Bundesgerichtshof Urteil, 13. Okt. 2016 - 4 StR 239/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:131016U4STR239.16.0
bei uns veröffentlicht am13.10.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 239/16
vom
13. Oktober 2016
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Die Wertgrenze für die Annahme der Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem
Wert im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB liegt bei 1.500 €.
BGH, Urteil vom 13. Oktober 2016 – 4 StR 239/16 – LG Waldshut-Tiengen
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen zu Ziff.: 1. und 2.: Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a.
zu Ziff.: 3.: Verdachts der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:131016U4STR239.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. Oktober 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Paul als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung –, Staatsanwalt – bei der Verkündung – als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten M. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten L. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger für den Angeklagten K. ,
der Angeklagte K. in Person – in der Verhandlung –,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und die Revision des Angeklagten M. gegen das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 3. November 2015 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Angeklagte M. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung im vorbezeichneten Urteil, dass der Angeklagte K. für die erlittene Untersuchungshaft zu entschädigen ist, wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten K. insoweit erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten M.
– der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Men- ge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen (Fälle II.2 und 4),
– der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Men- ge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit unerlaubter Ausfuhr von Betäubungsmitteln (Fall II.3),
– des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Fall II.1),
– des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Diebstahl und mit Sachbeschädigung (Fall I.17),
– des versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Diebstahl und mit Sachbeschädigung in zwölf Fällen (Fälle I.1 bis 6, I.14, I.18, I.20, I.22 bis 24),
– des Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in neun Fällen (Fälle I.7 bis 11, I.15, I.16, I.19, I.21) und
– des Diebstahls in zwei Fällen (Fälle I.12, I.13)
schuldig gesprochen und ihn hierwegen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
2
Den Angeklagten L. hat es unter Freispruch im Übrigen wegen – Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Diebstahl und mit Sachbeschädigung (Fall I.17), – versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Diebstahl und mit Sachbeschädigung in drei Fällen (Fälle I.22 bis 24), – Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in zwei Fällen (Fäl- le I.16, I.19) und – Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall II.2) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
3
Den Angeklagten K. hat es vom Vorwurf der Beteiligung an den Betäubungsmittelstraftaten in den Fällen II.1 bis 4 der Urteilsgründe aus tatsächlichen Gründen freigesprochen und angeordnet, dass diesem Angeklagten für die vom 29. September 2014 bis zum 11. Dezember 2014 erlittene Untersuchungshaft eine Entschädigung zusteht. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen auf die Sachrüge gestützt. Hinsichtlich der Angeklagten M. und L. beanstandet sie die Beweiswürdigung , die rechtliche Würdigung und die Strafzumessung in sämtlichen Fällen, in denen diese Angeklagten verurteilt worden sind; mit Blick auf die Angeklagten L. (Fälle I.14, I.15, I.18, I.20 und I.21 der Urteilsgründe) und K. (Fälle II.1 bis 4 der Urteilsgründe) beanstandet sie außerdem die Freisprüche dieser Angeklagten. Der Angeklagte M. wendet sich mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision gegen seine Verurteilung. Die vom Generalbundesanwalt nur teilweise vertretene Revision der Staatsanwaltschaft und das Rechtsmittel des Angeklagten M. erweisen sich als unbegründet.

A.


I.


4
Das Landgericht hat zu den im angefochtenen Urteil als „Diebstahlstaten“ bezeichneten Fällen das Folgende festgestellt:
5
1. Am 29. Dezember 2013 sprengten der Angeklagte M. und mindestens ein unbekannter Mittäter den freistehenden Zigarettenautomaten der Firma T. mbH & Co. KG in G. auf. Zu diesem Zweck führten sie ein mit Schwarzpulver aus Feuerwerkskör- pern befülltes Metallrohr („Rohrbombe“) in den Ausgabeschacht ein und lösten die Explosion aus. Hierdurch sprang die Türverriegelung des Automaten aus der Arretierung. Der Angeklagte und sein Mittäter erbeuteten Zigarettenpackungen und Bargeld im Gesamtwert von 488 €. Der Sachschaden am Automaten betrug 500 € (Fall I.1 der Urteilsgründe).
6
2. Am 30. Dezember 2013 sprengten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter einen freistehenden Zigarettenautomaten des gleichen Unternehmens in B. mittels in den Ausgabeschacht eingeführter Feuerwerkskörper auf Schwarzpulverbasis. Hierdurch wurde die Elektrik des Automaten zerstört und die Front des Automaten stark nach außen gewölbt. Die Täter entwendeten Zigarettenpackungen im Gesamtwert von 415 €. Der Sachschaden am Automaten betrug 1.200 € (Fall I.2 der Urteilsgründe).
7
3. Am 10. Januar 2014 durchtrennten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter zunächst das Kabel der Straßenlaterne, die einen freistehenden Zigarettenautomaten des gleichen Unternehmens in B. beleuchtete. Anschließend sprengten sie den Automaten auf die gleiche Weise wie im Fall zuvor, wodurch sich der Automat deformierte. Sodann hebelten sie den Automaten auf und erbeuteten Zigarettenpackungen und Bargeld im Gesamtwert von 1.054,50 €. Der Sachschaden am Automaten betrug 1.200 €. An der Straßenlaterne entstand Sachschaden in unbekannter Höhe (Fall I.3 der Urteilsgründe).
8
4. Am 27. Januar 2014 sprengten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter einen weiteren freistehenden Zigarettenautomaten des gleichen Unternehmens in B. mittels einer „Rohrbombe“ auf. Die Täter entwendeten Zigarettenpackungen und Bargeld im Wert von insgesamt 1.122,50 €. Der Sachschaden am Automaten betrug 600 € (Fall I.4 der Urteilsgründe).
9
5. Auf die gleiche Weise sprengten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter am 7. März 2014 einen Zigarettenautomaten des gleichen Unternehmens in Lö. auf, nachdem sie die Kabel dreier Straßenlaternen „angezwickt“ und hierdurch einen Kurzschlussausgelöst hatten. Die Täter entwendeten Zigarettenpackungen und Bargeld in unbekannter Höhe. Der Sachschaden am Automaten betrug mindestens 500 €, die Höhe des Schadens an den Laternen ist unbekannt (Fall I.5 der Urteilsgründe).
10
6. Am 13. März 2014 brachten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter zuvor in den Ausgabeschacht eines freistehenden Zigarettenautomaten des gleichen Unternehmens in W. eingeführte Feuerwerkskörper auf Schwarzpulverbasis zur Explosion, sodass sich die Türverankerung löste. Die Täter entwendeten Zigarettenpackungen und Bar- geld im Gesamtwert von 841 €. Der Geräteschaden betrug 500 € (Fall I.6 der Urteilsgründe).
11
7. Am 8. Mai 2014 hebelten M. und mindestens ein unbekann- ter Mittäter die Aluminiumtür am Eingang der Spielothek „ V. “ in La. auf, schlugen zwei Bewegungsmelder von der Decke des Hauptraums und hebelten zwei Geldspielautomaten auf, aus denen sie Bargeld „in unbekannter, aber nennenswerter Höhe“ entwendeten. Ferner entnahmen sie einer Geldtasche und der Kassenschublade insgesamt 2.100 €. Der Schaden an den Spielautomaten betrug insgesamt 2.868,99 €, der an der Eingangstür 300 € (Fall I.7 der Urteilsgründe).
12
8. Am 13. Mai 2014 brachen M. und der gesondert Verfolgte Mo. in das Lebensmittelgeschäft Bu. in Ü. , Be. ein, indem sie den Profilzylinder des Eingangsschlosses abdrehten bzw. abbrachen. Aus dem Verkaufsraum entnahmen sie Zigarettenstangen und weitere Tabakwaren im Gesamtwert von 3.376,41 €. Ferner entwendeten sie Spirituosen im Gesamtwert von 181,08 €. Der an der Eingangstür entstandene Sachschaden belief sich auf 106,51 € (Fall I.8 der Urteilsgründe).
13
9. Am 23. Juni 2014 brachen M. und mindestens ein unbekannter Mittäter den Tankdeckel eines Lkw der Firma Kö. GmbH in Wu. auf und zapften mindestens 300 Liter Diesel im Wert von mindestens 377,91 € in mitgebrachte Kanister. Es entstand Sachschaden in Höhe von 39 € (Fall I.9 der Urteilsgründe).
14
10. Am 25. Juni 2014 brachen der Angeklagte und mindestens ein unbekannter Mittäter in den Kiosk Wut. in Wut. ein, indem sie letztlich das Vorhängeschloss an einem vorgelagerten Holzschiebeladen durchtrennten sowie den Schiebeladen und anschließend das Fenster aufhebelten. Aus dem Kiosk entwendeten sie verschiedene Gegenstände, Lebensmittel und Bargeld im Gesamtwert von 200 €. Es entstand Sachschaden in Höhe von 1.341,87 € (Fall I.10 der Urteilsgründe).
15
11. Am 29. Juni 2014 hebelten M. und mindestens ein unbe- kannter Mittäter das Fenster zur Herrentoilette des Cafés „S. “ in Wa. auf, stiegen in das Café ein und entwendeten vier Geldbeutel mit ingesamt 240 €, ein gebrauchtes Laptop der Marke Apple im Wert von 400 € und ein Mobiltelefon der Marke „Blackberry“. Der Schaden am Toilettenfenster betrug 400 € (Fall I.11 der Urteilsgründe).
16
12. Am 6. Juli 2014 entwendeten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter aus einem Lkw, einem Mehrzweckbagger und einem Traktor des Bö. insgesamt 420 Liter Diesel im Wert von 588 €. Der Lkw einerseits und die Arbeitsmaschinen andererseits standen in 300 Meter Entfernung zueinander auf einer Baustelle. Die Täter brachen jeweils die Tankdeckel auf und zapften den Kraftstoff in mitgebrachte Kanister (Fall I.12 der Urteilsgründe ).
17
13. Am 15. Juli 2014 montierten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter die Vorderräder eines in Ba. geparkten VW Caddy ab, „um diese für sich zu verwenden“. Die Räder im Wert von mindestens 300 € konnten später bei der Durchsuchung einer von M. genutzten Garage sichergestellt werden (Fall I.13 der Urteilsgründe).
18
14. Am 20. Juli 2014 sprengten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter den freistehenden Zigarettenautomaten der Firma T. mbH & Co. KG in A. mittels in den Ausgabe- schacht eingeführter Feuerwerkskörper auf Schwarzpulverbasis auf, wodurch sich die Türverankerungen lösten. Sie entwendeten Zigarettenpackungen sowie Bargeld „in unbekannter, aber nennenswerter Höhe“. Der Schaden am Automa- ten betrug mindestens 500 € (Fall I.14 der Urteilsgründe).
19
15. Am 22. Juli 2014 hebelten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter die im Eigentum der Firma R. stehende Eingangstür zum Anwesen auf und gelangten über das Treppenhaus zu den Geschäftsräumen der Firma St. . Nachdem sie die Zugangstür aufgehebelt hatten, entwendeten sie aus einem Metallschrank zwei Minirechner der Marke HP im Gesamtwert von ca. 1.000 € sowie Zigaretten im Gesamtwert von mindestens 550 €. An den beiden Türen entstand Sachschaden in Höhe von zusammen 441 € (Fall I.15 der Urteilsgründe).
20
16. Am 24. Juli 2014 hebelten die Angeklagten M. und L. die Eingangstür der Spedition G. -GmbH in Wa. auf. Sodann rissen sie zahlreiche der in einer Halle gelagerten Pakete des Paketdienstes H. auf, um sie nach Stehlenswertem zu durchsuchen. Aus einem Paket entwendeten sie elf T-Shirts im Gesamtwert von 303,40 €; fünf T-Shirts konnten später beim Angeklagten L. in getragenem Zustand sichergestellt werden. Aus weiteren elf Paketen entwendeten sie den Wareninhalt, der sich im Nachhinein nicht mehr feststellen ließ. Einer Wechselgeldkasse entnahmen sie 40 €. Die Firma H. stellte der Spedition später 833,41 € in Rechnung. An der Eingangstür entstand ein Schaden in Höhe von 208,70 € (Fall I.16 der Urteilsgründe

).


21
17. Am 31. Juli 2014 sprengten die Angeklagten M. und L. einen an einer Hauswand befestigten Zigarettenautomaten der Firma T.
mbH & Co. KG in Lau. auf, indem sie einen in den Ausgabeschacht eingeführten pyrotechnischen Satz auf Schwarzpulverbasis zur Explosion brachten. Die Angeklagten waren sich bewusst, dass sie das Ausmaß der durch die Explosion eintretenden Schäden nicht beherrschen konnten, und nahmen eine „Totalbeschädigung“ des Automaten und eine Beschädigung des Gebäudes in Kauf. Durch die Explosion lösten sich die Türverankerungen des Automaten; die Angeklagten entwendeten Zigarettenpackungen und Bargeld im Gesamtwert von 1.371 €. Der Geräteschaden betrug mindestens 1.200 €, derjenige an der Außen- und Innenwand des Gebäudes mindestens 300 € (Fall I.17 der Urteilsgründe).
22
18. Am 1. August 2014 sprengten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter einen freistehenden Zigarettenautomaten des gleichen Unternehmens in Wa. auf die im Fall zuvor beschriebene Weise auf. Durch die Explosion lösten sich die Türverankerungen des Automaten und die Täter entwendeten Zigarettenpackungen und Bargeld im Gesamtwert von 565 €. Der Geräteschaden betrug mindestens 1.200 € (Fall I.18 der Urteilsgründe ).
23
19. Am 14. August 2014 kletterten die Angeklagten M. und L. über den Zaun des Werksgeländes der Firma MA. in Lau. , brachen die Tankdeckel zweier dort abgestellter Lkw auf und zapften insgesamt mindestens 360 Liter Diesel im Wert von mindestens 468 € in mitgebrachte Kanister. An den Tankdeckeln entstand Sachschaden in geringer Höhe (Fall I.19 der Urteilsgründe).
24
20. Am 17. August 2014 brachten M. und mindestens ein unbekannter Mittäter – nach UA 60 und 62 ein „Litauer“ – erneut einen pyrotechnischen Satz auf Schwarzpulverbasis in dem Ausgabeschacht eines freistehen- den Zigarettenautomaten der Firma T. mbH & Co. KG in G. zur Explosion, wodurch sich die Türverankerungen lösten. Die Täter entwendeten Zigarettenpackungen und Bargeld im Gesamtwert von 936 €. Der Schaden am Automaten betrug mindestens 1.000 € (Fall I.20 der Urteilsgründe).
25
21. Am 27. August 2014 brachen M. und mindestens ein unbekannter Mittäter in die Räume der Mok. -Bar in Stü. ein, indem sie letztlich den Drehknopfzylinder des Türschlosses der an der Gebäuderückseite befindlichen Fluchttür entfernten. In der Gaststätte hebelten sie drei Geldspielautomaten auf. Aus zweien der Automaten entwendeten sie zusammen 4.392,60 €, aus dem dritten „einen vergleichbar nennenswerten Betrag“. Aus einem Geldbeutel nahmen sie 200 € an sich, aus einem erbrochenen Münzfach eines Dartautomaten Geldmünzen in nicht mehr feststellbarer Höhe. Auch die Höhe des Sachschadens ließ sich nicht feststellen (Fall I.21 der Urteilsgründe).
26
22. Am 29. August 2014 sprengten die Angeklagten M. und L. den bereits im Fall I.4 der Urteilsgründe betroffenen Zigarettenautomaten in B. auf, indem sie wiederum einen pyrotechnischen Satz auf Schwarzpulverbasis im Ausgabeschacht zur Explosion brachten. Da der Schließmechanismus wegen der früheren Tat verstärkt worden war, bewirkte die Explosion lediglich, dass sich das Automatengehäuse stark verformte, was den Angeklagten die Entnahme von Zigarettenpackungen im Wert von 385,50 € ermöglichte. Versuche der Angeklagten, mittels Hebelwerkzeugs den Geldschacht zu öffnen, scheiterten, verursachten aber weiteren Schaden am Automaten in Höhe von maximal 1.200 €. Der durch die Sprengung verursachte Sachschaden belief sich auf mindestens 500 € (Fall I.22 der Urteilsgründe).
27
23. und 24. Am 9. und 23. September 2014 sprengten die Angeklagten M. und L. jeweils einen freistehenden Zigarettenautomaten des auch in den früheren Fällen betroffenen Unternehmens in A. und Wa. mittels eines pyrotechnischen Satzes auf Schwarzpulver- basis bzw. einer „Rohrbombe“ auf. Sie erbeuteten im ersten Fall Zigaretten- packungen und Bargeld im Gesamtwert von 1.088 €, im zweiten Fall im Gesamtwert von 559 €. Der Sachschaden am Automaten betrug im ersten Fall 1.200 €, im zweiten Fall 1.000 € (Fälle I.23 und 24 der Urteilsgründe).
28
Der Verkehrswert der beschädigten Zigarettenautomaten betrug jeweils 5.000 €.

II.


29
Der Angeklagte M. entschloss sich spätestens im Sommer 2014, Rauschmittel in den Niederlanden zu erwerben, nach Deutschland einzuführen und hier gewinnbringend weiterzuverkaufen. Vor jeder Beschaffungsfahrt telefonierte er mit potentiellen Abnehmern, nahm Bestellungen auf, führte Preisabsprachen durch und sammelte Gelder ein. Da er die Beschaffungsfahrten zu seinem unbekannt gebliebenen Lieferanten nicht allein unternehmen wollte, suchte er sich jeweils einen Begleiter. Durch die Abverkäufe in den nachstehend dargestellten Fällen II.1 bis 3 der Urteilsgründe erwirtschaftete er wie beabsichtigt Gewinn in unbekannter Höhe.
30
1. Spätestens ab 31. Juli 2014 nahm M. Bestellungen für eine Beschaffungsfahrt entgegen; zumindest die gesondert Verfolgten Ti. und Go. , die zuvor schon von M. Betäubungsmittel bezogen hatten , bestellten jeweils Amphetamin. In der Zeit vom 4. August 2014 bis 7. August 2014 erwarb M. in den Niederlanden mindestens 300 Gramm Amphetamin (netto, getrocknet) mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 3 %. Anschließend führte er das Rauschgift in das Bundesgebiet ein. In den nächsten Tagen übergab M. an Ti. und Go. jeweils mindestens 150 Gramm Amphetamin, wofür beide jeweils 1.000 € zahlten (Fall II.1 der Urteilsgründe).
31
2. Spätestens ab dem 28. August 2014 nahm der Angeklagte M. erneut Bestellungen entgegen. J. , der regelmäßig bei M. Betäubungsmittel kaufte, bestellte Amphetamin und Heroin, Go. erneut Amphetamin. Am 29. August 2014 fuhr M. in Begleitung des Angeklagten L. nach Ro. . L. war bekannt, dass M. mit Rauschgift Handel trieb; er wusste vor Fahrtantritt, dass M. in den Niederlanden Betäubungsmittel kaufen wollte, um diese in die Bundesrepublik einzuführen. Ihm war auch klar, dass M. seine Anwesenheit wünschte, um bei der langen Fahrt und dem Grenzübertritt nicht allein zu sein. M. erwarb im Hafengebiet Ro. mindestens 195 Gramm Amphetamin (netto, getrocknet) mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 3 % sowie 10 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 20 %. Die Drogen führte er in Begleitung des Angeklagten L. in das Bundesgebietein und verkaufte sie hier gewinnbringend, mindestens 150 Gramm Amphetamin an Go. , mindestens 45 Gramm Amphetamin sowie die 10 Gramm Heroin an J. (Fall II.2 der Urteilsgründe).
32
3. Spätestens ab dem 9. September 2014 nahm der Angeklagte M. erneut Bestellungen entgegen. So bestellte Ka. ein Kilogramm Amphetamin und übergab einen Geldbetrag in unbekannter Höhe. Auf der anschließenden Einkaufsfahrt begleitete ihn der gesondert Verfolgte P. . Am 11. September 2014 erwarb M. in Ro. mindestens 500 Gramm Amphetamin (netto, getrocknet) mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 3 %. Er bemerkte nicht, dass das Rauschgift mit Salz gestreckt war. Außerdem übernahm er noch 5 Gramm Kokain und 12 Gramm Heroin. Die Drogen führte er anschließend in das Bundesgebiet ein und überließ das Heroin J. . Das Amphetamin übergab er Ka. , der es wegen des Salzgeschmacks bemängelte und zurückgab. In der Nacht vom 13. auf den 14. September 2014 brachte M. in Begleitung des P. das Amphetamin zurück nach Ro. , wo er es gegen 500 Gramm Amphetamin (netto, getrocknet ) mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 3 % umtauschte. Dieses nicht mit Salz versetzte Rauschgift führte er anschließend in das Bundesgebiet ein und gab es an Ka. weiter (Fall II.3 der Urteilsgründe).
33
4. Am 29. September 2014 fuhr der Angeklagte in Begleitung des gesondert Verfolgten Vi. nach Ro. . Dort erwarb M. mindestens 513 Gramm Amphetamin (netto, getrocknet) mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 3,5 % sowie 198,5 Gramm Heroin mit einem Wirkstoffgehalt von 24 %. Anschließend führte M. die Betäubungsmittel in das Bundesgebiet ein, um sie gewinnbringend weiterzuveräußern. Das Tatgeschehen stand unter Beobachtung deutscher Ermittlungsbeamter. Kurz nach dem Grenzübertritt wurde M. festgenommen; die mitgeführten Drogen wurden sichergestellt (Fall II.4 der Urteilsgründe).

B.


34
Die Revision des Angeklagten M. gegen seine Verurteilung in den Fällen I.1 bis 24 und II.1 bis 4 der Urteilsgründe war als unbegründet zu verwerfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieses Angeklagten ergeben hat.

C.


35
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind ebenfalls unbegründet. Die materiell-rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die von der Beschwerdeführerin allein erhobene Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten und beim Angeklagten L. (§ 301 StPO) auch nicht zu dessen Nachteil ergeben.

I.


36
Die „Diebstahlstaten“ (Fälle I.1 bis 24 der Urteilsgründe)
37
1. Der Angeklagte M.
38
a) Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts hat das Landgericht den Angeklagten M. in den Fällen I.1 bis 6, 14, 18, 20 und 22 bis 24 sowie den Angeklagten L. in den Fällen I.22 bis 24 der Urteilsgründe rechtsfehlerfrei nur wegen versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB verurteilt. Die dieser rechtlichen Würdigung zugrunde liegende Schlussfolgerung der Strafkammer, die Explosi- on habe „objektiv in keinem der Fälle zu einer konkreten Gefahr für Sachen von bedeutendem Wert im Sinne des § 308 Abs. 1 StGB geführt“, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
39
Der Generalbundesanwalt meint, die Wertgrenze für die Annahme der (konkreten) Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert sei auch bei § 308 Abs. 1 StGB mit 750 € zu beziffern. Der Senat ist jedoch in Übereinstimmung mit dem 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 – 1 StR 488/14) und mit dem Landgericht in der angefochtenen Entscheidung der Auffassung, dass die Wertgrenze hier mit 1.500 € zu bemessen ist.
40
Zwar hat der Senat für die Straßenverkehrsdelikte nach §§ 315b, 315c StGB an dem Grenzwert von 750 € für Sachwert und (drohende) Schadenshöhe festgehalten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215 f. zu § 315b StGB, und vom 4. Dezember 2012 – 4 StR 435/12, NStZ 2013, 167 zu § 315c StGB). Dies hat er aber mit dem spezifischen „Schutz des Allgemeininteresses an der Sicherheit des Straßenverkehrs“ begründet (BGH, Beschluss vom 28. September 2010, aaO). Mit Blick auf das Verbrechen des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion hat der 1. Strafsenat in seinem vorzitierten Urteil Folgendes ausgeführt (aaO Rn. 57, 58): „§ 308 StGB ist ein konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 1995 - 5 StR 366/95, NStZ-RR 1996, 132 f. mwN zu § 311 StGB aF). Vollendung tritt mit dem Herbeiführen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert ein. Maßgeblich ist dafür die Höhe des dem betroffenen fremden Eigentum konkret drohenden Schadens (Wolff [in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 5,] § 308 Rn. 8; Krack [in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 11,] § 308 Rn. 9 mwN). Um diese zu bestimmen, bedarf es regelmäßig eines zweistufigen Vorgehens, indem zunächst der Wert der Sache selbst und anschließend der ihr drohende (bedeutende) Schaden zu ermitteln sind (st. Rspr. zu § 315c StGB; vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - 4 StR 22/11, DAR 2011, 398 f. mwN). Der Bundesgerichtshof hat - soweit ersichtlich - bislang weder zu § 308 StGB noch zu der Vorgängerregelung § 311 StGB aF entschieden, ab welcher Untergrenze von einem bedeutenden Wert ausgegangen werden kann. Für die bezüglich des konkreten Gefahrerfolgs im Wortlaut identisch gefassten §§ 315b, c StGB legt der Bundesgerichtshof eine solche von 750 Euro zugrunde (BGH, Beschluss vom 18. Juni 2013 - 4 StR 145/13 Rn. 7 mwN). Der Senat neigt für § 308 StGB im Hinblick auf die auf der Ebene der Tathandlung auch erfassten Explosionen durch Sprengkörper mit geringer Sprengkraft …. allerdings zu einem etwas höheren Grenzwert, der bei 1.500 Euro liegen könnte. In der Strafrechtswissenschaft geforderte, deutlich höhere Untergrenzen (Wolff aaO § 308 Rn. 8 ‚2.500 Euro‘; Krack aaO § 308 Rn. 9 ‚ca. 5.000 Euro‘; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 7 ‚3.000 Euro‘) sind weder aus teleologischen Gründen noch durch das verfassungsrechtliche Schuldprinzip veranlasst.“
41
Dem tritt der Senat auch aus systematischen Erwägungen bei, um dem Charakter der Vorschrift des § 308 Abs. 1 StGB als Verbrechen bereits im Grundtatbestand und der damit verbundenen deutlich erhöhten Strafdrohung Rechnung zu tragen. Der identische Wortlaut und die Einstellung in dem gleichen Abschnitt des Strafgesetzbuches wie die §§ 315b, 315c StGB steht dem nicht entgegen.
42
Danach hat das Landgericht den Angeklagten M. mit Recht lediglich im Fall I.17 der Urteilsgründe, in dem der Geräte- und Gebäudeschaden zusammen mindestens 1.500 € betrug, wegen vollendeten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion verurteilt. In den übrigen Fällen konnte die Strafkammer keine Anzeichen für einen den tatsächlich eingetretenen Sachschaden übersteigenden (konkreten) Gefährdungsschaden feststellen; ein Rechtsfehler ist ihr hierbei nicht unterlaufen.
43
b) Vergeblich rügt die Revision der Staatsanwaltschaft eine „fehlerhafte Beweiswürdigung und fehlerhafte rechtliche Würdigung in den Fällen I.1-I.12, I.14-I.24 hinsichtlich des Vorliegens einer Bande gem. §§ 244, 244a StGB“. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte M. habe nicht bandenmäßig gehandelt, hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
44
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Diesem allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisi- onsrechtliche Nachprüfung ist darauf beschränkt, ob ihm bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht insbesondere der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze verstößt oder gesicherten Erfahrungssätzen widerspricht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 25. November 2015 – 1 StR 349/15, juris Rn. 9, und vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16, juris Rn. 9).
45
An diesen Maßstäben gemessen ist die Beweiswürdigung der Strafkammer rechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat sich mit den für eine Bandenabrede sprechenden Indizien auseinandergesetzt und diese auch in die erforderliche Gesamtschau einbezogen. Es hat daraus auch unter Würdigung der zeitlich zum Teil dicht aufeinander folgenden Taten im Ergebnis nicht den Schluss auf eine Bandenabrede gezogen. Diese Wertung ist möglich und daher vom Revisionsgericht hinzunehmen.
46
Der Senat besorgt auch nicht, dass die Strafkammer einen rechtlich unzutreffenden Maßstab angelegt hat; er vermag dem Urteil auch in seinem Gesamtzusammenhang nicht zu entnehmen, dass das Landgericht davon ausgegangen ist, die bandenmäßige Begehung setze das Zusammenwirken dreier Bandenmitglieder vor Ort voraus oder ein Wechsel in der personellen Zusammensetzung sei ausgeschlossen.
47
c) Auch im Übrigen vermag die revisionsführende Staatsanwaltschaft einen Rechtsfehler nicht aufzuzeigen.
48
aa) Mit Recht ist das Landgericht in den Fällen des versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion davon ausgegangen, dass eine etwaige Strafbarkeit nach § 40 Abs. 1 SprengG in Gesetzeskonkurrenz zurücktreten würde.
49
Bei dem hier allein in Betracht kommenden § 40 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 27 Abs. 1 SprengG (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 – 1 StR 488/14 mwN, auch zur grundsätzlichen Einbeziehung pyrotechnischer Gegenstände) handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl. KG, RuS 2006, 80 ff.), das selbst im Verhältnis zum Vergehen der Vorbereitung eines Explosions- oder Strahlenverbrechens nach § 310 StGB einen „Auffangtatbestand“ bildet (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1976 – 3 StR 432/76 [S], NJW 1977, 540 zum Verhältnis § 311b StGB aF und § 30 Abs. 2 Nr. 5 SprengG 1969; BayObLGSt 1973, 117, 120; ebenso Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 310 Rn. 11; Herzog in NK-StGB, 4. Aufl., § 310 Rn. 14; Dietmeier in Matt/ Renzikowski, StGB, § 310 Rn. 6; Bange in BeckOK-StGB, Stand: 01.09.2016, § 310 Rn. 21; vgl. aber Steindorf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze , 193. Ergänzungslieferung 2013, § 40 SprengG Rn. 427: „in der Regel“ Idealkonkurrenz ). § 308 Abs. 1 StGB ist ein konkretes Gefährdungsdelikt (BGH, Urteil vom 21. September 1995 - 5 StR 366/95, NStZ-RR 1996, 132; KG NStZ 1987, 231, 232; Bange, aaO, § 308 Rn. 3), sodass bereits nach allgemeinen Grundsätzen das abstrakte Gefährdungsdelikt dahinter zurücktritt (vgl. allgemein von Heintschel-Heinegg in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., vor § 52 Rn. 47). Das gilt auch im Fall des lediglich versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. Denn jedenfalls bei dem hier vorliegenden tauglichen Versuch hat sich die Gefahr durch den Eintritt in das Versuchsstadium hinreichend konkretisiert. Das kommt auch in den nach Versuchsgrundsätzen gemilderten Strafrahmen des § 308 Abs. 1 StGB (drei Monate bis elf Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe) und des § 40 Abs. 1 SprengG (Freiheitsstrafe bis drei Jahre oder Geldstrafe) zum Ausdruck. Der Umstand, dass damit die Vollendung des Vergehens nach § 40 Abs. 1 SprengG im Tenor nicht zum Ausdruck kommt, steht dem nicht entgegen, wie sich schon aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem Verhältnis zwischen versuchter Nöti- gung und (vollendeter) Bedrohung nach § 241 StGB – einem abstrakten Gefährdungsdelikt – ergibt (vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. März 2015 – 3 StR 618/14, juris Rn. 5 mwN).
50
bb) In den Fällen I.3 und 5 der Urteilsgründe, in denen die Täter das Kabel einer Straßenlaterne durchtrennten bzw. die Kabel dreier Straßenlater- nen „anzwickten“, hat sich der Angeklagte M. nicht auch wegen ge- meinschädlicher Sachbeschädigung nach § 304 Abs. 1 StGB strafbar gemacht. Aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt sich nicht, dass die besonderen Voraussetzungen dieses Straftatbestandes erfüllt sind.
51
cc) Entgegen der Auffassung der revisionsführenden Staatsanwaltschaft hält die Annahme nur einer Diebstahlstat im Fall I.12 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung stand. Die dem ersichtlich zugrunde liegende rechtliche Würdigung, die Wegnahme des Diesels aus den Tanks der drei „in 300 Metern Entfernung zueinander auf einer Baustelle“ befindlichen Fahrzeuge stehe in natürlicher Handlungseinheit, entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urteil vom 27. Juni 1996 – 4 StR 166/96, NStZ 1996, 493, 494), zumal dem Tatrichter bei der Bewertung der Umstände des konkreten Falles ein Beurteilungsspielraum zukommt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Juli 2009 – 1 StR 214/09, wistra 2009, 398).
52
Nichts anderes gilt für den Fall I.19 der Urteilsgründe.
53
dd) Anders als die Staatsanwaltschaft meint hat sich der Angeklagte M. im Fall I.13 der Urteilsgründe nicht auch der Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB schuldig gemacht. Sachbeschädigung durch Einschränkung der Funktionsfähigkeit ist zu verneinen, wenn die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes einen nur unerheblichen Aufwand erfordert (vgl. Wieck- Noodt in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, aaO, § 303 Rn. 22 mwN). So liegt es angesichts der Alltäglichkeit des Reifenwechsels bei dem Abmontieren der Vorderräder im Fall I.13 (vgl. OLG Hamm, VRS 28, 437 für abmontierte Radkappen).
54
ee) Im Fall I.15 der Urteilsgründe hat der Angeklagte M. den Tatbestand der Sachbeschädigung nicht in zwei tateinheitlichen Fällen verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 487/15, NJW 2016, 2349, 2350 mwN).
55
ff) Die Bemessung der Einzelstrafen im Komplex „Diebstahlstaten“ weist entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft keinen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten M. auf.
56
Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 – 5 StR 508/07, NStZ-RR 2008, 153). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 5 StR 530/07, NStZ-RR 2008, 310 f.).
57
Bei Zugrundelegung dieses beschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs begegnet auch die strafmildernde Berücksichtigung polizeilicher Überwachung in den Fällen I.9 bis 24 der Urteilsgründe keinen Bedenken. Eine lückenlose Überwachung und ein völliger Ausschluss jedweder Gefahr für die Rechtsgüter Dritter sind hierfür nicht erforderlich. Es obliegt dem Tatrichter, welches Gewicht er festgestellten polizeilichen Überwachungsmaßnahmen – hier: GPS-Ortung, Garagenobservation, Telefonüberwachung und Pkw-Innen- raumgesprächsüberwachung – beimessen möchte.
58
Soweit in den Fällen des versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion das Landgericht unter Verbrauch des vertypten Milderungsgrundes nach § 23 Abs. 2 StGB den Strafrahmen des § 308 Abs. 4 StGB angewendet hat, hat es nicht erkennbar bedacht, dass § 243 Abs. 1 StGB für den Regelfall eine höhere Strafobergrenze vorsieht (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., § 52 Rn. 3, 4). Der Senat schließt jedoch im Blick auf die ersichtlich an der gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 StGB bestimmten Untergrenze orientierten Einzelstrafen aus, dass deren Festsetzung auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht. Im Übrigen bekämpft die Revision die Annahme eines „weniger gefährlichen Explosionsstoffs“ mit überwiegend urteilsfremdem Vorbringen.
59
Im Fall I.13 ist die Verhängung der Mindeststrafe aus § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB nicht unvertretbar milde.
60
2. Der Angeklagte L.
61
a) Soweit die Staatsanwaltschaft eine die zugelassene Anklage nicht ausschöpfende Verurteilung des Angeklagten L. in den Fällen I.16, I.17,I.19 und I.22 bis 24 beanstandet, ist die Revision aus den unter Ziffer 1 zum Angeklagten M. dargelegten Gründen unbegründet. Auch die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe weist keinen Rechtsfehler zum Vorteil oder zum Nachteil des Angeklagten L. auf.
62
b) Der Freispruch dieses Angeklagten aus tatsächlichen Gründen in den Fällen I.14, I.15, I.18, I.20 und I.21 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung stand. Mit ihrem zum Teil auf urteilsfremdes Vorbringen gestützten Versuch , ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts zu setzen, vermag die Revision keinen Rechtsfehler aufzuzeigen. Der Senat besorgt nicht, dass das Landgericht eine Gesamtbetrachtung der von ihm zusammengestellten für und gegen eine Tatbeteiligung des Angeklagten sprechenden Indizien unterlassen hat. Die Häufung „schwerwiegender Einbrüche“ kurz nach dessen Entlassung aus der Strafhaft ist dem Landgericht ersichtlich nicht aus dem Blick geraten. Die Möglichkeit, dass die Tat I.20 der Urteilsgründe – unter Einschluss des Angeklagten L. – auchzu dritt begangen worden sein könnte, hat die Strafkammer gesehen; die bei ihm aufgefundenen Feuerwerkskörper hat sie berücksichtigt. Angesichts der nur auf einen Mittäter des Angeklagten M. hindeutenden Indizien (UA 60, 104) war sie zu einer eingehenderen Begründung auch in diesem Fall nicht verpflichtet.

II.


63
Die „Betäubungsmittelstraftaten“ (Fälle II.1 bis 4 der Urteilsgründe)
64
Die Überprüfung des Urteils in den unter Ziffer II. festgestellten Fällen der Urteilsgründe hat keinen Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten M. , L. und K. ergeben. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
65
1. Der Angeklagte M.
66
a) Mit ihren Angriffen gegen die Feststellungen des Landgerichts zum Wirkstoffgehalt des Amphetamins in den Fällen II.1 bis 4 versucht die Revision im Wesentlichen erneut, teilweise gestützt auf urteilsfremdes Vorbringen, ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts zu setzen; damit kann die Revision keinen Erfolg haben.
67
Das Landgericht hat zu der Tat II.4 einen Wirkstoffgehalt des Amphetamins von mindestens 3,5 % festgestellt (UA 28) und sich hierfür auf das Gutachten des Landeskriminalamtes vom 20. November 2014 berufen (UA 76). Der allein erhobenen Sachrüge kann die Behauptung der Beschwerdeführerin, das Gutachten weise in Wahrheit einen höheren Wirkstoffgehalt aus, nicht zum Erfolg verhelfen. In Bezug auf die vorangegangenen Fälle hat das Landgericht von dem festgestellten Wert rechtsfehlerfrei einen Sicherheitsabschlag von 0,5 % angenommen.
68
b) Die Beanstandung der Revision, die Feststellungen der Strafkammer zu den gehandelten Betäubungsmittelmengen seien lückenhaft und unvollständig , greift nicht durch. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Terminszuschrift Folgendes ausgeführt: „Die Feststellungen der Kammer zu den jeweils gegenständlichen Be- täubungsmittelmengen sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beanstandung der Revision, bei Fall II.1 habe eine höhere Betäubungsmittelmenge zugrunde gelegt werden müssen, da mehr bestellt als geliefert worden sei, stützt sich auf urteilsfremde Erwägungen, die auf die allein erhobene Sachrüge keine Berücksichtigung finden können. Dazu, dass sich aus einem in die Hauptverhandlung eingeführten Telefonat zu Tat II.1 ergebe, dass Ti. 40 Pakete Amphetamin bestellt aber nur 38 erhalten habe, und dass der Angeklagte M. eingeräumt habe, dass ihm 40g beim Lagern verloren gegangen seien, finden sich in den Urteilsgründen keine Angaben. Eine Verfahrensrüge, vermittels derer eine mangelhafte Erörterung in der Hauptverhandlung verlesener Schriftstücke über die Urteilsgründe hinaus gerügt werden könnte, ist nicht erhoben. Gleiches gilt für die von der Revision in diesem Zusammenhang zugrunde gelegte ‚übliche Abpackmenge‘ für Amphetamine, oder den Verweis auf den Inhalt eines Telefonats mit ‚Bo. ‘ betreffend Betäu- bungsmittelmengen bei Tat II.3, zu denen sich die Urteilsgründe jeweils nicht verhalten. Soweit die Revision beanstandet, dass die Kammer dem Angeklagten M. in Fall II.1 bei der Berechnung der umgesetzten Betäubungsmittelmengen anhand einer telefonisch getroffenen Preisabsprache und genannten Zahlungsbeträgen zu weit entgegen gekommen sei, greift ihre Argumentation zu kurz. Die Kammer hat bei ihrer Berechnung ersichtlich zugrunde gelegt, dass der Betrag von 1.500,00 € für 500g Amphetamin , den der Angeklagte gegenüber O. berechnete, neben den Kosten für den Ankauf des Amphetamins auch M. s Fahrtkosten abdecken sollte (UA S. 78). Vor diesem Hintergrund ist der weite- re Abschlag, den die Kammer bei der Schätzung der Betäubungsmittelmenge bei Tat II.1 anhand des vereinbarten Zahlungsbetrags getroffen hat (1000,00 € für 300g Amphetamin zuzüglich Fahrtkosten) rechtlich nicht zu beanstanden. Entsprechendes gilt für die Angriffe der Revision auf die Beweiswürdigung der Kammer zu den in Fällen II.2 bis II.4 umgesetzten Betäubungsmittelmengen. Anzumerken ist hier, dass das Vorbringen zu den in Fall II.3 umgesetzten Betäubungsmittelmengen wiederum urteilsfremd ist (Telefonat mit ‚Bo. ‘ am 28. September 2014). Im Übrigen ergäben sich bei Zugrundelegung der von der Revision bevorzugten , strengeren Berechnungsmethode, wonach bei Fall II.1 zweimal 166,5g Amphetamin (netto, getrocknet, statt 150g) und dementsprechend bei Fall II.2 211,5g (netto, getrocknet, statt 195g) Gegenstand der Bestellungen bzw. Ankäufe gewesen wären, keine erheblichen Folgen für die Beurteilung der Taten: In beiden Fällen bliebe die nicht geringe Menge Amphetaminbase bei einem Wirkstoffgehalt von 3,0 % jeweils un- terschritten (9,9g bzw. 6,35g).“
69
Dem tritt der Senat bei.
70
c) Dem Landgericht ist im Zusammenhang mit der Aburteilung des Falles II.3 der Urteilsgründe kein Verstoß gegen die Kognitionspflicht gemäß § 264 StPO unterlaufen.
71
Die Staatsanwaltschaft hatte mit Verfügung vom 5. Dezember 2014 von der Verfolgung der Beschaffungsfahrt am 10./11. September 2014 abgesehen und als Grundlage der Einstellungsverfügung die Vorschrift des § 154 Abs. 1 StPO bezeichnet. Das Landgericht hat darin eine „Falschbezeichnung“ gesehen und ist – ausgehend von der zutreffenden Annahme einer Bewertungseinheit – von einer Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 1 StPO auf die Umtauschfahrt in der Nacht zum 14. Dezember 2014 ausgegangen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 1974 – 4 StR 453/74, BGHSt 25, 388, 390 zu § 154 Abs. 1 StPO: „in Wirklichkeit nach § 154a StPO“; Urteil vom 25. September 2014 – 4 StR 69/14, NJW 2015, 181, 182 zu § 154 Abs. 2 StPO: „Umdeutung einer Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO in eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO“).
72
d) Die Angriffe der Revision auf die Beweiswürdigung und die rechtliche Bewertung der Strafkammer zur Verneinung des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bleiben ohne Erfolg. Die Wertung der Strafkammer, der Angeklagte M. habe nicht bandenmäßig gehandelt, ist rechtsfehlerfrei.
73
Wesentliches Merkmal einer Bande ist die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321 ff.; Urteile vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696, und vom 29. Februar 2012 – 2 StR 426/11, juris Rn. 11). Daran fehlt es, wenn sich die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts auf der Verkäufer- und der Erwerberseite selbständig gegenüberstehen, auch wenn sie in einem eingespielten Bezugsund Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung han- deln. Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel zum Zweck des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in dessen Absatzorganisation als verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenübersteht, beurteilt sich im Wesentlichen nach der getroffenen Risikoverteilung (BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2007 – 4 StR 612/06, NStZ 2007, 533, vom 5. Oktober 2007 – 2 StR 436/07, NStZ-RR 2008, 55; vom 5. Juli 2011 – 3 StR 129/11, StraFo 2011, 413 und vom 31. Juli 2012 – 5 StR 315/12, NStZ 2013, 49).
74
Diesen rechtlichen Maßstab hat das Landgericht ersichtlich nicht verkannt und die verschiedenen Indizien für und gegen eine Bandenabrede berücksichtigt. Darauf gestützt ist es im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu seiner rechtsfehlerfreien Schlussfolgerung gelangt:
75
Die Strafkammer war insbesondere nicht gehalten, die wiederholte Bereitstellung von Geld durch die Besteller als konkludente Bandenabrede einzuordnen ; denn die gesondert Verfolgten handelten nach den getroffenen Feststellungen als selbständige Abnehmer (UA 92: „antagonistische VerkäuferKäufer -Beziehung“). Dass die Besteller und der Angeklagte M. gegenüber dem unbekannten Lieferanten als Gruppierung gemeinsam aufgetreten seien oder die Beschaffung der Betäubungsmittel arbeitsteilig erfolgt wäre, ergibt sich aus den Feststellungen und der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils nicht (anders der von der Revision angeführte Fall BGH, Urteil vom 3. September 2014 – 1 StR 145/14, NStZ 2015, 227 ff.).
76
Im Übrigen erschöpfen sich die Angriffe der Revision erneut in urteilsfremdem Vorbringen (insbesondere durch die Bezugnahme auf abgehörte Telefongespräche ) und dem Versuch, darauf gestützt eine eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen der Strafkammer zu setzen; das muss auch an dieser Stelle ohne Erfolg bleiben.
77
e) Die Zumessung der Einzelstrafen sowie der Gesamtstrafe weist keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten M. auf.
78
2. Der Angeklagte L.
79
Die Verurteilung des Angeklagten L. wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge begegnet keinen rechtlichen Bedenken, weil die Haupttat des Mitangeklagten M. zu Ziffer II.2 der Urteilsgründe – wie zuvor ausgeführt – rechtsfehlerfrei festgestellt ist und auch die Annahme der Beihilfe auf zutreffenden rechtlichen Erwägungen beruht.
80
3. Der Angeklagte K.
81
Der Freispruch des Angeklagten K. vom Vorwurf der mittäterschaftlichen und bandenmäßigen Beteiligung an den Betäubungsmittelstraftaten in den Fällen II.1 bis 4 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die Revision vermag mit ihren – erneut – weitgehend auf urteilsfremdes Vorbringen gestützten Angriffen keinen Rechtsfehler aufzuzeigen; ein solcher ist auch sonst nicht ersichtlich. Das Landgericht hat ersichtlich auch die erforderliche Gesamtwürdigung vorgenommen (UA 106: „Nach alledem …“). Der Umstand, dass die revisionsführende Staatsanwaltschaft die Beweise anders gewürdigt hätte, ist für die materiell-rechtliche Nachprüfung des Urteils unerheblich.
82
Zwar hat die Strafkammer entgegen § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO keine Feststellungen zum Vorleben dieses Angeklagten, namentlich zu dem Bestehen einschlägiger Vorstrafen, getroffen; darin liegt hier aber kein durchgreifender Rechtsfehler.
83
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann es allerdings einen auf Sachrüge zu beachtenden Darstellungsmangel darstellen, wenn die Urteilsgründe keine Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten enthalten. Solche sind zwar in erster Linie bei verurteilenden Erkenntnissen notwendig, um das Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts nachvollziehen zu können; bei freisprechenden Urteilen ist der Tatrichter aus sachlich-rechtlichen Gründen aber zumindest dann zu Feststellungen zur Person des Angeklagten verpflichtet , wenn diese für die Beurteilung des Tatvorwurfs eine Rolle spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 2. April 2014 – 2 StR 554/13, NStZ 2014, 419, 420; vom 13. März 2014 – 4 StR 15/14, juris Rn. 7 ff., NStZ-RR 2014, 153 [LS]; vom 11. März 2010 – 4 StR 22/10, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 16).
84
Insoweit verbietet sich indes eine schematische Betrachtung (vgl. BGH, Urteile vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14, juris Rn. 18, und vom 5. März 2015 – 3 StR 514/14, NStZ-RR 2015, 180 f.); die Entscheidung, ob ein Verstoß gegen § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO vorliegt, ist aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu treffen. Danach waren hier Feststellungen zum Werdegang, zum Vorleben und zur Persönlichkeit des Angeklagten entbehrlich: Die Beweislage ist nach dem auf Sachrüge allein maßgeblichen Inhalt der Urteilsurkunde dadurch gekennzeichnet, dass insbesondere der Inhalt der überwachten Tele- kommunikation keinen Bezug zu dem hier abgeurteilten Betäubungsmittelhandel des Angeklagten M. aufweist; dieser hat „in keinem der Gespräche Andeutung gefunden“ (UA 88). Danach käme dem Umstand, dass Taten wie die vorliegenden dem Angeklagten womöglich nicht wesensfremd sind – mehr hätte sich aus dem Bestehen etwaiger einschlägiger Vorstrafen nicht ableiten lassen –, keine solch bestimmende Bedeutung zu, dass die Strafkammer zur Mitteilung jener Erkenntnisse in den Urteilsgründen verpflichtet war.

D.


85
Die zulässig eingelegte sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung einer Entschädigung des Angeklagten K. wegen der von diesem erlittenen Untersuchungshaft ist unbegründet, da die Entscheidung dem Gesetz entspricht. K. hat die Strafverfolgungsmaßnahme insbesondere nicht grob fahrlässig verursacht (§ 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG). Allein „die konspirativ geführten Telefonate, die eindeutig auf seine Beteiligung an erheblichen Straftaten hindeuten“, scheiden als zurechenbare Ursache in Bezug auf die hier allein angeklagten vier Beschaffungsfahrten M. s aus.
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Sprengstoffgesetz - SprengG 1976 | § 40 Strafbarer Umgang und Verkehr sowie strafbare Einfuhr


(1) Wer ohne die erforderliche Erlaubnis 1. entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 mit explosionsgefährlichen Stoffen umgeht,2. entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 den Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen betreibt oder3. entgegen § 27 Abs. 1 explosionsgefährliche Sto

Strafgesetzbuch - StGB | § 304 Gemeinschädliche Sachbeschädigung


(1) Wer rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgesellschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind, oder Grabmäler, öffentliche Denkmäler, Naturdenkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des G

Sprengstoffgesetz - SprengG 1976 | § 30 Allgemeine Überwachung


Der Umgang und der Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen unterliegen der Überwachung durch die zuständige Behörde.

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Juli 2017 - 3 StR 490/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 490/16 vom 27. Juli 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen Bestechung, Bestechlichkeit u.a. hier: Revisionen der Angeklagten W. und M. sowie Revision der Staatsanwaltschaft betreffend die

Bundesgerichtshof Beschluss, 07. März 2017 - 3 ARs 21/16

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 ARs 21/16 vom 7. März 2017 in der Strafsache gegen wegen Totschlags hier: Anfragebeschluss des 2. Strafsenats vom 1. Juni 2016 - 2 StR 150/15 ECLI:DE:BGH:2017:070317B3ARS21.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgericht

Referenzen

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 488/14
vom
10. Februar 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Falsche Verdächtigung durch den Beschuldigten in einem Strafverfahren bei bewusst
wahrheitswidriger Bezichtigung einer bis dahin unverdächtigen Person.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 - 1 StR 488/14 - LG Traunstein
in der Strafsache
gegen
wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Februar
2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Prof. Dr. Mosbacher
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 27. Mai 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Nötigung verurteilt worden ist [Fälle II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe],
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird der Tagessatz der in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafen jeweils auf einen Euro festgesetzt. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 5. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Nötigung sowie wegen unerlaubten Besitzes erlaubnispflichtiger Munition und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich jeweils mit näher ausgeführten Sachrügen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit einer zu seinen Ungunsten eingelegten Revision.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten bleibt weitgehend erfolglos. Die Revision der Staatsanwaltschaft erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.

A.


4
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.


5
1. Dem gesondert Verfolgten C. H. wird vorgeworfen, durch ein betrügerisches Anlagemodell mehrere tausend Anleger um insgesamt ca. 135 Mio. Euro betrogen zu haben. In die C. H. vorgeworfenen Taten sollen auch die beiden Geschäftsführer einer A. GmbH (A. ), M. K. und D. , involviert gewesen sein.
6
Aus dem Kreis der Anleger des von C. H. betriebenen Anlagemodells hatten sich mehrere Gruppierungen gebildet, die ihr eingebrachtes Geld zurückerlangen wollten. Zu einer dieser Anlegergruppen gehörte auch der ebenfalls gesondert verfolgte Au. . Dieser konnte ab etwa Jahresende 2011 den Angeklagten dazu bestimmen, der Anlegergruppe um Au. dabei behilflich zu sein, den Aufenthaltsort des zwischenzeitlich untergetauchten C. H. ausfindig zu machen und diesen zu veranlassen, sich bei der Anlegergruppe zu melden. Aus Sicht von Au. sollte es darum ge- hen, in das betrügerische Anlagemodell „investierte“ und bislang nicht zurück- erhaltene Gelder von C. H. zurückzuerlangen.
7
Das Landgericht hat nicht auszuschließen vermocht, dass außer dieser Anlegervereinigung noch weitere Personen bzw. Personengruppen versuchten, C. H. dazu zu veranlassen, sich seinen Anlegern zu stellen, und ggf. Geld von diesem zu erhalten.
8
2. Au. beauftragte den Angeklagten gegen Zahlung von 3.000 Euro damit, jeweils Sprengkörper in unmittelbarer Nähe der Anwesen von M. K. und von P. , dem Bruder von C. H. , zu zünden , um Angst zu verbreiten und mittelbar auf C. H. einzuwirken. Dies sollte geschehen, „indem man dessen Angehörige und Geschäftsfreunde ihrerseits bedrohte“ (UA S. 6). Zur Umsetzung dieses Vorhabens übergab Au. dem Angeklagten drei im Inland nicht zugelassene, aber in der Tschechischen Republik frei verkäufliche Feuerwerkskörper mit jeweils etwas mehr als 100 g Schwarzpulver. Im Rahmen der Au. zugesagten Unterstützung kam es nach den Feststellungen des Landgerichts zu folgenden Verhaltensweisen des Angeklagten:
9
a) Am 27. Dezember 2012 versandte der Angeklagte zwei Briefbombenattrappen. Die jeweiligen Briefe waren an den Geschäftsführer der A. , D. , sowie an die Schwiegermutter von C. H. gerichtet. In die Briefumschläge hatte der Angeklagte jeweils ein Feuerzeug, eine Batterie und einen Kupferdraht gelegt, um den Eindruck von Briefbomben zu erwecken. Damit sollten die beiden Empfänger unter Druck gesetzt werden und auf C. H. eingewirkt werden, damit dieser sich mit den Anlegern in Verbindung setze [Fall II.2.d) der Urteilsgründe].
10
b) Am 15. Januar 2013 zündete der Angeklagte einen der vonAu. übergebenen Feuerwerkskörper im Garten des (früheren) Wohnanwesens des anderen Geschäftsführers der A. , M. K. . Dabei warf der Angeklagte diesen Gegenstand in den Garten und verließ eilends das Grundstück. Der Feuerwerkskörper explodierte rund 2,60 m von der Hauswand entfernt. An der Explosionsstelle entstand eine Vertiefung in einer Größe von ca. 15 cm. Die Hauswand wies aufgrund der Wirkungen des gezündeten Feuerwerkskörpers an drei Stellen Verfärbungen bzw. eingebrannte Stellen auf [Fall II.2.a) der Urteilsgründe].
11
c) Nachdem im Rahmen einer noch am Tatabend erfolgten Polizeikontrolle auf der A8 die beiden bei dem Angeklagten verbliebenen Feuerwerkskörper wegen der fehlenden inländischen Zulassung sichergestellt worden waren, verschaffte dieser sich in der Tschechischen Republik einen anderen Sprengsatz , einen sog. Blitzknallsatz. Dabei handelt es sich um einen dort freiverkäuflichen , in Deutschland aber verbotenen Artikel mit 50 g aus Kaliumperchlorat und Aluminium bestehender Explosivmasse.
12
Diesen Sprengsatz warf der Angeklagte am 28. März 2013 auf dem Garagenvorplatz vor dem Wohnanwesen von P. aus dem geöffneten Fenster seines Fahrzeugs. Der Sprengkörper geriet unter den hinteren Teil eines dort abgestellten Pkw. Dort explodierte der Sprengsatz. Aufgrund der Sprengwirkung wurde u.a. das Bodenblech des Fahrzeugs durchschlagen, die Karosserie beschädigt und die Scheiben zerstört. Es entstand ein Schaden von rund 12.000 Euro. Durch die Detonation wurde zudem das Garagentor am Anwesen von P. verzogen und der Gartenzaun beschädigt. Dies führte weitere Schäden in Höhe von über 7.000 Euro herbei. Angesichts des ungezielten Hinauswerfens des Sprengsatzes aus seinem Wagen konnte der Angeklagte damit rechnen, dass die Explosion in der Nähe des abgestellten Fahrzeugs erfolgen würde und dadurch erhebliche Schäden entstünden.
13
Das Landgericht hat nicht aufzuklären vermocht, von wem eine rund eine Woche nach der Tat an C. H. gesandte und auch seinem Bruder P. zugeleitete E-Mail, in der die Zahlung von 2,4 Millionen Euro gefordert und auf den Anschlag Bezug genommen wurde, stammte. Kenntnis des Angeklagten von dieser Mail ließ sich nicht feststellen [Fall II.2.c) der Urteilsgründe].
14
3. a) Darüber hinaus hat das Tatgericht festgestellt, dass im Anschluss an die polizeiliche Sicherstellung der zwei nach dem Anschlag auf das frühere Wohnanwesen von M. K. bei dem Angeklagten verbliebenen Feuerwerkskörper [oben A.I.2.c)] gegen diesen ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleitet worden war. In diesem Verfahren behauptete der Angeklagte bewusst wahrheitswidrig, die beiden Gegenstände gehörten nicht ihm, sondern seinem Sohn. Dies wiederholte er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht, das ihn daraufhin freisprach. Wie von dem An- geklagten billigend in Kauf genommen, wurde nunmehr ein Ermittlungsverfahren gegen seinen Sohn eingeleitet [Fall II.2.b) der Urteilsgründe].
15
b) Anlässlich einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten in E. wurden zwei Patronen des Kalibers 38 Spezial gefunden. Wie der Angeklagte wusste, verfügte er nicht über die für den Besitz erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis [Fall II.2.e) der Urteilsgründe].

II.


16
Das Versenden der Briefbombenattrappen und die beiden Anschläge mit den Sprengkörpern hat das Landgericht als einheitlichen Versuch der Nötigung (in Tateinheit mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion) zu Lasten von C. H. gewertet. Zwar habe sich die Tat unmittelbar gegen verschiedene Nötigungsopfer gewendet. Im Ergebnis sei aber auf einen „einzigen und gleichartigen Nötigungserfolg“ (UA S. 21) abgezielt worden, C. H. zu einer Handlung zu veranlassen.
17
Die verschiedenen Verhaltensweisen des Angeklagten hat das Landgericht mit entsprechenden Erwägungen als eine einheitliche Beihilfe gewertet. Mehrere Hilfeleistungen zu einer Haupttat bildeten wegen des akzessorischen Rechtsgutsangriffs im Regelfall nur eine Beihilfe. Hier seien sämtliche Handlungen darauf gerichtet gewesen, C. H. zu veranlassen, seinen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Der ausgeübte Druck auf dessen Angehörige und Geschäftspartner war auf dieses eigentliche Ziel gerichtet. Dies gestatte, die einzelnen Handlungen des Angeklagten als einheitliche Handlung anzusehen.

B.


18
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt jeweils lediglich zur Nachholung der vom Tatgericht versäumten Festsetzung der Höhe des Tagessatzes bezüglich der in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafen. Im Übrigen weist das angefochtene Urteil keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf.

I.


19
Hinsichtlich des mittels eines im Inland nicht zugelassenen Feuerwerkskörpers am 15. Januar 2013 ausgeführten Anschlags auf das frühere Wohnanwesen von M. K. [Fall II.2.a) der Urteilsgründe] besteht kein Verfahrenshindernis. Das den Angeklagten vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz freisprechende Urteil des Amtsgerichts Miesbach vom 23. Mai 2013 (4 2 Cs ) hat keinen Strafklageverbrauch (Art. 103 Abs. 3 GG, § 264 StPO) hinsichtlich der Verwendung der dem Angeklagten von Au. überlassenen Feuerwerkskörper herbeigeführt.
20
Dem Angeklagten war in dem Verfahren 21 Js der Staatsanwaltschaft München II die entgegen § 27 Abs. 1 SprengG und damit unerlaubt erfolgende Einfuhr sowie der unerlaubte Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen, zu denen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG auch pyrotechnische Gegenstände gehören (vgl. näher B. Heinrich in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 8, SprengG, § 40 Rn. 20), und damit ein Vergehen nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG vorgeworfen worden. Selbst wenn der durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Miesbach vom 4. März 2013 festgelegte Verfahrensgegenstand (§§ 155, 264 StPO) auch die Einfuhr des und den Umgang mit dem nicht zugelassenen (§ 5 SprengG; § 6 SprengG i.V.m. Anlage 3 zur Ersten Verordnung zum SprengG), bei dem genannten Anschlag verwendeten Feuerwerkskörper umfasste, hat das freisprechende Urteil die Strafklage im Hinblick auf die Begehung des Verbrechens des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1 StGB nicht verbraucht. Wie der Bundesgerichtshof bereits zu Verstößen gegen das Waffengesetz durch den unerlaubten Besitz und das unerlaubte Führen einer Waffe entschieden hat, steht die rechtskräftige Aburteilung der Dauerstraftat des Besitzes der Waffe einer Strafverfolgung wegen eines mit dieser Waffe begangenen Verbrechens nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, 153 f.; siehe auch Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 256 sowie Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 289 ff. bzgl. Organisationsdelikten ). Für das Dauerdelikt des (unerlaubten) Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG gilt nichts anderes. Auf das kontrovers beurteilte materiell-rechtliche Konkurrenzverhältnis zwischen diesem Tatbestand und § 308 StGB (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 308 Rn. 13 aE; B. Heinrich aaO § 40 Rn. 106; Steindorf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, SprengG, § 40 Rn. 27 mwN) kommt es für die Beurteilung des Strafklageverbrauchs nicht an.

II.


21
1. Das Landgericht hat bezüglich der für die Fälle II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Geldstrafen von 60 bzw. 30 Tagessätzen jeweils die Höhe des Tagessatzes nicht festgesetzt. Einer solchen Festsetzung bedarf es aber auch dann, wenn die Einzelgeldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 StGB in eine Gesamt(freiheits)strafe einbezogen wird (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 96; vom 8. April 2014 - 1 StR 126/14, NStZ-RR 2014, 208, 209). Dies zieht zwar regelmäßig die Zurückverweisung zum Zwecke der Nachholung der Bestimmung der Tagessatzhöhe nach sich (BGH, Beschluss vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 97). Allerdings ist dem Revisionsgericht in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Möglichkeit eröffnet, in geeigneten Fällen die Festsetzung selbst vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 8. April 2014 - 1 StR 126/14, NStZ-RR 2014, 208, 209 mwN) und etwa die Tagessatzhöhe auf das gesetzliche Mindestmaß festzusetzen (BGH aaO; BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, WM 2010, 1957, 1964). Davon macht der Senat auf den vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung gestellten entsprechenden Antrag Gebrauch.
22
2. Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten weist das angefochtene Urteil im Übrigen nicht auf.
23
a) Das Landgericht hat im Fall II.2.c) rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1 StGB bejaht.
24
aa) Mit dem Zünden des verwendeten Feuerwerkskörpers hat der Angeklagte eine Explosion herbeigeführt. Explosion ist die plötzliche Auslösung von Druckwellen außergewöhnlicher Beschleunigung (Wolff in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 11, § 308 Rn. 4; Krack in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 5, § 308 Rn. 3 jeweils mwN). Unmittelbar durch die mittels des aus Kaliumperchlorat und Aluminium bestehenden Sprengstoffs ausgelöste Explosion sind erhebliche Schäden an fremden Gegenständen, dem Kraftfahrzeug der Tochter von P. sowie u.a. an der Garage von dessen Hausgrundstück, verursacht worden.
25
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht bei dem hinsichtlich der Explosion selbst mit direktem Vorsatz handelnden Angeklagten einen auf das Verursachen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert bezogenen bedingten Vorsatz angenommen. Es stützt sich zur Begründung auf eine - teils im Rahmen der rechtlichen Würdigung erfolgende - Gesamtwürdigung aller relevanten objektiven und subjektiven Umstände des Zündens des Feuerwerkskörpers. Dabei hat das Landgericht vor allem auf die für die Durchführbarkeit des Nötigungsvorhabens erforderliche Nachhaltigkeit der Explosion als Drohmittel abgestellt.
26
Die Hinweise der Revision auf die Freiverkäuflichkeit des verwendeten Feuerwerkskörpers in der Tschechischen Republik zeigen Lücken in der Beweiswürdigung des Tatgerichts nicht auf. Dieses hat sich erkennbar von dem Gedanken leiten lassen, dass der Angeklagte nach der Sicherstellung von zwei der ihm seitens Au. übergebenen, ebenfalls aus Tschechien stammenden Feuerwerkskörpern und der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz aufgrund des Mitsichführens der entsprechenden Gegenstände Kenntnis von deren fehlender Zulassung im Inland hatte. Da er anschließend zur Vorbereitung des Anschlags gegen das Wohnanwesen von P. in die Tschechische Republik gefahren ist, um einen wegen der hohen Sprengkraft wiederum im Inland nicht zugelassenen Feuerwerkskörper zu erwerben, konnte das Landgericht unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände auf einen wenigstens bedingten Gefahrvorsatz schließen.
27
cc) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob bei Verursachung tatbestandsmäßiger Gefahrerfolge hinsichtlich von § 308 Abs. 1 StGB erfasster Rechtsgüter durch Explosion mittels Feuerwerkskörper eine einschränkende Auslegung des Tatbestandes oder gar ein Ausschluss der Tatbestandsmäßigkeit oder der Rechtswidrigkeit in Betracht zu ziehen ist (zu dem entsprechenden Diskussionsstand vgl. Krack aaO § 308 Rn. 4 f.; siehe auch Wolff aaO § 308 Rn. 13; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 5-6). Jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation der vorsätzlichen Verwendung eines im Inland nicht zugelassenen, in seiner Explosivwirkung über das inländisch Zugelassene deutlich hinausgehenden Feuerwerkskörpers kommt vor dem Hintergrund der geschützten Individualrechtsgüter (zu diesen Fischer aaO § 308 Rn. 1) eine Restriktion des Tatbestandes, erst recht ein Tatbestandsoder Rechtswidrigkeitsausschluss nicht in Betracht.
28
b) Im Fall II.2.b) der Urteilsgründe tragen die getroffenen, allerdings knappen Feststellungen die Verurteilung wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB.
29
aa) Indem der Angeklagte im Rahmen des gegen ihn wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz geführten Strafverfahrens bewusst wahrheitswidrig angegeben hatte, die in dem von ihm geführten Pkw aufgefundenen Feuerwerkskörper gehörten seinem Sohn, hat er diesen vorsätzlich der Begehung einer rechtswidrigen Tat, nämlich einer Straftat gemäß § 40 Abs. 1 SprengG, verdächtigt.
30
Nach ganz überwiegendem Verständnis ist Verdächtigen das Hervorrufen , Umlenken oder Verstärken eines Verdachts (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1960 - 2 StR 593/59, BGHSt 14, 240, 246; Ruß in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 164 Rn. 5; Zopfs in Münchener Kommentar zum StGB, Band 3, 2. Aufl., § 164 Rn. 20 jeweils mwN; siehe auch Langer, Gedächtnisschrift für Schlüchter, 2002, S. 361, 366 f.). Die Tathandlung kann jedenfalls durch das Behaupten von Tatsachen verwirklicht werden, die geeignet sind (§ 152 Abs. 2 StPO), den Verdächtigten einem behördlichen Verfahren auszusetzen (Fischer aaO § 164 Rn. 3; Jeßberger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 164 Rn. 6; näher Zopfs aaO § 164 Rn. 23 mwN).
31
Diese Voraussetzungen sind angesichts der konkreten Bezichtigung des Sohns, Eigentümer der im Inland nicht zugelassenen pyrotechnischen Gegenstände zu sein, erfüllt. Da der Angeklagte die bereits während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen ihn erfolgte Falschbezichtigung in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht wiederholt hat, handelt es sich bei den beiden wahrheitswidrigen Verdächtigungen lediglich um eine Tat im Rechtssinne (BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 4 StR 427/12, BGHR StGB § 164 Konkurrenzen 2; siehe auch OLG Koblenz, Beschluss vom 6. Dezember 2010 - 2 Ws 480/10 Rn. 20).
32
bb) Eine auf zulässiges Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren oder dessen Selbstbelastungsfreiheit gestützte Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB kommt in der vorliegenden Konstellation nicht in Betracht.
33
(1) Ob eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung (etwa BayObLG NJW 1986, 441, 442; OLG Frankfurt DAR 1999, 225; OLG Düsseldorf MDR 1992, 286 f.) und von Teilen der Strafrechtswissenschaft (siehe nur Ruß aaO § 164 Rn. 6 mwN; Jeßberger aaO § 164 Rn. 10) befürwortete Tatbestandseinschränkung für Fallgestaltungen, in denen der Täter wahrheitswidrig eine allein als alternativer Täter in Frage kommende Person ausdrücklich als solchen bezeichnet (gegen Einschränkungen in solchen Fällen etwa Langer aaO S. 367-369; Schneider, NZV 1992, 471, 472 ff. jeweils mwN; Fischer aaO § 164 Rn. 3a; näher auch Deutscher, Grundfragen der falschen Straftatverdächtigung [§ 164 Abs. 1 StGB], 1995, S. 127 ff.), angenommen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - eine Person konkret verdächtigt wird, für deren Tatbegehung bzw. Tatbeteiligung bis dahin keine Anhaltspunkte bestanden, kommt im Hinblick auf das durch § 164 StGB auch gewährleistete Rechtsgut des Schutzes der innerstaatlichen Strafrechtspflege vor unberechtigter Inanspruchnahme (siehe nur BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 4 StR 427/12, StraFo 2013, 79) eine Tatbestandseinschränkung nicht in Betracht (vgl. Zopfs aaO § 164 Rn. 25 f.; siehe auch Aselmann, Die Selbstbelastungs- und Verteidigungsfreiheit, 2004, S. 267 f.). Anders als in Fallgestaltungen, in denen außer dem falsch Verdächtigenden überhaupt nur eine weitere Person als Täter der fraglichen rechtswidrigen Tat in Betracht kommt, wird in der hier vorliegenden Konstellation erstmals eine andere Person als vermeintlicher Täter bezichtigt. Erst dadurch werden die Ermittlungsbehörden zu einer auf eine materiell unschuldige und bis zur Falschbezichtigung unverdächtige Person bezogenen Ermittlungstätigkeit veranlasst.
34
(2) Eine Einschränkung des Tatbestandes von § 164 Abs. 1 StGB in Anwendung auf einen sich durch Falschverdächtigung Dritter verteidigenden Beschuldigten oder Angeklagten lässt in der hier vorliegenden Fallgestaltung auch nicht mit Erwägungen aus der Rechtsprechung zu zulässigem Verteidigungsverhalten im Rahmen der Strafzumessung begründen (siehe aber OLG Düsseldorf MDR 1992, 286; krit. Schneider, NZV 1992, 471, 473 f.). Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs strafzumessungsrechtlich die Grenze zulässigen und damit nicht strafschärfend berücksichtigungsfähigen Verteidigungsverhaltens selbst bei unberechtigten Anschuldigungen gegen Dritte noch nicht überschritten (etwa BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 5 StR 453/12 Rn. 2 bzgl. Alternativtäterschaft); dies sei vielmehr erst dann der Fall, wenn sich dieses Verhalten als Ausdruck einer zu missbilligenden Einstellung erweise (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 532/12, NStZ-RR 2013, 170 f. mwN sowie vom 6. Juli 2010 - 3 StR 219/10, NStZ 2010, 692). Diese für die Strafzumessung im Rahmen von § 46 Abs. 2 StGB geltenden Erwägungen können jedoch nicht die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 164 StGB in einer Weise beeinflussen, die mit den Schutzzwecken dieses Tatbestandes nicht mehr vereinbar wäre.
35
(3) Die Auslegung von § 164 StGB nach dem Wortlaut, derSystematik - der Gesetzgeber hat für die falsche Verdächtigung anders als in § 258 Abs. 1 und Abs. 5 StGB kein Selbstbegünstigungsprivileg vorgesehen - und dem Schutzzweck spricht gegen eine Einschränkung des Tatbestandes in Konstellationen wie der hier vorliegenden. Mit der durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz (43. StrÄndG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2288) erfolgten Einführung von § 164 Abs. 3 StGB hat der Gesetzgeber möglichen Missbräuchen der in § 46b StGB und § 31 BtMG enthaltenen Strafmilderungsmöglichkeiten bei Aufklärungshilfe durch in einem Strafverfahren Beschuldigte entgegen wirken wollen (BT-Drucks. 16/6268 S. 15 re. Sp.). Dabei hat er zugrunde gelegt, dass vielfach Falschangaben durch einen Beschuldigten in dem gegen ihn gerichteten Verfahren zum Zwecke der Erlangung von Strafmilderung den Tatbeständen aus § 164 StGB und § 145d StGB unterfallen, deren Strafandrohungen gravierende Fälle aber nur unzureichend erfassen (BT-Drucks. aaO). Die Entstehungsgeschichte von § 164 Abs. 3 StGB spricht damit ebenfalls gegen eine Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung bei Falschbezichtigung Dritter durch Beschuldigte oder Angeklagte in gegen sie geführten Strafverfahren.
36
(4) Die Restriktion könnte sich angesichts dessen lediglich aus übergeordneten verfassungsrechtlichen oder menschenrechtlichen Grundsätzen ergeben , aus denen sich für Beschuldigte bzw. Angeklagte im Strafverfahren ein Recht auf Lüge ableiten ließe (vgl. insoweit Kölbel, Selbstbelastungsfreiheiten, 2006, S. 403 f.). Solche Grundsätze bestehen jedoch nicht. Die Selbstbelastungsfreiheit (nemo tenetur se ipsum accusare) gewährleistet verfassungsrechtlich dem Beschuldigten bzw. Angeklagten im Strafverfahren ein umfassendes Recht zu schweigen, um nicht zu seiner Überführung beitragen zu müssen; der Beschuldigte ist durch die Selbstbelastungsfreiheit mithin davor geschützt, auf ihn selbst bezogene Informationen zu generieren (siehe BVerfGE 56, 37, 49; BVerfGE 109, 279, 324; BVerfGE 133, 168, 201 Rn. 60; näher Verrel, Die Selbstbelastungsfreiheit im Strafverfahren, 2001, S. 261-264).
37
Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, lässt sich aus der einfachgesetzlichen Gewährleistung des Schweigerechts des Angeklagten in § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO als Ausprägung der Selbstbelastungsfreiheit zwar keine Wahrheitspflicht aber auch kein „Recht zur Lüge" ableiten (BGH, Be- schluss vom 17. März 2005 - 5 StR 328/04, NStZ 2005, 517, 518 Rn. 10; siehe auch OLG Koblenz, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 2 Ws 480/10 Rn. 13, NStZ-RR 2011, 178 [nur Leitsätze]; zum Meinungsstand bzgl. des „Rechts auf Lüge“ Kölbel aaO S. 25 f.). Für eine einschränkende Anwendung des § 164 StGB jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation der bewusst wahrheitswidrigen Verdächtigung besteht daher kein tragfähiger Grund (vgl. insoweit auch Kölbel aaO S. 404, siehe aber auch ders. aaO S. 493).
38
3. Bezüglich der Verurteilung des Angeklagten im Fall II.2.e) der Urteilsgründe kann der Senat dem Gesamtzusammenhang des Urteils entnehmen, dass der unerlaubte Besitz erlaubnispflichtiger Munition sich auf die am Tag der vorläufigen Festnahme des Angeklagten, dem 19. November 2013 (UA S. 4 unten), in dessen Wohnung aufgefundene Munition bezieht.
39
4. Der Senat schließt aus, dass der Angeklagte durch die im Rahmen der Revision der Staatsanwaltschaft aufgezeigten Rechtsfehler beschwert ist.

III.


40
Angesichts des nur sehr geringen Erfolgs des Rechtsmittels des Angeklagten ist es nicht unbillig, diesen insgesamt mit dadurch entstandenen Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

C.


41
Die Revision der Staatsanwalt führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

I.


42
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 28. Oktober 2014 zutreffend aufgezeigt hat, ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft beschränkt. Die Verurteilungen in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe werden ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Beschränkung ersichtlich nicht angegriffen.
43
Die Beschränkung ist wirksam. Dass die für die vorgenannten Fälle verhängten Einzelgeldstrafen wegen der beim Tatrichter unterbliebenen Festset- zung der Tagessatzhöhe (oben B.II.1.) isoliert nicht vollstreckt werden könnten, steht nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 1998 - 4 StR 348/98, BGHR StGB § 40 Abs. 2 Satz 1 Bestimmung, unterlassene 2; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 5 StR 122/10).

II.


44
Die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit lediglich einer (einheitlichen) Beihilfe zu einer (gleichfalls einheitlichen ) versuchten Nötigung zu Lasten von C. H. als Haupttat hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Bereits der von dem Landgericht für das Vorliegen einer einzigen Haupttat herangezogene Grund eines „einzigen und gleichartigen Nötigungserfolgs“ (UA S. 21) trägt nicht.
45
1. Das Landgericht hat nicht ausreichend in den Blick genommen, dass als Tat bzw. als Taten auch Nötigung(en) in Bezug auf die von den Sprengstoffanschlägen bzw. Briefbombenattrappen unmittelbar bedrohten Angehörigen (Bruder, Schwiegermutter) bzw. Geschäftspartner (Geschäftsführer der A. ) von C. H. in Betracht kamen. Ausweislich der Urteilgründe sollte durch die von dem Angeklagten verübten Anschläge bzw. das Versenden der Briefbombenattrappen auf die betroffenen Angehörigen und Geschäftspartner von C. H. „Druck dahingehend ausgeübt werden, dass diese sich an H. wenden und ihn veranlassen, sich mit seinen Gläubigern in Verbindung zu setzen, damit diese in der Folge ihre behaupteten Ansprüche gegen H. geltend machen können“ (UA S. 21). Waren aber die Handlungen des Angeklagten darauf gerichtet, die direkt davon Betroffenen selbst wenigstens zu einer Kontaktaufnahme mit C. H. zu bewe- gen, sollten diese aufgrund nötigenden Drucks zu einem eigenen Handeln veranlasst werden. Dementsprechend sollte vorsätzlich eine Beeinträchtigung ihrer durch § 240 StGB geschützten Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit (BVerfGE 92, 1, 13 f.; siehe auch BGH, Beschlüsse vom 21. März 1991 - 1 StR 3/90, BGHSt 37, 350, 353; vom 24. Februar 2005 - 1 StR 33/05, NStZ 2005, 387; Schluckebier in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 240 Rn. 1) herbeigeführt werden.
46
Mit diesen Taten würde eine bzw. würden mehrere versuchte Nötigung (en) zu Lasten von C. H. - die gegen Angehörige und Geschäftspartner gerichteten (konkludenten) Drohungen sollten von diesem als eigenes Übel empfunden werden (siehe dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 240 Rn. 37; Altvater in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 7/2, § 240 Rn. 83 jeweils mwN) - jeweils in gleichartiger Tateinheit stehen, weil mittels derselben Nötigungshandlung, den jeweiligen Anschlägen als konkludente Drohungen mit weiteren solcher Angriffe, von je zwei verschiedenen Nötigungsopfern unter Beeinträchtigung ihrer Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit Verhaltensweisen erzwungen wurden bzw. erzwungen werden sollten (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 4 StR 220/07 Rn. 3; Schluckebier aaO Rn. 28).
47
2. Unter Berücksichtigung des Vorgenannten und der insgesamt festgestellten vier Handlungen des Angeklagten (Versenden von zwei Briefbombenattrappen an zwei unterschiedliche Empfänger, zwei Anschläge mit Feuerwerkskörpern gegen zwei verschiedene Opfer) lässt sich das Vorliegen lediglich einer einheitlichen Nötigungstat zu Lasten von C. H. auch nicht auf die Rechtsfigur der natürlichen Handlungseinheit stützen.
48
a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nimmt eine natürliche Handlungseinheit, die mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Einheit im Rechtsinne verbinden kann, an, wenn zwischen einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (BGH, Urteile vom 30. November 1995 - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368; vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09 Rn. 16 [in NStZ-RR 2010, 140 f. nur LS], vom 8. Februar 2012 - 1 StR 427/11, NStZ-RR 2012, 241, 242 f.; Fischer aaO Vor § 52 Rn. 3 mwN). Richten sich die Handlungen des Täters bzw. Tatbeteiligten - wie hier - gegen höchstpersönliche Rechtsgüter der Opfer, ist die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sie liegt aber regelmäßig nicht nahe (BGH, Urteil vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09 Rn. 16). In solchen Konstellationen können unterschiedliche Handlungen regelmäßig weder durch ihre Aufeinanderfolge noch durch einen einheitlichen Plan oder Vorsatz zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn die Aufspaltung des Tatgeschehens in Einzelhandlungen wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges willkürlich oder gekünstelt erschiene (BGH aaO mwN).
49
b) Nach diesen Maßstäben können die einzelnen Handlungen des Angeklagten , die sich als konkludente Drohungen gegenüber den verschiedenen von den Anschlägen betroffenen Personen erweisen, nicht zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden. Dem steht bereits die Tatbegehung zu Lasten des höchstpersönlichen Rechtsguts Willensfreiheit unterschied- licher Rechtsgutsinhaber entgegen. Das Landgericht hat, wie bereits aufgezeigt , bei der Annahme natürlicher Handlungseinheit nicht ausreichend im Blick behalten, dass mit den Anschlägen die unmittelbar dadurch Bedrohten veranlasst werden sollten, sich an C. H. zu wenden. Die Voraussetzungen dafür, mehrere Handlungen des Täters gegen höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedenen Inhaber ausnahmsweise als natürliche Handlungseinheit zu bewerten, liegen ersichtlich nicht vor. Zwischen dem Versenden der Briefbombenattrappen und den beiden Anschlägen mit Feuerwerkskörpern sowie zwischen den letztgenannten Handlungen untereinander besteht kein außergewöhnlich enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang.
50
3. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
51
Obwohl die Aufhebung aufgrund eines Wertungsfehlers des Tatgerichts erfolgt, hebt der Senat die zugrunde liegenden Feststellungen ebenfalls auf (§ 353 Abs. 2 StPO). Das angefochtene Urteil erweist sich nicht als widerspruchsfrei. So führt das Landgericht - im Rahmen der rechtlichen Würdigung - einerseits aus, es habe sich nicht feststellen lassen, dass einer der von den Anschlägen des Angeklagten unmittelbar Betroffenen sich bei C. H. dafür eingesetzt habe, dass dieser sich bei den Anlegern melde (UA S. 22), was jedenfalls eine vollendete Nötigung zum Nachteil der Opfer der Anschläge ausschließen würde. Da sich aber andererseits aus der Darstellung der Aussage des Zeugen C. H. ergibt, diesem sei durch seinen Bruder P. , dem Opfer des Anschlags vom 28. März 2013, über den Sprengstoffanschlag berichtet worden (UA S. 18), findet die Annahme ausgebliebener Reaktionen der unmittelbar bedrohten Nötigungsopfer keine ausreichende Stüt- ze in der Beweiswürdigung. Um dem neuen Tatrichter in sich widerspruchsfreie Feststellungen auch zu den Reaktionen der Anschlagsopfer zu ermöglichen, erfolgt die Aufhebung auch der Feststellungen.

III.


52
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
53
1. Sollte auch der neue Tatrichter feststellen, dass nach dem Tatplan des Angeklagten und ggf. seiner Auftraggeber durch die Briefbombenattrappen sowie die Explosionen die von den Anschlägen unmittelbar Betroffenen dazu veranlasst werden sollten, sich ihrerseits an C. H. zu wenden, wird aufzuklären sein, ob und wie sich die Bedrohten nach den gegen sie gerichteten Handlungen verhalten haben. Die Vollendung einer ihnen gegenüber begangenen Nötigung wäre bereits dann eingetreten, wenn sie als Nötigungsopfer unter der Einwirkung des Nötigungsmittels mit der von dem Täter geforderten Handlung begonnen hätten (BGH, Urteil vom 26. August 1986 - 1 StR 365/86, NStZ 1987, 70 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 421/03, BGHR StGB § 240 Abs. 1 Nötigungserfolg 3; siehe auch BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 - 4 StR 139/12, NStZ 2013, 36 f.; Altvater aaO § 240 Rn. 90 mwN).
54
Dass es dem Angeklagten als Endziel darauf ankam, auf C. H. einzuwirken, stünde vollendeten Nötigungen zu Lasten der unmittelbar Bedrohten nicht entgegen. Selbst bei Nötigungen gegenüber demselben Opfer kann ein Teilerfolg, der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel jedenfalls vorbereitend wirkt, für die Annahme einer vollendeten Nötigung ausreichen, wenn die abgenötigte Handlung des Opfers nach den Vorstellungen des Täters eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 - 4 StR 139/12, NStZ 2013, 36 f.; vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 421/03, BGHR StGB § 240 Abs. 1 Nötigungserfolg 3; Urteile vom 14. Januar 1997 - 1 StR 507/96, NJW 1997, 1082; vom 20. Juni 2007 - 1 StR 157/07, StV 2008, 249). Das gilt erst recht, wenn ein „Teilerfolg“ gegenüber anderen Personen als dem vom Täter als Endziel ins Auge gefassten Nötigungsopfer eintreten soll.
55
Vollendete oder versuchte Nötigungen zu Lasten der von den Anschlägen des Angeklagten unmittelbar Betroffenen stünden mit der Nötigungstat oder den Nötigungstaten zu Lasten von C. H. jeweils in gleichartiger Tateinheit (oben C.II.1.).
56
2. Der neue Tatrichter wird auch die durch den Angeklagten verwirklichte Beteiligungsform näher zu prüfen haben. Das Landgericht hatte in Bezug auf die Nötigungstaten die Möglichkeit einer unmittelbaren Täterschaft im Sinne von § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB nicht in den Blick genommen. Nach dieser Vorschrift ist Täter, wer vorsätzlich handelnd sämtliche Tatbestandsmerkmale der Straftat in eigener Person verwirklicht (BGH, Urteil vom 17. August 1993 - 1 StR 266/93, BGHR StGB § 25 Abs. 1 Begehung, eigenhändige 3; siehe auch BGH, Urteile vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 317 mwN; vom 12. August 1998 - 3 StR 160/98, NStZ-RR 2000, 22 [nur LS]; Schünemann in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Bd. 1, § 25 Rn. 53 f.). Fehlender Täterwille oder das Berufen darauf, lediglich einem anderen behilflich sein zu wollen, schließt bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen die (unmittelbare) Täterschaft nicht aus (BGH, Urteil vom 17. August 1993 - 1 StR 266/93, BGHR StGB § 25 Abs. 1 Begehung, eigenhändige 3). Bei der Beurteilung, ob angesichts der Ausführung der Nötigungshandlungen seitens des Angeklagten Tä- terschaft gemäß § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB in Betracht kommt, wird auch zu bedenken sein, wie und durch wen die Anschlagsopfer erfahren haben oder sollten , welches Verhalten von ihnen erwartet wurde.
57
3. Im Fall II.2.a) der Urteilsgründe wird eine Strafbarkeit wegen versuchter oder vollendeter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion näher zu prüfen sein. § 308 StGB ist ein konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 1995 - 5 StR 366/95, NStZ-RR 1996, 132 f. mwN zu § 311 StGB aF). Vollendung tritt mit dem Herbeiführen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert ein. Maßgeblich ist dafür die Höhe des dem betroffenen fremden Eigentum konkret drohenden Schadens (Wolff aaO § 308 Rn. 8; Krack aaO § 308 Rn. 9 mwN). Um diese zu bestimmen, bedarf es regelmäßig eines zweistufigen Vorgehens, indem zunächst der Wert der Sache selbst und anschließend der ihr drohende (bedeutende) Schaden zu ermitteln sind (st. Rspr. zu § 315c StGB; vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - 4 StR 22/11, DAR 2011, 398 f. mwN).
58
Der Bundesgerichtshof hat - soweit ersichtlich - bislang weder zu § 308 StGB noch zu der Vorgängerregelung § 311 StGB aF entschieden, ab welcher Untergrenze von einem bedeutenden Wert ausgegangen werden kann. Für die bezüglich des konkreten Gefahrerfolgs im Wortlaut identisch gefassten §§ 315b, c StGB legt der Bundesgerichtshof eine solche von 750 Euro zugrunde (BGH, Beschluss vom 18. Juni 2013 - 4 StR 145/13 Rn. 7 mwN). Der Senat neigt für § 308 StGB im Hinblick auf die auf der Ebene der Tathandlung auch erfassten Explosionen durch Sprengkörper mit geringer Sprengkraft [oben B.II.2.a)] allerdings zu einem etwas höheren Grenzwert, der bei 1.500 Euro liegen könnte. In der Strafrechtswissenschaft geforderte, deutlich höhere Untergrenzen (Wolff aaO § 308 Rn. 8 „2.500 Euro“; Krack aaO § 308 Rn. 9 „ca.
5.000 Euro“; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 7 „3.000 Euro“) sind weder aus teleologischen Gründen noch durch das verfas- sungsrechtliche Schuldprinzip veranlasst.
59
Sollte nach diesen Maßstäben dem auf dem Grundstück befindlichen Wohnhaus ein solcher Gefahrerfolg nicht gedroht haben, wird die Frage eines darauf gerichteten Gefahrvorsatzes des Angeklagten und damit eine Versuchsstrafbarkeit näher zu prüfen sein.
Rothfuß Jäger Radtke
Mosbacher Fischer

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 245/10
vom
28. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. September 2010
einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 3. Dezember 2009 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in sieben Fällen, wegen Sachbeschädigung in 14 Fällen, wegen Betruges in 26 Fällen und wegen versuchten Betruges in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt; außerdem hat es eine Maßregel nach §§ 69, 69a StGB angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel ist - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat - unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Erörterung bedarf nur die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den Fällen II. 7, II. 19, II. 50 und II. 60 der Urteilsgründe.
3
1. Nach den hierzu rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte im Zeitraum von September 2007 bis September 2008 vier Verkehrsunfälle jeweils absichtlich herbeigeführt (§ 315b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1a StGB) und die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, dass er einen "ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff" im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB vorgenommen hat. Dabei sind an den Fahrzeugen der Unfallgegner Schäden in Höhe von 1.062,11€, 792,30 €, 800 € bzw. 885,84 € verursacht worden; dass ein darüber hinausgehender Sachschaden oder sogar ein Personenschaden konkret gedroht haben, ist in keinem dieser Fälle festgestellt.
4
2. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine Gefährdung für fremde Sachen von bedeutendem Wert im Sinne des § 315b Abs. 1 StGB zur Tatbestandserfüllung nur ausreicht, wenn auch der konkret drohende Schaden bedeutenden Umfangs war (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 27. September 2007 - 4 StR 1/07, NStZ-RR 2008, 83 m.w.N.), und hat diese Voraussetzung in den fraglichen vier Fällen als erfüllt angesehen. Dabei hat es sich an der Rechtsprechung des Senats ausgerichtet, wonach die Wertgrenze für die Annahme der Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert bei mindestens 750 € liegt (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 121; Beschlüsse vom 27. September 2007 - 4 StR 1/07; vom 29. April 2008 - 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289; vom 20. Oktober 2009 - 4 StR 408/09, NZV 2010, 261). Gegenstand der letztgenannten Entscheidung war unter anderem ein Unfallgeschehen vom Januar 2008.
5
3. Für eine Anhebung dieser Wertgrenze sieht der Senat keinen Anlass.
6
a) Allerdings wird in der Literatur teilweise eine höhere Wertgrenze von bis zu 1.300 € angenommen, die der Grenze des bedeutenden Schadens im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB angeglichen ist (vgl. Heine, in: Schönke /Schröder, StGB, 28. Aufl., Vorbem. zu §§ 306 ff. Rn. 15; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 315 Rn. 16a; Burmann in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 21. Aufl., § 315c StGB Rn. 7; MünchKommStGB/Barnickel § 315 Rn. 69: ca. 850 € für Januar 2006; wie die Senatsrechtsprechung dagegen: König in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 315 Rn. 95; SSW-StGB/Ernemann § 315c Rn. 25; Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., § 315c Rn. 24).
7
Vereinzelt haben auch Oberlandesgerichte eine Wertgrenze von 1.300 € für die konkrete Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert angenommen. Das Thüringer OLG hat dies mit der Angleichung an die Grenze zum bedeutenden Schaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB begründet (Beschluss vom 17. September 2008 - 1 Ss 167/08, OLGSt StGB § 315c Nr. 16); das OLG Hamm hat ohne weitere Begründung lediglich auf die Kommentierung von Fischer, StGB, 55. Aufl., § 315 Rn. 16a verwiesen (Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 4 Ss 466/08, NStZ-RR 2009, 185, 186).
8
b) Eine Angleichung an die Wertgrenze des bedeutenden Schadens im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist nicht angezeigt, weil die Vorschriften unterschiedliche Schutzzwecke verfolgen.
9
Der Schadensbegriff des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist nach dem Normzweck des § 142 StGB zu bestimmen, der dem Interesse der Unfallbeteiligten an der Aufklärung der Unfallursachen zur Klarstellung der privatrechtlichen Verantwortlichkeit und damit an der Sicherung bzw. Abwehr zivilrechtlicher Ersatzansprüche dient (vgl. Geppert in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 69 Rn. 84, § 142 Rn. 1; Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder aaO § 142 Rn. 1a m.w.N.). Maßgeblich ist daher nicht der reine Sachschaden, sondern der Geldbetrag, der erforderlich ist, den Geschädigten so zu stellen, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten (vgl. MünchKommStGB/Athing § 69 Rn. 70 m.w.N.). Deswegen sind neben den Reparaturkosten auch Bergungsund Abschleppkosten einzubeziehen.
10
Bei §§ 315b, 315c StGB ist demgegenüber allein auf den (drohenden) Schaden an der Sache selbst abzustellen, wobei der Wert der Sache nach deren Verkehrswert, die Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2008 - 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289 m.w.N.; vgl. auch König aaO § 315 Rn. 82a, 90). Die Vorschriften bezwecken den Schutz des Allgemeininteresses an der Sicherheit des Straßenverkehrs, der in ihnen verwirklichte Schutz auch des Einzelnen ist nur eine Nebenwirkung (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1976 - 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40; Beschluss vom 15. Dezember 1998 - 4 StR 576/98, NStZ-RR 1999, 120). Das Schwergewicht der Vorwerfbarkeit liegt dementsprechend - ungeachtet der Ausgestaltung der Straftatbestände als Erfolgsdelikte (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119) - in der besonderen Gefährlichkeit der Tathandlung für die Allgemeinheit und damit im Handlungsunrecht; der Erfolgsunwert - der Niederschlag der abstrakten Gefährdung in einer konkreten Gefahr für Individualrechtsgüter - hat lediglich strafbarkeitsbegrenzende Funktion (vgl. König aaO § 315 Rn. 5), der auch die weitere Einschränkung des bedeutenden Wertes dient (vgl. Barnickel aaO § 315 Rn. 69). Insofern rechtfertigt der Schutzzweck der §§ 315b, 315c StGB die Bestimmung eines niedrigeren Grenzwertes als bei § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB auch losgelöst von der unterschiedlichen Berechnungsgrundlage (zur Abhängigkeit verschiedener Wertgrenzen vom jeweiligen Norm- zweck vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2002 - 4 StR 165/02, BGHSt 48,

14).


11
c) Schließlich gebietet auch die in den letzten Jahren eingetretene wirtschaftliche Entwicklung eine Anhebung des Grenzwertes für Sachwert und Schadenshöhe nicht. Bei der Wertgrenze handelt es sich zwar um eine veränderliche Größe, die maßgeblich von der Entwicklung der Preise und Einkommen abhängig ist (vgl. König aaO § 315 Rn. 94). Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen, insbesondere im Hinblick auf die Tatbestandsbestimmtheit, kommt eine Anhebung der Wertgrenze aber nur bei einer grundlegenden Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Betracht. Eine derartige Veränderung vermag der Senat nicht zu erkennen.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Bender

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 435/12
vom
4. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 4. Dezember 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 27. Juni 2012 1. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen II.2 und II.5 der Urteilsgründe verurteilt worden ist sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe und
c) im Maßregelausspruch; 2. im Strafausspruch in den Fällen II.8 und II.10 der Urteilsgründe dahin abgeändert, dass hinsichtlich der verhängten Einzelgeldstrafen die Tagessatzhöhe auf einen Euro festgesetzt wird. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung, Wohnungseinbruchsdiebstahls, Diebstahls in sechs Fällen, Unterschlagung, versuchten Diebstahls, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in zwei Fällen, Körperverletzung, Nötigung sowie Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Ferner hat es bestimmt , dass die Verwaltungsbehörde ihm vor Ablauf von zwei Jahren keine (neue) Fahrerlaubnis erteilen darf. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in den Fällen II.2 und II.5 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen fuhr der Angeklagte in beiden Fällen mit fremden, mit zwei weiteren Personen besetzten Pkws im öffentlichen Straßenverkehr, obwohl er infolge Alkoholgenusses absolut fahruntüchtig war. Infolge der Fahruntüchtigkeit fuhr er mit dem Pkw gegen eine Hausmauer und verursachte an dieser einen Schaden von 368,90 € (Fall II.2) bzw. in eine Baustellenabsicherung sowie an eine Stützmauer und streifte im weiteren Verlauf der Fahrt Leitplankenfelder (Fall II.5). Während der Fahrten gefährdete er Leib und Leben der beiden Mitfahrer.
4
b) Die Feststellungen der Strafkammer belegen die für die Annahme einer Tat nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Herbeiführung einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder eine fremde Sache von bedeutendem Wert nicht. Nach gefestigter Rechtsprechung muss die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt haben, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt war, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht (BGH, Urteil vom 30. März 1995 – 4 StR 725/94, NJW 1995, 3131 f., zu § 315c StGB, Beschluss vom 4. September 1995 – 4 StR 471/95, NJW 1996, 329 f., zu § 315b StGB; vgl. weiter SSW-StGB/ Ernemann, § 315c Rn. 22 ff.).
5
Da für den Eintritt des danach erforderlichen konkreten Gefahrerfolgs die vom Angeklagten geführten fremden Fahrzeuge nicht in Betracht kommen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1976 – 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40; Beschluss vom 19. Januar 1999 – 4 StR 663/98, NStZ 1999, 350, 351) und auch nicht erkennbar ist, ob der Gefährdungsschaden an Hauswand bzw. Baustellenabsicherung , Stützmauer und Leitplankenfeldern die tatbestandsspezifische Wertgrenze von 750 Euro erreicht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215; SSW-StGB/Ernemann, § 315c Rn. 25), kommt es auf die Gefährdung der Mitfahrer an. Nach den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Maßstäben genügen die hierauf bezogenen knappen Bemerkungen der Strafkammer – „Außerdem gefährdete er Leib und Leben seiner beiden Mitfahrer.“ (UA 5) bzw. „In beiden Fällen bestand konkrete Gefahr für Leib und Leben seiner Mitfahrer.“ (UA 6) – nicht den Anforderungen zur Darlegung einer konkreten Gefahr. Einen Vorgang, bei dem es beinahe zu einer Verletzung der Mitfahrer gekommen wäre, also ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, „das sei noch einmal gut gegangen“ (BGH, Urteil vom 30. März 1995 und Beschluss vom 4. Sep- tember 1995 – jew. aaO; Beschluss vom 26. Juli 2011 – 4 StR 340/11, StV 2012, 217), hat die Strafkammer auch nach dem Gesamtzusammenhang ihrer auf das Unfallgeschehen bezogenen Feststellungen nicht hinreichend mit Tatsachen belegt. Insbesondere fehlen Angaben zu den Geschwindigkeiten der Fahrzeuge im Zeitpunkt der Kollisionen und der Intensität des Aufpralls auf die einzelnen Gefährdungsobjekte (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09, NZV 2010, 261, 262). Auch ergeben die bisher getroffenen Feststellungen nicht, dass es dem Angeklagten – etwa nur aufgrund überdurchschnittlich guter Reaktion – sozusagen im allerletzten Moment gelungen ist, einen intensiveren Aufprall zu verhindern.
6
c) Nach den bisherigen Feststellungen bleibt zudem offen, ob die Mitfahrer des Angeklagten vom Schutzbereich des § 315c StGB überhaupt erfasst sind. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies für an einer solchen Straftat beteiligte Insassen des Fahrzeugs zu verneinen (BGH, Urteile vom 23. Februar 1954 – 1 StR 671/53, BGHSt 6, 100, 102, vom 28. Oktober 1976 – 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40, 43, und vom 20. November 2008 – 4 StR 328/08, NJW 2009, 1155, 1157; vgl. SSW-StGB/Ernemann, § 315c Rn. 24 mwN). Die Mitfahrer könnten sich – jedenfalls zum Teil – durch Übergabe des Pkw-Schlüssels (UA 5) oder durch Überlassen des eigenen Pkws (UA 6) der Beihilfe gemäß § 27 StGB schuldig gemacht haben, sofern zumindest die Voraussetzungen der Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination nach § 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB gegeben sind.
7
2. Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs umfasst auch die an sich rechtsfehlerfreie Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in den Fällen II.2 und II.5 der Urteilsgründe (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1997 – 4 StR 642/96, BGHR StPO § 353 Aufhebung 1) und entzieht den hierwegen verhängten Einzelstrafen, der Gesamtstrafe und der Maßregel nach §§ 69, 69a StGB die Grundlage.
8
3. Die Strafkammer hat in den Fällen II.8 und II.10 die Höhe des Tagessatzes auf fünf Euro festgesetzt, die Höhe jedoch ausweislich der Urteilsgründe (UA 15) angesichts des geringen Einkommens des Angeklagten auf das Mindestmaß beschränken wollen. Der Senat setzt daher die Tagessatzhöhe in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO auf den gemäß § 40 Abs. 2 Satz 3 StGB niedrigsten in Betracht kommenden Betrag von einem Euro fest.
Mutzbauer Cierniak Franke
Bender Quentin

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten (§ 330d Absatz 1 Nummer 4, 5, Absatz 2)

1.
ionisierende Strahlen freisetzt oder
2.
Kernspaltungsvorgänge bewirkt,
die geeignet sind, Leib oder Leben eines anderen Menschen, fremde Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen oder erhebliche Schäden an Tieren oder Pflanzen, Gewässern, der Luft oder dem Boden herbeizuführen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Wer fahrlässig

1.
beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte, eine Handlung im Sinne des Absatzes 1 in einer Weise begeht, die geeignet ist, eine Schädigung außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs herbeizuführen oder
2.
in sonstigen Fällen des Absatzes 1 unter grober Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten handelt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 22/11
vom
12. April 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 12. April 2011 gemäß § 349 Abs. 2
und Abs. 4 StPO beschlossen:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. August 2010 1. aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte in den Fällen 1, 3, 7 und 15 der Urteilsgründe verurteilt worden ist, mit den zur Gefährdung anderer Personen, zum Wert der durch die jeweiligen Verkehrsunfälle gefährdeten Fahrzeuge und den insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen ; die übrigen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle durch den Angeklagten bleiben aufrecht erhalten;
b) mit den Feststellungen, soweit der Angeklagte in den Fällen 6 und 18 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; 2. im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen 10 und 11 einerseits sowie den Fällen 13 und 14 andererseits jeweils eines versuchten Betruges schuldig ist; 3. aufgehoben in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen 10, 11, 13 und 14 der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in acht Fällen, Betruges in drei Fällen und versuchten Betruges in sieben Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und wegen überlanger Verfahrensdauer sechs Monate dieser Freiheitsstrafe für vollstreckt erklärt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den Fällen 1, 3, 7 und 15 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
3
a) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte zwar die Verkehrsunfälle jeweils absichtlich herbeigeführt und dadurch die Sicherheit des Straßenverkehrs durch einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff im Sinne des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB beeinträchtigt (vgl. BGH, Urteile vom 20. Februar 2003 – 4 StR 228/02, BGHSt 48, 233, und vom 22. Juli 1999 – 4 StR 90/99, NJW 1999, 3132). Der Straftatbestand des § 315b Abs. 1 StGB setzt aber darüber hinaus voraus, dass durch den tatbestandsmäßigen Eingriff Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert konkret gefährdet werden. Eine solche Gefährdung belegen die Urteilsgründe nicht.
4
aa) Die zu den einzelnen Unfällen getroffenen Feststellungen geben keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass in den genannten Fällen Leib und Leben eines anderen Menschen konkret gefährdet worden sind. Das Urteil enthält insbesondere keine Angaben zu den Geschwindigkeiten der Fahrzeuge im Zeitpunkt der Kollision (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09, NStZ 2010, 216), die Intensität des Aufpralls wird nicht mitgeteilt bzw. – im Fall 3 – als gering bezeichnet (UA 26: "leichter Anstoß“), und Verletzungen bei unfallbeteiligten Dritten sind ersichtlich nicht eingetreten.
5
bb) Auch die Gefährdung einer fremden Sache von bedeutendem Wert ist nicht hinreichend belegt. Hierbei ist über den Gesetzeswortlaut hinaus erforderlich , dass der Sache von – im Urteil bereits nicht eindeutig festgestelltem – bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, StV 2008, 580; vgl. auch Fischer, StGB, 58. Aufl., § 315b Rn. 16), dessen Höhe nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215). Der maßgebliche Grenzwert lag im Tatzeitraum bei 1.500 DM (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02, BHGSt 48, 119; Beschluss vom 27. September 2007 – 4 StR 1/07, NStZ-RR 2008, 83).
6
Der Senat kann weder anhand der mitgeteilten Schadensbilder noch aufgrund der Feststellungen zu den einzelnen Unfallabläufen beurteilen, ob den Fahrzeugen der Geschädigten in den vier Fällen infolge der vom Angeklagten provozierten Verkehrsunfälle ein Schaden von mindestens 1.500 DM drohte. Im Fall 1 liegt der tatsächlich entstandene Schaden mit 300 DM deutlich unter dieser Grenze, in den übrigen Fällen ist er nicht beziffert, wird aber vom Landgericht jeweils als "sehr gering“ (UA 61) bezeichnet und dürfte die Wertgrenze damit ebenfalls nicht erreichen. Zwar kann der tatsächlich eingetretene Schaden geringer sein als der für die Tatbestandsverwirklichung maßgebliche Gefährdungsschaden (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, StV 2008, 580). Nach den mitgeteilten Schadensbildern (Fall 3: "geringfügiger Farbabrieb“, UA 27; Fall 7: "Lackabschürfungen und kleine Blechverformungen“ , UA 13; Fall 15: "Schaden am Kotflügel und der Stoßstange“, UA 20) liegt es indes eher fern, versteht sich aber jedenfalls nicht von selbst, dass ein bedeutender Schaden drohte (vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2007 – 4 StR 1/07, NStZ-RR 2008, 83); auch die Feststellungen zum jeweiligen Unfallhergang geben hierfür nichts her. Insbesondere kann auf einen bedeutenden Schaden an den Fahrzeugen der Geschädigten nicht aus der Höhe der vom Angeklagten bei den gegnerischen Haftpflichtversicherungen für die Beschädigung der von ihm geführten Fahrzeuge betrügerisch erlangten oder geforderten Beträge geschlossen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, StV 2008, 580).
7
b) Die danach gebotene Aufhebung der Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in den genannten vier Fällen zieht nur die Aufhebung der zur Gefährdung von Leib und Leben anderer Personen, zur Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert und der insoweit zur inneren Tatseite getroffenen Feststellungen nach sich. Im Übrigen sind die Feststellun- gen zum äußeren Tatgeschehen, zur absichtlichen Herbeiführung der Verkehrsunfälle mit dem Ziel der Geltendmachung unberechtigter Schadenersatzansprüche und zum Schädigungsvorsatz des Angeklagten frei von Rechtsfehlern ; sie können deshalb bestehen bleiben.
8
2. Die Annahme jeweils zweier (selbständiger) Taten des versuchten Betruges in den Fällen 10 und 11 einerseits sowie 13 und 14 andererseits hält rechtlicher Prüfung ebenfalls nicht stand.
9
a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen hatte die gegnerische Haftpflichtversicherung in den Fällen 10 und 13 eine Regulierung des von dem Vater des Angeklagten als Halter des Unfallfahrzeugs jeweils geltend gemachten Schadens abgelehnt. Daraufhin brachte der Angeklagte "in weiterer Fortführung seines Tatplans“ (UA 16 bzw. 19) seinen Vater dazu, die gegen die Versicherung erhobenen Ansprüche im Klagewege geltend zu machen, was jedoch ebenfalls erfolglos blieb. Das Landgericht hat die außergerichtliche und die gerichtliche Geltendmachung jeweils als selbständige Taten des versuchten Betruges gewürdigt. Da aber beide Handlungen auf die Erlangung derselben Schadensersatzzahlung abzielten und der Angeklagte mit dem Betreiben des Zivilverfahrens seinen ursprünglichen Tatplan weiter verfolgte, liegt jeweils ein tateinheitlicher Betrugsversuch vor (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Juli 1998 – 4 StR 274/98, NStZ-RR 1999, 110; OLG Stuttgart, Beschluss vom 24. Juli 2001 - 2 Ss 345/01, Justiz 2002, 132).
10
b) Die danach erforderliche Änderung des Schuldspruchs kann der Senat auch unter Berücksichtigung von § 265 StPO selbst vornehmen, da der Angeklagte sich gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
11
c) Die Änderung des Konkurrenzverhältnisses bedingt hier die Aufhebung der Einzelstrafen für die Fälle 10 und 11 sowie 13 und 14, da der Schuldumfang , der den auf der Grundlage des neu gefassten Schuldspruchs festzusetzenden Einzelstrafen zugrunde zu legen ist, jeweils neu zu bestimmen ist. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem hier vorliegenden Rechtsfehler dagegen nicht. Der Senat weist darauf hin, dass das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO der Verhängung von sechs Monate Freiheitsstrafe übersteigenden Einzelstrafen für die beiden Taten des versuchten Betruges wegen der sich ergebenden Erhöhung des Unrechtsgehalts nicht entgegensteht (BGH, Urteil vom 24. März 1999 – 3 StR 636/98, NStZ-RR 1999, 218; KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 358 Rn. 30). Es ist lediglich geboten, dass jeweils die Summe der beiden bisherigen Einzelstrafen bei der Bemessung der neu festzusetzenden Einzelstrafe nicht überschritten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 2008 – 5 StR 594/07, NStZ-RR 2008, 168).
12
3. Schließlich tragen die Feststellungen auch die Verurteilung wegen versuchten Betruges in den Fällen 6 und 18 der Urteilsgründe nicht. Das Landgericht hat – offenbar in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes – angenommen, dass eine Schadensregulierung durch die Versicherung nicht erfolgt ist, und die Taten deshalb nur als versuchten Betrug gewürdigt. Es hat nicht geprüft, ob der Angeklagte von diesem Versuch jeweils strafbefreiend zurückgetreten ist. Hierzu bestand jedoch nach den getroffenen Feststellungen Anlass. Anders als bei der erfolglosen gerichtlichen Geltendmachung in den Fällen 10/11 und 13/14 und bei der endgültigen Ablehnung der Zahl ung durch die Versicherung im Fall 16 liegt ein Fehlschlag des Versuchs, der die Möglichkeit eines Rücktritts ausschließt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 – 2 StR 278/09, NStZ 2010, 690 m.w.N.), in diesen Fällen nicht auf der Hand. Das Landgericht hätte sich deshalb damit auseinandersetzen müssen, ob es dem Angeklagten nach seiner Vorstellung noch möglich war, eine Schadensregulierung zu erreichen, er aber von sich aus von der weiteren Verfolgung seines Ziels Abstand genommen hat.
13
4. Als Folge der Aufhebung der Einzelstrafen in den genannten Fällen entfällt auch der Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten (§ 330d Absatz 1 Nummer 4, 5, Absatz 2)

1.
ionisierende Strahlen freisetzt oder
2.
Kernspaltungsvorgänge bewirkt,
die geeignet sind, Leib oder Leben eines anderen Menschen, fremde Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen oder erhebliche Schäden an Tieren oder Pflanzen, Gewässern, der Luft oder dem Boden herbeizuführen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Wer fahrlässig

1.
beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte, eine Handlung im Sinne des Absatzes 1 in einer Weise begeht, die geeignet ist, eine Schädigung außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs herbeizuführen oder
2.
in sonstigen Fällen des Absatzes 1 unter grober Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten handelt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

7
b) Ein vollendeter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 StGB liegt erst dann vor, wenn durch eine der in § 315b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB genannten Tathandlungen eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs herbeigeführt worden ist und sich diese abstrakte Gefahrenlage zu einer konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert verdichtet hat (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 122; Ernemann in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB, § 315b Rn. 5, 17). Eine solche über die abstrakte Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs hinausgehende konkrete Gefährdung wird von den bisherigen Urteilsfeststellungen nicht hinreichend belegt. Die Strafkammer hat zwar festgestellt, dass der nicht angeschnallte Beifahrer M. sich infolge des Anstoßes von hinten mit den Händen am Armaturenbrett abstützen musste, um nicht gegen die Windschutzscheibe geschleudert zu werden. Diese Feststellung steht jedoch in einem nicht ohne weiteres auflösbaren Widerspruch zu der Wertung des Landgerichts im Rahmen der rechtlichen Würdigung, wonach der Angeklagte B. das Fahrzeug des G. „zumindest einmal leicht von hinten“ gerammt habe. Nähere Feststellungen zu den Geschwindigkeiten der Fahrzeuge im Zeitpunkt der verschiedenen Kollisionen und der jeweiligen Intensität der Anstöße zwischen den beteiligten Fahrzeugen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2012 – 4 StR 667/11, NStZ 2012, 700, 701) hat die Strafkammer nicht getroffen. Auch das Schadensbild, das aus den durch Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO zum Bestandteil der Urteilsgründe gewordenen Lichtbildern vom Fahrzeug des Zeugen G. ersichtlich ist, erlaubt keinen sicheren Schluss auf eine konkrete Leibesgefahr. Schließlich ist den Urteilsausführungen ein drohender, die Wertgrenze von 750 € (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, NStZ 2011, 215) erreichender Sachschaden ebenfalls nicht zu entnehmen, weil sich das Landgericht zum Wert des für den Gefahrenerfolg allein maßgeblichen Fahrzeugs des Zeugen G. – etwa zu Modell, Baujahr, Laufleistung oder Zustand – nicht verhält (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 4 StR 507/11, NZV 2012, 393).

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer im Straßenverkehr

1.
ein Fahrzeug führt, obwohl er
a)
infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b)
infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, oder
2.
grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a)
die Vorfahrt nicht beachtet,
b)
falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c)
an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d)
an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e)
an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f)
auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g)
haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist der Versuch strafbar.

(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1

1.
die Gefahr fahrlässig verursacht oder
2.
fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

9
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Allein ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld der Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13).
9
a) Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten (§ 261 StPO). Es obliegt allein ihm, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 7. August 2014 – 3 StR 224/14 Rn. 5 [in NStZ-RR 2014, 349 nur redaktioneller Leitsatz] und vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]). Der Beur- teilung durch das Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfeh- ler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, wenn sie gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder das Gericht überspannte Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 10. Dezember 2014 – 5 StR 136/14 mwN und vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15, Rn. 18; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]). Dabei hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugungsbildung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87 und vom 15. Dezember 2015 – 1 StR 236/15 Rn. 18; siehe auch BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 – 4 StR 569/15 Rn. 26; Sander in LR-StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 182 mwN). Die Überzeugung des Tatgerichts muss in den Feststellungen und der diesen zugrunde liegenden Beweiswürdigung allerdings eine ausreichende objektive Grundlage finden (BGH, Urteil vom 19. April 2016 – 5 StR 594/15 Rn. 6; vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. August 2013 – 1 StR 378/13, NStZ-RR 2013, 387, 388). Es ist im Fall einer Verurteilung des Angeklagten grundsätzlich verpflichtet, die für den Schuldspruch wesentlichen Beweismittel im Rahmen seiner Beweiswürdigung heranzuziehen und einer erschöpfenden Würdigung zu unterziehen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 20. März 2002 – 5 StR 448/01 und vom 25. Februar 2015 – 4 St4 StR 39/15 Rn. 2 [NStZ-RR 2015, 180 nur redaktioneller Leitsatz]).

(1) Wer ohne die erforderliche Erlaubnis

1.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 mit explosionsgefährlichen Stoffen umgeht,
2.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 den Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen betreibt oder
3.
entgegen § 27 Abs. 1 explosionsgefährliche Stoffe erwirbt oder mit diesen Stoffen umgeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 explosionsgefährliche Stoffe einführt, durchführt oder verbringt oder durch einen anderen einführen, durchführen oder verbringen lässt, ohne seine Berechtigung zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen oder zu deren Erwerb nachgewiesen zu haben,
2.
ein Lager ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder nach einer wesentlichen Änderung ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 betreibt,
3.
explosionsgefährliche Stoffe
a)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 2 an Personen vertreibt oder Personen überlässt, die mit diesen Stoffen nicht umgehen oder den Verkehr mit diesen Stoffen nicht betreiben dürfen,
b)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 3 innerhalb einer Betriebsstätte einer Person, die nicht unter Aufsicht oder nach Weisung einer verantwortlichen Person handelt oder noch nicht 16 Jahre alt ist, oder einer Person unter 18 Jahren ohne Vorliegen der dort bezeichneten Voraussetzungen überlässt,
c)
entgegen § 22 Abs. 2 einer anderen als dort bezeichneten Person oder Stelle überlässt,
d)
entgegen § 22 Abs. 3 einer Person unter 18 Jahren überlässt oder
e)
entgegen § 22 Abs. 4 Satz 1 vertreibt oder anderen überlässt.

(3) Wer wissentlich durch eine der in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Handlungen Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 Nummer 3 oder Absatz 2 Nummer 3 strafbar, wenn eine dort bezeichnete Handlung in Bezug auf einen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 konformitätsbewerteten oder nach § 47 Absatz 2 oder Absatz 4 zugelassenen pyrotechnischen Gegenstand begangen wird. Satz 1 gilt nicht für einen pyrotechnischen Gegenstand nach § 3a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d.

(1) Wer in anderen als den in § 7 Abs. 1 bezeichneten Fällen

1.
explosionsgefährliche Stoffe erwerben oder
2.
mit explosionsgefährlichen Stoffen umgehen will,
bedarf der Erlaubnis.

(1a) Eine Erlaubnis nach Absatz 1 zum Laden und Wiederladen von Patronenhülsen gilt auch als Erlaubnis zum Erwerb und Besitz der dabei hergestellten Munition nach § 10 Abs. 3 des Waffengesetzes in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Die Erlaubnis ist in der Regel für die Dauer von fünf Jahren zu erteilen. Sie kann inhaltlich und räumlich beschränkt und mit Auflagen verbunden werden, soweit dies zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter oder von erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen für Dritte erforderlich ist. Die nachträgliche Beifügung, Änderung und Ergänzung von Auflagen ist zulässig.

(3) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn

1.
beim Antragsteller Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 vorliegen,
2.
der Antragsteller ein Bedürfnis für die beabsichtigte Tätigkeit nicht nachweist,
3.
inhaltliche Beschränkungen oder Auflagen zum Schutze der in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten Rechtsgüter nicht ausreichen.
Satz 1 Nr. 2 gilt nicht für die Erlaubnis zum Erwerb und zur Verwendung pyrotechnischer Gegenstände. Für den Nachweis der Fachkunde gilt § 9 Abs. 1 und 2 entsprechend.

(4) Die Erlaubnis kann versagt werden, wenn der Antragsteller

1.
nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist oder
2.
nicht seit mindestens drei Jahren seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ununterbrochen im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat.

(5) Die zuständige Behörde kann für den Einzelfall eine Ausnahme von dem Alterserfordernis des Absatzes 3 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

(6) Absatz 1 gilt nicht für die bestimmungsgemäße Verwendung zugelassener pyrotechnischer Gegenstände zur Gefahrenabwehr und bei Rettungsübungen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 488/14
vom
10. Februar 2015
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Falsche Verdächtigung durch den Beschuldigten in einem Strafverfahren bei bewusst
wahrheitswidriger Bezichtigung einer bis dahin unverdächtigen Person.
BGH, Urteil vom 10. Februar 2015 - 1 StR 488/14 - LG Traunstein
in der Strafsache
gegen
wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. Februar
2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Prof. Dr. Mosbacher
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Richterin am Landgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 27. Mai 2014 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Nötigung verurteilt worden ist [Fälle II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe],
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird der Tagessatz der in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafen jeweils auf einen Euro festgesetzt. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 4. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. 5. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Nötigung sowie wegen unerlaubten Besitzes erlaubnispflichtiger Munition und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich jeweils mit näher ausgeführten Sachrügen sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft mit einer zu seinen Ungunsten eingelegten Revision.
3
Das Rechtsmittel des Angeklagten bleibt weitgehend erfolglos. Die Revision der Staatsanwaltschaft erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Erfolg.

A.


4
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.


5
1. Dem gesondert Verfolgten C. H. wird vorgeworfen, durch ein betrügerisches Anlagemodell mehrere tausend Anleger um insgesamt ca. 135 Mio. Euro betrogen zu haben. In die C. H. vorgeworfenen Taten sollen auch die beiden Geschäftsführer einer A. GmbH (A. ), M. K. und D. , involviert gewesen sein.
6
Aus dem Kreis der Anleger des von C. H. betriebenen Anlagemodells hatten sich mehrere Gruppierungen gebildet, die ihr eingebrachtes Geld zurückerlangen wollten. Zu einer dieser Anlegergruppen gehörte auch der ebenfalls gesondert verfolgte Au. . Dieser konnte ab etwa Jahresende 2011 den Angeklagten dazu bestimmen, der Anlegergruppe um Au. dabei behilflich zu sein, den Aufenthaltsort des zwischenzeitlich untergetauchten C. H. ausfindig zu machen und diesen zu veranlassen, sich bei der Anlegergruppe zu melden. Aus Sicht von Au. sollte es darum ge- hen, in das betrügerische Anlagemodell „investierte“ und bislang nicht zurück- erhaltene Gelder von C. H. zurückzuerlangen.
7
Das Landgericht hat nicht auszuschließen vermocht, dass außer dieser Anlegervereinigung noch weitere Personen bzw. Personengruppen versuchten, C. H. dazu zu veranlassen, sich seinen Anlegern zu stellen, und ggf. Geld von diesem zu erhalten.
8
2. Au. beauftragte den Angeklagten gegen Zahlung von 3.000 Euro damit, jeweils Sprengkörper in unmittelbarer Nähe der Anwesen von M. K. und von P. , dem Bruder von C. H. , zu zünden , um Angst zu verbreiten und mittelbar auf C. H. einzuwirken. Dies sollte geschehen, „indem man dessen Angehörige und Geschäftsfreunde ihrerseits bedrohte“ (UA S. 6). Zur Umsetzung dieses Vorhabens übergab Au. dem Angeklagten drei im Inland nicht zugelassene, aber in der Tschechischen Republik frei verkäufliche Feuerwerkskörper mit jeweils etwas mehr als 100 g Schwarzpulver. Im Rahmen der Au. zugesagten Unterstützung kam es nach den Feststellungen des Landgerichts zu folgenden Verhaltensweisen des Angeklagten:
9
a) Am 27. Dezember 2012 versandte der Angeklagte zwei Briefbombenattrappen. Die jeweiligen Briefe waren an den Geschäftsführer der A. , D. , sowie an die Schwiegermutter von C. H. gerichtet. In die Briefumschläge hatte der Angeklagte jeweils ein Feuerzeug, eine Batterie und einen Kupferdraht gelegt, um den Eindruck von Briefbomben zu erwecken. Damit sollten die beiden Empfänger unter Druck gesetzt werden und auf C. H. eingewirkt werden, damit dieser sich mit den Anlegern in Verbindung setze [Fall II.2.d) der Urteilsgründe].
10
b) Am 15. Januar 2013 zündete der Angeklagte einen der vonAu. übergebenen Feuerwerkskörper im Garten des (früheren) Wohnanwesens des anderen Geschäftsführers der A. , M. K. . Dabei warf der Angeklagte diesen Gegenstand in den Garten und verließ eilends das Grundstück. Der Feuerwerkskörper explodierte rund 2,60 m von der Hauswand entfernt. An der Explosionsstelle entstand eine Vertiefung in einer Größe von ca. 15 cm. Die Hauswand wies aufgrund der Wirkungen des gezündeten Feuerwerkskörpers an drei Stellen Verfärbungen bzw. eingebrannte Stellen auf [Fall II.2.a) der Urteilsgründe].
11
c) Nachdem im Rahmen einer noch am Tatabend erfolgten Polizeikontrolle auf der A8 die beiden bei dem Angeklagten verbliebenen Feuerwerkskörper wegen der fehlenden inländischen Zulassung sichergestellt worden waren, verschaffte dieser sich in der Tschechischen Republik einen anderen Sprengsatz , einen sog. Blitzknallsatz. Dabei handelt es sich um einen dort freiverkäuflichen , in Deutschland aber verbotenen Artikel mit 50 g aus Kaliumperchlorat und Aluminium bestehender Explosivmasse.
12
Diesen Sprengsatz warf der Angeklagte am 28. März 2013 auf dem Garagenvorplatz vor dem Wohnanwesen von P. aus dem geöffneten Fenster seines Fahrzeugs. Der Sprengkörper geriet unter den hinteren Teil eines dort abgestellten Pkw. Dort explodierte der Sprengsatz. Aufgrund der Sprengwirkung wurde u.a. das Bodenblech des Fahrzeugs durchschlagen, die Karosserie beschädigt und die Scheiben zerstört. Es entstand ein Schaden von rund 12.000 Euro. Durch die Detonation wurde zudem das Garagentor am Anwesen von P. verzogen und der Gartenzaun beschädigt. Dies führte weitere Schäden in Höhe von über 7.000 Euro herbei. Angesichts des ungezielten Hinauswerfens des Sprengsatzes aus seinem Wagen konnte der Angeklagte damit rechnen, dass die Explosion in der Nähe des abgestellten Fahrzeugs erfolgen würde und dadurch erhebliche Schäden entstünden.
13
Das Landgericht hat nicht aufzuklären vermocht, von wem eine rund eine Woche nach der Tat an C. H. gesandte und auch seinem Bruder P. zugeleitete E-Mail, in der die Zahlung von 2,4 Millionen Euro gefordert und auf den Anschlag Bezug genommen wurde, stammte. Kenntnis des Angeklagten von dieser Mail ließ sich nicht feststellen [Fall II.2.c) der Urteilsgründe].
14
3. a) Darüber hinaus hat das Tatgericht festgestellt, dass im Anschluss an die polizeiliche Sicherstellung der zwei nach dem Anschlag auf das frühere Wohnanwesen von M. K. bei dem Angeklagten verbliebenen Feuerwerkskörper [oben A.I.2.c)] gegen diesen ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleitet worden war. In diesem Verfahren behauptete der Angeklagte bewusst wahrheitswidrig, die beiden Gegenstände gehörten nicht ihm, sondern seinem Sohn. Dies wiederholte er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht, das ihn daraufhin freisprach. Wie von dem An- geklagten billigend in Kauf genommen, wurde nunmehr ein Ermittlungsverfahren gegen seinen Sohn eingeleitet [Fall II.2.b) der Urteilsgründe].
15
b) Anlässlich einer Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten in E. wurden zwei Patronen des Kalibers 38 Spezial gefunden. Wie der Angeklagte wusste, verfügte er nicht über die für den Besitz erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis [Fall II.2.e) der Urteilsgründe].

II.


16
Das Versenden der Briefbombenattrappen und die beiden Anschläge mit den Sprengkörpern hat das Landgericht als einheitlichen Versuch der Nötigung (in Tateinheit mit vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion) zu Lasten von C. H. gewertet. Zwar habe sich die Tat unmittelbar gegen verschiedene Nötigungsopfer gewendet. Im Ergebnis sei aber auf einen „einzigen und gleichartigen Nötigungserfolg“ (UA S. 21) abgezielt worden, C. H. zu einer Handlung zu veranlassen.
17
Die verschiedenen Verhaltensweisen des Angeklagten hat das Landgericht mit entsprechenden Erwägungen als eine einheitliche Beihilfe gewertet. Mehrere Hilfeleistungen zu einer Haupttat bildeten wegen des akzessorischen Rechtsgutsangriffs im Regelfall nur eine Beihilfe. Hier seien sämtliche Handlungen darauf gerichtet gewesen, C. H. zu veranlassen, seinen Aufenthaltsort bekannt zu geben. Der ausgeübte Druck auf dessen Angehörige und Geschäftspartner war auf dieses eigentliche Ziel gerichtet. Dies gestatte, die einzelnen Handlungen des Angeklagten als einheitliche Handlung anzusehen.

B.


18
Das Rechtsmittel des Angeklagten führt jeweils lediglich zur Nachholung der vom Tatgericht versäumten Festsetzung der Höhe des Tagessatzes bezüglich der in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Einzelgeldstrafen. Im Übrigen weist das angefochtene Urteil keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil auf.

I.


19
Hinsichtlich des mittels eines im Inland nicht zugelassenen Feuerwerkskörpers am 15. Januar 2013 ausgeführten Anschlags auf das frühere Wohnanwesen von M. K. [Fall II.2.a) der Urteilsgründe] besteht kein Verfahrenshindernis. Das den Angeklagten vom Vorwurf des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz freisprechende Urteil des Amtsgerichts Miesbach vom 23. Mai 2013 (4 2 Cs ) hat keinen Strafklageverbrauch (Art. 103 Abs. 3 GG, § 264 StPO) hinsichtlich der Verwendung der dem Angeklagten von Au. überlassenen Feuerwerkskörper herbeigeführt.
20
Dem Angeklagten war in dem Verfahren 21 Js der Staatsanwaltschaft München II die entgegen § 27 Abs. 1 SprengG und damit unerlaubt erfolgende Einfuhr sowie der unerlaubte Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen, zu denen gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG auch pyrotechnische Gegenstände gehören (vgl. näher B. Heinrich in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 8, SprengG, § 40 Rn. 20), und damit ein Vergehen nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG vorgeworfen worden. Selbst wenn der durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Miesbach vom 4. März 2013 festgelegte Verfahrensgegenstand (§§ 155, 264 StPO) auch die Einfuhr des und den Umgang mit dem nicht zugelassenen (§ 5 SprengG; § 6 SprengG i.V.m. Anlage 3 zur Ersten Verordnung zum SprengG), bei dem genannten Anschlag verwendeten Feuerwerkskörper umfasste, hat das freisprechende Urteil die Strafklage im Hinblick auf die Begehung des Verbrechens des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1 StGB nicht verbraucht. Wie der Bundesgerichtshof bereits zu Verstößen gegen das Waffengesetz durch den unerlaubten Besitz und das unerlaubte Führen einer Waffe entschieden hat, steht die rechtskräftige Aburteilung der Dauerstraftat des Besitzes der Waffe einer Strafverfolgung wegen eines mit dieser Waffe begangenen Verbrechens nicht entgegen (BGH, Urteil vom 16. März 1989 - 4 StR 60/89, BGHSt 36, 151, 153 f.; siehe auch Urteil vom 1. Oktober 1997 - 2 StR 520/96, BGHSt 43, 252, 256 sowie Urteil vom 11. Juni 1980 - 3 StR 9/80, BGHSt 29, 288, 289 ff. bzgl. Organisationsdelikten ). Für das Dauerdelikt des (unerlaubten) Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 3 SprengG gilt nichts anderes. Auf das kontrovers beurteilte materiell-rechtliche Konkurrenzverhältnis zwischen diesem Tatbestand und § 308 StGB (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 308 Rn. 13 aE; B. Heinrich aaO § 40 Rn. 106; Steindorf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, SprengG, § 40 Rn. 27 mwN) kommt es für die Beurteilung des Strafklageverbrauchs nicht an.

II.


21
1. Das Landgericht hat bezüglich der für die Fälle II.2.b) und e) der Urteilsgründe verhängten Geldstrafen von 60 bzw. 30 Tagessätzen jeweils die Höhe des Tagessatzes nicht festgesetzt. Einer solchen Festsetzung bedarf es aber auch dann, wenn die Einzelgeldstrafe gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 StGB in eine Gesamt(freiheits)strafe einbezogen wird (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 96; vom 8. April 2014 - 1 StR 126/14, NStZ-RR 2014, 208, 209). Dies zieht zwar regelmäßig die Zurückverweisung zum Zwecke der Nachholung der Bestimmung der Tagessatzhöhe nach sich (BGH, Beschluss vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 97). Allerdings ist dem Revisionsgericht in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die Möglichkeit eröffnet, in geeigneten Fällen die Festsetzung selbst vorzunehmen (BGH, Beschluss vom 8. April 2014 - 1 StR 126/14, NStZ-RR 2014, 208, 209 mwN) und etwa die Tagessatzhöhe auf das gesetzliche Mindestmaß festzusetzen (BGH aaO; BGH, Urteil vom 27. August 2010 - 2 StR 111/09, WM 2010, 1957, 1964). Davon macht der Senat auf den vom Generalbundesanwalt in der Hauptverhandlung gestellten entsprechenden Antrag Gebrauch.
22
2. Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten weist das angefochtene Urteil im Übrigen nicht auf.
23
a) Das Landgericht hat im Fall II.2.c) rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen des vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion gemäß § 308 Abs. 1 StGB bejaht.
24
aa) Mit dem Zünden des verwendeten Feuerwerkskörpers hat der Angeklagte eine Explosion herbeigeführt. Explosion ist die plötzliche Auslösung von Druckwellen außergewöhnlicher Beschleunigung (Wolff in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 11, § 308 Rn. 4; Krack in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., Band 5, § 308 Rn. 3 jeweils mwN). Unmittelbar durch die mittels des aus Kaliumperchlorat und Aluminium bestehenden Sprengstoffs ausgelöste Explosion sind erhebliche Schäden an fremden Gegenständen, dem Kraftfahrzeug der Tochter von P. sowie u.a. an der Garage von dessen Hausgrundstück, verursacht worden.
25
bb) Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht bei dem hinsichtlich der Explosion selbst mit direktem Vorsatz handelnden Angeklagten einen auf das Verursachen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert bezogenen bedingten Vorsatz angenommen. Es stützt sich zur Begründung auf eine - teils im Rahmen der rechtlichen Würdigung erfolgende - Gesamtwürdigung aller relevanten objektiven und subjektiven Umstände des Zündens des Feuerwerkskörpers. Dabei hat das Landgericht vor allem auf die für die Durchführbarkeit des Nötigungsvorhabens erforderliche Nachhaltigkeit der Explosion als Drohmittel abgestellt.
26
Die Hinweise der Revision auf die Freiverkäuflichkeit des verwendeten Feuerwerkskörpers in der Tschechischen Republik zeigen Lücken in der Beweiswürdigung des Tatgerichts nicht auf. Dieses hat sich erkennbar von dem Gedanken leiten lassen, dass der Angeklagte nach der Sicherstellung von zwei der ihm seitens Au. übergebenen, ebenfalls aus Tschechien stammenden Feuerwerkskörpern und der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz aufgrund des Mitsichführens der entsprechenden Gegenstände Kenntnis von deren fehlender Zulassung im Inland hatte. Da er anschließend zur Vorbereitung des Anschlags gegen das Wohnanwesen von P. in die Tschechische Republik gefahren ist, um einen wegen der hohen Sprengkraft wiederum im Inland nicht zugelassenen Feuerwerkskörper zu erwerben, konnte das Landgericht unter Berücksichtigung der sonstigen Umstände auf einen wenigstens bedingten Gefahrvorsatz schließen.
27
cc) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob bei Verursachung tatbestandsmäßiger Gefahrerfolge hinsichtlich von § 308 Abs. 1 StGB erfasster Rechtsgüter durch Explosion mittels Feuerwerkskörper eine einschränkende Auslegung des Tatbestandes oder gar ein Ausschluss der Tatbestandsmäßigkeit oder der Rechtswidrigkeit in Betracht zu ziehen ist (zu dem entsprechenden Diskussionsstand vgl. Krack aaO § 308 Rn. 4 f.; siehe auch Wolff aaO § 308 Rn. 13; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 5-6). Jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation der vorsätzlichen Verwendung eines im Inland nicht zugelassenen, in seiner Explosivwirkung über das inländisch Zugelassene deutlich hinausgehenden Feuerwerkskörpers kommt vor dem Hintergrund der geschützten Individualrechtsgüter (zu diesen Fischer aaO § 308 Rn. 1) eine Restriktion des Tatbestandes, erst recht ein Tatbestandsoder Rechtswidrigkeitsausschluss nicht in Betracht.
28
b) Im Fall II.2.b) der Urteilsgründe tragen die getroffenen, allerdings knappen Feststellungen die Verurteilung wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB.
29
aa) Indem der Angeklagte im Rahmen des gegen ihn wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz geführten Strafverfahrens bewusst wahrheitswidrig angegeben hatte, die in dem von ihm geführten Pkw aufgefundenen Feuerwerkskörper gehörten seinem Sohn, hat er diesen vorsätzlich der Begehung einer rechtswidrigen Tat, nämlich einer Straftat gemäß § 40 Abs. 1 SprengG, verdächtigt.
30
Nach ganz überwiegendem Verständnis ist Verdächtigen das Hervorrufen , Umlenken oder Verstärken eines Verdachts (vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1960 - 2 StR 593/59, BGHSt 14, 240, 246; Ruß in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 164 Rn. 5; Zopfs in Münchener Kommentar zum StGB, Band 3, 2. Aufl., § 164 Rn. 20 jeweils mwN; siehe auch Langer, Gedächtnisschrift für Schlüchter, 2002, S. 361, 366 f.). Die Tathandlung kann jedenfalls durch das Behaupten von Tatsachen verwirklicht werden, die geeignet sind (§ 152 Abs. 2 StPO), den Verdächtigten einem behördlichen Verfahren auszusetzen (Fischer aaO § 164 Rn. 3; Jeßberger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 164 Rn. 6; näher Zopfs aaO § 164 Rn. 23 mwN).
31
Diese Voraussetzungen sind angesichts der konkreten Bezichtigung des Sohns, Eigentümer der im Inland nicht zugelassenen pyrotechnischen Gegenstände zu sein, erfüllt. Da der Angeklagte die bereits während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen ihn erfolgte Falschbezichtigung in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht wiederholt hat, handelt es sich bei den beiden wahrheitswidrigen Verdächtigungen lediglich um eine Tat im Rechtssinne (BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 4 StR 427/12, BGHR StGB § 164 Konkurrenzen 2; siehe auch OLG Koblenz, Beschluss vom 6. Dezember 2010 - 2 Ws 480/10 Rn. 20).
32
bb) Eine auf zulässiges Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren oder dessen Selbstbelastungsfreiheit gestützte Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB kommt in der vorliegenden Konstellation nicht in Betracht.
33
(1) Ob eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung (etwa BayObLG NJW 1986, 441, 442; OLG Frankfurt DAR 1999, 225; OLG Düsseldorf MDR 1992, 286 f.) und von Teilen der Strafrechtswissenschaft (siehe nur Ruß aaO § 164 Rn. 6 mwN; Jeßberger aaO § 164 Rn. 10) befürwortete Tatbestandseinschränkung für Fallgestaltungen, in denen der Täter wahrheitswidrig eine allein als alternativer Täter in Frage kommende Person ausdrücklich als solchen bezeichnet (gegen Einschränkungen in solchen Fällen etwa Langer aaO S. 367-369; Schneider, NZV 1992, 471, 472 ff. jeweils mwN; Fischer aaO § 164 Rn. 3a; näher auch Deutscher, Grundfragen der falschen Straftatverdächtigung [§ 164 Abs. 1 StGB], 1995, S. 127 ff.), angenommen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls dann, wenn - wie vorliegend - eine Person konkret verdächtigt wird, für deren Tatbegehung bzw. Tatbeteiligung bis dahin keine Anhaltspunkte bestanden, kommt im Hinblick auf das durch § 164 StGB auch gewährleistete Rechtsgut des Schutzes der innerstaatlichen Strafrechtspflege vor unberechtigter Inanspruchnahme (siehe nur BGH, Beschluss vom 21. November 2012 - 4 StR 427/12, StraFo 2013, 79) eine Tatbestandseinschränkung nicht in Betracht (vgl. Zopfs aaO § 164 Rn. 25 f.; siehe auch Aselmann, Die Selbstbelastungs- und Verteidigungsfreiheit, 2004, S. 267 f.). Anders als in Fallgestaltungen, in denen außer dem falsch Verdächtigenden überhaupt nur eine weitere Person als Täter der fraglichen rechtswidrigen Tat in Betracht kommt, wird in der hier vorliegenden Konstellation erstmals eine andere Person als vermeintlicher Täter bezichtigt. Erst dadurch werden die Ermittlungsbehörden zu einer auf eine materiell unschuldige und bis zur Falschbezichtigung unverdächtige Person bezogenen Ermittlungstätigkeit veranlasst.
34
(2) Eine Einschränkung des Tatbestandes von § 164 Abs. 1 StGB in Anwendung auf einen sich durch Falschverdächtigung Dritter verteidigenden Beschuldigten oder Angeklagten lässt in der hier vorliegenden Fallgestaltung auch nicht mit Erwägungen aus der Rechtsprechung zu zulässigem Verteidigungsverhalten im Rahmen der Strafzumessung begründen (siehe aber OLG Düsseldorf MDR 1992, 286; krit. Schneider, NZV 1992, 471, 473 f.). Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs strafzumessungsrechtlich die Grenze zulässigen und damit nicht strafschärfend berücksichtigungsfähigen Verteidigungsverhaltens selbst bei unberechtigten Anschuldigungen gegen Dritte noch nicht überschritten (etwa BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 5 StR 453/12 Rn. 2 bzgl. Alternativtäterschaft); dies sei vielmehr erst dann der Fall, wenn sich dieses Verhalten als Ausdruck einer zu missbilligenden Einstellung erweise (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 4 StR 532/12, NStZ-RR 2013, 170 f. mwN sowie vom 6. Juli 2010 - 3 StR 219/10, NStZ 2010, 692). Diese für die Strafzumessung im Rahmen von § 46 Abs. 2 StGB geltenden Erwägungen können jedoch nicht die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 164 StGB in einer Weise beeinflussen, die mit den Schutzzwecken dieses Tatbestandes nicht mehr vereinbar wäre.
35
(3) Die Auslegung von § 164 StGB nach dem Wortlaut, derSystematik - der Gesetzgeber hat für die falsche Verdächtigung anders als in § 258 Abs. 1 und Abs. 5 StGB kein Selbstbegünstigungsprivileg vorgesehen - und dem Schutzzweck spricht gegen eine Einschränkung des Tatbestandes in Konstellationen wie der hier vorliegenden. Mit der durch das 43. Strafrechtsänderungsgesetz (43. StrÄndG) vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2288) erfolgten Einführung von § 164 Abs. 3 StGB hat der Gesetzgeber möglichen Missbräuchen der in § 46b StGB und § 31 BtMG enthaltenen Strafmilderungsmöglichkeiten bei Aufklärungshilfe durch in einem Strafverfahren Beschuldigte entgegen wirken wollen (BT-Drucks. 16/6268 S. 15 re. Sp.). Dabei hat er zugrunde gelegt, dass vielfach Falschangaben durch einen Beschuldigten in dem gegen ihn gerichteten Verfahren zum Zwecke der Erlangung von Strafmilderung den Tatbeständen aus § 164 StGB und § 145d StGB unterfallen, deren Strafandrohungen gravierende Fälle aber nur unzureichend erfassen (BT-Drucks. aaO). Die Entstehungsgeschichte von § 164 Abs. 3 StGB spricht damit ebenfalls gegen eine Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung bei Falschbezichtigung Dritter durch Beschuldigte oder Angeklagte in gegen sie geführten Strafverfahren.
36
(4) Die Restriktion könnte sich angesichts dessen lediglich aus übergeordneten verfassungsrechtlichen oder menschenrechtlichen Grundsätzen ergeben , aus denen sich für Beschuldigte bzw. Angeklagte im Strafverfahren ein Recht auf Lüge ableiten ließe (vgl. insoweit Kölbel, Selbstbelastungsfreiheiten, 2006, S. 403 f.). Solche Grundsätze bestehen jedoch nicht. Die Selbstbelastungsfreiheit (nemo tenetur se ipsum accusare) gewährleistet verfassungsrechtlich dem Beschuldigten bzw. Angeklagten im Strafverfahren ein umfassendes Recht zu schweigen, um nicht zu seiner Überführung beitragen zu müssen; der Beschuldigte ist durch die Selbstbelastungsfreiheit mithin davor geschützt, auf ihn selbst bezogene Informationen zu generieren (siehe BVerfGE 56, 37, 49; BVerfGE 109, 279, 324; BVerfGE 133, 168, 201 Rn. 60; näher Verrel, Die Selbstbelastungsfreiheit im Strafverfahren, 2001, S. 261-264).
37
Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, lässt sich aus der einfachgesetzlichen Gewährleistung des Schweigerechts des Angeklagten in § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO als Ausprägung der Selbstbelastungsfreiheit zwar keine Wahrheitspflicht aber auch kein „Recht zur Lüge" ableiten (BGH, Be- schluss vom 17. März 2005 - 5 StR 328/04, NStZ 2005, 517, 518 Rn. 10; siehe auch OLG Koblenz, Beschluss vom 6. Dezember 2012 - 2 Ws 480/10 Rn. 13, NStZ-RR 2011, 178 [nur Leitsätze]; zum Meinungsstand bzgl. des „Rechts auf Lüge“ Kölbel aaO S. 25 f.). Für eine einschränkende Anwendung des § 164 StGB jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation der bewusst wahrheitswidrigen Verdächtigung besteht daher kein tragfähiger Grund (vgl. insoweit auch Kölbel aaO S. 404, siehe aber auch ders. aaO S. 493).
38
3. Bezüglich der Verurteilung des Angeklagten im Fall II.2.e) der Urteilsgründe kann der Senat dem Gesamtzusammenhang des Urteils entnehmen, dass der unerlaubte Besitz erlaubnispflichtiger Munition sich auf die am Tag der vorläufigen Festnahme des Angeklagten, dem 19. November 2013 (UA S. 4 unten), in dessen Wohnung aufgefundene Munition bezieht.
39
4. Der Senat schließt aus, dass der Angeklagte durch die im Rahmen der Revision der Staatsanwaltschaft aufgezeigten Rechtsfehler beschwert ist.

III.


40
Angesichts des nur sehr geringen Erfolgs des Rechtsmittels des Angeklagten ist es nicht unbillig, diesen insgesamt mit dadurch entstandenen Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

C.


41
Die Revision der Staatsanwalt führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.

I.


42
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 28. Oktober 2014 zutreffend aufgezeigt hat, ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft beschränkt. Die Verurteilungen in den Fällen II.2.b) und e) der Urteilsgründe werden ungeachtet des Fehlens einer ausdrücklichen Beschränkung ersichtlich nicht angegriffen.
43
Die Beschränkung ist wirksam. Dass die für die vorgenannten Fälle verhängten Einzelgeldstrafen wegen der beim Tatrichter unterbliebenen Festset- zung der Tagessatzhöhe (oben B.II.1.) isoliert nicht vollstreckt werden könnten, steht nicht entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. November 1998 - 4 StR 348/98, BGHR StGB § 40 Abs. 2 Satz 1 Bestimmung, unterlassene 2; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. April 2010 - 5 StR 122/10).

II.


44
Die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe wegen vorsätzlichen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit lediglich einer (einheitlichen) Beihilfe zu einer (gleichfalls einheitlichen ) versuchten Nötigung zu Lasten von C. H. als Haupttat hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand. Bereits der von dem Landgericht für das Vorliegen einer einzigen Haupttat herangezogene Grund eines „einzigen und gleichartigen Nötigungserfolgs“ (UA S. 21) trägt nicht.
45
1. Das Landgericht hat nicht ausreichend in den Blick genommen, dass als Tat bzw. als Taten auch Nötigung(en) in Bezug auf die von den Sprengstoffanschlägen bzw. Briefbombenattrappen unmittelbar bedrohten Angehörigen (Bruder, Schwiegermutter) bzw. Geschäftspartner (Geschäftsführer der A. ) von C. H. in Betracht kamen. Ausweislich der Urteilgründe sollte durch die von dem Angeklagten verübten Anschläge bzw. das Versenden der Briefbombenattrappen auf die betroffenen Angehörigen und Geschäftspartner von C. H. „Druck dahingehend ausgeübt werden, dass diese sich an H. wenden und ihn veranlassen, sich mit seinen Gläubigern in Verbindung zu setzen, damit diese in der Folge ihre behaupteten Ansprüche gegen H. geltend machen können“ (UA S. 21). Waren aber die Handlungen des Angeklagten darauf gerichtet, die direkt davon Betroffenen selbst wenigstens zu einer Kontaktaufnahme mit C. H. zu bewe- gen, sollten diese aufgrund nötigenden Drucks zu einem eigenen Handeln veranlasst werden. Dementsprechend sollte vorsätzlich eine Beeinträchtigung ihrer durch § 240 StGB geschützten Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit (BVerfGE 92, 1, 13 f.; siehe auch BGH, Beschlüsse vom 21. März 1991 - 1 StR 3/90, BGHSt 37, 350, 353; vom 24. Februar 2005 - 1 StR 33/05, NStZ 2005, 387; Schluckebier in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 240 Rn. 1) herbeigeführt werden.
46
Mit diesen Taten würde eine bzw. würden mehrere versuchte Nötigung (en) zu Lasten von C. H. - die gegen Angehörige und Geschäftspartner gerichteten (konkludenten) Drohungen sollten von diesem als eigenes Übel empfunden werden (siehe dazu Fischer, StGB, 62. Aufl., § 240 Rn. 37; Altvater in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Band 7/2, § 240 Rn. 83 jeweils mwN) - jeweils in gleichartiger Tateinheit stehen, weil mittels derselben Nötigungshandlung, den jeweiligen Anschlägen als konkludente Drohungen mit weiteren solcher Angriffe, von je zwei verschiedenen Nötigungsopfern unter Beeinträchtigung ihrer Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit Verhaltensweisen erzwungen wurden bzw. erzwungen werden sollten (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2007 - 4 StR 220/07 Rn. 3; Schluckebier aaO Rn. 28).
47
2. Unter Berücksichtigung des Vorgenannten und der insgesamt festgestellten vier Handlungen des Angeklagten (Versenden von zwei Briefbombenattrappen an zwei unterschiedliche Empfänger, zwei Anschläge mit Feuerwerkskörpern gegen zwei verschiedene Opfer) lässt sich das Vorliegen lediglich einer einheitlichen Nötigungstat zu Lasten von C. H. auch nicht auf die Rechtsfigur der natürlichen Handlungseinheit stützen.
48
a) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nimmt eine natürliche Handlungseinheit, die mehrere Handlungen im natürlichen Sinne zu einer Einheit im Rechtsinne verbinden kann, an, wenn zwischen einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element miteinander verbunden sind (BGH, Urteile vom 30. November 1995 - 5 StR 465/95, BGHSt 41, 368; vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09 Rn. 16 [in NStZ-RR 2010, 140 f. nur LS], vom 8. Februar 2012 - 1 StR 427/11, NStZ-RR 2012, 241, 242 f.; Fischer aaO Vor § 52 Rn. 3 mwN). Richten sich die Handlungen des Täters bzw. Tatbeteiligten - wie hier - gegen höchstpersönliche Rechtsgüter der Opfer, ist die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sie liegt aber regelmäßig nicht nahe (BGH, Urteil vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09 Rn. 16). In solchen Konstellationen können unterschiedliche Handlungen regelmäßig weder durch ihre Aufeinanderfolge noch durch einen einheitlichen Plan oder Vorsatz zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn die Aufspaltung des Tatgeschehens in Einzelhandlungen wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhanges willkürlich oder gekünstelt erschiene (BGH aaO mwN).
49
b) Nach diesen Maßstäben können die einzelnen Handlungen des Angeklagten , die sich als konkludente Drohungen gegenüber den verschiedenen von den Anschlägen betroffenen Personen erweisen, nicht zu einer natürlichen Handlungseinheit zusammengefasst werden. Dem steht bereits die Tatbegehung zu Lasten des höchstpersönlichen Rechtsguts Willensfreiheit unterschied- licher Rechtsgutsinhaber entgegen. Das Landgericht hat, wie bereits aufgezeigt , bei der Annahme natürlicher Handlungseinheit nicht ausreichend im Blick behalten, dass mit den Anschlägen die unmittelbar dadurch Bedrohten veranlasst werden sollten, sich an C. H. zu wenden. Die Voraussetzungen dafür, mehrere Handlungen des Täters gegen höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedenen Inhaber ausnahmsweise als natürliche Handlungseinheit zu bewerten, liegen ersichtlich nicht vor. Zwischen dem Versenden der Briefbombenattrappen und den beiden Anschlägen mit Feuerwerkskörpern sowie zwischen den letztgenannten Handlungen untereinander besteht kein außergewöhnlich enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang.
50
3. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II.2.a), c) und d) der Urteilsgründe und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
51
Obwohl die Aufhebung aufgrund eines Wertungsfehlers des Tatgerichts erfolgt, hebt der Senat die zugrunde liegenden Feststellungen ebenfalls auf (§ 353 Abs. 2 StPO). Das angefochtene Urteil erweist sich nicht als widerspruchsfrei. So führt das Landgericht - im Rahmen der rechtlichen Würdigung - einerseits aus, es habe sich nicht feststellen lassen, dass einer der von den Anschlägen des Angeklagten unmittelbar Betroffenen sich bei C. H. dafür eingesetzt habe, dass dieser sich bei den Anlegern melde (UA S. 22), was jedenfalls eine vollendete Nötigung zum Nachteil der Opfer der Anschläge ausschließen würde. Da sich aber andererseits aus der Darstellung der Aussage des Zeugen C. H. ergibt, diesem sei durch seinen Bruder P. , dem Opfer des Anschlags vom 28. März 2013, über den Sprengstoffanschlag berichtet worden (UA S. 18), findet die Annahme ausgebliebener Reaktionen der unmittelbar bedrohten Nötigungsopfer keine ausreichende Stüt- ze in der Beweiswürdigung. Um dem neuen Tatrichter in sich widerspruchsfreie Feststellungen auch zu den Reaktionen der Anschlagsopfer zu ermöglichen, erfolgt die Aufhebung auch der Feststellungen.

III.


52
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
53
1. Sollte auch der neue Tatrichter feststellen, dass nach dem Tatplan des Angeklagten und ggf. seiner Auftraggeber durch die Briefbombenattrappen sowie die Explosionen die von den Anschlägen unmittelbar Betroffenen dazu veranlasst werden sollten, sich ihrerseits an C. H. zu wenden, wird aufzuklären sein, ob und wie sich die Bedrohten nach den gegen sie gerichteten Handlungen verhalten haben. Die Vollendung einer ihnen gegenüber begangenen Nötigung wäre bereits dann eingetreten, wenn sie als Nötigungsopfer unter der Einwirkung des Nötigungsmittels mit der von dem Täter geforderten Handlung begonnen hätten (BGH, Urteil vom 26. August 1986 - 1 StR 365/86, NStZ 1987, 70 f.; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 421/03, BGHR StGB § 240 Abs. 1 Nötigungserfolg 3; siehe auch BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 - 4 StR 139/12, NStZ 2013, 36 f.; Altvater aaO § 240 Rn. 90 mwN).
54
Dass es dem Angeklagten als Endziel darauf ankam, auf C. H. einzuwirken, stünde vollendeten Nötigungen zu Lasten der unmittelbar Bedrohten nicht entgegen. Selbst bei Nötigungen gegenüber demselben Opfer kann ein Teilerfolg, der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel jedenfalls vorbereitend wirkt, für die Annahme einer vollendeten Nötigung ausreichen, wenn die abgenötigte Handlung des Opfers nach den Vorstellungen des Täters eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs darstellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 - 4 StR 139/12, NStZ 2013, 36 f.; vom 11. Dezember 2003 - 3 StR 421/03, BGHR StGB § 240 Abs. 1 Nötigungserfolg 3; Urteile vom 14. Januar 1997 - 1 StR 507/96, NJW 1997, 1082; vom 20. Juni 2007 - 1 StR 157/07, StV 2008, 249). Das gilt erst recht, wenn ein „Teilerfolg“ gegenüber anderen Personen als dem vom Täter als Endziel ins Auge gefassten Nötigungsopfer eintreten soll.
55
Vollendete oder versuchte Nötigungen zu Lasten der von den Anschlägen des Angeklagten unmittelbar Betroffenen stünden mit der Nötigungstat oder den Nötigungstaten zu Lasten von C. H. jeweils in gleichartiger Tateinheit (oben C.II.1.).
56
2. Der neue Tatrichter wird auch die durch den Angeklagten verwirklichte Beteiligungsform näher zu prüfen haben. Das Landgericht hatte in Bezug auf die Nötigungstaten die Möglichkeit einer unmittelbaren Täterschaft im Sinne von § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB nicht in den Blick genommen. Nach dieser Vorschrift ist Täter, wer vorsätzlich handelnd sämtliche Tatbestandsmerkmale der Straftat in eigener Person verwirklicht (BGH, Urteil vom 17. August 1993 - 1 StR 266/93, BGHR StGB § 25 Abs. 1 Begehung, eigenhändige 3; siehe auch BGH, Urteile vom 22. Juli 1992 - 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 317 mwN; vom 12. August 1998 - 3 StR 160/98, NStZ-RR 2000, 22 [nur LS]; Schünemann in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., Bd. 1, § 25 Rn. 53 f.). Fehlender Täterwille oder das Berufen darauf, lediglich einem anderen behilflich sein zu wollen, schließt bei Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen die (unmittelbare) Täterschaft nicht aus (BGH, Urteil vom 17. August 1993 - 1 StR 266/93, BGHR StGB § 25 Abs. 1 Begehung, eigenhändige 3). Bei der Beurteilung, ob angesichts der Ausführung der Nötigungshandlungen seitens des Angeklagten Tä- terschaft gemäß § 25 Abs. 1 Var. 1 StGB in Betracht kommt, wird auch zu bedenken sein, wie und durch wen die Anschlagsopfer erfahren haben oder sollten , welches Verhalten von ihnen erwartet wurde.
57
3. Im Fall II.2.a) der Urteilsgründe wird eine Strafbarkeit wegen versuchter oder vollendeter Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion näher zu prüfen sein. § 308 StGB ist ein konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 1995 - 5 StR 366/95, NStZ-RR 1996, 132 f. mwN zu § 311 StGB aF). Vollendung tritt mit dem Herbeiführen einer konkreten Gefahr für fremde Sachen von bedeutendem Wert ein. Maßgeblich ist dafür die Höhe des dem betroffenen fremden Eigentum konkret drohenden Schadens (Wolff aaO § 308 Rn. 8; Krack aaO § 308 Rn. 9 mwN). Um diese zu bestimmen, bedarf es regelmäßig eines zweistufigen Vorgehens, indem zunächst der Wert der Sache selbst und anschließend der ihr drohende (bedeutende) Schaden zu ermitteln sind (st. Rspr. zu § 315c StGB; vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - 4 StR 22/11, DAR 2011, 398 f. mwN).
58
Der Bundesgerichtshof hat - soweit ersichtlich - bislang weder zu § 308 StGB noch zu der Vorgängerregelung § 311 StGB aF entschieden, ab welcher Untergrenze von einem bedeutenden Wert ausgegangen werden kann. Für die bezüglich des konkreten Gefahrerfolgs im Wortlaut identisch gefassten §§ 315b, c StGB legt der Bundesgerichtshof eine solche von 750 Euro zugrunde (BGH, Beschluss vom 18. Juni 2013 - 4 StR 145/13 Rn. 7 mwN). Der Senat neigt für § 308 StGB im Hinblick auf die auf der Ebene der Tathandlung auch erfassten Explosionen durch Sprengkörper mit geringer Sprengkraft [oben B.II.2.a)] allerdings zu einem etwas höheren Grenzwert, der bei 1.500 Euro liegen könnte. In der Strafrechtswissenschaft geforderte, deutlich höhere Untergrenzen (Wolff aaO § 308 Rn. 8 „2.500 Euro“; Krack aaO § 308 Rn. 9 „ca.
5.000 Euro“; Heine/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 308 Rn. 7 „3.000 Euro“) sind weder aus teleologischen Gründen noch durch das verfas- sungsrechtliche Schuldprinzip veranlasst.
59
Sollte nach diesen Maßstäben dem auf dem Grundstück befindlichen Wohnhaus ein solcher Gefahrerfolg nicht gedroht haben, wird die Frage eines darauf gerichteten Gefahrvorsatzes des Angeklagten und damit eine Versuchsstrafbarkeit näher zu prüfen sein.
Rothfuß Jäger Radtke
Mosbacher Fischer

(1) Wer zur Vorbereitung

1.
eines bestimmten Unternehmens im Sinne des § 307 Abs. 1 oder des § 309 Abs. 2,
2.
einer Straftat nach § 308 Abs. 1, die durch Sprengstoff begangen werden soll,
3.
einer Straftat nach § 309 Abs. 1 oder
4.
einer Straftat nach § 309 Abs. 6
Kernbrennstoffe, sonstige radioaktive Stoffe, Sprengstoffe oder die zur Ausführung der Tat erforderlichen besonderen Vorrichtungen herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verwahrt oder einem anderen überläßt, wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 und der Nummer 3 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 4 mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und 4 ist der Versuch strafbar.

Der Umgang und der Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen unterliegen der Überwachung durch die zuständige Behörde.

(1) Wer ohne die erforderliche Erlaubnis

1.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 mit explosionsgefährlichen Stoffen umgeht,
2.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 den Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen betreibt oder
3.
entgegen § 27 Abs. 1 explosionsgefährliche Stoffe erwirbt oder mit diesen Stoffen umgeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 explosionsgefährliche Stoffe einführt, durchführt oder verbringt oder durch einen anderen einführen, durchführen oder verbringen lässt, ohne seine Berechtigung zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen oder zu deren Erwerb nachgewiesen zu haben,
2.
ein Lager ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder nach einer wesentlichen Änderung ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 betreibt,
3.
explosionsgefährliche Stoffe
a)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 2 an Personen vertreibt oder Personen überlässt, die mit diesen Stoffen nicht umgehen oder den Verkehr mit diesen Stoffen nicht betreiben dürfen,
b)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 3 innerhalb einer Betriebsstätte einer Person, die nicht unter Aufsicht oder nach Weisung einer verantwortlichen Person handelt oder noch nicht 16 Jahre alt ist, oder einer Person unter 18 Jahren ohne Vorliegen der dort bezeichneten Voraussetzungen überlässt,
c)
entgegen § 22 Abs. 2 einer anderen als dort bezeichneten Person oder Stelle überlässt,
d)
entgegen § 22 Abs. 3 einer Person unter 18 Jahren überlässt oder
e)
entgegen § 22 Abs. 4 Satz 1 vertreibt oder anderen überlässt.

(3) Wer wissentlich durch eine der in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Handlungen Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 Nummer 3 oder Absatz 2 Nummer 3 strafbar, wenn eine dort bezeichnete Handlung in Bezug auf einen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 konformitätsbewerteten oder nach § 47 Absatz 2 oder Absatz 4 zugelassenen pyrotechnischen Gegenstand begangen wird. Satz 1 gilt nicht für einen pyrotechnischen Gegenstand nach § 3a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d.

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Wer ohne die erforderliche Erlaubnis

1.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 mit explosionsgefährlichen Stoffen umgeht,
2.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 den Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen betreibt oder
3.
entgegen § 27 Abs. 1 explosionsgefährliche Stoffe erwirbt oder mit diesen Stoffen umgeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 explosionsgefährliche Stoffe einführt, durchführt oder verbringt oder durch einen anderen einführen, durchführen oder verbringen lässt, ohne seine Berechtigung zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen oder zu deren Erwerb nachgewiesen zu haben,
2.
ein Lager ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder nach einer wesentlichen Änderung ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 betreibt,
3.
explosionsgefährliche Stoffe
a)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 2 an Personen vertreibt oder Personen überlässt, die mit diesen Stoffen nicht umgehen oder den Verkehr mit diesen Stoffen nicht betreiben dürfen,
b)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 3 innerhalb einer Betriebsstätte einer Person, die nicht unter Aufsicht oder nach Weisung einer verantwortlichen Person handelt oder noch nicht 16 Jahre alt ist, oder einer Person unter 18 Jahren ohne Vorliegen der dort bezeichneten Voraussetzungen überlässt,
c)
entgegen § 22 Abs. 2 einer anderen als dort bezeichneten Person oder Stelle überlässt,
d)
entgegen § 22 Abs. 3 einer Person unter 18 Jahren überlässt oder
e)
entgegen § 22 Abs. 4 Satz 1 vertreibt oder anderen überlässt.

(3) Wer wissentlich durch eine der in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Handlungen Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 Nummer 3 oder Absatz 2 Nummer 3 strafbar, wenn eine dort bezeichnete Handlung in Bezug auf einen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 konformitätsbewerteten oder nach § 47 Absatz 2 oder Absatz 4 zugelassenen pyrotechnischen Gegenstand begangen wird. Satz 1 gilt nicht für einen pyrotechnischen Gegenstand nach § 3a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

5
Damit hat sich der Angeklagte wegen versuchter Nötigung (§ 240 Abs. 1 und 3, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht, hinter die die Bedrohung zurücktritt (BGH, Beschlüsse vom 24. Januar 1990 - 3 StR 477/89, BGHR StGB § 240 Abs. 3 Konkurrenzen 2; vom 11. März 2014 - 5 StR 20/14, juris Rn. 4). Der Schuldspruch war entsprechend § 354 Abs. 1 StPO (KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 354 Rn. 15) zu ändern. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

(1) Wer rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgesellschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind, oder Grabmäler, öffentliche Denkmäler, Naturdenkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Absatz 1 bezeichneten Sache oder eines dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 214/09
vom
8. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juli 2009 beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 3. Dezember 2008 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:



1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 53 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Untreue zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Senat sieht auch von einer Schuldspruchänderung ab, wie sie der Generalbundesanwalt dahingehend beantragt hat, dass der Angeklagte der Untreue in Tateinheit mit Steuerhinterziehung in 16 Fällen schuldig zu sprechen sei.
4
Der Angeklagte, ein Steueroberinspektor, hatte in der Zeit vom 21. Juli 2004 bis zum 13. Juli 2007 unter 17 Fantasienamen 53 fingierte Einkommensteuererklärungen mit entsprechenden Veranlagungen - ohne Anlegen von Akten - in das Datenverarbeitungssystem seines Finanzamts eingegeben. Es ergaben sich jeweils Einkommensteuererstattungen zwischen 2.421,48 € und 4.610,00 €, die auf das in den Erklärungen benannte Konto einer Tatbeteiligten überwiesen wurden. Teilweise lagen die Zeitpunkte „der letzten Bearbeitung“ bei Erklärungen unter identischen Namen nur wenige Minuten auseinander.
5
Hinsichtlich der Untreuehandlungen sei, so der Generalbundesanwalt unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Juni 2007 - 5 StR 127/07 -, in derartigen Fällen eine einheitliche Handlung zu sehen, die dann auch die entsprechenden Steuerhinterziehungen zu einer Tat verbinde.
6
Dem folgt der Senat nicht. Die - andere - rechtliche Bewertung seitens der Strafkammer ist jedenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
7
Tathandlung war sowohl hinsichtlich der Untreue wie auch hinsichtlich der Steuerhinterziehung jeweils die „Freigabe zur Datenverarbeitung“ (UA S. 16). Hierzu bedurfte es, auch wenn dies alles gedanklich oder tatsächlich vorbereitet war, auch bei rascher Folge jeweils eines neuen Tatentschlusses. Die benannten Steuerpflichtigen existierten nicht. Die identischen Fantasienamen führten deshalb auch zu keiner personellen Verknüpfung. Vor diesem Hintergrund liegt die Annahme von Tatmehrheit hinsichtlich aller Einzelfälle näher , jedenfalls bleibt dies im Rahmen tatrichterlicher Würdigung und ist rechtsfehlerfrei.
8
Der damals für Steuerstrafsachen zuständige Senat des Bundesgerichtshofs hat zwar in dem oben genannten Urteil (5 StR 127/07) zu einem vergleichbaren Sachverhalt die gegenteilige Bewertung in der damals zur Überprüfung anstehenden landgerichtlichen Entscheidung nicht beanstandet. Dies geschah aber ersichtlich nur im Hinblick auf den insoweit bestehenden tatrichterlichen Beurteilungsspielraum: „Dass das Landgericht in den teilweise in kurzer zeitlicher Abfolge für mehrere fingierte Steuerpflichtige vorgenommenen Dateneingaben in die EDV-Anlage jeweils nur eine einheitliche Untreuehandlung gesehen hat, lässt keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen“ (aaO Rdn. 28, in BGHSt 51, 356 insoweit nicht abgedruckt).
9
Da der Generalbundesanwalt neben der Schuldspruchänderung nicht auch die Aufhebung des Strafausspruchs beantragt hat, war der Senat an einer Entscheidung nach § 349 Abs. 2 StPO nicht gehindert (vgl. BGH, Beschl. vom 26. April 2006 - 1 StR 151/06 - m.w.N.). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 487/15
vom
12. Mai 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:120516U4STR487.15.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Mai 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Mutzbauer, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter,
Richterin am Landgericht als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
der Angeklagte in Person – in der Verhandlung –,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 28. April 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Vollstreckung der Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft – an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision des Angeklagten werden verworfen. 4. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Brandstiftung, versuchten Betrugs und falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wenden sich der Angeklagte und – zu seinen Ungunsten – die Staatsanwaltschaft mit ihren Revisionen. Der Angeklagte erhebt zwei Verfahrensrügen und macht mit der ausgeführten Sachrüge Rechtsfehler in der Beweiswürdigung geltend. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrem vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel, dass der Angeklagte nicht auch wegen versuchter Brandstiftung und Sachbeschädigung verurteilt worden ist. Im Hin- blick auf die Sachbeschädigung hat die Generalstaatsanwaltschaft Hamm das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung im Revisionsrechtszug bejaht. Außerdem wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen die Strafbemessung und die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung. Das Rechtsmittel des Angeklagten bleibt erfolglos. Die Revision der Staatsanwaltschaft hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.


2
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Am frühen Morgen des 23. Oktober 2013 brachte der Angeklagte in den Innenraum des seiner Mutter L. K. gehörenden Pkw der Marke VW, Typ Golf Kombi, den er am Vorabend im Doppelcarport auf seinem Anwesen in Ka. abgestellt hatte, mindestens einen Liter „Kraftstoff“ ein und entzündete diesen mit einer offenen Flamme. Ihm war dabei bewusst, dass das Feuer den Wagen seiner Mutter zerstören würde. Auch vermochte er nicht auszuschließen , dass der Brand von dem Fahrzeug auf seinen Carport und von dort auf die unmittelbar angebaute Garage der Familie T. und deren davor abgestellten Pkw übergreifen konnte. Er hoffte zwar, dass alles gut gehen würde, nahm aber auch diese Folgen billigend in Kauf. Nach der Tat wollte der Angeklagte den Tatverdacht gezielt auf seine frühere Ehefrau S. K. lenken, um sich auf diese Weise einen Vorteil in dem mit ihr ausgetragenen Streit um das Sorgerecht für das gemeinsame Kind zu verschaffen.
4
Als der Angeklagte gerade im Begriff war, die hintere rechte Tür wieder zu schließen, kam es im Innenraum des Pkw zu einer Verpuffung, durch die mehrere Scheiben herausgedrückt, drei Türen „aufgespreizt“ und die noch nicht vollständig ins Schloss gefallene hintere rechte Tür deformiert wurden. Zugleich entstand eine Stichflamme, die die Sitzflächen, Fußräume und Auskleidung des Pkw entzündete. Innerhalb weniger Minuten entwickelte sich ein Vollbrand, der sich schnell auf den Doppelcarport des Angeklagten ausbreitete. Der durch die Verpuffung und die Stichflamme überraschte Angeklagte erlitt eine flächige Versengung der Stirnhaare. Die von der Zeugin T. verständigte Feuerwehr konnte einen Übergriff des Brandes auf die angebaute Garage der Familie T. verhindern und den Brand zügig löschen. Den Pkw der Familie T. hatte der Zeuge T. bereits zuvor beiseite gefahren.
5
Der Pkw der L. K. brannte vollständig aus. Das Fahrzeug hatte einen Wiederbeschaffungswert von 1.600 Euro und einen Restwert von 150 Euro. Der Carport des Angeklagten wurde erheblich beschädigt. An der Garage der Familie T. kam es zu Verrußungen und hitzebedingten Betonabplatzungen an der rechten Wand. Zudem schmolzen Teile der Bitumenverkleidung im Bereich der Attika. Am Fahrzeug der Eheleute T. zerschmolz infolge der feuerbedingten Hitzeentwicklung das vordere rechte Blinklicht. An dem neben dem Doppelcarport stehenden Wohnhaus des Angeklagten wurde das im Erdgeschoss befindliche linke Fenster durch die brandbedingte Hitzeentwicklung an der Zarge und am Rahmen deformiert. Die Jalousie schmolz zu großen Teilen. Das rechts daneben liegende Fenster zeigte „gering- fügige Schäden“. Die Jalousie war hier durch Rauch und Feuer braun gefärbt und leicht verbogen. Beide Fenster wiesen, ebenso wie die neben ihnen befindliche Nebeneingangstür, leichte thermische Risse in den Scheiben auf.
6
Bei seiner polizeilichen Einvernahme am 23. Oktober 2013 gab der Angeklagte bewusst wahrheitswidrig an, in den letzten Monaten wiederholt Anrufe seiner von ihm im März 2012 geschiedenen früheren Ehefrau S. K. erhalten zu haben. Diese habe ihn dabei beleidigt und damit gedroht, dass bei ihm alles in Flammen aufgehen werde. Drei dieser Anrufe könnten von den Zeugen Kr. und N. bestätigt werden. Damit wollte der Ange- klagte seine frühere Ehefrau „in den Focus der polizeilichen Ermittlungen bringen“. Tatsächlich geriet sie „in das Visier der Polizei“. Erst im Verlauf der weite- ren Ermittlungen konnte der Verdacht gegen sie entkräftet werden.
7
Am 28. Oktober 2013 erstatte der Angeklagte gegenüber dem Landwirtschaftlichen Versicherungsverein M. , bei dem er eine Wohngebäude- und Hausratversicherung unterhielt, eine Schadensanzeige. Dabei verschwieg er, dass er das Feuer selbst gelegt hatte, denn ihm war bewusst, dass er als Brandstifter keinen Anspruch auf Ersatz seiner Schäden hatte. Bei alledem ging er davon aus, dass die Versicherung aufgrund seines Verhaltens irrtümlich davon ausgehen würde, dass er berechtigte Ansprüche gegen sie habe. Gegenüber der Gebäudeversicherung machte der Angeklagte für die Wiederherstellung des Carports 27.000 Euro und die Schäden an seinem Haus weitere 3.200 Euro geltend. Von der Hausratversicherung forderte der Angeklagte für im Carport und in dem Pkw verbrannte Gegenstände Wertersatz in Höhe von 8.000 Euro. Zur Auszahlung von Versicherungsleistungen kam es aufgrund des vorliegenden Strafverfahrens nicht.
8
2. Das Landgericht hat die Inbrandsetzung des Pkw der Mutter des Angeklagten als Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB gewertet. In Bezug auf die Garage und den Pkw der Familie T. hat es die Annahme einer (vollendeten) Brandstiftung mit der Erwägung verneint, dass es nach den Feststellungen nicht zu einer teilweisen Zerstörung im Sinne des § 306 Abs. 1 StGB gekommen sei. Für eine Verurteilung wegen Sachbeschädigung nach § 303 StGB fehle der nach § 303c StGB erforderliche Strafantrag. Auch habe die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung insoweit nicht bejaht. Eine fahrlässige Brandstiftung am eigenen Wohnhaus gemäß § 306d i.V.m. § 306a StGB liege nicht vor, weil es nicht zu einer teilweisen Zerstörung des Wohnhauses gekommen sei. Bei seiner polizeilichen Aussage am 23. Oktober 2013 habe sich der Angeklagte der falschen Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Die Schadensmeldungen erfüllten die Voraussetzungen eines versuchten Betrugs gemäß § 263 Abs. 1, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB, weil der Angeklagte dabei vorgetäuscht habe, dass es sich „um einen Versicherungsfall der Wohn- und Hausratversicherung handele“.

II.


9
Entgegen der Auffassung des Angeklagten wird die unter II. 3 der Urteilsgründe abgeurteilte Tat (Betrug zum Nachteil der Versicherung) in der unverändert zugelassenen Anklage der Staatsanwaltschaft Detmold vom 27. November 2014 hinreichend klar umgrenzt. Denn im Anklagesatz (§ 201 Abs. 1 Satz 1 StPO) sind sowohl die am 23. Oktober 2013 erfolgte Brandlegung, als auch die spätere Geltendmachung von Schäden gegenüber dem Landwirtschaftlichen Versicherungsverein M. aufgeführt. Damit hat die Staatsanwaltschaft ohne weiteres den Willen zum Ausdruck gebracht, beide Geschehnisse zur Aburteilung zu bringen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1998 – 2 StR 76/98, NStZ 1999, 206 f.). Der Umstand, dass dabei das genaue Datum der Schadensmeldung nicht benannt wird, ist unschädlich, denn der Verfahrensgegenstand wird durch die Benennung der jeweiligen Versicherungen, der geltend gemachten Summen und des Schadensfalles in sachlicher Hinsicht zuverlässig bezeichnet (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juni 2011 – 2 StR 459/10, Rn. 2 mwN).

III.


10
Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
11
1. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
12
a) Die Rüge, das Landgericht habe es unterlassen, Akten aus Sorgerechts - und Ehestreitigkeiten sowie Akten aus früheren Ermittlungsverfahren beizuziehen und dadurch seine Aufklärungspflicht verletzt, ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht zulässig erhoben.
13
b) Soweit die Revision geltend macht, das Landgericht habe unter Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO nicht aufgeklärt, warum der Brandsachverständige in der Hauptverhandlung davon ausgegangen sei, dass die Zündquelle mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch die linke Hintertür eingebracht wurde, während er dies in seinem vorbereitenden Gutachten nur vermutet habe, fehlt es ebenfalls an einem den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Sachvortrag. Die Entscheidung über Verfahrensrügen , die auf Unterschiede zwischen einem vorbereitenden und dem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten gestützt sind, erfordert regelmäßig einen inhaltlichen Vergleich zwischen den beiden Gutachten. Nur so ist zuverlässig feststellbar, ob beide Gutachten auf identischer tatsächlicher Grundlage erstattet sind oder ob sich die Differenzen aus unterschiedlichen tatsächlichen Grundlagen ohne weiteres von selbst erklären. Während sich jedoch die Grundlagen des in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens regelmäßig aus den Urteilsgründen ergeben, ist dies hinsichtlich einer durch den weiteren Verfahrensablauf überholten Grundlage eines früheren Gutachtens nicht notwendig der Fall. Der Revisionsführer hat daher regelmäßig jedenfalls den wesentlichen Kern des ursprünglichen Gutachtens vorzutragen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2012 – 1 StR 389/12, NStZ 2013, 98, 99 mwN) und kann sich nicht – wie hier – darauf beschränken, die abweichende Passage zu zitieren.
14
2. Die von der Revision im Rahmen der Sachrüge vorgebrachten Angriffe gegen die Beweiswürdigung zeigen keinen Rechtsfehler auf (zum revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstab vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 199/15, juris Rn. 16; Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87 mwN). Die Einwände der Revision erschöpfen sich darin, festgestellte Beweisanzeichen anders zu gewichten und ihre eigene Beurteilung an die Stelle der Wertung des Tatrichters zu setzen. Dem Urteil ist auch hinreichend deutlich zu entnehmen, dass das Landgericht die erforderliche Gesamtwürdigung aller Indizien vorgenommen hat. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
15
a) Soweit die Revision ausführt, das Landgericht habe nicht geprüft, ob das „Entlastungsindiz“, dass der Angeklagte des Öfteren mit Brandlegungen bedroht wurde, mit der These, der Angeklagte sei unschuldig, in Übereinstimmung gebracht werden könne, vermag sie keine revisionsrechtlich relevante Lücke in der Beweiswürdigung aufzuzeigen. Die Revision verkennt, dass das Landgericht – gestützt auf die Angaben der früheren Ehefrau und die Auswertung der Telefonverbindungsdaten – zu der Überzeugung gelangt ist, dass es diese Anrufe nicht gab. Dass die Strafkammer dabei den Aussagen der Zeugen Kr. und N. keinen Beweiswert beigemessen hat, liegt im Rahmen tatrichterlicher Beweiswürdigung. Die an die Zurückweisung der Aussagen geknüpfte Folgerung, dass sich der Angeklagte beider Zeugen bedient habe, um die vermeintlichen Drohanrufe von ihnen bekunden zu lassen, ist ein möglicher Schluss und daher vom Revisionsgericht hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN).
16
b) Die auf die Ausführungen des Brandsachverständigen gestützte Annahme der Strafkammer, das Haupthaar des Angeklagten sei durch die Stichflamme versengt worden, als er noch unmittelbar neben dem Fahrzeug stand und gerade im Begriff war, die Tür zu schließen, beruht ebenfalls auf möglichen Schlüssen, die das Revisionsgericht hinzunehmen hat. Gleiches gilt, soweit das Landgericht das Fehlen von weiteren Verletzungen beim Angeklagten für erklärbar hält und annimmt, dass der Täter zur Brandlegung mit dem Fahrzeugschlüssel die hintere Tür der Beifahrerseite öffnete. Davon, dass der Angeklagte zur Tatzeit die einzigen Fahrzeugschlüssel besaß, hat sich die Strafkammer rechtsfehlerfrei überzeugt.
17
c) Der von der Revision geltend gemachte Widerspruch zwischen der Feststellung, der Angeklagte sei im Zeitpunkt der Verpuffung gerade im Begriff gewesen, die hintere rechte Tür wieder zu verschließen und der festgestellten Druckwirkung liegt nicht vor. Der Auffassung der Revision, die Strafkammer habe mit dieser Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass die Tür noch unverschlossen gewesen sei, steht die weitere Feststellung entgegen, dass die Tür im Zeitpunkt der Verpuffung lediglich „noch nicht wieder vollständig ins Schloss gefallen war“.
18
d) Der Umstand, dass die Strafkammer von der Revision für möglich gehaltene nachträgliche Veränderungen am ausgebrannten Fahrzeug, etwa durch Polizeibeamte oder Feuerwehrleute, nicht erwogen hat, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Hierbei handelt es sich nicht um einen naheliegenden und deshalb ohne weiteres zu erörternden Geschehensverlauf (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2010 – 3 StR 564/09, NStZ 2010, 183). Soweit die Revision in diesem Zusammenhang auf Aktenbestandteile Bezug nimmt, fehlt es an der erforderlichen Verfahrensrüge.
19
3. Die weiter gehende Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).

IV.


20
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt, soweit sie zu Ungunsten des Angeklagten eingelegt worden ist, zu einer Aufhebung der Entscheidung über die Bewährung. Im Übrigen zeigt sie keinen den Angeklagten begünstigenden oder beschwerenden (§ 301 StPO) Rechtsfehler auf.
21
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
22
a) Das Landgericht hat zu Recht davon abgesehen, den Angeklagten neben vollendeter Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB) auch wegen einer hierzu in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) stehenden versuchten Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 1 und 4, §§ 23 Abs. 1, 22 StGB zu verurteilen, obgleich er bei dem erfolgreichen Inbrandsetzen des Pkw seiner Mutter auch damit gerechnet und billigend in Kauf genommen hat, dass das von ihm gelegte Feuer auf die Garage der Eheleute T. und deren Pkw übergreifen konnte.
23
aa) § 52 Abs. 1 StGB erfasst zwar auch den Fall, dass dasselbe Strafgesetz durch eine Handlung mehrfach verletzt wird (sog. gleichartige Idealkonkurrenz ). Ob eine mehrere taugliche Tatobjekte beeinträchtigende Handlung zu einer mehrmaligen oder lediglich zu einer in ihrem Gewicht gesteigerten einmaligen Gesetzesverletzung geführt hat, hängt aber von dem in Rede stehenden Tatbestand ab. Stellt dieser auf die Verletzung von Gesamtheiten ab und wer- den keine höchstpersönlichen Rechtsgüter geschützt, so führt eine handlungseinheitliche Beeinträchtigung mehrerer Tatobjekte selbst dann nicht zu einer mehrfachen Verwirklichung des Tatbestands, wenn verschiedene Rechtsgutsträger geschädigt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2003 – 1 StR 474/02; BGHR StGB § 306 Konkurrenzen 1; Beschluss vom 10. Februar 2009 – 3 StR 3/09, NStZ-RR 2009, 278, 279 [nur ein Diebstahl bei Wegnahme mehrerer Sachen verschiedener Eigentümer im Zuge einer Tatausführung ]; Beschluss vom 14. März 1969 – 2 StR 64/69, BGHSt 22, 350, 351; Sternberg-Lieben/Bosch in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 52 Rn. 24; von Heintschel-Heinegg in: MünchKommStGB, 2. Aufl., § 52 Rn. 105, Puppe in: NK-StGB, 3. Aufl., § 52 Rn. 22; Rissing-van Saan in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., 2007, § 52 Rn. 37; Jakobs, Strafrecht Allgemeiner Teil, 2. Aufl., 32. Abschnitt, Rn. 16 ff.; Jescheck, ZStW 67 [1955], 541, 547). So verhält es sich auch bei der Brandstiftung nach § 306 Abs. 1 StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2003 – 1 StR 474/02; BGHR StGB § 306 Konkurrenzen 1; Wolf in: Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 306 Rn. 51), die als „quali- fiziertes Sachbeschädigungsdelikt”,dem auch ein Element der Gemeingefährlichkeit anhaftet (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2000 – 1 StR 438/00, NStZ 2001, 196, 197 mwN; weiterführend: Radtke, Die Dogmatik der Brandstiftungsdelikte , 1998, S. 382 f.) keine höchstpersönlichen Rechtsgüter schützt.
24
bb) Danach hat sich der Angeklagte durch das Inbrandsetzen des Pkw seiner Mutter auch mit Rücksicht auf das gleichzeitig für möglich gehaltene Übergreifen des Feuers auf die Garage und den Pkw der Eheleute T. nur einer (vollendeten) Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Dass hierbei mit der Garage auch ein Tatobjekt betroffen war, das § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB (Gebäude) unterfällt, ändert daran nichts. Unter den hier gegebenen Umständen liegt jedenfalls kein Fall vor, in dem das Unrecht der Tat nur als mehrfache Gesetzesverletzung erschöpfend gekennzeichnet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Februar 2003 – 1 StR 474/02; BGHR StGB § 306 Konkurrenzen 1). Ohne Bedeutung ist auch, dass die Brandstiftung insoweit im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Wird ein zum Schutzgut gehörendes Tatobjekt beschädigt und die Schädigung weiterer Objekte nur versucht, ist der Tatbestand ebenfalls nur einmal verwirklicht (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2011 – 2 StR 272/11, zitiert nach juris; Beschluss vom 10. Februar 2009 – 3 StR 3/09, NStZ-RR 2009, 278, 279 [nur ein Diebstahl bei Wegnahme mehrerer Sachen und versuchter Wegnahme weiterer Sachen]; siehe auch BGH, Beschluss vom 10. Mai 2011 – 4 StR 659/10, BGHR StGB § 306 Abs. 1 Konkurrenzen 3 [Tateinheit bei Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB und versuchter schwerer Brandstiftung gemäß § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB]).
25
b) Im Hinblick auf die brandbedingten Schäden an der Garage und dem Pkw der Eheleute T. kommt – entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft – auch nach der zwischenzeitlich erfolgten Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (§ 303c StGB) durch die Generalstaatsanwaltschaft Hamm eine tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB nicht in Betracht.
26
Grundsätzlich geht die vollendete Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB einer durch dieselbe Handlung verwirklichten Sachbeschädigung nach § 303 StGB als das speziellere Gesetz vor (Wolters in: SSW-StGB, 2. Aufl., § 306 Rn. 22 mwN). Das gilt auch hier, denn die in Bezug auf die Garage und den Pkw der Eheleute T. verursachten Schäden sind Bestandteile des durch die Inbrandsetzung des Pkw der Mutter des Angeklagten ausgelösten Rechtsgutsangriffs, der einheitlich als vollendete Brandstiftung gemäß § 306 Abs. 1 StGB zu bewerten ist.
27
Die Frage, ob die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse nach § 303c StGB noch in der Revisionsinstanz bejahen konnte, nachdem das Tatgericht seine Entscheidung, den Angeklagten nicht nach § 303 StGB zu verurteilen , auf das Fehlen eines Strafantrags und die unterbliebene Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses im ersten Rechtszug gestützt hatte, kann daher offenbleiben (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1975 – 3 StR 312/74, Rn. 2 zitiert nach juris; Urteil vom 3. Juni 1964 – 2 StR 208/64, BGHSt 19, 377, 379).
28
c) Schließlich ist der Angeklagte in Bezug auf die an seinem Wohnhaus entstandenen Schäden auch zu Recht nicht wegen fahrlässiger Brandstiftung gemäß § 306d Abs. 1 i.V.m. § 306a Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt worden. Inso- weit fehlt es bereits an einem „teilweisen Zerstören“ im Sinne des § 306 Abs. 1 StGB, denn die festgestellten Beschädigungen an den Fenstern und der Tür im Erdgeschoss haben ersichtlich nicht dazu geführt, dass einzelne wesentliche Teile des Hauses, die seiner tatbestandlich geschützten Zweckbestimmung (Wohnen als Mittelpunkt menschlichen Lebens) entsprechen, unbrauchbar geworden sind oder seine tatbestandlich geschützte Zweckbestimmung brandbedingt aufgehoben worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 1 StR 628/13, NJW 2014, 1123, Rn. 10; Urteil vom 12. September 2002 – 4 StR 165/02, BGHSt 48, 14, 20).
29
2. Auch der Strafausspruch enthält keinen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler.
30
a) Die Strafbemessung (Strafrahmenwahl, konkrete Strafzumessung und Bestimmung der Gesamtstrafe) ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, so dass das Revisionsgericht nur bei Vorliegen eines Rechtsfehlers eingreifen darf (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2015 – 3 StR 638/14, NStZ-RR 2015, 540; Urteil vom 7. November 2007 – 1 StR 164/07, NStZ 2008, 343, 344 mwN). Dabei ist der Tatrichter lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. August 2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336 mwN).
31
b) Mit Blick auf diesen eingeschränkten Prüfungsmaßstab halten sowohl die Strafrahmenwahl, die konkrete Strafzumessung in Bezug auf die Einzelstrafen und die Bestimmung der Gesamtstrafe revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
32
Das Landgericht hat die Strafe für die Brandlegung dem durch § 306 Abs. 2 StGB (minder schwerer Fall) vorgegebenen Strafrahmen entnommen. Dabei hat es den zutreffenden Maßstab (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1975 – 2 StR 53/75, BGHSt 26, 97; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 46 Rn. 85 mwN) ange- legt und mit dem geringen wirtschaftlichen Wert des zerstörten Fahrzeugs und dem Umstand, dass der Angeklagte selbst dessen alleiniger Nutzer war, gewichtige Milderungsgründe angeführt. Da die Strafkammer ausdrücklich auf das gesamte Tatbild abgestellt und auch strafschärfende Gesichtspunkte (vollständige Zerstörung des Pkw) erwogen hat, ist auch die Vornahme der gebotenen Gesamtabwägung noch hinreichend belegt. Soweit die Staatsanwaltschaft darauf abhebt, dass das Landgericht das Tatmotiv des Angeklagten (Ermöglichung einer Falschbezichtigung seiner früheren Ehefrau) nicht ausdrücklich als erschwerenden Umstand benannt hat, zeigt sie – auch mit Rücksicht auf die Tatsache, dass eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägun- gen weder vorgeschrieben noch möglich ist – keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Angesichts der ausführlichen Darstellung des Tatmotivs bei den Feststellungen zur Sache und im Rahmen der Beweiswürdigung sowie der tatmehrheitlichen Verurteilung wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB ist nicht zu besorgen, dass der Tatrichter dessen Bedeutung bei der Strafrahmenwahl nicht bedacht haben könnte.
33
3. Die Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung war hingegen aufzuheben, weil die Begründung dem Revisionsgericht die Nachprüfung nicht ermöglicht, ob das Landgericht zu Recht vom Vorliegen besonderer Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB ausgegangen ist.
34
Nicht anders als die Strafzumessung ist auch die Entscheidung, ob die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, grundsätzlich Sache des Tatrichters (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 26. April 2007 – 4 StR 557/06, NStZ-RR 2007, 232, 233; Urteil vom 23. Februar 2001 – 1 StR 519/00, NStZ 2001, 366, 367). Wird eine Strafe zur Bewährung ausgesetzt, müssen die Urteilsgründe in einer der revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglichen Weise die dafür maßgebenden Gründe angeben (§ 267 Abs. 3 Satz 4 StPO). Dabei reichen formelhafte Wendungen oder die Wiederholung des Gesetzeswortlauts nicht aus (vgl. Stuckenberg in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 267 Rn. 110 mwN).
35
Das Landgericht hat zur Begründung seiner Bewährungsentscheidung lediglich ausgeführt, dass es nach einer Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Angeklagten die Erwartung hegt, dass dieser sich bereits die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dem hat es noch angefügt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft und erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Damit hat die Strafkammer im Wesentlichen nur den Wortlaut des § 56 Abs. 1 Satz 1 StPO (positive Kriminalprognose) wiedergegeben. Welche besonderen Umstände vorliegen, die nach § 56 Abs. 2 Satz 1 StPO die Strafaussetzung einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren rechtfertigen, hat es nicht mitgeteilt. Hierzu bestand umso mehr Anlass, als bei einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren diese besonderen Umstände gewichtig sein müssen (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 1986 – 3 StR 265/86, NStZ 1987, 21; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 63. Aufl., § 56 Rn. 24).
36
Über die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung muss daher erneut tatrichterlich verhandelt werden.
Sost-Scheible Franke Mutzbauer RiBGH Bender ist urlaubsbedingt abwesend und deshalb gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible Quentin
5 StR 508/07

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 9. Januar 2008
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Januar
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
alsbeisitzendeRichter,
Staatsanwalt
alsVertreterderBundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
alsVerteidigerin,
Justizhauptsekretärin
alsUrkundsbeamtinderGeschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 23. Juli 2007 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten verurteilt (Einzelfreiheitsstrafen: fünf Jahre sechs Monate und sechs Jahre sechs Monate). Die dagegen gerichtete, in der Revisionshauptverhandlung auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten bleibt erfolglos.
2
1. Der im Jahre 2002 wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilte Angeklagte schloss sich spätestens Mitte 2005 der Rauschgifthändlerbande der drei Brüder F. , Landsleute und Namensvetter des Angeklagten, an, die mit unbekannt gebliebenen Mittätern einen gut organisierten und streng hierarchisch geführten Handel mit Heroin und Kokain auf verschiedenen Bahnhöfen der U-Bahnlinie 9 betrieben. Der Angeklagte war gegen Entlohnung in der mittleren Ebene des gut organisierten Bandengefü- ges mit der Hilfe bei der Rauschgiftportionierung befasst und gab weiteren Mittätern Anweisungen.
3
Am 28. Juli 2005 brachte das weitere Bandenmitglied M. auf seine Anweisung 90 Kügelchen Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 2,089 g Heroinhydrochlorid in einen Park und vergrub das Rauschgift, damit ein bestimmter Mittäter es später zum gewinnbringenden Weiterverkauf abholen könne. Am 19. September 2005 war der Angeklagte, der drei Tage zuvor in einer Bunkerwohnung mehrere Hundert Kügelchen mit Heroingemisch verpackt hatte, an der Erteilung eines Auftrags an M. beteiligt, dem unter seiner Mitwirkung zur weiteren Organisation des Verkaufs eine Tüte mit 1.138 Heroinkügelchen (362,1 g Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von 49,47 g Heroinhydrochlorid) übergeben wurde. Am Ende der anschließenden Taxifahrt wurde M. festgenommen und das Rauschgift wurde sichergestellt.
4
2. Die Revision ist zur Annahme uneingeschränkter Schuldfähigkeit des Angeklagten und zur Ablehnung der Voraussetzungen des § 31 BtMG unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Auch die vom Landgericht vorgenommene Bestimmung des Strafrahmens und die Bemessung der Strafen halten rechtlicher Prüfung noch stand.
5
Die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr.; vgl. BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall Gesamtwürdigung 7). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Ent- scheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2007 – 5 StR 530/07 Rdn. 8).
6
Das ist hier nicht der Fall, und zwar ungeachtet der herangezogenen nicht ganz unwesentlichen strafmildernden Gesichtspunkte, insbesondere auch des Umstands, dass das geschützte Rechtsgut nur im Fall 1 und dort lediglich am unteren Rande des Verbrechenstatbestandes des § 30a Abs. 1 BtMG beeinträchtigt worden ist. Die Nichtannahme minder schwerer Fälle ist gleichwohl das Ergebnis einer vom Revisionsgericht hinzunehmenden Gesamtabwägung des Tatrichters. Das Landgericht durfte dabei maßgeblich auf die einschlägige massive Vorbelastung des Angeklagten und auf die Abwicklung organisierten Drogenhandels im Bereich des vielfrequentierten öffentlichen Nahverkehrs, was mit einer gefährdenden Versuchung Unbeteiligter, namentlich Jugendlicher einhergeht, abstellen. Zumal im Hinblick auf den Eindruck, den die rechtstreue Bevölkerung durch das augenscheinliche Unvermögen des Staates, die Einhaltung der Rechtsordnung zu garantieren, gewinnen konnte, durften auch derartige Erwägungen in die Strafzumessung einfließen. Zudem ist das Landgericht – offensichtlich aufgrund der Telefonüberwachung – zu Unrecht zu Gunsten des Angeklagten bereits im Fall 1 von einer polizeilichen Überwachung der Tatausführung ausgegangen (vgl. BGH StV 2000, 555; BGH, Beschluss vom 31. März 2004 – 5 StR 78/04).
7
Bei dieser Sachlage erweist sich die Strafrahmenwahl in beiden Fällen als noch vertretbar und gibt dann auch die konkrete Straffindung innerhalb des Strafrahmens – zumal angesichts sachgerecht enger Gesamtstrafbil- dung – letztlich keinen Anlass zu revisionsgerichtlichem Eingreifen, wenngleich die – zumal im Fall 2 sehr deutliche – Überschreitung der erheblichen Mindeststrafe des § 30a Abs. 1 BtMG bereits an der Grenze des gerade noch Hinnehmbaren steht.
Basdorf Gerhardt Raum Brause Schaal
5 StR 530/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
Vom 18. Dezember 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2007

beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Chemnitz vom 9. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Ihr Rechtsmittel dringt mit der Sachrüge zum Strafausspruch durch. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
a) Die alkoholabhängige Angeklagte lebte seit Ende 1999 mit der Mutter der Nebenklägerin in einer lesbischen Lebensgemeinschaft. Beide Frauen sprachen übermäßig alkoholischen Getränken zu; unter deren Einfluss kam es zu Streitigkeiten und tätlichen Angriffen der Angeklagten auf ihre Partne- rin. Ihr Verhältnis war von wechselseitiger heftiger Eifersucht geprägt. Die Angeklagte verletzte ihre Lebensgefährtin am 4. Dezember 2004 mit einem Messer (BAK über 2 ‰) und am 19. Mai 2005 mit Faustschlägen und Tritten (BAK über 1,5 ‰). Dieserhalb wurde die Angeklagte vom Amtsgericht Plauen am 7. Dezember 2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.
4
Am nächsten Abend kam es nach erneutem Alkoholkonsum in der gemeinsamen Wohnung zu einem weiteren heftigen Streit. Die Lebensgefährtin der Angeklagten warf dieser vor, ihr untreu zu sein, und machte ihr Vorhaltungen wegen der Gerichtsverhandlung vom Vortag. Schließlich tötete die Angeklagte ihre Partnerin mit sechs Stichen. Sie ließ die Getötete liegen, zog aus und vertuschte die Tat gegenüber Dritten bis Ende April 2006.
5
b) Das Landgericht schloss – dem psychiatrischen Sachverständigen folgend – eine Schuldunfähigkeit aus und nahm Zeichen einer anderen schweren seelischen Abartigkeit im Umfang des § 21 StGB an: „Diese lägen in einer Alkoholabhängigkeit der Angeklagten und einer problematischen Persönlichkeitsentwicklung mit deutlichen Zügen von Dissozialität und emotionaler Instabilität begründet. Die schwere seelische Abartigkeit in Kombination mit der tataktuellen Alkoholisierung wäre ausreichend – bei bestehender Einsichtsfähigkeit –, die Steuerungsfähigkeit der Angeklagten erheblich einzuschränken (§ 21 StGB).“
6
c) Das Landgericht hat die Annahme eines sonstigen minder schweren Falles im Sinne des § 213 StGB mit folgenden Erwägungen abgelehnt: „Die Kammer beachtete zu Gunsten der Angeklagten, dass der Tat ein Streit zwischen Täter und Opfer vorausging und geht von einer spontanen Tatbegehung aus. Diesem Aspekt steht entgegen, dass die Angeklagte mit überaus roher Gesinnung G. tötete. Sowohl die konkrete Begehungsweise als auch das Verhalten nach der Tat sprechen gegen die Annahme eines minder schweren Falles (UA S. 28).“
7
Die Schwurgerichtskammer hat eine Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB wegen „Alkoholgewöhnung“ abgelehnt, „da die Angeklagte … bereits vor dieser Tat die Neigung zeigte, nach Alkoholgenuss Straftaten unter Gewaltanwendung gegen Leib und Leben eines Anderen zu begehen und sich die Angeklagte dieser Neigung bewusst war oder zumindest bewusst hätte sein können“ (UA S. 29).
8
2. Zwar ist die Strafzumessung, zu der auch die Frage gehört, ob ein minder schwerer Fall vorliegt, grundsätzlich Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen. Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen (st. Rspr. vgl. nur BGHSt 3, 179; 24, 268; BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall Gesamtwürdigung 7). Das Revisionsgericht darf die Gesamtwürdigung nicht selbst vornehmen, sondern nur nachprüfen, ob dem Tatrichter bei seiner Entscheidung ein Rechtsfehler unterlaufen ist (vgl. BGHSt 29, 319, 320; BGHR aaO). Dies ist hier der Fall.
9
a) Die Annahme des Landgerichts, die Angeklagte habe ihre Partnerin aus überaus roher Gesinnung getötet, entbehrt einer tatsächlichen Grundlage (vgl. BGH StV 2002, 235 m.w.N.). Einer solchen Annahme stehen der festgestellte Streit und die von dem Opfer erhobenen Vorwürfe entgegen.
10
b) Soweit das Landgericht die Tatmodalitäten strafschärfend gewertet hat, besorgt der Senat, dass die Schwurgerichtskammer die Tatausführung bei den hier vorliegenden Voraussetzungen einer verminderten Schuldfähigkeit über das Maß der geminderten Schuld hinaus der Angeklagten angelastet hat (vgl. BGHR StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 38; BGHR StV 2005, 495).
11
Gegenstand c) eines auf das Verhalten nach der Tat gestützten schulderhöhenden Umstands könnte vorliegend die Einstellung der Angeklagten zur Tat sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 9). Indes hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen, aus denen die dafür gebotene besondere Missachtung gerade des Tatopfers spricht (vgl. BGHR aaO Nachtatverhalten 11; Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 376).
12
3. Die Strafe muss demnach neu bemessen werden. Bei dem hier vorliegenden Wertungsfehler bedarf es keiner Aufhebung von Feststellungen.
13
Der Senat weist darauf hin, dass – sollte eine erneute Entscheidung über eine Strafrahmenverschiebung erforderlich werden – zu erwägen sein wird, ob der Angeklagten ihr Alkoholkonsum im Blick auf ihre Alkoholabhängigkeit und ihres Hanges, Alkohol im Übermaß zu konsumieren (UA S. 30) uneingeschränkt vorgeworfen werden kann (vgl. BGHSt 49, 239, 254; Tröndle /Fischer, StGB 54. Aufl. § 21 Rdn. 26).
14
Jedenfalls wird der neue Tatrichter die Vollstreckungsreihenfolge anhand des jetzt geltenden § 67 Abs. 2 Satz 2 StGB zu prüfen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2007 – 5 StR 374/07). Gerhardt Raum Brause Schaal Jäger

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

(1) Wer anders als durch Freisetzen von Kernenergie, namentlich durch Sprengstoff, eine Explosion herbeiführt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) Verursacht der Täter durch die Tat eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen, so ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen.

(3) Verursacht der Täter durch die Tat wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) In besonders schweren Fällen wird der Diebstahl mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
zur Ausführung der Tat in ein Gebäude, einen Dienst- oder Geschäftsraum oder in einen anderen umschlossenen Raum einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in dem Raum verborgen hält,
2.
eine Sache stiehlt, die durch ein verschlossenes Behältnis oder eine andere Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist,
3.
gewerbsmäßig stiehlt,
4.
aus einer Kirche oder einem anderen der Religionsausübung dienenden Gebäude oder Raum eine Sache stiehlt, die dem Gottesdienst gewidmet ist oder der religiösen Verehrung dient,
5.
eine Sache von Bedeutung für Wissenschaft, Kunst oder Geschichte oder für die technische Entwicklung stiehlt, die sich in einer allgemein zugänglichen Sammlung befindet oder öffentlich ausgestellt ist,
6.
stiehlt, indem er die Hilflosigkeit einer anderen Person, einen Unglücksfall oder eine gemeine Gefahr ausnutzt oder
7.
eine Handfeuerwaffe, zu deren Erwerb es nach dem Waffengesetz der Erlaubnis bedarf, ein Maschinengewehr, eine Maschinenpistole, ein voll- oder halbautomatisches Gewehr oder eine Sprengstoff enthaltende Kriegswaffe im Sinne des Kriegswaffenkontrollgesetzes oder Sprengstoff stiehlt.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 6 ist ein besonders schwerer Fall ausgeschlossen, wenn sich die Tat auf eine geringwertige Sache bezieht.

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Gericht ist an die Beurteilung der Tat, die dem Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegt, nicht gebunden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 69/14
vom
25. September 2014
BGHSt: nein
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
––––––––––––––––––––––––––-
Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Verfahrenseinstellung nach § 154
Abs. 2 StPO.
BGH, Urteil vom 25. September 2014 – 4 StR 69/14 – LG Dortmund
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. September
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der
Verhandlung –
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 21. Oktober 2013 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in siebzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt sowie Verfall und Verfall von Wertersatz angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils beschloss der Angeklagte im Jahr 2010, mit Cannabisprodukten Handel zu treiben. Er wandte sich an den früheren Mitangeklagten B. , der einen Händler in A. in den Niederlanden kannte. B. warb über den früheren Mitangeklagten G. den Motorradrennfahrer Be. als Kurier an. Be. transportierte jeweils mindestens fünf Kilogramm Marihuana nach Deutschland. Zwei Fahrten fanden im Jahr 2010, zehn Fahrten im Jahr 2011 und vier Fahrten im Jahr 2012 statt. Bei der Übergabe des Rauschgifts nach einer weiteren Fahrt am 19. Dezember 2012 wurden der Angeklagte und Be. festgenommen.
3
2. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 13. Februar 2013 wirft dem Angeklagten vor, von Juli 2010 bis zum 19. Dezember 2012 durch 104 selbständige Handlungen in 86 Fällen (Fälle 1 bis 86) mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben und in 18 Fällen (Fälle 87 bis 104) als Mitglied einer Bande mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben und sie eingeführt zu haben. Die Fälle 1 bis 86 der Anklageschrift betreffen Verkäufe an den gesondert verfolgten M. im Zeitraum von Juli 2010 bis zum 12. März 2012. Die Fälle 87 bis 98 der Anklageschrift sind dahin konkretisiert, dass Be. nach Bestellungen des Angeklagten und auf Anweisung von B. im Jahr 2011 zwölfmal nach A. gefahren ist und jeweils mindestens fünf Kilogramm Marihuana nach Deutschland gebracht hat. Als Fälle 99 bis 103 sind fünf Einfuhrfahrten des Be. für den Angeklagten im Jahr 2012 dargestellt. Der Fall 104 schildert die Einfuhrfahrt vom 19. Dezember 2012 und die Festnahme des Angeklagten und Be. s.
4
3. Am zweiten Tag der Hauptverhandlung, dem 15. Oktober 2013, erteilte das Landgericht dem Angeklagten folgenden rechtlichen Hinweis: „1. Hinsichtlich der Anklagevorwürfe 87 bis 104 kommt statt einer Verur- teilung wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 1 BtMG auch eine Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG in Betracht, 2. hinsichtlich der Anklagevorwürfe 1 bis 86 dürften Bewertungseinheiten anzunehmen sein. Soweit Verkaufsgeschäfte an den gesondert verfolgten M. im Jahre 2011 stattfanden, dürfte es sich um Abverkäufe aus den zuvor von dem gesondert verfolgtenBe. mit dem Motorrad aus A. /Niederlande eingeführten Marihuanamengen handeln. Soweit Verkaufsgeschäfte an den gesondert ver- folgten M. ab Juli 2010 angeklagt sind, dürften auch insoweit Bewertungseinheiten vorliegen, da nach der Einlassung des Angeklagten und den Angaben des anderweitig verfolgten Be. in dem Verfahren gegen B. und G. bereits im Jahre 2010Einfuhrfahrten von jeweils mindestens 5 kg Marihuana durch Be. er- folgten.“
5
Am dritten Tag der Hauptverhandlung, dem 21. Oktober 2013, ergingen folgende Gerichtsbeschlüsse: „Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird die Strafverfolgung in rechtlicher Hinsicht gemäß § 154 a Abs. 1 Nr. 1 StPO auf den Vorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG beschränkt.
Das Verfahren wird, soweit die Zahl der angeklagten Taten 17 Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge übersteigt, abgetrennt und insoweit auf Antrag der Staatsanwaltschaft gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt.“
6
Das Gericht erteilte dem Angeklagten den weiteren Hinweis, „dass anstelle einer Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäu- bungsmitteln in nicht geringer Menge auch eine Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in Betracht kommt.“

II.


7
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
8
1. Der Beschluss des Landgerichts vom 21. Oktober 2013, mit dem eine Abtrennung von Verfahrensteilen und deren Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO angeordnet worden ist, begründet kein Verfahrenshindernis und steht deshalb einer Ausurteilung von 17 Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht entgegen.
9
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet die Einstellung eines Tatvorwurfs gemäß § 154 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, zu dessen Beseitigung ein förmlicher Wiederaufnahmebeschluss nach § 154 Abs. 5 StPO erforderlich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 2014 – 4 StR 230/14 Rn. 6; vom 4. Februar 2014 – 2 StR 487/13 Rn. 2; vom 18. April 2007 – 2 StR 144/07, NStZ 2007, 476).
10
aa) Wegen der weitreichenden Wirkungen einer Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO ist die Beschlussformel so zu fassen, dass kein Zweifel besteht, auf welche Taten und welche Angeklagten sie sich bezieht (BGH, Beschluss vom 23. März 1996 – 1 StR 685/95, juris, Rn. 23). Die eingestellten Taten sind genau zu bezeichnen, nach Möglichkeit mit der Nummerierung der Anklageschrift. Ist dies nicht möglich, sind die Taten so genau zu beschreiben, dass klar erkennbar ist, welche angeklagten Taten aus dem Verfahren ausgeschieden werden. Hinsichtlich der Konkretisierung im Einstellungsbeschluss gelten insoweit dieselben Anforderungen wie bei der Tatbeschreibung in der Anklageschrift zur Erfüllung ihrer Umgrenzungsfunktion.
11
(1) Die Anklageschrift hat die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung so genau zu bezeichnen, dass die Identität des geschichtlichen Vorgangs klargestellt und erkennbar wird, welche bestimmte Tat gemeint ist; sie muss sich von anderen gleichartigen strafbaren Handlungen desselben Täters unterscheiden lassen (Umgrenzungsfunktion – st. Rspr., vgl.
nur BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 – 1 StR 205/09, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 25; Beschluss vom 19. Februar 2008 – 1 StR 596/07, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 24; Urteil vom 11. Januar 1994 – 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 45; jeweils mwN). Dabei muss die Schilderung umso konkreter sein, je größer die allgemeine Möglichkeit ist, dass der Angeklagte verwechselbare weitere Straftaten gleicher Art verübt hat (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 8. August 1996 – 4 StR 344/96, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 20 mwN). Die Identität des geschichtlichen Vorgangs muss feststehen, es darf kein Zweifel über die verfahrensgegenständlichen Taten im prozessualen Sinn eintreten. Fehlt es an einer hinreichenden Konkretisierung, so ist die Anklage unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 – 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 45; Beschluss vom 29. November 1994 – 4 StR 648/94, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 13 jeweils mwN). Darüber hinaus hat die Anklage auch die Aufgabe, den Angeklagten und die übrigen Verfahrensbeteiligten über weitere Einzelheiten des Vorwurfs zu unterrichten, um ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Prozessverhalten auf den mit der Anklage erhobenen Vorwurf einzustellen. Mängel der Anklage in dieser Hinsicht führen nicht zu ihrer Unwirksamkeit (Informationsfunktion – vgl. BGH, Urteile vom 28. Oktober 2009 und vom 11. Januar 1994 aaO, Beschluss vom 19. Februar 2008 aaO jeweils mwN).
12
Welche Angaben zur ausreichenden Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes erforderlich sind, lässt sich nicht für alle Fälle in gleicher Weise sagen. Die einzelnen Faktoren der Tatkonkretisierung können von Fall zu Fall unterschiedliches Gewicht besitzen und durch größere Genauigkeit jeweils anderer Umstände ersetzt oder verdrängt werden. Entscheidend ist, dass der historische Geschehensablauf, der Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung sein soll, feststeht. Bei der Schilderung eines nach seinem Ablauf unverwechselbaren Ereignisses kann die Tatzeit als Eingrenzungskriterium an Bedeutung verlieren. Wenn bei einer Tatserie das Geschehen der jeweiligen Einzeltat nicht mehr durch Beschreibung der Umstände seines Ablaufs näher konkretisiert werden kann, gewinnt die Bezeichnung der Tatzeit der Einzelhandlung oder des Zeitraums der Tatserie entscheidende Bedeutung für die Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes. Soweit bei Serientaten eine konkrete Bezeichnung oder nähere Beschreibung der Einzeltaten in der Anklage wegen deren Gleichförmigkeit nicht erfolgen kann, muss deshalb der Verfahrensstoff zumindest durch Festlegung des Tatzeitraums hinreichend umgrenzt werden. Regelmäßig ist in solchen Fällen erforderlich, in der Anklage den bestimmten Tatzeitraum, das Tatopfer, die Grundzüge der Art und Weise der Tatbegehung, die Tatfrequenz und die (Höchst-)Zahl der vorgeworfenen Straftaten, die Gegenstand des Verfahrens sein sollen, anzugeben. Dies gilt insbesondere in Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, in denen bei einer Serie von Taten einzelne Handlungen überhaupt nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr genau voneinander unterschieden werden können (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1994 – 5 StR 682/93, BGHSt 40, 44, 45 ff.; Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 154 f.).
13
(2) Dementsprechend konkret ist auch der Einstellungsbeschluss zu fassen, durch den der Verfahrensstoff begrenzt wird. Dabei können auszu- scheidende Taten sowohl „positiv“ beschrieben werden, indem die einzustellen- den Taten konkret bezeichnet werden, als auch „negativ“, indem genau angegeben wird, welche der angeklagten Taten weiterhin Verfahrensgegenstand sind. Wie der Tatrichter den Beschluss formuliert, ist ohne Bedeutung, solange der ausgeschiedene Verfahrensstoff und der verbleibende Verfahrensstoff eindeutig erkennbar sind. Sollte dem Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2013 – 4 StR 461/13 – eine andere Rechtsauffassung zu entnehmen sein, hält der Senat daran nicht fest. Soweit in Entscheidungen anderer Senate des Bundes- gerichtshofs gefordert wird, dass ausgeschiedene Tatteile oder Strafbestim- mungen konkret („positiv“) zu bezeichnen sind, betrifft dies Verfahrensbe- schränkungen der Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung (BGH, Beschlüsse vom 4. Juni 2013 – 2 StR 59/13 Rn. 21; vom 7. Oktober 2011 – 1 StR 321/11, NStZ-RR 2012, 50, 51 und vom 16. Juli 1980 – 3 StR 232/80, NStZ 1981, 23). Die Bestimmung von auszuscheidenden Taten bzw. Tatteilen erfolgt zu diesem Zeitpunkt in einem anderen prozessualen Kontext. Bei einer Einstellung durch das Gericht sind nämlich auch im Falle der negativ formulierten Beschränkung auf die verfahrensgegenständlich verbleibenden Taten die ausgeschiedenen Taten durch die Anklage festgelegt.
14
(3) Bei einer Serie vollständig gleichförmiger, nicht näher konkretisierbarer Taten kann der Einstellungsbeschluss beispielsweise den Tatzeitraum angeben und die Anzahl der Taten in zu bezeichnenden Zeitabschnitten (Tatfrequenz ), die aus dem Verfahren ausgeschieden werden. Auch kann die Anzahl der – gegebenenfalls nach tatrichterlicher Schätzung – festgestellten Taten anhand von Tatzeitraum und Tatfrequenz konkretisiert werden, der Gesamtzahl der angeklagten Taten gegenübergestellt und eine Differenz ermittelt werden, die dann in der Einstellungsentscheidung zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2014 – 2 StR 128/14).
15
bb) Der Einstellungsbeschluss soll aus sich selbst heraus verständlich sein. Ist der Beschluss mehrdeutig und bestehen deshalb nach dem Wortlaut Unklarheiten, welche Vorwürfe der Anklageschrift aus dem Verfahren ausgeschieden werden, kann er nach allgemeinen Grundsätzen ausgelegt werden. Dabei können bei der Prüfung, ob der Einstellungsbeschluss die gebotene Umgrenzung des verbleibenden Verfahrensstoffs leistet, auch die zugelassene Anklage , der Einstellungsantrag der Staatsanwaltschaft (vgl. BGH, Beschluss vom 29. November 2011 – 1 StR 539/11), auf die Einstellungsentscheidung bezogene Hinweise und Anregungen des Gerichts, Hinweise des Gerichts nach § 265 StPO sowie im Rahmen einer auf die Erledigung des gesamten Verfahrens bezogenen Betrachtung jedenfalls dann, wenn der Einstellungsbeschluss zeitnah zur Urteilsverkündung gefasst wurde, auch die Schlussanträge der Verfahrensbeteiligten und das Urteil (anders zur Heranziehung der Urteilsfeststellungen noch Senatsbeschluss vom 29. Juli 2008 – 4 StR 210/08) berücksichtigt werden.
16
Liegt einem Einstellungsbeschluss nach § 154 Abs. 2 StPO die unzutreffende Annahme mehrerer selbständiger prozessualer Taten zugrunde, kann etwa bei einem sich aus den Gesamtumständen ergebenden offensichtlichen Irrtum/Versehen des Gerichts eine Umdeutung einer Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO in eine Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2006 – 4 StR 6/06; Beschluss vom 23. März 2005 – 2 StR 11/05, juris, Rn. 5; vgl. auch Urteil vom 1. Juni 2005 – 2 StR 405/04, NStZ 2006, 455; vgl. aber Senatsbeschluss vom 8. Oktober 2013 – 4 StR 339/13, NStZ 2014, 46 m. Anm. Allgayer).
17
cc) Nur wenn der Einstellungsbeschluss die vorstehend dargestellten Anforderungen erfüllt, entfaltet er eine den Verfahrensstoff beschränkende Wirkung.
18
Ergibt sich hingegen auch unter Würdigung der vorstehend unter 1. a) bb) genannten Umstände keine Klarheit über die ausgeschiedenen Verfahrensteile , ist die Verfahrensbeschränkung nach § 154 Abs. 2 StPO wirkungslos und steht einer Aburteilung nicht entgegen (BGH, Urteil vom 14. März 2012 – 2 StR 561/11 Rn. 17). Ist eine Verfahrensbeschränkung in der Hauptverhand- lung aufgrund ihrer Unbestimmtheit wirkungslos geblieben, hat das Revisionsgericht als Verfahrensvoraussetzung (nur) zu prüfen, ob die ausgeurteilten Taten von der Anklage erfasst sind. Der Einstellungsbeschluss selbst begründet in diesem Fall kein Verfahrenshindernis (aA OLG München wistra 2008, 319 f.). Soweit den Senatsentscheidungen vom 29. Juli 2008 – 4 StR 210/08 – und vom 3. Dezember 2013 – 4 StR 461/13 – eine andere Rechtsauffassung zu entnehmen ist, hält der Senat daran nicht fest.
19
Ist der Einstellungsbeschluss wirksam, hat das Revisionsgericht als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu überprüfen, ob den ausgeurteilten Taten eine Einstellung entgegensteht. Lässt sich dies den Urteilsgründen nicht hinreichend sicher entnehmen, kann dies zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung führen (BGH, Beschluss vom 9. November 2011 – 4 StR 300/11). Sind eingestellte Taten ausgeurteilt worden, stellt das Revisionsgericht das (weitere) Verfahren insoweit ein (st. Rspr.; u.a. BGH, Beschluss vom 4. Juni 2013 – 4 StR 192/13; Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11 Rn. 19 ff., insoweit in BGHSt 57, 95 nicht abgedruckt; Urteil vom 26. Oktober 2006 – 3 StR 290/06, NStZ-RR 2007, 83).
20
Soweit ein nach den oben genannten Kriterien wirksamer Einstellungsbeschluss die Informationsfunktion für den Angeklagten nicht erfüllt, muss dieser eventuelle Mängel mit einer Verfahrensrüge geltend machen.
21
b) Auf den vorliegenden Fall angewendet ergibt sich Folgendes:
22
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Beschluss des Landgerichts vom 21. Oktober 2013 den dargelegten Konkretisierungsanforderungen genügt. Dies erscheint zweifelhaft, kann aber letztlich dahinstehen. Denn ein nicht hinreichend konkretisierter, unbestimmter Einstellungsbeschluss ginge ins Leere, so dass alle angeklagten Taten weiter Verfahrensgegenstand beim Landgericht waren. Alle ausgeurteilten Taten waren angeklagt; auch wäre keine der ausgeurteilten Taten von dem Einstellungsbeschluss erfasst, sollte dieser wirksam sein. Ein Verfahrenshindernis besteht somit in keinem Fall. Die vom Landgericht zusammen mit der Einstellung beschlossene „Abtrennung“ hat hier ersichtlich keine eigenständige rechtliche Bedeutung.
23
2. Der Schuld- und der Strafausspruch des angefochtenen Urteils weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Quentin

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 426/11
vom
29. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Februar 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 19. April 2011, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Anordnung des Verfalls aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen sowie der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es den Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 37.140 € angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat hinsichtlich der Verfallsanordnung Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
1. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 37.140 € begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da das Landgericht die Ermes- sensvorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StPO nicht erörtert hat, obwohl dazu Anlass bestanden hätte.
3
Der Angeklagte bezog nach den getroffenen Feststellungen vor seiner Inhaftierung im vorliegenden Verfahren Hartz IV-Leistungen und hatte nicht unerhebliche Geldschulden, die nicht aus Drogengeschäften stammten. Es liegt daher nicht fern, dass der Angeklagte die für die Tat erlangten Beträge zumindest teilweise verbraucht oder zur Schuldentilgung verwendet hat. Das Landgericht hätte deshalb Veranlassung zu der Prüfung gehabt, ob der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war und sie deshalb ganz oder teilweise zu unterbleiben hatte.
4
2. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sind von den Gesetzesverletzungen nicht betroffen und können daher bestehen bleiben. Neue Feststellungen dürfen ihnen nicht widersprechen.
Fischer Berger Krehl Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 612/06
vom
6. Februar 2007
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 6. Februar 2007 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 17. Juli 2006 mit den zur Bandenbildung getroffenen Feststellungen aufgehoben; die übrigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision , mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensbeschwerden bleiben erfolglos. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 9. Januar 2007, denen gegenüber auch das weitere Vorbringen im Schriftsatz des Verteidigers vom 1. Februar 2007 nicht durchdringt. Allerdings geben einzelne Erwägungen, mit denen die Strafkammer die Anträge der Verteidigung auf Vernehmung der französischen Vernehmungspersonen des Zeugen N. zurückgewiesen hat, Anlass zu rechtlichen Bedenken. Dies gilt namentlich, soweit das Landgericht schon die Qualifikation der Anträge als Beweisanträge im Sinne des § 244 Abs. 3 StPO in Zweifel gezogen hat. Darauf kommt es indes hier nicht an, weil die Verfahrensrügen nicht zulässig im Sinne von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ausgeführt sind und im Übrigen das Landgericht die Anträge auf Vernehmung der Auslandszeugen jedenfalls rechtsfehlerfrei nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO abgelehnt hat.
3
2. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler ergeben, soweit das Landgericht ihn als überführt angesehen hat, die Schmuggelfahrt vom 8./9. November 2004 vorbereitet und organisiert zu haben, bei der der Zeuge N. im Auftrag des Angeklagten von Polen aus mit einem Pkw 18 kg Heroin mit einem Wirkstoffanteil von über 11 kg nach Spanien transportieren sollte, aber nach einem Zwischenstopp bei dem Angeklagten in Deutschland in Frankreich kontrolliert und festgenommen wurde. Zu Recht hat das Landgericht in der Beteiligung des Angeklagten trotz des auf eine Durchfuhr durch Deutschland gerichteten Tatgeschehens eine tatbestandliche mittäterschaftlich begangene Einfuhr des Rauschgifts gesehen (BGHSt 31, 374; dass das Landgericht den Angeklagten nicht auch wegen tateinheitlich - vgl. BGHSt 40, 73 - begangenen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat, beschwert ihn nicht). Gleichwohl hält das Urteil der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand, weil die bandenmäßige Begehung im Sinne von § 30 a Abs. 1 BtMG nicht hinreichend mit Tatsachen belegt ist.
4
Das Landgericht nimmt an, der Angeklagte habe sich mit N. und zwei polnisch sprechenden Männern in Madrid ("der Spanier" und "der Türke") zusammengeschlossen, um arbeitsteilig und zur Gewinnerzielung Heroin von Polen nach Spanien zu überbringen und es dort "an Großabnehmer oder selbst oder durch Dritte" weiterzuveräußern (UA 6) . Worauf sich die Feststellungen zur Zusammensetzung der Bande und zur Bandenabrede stützen, lässt sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen. Der Angeklagte hat im Wesentlichen von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Auch die Aussage des Zeugen (und Tatbeteiligten) N. , soweit sie im Urteil ihren Niederschlag gefunden hat, belegt den von der Strafkammer angenommenen Zusammenschluss der aus dem Angeklagten, N. und dessen "permanenten Ansprechpartnern in Spanien" (UA 28) bestehenden Bande nicht. Insbesondere bleibt die Rolle dieser beiden "Ansprechpartner" im Unklaren. Darauf kam es aber an. Denn wesentliches Element einer Bande ist eine auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung mehrerer Personen zur zukünftigen gemeinsamen Deliktsbegehung (BGHSt - GS - 46, 321, 329). An einer Verbindung zur gemeinsamen Tatbegehung fehlt es aber, wenn sich Beteiligte eines Drogengeschäfts - sei es auch in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem - lediglich jeweils auf der Verkäufer- und Erwerberseite gegenüber stehen (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2004 - 4 StR 164/04 m.w.N.). Dass die beiden "Ansprechpartner" in Spanien - anders als der Angeklagte und N. - nicht auf der Lieferantenseite, sondern auf der Käuferseite standen, kann schon deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen werden, weil das Landgericht es für möglich hält, dass die 22.000 Euro, die N. bei der der jetzt abgeurteilten Schmuggelfahrt vorangehenden Fahrt nach Spanien Ende Oktober 2004 von den "Gruppenmitgliedern in Spanien" erhielt, entweder aus Betäubungsmittelgeschäften stammten oder Teil des Kaufpreises für die nächste Heroinlieferung waren (UA 9). Damit fehlt es aber möglicherweise an der nach der neueren Rechtsprechung (BGHSt – GS – 46, 321) für die Annahme einer Bande vorausgesetzten Mindestzahl von drei Mitgliedern.
5
Die unzureichenden Feststellungen zur Bande nötigen zur Aufhebung des Urteils mitsamt den zur Bandenbildung getroffenen Feststellungen. Nur insoweit bedarf es neuer Feststellungen durch den neuen Tatrichter. Die übrigen zur Organisation der Schmuggelfahrt, ihrer Vorbereitung und Durchführung getroffenen Feststellungen sind von dem aufgezeigten Rechtsfehler unberührt und können deshalb bestehen bleiben.
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 436/07
vom
5. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. Oktober 2007 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 8. Mai 2007
a) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 16 Fällen und des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 30 Fällen schuldig ist;
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 16 Fällen und bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 30 Fällen schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus früheren Verurtei- lungen zu zwei Gesamtstrafen von vier Jahren und acht Monaten und neun Jahren verurteilt sowie Wertersatzverfall in Höhe von 36.400 Euro angeordnet. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg, soweit das Landgericht bandenmäßiges Handeln des Angeklagten angenommen hat.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wirkte der Angeklagte bei Einkauf und Absatz von Betäubungsmitteln mittäterschaftlich mit dem gesondert Verfolgten J. zusammen. Die Betäubungsmittel kauften sie jeweils bei dem gesondert Verfolgten L. Nach Ansicht des Landgerichts bildeten die Mittäter T. und J. mit dem Lieferanten L. eine Bande im Sinne von §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 30 a Abs. 1 BtMG, weil eine "auf Dauer angelegte Struktur" bestanden habe.
3
Dies ist, wie der Generalbundesanwalt zutreffend dargelegt hat, unzutreffend und widerspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Danach fehlt es an einer bandenmäßigen gemeinsamen Deliktsbegehung, soweit sich Beteiligte eines Drogengeschäfts auf der Verkäufer- und Erwerberseite gegenüberstehen (BGHSt 42, 255, 259; BGH StraFo 2004, 253; BGH NStZ 2007, 533 m.w.N.). Die Entscheidung des 3. Strafsenats vom 16. November 2006 - 3 StR 204/06 (NStZ 2007, 269) steht dem nicht entgegen, denn im dort entschiedenen Fall bandenmäßigen Betrugs zu Lasten von Krankenkassen setzte der Taterfolg gerade das kollusive Zusammenwirken von Angestellten des Herstellers mit dem verschreibenden Arzt voraus, dem Kick-back-Zahlungen zuflossen; Hersteller und Arzt standen daher ungeachtet der vertraglichen Beziehungen gerade nicht auf wirtschaftlich unterschiedlichen Seiten des Absatzgeschäfts. Mit der reinen Absatzbeziehung zwischen Verkäufer und Erwerber von Rauschgift ist das nicht vergleichbar, auch wenn es sich um eine regelmäßige Geschäftsbeziehung handelt und der Erwerber, wie hier, sich seinerseits auf eigene Rechnung gewerbsmäßig als Weiterverkäufer betätigt.
4
Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts war der Schuldspruch dahin zu ändern, dass in allen Fällen jeweils die Verurteilung wegen bandenmäßigen Handelns entfällt. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung durch den Senat nicht entgegen, da der Angeklagte sich auf einen Hinweis nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
5
Soweit der Generalbundesanwalt eine Schuldspruchberichtigung dahingehend beantragt hat, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in (nur) 13 Fällen schuldig sei, liegt dem ersichtlich ein Versehen zugrunde. Das Landgericht hat in die erste Gesamtstrafe drei Fälle, in die zweite Gesamtstrafe 13 Fälle des ("bandenmäßigen") Handeltreibens einbezogen; in diesen abgeurteilten 16 Fällen ist die rechtliche Problematik jeweils gleich. Im Antrag des Generalbundesanwalts sind die ersten drei Fälle übersehen.
6
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs und insoweit zur Zurückverweisung.
7
2. Die weitergehende Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO; die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsbegründung hat insoweit einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.
8
Auch die Anordnung des Wertersatzverfalls ist rechtsfehlerfrei und kann bestehen bleiben. Bode Rothfuß Fischer Roggenbuck RiBGH Dr. Appl ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert. Bode
5 StR 315/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 31. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2012

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 15. November 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Zur Straffestsetzung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen „unerlaubten Handeltreibens mitBetäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts schloss sich der Angeklagte mit den gesondert Verfolgten A. H. und I. H. „in der Absicht zusammen, arbeitsteilig vorgehend in einer nicht näher bestimmten Anzahl von Fällen unerlaubt mit Betäubungsmitteln Handel zu treiben, um sich so jeweils eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von eini- ger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen“ (UA S. 5). Am 15. Okto- ber 2010 bestellte A. H. beim Angeklagten „in Umsetzung ihres zuvor getroffenen gemeinsamen Tatplanes“ (UA S. 6) 20 Kilogramm Heroin. Hiervon abweichend einigte man sich in einem Telefonat am folgenden Tag auf die Lieferung von acht Kilogramm Heroingemisch und acht Kilogramm Streckmittel, weil der Angeklagte kurzfristig keine größere Menge beschaffen konnte. A. H. leistete an den Angeklagten eine Anzahlung in Höhe von 21.000 €, von der dieser 19.000 € für den Erwerb des Betäubungsmittels aufwendete. Nach dem Verkauf des Heroins durch A. und I. H. sollte der Angeklagte weitere 15.000 € erhalten. Nachdem der Angeklagte am 19. Oktober 2011 telefonisch A. H. informiert hatte, dass die Übergabe des Heroingemisches in der folgenden Nacht in Braunschweig stattfinden solle, begab er sich mit dem in einer Sporttasche verstauten Betäubungs- und Streckmittel von Rotterdam nach Eindhoven, wo er es der Kurierin B. übergab, die ihm durch seinen Cousin und einen mit diesem bekannten Marokkaner vermittelt worden war. In der Sporttasche befanden sich 7,923 Kilogramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 126,5 Gramm Heroinhydrochlorid sowie 8,9 Kilogramm Streckmittel. Während B. nach Braunschweig fuhr, koordinierte der Angeklagte telefonisch mit A. H. die Übergabe an dessen zur Entgegennahme der Betäubungsmittel in Begleitung des A. nach Braunschweig angereisten Bruder I. H. . Unmittelbar nach der Übergabe erfolgte die Festnahme von I. H. , A. und B. sowie die Sicherstellung der Sporttasche mit den Betäubungsmitteln.
3
2. Die Annahme bandenmäßiger Begehungsweise wird von den Feststellungen nicht getragen. Wesentliches Merkmal einer Bande ist die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321; Urteile vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696, und vom 29. Februar 2012 – 2 StR 426/11). Daran fehlt es, wenn sich die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts auf der Verkäufer - und der Erwerberseite selbständig gegenüber stehen, auch wenn sie in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung handeln (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 – 3StR 129/11, StraFo 2011, 413 mwN). Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in dessen Absatzorganisation als verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenüber steht, beurteilt sich wesentlich nach der getroffenen Risikoverteilung. Der Abnehmer in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem, der die Betäubungsmittel zum vereinbarten Preis erwirbt und diese anschließend ausschließlich auf eigenes Risiko verkauft , insbesondere die Verkaufspreise selbst festsetzt und über die von ihm erzielten Gewinne allein disponiert, ist regelmäßig als selbständiger Käufer anzusehen und nicht als Teil der Verkäuferseite. Von einer Einbindung in die Absatzorganisation des Verkäufers ist demgegenüber in der Regel auszugehen , wenn dieser dem Abnehmer die Höhe des Verkaufspreises vorgibt, Zeitpunkt und Umfang der Weiterveräußerungen bestimmt sowie an deren Gewinn und Risiko beteiligt ist (BGH aaO; Urteil vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696).
4
Im hier zu entscheidenden Fall lassen die Urteilsfeststellungen keinerlei unmittelbare Beteiligung des Angeklagten an dem mit dem Weiterverkauf verbundenen Risiko des A. H. und seines Bruders erkennen. Vielmehr sollte der Angeklagte nach der mit A. H. getroffenen Abrede den Kaufpreis von 36.000 € – auch den erst nach dem Weiterverkauf zu zahlenden Anteil von 15.000 € – unabhängig von den im Rahmen des Weiterverkaufs erzielten Erlösen erhalten. Ferner ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte Vorgaben zur Abwicklung des Weiterverkaufs und den Verkaufspreisen gemacht hat. Allein daraus, dass der Angeklagte gegenüber A. H. äußerte, er „möchte auch, dass es für dich gut funktioniert“ und – bezogen auf die zu schlechte Qualität für ihn er- hältlichen Heroins – bemerkte, sie würden beide Verluste machen, sie würden „zusammen verlieren“ (UA S. 18), folgt keine Einbindung H. s in die Absatzorganisation des Angeklagten. Dies stellt die unabhängig von dem im Rahmen des Weiterverkaufs erzielten Erlös bestehende Verpflichtung H. s zur Zahlung des Kaufpreises an den Angeklagten nicht in Frage und belegen nicht eine unmittelbare Risikobeteiligung des Angeklagten. Einer solchen steht schon entgegen, dass der Angeklagte von H. bereits eine die Einkaufskosten übersteigende Summe als Anzahlung erhalten hat, so dass auch abgesehen von der Verpflichtung H. s zur Zahlung des vollen Kaufpreises allenfalls die Höhe des Gewinns des Angeklagten vom Erfolg des Weiterverkaufs abhängen kann. Ein Interesse des Angeklagten an einem erfolgreichen Weiterverkauf seiner Abnehmer besteht im Übrigen bereits im Hinblick auf die geplante Fortführung der Geschäftsbeziehung und lässt für sich genommen nicht auf eine weitergehende Risikobeteiligung schließen. Noch weniger erlaubt die aus der fehlenden Rückmeldung H. s nach der Übergabe folgende Besorgnis des Angeklagten einen solchen Rückschluss. Auch im Rahmen von Betäubungsmittelgeschäften, bei denen sich Verkäufer und Erwerber in typischer Weise selbständig gegenüberstehen, muss der Verkäufer bei einer – durchaus üblichen – Vereinbarung einer Restkaufpreiszahlung nach Weiterverkauf im Falle der Festnahme der Abnehmer in der Regel mit dem Ausfall seiner Restforderung rechnen und zudem strafrechtliche Verfolgung befürchten.
5
Da somit nach den Urteilsfeststellungen die Annahme bandenmäßigen Handelns bereits deshalb ausscheidet, weil A. H. dem Angeklagten selbständig auf der Abnehmerseite gegenüberstand, braucht der Senat nicht der Frage nachzugehen, ob dieFeststellungen eine Einbindung I. H. s in die zwischen dem Angeklagten und A. H. getroffene Abrede zu künftiger Deliktsbegehung ausreichend belegen.
6
3. Der Senat ändert den Schuldspruch ab, weil weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind. Der Angeklagte hat die Tatbestände der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (vgl. hierzu etwa BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32) und des unerlaubten Handeltreibens mit Be- täubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG tateinheitlich verwirklicht (vgl. zur Tateinheit BGH, Beschluss vom 25. November 2009 – 2 StR 344/09, NStZ-RR 2010, 119). Da der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können, steht § 265 StPO der Schuldspruchänderung nicht entgegen. Auch der im Hinblick auf die Auslieferungsbewilligung geltende Spezialitätsgrundsatz hindert eine Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 – 3 StR 177/86, NStZ 1986, 557; Beschluss vom 9. Oktober 2000 – 5 StR 248/00).
7
Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, weil lediglich Wertungsfehler vorliegen. Das neue Tatgericht kann hinsichtlich des – entgegen der missverständlichen Wendung auf UA S. 16 – umfassend ge- ständigen Angeklagten ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Die im Urteil getroffene Anrechnungsentscheidung gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB bleibt unberührt.
Basdorf Raum Schaal Dölp Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 1 4 5 / 1 4
vom
3. September 2014
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
in nicht geringer Menge u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
3. September 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Prof. Dr. Mosbacher,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. November 2013 aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. Die weitergehende Revision wird verworfen.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, davon in zehn Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt , seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und einen Vorwegvollzug von einem Jahr und neun Monaten bestimmt. Daneben hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 25.000 Euro angeordnet. Im Übrigen hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Sachrüge gestützten Revision, die sie auf den verurteilenden Teil des Erkenntnisses beschränkt. Sie beantragt insoweit die Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und die Zurückverweisung an eine andere Strafkammer. Sie beanstandet, dass das Landgericht ausgehend von den getroffenen Feststellungen eine Bande im Sinne von § 30a Abs. 1 BtMG ausgeschlossen und keine Feststellungen zur Bandenabrede getroffen habe.
3
Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision allein gegen die Strafzumessung. Er beanstandet unter anderem, dass seine Aufklärungshilfe nicht gewürdigt worden sei und nicht zur Anwendung des § 31 BtMG geführt habe.
4
Beide Rechtsmittel haben in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

A.

5
I. Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
6
Der Angeklagte fuhr im Sommer 2009 in Begleitung des gesondert Verfolgten P. nach F. , um sich dort eine Bezugsquelle für Haschisch zu suchen. Das Haschisch wollte er in N. gewinnbringend weiterverkaufen und mit einem Teil seinen Eigenkonsum bestreiten. Er stellte den Kontakt zu einem Händler her, den er später nach einem weiteren Besuch in F. wechselte. Im Zeitraum zwischen dem 20. Juni 2009 und September 2010 bezog der Angeklagte in elf Fällen Haschisch aus F. . Hierbei „be- diente“ er sich „der Unterstützung des anderweitig Verfolgten P. , später auch der anderweitig Verfolgten K. und J. “ (UA S. 17).
7
Dabei gingen sie stets in gleicher Weise vor. Wer von den beteiligten Personen zufällig verfügbar war, fuhr mit dem Auto zum Erwerb nach F. . Im Vorfeld der Beschaffungsfahrten hatte der Angeklagte mit dem jeweiligen Händler schon die Bezugsmenge, den hierfür zu zahlenden Preis sowie Ort und Zeit der Übergabe vereinbart. Das Geld für den Kauf stammte vom Angeklagten. Das Rauschgift wurde durch Paketdienste an die Wohnadresse des P. oder des K. zugestellt. Die beteiligten Personen brachten es stets in einen Keller im Wohnhaus des P. , in dem derAngeklagte eine Garage gemietet hatte. Dieser Keller diente als „Bunker“, aus dem heraus sowohl der Angeklagte als auch P. , K. und J. den Verkauf betrieben. Letztere übergaben für jede entnommene 100-Gramm-Platte des Rauschgifts jeweils 400 Euro an den Angeklagten. Dieser günstige Preis war ihnen vom Angeklagten als Gegenleistung für ihre Unterstützung bei den Fahrten eingeräumt worden. Alle Beteiligten hatten kraft Kenntnis des Schlüsselverstecks freien Zugang zu dem Rauschgift und sie konnten sich jederzeit daraus bedienen.
8
Das gehandelte Rauschgift hatte in zehn Fällen einen Wirkstoffgehalt von fünf Prozent Tetrahydrocannabinol, in einem Fall allerdings nur einen solchen von drei Prozent. Von jeder Menge waren jeweils 100 Gramm für den Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Taten:
9
1. Bei der ersten Fahrt am 20. Juni 2009 fuhren der Angeklagte und P. nach F. und erwarben 500 Gramm Haschisch.
10
2. Zwischen dem 20. Juni und dem 27. August 2009 fuhren beide erneut dorthin und erwarben ein Kilogramm dieses Rauschgifts.
11
3. Im Auftrag des Angeklagten machten sich am 27. August2009 P. , J. , K. und eine weitere Person nach F. auf. Dort sollten sie zwei Kilogramm Haschisch erwerben, was der Angeklagte zuvor mit seiner Bezugsquelle so vereinbart hatte. Sie hatten allerdings einen unfallbedingten Fahrzeugschaden, so dass sie nicht nach F. gelangten.
12
4. bis 7. Nach dem 27. August 2009 fanden vier Fahrten durch P. und mindestens eine unbekannte Person statt, bei denen jeweils ein Kilogramm Haschisch erworben wurde.
13
8. Ebenfalls nach dem 27. August 2009 fuhr P. mitmindestens einer unbekannten Person nach F. und erwarb dort zwei Kilogramm Haschisch.
14
9. bis 11. Es folgten drei Fahrten zwischen dem 1. Januar und September 2010 durch P. und J. , bei der sie jeweils zwei Kilogramm Haschisch erwarben.
15
II. Das Landgericht hat die Taten jeweils als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gewertet. In zehn Fällen ist es zudem im Hinblick auf die Eigenkonsummenge von einem tateinheitlich hierzu begangenen unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG ausgegangen. Eine bandenmäßige Begehung hat es hingegen abgelehnt. Es hat die gesondert Verfolgten P. , K. und J. als dem Angeklagten gegenüber selb- ständige Geschäftspartner auf der Abnehmerseite angesehen. Hierzu führt es folgende Aspekte an:
16
Das Risiko bei Einkauf und Lagerung der Ware habe allein den Angeklagten getroffen. Dies gelte auch für das Risiko des Abverkaufs; der Angeklagte habe als Verkäufer Preis, Ort und Zeitpunkt des Verkaufs bestimmt. Es habe weder eine Verpflichtung zum Verkauf noch zur Abgabe eines prozentualen Anteils des Verkaufserlöses in eine gemeinsame Kasse gegeben. Bei den Be- schaffungsfahrten hätten die vier Beteiligten zwar als Mittäter agiert, „aber keinen darüberhinausgehenden Zusammenschluss“ (UA S. 39) gebildet. Bei bestehendem gegenseitigem Interesse daran, „die Geschäfte am Laufen“ (UA S. 39) zu halten, habe sich aber niemand für die Geschäfte des anderen interessiert oder für diese Verantwortung übernommen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass alle gesondert Verfolgten übereinstimmend angegeben hätten, „der Angeklagte habe ihnen eine Badewanne voll Geld versprochen“ (UA S. 39). Denn tatsächlich habe es keine gemeinsame Kasse ge- geben, der Angeklagte habe vielmehr mit seinen inhaltslosen Versprechungen nur die anderen Beteiligten bei der Stange halten wollen.
17
III. Das Landgericht ist für jede Tat vom Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG ausgegangen. Einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG hat es jeweils abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 31 BtMG hat es nicht als gegeben angesehen, da der Angeklagte keine Aufklärungshilfe geleistet habe. Es hat auf Einzelfreiheitsstrafen zwischen einem Jahr und drei Monaten bis zu zwei Jahren und sechs Monaten erkannt. Bei der Gesamtstrafenbildung hat es noch einen Härteausgleich wegen der vollständigen Vollstreckung einer im Übrigen gesamtstrafenfähigen Strafe vorgenommen.

B.

18
Die Revision der Staatsanwaltschaft
19
I. Der Schuldspruch hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand; er enthält allein den Angeklagten begünstigende Rechtsfehler. Die Ausführungen zur Frage, ob es sich bei dem Angeklagten einerseits und den anderen Beteiligten P. , K. und J. andererseits um eine Bande oder um sich jeweils selbständig gegenüber stehende Verkäufer und Erwerber handelte, begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Wertung, der Angeklagte habe nicht bandenmäßig gehandelt, kann daher keinen Bestand haben.
20
1. Wesentliches Merkmal einer Bande ist die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321; Urteile vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696, und vom 29. Februar 2012 – 2 StR 426/11). Daran fehlt es, wenn sich die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts auf der Verkäufer- und der Erwerberseite selbständig gegenüber stehen, auch wenn sie in einem eingespielten Bezugsund Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung handeln. Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in dessen Absatzorganisation als verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenüber steht, beurteilt sich wesentlich nach der getroffenen Risikoverteilung (BGH, Beschlüsse vom 6. Februar 2007 – 4 StR 612/06, NStZ 2007, 533; vom 5. Oktober 2007 – 2StR 436/07, NStZ-RR 2008, 55; vom 5. Juli 2011 – 3 StR 129/11, StraFo 2011, 413 mwN; vom 31. Juli 2012 – 5 StR 315/12, NStZ 2013, 49).
21
2. Diese Obersätze hat das Landgericht zwar seinen Ausführungen vorangestellt, bezieht für die erforderliche Abgrenzung aber danach wesentliche Aspekte nicht ein. Die rechtliche Bewertung ist daher auf einer lückenhaften Grundlage erfolgt.
22
Die Ausführungen des Landgerichts nehmen zur Frage, ob eine Bande vorliegt, nur den der Beschaffung des Rauschgifts nachfolgenden Verkauf durch den Angeklagten und seine Mittäter in den Blick. Dies erweist sich als unzureichend, da Bezugspunkt für die Prüfung, ob der Angeklagte einerseits und die anderen Beteiligten andererseits auf wirtschaftlich unterschiedlichen Seiten dieses Geschäfts stehen, sämtliche Teilakte des Handeltreibens sind, mithin auch der Teilakt der mittäterschaftlich organisierten Beschaffung. Anders als in den Fallkonstellationen, in denen es um die Bewertung reiner Absatzbe- ziehungen zwischen Verkäufer und Erwerber geht, war der stets „auf eine bestimmte Art und Weise“ (UA S. 17) erfolgende Tatablauf nicht nur durch ein Zusammenwirken beim Absatzgeschäft gekennzeichnet, sondern auch durch eine arbeitsteilig erfolgende Beschaffung des Rauschgifts, weswegen das Landgericht insoweit die Beteiligten und den Angeklagten als Mittäter angesehen hat.
23
Dieser Teilakt war durch ein gemeinsames Interesse an dem Vollzug des vom Angeklagten zuvor mit seinem Händler ausgehandelten Ankaufgeschäfts und mithin durch ein gemeinsames Agieren auf der Erwerberseite geprägt. Dies kommt in den Modalitäten zur Fahrt nach F. , der Versendung der Drogen an die Mittäter des Angeklagten und der damit verbundenen Überbürdung des Entdeckungsrisikos auf diese zum Ausdruck.
24
3. Eine Schuldspruchumstellung durch den Senat kam nicht in Betracht, da es an tragfähigen Feststellungen zur erforderlichen Bandenabrede fehlt. In- soweit ist der Verteidigung darin Recht zu geben, dass die Mittäterschaft allein noch nicht ausreichend ist für die Annahme einer bandenmäßigen Begehung, es vielmehr einer ausdrücklichen oder konkludenten Abrede darüber bedarf, mit den anderen Bandenmitgliedern in Zukunft für eine gewisse Dauer eine unbestimmte Zahl von Straftaten zu begehen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321, 328 ff.; Beschluss vom 14. Mai 2014 – 2 StR 465/13).
25
4. Da es sich allein um einen Subsumtionsfehler handelt, bedurfte es nicht der Aufhebung von Feststellungen, die rechtsfehlerfrei getroffen sind. Das neu zuständige Tatgericht wird aber ergänzende, nicht im Widerspruch zu den bisherigen stehende Feststellungen, insbesondere zu den Umständen der Verabredung der Begehung der Taten zwischen dem Angeklagten und P. , K. und J. , zu treffen haben.
26
II. Die für sich genommen rechtsfehlerfreie tateinheitliche Verurteilung auch wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG im Hinblick auf die zum Eigenkonsum bestimmte Menge wird von der Aufhebung mitumfasst.
27
III. Das gleiche gilt sowohl für die Anordnung des Wertersatzverfalls als auch für die der Unterbringung in der Entziehungsanstalt. Zwar richtete sich das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft nicht gegen diese Teile des Rechtsfolgenausspruchs ; eine Beschränkung kommt aber nicht in Betracht, da beide Anordnungen auf der Feststellung von rechtswidrigen Taten beruhen.

C.

28
Die Revision des Angeklagten
29
I. Die Revision des Angeklagten, die sich nach dem Inhalt der Beanstandungen allein gegen den Strafausspruch wendet, hat Erfolg. Denn das Urteil leidet im Hinblick auf die Prüfung der Voraussetzungen des § 31 BtMG an einem durchgreifenden Erörterungsmangel.
30
Zu Recht beanstandet der Revisionsführer, dass das Urteil eine Auseinandersetzung mit seiner vor Eröffnung des Hauptverfahrens abgegebenen schriftlichen Einlassung vermissen lässt, mithin wesentlichen in die Hauptverhandlung eingeführten Beweisstoff unberücksichtigt gelassen hat (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 27. September 2007 – 4 StR 1/07, NStZ-RR 2008, 83; Beschluss vom 10. März 2011 – 2 StR 49/11; Beschluss vom 27. März 2012 – 3StR 49/12, NStZ 2012, 709). Da die Revision klar erkennen lässt, gegen welche Unterlassung der bestimmte Vorwurf der Rechtsverletzung erhoben wird, und die den behaupteten Fehler belegenden Tatsachen vollständig vorträgt , ist es unschädlich, dass sie die Rüge unter dem Aspekt der Verletzung sachlichen Rechts erhoben hat (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2011 – 1 StR 302/11).
31
Die Erklärung, deren fehlende Berücksichtigung gerügt wird, ist von der Revision umfassend, auch hinsichtlich des Zeitpunkts und der weiteren Umstände ihrer Abgabe, vorgetragen worden. Daraus ergibt sich, dass der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt mehrere Abnehmer und Lieferanten mittels konkreter Namens- oder Wohnangaben individualisierbar benannt hat. Dass diese Erklärung zum Inbegriff der Hauptverhandlung geworden ist, ergibt sich neben dem Revisionsvortrag auch aus dem Urteil selbst, in dem erwähnt ist, dass die datumsmäßig bezeichnete schriftliche Stellungnahme des Angeklagten in der Hauptverhandlung verlesen worden ist (UA S. 21). Da zugleich eine zulässige Sachrüge erhoben ist, kann ergänzend auf die Urteilsgründe zurückgegriffen werden (BGH, Urteil vom 3. November 2000 – 2 StR 354/00, BGHSt 46, 189, 190 f.; Beschluss vom 18. Juli 2007 - 1 StR 296/07).
32
Vor diesem Hintergrund hätte es das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung nicht dabei bewenden lassen dürfen, das Vorliegen von Aufklärungshilfe ohne weitere Begründung zu verneinen. Es hätte vielmehr einer Auseinandersetzung damit bedurft, warum die Erklärung des Angeklagten die Voraussetzungen des § 31 BtMG nicht zu erfüllen vermag. Hierzu hätte auch deshalb Anlass bestanden, weil das Landgericht an der Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten hinsichtlich des Bezugs- und Absatzsystems keine Zweifel hatte (UA S. 28 f.).
33
Da die Versagung des fakultativen Strafmilderungsgrunds des § 31 BtMG damit nicht nachvollziehbar begründet ist, ist ein Beruhen der Strafzumessung auf diesem Aspekt nicht auszuschließen.
34
II. Auf die weitere verfahrensrechtliche Beanstandung, die auf keinen weiteren Aufhebungsumfang zielt, kam es daher nicht mehr an.
35
III. Der Revisionsvortrag, das Landgericht habe den Härteausgleich unzutreffend berechnet, da es nicht gesondert berücksichtigt habe, dass durch die vollständige Vollstreckung der ansonsten gesamtstrafenfähigen Strafe von zehn Monaten diese Zeit nicht auf den Vorwegvollzug anzurechnen und somit eine Verzögerung des Therapieantritts eingetreten sei, zeigt keinen Rechtsfehler auf.
36
1. Schon die Prämisse des Revisionsführers, dass „betäubungsmittelab- hängige Täter so frühzeitig wie möglich einer Suchttherapie zu unterziehen sind“, (RB S. 9) findet in der gesetzlichen Regelung des § 67 Abs. 2 Satz 2 und 3 StGB keine uneingeschränkte Stütze.
37
2. Es bestand aber auch kein Anlass für die Gewährung eines weitergehenden Härteausgleichs. Das Landgericht hat die entgangene Gesamtstrafenbildung wegen der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe von zehn Monaten aus einer Vorverurteilung dadurch ausgeglichen, dass es zunächst eine fiktive Gesamtstrafe gebildet und sodann von dieser die schon vollstreckte Strafe abgezogen hat. Hiergegen ist nichts zu erinnern (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29. Juli 1982 – 4 StR 75/82, BGHSt 31, 102, 103; Beschluss vom 9. November 2010 – 4 StR 441/10, NJW 2011, 868). Raum Graf Cirener Radtke Mosbacher

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 554/13
vom
2. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen des Verdachts der Vergewaltigung u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. April 2014,
an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Zeng,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 3. Juni 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten von den Vorwürfen der Vergewaltigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, der Nötigung sowie der ausbeuterischen Zuhälterei in 121 Fällen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
a) Die Nebenklägerin hatte sich in den vorbestraften neun Jahre älteren Angeklagten verliebt. Dieser bemerkte, "dass sich die Nebenklägerin, die viele Jahre in Kinderheimen verbracht hatte, nach einer dauerhaften Beziehung so- wie Geborgenheit sehnte … Er erkannte, dass er die Nebenklägerin bei ge- schicktem Vorgehen dazu bringen könnte, der Prostitution nachzugehen und ihm möglicherweise den Lohn zu übergeben" (UA S. 4).
4
Unter einem Vorwand fuhr der Angeklagte mit der 18-jährigen Nebenklägerin Ende Januar 2012 nach Frankfurt, in der Absicht, dieser von der Prostituierten M. Techniken und Tricks für die Ausübung der Prostitution beibringen zu lassen. Nachdem sie M. abgeholt hatten, begaben sie sich zu dritt in ein vom Angeklagten unter falschem Namen angemietetes Hotelzimmer; dort verschloss der Angeklagte die Zimmertür und steckte den Schlüssel in seine Hosentasche. Sodann "eröffnete er der Nebenklägerin, dass man nun einen ‚Dreier‘ machen würde. Dabei sah er die Nebenklägerin mit einem durchdrin- genden Blick an" (UA S. 7), woraufhin diese nicht widersprach. Im Anschluss kam es zwischen dem Angeklagten, M. und der Nebenklägerin zu wechselseitigem Oral- und Vaginalverkehr, wobei die Prostituierte M. der Nebenklägerin "am Beispiel des Angeklagten" verschiedene Techniken zeigte.
5
Auf dem Rückweg setzte der Angeklagte M. in einem Bordell ab und erklärte der Nebenklägerin, auch sie am nächsten Abend in dieses Bordell zu fahren, "damit sie dort der Prostitution nachgeht" (UA S. 7). Am folgenden Abend verbrachte der Angeklagte die Nebenklägerin wie angekündigt in das Bordell. Ob er sie an diesem Abend "mit einer an den Kopf gehaltenen Schusswaffe bedrohte, ist offen" (UA S. 7).
6
Nachdem der Nebenklägerin im Bordell die "Gepflogenheiten, die Abläufe und die finanziellen Konditionen" (UA S. 7 f.) erklärt worden waren, ging sie dort in der Folge unter dem Namen "E. " der Prostitution nach. "Anfangs holte sie der Angeklagte noch in jeder Nacht ab und brachte sie am nächsten Abend wieder zurück" (UA S. 8). Nach einiger Zeit verschlechterte sich das Verhältnis, da die Nebenklägerin erkannte, dass der Angeklagte keine tiefergehenden Gefühle für sie hegte und zudem noch Beziehungen zu anderen Frauen unterhielt; schließlich stellte sie den Kontakt zu dem Angeklagten ein. Der Pros- titution ging sie weiterhin nach, bis sie sich Anfang Juni 2012 u.a. gegenüber ihrer Mutter offenbarte.
7
b) Die Strafkammer hält den Tatbestand des § 177 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 StGB nicht für gegeben, da der von der Nebenklägerin geschilderte "durchdringende Blick" (UA S. 16) für eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben nicht ausreiche. Auch der Tatbestand des § 239 StGB sei nicht erfüllt, weil es auch möglich sei, dass der Angeklagte, der sich zur Sache nicht eingelassen hat, die Hotelzimmertür abgeschlossen hat, um "lediglich ein Betreten des Raumes von außen" (UA S. 16) zu verhindern.
8
Das Landgericht hat sich ferner nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte die Nebenklägerin mit einer Schusswaffe bedroht hat. Möglicherweise habe die Nebenklägerin bei dem Angeklagten nur eine Schusswaffe gesehen, wofür auch deren Angaben "bei einem Vorgespräch" gegenüber einem Polizeibeamten sprächen.
9
Im Hinblick auf den Zweifelsgrundsatz seien schließlich auch keine Feststellungen zu einer Ausbeutung im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB zu treffen gewesen. Weder der Zeitraum der Ausbeutung noch der Umfang der von der Nebenklägerin an den Angeklagten abgeführten Gelder sei aufgrund ihrer unterschiedlichen Angaben hinreichend sicher festzustellen.
10
2. Das angefochtene Urteil steht insgesamt zur Überprüfung durch das Revisionsgericht. Die Beschwerdeführerin hat die Aufhebung des Urteils in vollem Umfang beantragt. Der Revisionsbegründung, in der u.a. ausgeführt wird, dass die getroffenen Feststellungen zum tatsächlichen Geschehensablauf einen - nicht erfolgten - Schuldspruch gemäß § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB trügen, lässt sich jedenfalls eine zweifelsfreie Beschränkung des Rechtsmittels auf einzelne Sachverhaltskomplexe nicht entnehmen. Im Zweifel ist indes von einer umfassenden Anfechtung auszugehen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 1996 - 4 StR 360/96, NStZ-RR 1997, 35; Gericke in KK-StPO, 7. Aufl., § 344 Rdn. 3).
11
3. Das angefochtene Urteil wird schon den Anforderungen an die Begründungspflicht bei einem freisprechenden Urteil nicht gerecht. Spricht das Tatgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen frei, so muss es in den Urteilsgründen den Anklagevorwurf, die hierzu getroffenen Feststellungen, die wesentlichen Beweisgründe und seine rechtlichen Erwägungen mitteilen (vgl. Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rdn. 622 ff. mwN). Diese Mindestvoraussetzungen sind überwiegend nicht erfüllt. Das Urteil leidet an Darstellungs- und Erörterungsmängeln.
12
a) Die Urteilsgründe geben bereits nicht die einzelnen Anklagevorwürfe in den wesentlichen Einzelheiten der vorgeworfenen Tathandlungen wieder, sondern setzen sie als bekannt voraus. Die aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe zu entnehmenden fragmentarischen Details sind nicht geeignet , dem Revisionsgericht eine umfassende Nachprüfung zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteile vom 17. Dezember 2008 - 1 StR 552/08, NStZ-RR 2009, 116 f. und vom 26. April 1990 - 4 StR 24/90, BGHSt 37, 21, 22).
13
b) Die Urteilsgründe enthalten außerdem nur einzelne Feststellungen zum Werdegang, Vorleben und zur Persönlichkeit des - vor dem angeklagten Geschehen aus der Strafhaft entlassenen - Angeklagten. Zu umfassenderen Feststellungen ist das Tatgericht indes verpflichtet, wenn diese - z.B. bei einschlägigen Vorverurteilungen - für die Beurteilung des Tatvorwurfs eine Rolle spielen können (vgl. BGH, Urteile vom 21. November 2013 - 4 StR 242/13, NStZ 2014, 172 und vom 23. Juli 2008 - 2 StR 150/08, BGHSt 52, 314, 315).
14
Die Notwendigkeit, die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten umfassend in den Blick zu nehmen, nähere Feststellungen zu dessen Lebenslauf, Werdegang und Persönlichkeit zu treffen sowie diese in den Urteilsgründen darzulegen, richtet sich zwar stets nach den Umständen des Einzelfalles. Hier ergibt sich die Notwendigkeit indes bereits aus den dem Angeklagten zum Vorwurf gemachten Straftaten, die im "Rotlichtmilieu" angesiedelt sind. Da der vorbestrafte Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen zudem über "Kontakte zu einem örtlichen Rockerclub" (UA S. 4) verfügt, liegt es nicht fern, dass den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, dessen Vorstrafen nicht näher mitgeteilt werden, Bedeutung auch für die Beurteilung des Tatvorwurfs zukommen kann.
15
c) Zu Recht beanstandet die Revision, dass das Landgericht - wie es selbst, freilich erst nachträglich, erkannt hat (UA S. 17) - seiner Kognitionspflicht (§ 264 StPO) nicht genügt hat. Die getroffenen Feststellungen vermögen einen Schuldspruch gemäß § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB zu begründen. Die Vorgehensweise des Angeklagten gegenüber der Nebenklägerin im Hotelzimmer in Frankfurt und deren Verbringung in ein Bordell an den darauffolgenden Tagen mündeten letztlich darin, dass die 18-jährige Nebenklägerin - wie vom Angeklagten beabsichtigt - die Prostitution aufgenommen hat. Zudem liegt es nach den Urteilsfeststellungen nahe, dass der Angeklagte die Nebenklägerin in der Folgezeit - zumindest "anfangs" (UA S. 8) - zur Fortsetzung der Prostitution veranlasst hat.
16
d) Soweit sich das Landgericht nicht davon überzeugen konnte, dass der Angeklagte die Nebenklägerin mit einer Pistole bedroht hat, teilt die Strafkammer schließlich schon nicht die Angaben der Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung hinsichtlich dieses - überdies von zwei Zeugen von Hörensagen bestätigten - Geschehens im Einzelnen mit. Dies war hier indes erforderlich, weil sich das Tatgericht im Übrigen von der Richtigkeit der Angaben der Nebenklägerin im Kernbereich überzeugt hat. Bei dieser Beweissituation durfte sich die Strafkammer nicht allein auf Angaben der Nebenklägerin im Rahmen eines polizeilichen Vorgesprächs beschränken, ohne insoweit Einzelheiten mitzuteilen. Eine umfassende Nachprüfung der Überzeugungsbildung ist so nicht möglich.
17
4. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Begründung der Strafkammer, im Hinblick auf den Zweifelsgrundsatz hätten keine tragfähigen Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Ausbeutung im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB getroffen werden können, rechtlich bedenklich ist. Gegebenenfalls kann und muss das Gericht aufgrund von Mindestangaben der Nebenklägerin den Zeitraum und das Ausmaß der Ausbeutung bestimmen (vgl. Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rdn. 59, 76 mwN). Ob der Angeklagte hier aber zu der Nebenklägerin überhaupt über den Einzelfall hinausgehende Beziehungen gemäß § 181a Abs. 1 StGB unterhalten hat (zum Rechtsgut vgl. auch Fischer, StGB, 61. Aufl., § 181a Rdn. 2 f.), wird der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter in den Blick zu nehmen haben.
18
Im Übrigen verweist der Senat hinsichtlich der lückenhaften Beweiswürdigung zum Freispruch jedenfalls vom Vorwurf der Freiheitsberaubung auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Terminszuschrift vom 7. Januar 2014. Appl Schmitt Krehl Eschelbach Zeng
7
1. Zum einen beanstandet die Beschwerdeführerin zu Recht, dass die Urteilsgründe entgegen § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO keine Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten enthalten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 22/10
vom
11. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Verdachts der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. März
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 6. August 2009 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte vom Vorwurf der schweren Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das - vom Generalbundesanwalt vertretene - Rechtsmittel hat schon mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die verfahrensrechtlichen Beanstandungen der Staatsanwaltschaft nicht ankommt.

I.


3
1. Die zugelassene Anklage hat der Angeklagten zur Last gelegt, als alleinerziehende Mutter von drei kleinen Söhnen zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Zeitraum vom späten Nachmittag des 26. November 2007 bis zu den frühen Morgenstunden des 27. November 2007 aus ungeklärter Ursache und - wie ihr bewusst gewesen sei - ohne rechtfertigenden Grund ihren damals vierjährigen Sohn K. entweder über einen längeren Zeitraum am Hals gewürgt oder aber kräftig am Hals gepackt und gleichzeitig die Atemöffnungen des Kindes mit der Hand oder einem weichen Gegenstand zugehalten zu haben. Infolge dessen seien der Blutrückfluss aus dem Kopf des Kindes und die Blutzufuhr für mindestens 30 bis 40 Sekunden unterbrochen gewesen. K. habe dadurch zahlreiche petechiale Einblutungen sowie blauviolette Hautverfärbungen u.a. im Gesicht, in den Augenbindehäuten und im Nacken davongetragen. Dass das Kind diese lebensbedrohlichen Misshandlungen überlebt habe , sei, wie der Angeklagten bewusst gewesen sei, letztlich vom Zufall abhängig gewesen. Das Überleben ihres Sohnes zum Zeitpunkt des Abbruchs der Misshandlungen habe sie nicht mehr verlässlich steuern können.
4
2. Die Angeklagte hat die ihr zur Last gelegte Tat bestritten und sich dahin eingelassen, ihr Sohn habe sich die Verletzung bei einem Sturz in der Badewanne zugezogen. Er sei trotz ihrer nachdrücklichen Ermahnungen ständig in der Badewanne herumgehüpft, sodann ausgerutscht, mit der linken Gesichtshälfte und dem linken Ohr auf den Badewannenrand geprallt und von dort aus in die Wanne gefallen. Da sein Kopf kurzzeitig unter Wasser geraten sei, habe sie sofort in die Wanne gegriffen, um ihren Sohn herauszuziehen. Dabei habe sie ihn am Hals zu fassen bekommen und wieder auf die Füße gestellt. Anschließend sei beim Abduschen noch Seifenwasser in seine Augen gekommen. Das Geschehen seit dem Sturz habe nur wenige Sekunden gedauert; währenddessen habe ihr Sohn ständig geschrien.
5
3. Das Landgericht hat die Einlassung der Angeklagten mangels weiterer unmittelbarer Tatzeugen – ihr Sohn hat von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht – nicht zu widerlegen vermocht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere vor dem Hintergrund der Ausführungen des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. M. , lasse sich das Verletzungsmuster trotz dessen Intensität "problemlos" mit dem von der Angeklagten geschilderten, nur wenige Sekunden dauernden Unfall in der Badewanne erklären. Auch angesichts der großen Zahl und der Beschaffenheit der aufgetretenen Petechien verblieben daher vernünftige Zweifel am Erwiesensein des Tatvorwurfs.

II.


6
Der Freispruch hat keinen Bestand.
7
1. Dabei kann dahinstehen, ob die Ausführungen des Landgerichts den gemäß § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellenden Anforderungen insgesamt gerecht werden (vgl. dazu nur BGHSt 37, 21, 22 m.w.N.). Jedenfalls enthalten die Urteilsgründe keine Feststellungen zu Werdegang , Vorleben und Persönlichkeit der Angeklagten. Solche Feststellungen sind zwar in erster Linie bei verurteilenden Erkenntnissen notwendig, um nachvollziehen zu können, ob der Tatrichter die wesentlichen Anknüpfungstatsachen für die Strafzumessung (§ 46 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 StGB) ermittelt und berücksichtigt hat. Aber auch bei freisprechenden Urteilen ist der Tatrichter aus sachlich-rechtlichen Gründen zumindest dann zu solchen Feststellungen verpflichtet , wenn diese für die Beurteilung des Tatvorwurfs eine Rolle spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind; das ist auch dann der Fall, wenn vom Tatrichter getroffene Feststellungen zum Tatgeschehen ohne solche zu den persönlichen Verhältnissen nicht in jeder Hinsicht nachvollziehbar und deshalb lü- ckenhaft sind (vgl. dazu BGHSt 52, 314, 315; BGH, Urteile vom 13. Oktober 1999 - 3 StR 297/99, NStZ 2000, 91 und vom 14. Februar 2008 - 4 StR 317/07, NStZ-RR 2008, 206). So liegt es hier.
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2. a) Die Notwendigkeit, die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten umfassend in den Blick zu nehmen und nähere Feststellungen zu deren Lebenslauf , Werdegang und Persönlichkeit zu treffen und in den Urteilsgründen darzulegen, ergibt sich im vorliegenden Fall bereits aus der ihr zum Vorwurf gemachten Straftat. Sie beruht auf einer Handlung, die sich im familiären, häuslichen Bereich ereignet haben soll. Ist ein solcher Vorwurf, wie hier, von erheblichem Gewicht, liegt es nahe, dass der Persönlichkeitsentwicklung der Beteiligten , insbesondere des Beschuldigten, und seinen individuellen Lebensumständen Bedeutung auch für die Beurteilung des Tatvorwurfs zukommen kann. Dies gilt nicht nur, wenn der Verdacht einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung besteht, sondern gleichermaßen, wenn der Vorwurf eine Gewalttat im Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern zum Gegenstand hat. Schon deshalb durfte sich die Strafkammer im vorliegenden Fall nicht darauf beschränken, im Zusammenhang mit der Schilderung des Anklagevorwurfs zur Person der Angeklagten mitzuteilen, sie sei zum Zeitpunkt des Vorfalls allein erziehende Mutter von drei kleinen Söhnen gewesen. Vielmehr waren insoweit detaillierte Feststellungen geboten, die genaueren Aufschluss über die Persönlichkeit der Angeklagten und deren Lebensumstände hätten geben können, was gegebenenfalls – etwa im Hinblick auf eine mögliche Überlastungssituation – Rückschlüsse auf den Tatvorwurf zugelassen hätte.
9
b) Auch vor dem Hintergrund der zum Tatvorwurf getroffenen Feststellungen hätten die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten nicht unerörtert bleiben dürfen.
10
So ergibt sich aus den Urteilsgründen u.a., dass die Zeugin S. , Erzieherin in der Kindertagesstätte, in der der Geschädigte betreut wurde, beim Anblick der Verletzungen in dessen Gesicht sofort die Frage stellte, ob „das die Mama gemacht habe“ und gegenüber den anderen Mitarbeiterinnen die Vermutung äußerte, der Geschädigte sei geschlagen worden. Ohne Rücksprache mit der Angeklagten wurde daraufhin umgehend das Jugendamt verständigt, das noch am gleichen Vormittag eine Mitarbeiterin, die Zeugin Mo. , zu der Betreuungseinrichtung entsandte, um dem Vorfall nachzugehen. Zu dieser für sich genommen ungewöhnlichen Vorgehensweise der Betreuungseinrichtung, in die die Angeklagte als Erziehungsberechtigte gezielt nicht einbezogen wurde, wird im angefochtenen Urteil lediglich mitgeteilt, dass dem Jugendamt schon vor dem verfahrensgegenständlichen Vorfall die „problematische familiäre Situation der Angeklagten“ bekannt gewesen sei, die als allein erziehende Mutter von drei kleinen Kindern „bisweilen überfordert gewirkt“ habe. Die Zeugin Mo. habe als für die Familie der Angeklagten zuständige Sachbearbeiterin des Jugendamtes die Mitarbeiter der Kindertagesstätte deshalb gebeten, „ein Auge auf K. zu haben“ und „etwaige Unregelmäßigkeiten zu melden“. Dass eingehende Feststellungen zum persönlichen und familiären Hintergrund hier möglicherweise geeignet gewesen wären, vor dem Hintergrund der komplexen Beweislage auch den Tatvorwurf zu erhellen, liegt jedenfalls nicht fern, zumal die Angeklagte nach den Feststellungen (sinngemäß) äußerte, sie habe mit dem Eingreifen des Jugendamtes gerechnet, wenn ihr Sohn mit den festgestellten Verletzungsanzeichen in der Kindertagesstätte erscheine, weil man annehmen werde, sie habe ihn geschlagen. Zudem erscheint das von der Angeklagten geschilderte Geschehen – Packen eines vierjährigen Kindes am Hals, um es aus der Badewanne zu heben – eher lebensfremd.

III.


11
Das Fehlen der vermissten Feststellungen ist ein sachlich-rechtlicher Mangel, der zur Aufhebung des Urteils führt, weil es dem Senat nicht möglich ist zu prüfen, ob der Freispruch auf einer tragfähigen Grundlage beruht. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
Tepperwien Solin-Stojanović Ernemann
Franke Mutzbauer

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

18
a) Es liegt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts kein Darstellungsmangel dahingehend vor, dass es zusätzlicher Feststellungen zur Verfahrensweise bei der Abrechnung der Zytostatika-Lösungen bedurft hätte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 5 1 4 / 1 4
vom
5. März 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Vergewaltigung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. März 2015,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 2. Juli 2014 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung freigesprochen. Dagegen wendet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die - gestützt auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts - in erster Linie die Beweiswürdigung der Strafkammer angreift und darüber hinaus beanstandet, dass das Landgericht in den Urteilsgründen keine Feststellungen zu Werdegang, Vorleben und Persönlichkeit des Angeklagten getroffen hat. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat sich nicht von der Täterschaft des Angeklagten zu überzeugen vermocht und ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Zu der ihm zur Last gelegten Tat hat es folgende Feststellungen getroffen:
3
In den frühen Morgenstunden des 6. Oktober 2013 befand sich die Nebenklägerin zu Fuß auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle in der Duisburger Innenstadt , als eine alkoholisierte, mit einer Jeanshose und einer Lederjacke bekleidete männliche Person von mittlerer Größe und normaler Statur von hinten an sie herantrat, ihr den rechten Arm um den Hals legte und sie in Richtung eines Gebüschs zog; der Angreifer handelte in der Absicht, sexuelle Handlungen an ihr zu vollziehen. Die Nebenklägerin biss ihn so fest in die rechte Hand, dass sie sein Blut schmecken konnte. Daraufhin versetzte er ihr einen Schlag ins Gesicht, drückte sie in das Gebüsch, warf sie rücklings zu Boden und legte sich auf sie; ihren Kopf drehte er zur Seite, so dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Als er gerade eine Hand zu seinem Hosenbund bewegt hatte, erschien eine weitere männliche Person, sprach den Angreifer in einer osteuropäischen Sprache - möglicherweise Bulgarisch oder Russisch - an, zog ihn von der Nebenklägerin weg und verhinderte so die weitere Tatausführung. Die Nebenklägerin sprach er, nachdem er sie vom Boden hochgezogen hatte, auf Deutsch an und forderte sie auf, wegzulaufen und nichts zu sagen; der Angreifer werde nicht wiederkommen. Die Nebenklägerin lief davon und rief die Polizei , die kurze Zeit später eintraf und in unmittelbarer Tatortnähe in der Laufrichtung des Angreifers und des anderen Mannes drei Taschentücher mit Blutanhaftungen einer männlichen Person sowie einen frischen Speichelfleck fand. Der Angeklagte scheidet als Verursacher dieser Spuren aus; von ihm fand sich aber eine DNA-Spur an der Außenseite des Schals der Nebenklägerin. Diesen Schal, den sie zur Tatzeit trug, hatte sie etwa zwei Wochen vor der Tat letztmalig gewaschen.
4
Die Strafkammer ist davon ausgegangen, dass die DNA-Spur des - in der Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch machenden - Angeklagten am Schal der Nebenklägerin ein gewichtiges Indiz für seine Täter- schaft darstelle, das aber weder für sich allein, noch im Zusammenhang mit der Tatbeschreibung durch die Nebenklägerin für eine Verurteilung ausreiche, weil bei einer Gesamtschau sämtlicher Umstände vernünftige Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten verblieben. Dabei hat das Landgericht - sachverständig beraten - nicht auszuschließen vermocht, dass die DNA des Angeklagten bei einer anderen Gelegenheit auf den Schal der Nebenklägerin übertragen worden sei. Zudem sei es wahrscheinlich, dass die in unmittelbarer Tatortnähe gefundenen Taschentücher von dem Täter benutzt worden seien, um seine infolge des Bisses durch die Nebenklägerin blutende rechte Hand abzuwischen. Da die Blutanhaftungen nicht von dem Angeklagten stammten, spreche dies gegen seine Täterschaft. Schließlich entlaste ihn auch der Umstand, dass der Täter von der hinzukommenden Person in einer osteuropäischen Sprache angesprochen worden sei; der Angeklagte sei türkischer Herkunft und dürfte deshalb nicht in der Lage gewesen sein, die Sprache zu verstehen und darauf wie festgestellt zu reagieren.
5
2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
6
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denk- oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn das Tatgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung stellt (st. Rspr.; vgl. zuletzt etwa BGH, Urteil vom 17. April 2014 - 3 StR 84/14, juris Rn. 6 mwN). Liegen solche Rechtsfehler nicht vor, hat das Revisionsgericht die tatrichterliche Überzeugung auch dann hinzunehmen, wenn eine abweichende Würdigung der Beweise möglich oder gar naheliegend gewesen wäre.
7
Nach diesen Maßstäben zeigt die Beschwerdeführerin Rechtsfehler nicht auf. Ihre Angriffe gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts erschöpfen sich darin, unter Verweis auf urteilsfremdes Vorbringen und teilweise den Urteilsfeststellungen ausdrücklich zuwiderlaufende Schlussfolgerungen eine eigene Würdigung der Beweise vorzunehmen. Damit kann sie im Revisionsverfahren keinen Erfolg haben.
8
3. Auch soweit die Revision - wie der Generalbundesanwalt klargestellt hat - eine Verletzung von § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO geltend macht, weil die Strafkammer keine Feststellungen zum Vorleben des Angeklagten, namentlich zu dem Bestehen einschlägiger Vorstrafen, getroffen hat, bleibt ihr der Erfolg versagt.
9
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann es allerdings einen auf die Sachrüge zu beachtenden Darstellungsmangel darstellen, wenn die Urteilsgründe keine Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten enthalten. Solche sind zwar in erster Linie bei verurteilenden Erkenntnissen notwendig, um das Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, die Strafzumessungserwägungen des Tatgerichts nachvollziehen zu können; bei freisprechenden Urteilen ist der Tatrichter aus sachlich-rechtlichen Gründen aber zumindest dann zu Feststellungen zur Person des Angeklagten verpflichtet , wenn diese für die Beurteilung des Tatvorwurfs eine Rolle spielen können und deshalb zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 2. April 2014 - 2 StR 554/13, NStZ 2014, 419, 420; vom 13. März 2014 - 4 StR 15/14, juris Rn. 7 ff.; vom 11. März 2010 - 4 StR 22/10, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 16).
10
Insoweit verbietet sich indes eine schematische Betrachtung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 2014 - 5 StR 136/14, juris Rn. 18); die Entscheidung, ob ein Verstoß gegen § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO vorliegt, ist aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu treffen. Danach waren hier Feststellungen zum Werdegang, zum Vorleben und zur Persönlichkeit des Angeklagten entbehrlich. Denn angesichts der Beweislage, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die DNA-Spur zwar auf den Angeklagten hinweist, wegen der zweifelsfrei nicht von dem Angeklagten stammenden Blutspuren und der Verwendung einer osteuropäischen Sprache aber eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür besteht , dass ein unbekannter Dritter der Täter ist, kam dem Umstand, dass Taten wie die vorliegende dem Angeklagten womöglich nicht wesensfremd sind - mehr hätte sich aus dem Bestehen etwaiger, von der Revision urteilsfremd vorgetragener einschlägiger Vorstrafen nicht ableiten lassen -, keine solch bestimmende Bedeutung zu, dass die Strafkammer zur Mitteilung jener Erkenntnisse in den Urteilsgründen verpflichtet war. Ob die Strafkammer es möglicherweise unterlassen hat, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung auf etwaige Vorstrafen des Angeklagten zu erstrecken und ob darin gegebenenfalls ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO zu erblicken sein könnte, oder ob die Strafkammer insoweit zwar Beweis erhoben, das Ergebnis dieser Beweiserhebung aber entgegen § 261 StPO im Urteil nicht berücksichtigt hat (vgl. dazu LR/Sander, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 176), kann der Senat nicht überprüfen, weil die Staatsanwaltschaft weder eine Aufklärungsrüge noch eine Inbegriffsrüge mit dieser Stoßrichtung erhoben hat.
Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Die Entschädigung ist ausgeschlossen

1.
für die erlittene Untersuchungshaft, eine andere Freiheitsentziehung und für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis, soweit deren Anrechnung auf die verhängte Strafe unterbleibt,
2.
für eine Freiheitsentziehung, wenn eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil der Zweck der Maßregel bereits durch die Freiheitsentziehung erreicht ist,
3.
für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und das vorläufige Berufsverbot, wenn die Entziehung der Fahrerlaubnis oder das Berufsverbot endgültig angeordnet oder von einer solchen Anordnung nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen,
4.
für die Beschlagnahme und den Vermögensarrest (§§ 111b bis 111h der Strafprozeßordnung), wenn die Einziehung einer Sache angeordnet ist.

(2) Die Entschädigung ist auch ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Die Entschädigung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beschuldigte sich darauf beschränkt hat, nicht zur Sache auszusagen, oder daß er unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen.

(3) Die Entschädigung ist ferner ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme dadurch schuldhaft verursacht hat, daß er einer ordnungsgemäßen Ladung vor den Richter nicht Folge geleistet oder einer Anweisung nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 3 der Strafprozeßordnung zuwidergehandelt hat.