichzeitig mit der streitbefangenen Werbung – erfolgte.
362. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, dass von einer Verwirkung des Unterlassunganspruchs (vgl. Köhler, in: Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 11, Rn. 2.13 ff.) der Klägerin keine Rede sein kann.
37Denn auch wenn sich das mit der Klage angegriffene Rezeptbonus-Angebot der Beklagten nicht wesentlich von ihren bereits früher (möglicherweise schon seit Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit im Jahr 2000) praktizierten Bonusmodellen unterschieden haben mag, hatte seine werbliche Ankündigung und Durchführung im September 2012 auf Grund des zwischenzeitlich ergangenen, der Beklagten aus der Pressemitteilung bekannten Beschlusses des Gemeinsamen Senats doch eine neue Qualität. Zum einen gab das den Beschluss ignorierende Verhalten der Beklagten der Klägerin einen gewichtigen zusätzlichen Anlass zum gerichtlichen Vorgehen; zum anderen wäre ein von der Beklagten im Vertrauen auf bisher unterbliebene Maßnahmen der berufsständischen Vertretungen der deutschen Apotheker aufgebauter Besitzstand jedenfalls nach diesem Beschluss nicht mehr schutzwürdig gewesen. Ohnehin greift die Verwirkung als ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) grundsätzlich nur bei in der Vergangenheit liegenden Sachverhalten ein, während wiederholte gleichartige Verletzungshandlungen jeweils einen neuen Unterlassungsanspruch auslösen und die für die Beurteilung des Zeitmoments maßgebliche Frist immer neu beginnen lassen (vgl. zum Markenrecht BGH, GRUR 2012, 928 = WRP 2012, 1104 [Rn. 22 ff.] – Honda-Grauimport; zum Wettbewerbsrecht Köhler, a.a.O., § 11, Rn. 2.14).
383. Zusätzliche den Grund oder die Höhe des Anspruchs auf Erstattung von Abmahnkosten betreffende Einwände bringt die Berufung nicht vor; sie sind auch nicht ersichtlich.
39III.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
41Das Urteil betrifft – wie dargestellt – Fragen der tatrichterlichen Anwendung gefestigter Rechtsgrundsätze, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.
42IV.
43Der Streitwert für den Rechtsstreit erster Instanz wird nach § 63 Abs. 3 GKG abweichend von der Festsetzung im angefochtenen Urteil und unter Berücksichtigung des von der Klägerin im Parallelverfahren 84 O 3/13 LG Köln angegebenen und dort festgesetzten Werts auf angemessene 125.000 € festgesetzt. Für den Streitwert des Berufungsverfahrens bleibt es bei der Festsetzung auf 100.000 € mit Beschluss des Senats vom 26.08.2013.