Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. Feb. 2018 - 7 Sa 421/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0221.7Sa421.17.00
bei uns veröffentlicht am21.02.2018

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16. August 2017, Az. 7 Ca 273/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16. August 2017, Az. 7 Ca 273/17, wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 1/5, die Beklagte 4/5 zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Änderung der Arbeitsbedingungen durch die mit Schreiben vom 2. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung sowie durch die mit Schreiben vom 27. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung sowie die Weiterbeschäftigung des Klägers für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens als stellvertretender Leiter der Feuerwehr in D-Stadt.

2

Der 1964 geborene, verheiratete Kläger hat drei Kinder, von denen er zwei gegenüber unterhaltsverpflichtet ist. Er ist seit dem 6. September 1982 bei den US-Streitkräften beschäftigt. Zuletzt im Juni 2013 war er als stellvertretender Leiter der Feuerwehr in D-Stadt tätig. Der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst des Klägers beträgt circa 6.300,00 Euro. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften (TV AL II) Anwendung. Der Kläger, der das 40. Lebensjahr vollendet hat, ist nach einer anrechenbaren Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren grundsätzlich – mit Ausnahme nur der in § 8 Ziff.2 des Tarifvertrags über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) genannten Fälle - ordentlich unkündbar, §§ 8 Ziff. 1 , 1 Ziff. 1 SchutzTV.

3

In der Beschäftigungsdienststelle des Klägers werden regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.

4

Mit Schreiben vom 20. Juni 2013 kündigten die US-Streitkräfte den Kläger außerordentlich. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz stellte durch Urteil vom 6. Oktober 2014 (Az. 2 Sa 123/14; Vorinstanz: Arbeitsgericht Kaiserslautern Az. 1 Ca 847/13) fest, dass das Arbeitsverhältnis durch diese Kündigung nicht beendet wurde, da die Betriebsvertretung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. In diesem Verfahren ließ die Beklagte im Zusammenhang mit der Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 19. August 2013 (vgl. Bl. 215 f. d. A.) unter anderem vortragen:

5

"c. Kenntnis des Kündigungsberechtigten

6

Von diesen Fakten erhielt der allein kündigungsberechtigte damalige Dienststellenleiter, Herr Z. N. Y., am … erstmals … Kenntnis.

7

(…)

8

Der als (damaliger) Dienststellenleiter allein kündigungsberechtigte Herr Z. N. Y. erlangte erstmals am (…) Kenntnis.“

9

Nachdem das gegen den Kläger eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren nach § 153a StPO eingestellt worden war, sprachen die US-Streitkräfte unter dem 11. Mai 2015 gegenüber dem Kläger eine weitere außerordentliche Kündigung aus, weil der Kläger im vorangegangenen Kündigungsschutzprozess in 1. und 2. Instanz die Gerichte habe glauben lassen, dass er rechtmäßig gehandelt habe. Hierin sei ein versuchter Prozessbetrug zu Lasten der US-Streitkräfte zu sehen. Auf die Kündigungsschutzklage des Klägers stellte das Arbeitsgericht Kaiserslautern im Rechtsstreit mit dem Az. 1 Ca 640/15 durch Urteil vom 23. September 2015 nach Abtrennung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs fest, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei den US-Streitkräften aus formalen Gründen nicht durch die mit Schreiben vom 11. Mai 2015 ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden sei. Ihre gegen dieses Urteil gerichtete Berufung (LAG Rheinland-Pfalz, Az. 2 Sa 536/15) nahm die Beklagte zurück.

10

Im Rechtsstreit Arbeitsgericht Kaiserslautern, Az. 1 Ca 66/16, wies das Arbeitsgericht die auf die Weiterbeschäftigung des Klägers als stellvertretender Leiter der Feuerwehr in D-Stadt, Erteilung eines "Installation-Passes" bzw. hilfsweise eines vorläufigen "Installation-Passes" sowie auf Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes, mindestens jedoch von 25.200,00 € nebst Zinsen ab. Wegen des Inhalts dieses Urteils wird auf Bl. 150 ff. d. A. Bezug genommen. Auf die Berufung des Klägers wurde dieses Urteil des Arbeitsgerichts durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Februar 2017 (Az. 2 Sa 298/16) unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, den Kläger als stellvertretenden Leiter der Feuerwehr in D-Stadt zu beschäftigen und ihm einen "Installation-Pass" zu erteilen.

11

Mit Schreiben vom 24. Februar 2017 (Bl. 145 ff. d. A.) hörten die US-Streitkräfte die Betriebsvertretung X. Rheinland-Pfalz an bzw. beteiligten diese gemäß § 79 mod. BPersVG zur geplanten außerordentlichen fristlosen Kündigung (Beendigungskündigung) des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Die Betriebsvertretung der W.-RP hat in ihrer Sitzung vom 1. März 2017 beschlossen, den Anträgen nicht zuzustimmen. Wegen des Memorandums wird auf dessen Kopie (Bl. 157 f. d. A.) Bezug genommen.

12

Mit von ihr unterzeichnetem Schreiben vom 2. März 2017 (Kopie Bl. 13 f. d. A.) erklärte Frau V. R. U. gegenüber dem Kläger unter anderem:

13

"Betreff: Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses mit außerordentlicher Kündigung in Verbindung mit hilfsweiser außerordentlicher Änderungskündigung.

14

Sehr geehrter Herr A.,

15

hiermit teilen wir Ihnen mit, dass Ihr Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 3. März 2017 aufgrund außerordentlicher fristloser Kündigung endet.

16

Hilfsweise für den Fall, dass die außerordentliche fristlose Kündigung nicht wirksam sein sollte, bieten wir Ihnen im Rahmen der außerordentlichen Änderungskündigung die Weiterbeschäftigung auf der Stelle des Referenten für Brand- und Katastrophenschutz in T. in S.-Stadt, 000000 (gleiche Vergütung wie bisher) zum nächst möglichen Termin an.

17

Die außerordentliche fristlose Kündigung bzw. die hilfsweise außerordentliche Änderungskündigung wird aus folgenden Gründen notwendig:

18

(…)

19

Dieses strafrechtlich relevante Verhalten zerstört nachhaltig jegliches Vertrauen in eine künftige, gedeihliche Zusammenarbeit. Das Abwarten einer Kündigungsfrist - ungeachtet einer ggf. noch auszusprechenden außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist aus prozessualen Gründen - ist uns als Arbeitgeber unzumutbar.

20

Hilfsweise bieten wir Ihnen eine im Rahmen der außerordentlichen Änderungskündigung die Weiterbeschäftigung auf der Position des Referenten für Brand- und Katastrophenschutz in T. in S.-Stadt, 00000 (gleiche Vergütung wie bisher) zum nächst möglichen Termin an.

21

Die Betriebsvertretung wurde vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung sowie der außerordentlichen Änderungskündigung ordnungsgemäß beteiligt.

22

(…)

23

Mit freundlichen Grüßen

24

(Unterschrift)

V. R. U.

25

Personalleiterin

26

R. D-Stadt"

27

Dem Schreiben LAG keine Vollmachtsurkunde im Original bei.

28

Mit den US-Streitkräften am 7. März 2017 zugegangenem Anwaltsschreiben vom 6. März 2017 (Kopie Bl. 15 f. d. A.) ließ der Kläger gegenüber diesen unter anderem erklären:

29

"Meinem Mandanten ist nicht bekannt, dass Frau V. R. U. kündigungsberechtigt ist. Eine Vertretungsmacht liegt somit nicht vor. Namens und in Vollmacht unseres Mandanten weisen wir daher die Kündigung aus diesem Grund zurück. Selbst wenn eine Vertretungsmacht vorgelegen hätte, liegt diesem Kündigungsschreiben keine Vollmachtsurkunde im Original bei.

30

Auch deshalb weisen wir hiermit diese Kündigung namens und in Vollmacht unseres Mandanten gemäß § 174 BGB zurück."

31

Mit Anwaltsschreiben vom 13. März 2017 (Kopie Bl. 17 f. d. A.) ließ der Kläger gegenüber den US-Streitkräften unter anderem weiter erklären:

32

"In Ihrem Schreiben vom 2.3.2017 haben Sie neben der Kündigung auch hilfsweise ein Angebot zur Weiterbeschäftigung unterbreitet. Nach Auffassung des Klägers haben Sie mit Schreiben vom 2.3.2017 keine Änderungskündigung ausgesprochen. Ungeachtet dessen ist das Weiterbeschäftigungsangebot auch nicht hinreichend bestimmt.

33

Rein vorsorglich nehme ich hiermit für meinen Mandanten das Weiterbeschäftigungsangebot, das Sie meinem Mandanten mit Schreiben vom 2.3.2017 unterbreitet haben, unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht rechtsunwirksam ist."

34

Mit seiner am 17. März 2017 bei Gericht eingegangenen Klage wandte sich der Kläger unter anderem gegen die mit Schreiben vom 2. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Kündigung sowie gegen die Änderung der Arbeitsbedingungen durch eine gegebenenfalls mit diesem Schreiben ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung.

35

Mit Schreiben vom 22. März 2017 (Kopie Bl. 165 ff. d. A.) teilten die US-Streitkräfte der Betriebsvertretung die vorsorgliche Entscheidung der Dienststellenleitung gemäß § 72 Abs. 3 mod. BPersVG bzgl. deren Einwendungen vom 2. März 2017 bezüglich der Anhörung/Beteiligung nach § 79 mod. BPersVG zur geplanten (vorsorglichen) außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit und hörten die Betriebsvertretung vorsorglich erneut nach § 79 mod. BPersVG zur geplanten (vorsorglichen) außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an. Der Vorsitzende der Betriebsvertretung W. Rheinland-Pfalz teilt mit Schreiben vom 27. März 2017 mit, dass die Betriebsvertretung keine Stellung beziehen werde.

36

Mit von ihr unterzeichnetem Schreiben vom 27. März 2017 (Kopie Bl. 37 f. d. A.) erklärte Frau U. gegenüber dem Kläger unter anderem:

37

"Vorsorgliche außerordentliche Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses

38

Sehr geehrter Herr A.,

39

hilfsweise zur am 02.03.2017 ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigung sehen wir uns gezwungen, das ggf. bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos mit Zugang dieses Kündigungsschreibens, vorsorglich zum nächstmöglichen Termin, höchstfürsorglich mit einer Auslauffrist entsprechend der tariflichen Kündigungsfrist, weiterhin vorsorglich zum nächst möglichen Kündigungstermin aus wichtigen Gründen zu kündigen. Spätestens mit Zugang dieser Kündigung ist Ihr Arbeitsverhältnis mit den US Streitkräften beendet.

40

Weiterhin vorsorglich, für den etwaigen Fall einer Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung(en), kündigen wir Ihr Arbeitsverhältnis außerordentlich zum nächstmöglichen Termin ggf. mit einer Auslauffrist entsprechend der tariflichen Kündigungsfrist und bieten Ihnen die Weiterbeschäftigung auf der Position des Referenten für Brand- und Katastrophenschutz in T. in S.-Stadt, 00000 (gleiche Vergütung wie bisher) wiederum zum nächst möglichen Termin an.

41

Der Kündigung liegen folgende wichtige Gründe zugrunde:

42

(…)

43

Die Rechte Betriebsvertretung wurden gewahrt. Sie wurde bezüglich der o.g. vorsorglichen außerordentlichen Kündigung(en) sowie der außerordentlichen Änderungskündigung und den jeweiligen Hilfsanträgen mit und ohne Auslauffrist - auch im Hinblick auf beide Begründungsalternativen - ordnungsgemäß beteiligt.

44

(…)

45

Mit freundlichen Grüßen

46

(Unterschrift)

V. R. U.

47

Personalleiterin

48

R. D-Stadt

49

Auch diesem Schreiben war keine Vollmacht beigefügt.

50

Mit den US-Streitkräften am 31. März 2017 zugegangenem Anwaltsschreiben vom gleichen Tag (Kopie Bl. 39 f. d. A.) ließ der Kläger gegenüber diesen unter anderem erklären:

51

"Meinem Mandanten ist immer noch nicht bekannt, dass Frau V. R. U. kündigungsberechtigt ist. Eine Vertretungsmacht liegt somit nicht vor. Namens und in Vollmacht unseres Mandanten weisen wir daher die Kündigung aus diesem Grund zurück. Selbst wenn eine Vertretungsmacht vorgelegen hätte, liegt diesem Kündigungsschreiben keine Vollmachtsurkunde im Original bei.

52

Auch deshalb weisen wir hiermit diese Kündigung namens und in Vollmacht unseres Mandanten gemäß § 174 BGB zurück."

53

Mit Anwaltsschreiben vom 4. April 2017 (Kopie Bl. 41 f. d. A.) ließ der Kläger gegenüber den US-Streitkräften unter anderem weiter erklären:

54

"Mein Mandant bleibt bei seiner Rechtsauffassung, dass die ausgesprochene Kündigung vom 27.03.2017 rechtsunwirksam ist, insb. nach § 174 BGB und § 626 BGB.

55

In Ihrem Schreiben vom 27.03.2017 haben Sie neben der Kündigung auch hilfsweise ein Angebot zur Weiterbeschäftigung unterbreitet.

56

Nach Auffassung meines Mandanten haben Sie mit Schreiben vom 27.03.2017 keine Änderungskündigung ausgesprochen. Ungeachtet dessen ist das Weiterbeschäftigungsangebot auch nicht hinreichend bestimmt. Rein vorsorglich nehme ich hiermit für meinen Mandanten das Weiterbeschäftigungsangebot, das Sie meinem Mandanten mit Schreiben vom 27.03.2017 unterbreitet haben, unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht rechtsunwirksam ist."

57

Gegen diese außerordentliche Kündigung wandte sich der Kläger mit seinem am 5. April 2017 eingegangenen Klageerweiterungsschriftsatz vom 6. April 2017, begehrte unter anderem die Feststellung dass die US-Streitkräfte durch dieses Schreiben keine außerordentliche Änderungskündigung ausgesprochen haben sowie hilfsweise, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch diese unwirksam sei.

58

Der Kläger arbeitet mittlerweile zu veränderten Arbeitsbedingungen in der Dienststelle T. in S.-Stadt.

59

Der Kläger hat vorgetragen,

60

ihm sei nicht bekannt (und es sei ihm gegenüber auch nicht bekannt gemacht worden), dass Frau U. berechtigt sei, Kündigungen für die US-Streitkräfte auszusprechen. Eine Vertretungsmacht liege daher nach seinem Kenntnisstand nicht vor.

61

Der Kläger hat bestritten, dass die örtliche Personalvertretung vor Ausspruch der Kündigungen und gegebenenfalls Änderungskündigungen vom 2. März 2017 und vom 27. März 2017 ordnungsgemäß angehört worden sei.

62

Kündigungsgründe im Sinn von § 626 BGB lägen jeweils nicht vor. Die hilfsweise angebotene Weiterbeschäftigungsmöglichkeit belege, dass die außerordentlichen Beendigungskündigungen unwirksam seien, da es offensichtlich doch zumutbar sei, ihn weiter zu beschäftigen.

63

Im Schreiben vom 2. März 2017 werde nicht deutlich, ab wann man ihm eine Weiterbeschäftigung anbiete und welche Tätigkeit damit konkret gemeint sei. Zwar falle das Wort "im Rahmen einer Änderungskündigung", eine solche sei aber nicht mit Schreiben vom 2. März 2017 ausgesprochen worden. Eine außerordentliche Änderungskündigung könne nicht hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung angeboten werden.

64

Auch mit Schreiben vom 27. März 2017 sei keine Änderungskündigung ausgesprochen worden, da es an der dafür erforderlichen Bestimmtheit der Erklärung fehle. Es sei nicht seine Aufgabe, darüber Rätsel zu raten, zu welchem Datum habe gekündigt werden sollen. Insbesondere die Abkürzung "ggf." zeige, dass die US-Streitkräfte sich nicht konkret festgelegt hätten, da "ggf." ein Synonym für "vielleicht" sei. Nach der von den US-Streitkräften gewählten Formulierung könne der Kläger das Weiterbeschäftigungsangebot nur annehmen für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam sein sollte. Sollte dies aber so sein, gebe es keinen Grund eine Änderung des Arbeitsvertrages zu akzeptieren.

65

Die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen seien jeweils in jeder Hinsicht unzumutbar. Es wäre ohne weiteres möglich, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen bzw. zu Bedingungen, die sehr viel näher an den bisherigen Bedingungen des Vertrages lägen, weiter zu beschäftigen.

66

Hinsichtlich der Kündigungen sei die Arbeitgeberin gemäß § 626 Abs. 2 BGB präkludiert.

67

Die zeitliche Nähe der Kündigungen zur Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs mit Urteil des Landesarbeitsgerichts vom 16. Februar 2017 indiziere, dass die Kündigungen eine so genannte Trotzkündigung zur Vermeidung der Vollstreckung des Beschäftigungstitels seien und damit ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbots vorliege.

68

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

69

1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis bei den US-Streitkräften nicht durch die mit Schreiben vom 2. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist;

70

2. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die außerordentliche Änderungskündigung der US-Streitkräfte mit Schreiben vom 2. März 2017 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist;

71

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei den US-Streitkräften nicht durch die mit Schreiben vom 27. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist;

72

4. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die außerordentliche Änderungskündigung der US-Streitkräfte mit Schreiben vom 27. März 2017 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist;

73

5. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als stellvertretenden Leiter der Feuerwehr in D-Stadt weiter zu beschäftigen.

74

Die Beklagte hat beantragt,

75

die Klage abzuweisen.

76

Sie hat insbesondere vorgetragen,

77

Frau U. sei die oberste Leiterin des HR-Bereichs (Personalbüros) der US-Army R. Rheinland-Pfalz in D-Stadt. Als solche sei sie berechtigt, Kündigungen auszusprechen.

78

Die Kündigungen seien sowohl in einem versuchten Prozessbetrug des Klägers als auch als Druckkündigung begründet.

79

Sie war der Ansicht, die Änderungskündigungen seien in zeitlicher Hinsicht eindeutig. Unter „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ sei der Folgetag zu verstehen. Die Hilfsweise Kündigung greife, wenn aus der zuvor wirksam werdenden (unbedingten) Kündigung keine Rechte mehr hergeleitet würden oder sie durch das Gericht für unwirksam erklärt werde. Der Kläger handele, wenn er die Bestimmtheit des Änderungsangebots bestreite, treuwidrig, da er das Angebot, wenn auch hilfsweise und unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung, angenommen habe.

80

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers bei den US-Streitkräften weder durch die mit Schreiben vom 2. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Kündigung noch durch die mit Schreiben vom 27. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Kündigung aufgelöst worden ist. Es hat weiter festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die mit Schreiben vom 2. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung und durch die mit Schreiben vom 27. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung unwirksam ist. Im Übrigen (Weiterbeschäftigung als stellvertretender Leiter der Feuerwehr in D-Stadt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens) hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst – ausgeführt, sowohl die mit Schreiben vom 2. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Kündigung als auch die mit Schreiben vom 27. März 2017 hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung seien nach § 174 S. 1 BGB unwirksam. Beiden Kündigungen sei keine Vollmachtsurkunde im Original beigefügt gewesen. Der Kläger habe die Kündigungen auch unverzüglich im Sinn des § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen. Das Zurückweisungsrecht des Klägers sei auch nicht nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen. Zwar habe Frau U. den Kläger sowohl mit Schreiben vom 2. März 2017 als auch mit Schreiben vom 27. März 2017 über ihre Position als Personalleiterin in Kenntnis gesetzt und mit dieser Position sei üblicherweise auch ein Kündigungsrecht verbunden. Über ein solches mit der Position der Personalleiterin verbundenes Kündigungsrecht habe der Kläger im vorliegenden Fall ausnahmsweise dennoch keine Gewissheit haben können. Denn die Beklagte habe in dem erstinstanzlich unter dem Az. 1 Ca 847/13 mit dem Kläger geführten Verfahren mit Schriftsatz vom 19. August 2013 (noch) vorgetragen, dass allein der Dienststellenleiter zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt sei. Vor diesem Hintergrund habe der Kläger ausnahmsweise nicht von einem Kündigungsrecht der Personalleiterin Frau U. ausgehen können/müssen. Hierzu hätte es vielmehr einer entsprechenden Klarstellung durch die US-Streitkräfte bzw. die Beklagte bedurft, die – soweit ersichtlich – nicht erfolgt sei. Das Arbeitsverhältnis habe sich weiter weder durch die mit Schreiben vom 2. März 2017 hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung noch durch die mit Schreiben vom 27. März 2017 hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung geändert. Mit beiden Schreiben habe Frau U. gegenüber dem Kläger eine außerordentliche Änderungskündigung ausgesprochen. Dies ergebe die gebotene Auslegung der Erklärungen. Auch diese Änderungskündigungen seien nach § 174 S. 1 BGB unwirksam. Der Kläger habe aber keinen Anspruch gegenüber der Beklagten bzw. den US-Streitkräften ihn als stellvertretenden Leiter der Feuerwehr in D-Stadt vorläufig weiter zu beschäftigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vom 28. Mai 2009 – 2 AZR 844/07 – Rn. 26), der die Kammer folge, sei der Arbeitgeber bei einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung grundsätzlich nicht aufgrund des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs verpflichtet, den Arbeitnehmer vorläufig zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen. Gemessen an diesen Grundsätzen stehe dem Kläger der für den Fall, dass es sich bei den Erklärungen in den Schreiben vom 2. März 2017 und/oder 27. März 2017 entgegen seiner Einschätzung um außerordentliche Änderungskündigungen handele, geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch als stellvertretender Leiter der Feuerwehr in D-Stadt nicht zu. Einer Ausnahme von den dargestellten Grundsätzen bedürfe es im vorliegenden Fall nicht. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 299 ff. d. A.) Bezug genommen.

81

Das genannte Urteil ist der Beklagten am 31. August 2017 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 29. September 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese mit am 2. November 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.

82

Dem Kläger ist das Urteil ebenfalls am 31. August 2017 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 28. September 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 2. November 2017 bis einschließlich 30. November 2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 30.November 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom  gleichen Tag begründet.

83

Zur Begründung der Berufung macht die Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 354 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,

84

die Aussage der Beklagten im Klageerwiderungsschriftsatz vom 19. August 2013 im Verfahren Arbeitsgericht Kaiserslautern 1 Ca 847/13: „Von diesen Fakten erhielt der allein kündigungsberechtigte Dienststellenleiter, Herr Z. N. Y., am Donnerstag, den 06. Juni 2013, erstmals durch einen entsprechenden Ermittlungsbericht der amerikanischen Kriminalpolizei (CID) Kenntnis“, habe sich evident allein auf die Kündigungsberechtigung innerhalb der Dienststelle der Arbeitgeberin bezogen. Es sei jedoch keine Aussage zur Kündigungsberechtigung außerhalb der Dienststelle getroffen worden. Dies folge zum einen daraus, dass zuvor in dem genannten Schriftsatz auf die Aussagen der Mitarbeiter innerhalb der Dienststelle eingegangen werde. Zum anderen seien die US-Streitkräfte hierarchisch organisiert, so dass die Vorgesetzten auch die Kompetenz hätten, Entscheidungen an sich zu ziehen und sie selbst zu treffen. Dies gelte nur dann nicht, wenn ausdrücklich Bestimmungen etwas anderes regelten (zum Beispiel gegenüber Mitarbeitern, die Rechte als Mitglied der Betriebsvertretung geltend machten). Der - seinerzeit durch Rechtsanwalt Q. P. vertretene - Kläger sei mit den Strukturen und Entscheidungskompetenzen der US-Streitkräfte aufgrund seiner langen Betriebszugehörigkeit bestens vertraut. Es werde bestritten, dass der Kläger tatsächlich davon ausgegangen sei, dass nur noch der Dienststellenleiter, aber nicht mehr seine Vorgesetzten kündigungsberechtigt seien, gleiches gelte für die Kündigungsberechtigung von Personen, die allgemein als kündigungsberechtigt angesehen würden, zum Beispiel dem Personalleiter. Im weiteren Verfahren Arbeitsgericht Kaiserslautern mit dem Az. 1 Ca 640/15 habe der Kläger nie in Abrede gestellt, dass der Kommandeur kündigungsberechtigt sei, was nahegelegen hätte, wenn er gedacht hätte, dass nur der Dienststellenleiter kündigungsberechtigt sei. Nach der Auffassung des Arbeitsgerichts wäre jeglicher Vorgesetzter des Dienststellenleiters nicht mehr kündigungsberechtigt. Konkret bedeutete dies, dass außer den Verfassungsorganen der Vereinigten Staaten von Amerika keine kündigungsberechtigten Personen vorhanden sein sollten. Ein solches Ergebnis erweise sich als offensichtlich unsinnig. Mit ihrem Vorbringen vom 19. August 2013 habe kein solches unsinniges Vorbringen erfolgen sollen und der Kläger habe dies auch nicht so verstanden. Es sei vom objektiven Empfängerhorizont aus um das Wissen um die Eigentumsdelikte gegangen, das in der Dienststelle vorhanden gewesen sei. Insbesondere sei zu beachten, dass seinerzeit der Rechtsanwalt des Klägers und der zuständige damalige Direktor des Arbeitsgerichts langjährige Erfahrungen mit den US-Streitkräften und militärischen Strukturen gehabt hätten. Zumindest aufgrund des nachfolgenden Kündigungsrechtsstreits sei dem Kläger bekannt gewesen, dass nicht nur der Dienststellenleiter, sondern auch andere Personen – zum Beispiel dessen Vorgesetzte wie der Garnisionskommandeur – kündigungsberechtigt seien. Im Rahmen dieses Rechtsstreits habe die Beklagte ein Memorandum vom 29. April 2015 vorgelegt gehabt, aus dem sich ergebe, dass der Stellvertreter des Standortkommandeurs kündigungsberechtigt sei. Das Verhalten des Klägers sei daher bereits rechtsmissbräuchlich, soweit er nunmehr vortrage, nur der Dienststellenleiter sei zum Ausspruch einer Kündigung bevollmächtigt.

85

Die Beklagte beantragt,

86

auf ihre Berufung das Urteil des Arbeitsgerichtes Kaiserslautern vom 16. August 2017 – 7 Ca 273/17, teilweise abzuändern und die auf die Feststellung gerichtete Klage, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die mit Schreiben vom 2. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung und durch die mit Schreiben vom 27. März 2017 ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung unwirksam ist, abzuweisen.

87

Der Kläger beantragt,

88

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

89

2. auf seine Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16. August 2017, 7 Ca 273/17, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als stellvertretenden Leiter der Feuerwehr in D-Stadt weiter zu beschäftigen.

90

Die Beklagte beantragt,

91

den Berufungsantrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 30. November 2017 zurückzuweisen.

92

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 9. Januar 2018, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 433 ff. d. A.), sowie ergänzender Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag teilweise als rechtlich zutreffend. Da die Entscheidungen betreffend die Beendigungskündigungen mit Schreiben vom 2. März 2017 und 27. März 2017 in Rechtskraft erwachsen seien und damit kein Beendigungstatbestand vorliege, seien die Änderungskündigungen offensichtlich unwirksam. Auch stehe rechtskräftig fest, dass beide Kündigungsschreiben wirksam gemäß § 174 BGB zurückgewiesen worden seien. Dem Berufungsvorbringen der Beklagten stehe die materielle Rechtskraft der Entscheidung des Arbeitsgerichts entgegen. Andernfalls würde, den Beklagtenvortrag als wahr und richtig unterstellt, das widersprüchliche Ergebnis eintreten, dass das Arbeitsgericht rechtkräftig festgestellt habe, dass die beiden Kündigungsschreiben wirksam nach § 174 BGB zurückgewiesen worden seien und das LAG auf Wunsch der Beklagten trotz der entgegenstehenden Rechtskraft nun feststellen solle, dass beide Kündigungsschreiben nicht wirksam nach § 174 BGB zurückgewiesen seien. Hinzukomme, dass die Beklagte sich erstinstanzlich hinsichtlich § 174 BGB im Rahmen der Änderungskündigungen lediglich darauf beschränkt habe, auf die entsprechenden Ausführungen zu § 174 BGB im Rahmen der Beendigungskündigung Bezug zu nehmen. Über das in Bezug Genommene sei aber rechtskräftig entschieden worden.

93

Die im Berufungsverfahren noch im Streit stehenden außerordentlichen Änderungskündigungen seien auch aus weiteren Gründen unwirksam, unter anderem seien die Kündigungen nach § 180 S. 1 BGB unwirksam. Die Beklagte habe immer noch nicht nachgewiesen, dass Frau U. kündigungsberechtigt sei. Aber selbst wenn Frau U. kündigungsberechtigt sei, und die Beklagte diesen „internen Vorgang“ der Bevollmächtigung nachweisen könne, sei er darüber nicht in Kenntnis gesetzt im Sinn des § 174 S. 1 BGB. Ihm sei nicht bekannt und ihm sei vor Ausspruch der Kündigung auch nicht bekannt gemacht worden, dass eine Personalleiterin entgegen den Ausführungen der Beklagten im Jahr 2013 überhaupt kündigungsberechtigt sei, dass Frau U. Personalleiterin und für ihn zuständig und dass diese kündigungsberechtigt sei. Die Beklagte habe nicht einmal vorgetragen, wie sie diesem „äußeren Vorgang“ nachgekommen sei. Dabei liege die Besonderheit des vorliegenden Falls darin, dass er seit der ersten außerordentlichen Kündigung vom 20. Juni 2013 überhaupt keinen Zugang mehr zu seiner Dienststelle gehabt habe und damit von jeglichen Informationen ausgeschlossen gewesen sei. Er sei auch nicht aufgefordert worden, sich irgendwelche Informationen zu beschaffen. Ziffer 12 der nunmehr im Internet aufgefundenen Army in Europe Regulation 690-64-G regele, dass Kündigungsschreiben in der Regel vom Kommandeur bzw. Dienststellenleiter oder von dem Vertreter der Dienststelle, dem die Vollmacht zur Kündigung wirksam übertragen worden sei, zu unterzeichnen sei. Frau U. sei weder Kommandeurin noch Dienststellenleiterin. Arbeitnehmer der Streitkräfte müssten auch aufgrund dieser Besonderheit nicht davon ausgehen, dass Personalleiter generell kündigungsberechtigt seien. Die Arbeitnehmer könnten auf der Basis dieser Regelung davon ausgehen, dass nur Kommandeure und Dienststellenleiter kündigen dürften. Wenn der Vertreter der Dienststelle nur dann kündigen dürfe, wenn ihm die Vollmacht zur Kündigung wirksam übertragen worden sei, müsse dies für die Personalleiterin erst Recht gelten.

94

Hinsichtlich beider Änderungskündigungen sei die Betriebsvertretung fehlerhaft beteiligt, die Zwei-Wochen-Frist jeweils nicht gewahrt. In beiden Fällen liege kein wirksamer Beendigungstatbestand im Sinn von § 626 Abs. 1 BGB vor. Die Änderungskündigungen seien nicht hinreichend bestimmt, im Übrigen jedenfalls unverhältnismäßig, da diese zu einer Vergütungsreduzierung in Höhe von ca. 1.000,00 € monatlich führten (insbesondere wegen fehlender Zulagen).

95

Der Kläger macht zur Begründung der Berufung nach Maßgabe seines Schriftsatzes vom 30. November 2017, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 396 ff. d. A.), zusammengefasst geltend, ein Arbeitnehmer, der eine Änderungskündigung unter Vorbehalt annehme, habe nach Obsiegen im Änderungskündigungsschutzverfahren 1. Instanz ebenso wie ein Arbeitnehmer, der im Beendigungskündigungsschutzverfahren 1. Instanz obsiege, einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch für die Dauer des Rechtsstreits. Es gehe nicht darum, wann feststehe, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen unwirksam im Sinne der §§ 2, 8 KSchG seien, sondern wie mit dem Schwebezustand umzugehen sei, der im Änderungskündigungsschutzverfahren nach obsiegendem Urteil 1. Instanz gleichermaßen eintrete wie im Beendigungskündigungsschutzverfahren, sofern noch keine Rechtskraft zu dem Zeltpunkt eingetreten sei. Auch hier liege ein Schwebezustand vor, der nach den gleichen Regeln des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch zu lösen sei. Dabei stütze er seine Rechtsauffassung insbesondere auf die Entscheidung des ArbG Hamburg vom 17. September 2009, Az. 17 Ca 179/09 (Rn. 53 ff., zitiert nach juris). Jedenfalls hätte das Arbeitsgericht aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles zu dem Ergebnis kommen müssen, dass er einen Weiterbeschäftigungsanspruch habe. Die Änderungskündigungen seien offensichtlich unwirksam, da sie für den Fall der Unwirksamkeit der Beendigungskündigungen ausgesprochen worden seien. Auch sei einem Weiterbeschäftigungsanspruch bei einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung stattzugeben, wenn die Änderungskündigung, das heißt insbesondere das Änderungsangebot - wie im vorliegenden Fall - nicht hinreichend bestimmt sei. Ferner komme im vorliegenden Fall die Besonderheit hinzu, dass das Arbeitsgericht - nunmehr rechtskräftig - entschieden habe, dass die Beendigungskündigungen vom 2. März 2017 und 27. März 2017 das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hätten, die Kündigungen wegen wirksamer Zurückweisung nach § 174 BGB unwirksam seien.

96

Die Beklagte erwidert auf die Berufung des Klägers nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 8. Januar 2018, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 426 ff. d. A.), die vom Kläger zur Begründung herangezogene Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg vom 17. September 2009 sei - soweit ersichtlich - singulär geblieben. Für die Auslegung der h. M. sprächen die Entstehungsgeschichte des § 8 KSchG ebenso wie Sinn und Zweck der gesetzgeberischen Konzeption, ein Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehmen zu können. Überdies sei die Interessenlage zwischen Beendigungs- und Änderungskündigung unterschiedlich. Es lägen auch keine besonderen Umstände des Einzelfalls vor. Dass der Kläger das Änderungsangebot hilfsweise angenommen und er derzeit auch zu den veränderten Bedingungen arbeite, zeige, dass das Änderungsangebot gerade nicht zu unbestimmt gewesen sei. Die Änderungskündigung sei auch nicht offensichtlich unwirksam, da eine rechtskräftige Entscheidung über die Beendigungskündigungen vorliege. Eine Rechtskraftbindung liege insoweit nicht vor. Zwar habe das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung zur Beendigungskündigung auf § 174 BGB zur Begründung gestützt. Die Entscheidungsgründe erwüchsen jedoch nicht in Rechtskraft.

97

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2018 (Bl. 524 ff. d. A.) Bezug genommen.

98

Das Landesarbeitsgericht hat die Akten Arbeitsgericht Kaiserslautern, Az. 1 Ca 847/13 (LAG Rheinland-Pfalz, Az. 2 Sa 123/14) sowie Arbeitsgericht Kaiserslautern, Az. 1 Ca 640/15 (LAG Rheinland-Pfalz, Az. 2 Sa 536/15) beigezogen.

Entscheidungsgründe

A.

I.

99

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

100

Auch die Berufung des Klägers ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegt worden und erweist sich auch sonst als zulässig.

B.

I.

101

In der Sache hatte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Die beiden mit Schreiben vom 2. März 2017 und 27. März 2017 ausgesprochenen außerordentlichen Änderungskündigungen sind jedenfalls gemäß § 180 S. 1 BGB sowie gemäß § 174 BGB und wegen der Unbestimmtheit des Änderungsangebots unwirksam. Auf die Fragen des Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB, § 45 Abs. 1, 2 TV AL II, der Wahrung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB, § 45 Abs. 3 TV AL II, der ordnungsgemäßen Beteiligung der Betriebsvertretung (Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS in Verbindung mit § 79 Abs. 3, 4 BPersVG) und darauf, ob das Änderungsangebot unverhältnismäßig ist, kommt es daher nicht an.

1.

102

Die Arbeitsbedingungen sind durch die außerordentliche Änderungskündigung durch Schreiben vom 2. März 2017 nicht geändert worden.

a)

103

 Dies ergibt sich nicht bereits unter dem Gesichtspunkt entgegenstehender Rechtskraft daraus, dass die Beklagte keine Berufung gegen die in den mit Schreiben vom 2. März 2017 enthaltene Beendigungskündigung, die das Arbeitsgericht wegen der Zurückweisung nach § 174 BGB für unwirksam erklärt hat, eingelegt hat. Zwar steht damit fest, dass die Beendigungskündigung vom 2. März 2017 das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und den US-Streitkräften nicht beendet hat. Nicht rechtskräftig feststeht aber, dass auch die in demselben Schreiben erklärte außerordentliche Änderungskündigung gemäß § 174 BGB unwirksam ist. Nach § 322 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil insoweit der Rechtskraft fähig, als darin über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.
Das bedeutet, dass eine erneute Klage mit identischem Streitgegenstand unzulässig ist. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Bestimmung des § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft eines Urteils bewusst enge Grenzen gesetzt hat dergestalt, dass diese sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Urteils, das heißt die Rechtsfolge beschränkt, die den Entscheidungssatz bildet, sich nicht aber auf einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen erstreckt, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut. Dementsprechend beschränkt sich die Bindungswirkung auf den Streitgegenstand des früheren Rechtsstreits (BGH, Urteil vom 26. Juni 2003, Az. I ZR 269/00 – NJW 2003, 3058, 3059 m. w. N.), wobei der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff durch den gestellten Antrag (Klageantrag) und den im zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt wird (BAG, Urteil vom 21.November 2017 – 1 AZR 131/17 – BeckRS 2017, 131692).

104

Das arbeitsgerichtliche Urteil ist danach nur insoweit in Rechtskraft erwachsen, als es die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 2. März 2017 festgestellt hat. Die Rechtskraft erstreckt sich nicht auf die Vorfrage, ob das Schriftstück als solches wirksam gemäß § 174 BGB zurückgewiesen worden ist.

b)

105

Wie das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt hat, enthält das Schreiben vom 2. März 2017 neben der außerordentlichen Beendigungskündigung auch eine hilfsweise außerordentliche Änderungskündigung. Das ergibt sich aus einer Auslegung dieses Schriftstücks.

106

Voraussetzung für eine Kündigung ist nicht, dass der Begriff der Kündigung selbst gebraucht wird. Entscheidend ist, dass der Kündigende eindeutig seinen Willen kundgibt, das Arbeitsverhältnis einseitig lösen zu wollen. Bei der Auslegung ist nicht nur auf den Wortlaut abzustellen, sondern es sind alle Begleitumstände zu würdigen, die für die Frage, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe seiner Erklärung gehabt hat, von Bedeutung sein können und dem Erklärungsempfänger bekannt waren. Dem steht die nach § 623 BGB erforderliche Schriftform der Kündigung nicht entgegen. Auch bei formbedürftigen Erklärungen sind Umstände außerhalb der Urkunde mit zu berücksichtigen, soweit sie unstreitig bzw. bewiesen sind und der daraus abgeleitete Wille in der Urkunde einen, wenn auch unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (BAG, Urteil vom 20. September 2006 – 6 AZR 82/06 – NZA 2007, 377, 378 Rz. 28).

107

Dass die US-Streitkräfte mit dem Schreiben vom 2. März 2017 neben einer außerordentlichen Beendigungskündigung auch eine hilfsweise außerordentliche Änderungskündigung aussprechen wollten, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieses Schreibens. Schon als Betreff des Schreibens ist formuliert: „Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses mit außerordentlicher Kündigung in Verbindung mit hilfsweiser außerordentlicher Änderungskündigung“. Im zweiten Absatz dieses Schreibens heißt es ausdrücklich: „Hilfsweise für den Fall, dass die außerordentliche fristlose Kündigung nicht wirksam sein sollte, bieten wir Ihnen im Rahmen der außerordentlichen Änderungskündigung die Weiterbeschäftigung auf der Stelle (…) an.“ Im folgenden Absatz heißt es sodann: „Die außerordentliche fristlose Kündigung bzw. die hilfsweise außerordentliche Änderungskündigung wird aus folgenden Gründen notwendig“. Im 3. Absatz der 2. Seite des Kündigungsschreibens heißt es: „Hilfsweise bieten wir Ihnen eine im Rahmen der außerordentlichen Änderungskündigung die Weiterbeschäftigung auf der Position (…) zum nächst möglichen Termin an“. Im folgenden Absatz wird weiter ausgeführt: „Die Betriebsvertretung wurde vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung sowie der außerordentlichen Änderungskündigung ordnungsgemäß beteiligt“.

c)

108

Die ausgesprochene Änderungskündigung vom 2. März 2017 ist gemäß § 180 S. 1 BGB unwirksam. Die Beklagte hat nicht ausreichend dargelegt und nicht unter Beweis gestellt, dass die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens mit Vertretungsmacht handelte.

109

Bei der Kündigung als einseitigem Rechtsgeschäft ist eine Vertretung ohne Vertretungsmacht grundsätzlich unzulässig, § 180 S. 1 BGB. Die Beanstandung der Vertretungsmacht führt ebenso wie die Zurückweisung zur Unwirksamkeit des einseitigen Rechtsgeschäfts, wenn eine wirksame Vertretungsmacht nicht besteht; eine nachträgliche Heilung ist dann ausgeschlossen (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – V ZB 5/12 – NJW 2013, 297, 298 Rz. 11).

110

Der Kläger hat die Vertretungsmacht der Frau V. U. bestritten. Er hat ausdrücklich mit anwaltlichem Schreiben vom 6. März 2017, den US-Streitkräften zugegangen am 7. März 2017 erklärt, ihm sei nicht bekannt, dass Frau U. als Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens kündigungsberechtigt sei, eine Vertretungsmacht liege nicht vor. Daher weise er die Kündigung aus diesem Grund zurück. Damit hat er erkennen lassen, dass er gerade wegen der bezweifelten Vollmacht das Rechtsgeschäft nicht gelten lassen will. Dies ergibt sich ebenfalls daraus, dass der Kläger weiter beanstandet hat, dass "diesem Kündigungsschreiben keine Vollmachtsurkunde im Original" beilag. "Auch deshalb" hat der Kläger die Kündigung zurückgewiesen. Die von Frau U. zumindest konkludent behauptete Vertretungsmacht hat der Kläger hierdurch nach § 180 S. 2 BGB unverzüglich im Sinn des § 121 BGB beanstandet. Eine Erklärung kann gleichzeitig eine Beanstandung nach § 180 S. 2 BGB und eine Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB enthalten, sofern aus ihr – wie hier – eindeutig hervorgeht, dass das Bestehen der Vertretungsmacht bemängelt und zugleich das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen wird (BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 – V ZB 5/12 – NJW 2013, 297, 298 Rz. 9; Lingemann/Steinhauser, NJW 2018, 840, 842).

111

Im Hinblick auf diese Beanstandung oblag es der Beklagten darzulegen, dass kein Fall der Vertretung ohne Vertretungsmacht vorlag, sondern die die Kündigung unterzeichnende V. R. U. im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung Vertretungsmacht für die Erklärung der Kündigung hatte, und dies gegebenenfalls zu beweisen. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen. Sie hat lediglich vorgetragen, dass Frau U. „als oberste Leiterin der HR-Abteilung (Personalabteilung)“ berechtigt gewesen sei, Kündigungen auszusprechen. Ihre Funktion sei im Kündigungsschreiben angegeben gewesen. Beweis für die Erteilung der Vollmacht hat die Beklagte nicht angetreten.

112

Nichts anderes gälte, wenn der Kläger die von ihm bestrittene Vertretungsmacht nicht bereits "bei Vornahme des Rechtsgeschäfts" beanstandet hätte. In diesem Fall fänden im Fall der Nichtberechtigung der Frau U. die Vorschriften über Verträge Anwendung (§ 180 S. 2 BGB). Die Kündigung wäre schwebend unwirksam gewesen und der vertretene Arbeitgeber hätte die Kündigung gemäß § 177 Abs. 1 BGB gegenüber dem Vertreter oder dem Erklärungsempfänger genehmigen können. Zwar würde eine - etwa konkludent in der Verteidigung gegen die Kündigungsschutzklage zu sehende - Genehmigung grundsätzlich gemäß § 184 Abs. 1 BGB auf die Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirken, bei einer außerordentlichen Kündigung allerdings nur dann, wenn sie innerhalb der zweiwöchigen Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB erteilt wird (BAG, Urteil vom 26. März 1986 - 7 AZR 585/84 - NJW 1987, 1038, 1039). Durch eine - konkludente - Erklärung im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits konnte eine von einem Nichtberechtigten ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung daher nicht mehr genehmigt werden.

d)

113

Die ausgesprochene Änderungskündigung vom 2. März 2017 ist außerdem gemäß § 174 S. 1 BGB unwirksam.

114

Nach § 174 S. 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 S. 2 BGB ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB ist – unabhängig vom Bestehen der Vollmacht – die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus (BAG, Urteil vom 25. September 2014 – 2 AZR 567/13 – NZA 2015, 159 Rz. 12; vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683, 684 Rz. 20; BAG, Urteil vom 20. September 2006 – 6 AZR 82/06 – NZA 2007, 377, 379 Rz. 33).

115

§ 174 BGB soll der Unsicherheit entgegenwirken, ob ein einseitiges Rechtsgeschäft von einem Bevollmächtigten ausgeht und den Vertretenen bindet. Hat der Vertreter Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne den Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm vorgenommene eiseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen. Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss. Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (BAG, Urteil vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683, 684 f. Rz. 23 m. w. N.).

116

Der § 174 BGB gilt für das Handeln des Bevollmächtigten eines öffentlichen Arbeitgebers ebenso wie für das Handeln des Bevollmächtigten eines privaten Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 20. September 2006 – 6 AZR 82/06 – NZA 2007, 377).

117

Der hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung vom 2. März 2017 war keine Vollmachtsurkunde beigefügt. Sie wurde vom Kläger deshalb unverzüglich durch anwaltliches Schreiben vom 6. März 2017, das den US-Streitkräften am 7. März 2017 zugegangen ist, zurückgewiesen. Das Zurückweisungsrecht war im vorliegenden Fall auch nicht nach § 174 S. 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat den Kläger nicht ausreichend über das Kündigungsrecht der Frau U. in Kenntnis gesetzt.

118

Eine Zurückweisung nach § 174 S. 1 BGB ist immer dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den Empfänger ausdrücklich oder konkludent über die Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Nur der Vollmachtgeber selbst kann den Empfänger mit dieser Rechtsfolge in Kenntnis setzen, nicht der Bevollmächtigte. Der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (BAG. Urteil vom 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - NZA 2011, 683, 685 Rz. 30 m. w. N.). Nicht ausreichend ist daher, dass Frau U. mit dem Zusatz „Personalleiterin R. D-Stadt“ unterzeichnet hat.

119

Das In-Kenntnis-Setzen nach § 174 S. 2 BGB muss ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein (BAG, Urteil vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683, 684 f. Rz. 23 m. w. N.). Es kann auf unterschiedliche Weise erfolgen, muss jedoch stets ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage einer Vollmachtsurkunde sein.

120

Ein In-Kenntnis-Setzen in diesem Sinne liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter – zum Beispiel durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung – in eine Stelle berufen hat, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei reicht die interne Übertragung einer solchen Funktion nicht aus. Erforderlich ist, dass sie auch nach außen im Betrieb ersichtlich ist oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Der Erklärungsempfänger muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende die Stellung tatsächlich innehat (BAG, Urteil vom 25. September 2014 – 2 AZR 567/13 – NZA 2015, 159, 160 Rz. 20; vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683, 685 Rz. 25, jeweils m. w. N.). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein In-Kenntnis-Setzen im Sinn des § 174 S. 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind (BAG. Urteil vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683, 685 Rz. 25 m. w. N.). Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (BAG. Urteil vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683, 685 Rz. 26 m. w. N.). Ausreichend für ein In-Kenntnis-Setzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 S. 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht (BAG, Urteil vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683, 685 f. Rz. 30).

121

Für das erforderliche In-Kenntnis-Setzen von der Vertretungsbefugnis ist damit das Berufen der Frau U. in die Stellung als Personalleiterin allein nicht ausreichend (vgl. BAG, Urteil vom 14. April 2011 – 6 AZR 727/09 – NZA 2011, 683). Wie die US-Streitkräfte die Berufung der Frau U. als Personalleiterin bekannt gemacht haben, hat die Beklagte trotz Hinweis des Klägers auf seine diesbezüglich fehlenden Kenntnisse nicht dargelegt und Beweis hierzu angetreten.

122

Sie hat auch nicht etwa vorgetragen, den Kläger aufgefordert zu haben, sich etwa anhand des Internets oder ihm ausgehändigter Unterlagen über ihre Organisationsstruktur zu informieren (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 20. September 2006 – 6 AZR 82/06 – NZA 2007, 377, 381 Rz. 50). Das Einstellen von Vertretungsregelungen ins Intranet oder das Internet allein reicht nicht aus.

e)

123

Die von den US-Streitkräften ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung ist ebenfalls unwirksam, weil das Änderungsangebot, insbesondere der Zeitpunkt, ab dem dieses gelten soll, nicht hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar ist.

124

Eine Änderungskündigung ist gemäß § 2 Satz 1 KSchG ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Zur Kündigung kommt als zweites Element das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen hinzu. Das (schriftliche) Änderungsangebot muss – wie jedes Angebot im Sinn des § 145 BGB – eindeutig bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein. Es muss nach allgemeiner Rechtsgeschäftslehre so konkret gefasst sein, dass es einer Annahme durch den Arbeitnehmer ohne weiteres zugänglich ist. Dem gekündigten Arbeitnehmer muss klar sein, welche wesentlichen Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen. Nur so kann er eine fundierte Entscheidung über die Annahme oder die Ablehnung des Angebots treffen. Da der Arbeitnehmer von Gesetzes wegen innerhalb einer kurzen Frist auf das Änderungsangebot reagieren muss, ist schon im Interesse der Rechtssicherheit zu fordern, dass in dem Änderungsangebot zum Ausdruck kommt, zu welchen neuen Bedingungen das Arbeitsverhältnis nach dem Willen des Arbeitgebers fortbestehen soll. Fehlt es an der hinreichenden Bestimmtheit, führt dies zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung. Unklarheiten gehen zu Lasten des Arbeitgebers (BAG Urteil vom 10. September 2009 – 2 AZR 822/07, BeckRS 2010, 66636).

125

Bei der Würdigung, ob das Änderungsangebot diesen Anforderungen genügt, ist dessen Inhalt durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. Bei der Auslegung einer Kündigung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11 – NZA 2013, 1137, 1138 f. Rz. 14). Da sich das Schriftformerfordernis des § 623 BGB bei der Änderungskündigung nicht nur auf die Kündigungserklärung, sondern auch auf das Änderungsangebot erstreckt, ist nach der Ermittlung des einschlägigen rechtsgeschäftlichen Willens weiter zu prüfen, ob dieser in der Urkunde Ausdruck gefunden hat (BAG, Urteil vom 10. September 2009 - 2 AZR 822/07 – BeckRS 2010, 66636 Rz. 15). 

126

 Ebenso wie der Erklärungsempfänger aus dem Wortlaut und den Begleitumständen der Kündigung unter anderem erkennen können muss, wann das Arbeitsverhältnis enden soll, muss er bei dem Änderungsangebot erkennen können, ab welchem Zeitpunkt diese Änderung gelten soll. Bei Zugang der Kündigung muss für den Arbeitnehmer beispielsweise bestimmbar sein, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist und zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll. Dafür genügt im Fall einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden. Auch eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Eine Kündigung ist allerdings nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. BAG,Urteil vom 20. Juni 2013 – 6 AZR 805/11 – NZA 2013, 1137 , 1138 f. Rz. 14 f.).
Im vorliegenden Fall ist – auch unter Berücksichtigung der Begleitumstände der hilfsweisen Änderungskündigung – nicht erkennbar, ab welchem Zeitpunkt die angebotenen Änderungen gelten sollen. Ausweislich des Kündigungsschreibens wird die Weiterbeschäftigung „zum nächstmöglichen Termin“ angeboten. Offen ist jedoch, wann dieser nächstmögliche Termin sein soll.
Ausgesprochen ist eine außerordentliche Änderungskündigung, die grundsätzlich wirksam wird mit Zugang der Kündigung. So heißt es im Kündigungsschreiben auch hinsichtlich der außerordentlichen Beendigungskündigung: „hiermit teilen wir Ihnen mit, dass Ihr Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 3. März 2017 aufgrund außerordentlicher fristloser Kündigung endet“. Genannt ist mit dem 3. März 2017 der Tag nach dem Datum des Kündigungsschreibens. Hätte der Kläger aufgrund des Änderungsangebotes ab diesem Zeitpunkt zu geänderten Arbeitsbedingungen arbeiten sollen, hätte es des Zusatzes „zum nächstmöglichen Termin“ nicht bedurft, man hätte „mit sofortiger Wirkung“ oder parallel zur Eingangsformulierung „mit Wirkung zum 3. März 2017“ formulieren können. Denkbar ist auch, dass die Formulierung „zum nächstmöglichen Termin“ im Hinblick auf die im Kündigungszeitpunkt ungeklärte Frage der Wirksamkeit der vorrangigen Beendigungskündigung gewählt wurde. In diesem Fall kommen wiederum verschiedene Zeitpunkte in Betracht: der Zeitpunkt einer erst- oder zweitinstanzlichen Entscheidung oder derjenige der Rechtskraft der Entscheidung über die Wirksamkeit der Beendigungskündigung vom 3. März 2017. Weitere Unklarheit entsteht dadurch, dass im Kündigungsschreiben vom 2. März 2017 auf Bl. 2 von einer „ggf. noch auszusprechenden außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist aus prozessualen Gründen“ die Rede ist. Gemeint sein könnte daher auch ein Angebot zum Ablauf einer Auslauffrist analog § 44 Ib TV AL II, im vorliegenden Fall von 7 Monaten zum Monatsschluss bei einer Beschäftigungszeit von mehr als 20 Jahren.
Dem Kläger ist es auch nicht gemäß den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Unbestimmtheit des Änderungsangebotes zu berufen. Zwar hat der Kläger nach dem erstinstanzlichen Urteil und der auf die Frage der Wirksamkeit der außerordentlichen Änderungskündigungen beschränkten Berufung der Beklagten zwischenzeitlich eine Tätigkeit zu geänderten Bedingungen aufgenommen. Hieraus ergibt sich aber weder, dass das Änderungsangebot von vornherein ausreichend bestimmt war, noch dass der Kläger auf die Geltendmachung dieses Gesichtspunktes im Rechtsstreit verzichtet hätte.

2.

127

Auch durch die außerordentliche Änderungskündigung durch Schreiben vom 27. März 2017 ist keine Änderung der Arbeitsbedingungen eingetreten. Auch diese hilfsweise erklärte außerordentliche Änderungskündigung ist gemäß § 180 S. 1 BGB sowie nach § 174 S. 1 BGB unwirksam. Sie ist ebenfalls unbestimmt, da unklar ist, zu welchem Zeitpunkt die Änderungen angeboten worden sind.

128

Das Schreiben vom 27. März 2017 enthält neben der vorsorglichen außerordentlichen Beendigungskündigung "fristlos mit Zugang dieses Kündigungsschreibens, vorsorglich zum nächstmöglichen Termin, höchstvorsorglich mit einer Auslauffrist entsprechend der tariflichen Kündigungsfrist, weiterhin vorsorglich zum nächst möglichen Kündigungstermin" auch eine außerordentliche Änderungskündigung. Das folgt ergibt sich bereits nach dem Wortlaut des Schreibens zum einen daraus, dass in seinem Absatz 2 "vorsorglich, für den etwaigen Fall einer Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung(en)" eine außerordentliche Kündigung verbunden mit dem Angebot einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen ausgesprochen wird. Zum anderen wird in diesem Schreiben ausgeführt, dass die Betriebsvertretung nicht nur zu der/den o. g. vorsorglichen außerordentlichen Kündigung(en), sondern auch zu "der außerordentlichen Änderungskündigung" angehört wurde.

129

Diese mit Schreiben vom 27. März 2017 ausgesprochene vorsorgliche außerordentliche Änderungskündigung hat der Kläger durch mit den US-Streitkräften am 31. März 2017 zugegangenem Anwaltsschreiben wegen des Nichtvorliegens einer Vertretungsmacht der Frau V. R. U. zurückgewiesen. Da die Beklagte die Kündigungsberechtigung der Frau U. nicht ausreichend dargelegt und Beweis hierfür angetreten hat, ist die vorsorgliche außerordentliche Änderungskündigung vom 27. März 2017 gemäß § 180 S. 1 BGB unwirksam.

130

Darüber hinaus hat der Kläger diese vorsorgliche außerordentliche Änderungskündigung vom 27. März 2017 mit anwaltlichem Schreiben vom 31. März 2017 ebenfalls gemäß § 174 BGB zurückgewiesen, weil dieser keine Vollmachtsurkunde im Original beigelegen hat. Auch insoweit hat die Beklagte nicht dargelegt, wann sie den Kläger von der Kündigungsberechtigung der Frau U. im Sinn von § 174 S. 2 BGB in Kenntnis gesetzt hat.

131

Auch das in der vorsorglichen außerordentlichen Änderungskündigung vom 27. März 2017 enthaltene Änderungsangebot ist nicht ausreichend bestimmt. Die geänderten Arbeitsbedingungen wurden dem Kläger "wiederum zum nächst möglichen Termin" angeboten. Unklar ist, welcher Zeitpunkt der "nächst mögliche Termin" sein soll. Insoweit kommen neben dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, der Ablauf "einer Auslauffrist entsprechend der tariflichen Kündigungsfrist", der "nächst mögliche Kündigungstermin" sowie die Zeitpunkte der erst- oder zweitinstanzlichen Entscheidung oder der Rechtskraft der Entscheidung hinsichtlich der Kündigungen vom 2. März 2017 oder der Beendigungskündigung(en) vom 27. März 2017 in Betracht.

II.

132

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, hat der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers keinen Erfolg.

133

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 28. Mai 2009 - 2 AZR 844/07 – NZA 2009, 954, 956 Rz. 26 m. w. N., so auch LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Juli 2017 – 11 SaGa 605/17 – BeckRS 2017, 133186 Rz. 19), der sich die Kammer anschließt, ist der Arbeitgeber bei einer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung grundsätzlich nicht auf Grund des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs verpflichtet, den Arbeitnehmer vorläufig zu den bisherigen Bedingungen weiter zu beschäftigen. Dies gilt bis zur Rechtskraft einer der Änderungsschutzklage stattgebenden Entscheidung Der Gesetzgeber geht bei der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Arbeitsbedingungen gem. §§ 2, 8 KSchG von einer rechtskräftigen Entscheidung über die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen aus. Da bei der Vorbehaltsannahme kein Streit über den Fortbestand, sondern nur über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses besteht, stellt sich das Problem eines Weiterbeschäftigungsanspruchs – wie beim umstrittenen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses – nicht. Wird der Arbeitnehmer, wenn auch zu anderen Bedingungen, tatsächlich weiter beschäftigt, ist seinem Beschäftigungsinteresse zunächst gedient. Der Arbeitnehmer gibt durch die Vorbehaltsannahme selbst zu erkennen, dass ihm zunächst die Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen zumutbar erscheint (BAG, Urteil vom 28. Mai 2009 - 2 AZR 844/07 – NZA 2009, 954, 956 Rz. 26 m. w. N; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Juli 2017 – 11 SaGa 605/17 – BeckRS 2017, 133186 Rz. 19). Dies hat der Kläger durch die tatsächliche Aufnahme der Beschäftigung zu geänderten Bedingungen auch bestätigt.

134

Diese Gesichtspunkte gelten gleichfalls, wenn die Änderungskündigung wie im vorliegenden Fall aus anderen Gründen unwirksam ist. Entgegen der vom Kläger zitierten Ansicht des Arbeitsgerichts Hamburg (Urteil vom 17. September 2009 – 10 Ca 179/09 – zitiert nach juris, Rz. 53 ff.) sind die Interessenlage bei einer Beendigungskündigung und die Interessenlage bei einer vom Arbeitnehmer unter Vorbehalt angenommenen Änderungskündigung nicht vergleichbar. Es ist dann gerade nicht abzuwägen zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers, welches regelmäßig bis zum Erlass eines ersten die Unwirksamkeit der Kündigung feststellenden Urteils überwiegt, und dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Beschäftigung. Vielmehr wird der Arbeitnehmer während des Änderungsschutzverfahrens beschäftigt. Die Verpflichtung des Arbeitnehmers, während des laufenden Verfahrens zu den geänderten Bedingungen zu arbeiten, ist der zumutbare Preis für den Ausschluss des Risikos, den Arbeitsplatz zu verlieren. Erscheint dem Arbeitnehmer dieser Preis zu hoch, bleibt ihm die Möglichkeit, das Änderungsangebot abzulehnen und eine Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG zu erheben. In deren Verlauf kann er nach einem obsiegenden Urteil in erster oder zweiter Instanz seine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen verlangen (KR-Kreft, 11. Aufl. 2016, § 2 KSchG, Rz. 253 f. m. w. N.).

135

Ein Ausnahmefall, der eine abweichende Beurteilung erfordern würde, ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere wird die tatsächliche Beschäftigung zwischenzeitlich ungeachtet des Streits über die Bestimmtheit des Änderungsangebots realisiert.

C.

136

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.

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Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


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Tenor 1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage streiten die Parteien insbesondere um Fragen der Sozialauswahl. 2 Der im November

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Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. April 2011 - 6 Sa 9/11 - aufgehoben.

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Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage streiten die Parteien insbesondere um Fragen der Sozialauswahl.

2

Der im November 1965 geborene verheiratete Kläger ist seit Mai 1988 als Kfz-Schlosser in einer Autowerkstatt in A-Stadt beschäftigt, die seit Anfang der 90er Jahre von der Firma B. als markengebundene Werkstatt fortgeführt wurde. Die Beklagte, die auch schon viele Jahre in C-Stadt ein markengebundenes Autohaus betreibt, hat diesen Betrieb im Jahre 2007 erworben und hat die dort beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich des Klägers weiter beschäftigt. Bei der Beklagten sind mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.

3

Maßgebend war bis zum Ausspruch der Kündigung noch der ursprüngliche Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1988 (Kopie hier Blatt 9 f). In Ziffer 1 des Arbeitsvertrages heißt es wörtlich "Als Arbeitsort wird A-Stadt vereinbart“. Das Arbeitsentgelt des Klägers betrug zuletzt 1.745,00 EUR brutto monatlich.

4

Die Beklagte hat sich entschlossen, die Betriebsstätte in A-Stadt zum 30. November 2013 zu schließen und hat daher alle dort beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt bzw. ihnen – wie dem Kläger – eine Änderungskündigung ausgesprochen. Das Mietverhältnis über die Betriebsräume ist inzwischen gelöst. In den ehemaligen Betriebsräumen ist inzwischen ein Unternehmen der Landtechnik tätig.

5

Schon im Vorfeld der Schließung des Standortes A-Stadt waren die dort beschäftigten drei Kfz-Schlosser nach Angaben der Beklagten nicht mehr voll ausgelastet. Die Beklagte hatte daher ihre in A-Stadt beschäftigten Kfz-Schlosser – also auch den Kläger – gebeten, in eine befristete Beschäftigung bei einem befreundeten Autohaus in S. einzuwilligen. Dies sollte – so die Beklagte im Rechtsstreit – auch dazu dienen, dort einen guten Eindruck zu hinterlassen, da das befreundete Autohaus seinerzeit auf der Suche nach Kfz-Schlossern gewesen sei. Vor diesem Hintergrund war der Kläger von Oktober bis einschließlich Dezember 2013 bei dem Autohaus in S. tätig.

6

Obwohl die Beklagte meint, eine Sozialauswahl sei nicht durchzuführen, da alle Arbeitnehmer der Betriebsstätte gekündigt worden seien, hat sie vorsorglich anhand eines Punkteschemas die soziale Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer unter Einschluss der in C-Stadt tätigen Arbeitnehmer bewertet. Danach wird jedes vollendete Lebensjahr mit 1 Punkt bewertet und jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit mit 1,5 Punkten. Für Unterhaltspflichten gegenüber Kindern oder Ehegatten werden pro Unterhaltspflicht weitere 2 Punkte vergeben. In der mündlichen Verhandlung hat sich herausgestellt, dass für Ehegatten nur dann Punkte angesetzt wurden, wenn sie nicht selber berufstätig sind. Daher sind beim Kläger, allerdings auch bei seinen Sozialkonkurrenten, für die Ehefrauen keine Punkte vergeben worden.

7

Der Kläger hat nach dem Punkteschema unter Berücksichtigung seiner beiden Kinder insgesamt 89,5 Punkte erhalten; dabei hat er für sein Lebensalter 48 Punkte zugeschrieben bekommen, obwohl er erst kurz nach Ausspruch der Kündigung das 48. Lebensjahr vollendet hat. Der Kollege L. - geboren im Februar 1953, verheiratet, beschäftigt als Kfz-Mechaniker seit Oktober 1994 im Stammhaus in C-Stadt - hat danach 88 Punkte erhalten.

8

Trotz der nach Punkten größeren sozialen Schutzbedürftigkeit des Klägers hat sich die Beklagte entschlossen, ihn und nicht den Kollegen L. zu kündigen, wobei sie sich im Rechtsstreit darauf berufen hat, dass von einem sozialen Gleichstand auszugehen sei und sie bei der abschließenden Bewertung Herrn L. aufgrund seines deutlich höheren Lebensalters und der damit deutlich geringeren Erwerbschancen im Ergebnis als schutzbedürftiger angesehen habe. Außerdem wohne Herr L. betriebsnah und sei daher in der Lage, den Abschleppwagen außerhalb der regulären Arbeitszeiten bei Notwendigkeit schnell zum Einsatz zu bringen.

9

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2013 hat die Beklagte daher das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Mai 2014 gekündigt und ihm im gleichen Schreiben angeboten, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen ab dem 1. Juni 2014 als Kfz-Aufbereiter im Autohaus der Beklagten in C-Stadt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden bei einem monatlichen Entgelt in Höhe von 872,50 EUR brutto fortzusetzen. Dieses Angebot hat der Kläger nicht angenommen.

10

Die Kündigungsschutzklage, die der Kläger mit einem Weiterbeschäftigungsantrag verbunden hat, ist beim Arbeitsgericht Rostock am 13. November 2013 eingegangen. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

11

Mit der Berufung, die keinen formalen Bedenken unterliegt, verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel in vollem Umfang weiter. Der Kläger meint, die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Sozialauswahl nach § 1 Absatz 3 KSchG hätten vor dem Gesetz keinen Bestand.

12

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, der Kläger wäre wegen der arbeitsvertraglichen Festlegung des Arbeitsortes auf A-Stadt nicht mit den am Stammsitz in C-Stadt tätigen Arbeitnehmern vergleichbar. Schon durch seine freiwillige Beschäftigung bei dem befreundeten Unternehmen in S. sei es zu einer konkludenten Abänderung des Arbeitsvertrages in diesem Punkt gekommen. Jedenfalls habe die Beklagte dadurch Kenntnis davon erlangt, dass er auf den Fortbestand dieser Vertragsklausel zum Arbeitsort keinen Wert lege.

13

Da der Kläger mit den Beschäftigten am Standort in C-Stadt vergleichbar sei, fehle der Kündigung die soziale Rechtfertigung, denn der Kollege Langer sei sozial weniger schutzbedürftig als der Kläger und hätte daher statt des Klägers gekündigt werden müssen. Dies ergebe sich schon nach der Punktetabelle. Die Punktetabelle spiegele die soziale Schutzbedürftigkeit auch zutreffend wieder. Angesichts des demographischen Wandels sei es spekulativ zu sagen, ein gut ausgebildeter Arbeitnehmer im Alter von Herrn L. habe am Arbeitsmarkt deutlich weniger Chancen auf neue Arbeit als der Kläger, der auch schon fast 50 Jahre alt ist. Demgegenüber liege die soziale Schutzbedürftigkeit des Klägers wegen seiner Kinder geradezu auf der Hand. Im Übrigen sei auch er – der Kläger – in der Lage, den Abschleppwagen zu fahren und könne ähnlich schnell auf Anforderungen reagieren, wenn ihm erlaubt werde, den Abschleppwagen mit nach Hause zu nehmen.

14

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils

15

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 30.10.2013 nicht zum 31.05.2014 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht;

16

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.05.2014 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Die Beklagte verteidigt das ergangene Urteil. Zutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagten vorliegend keine Sozialauswahl habe durchführen müssen. Aber selbst dann, wenn man vorliegend alle fachlich vergleichbaren Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einbeziehe, bleibe die Kündigung sozial gerechtfertigt. Man müsse davon ausgehen, dass der Kläger und Herr L. nach dem Punkteschema annähernd gleich sozial schutzbedürftig seien. Bei gleicher oder annähernd gleicher sozialer Schutzbedürftigkeit bei Anwendung eines Punkteschemas sei der Arbeitgeber berechtigt und verpflichtet, eine umfassende Bewertung der sozialen Schutzbedürftigkeit jenseits des Punkteschemas unter Berücksichtigung aller nach dem Gesetz relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Daher sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte vorliegend mit Rücksicht auf das Lebensalter Herrn L. als schutzbedürftiger bewertet habe als den Kläger.

20

Im Übrigen habe die Beklagte berücksichtigt und auch berücksichtigen dürfen, dass Herr L. nahe am Arbeitsort wohnt und so kurzfristig für Abschleppaufträge zur Verfügung stehe. Selbst wenn man es dem Kläger erlauben würde, den Abschleppwagen mit zu sich nach Hause zu nehmen, was aber ohnehin schon verschiedenen Bedenken begegne, wäre der Standort des Wagens in A-Stadt am Wohnsitz des Klägers nicht so gut wie der Standort auf dem Betriebshof in C-Stadt.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zurecht hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Damit ist auch das übrige Begehren des Klägers nicht begründet.

23

Die streitige betriebsbedingte Kündigung vom 30. Oktober 2013 hat vor dem Gesetz Bestand. Insbesondere fehlt ihr nicht die nach § 1 KSchG notwendige soziale Rechtfertigung. Im Berufungsrechtszug steht zwischen den Parteien nicht mehr in Streit, dass der Arbeitsplatz des Klägers durch die Schließung des Autohauses in A-Stadt weggefallen ist und damit im Sinne von § 1 Absatz 2 KSchG ein Anlass bestanden hat, Personal zu reduzieren. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist aber auch unter Berücksichtigung der Anforderungen der Sozialauswahl nach § 1 Absatz 3 KSchG sozial gerechtfertigt.

I.

24

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es vorliegend keiner Sozialauswahl bedurfte, weil im Arbeitsvertrag des Klägers A-Stadt als Arbeitsort festgelegt sei und er daher nicht einseitig per Weisung auf einen Arbeitsplatz eines fachlich vergleichbaren weniger schutzbedürftigen Arbeitnehmers in C-Stadt hätte versetzt werden können (Seite 7 des Urteilsabdrucks).

25

Das Berufungsgericht lässt offen, ob sich die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf diese Überlegung stützen lässt. Immerhin hat der Kläger im Rahmen des Einsatzes bei dem befreundeten Autohaus in S. sich ohne weiteres freiwillig bereit erklärt, Arbeit für die Beklagte auch außerhalb von A-Stadt aufzunehmen. Das deutet darauf hin, dass er selbst die Arbeitsvertragsklausel zum Arbeitsort nicht mehr als gültig ansieht oder er jedenfalls auf der Einhaltung dieser Verabredung keinen besonderen Wert legt. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der Arbeitsvertrag der Parteien noch unter Geltung des Arbeitsgesetzbuchs der DDR vom 16. Juni 1977 (GBl. I S. 371 – AGB DDR) abgeschlossen wurde und nach § 40 AGB DDR die Regelung des Arbeitsortes zum notwendigen Inhalt des Arbeitsvertrages gehörte. Die Regelung dürfte also weniger einem Regelungsbedürfnis der Vertragsparteien geschuldet gewesen sein, als vielmehr dem Willen, dem Gesetz zu genügen. Sollte die Regelung tatsächlich nur dem Willen geschuldet gewesen sein, dem Gesetz zu genügen, spricht viel dafür, dass die Regelung mit dem Außerkrafttreten des AGB DDR im Rahmen des Einigungsvertrages im Oktober 1990 ohnehin entfallen ist.

II.

26

Die Frage kann auf sich beruhen. Selbst wenn man hier zu Gunsten des Klägers annimmt, im Arbeitsverhältnis der Parteien gäbe es keine Festlegung auf den Arbeitsort A-Stadt, wäre die vorliegende Kündigung sozial gerechtfertigt, da Fehler im Rahmen der Sozialauswahl nicht erkennbar sind. Das hat das Arbeitsgericht in einer zusätzlichen Überlegung, der sich das Berufungsgericht ausdrücklich anschließt, zutreffend festgestellt.

27

Nach § 1 Absatz 3 KSchG fehlt einer Kündigung auch dann die soziale Rechtfertigung, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (Sozialauswahl).

28

Nach dem Gesetzeswortlaut sind die sozialen Gesichtspunkte "ausreichend“ zu berücksichtigen. Dem Arbeitgeber kommt damit bei der Gewichtung der Sozialkriterien ein Wertungsspielraum zu. Die Auswahlentscheidung muss sozial vertretbar sein, muss aber nicht unbedingt der Entscheidung entsprechen, die das Gericht getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich soziale Erwägungen hätte anstellen sollen. Der dem Arbeitgeber vom Gesetz eingeräumte Wertungsspielraum führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl rügen können (BAG 22. März 2012 – 2 AZR 167/11 – NZA 2012, 1040 = AP Nr. 99 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 276/06 – BAGE 123, 1 = AP Nr. 94 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl = DB 2008, 1106; BAG 18. Januar 2007 – 2 AZR 796/05 – AP Nr. 89 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl = DB 2007, 2097). Gerade bei einer ähnlich hohen sozialen Schutzbedürftigkeit verschiedener vergleichbarer Arbeitnehmer kann es daher mehrere unterschiedliche Entscheidungen im Rahmen der Sozialauswahl geben, die alle den gesetzlichen Anforderungen genügen.

29

Gemessen an diesem Maßstab fehlt der Auswahlentscheidung zu Lasten des Klägers vorliegend die soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 Absatz 3 KSchG nicht, denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger gegenüber seinem Kollegen L. deutlich schutzbedürftiger ist.

30

Zum einen ergibt sich dies nicht aus der Rangfolge unter Zugrundelegung des Punkteschemas, nach dem beide Arbeitnehmer auf nahezu 90 Punkte kommen. Der Unterschied zwischen beiden beträgt nur 1,5 Punkte. Das ist kein Unterschied, der den Kläger deutlich schutzbedürftiger macht.

31

Die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht schon allein aus dem Umstand, dass die Beklagte eine Auswahlentscheidung getroffen hat, die von der nach dem Punktesystem sich ergebenden Rangfolge abweicht. Insoweit trifft es zwar zu, dass das Bundesarbeitsgericht zu der jetzt gültigen Gesetzesfassung von § 1 Absatz 3 KSchG mehrfach entschieden hat, dass eine abschließende umfassende Einzelfallbetrachtung nicht mehr notwendig sei, der Arbeitgeber also berechtigt ist, seine Auswahl allein nach der Rangfolge aufgrund des Punktestands vorzunehmen (BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 854/11 – BAGE 146, 234 = AP Nr. 12 zu § 125 InsO = DB 2014, 66; BAG 9. November 2006 – 2 AZR 812/05 – BAGE 120, 137 = AP Nr. 87 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl = DB 2007, 1087). Daraus kann aber nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, es sei nach der heutigen Gesetzeslage gar nicht mehr erlaubt, im Grenzbereich bei vergleichbar hoher sozialer Schutzbedürftigkeit im Einzelfall eine Entscheidung zu treffen, die vom reinen Punktewert abweicht.

32

Eine deutlich höhere Schutzbedürftigkeit des Klägers ergibt sich auch nicht bei Betrachtung der Faktoren, die hier die Schutzbedürftigkeit der beiden Arbeitnehmer begründen. Die soziale Schutzbedürftigkeit des Klägers resultiert insbesondere aus seinen beiden unterhaltsbedürftigen Kindern und seiner langen Betriebszugehörigkeit. Die Schutzbedürftigkeit von Herrn L. ergibt sich aus seinem hohen Lebensalter. Keiner dieser drei Gesichtspunkte hat einen eindeutigen Vorrang vor den anderen. Die Rechtsprechung verlangt vielmehr nur, dass diese drei Gesichtspunkte wie alle gesetzlich genannten Gesichtspunkte überhaupt berücksichtigt werden. Dabei hat der Arbeitgeber einen Spielraum, wie er die Gesichtspunkte im Verhältnis zueinander gewichtet. Unter diesem Blickwinkel ist die starke Betonung des hohen Lebensalters und damit der schlechten Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt durch die Beklagte zumindest noch vertretbar. Jedenfalls sieht sich das Gericht außer Stande, den Kläger angesichts seiner sozialen Situation als deutlich schutzbedürftiger anzusehen.

III.

33

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf weitere Beschäftigung (Klageantrag zu 2). Aus demselben Grund kann auch offen bleiben, welche nähere Bedeutung der letzte Halbsatz im klägerischen Kündigungsschutzantrag ("sondern darüber hinaus fortbesteht“) hat.

IV.

34

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 97 ZPO).

35

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Stellt das Gericht im Falle des § 2 fest, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist, so gilt die Änderungskündigung als von Anfang an rechtsunwirksam.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Stellt das Gericht im Falle des § 2 fest, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist, so gilt die Änderungskündigung als von Anfang an rechtsunwirksam.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Berufung wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage streiten die Parteien insbesondere um Fragen der Sozialauswahl.

2

Der im November 1965 geborene verheiratete Kläger ist seit Mai 1988 als Kfz-Schlosser in einer Autowerkstatt in A-Stadt beschäftigt, die seit Anfang der 90er Jahre von der Firma B. als markengebundene Werkstatt fortgeführt wurde. Die Beklagte, die auch schon viele Jahre in C-Stadt ein markengebundenes Autohaus betreibt, hat diesen Betrieb im Jahre 2007 erworben und hat die dort beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich des Klägers weiter beschäftigt. Bei der Beklagten sind mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.

3

Maßgebend war bis zum Ausspruch der Kündigung noch der ursprüngliche Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1988 (Kopie hier Blatt 9 f). In Ziffer 1 des Arbeitsvertrages heißt es wörtlich "Als Arbeitsort wird A-Stadt vereinbart“. Das Arbeitsentgelt des Klägers betrug zuletzt 1.745,00 EUR brutto monatlich.

4

Die Beklagte hat sich entschlossen, die Betriebsstätte in A-Stadt zum 30. November 2013 zu schließen und hat daher alle dort beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt bzw. ihnen – wie dem Kläger – eine Änderungskündigung ausgesprochen. Das Mietverhältnis über die Betriebsräume ist inzwischen gelöst. In den ehemaligen Betriebsräumen ist inzwischen ein Unternehmen der Landtechnik tätig.

5

Schon im Vorfeld der Schließung des Standortes A-Stadt waren die dort beschäftigten drei Kfz-Schlosser nach Angaben der Beklagten nicht mehr voll ausgelastet. Die Beklagte hatte daher ihre in A-Stadt beschäftigten Kfz-Schlosser – also auch den Kläger – gebeten, in eine befristete Beschäftigung bei einem befreundeten Autohaus in S. einzuwilligen. Dies sollte – so die Beklagte im Rechtsstreit – auch dazu dienen, dort einen guten Eindruck zu hinterlassen, da das befreundete Autohaus seinerzeit auf der Suche nach Kfz-Schlossern gewesen sei. Vor diesem Hintergrund war der Kläger von Oktober bis einschließlich Dezember 2013 bei dem Autohaus in S. tätig.

6

Obwohl die Beklagte meint, eine Sozialauswahl sei nicht durchzuführen, da alle Arbeitnehmer der Betriebsstätte gekündigt worden seien, hat sie vorsorglich anhand eines Punkteschemas die soziale Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer unter Einschluss der in C-Stadt tätigen Arbeitnehmer bewertet. Danach wird jedes vollendete Lebensjahr mit 1 Punkt bewertet und jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit mit 1,5 Punkten. Für Unterhaltspflichten gegenüber Kindern oder Ehegatten werden pro Unterhaltspflicht weitere 2 Punkte vergeben. In der mündlichen Verhandlung hat sich herausgestellt, dass für Ehegatten nur dann Punkte angesetzt wurden, wenn sie nicht selber berufstätig sind. Daher sind beim Kläger, allerdings auch bei seinen Sozialkonkurrenten, für die Ehefrauen keine Punkte vergeben worden.

7

Der Kläger hat nach dem Punkteschema unter Berücksichtigung seiner beiden Kinder insgesamt 89,5 Punkte erhalten; dabei hat er für sein Lebensalter 48 Punkte zugeschrieben bekommen, obwohl er erst kurz nach Ausspruch der Kündigung das 48. Lebensjahr vollendet hat. Der Kollege L. - geboren im Februar 1953, verheiratet, beschäftigt als Kfz-Mechaniker seit Oktober 1994 im Stammhaus in C-Stadt - hat danach 88 Punkte erhalten.

8

Trotz der nach Punkten größeren sozialen Schutzbedürftigkeit des Klägers hat sich die Beklagte entschlossen, ihn und nicht den Kollegen L. zu kündigen, wobei sie sich im Rechtsstreit darauf berufen hat, dass von einem sozialen Gleichstand auszugehen sei und sie bei der abschließenden Bewertung Herrn L. aufgrund seines deutlich höheren Lebensalters und der damit deutlich geringeren Erwerbschancen im Ergebnis als schutzbedürftiger angesehen habe. Außerdem wohne Herr L. betriebsnah und sei daher in der Lage, den Abschleppwagen außerhalb der regulären Arbeitszeiten bei Notwendigkeit schnell zum Einsatz zu bringen.

9

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2013 hat die Beklagte daher das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Mai 2014 gekündigt und ihm im gleichen Schreiben angeboten, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen ab dem 1. Juni 2014 als Kfz-Aufbereiter im Autohaus der Beklagten in C-Stadt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden bei einem monatlichen Entgelt in Höhe von 872,50 EUR brutto fortzusetzen. Dieses Angebot hat der Kläger nicht angenommen.

10

Die Kündigungsschutzklage, die der Kläger mit einem Weiterbeschäftigungsantrag verbunden hat, ist beim Arbeitsgericht Rostock am 13. November 2013 eingegangen. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

11

Mit der Berufung, die keinen formalen Bedenken unterliegt, verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel in vollem Umfang weiter. Der Kläger meint, die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Sozialauswahl nach § 1 Absatz 3 KSchG hätten vor dem Gesetz keinen Bestand.

12

Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, der Kläger wäre wegen der arbeitsvertraglichen Festlegung des Arbeitsortes auf A-Stadt nicht mit den am Stammsitz in C-Stadt tätigen Arbeitnehmern vergleichbar. Schon durch seine freiwillige Beschäftigung bei dem befreundeten Unternehmen in S. sei es zu einer konkludenten Abänderung des Arbeitsvertrages in diesem Punkt gekommen. Jedenfalls habe die Beklagte dadurch Kenntnis davon erlangt, dass er auf den Fortbestand dieser Vertragsklausel zum Arbeitsort keinen Wert lege.

13

Da der Kläger mit den Beschäftigten am Standort in C-Stadt vergleichbar sei, fehle der Kündigung die soziale Rechtfertigung, denn der Kollege Langer sei sozial weniger schutzbedürftig als der Kläger und hätte daher statt des Klägers gekündigt werden müssen. Dies ergebe sich schon nach der Punktetabelle. Die Punktetabelle spiegele die soziale Schutzbedürftigkeit auch zutreffend wieder. Angesichts des demographischen Wandels sei es spekulativ zu sagen, ein gut ausgebildeter Arbeitnehmer im Alter von Herrn L. habe am Arbeitsmarkt deutlich weniger Chancen auf neue Arbeit als der Kläger, der auch schon fast 50 Jahre alt ist. Demgegenüber liege die soziale Schutzbedürftigkeit des Klägers wegen seiner Kinder geradezu auf der Hand. Im Übrigen sei auch er – der Kläger – in der Lage, den Abschleppwagen zu fahren und könne ähnlich schnell auf Anforderungen reagieren, wenn ihm erlaubt werde, den Abschleppwagen mit nach Hause zu nehmen.

14

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils

15

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 30.10.2013 nicht zum 31.05.2014 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht;

16

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den 31.05.2014 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Berufung zurückzuweisen.

19

Die Beklagte verteidigt das ergangene Urteil. Zutreffend sei das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagten vorliegend keine Sozialauswahl habe durchführen müssen. Aber selbst dann, wenn man vorliegend alle fachlich vergleichbaren Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einbeziehe, bleibe die Kündigung sozial gerechtfertigt. Man müsse davon ausgehen, dass der Kläger und Herr L. nach dem Punkteschema annähernd gleich sozial schutzbedürftig seien. Bei gleicher oder annähernd gleicher sozialer Schutzbedürftigkeit bei Anwendung eines Punkteschemas sei der Arbeitgeber berechtigt und verpflichtet, eine umfassende Bewertung der sozialen Schutzbedürftigkeit jenseits des Punkteschemas unter Berücksichtigung aller nach dem Gesetz relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Daher sei es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte vorliegend mit Rücksicht auf das Lebensalter Herrn L. als schutzbedürftiger bewertet habe als den Kläger.

20

Im Übrigen habe die Beklagte berücksichtigt und auch berücksichtigen dürfen, dass Herr L. nahe am Arbeitsort wohnt und so kurzfristig für Abschleppaufträge zur Verfügung stehe. Selbst wenn man es dem Kläger erlauben würde, den Abschleppwagen mit zu sich nach Hause zu nehmen, was aber ohnehin schon verschiedenen Bedenken begegne, wäre der Standort des Wagens in A-Stadt am Wohnsitz des Klägers nicht so gut wie der Standort auf dem Betriebshof in C-Stadt.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zurecht hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Damit ist auch das übrige Begehren des Klägers nicht begründet.

23

Die streitige betriebsbedingte Kündigung vom 30. Oktober 2013 hat vor dem Gesetz Bestand. Insbesondere fehlt ihr nicht die nach § 1 KSchG notwendige soziale Rechtfertigung. Im Berufungsrechtszug steht zwischen den Parteien nicht mehr in Streit, dass der Arbeitsplatz des Klägers durch die Schließung des Autohauses in A-Stadt weggefallen ist und damit im Sinne von § 1 Absatz 2 KSchG ein Anlass bestanden hat, Personal zu reduzieren. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist aber auch unter Berücksichtigung der Anforderungen der Sozialauswahl nach § 1 Absatz 3 KSchG sozial gerechtfertigt.

I.

24

Das Arbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es vorliegend keiner Sozialauswahl bedurfte, weil im Arbeitsvertrag des Klägers A-Stadt als Arbeitsort festgelegt sei und er daher nicht einseitig per Weisung auf einen Arbeitsplatz eines fachlich vergleichbaren weniger schutzbedürftigen Arbeitnehmers in C-Stadt hätte versetzt werden können (Seite 7 des Urteilsabdrucks).

25

Das Berufungsgericht lässt offen, ob sich die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf diese Überlegung stützen lässt. Immerhin hat der Kläger im Rahmen des Einsatzes bei dem befreundeten Autohaus in S. sich ohne weiteres freiwillig bereit erklärt, Arbeit für die Beklagte auch außerhalb von A-Stadt aufzunehmen. Das deutet darauf hin, dass er selbst die Arbeitsvertragsklausel zum Arbeitsort nicht mehr als gültig ansieht oder er jedenfalls auf der Einhaltung dieser Verabredung keinen besonderen Wert legt. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass der Arbeitsvertrag der Parteien noch unter Geltung des Arbeitsgesetzbuchs der DDR vom 16. Juni 1977 (GBl. I S. 371 – AGB DDR) abgeschlossen wurde und nach § 40 AGB DDR die Regelung des Arbeitsortes zum notwendigen Inhalt des Arbeitsvertrages gehörte. Die Regelung dürfte also weniger einem Regelungsbedürfnis der Vertragsparteien geschuldet gewesen sein, als vielmehr dem Willen, dem Gesetz zu genügen. Sollte die Regelung tatsächlich nur dem Willen geschuldet gewesen sein, dem Gesetz zu genügen, spricht viel dafür, dass die Regelung mit dem Außerkrafttreten des AGB DDR im Rahmen des Einigungsvertrages im Oktober 1990 ohnehin entfallen ist.

II.

26

Die Frage kann auf sich beruhen. Selbst wenn man hier zu Gunsten des Klägers annimmt, im Arbeitsverhältnis der Parteien gäbe es keine Festlegung auf den Arbeitsort A-Stadt, wäre die vorliegende Kündigung sozial gerechtfertigt, da Fehler im Rahmen der Sozialauswahl nicht erkennbar sind. Das hat das Arbeitsgericht in einer zusätzlichen Überlegung, der sich das Berufungsgericht ausdrücklich anschließt, zutreffend festgestellt.

27

Nach § 1 Absatz 3 KSchG fehlt einer Kündigung auch dann die soziale Rechtfertigung, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (Sozialauswahl).

28

Nach dem Gesetzeswortlaut sind die sozialen Gesichtspunkte "ausreichend“ zu berücksichtigen. Dem Arbeitgeber kommt damit bei der Gewichtung der Sozialkriterien ein Wertungsspielraum zu. Die Auswahlentscheidung muss sozial vertretbar sein, muss aber nicht unbedingt der Entscheidung entsprechen, die das Gericht getroffen hätte, wenn es eigenverantwortlich soziale Erwägungen hätte anstellen sollen. Der dem Arbeitgeber vom Gesetz eingeräumte Wertungsspielraum führt dazu, dass nur deutlich schutzwürdigere Arbeitnehmer mit Erfolg die Fehlerhaftigkeit der sozialen Auswahl rügen können (BAG 22. März 2012 – 2 AZR 167/11 – NZA 2012, 1040 = AP Nr. 99 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; BAG 31. Mai 2007 – 2 AZR 276/06 – BAGE 123, 1 = AP Nr. 94 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl = DB 2008, 1106; BAG 18. Januar 2007 – 2 AZR 796/05 – AP Nr. 89 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl = DB 2007, 2097). Gerade bei einer ähnlich hohen sozialen Schutzbedürftigkeit verschiedener vergleichbarer Arbeitnehmer kann es daher mehrere unterschiedliche Entscheidungen im Rahmen der Sozialauswahl geben, die alle den gesetzlichen Anforderungen genügen.

29

Gemessen an diesem Maßstab fehlt der Auswahlentscheidung zu Lasten des Klägers vorliegend die soziale Rechtfertigung im Sinne von § 1 Absatz 3 KSchG nicht, denn es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger gegenüber seinem Kollegen L. deutlich schutzbedürftiger ist.

30

Zum einen ergibt sich dies nicht aus der Rangfolge unter Zugrundelegung des Punkteschemas, nach dem beide Arbeitnehmer auf nahezu 90 Punkte kommen. Der Unterschied zwischen beiden beträgt nur 1,5 Punkte. Das ist kein Unterschied, der den Kläger deutlich schutzbedürftiger macht.

31

Die Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht schon allein aus dem Umstand, dass die Beklagte eine Auswahlentscheidung getroffen hat, die von der nach dem Punktesystem sich ergebenden Rangfolge abweicht. Insoweit trifft es zwar zu, dass das Bundesarbeitsgericht zu der jetzt gültigen Gesetzesfassung von § 1 Absatz 3 KSchG mehrfach entschieden hat, dass eine abschließende umfassende Einzelfallbetrachtung nicht mehr notwendig sei, der Arbeitgeber also berechtigt ist, seine Auswahl allein nach der Rangfolge aufgrund des Punktestands vorzunehmen (BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 854/11 – BAGE 146, 234 = AP Nr. 12 zu § 125 InsO = DB 2014, 66; BAG 9. November 2006 – 2 AZR 812/05 – BAGE 120, 137 = AP Nr. 87 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl = DB 2007, 1087). Daraus kann aber nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, es sei nach der heutigen Gesetzeslage gar nicht mehr erlaubt, im Grenzbereich bei vergleichbar hoher sozialer Schutzbedürftigkeit im Einzelfall eine Entscheidung zu treffen, die vom reinen Punktewert abweicht.

32

Eine deutlich höhere Schutzbedürftigkeit des Klägers ergibt sich auch nicht bei Betrachtung der Faktoren, die hier die Schutzbedürftigkeit der beiden Arbeitnehmer begründen. Die soziale Schutzbedürftigkeit des Klägers resultiert insbesondere aus seinen beiden unterhaltsbedürftigen Kindern und seiner langen Betriebszugehörigkeit. Die Schutzbedürftigkeit von Herrn L. ergibt sich aus seinem hohen Lebensalter. Keiner dieser drei Gesichtspunkte hat einen eindeutigen Vorrang vor den anderen. Die Rechtsprechung verlangt vielmehr nur, dass diese drei Gesichtspunkte wie alle gesetzlich genannten Gesichtspunkte überhaupt berücksichtigt werden. Dabei hat der Arbeitgeber einen Spielraum, wie er die Gesichtspunkte im Verhältnis zueinander gewichtet. Unter diesem Blickwinkel ist die starke Betonung des hohen Lebensalters und damit der schlechten Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt durch die Beklagte zumindest noch vertretbar. Jedenfalls sieht sich das Gericht außer Stande, den Kläger angesichts seiner sozialen Situation als deutlich schutzbedürftiger anzusehen.

III.

33

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf weitere Beschäftigung (Klageantrag zu 2). Aus demselben Grund kann auch offen bleiben, welche nähere Bedeutung der letzte Halbsatz im klägerischen Kündigungsschutzantrag ("sondern darüber hinaus fortbesteht“) hat.

IV.

34

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger, da sein Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 97 ZPO).

35

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Der Personalrat wirkt bei der ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber mit. § 77 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. Der Personalrat kann gegen die Kündigung Einwendungen erheben, wenn nach seiner Ansicht

1.
bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt worden sind,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie im Sinne des § 76 Abs. 2 Nr. 8 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebietes weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt.
Wird dem Arbeitnehmer gekündigt, obwohl der Personalrat nach Satz 3 Einwendungen gegen die Kündigung erhoben hat, so ist dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Personalrates zuzuleiten, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung nach § 72 Abs. 4 Satz 2 die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.

(2) Hat der Arbeitnehmer im Falle des Absatzes 1 Satz 4 nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muß der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Arbeitsgericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Personalrates offensichtlich unbegründet war.

(3) Vor fristlosen Entlassungen und außerordentlichen Kündigungen ist der Personalrat anzuhören. Der Dienststellenleiter hat die beabsichtigte Maßnahme zu begründen. Hat der Personalrat Bedenken, so hat er sie unter Angabe der Gründe dem Dienststellenleiter unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen schriftlich mitzuteilen.

(4) Eine Kündigung ist unwirksam, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 24. November 2016 - 11 Sa 1767/15 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 29. September 2015 - 2 Ca 752/15 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Zahlung nach einem Sozialplan.

2

Der im April 1952 geborene Kläger ist schwerbehinderter Mensch und war bei der Beklagten an deren Produktionsstandort B beschäftigt. Wegen dessen beabsichtigter Schließung vereinbarte die Beklagte am 12. Juni 2014 mit der zuständigen Gewerkschaft einen Sozialtarifvertrag (STV) und einigte sich am 25. Juni 2014 mit dem Betriebsrat auf einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan (SP). Dieser erstreckt nach seiner Nr. 1 den Inhalt des in Abschn. C. des STV geregelten Sozialplans auf die Arbeitsverhältnisse aller Betriebsangehörigen. Nach Abschn. H. des STV werden dessen Abfindungsansprüche auf solche nach einem betrieblichen Sozialplan angerechnet und Doppelansprüche ausgeschlossen.

3

Beide Vereinbarungen sehen für Arbeitnehmer der Jahrgänge 1949 bis 1959 ein individuelles Angebot zum Ausscheiden zum 31. Dezember 2014 gegen Zahlung einer Abfindung vor. Das Abfindungsangebot ist gemäß Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.6 STV so zu bemessen, dass es „unter Anrechnung von Arbeitslosengeld 1 und Bezügen aus der O Altersversorgung“ ab dem 60. Lebensjahr eine Absicherung iHv. 80 % des zuletzt bezogenen Nettomonatseinkommens im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum frühestmöglichen Wechsel in die gesetzliche Rente sicherstellt (sog. „Nettoabsicherung“). Der sich für den abzusichernden Zeitraum ergebende Gesamtbetrag zuzüglich der Aufwendungspauschale für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung ist unter Zuhilfenahme der dem Arbeitgeber bekannten und angezeigten Steuermerkmale auf eine Bruttosumme hochzurechnen (sog. „Bruttoisierung“). Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 4.1 und 4.6 STV legen fest, dass es sich bei dem mit Abschluss des Aufhebungsvertrags entstehenden Abfindungsanspruch um einen Bruttobetrag handelt, der unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen mit der Gehaltsabrechnung für Januar 2015 abzurechnen und auszuzahlen ist.

4

Der Berechnung des Abfindungsangebots legte die Beklagte den 1. September 2012 zugrunde. Zu diesem Zeitpunkt konnte der Kläger erstmals eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehen. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2014 endete, zahlte die Beklagte lediglich eine Bruttoabfindung gemäß Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.3a STV iHv. 7.000,00 Euro wegen einer mehr als 24-jährigen Betriebszugehörigkeit.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, Abschn. C. Ziff. 2.6 STV benachteilige ihn wegen seiner Schwerbehinderung. Nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer des identischen Geburtsjahrgangs erhielten eine höhere Abfindung, da sie drei Jahre später als er erstmals in die gesetzliche Rente wechseln könnten. Zur Vermeidung einer mittelbaren Diskriminierung wegen Behinderung sei er nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 6. Dezember 2012 (- C-152/11 - [Odar]) wie ein nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer zu behandeln. Demzufolge belaufe sich sein monatlicher Nettoabsicherungsbedarf in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. April 2015 auf 1.439,66 Euro zuzüglich Aufwendungspauschale für freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung iHv. 200,00 Euro.

6

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 6.558,64 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2015 zu zahlen.

7

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass „die Zahlungsverurteilung ohne den Zusatz ‚netto‘ erfolgt“. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht die begehrte Zahlung einer Nettoabsicherung weder nach dem SP noch nach dem STV zu. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

10

I. Die Klage ist auf Auszahlung der Nettoabsicherung iSv. Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.6 Abs. 1 STV gerichtet.

11

1. Nach dem für das arbeitsgerichtliche Urteilsverfahren geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff wird der Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens durch den dort gestellten Antrag (Klageantrag) und dem ihm zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt. Der Streitgegenstand erfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören, den der Kläger zur Stützung seines Rechtsschutzbegehrens dem Gericht unterbreitet hat (BAG 26. Juni 2013 - 5 AZR 428/12 - Rn. 16). Das Vorbringen des Beklagten oder eigenes Verteidigungsvorbringen des Klägers gegenüber dem Beklagtenvortrag verändert den mit Antrag und Klagevorbringen festgelegten Streitgegenstand nicht (BAG 18. November 2014 - 1 AZR 257/13 - Rn. 15, BAGE 150, 50 mwN).

12

2. Mit seinem Klageantrag hat der Kläger ausdrücklich eine Nettozahlung verlangt. In Verbindung mit dem von ihm geschilderten Lebenssachverhalt ergibt sich, dass Streitgegenstand die Nettoabsicherung nach Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.6 Abs. 1 STV ist und nicht eine nach Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.6 Abs. 4, Ziff. 4 STV zu berechnende Bruttoabfindung. Zwar führt der Kläger zunächst aus, dass er einen Anspruch auf Zahlung der ihm bei diskriminierungsfreier Auslegung des SP und des STV zustehenden Abfindung geltend mache. Bei der näheren Konkretisierung des Klagebegehrens beschränkt er sich aber auf die Berechnung eines Nettoabsicherungsbedarfs für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. April 2015. Auf diesen Betrag beschränkte er die Klageforderung, weil es Sache der Beklagten sei, einen Anspruch auf Nettoabsicherung „zu bruttoisieren“, also den Bruttobetrag zu berechnen und unter Berücksichtigung der entsprechenden Abzüge den verbleibenden Nettobetrag an ihn auszuzahlen. Danach ist Gegenstand der Klage die im Einzelnen bezifferte Nettoabsicherung für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 30. April 2015. Entgegen der im Revisionsverfahren geäußerten Auffassung des Klägers dient diese nicht bloß der Berechnung einer Bruttoforderung, sondern in ihr erschöpft sich die Klageforderung.

13

3. Das auf eine Nettoabsicherung gerichtete Klagebegehren konnte das Landesarbeitsgericht nicht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 17. Februar 2016 - 5 AZN 981/15 - Rn. 5, BAGE 154, 116) in einen Bruttozahlbetrag gleicher Höhe umwandeln. Durch das Streichen des Zusatzes „netto“ hat das Landesarbeitsgericht nicht bloß verdeutlicht, was von Gesetzes wegen hinsichtlich der einen Arbeitnehmer treffenden Leistungspflicht für Steuer- und/oder Sozialabgaben gilt (§ 38 Abs. 2 EStG, § 28g SGB IV). Vielmehr hat es den Streitgegenstand ausgewechselt und auf eine Sozialplanforderung erkannt, die der Kläger nicht verlangt hat und die auch der Höhe nach nicht dem sich nach einer Nettoabsicherung von 6.558,64 Euro errechnenden Bruttobetrag entspricht.

14

II. Der Kläger kann nach Nr. 1 SP iVm. Abschn. C. Ziff. 2.6 Abs. 1 STV keine (Aus-)Zahlung der Nettoabsicherung beanspruchen.

15

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen eigener Art wegen ihrer normativen Wirkungen (§ 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG)wie Tarifverträge auszulegen. Ausgehend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Darüber hinaus sind Sinn und Zweck der Regelung von besonderer Bedeutung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 26. September 2017 - 1 AZR 137/15 - Rn. 11 mwN auf BAG 17. November 2015 - 1 AZR 881/13 - Rn. 13 mwN). Dieser Auslegungsgrundsatz gilt auch, wenn die Betriebsparteien tarifliche Regelungen in eine Betriebsvereinbarung einbeziehen (BAG 26. September 2017 - 1 AZR 137/15 - Rn. 12).

16

2. Gemäß Ziff. 1 SP iVm. Abschn. C. Ziff. 2.6 Abs. 1 STV wird das individuelle Abfindungsangebot so bemessen, dass es für einen bestimmten Zeitraum bis zum frühestmöglichen Wechsel in die gesetzliche Rente eine Absicherung iHv. 80 % des zuletzt bezogenen und sich nach Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.5 Abs. 1 STV errechnenden Nettomonatseinkommens sicherstellt. Der aus dem gesamten Zeitraum ermittelte 80 %ige Nettobedarf sowie die Aufwendungspauschale für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung nach Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.6 Abs. 3 STV werden unter Zuhilfenahme der der Beklagten bekannten und angezeigten Steuermerkmale nach Maßgabe der Nr. 1 SP iVm. Abschn. C. Ziff. 2.6 Abs. 4 STV auf einen Bruttoabfindungsbetrag hochgerechnet. Grundlage dafür sind das zu erwartende steuerpflichtige Bruttoarbeitsentgelt im Jahr 2015 in der Transfergesellschaft und die bekannten Steuerparameter des jeweiligen Mitarbeiters. Nr. 1 SP iVm. Abschn. C. Ziff. 4 STV regelt das Entstehen sowie die Fälligkeit des Abfindungsanspruchs. Die Regelung bestimmt weiterhin, dass es sich bei den Abfindungsbeträgen um Bruttobeträge handelt und etwaige Steuern und Sozialabgaben von den Arbeitnehmern entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen zu tragen sind.

17

3. Hiernach vermittelt der SP iVm. dem STV keinen Anspruch auf (Aus-)Zahlung der Nettoabsicherung. Sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach seiner Systematik handelt es sich bei der Nettoabsicherung lediglich um eine Rechengröße, mit deren Hilfe und auf deren Grundlage eine dem Kläger anzubietende Bruttoabfindung zu berechnen ist. Erst diese unterliegt der Sozialversicherungs- und individuellen Steuerpflicht. Zwangsläufig ist der danach verbleibende Zahlbetrag dividiert durch die Anzahl der abzusichernden Monate rechnerisch nicht identisch mit dem monatlichen (Netto-)Absicherungsbedarf.

18

III. Die vorstehenden Erwägungen gelten entsprechend, soweit der Kläger seinen Anspruch allein auf Abschn. C. Ziff. 2.6 Abs. 1 STV stützt. Dieser vermittelt keine weitergehenden Ansprüche und schließt zudem eine Doppelzahlung bei identischen Ansprüchen aus (Abschn. H. Ziff. 2 STV).

19

IV. Ungeachtet dessen besteht bei dem Kläger auch unter Zugrundelegung seiner Rechtsansicht zur Berechnung der Nettoabsicherung kein zusätzlicher Absicherungsbedarf. Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete am 31. Dezember 2014. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hätte er als nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer erstmals zum 1. Mai 2015 gesetzliche Altersrente beanspruchen können. Schon dieser Zeitabschnitt liegt außerhalb des nach Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.6 STV absicherungsfähigen Zeitraums, der erst mit dem 1. Januar 2016 beginnt. Unabhängig davon hätte auch kein Absicherungsbedarf bestanden. Das nach Nr. 1 SP, Abschn. C. Ziff. 2.6 STV anzurechnende Arbeitslosengeld 1 iHv. 1.512,60 Euro und die ebenfalls anzurechnenden Bezüge aus der O Altersversorgung iHv. 432,85 Euro monatlich übersteigen den vom Landesarbeitsgericht auf Vortrag des Klägers festgestellten monatlichen Absicherungsbetrag iHv. 1.872,51 Euro.

        

    Schmidt    

        

    K. Schmidt    

        

    Heinkel    

        

        

        

    Sibylle Spoo    

        

    Ralf Stemmer    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 5/12
vom
25. Oktober 2012
in dem Notarbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Erklärung kann neben einer Beanstandung gemäß § 180 Satz 2 BGB auch
eine Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB enthalten, sofern aus ihr eindeutig
hervorgeht, dass das Bestehen der Vertretungsmacht bemängelt und zugleich das
Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen
wird.

b) Die Beanstandung führt ebenso wie die Zurückweisung zu der Unwirksamkeit des
einseitigen Rechtsgeschäfts, wenn eine wirksame Vertretungsmacht nicht besteht;
eine nachträgliche Heilung ist ausgeschlossen.
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - V ZB 5/12 - LG Hildesheim
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 12. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen die Weigerung des Notars P. T. aus H. , die Abwicklung des zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 sowie den Beteiligten zu 4 bis 6 geschlossenen notariellen Kaufvertrags vom 30. Mai 2011 (UR-Nr. 75/2011/T) zu unterlassen, wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 3 trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 117.500 €.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligten zu 4 bis 6 (im Folgenden: Vorkaufsverpflichtete) sind Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Die Beteiligte zu 3 (im Folgenden: Vorkaufsberechtigte ) ist eine Genossenschaft, zu deren Gunsten in Abteilung II des Grundbuchs ein Vorkaufsrecht eingetragen ist. Sie wird nach ihrer Satzung entweder durch zwei Vorstandsmitglieder oder durch ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
2
Die Vorkaufsverpflichteten schlossen mit den Beteiligten zu 1 und 2 (im Folgenden: Drittkäufer) am 30. Mai 2011 einen notariellen Kaufvertrag über den Grundbesitz. Am 9. Juni 2011 setzte der Notar die Vorkaufsberechtigte über den Kaufvertrag und die gesetzliche Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts in Kenntnis. Mit Schreiben vom 2. August 2011 erklärte ein Rechtsanwalt in deren Namen die Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber den Vorkaufsverpflichteten. Der Erklärung war eine Vollmacht beigefügt, die ein Vorstandsmitglied und eine Prokuristin der Genossenschaft unterzeichnet hatten. Die Vorkaufsverpflichteten wiesen die Ausübungserklärung mit jeweils am 9. August 2011 bei der Vorkaufsberechtigten eingegangenen gleichlautenden Schreiben mangels Vollmachtsurkunde als unwirksam zurück; die Prokura sei nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen, so dass keine wirksame Vollmacht vorliege. Tatsächlich war die Prokura vor Unterzeichnung der Vollmacht erteilt worden. Sie wurde jedoch erst am 11. August 2011 in das Genossenschaftsregister eingetragen. Mit Schreiben vom 22. August 2011 teilten die Vorkaufsverpflichteten dem Rechtsanwalt mit, sie seien nunmehr mit der Übertragung des Eigentums an die Vorkaufsberechtigte einverstanden.
3
Mit Schreiben vom 24. August 2011 kündigte der Notar allen Beteiligten den Erlass eines Vorbescheids mit dem Inhalt an, dass er beabsichtige, den zwischen den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufern geschlossenen notariellen Kaufvertrag zu vollziehen. Der Beschwerde der Vorkaufsberechtigten hat das Landgericht stattgegeben und den Notar angewiesen, die Abwicklung des Kaufvertrags zu unterlassen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Vorkaufsberechtigte beantragt, wollen die Drittkäufer die Zurückweisung der Beschwerde erreichen.

II.


4
Das Beschwerdegericht meint, die Beschwerde sei auch ohne Erlass des angekündigten Vorbescheids zulässig, weil der Notar die von der Vorkaufsberechtigten verlangte Unterlassung der weiteren Vertragsabwicklung verweigert habe. Die Vorkaufsberechtigte habe das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt. Die Zurückweisung der Ausübungserklärung sei unbegründet. Weil sie nicht auf Mängel der Vollmachtsurkunde, sondern auf Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht gestützt worden sei, lasse sich ein Zurückweisungsrecht nicht aus § 174 BGB herleiten. Entscheidend sei daher, ob die Vollmacht tatsächlich bestanden habe. Das sei anzunehmen. Die Prokuristin der Vorkaufsberechtigten sei im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung wirksam bestellt gewesen. Die Eintragung der Prokura in das Genossenschaftsregister habe nur deklaratorische Wirkung. Für die Vorkaufsverpflichteten habe gemäß § 29 GenG ein Wahlrecht bestanden. Sie hätten die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Rechtsanwalt wegen der fehlenden Eintragung zurückweisen oder die Prokura gegen sich gelten lassen können. Indem sie mit ihrem Schreiben vom 22. August 2011 deutlich gemacht hätten, dass sie die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht länger wegen der fehlenden Eintragung der Prokura zurückweisen wollten, hätten sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und auf den Schutz des § 29 GenG verzichtet. Dies wirke auf den Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht zurück.

III.


5
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

6
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO unter anderem in den Fällen eröffnet, in denen der Notar eine sonstige Tätigkeit verweigert. Weil sich der Notar durch seine Ankündigung geweigert hat, den Vollzug des notariellen Kaufvertrags zwischen den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufern zu unterlassen, war die Beschwerde der Vorkaufsberechtigten auch ohne Erlass des angekündigten Vorbescheids statthaft. Durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts sind die Drittkäufer beschwert.
7
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Beschwerdegericht hat den Notar zu Unrecht angewiesen, die Abwicklung des notariellen Kaufvertrags zwischen den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufern zu unterlassen , weil die für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderliche Erklärung (§ 464 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht wirksam abgegeben worden ist.
8
a) Das Beschwerdegericht legt die Schreiben der Vorkaufsverpflichteten vom 9. August 2011 dahingehend aus, dass die Zurückweisung der Ausübungserklärung nicht auf die unterbliebene Vorlage einer Vollmachtsurkunde gemäß § 174 Satz 1 BGB gestützt worden sei, sondern allein auf die fehlende Vertretungsmacht. Ob diese Auslegung der revisionsrechtlich eingeschränkten Nachprüfung standhalten kann, ist zweifelhaft.
9
aa) Eine Erklärung kann neben einer Beanstandung gemäß § 180 Satz 2 BGB auch eine Zurückweisung gemäß § 174 BGB enthalten, sofern aus ihr eindeutig hervorgeht, dass das Bestehen der Vertretungsmacht bemängelt und zugleich das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen wird (BeckOK BGB/Valenthin, Edition 24, § 174 Rn. 8; vgl. auch BAG, NJW 1981, 2374 f.). Dies ist insbesondere dann bedeutsam, wenn die Vertretungsmacht tatsächlich besteht. Wird nur ihr Vorliegen gemäß § 180 Satz 2 BGB in Zweifel gezogen, ist die Erklärung des Vertreters gleichwohl wirksam; dagegen ist sie (endgültig) unwirksam, wenn das Rechtsgeschäft zugleich wegen der fehlenden Vorlage der Vollmachtsurkunde zurückgewiesen wird (§ 174 Satz 1 BGB).
10
bb) Die Vorkaufsverpflichteten haben nicht nur das Fehlen einer wirksamen Prokura gerügt, sondern die auf die Ausübung bezogene Willenserklärung zugleich unter Hinweis auf den Inhalt des Genossenschaftsregisters „mangels Vorlage einer wirksamen Vollmachtsurkunde“ als unwirksam zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht sieht dies nicht als relevant an, weil dem Schreiben des Rechtsanwalts eine Vollmachtsurkunde beigefügt gewesen sei. Dabei lässt es aber außer Acht, dass bei einer Untervertretung nicht nur die Vertretungsmacht des Untervertreters, sondern auch die des Hauptvertreters durch Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden muss (Erman/Maier-Reimer, BGB, 13. Aufl., § 174 Rn. 5; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 174 Rn. 2; Staudinger /Schilken, BGB [2009], § 174 Rn. 3 jeweils mwN). Im Hinblick darauf könnte dem Schreiben seinem Wortlaut entsprechend zu entnehmen sein, dass die Vorkaufsverpflichteten die Vollmacht anzweifeln und die Erklärung zugleich wegen des fehlenden Nachweises der aus dem Genossenschaftsregister nicht ersichtlichen Prokura zurückweisen wollten; sollte dies ein Zurückweisungsrecht gemäß § 174 Satz 1 BGB begründen, wäre die Ausübungserklärung allein aus diesem Grund unwirksam.
11
b) Im Ergebnis ist es jedoch ohne Bedeutung, ob (auch) eine Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB erfolgt ist. Denn jedenfalls haben die Vorkaufsverpflichteten die Vertretungsmacht gemäß § 180 Satz 2 BGB beanstandet mit der Folge, dass die Ausübungserklärung gemäß § 180 Satz 1 BGB unwirksam ist.
12
aa) Die Vertretungsmacht eines Unterbevollmächtigten – hier des Rechtsanwalts – kann nicht weiter gehen als die Hauptvollmacht (Palandt /Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 167 Rn. 12). Fehlt es an der Hauptvollmacht , so handelt auch der Unterbevollmächtigte ohne Vertretungsmacht.
13
bb) Wegen der fehlenden Eintragung der Prokura in das Genossenschaftsregister und der fehlenden Kenntnis der Vorkaufsverpflichteten von der tatsächlichen Erteilung muss sich die Vorkaufsberechtigte so behandeln lassen, als habe sie keine Prokura erteilt. Zwar hat die Eintragung und Bekanntmachung der Prokura nur deklaratorische Wirkung (Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 53 Rn. 1; MünchKomm-HGB/Krebs, 3. Aufl., § 53 Rn. 1 mwN). Weil sie eintragungspflichtig ist (§ 42 Abs. 1 Satz 1 GenG i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 HGB), kann die Genossenschaft sie aber vor der Eintragung und Bekanntmachung einem Dritten nicht entgegensetzen, es sei denn, dass die Erteilung dem Dritten bekannt war; der Rechtsverkehr darf auf das Schweigen des Genossenschaftsregisters vertrauen (§ 42 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 29 Abs. 1 GenG, sog. negative Publizität; Beuthin, GenG, 15. Aufl., § 29 Rn. 5; Schaffland in Lang/Weidmüller, GenG, 37. Aufl., § 29 Rn. 5 f.; Bauer, Genossenschaftshandbuch , Stand Januar 2012, § 29 Rn. 10, 17).
14
cc) War die Prokura danach als fehlend anzusehen, hat die Beanstandung der Vorkaufsverpflichteten - was das Berufungsgericht übersehen hat - gemäß § 180 Satz 1 und 2 BGB zu der Unwirksamkeit der Ausübungserklärung geführt. Eine Beanstandung hat bei fehlender Vertretungsmacht die gleiche Wirkung wie eine Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB (MünchKomm- BGB/Schramm, 6. Aufl., § 180 Rn. 8; Soergel/Leptien, aaO, § 180 Rn. 9; Staudinger /Schilken, aaO, § 180 Rn. 7).
15
dd) Schließlich war die Beanstandung auch rechtzeitig. Jedenfalls dann, wenn sie sich gegen eine unter Abwesenden abgegebene Willenserklärung richtet, reicht es aus, wenn sie unverzüglich erfolgt (Soergel/Leptien, aaO, § 180 Rn. 9; Staudinger/Schilken, aaO, § 180 Rn. 7). Davon ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts auszugehen.
16
c) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts haben die Erklärungen der Vorkaufsverpflichteten vom 22. August 2011, mit denen sie zum Ausdruck gebracht haben, an der Beanstandung nicht mehr festzuhalten, den Mangel der Vertretungsmacht nicht rückwirkend geheilt. Richtig ist, dass sich der Dritte bei einer fehlenden Eintragung im Genossenschaftsregister jederzeit auf die wahre Rechtslage berufen kann, wenn sie ihm günstiger erscheint (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 1970 – II ZR 258/67, BGHZ 55, 267, 273; vom 1. Dezember 1975 – II ZR 62/75, BGHZ 65, 309, 310; vom 5. Februar 1990 – II ZR 309/88, WM 1990, 638, 639, jeweils zu § 15 HGB; Bauer, Genossenschaftshandbuch, Stand Januar 2012, § 29 Rn. 18; Keßler in Hillebrand/Keßler, GenG, 2. Aufl. § 29 Rn. 6). Das bedeutet aber nicht, dass es ihm freisteht, seine Entscheidung nach Ausübung des Wahlrechts zu ändern. Jedenfalls dann, wenn die Berufung auf das Schweigen des Registers – wie hier – bereits zu der Unwirksamkeit des vorgenommenen Rechtsgeschäfts geführt hat, kann eine rückwirkende Heilung durch den nachträglichen Verzicht auf den Schutz nicht mehr eintreten; dies wäre auch mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit unvereinbar. Ein Rechtsgeschäft, das endgültig unwirksam (also nichtig) ist, kann nur bestätigt werden (§ 141 BGB), was innerhalb der Ausübungsfrist nicht geschehen ist.

IV.


17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO, § 84 FamFG. Als Gegenstandswert des Vorkaufsrechts ist gemäß § 20 Abs. 2 KostO in der Regel der halbe Wert der Sache anzunehmen, wobei gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 KostO von dem Kaufpreis in Höhe von 235.000 € auszugehen ist. Danach ergibt sich ein Betrag von 117.500 €.
Stresemann Roth Brückner Weinland Kazele

Vorinstanz:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 12.12.2011 - 5 T 278/11 -

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 5/12
vom
25. Oktober 2012
in dem Notarbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Erklärung kann neben einer Beanstandung gemäß § 180 Satz 2 BGB auch
eine Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB enthalten, sofern aus ihr eindeutig
hervorgeht, dass das Bestehen der Vertretungsmacht bemängelt und zugleich das
Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen
wird.

b) Die Beanstandung führt ebenso wie die Zurückweisung zu der Unwirksamkeit des
einseitigen Rechtsgeschäfts, wenn eine wirksame Vertretungsmacht nicht besteht;
eine nachträgliche Heilung ist ausgeschlossen.
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - V ZB 5/12 - LG Hildesheim
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2012 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 12. Dezember 2011 aufgehoben.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 3 gegen die Weigerung des Notars P. T. aus H. , die Abwicklung des zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 sowie den Beteiligten zu 4 bis 6 geschlossenen notariellen Kaufvertrags vom 30. Mai 2011 (UR-Nr. 75/2011/T) zu unterlassen, wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 3 trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 117.500 €.

Gründe:


I.

1
Die Beteiligten zu 4 bis 6 (im Folgenden: Vorkaufsverpflichtete) sind Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Die Beteiligte zu 3 (im Folgenden: Vorkaufsberechtigte ) ist eine Genossenschaft, zu deren Gunsten in Abteilung II des Grundbuchs ein Vorkaufsrecht eingetragen ist. Sie wird nach ihrer Satzung entweder durch zwei Vorstandsmitglieder oder durch ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten.
2
Die Vorkaufsverpflichteten schlossen mit den Beteiligten zu 1 und 2 (im Folgenden: Drittkäufer) am 30. Mai 2011 einen notariellen Kaufvertrag über den Grundbesitz. Am 9. Juni 2011 setzte der Notar die Vorkaufsberechtigte über den Kaufvertrag und die gesetzliche Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts in Kenntnis. Mit Schreiben vom 2. August 2011 erklärte ein Rechtsanwalt in deren Namen die Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber den Vorkaufsverpflichteten. Der Erklärung war eine Vollmacht beigefügt, die ein Vorstandsmitglied und eine Prokuristin der Genossenschaft unterzeichnet hatten. Die Vorkaufsverpflichteten wiesen die Ausübungserklärung mit jeweils am 9. August 2011 bei der Vorkaufsberechtigten eingegangenen gleichlautenden Schreiben mangels Vollmachtsurkunde als unwirksam zurück; die Prokura sei nicht in das Genossenschaftsregister eingetragen, so dass keine wirksame Vollmacht vorliege. Tatsächlich war die Prokura vor Unterzeichnung der Vollmacht erteilt worden. Sie wurde jedoch erst am 11. August 2011 in das Genossenschaftsregister eingetragen. Mit Schreiben vom 22. August 2011 teilten die Vorkaufsverpflichteten dem Rechtsanwalt mit, sie seien nunmehr mit der Übertragung des Eigentums an die Vorkaufsberechtigte einverstanden.
3
Mit Schreiben vom 24. August 2011 kündigte der Notar allen Beteiligten den Erlass eines Vorbescheids mit dem Inhalt an, dass er beabsichtige, den zwischen den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufern geschlossenen notariellen Kaufvertrag zu vollziehen. Der Beschwerde der Vorkaufsberechtigten hat das Landgericht stattgegeben und den Notar angewiesen, die Abwicklung des Kaufvertrags zu unterlassen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Vorkaufsberechtigte beantragt, wollen die Drittkäufer die Zurückweisung der Beschwerde erreichen.

II.


4
Das Beschwerdegericht meint, die Beschwerde sei auch ohne Erlass des angekündigten Vorbescheids zulässig, weil der Notar die von der Vorkaufsberechtigten verlangte Unterlassung der weiteren Vertragsabwicklung verweigert habe. Die Vorkaufsberechtigte habe das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt. Die Zurückweisung der Ausübungserklärung sei unbegründet. Weil sie nicht auf Mängel der Vollmachtsurkunde, sondern auf Zweifel an der Wirksamkeit der Vollmacht gestützt worden sei, lasse sich ein Zurückweisungsrecht nicht aus § 174 BGB herleiten. Entscheidend sei daher, ob die Vollmacht tatsächlich bestanden habe. Das sei anzunehmen. Die Prokuristin der Vorkaufsberechtigten sei im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung wirksam bestellt gewesen. Die Eintragung der Prokura in das Genossenschaftsregister habe nur deklaratorische Wirkung. Für die Vorkaufsverpflichteten habe gemäß § 29 GenG ein Wahlrecht bestanden. Sie hätten die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den Rechtsanwalt wegen der fehlenden Eintragung zurückweisen oder die Prokura gegen sich gelten lassen können. Indem sie mit ihrem Schreiben vom 22. August 2011 deutlich gemacht hätten, dass sie die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht länger wegen der fehlenden Eintragung der Prokura zurückweisen wollten, hätten sie von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht und auf den Schutz des § 29 GenG verzichtet. Dies wirke auf den Zeitpunkt der Erteilung der Vollmacht zurück.

III.


5
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

6
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Sie ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BNotO unter anderem in den Fällen eröffnet, in denen der Notar eine sonstige Tätigkeit verweigert. Weil sich der Notar durch seine Ankündigung geweigert hat, den Vollzug des notariellen Kaufvertrags zwischen den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufern zu unterlassen, war die Beschwerde der Vorkaufsberechtigten auch ohne Erlass des angekündigten Vorbescheids statthaft. Durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts sind die Drittkäufer beschwert.
7
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das Beschwerdegericht hat den Notar zu Unrecht angewiesen, die Abwicklung des notariellen Kaufvertrags zwischen den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufern zu unterlassen , weil die für die Ausübung des Vorkaufsrechts erforderliche Erklärung (§ 464 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht wirksam abgegeben worden ist.
8
a) Das Beschwerdegericht legt die Schreiben der Vorkaufsverpflichteten vom 9. August 2011 dahingehend aus, dass die Zurückweisung der Ausübungserklärung nicht auf die unterbliebene Vorlage einer Vollmachtsurkunde gemäß § 174 Satz 1 BGB gestützt worden sei, sondern allein auf die fehlende Vertretungsmacht. Ob diese Auslegung der revisionsrechtlich eingeschränkten Nachprüfung standhalten kann, ist zweifelhaft.
9
aa) Eine Erklärung kann neben einer Beanstandung gemäß § 180 Satz 2 BGB auch eine Zurückweisung gemäß § 174 BGB enthalten, sofern aus ihr eindeutig hervorgeht, dass das Bestehen der Vertretungsmacht bemängelt und zugleich das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen wird (BeckOK BGB/Valenthin, Edition 24, § 174 Rn. 8; vgl. auch BAG, NJW 1981, 2374 f.). Dies ist insbesondere dann bedeutsam, wenn die Vertretungsmacht tatsächlich besteht. Wird nur ihr Vorliegen gemäß § 180 Satz 2 BGB in Zweifel gezogen, ist die Erklärung des Vertreters gleichwohl wirksam; dagegen ist sie (endgültig) unwirksam, wenn das Rechtsgeschäft zugleich wegen der fehlenden Vorlage der Vollmachtsurkunde zurückgewiesen wird (§ 174 Satz 1 BGB).
10
bb) Die Vorkaufsverpflichteten haben nicht nur das Fehlen einer wirksamen Prokura gerügt, sondern die auf die Ausübung bezogene Willenserklärung zugleich unter Hinweis auf den Inhalt des Genossenschaftsregisters „mangels Vorlage einer wirksamen Vollmachtsurkunde“ als unwirksam zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht sieht dies nicht als relevant an, weil dem Schreiben des Rechtsanwalts eine Vollmachtsurkunde beigefügt gewesen sei. Dabei lässt es aber außer Acht, dass bei einer Untervertretung nicht nur die Vertretungsmacht des Untervertreters, sondern auch die des Hauptvertreters durch Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden muss (Erman/Maier-Reimer, BGB, 13. Aufl., § 174 Rn. 5; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 174 Rn. 2; Staudinger /Schilken, BGB [2009], § 174 Rn. 3 jeweils mwN). Im Hinblick darauf könnte dem Schreiben seinem Wortlaut entsprechend zu entnehmen sein, dass die Vorkaufsverpflichteten die Vollmacht anzweifeln und die Erklärung zugleich wegen des fehlenden Nachweises der aus dem Genossenschaftsregister nicht ersichtlichen Prokura zurückweisen wollten; sollte dies ein Zurückweisungsrecht gemäß § 174 Satz 1 BGB begründen, wäre die Ausübungserklärung allein aus diesem Grund unwirksam.
11
b) Im Ergebnis ist es jedoch ohne Bedeutung, ob (auch) eine Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB erfolgt ist. Denn jedenfalls haben die Vorkaufsverpflichteten die Vertretungsmacht gemäß § 180 Satz 2 BGB beanstandet mit der Folge, dass die Ausübungserklärung gemäß § 180 Satz 1 BGB unwirksam ist.
12
aa) Die Vertretungsmacht eines Unterbevollmächtigten – hier des Rechtsanwalts – kann nicht weiter gehen als die Hauptvollmacht (Palandt /Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 167 Rn. 12). Fehlt es an der Hauptvollmacht , so handelt auch der Unterbevollmächtigte ohne Vertretungsmacht.
13
bb) Wegen der fehlenden Eintragung der Prokura in das Genossenschaftsregister und der fehlenden Kenntnis der Vorkaufsverpflichteten von der tatsächlichen Erteilung muss sich die Vorkaufsberechtigte so behandeln lassen, als habe sie keine Prokura erteilt. Zwar hat die Eintragung und Bekanntmachung der Prokura nur deklaratorische Wirkung (Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 35. Aufl., § 53 Rn. 1; MünchKomm-HGB/Krebs, 3. Aufl., § 53 Rn. 1 mwN). Weil sie eintragungspflichtig ist (§ 42 Abs. 1 Satz 1 GenG i.V.m. § 53 Abs. 1 Satz 1 HGB), kann die Genossenschaft sie aber vor der Eintragung und Bekanntmachung einem Dritten nicht entgegensetzen, es sei denn, dass die Erteilung dem Dritten bekannt war; der Rechtsverkehr darf auf das Schweigen des Genossenschaftsregisters vertrauen (§ 42 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 29 Abs. 1 GenG, sog. negative Publizität; Beuthin, GenG, 15. Aufl., § 29 Rn. 5; Schaffland in Lang/Weidmüller, GenG, 37. Aufl., § 29 Rn. 5 f.; Bauer, Genossenschaftshandbuch , Stand Januar 2012, § 29 Rn. 10, 17).
14
cc) War die Prokura danach als fehlend anzusehen, hat die Beanstandung der Vorkaufsverpflichteten - was das Berufungsgericht übersehen hat - gemäß § 180 Satz 1 und 2 BGB zu der Unwirksamkeit der Ausübungserklärung geführt. Eine Beanstandung hat bei fehlender Vertretungsmacht die gleiche Wirkung wie eine Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB (MünchKomm- BGB/Schramm, 6. Aufl., § 180 Rn. 8; Soergel/Leptien, aaO, § 180 Rn. 9; Staudinger /Schilken, aaO, § 180 Rn. 7).
15
dd) Schließlich war die Beanstandung auch rechtzeitig. Jedenfalls dann, wenn sie sich gegen eine unter Abwesenden abgegebene Willenserklärung richtet, reicht es aus, wenn sie unverzüglich erfolgt (Soergel/Leptien, aaO, § 180 Rn. 9; Staudinger/Schilken, aaO, § 180 Rn. 7). Davon ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts auszugehen.
16
c) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts haben die Erklärungen der Vorkaufsverpflichteten vom 22. August 2011, mit denen sie zum Ausdruck gebracht haben, an der Beanstandung nicht mehr festzuhalten, den Mangel der Vertretungsmacht nicht rückwirkend geheilt. Richtig ist, dass sich der Dritte bei einer fehlenden Eintragung im Genossenschaftsregister jederzeit auf die wahre Rechtslage berufen kann, wenn sie ihm günstiger erscheint (vgl. BGH, Urteile vom 21. Dezember 1970 – II ZR 258/67, BGHZ 55, 267, 273; vom 1. Dezember 1975 – II ZR 62/75, BGHZ 65, 309, 310; vom 5. Februar 1990 – II ZR 309/88, WM 1990, 638, 639, jeweils zu § 15 HGB; Bauer, Genossenschaftshandbuch, Stand Januar 2012, § 29 Rn. 18; Keßler in Hillebrand/Keßler, GenG, 2. Aufl. § 29 Rn. 6). Das bedeutet aber nicht, dass es ihm freisteht, seine Entscheidung nach Ausübung des Wahlrechts zu ändern. Jedenfalls dann, wenn die Berufung auf das Schweigen des Registers – wie hier – bereits zu der Unwirksamkeit des vorgenommenen Rechtsgeschäfts geführt hat, kann eine rückwirkende Heilung durch den nachträglichen Verzicht auf den Schutz nicht mehr eintreten; dies wäre auch mit dem Erfordernis der Rechtssicherheit unvereinbar. Ein Rechtsgeschäft, das endgültig unwirksam (also nichtig) ist, kann nur bestätigt werden (§ 141 BGB), was innerhalb der Ausübungsfrist nicht geschehen ist.

IV.


17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 Abs. 2 Satz 3 BNotO, § 84 FamFG. Als Gegenstandswert des Vorkaufsrechts ist gemäß § 20 Abs. 2 KostO in der Regel der halbe Wert der Sache anzunehmen, wobei gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 KostO von dem Kaufpreis in Höhe von 235.000 € auszugehen ist. Danach ergibt sich ein Betrag von 117.500 €.
Stresemann Roth Brückner Weinland Kazele

Vorinstanz:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 12.12.2011 - 5 T 278/11 -

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Mai 2013 - 17 Sa 1708/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte stellt Baumaschinen her. Sie beschäftigte etwa 720 Mitarbeiter. Der im Jahr 1975 geborene Kläger war bei ihr seit Februar 2004 als Materialbesteller im Fertigungslager und in der Endmontage beschäftigt.

3

Am 29. März 2012 schlossen die Beklagte und der in ihrem Betrieb gewählte Betriebsrat einen Interessenausgleich. Danach war eine Personalreduzierung in der Größenordnung der zugleich erstellten Namensliste vorgesehen. Die Namen der zu kündigenden Arbeitnehmer - ua. der des Klägers - waren in einer Anlage aufgeführt.

4

Mit Schreiben vom 2. April 2012 zeigte die Beklagte der Bundesagentur für Arbeit die beabsichtigte Entlassung von 156 Mitarbeitern an. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 27. April 2012 zum 31. Juli 2012. Das Kündigungsschreiben war von dem Prokuristen und Personalleiter K mit dem Zusatz „ppa“, von dem Personalsachbearbeiter G mit dem Zusatz „i.V.“ unterzeichnet. Laut Handelsregister war Herr K Gesamtprokurist der Beklagten und zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen vertretungsberechtigt.

5

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 2. Mai 2012 wies der Kläger die Kündigung „mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners“ zurück. Das Schreiben ging noch am selben Tag per Telefax bei der Beklagten ein.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, die Stellung von Herrn K als Personalleiter sei ihm nicht bekannt gewesen. Zwar sei er „eine Art Chef“. Welche Aufgaben er im Unternehmen erfülle, sei ihm jedoch nicht bekannt gewesen. Dem Interessenausgleich vom März 2012 liege auf Seiten des Betriebsrats kein wirksamer Beschluss zugrunde. Im Übrigen seien Interessenausgleich und Namensliste nicht fest miteinander verbunden gewesen. Sein Arbeitsplatz sei nicht entfallen. Zumindest habe die Beklagte ihn anderweitig beschäftigen können. Außerdem habe sie vor Abschluss des Interessenausgleichs noch keine unternehmerische Entscheidung getroffen, die einen Rückgang des Beschäftigungsbedarfs zur Folge habe. Nach seiner Entlassung seien in seiner Abteilung überdies mindestens zehn Leiharbeitnehmer eingesetzt worden. Die Sozialauswahl sei grob fehlerhaft. Die Kündigung habe im Übrigen noch vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 BetrVG den Machtbereich der Beklagten verlassen. Die Massenentlassungsanzeige sei nicht ordnungsgemäß erfolgt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. April 2012 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Materialbesteller weiter zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger gehe ins Leere. Herr K als einer der beiden Unterzeichner sei ihr Personalleiter. Sie habe ihn in eine Stelle berufen, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden sei. Den Kläger habe sie davon in Kenntnis gesetzt. Interessenausgleich und Namensliste bildeten eine formgültige Gesamturkunde. Der Kläger habe deren Vermutungswirkung nicht widerlegt. Im Arbeitsbereich des Klägers habe sie keine Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Massenentlassungsanzeige sei inhaltlich korrekt und der Bundesagentur nicht nur per Telefax, sondern auch im Original - per Boten - zugeleitet worden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Es hat angenommen, der Kläger habe die Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB mit rechtlichem Erfolg zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 27. April 2012 nicht als unwirksam ansehen. Ob sie wirksam ist, steht noch nicht fest.

11

I. Die Kündigung vom 27. April 2012 ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger sie nach § 174 Satz 1 BGB berechtigterweise hätte zurückweisen können.

12

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Folge der Zurückweisung iSd. § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen einer Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts; eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(BAG 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 37; 20. September 2006 - 6 AZR 82/06  - Rn. 33 , BAGE 119, 311 ). Die äußeren Voraussetzungen einer Zurückweisung liegen vor.

13

a) Dem Kündigungsschreiben war keine Originalvollmacht beigefügt.

14

b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Kläger habe die Kündigung aus diesem Grund, und zwar mit Blick auf beide Unterzeichner, nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen.

15

aa) Zwar heißt es in dem Schreiben vom 2. Mai 2012 nur, die Kündigung werde mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung „des Unterzeichners“ - nicht „der Unterzeichner“ - zurückgewiesen. Dem weiteren Inhalt des Schreibens hat das Landesarbeitsgericht aber in nicht zu beanstandender Weise entnommen, der Kläger habe die Vertretung der Beklagten bei Kündigungsausspruch ersichtlich unter allen Gesichtspunkten rügen wollen. Es gebe keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Rüge sich auf einen der Unterzeichner habe beschränken sollen. Dies erscheint naheliegend, zumal anderenfalls offen geblieben wäre, mit Blick auf welchen der beiden Unterzeichner die Rüge hätte erhoben sein sollen.

16

bb) Ohne Erfolg rügt die Beklagte erstmalig in der Revisionsinstanz, das Schreiben des Klägers vom 2. Mai 2012 sei nicht mit einer vollen Unterschrift, sondern allenfalls mit einer Paraphe versehen gewesen. Die Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB bedarf keiner bestimmten Form. Das Fehlen einer vollständigen Unterschrift könnte daher nur dann von Bedeutung sein, wenn es darauf schließen ließe, eine zurechenbare Willenserklärung, die Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB zurückzuweisen, sei (noch) gar nicht beabsichtigt gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat - für den Senat bindend - ein anderes Verständnis des Schreibens zugrunde gelegt. Die hiergegen gerichtete Rüge der Beklagten ist unzulässig. Der Schriftzug am Ende des der Beklagten zugegangenen Schreibens ist nicht aktenkundig. Die Beklagte beruft sich insoweit auf neuen Tatsachenvortrag.

17

c) Die Zurückweisung ist unverzüglich iSv. § 174 Satz 1 BGB erfolgt. Die Kündigung ist dem Kläger am Freitag, dem 27. April 2012, seine Zurückweisung ist der Beklagten am 2. Mai 2012 zugegangen. Dazwischen lagen nicht mehr als fünf Tage, einschließlich eines Wochenendes und des Feiertags am 1. Mai.

18

2. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber demjenigen, gegenüber dem das einseitige Rechtsgeschäft vorgenommen werden soll, die Bevollmächtigung (vorher) mitgeteilt hatte.

19

a) § 174 BGB dient dazu, bei einseitigen Rechtsgeschäften klare Verhältnisse zu schaffen. Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit darüber hat, dass der Erklärende tatsächlich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung deshalb zurechnen lassen muss ( BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 23, BAGE 137, 347; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92  - zu II 2 a der Gründe). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 20. September 2006 -  6 AZR 82/06  - Rn. 46 , 52, BAGE 119, 311 ). Gewissheit können eine Vollmachtsurkunde oder ein In-Kenntnis-Setzen schaffen. Das In-Kenntnis-Setzen nach § 174 Satz 2 BGB muss ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage einer Vollmachtsurkunde sein(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; vgl. auch BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96  - zu II 3 b bb der Gründe).

20

b) Ein In-Kenntnis-Setzen in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden ist (st. Rspr. seit 30. Mai 1972 BAG -  2 AZR 298/71  - BAGE 24, 273 ; vgl. zuletzt BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 25, BAGE 137, 347). Dabei reicht die interne Übertragung einer solchen Funktion nicht aus. Erforderlich ist, dass sie auch nach außen im Betrieb ersichtlich ist oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 20. August 1997 - 2 AZR 518/96  - zu II 3 b bb der Gründe). Der Erklärungsempfänger muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende die Stellung tatsächlich innehat (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92  - zu II 2 a der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07  - Rn. 11 , 14).

21

c) Kündigt ein Prokurist, kann die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB selbst dann ausgeschlossen sein, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 27, BAGE 137, 347). Ist die Prokura bereits länger als fünfzehn Tage im Handelsregister eingetragen, wird die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Erklärungsempfänger so behandeln lassen, als ob er die länger als fünfzehn Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91  -). Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber ist in diesen Fällen aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 28, aaO).

22

3. Danach war eine Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger nicht deshalb gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil der Unterzeichner K zum Prokuristen der Beklagten bestellt war. Laut Handelsregister hatte er lediglich Gesamtprokura zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen. Der weitere Unterzeichner des Kündigungsschreibens hatte als Sachbearbeiter keine entsprechende Stellung inne.

23

4. Nach den bisherigen Feststellungen kann dagegen die Zurückweisung der Kündigung deshalb ausgeschlossen gewesen sein, weil Herr K auch in die Stellung des Personalleiters berufen und der Kläger hierüber in Kenntnis gesetzt worden war.

24

a) Eine Zurückweisung der Kündigung nach § 174 Satz 2 BGB scheidet, auch dann aus, wenn der kündigende Personalleiter zugleich (Gesamt-)Prokurist ist und die im Handelsregister publizierte Prokura sein - alleiniges - Handeln nicht deckt. Es genügt, dass der Kündigungsempfänger aufgrund der - ihm bekannten - Stellung des Kündigenden als Personalleiter von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zum alleinigen Ausspruch von Kündigungen ausgehen muss. Ob der Personalleiter zugleich eine ausreichende Vertretungsmacht als (Gesamt-)Prokurist besitzt, ist grundsätzlich ohne Belang.

25

b) Etwas anderes gilt im Streitfall nicht deshalb, weil - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - für den Kläger nicht ersichtlich gewesen wäre, dass Herr K in seiner Funktion als Personalleiter nicht an die Einschränkungen der Prokura gebunden war, oder weil der Kläger hätte annehmen müssen, Herr K handle allein in seiner Funktion als Prokurist.

26

aa) Ist der Arbeitnehmer über die Person des Personalleiters hinreichend in Kenntnis gesetzt, muss er allein aus dessen Stellung folgern, dieser habe im Verhältnis zur Belegschaft alleinige Vertretungsmacht zum Ausspruch von Kündigungen (vgl. BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 der Gründe). Die entsprechende Befugnis eines Personalleiters wird dadurch, dass er zugleich zum Gesamtprokuristen bestellt ist, nicht begrenzt. Für die unbeschränkte Vertretungsmacht eines Personalleiters zur Erklärung von Kündigungen spielt es keine Rolle, ob er in seiner Funktion als Gesamtprokurist - ansonsten - nur zur gemeinsamen Vertretung mit einem anderen Prokuristen oder einem gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers befugt ist. Der Kläger hatte damit objektiv keinen Anlass, an der uneingeschränkten Befugnis von Herrn K zum Ausspruch von Kündigungen zu zweifeln.

27

bb) Aus dem Umstand, dass Herr K das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz „ppa“ unterzeichnete, folgt nichts anderes.

28

(1) Nach § 51 HGB hat ein Prokurist in der Weise zu zeichnen, dass er der Firma seinen Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatz beifügt. Der Zusatz soll klarstellen, dass der Erklärende als Prokurist für den Inhaber handelt (BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - zu B II 1 b und 2 b dd der Gründe; MünchKommHGB/Krebs 3. Aufl. § 51 Rn. 1; Oetker/Schubert HGB 3. Aufl. § 51 Rn. 1; Staub/Joost HGB 5. Aufl. § 51 Rn. 1). Für die Gesamtprokura gelten insoweit keine Besonderheiten (Staub/Joost aaO Rn. 8). Der Gesamtprokurist zeichnet selbst dann mit dem gewöhnlichen Prokurazusatz, wenn er allein mit interner Zustimmung des anderen Gesamtprokuristen handelt (Staub/Joost aaO). So kann ein Gesamtprokurist ein Aktivgeschäft für den Inhaber allein vornehmen, wenn der andere Gesamtprokurist ihn zum Handeln für sie beide hinsichtlich bestimmter Geschäfte ermächtigt hat (MünchKommHGB/Krebs aaO § 48 Rn. 98; Oetker/Schubert aaO § 48 Rn. 69; Staub/Joost aaO § 48 Rn. 115; allgemein für Gesamtvertreter BGH 25. November 1985 - II ZR 115/85 -; 12. Dezember 1960 - II ZR 255/59 - zu II der Gründe, BGHZ 34, 27). Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Handeln nachträglich durch den anderen Gesamtprokuristen genehmigt wird (vgl. nur MünchKommHGB/Krebs aaO § 48 Rn. 97 mwN; allgemein zur Gesamtvertretung RG 18. Februar 1921 - III 354/20 - RGZ 101, 342). Herr K kann deshalb auch bei einem Handeln als Gesamtprokurist eine alleinige Vertretungsbefugnis zum Ausspruch von Kündigungen aufgrund interner Bevollmächtigung in Anspruch genommen haben.

29

(2) Wirksame Stellvertretung setzt überdies nicht voraus, dass der Vertreter klarstellt, aufgrund welcher ihm rechtsgeschäftlich verliehenen Bevollmächtigung er für den Vertretenen auftritt. Nach § 164 Abs. 1 und Abs. 2 BGB muss er lediglich im Namen des Vertretenen und im Rahmen der ihm zustehenden Vertretungsmacht handeln. Es bedarf keines Hinweises auf die maßgebliche Bevollmächtigung. § 174 BGB eröffnet die Möglichkeit der Zurückweisung nur dann, wenn weder eine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird noch der Erklärungsempfänger zuvor von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden ist.

30

II. Ob die Zurückweisung der Kündigung vom 27. April 2012 wegen der Stellung von Herrn K als Personalleiter nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen war, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat bislang - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger davon in Kenntnis gesetzt worden war, dass Herr K die Stellung des Personalleiters innehatte. Sollte das der Fall gewesen sein, wäre die Kündigung nicht nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam.

31

III. Der Senat kann nicht aus anderen Gründen abschließend entscheiden.

32

1. Das Landesarbeitsgericht hat bisher weder geprüft, ob die Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, noch, ob die Wochenfrist zur Stellungnahme des Betriebsrats nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gewahrt und vor Ausspruch der Kündigung eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstattet worden ist. Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Eine Unwirksamkeit der Kündigung aus einem dieser Gründe folgt nicht schon aus dem bislang festgestellten Sachverhalt oder dem eigenen Vorbringen der Beklagten.

33

2. Eine mögliche Unwirksamkeit der Kündigung nach § 180 Satz 1 BGB hat der Kläger im Rechtsstreit nicht geltend gemacht.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Rachor    

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Niebler    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Mai 2013 - 17 Sa 1708/12 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte stellt Baumaschinen her. Sie beschäftigte etwa 720 Mitarbeiter. Der im Jahr 1975 geborene Kläger war bei ihr seit Februar 2004 als Materialbesteller im Fertigungslager und in der Endmontage beschäftigt.

3

Am 29. März 2012 schlossen die Beklagte und der in ihrem Betrieb gewählte Betriebsrat einen Interessenausgleich. Danach war eine Personalreduzierung in der Größenordnung der zugleich erstellten Namensliste vorgesehen. Die Namen der zu kündigenden Arbeitnehmer - ua. der des Klägers - waren in einer Anlage aufgeführt.

4

Mit Schreiben vom 2. April 2012 zeigte die Beklagte der Bundesagentur für Arbeit die beabsichtigte Entlassung von 156 Mitarbeitern an. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 27. April 2012 zum 31. Juli 2012. Das Kündigungsschreiben war von dem Prokuristen und Personalleiter K mit dem Zusatz „ppa“, von dem Personalsachbearbeiter G mit dem Zusatz „i.V.“ unterzeichnet. Laut Handelsregister war Herr K Gesamtprokurist der Beklagten und zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen vertretungsberechtigt.

5

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 2. Mai 2012 wies der Kläger die Kündigung „mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners“ zurück. Das Schreiben ging noch am selben Tag per Telefax bei der Beklagten ein.

6

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat behauptet, die Stellung von Herrn K als Personalleiter sei ihm nicht bekannt gewesen. Zwar sei er „eine Art Chef“. Welche Aufgaben er im Unternehmen erfülle, sei ihm jedoch nicht bekannt gewesen. Dem Interessenausgleich vom März 2012 liege auf Seiten des Betriebsrats kein wirksamer Beschluss zugrunde. Im Übrigen seien Interessenausgleich und Namensliste nicht fest miteinander verbunden gewesen. Sein Arbeitsplatz sei nicht entfallen. Zumindest habe die Beklagte ihn anderweitig beschäftigen können. Außerdem habe sie vor Abschluss des Interessenausgleichs noch keine unternehmerische Entscheidung getroffen, die einen Rückgang des Beschäftigungsbedarfs zur Folge habe. Nach seiner Entlassung seien in seiner Abteilung überdies mindestens zehn Leiharbeitnehmer eingesetzt worden. Die Sozialauswahl sei grob fehlerhaft. Die Kündigung habe im Übrigen noch vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 BetrVG den Machtbereich der Beklagten verlassen. Die Massenentlassungsanzeige sei nicht ordnungsgemäß erfolgt.

7

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27. April 2012 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Materialbesteller weiter zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger gehe ins Leere. Herr K als einer der beiden Unterzeichner sei ihr Personalleiter. Sie habe ihn in eine Stelle berufen, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden sei. Den Kläger habe sie davon in Kenntnis gesetzt. Interessenausgleich und Namensliste bildeten eine formgültige Gesamturkunde. Der Kläger habe deren Vermutungswirkung nicht widerlegt. Im Arbeitsbereich des Klägers habe sie keine Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Massenentlassungsanzeige sei inhaltlich korrekt und der Bundesagentur nicht nur per Telefax, sondern auch im Original - per Boten - zugeleitet worden.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Es hat angenommen, der Kläger habe die Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB mit rechtlichem Erfolg zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 27. April 2012 nicht als unwirksam ansehen. Ob sie wirksam ist, steht noch nicht fest.

11

I. Die Kündigung vom 27. April 2012 ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht deshalb unwirksam, weil der Kläger sie nach § 174 Satz 1 BGB berechtigterweise hätte zurückweisen können.

12

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Folge der Zurückweisung iSd. § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen einer Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts; eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(BAG 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 37; 20. September 2006 - 6 AZR 82/06  - Rn. 33 , BAGE 119, 311 ). Die äußeren Voraussetzungen einer Zurückweisung liegen vor.

13

a) Dem Kündigungsschreiben war keine Originalvollmacht beigefügt.

14

b) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Kläger habe die Kündigung aus diesem Grund, und zwar mit Blick auf beide Unterzeichner, nach § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen.

15

aa) Zwar heißt es in dem Schreiben vom 2. Mai 2012 nur, die Kündigung werde mangels Nachweises der Vertretungsberechtigung „des Unterzeichners“ - nicht „der Unterzeichner“ - zurückgewiesen. Dem weiteren Inhalt des Schreibens hat das Landesarbeitsgericht aber in nicht zu beanstandender Weise entnommen, der Kläger habe die Vertretung der Beklagten bei Kündigungsausspruch ersichtlich unter allen Gesichtspunkten rügen wollen. Es gebe keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die Rüge sich auf einen der Unterzeichner habe beschränken sollen. Dies erscheint naheliegend, zumal anderenfalls offen geblieben wäre, mit Blick auf welchen der beiden Unterzeichner die Rüge hätte erhoben sein sollen.

16

bb) Ohne Erfolg rügt die Beklagte erstmalig in der Revisionsinstanz, das Schreiben des Klägers vom 2. Mai 2012 sei nicht mit einer vollen Unterschrift, sondern allenfalls mit einer Paraphe versehen gewesen. Die Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB bedarf keiner bestimmten Form. Das Fehlen einer vollständigen Unterschrift könnte daher nur dann von Bedeutung sein, wenn es darauf schließen ließe, eine zurechenbare Willenserklärung, die Kündigung nach § 174 Satz 1 BGB zurückzuweisen, sei (noch) gar nicht beabsichtigt gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat - für den Senat bindend - ein anderes Verständnis des Schreibens zugrunde gelegt. Die hiergegen gerichtete Rüge der Beklagten ist unzulässig. Der Schriftzug am Ende des der Beklagten zugegangenen Schreibens ist nicht aktenkundig. Die Beklagte beruft sich insoweit auf neuen Tatsachenvortrag.

17

c) Die Zurückweisung ist unverzüglich iSv. § 174 Satz 1 BGB erfolgt. Die Kündigung ist dem Kläger am Freitag, dem 27. April 2012, seine Zurückweisung ist der Beklagten am 2. Mai 2012 zugegangen. Dazwischen lagen nicht mehr als fünf Tage, einschließlich eines Wochenendes und des Feiertags am 1. Mai.

18

2. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber demjenigen, gegenüber dem das einseitige Rechtsgeschäft vorgenommen werden soll, die Bevollmächtigung (vorher) mitgeteilt hatte.

19

a) § 174 BGB dient dazu, bei einseitigen Rechtsgeschäften klare Verhältnisse zu schaffen. Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit darüber hat, dass der Erklärende tatsächlich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung deshalb zurechnen lassen muss ( BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 23, BAGE 137, 347; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92  - zu II 2 a der Gründe). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 20. September 2006 -  6 AZR 82/06  - Rn. 46 , 52, BAGE 119, 311 ). Gewissheit können eine Vollmachtsurkunde oder ein In-Kenntnis-Setzen schaffen. Das In-Kenntnis-Setzen nach § 174 Satz 2 BGB muss ein gleichwertiger Ersatz für die Vorlage einer Vollmachtsurkunde sein(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; vgl. auch BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96  - zu II 3 b bb der Gründe).

20

b) Ein In-Kenntnis-Setzen in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden ist (st. Rspr. seit 30. Mai 1972 BAG -  2 AZR 298/71  - BAGE 24, 273 ; vgl. zuletzt BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 25, BAGE 137, 347). Dabei reicht die interne Übertragung einer solchen Funktion nicht aus. Erforderlich ist, dass sie auch nach außen im Betrieb ersichtlich ist oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 20. August 1997 - 2 AZR 518/96  - zu II 3 b bb der Gründe). Der Erklärungsempfänger muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende die Stellung tatsächlich innehat (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92  - zu II 2 a der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07  - Rn. 11 , 14).

21

c) Kündigt ein Prokurist, kann die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB selbst dann ausgeschlossen sein, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 27, BAGE 137, 347). Ist die Prokura bereits länger als fünfzehn Tage im Handelsregister eingetragen, wird die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Erklärungsempfänger so behandeln lassen, als ob er die länger als fünfzehn Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - aaO; 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91  -). Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber ist in diesen Fällen aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich (BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 28, aaO).

22

3. Danach war eine Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger nicht deshalb gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen, weil der Unterzeichner K zum Prokuristen der Beklagten bestellt war. Laut Handelsregister hatte er lediglich Gesamtprokura zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen. Der weitere Unterzeichner des Kündigungsschreibens hatte als Sachbearbeiter keine entsprechende Stellung inne.

23

4. Nach den bisherigen Feststellungen kann dagegen die Zurückweisung der Kündigung deshalb ausgeschlossen gewesen sein, weil Herr K auch in die Stellung des Personalleiters berufen und der Kläger hierüber in Kenntnis gesetzt worden war.

24

a) Eine Zurückweisung der Kündigung nach § 174 Satz 2 BGB scheidet, auch dann aus, wenn der kündigende Personalleiter zugleich (Gesamt-)Prokurist ist und die im Handelsregister publizierte Prokura sein - alleiniges - Handeln nicht deckt. Es genügt, dass der Kündigungsempfänger aufgrund der - ihm bekannten - Stellung des Kündigenden als Personalleiter von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zum alleinigen Ausspruch von Kündigungen ausgehen muss. Ob der Personalleiter zugleich eine ausreichende Vertretungsmacht als (Gesamt-)Prokurist besitzt, ist grundsätzlich ohne Belang.

25

b) Etwas anderes gilt im Streitfall nicht deshalb, weil - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - für den Kläger nicht ersichtlich gewesen wäre, dass Herr K in seiner Funktion als Personalleiter nicht an die Einschränkungen der Prokura gebunden war, oder weil der Kläger hätte annehmen müssen, Herr K handle allein in seiner Funktion als Prokurist.

26

aa) Ist der Arbeitnehmer über die Person des Personalleiters hinreichend in Kenntnis gesetzt, muss er allein aus dessen Stellung folgern, dieser habe im Verhältnis zur Belegschaft alleinige Vertretungsmacht zum Ausspruch von Kündigungen (vgl. BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 der Gründe). Die entsprechende Befugnis eines Personalleiters wird dadurch, dass er zugleich zum Gesamtprokuristen bestellt ist, nicht begrenzt. Für die unbeschränkte Vertretungsmacht eines Personalleiters zur Erklärung von Kündigungen spielt es keine Rolle, ob er in seiner Funktion als Gesamtprokurist - ansonsten - nur zur gemeinsamen Vertretung mit einem anderen Prokuristen oder einem gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers befugt ist. Der Kläger hatte damit objektiv keinen Anlass, an der uneingeschränkten Befugnis von Herrn K zum Ausspruch von Kündigungen zu zweifeln.

27

bb) Aus dem Umstand, dass Herr K das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz „ppa“ unterzeichnete, folgt nichts anderes.

28

(1) Nach § 51 HGB hat ein Prokurist in der Weise zu zeichnen, dass er der Firma seinen Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatz beifügt. Der Zusatz soll klarstellen, dass der Erklärende als Prokurist für den Inhaber handelt (BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - zu B II 1 b und 2 b dd der Gründe; MünchKommHGB/Krebs 3. Aufl. § 51 Rn. 1; Oetker/Schubert HGB 3. Aufl. § 51 Rn. 1; Staub/Joost HGB 5. Aufl. § 51 Rn. 1). Für die Gesamtprokura gelten insoweit keine Besonderheiten (Staub/Joost aaO Rn. 8). Der Gesamtprokurist zeichnet selbst dann mit dem gewöhnlichen Prokurazusatz, wenn er allein mit interner Zustimmung des anderen Gesamtprokuristen handelt (Staub/Joost aaO). So kann ein Gesamtprokurist ein Aktivgeschäft für den Inhaber allein vornehmen, wenn der andere Gesamtprokurist ihn zum Handeln für sie beide hinsichtlich bestimmter Geschäfte ermächtigt hat (MünchKommHGB/Krebs aaO § 48 Rn. 98; Oetker/Schubert aaO § 48 Rn. 69; Staub/Joost aaO § 48 Rn. 115; allgemein für Gesamtvertreter BGH 25. November 1985 - II ZR 115/85 -; 12. Dezember 1960 - II ZR 255/59 - zu II der Gründe, BGHZ 34, 27). Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Handeln nachträglich durch den anderen Gesamtprokuristen genehmigt wird (vgl. nur MünchKommHGB/Krebs aaO § 48 Rn. 97 mwN; allgemein zur Gesamtvertretung RG 18. Februar 1921 - III 354/20 - RGZ 101, 342). Herr K kann deshalb auch bei einem Handeln als Gesamtprokurist eine alleinige Vertretungsbefugnis zum Ausspruch von Kündigungen aufgrund interner Bevollmächtigung in Anspruch genommen haben.

29

(2) Wirksame Stellvertretung setzt überdies nicht voraus, dass der Vertreter klarstellt, aufgrund welcher ihm rechtsgeschäftlich verliehenen Bevollmächtigung er für den Vertretenen auftritt. Nach § 164 Abs. 1 und Abs. 2 BGB muss er lediglich im Namen des Vertretenen und im Rahmen der ihm zustehenden Vertretungsmacht handeln. Es bedarf keines Hinweises auf die maßgebliche Bevollmächtigung. § 174 BGB eröffnet die Möglichkeit der Zurückweisung nur dann, wenn weder eine Vollmachtsurkunde vorgelegt wird noch der Erklärungsempfänger zuvor von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden ist.

30

II. Ob die Zurückweisung der Kündigung vom 27. April 2012 wegen der Stellung von Herrn K als Personalleiter nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen war, steht noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht hat bislang - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger davon in Kenntnis gesetzt worden war, dass Herr K die Stellung des Personalleiters innehatte. Sollte das der Fall gewesen sein, wäre die Kündigung nicht nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam.

31

III. Der Senat kann nicht aus anderen Gründen abschließend entscheiden.

32

1. Das Landesarbeitsgericht hat bisher weder geprüft, ob die Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, noch, ob die Wochenfrist zur Stellungnahme des Betriebsrats nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gewahrt und vor Ausspruch der Kündigung eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstattet worden ist. Dies wird es ggf. nachzuholen haben. Eine Unwirksamkeit der Kündigung aus einem dieser Gründe folgt nicht schon aus dem bislang festgestellten Sachverhalt oder dem eigenen Vorbringen der Beklagten.

33

2. Eine mögliche Unwirksamkeit der Kündigung nach § 180 Satz 1 BGB hat der Kläger im Rechtsstreit nicht geltend gemacht.

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Rachor    

        

        

        

    K. Schierle    

        

    Niebler    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. August 2009 - 16 Sa 2254/08 - wird hinsichtlich eines Schadensersatzbetrages von 29,88 Euro verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie über hiervon abhängige Vergütungsansprüche.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 1. April 2008 aufgrund eines bis zum 31. März 2009 befristeten Arbeitsvertrags als Reinigungskraft im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung gegen ein Monatsentgelt von 350,00 Euro tätig. Die tägliche Arbeitszeit betrug zwei Stunden bei einer Sechs-Tage-Woche.

3

Der Arbeitsvertrag der Parteien, in dem unter Ziff. 13 ein Kündigungsrecht vereinbart ist, lautet auszugsweise wie folgt:

        

„...   

        

14. Schlussbestimmungen

        

...     

        

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann auch durch den Objektleiter/Niederlassungsleiter ausgesprochen werden.

        

…“    

4

Mit einem der Klägerin am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 25. August 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 8. September 2008. Das Kündigungsschreiben war unterzeichnet mit:

        

„i. V. [Unterschrift]

        

D C     

        

Niederlassungsleiter“

5

Herr C ist, wie im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig geworden ist, seit dem 1. April 2000 der für die Klägerin zuständige Niederlassungsleiter. Die Klägerin hatte vor der Kündigungserklärung zu ihm keinerlei beruflichen Kontakt und kannte ihn nicht. Sie wusste bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht, dass er die Stellung eines Niederlassungsleiters innehatte.

6

Mit einem der Beklagten am Folgetag zugegangenen Schreiben vom 28. August 2008 wies die Klägerin die Kündigung ua. wegen der Nichtvorlegung einer Vollmachtsurkunde zurück. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Befristungsablauf am 31. März 2009 geendet hat.

7

Mit ihrer am 5. September 2008 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigung sei gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam. Sie sei nicht davon in Kenntnis gesetzt worden, wer der im Arbeitsvertrag erwähnte Niederlassungsleiter sei.

8

Mit mehreren Klageerweiterungen hat die Klägerin in der Berufungsinstanz die auf Basis des tariflichen Mindeststundenlohns von 8,15 Euro errechnete Annahmeverzugsvergütung für den Zeitraum September 2008 bis März 2009, Urlaubs(teil-)abgeltung für das Jahr 2009 sowie Schadensersatz für nicht gewährten Urlaub für das Jahr 2008 eingeklagt. Die Beklagte hat 165,72 Euro brutto als Urlaubsabgeltung für zwölf Tage Urlaub des Urlaubsjahres 2008 gezahlt. Insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärt.

9

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 nicht aufgelöst worden ist;

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.855,48 Euro brutto nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

10

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass die Klägerin mit dem Hinweis im Arbeitsvertrag auf die Kündigungsberechtigung des Niederlassungsleiters ausreichend von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt worden sei. Durch das Kündigungsschreiben sei ihr die Stellung des Erklärenden bekannt gewesen. Da das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum 8. September 2008 beendet worden sei, bestünden keine weiteren Zahlungsansprüche.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach dem Feststellungsantrag erkannt und der Zahlungsklage in dem noch streitigen Umfang stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für die Beklagte zugelassenen Revision verfolgt diese ihr Ziel auf Klageabweisung weiter. Darüber hinaus hat sie widerklagend beantragt,

        

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.855,48 Euro nebst im Einzelnen aufgeführten Zinsbeträgen zu zahlen.

12

Mit dieser Widerklage macht sie die Rückzahlung der von ihr zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts geleisteten Zahlungen geltend.

Entscheidungsgründe

13

A. Die Revision ist hinsichtlich der mit ihr angegriffenen Verurteilung zur Zahlung nur teilweise zulässig.

14

I. Die Revision setzt sich mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu den von ihm zugesprochenen Zahlungsansprüchen nicht im Einzelnen auseinander, sondern beschränkt sich auf den Satz, dass diese Zahlungsansprüche nicht bestünden, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien am 8. September 2008 beendet worden sei. Das genügt den an die Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen insoweit, als die Begründetheit der Zahlungsansprüche denknotwendig von dem Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängt (vgl. Senat 18. November 2010 - 6 AZR 273/10 - Rn. 34).

15

Dagegen ist die Revision unzulässig, soweit in dem vom Landesarbeitsgericht der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch für den untergegangenen Urlaub des Jahres 2008 auch der selbst unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beklagten bestehende Teilurlaub nach § 5 Abs. 1 Buchst. b BUrlG enthalten ist. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin insoweit unter Zugrundelegung des gesetzlichen Mindestlohns pro Tag 16,30 Euro brutto und nicht lediglich, wie von der Beklagten bei der Berechnung dieses Teilurlaubsanspruchs angenommen, 13,81 Euro brutto zuerkannt. In Höhe der Differenz von insgesamt 29,88 Euro brutto für die von der Beklagten abgegoltenen zwölf Urlaubstage hängt der Zahlungsanspruch nicht davon ab, ob die Beklagte mit ihrer Rechtsauffassung zu § 174 BGB in der Revision Erfolg hat. Darum wäre insoweit für die Zulässigkeit der Revision ein gesonderter Revisionsangriff erforderlich gewesen. Ein solcher ist nicht erfolgt.

16

II. Der mit dem Widerklageantrag verfolgte Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO kann auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren(BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 166; Senat 5. November 1981 - 6 AZR 577/79 -) und, soweit wie hier der Hauptsacheanspruch noch rechtshängig ist, noch in der Revisionsinstanz gestellt werden (Wieczorek/Schütze/Heß ZPO 3. Aufl. § 717 Rn. 31; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13; vgl. BAG 1. August 2001 - 4 AZR 298/00 - EzBAT BAT §§ 22, 23 B. 1 Allgemeiner Verwaltungsdienst VergGr. IVb Nr. 27; BGH 29. Oktober 1980 - VIII ZR 148/79 - NJW 1981, 222). Es handelt sich um einen seiner Art nach prozessrechtlichen Anspruch, dessen Umfang durch die materiell-rechtlichen Vorschriften der §§ 812 ff. BGB bestimmt wird. Er kann nach Wahl des Antragstellers als Inzidentantrag (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - aaO; BGH 4. November 1981 - VIII ZR 215/80 - NJW 1982, 435), aber auch im Wege der Widerklage verfolgt werden (vgl. Senat 29. Februar 1996 - 6 AZR 381/95 - AP TV Ang Bundespost § 16 Nr. 1 = EzBAT BAT § 72 Nr. 6 für § 717 Abs. 2 ZPO; Zöller/Herget ZPO 27. Aufl. § 717 Rn. 13, 18 und Zöller/Vollkommer aaO § 33 Rn. 10; MünchKommZPO/Krüger 3. Aufl. § 717 Rn. 32).

17

Sinn von § 717 Abs. 3 ZPO ist es, nach Aufhebung des die Vollstreckung ermöglichenden Urteils Vermögensverschiebungen, die ohne Rechtsgrundlage erfolgt sind, so schnell wie möglich rückgängig zu machen. Der Vollstreckungsschuldner soll nicht darunter leiden, dass der Gläubiger sich durch voreilige Ausnutzung der ihm vom Staat durch die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils eingeräumten Machtstellung in den Genuss der Urteilssumme gesetzt hat (BAG 23. Dezember 1961 - 5 AZR 53/61 - BAGE 12, 158, 167 f.). Bis zur Urteilsaufhebung durch das Revisionsgericht besteht der Bereicherungsanspruch nur bedingt. Die Urteilsaufhebung ist ein innerprozessuales Ereignis, ohne dessen Eintritt über den Antrag nach § 717 Abs. 3 ZPO nicht zu befinden ist. Ausgehend davon handelt es sich bei diesem Antrag in jedem Fall um einen Eventualantrag (vgl. Krafft JuS 1997, 734, 737).

18

B. Im Umfang ihrer Zulässigkeit ist die Revision unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 beendet worden ist. Daraus ergeben sich die vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Zahlungsansprüche aus Annahmeverzug und Schadensersatz für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche. Der im Wege der Eventualwiderklage erhobene Anspruch aus § 717 Abs. 3 ZPO ist damit nicht zur Entscheidung angefallen.

19

I. Die Kündigung der Beklagten vom 25. August 2008 ist gemäß § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beigefügt war und die Klägerin die Kündigung deswegen unverzüglich zurückgewiesen hat. Das Zurückweisungsrecht war nicht nach § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte hat die Klägerin über das Kündigungsrecht des Niederlassungsleiters C nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt.

20

1. Nach § 174 Satz 1 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. Das Zurückweisungsrecht ist nach § 174 Satz 2 BGB nur dann ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber dem Erklärungsempfänger die Bevollmächtigung vorher mitgeteilt hat. Folge der Zurückweisung nach § 174 Satz 1 BGB ist - unabhängig vom Bestehen der Vollmacht - die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Eine Heilung oder Genehmigung nach § 177 BGB scheidet aus(Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 33, BAGE 119, 311).

21

2. Der Kündigungserklärung des Niederlassungsleiters C im Schreiben vom 25. August 2008 war keine auf ihn lautende Vollmachtsurkunde beigefügt. Die Klägerin hat die ihr am Montag, dem 25. August 2008, zugegangene Kündigung aus diesem Grunde mit einem bei der Beklagten am Freitag, dem 29. August 2008, eingegangenen Schreiben und damit noch unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB zurückgewiesen. Die Zeit zwischen dem 25. und dem 29. August 2008 hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei als angemessene Überlegungsfrist und Frist zur Einholung von Rechtsrat angesehen. Es sind keine Umstände des Einzelfalls ersichtlich, die auf ein schuldhaftes Zögern der Klägerin schließen lassen (vgl. BAG 30. Mai 1978 - 2 AZR 633/76 - AP BGB § 174 Nr. 2 = EzA BGB § 174 Nr. 2).

22

3. Das Zurückweisungsrecht war nicht gemäß § 174 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die bloße Kundgabe der dem jeweiligen Niederlassungsleiter zur Erklärung von Kündigungen erteilten Innenvollmacht in den Schlussbestimmungen des Arbeitsvertrags reichte nicht aus, um die Klägerin von dessen Bevollmächtigung in Kenntnis zu setzen. Dafür hätte es eines weiteren Handelns der Beklagten bedurft, durch das der Klägerin zumindest aufgezeigt worden wäre, auf welche Weise sie den Namen des aktuellen Niederlassungsleiters erfahren könne. Das ergibt sich aus dem Zweck des § 174 BGB.

23

a) § 174 BGB steht im Zusammenhang mit dem Verbot vollmachtlosen Handelns bei einseitigen Rechtsgeschäften(§ 180 Satz 1 BGB). Hat der Vertreter wie im vorliegenden Fall Vertretungsmacht, ist die Vertretung zwar zulässig. Ohne Nachweis dieser Vollmacht weiß der Empfänger aber nicht, ob das ihm gegenüber vorgenommene einseitige Rechtsgeschäft wirksam ist. § 174 BGB dient dazu, klare Verhältnisse zu schaffen(MünchKommBGB/Schramm 5. Aufl. § 174 Rn. 1; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 1). Der Erklärungsempfänger ist zur Zurückweisung der Kündigung berechtigt, wenn er keine Gewissheit hat, dass der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und sich der Arbeitgeber dessen Erklärung tatsächlich zurechnen lassen muss (BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10). Der Empfänger einer einseitigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende hat und ob damit das Recht zur Kündigung verbunden ist oder üblicherweise verbunden zu sein pflegt. Er soll vor der Ungewissheit geschützt werden, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt ist, das Rechtsgeschäft vorzunehmen (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 46, 52, BAGE 119, 311). Das Inkenntnissetzen nach § 174 Satz 2 BGB muss darum ein gleichwertiger Ersatz für die fehlende Vorlage der Vollmachtsurkunde sein(vgl. BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12).

24

b) Ausgehend von diesem Zweck des § 174 BGB reicht für ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB die bloße Mitteilung im Arbeitsvertrag, dass der jeweilige Inhaber einer bestimmten Stelle kündigen dürfe, nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers, aufgrund dessen es dem Empfänger der Kündigungserklärung möglich ist, der ihm genannten Funktion, mit der das Kündigungsrecht verbunden ist, die Person des jeweiligen Stelleninhabers zuzuordnen.

25

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist(seit 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273). Dabei reicht allerdings die bloße Übertragung einer solchen Funktion nicht aus, wenn diese Funktionsübertragung aufgrund der Stellung des Bevollmächtigten im Betrieb nicht ersichtlich ist und auch keine sonstige Bekanntmachung erfolgt (BAG 20. August 1997 - 2 AZR 518/96 - zu II 3 b bb der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 11 = EzA BGB § 174 Nr. 12). Vielmehr ist es erforderlich, dass der Erklärungsempfänger davon in Kenntnis gesetzt wird, dass der Erklärende diese Stellung tatsächlich innehat (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 49, BAGE 119, 311; BAG 29. Oktober 1992 - 2 AZR 460/92 - zu II 2 a der Gründe, AP BGB § 174 Nr. 10 = EzA BGB § 174 Nr. 10; vgl. auch 9. Mai 1985 - 2 AZR 355/84 - zu III 5 b aa der Gründe; BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 11, 14, NJW 2009, 293). Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die Berufung eines Mitarbeiters auf die Stelle eines Personalleiters oder eine ähnliche Stelle zunächst ein rein interner Vorgang ist. Ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB verlangt aber begriffsnotwendig auch einen äußeren Vorgang, der diesen inneren Vorgang öffentlich macht und auch die Arbeitnehmer erfasst, die erst nach einer eventuell im Betrieb bekannt gemachten Berufung des kündigenden Mitarbeiters in eine mit dem Kündigungsrecht verbundene Funktion eingestellt worden sind(vgl. Lux NZA-RR 2008, 393, 395 f.).

26

bb) Ist nach einer öffentlich bekannt gemachten Satzung oder einem öffentlich bekannt gemachten Erlass mit dem Bekleiden einer bestimmten Funktion die Kündigungsbefugnis verbunden, muss sich der Erklärungsempfänger zwar die Kenntnis der Satzung oder des Erlasses, aus dem sich das Bestehen der Vertretungsmacht als solcher, dh. das Kündigungsrecht des jeweiligen Inhabers der in der Satzung oder im Erlass genannten Stelle, zurechnen lassen ( Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 18. Oktober 2000 - 2 AZR 627/99 - BAGE 96, 65, 69). Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist aber auch in dieser Konstellation erst dann genügt, wenn der Erklärungsempfänger von der Person des Stelleninhabers in Kenntnis gesetzt ist. Dabei genügt es nicht, dass sich die Zuordnung der Person zur Funktion aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vertretenen zur Information des Arbeitnehmers. Dafür reicht es aus, den Arbeitnehmer aufzufordern, sich über die Organisationsstruktur aus den ihm übergebenen Unterlagen oder dem ihm zugänglichen Intranet zu informieren, sofern sich aus diesen Quellen ergibt, wer die mit der Vertretungsmacht verbundene Funktion konkret bekleidet (Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - aaO).

27

cc) Kündigt ein Prokurist, ist die Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB zwar auch dann ausgeschlossen, wenn der Erklärungsempfänger keine Kenntnis von der Erteilung der Prokura bzw. der Prokuristenstellung hat und der Vertreter ohne Hinweis auf seine Prokura handelt. In dieser Konstellation wird jedoch die nach § 174 Satz 2 BGB erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs nach der Eintragung der Prokura in das Handelsregister durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Aufgrund der Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB muss sich der Dritte so behandeln lassen, als ob er die länger als 15 Tage eingetragene Tatsache kennt(BAG 11. Juli 1991 - 2 AZR 107/91 - AP BGB § 174 Nr. 9 = EzA BGB § 174 Nr. 9; kritisch Lux NZA-RR 2008, 393; Boecken Anm. EzA BGB § 174 Nr. 9).

28

Eine direkte Kundgabe der Bevollmächtigung und der Person des Bevollmächtigten durch den Vollmachtgeber selbst ist also in diesen Fällen nur aufgrund der Publizität des Handelsregisters entbehrlich.

29

dd) Teilt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bereits im Arbeitsvertrag mit, dass der (jeweilige) Inhaber einer bestimmten Funktion kündigungsbefugt ist, liegt darin die Kundgabe der Erteilung einer Innenvollmacht. Diese Kundgabe bedarf keiner Form und unterliegt auch keiner Inhaltskontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB, insbesondere keiner Kontrolle auf Transparenz und Einhaltung des Überraschungsverbots. Anders als vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Arbeitnehmers sind einseitige Rechtsgeschäfte und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen des Verwenders selbst keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSd. § 305 BGB(Däubler/Bonin/Deinert/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 305 Rn. 7).

30

Die bloße Kundgabe der Erteilung der Innenvollmacht genügt aber den Anforderungen an ein Inkenntnissetzen iSd. § 174 Satz 2 BGB allein noch nicht. Auch der Hinweis des Kündigenden auf seine Vertreterstellung im Kündigungsschreiben schließt das Zurückweisungsrecht des Arbeitnehmers nicht aus (vgl. Senat 20. September 2006 - 6 AZR 82/06 - Rn. 50, BAGE 119, 311; BAG 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Erforderlich ist vielmehr ein zusätzliches Handeln des Vollmachtgebers selbst, das es vor Zugang der Kündigungserklärung dem Erklärungsempfänger ermöglicht, die Person des Kündigenden der kündigungsberechtigten Funktion zuzuordnen. Dabei muss nicht zwingend der Kündigungsberechtigte im Arbeitsvertrag namentlich bezeichnet werden. Ausreichend für ein Inkenntnissetzen ist es auch, wenn der Arbeitgeber im Vertrag oder während des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer einen Weg aufzeigt, auf dem dieser vor Zugang der Kündigung immer unschwer erfahren kann, welche Person die Position innehat, mit der nach dem Arbeitsvertrag das Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei muss der aufgezeigte Weg dem Arbeitnehmer nach den konkreten Umständen des Arbeitsverhältnisses zumutbar sein und den Zugang zu der Information über die bevollmächtigte Person auch tatsächlich gewährleisten, etwa durch einen Aushang an der Arbeitsstelle, durch das dem Arbeitnehmer zugängliche Intranet oder durch die Möglichkeit der Auskunftseinholung bei einem anwesenden oder zumindest jederzeit leicht erreichbaren Vorgesetzten. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer von der ihm aufgezeigten Möglichkeit zur Information vor Zugang der Kündigung tatsächlich Gebrauch macht. Den Anforderungen des § 174 Satz 2 BGB ist auch dann genügt, wenn dies nicht oder erst nach Erhalt des Kündigungsschreibens geschieht.

31

c) Diese Auslegung des § 174 Satz 2 BGB wird den Erfordernissen des Arbeitslebens, von denen sich das Bundesarbeitsgericht bei den an ein Inkenntnissetzen zu stellenden Anforderungen stets hat leiten lassen(vgl. BAG 30. Mai 1972 - 2 AZR 298/71 - BAGE 24, 273, 277), gerecht. In Branchen, die von einer hohen Fluktuation geprägt sind, würde es einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten, wenn jedem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt werden müsste. Dabei wäre in jedem Fall eine Urschrift oder eine diese ersetzende Ausfertigung erforderlich, Abschriften oder Fotokopien sowie Faxkopien reichten nicht (vgl. BGH 4. Februar 1981 - VIII ZR 313/79 - AP BGB § 174 Nr. 5). Die Mitteilung, auf welche Weise der Arbeitnehmer die Person des Kündigungsberechtigten immer unschwer erfahren kann, ist dagegen ohne besonderen Aufwand möglich. Sie schafft klare Verhältnisse und stellt unter den genannten Voraussetzungen für den Erklärungsempfänger hinreichend sicher, dass der Kündigende tatsächlich kündigungsbefugt ist.

32

d) Die Beklagte hat die Klägerin nicht ausreichend von der Bevollmächtigung des Niederlassungsleiters C in Kenntnis gesetzt. Sie hat der Klägerin weder im Arbeitsvertrag selbst noch später bis zur Erklärung der Kündigung mitgeteilt, wer der für sie zuständige Niederlassungsleiter ist. Sie hat ihr auch bis zur Kündigung keinen Weg aufgezeigt, auf dem sie immer unschwer erfahren konnte, wer diese Funktion bekleidete.

33

4. Der Klägerin ist es nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf ihre Unkenntnis von der Vollmacht des Niederlassungsleiters C zu berufen.

34

a) Die Zurückweisung ist nach § 242 BGB unzulässig, wenn der Kündigungsempfänger den Vertreter in der bestehenden Geschäftsverbindung auch ohne Vorlage der Vollmachtsurkunde bereits wiederholt als solchen anerkannt hat, solange kein begründeter Zweifel am Bestehen der Vollmacht aufgetreten ist(BGH 20. Oktober 2008 - II ZR 107/07 - Rn. 15, NJW 2009, 293; Soergel/Leptien BGB 13. Aufl. § 174 Rn. 5).

35

b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin keinen Vertrauenstatbestand bei der Beklagten geschaffen. Sie hat unstreitig keinerlei Kontakt mit dem Niederlassungsleiter C gehabt. Das Arbeitsverhältnis wurde ausschließlich über die Objektleiterin abgewickelt. Herr C hat auch den Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet. Ohnehin ergäbe sich selbst aus einem solchen Umstand nicht mit hinreichender Sicherheit, dass ein Kündigungsrecht bestand. Es gibt keinen Erfahrungssatz, nach dem die Befugnis zur Einstellung stets mit der zu einer Entlassung verbunden ist (vgl. BAG 29. Juni 1989 - 2 AZR 482/88 - AP BGB § 174 Nr. 7 = EzA BGB § 174 Nr. 6).

36

II. Die Revision ist auch unbegründet, soweit sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 1.515,90 Euro brutto unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs für Dezember 2008 bis einschließlich März 2009 sowie zur Zahlung von Schadensersatz von 309,70 Euro brutto für die untergegangenen Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsansprüche wendet. Diese Ansprüche ergeben sich aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31. März 2009. Ihre Höhe hat das Landesarbeitsgericht zutreffend errechnet. Konkrete Rügen erhebt die Beklagte diesbezüglich nicht.

37

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. April 2011 - 6 Sa 9/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 8. Dezember 2010 - 2 Ca 1002/10 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.

2

Die Klägerin war seit 1. August 1987 bei der E GmbH (Schuldnerin) und deren Rechtsvorgängerin als Industriekauffrau beschäftigt. Die Schuldnerin vertrieb Teppiche. Für sie waren regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer tätig.

3

Der Arbeitsvertrag vom 22. November 1990 sieht ua. vor:

        

Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

…       

        
        

2.    

Die Gesellschaft behält sich vor, dem Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens bei unveränderten Bezügen auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Eine Versetzung an einen anderen Ort kann nur im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter erfolgen.

        

...     

        
        

Vertragsdauer und Kündigung

        

1.    

Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er kann von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Vierteljahresschluß durch schriftliche Erklärung gekündigt werden.

                 

…       

        

...“   

4

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 28. Januar 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Der Beklagte wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

5

Die F GmbH, die Linoleumfußböden vertreibt, teilte der Geschäftsführung der Schuldnerin mit, bei ihr fielen erhebliche Arbeitsmengen an. Es bestehe jedoch ein Einstellungsstopp. Die Klägerin war deshalb zunächst bis 31. August 2010 in den Räumen der Schuldnerin für die F GmbH tätig und in deren Betriebsabläufe eingebunden. Das Arbeitsentgelt leistete der Beklagte an die Klägerin. Die Vergütung wurde von der F GmbH erstattet. Später begründeten die Klägerin und die F GmbH ein vom 1. September 2010 bis 31. Dezember 2010 befristetes Arbeitsverhältnis. Mittlerweile steht die Klägerin in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der F GmbH.

6

Am 30. April 2010 schloss der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter einen Interessenausgleich mit dem bei der Schuldnerin gebildeten Betriebsrat. Dort heißt es auszugsweise:

        

„Präambel

        

Mit Beschluss des Amtsgerichts P vom 28.01.2010 wurde über das Vermögen der E GmbH (künftig Schuldnerin genannt) eine vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Es besteht gemäß dem Gutachten nach § 5 InsO eine negative Fortbestehens- und Fortführungsprognose. Da die Marken- und Lizenzrechte für wichtige Produkte an einen Wettbewerber veräußert wurden und die Produktion von Teppichfußböden in P bis spätestens zum 31.08.2010 eingestellt wird, sind sich die Beteiligten darüber einig, dass eine Betriebseinstellung unumgänglich ist.

        

Der Betriebsrat ist über die anstehende Maßnahme umfangreich informiert worden.

        

Die nachfolgenden Regelungen dienen dazu, das Verfahren nach § 122 InsO auf gerichtliche Zustimmung zur Durchführung einer Betriebsänderung bzw. einen Feststellungsantrag nach § 126 InsO zu vermeiden.

        

…       

                 
        

§ 2 Gegenstand der Betriebsänderung

        

Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin in P wird kurzfristig, spätestens bis zum 31.08.2010, stillgelegt. Alle Arbeitsplätze werden entfallen.

        

§ 3 Durchführung der Betriebsänderung - Personalmaßnahmen

        

Aufgrund der in § 2 genannten Maßnahme, die im Einzelnen gegenüber dem Betriebsrat begründet und in diesem erörtert worden ist, besteht Einigkeit darüber, dass es erforderlich ist, sämtliche Arbeitsverhältnisse/Dienstverhältnisse der Beschäftigten unter Beachtung der Kündigungsfristen gemäß § 113 InsO zu kündigen.

        

Lediglich in Einzelfällen wird sich der Arbeitgeber vorbehalten, die Kündigungen mit einer längeren Auslauffrist als derjenigen in § 113 InsO auszusprechen.

        

Die Masse wird voraussichtlich nicht zur Bezahlung der Löhne während der verkürzten Kündigungsfrist ausreichen.

        

§ 4 Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG

        

Der Betriebsrat erklärt mit Unterzeichnung dieses Interessenausgleichs, dass er bereits im Rahmen dieser Verhandlungen im Interessenausgleich ordnungsgemäß die nach § 102 BetrVG erforderlichen Informationen der berücksichtigten Kündigungsgründe und die Informationen zur Sozialauswahl in einer Liste sämtlicher Arbeitnehmer mit ihren relevanten Sozialdaten (Name, Funktion, Abteilung, Geburtsdatum, Eintrittsdatum, Familienstand, Unterhaltspflichten, lt. Lohnsteuerkarte, individuelle Kündigungsfrist, Schwerbehinderung, Verdienst) erhalten hat und so bereits ordnungsgemäß angehört wurde.

        

Der Betriebsrat hat damit auch eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer erhalten. Der Betriebsrat erklärt, dass er die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis nimmt und keine weitere Stellungnahme abgeben wird und das Anhörungsverfahren als abgeschlossen sieht.

        

...“   

7

Am 1. Mai 2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin unter dem 3. Mai 2010. Das Kündigungsschreiben lautet auszugsweise:

        

„Sehr geehrte Frau B,

        

mit Beschluss des AG P vom 01.05.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Unterzeichner als Insolvenzverwalter bestellt.

        

Als Insolvenzverwalter spreche ich hiermit die ordentliche

        

Kündigung

        

des Arbeitsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus.

        

Der Kündigungszeitpunkt richtet sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemäß § 622 BGB. Wenn das Arbeitsverhältnis keine 2 Jahre bestanden hat, wirkt die Kündigung mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende des Kalendermonats. Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 2 Jahren endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats und bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 5 Jahren mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Kalendermonats. Besteht das Arbeitsverhältnis mehr als 8 Jahre, so endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalendermonats. Bei noch älteren Arbeitsverhältnissen greift gemäß § 113 Abs. I S. 2 InsO die Kündigung ebenfalls regelmäßig mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats. Die noch längeren Fristen gemäß § 622 Abs. II BGB werden auf die Dreimonatsfrist des § 113 Abs. I S. 2 InsO reduziert. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.

        

Für ein Arbeitsverhältnis, bei dem sich zwar aus § 622 Abs. II BGB eine kürzere als eine dreimonatige Kündigungsfrist ergeben würde, bei dem jedoch einzelvertraglich oder tarifvertraglich eine längere Kündigungsfrist vereinbart ist, wirkt sich § 113 Abs. I S. 2 InsO dahingehend aus, dass die vereinbarte Frist insoweit maßgeblich ist, als sie die Dreimonatsfrist nicht überschreitet. Ist sie länger als diese, so gilt die reduzierte Dreimonatsfrist, so dass solche Arbeitsverhältnisse ebenfalls mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats enden.

        

Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis wirkt sich § 113 Abs. I InsO so aus, dass mit der Dreimonatsfrist gekündigt werden kann, sofern der Befristungszeitpunkt später liegt. Läuft die Frist vorher ab, so erlischt das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es dieser Kündigung bedarf.

        

…“    

8

Mit ihrer am 18. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt. Sie hat der Klage das Kündigungsschreiben beigefügt und die beklagte Partei als „RAe K & Partner als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. E GmbH“ bezeichnet. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe sich auf ihren Arbeitsplatz nicht auswirken können, weil sie von der F GmbH beschäftigt worden sei. Der Beklagte habe nicht dargelegt, dass eine Beschäftigung über den 31. August 2010 hinaus nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen sei die Betriebsratsanhörung unzureichend, weil der Betriebsrat nicht über ihre Tätigkeit für die F GmbH unterrichtet worden sei.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 nicht beendet wird;

        

2.    

den Beklagten im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Industriekauffrau weiterzubeschäftigen.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, wegen der Veräußerung von Marken- und Lizenzrechten durch die Konzernmutter der Schuldnerin sei es rechtlich nicht möglich gewesen, die Teppichfertigung und den Teppichvertrieb über den Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus fortzusetzen. Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens habe noch eine „Ausproduktion“ stattfinden können. Diese Sach- und Rechtslage sei dem Betriebsrat mitgeteilt worden und Grundlage der Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan gewesen. Die Geschäftsführung der Schuldnerin habe mit Zustimmung des Beklagten die Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb mit der Verfahrenseröffnung stillzulegen und das Unternehmen nach der Verfahrenseröffnung abzuwickeln. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin sei mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt worden. Die Abwicklungstätigkeit habe mit dem 31. August 2010, dem Ende der Kündigungsfristen, geendet. Die Außendienstmitarbeiter seien im Wesentlichen durch einen Wettbewerber übernommen worden. Für die verbliebenen Arbeitnehmer sei der Beschäftigungsbedarf entfallen. Nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats seien die Arbeitsverhältnisse gekündigt worden. Dem Betriebsrat seien die Sozialdaten der Arbeitnehmer mitgeteilt worden, wie sich schon aus dem Interessenausgleich ergebe. Mit dem Betriebsrat sei über alle Arbeitnehmer gesprochen worden. Ihm sei auch der Einsatz von zwei Arbeitnehmerinnen für die F GmbH bekannt gewesen.

11

Die Parteien haben die Beklagtenbezeichnung vor dem Arbeitsgericht dahin richtiggestellt, dass sich die Klage gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin richte. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Klage weiter abgewiesen wissen.

Entscheidungsgründe

12

A. Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung vom 3. Mai 2010 beendete das Arbeitsverhältnis mit dem 31. August 2010. Der Senat hat deshalb nicht über den Weiterbeschäftigungsantrag zu entscheiden.

13

I. Die „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erklärte Kündigung war darauf gerichtet, das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2010 zu beenden. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigungserklärung sei bereits deswegen unwirksam, weil sie nicht ausreichend bestimmt sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung selbst dann nicht stand, wenn es sich bei dem Kündigungsschreiben um eine nur beschränkt revisible atypische Willenserklärung handeln sollte. Das gilt erst recht, wenn das Kündigungsschreiben eine typische, revisionsrechtlich weiter gehend überprüfbare Erklärung sein sollte. Eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hätte der Senat auch in diesem Fall nicht durchzuführen. Einseitige Rechtsgeschäfte des Verwenders enthalten keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 29 mwN, BAGE 137, 347).

14

1. Bei der Auslegung einer Kündigung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (vgl. BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 30 mwN, BAGE 129, 265). Der Erklärungsempfänger muss aus dem Wortlaut und den Begleitumständen der Kündigung ua. erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Bei Zugang der Kündigung muss für ihn bestimmbar sein, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist und zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336).

15

2. Dafür genügt im Fall einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. Staudinger/Oetker (2012) Vorbem. zu §§ 620 ff. Rn. 125; ähnlich Eisemann NZA 2011, 601, 602). Auch eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (vgl. Muthers Anm. RdA 2012, 172, 176; Raab RdA 2004, 321, 326). Eine Kündigung ist allerdings nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. BAG 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).

16

3. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1. September 2010 (- 5 AZR 700/09 - BAGE 135, 255) geht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts von keinen anderen Voraussetzungen für eine hinreichend bestimmte Kündigung aus (aA Ziemann jurisPR-ArbR 3/2011 Anm. 1). Der Fünfte Senat hatte dort zu beurteilen, ob sich bei einer Kündigung, die einen bestimmten Kündigungstermin nennt, durch Auslegung ein anderer Kündigungstermin ermitteln lässt, wenn die Kündigung keine weiteren Angaben enthält. In diesem Zusammenhang hat der Fünfte Senat ausgeführt, auch das Bestimmtheitsgebot stehe der Auslegung der Kündigungserklärung zu einem anderen Termin entgegen. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, darüber zu rätseln, zu welchem anderen als dem in der Kündigungserklärung angegebenen Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könne (vgl. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 27, aaO). Dem ist nicht zu entnehmen, ohne Angabe eines datierten Kündigungstermins handle es sich nicht um eine ausreichend bestimmte Kündigungserklärung. Auch der Fünfte Senat geht davon aus, dass eine Kündigungserklärung in der Regel auslegungsfähig ist.

17

4. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichtsgerichts, die Kündigungserklärung vom 3. Mai 2010 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ sei unbestimmt, weil der Klägerin nicht das maßgebliche „Rechenprogramm“ (gesetzliche, tarif- oder arbeitsvertragliche Regelungen) und die maßgeblichen Tatsachen (insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit) mitgeteilt worden seien, wird diesen Grundsätzen nicht gerecht. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das Bestimmtheitsgebot der gebotenen Auslegung nicht entgegensteht (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278; 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336; 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe). Es hat aber nicht den gesamten Inhalt der Kündigungserklärung bei seiner Auslegung verwertet. Zugleich hat das Landesarbeitsgericht Auslegungsgrundsätze verletzt, indem es davon ausgegangen ist, der Beklagte habe der Klägerin Tatsachen - vor allem ihre Betriebszugehörigkeit - mitteilen müssen, um sie in die Lage zu versetzen, den Kündigungstermin zu bestimmen. Die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ ist als Kündigung zum 31. August 2010 auszulegen. Nur so konnte die Klägerin die Erklärung des Beklagten verstehen.

18

a) Der Zeitpunkt, zu dem die ausdrücklich als ordentliche Kündigung bezeichnete Erklärung vom 3. Mai 2010 das Arbeitsverhältnis beenden sollte, lässt sich dem Kündigungsschreiben entnehmen. Die Erklärung des Beklagten beschränkt sich nicht auf eine ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“, sondern gibt zugleich an, nach welchen Vorschriften sich die Kündigungsfrist bestimmt. Das Kündigungsschreiben gibt den Regelungsgehalt von § 622 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB wieder. Zudem wird ausgeführt, dass bei „noch älteren Arbeitsverhältnissen“ nach „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats gelte. Das Kündigungsschreiben erläutert die Wirkung von § 113 Satz 2 InsO, wenn auch unter Hinweis auf die bis 31. Dezember 2003 geltende Fassung. So führt es aus, dass Fristen, die drei Monate überschritten, nach § 622 Abs. 2 BGB auf die Dreimonatsfrist des „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ reduziert würden. Dargestellt wird ferner, dass einzel- oder tarifvertragliche längere Kündigungsfristen als die Fristen des § 622 Abs. 2 BGB nach „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ nur insoweit maßgeblich seien, als sie die Dreimonatsfrist nicht überstiegen. Für die Klägerin war deshalb nicht unklar, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis gekündigt werden sollte. Sie konnte der Erklärung entnehmen, dass nach § 113 InsO eine dreimonatige Kündigungsfrist galt, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich war.

19

b) Die Klägerin musste die Erklärung so verstehen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit einer dreimonatigen Frist zum 31. August 2010 gekündigt wurde, ohne dass weitere Angaben des Beklagten erforderlich gewesen wären.

20

aa) Der Arbeitgeber kann in der Regel davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer seine Betriebszugehörigkeit kennt. Ausnahmsweise - zB im Fall eines zweifelhaften Betriebsübergangs - kann anderes gelten. Für einen solchen Ausnahmetatbestand bestehen hier keine Anhaltspunkte. Im Regelfall der dem Arbeitnehmer bekannten Betriebszugehörigkeit ist die Kündigungserklärung hinreichend bestimmt, wenn das Kündigungsschreiben die maßgeblichen Kündigungsfristen nennt. Der Arbeitnehmer ist dann unschwer in der Lage zu bestimmen, zu welchem „nächstmöglichen Zeitpunkt“ der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte.

21

bb) Die Klägerin konnte anhand ihrer Betriebszugehörigkeit seit 1. August 1987 und der im Arbeitsvertrag getroffenen Regelung erkennen, zu welchem Termin die Kündigung vom 3. Mai 2010 wirken sollte. Unter Berücksichtigung der verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB konnte sie dem Kündigungsschreiben entnehmen, dass § 113 Satz 2 InsO die Kündigungsfrist in ihrem Fall auf drei Monate verringerte und einen anderen Kündigungstermin als das arbeitsvertraglich vorgesehene Vierteljahresende zuließ. Der Kündigungstermin des 31. August 2010 war daher - für sie ersichtlich - der „nächstmögliche Zeitpunkt“.

22

c) Für die Frage einer ausreichend bestimmten Kündigung ist nicht erheblich, dass im Kündigungsschreiben ausgeführt ist, bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer seien Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres lägen, nicht zu berücksichtigen. Das widerspricht der rechtlichen Einordnung, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB unionsrechtswidrig und wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht anzuwenden ist(vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 43, Slg. 2010, I-365; BVerfG 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - [Honeywell] Rn. 53, BVerfGE 126, 286; BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 11; 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 15 ff., BAGE 135, 278; 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 16 ff., BAGE 135, 255). Mit Rücksicht auf ihr Lebensalter und ihre Betriebszugehörigkeit seit 1. August 1987 konnte die Klägerin jedoch ohne Weiteres erkennen, dass sich die Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB - in jedem Fall auf drei Monate verkürzte.

23

II. Die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 ist wirksam. Sie beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 113 Satz 2 InsO mit dem 31. August 2010.

24

1. Die Kündigungsschutzklage wahrt die Erfordernisse des § 4 Satz 1 KSchG.

25

a) Die Kündigung gilt nicht bereits wegen Zeitablaufs nach § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG wurde durch die am 18. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage, die sich gegen „RAe K & Partner … als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. E GmbH“ richtete, gewahrt. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich die Klage von Anfang an gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes richtete. Die Parteibezeichnung war lediglich ungenau und deswegen richtigzustellen (vgl. BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 41 ff.; 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 18 ff.).

26

b) Zwischen den Parteien bestand bei Zugang der Kündigung noch ein Arbeitsverhältnis.

27

aa) Der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ist Voraussetzung für die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 20).

28

bb) Bei der Tätigkeit der Klägerin für die F GmbH handelte es sich nicht um gewerbsmäßige, also erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG idF vom 23. Dezember 2002 (aF).

29

(1) Gewerbsmäßig iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF war jede nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile gerichtete selbständige Arbeitnehmerüberlassungstätigkeit. Entscheidendes Kriterium war die Gewinnerzielungsabsicht. Dabei kam es nicht darauf an, ob tatsächlich Gewinn erzielt wurde. Gewinnerzielungsabsicht war ua. dann zu verneinen, wenn die Überlassung lediglich gegen Erstattung der Personalkosten erfolgen sollte und der Verleiher dadurch auch mittelbar keine wirtschaftlichen Vorteile erlangte. Zu den Kosten gehörten nicht nur die Kosten der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer selbst, sondern auch die Verwaltungskosten, die beim Verleiher für die Arbeitnehmerüberlassung anfielen (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 32/10 - Rn. 35; 2. Juni 2010 - 7 AZR 946/08 - Rn. 19).

30

(2) Danach überließ der Beklagte die Klägerin nicht gewerbsmäßig an die F GmbH. Ihm fehlte die Gewinnerzielungsabsicht, weil er sich von der F GmbH lediglich das an die Klägerin geleistete Arbeitsentgelt erstatten ließ und darüber hinaus keine unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile erzielte.

31

(3) Da der Beklagte keine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betrieb, brauchte er keine Überlassungserlaubnis iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF. Zwischen der Klägerin und der F GmbH konnte daher kein Arbeitsverhältnis kraft gesetzlicher Fiktion nach § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF zustande kommen. Darauf beruft sich die Klägerin auch nicht. Ihre Kündigungsschutzklage wäre sonst bereits aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen, weil bei Zugang der Kündigung nicht länger ein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bestanden hätte. Der Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten wäre durch die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis unwirksam geworden (vgl. ErfK/Wank 13. Aufl. § 9 AÜG Rn. 2). Auf die Fragen der Wirksamkeit der Kündigung käme es dann nicht mehr an (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 20).

32

2. Die Kündigung ist formell und materiell wirksam.

33

a) Sie musste neben dem Beklagten nicht auch von der F GmbH erklärt werden.

34

aa) Stehen mehrere natürliche oder juristische Personen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben Arbeitnehmer, kann ein einheitliches Arbeitsverhältnis begründet sein. Dafür ist ein rechtlicher Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Beziehungen erforderlich, der es verbietet, sie rechtlich getrennt zu behandeln. Ein solcher Zusammenhang kann sich aus der Auslegung der geschlossenen Verträge, aber auch aus zwingenden rechtlichen Wertungen ergeben (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 30). Besteht ein einheitliches Arbeitsverhältnis, kann es im Regelfall nur von allen auf einer Vertragsseite Beteiligten gekündigt werden (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16 mwN).

35

bb) Hier bestehen keinerlei Anhaltspunkte für ein einheitliches Arbeitsverhältnis. Die vertraglichen Beziehungen des Beklagten, der F GmbH und der Klägerin waren nicht in einer Weise verknüpft, die eine rechtliche Trennung ausschloss. Die Klägerin war nur in den insoweit nicht mehr für den eigenen Betriebszweck genutzten Räumen der Schuldnerin tätig, über die der Beklagte verfügte. Sie war jedoch in die Betriebsabläufe der F GmbH eingebunden. Ihr Entgelt trug wirtschaftlich die F GmbH, die an den Beklagten die erbrachte Leistung erstattete. Die Hauptleistungspflichten bestanden deswegen wirtschaftlich betrachtet ausschließlich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der F GmbH.

36

b) Die Betriebsratsanhörung genügt den Erfordernissen des § 102 BetrVG.

37

aa) Der Insolvenzverwalter ist auch dann verpflichtet, den Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG anzuhören, wenn die Betriebsparteien zuvor einen Interessenausgleich geschlossen haben. Die Betriebsratsanhörung unterliegt keinen erleichterten Anforderungen. Der Insolvenzverwalter muss das aus seiner Sicht entfallene Beschäftigungsbedürfnis und die der Sozialauswahl zugrunde liegenden Tatsachen, die dem Betriebsrat bereits aus den Interessenausgleichsverhandlungen bekannt sind, im Anhörungsverfahren allerdings nicht erneut mitteilen. Der Insolvenzverwalter kann das Verfahren nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden. Diese Verbindung ist schon bei Einleitung des Beteiligungsverfahrens klarzustellen und ggf. im Wortlaut des Interessenausgleichs zum Ausdruck zu bringen (vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 63 mwN).

38

bb) Der Betriebsrat ist regelmäßig ausreichend über den Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert, wenn die geltende Kündigungsfrist feststeht und der Arbeitgeber klarstellt, dass die Kündigung in naher Zukunft ausgesprochen werden soll (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 516/08 - Rn. 18, BAGE 130, 369; 27. April 2006 - 2 AZR 426/05 - Rn. 21). Der Arbeitgeber kann bei Einleitung des Anhörungsverfahrens häufig nicht sicher beurteilen, zu welchem Zeitpunkt dem Arbeitnehmer die beabsichtigte Kündigung zugehen wird. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber gänzlich offenlässt, mit welcher Frist und zu welchem Termin die geplante Kündigung erklärt werden wird (vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 143). Kennt der Betriebsrat die Sozialdaten des Arbeitnehmers und ist die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist anzuwenden, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat regelmäßig nicht die Berechnung der Kündigungsfrist und den konkreten Endtermin mitteilen. Es reicht aus, wenn sich aus der Unterrichtung des Arbeitgebers ergibt, dass es sich um eine ordentliche Kündigung - im Zweifel zum nächsten Kündigungstermin - handelt (vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 64).

39

cc) Nach diesen Grundsätzen unterrichtete der Beklagte den Betriebsrat ordnungsgemäß.

40

(1) Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die Betriebsratsanhörung gemeinsam mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich eingeleitet. Das entspricht § 4 Abs. 1 des vorgelegten und in Bezug genommenen Interessenausgleichs vom 30. April 2010. In § 3 Abs. 1 des Interessenausgleichs ist ausgeführt, dass sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Beachtung der Kündigungsfristen des § 113 InsO zu kündigen seien. Der Betriebsrat konnte den Verhandlungen über den Interessenausgleich damit entnehmen, dass die Kündigungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen werden sollten. Das ergibt sich schon daraus, dass § 113 InsO zur Anwendung kommen sollte. In § 3 Abs. 2 des Interessenausgleichs heißt es zwar weiter, dass sich der Arbeitgeber im Einzelfall vorbehalte, die Kündigungen mit einer längeren Auslauffrist als derjenigen des § 113 InsO auszusprechen. Die Klägerin reklamiert für sich aber keinen Fall, der von der gewöhnlichen Konstellation der höchstens dreimonatigen Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO abweichen sollte. Der Betriebsrat bestätigte in § 4 Abs. 1 des Interessenausgleichs auch ausdrücklich, dass er im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen die nach § 102 BetrVG erforderlichen Informationen, insbesondere über die Sozialdaten und die individuelle Kündigungsfrist, erhalten habe und ordnungsgemäß angehört worden sei. Der Betriebsrat konnte das vom Beklagten geplante Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin deshalb bestimmen.

41

(2) Den Vortrag des Beklagten durfte die Klägerin nicht mit Nichtwissen iSv. § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten.

42

(a) Hat der Arbeitgeber - wie hier - eine Anhörung des Betriebsrats dargelegt, die den Erfordernissen des § 102 BetrVG entspricht, ist es Sache des Arbeitnehmers, nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO vollständig und im Einzelnen auszuführen, in welchen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers zu der Unterrichtung des Betriebsrats für falsch oder unvollständig hält(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 268/07 - Rn. 30; 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 50).

43

(b) Die Klägerin hat eine ausreichende Betriebsratsanhörung zu den Fragen der Kündigungsfrist und des Kündigungszeitpunkts nicht in Zweifel gezogen, nachdem der Beklagte zu der Anhörung des Betriebsrats vorgetragen hatte. Die Klägerin hat in der Folge lediglich bestritten, dass der Betriebsrat zu ihrem Einsatz für die F GmbH und über „die Einstellung der Arbeitnehmerüberlassung“ unterrichtet worden sei. Der Vortrag des Beklagten zu der Unterrichtung des Betriebsrats im Übrigen gilt damit nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Das hat das Landesarbeitsgericht übersehen und zu Unrecht darauf abgestellt, das Vorbringen des Beklagten sei unzureichend gewesen, weil der Beklagte keine dem Betriebsrat zugänglich gemachte Liste mit den individuellen Kündigungsfristen vorgelegt habe.

44

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anhörung des Betriebsrats auch nicht mangelhaft, weil der Beklagte dem Gremium Beginn und Ende ihres Einsatzes für die F GmbH nicht mitteilte. Diese Umstände bestimmten den Kündigungsentschluss des Beklagten aus seiner subjektiven Sicht nicht. Die Unterrichtung des Betriebsrats über den für den Beklagten allein maßgeblichen Kündigungsgrund der beabsichtigten vollständigen Betriebsstilllegung bis spätestens 31. August 2010 steht zwischen den Parteien nicht im Streit (§ 138 Abs. 3 ZPO). Dieser Umstand war in § 2 des Interessenausgleichs vom 30. April 2010 festgehalten.

45

c) Die Kündigung vom 3. Mai 2010 ist sozial gerechtfertigt.

46

aa) Für die Kündigung bestand ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG.

47

(1) Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG gehört die Stilllegung des gesamten Betriebs. Unter einer Betriebsstilllegung ist die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verstehen. Sie besteht darin, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (st. Rspr., vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 47). Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch auf die beabsichtigte Stilllegung des Betriebs stützen. Er muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst haben, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen. Die geplanten Maßnahmen müssen bei Zugang der Kündigung bereits greifbare Formen angenommen haben (vgl. nur BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37 f.).

48

(2) Der Beklagte hat ohne erheblichen Gegenvortrag schlüssig dargelegt, dass der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. August 2010 entfiel.

49

(a) Der Beklagte hat vorgetragen, bereits die Geschäftsführung der Schuldnerin habe mit seiner Zustimmung die Betriebseinstellung bis spätestens 31. August 2010 beschlossen. Hintergrund der Entscheidung sei gewesen, dass auch die Produktion der von der Schuldnerin vertriebenen Teppiche eingestellt worden sei.

50

(aa) Die einer solchen betrieblichen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit, sondern nur darauf zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist ferner, ob die Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfiel (vgl. zB BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 16).

51

(bb) Die Klägerin hat die vom Beklagten vorgebrachte Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, zu keinem Zeitpunkt bestritten. Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung zur Stilllegung nicht auf Dauer getroffen wurde, bestehen nicht und sind von der Klägerin nicht behauptet worden.

52

(b) Zur Umsetzung des Stilllegungsbeschlusses wurde am 30. April 2010 ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen. Das spricht für die ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht des Beklagten (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 40). Auch die Klägerin hat nicht vorgebracht, der Betrieb sei tatsächlich nicht eingestellt, sondern nur der Betriebszweck geändert worden, etwa um gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben. Der Vortrag des Beklagten, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 2010 sei der Geschäftsbetrieb, dh. der Vertrieb von Teppichen, eingestellt worden, ist unbestritten geblieben. Der Beklagte kündigte daraufhin unstreitig allen verbliebenen Arbeitnehmern.

53

(c) Es stünde einer ernsthaften Stilllegungsabsicht nicht entgegen, wenn der Beklagte gekündigte Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist noch eingesetzt haben sollte, um vorhandene Aufträge abzuarbeiten. Der Arbeitgeber erfüllt damit lediglich seine Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37; 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - zu II 1 a der Gründe). Das gilt entsprechend für den Einsatz der Klägerin in den Räumlichkeiten der Schuldnerin für die F GmbH bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Die Klägerin konnte nur für die F GmbH tätig werden, weil der Beklagte keinen Beschäftigungsbedarf für sie hatte. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Klägerin ohne die mit der F GmbH getroffene Vereinbarung voraussichtlich bis zum Ende der Kündigungsfrist freigestellt worden wäre. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, der vom Beklagten verwaltete Betrieb der Schuldnerin sei auf die F GmbH übergegangen. Sie hat nicht in Zweifel gezogen, dass der Betrieb - wie geplant - zum 31. August 2010 eingestellt wurde.

54

bb) Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit war nicht vorhanden.

55

(1) Das geltend gemachte betriebliche Erfordernis ist nicht dringend iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen, freien Arbeitsplatz desselben Betriebs oder eines anderen Betriebs des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24). Es obliegt dem Arbeitnehmer darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, wenn sein bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist. Erst danach muss der Arbeitgeber erläutern, weshalb eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz nicht möglich war (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 50 mwN).

56

(2) Die Klägerin konnte unstreitig nicht auf einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen des Beklagten weiterbeschäftigt werden.

57

(3) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht bei der F GmbH bestand nicht.

58

(a) Der Beklagte führte mit der F GmbH keinen Gemeinschaftsbetrieb.

59

(aa) Eine Weiterbeschäftigungspflicht auf freien Arbeitsplätzen eines anderen Unternehmens kommt in Betracht, wenn das kündigende Unternehmen mit dem anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb führt. Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht besteht jedoch nicht, wenn es den Gemeinschaftsbetrieb bei Zugang der Kündigung als solchen bereits nicht mehr gibt. Mit der Beseitigung der einheitlichen Leitungsstruktur ist der Unternehmer des stillzulegenden Betriebs rechtlich nicht mehr in der Lage, eine Weiterbeschäftigung im fortgeführten Betrieb des anderen Unternehmens durchzusetzen (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 53 mwN).

60

(bb) Die Klägerin hat schon nicht behauptet, die Schuldnerin oder der Beklagte und die F GmbH hätten zu irgendeinem Zeitpunkt einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet. Ein solcher Gemeinschaftsbetrieb wäre aufgrund der Stilllegung des Betriebs der Schuldnerin durch den Beklagten spätestens zum 31. August 2010 aufgelöst worden. Der Beklagte hätte nicht durchsetzen können, dass die Klägerin von der F GmbH weiterbeschäftigt wird.

61

(b) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht im Konzern bestand nicht.

62

(aa) Beruft sich der Arbeitnehmer auf konzernweiten Kündigungsschutz, muss er konkret aufzeigen, aus welchen vertraglichen Regelungen sich die konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht ableitet und wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 58 mwN).

63

(bb) Die Klägerin hat bereits nicht die tatsächlichen Voraussetzungen dafür dargelegt, dass die F GmbH sowie die Schuldnerin und später der Beklagte einen Konzern iSv. § 18 Abs. 1 oder 2 AktG bildeten.

64

(cc) Die Klägerin hat auch keinen Konzernbezug ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.

65

(aaa) Der mit der Schuldnerin geschlossene Arbeitsvertrag sieht eine konzernweite „Versetzungsmöglichkeit“ nicht vor.

66

(bbb) Der Beklagte übt als Insolvenzverwalter ein ihm vom Gesetz übertragenes Amt aus. Er ist Rechtsnachfolger der Schuldnerin. Schon deswegen ist nicht ersichtlich, wie er auf die „Versetzung“ der Klägerin zur F GmbH bestimmenden gesellschaftsrechtlichen Einfluss hätte nehmen können (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 59 mwN). Auch nach dem Vortrag der Klägerin ergibt sich lediglich eine Absprache zwischen der Geschäftsführung der Schuldnerin oder dem Beklagten und der F GmbH. Danach war der Einsatz der Klägerin für die F GmbH bis 31. August 2010 vorgesehen. Die Klägerin hat nicht behauptet, der Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sie die Arbeit für die F GmbH zum 1. September 2010 erneut aufnahm, habe darauf beruht, dass sich die F GmbH gegenüber dem Beklagten zur „Übernahme“ der Klägerin verpflichtet gehabt habe. Sie hat auch nicht geltend gemacht, eine sog. Unterbringungsverpflichtung des Beklagten habe ausnahmsweise aus sonstigen Umständen hergerührt (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 56 ff. mwN).

67

cc) Der Beklagte musste keine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG treffen. Er beschäftigte über den Kündigungstermin hinaus keine vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer.

68

B. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Oye    

        

    Jerchel    

                 

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 6. April 2011 - 6 Sa 9/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn vom 8. Dezember 2010 - 2 Ca 1002/10 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.

2

Die Klägerin war seit 1. August 1987 bei der E GmbH (Schuldnerin) und deren Rechtsvorgängerin als Industriekauffrau beschäftigt. Die Schuldnerin vertrieb Teppiche. Für sie waren regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer tätig.

3

Der Arbeitsvertrag vom 22. November 1990 sieht ua. vor:

        

Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

…       

        
        

2.    

Die Gesellschaft behält sich vor, dem Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens bei unveränderten Bezügen auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen. Eine Versetzung an einen anderen Ort kann nur im Einvernehmen mit dem Mitarbeiter erfolgen.

        

...     

        
        

Vertragsdauer und Kündigung

        

1.    

Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Er kann von jedem Vertragspartner unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Vierteljahresschluß durch schriftliche Erklärung gekündigt werden.

                 

…       

        

...“   

4

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 28. Januar 2010 die vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Der Beklagte wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

5

Die F GmbH, die Linoleumfußböden vertreibt, teilte der Geschäftsführung der Schuldnerin mit, bei ihr fielen erhebliche Arbeitsmengen an. Es bestehe jedoch ein Einstellungsstopp. Die Klägerin war deshalb zunächst bis 31. August 2010 in den Räumen der Schuldnerin für die F GmbH tätig und in deren Betriebsabläufe eingebunden. Das Arbeitsentgelt leistete der Beklagte an die Klägerin. Die Vergütung wurde von der F GmbH erstattet. Später begründeten die Klägerin und die F GmbH ein vom 1. September 2010 bis 31. Dezember 2010 befristetes Arbeitsverhältnis. Mittlerweile steht die Klägerin in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der F GmbH.

6

Am 30. April 2010 schloss der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter einen Interessenausgleich mit dem bei der Schuldnerin gebildeten Betriebsrat. Dort heißt es auszugsweise:

        

„Präambel

        

Mit Beschluss des Amtsgerichts P vom 28.01.2010 wurde über das Vermögen der E GmbH (künftig Schuldnerin genannt) eine vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Es besteht gemäß dem Gutachten nach § 5 InsO eine negative Fortbestehens- und Fortführungsprognose. Da die Marken- und Lizenzrechte für wichtige Produkte an einen Wettbewerber veräußert wurden und die Produktion von Teppichfußböden in P bis spätestens zum 31.08.2010 eingestellt wird, sind sich die Beteiligten darüber einig, dass eine Betriebseinstellung unumgänglich ist.

        

Der Betriebsrat ist über die anstehende Maßnahme umfangreich informiert worden.

        

Die nachfolgenden Regelungen dienen dazu, das Verfahren nach § 122 InsO auf gerichtliche Zustimmung zur Durchführung einer Betriebsänderung bzw. einen Feststellungsantrag nach § 126 InsO zu vermeiden.

        

…       

                 
        

§ 2 Gegenstand der Betriebsänderung

        

Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin in P wird kurzfristig, spätestens bis zum 31.08.2010, stillgelegt. Alle Arbeitsplätze werden entfallen.

        

§ 3 Durchführung der Betriebsänderung - Personalmaßnahmen

        

Aufgrund der in § 2 genannten Maßnahme, die im Einzelnen gegenüber dem Betriebsrat begründet und in diesem erörtert worden ist, besteht Einigkeit darüber, dass es erforderlich ist, sämtliche Arbeitsverhältnisse/Dienstverhältnisse der Beschäftigten unter Beachtung der Kündigungsfristen gemäß § 113 InsO zu kündigen.

        

Lediglich in Einzelfällen wird sich der Arbeitgeber vorbehalten, die Kündigungen mit einer längeren Auslauffrist als derjenigen in § 113 InsO auszusprechen.

        

Die Masse wird voraussichtlich nicht zur Bezahlung der Löhne während der verkürzten Kündigungsfrist ausreichen.

        

§ 4 Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG

        

Der Betriebsrat erklärt mit Unterzeichnung dieses Interessenausgleichs, dass er bereits im Rahmen dieser Verhandlungen im Interessenausgleich ordnungsgemäß die nach § 102 BetrVG erforderlichen Informationen der berücksichtigten Kündigungsgründe und die Informationen zur Sozialauswahl in einer Liste sämtlicher Arbeitnehmer mit ihren relevanten Sozialdaten (Name, Funktion, Abteilung, Geburtsdatum, Eintrittsdatum, Familienstand, Unterhaltspflichten, lt. Lohnsteuerkarte, individuelle Kündigungsfrist, Schwerbehinderung, Verdienst) erhalten hat und so bereits ordnungsgemäß angehört wurde.

        

Der Betriebsrat hat damit auch eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer erhalten. Der Betriebsrat erklärt, dass er die beabsichtigten Kündigungen zur Kenntnis nimmt und keine weitere Stellungnahme abgeben wird und das Anhörungsverfahren als abgeschlossen sieht.

        

...“   

7

Am 1. Mai 2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin unter dem 3. Mai 2010. Das Kündigungsschreiben lautet auszugsweise:

        

„Sehr geehrte Frau B,

        

mit Beschluss des AG P vom 01.05.2010 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Unterzeichner als Insolvenzverwalter bestellt.

        

Als Insolvenzverwalter spreche ich hiermit die ordentliche

        

Kündigung

        

des Arbeitsvertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus.

        

Der Kündigungszeitpunkt richtet sich nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemäß § 622 BGB. Wenn das Arbeitsverhältnis keine 2 Jahre bestanden hat, wirkt die Kündigung mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende des Kalendermonats. Bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 2 Jahren endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Ende des Kalendermonats und bei einer Beschäftigungsdauer von mehr als 5 Jahren mit einer Frist von zwei Monaten zum Ende des Kalendermonats. Besteht das Arbeitsverhältnis mehr als 8 Jahre, so endet das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Kalendermonats. Bei noch älteren Arbeitsverhältnissen greift gemäß § 113 Abs. I S. 2 InsO die Kündigung ebenfalls regelmäßig mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats. Die noch längeren Fristen gemäß § 622 Abs. II BGB werden auf die Dreimonatsfrist des § 113 Abs. I S. 2 InsO reduziert. Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahres des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.

        

Für ein Arbeitsverhältnis, bei dem sich zwar aus § 622 Abs. II BGB eine kürzere als eine dreimonatige Kündigungsfrist ergeben würde, bei dem jedoch einzelvertraglich oder tarifvertraglich eine längere Kündigungsfrist vereinbart ist, wirkt sich § 113 Abs. I S. 2 InsO dahingehend aus, dass die vereinbarte Frist insoweit maßgeblich ist, als sie die Dreimonatsfrist nicht überschreitet. Ist sie länger als diese, so gilt die reduzierte Dreimonatsfrist, so dass solche Arbeitsverhältnisse ebenfalls mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats enden.

        

Bei einem befristeten Arbeitsverhältnis wirkt sich § 113 Abs. I InsO so aus, dass mit der Dreimonatsfrist gekündigt werden kann, sofern der Befristungszeitpunkt später liegt. Läuft die Frist vorher ab, so erlischt das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es dieser Kündigung bedarf.

        

…“    

8

Mit ihrer am 18. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Kündigung gewandt. Sie hat der Klage das Kündigungsschreiben beigefügt und die beklagte Partei als „RAe K & Partner als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. E GmbH“ bezeichnet. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Die beabsichtigte Betriebsstilllegung habe sich auf ihren Arbeitsplatz nicht auswirken können, weil sie von der F GmbH beschäftigt worden sei. Der Beklagte habe nicht dargelegt, dass eine Beschäftigung über den 31. August 2010 hinaus nicht möglich gewesen sei. Im Übrigen sei die Betriebsratsanhörung unzureichend, weil der Betriebsrat nicht über ihre Tätigkeit für die F GmbH unterrichtet worden sei.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 nicht beendet wird;

        

2.    

den Beklagten im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Industriekauffrau weiterzubeschäftigen.

10

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, wegen der Veräußerung von Marken- und Lizenzrechten durch die Konzernmutter der Schuldnerin sei es rechtlich nicht möglich gewesen, die Teppichfertigung und den Teppichvertrieb über den Stichtag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus fortzusetzen. Während des Insolvenzeröffnungsverfahrens habe noch eine „Ausproduktion“ stattfinden können. Diese Sach- und Rechtslage sei dem Betriebsrat mitgeteilt worden und Grundlage der Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan gewesen. Die Geschäftsführung der Schuldnerin habe mit Zustimmung des Beklagten die Entscheidung getroffen, den Geschäftsbetrieb mit der Verfahrenseröffnung stillzulegen und das Unternehmen nach der Verfahrenseröffnung abzuwickeln. Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin sei mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt worden. Die Abwicklungstätigkeit habe mit dem 31. August 2010, dem Ende der Kündigungsfristen, geendet. Die Außendienstmitarbeiter seien im Wesentlichen durch einen Wettbewerber übernommen worden. Für die verbliebenen Arbeitnehmer sei der Beschäftigungsbedarf entfallen. Nach ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats seien die Arbeitsverhältnisse gekündigt worden. Dem Betriebsrat seien die Sozialdaten der Arbeitnehmer mitgeteilt worden, wie sich schon aus dem Interessenausgleich ergebe. Mit dem Betriebsrat sei über alle Arbeitnehmer gesprochen worden. Ihm sei auch der Einsatz von zwei Arbeitnehmerinnen für die F GmbH bekannt gewesen.

11

Die Parteien haben die Beklagtenbezeichnung vor dem Arbeitsgericht dahin richtiggestellt, dass sich die Klage gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin richte. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision will der Beklagte die Klage weiter abgewiesen wissen.

Entscheidungsgründe

12

A. Die Revision hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung vom 3. Mai 2010 beendete das Arbeitsverhältnis mit dem 31. August 2010. Der Senat hat deshalb nicht über den Weiterbeschäftigungsantrag zu entscheiden.

13

I. Die „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erklärte Kündigung war darauf gerichtet, das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2010 zu beenden. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Kündigungserklärung sei bereits deswegen unwirksam, weil sie nicht ausreichend bestimmt sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung selbst dann nicht stand, wenn es sich bei dem Kündigungsschreiben um eine nur beschränkt revisible atypische Willenserklärung handeln sollte. Das gilt erst recht, wenn das Kündigungsschreiben eine typische, revisionsrechtlich weiter gehend überprüfbare Erklärung sein sollte. Eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hätte der Senat auch in diesem Fall nicht durchzuführen. Einseitige Rechtsgeschäfte des Verwenders enthalten keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB(vgl. BAG 14. April 2011 - 6 AZR 727/09 - Rn. 29 mwN, BAGE 137, 347).

14

1. Bei der Auslegung einer Kündigung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind auch alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (vgl. BAG 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08 - Rn. 30 mwN, BAGE 129, 265). Der Erklärungsempfänger muss aus dem Wortlaut und den Begleitumständen der Kündigung ua. erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Bei Zugang der Kündigung muss für ihn bestimmbar sein, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist und zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. BAG 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336).

15

2. Dafür genügt im Fall einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. Staudinger/Oetker (2012) Vorbem. zu §§ 620 ff. Rn. 125; ähnlich Eisemann NZA 2011, 601, 602). Auch eine Kündigung zum nächstzulässigen Termin ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (vgl. Muthers Anm. RdA 2012, 172, 176; Raab RdA 2004, 321, 326). Eine Kündigung ist allerdings nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. BAG 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).

16

3. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 1. September 2010 (- 5 AZR 700/09 - BAGE 135, 255) geht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts von keinen anderen Voraussetzungen für eine hinreichend bestimmte Kündigung aus (aA Ziemann jurisPR-ArbR 3/2011 Anm. 1). Der Fünfte Senat hatte dort zu beurteilen, ob sich bei einer Kündigung, die einen bestimmten Kündigungstermin nennt, durch Auslegung ein anderer Kündigungstermin ermitteln lässt, wenn die Kündigung keine weiteren Angaben enthält. In diesem Zusammenhang hat der Fünfte Senat ausgeführt, auch das Bestimmtheitsgebot stehe der Auslegung der Kündigungserklärung zu einem anderen Termin entgegen. Es sei nicht Aufgabe des Arbeitnehmers, darüber zu rätseln, zu welchem anderen als dem in der Kündigungserklärung angegebenen Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könne (vgl. BAG 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 27, aaO). Dem ist nicht zu entnehmen, ohne Angabe eines datierten Kündigungstermins handle es sich nicht um eine ausreichend bestimmte Kündigungserklärung. Auch der Fünfte Senat geht davon aus, dass eine Kündigungserklärung in der Regel auslegungsfähig ist.

17

4. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichtsgerichts, die Kündigungserklärung vom 3. Mai 2010 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ sei unbestimmt, weil der Klägerin nicht das maßgebliche „Rechenprogramm“ (gesetzliche, tarif- oder arbeitsvertragliche Regelungen) und die maßgeblichen Tatsachen (insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit) mitgeteilt worden seien, wird diesen Grundsätzen nicht gerecht. Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend angenommen, dass das Bestimmtheitsgebot der gebotenen Auslegung nicht entgegensteht (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278; 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 24, BAGE 116, 336; 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe). Es hat aber nicht den gesamten Inhalt der Kündigungserklärung bei seiner Auslegung verwertet. Zugleich hat das Landesarbeitsgericht Auslegungsgrundsätze verletzt, indem es davon ausgegangen ist, der Beklagte habe der Klägerin Tatsachen - vor allem ihre Betriebszugehörigkeit - mitteilen müssen, um sie in die Lage zu versetzen, den Kündigungstermin zu bestimmen. Die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ ist als Kündigung zum 31. August 2010 auszulegen. Nur so konnte die Klägerin die Erklärung des Beklagten verstehen.

18

a) Der Zeitpunkt, zu dem die ausdrücklich als ordentliche Kündigung bezeichnete Erklärung vom 3. Mai 2010 das Arbeitsverhältnis beenden sollte, lässt sich dem Kündigungsschreiben entnehmen. Die Erklärung des Beklagten beschränkt sich nicht auf eine ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“, sondern gibt zugleich an, nach welchen Vorschriften sich die Kündigungsfrist bestimmt. Das Kündigungsschreiben gibt den Regelungsgehalt von § 622 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB wieder. Zudem wird ausgeführt, dass bei „noch älteren Arbeitsverhältnissen“ nach „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Ende eines Kalendermonats gelte. Das Kündigungsschreiben erläutert die Wirkung von § 113 Satz 2 InsO, wenn auch unter Hinweis auf die bis 31. Dezember 2003 geltende Fassung. So führt es aus, dass Fristen, die drei Monate überschritten, nach § 622 Abs. 2 BGB auf die Dreimonatsfrist des „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ reduziert würden. Dargestellt wird ferner, dass einzel- oder tarifvertragliche längere Kündigungsfristen als die Fristen des § 622 Abs. 2 BGB nach „§ 113 Abs. 1 Satz 2 InsO“ nur insoweit maßgeblich seien, als sie die Dreimonatsfrist nicht überstiegen. Für die Klägerin war deshalb nicht unklar, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis gekündigt werden sollte. Sie konnte der Erklärung entnehmen, dass nach § 113 InsO eine dreimonatige Kündigungsfrist galt, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich war.

19

b) Die Klägerin musste die Erklärung so verstehen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit einer dreimonatigen Frist zum 31. August 2010 gekündigt wurde, ohne dass weitere Angaben des Beklagten erforderlich gewesen wären.

20

aa) Der Arbeitgeber kann in der Regel davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer seine Betriebszugehörigkeit kennt. Ausnahmsweise - zB im Fall eines zweifelhaften Betriebsübergangs - kann anderes gelten. Für einen solchen Ausnahmetatbestand bestehen hier keine Anhaltspunkte. Im Regelfall der dem Arbeitnehmer bekannten Betriebszugehörigkeit ist die Kündigungserklärung hinreichend bestimmt, wenn das Kündigungsschreiben die maßgeblichen Kündigungsfristen nennt. Der Arbeitnehmer ist dann unschwer in der Lage zu bestimmen, zu welchem „nächstmöglichen Zeitpunkt“ der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis beenden möchte.

21

bb) Die Klägerin konnte anhand ihrer Betriebszugehörigkeit seit 1. August 1987 und der im Arbeitsvertrag getroffenen Regelung erkennen, zu welchem Termin die Kündigung vom 3. Mai 2010 wirken sollte. Unter Berücksichtigung der verlängerten gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 Satz 1 BGB konnte sie dem Kündigungsschreiben entnehmen, dass § 113 Satz 2 InsO die Kündigungsfrist in ihrem Fall auf drei Monate verringerte und einen anderen Kündigungstermin als das arbeitsvertraglich vorgesehene Vierteljahresende zuließ. Der Kündigungstermin des 31. August 2010 war daher - für sie ersichtlich - der „nächstmögliche Zeitpunkt“.

22

c) Für die Frage einer ausreichend bestimmten Kündigung ist nicht erheblich, dass im Kündigungsschreiben ausgeführt ist, bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer seien Zeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres lägen, nicht zu berücksichtigen. Das widerspricht der rechtlichen Einordnung, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB unionsrechtswidrig und wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht anzuwenden ist(vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Rn. 43, Slg. 2010, I-365; BVerfG 6. Juli 2010 - 2 BvR 2661/06 - [Honeywell] Rn. 53, BVerfGE 126, 286; BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 11; 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 15 ff., BAGE 135, 278; 1. September 2010 - 5 AZR 700/09 - Rn. 16 ff., BAGE 135, 255). Mit Rücksicht auf ihr Lebensalter und ihre Betriebszugehörigkeit seit 1. August 1987 konnte die Klägerin jedoch ohne Weiteres erkennen, dass sich die Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO - unabhängig von der Anwendbarkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB - in jedem Fall auf drei Monate verkürzte.

23

II. Die Kündigung des Beklagten vom 3. Mai 2010 ist wirksam. Sie beendete das Arbeitsverhältnis der Parteien nach § 113 Satz 2 InsO mit dem 31. August 2010.

24

1. Die Kündigungsschutzklage wahrt die Erfordernisse des § 4 Satz 1 KSchG.

25

a) Die Kündigung gilt nicht bereits wegen Zeitablaufs nach § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG wurde durch die am 18. Mai 2010 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage, die sich gegen „RAe K & Partner … als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. E GmbH“ richtete, gewahrt. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass sich die Klage von Anfang an gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes richtete. Die Parteibezeichnung war lediglich ungenau und deswegen richtigzustellen (vgl. BAG 13. Dezember 2012 - 6 AZR 348/11 - Rn. 41 ff.; 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 18 ff.).

26

b) Zwischen den Parteien bestand bei Zugang der Kündigung noch ein Arbeitsverhältnis.

27

aa) Der Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ist Voraussetzung für die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 20).

28

bb) Bei der Tätigkeit der Klägerin für die F GmbH handelte es sich nicht um gewerbsmäßige, also erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG idF vom 23. Dezember 2002 (aF).

29

(1) Gewerbsmäßig iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF war jede nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf unmittelbare oder mittelbare wirtschaftliche Vorteile gerichtete selbständige Arbeitnehmerüberlassungstätigkeit. Entscheidendes Kriterium war die Gewinnerzielungsabsicht. Dabei kam es nicht darauf an, ob tatsächlich Gewinn erzielt wurde. Gewinnerzielungsabsicht war ua. dann zu verneinen, wenn die Überlassung lediglich gegen Erstattung der Personalkosten erfolgen sollte und der Verleiher dadurch auch mittelbar keine wirtschaftlichen Vorteile erlangte. Zu den Kosten gehörten nicht nur die Kosten der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer selbst, sondern auch die Verwaltungskosten, die beim Verleiher für die Arbeitnehmerüberlassung anfielen (vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 32/10 - Rn. 35; 2. Juni 2010 - 7 AZR 946/08 - Rn. 19).

30

(2) Danach überließ der Beklagte die Klägerin nicht gewerbsmäßig an die F GmbH. Ihm fehlte die Gewinnerzielungsabsicht, weil er sich von der F GmbH lediglich das an die Klägerin geleistete Arbeitsentgelt erstatten ließ und darüber hinaus keine unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile erzielte.

31

(3) Da der Beklagte keine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betrieb, brauchte er keine Überlassungserlaubnis iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF. Zwischen der Klägerin und der F GmbH konnte daher kein Arbeitsverhältnis kraft gesetzlicher Fiktion nach § 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF zustande kommen. Darauf beruft sich die Klägerin auch nicht. Ihre Kündigungsschutzklage wäre sonst bereits aus diesem Grund als unbegründet abzuweisen, weil bei Zugang der Kündigung nicht länger ein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten bestanden hätte. Der Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten wäre durch die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis unwirksam geworden (vgl. ErfK/Wank 13. Aufl. § 9 AÜG Rn. 2). Auf die Fragen der Wirksamkeit der Kündigung käme es dann nicht mehr an (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13; 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 20).

32

2. Die Kündigung ist formell und materiell wirksam.

33

a) Sie musste neben dem Beklagten nicht auch von der F GmbH erklärt werden.

34

aa) Stehen mehrere natürliche oder juristische Personen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben Arbeitnehmer, kann ein einheitliches Arbeitsverhältnis begründet sein. Dafür ist ein rechtlicher Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Beziehungen erforderlich, der es verbietet, sie rechtlich getrennt zu behandeln. Ein solcher Zusammenhang kann sich aus der Auslegung der geschlossenen Verträge, aber auch aus zwingenden rechtlichen Wertungen ergeben (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10 - Rn. 30). Besteht ein einheitliches Arbeitsverhältnis, kann es im Regelfall nur von allen auf einer Vertragsseite Beteiligten gekündigt werden (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16 mwN).

35

bb) Hier bestehen keinerlei Anhaltspunkte für ein einheitliches Arbeitsverhältnis. Die vertraglichen Beziehungen des Beklagten, der F GmbH und der Klägerin waren nicht in einer Weise verknüpft, die eine rechtliche Trennung ausschloss. Die Klägerin war nur in den insoweit nicht mehr für den eigenen Betriebszweck genutzten Räumen der Schuldnerin tätig, über die der Beklagte verfügte. Sie war jedoch in die Betriebsabläufe der F GmbH eingebunden. Ihr Entgelt trug wirtschaftlich die F GmbH, die an den Beklagten die erbrachte Leistung erstattete. Die Hauptleistungspflichten bestanden deswegen wirtschaftlich betrachtet ausschließlich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der F GmbH.

36

b) Die Betriebsratsanhörung genügt den Erfordernissen des § 102 BetrVG.

37

aa) Der Insolvenzverwalter ist auch dann verpflichtet, den Betriebsrat ordnungsgemäß nach § 102 BetrVG anzuhören, wenn die Betriebsparteien zuvor einen Interessenausgleich geschlossen haben. Die Betriebsratsanhörung unterliegt keinen erleichterten Anforderungen. Der Insolvenzverwalter muss das aus seiner Sicht entfallene Beschäftigungsbedürfnis und die der Sozialauswahl zugrunde liegenden Tatsachen, die dem Betriebsrat bereits aus den Interessenausgleichsverhandlungen bekannt sind, im Anhörungsverfahren allerdings nicht erneut mitteilen. Der Insolvenzverwalter kann das Verfahren nach § 102 BetrVG mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich verbinden. Diese Verbindung ist schon bei Einleitung des Beteiligungsverfahrens klarzustellen und ggf. im Wortlaut des Interessenausgleichs zum Ausdruck zu bringen (vgl. für die st. Rspr. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 682/10 - Rn. 63 mwN).

38

bb) Der Betriebsrat ist regelmäßig ausreichend über den Zeitpunkt der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert, wenn die geltende Kündigungsfrist feststeht und der Arbeitgeber klarstellt, dass die Kündigung in naher Zukunft ausgesprochen werden soll (vgl. BAG 23. April 2009 - 6 AZR 516/08 - Rn. 18, BAGE 130, 369; 27. April 2006 - 2 AZR 426/05 - Rn. 21). Der Arbeitgeber kann bei Einleitung des Anhörungsverfahrens häufig nicht sicher beurteilen, zu welchem Zeitpunkt dem Arbeitnehmer die beabsichtigte Kündigung zugehen wird. Anderes gilt, wenn der Arbeitgeber gänzlich offenlässt, mit welcher Frist und zu welchem Termin die geplante Kündigung erklärt werden wird (vgl. BAG 25. April 2013 - 6 AZR 49/12 - Rn. 143). Kennt der Betriebsrat die Sozialdaten des Arbeitnehmers und ist die gesetzliche oder tarifliche Kündigungsfrist anzuwenden, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat regelmäßig nicht die Berechnung der Kündigungsfrist und den konkreten Endtermin mitteilen. Es reicht aus, wenn sich aus der Unterrichtung des Arbeitgebers ergibt, dass es sich um eine ordentliche Kündigung - im Zweifel zum nächsten Kündigungstermin - handelt (vgl. BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 64).

39

cc) Nach diesen Grundsätzen unterrichtete der Beklagte den Betriebsrat ordnungsgemäß.

40

(1) Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die Betriebsratsanhörung gemeinsam mit den Verhandlungen über den Interessenausgleich eingeleitet. Das entspricht § 4 Abs. 1 des vorgelegten und in Bezug genommenen Interessenausgleichs vom 30. April 2010. In § 3 Abs. 1 des Interessenausgleichs ist ausgeführt, dass sämtliche Arbeitsverhältnisse unter Beachtung der Kündigungsfristen des § 113 InsO zu kündigen seien. Der Betriebsrat konnte den Verhandlungen über den Interessenausgleich damit entnehmen, dass die Kündigungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgesprochen werden sollten. Das ergibt sich schon daraus, dass § 113 InsO zur Anwendung kommen sollte. In § 3 Abs. 2 des Interessenausgleichs heißt es zwar weiter, dass sich der Arbeitgeber im Einzelfall vorbehalte, die Kündigungen mit einer längeren Auslauffrist als derjenigen des § 113 InsO auszusprechen. Die Klägerin reklamiert für sich aber keinen Fall, der von der gewöhnlichen Konstellation der höchstens dreimonatigen Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO abweichen sollte. Der Betriebsrat bestätigte in § 4 Abs. 1 des Interessenausgleichs auch ausdrücklich, dass er im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen die nach § 102 BetrVG erforderlichen Informationen, insbesondere über die Sozialdaten und die individuelle Kündigungsfrist, erhalten habe und ordnungsgemäß angehört worden sei. Der Betriebsrat konnte das vom Beklagten geplante Ende des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin deshalb bestimmen.

41

(2) Den Vortrag des Beklagten durfte die Klägerin nicht mit Nichtwissen iSv. § 138 Abs. 4 ZPO bestreiten.

42

(a) Hat der Arbeitgeber - wie hier - eine Anhörung des Betriebsrats dargelegt, die den Erfordernissen des § 102 BetrVG entspricht, ist es Sache des Arbeitnehmers, nach § 138 Abs. 1 und 2 ZPO vollständig und im Einzelnen auszuführen, in welchen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers zu der Unterrichtung des Betriebsrats für falsch oder unvollständig hält(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 268/07 - Rn. 30; 18. Mai 2006 - 2 AZR 245/05 - Rn. 50).

43

(b) Die Klägerin hat eine ausreichende Betriebsratsanhörung zu den Fragen der Kündigungsfrist und des Kündigungszeitpunkts nicht in Zweifel gezogen, nachdem der Beklagte zu der Anhörung des Betriebsrats vorgetragen hatte. Die Klägerin hat in der Folge lediglich bestritten, dass der Betriebsrat zu ihrem Einsatz für die F GmbH und über „die Einstellung der Arbeitnehmerüberlassung“ unterrichtet worden sei. Der Vortrag des Beklagten zu der Unterrichtung des Betriebsrats im Übrigen gilt damit nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Das hat das Landesarbeitsgericht übersehen und zu Unrecht darauf abgestellt, das Vorbringen des Beklagten sei unzureichend gewesen, weil der Beklagte keine dem Betriebsrat zugänglich gemachte Liste mit den individuellen Kündigungsfristen vorgelegt habe.

44

(3) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Anhörung des Betriebsrats auch nicht mangelhaft, weil der Beklagte dem Gremium Beginn und Ende ihres Einsatzes für die F GmbH nicht mitteilte. Diese Umstände bestimmten den Kündigungsentschluss des Beklagten aus seiner subjektiven Sicht nicht. Die Unterrichtung des Betriebsrats über den für den Beklagten allein maßgeblichen Kündigungsgrund der beabsichtigten vollständigen Betriebsstilllegung bis spätestens 31. August 2010 steht zwischen den Parteien nicht im Streit (§ 138 Abs. 3 ZPO). Dieser Umstand war in § 2 des Interessenausgleichs vom 30. April 2010 festgehalten.

45

c) Die Kündigung vom 3. Mai 2010 ist sozial gerechtfertigt.

46

aa) Für die Kündigung bestand ein dringendes betriebliches Erfordernis iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG.

47

(1) Zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 Var. 3 KSchG gehört die Stilllegung des gesamten Betriebs. Unter einer Betriebsstilllegung ist die Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verstehen. Sie besteht darin, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bisherigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiterzuverfolgen (st. Rspr., vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 47). Der Arbeitgeber kann eine Kündigung auch auf die beabsichtigte Stilllegung des Betriebs stützen. Er muss im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung den ernsthaften und endgültigen Entschluss gefasst haben, den Betrieb endgültig und nicht nur vorübergehend stillzulegen. Die geplanten Maßnahmen müssen bei Zugang der Kündigung bereits greifbare Formen angenommen haben (vgl. nur BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37 f.).

48

(2) Der Beklagte hat ohne erheblichen Gegenvortrag schlüssig dargelegt, dass der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31. August 2010 entfiel.

49

(a) Der Beklagte hat vorgetragen, bereits die Geschäftsführung der Schuldnerin habe mit seiner Zustimmung die Betriebseinstellung bis spätestens 31. August 2010 beschlossen. Hintergrund der Entscheidung sei gewesen, dass auch die Produktion der von der Schuldnerin vertriebenen Teppiche eingestellt worden sei.

50

(aa) Die einer solchen betrieblichen Maßnahme zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit, sondern nur darauf zu überprüfen, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Nachzuprüfen ist ferner, ob die Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für den einzelnen Arbeitnehmer wirklich entfiel (vgl. zB BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 16).

51

(bb) Die Klägerin hat die vom Beklagten vorgebrachte Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, zu keinem Zeitpunkt bestritten. Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung zur Stilllegung nicht auf Dauer getroffen wurde, bestehen nicht und sind von der Klägerin nicht behauptet worden.

52

(b) Zur Umsetzung des Stilllegungsbeschlusses wurde am 30. April 2010 ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen. Das spricht für die ernsthafte und endgültige Stilllegungsabsicht des Beklagten (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 40). Auch die Klägerin hat nicht vorgebracht, der Betrieb sei tatsächlich nicht eingestellt, sondern nur der Betriebszweck geändert worden, etwa um gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zu betreiben. Der Vortrag des Beklagten, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 2010 sei der Geschäftsbetrieb, dh. der Vertrieb von Teppichen, eingestellt worden, ist unbestritten geblieben. Der Beklagte kündigte daraufhin unstreitig allen verbliebenen Arbeitnehmern.

53

(c) Es stünde einer ernsthaften Stilllegungsabsicht nicht entgegen, wenn der Beklagte gekündigte Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist noch eingesetzt haben sollte, um vorhandene Aufträge abzuarbeiten. Der Arbeitgeber erfüllt damit lediglich seine Beschäftigungspflicht (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 693/10 - Rn. 37; 7. Juli 2005 - 2 AZR 447/04 - zu II 1 a der Gründe). Das gilt entsprechend für den Einsatz der Klägerin in den Räumlichkeiten der Schuldnerin für die F GmbH bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. Die Klägerin konnte nur für die F GmbH tätig werden, weil der Beklagte keinen Beschäftigungsbedarf für sie hatte. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Klägerin ohne die mit der F GmbH getroffene Vereinbarung voraussichtlich bis zum Ende der Kündigungsfrist freigestellt worden wäre. Auch die Klägerin hat nicht behauptet, der vom Beklagten verwaltete Betrieb der Schuldnerin sei auf die F GmbH übergegangen. Sie hat nicht in Zweifel gezogen, dass der Betrieb - wie geplant - zum 31. August 2010 eingestellt wurde.

54

bb) Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit war nicht vorhanden.

55

(1) Das geltend gemachte betriebliche Erfordernis ist nicht dringend iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, wenn der Arbeitnehmer auf einem anderen, freien Arbeitsplatz desselben Betriebs oder eines anderen Betriebs des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Als „frei“ sind grundsätzlich nur solche Arbeitsplätze anzusehen, die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung unbesetzt sind (vgl. BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 24). Es obliegt dem Arbeitnehmer darzulegen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, wenn sein bisheriger Arbeitsplatz weggefallen ist. Erst danach muss der Arbeitgeber erläutern, weshalb eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz nicht möglich war (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 50 mwN).

56

(2) Die Klägerin konnte unstreitig nicht auf einem freien Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen des Beklagten weiterbeschäftigt werden.

57

(3) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht bei der F GmbH bestand nicht.

58

(a) Der Beklagte führte mit der F GmbH keinen Gemeinschaftsbetrieb.

59

(aa) Eine Weiterbeschäftigungspflicht auf freien Arbeitsplätzen eines anderen Unternehmens kommt in Betracht, wenn das kündigende Unternehmen mit dem anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb führt. Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht besteht jedoch nicht, wenn es den Gemeinschaftsbetrieb bei Zugang der Kündigung als solchen bereits nicht mehr gibt. Mit der Beseitigung der einheitlichen Leitungsstruktur ist der Unternehmer des stillzulegenden Betriebs rechtlich nicht mehr in der Lage, eine Weiterbeschäftigung im fortgeführten Betrieb des anderen Unternehmens durchzusetzen (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 53 mwN).

60

(bb) Die Klägerin hat schon nicht behauptet, die Schuldnerin oder der Beklagte und die F GmbH hätten zu irgendeinem Zeitpunkt einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet. Ein solcher Gemeinschaftsbetrieb wäre aufgrund der Stilllegung des Betriebs der Schuldnerin durch den Beklagten spätestens zum 31. August 2010 aufgelöst worden. Der Beklagte hätte nicht durchsetzen können, dass die Klägerin von der F GmbH weiterbeschäftigt wird.

61

(b) Eine unternehmensübergreifende Weiterbeschäftigungspflicht im Konzern bestand nicht.

62

(aa) Beruft sich der Arbeitnehmer auf konzernweiten Kündigungsschutz, muss er konkret aufzeigen, aus welchen vertraglichen Regelungen sich die konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht ableitet und wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt (BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 58 mwN).

63

(bb) Die Klägerin hat bereits nicht die tatsächlichen Voraussetzungen dafür dargelegt, dass die F GmbH sowie die Schuldnerin und später der Beklagte einen Konzern iSv. § 18 Abs. 1 oder 2 AktG bildeten.

64

(cc) Die Klägerin hat auch keinen Konzernbezug ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht.

65

(aaa) Der mit der Schuldnerin geschlossene Arbeitsvertrag sieht eine konzernweite „Versetzungsmöglichkeit“ nicht vor.

66

(bbb) Der Beklagte übt als Insolvenzverwalter ein ihm vom Gesetz übertragenes Amt aus. Er ist Rechtsnachfolger der Schuldnerin. Schon deswegen ist nicht ersichtlich, wie er auf die „Versetzung“ der Klägerin zur F GmbH bestimmenden gesellschaftsrechtlichen Einfluss hätte nehmen können (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 59 mwN). Auch nach dem Vortrag der Klägerin ergibt sich lediglich eine Absprache zwischen der Geschäftsführung der Schuldnerin oder dem Beklagten und der F GmbH. Danach war der Einsatz der Klägerin für die F GmbH bis 31. August 2010 vorgesehen. Die Klägerin hat nicht behauptet, der Arbeitsvertrag, aufgrund dessen sie die Arbeit für die F GmbH zum 1. September 2010 erneut aufnahm, habe darauf beruht, dass sich die F GmbH gegenüber dem Beklagten zur „Übernahme“ der Klägerin verpflichtet gehabt habe. Sie hat auch nicht geltend gemacht, eine sog. Unterbringungsverpflichtung des Beklagten habe ausnahmsweise aus sonstigen Umständen hergerührt (vgl. BAG 18. Oktober 2012 - 6 AZR 41/11 - Rn. 56 ff. mwN).

67

cc) Der Beklagte musste keine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG treffen. Er beschäftigte über den Kündigungstermin hinaus keine vergleichbaren, weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer.

68

B. Die Klägerin hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Oye    

        

    Jerchel    

                 

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Stellt das Gericht im Falle des § 2 fest, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist, so gilt die Änderungskündigung als von Anfang an rechtsunwirksam.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.