Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2012 - 5 StR 315/12

bei uns veröffentlicht am31.07.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 315/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 31. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Juli 2012

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 15. November 2011 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Zur Straffestsetzung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen „unerlaubten Handeltreibens mitBetäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Mitglied einer Bande“ zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts schloss sich der Angeklagte mit den gesondert Verfolgten A. H. und I. H. „in der Absicht zusammen, arbeitsteilig vorgehend in einer nicht näher bestimmten Anzahl von Fällen unerlaubt mit Betäubungsmitteln Handel zu treiben, um sich so jeweils eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von eini- ger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen“ (UA S. 5). Am 15. Okto- ber 2010 bestellte A. H. beim Angeklagten „in Umsetzung ihres zuvor getroffenen gemeinsamen Tatplanes“ (UA S. 6) 20 Kilogramm Heroin. Hiervon abweichend einigte man sich in einem Telefonat am folgenden Tag auf die Lieferung von acht Kilogramm Heroingemisch und acht Kilogramm Streckmittel, weil der Angeklagte kurzfristig keine größere Menge beschaffen konnte. A. H. leistete an den Angeklagten eine Anzahlung in Höhe von 21.000 €, von der dieser 19.000 € für den Erwerb des Betäubungsmittels aufwendete. Nach dem Verkauf des Heroins durch A. und I. H. sollte der Angeklagte weitere 15.000 € erhalten. Nachdem der Angeklagte am 19. Oktober 2011 telefonisch A. H. informiert hatte, dass die Übergabe des Heroingemisches in der folgenden Nacht in Braunschweig stattfinden solle, begab er sich mit dem in einer Sporttasche verstauten Betäubungs- und Streckmittel von Rotterdam nach Eindhoven, wo er es der Kurierin B. übergab, die ihm durch seinen Cousin und einen mit diesem bekannten Marokkaner vermittelt worden war. In der Sporttasche befanden sich 7,923 Kilogramm Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 126,5 Gramm Heroinhydrochlorid sowie 8,9 Kilogramm Streckmittel. Während B. nach Braunschweig fuhr, koordinierte der Angeklagte telefonisch mit A. H. die Übergabe an dessen zur Entgegennahme der Betäubungsmittel in Begleitung des A. nach Braunschweig angereisten Bruder I. H. . Unmittelbar nach der Übergabe erfolgte die Festnahme von I. H. , A. und B. sowie die Sicherstellung der Sporttasche mit den Betäubungsmitteln.
3
2. Die Annahme bandenmäßiger Begehungsweise wird von den Feststellungen nicht getragen. Wesentliches Merkmal einer Bande ist die auf eine gewisse Dauer angelegte Verbindung von mindestens drei Personen zur gemeinsamen Deliktsbegehung (BGH, Beschluss vom 22. März 2001 – GSSt 1/00, BGHSt 46, 321; Urteile vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696, und vom 29. Februar 2012 – 2 StR 426/11). Daran fehlt es, wenn sich die Beteiligten eines Betäubungsmittelgeschäfts auf der Verkäufer - und der Erwerberseite selbständig gegenüber stehen, auch wenn sie in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem im Rahmen einer andauernden Geschäftsbeziehung handeln (BGH, Beschluss vom 5. Juli 2011 – 3StR 129/11, StraFo 2011, 413 mwN). Ob eine Person, die regelmäßig von einem bestimmten Verkäufer Betäubungsmittel zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs bezieht, in dessen Absatzorganisation als verlängerter Arm eingebunden ist oder dieser auf der Abnehmerseite als selbständiger Geschäftspartner gegenüber steht, beurteilt sich wesentlich nach der getroffenen Risikoverteilung. Der Abnehmer in einem eingespielten Bezugs- und Absatzsystem, der die Betäubungsmittel zum vereinbarten Preis erwirbt und diese anschließend ausschließlich auf eigenes Risiko verkauft , insbesondere die Verkaufspreise selbst festsetzt und über die von ihm erzielten Gewinne allein disponiert, ist regelmäßig als selbständiger Käufer anzusehen und nicht als Teil der Verkäuferseite. Von einer Einbindung in die Absatzorganisation des Verkäufers ist demgegenüber in der Regel auszugehen , wenn dieser dem Abnehmer die Höhe des Verkaufspreises vorgibt, Zeitpunkt und Umfang der Weiterveräußerungen bestimmt sowie an deren Gewinn und Risiko beteiligt ist (BGH aaO; Urteil vom 22. April 2004 – 3 StR 28/04, NStZ 2004, 696).
4
Im hier zu entscheidenden Fall lassen die Urteilsfeststellungen keinerlei unmittelbare Beteiligung des Angeklagten an dem mit dem Weiterverkauf verbundenen Risiko des A. H. und seines Bruders erkennen. Vielmehr sollte der Angeklagte nach der mit A. H. getroffenen Abrede den Kaufpreis von 36.000 € – auch den erst nach dem Weiterverkauf zu zahlenden Anteil von 15.000 € – unabhängig von den im Rahmen des Weiterverkaufs erzielten Erlösen erhalten. Ferner ist den Feststellungen nicht zu entnehmen, dass der Angeklagte Vorgaben zur Abwicklung des Weiterverkaufs und den Verkaufspreisen gemacht hat. Allein daraus, dass der Angeklagte gegenüber A. H. äußerte, er „möchte auch, dass es für dich gut funktioniert“ und – bezogen auf die zu schlechte Qualität für ihn er- hältlichen Heroins – bemerkte, sie würden beide Verluste machen, sie würden „zusammen verlieren“ (UA S. 18), folgt keine Einbindung H. s in die Absatzorganisation des Angeklagten. Dies stellt die unabhängig von dem im Rahmen des Weiterverkaufs erzielten Erlös bestehende Verpflichtung H. s zur Zahlung des Kaufpreises an den Angeklagten nicht in Frage und belegen nicht eine unmittelbare Risikobeteiligung des Angeklagten. Einer solchen steht schon entgegen, dass der Angeklagte von H. bereits eine die Einkaufskosten übersteigende Summe als Anzahlung erhalten hat, so dass auch abgesehen von der Verpflichtung H. s zur Zahlung des vollen Kaufpreises allenfalls die Höhe des Gewinns des Angeklagten vom Erfolg des Weiterverkaufs abhängen kann. Ein Interesse des Angeklagten an einem erfolgreichen Weiterverkauf seiner Abnehmer besteht im Übrigen bereits im Hinblick auf die geplante Fortführung der Geschäftsbeziehung und lässt für sich genommen nicht auf eine weitergehende Risikobeteiligung schließen. Noch weniger erlaubt die aus der fehlenden Rückmeldung H. s nach der Übergabe folgende Besorgnis des Angeklagten einen solchen Rückschluss. Auch im Rahmen von Betäubungsmittelgeschäften, bei denen sich Verkäufer und Erwerber in typischer Weise selbständig gegenüberstehen, muss der Verkäufer bei einer – durchaus üblichen – Vereinbarung einer Restkaufpreiszahlung nach Weiterverkauf im Falle der Festnahme der Abnehmer in der Regel mit dem Ausfall seiner Restforderung rechnen und zudem strafrechtliche Verfolgung befürchten.
5
Da somit nach den Urteilsfeststellungen die Annahme bandenmäßigen Handelns bereits deshalb ausscheidet, weil A. H. dem Angeklagten selbständig auf der Abnehmerseite gegenüberstand, braucht der Senat nicht der Frage nachzugehen, ob dieFeststellungen eine Einbindung I. H. s in die zwischen dem Angeklagten und A. H. getroffene Abrede zu künftiger Deliktsbegehung ausreichend belegen.
6
3. Der Senat ändert den Schuldspruch ab, weil weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind. Der Angeklagte hat die Tatbestände der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (vgl. hierzu etwa BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32) und des unerlaubten Handeltreibens mit Be- täubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG tateinheitlich verwirklicht (vgl. zur Tateinheit BGH, Beschluss vom 25. November 2009 – 2 StR 344/09, NStZ-RR 2010, 119). Da der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können, steht § 265 StPO der Schuldspruchänderung nicht entgegen. Auch der im Hinblick auf die Auslieferungsbewilligung geltende Spezialitätsgrundsatz hindert eine Verurteilung wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht (vgl. BGH, Urteil vom 28. Mai 1986 – 3 StR 177/86, NStZ 1986, 557; Beschluss vom 9. Oktober 2000 – 5 StR 248/00).
7
Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, weil lediglich Wertungsfehler vorliegen. Das neue Tatgericht kann hinsichtlich des – entgegen der missverständlichen Wendung auf UA S. 16 – umfassend ge- ständigen Angeklagten ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Die im Urteil getroffene Anrechnungsentscheidung gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB bleibt unberührt.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 426/11
vom
29. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Februar 2012 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Meiningen vom 19. April 2011, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Anordnung des Verfalls aufgehoben. 2. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen sowie der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Außerdem hat es den Verfall eines Geldbetrags in Höhe von 37.140 € angeordnet. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat hinsichtlich der Verfallsanordnung Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
2
1. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 37.140 € begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, da das Landgericht die Ermes- sensvorschrift des § 73c Abs. 1 Satz 2 StPO nicht erörtert hat, obwohl dazu Anlass bestanden hätte.
3
Der Angeklagte bezog nach den getroffenen Feststellungen vor seiner Inhaftierung im vorliegenden Verfahren Hartz IV-Leistungen und hatte nicht unerhebliche Geldschulden, die nicht aus Drogengeschäften stammten. Es liegt daher nicht fern, dass der Angeklagte die für die Tat erlangten Beträge zumindest teilweise verbraucht oder zur Schuldentilgung verwendet hat. Das Landgericht hätte deshalb Veranlassung zu der Prüfung gehabt, ob der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung im Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war und sie deshalb ganz oder teilweise zu unterbleiben hatte.
4
2. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen sind von den Gesetzesverletzungen nicht betroffen und können daher bestehen bleiben. Neue Feststellungen dürfen ihnen nicht widersprechen.
Fischer Berger Krehl Eschelbach Ott

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 28/04
vom
22. April 2004
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. April
2004, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Winkler
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
von Lienen,
Becker,
Hubert
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 18. August 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Mit ihrer - zum Nachteil des Angeklagten eingelegten - Revision rügt die Staatsanwaltschaft die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie beanstandet namentlich, das Landgericht habe nicht geprüft, ob der Angeklagte wegen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels zu verurteilen sei, die verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe seien in rechtsfehlerhafter Weise zu milde bemessen worden und das Landgericht habe es unzutreffend abgelehnt, hinsichtlich der Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften den Verfall von Wertersatz anzuordnen.
Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Einer Erörterung der verfahrensrechtlichen Beanstandungen bedarf es daher nicht. 1. Die fragmentarischen Urteilsfeststellungen erlauben dem Senat nicht die Prüfung, ob das Landgericht rechtsfehlerfrei davon abgesehen hat, den Angeklagten des bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels (§ 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30 a Abs. 1 BtMG) bzw. der Beihilfe hierzu (§ 27 StGB) schuldig zu sprechen.
a) Danach hatte der Angeklagte zunächst den anderweitig verfolgten B. begleitet, als dieser im Zeitraum August bis Mitte November 2002 an 15 kurz aufeinander folgenden Tagen den gesondert verfolgten Ba. und Be. jeweils 20 g Kokain zum gewinnbringenden Weiterverkauf übergab. Seine Anwesenheit diente dem Zweck, B. abzusichern und sich darauf vorzubereiten , bei späterer Abwesenheit B. s die Kokainlieferungen zu übernehmen. Als sich B. im Ausland aufhielt, übergab dementsprechend der Angeklagte selbst von Mitte November bis 2. Dezember 2002 an fünf Tagen jeweils 20 g Kokain an Ba. und Be. . In neun weiteren Fällen lieferte der Angeklagte zwischen dem 5. und 23. Dezember 2002 je 20 g Kokain an Ba. und in einem weiteren Fall eine nicht mehr feststellbare Menge Kokain an den anderweitig verfolgten C. . Das Kokain war stets zum Weiterverkauf bestimmt bzw. in einem Fall von Ba. "für eine Party benötigt(e)". Es wies jeweils einen Wirkstoffgehalt von 30 % auf. Am 27./28. Dezember 2002 organisierte der Angeklagte im Auftrag B. s die Beschaffung von 998,7 g Kokain (Wirkstoffgehalt 90,5 %) in Rotterdam und deren Transport nach Hannover. Er weihte den gesondert verfolgten I. in den Tatplan ein, warb Ba. und Be. als Kuriere an, übergab I. das Kaufgeld von 26.200 € für den Erwerb des Betäubungsmittels, erteilte Anweisungen für die Abwicklung des Geschäfts sowie des Transports und überwach-
te die anschließende Kurierfahrt nach Deutschland durch Kontrollanrufe. Letztlich lagerte der Angeklagte in zwei von ihm genutzten Wohnungen 45,28 g (Wirkstoffgehalt 73,1 %) bzw. 5,19 g (Wirkstoffgehalt 75,4 %) Kokain, die bereits zum gewinnbringenden Weiterverkauf portioniert waren. Außerdem verwahrte er in einer der Wohnungen 6.400 €, die bei vorangegangenen Kokaingeschäften erlöst worden waren.
b) Diese Feststellungen deuten darauf hin, daß sich zumindest der Angeklagte , B. , Ba. und Be. mit dem Willen zusammengeschlossen haben könnten, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im einzelnen noch ungewisse Taten des Betäubungsmittelhandels zu begehen (vgl. BGHSt 46, 321, 325). Das Landgericht hätte daher die naheliegende Möglichkeit prüfen müssen, ob sich der Angeklagte des mehrfachen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels (in nicht geringer Menge) bzw. - so nicht auch bei den Taten 1 bis 15 tatsächlich Täterschaft des Angeklagten vorliegt - der Beihilfe hierzu schuldig gemacht hat (vgl. BGHSt 47, 214; BGHR BtMG § 30 a Bande 10). Für das Vorliegen von Bandenhandel ist hier insbesondere maßgeblich, ob Ba. und Be. in die Absatzorganisation B. s und des Angeklagten auf untergeordneter Ebene eingebunden waren oder ob sie diesen allein als Betäubungsmittelkäufer auf der Abnehmerseite gegenüberstanden. Dies beurteilt sich wesentlich danach, ob Ba. und Be. die einzelnen Kokainlieferungen unmittelbar bezahlten und anschließend deren weiteren Absatz auf eigene Rechnung, auf eigenes Risiko und zum eigenen Gewinn selbständig abwickelten , oder ob B. und der Angeklagte am weiteren Risiko und am Gewinn des weiteren Absatzes partizipierten, etwa weil erst die Erlöse aus den Weiterverkäufen - ggf. nach Abzug einer Entlohnung Ba. s und Be. s - an
B. und den Angeklagten abgeführt wurden (vgl. BGHSt 42, 255, 257 ff.; allerdings noch unter Anknüpfung an ein Tätigwerden im übergeordneten Bandeninteresse und an die Verwirklichung eines festen Bandenwillens und damit an Merkmale, die nach neuerer Rechtsprechung - BGHSt 46, 321 - nicht mehr konstituierend für den Begriff der Bande sind). Zu den Geldflüssen im Rahmen der abgeurteilten Betäubungsmittelgeschäfte verhält sich das angefochtene Urteil (abgesehen von Tat 31) indessen nicht. Daß hierzu Feststellungen nicht möglich waren und das Absehen von einer Verurteilung des Angeklagten wegen bandenmäßigen Betäubungsmittelhandels daher letztlich auf einer Anwendung des Zweifelssatzes beruht, läßt sich dem Urteil ebenfalls nicht entnehmen. Dies liegt im Hinblick auf das "unumwundene Geständnis" des Angeklagten und den Umfang der weiteren Beweisaufnahme - deren näheres Ergebnis in den Urteilsgründen allerdings weitgehend verschwiegen wird - auch eher fern. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. 2. Da bereits der aufgezeigte Rechtsfehler zur umfassenden Aufhebung des angefochtenen Urteils führt, weist der Senat für das weitere Verfahren lediglich ergänzend auf folgendes hin:
a) Der Schuldspruch zu Tat 31 lediglich wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hätte auch deswegen keinen Bestand haben können, weil sich der Angeklagte an der Betäubungsmitteleinfuhr (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) nach den Feststellungen - naheliegend - als Mittäter, zumindest aber als Anstifter oder Gehilfe beteiligt hat.
b) Der Angeklagte und B. übergaben Ba. und Be. in kurzen zeitlichen Abständen je 20 g Kokain. Es liegt nach den Gesamtumständen eher
fern, daß sie diese kleineren Einzelmengen zuvor jeweils gesondert erworben hatten. Vielmehr deutet die Menge des aus den Niederlanden eingeführten (Tat 31) und des vom Angeklagten vorrätig gehaltenen (Tat 32) Kokains darauf hin, daß mehrere Lieferungen an Ba. und Be. aus jeweils größeren Erwerbsmengen des Angeklagten bzw. B. s stammten. Es wird daher - unter Beachtung des Zweifelssatzes - zu prüfen sein, inwieweit Einzellieferungen an Ba. und Be. aufgrund ihrer Herkunft aus einer einheitlichen Erwerbsmenge rechtlich zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen sind (vgl. BGH NJW 2002, 1810).
c) Zur hier rechtlich bedenklichen strafmildernden Berücksichtigung der Untersuchungshaft, drohender Ausweisung oder Abschiebung und besonderer Härten des Strafvollzugs für den Angeklagten als Ausländer wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 27. Januar 2004 verwiesen.
d) Bei der erneuten Entscheidung über die Anordnung des Verfalls (§ 73 StGB), des Wertersatzverfalls (§ 73 a StGB) oder des erweiterten Verfalls (§ 33 Abs. 1 BtMG, § 73 d StGB) wird zunächst zu berücksichtigen sein, daß in der Wohnung des Angeklagten 6.400 € gefunden wurden, die nach den bisherigen Feststellungen aus vorangegangenen Betäubungsmittelgeschäften stammten. Es lagen damit insoweit zumindest die Voraussetzungen des erweiterten Verfalls vor. Warum dieser nicht angeordnet wurde, läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen. Bezüglich - im einzelnen festzustellender - weiterer Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften hindert allein der Umstand, daß sie wertmäßig nicht mehr im Vermögen des Angeklagten vorhanden sind, nicht die Anordnung von Wertersatzverfall. Dies kann es allenfalls rechtfertigen, von der Härteregelung des § 73 c Abs. 1 Satz 2 StGB Gebrauch zu machen. Hierbei
handelt es sich indessen um eine Ermessensvorschrift, deren Anwendung näherer Begründung bedarf. Eine solche läßt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen.
e) Die seitenweise Wiedergabe von Protokollen abgehörter Telefongespräche vermag eine eigenständige Beweiswürdigung des Tatrichters nicht zu ersetzen. Für deren revisionsrechtliche Prüfung sind sie ohne Belang, insbesondere wenn - wie hier - in keinem der Telefonate ein konkretes Betäubungsmittelgeschäft offen angesprochen wird. Es bedarf vielmehr der Darlegung des Tatrichters, welche beweiswürdigenden Schlußfolgerungen er aus dem Inhalt der Telefonate zieht. Winkler Pfister von Lienen Becker Hubert

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 344/09
vom
25. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. November 2009
gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 16. März 2009 wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 16 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen verurteilt ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 Fällen, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen unerlaubten Handel- treibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.
2
Die auf die - nicht ausgeführte und daher unzulässige - Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützte Revision führt zu einer Berichtigung des Schuldspruchs ; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Schuldspruch in den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe ist rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat übersehen, dass der unerlaubte Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge als Auffangtatbestand gegenüber der unerlaubten Einfuhr dieser Betäubungsmittel zurücktritt (BGH NStZ-RR 2004, 88, 89; NStZ-RR 2009, 121; Senat NStZ-RR 2009, 122). Da der Angeklagte jedoch, seinem Tatplan entsprechend, mit Teilmengen der eingeführten Betäubungsmittel Handel getrieben hat und die Einfuhr deshalb ein Teilakt des Handeltreibens ist, steht die unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG in Tateinheit mit dem unerlaubten Handeltreiben von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG (BGHSt 31, 163). Der Schuldspruch war daher entsprechend zu ändern. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Der Senat kann ausschließen, dass sich der Rechtsfehler auf den Strafausspruch ausgewirkt hat, da das Landgericht in den Fällen 4 und 5 der Urteilsgründe zutreffend den Strafrahmen des § 30 Abs. 2 BtMG zugrunde gelegt hat.
4
2. Der Schuldspruch in den Fällen 6-18, 21, 22 und 30 der Urteilsgründe ist unvollständig, soweit das Landgericht den Angeklagten jeweils nur wegen (unerlaubten) Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat. Da der Angeklagte in diesen Fällen auch mit Teilmengen der Betäubungsmittel Handel getrieben hat, steht hierzu § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG in Tat- einheit (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5). Der Schuldspruch war daher entsprechend zu ergänzen. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen , weil sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
5
3. Die Kammer hat keine Feststellungen zur Erledigung des Urteils des Amtsgerichts Jülich vom 5. Dezember 2006 getroffen. Insoweit kann der Senat nicht überprüfen, ob die Bildung einer Gesamtstrafe mit den Strafen für die Fälle der Urteilsgründe in Betracht kommt, deren Tatzeiten vor diesem Zeitpunkt liegen. Dies dürfte nach den Feststellungen jedenfalls für die Fälle 1 - 5 sowie eine nicht näher bestimmbare Zahl der Fälle 6 - 18 gelten, die "in dem Zeitraum von etwa Juli 2006 bis etwa Mai/Juni 2007" begangen wurden. Der Senat kann jedoch ausschließen, dass der Angeklagte durch einen eventuellen Verstoß gegen § 55 StGB beschwert ist. Aufgrund der Zäsurwirkung wären insoweit zwei Gesamtfreiheitsstrafen zu bilden gewesen. Diese hätten unter Berücksichtigung der rechtsfehlerfrei festgesetzten Einzelstrafen den Angeklagten im Ergebnis stärker als die vorliegende, auf einer sehr straffen Zusammenziehung der Einzelstrafen beruhende, Gesamtfreiheitsstrafe belastet. Fischer Roggenbuck Appl Cierniak Schmitt

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

5 StR 248/00

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. Oktober 2000
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Oktober 2000

beschlossen:
Der Senatsbeschluß vom 31. Juli 2000 bleibt aufrechterhalten ; er wird lediglich im Rubrum dahin berichtigt, daß das Geburtsdatum des Angeklagten zutreffend lautet, wie im Rubrum dieses Beschlusses angegeben.
Nach Erlaß des die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO verwerfenden Beschlusses sind Eingaben des Beschwerdeführers eingegangen, die weder nach § 33a StPO noch sonst Anlaß geben , jenen Beschluß – abgesehen von der Berichtigung eines (dem angefochtenen Urteil folgenden) Versehens im Rubrum – abzuändern. Soweit der Beschwerdeführer weiterhin Rechtsfehler im Zusammenhang mit seiner Auslieferung aus den Niederlanden geltend macht, stellt der Senat bei dieser Gelegenheit lediglich folgendes ausdrücklich klar: Im ”Fall D ” ist der Angeklagte nicht verurteilt worden (UA S. 6); eine indizielle Verwertung dieses Falles ist nach dem Spezialitätsgrundsatz zulässig (BGHSt 34, 352). Die weitergehende Verurteilung des Angeklagten wegen eines tateinheitlichen Verbrechens nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG war gemäß Art. 14 Abs. 3 EuAlÜbk zulässig (UA S. 16, S. 2 des Antrags des Generalbundesanwalts vom 5. Juli 2000); durch die hier angenommene Sachverhaltsübereinstimmung zur Auslieferungsbewilligung unterschied sich der Fall von demjenigen, der dem Senatsbeschluß vom 20. August 1991 – 5 StR 343/91 – (bei Körner, BtMG 4. Aufl. § 29 Rdn. 634 mit unrichtigem Beschlußdatum zitiert) zugrunde lag.
Schließlich beruft sich der Beschwerdeführer teilweise irrtümlich auf Regelungen , welche sich auf die Auslieferung eines Verfolgten durch die Bundesrepublik Deutschland – und nicht etwa auf Rechte eines hierher ausgelieferten Angeklagten – beziehen.
Harms Häger Basdorf Gerhardt Brause

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.