Bundesfinanzhof Urteil, 05. Aug. 2010 - V R 13/09

bei uns veröffentlicht am05.08.2010

Tatbestand

1

I. Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Haftungsbescheid, den der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) aufgrund § 71 der Abgabenordnung (AO) gegen den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) nach dessen Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) erlassen hat.

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Im Oktober des Kalenderjahres 1998 erwarb IW auf Veranlassung des Klägers sämtliche Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die in I-GmbH umfirmiert wurde.

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IW, der zu diesem Zeitpunkt arbeitslos war, wurde zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der I-GmbH bestellt. Er übernahm die Geschäftsführerstellung, weil ihm der Kläger hierfür ein monatliches Entgelt versprochen hatte.

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Die I-GmbH erwarb ab Juli 1999 innergemeinschaftlich elektronische Bauteile (Mikroprozessoren, sog. Central Processing Units --CPUs--) von ausländischen Gesellschaften und veräußerte diese weiter. Hauptabnehmer der I-GmbH war die K-GmbH mit Sitz in T.

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Die CPUs wurden jeweils aus dem Ausland mit einer Spedition des ausländischen Lieferanten zu einem inländischen Kurierdienst gebracht, von diesem für die I-GmbH in Empfang genommen und zur K-GmbH transportiert.

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Die Steuerfahndung ging davon aus, die CPUs seien zwischen den ausländischen Lieferanten, der I-GmbH und der K-GmbH im Kreis veräußert worden, so dass dieselbe Ware innerhalb weniger Tage mehrfach transportiert, jeweils im Wareneingang und -ausgang der K-GmbH registriert und wieder ins Ausland gebracht worden sei. Das Landgericht S im Strafverfahren gegen den Kläger und das Finanzgericht (FG) sind dem nur teilweise gefolgt. Sie gingen von tatsächlichen Warenbewegungen aus, ohne Feststellungen zu einem möglichen Warenkreislauf zu treffen.

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Die I-GmbH veräußerte die CPUs an die K-GmbH jeweils ohne Gewinnaufschlag oder zu unter den Netto-Einkaufspreisen liegenden Entgelten unter Ausweis von Umsatzsteuer.

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Der Kläger kümmerte sich zusammen mit dem weiteren als Mittäter wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung verurteilten P um die organisatorischen Belange der I-GmbH und deren Kontakt zu den ausländischen Lieferanten und der K-GmbH. P fiel nach Absprache mit IW und dem Kläger die Aufgabe zu, in den Geschäftsräumen der Gesellschaft in S Korrespondenz der Gesellschaft entgegenzunehmen und zu bearbeiten.

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IW vertrat die Gesellschaft als deren Geschäftsführer nach außen. Er eröffnete auf Veranlassung des Klägers und des P bei der C-Bank in B ein Geschäftskonto für die Gesellschaft, stellte sich bei der K-GmbH als deren Geschäftsführer vor und unterzeichnete Korrespondenz im Namen der I-GmbH. Beim FA reichte er einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der I-GmbH ein, in dem er den Beginn der Tätigkeit mit Januar 1999 angab und Dauerfristverlängerung beantragte.

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Der Kläger bereitete Rechnungen und Schecks im Namen der I-GmbH vor, die er dann von IW unterschreiben ließ. Er wollte wie auch P durch diese Vorgehensweise erreichen, im Zusammenhang mit der I-GmbH weitestgehend nicht persönlich in Erscheinung zu treten.

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Im Zeitraum vom 2. August bis 26. November 1999 erteilte die I-GmbH der K-GmbH 101 Rechnungen. Der Brutto-Rechnungsbetrag aus diesen Rechnungen belief sich auf insgesamt 95.313.644,60 DM, die ausgewiesene Umsatzsteuer auf 13.146.709,60 DM. Die I-GmbH gab für das Streitjahr weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch eine Jahressteuererklärung ab.

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Auf dem Konto der I-GmbH gingen im Streitjahr 100.199.561,60 DM ein. Hiervon wurden 96.262.104 DM ins Ausland überwiesen.

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IW hob zwischen dem 16. September und 30. November 1999 jeweils auf Anordnung des Klägers vom Konto der I-GmbH Barbeträge (insgesamt rd. 3,8 Mio. DM) ab. Die abgehobenen Geldbeträge übergab er bis auf eine Ausnahme dem vor dem Bankgebäude im Auto wartenden Kläger.

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IW und P erhielten aus dem abgehobenen Bargeld Teilbeträge in Höhe von jeweils ca. 300.000 DM; mindestens ebenso viel verblieb beim Kläger.

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Mit Umsatzsteuerbescheid vom 1. Dezember 2000 setzte das FA gegenüber der I-GmbH Umsatzsteuer 1999 (Streitjahr) in Höhe von 13.718.389 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO fest. Es behandelte die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als unberechtigt gemäß § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG), da es sich bei der I-GmbH um einen Scheinunternehmer gehandelt habe, der eine "tatsächliche" unternehmerische Betätigung nur vorgetäuscht und Rechnungen über Scheinlieferungen ausgestellt habe. Der Bescheid wurde an IW als Geschäftsführer der Gesellschaft bekannt gegeben.

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Die K-GmbH machte in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen die in den Rechnungen der I-GmbH ausgewiesenen Steuerbeträge als Vorsteuer geltend. Ein hieraus resultierendes Guthaben verrechnete das für die K-GmbH zuständige FA mit deren Steuerverbindlichkeiten. Im September 1999 kam es zur Auszahlung eines Vorsteuerüberhangs an die K-GmbH in Höhe von 58.552,99 DM. Die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der K-GmbH für die Voranmeldungszeiträume Oktober und November 1999 wiesen Vorsteuerüberhänge in Höhe von 2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM aus, die aber nicht anerkannt wurden.

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Nach Abschluss der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen versagte das zuständige FA der K-GmbH nachträglich den Vorsteuerabzug für die Voranmeldungszeiträume August bis November 1999. Es setzte eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 4.721.963,70 DM fest.

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Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K-GmbH erkannte der Insolvenzverwalter den zur Insolvenztabelle angemeldeten Nachzahlungsbetrag in Höhe von 4.721.963,70 DM an. Die Forderung fiel aus.

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Das Landgericht S verurteilte den Kläger mit Urteil vom 25. Juni 2002 neben IW und P als Mittäter wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO in vier Fällen (für jeden der Voranmeldungszeiträume August bis November 1999) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Es sah den Kläger als "faktischen Mitgeschäftsführer" der I-GmbH an. Er sei seiner aus § 35 AO resultierenden Verpflichtung nicht nachgekommen, monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die I-GmbH abzugeben. Das Strafurteil wurde nach erfolgloser Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) gegenüber dem Kläger rechtskräftig.

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Das FA nahm den Kläger mit Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 gemäß § 71 AO in Höhe von insgesamt 6.721.805,86 € (= 13.146.709,56 DM) in Anspruch.

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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger Klage. In der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärte der Vertreter des FA zu Protokoll, er verpflichte sich, einen geänderten Haftungsbescheid mit einer Haftungssumme von nur noch 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu erlassen. Die Beteiligten erklärten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend hinsichtlich der weiter gehenden Haftungssumme in Höhe von 8.424.745,74 DM (4.307.504,10 €) "für erledigt".

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Das FG gab der Klage weitgehend statt und setzte die Haftungssumme auf 58.552,99 DM herab. Zwar hafte der Kläger als Mittäter einer Steuerhinterziehung. Als Haftungssumme sei jedoch wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung in § 71 AO nicht der nicht angemeldete nominale Umsatzsteuerbetrag anzusetzen. Der im Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (jetzt Europäischen Union) --EuGH-- vom 19. September 2000 C-454/98, Schmeink & Cofreth (Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33) enthaltene Rechtsgedanke, eine Haftung für unberechtigt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer entfalle, wenn die entsprechende Rechnung berichtigt und die aus der Rechnung resultierende Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt werde, sei auf die Haftung gemäß § 71 AO sinngemäß zu übertragen. Im Rahmen eines mehrstufigen Umsatzsteuerbetrugs hafte der Rechnungsaussteller nur für die Beträge, die beim Rechnungsempfänger aus den Rechnungen des Rechnungsausstellers als Vorsteuerbeträge anerkannt, ausgezahlt und später nicht zurückerstattet worden seien.

23

Hinsichtlich des zunächst verrechneten Guthabens der K-GmbH, das auf den Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen der I-GmbH beruht habe, dann zurückgefordert und ausgefallen sei, stehe nicht fest, ob das Verhalten des Klägers für den Schadenseintritt des Fiskus ursächlich sei. Das FA habe nicht nachweisen können, dass die K-GmbH die später ausgefallene Nachzahlung aufgrund ihrer Vermögenslage zum Zeitpunkt, in dem diese festgesetzt worden sei, noch habe erbringen können.

24

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG stelle für die Haftungssumme auf die nicht maßgeblichen tatsächlich und endgültig erlangten Vorsteuerbeträge des Rechnungsempfängers K-GmbH ab. Es sei unzutreffend, dass die Steuerhinterziehung durch den Kläger für den Schadenseintritt des Fiskus nicht ursächlich gewesen sei.

25

Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit der Kläger eine Herabsetzung der Haftungssumme unterhalb eines Betrags in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) begehrt.

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Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

27

Die bisher getroffenen Feststellungen reichten nicht aus, um ihn, den Kläger, als faktischen Geschäftsführer anzusehen. Im Übrigen beruhten sie nur auf einem Geständnis eines Tatbeteiligten. Er hafte nicht nach § 71 AO. Im Rahmen der Ermessensausübung sei eine Aufteilung der Haftungsschuld erforderlich.

28

Das FA hat bis zur Entscheidung des erkennenden Senats den in der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagten geänderten Haftungsbescheid nicht erlassen.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG wird aufgehoben und der Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 auf eine Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (= 2.414.301,70 €) herabgesetzt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

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1. Der Revisionsantrag des FA, die Klage unter Aufhebung des FG-Urteils abzuweisen, ist aufgrund der Zusage, einen geänderten Haftungsbescheid zu erlassen, so zu verstehen, dass das FA mit seiner Revision nur noch anstrebt, den streitgegenständlichen Haftungsbescheid vom 25. Februar 2003 entsprechend der Zusage in Höhe der Haftungssumme von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) zu bestätigen. Das FG hat --ohne den Antrag des FA im Tatbestand des Urteils anzupassen-- auch nur noch über den eingeschränkten Klageabweisungsantrag des FA entschieden. Der Senat ist an diesen Antrag gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO i.V.m. § 121 FGO gebunden und hat über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids nur noch in diesem Umfang zu entscheiden.

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2. Das FG hat das Verhalten des Klägers, für die Monate August bis November 1999 für die I-GmbH weder Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben noch die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, zu Recht als vierfache Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO gewürdigt und den Haftungsbescheid gemäß §§ 191 Abs. 1, 71 AO dem Grunde nach als rechtmäßig angesehen.

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a) Die I-GmbH schuldete die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH nach § 1 Abs. 1 UStG. Es liegen entgegen der Auffassung des FA und des FG keine Rechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis gemäß § 14 Abs. 3 Satz 2 UStG vor.

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aa) Auf der Grundlage der bindenden Feststellungen des FG ist davon auszugehen, dass Lieferungen an die I-GmbH i.S. von § 3 Abs. 1 UStG und von dieser an die K-GmbH vorliegen. Denn die I-GmbH hat als Abnehmerin die erforderliche Verfügungsmacht an den CPUs erlangt, da die von ihr beauftragten Kuriere die Ware vom Spediteur des Verkäufers für sie in Empfang genommen und auf ihre Veranlassung im Rahmen eigenständiger Lieferungen gemäß § 3 Abs. 1 UStG weiter zur K-GmbH transportiert haben. Aufgrund dieser Feststellungen des FG hat der Senat auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die I-GmbH nur zum Schein als reiner "Rechnungsschreiber" in eine unmittelbare Rechtsbeziehung zwischen dem ausländischen Verkäufer und der K-GmbH eingeschaltet gewesen sein könnte (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. August 2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259, unter II.1.a bb a.E.; BGH-Urteil vom 22. Mai 2003  5 StR 520/02, BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, unter II.1.b aa).

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bb) Die von der I-GmbH ausgeführten Lieferungen, die zum Zweck der Steuerhinterziehung erfolgten, sind der Besteuerung zugrunde zu legen.

35

Der Senat folgt der Rechtsprechung des EuGH, der wiederholt entschieden hat, Lieferungen von Gegenständen seien steuerbare Umsätze, wenn sie die objektiven Kriterien erfüllten, auf denen diese Begriffe beruhten (EuGH-Urteile vom 12. Januar 2006 C-354/03, C-355/03 und C-484/03, Optigen u.a., Slg. 2006, I-483, BFH/NV 2006 Beilage 2, 144 Rdnr. 55; vom 21. Februar 2006 C-255/02, Halifax, Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260 Rdnrn. 55 bis 58).

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Soweit der EuGH davon ausgeht, dass die objektiven Kriterien einer Lieferung im Fall einer Steuerhinterziehung nicht vorliegen (vgl. EuGH-Urteile vom 6. Juli 2006 C-439/04 und 440/04, Axel Kittel u.a., Slg. 2006, I-6161, BFH/NV 2006 Beilage 4, 454 Rdnr. 44, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2006, 594; Halifax in Slg. 2006, I-1609, BFH/NV 2006 Beilage 3, 260, unter Rdnr. 59), handelt es sich um einen eigenständigen Vorsteuerversagungsgrund (vgl. die Senatsentscheidung vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315; BFH-Urteil vom 10. Dezember 2008 XI R 57/06, BFH/NV 2009, 1156). Für die Besteuerung von Ausgangsumsätzen ist dies aber ohne Bedeutung. Die vom Steuerhinterzieher ausgeführte Lieferung ist bei diesem steuerbar und steuerpflichtig. Davon zu unterscheiden ist die im Streitfall, der Lieferungen im Inland betrifft, nicht zu entscheidende Frage, ob bei Mitwirkung an einer Steuerhinterziehung im Anschluss an eine innergemeinschaftliche Lieferung dem Lieferer die Steuerbefreiung nach § 6a UStG zu versagen ist (vgl. BGH-Beschluss vom 7. Juli 2009  1 StR 41/09, UR 2009, 732).

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cc) Die Steuer für Lieferungen entsteht gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG mit Ablauf der jeweiligen Voranmeldungszeiträume. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge sind gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG voranzumelden. Das FG hat insoweit gemäß § 118 Abs. 2 FGO für den Senat bindend festgestellt, dass Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG) war.

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b) Der Senat folgt dem FG darin, dass der Kläger als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter der I-GmbH gemäß § 35 AO i.V.m. § 34 Abs. 1 AO seiner rechtlichen Verpflichtung vorsätzlich nicht nachgekommen ist, namens der Gesellschaft Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten. Er hat daher für jeden der Voranmeldungszeiträume eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen.

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aa) Im Bereich des Sonderdelikts aus § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann in Bezug auf die Hinterziehung von Umsatzsteuern Täter nur sein, wer die rechtliche Erklärungspflicht für die Voranmeldungen und die Jahreserklärungen zu erfüllen hat (vgl. BGH-Urteil in BFH/NV 2004 Beilage 2, 163, sowie z.B. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 1403; Joecks in Franzen/Gast/ Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 370 Rz 155). Zu den Erklärungsverpflichteten gehört unter anderem auch der Verfügungsberechtigte i.S. des § 35 AO (BFH-Entscheidungen vom 16. März 1995 VII R 38/94, BFHE 177, 209, BStBl II 1995, 859; vom 7. April 1992 VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213; aus steuerstrafrechtlicher Sicht BGH-Entscheidungen vom 8. November 1989  3 StR 249/89, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht --wistra-- 1990, 97; vom 17. Februar 1998  5 StR 624/97, wistra 1998, 225; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 118.1 und 118.3).

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bb) Der Kläger war als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter gemäß § 35 AO erklärungspflichtig.

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Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Mai 1989 I R 121/85, BFH/NV 1990, 7; vom 27. November 1990 VII R 20/89, BFHE 163, 106, BStBl II 1991, 284; vom 24. April 1991 I R 56/89, BFH/NV 1992, 76; in BFH/NV 1993, 213; vom 19. Mai 2009 VII B 207/08, nicht veröffentlicht --n.v.--). Eine rechtliche Verfügungsmacht besteht danach, wenn der Verfügungsberechtigte die Pflichten des gesetzlichen Vertreters --mittelbar-- durch die Bestellung der entsprechenden Organe erfüllen lassen kann (s. Boeker in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 35 AO Rz 10, 14; Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 35 Rz 10, 11, 19). Der "Auftritt nach außen" liegt vor, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert, das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit aber weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76; vgl. auch Urteil des FG Baden-Württemberg vom 25. Juni 2008  12 K 407/04, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1434).

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Das FG ist auf dieser Grundlage in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger faktischer Geschäftsführer der I-GmbH war. Er beherrschte die Abläufe und steuerte, wann und in welcher Höhe CPUs bestellt, an die K-GmbH weiterveräußert und in Rechnung gestellt wurden, dirigierte mit P, wann und in welcher Höhe Bargeld durch IW vom Geschäftskonto der Gesellschaft abzuheben war und welche Informationen IW an das FA geben sollte. Er verteilte das abgehobene Bargeld und behielt den "Restgewinn" nach Abzug der Beträge für IW und P zurück sowie in mindestens derselben Höhe wie die Beträge für IW und P für sich. Das FG hat zu Recht auch das Merkmal des "Auftritts nach außen" als erfüllt angesehen. Zwar hat der Kläger im Außenverhältnis gezielt den im Handelsregister eingetragenen Geschäftsführer IW vorgeschoben. Er trat nach den Feststellungen des FG jedoch vereinzelt für die I-GmbH nach außen auf und übte im Übrigen seine Leitungsmacht im Innenverhältnis gegenüber IW und P umfassend aus.

43

Zutreffend geht das FG nach den vorstehenden Feststellungen weiter davon aus, der Kläger habe seine Verpflichtung, für die I-GmbH Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999 abzugeben und die fälligen Steuerbeträge zu entrichten, jedenfalls mittelbar über IW und P tatsächlich erfüllen können, dies aber nicht getan.

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Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass die vom FG getroffenen Feststellungen für die Annahme einer Verfügungsberechtigung i.S. von § 35 AO nicht ausreichten, berücksichtigt er weder, dass es genügt, wenn der faktische Geschäftsführer sich gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als solcher geriert und das Auftreten gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil in BFH/NV 1992, 76) noch, dass der Senat an die Feststellung des FG, die nicht mit begründeten Revisionsrügen angegriffen wurden, nach § 118 Abs. 2 AO gebunden ist.

45

cc) Der Kläger hat auch vorsätzlich gehandelt, da er nach den Feststellungen des FG von Anfang an geplant hat, weder Voranmeldungen noch eine Jahreserklärung abzugeben.

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c) Unerheblich ist, dass der Kläger auch seine Erklärungspflicht in Bezug auf die Umsatzsteuerjahreserklärung für die I-GmbH verletzt und dass das FA einen Umsatzsteuerjahresbescheid 1999 erlassen hat.

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aa) Eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nicht abgegebener Umsatzsteuer-Voranmeldungen ist vollendet, wenn eine Steueranmeldung --hier die einzelnen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für die Monate August bis November 1999-- zum gesetzlich vorgegebenen Termin ausbleibt (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. Entscheidungen vom 11. Dezember 1990 5 StR 519/90, wistra 1991, 215; grundlegend vom 17. März 2009  1 StR 627/08, BGHSt 53, 221; vom 2. Dezember 2008  1 StR 344/08, wistra 2009, 189). Die nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträge sind "auf Dauer" verkürzt, wenn der Täter --wie hier der Kläger-- von vornherein weder Voranmeldungen noch die Jahreserklärung abgeben will (BGH-Urteile vom 21. Januar 1998  5 StR 686/97, wistra 1998, 146; in wistra 1998, 225; vom 20. April 1999  5 StR 54/99, wistra 1999, 298). Hinterziehungstaten wegen der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und von Umsatzsteuerjahreserklärungen stehen ferner auch dann im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, wenn sie dasselbe Kalenderjahr betreffen (vgl. z.B. BGH-Urteil in BGHSt 53, 221).

48

bb) Die Festsetzung der Umsatzsteuer für das Streitjahr durch den Jahressteuerbescheid 1999 vom 1. Dezember 2000 vor Erlass des Haftungsbescheids stellt die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids vom 25. Februar 2003 ebenfalls nicht in Frage. Wird die Erstschuld durch Jahresbescheid festgesetzt, kann trotzdem ein Haftungsbescheid ergehen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98, BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486).

49

cc) Anhaltspunkte dafür, dass die gemäß § 102 FGO vom Senat nur eingeschränkt überprüfbare Entscheidung, den Kläger in Haftung zu nehmen, nicht ermessensgerecht sein könnte, bestehen nicht. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zugesagte Herabsetzung des Haftungsbetrages kommt es auf die vom Kläger aufgeworfene Frage einer Aufteilung der Haftung im Rahmen der gebotenen Ermessensausübung (§§ 191, 5 AO) nicht mehr an.

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3. Das Urteil des FG ist aber gleichwohl materiell-rechtlich fehlerhaft. Es verletzt die zu § 71 AO maßgeblichen Rechtsgrundsätze zur Ermittlung des Vermögensschadens und ist deshalb aufzuheben. Das FG stellt für den Vermögensschaden zu Unrecht auf den Vorsteuerabzug der K-GmbH ab. Maßgeblich sind demgegenüber die nicht angemeldeten Steuerbeträge der I-GmbH. Soweit es zwar von einem Vermögensschaden ausgeht, die Steuerhinterziehung des Klägers für den Schadenseintritt jedoch nicht als ursächlich ansieht, ist dem nicht zu folgen.

51

a) Die Haftungssumme gemäß § 71 AO bestimmt sich grundsätzlich nach den verkürzten nominalen Steuerbeträgen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Senatsbeschluss vom 6. November 2006 V B 117/05, BFH/NV 2007, 508). Beschränkt wird die Haftung des Steuerhinterziehers gemäß § 71 AO jedoch auf den Vermögensschaden des Fiskus, der durch die Tat verursacht und vom Vorsatz des Täters umfasst ist (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198, und vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

52

b) Für die Höhe des Vermögensschadens aufgrund der Steuerhinterziehung ist im Streitfall nicht auf den "Vorsteuerschaden" auf Ebene der K-GmbH, sondern auf den nicht angemeldeten nominalen Steuerbetrag in Höhe von 6.721.805,86 € (13.146.709,56 DM) abzustellen.

53

aa) Wie unter II.2.a ausgeführt, liegen im Streitfall entgegen der Auffassung des FA und des FG steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen der I-GmbH vor. Das FG hat seine Auffassung, der Vermögensschaden des Fiskus aus der Hinterziehung des Täters richte sich nach der Höhe der "verlorenen Vorsteuerbeträge" der K-GmbH, daher zu Unrecht darauf gestützt, die I-GmbH habe in ihren Rechnungen Steuerbeträge gemäß § 14 Abs. 3 UStG unberechtigt ausgewiesen, die sie nach den Vorgaben des EuGH-Urteils Schmeink & Cofreth in Slg. 2000, I-6973, BFH/NV 2001 Beilage 1, 33 und der anknüpfenden Rechtsprechung (vgl. z.B. Senatsentscheidungen vom 22. Februar 2001 V R 5/99, BFHE 194, 506, BStBl II 2004, 143; vom 8. März 2001 V R 61/97, BFHE 194, 517, BStBl II 2004, 373; vom 17. Mai 2001 V R 77/99, BFHE 194, 552, BStBl II 2004, 370; vom 25. April 2002 V B 73/01, BFHE 198, 71, BStBl II 2004, 343) habe berichtigen können. Dies kann wegen des Vorliegens steuerbarer und steuerpflichtiger Lieferungen im Streitfall schon dem Grunde nach nicht durchgreifen. Die I-GmbH schuldete die Umsatzsteuer für die von ihr ausgeführten Lieferungen endgültig.

54

bb) Selbst wenn die Auffassung des FG zuträfe und von unberechtigt ausgewiesenen Steuerbeträgen i.S. des § 14 Abs. 3 UStG auszugehen wäre, für die die Steuer mit Ausgabe der Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG) entstanden wäre, würde sich im Streitfall der Vermögensschaden des Fiskus nach den nicht angemeldeten nominalen Steuerbeträgen richten. Die hieraus resultierenden Steuerbeträge hätte die I-GmbH als Unternehmerin im Streitjahr gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG anmelden müssen.

55

Die vom FG als maßgeblich erachtete Berichtigungsmöglichkeit der Steuerschuldnerin I-GmbH, die das FG zugunsten des Klägers als Haftungsschuldner anwenden will, hätte im Übrigen nach der unter II.3.b aa zitierten Senatsrechtsprechung für die an die K-GmbH ausgestellten Rechnungen nicht bestanden. Die Gefährdung des Steueraufkommens wurde von der I-GmbH nicht beseitigt. Weder hat die K-GmbH vor dem Vorsteuerabzug Rechnungen an die I-GmbH zurückgegeben oder die I-GmbH diese storniert, noch ist die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt oder die von der K-GmbH abgezogene Vorsteuer zurückgeführt worden. Entgegen der Auffassung des FG gilt dies auch für die Rechnungen, aus denen das FA der K-GmbH Vorsteuerbeträge von vornherein nicht anerkannt hat (2.795.156,20 DM und 5.558.818 DM). Die Gefährdung des Steueraufkommens besteht dann, solange diese Ausgangsrechnungen nicht storniert oder zurückgegeben werden.

56

c) Soweit das FG für die noch streitige Haftungssumme in Höhe von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) --die obere Grenze der Haftungssumme im zugesagten geänderten Haftungsbescheid-- einen Vermögensschaden des Fiskus bejaht, aber einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung durch den Kläger und dem Schadenseintritt verneint, hält das Urteil einer Prüfung nicht stand.

57

aa) Die Haftung gemäß § 71 AO entfällt, wenn derselbe Vermögensschaden für den Fiskus auch bei steuerehrlichem Verhalten eingetreten wäre (vgl. Jatzke in Beermann/Gosch, a.a.O., § 71 Rz 15). Die Haftung ist im Fall der Nichtabgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Nichtentrichtung fälliger Steuerbeträge auf den Betrag begrenzt, der bei rechtzeitiger Abgabe und Zahlung unter gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger hätte getilgt werden können (BFH-Beschlüsse vom 27. März 2006 VII B 117/05, BFH/NV 2006, 1254; vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170).

58

bb) Maßgeblich ist demnach im Streitfall, ob die I-GmbH in der Lage war, die aufgrund der ausgeführten Lieferungen an die K-GmbH geschuldeten Steuerbeträge rechtzeitig anzumelden und zu entrichten. Nach den Feststellungen des FG zu den Zahlungseingängen und Mittelabflüssen bestehen keine Zweifel für den Senat, dass die K-GmbH an die I-GmbH sämtliche in Rechnung gestellten Steuerbeträge bezahlt hat. Diese verfügte somit über genügend Mittel, um die anzumeldenden Steuerbeträge rechtzeitig entrichten zu können. Das FG wählt für die Kausalitätsprüfung demgegenüber einen unzutreffenden Ausgangspunkt. Es hat, seinem rechtsfehlerhaften Ansatz zur Ermittlung des Vermögensschadens folgend, geprüft, ob die Steuerhinterziehung durch den Kläger für die ausgefallene Nachforderung des Fiskus gegenüber der K-GmbH ursächlich war.

59

cc) Unbeachtlich ist, dass die I-GmbH auf Grundlage der Netto-Einkaufspreise einen Verlust erwirtschaftet sowie aus den An- und Verkäufen der CPUs einen "Gewinn" von rund 3,8 Mio. DM erzielt hat, der unterhalb der noch streitigen Haftungssumme liegt.

60

Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG Baden-Württemberg in EFG 2008, 1434, wonach das strafbare Unterlassen des Täters, die gebotenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen nicht abgegeben und die fälligen Steuerbeträge nicht rechtzeitig entrichtet zu haben, nicht ursächlich für den Steuerschaden des Fiskus --in Höhe der nicht angemeldeten Nominalbeträge-- sei, wenn der "Rechnungsaussteller" und Zwischenhändler --hier die I-GmbH-- nicht über ausreichende Zahlungsmittel verfüge, weil er empfangene Zahlungsmittel umgehend für neue An- und Verkaufsgeschäfte innerhalb des Karussells genutzt habe.

61

Die vom Kläger gemeinsam mit P und IW schuldhaft herbeigeführte Zahlungsunfähigkeit der I-GmbH kann weder den Kausalzusammenhang zwischen der Unterlassungstat und dem Schadenseintritt des Fiskus ausschließen, noch ist zu prüfen, ob die Haftungssumme nach den Grundsätzen der anteiligen Tilgung zu mindern sein könnte (vgl. zur schuldhaften Verschlechterung der Liquiditätslage einer Gesellschaft durch den haftenden Gesellschafter die BFH-Entscheidungen vom 5. März 1991 VII R 93/88, BFHE 164, 203, BStBl II 1991, 678; vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8; in BFH/NV 2002, 891).

62

4. Die Sache ist spruchreif. Der angefochtene Haftungsbescheid ist, soweit der Senat noch über ihn zu entscheiden hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bescheid wird geändert und die Haftungssumme auf den durch das FA zugesagten Betrag von 4.721.963,70 DM (2.414.301,70 €) herabgesetzt. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG vom FA zugesagte Änderungsbescheid braucht nicht mehr zu ergehen.

63

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO. Die Kosten des Rechtsstreits sind wegen der zwischenzeitlichen teilweisen Erledigung des Rechtsstreits nach Zeitabschnitten zu verteilen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 136 Rz 3).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesfinanzhof Urteil, 05. Aug. 2010 - V R 13/09

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Bundesfinanzhof Urteil, 05. Aug. 2010 - V R 13/09 zitiert 24 §§.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 126


(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück. (3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof 1. in der Sache selbs

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 100


(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an di

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 118


(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, ka

Abgabenordnung - AO 1977 | § 164 Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung


(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 96


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 370 Steuerhinterziehung


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,2.die Finanzbehörden pflichtwidrig über steu

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 14 Ausstellung von Rechnungen


(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 1 Steuerbare Umsätze


(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund geset

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 3 Lieferung, sonstige Leistung


(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 18 Besteuerungsverfahren


(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu ü

Abgabenordnung - AO 1977 | § 191 Haftungsbescheide, Duldungsbescheide


(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen

Abgabenordnung - AO 1977 | § 34 Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermögensverwalter


(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 102


Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Er

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 6a Innergemeinschaftliche Lieferung


(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: 1. der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebi

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 121


Für das Revisionsverfahren gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug und die Vorschriften über Urteile und andere Entscheidungen entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften über die Revision nichts anderes ergibt. § 79a über d

Abgabenordnung - AO 1977 | § 5 Ermessen


Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 118 Begriff des Verwaltungsakts


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 13 Entstehung der Steuer


(1) Die Steuer entsteht 1. für Lieferungen und sonstige Leistungen a) bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch fü

Abgabenordnung - AO 1977 | § 71 Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers


Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese n

Abgabenordnung - AO 1977 | § 35 Pflichten des Verfügungsberechtigten


Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

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Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

(1) Ist die Revision unzulässig, so verwirft der Bundesfinanzhof sie durch Beschluss.

(2) Ist die Revision unbegründet, so weist der Bundesfinanzhof sie zurück.

(3) Ist die Revision begründet, so kann der Bundesfinanzhof

1.
in der Sache selbst entscheiden oder
2.
das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.
Der Bundesfinanzhof verweist den Rechtsstreit zurück, wenn der in dem Revisionsverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Beigeladene ein berechtigtes Interesse daran hat.

(4) Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Verletzung des bestehenden Rechts, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs zugrunde zu legen.

(6) Die Entscheidung über die Revision bedarf keiner Begründung, soweit der Bundesfinanzhof Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Das gilt nicht für Rügen nach § 119 und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Für das Revisionsverfahren gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug und die Vorschriften über Urteile und andere Entscheidungen entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften über die Revision nichts anderes ergibt. § 79a über die Entscheidung durch den vorbereitenden Richter und § 94a über das Verfahren nach billigem Ermessen sind nicht anzuwenden. Erklärungen und Beweismittel, die das Finanzgericht nach § 79b zu Recht zurückgewiesen hat, bleiben auch im Revisionsverfahren ausgeschlossen.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Lieferungen eines Unternehmers sind Leistungen, durch die er oder in seinem Auftrag ein Dritter den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht).

(1a) Als Lieferung gegen Entgelt gilt das Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung, ausgenommen zu einer nur vorübergehenden Verwendung, auch wenn der Unternehmer den Gegenstand in das Inland eingeführt hat. Der Unternehmer gilt als Lieferer. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in den Fällen des § 6b.

(1b) Einer Lieferung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Entnahme eines Gegenstands durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen;
2.
die unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands durch einen Unternehmer an sein Personal für dessen privaten Bedarf, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen;
3.
jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
Voraussetzung ist, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

(2) (weggefallen)

(3) Beim Kommissionsgeschäft (§ 383 des Handelsgesetzbuchs) liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer.

(3a) Ein Unternehmer, der mittels seiner elektronischen Schnittstelle die Lieferung eines Gegenstands, dessen Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet, durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer an einen Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 unterstützt, wird behandelt, als ob er diesen Gegenstand für sein Unternehmen selbst erhalten und geliefert hätte. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Unternehmer mittels seiner elektronischen Schnittstelle den Fernverkauf von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro unterstützt. Eine elektronische Schnittstelle im Sinne der Sätze 1 und 2 ist ein elektronischer Marktplatz, eine elektronische Plattform, ein elektronisches Portal oder Ähnliches. Ein Fernverkauf im Sinne des Satzes 2 ist die Lieferung eines Gegenstands, der durch den Lieferer oder für dessen Rechnung aus dem Drittlandsgebiet an einen Erwerber in einem Mitgliedstaat befördert oder versendet wird, einschließlich jener Lieferung, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Erwerber im Sinne des Satzes 4 ist ein in § 3a Absatz 5 Satz 1 bezeichneter Empfänger oder eine in § 1a Absatz 3 Nummer 1 genannte Person, die weder die maßgebende Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet; im Fall der Beendigung der Beförderung oder Versendung im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates ist die von diesem Mitgliedstaat festgesetzte Erwerbsschwelle maßgebend. Satz 2 gilt nicht für die Lieferung neuer Fahrzeuge und eines Gegenstandes, der mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert wird.

(4) Hat der Unternehmer die Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands übernommen und verwendet er hierbei Stoffe, die er selbst beschafft, so ist die Leistung als Lieferung anzusehen (Werklieferung), wenn es sich bei den Stoffen nicht nur um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt. Das gilt auch dann, wenn die Gegenstände mit dem Grund und Boden fest verbunden werden.

(5) Hat ein Abnehmer dem Lieferer die Nebenerzeugnisse oder Abfälle, die bei der Bearbeitung oder Verarbeitung des ihm übergebenen Gegenstands entstehen, zurückzugeben, so beschränkt sich die Lieferung auf den Gehalt des Gegenstands an den Bestandteilen, die dem Abnehmer verbleiben. Das gilt auch dann, wenn der Abnehmer an Stelle der bei der Bearbeitung oder Verarbeitung entstehenden Nebenerzeugnisse oder Abfälle Gegenstände gleicher Art zurückgibt, wie sie in seinem Unternehmen regelmäßig anfallen.

(5a) Der Ort der Lieferung richtet sich vorbehaltlich der §§ 3c, 3e und 3g nach den Absätzen 6 bis 8.

(6) Wird der Gegenstand der Lieferung durch den Lieferer, den Abnehmer oder einen vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragten Dritten befördert oder versendet, gilt die Lieferung dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung an den Abnehmer oder in dessen Auftrag an einen Dritten beginnt. Befördern ist jede Fortbewegung eines Gegenstands. Versenden liegt vor, wenn jemand die Beförderung durch einen selbständigen Beauftragten ausführen oder besorgen lässt. Die Versendung beginnt mit der Übergabe des Gegenstands an den Beauftragten.

(6a) Schließen mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Liefergeschäfte ab und gelangt dieser Gegenstand bei der Beförderung oder Versendung unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer (Reihengeschäft), so ist die Beförderung oder Versendung des Gegenstands nur einer der Lieferungen zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung dabei durch den ersten Unternehmer in der Reihe befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch den letzten Abnehmer befördert oder versendet, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen. Wird der Gegenstand der Lieferung durch einen Abnehmer befördert oder versendet, der zugleich Lieferer ist (Zwischenhändler), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen, es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat. Gelangt der Gegenstand der Lieferung aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates und verwendet der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde, ist die Beförderung oder Versendung seiner Lieferung zuzuordnen. Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler gegenüber dem leistenden Unternehmer bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung erteilt wurde. Gelangt der Gegenstand der Lieferung vom Drittlandsgebiet in das Gemeinschaftsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Gegenstand der Lieferung im Namen des Zwischenhändlers oder im Rahmen der indirekten Stellvertretung (Artikel 18 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union, ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1) für seine Rechnung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wird.

(6b) Wird ein Unternehmer gemäß Absatz 3a behandelt, als ob er einen Gegenstand selbst erhalten und geliefert hätte, wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben.

(7) Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. In den Fällen der Absätze 6a und 6b gilt Folgendes:

1.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangehen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt.
2.
Lieferungen, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung folgen, gelten dort als ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet.

(8) Gelangt der Gegenstand der Lieferung bei der Beförderung oder Versendung aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, gilt der Ort der Lieferung dieses Gegenstands als im Inland gelegen, wenn der Lieferer oder sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist.

(8a) (weggefallen)

(9) Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind. Sie können auch in einem Unterlassen oder im Dulden einer Handlung oder eines Zustands bestehen.

(9a) Einer sonstigen Leistung gegen Entgelt werden gleichgestellt

1.
die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen; dies gilt nicht, wenn der Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1b ausgeschlossen oder wenn eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Absatz 6a durchzuführen ist;
2.
die unentgeltliche Erbringung einer anderen sonstigen Leistung durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen.

(10) Überlässt ein Unternehmer einem Auftraggeber, der ihm einen Stoff zur Herstellung eines Gegenstands übergeben hat, an Stelle des herzustellenden Gegenstands einen gleichartigen Gegenstand, wie er ihn in seinem Unternehmen aus solchem Stoff herzustellen pflegt, so gilt die Leistung des Unternehmers als Werkleistung, wenn das Entgelt für die Leistung nach Art eines Werklohns unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffs und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

(11) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung als an ihn und von ihm erbracht.

(11a) Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung, die über ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal erbracht wird, eingeschaltet, gilt er im Sinne von Absatz 11 als im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelnd. Dies gilt nicht, wenn der Anbieter dieser sonstigen Leistung von dem Unternehmer als Leistungserbringer ausdrücklich benannt wird und dies in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien zum Ausdruck kommt. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn

1.
in den von jedem an der Erbringung beteiligten Unternehmer ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind;
2.
in den dem Leistungsempfänger ausgestellten oder verfügbar gemachten Rechnungen die sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 und der Erbringer dieser Leistung angegeben sind.
Die Sätze 2 und 3 finden keine Anwendung, wenn der Unternehmer hinsichtlich der Erbringung der sonstigen Leistung im Sinne des Satzes 2
1.
die Abrechnung gegenüber dem Leistungsempfänger autorisiert,
2.
die Erbringung der sonstigen Leistung genehmigt oder
3.
die allgemeinen Bedingungen der Leistungserbringung festlegt.
Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn der Unternehmer lediglich Zahlungen in Bezug auf die erbrachte sonstige Leistung im Sinne des Satzes 2 abwickelt und nicht an der Erbringung dieser sonstigen Leistung beteiligt ist.

(12) Ein Tausch liegt vor, wenn das Entgelt für eine Lieferung in einer Lieferung besteht. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn das Entgelt für eine sonstige Leistung in einer Lieferung oder sonstigen Leistung besteht.

(13) Ein Gutschein (Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein) ist ein Instrument, bei dem

1.
die Verpflichtung besteht, es als vollständige oder teilweise Gegenleistung für eine Lieferung oder sonstige Leistung anzunehmen und
2.
der Liefergegenstand oder die sonstige Leistung oder die Identität des leistenden Unternehmers entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind.
Instrumente, die lediglich zu einem Preisnachlass berechtigen, sind keine Gutscheine im Sinne des Satzes 1.

(14) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem der Ort der Lieferung oder der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Umsätze geschuldete Steuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen, ist ein Einzweck-Gutschein. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im eigenen Namen, gilt die Übertragung des Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht. Überträgt ein Unternehmer einen Einzweck-Gutschein im Namen eines anderen Unternehmers, gilt diese Übertragung als Lieferung des Gegenstands oder Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, durch den Unternehmer, in dessen Namen die Übertragung des Gutscheins erfolgt. Wird die im Einzweck-Gutschein bezeichnete Leistung von einem anderen Unternehmer erbracht als dem, der den Gutschein im eigenen Namen ausgestellt hat, wird der leistende Unternehmer so behandelt, als habe er die im Gutschein bezeichnete Leistung an den Aussteller erbracht. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die ein Einzweck-Gutschein als Gegenleistung angenommen wird, gilt in den Fällen der Sätze 2 bis 4 nicht als unabhängiger Umsatz.

(15) Ein Gutschein im Sinne des Absatzes 13, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt, ist ein Mehrzweck-Gutschein. Die tatsächliche Lieferung oder die tatsächliche Erbringung der sonstigen Leistung, für die der leistende Unternehmer einen Mehrzweck-Gutschein als vollständige oder teilweise Gegenleistung annimmt, unterliegt der Umsatzsteuer nach § 1 Absatz 1, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht,
wer in Steuerverkürzungsabsicht Vorsteuer aus Rechnungen
geltend macht, die von Personen gestellt werden, die nicht
Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG sind.
Keine Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne sind Personen
, die von ihnen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht gegenüber
dem Finanzamt anmelden sollen, und die lediglich zu diesem
Zweck in der Lieferkette vorgeschaltet wurden.
BGH, Urt. vom 22. Mai 2003 - 5 StR 520/02
LG Limburg a. d. Lahn -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 22. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
22. Mai 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten H ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Limburg a. d. Lahn vom 29. April 2002 wird hinsichtlich des Angeklagten S mit der Maßgabe verworfen, daß dieser wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen verurteilt ist.
2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird – unter Verwerfung ihrer Revision im übrigen – das vorgenannte Urteil bezüglich des Angeklagten H mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Untreue in 41 Fällen verurteilt wurde;
b) im Gesamtstrafausspruch.
3. Die Staatskasse trägt die Kosten des Revisionsverfahrens und die den Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen.
4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Verfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten S wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten H wegen Untreue in 41 Fällen sowie Steuerhinterziehung in 17 Fällen, davon in elf Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen hat das Landgericht bei beiden Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Die gegen das Urteil zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben im wesentlichen erfolglos. Im übrigen hat das Rechtsmittel zugunsten des Angeklagten H in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte S , der zunächst als freier Mitarbeiter der U H GmbH (im folgenden: U ) mit dem Einkauf von elektronischen Bauteilen (hier: Central Processing Units – CPUs) betraut war, ab August 1996 in diesem Unternehmen die Stellung eines Geschäftsführers inne. Auf Rechnung der U kaufte der Angeklagte S von dem anderweit verfolgten Zeugen He über dessen Unternehmen C und Co solche CPUs in großem Ausmaß. Die U finanzierte dem Zeugen He die Bestellungen vor, die dieser als innergemeinschaftliche Lieferung umsatzsteuerfrei aus dem EU-Ausland einführte. Dem Angeklagten S war dabei bewußt, daß He die CPUs an U zwar mit Umsatzsteuerausweis verkaufte, seinerseits aber keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgab. Dies geschah in Absprache mit dem Angeklagten S , der die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer für die U als Vorsteuer geltend machte. Ihm kam es darauf an, die Ware durch diese Vorgehensweise um
den Umsatzsteueranteil zu verbilligen. Den Vermögensvorteil, der durch die nicht angemeldete und nicht abgeführte Umsatzsteuer entstand, teilten sich He , der hiervon 70 % erhielt, und der Angeklagte S . Hierdurch erzielte der Angeklagte S insgesamt einen – von den Beteiligten sogenannten – „Umsatzsteuergewinn“ in Höhe von ca. 1 Million DM. Der Angeklagte S veräußerte die CPUs überwiegend an die vom Angeklagten H geführte H P C und V GmbH (HP ), deren Gesellschafter der Angeklagte H und dessen Ehefrau waren. Der HP gegenüber stellte der Angeklagte S Rechnungen mit Mehrwertsteuerausweis. Die HP machte die ausgewiesene und von ihr bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend. Der Angeklagte H verkaufte über sein Unternehmen die CPUs dann an verschiedene Abnehmer, unter anderem auch an die niederländische Ha . Das Landgericht hat sich nicht davon überzeugen können, daß der Angeklagte H Kenntnis davon hatte, daß der Angeklagte S die CPUs vom He bezog und dieser keine entsprechenden Umsatzsteueranmeldungen abgegeben hatte.
Den Angeklagten S hat es wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung des He verurteilt, weil dieser in den Monaten Juli bis Dezember 1996 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und dadurch ca. 15 Millionen DM Steuern verkürzt hatte. Eine eigene Täterschaft bei der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen der U durch den Angeklagten S scheide aus, weil dieser berechtigt die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug gebracht habe. Unabhängig davon, ob He für die C.S. die ausgewiesene Umsatzsteuer angemeldet habe, habe er als Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne der U die Ware verschafft.
Der Angeklagte H hatte nach den Feststellungen des Landgerichts in 39 Fällen Zahlungen an die Einkäufer Ho (M in Dreieich) und N (J in Raunheim) geleistet, die aus einem vorher
zu Lasten ihres Arbeitgebers getätigten Preisaufschlag gezahlt wurden. Um selbst aus dem Vermögen der GmbH seinen Anteil entnehmen zu können, erstellte der Angeklagte H entsprechende Provisionsabrechnungen, die teilweise über die Summe der Preisaufschläge hinausgingen. Insgesamt fertigte er in 39 Fällen Provisionsabrechnungen in Höhe von ca. 275.000 DM. Weiterhin ließ sich der Angeklagte vom Zeugen B zwei Scheinrechnungen – unter Ausweis der Umsatzsteuer – in Höhe von brutto 138.000 DM und 172.500 DM über Beratungs- und Vermittlungsleistungen ausstellen, die B tatsächlich nicht erbracht hatte. Der Zeuge B erhielt hierfür eine Provision in Höhe von 10 % der Rechnungssumme. Diese Gelder entnahm der Angeklagte H dem Gesellschaftsvermögen. Diese vorgenannten Entnahmen aus dem Vermögen der HP GmbH hat das Landgericht als jeweils tatmehrheitlich begangene Untreuehandlungen zu Lasten der HP GmbH gewertet.
Die Belege über die vorgenannten Entnahmen, die sämtlich mit einem Umsatzsteuerausweis versehen waren, verwandte der Angeklagte H , indem er hieraus Vorsteuern geltend machte. Dadurch verkürzte er seine Umsatzsteuerlast. Weiterhin legte er in elf Fällen seinen Umsatzsteueranmeldungen Quittungen bei, in denen er in der Absicht, Umsatzsteuer zu verkürzen , die ausgewiesenen Beträge durch Manipulation am Beleg erhöht hatte. Insoweit hat ihn das Landgericht wegen Steuerhinterziehung in 17 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung in elf Fällen verurteilt.

II.


Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben, soweit sie zu Ungunsten der Angeklagten eingelegt wurden, im wesentlichen ohne Erfolg.
Die drei von der Staatsanwaltschaft erhobenen Aufklärungsrügen sind jedenfalls schon deshalb unzulässig, weil sich ihnen jeweils keine bestimmte
Beweisbehauptung entnehmen läßt. Insoweit beschränken sich die Rügen darauf, lediglich allgemeine Ermittlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
1. Hinsichtlich des Angeklagten S führt die Revision der Staatsanwaltschaft zu einer Änderung des Schuldspruchs.

a) Ohne Rechtsfehler geht das Landgericht allerdings davon aus, daß hinsichtlich der von dem Zeugen H begangenen Umsatzsteuerhinterziehungen keine Mittäterschaft des Mitangeklagten S vorliegt. Zwar ist eine Mittäterschaft bei Steuerhinterziehungen Dritter nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO grundsätzlich möglich, weil Täter auch derjenige sein kann, den selbst keine steuerlichen Pflichten treffen (BGHSt 38, 37, 41; BGH NStZ 1986, 463). Etwas anderes gilt aber für den echten Unterlassenstatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Danach macht sich strafbar, wer die Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis läßt, insbesondere indem er es unterläßt, eine Steuererklärung abzugeben, und dadurch Steuern verkürzt. Täter kann deshalb nur derjenige sein, den die konkrete Pflicht zur Abgabe der Steueranmeldung trifft (vgl. auch Gribbohm/Utech NStZ 1990, 209, 211). Hinsichtlich der Firmen , für die der Zeuge H handelte, traf ausschließlich ihn die steuerrechtliche Pflicht zur Abgabe entsprechender Umsatzsteueranmeldungen.

b) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet jedoch die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte S habe die der U in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug bringen dürfen.
aa) Eine – hier allein in Betracht kommende – Vorsteuererstattung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, daß in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG eine Steuer gesondert ausgewiesen ist für Lieferungen, die von einem anderen Unternehmen für das Unternehmen des Vorsteuerberechtigten ausgeführt wurden. Demnach müßte zwischen dem Lieferanten und dem Empfänger ein Leistungsaustausch stattgefunden haben, mithin der Verur-
teilte H als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG geliefert ha- ben. Zwar ist Unternehmer grundsätzlich derjenige, der nach außen als Leistender aufgetreten und aus dem Rechtsverhältnis berechtigt und verpflichtet ist. Etwas anderes gilt aber dann, wenn ein vorgeschobenes Strohmanngeschäft vorliegt und die Parteien davon ausgehen, daß die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen eintreten sollen (BFHE 198, 208, 213; vgl. auch Klenk in Sölch/Ringleb, UStG 48. Lfg. § 2 Rdn. 225 f.). Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Strohmann und der Dritte kollusiv handeln. In solchen Kollusionsfällen bedient sich eine Seite des Strohmanns für die Durchsetzung eigener wirtschaftlicher Interessen. Liegt eine solche Fallgestaltung vor, ist dieser Strohmann nur noch als Hilfsperson dem Lager desjenigen zuzuordnen, in dessen Interesse er handelt (vgl. Heidner in Bunjes/Geist, UStG 7. Aufl. § 2 Rdn. 13 m. w. N.). Entscheidend ist deshalb immer, ob nach dem Gesamtbild der Umstände noch ein Verhalten „wie ein Händler“ angenommen werden kann (vgl. BFH BStBl II 1985, 173, 176; 1987, 752; Heidner aaO Rdn. 7; Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG 8. Aufl. § 2 Rdn. 303).
bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlt dem Zeugen He eine entsprechende eigene Unternehmerstellung; denn er war in die Lieferkette nicht wie ein typischer Händler einbezogen. Auch wenn die Bestellungen formell über ihn abgewickelt wurden, bestand seine wesentliche Aufgabe darin, durch Hinterziehung der Umsatzsteuer einen Gewinn zu ermöglichen. Er hatte weder ein Kapitalrisiko zu tragen, weil ihm die Waren durch die U vorfinanziert wurden, noch bestand ein wesentliches Abnahmerisiko , weil er nur auf Bestellung des Angeklagten S handelte. Aus dessen Sicht war He lediglich ein nach seinen Vorgaben funktionierendes Zwischenglied, dessen alleinige Aufgabe es war, einen „Umsatzsteuergewinn“ zu erwirtschaften. Dieses ist aber gerade kein handelstypisches Verhalten.
War He somit als unselbständiger Strohmann dem Lager des Angeklagten S zuzurechnen, fehlte ihm die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG. Lieferungen, die durch He an die U erfolgten, unterlagen damit nicht dem Vorsteuerabzug. Da der Angeklagte S die CPUs über seinen Strohmann He für die U als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nr. 1 lit. b i. V. m. § 6a Abs. 1 UStG) erhielt, war zu Lasten der U keine Umsatzsteuer entstanden, die Gegenstand einer Vorsteuererstattung hätte sein können.
cc) In der Geltendmachung der Vorsteuer in den Umsatzsteueranmeldungen liegt damit eine täterschaftliche Handlung der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO. Daß der Angeklagte, dem es um den „umsatzsteuerlichen Gewinn“ ging, dabei auch vorsätzlich gehandelt hat, bedarf keiner näheren Erläuterung. Eine Beihilfehandlung zur Steuerhinterziehung des He kommt daneben nicht mehr in Betracht, weil dessen Handlung eine ihm steuerlich zuzurechnende Vorbereitungshandlung für seine eigene Steuerhinterziehung darstellte. Die steuerliche Verkürzung realisierte sich allein durch den unberechtigten Vorsteuerabzug der U , den der Angeklagte S bewirkt hat. Ein weiterreichender selbständiger Steuerschaden ist durch das Verhalten des He nicht entstanden.
dd) Den Schuldspruch kann der Senat hier selbst umstellen. Der Angeklagte S war wegen täterschaftlicher Steuerhinterziehung angeklagt. Die Frage der Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG war – wie die Urteilsgründe belegen – ein zentraler Punkt der Erörterungen im landgerichtlichen Verfahren. Vor diesem Hintergrund ist es auszuschließen, daß sich der Angeklagte im Falle einer neuerlichen Zurückverweisung anders hätte verteidigen können als bislang geschehen.

c) Die Änderung des Schuldspruchs führt beim Angeklagten S gleichwohl nicht zu einer Aufhebung des Strafausspruches. Der Senat kann ausschließen, daß im Hinblick auf die in den Urteilsgründen aufgeführten
Milderungsgründe und insbesondere aufgrund der dargestellten Verfahrensverzögerung eine andere Strafe in Betracht kommt.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten H beanstandet die unterbliebene Verurteilung wegen Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der Abnahme der CPUs. Sie bleibt ohne Erfolg.

a) Die Auffassung der Beschwerdeführerin, im Verhältnis zwischen der (vom Angeklagten S repräsentierten) U und der vom Angeklagten H geleiteten HP GmbH läge kein Liefervorgang im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor, trifft nicht zu. An einer Unternehmerstellung im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG bestehen in diesem Fall keine Zweifel. Sie handelten die Preise aus und verhielten sich wie Kaufleute. Insoweit waren sie beide Teil eines selbständigen Leistungsaustausches. Allein der Umstand, daß der dem Angeklagten S vorgeschaltete He kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne war, hat keinen Einfluß auf das Verhältnis zwischen U und HP , weil jede Leistungsbeziehung selbständig zu betrachten ist.
Die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG mag allerdings dann fehlen, wenn bloße Scheingeschäfte abgewickelt werden, die letztlich nur auf einen „Umsatzsteuergewinn“ ausgerichtet sind. Im vorliegenden Fall hat das Landgericht jedoch nur eine Kreislieferung in zwei Fällen festgestellt, wobei offen geblieben ist, ob der Kreis sich bis zum Angeklagten H und dessen HP geschlossen und er hiervon überhaupt Kenntnis erlangt hat.

b) Ohne Rechtsverstoß kommt das Landgericht nach einer eingehenden und sorgfältigen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, daß der Angeklagte H nicht in ein Gesamtsystem eingebunden war, das auf die Verkürzung der Umsatzsteuer ausgerichtet war, oder daß der Angeklagte H beim Ankauf der CPUs hiervon zumindest Kenntnis erlangt hatte.
aa) Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweis- mittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen oder sie nur deshalb zu beanstanden, weil aus seiner Sicht eine andere Bewertung der Beweise näher gelegen hätte. Das Revisionsgericht kann eine solche Entscheidung im übrigen nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft, Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze aufweist oder ob der Tatrichter überspannte Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche Gewißheit gestellt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ-RR 2000, 171 f.).
bb) Diesen Anforderungen hält das landgerichtliche Urteil stand.
(1) Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Indiztatsachen hat das Landgericht gesehen und gewürdigt. Soweit die Staatsanwaltschaft sich bei ihrer abweichenden Beurteilung auf zwei nachgewiesene Warenkreisläufe stützt, kommt diesem Umstand kein Beweiswert zu, weil das Landgericht nicht feststellen konnte, daß gerade der Angeklagte H in diesen Kreislauf einbezogen war. Vielmehr schließt das Landgericht auf der Grundlage der Aussage des Zeugen W eine Lieferung der markierten Kisten an H aus. Weshalb ein Telefongespräch des Angeklagten S mit dem He , das der Angeklagte H mithören konnte, Anhaltspunkte für dessen Kenntnis von Umsatzsteuerhinterziehungen im Vorfeld der Handelskette geben könnte, ist nicht zu erkennen.
(2) Dem Zusammenhang der Urteilsgründe läßt sich auch mit hinreichender Sicherheit entnehmen, daß der Tatrichter die gebotene Gesamtwürdigung (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11, 24 jeweils m. w. N.) vorgenommen hat. Er stellt nämlich die den Angeklagten H entlasten-
den Gesichtspunkte (ordnungsgemäße und unauffällige Abwicklung der Geschäfte , die entlastende Aussage des Mitangeklagten S sowie mittelbar auch des Zeugen He , der nichts von einer kollusiven Einbindung des Angeklagten H wußte) den jeweils belastenden Umständen (Nichtregistrierung der eine Identifizierung ermöglichenden Lotnummern der CPUs, günstige Preise, schneller Warenumschlag) gegenüber. Unter Würdigung der jeweils für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte ist das Landgericht dann zu der Wertung gelangt, daß die Einlassung des Angeklagten nicht widerlegbar ist. Bei diesem Gang der Prüfung ist auszuschließen , daß der Tatrichter die belastenden Indizien nicht auch in ihrer Gesamtheit gesehen und gewürdigt hat.
(3) Keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet schließlich die vom Landgericht im Rahmen der Beweiswürdigung benutzte und von der Beschwerdeführerin beanstandete Wendung, es halte „die Einlassung des Angeklagten für nicht widerlegbar“. Zwar dürfen nicht alle denkbaren Gesichtspunkte und vagen Möglichkeiten, zu denen keine Feststellungen getroffen werden können, zugunsten des Angeklagten berücksichtigt werden (BGH NJW 2002, 2188, 2189; NStZ-RR 2002, 243; BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 18, 22). Dies hat das Landgericht indes ersichtlich auch nicht getan. Vielmehr würdigt es die Umstände, die für und gegen die Einlassung des Angeklagten H sprechen, wonach er keine Kenntnis von den Umsatzsteuermanipulationen erlangt haben will. Mit der Schlußfolgerung, die Einlassung des Angeklagten sei nicht widerlegbar, wird lediglich zum Ausdruck gebracht, das Landgericht habe sich keine sichere Überzeugung davon bilden können, daß der Angeklagte – entgegen seinen Beteuerungen – doch von den umsatzsteuerlichen Manipulationen seines Lieferanten Kenntnis hatte.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die gemäß § 301 StPO hier zugunsten des Angeklagten H wirkt, führt zur Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte H wegen Untreue verurteilt worden ist.

a) Die Staatsanwaltschaft hat im Hinblick auf den Angeklagten H die umfassende Aufhebung des landgerichtlichen Urteils beantragt. In ihrer Begründung wendet sich die Revision allerdings allein gegen die unterbliebene Verurteilung wegen Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Erwerb der CPUs über die U . Ob in der Begründung eine teilweise Beschränkung des Rechtsmittels zu sehen ist, bedarf keiner Entscheidung. Eine Beschränkung wäre unwirksam, wenn es sich – unabhängig davon , ob Tateinheit (§ 52 StGB) oder Tatmehrheit (§ 53 StGB) vorliegt – um eine einheitliche Tat im Sinne des § 264 StPO handeln würde. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, sind diese Voraussetzungen hier erfüllt. Der aufgrund der Anklage zur Aburteilung gestellte Lebenssachverhalt enthält alle damit zusammenhängenden und darauf bezogenen Vorkommnisse , auch wenn diese in der Anklageschrift nicht ausdrücklich erwähnt sind (BGHSt 29, 288, 292 f.; NStZ 2001, 440). Maßgeblich ist dabei, daß zwischen den eine prozessuale Tat bildenden geschichtlichen Vorgängen unter Berücksichtigung ihrer strafrechtlichen Bedeutung ein untrennbarer Zusammenhang besteht. Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb gegeben , weil die als Untreuehandlung ausgeurteilten Handlungen zugleich den Gegenstand der Umsatzsteuerhinterziehung bildeten; denn die zu Unrecht als Provisionen oder Beraterhonorare bezeichneten Betriebsausgaben enthielten jeweils auch einen sachlich nicht gerechtfertigten Umsatzsteuerausweis , den der Angeklagte bei seinen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in Verkürzungsabsicht als Vorsteuerabzug geltend machte. Da wiederum die von der Staatsanwaltschaft angestrebte Verurteilung wegen der Umsatzsteuerhinterziehungen im Zusammenhang mit dem Ankauf der CPUs lediglich den Schuldumfang der bereits ausgeurteilten falschen Umsatzsteueranmeldungen erhöhen würde, liegt zwischen sämtlichen Handlungen ein derart untrennbarer Zusammenhang vor, daß sie aufgrund ihrer Verzahnung insgesamt eine einheitliche prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO bilden.

b) Die Verurteilungen wegen Untreue zum Nachteil der HP GmbH gemäß § 266 StGB haben keinen Bestand. Gesellschafter und Geschäftsfüh-
rer der HP GmbH waren der Angeklagte und seine Ehefrau. In der Recht- sprechung des Bundesgerichtshofs ist für den Alleingesellschafter anerkannt, daß dieser ohne weiteres Vermögenswerte aus der GmbH ziehen kann. Eine Grenze besteht insoweit, als das Stammkapital nicht beeinträchtigt und insbesondere keine Existenzgefährdung der Gesellschaft hierdurch herbeigeführt werden darf (BGHSt 9, 203, 216; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Nachteil 23, 37, 45). Dies gilt im übrigen auch dann, wenn bei einer mehrgliedrigen Kapitalgesellschaft sämtliche Gesellschafter einvernehmlich handeln, selbst wenn die Entnahmen zum Zwecke der Steuerhinterziehung verschleiert werden (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW 2000, 154, 155 m. Anm. Gehrlein S. 1089 f.).

c) Der neue Tatrichter wird demnach zu prüfen haben, ob die Ehefrau des Angeklagten H als dessen Mitgesellschafterin die Entnahmen gebilligt hat. Selbst wenn sich ein solches Einverständnis nicht feststellen lassen sollte, hätte das Fehlen ihrer Zustimmung allenfalls dann Bedeutung, wenn die Ehefrau des Angeklagten H als verbliebene und alleingeschädigte Gesellschafterin gemäß § 266 Abs. 2 StGB i.V.m. § 247 StGB fristgerecht einen Strafantrag gestellt hätte. Unabhängig davon wird der neue Tatrichter feststellen müssen, ob durch die Entnahmehandlungen des Angeklagten H das Stammkapital der HP GmbH angegriffen oder deren Existenz gefährdet worden ist. In diesem Falle käme es auf ein Einverständnis seiner Mitgesellschafter nicht mehr an (BGH NJW aaO).
Soweit eine Beihilfe zur Untreue der Zeugen N und Ho zu Lasten ihrer Arbeitgeber in Betracht kommt, bezöge sich ein solcher Tatvorwurf nicht auf die angeklagte Tat. Bei einer Beihilfe zu einer Untreue der Zeugen N und Ho ist Tathandlung die Vereinbarung eines Preisaufschlages, bei einer Untreue zu Lasten der HP GmbH ist die Entnahme der Gelder Tathandlung. Beide Vorgänge stehen aber nicht in einem so untrennbaren Zusammenhang, daß sie jeweils als dieselbe prozessuale Tat im Sinne des § 264 StPO angesehen werden müßten.

d) Die Aufhebung der Schuldsprüche wegen Untreue führt zur Aufhe- bung des Gesamtstrafausspruches mit den zugehörigen Feststellungen. Obwohl auch die Einsatzstrafe in Wegfall gelangt, kann der Senat ausschließen, daß die übrigen Einzelstrafen von dem Rechtsfehler beeinflußt sind. Die insoweit zur Strafzumessung getroffenen Feststellungen bleiben gleichfalls bestehen.

III.


Trotz der Teilaufhebung nach § 301 StPO sind die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft im Sinne des Kostenrechts erfolglos (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO). Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Eine innergemeinschaftliche Lieferung (§ 4 Nummer 1 Buchstabe b) liegt vor, wenn bei einer Lieferung die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
der Unternehmer oder der Abnehmer hat den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,
2.
der Abnehmer ist
a)
ein in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasster Unternehmer, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat,
b)
eine in einem anderen Mitgliedstaat für Zwecke der Umsatzsteuer erfasste juristische Person, die nicht Unternehmer ist oder die den Gegenstand der Lieferung nicht für ihr Unternehmen erworben hat, oder
c)
bei der Lieferung eines neuen Fahrzeugs auch jeder andere Erwerber,
3.
der Erwerb des Gegenstands der Lieferung unterliegt beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerungund
4.
der Abnehmer im Sinne der Nummer 2 Buchstabe a oder b hat gegenüber dem Unternehmer eine ihm von einem anderen Mitgliedstaat erteilte gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet.
Der Gegenstand der Lieferung kann durch Beauftragte vor der Beförderung oder Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet bearbeitet oder verarbeitet worden sein.

(2) Als innergemeinschaftliche Lieferung gilt auch das einer Lieferung gleichgestellte Verbringen eines Gegenstands (§ 3 Abs. 1a).

(3) Die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 müssen vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat.

(4) Hat der Unternehmer eine Lieferung als steuerfrei behandelt, obwohl die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen, so ist die Lieferung gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte. In diesem Fall schuldet der Abnehmer die entgangene Steuer.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 41/09
vom
7. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
weitere Verfahrensbeteiligte:
1.
2.
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Juli 2009 beschlossen:
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird nach Art. 234 Abs. 3 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung betreffend Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/388/ EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem : einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (im Folgenden : Sechste Richtlinie) vorgelegt: Ist Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in dem Sinne auszulegen, dass einer Lieferung von Gegenständen im Sinne dieser Vorschrift die Befreiung von der Mehrwertsteuer zu versagen ist, wenn die Lieferung zwar tatsächlich ausgeführt worden ist, aber aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der steuerpflichtige Verkäufer
a) wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz beteiligt , der darauf angelegt ist, Mehrwertsteuer zu hinterziehen, oder
b) Handlungen vorgenommen hat, die darauf abzielten, die Person des wahren Erwerbers zu verschleiern, um diesem oder einem Dritten zu ermöglichen, Mehrwertsteuer zu hinterziehen?

Gründe:

I.


1
1. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat über die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Mannheim zu entscheiden. Der Angeklagte, ein portugiesischer Staatsangehöriger, befand sich in dem gegen ihn geführten Strafverfahren seit 30. Januar 2008 in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 17. September 2008 hat das Landgericht den Haftbefehl wegen fortbestehender Fluchtgefahr aufrechterhalten, jedoch gegen Auflagen und Weisungen außer Vollzug gesetzt. Trotz der Außervollzugsetzung gebietet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (ebenso wie Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des deutschen Grundgesetzes) auch in dieser prozessualen Situation eine beschleunigte Behandlung der Sache (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. November 2005 - 2 BvR 1737/05, NJW 2006, 668). Im Einzelnen wurde dem Angeklagten auferlegt, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- Euro zu erbringen und seine Ausweispapiere zur Akte zu reichen. Daneben hat das Landgericht ihn angewiesen, die Bundesrepublik Deutschland nicht ohne vorherige Genehmigung des Landgerichts zu verlassen und jeden Wechsel seines Wohnsitzes oder dauernden Aufenthalts dem Landgericht anzuzeigen. Zuletzt wurde ihm die Auflage erteilt, sich zweimal wöchentlich bei dem für ihn zuständigen Polizeirevier persönlich zu melden. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 17. September 2008 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Es hat im Wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt, den der Senat seiner Vorlage zugrunde legt:
2
Der Angeklagte war Geschäftsführer der P. GmbH mit Sitz in W. (Land Baden-Württemberg, Bundesrepublik Deutschland). Das Unternehmen handelte mit hochwertigen Fahrzeugen. Seit 2001 verkaufte es weit über 500 Fahrzeuge pro Jahr. Käufer der Fahrzeuge waren zum größten Teil gewerblich tätige Fahrzeughändler, die in Portugal geschäftsansässig waren.
3
Ab dem Jahr 2002 nahm der Angeklagte die nachfolgend geschilderten Manipulationen vor, um gewerblichen Fahrzeughändlern in Portugal die Hinterziehung portugiesischer Umsatzsteuer zu ermöglichen. Das war zum einen für ihn selbst wirtschaftlich vorteilhaft: Er konnte die Fahrzeuge zu einem Preis verkaufen , der bei rechtmäßiger Vorgehensweise am Markt nicht erzielbar gewesen wäre. Infolge dieses Wettbewerbsvorteils gegenüber steuerehrlichen deutschen Fahrzeughändlern erzielte er beträchtliche Gewinne. Zum anderen waren die Geschäfte auch für die Fahrzeughändler in Portugal wirtschaftlich vorteilhaft. Weil deren Eigenschaft als tatsächliche Käufer verschleiert wurde, konnten sie die Erwerbsbesteuerung in Portugal umgehen. So war es ihnen möglich, die Fahrzeuge ohne Anmeldung und Abführung portugiesischer Umsatzsteuer an Endverbraucher in Portugal weiterzuverkaufen. Ziel der Manipulationen war somit, weder in Deutschland noch in Portugal Umsatzsteuer zu bezahlen. Verkäufer und Käufer bereicherten sich also auf Kosten des Steuerfiskus.
4
Zu diesem Zweck entwickelte der Angeklagte ein aufwändiges Täuschungssystem , um die tatsächlichen Käufer der Fahrzeuge zu verschleiern:
5
Er manipulierte sein Rechnungswesen durch Scheinrechnungen. Diese verschleierten die tatsächlichen Vertrags- und Lieferbeziehungen. Die Verkaufsrechnungen stellte er auf Scheinkäufer aus. Dabei enthielten die - in die Buchhaltung der P. GmbH aufgenommenen Rechnungen - jeweils die Firma des Scheinkäufers als Rechnungsadressat, dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer , die Bezeichnung des - tatsächlich an einen anderen Erwerber gelieferten - Fahrzeugs, den Kaufpreis sowie den Zusatz „steuerfreie innerge- meinschaftliche Lieferung nach § 6a UStG“. Dadurch sollte der Eindruck er- weckt werden, dass der Scheinkäufer den Umsatz in Portugal der Erwerbsbesteuerung unterwerfen würde. Bei den Scheinkäufern handelte es sich um tatsächlich existierende Unternehmen in Portugal. Teilweise waren die Scheinkäufer mit der Verwendung ihrer Firma für die Zwecke des Angeklagten einverstanden , teilweise hatten sie davon keine Kenntnis.
6
Die tatsächlichen Käufer - also nicht die Scheinkäufer - verkauften die Fahrzeuge an private Endabnehmer in Portugal. Plangemäß verschwiegen sie den portugiesischen Finanzbehörden den wahren Sachverhalt: den innergemeinschaftlichen Erwerb vom Unternehmen des Angeklagten. So vermieden sie die bei Erwerb angefallene Umsatzsteuer. Die tatsächlichen Geschäftsbeziehungen wurden durch weitere Maßnahmen zusätzlich verschleiert. Der Angeklagte ließ - soweit die privaten Endabnehmer in Portugal zur Zeit der Lieferung bereits bekannt waren - bereits die CMR-Frachtbriefe auf diese Personen ausstellen. In diesen Fällen erstellte der Angeklagte eine weitere Scheinrechnung mit den Endabnehmern als Adressaten und dem unzutreffenden Zusatz „Differenz -Besteuerung nach § 25a UStG“.
7
Auf diese Weise verkaufte und lieferte die P. GmbH im Jahr 2002 407 Fahrzeuge für 7.720.391,-- Euro. Im Jahr 2003 wurden 720 Fahrzeuge für 11.169.460,-- Euro verkauft und geliefert. Diese Umsätze erklärte der Angeklagte in den Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2002 und 2003 der P. GmbH als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. In den neben den Steuererklärungen abzugebenden Meldungen an das deutsche Bundeszentral- amt für Steuern benannte der Angeklagte die in den Rechnungen aufgeführten Scheinkäufer als Vertragspartner, um eine Ermittlung der tatsächlichen Käufer in Portugal über das Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem zu verhindern.
8
2. Nach Auffassung des Landgerichts handelt es sich bei den verschleierten Lieferungen nach Portugal nicht um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Durch die Manipulation der beleg- und buchmäßigen Nachweise sei eine den innergemeinschaftlichen Wettbewerb verzerrende Steuerverkürzung in Portugal herbeigeführt worden. Das sei ein gezielter Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Regeln, der die Versagung der Steuerbefreiung in Deutschland rechtfertige. Die Deklaration der betroffenen Umsätze als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen sei daher falsch gewesen. Vielmehr hätte die P. GmbH die deutsche Umsatzsteuer auf diese Lieferungen erheben , an die Finanzverwaltung abführen und in ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen angeben müssen. Wegen des Verstoßes gegen diese Pflichten habe sich der Angeklagte als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft der Steuerhinterziehung strafbar gemacht; er habe im Jahr 2002 Umsatzsteuer von mehr als 1 Mio. Euro und im Jahr 2003 von mehr als 1,5 Mio. Euro verkürzt.
9
3. Der Angeklagte wendet sich gegen seine Verurteilung mit der Revision zum Bundesgerichtshof. Er beanstandet insbesondere, dass das Landgericht umsatzsteuerpflichtige Lieferungen angenommen habe. Da die Fahrzeuge tatsächlich an gewerblich tätige Erwerber in Portugal geliefert worden seien, habe es sich um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gehandelt. Dass der Angeklagte durch Verschleierungsmaßnahmen die Erwerbsbesteuerung in Portugal verhindern wollte und verhinderte, stünde dem nicht entgegen. Eine Ge- fährdung des deutschen Umsatzsteueraufkommens liege nicht vor, da die Umsatzsteuer dem Bestimmungsland Portugal zustehe.

II.


10
Der Senat hält die Beantwortung der Vorlagefrage für den Erlass seiner Entscheidung über die Revision für erforderlich. Er legt diese deshalb dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: Gerichtshof) gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
11
1. Die Frage, ob im Ausgangsfall die Lieferungen von Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften (hier: Portugal) von der Umsatzsteuer befreit sind, betrifft die Auslegung der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. EG Nr. L 145, S. 1).
12
Nach Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, der Mehrwertsteuer. Von diesem Grundsatz sieht Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie eine Ausnahme vor. Dort ist die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer vorgesehen.
13
2. Der Gerichtshof hat nach Kenntnis des Senats bisher keine ausdrückliche Entscheidung zur Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie für Fall- http://www.juris.de/jportal/portal/t/kgq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=3&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 8 - konstellationen der vorliegenden Art getroffen. Er hat aber in den Rechtssachen C-409/04 (Urteil vom 27. September 2007 - Teleos u.a.) und C-146/05 (Urteil vom 27. September 2007 - Collée) zu Fragen Stellung genommen, die die Befreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen von der Mehrwertsteuer betreffen (nachfolgend a); bei missbräuchlicher Praxis hat er das Recht auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen (nachfolgend b). Der Senat versteht die Rechtsprechung des Gerichtshofs wie folgt:
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a) Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Befreiung von der Mehrwertsteuer bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
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Die Einstufung einer innergemeinschaftlichen Lieferung hat unabhängig von Zweck und Ergebnis der betreffenden Umsätze anhand objektiver Kriterien zu erfolgen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 1, Rdn. 40, 42). Art. 28c Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie ist zudem dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Lieferung begonnen wurde, nicht befugt sind, einen gutgläubigen Lieferanten zu verpflichten, später Mehrwertsteuer auf die gelieferten Gegenstände zu entrichten, wenn der Lieferant Beweise vorgelegt hat, die dem ersten Anschein nach sein Recht auf Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung belegen und sich später diese Beweise als falsch herausstellen , jedoch nicht erwiesen ist, dass der Lieferant an der Steuerhinterziehung beteiligt war und er alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die von ihm vorgenommene innergemeinschaftliche Lieferung nicht zu seiner Beteiligung an einer solchen Steuerhinterziehung führt (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a. - Tenor 2, Rdn. 44 bis 68). Die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée versteht der Senat dahin, dass Art. 28c http://www.juris.de/jportal/portal/t/liw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=12&fromdoctodoc=yes&doc.id=jcg-31977L0388&doc.part=C&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - Teil A Buchstabe a Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie in dem Sinn auszulegen ist, dass er der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats verwehrt, die Befreiung einer tatsächlich ausgeführten innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer allein mit der Begründung zu versagen, der Nachweis einer solchen Lieferung sei nicht rechtzeitig erbracht worden (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée - Tenor 1, Rdn. 29 bis 33). Er entnimmt derselben Entscheidung des Gerichtshofs aber auch, dass eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt ist und die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen kann, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt wurden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteilen zu kommen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée , Rdn. 38).
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b) Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Recht auf Vorsteuerabzug
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Hinsichtlich des Rechts auf Vorsteuerabzug nach Artikel 17 Absatz 1 und 2 der Sechsten Richtlinie versteht der Senat die Rechtsprechung des Gerichtshofs dahin, dass derjenige Unternehmer das Recht auf Vorsteuerabzug verliert, der mit dem Umsatz selbst eine Steuerhinterziehung begeht (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 84). Er entnimmt der Entscheidung in der Rechtssache Halifax weiter, dass die Sechste Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie dem Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug entgegensteht, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen , eine missbräuchliche Praxis darstellen. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert dabei zum einen, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie und des ihrer Umsetzung dienenden nationalen Rechts ei- nen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderlaufen würde. Zum anderen muss auch aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt werde (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a. - Tenor 2 und Rdn. 85 f.).
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Eine weitere Entscheidung des Gerichtshofs, die Umsätze zum Gegenstand hatte, die in ein auf Steuerhinterziehung angelegtes Betrugssystem einbezogen waren, versteht der Senat dahin, dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist, unabhängig davon, ob er aus dem Weiterverkauf der Gegenstände einen Gewinn erzielt. Denn in einer solchen Situation geht der Steuerpflichtige den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Im Übrigen wirkt eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegen, indem sie ihre Durchführung erschwere (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.). Der Vorteil des Rechts auf Vorsteuerabzug ist daher dann zu verweigern, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch dann, wenn der fragliche Umsatz den objektiven Kriterien genügt , auf denen der Begriff der Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher ausführt, und der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit beruhten (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 59).

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Demgegenüber kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Rechtsvorschrift dem Steuerpflichtigen das Recht auf Abzug der von ihm entrichteten Vorsteuer dann nicht absprechen, wenn eine Lieferung an ihn vorgenommen wird, von der er weder wusste noch wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in einen vom Verkäufer begangenen Betrug einbezogen war (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 1, Rdn. 60; vgl. auch EuGH, Urteil vom 12. Januar 2006, Rechtssache C-354/03 - Optigen Ltd. u.a., Rdn. 52).
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3. Auf der Grundlage der so verstandenen Rechtsprechung des Gerichtshofs hat der anfragende Senat des Bundesgerichtshofs bereits in zwei ähnlichen Fallgestaltungen einer behaupteten „innergemeinschaftlichen Lieferung“ die Steuerbefreiung versagt, weil der deutsche Unternehmer kollusiv mit dem ausländischen Abnehmer zusammenwirkte, um diesem die Hinterziehung von Steuern zu ermöglichen.
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a) Im Beschluss vom 20. November 2008 (Aktenzeichen: 1 StR 354/08) ging es um die Täuschung über den Lieferanten: Das deutsche Unternehmen lieferte tatsächlich Fahrzeuge, und zwar direkt an den wirklichen Abnehmer in Italien. Allerdings wurden Scheinrechnungen an italienische Zwischenhändler (missing trader) als angebliche Käufer ausgestellt. Die Zwischenhändler ermöglichten dem Abnehmer die Hinterziehung von Steuern, indem sie an ihn Scheinrechnungen für den angeblichen Weiterverkauf ausstellten.
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b) Im Beschluss vom 19. Februar 2009 (Aktenzeichen: 1 StR 633/08) ging es um fingierte Lieferungen: Das italienische Unternehmen verkaufte Mobiltelefone tatsächlich an ein anderes italienisches Unternehmen. Um dem Ver- käufer einen unberechtigten Vorsteuerabzug zu ermöglichen und die Mobiltelefone dann zu einem günstigeren Preis verkaufen zu können, wurden diese zum Schein an ein deutsches Unternehmen - als innergemeinschaftliche Lieferung - verkauft. Das deutsche Unternehmen „verkaufte“ die Mobiltelefone sodann über italienische Zwischenhändler an den ursprünglichen "Verkäufer" zurück.
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c) Die Strafbarkeit des Lieferanten wegen Steuerhinterziehung hing in beiden Fällen davon ab, ob die in Art. 28c der Sechsten Richtlinie für innergemeinschaftliche Lieferungen vorgesehene Befreiung von der Mehrwertsteuer wegen missbräuchlichen Verhaltens ausgeschlossen war.
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4. Zur vorliegenden Fallgestaltung vertritt der Senat die folgende Rechtsansicht : Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist dahingehend auszulegen, dass für alle Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte, die auf die Hinterziehung von Steuern gerichtet sind, die für die einzelnen Geschäfte grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile zu versagen sind, wenn der jeweilige Steuerpflichtige die missbräuchliche oder betrügerische Praktik kennt und sich daran beteiligt.
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Dies folgt nach Auffassung des Senats einerseits aus dem im Gemeinschaftsrecht verankerten Verbot missbräuchlicher Praktiken, das auch für die Mehrwertsteuer gilt. Darüber hinaus gebieten nach Auffassung des Senats auch Sinn und Zweck des Artikel 28c der Sechsten Richtlinie und die Ziele, die mit dieser Richtlinie verfolgt werden, eine entsprechende Auslegung dieser Vorschrift.
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Denn Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt, wie seine systematische Stellung in Abschnitt XVI a der Sechsten Richtlinie belegt, eine Übergangsrege- lung für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten dar. Mit der Vorschrift soll - zusammen mit der Erwerbsbesteuerung nach Art. 28a der Sechsten Richtlinie - folgendem Umstand Rechnung getragen werden: Die Bedingungen sind noch nicht erfüllt, die die Durchführung des Prinzips der Besteuerung der gelieferten Gegenstände im Ursprungsmitgliedstaat erlauben, ohne dass der Grundsatz, dass die Steuereinnahmen dem Mitgliedstaat zustehen , in dem der Endverbrauch erfolgt, angetastet wird. Art. 28c der Sechsten Richtlinie stellt daher eine Ausnahmevorschrift dar. Ziel der Sechsten Richtlinie ist die Verwirklichung eines gemeinsamen Markts, auf dem ein gesunder Wettbewerb herrscht und der mit einem echten Binnenmarkt vergleichbare Merkmale aufweist.
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Fälle der vorliegenden Art zielen aber darauf ab, die ordnungsgemäße Besteuerung sowohl im Bestimmungsland als auch im Ursprungsland zu verhindern. Die Absicht der Beteiligten ist darauf gerichtet, sich durch Ausnutzung des Mehrwertsteuersystems - und entgegen seiner Zielsetzung - Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Durch die systemwidrige Ausnutzung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen, die Zwischenschaltung von Scheinunternehmen und die Verschleierung der tatsächlichen Erwerber kann der Lieferant die Waren zu einem höheren Preis als seine steuerehrlichen Mitbewerber verkaufen. Er verdrängt damit redliche Mitbewerber aus dem Markt. Für den Erwerber wird entweder die Möglichkeit geschaffen, den Gegenstand ohne Ausweis von Mehrwertsteuer zu verkaufen, da seine Einbindung in die Kette der Lieferanten - wie im vorliegenden Fall - verschleiert wurde. Oder er kann einen Teil des tatsächlich gezahlten Kaufpreises durch die unberechtigte Geltendmachung der Vorsteuer aus einem Scheingeschäft mit einem missing trader zu Lasten des Staates, in den die Lieferung erfolgte, erstattet erhalten.
Auch er erlangt dann - zum Nachteil seiner steuerehrlichen Mitbewerber im Bestimmungsland - Wettbewerbsvorteile.
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Nach Auffassung des Senats ist daher einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Befreiung von der Mehrwertsteuer auch dann zu versagen, wenn die Lieferung zwar ausgeführt wurde und diese selbst nicht unmittelbar Gegenstand einer Mehrwertsteuerhinterziehung war, aber aufgrund objektiver Umstände bewiesen ist, dass der steuerpflichtige Verkäufer wusste, dass er sich mit der Lieferung an einem Warenumsatz des Empfängers beteiligt, der darauf angelegt ist, durch systematischen Steuerbetrug Mehrwertsteuer zu hinterziehen. Eine solche Auslegung von Art. 28c hält der Senat für geboten, um die Ziele der Sechsten Richtlinie effektiv durchzusetzen.
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Der Senat sieht nicht nur das Recht auf Vorsteuerabzug im Sinne von Art. 17 der Sechsten Richtlinie, sondern auch die Befreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung von der Mehrwertsteuer nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie als Steuervorteil an (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a.). Er stützt diese Auffassung auch auf die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Collée, die allein den Vorteil der Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie zum Gegenstand hatte. In dieser Entscheidung erachtete der Gerichtshof in Bezug auf die Steuerbefreiung nach Art. 28c der Sechsten Richtlinie eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht für unzulässig (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38).
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5. Wendet man diese Rechtsauffassung auf den Ausgangsfall an, ist das Landgericht zurecht davon ausgegangen, dass dem Unternehmen des Ange- klagten für die Lieferungen nach Portugal die Steuerbefreiung zu versagen war. Er hätte sich danach wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Die Auslegung des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie ist daher für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Dies ergibt sich aus Folgendem:
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a) Nach der Strafvorschrift des § 370 Abs. 1 Nr. 1 der deutschen Abgabenordnung (nachfolgend: AO, siehe auch Anlage 1) macht sich strafbar, wer gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt. § 370 AO ist ein Blankettstraftatbestand , der nicht alle Tatbestandsmerkmale selbst enthält. Er wird durch die Vorschriften des materiellen Steuerrechts ausgefüllt. Diese bestimmen , welche Tatsachen steuerlich erheblich sind und unter welchen Voraussetzungen eine Steuer entsteht. Damit ist die Steuerentstehung Tatbestandsvoraussetzung einer strafbaren Steuerhinterziehung.
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b) Für die Steuerentstehung bestimmt das deutsche Steuerrecht: Nach den Vorgaben des Art. 2 der Sechsten Richtlinie unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des deutschen Umsatzsteuergesetzes (nachfolgend: UStG, siehe auch Anlage 2) Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt, im Grundsatz der deutschen Umsatzsteuer. Davon sieht § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (siehe Anlage 3) eine Ausnahme vor: Die unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG fallenden Umsätze sind bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung steuerfrei. Damit setzt § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie in nationales Recht um.
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§ 6a Abs. 1 UStG (siehe Anlage 4) definiert, wann eine innergemeinschaftliche Lieferung vorliegt: Diese setzt u.a. voraus, dass der Unternehmer oder Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet. Zudem ist gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG erforderlich , dass der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt. Nach § 6a Abs. 3 UStG müssen die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 vom Unternehmer nachgewiesen werden. Die Nachweispflichten sind in § 17a der deutschen Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (nachfolgend: UStDV; siehe auch Anlage 5) und § 17c UStDV (Anlage 6) konkretisiert. Nach § 17a UStDV muss der Unternehmer durch geeignete Belege nachweisen, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde (sogenannter Belegnachweis). § 17c UStDV konkretisiert die Pflichten des Unternehmers betreffend die Buchführung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen. Nach dieser Vorschrift müssen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung, die sich aus § 6a UStG ergeben, insbesondere Name und Anschrift des Abnehmers sowie dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, buchmäßig nachgewiesen sein (sogenannter Buchnachweis).
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Nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG (Anlage 7) muss der inländische Unternehmer , der steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen durchgeführt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern eine Meldung erstatten, in der u.a. die Umsatzsteuer -Identifikationsnummer des Erwerbers mitzuteilen ist. § 18a UStG setzt daher Art. 22 Abs. 6 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie um. Die Meldung stellt die Grundlage für die Überwachung des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs dar, da die Daten erfasst und dann anfragenden Steuerbehörden im Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystem (vgl. Verordnung der EWG Nr. 218/92 vom 27. Januar 1992 und Verordnung 1798/2003/EG vom 7. Oktober 2003) übermittelt werden.
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Nach § 18b Satz 1 UStG (Anlage 8) hat der Unternehmer die Bemessungsgrundlagen seiner innergemeinschaftlichen Lieferungen gegenüber dem für das Unternehmen zuständigen Finanzamt zu erklären. Bemessungsgrundlage der innergemeinschaftlichen Lieferung ist dabei regelmäßig nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG (Anlage 9) das Nettoentgelt, das der Leistungsempfänger an den Unternehmer zahlt. Mit der Erklärung nach § 18b Satz 1 UStG bringt der Unternehmer gegenüber den Finanzbehörden zum Ausdruck, dass die vorgenommenen Lieferungen nach § 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a UStG umsatzsteuerfrei sind, der Unternehmer mithin keine Umsatzsteuer für diese Lieferungen schuldet.
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c) Da die Steuerbefreiung nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen des Rechts- bzw. Systemmissbrauchs zu versagen ist, war im vorliegenden Fall von einer steuerpflichtigen Lieferung auszugehen. Die Steuerhinterziehung sieht der Senat darin, dass der Angeklagte die Umsätze in den Steuererklärungen nach § 18b UStG, die er gegenüber der nationalen Finanzverwaltung abzugeben hatte, bewusst falsch als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung deklarierte. Tatsächlich waren sie aber steuerpflichtig, weil der Ausnahmetatbestand des § 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG (bzw. des Art. 28c Teil A Buchstabe a der Sechsten Richtlinie) nicht eingriff. Es verbleibt daher bei dem Grundsatz der Steuerpflicht.
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d) Die dem Gerichtshof vorgelegte Frage ist für den vorlegenden Senat entscheidungserheblich. Wären die Lieferungen als steuerbefreit anzusehen, käme eine in Deutschland strafbare Steuerhinterziehung des Angeklagten nicht in Betracht. Zum einen wären dann die von dem Angeklagten nach § 18b UStG abgegebenen Erklärungen inhaltlich richtig; zum anderen würde die Lieferung keine deutsche Umsatzsteuer auslösen, die verkürzt werden könnte. Die Betei- ligung des deutschen Unternehmers an einer Umsatzsteuerhinterziehung in Portugal ist nach deutschem Steuerstrafrecht nicht strafbar, da es insoweit an der Verbürgung der gegenseitigen Strafverfolgung fehlt (vgl. § 370 Abs. 6 Satz 3 AO). Die unrichtigen Angaben über den Erwerber gegenüber dem deutschen Bundeszentralamt für Steuern in den Meldungen nach § 18a Abs. 1 Satz 1 UStG sind keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit nach § 26a Abs. 1 Nr. 5 UStG, die mit einer Geldbuße von bis zu fünftausend Euro geahndet werden können (§ 26a Abs. 2 UStG, vgl. auch Anlage 10).
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6. Da in den vom Bundesgerichtshof bisher entschiedenen Fällen angesichts der geschilderten Rechtsprechung des Gerichtshofs die von ihm vorgenommene Auslegung des Gemeinschaftsrechts aus Sicht des Senats nicht zweifelhaft war, bestand bislang keine Veranlassung, ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 Abs. 3 EG an den Gerichtshof zu richten (vgl. EuGH, Urt. vom 6. Oktober 1982 - Rechtssache 283/81 - Cilfit = NJW 1983, 1257, 1258). Allerdings hat nun das Finanzgericht Baden-Württemberg im Besteuerungsverfahren zum selben Sachverhalt ausdrücklich Zweifel geäußert, ob der Auffassung des Bundesgerichtshofs zur Versagung der Steuerbefreiung zu folgen sei (Beschluss vom 11. März 2009 - 1 V 4305/08). Es ist der Auffassung, das gemeinschaftsrechtliche Missbrauchsverbot greife nicht ein, da die fraglichen Umsätze eine andere Erklärung hätten als nur die Erlangung von Steuervorteilen. Zudem stünden der Auffassung des Bundesgerichtshofs die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Territorialität entgegen.
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Der Senat hält die Bedenken des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht für überzeugend:
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a) Selbst wenn die getätigten Umsätze - was der Senat im vorliegenden Fall aufgrund der durch objektive Beweise bestätigten Feststellungen des Landgerichts freilich ausschließt - in Einzelfällen auch eine andere (zusätzliche) Erklärung haben können als primär die Erlangung von Steuervorteilen, schließt dies nach Ansicht des vorlegenden Senats die Anwendung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots nicht aus. Zwar hat der Gerichtshof in der Rechtssache Halifax entschieden, dass die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis erfordert, es müsse anhand objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit dem fraglichen Umsatz im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Tenor 2, Rdn. 75). Der Rechtssache Halifax lag indes ein Sachverhalt zu Grunde , bei dem die für die steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes bedeutsamen zivilrechtlichen Verträge allesamt wirksam waren. Zudem waren die beteiligten Unternehmen ihren Pflichten gegenüber der Finanzverwaltung ordnungsgemäß nachgekommen. Dort handelte es sich - anders als hier - somit nicht um ein betrügerisches System, das durch Verschleierung und unrichtige bzw. unterlassene Erklärungen auf Steuerhinterziehung ausgerichtet war. Vielmehr war in dieser Rechtssache lediglich zu klären, welche Schranken den Gestaltungsrechten der Beteiligten eines oder mehrerer Umsatzgeschäfte zu setzen sind. Ausgehend von dem Grundsatz, dass ein Unternehmer das Recht auf eine ihm steuerlich günstige Gestaltung der Geschäftsbeziehungen hat (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2006, Rechtssache C-255/02 - Halifax u.a., Rdn. 73 f.), stellt der Gerichtshof unmittelbar daran anschließend die qualifizierten Anforderungen an die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis fest.
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Folgt der Missbrauch des Mehrwertsteuersystems indes - wie in den Fällen der vorliegenden Art - bereits aus dem Umstand, dass die Lieferbeziehungen bewusst verschleiert werden, um mit unrichtigen oder unterlassenen Erklä- rungen gegenüber den Finanzbehörden vorsätzlich Steuern zu verkürzen, sind nach Ansicht des Senats die grundsätzlich vorgesehenen Steuervorteile aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses zu versagen, auch wenn ein tatsächlich gewolltes - freilich in betrügerischer Absicht verschleiertes - innergemeinschaftliches Handelsgeschäft zu Grunde liegt. Denn dann liegt nicht lediglich ein Fall des Gestaltungsmissbrauchs, sondern vielmehr ein Fall des systematischen Steuerbetrugs mit speziell für diesen Zweck hergestellten Scheinrechnungen vor. Für diesen Fall lässt sich aber der Rechtsprechung des Gerichtshofs entnehmen , dass ein Steuerpflichtiger, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist, für die Zwecke der Sechsten Richtlinie als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen ist. Der Steuerpflichtige geht in einer solchen Situation den Urhebern der Hinterziehung zur Hand und macht sich ihrer mitschuldig. Der Gerichtshof hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine solche Auslegung betrügerischen Umsätzen entgegenwirkt, indem sie ihre Durchführung erschwert (EuGH, Urteil vom 6. Juli 2006, Rechtssache C-439/04 - Kittel u.a. - Tenor 2, Rdn. 56 ff.).
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b) Auch der Umstand, dass es bei Versagung der Befreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung von der Umsatzsteuer zu einer Doppelbesteuerung des Umsatzes im Ursprungs- und Bestimmungsland kommen kann, wenn trotz der Verschleierungsmaßnahmen der wahre Sachverhalt im Empfängerstaat aufgedeckt und der innergemeinschaftliche Erwerb noch nachträglich besteuert wird, rechtfertigt nach Auffassung des Senats kein anderes Ergebnis. Denn darin ist keine Verletzung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem immanenten Grundsatzes der steuerlichen Neutralität zu sehen.
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aa) Der Grundsatz der steuerlichen Neutralität verbietet insbesondere, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Leistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 59). Ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht aber zwischen steuerehrlichen und steuerunehrlichen Unternehmen, die durch systematische Verschleierungsmaßnahmen Steuern hinterziehen, gerade nicht. Würde das Prinzip der steuerlichen Neutralität in Fällen der vorliegenden Art zur Begründung der Steuerfreiheit herangezogen , würde vielmehr - wie dargelegt - das gemeinschaftsrechtliche Mehrwertsteuersystem zu Gunsten einzelner, steuerunehrlicher Wettbewerber in ein Ungleichgewicht gebracht.
44
bb) Die nach Auffassung des Senats gebotene Auslegung des Art. 28c der Sechsten Richtlinie führt auch nicht zu einer Ungleichbehandlung zwischen inländischen und innergemeinschaftlichen Umsätzen und zu Formalitäten, die den Grenzübertritt erschweren (vgl. insoweit auch Art. 22 Abs. 8 der Sechsten Richtlinie). Vielmehr wird der fragliche innergemeinschaftliche Umsatz dem inländischen Umsatz gleichgestellt. Er wird dem Ursprungslandgrundsatz, wie er in Art. 2 der Sechsten Richtlinie festgeschrieben ist, unterworfen, um so dem Wettbewerbsungleichgewicht entgegen zu wirken.
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cc) In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist zudem anerkannt, dass es der Grundsatz der Neutralität einem Mitgliedstaat nicht verbietet, Mehrwertsteuer von einem Steuerpflichtigen nachzufordern, wenn dieser zu Unrecht eine Rechnung unter Anwendung der Mehrwertsteuerbefreiung für eine Lieferung von Gegenständen ausgestellt hat. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ohne Bedeutung, ob die Mehrwertsteuer auf den späteren Verkauf der betreffenden Gegenstände an den Endverbraucher an den Fiskus entrichtet wurde (EuGH, Beschluss vom 3. März 2004, Rechtssache C-395/02 - Transport Service NV, Rdn. 31; siehe auch EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04, Teleos u.a., Rdn. 66).
46
dd) Schließlich käme grundsätzlich auch in Betracht, eine tatsächlich eingetretene Doppelbesteuerung, wenn die Erwerbsbesteuerung im Ursprungsland doch noch durchgeführt wurde, durch eine nachträgliche Erstattung der zunächst vom inländischen Unternehmer geschuldeten Umsatzsteuer zu beseitigen. § 227 AO (siehe Anlage 11) sieht eine entsprechende Erstattungsmöglichkeit vor. Er könnte dann zur Anwendung kommen, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt ist, mit der Folge, dass die Umsatzsteuer zu erstatten ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2000, Rechtssache C-454/98, Schmeink & Cofreth u.a., Tenor 1, Rdn. 60 ff.)
47
c) Der Grundsatz der Territorialität steht nach Auffassung des vorlegenden Senats in Fällen der vorliegenden Art der Versagung der Umsatzsteuerbefreiung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen ebenfalls nicht entgegen. Denn der Grundsatz der Territorialität ist Ausfluss des Prinzips der steuerlichen Neutralität des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 22 f.). Die Neutralität der Mehrwertsteuer ist aber nicht durch die Versagung der Steuerbefreiung gefährdet, sondern vielmehr - wie dargelegt - durch die von den Beteiligten vorgenommenen Verschleierungsmaßnahmen, mit denen die Erwerbsbesteuerung im Empfängerstaat vermieden werden soll. Gerade diese Gefährdung rechtfertigt nach Ansicht des vorlegenden Senats die Versagung der Befreiung von der Umsatzsteuer bei der vorgenommenen innergemeinschaftlichen Lieferung.
48
In der Rechtssache Collée führte der Gerichtshof zudem aus, dass dem nationalen Gericht die Prüfung obliegt, „ob die Verschleierung des Vorliegens einer innergemeinschaftlichen Lieferung und die daraus folgende Verzögerung bei der Korrektur der jeweiligen Buchungen Züge einer Mehrwertsteuerhinterziehung hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine betrügerische oder missbräuchliche Berufung auf das Gemeinschaftsrecht nicht erlaubt. …… Ebenso kann die Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht so weit gehen, dass Umsätze gedeckt werden, die zu dem Zweck getätigt werden, missbräuchlich in den Genuss von im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorteile zu kommen“ (EuGH, Urteil vom 27. September 2007 - Rechtssache C-146/05 - Collée, Rdn. 38). Diese Aussage des Gerichtshofs impliziert aus Sicht des Senats, dass das Besteuerungsrecht des anderen Mitgliedstaats nicht ausschließt, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen auch für das Steueraufkommen im Lieferstaat eine rechtlich relevante Gefährdung des Steueraufkommens besteht. Denn ohne die Gefährdung des Steueraufkommens ist eine Mehrwertsteuerhinterziehung nicht denkbar. Tatsächlich soll es nach dem Tatplan der Beteiligten von Umsatzgeschäften der vorliegenden Art auch gerade nicht zu einer ordnungsgemäßen Besteuerung im Bestimmungsland kommen.
49
d) Schließlich gebieten auch die gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit keine abweichende Auslegung. Nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der in besonderem Maße gilt, wenn eine Regelung betroffen ist, die sich finanziell belastend auswirken kann, müssen die Betroffenen in der Lage sein, den Umfang der ihnen auferlegten steuerlichen Verpflichtungen genau zu erkennen, bevor sie ein Geschäft abschließen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 48). Demgegenüber besagt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit , dass sich die Mitgliedstaaten solcher Mittel bedienen müssen, die es zwar erlauben, das vom innerstaatlichen Recht verfolgte Ziel wirksam zu erreichen , die jedoch andererseits die Ziele und Grundsätze des einschlägigen Gemeinschaftsrechts möglichst wenig beeinträchtigen (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 52). Auf beide Grundsätze kann sich indes nur der gutgläubige Unternehmer berufen, der alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass seine Umsätze nicht zu einer Lieferkette gehören, die einen mit einem Mehrwertsteuerbetrug behafteten Umsatz einschließt (EuGH, Urteil vom 11. Mai 2006, Rechtssache C-384/04 - Federation of Technological Industries u.a., Rdn. 33), und der von dem begangenen Betrug weder Kenntnis hatte, noch haben konnte (EuGH, Urteil vom 27. September 2007, Rechtssache C-409/04 - Teleos u.a., Rdn. 50). Um solche gutgläubigen Unternehmer handelt es sich bei Lieferanten, die die wahren Empfänger verschleiern, um ihnen die Hinterziehung der Erwerbssteuer zu ermöglichen, jedoch gerade nicht.
50
e) Auch wenn der Senat die Rechtsauffassung des Finanzgerichts Baden -Württemberg nicht für zutreffend erachtet, legt er die entscheidungserhebliche Rechtsfrage dem Gerichtshof gemäß Art. 234 Abs. 3 EG zur Vorabentscheidung vor. Angesichts der vom Finanzgericht Baden-Württemberg geäußerten Rechtsbedenken kann nicht mehr ohne weiteres angenommen werden, dass für die Gerichte der anderen Mitgliedstaaten keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Art. 28c der Sechsten Richtlinie in Fällen der Verschleierung des Empfängers innergemeinschaftlicher Lieferungen bestehen (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982, Rechtssache 283/81 - Cilfit, Rdn. 16). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Soweit im Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 4 die Vorschriften dieses Unterabschnitts durch Landesgesetz für anwendbar erklärt werden, kann die Revision auch darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruhe.

(2) Der Bundesfinanzhof ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(3) Wird die Revision auf Verfahrensmängel gestützt und liegt nicht zugleich eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 vor, so ist nur über die geltend gemachten Verfahrensmängel zu entscheiden. Im Übrigen ist der Bundesfinanzhof an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden.

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Tatbestand

 
Streitig ist, ob der Kläger eine Steuerhinterziehung begangen oder an einer solchen Tat teilgenommen hat und deshalb gemäß § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) für die verkürzten Steuern haftet.
Das Landgericht X verurteilte den Kläger wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe. Es hatte festgestellt, dass der Kläger im Juni 1996 die ... (künftig: E) mit Sitz in Spanien (A) gegründet hatte (S. 19 der Gründe). Gegenstand des Unternehmens sei der Handel mit Central Processing Units (CPU) gewesen (S. 19). Zu Beginn des Jahres 1998 habe sich der Kläger entschlossen, sog. Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20). Dabei sollten die CPU von einer ... GmbH mit Sitz in C (künftig: H) an die E in Spanien geliefert werden, von der E zunächst an einen Zwischenhändler in Deutschland, von diesem wiederum an die H (S. 20 f.). Die H und der Zwischenhändler sollten die Preise mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmen (S. 21, ferner S. 25, 41, 47, 59, 60 f., 65). Die H sollte deshalb den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden (S. 21).
Der Zwischenhändler sollte ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, diesen jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E weiterleiten (S. 21). Auf diese Weise sollte der Vorsteuerabzug, den die H vornehmen sollte, „zu Geld gemacht“ werden (S. 22, 60). Sollte das Finanzamt feststellen, dass der Zwischenhändler die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, sollte dieser von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden (S. 21).
Die E, der Zwischenhändler und die H hätten die Karussellgeschäfte allerdings immer erst dann abgeschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen verständigt gehabt hätten, insbesondere über die Menge und den Preis (S. 25, 27, 34, 47, 60 f., 53, 65). Hierauf habe der Kläger - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben müssen (S. 61).
Einen Teil der Ware habe die H jedoch nicht wieder an die E veräußert (S. 24). Insoweit habe die E weitere Ware bei einer Firma F erworben (S. 24). Die E habe die von ihr getätigten Geschäfte allerdings nicht mit ihrem Anfangsvermögen finanzieren können (S. 25 f., 42, 61: „Finanzierung der Ringgeschäfte“, 64, 65). Daher habe die H das von ihr geschuldete Entgelt noch vor der Lieferung der Ware an den Zwischenhändler gezahlt, der das gezahlte Geld - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils -  sofort an die E weitergeleitet habe (S. 25, 32, 42, 61, 63, 64, 65). Die CPU seien allerdings lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in Ö hin- und her befördert worden (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65).
Der Kläger habe mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und geführt und sodann das Aufkommen aus der Umsatzsteuer erheblich geschädigt (S. 78).
Im Einzelnen stellte das Landgericht hierzu u. a. die folgenden Umstände fest:
Zunächst habe der Kläger den Angeklagten ...A, einen Angestellten der H (künftig: A), als Gehilfen gewinnen können (S. 22). A habe - nachdem der Kläger ihn in seine Absichten eingeweiht und ihm einen Anteil an der Beute zugesagt gehabt habe - an den Karussellgeschäften mitgewirkt (S. 22, 70). A sei auch der „einzig wirklich wichtige und unentbehrliche Partner“ des Klägers gewesen (S. 71). Dementsprechend habe der Kläger geäußert, ohne A und die H „könne er nicht leben“ (S. 71).
Sodann habe der Kläger einen Herrn ...M (künftig: M), einen Sozialhilfeempfänger, als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23). Diesen habe er angewiesen, dass er ein Gewerbe anmeldet, CPU von E erwirbt und an die H veräußert, dass er ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angibt, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abführt (S. 23 f.). M habe später weder die für die Monate März bis Mai 1998 gebotenen Voranmeldungen oder wenigstens eine Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 abgegeben noch die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E (S. 32, 63, zu den Beträgen im Einzelnen S. 31, 32).
10 
Nachdem M seine Tätigkeit eingestellt gehabt habe, habe der Kläger mit einem damaligen Finanzbeamten, einem Herrn ...K (künftig: K), verabredet, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63). Auch K habe erkannt, dass er in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abführen sollte (S. 33, 63).
11 
Anschließend, ab Juni 1998 (S. 40), sei K - wie zuvor M - als Zwischenhändler tätig geworden (S. 33 ff.). Im Juni 1998 hätten sich der Kläger und die anderen Angeklagten entschlossen, „zur Tarnung“ den Unternehmer ...W (künftig: W) und eine ...GmbH (künftig: F) als weitere Zwischenhändler einzusetzen (S. 39, 64). Kurz darauf habe die H dem K mitgeteilt, sie werde ihren Bedarf künftig anderweitig erwerben (S. 39, 64). Inzwischen hätten sich allerdings bereits W und die F bei K als neue Kunden vorgestellt gehabt (S. 39). Außerdem habe damals eine ...O (künftig: O) dem K angeboten, ihm CPU zu liefern (S. 40, 64). Hierauf habe K die CPU nicht mehr nur bei der E, sondern auch bei der O erworben (S. 40, auch zu den Beträgen im Einzelnen) und sodann an die H und W sowie die F veräußert (S. 40 f., auch zu den Beträgen im Einzelnen, 64). Hierzu stellte das Landgericht auch fest, dass die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40, 64). Auch habe der Kläger dem A erklärt, er müsse wissen, warum die F eingeschaltet worden sei (S. 39).
12 
K habe die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt (S. 42, zu den Beträgen im Einzelnen S. 43). Vielmehr habe er von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen (S. 42). Den verbliebenen Unterschiedsbetrag habe er sodann der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen (S. 42, 64). Für diesen Zweck hätten K und die E wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt (S. 42, 64).
13 
Ferner habe K bei seiner steuerlichen Erfassung die voraussichtliche Höhe seines jährlichen Umsatzes - zur „Irreführung“ des Finanzamts - nur mit 50.000 DM angegeben gehabt (S. 43, 64). Später habe er lediglich eine Voranmeldung für das zweite Kalendervierteljahr eingereicht (S. 43 f., 64). Dabei habe K das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt bewusst mit zu niedrigen Beträgen angegeben (S. 43 f., 64). Dagegen seien die für die Besteuerungszeiträume Juni bis September 1998 gebotenen monatlichen Voranmeldungen ebenso unterblieben wie eine Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 (S. 43).
14 
Nachdem M und K verhaftet worden seien, habe der Kläger mit einem Herrn ...S (vgl. Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, Geschäftsnr.: .., S. 28; künftig: S) verabredet gehabt, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.). Dieser habe hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der ...I (künftig: I) mit Sitz in Italien und der „...P GbR (künftig: P), Inhaber: ...T (künftig: T) und ...L (künftig: L)“ mit Sitz in V tatsächlich an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt (S. 48). Die I und die P seien jeweils als Zwischenhändler tätig geworden (S. 47 f., 65, zu den Beträgen im Einzelnen S. 47).
15 
Der Kläger und die anderen Angeklagten hätten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt (S. 47, 65). Dabei seien die Lieferungen der CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P, hierauf von der P der F und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65). Dementsprechend habe auch die P die von ihr geschuldete, von der F an sie bezahlte Umsatzsteuer verkürzt (S. 48, 65). Soweit S die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten habe, habe S eigenmächtig gehandelt (S. 48, 49).
16 
Anschließend seien
- im April 1999 ein Herr E.Ä. in X und
- von Juni bis Oktober 1999 eine ...C Vertrieb GmbH (künftig: C)
als weitere Zwischenhändler tätig geworden (S. 48 f. bzw. S. 49). Beide Zwischenhändler hätten die CPU an die F weitergeliefert (S. 48, 49), die C allerdings auch an die Q GmbH in P (S. 49).
17 
Bei den Karussellgeschäften des Klägers habe auch der Mitangeklagte ...B (künftig: B) eine „hervorgehobene Rolle“ ausgeübt (S. 81). B habe die Aufgabe gehabt, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen seien, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22). Dementsprechend habe B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23 bzw. 33). Ferner habe B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet, über das er auch verfügungsbefugt gewesen sei (S. 42 f.). Auf diesem Konto seien Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden (S. 54).
18 
Außerdem habe der Kläger den damaligen Rechtsanwalt ....R (künftig: R) mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten beauftragt gehabt (S. 20). Dieser habe im Wesentlichen die Aufgabe gehabt, ihm, dem Kläger, „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45, 51, 65). Seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits hätten R veranlasst, für diesen tätig zu werden (S. 22, 65, 80).
19 
Im Einzelnen habe R den Kläger bei dessen Geldgeschäften vertreten, beim Aufbau des Warenlagers in Belgien mitgewirkt oder verschiedene, an den Karussellgeschäften beteiligte Personen unterstützt oder ihnen jedenfalls anwaltlichen Beistand besorgt oder auch bei ihrer Flucht geholfen (S. 50 f., ferner S. 26, 45). Von den Erkenntnissen, die R in den jeweiligen Verfahren gewonnen habe, habe er sodann stets auch den Kläger unterrichtet (S. 51). Ferner habe auch er als Zwischenhändler tätig gewordene Personen im Auftrag des Klägers selbst oder mit Hilfe anderer Personen angeworben (S. 48, 49, 50, 80 usw.). R sei - wie den anderen Angeklagten - klar gewesen, dass die Karussellgeschäfte der „illegalen Abschöpfung“ von Umsatzsteuer dienen würden (S. 22; ferner S. 47, 51, 65).
20 
Schließlich hätten schon die „Erträge“, die die E erzielt habe, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ ermöglicht (S. 53, 55, 66). Darüber hinaus seien ihm mindestens 2,5 Mio. DM zugeflossen. Von den verkürzten Steuerbeträgen habe B einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt. Im Einzelnen habe er das Konto bei der Bank in Liechtenstein mit Beträgen in Höhe von insgesamt 2,8 Mio. DM zu seinen eigenen Gunsten belastet. Außerdem habe er von dem Kläger einen Betrag von 200.000 DM und von M einen Betrag von 100.000 DM erhalten. An R habe der Kläger Beträge in Höhe von insgesamt rund 1,6 Mio. DM gezahlt (S. 54, 66).
21 
Allerdings könne nicht festgestellt werden, ob der Kläger oder die anderen Angeklagten, darauf Einfluss genommen hätten, ob die Zwischenhändler - und damit auch M oder K - eine Steuererklärung abgaben oder nicht. Sie hätten deshalb durchaus in Kauf genommen, dass ein Zwischenhändler den Finanzbehörden gegenüber unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder sie auch völlig in Unkenntnis lässt (S. 74 f.).
22 
Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird Bezug genommen auf das Urteil des Landgerichts vom 1. August 2002 (Geschäftsnummer: ... ). Die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren eingeleitet, nachdem ihr das Bundeskriminalamt am 25. Oktober 1999 die vorstehend dargestellten Karussellgeschäfte angezeigt gehabt hatte (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44).
23 
In dem vorliegenden Verfahren nimmt der Beklagte den Kläger für die Steuerschulden der P im Wege der Haftung in Anspruch.
24 
T und L hatten die P mit ihrem am 9. September 1998 unterzeichneten Gesellschaftsvertrag errichtet. Gegenstand des Unternehmens sollte der Großhandel mit Textilien und Lebensmitteln sein. In dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung bei Gründung einer Personengesellschaft hatte die P angegeben, mit der Wahrnehmung ihrer steuerlichen Angelegenheiten habe sie eine Steuerberaterin beauftragt, sie werde Umsätze tätigen ab dem 15. September 1998, die voraussichtliche Höhe ihres jährlichen Gesamtumsatzes würde für das Gründungsjahr 100.000 DM betragen, für das Folgejahr 400.000 DM.
25 
Am 22. Januar 1999 hatte die P die Voranmeldung für das vierte Kalendervierteljahr 1998, an der die Steuerberaterin mitgewirkt gehabt haben soll, abgegeben (Bl. 24 f. der Umsatzsteuerakten). Mit dieser hatte die P die von ihr zu entrichtende Umsatzsteuer-Vorauszahlung mit 711.879,40 DM errechnet. Dabei hatte sie das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt mit 4.475.667 DM und die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb mit 5.156.640 DM angegeben.
26 
In der bei dem Beklagten am 5. April 2000 eingegangenen Steueranmeldung für 1998 hatte die P das der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt nunmehr mit 5.301.943 DM, die Umsatzsteuer hierauf mit 848.310,88 DM und die Bemessungsgrundlage für den innergemeinschaftlichen Erwerb mit 5.247.828 DM angegeben. Den von ihr nach Abzug der Vorauszahlung noch zu entrichtenden Betrag hatte sie sodann mit 131.894,70 DM errechnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Steueranmeldung Bezug genommen.
27 
Der Beklagte folgte der Steueranmeldung mit seiner Abrechnung vom 20. April 2000, mit der er der P mitteilte, dass Beträge in Höhe von insgesamt 842.729,30 DM noch zu zahlen seien. Zugleich forderte er die P auf, die in Höhe von 710.834,60 DM bereits fälligen Teilbeträge sofort, spätestens am 5. Mai 2000 den danach noch verbleibenden Unterschiedsbetrag von 131.894,70 DM zu bezahlen.
28 
Bereits kurz zuvor hatte der Beklagte bei der P eine Außenprüfung durchgeführt. Diese hatte die Umsatzsteuer für das dritte und vierte Kalendervierteljahr umfasst. In seinem Aktenvermerk vom 10. April 2000 hatte der Prüfer festgestellt, dass sich keine Änderung der Bemessungsgrundlagen ergeben würden. Mit Schreiben vom 12. April 2000 hatte der Beklagte dies auch der Steuerberaterin mitgeteilt.
29 
Mit dem Aktenvermerk hatte der Prüfer ferner berichtet, dass die P der F Beträge in Höhe von insgesamt (brutto) 6.150.254 DM berechnet habe. Die F habe hierauf aber nur 5.191.774 DM gezahlt. Die Steuerberaterin habe hierzu mitgeteilt, dass die P den Unterschiedsbetrag eingeklagt habe. Allerdings dürfte dieser uneinbringlich sein. Er sei daher in dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 1998 bereits abgeschrieben. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Prüfungsanordnung vom 18. Februar 1999 und auf den Aktenvermerk vom 10. April 2000.
30 
Darüber hinaus hatte auch die Steuerfahndung den Sachverhalt ermittelt. Mit ihrem Bericht vom 22. November 2002 stellten die Fahnder fest, dass die I von der P
31 
mit Rechnung vom
ein Entgelt in Höhe von
die Steuer hierauf mit
18. November
577.447,47 DM
0,00 DM
18. November
194.103,00 DM
0,00 DM
19. November
860.215,01 DM
0,00 DM
22. November
357.525,00 DM
0,00 DM
24. November
391.000,00 DM
0,00 DM
25. November
912.350,01 DM
0,00 DM
26. November
1.404.000,02 DM
0,00 DM
für November insgesamt
4.696.640,51 DM
0,00 DM
mit Rechnung vom 1. Dezember
450.000,01 DM
0,00 DM
für Dezember insgesamt
450.000,01 DM
0,00 DM
für 1998 insgesamt
5.146.640,52 DM
0,00 DM
32 
und die P für die in diesen Rechnungen bezeichneten Lieferungen von der F wiederum
33 
mit Rechnung vom
ein Entgelt in Höhe von
einschließlich der hierin enthaltenen Steuer
17. November
576.366,89 DM
79.498,88 DM
17. November
202.072,00 DM
27.872,00 DM
19. November
844.016,01 DM
116.416,00 DM
23. November
363.660,00 DM
50.160,00 DM
24. November
393.414,00 DM
54.264,00 DM
25. November
943.486,01 DM
130.136,00 DM
26. November
706.440,01 DM
97.440,00 DM
26. November
706.440,01 DM
97.440,00 DM
für November insgesamt
4.735.894,93 DM
653.226,88 DM
mit Rechnung vom 1. Dezember
455.880,01 DM
62.880,00 DM
für Dezember insgesamt
455.880,01 DM
62.880,00 DM
für 1998 insgesamt
5.191.774,94 DM
716.106,88 DM
34 
verlangt habe. Dementsprechend würde sich die Beute, die dem Karussell verblieben sei, mit insgesamt 45.134 DM wie folgt errechnen (S. 22):
35 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
 4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
bei der P angefallene „Beute“
45.134 DM
36 
Hätte die P dagegen die von ihr zu entrichtende Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt, hätte ihr schon deswegen, um ihre anderen Verbindlichkeiten zu begleichen, ein Betrag von 670.972 DM gefehlt, der sich wiederum wie folgt errechnen lasse (S. 22):
37 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
38 
Weiter führten die Fahnder aus, die P habe im Rahmen der Außenprüfung und mit ihren Angaben, die sie in der Steueranmeldung für 1998 gemacht gehabt habe, geltend gemacht, dass sie von der F nicht nur - wie in der Voranmeldung angegeben - einen Betrag von insgesamt 5.191.774,94 DM zu beanspruchen habe, sondern ein Entgelt in Höhe von insgesamt 5.301.943 DM zuzüglich Umsatzsteuer oder einen Betrag von insgesamt 6.150.254 DM (S. 23 ff.).
39 
Den sich danach errechnenden Unterschiedsbetrag von 958.480 DM habe die P auch eingeklagt gehabt (S. 24). Das Landgericht habe die Klage jedoch - im Wesentlichen - abgewiesen (S. 24, 25). Dies zeige, dass die P mit den Rechnungen, die sie im Rahmen der Außenprüfung vorgelegt habe, lediglich habe vorspiegeln wollen, das Entgelt, das sie von der F verlangt habe, würde ihre Kosten decken, und zwar einschließlich der von ihr zu entrichtenden Umsatzsteuer (S. 25).
40 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Bericht der Fahnder vom 22. November 2002.
41 
Die P bezahlte den von ihr geschuldeten, schon erwähnten Betrag von 842.729,30 DM zunächst nicht. Mit seinem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 nahm der Beklagte den Kläger in Höhe des Teilbetrags von 716.106,88 DM (366.139,63 Euro) in Anspruch. Insoweit habe die P mit ihren - vorstehend bereits bezeichneten - Rechnungen für ihre Karussellgeschäfte Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen. In Höhe dieses Betrags sei die Umsatzsteuer auch zum Vorteil der P hinterzogen worden. Der Kläger habe an der Steuerhinterziehung teilgenommen. Er hafte daher gemäß § 71 der Abgabenordnung (AO 1977) für die verkürzten Beträge.
42 
Den Einspruch des Klägers wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 als unbegründet zurück. Im Wesentlichen führte der Beklagte im Anschluss an das Urteil des Landgerichts aus, der Kläger habe im Juni 1996 die E gegründet. Zu Beginn des Jahres 1998 habe er sich entschlossen, die von dem Landgericht festgestellten Karussellgeschäfte zu betreiben. Bei diesen Geschäften sollten CPU von der H an die E geliefert werden, von dieser an einen Händler in Deutschland und von diesem wiederum an die H. Der Zwischenhändler sollte in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben. Er sollte den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E. Sollte das Finanzamt feststellen, dass der Zwischenhändler die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, sollte dieser von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden.
43 
Inzwischen, mit Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008, hat der Beklagte hat den Betrag, mit dem er den Kläger in Anspruch nimmt, auf 330.568,28 Euro herabgesetzt.
44 
Der Kläger, der eine Steuerhinterziehung zum Vorteil der P verneint, beantragt, den Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 und des Bescheids vom 21. April/29. Mai 2008 ersatzlos aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen, und die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
45 
Der Beklagte beantragt im Wesentlichen unter Bezugnahme auf den Haftungsbescheid und die Einspruchsentscheidung, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

 
46 
1. Die Klage ist unbegründet.
47 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO kann das Gericht den mit einer Klage angefochtenen Verwaltungsakt nur dann aufheben, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 ist allerdings nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Der Beklagte hat vielmehr zutreffend angenommen, dass der Kläger für die streitigen Beträge haftet:
48 
Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann gemäß § 191 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Finanzbehörde ist danach ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO 1977). Insoweit prüft das Gericht - wenn es über die Klage entscheidet - jedoch nur, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 Satz 1 FGO).
49 
Prüfungsgegenstand für die richterliche Kontrolle auf Ermessensfehler können allerdings nur diejenigen tatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Die tatsächlichen Verhältnisse hat die Finanzbehörde zwar von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Der Umfang dieser Pflichten wird jedoch begrenzt durch die dem Steuerpflichtigen gemäß § 90 AO 1977 auferlegten Mitwirkungspflichten (BFH-Beschluss vom 13. März 1990, VII S 3/90, BFH/NV 1991, 171 unter 1. b).
50 
Danach konnte der Beklagte den Kläger mit dem angefochtenen Haftungsbescheid in Anspruch nehmen:
51 
a) Der Kläger haftet für die verkürzten Beträge allerdings nicht nach § 71 AO 1977.
52 
Nach § 71 AO 1977 haftet für verkürzte Steuern nur, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Eine Steuer hinterzieht, wer
53 
- den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
54 
und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO 1977). Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO 1977).
55 
Die Steueranmeldung ist eine Steuererklärung, in der der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 a. F.; jetzt § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Deshalb ist auch die Voranmeldung der Umsatzsteuer eine Steueranmeldung im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AO 1977, denn der Steuerpflichtige hat in dieser gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen.
56 
Ist eine Steueranmeldung abzugeben, hat die Finanzbehörde die Steuer allerdings nur dann gemäß § 155 AO 1977 mit einem Steuerbescheid festzusetzen, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt (§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Sodann steht die Steueranmeldung grundsätzlich einer Steuerfestsetzung (unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO 1977) gleich (§ 168 Satz 1 AO 1977). Die Steuerhinterziehung ist deshalb schon vollendet, wenn eine Steueranmeldung ausbleibt (Urteil des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 11. Dezember 1990, 5 StR 519/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1315, wistra 1991, 215, unter II. 3.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 26. August 1992, VII R 50/91, Bundessteuerblatt [BStBl] II 1993, 8, unter 2. a).
57 
Der Unternehmer hat die Voranmeldung ferner bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Voranmeldungszeitraum war im Kalenderjahr 1998 grundsätzlich das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG). Betrug die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 12.000 DM, war der Kalendermonat der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG). Hatte der Unternehmer - wie im Streitfall die P - seine gewerbliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufgenommen, war die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend (§ 18 Abs. 2 Satz 5 UStG).
58 
Wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung nach § 71 AO 1977 haftet der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung jedoch nur in Höhe der aufgrund seines Tatbeitrages verkürzten bzw. hinterzogenen Beträge (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.). Die Haftung des Täters beschränkt sich deshalb auf den Vermögensschaden, der durch seine vorsätzliche Tat eingetreten ist (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., m. w. Nachw.). Seine Haftung gemäß § 71 AO 1977 reicht nur soweit, wie sein Vorsatz gereicht hat (BFH-Urteile vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., und vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 2., jeweils m. w. Nachw.). Dementsprechend setzt die Inanspruchnahme des Teilnehmers einer Steuerhinterziehung auch die Feststellung voraus, dass dessen (Teilnahme-)Handlung zu dem eingetretenen Erfolg einer Steuerverkürzung tatsächlich beigetragen hat, für ihn also (zumindest) mitursächlich gewesen ist (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1., m. w. Nachw.). Die Haftung des Teilnehmers reicht (nur) soweit, wie auch der Vorsatz des Täters gereicht hat; d. h. der Teilnehmer haftet für den gesamten durch die Hinterziehung eingetretenen Schaden allenfalls dann, wenn sich sein Vorsatz auch auf die Folgen der Hinterziehungshandlung bezogen hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.).
59 
Der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang ist dagegen nicht mehr gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (BFH-Urteil vom 19. September 2007, VII R 39/05, BFH/NV 2008, 18, unter II. 2. a, aa, m. w. Nachw.).
60 
Hieraus folgt:
61 
aa) Im Streitfall sind Steuern nicht schon deshalb verkürzt, weil - wie der Beklagte annimmt - die P in ihren Steuererklärungen bezeichneten Umsätze in Wirklichkeit nicht ausgeführt hatte.
62 
Für solche Fälle hätten die entsprechenden Beträge in den Steuererklärungen zwar - wie der von der P für die Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 verwandte Vordruck (Zeile 103) zeigt - als „in Rechnungen unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge (§ 14 Abs. 2 und 3 UStG)“ angesetzt werden müssen. Auch sind Steuern selbst dann verkürzt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden können (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO 1977). Diese Vorschrift greift jedoch nicht ein, wenn die Steuer - wie im Streitfall - auch dann (mindestens) mit demselben Betrag festzusetzen gewesen wäre, wenn anstelle der unrichtigen die der Wahrheit entsprechenden Angaben gemacht worden wären und die unrichtigen Angaben mit den verschleierten steuererheblichen Tatsachen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (BGH-Urteile vom 31. Januar 1978, 5 StR 458/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, AO 1977, § 370, R. 2, m. w. Nachw., und vom 26. Juni 1984, 5 StR 322/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 40, unter 2. b).
63 
bb) Soweit die P die Voranmeldung für November 1998 - obwohl im Streitfall nach § 18 Abs. 2 Satz 2, 5 UStG möglicherweise geboten - nicht, die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 und die Steueranmeldung für 1998 - entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 6 UStG in Verbindung mit §§ 46 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV), § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 - jeweils verspätet abgegeben hat, vermag sich der Senat jedenfalls nicht mit der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO gebotenen Sicherheit davon zu überzeugen, dass dies vorsätzlich geschah.
64 
Immerhin hatte die P - sollte ihr eine Dauerfristverlängerung im Sinne der §§ 46 ff. UStDV nicht gewährt worden sein - die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 nur um wenige Tage verspätet abgegeben. Anhaltspunkte tatsächlicher Art, nach denen dies - bewusst - geschah, um die Absicht zu verdecken, die von ihr geschuldete Umsatzsteuer nicht zu entrichten, sind weder von dem Beklagten vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich. Eine solche Annahme ist auch nicht wahrscheinlich,
65 
- da die Säumnis wie erwähnt nur wenige Tage dauerte und, vor allem,
- weil die Beträge, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich waren, bei Fristablauf - dem Tatplan des Karussells folgend - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits an die I oder an die E oder sonst an den Kläger weitergeleitet gewesen sein dürften.
66 
Der Umstand, dass die P die Steueranmeldung für 1998 nicht innerhalb der in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 bestimmten Frist abgab, lässt sich auch mit bloßer Sorglosigkeit erklären. Auch insoweit ist wiederum zu bedenken, dass die P offenbar alsbald nicht mehr über die Beträge verfügen konnte, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich gewesen wären.
67 
cc) Deshalb würde im Streitfall auch der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung und dem Steuerausfall fehlen.
68 
Vielmehr ist der Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens der P unabhängig davon eingetreten, ob die gebotenen Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht worden sind.
69 
b) Der Kläger haftet aber als faktischer Geschäftsführer der P nach § 69 in Verbindung mit §§ 34, 35 AO 1977 für die verkürzten Beträge.
70 
Der Beklagte hat den angefochtenen Haftungsbescheid zwar lediglich auf die Vorschrift des § 71 AO 1977 gestützt. Ein bestimmter Geschehensablauf kann jedoch gleichzeitig und nebeneinander die Haftung sowohl nach § 34 in Verbindung mit § 69 AO 1977 als auch nach § 71 AO 1977 begründen (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Auch wird der einem Haftungsbescheid zugrundeliegende Sachverhalt nicht durch die Haftungsnorm, die zur Begründung der Haftung dient, sondern durch den Geschehensablauf bestimmt, der seinerseits eine oder mehrere bestimmte Haftungsnormen erfüllen kann (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Deshalb steht es dem Finanzamt ferner grundsätzlich frei, ob es den Haftungsbescheid neben § 69 AO 1977 auch oder - wie im Streitfall - nur auf § 71 AO 1977 stützt (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c; BFH-Beschluss vom 11. August 2005, VII B 312/04, juris, unter II. 1.).
71 
Auch ein faktischer Geschäftsführer kommt, wenn er mit dem entsprechenden Anschein einer Berechtigung tatsächlich nach außen hin auftritt, obwohl er formell nicht zum Geschäftsführer bestellt worden ist, gemäß § 35 in Verbindung mit § 69 AO 1977 für die Haftung in Betracht (BFH-Urteil vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Nach § 35 AO 1977 hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO 1977) jedoch nur, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.). Unter einem Verfügungsberechtigten im Sinne dieser Vorschrift ist jeder zu verstehen, der tatsächlich über Mittel, die einem anderen gehören, verfügen kann und als solcher auftritt.
72 
Deshalb muss das Auftreten als Verfügungsberechtigter auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Für die Anwendung des § 35 AO 1977 reicht es aus, dass sich die betreffende Person nach außen hin so geriert, als könne sie über fremdes Vermögen verfügen. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn eine Person, die eine Gesellschaft faktisch leitet, ohne deren gesetzlicher Vertreter zu sein, das Auftreten nach außen weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.). In diesem Falle muss der Weisungsgeber sich das Auftreten der weisungsgebundenen Person wie eigenes zurechnen lassen (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.).
73 
§ 35 AO 1977 fordert auch nicht ausdrücklich ein Auftreten nach außen. Für das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" reicht deshalb das Auftreten als Verfügungsberechtigter in einer begrenzten Öffentlichkeit aus. Daher ist das Tatbestandsmerkmal bereits dann erfüllt, wenn sich das Auftreten in dem Handeln gegenüber Gesellschaftern und Organen der Gesellschaft erschöpft. Entscheidend ist, dass sich die betreffende Person gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als tatsächlicher Geschäftsführer geriert. Ein Auftreten gegenüber Nichtgesellschaftern ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 3.).
74 
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:
75 
aa) Der Kläger war als Verfügungsberechtigter aufgetreten.
76 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO davon überzeugt, dass der Kläger tatsächlich auch über die Mittel, die der P gehörten, verfügen konnte und auch verfügt hat. Der Senat ist insbesondere davon überzeugt, dass
77 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden,
- B und R den Kläger ganz allgemein bei den Karussellgeschäften als seine maßgeblichen Vertreter unterstützten,
- S jedenfalls seinen Einfluss auf die P offenbar im Einklang mit den Abreden ausübte, die er mit dem Kläger getroffen hatte,
- jedoch weder B oder R noch S willens oder in der Lage waren, den Kläger von der Einwirkung auf die Mittel, die der P gehörten, wirtschaftlich auszuschließen,
- die P vielmehr nur dann mit CPU handeln konnte, wenn der Kläger dies zuließ,
- die P insoweit in jeder Hinsicht von dem Willen des Klägers abhing, ihr insbesondere ein Spielraum, über Preis und Menge auch nur nachzudenken, nicht zukam und
- der Kläger deshalb (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
78 
Diese Umstände entnimmt der Senat dem Urteil des Landgerichts. Das Finanzgericht darf sich nämlich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.).
79 
Das Landgericht hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass
80 
- der Kläger die E gegründet hatte (S. 19),
- Gegenstand des Unternehmens der Handel mit CPU war (S. 19),
- sich der Kläger zu Beginn des Jahres 1998 entschlossen hatte, Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20), bei denen die CPU von der H an die E in Spanien und von der E wieder an einen Zwischenhändler in Deutschland und von diesem wiederum an die H geliefert werden sollten (S. 20 f.),
- die H den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden sollte (S. 21),
- die H und die Zwischenhändler die Preise - wie von dem Kläger beabsichtigt - mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmt hatten (S. 21, ferner S. 25, 41, 59, 60 f., hinsichtlich der von der P berechneten „Preise“: S. 47, 65),
- der Zwischenhändler in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E abführen sollte (S. 21),
- der Zwischenhändler, sollte das Finanzamt feststellen, dass dieser die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden sollte (S. 21),
- die E, der Zwischenhändler und die H ihre Geschäfte allerdings immer erst dann abschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen, insbesondere über die Menge und den Preis, verständigt gehabt hatten (S. 25, 27, 34, 47, 61),
- der Kläger hierauf - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben musste (S. 61)
- der Kläger mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und auch geführt hatte (S. 78),
- der Kläger sodann - seinen Absichten folgend - mit M einen Sozialhilfeempfänger als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23) und angewiesen hatte, ein Gewerbe anzumelden, CPU von der E zu erwerben und an die H zu veräußern, ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 23 f.),
- M dementsprechend später die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an nicht an das Finanzamt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E abgeführt hatte (S. 32),
- der Kläger, nachdem M seine Tätigkeit eingestellt hatte, nunmehr mit K verabredet hatte, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63),
- er auch K veranlasst hatte, in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 33, 64),
- K die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt, sondern von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen, den verbliebenen Unterschiedsbetrag aber der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen hatte (S. 42, 64), ferner
- K und die E hierfür wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt hatten (S. 42, 64),
- die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40),
- der Kläger, nachdem auch K seine Tätigkeit eingestellt hatte, jetzt mit S verabredet hatte, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.),
- S hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der I und der P an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt hatte (S. 48),
- die I und die P jeweils als Zwischenhändler tätig geworden waren (S. 47 f., 65),
- der Kläger und die anderen Angeklagten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt hatten (S. 47, 65), dabei
- die Lieferungen von CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P mit Beträgen in Höhe von insgesamt 5.146.640 DM, hierauf von der P der F mit Beträgen in Höhe von insgesamt 4.475.668,06 DM zuzüglich als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesene Beträge in Höhe von insgesamt 716.106,88 DM und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65),
- dementsprechend auch die P die von ihr geschuldete, von der F auch bezahlte Umsatzsteuer verkürzt hatte (S. 48, 65), also den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angegeben hatte, die entsprechenden Beträge nicht an das Finanzamt abgeführt hatte (S. 48, 65 in Verbindung mit S. 21, 32, 34),
- S, soweit er die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten hatte, eigenmächtig gehandelt hatte (S. 48, 49),
- die CPU allerdings - auch, soweit die P eingeschaltet war - lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in C hin- und her befördert worden waren (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65), ferner
- B eine „hervorgehobene Rolle“ bei den Karussellgeschäften des Klägers ausgeübt gehabt hatte (S. 81),
- B insbesondere die Aufgabe gehabt hatte, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen waren, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22),
- dementsprechend B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt gehabt hatte (S. 23 bzw. 33), ferner
- B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet gehabt hatte, über das er, B, auch verfügungsbefugt gewesen war (S. 42 f.),
- auf diesem Konto Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden waren (S. 54),
- der Kläger mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten den damaligen Rechtsanwalt R beauftragt hatte (S. 20),
- dieser im Wesentlichen die Aufgabe gehabt hatte, dem Kläger „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45),
- seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits R veranlasst hatten, für den Kläger tätig zu werden (S. 22, 80) und schließlich
- der Umfang der „Erträge“, die die E erzielt hatte, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ (S. 55, 66) ermöglichten,
- dem Kläger außerdem noch weitere Beträge in Höhe von mindestens 2,5 Mio. DM zuflossen,
- B von den verkürzten Steuerbeträgen einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt hatte und schließlich
- der Kläger darüber hinaus an R Beträge in Höhe von insgesamt immerhin rund 1,6 Mio. DM zahlen konnte (S. 54, 66).
81 
Der Senat entnimmt diesen Umständen zunächst die hervorgehobene Rolle, die schon das Landgericht dem B zugeschrieben hat, die nach Ansicht des Senats aber auch R und - im November und Dezember 1998 - S innehatten. Der Senat sieht sich ferner in seiner Überzeugung, dass auch S sich nicht nur bereit erklärt hatte, an den Karussellgeschäfte des Klägers mitzuwirken, dies vielmehr auch getan hatte, auch von dem Umstand bestätigt, dass sich die P - wie zuvor M und K - im Einklang mit den Absichten des Klägers verhielt, insbesondere - jedenfalls im Ergebnis (zumindest) - die „Preise“ bezahlt hat, die ihr von der I berechnet worden waren.
82 
Dass S offenbar die Gelegenheit genutzt hatte, der E mit dem Betrag von insgesamt rund 2,1 Mio. DM einen Teil der - von der I - vereinnahmten Geldbeträge vorzuenthalten, beruhte dagegen - wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt - auf einem eigenmächtigen, also abredewidrigen Entschluss. Hierfür spricht zum einen, dass - wie das Landgericht ebenfalls festgestellt hat - R im Auftrag des Klägers diesen Betrag beizutreiben suchte. Zum anderen betrafen diese Geldbeträge die drei letzten Geschäftsvorfälle, die zwischen der E und der I stattgefunden hatten. Dies bestätigen auch die Angaben, die S bei seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft X (Geschäftsnummer: ...) gemacht hatte (S. 13 der Niederschrift vom 22. Februar 2001), und die Angaben der Fahnder in der Anlage 5 zu ihrem Bericht vom 22. November 2002 (Übersicht: „Eingangsrechnungen“ der I):
83 
Rechnung vom
Entgelt
25. November
364.800,00 DM
26. November
1.345.500,02 DM
30. November
   437.000,00 DM
Summe
2.147.300,02 DM
84 
Auch das Ende der Tätigkeit des S als Zwischenhändler bei den Karussellgeschäften des Klägers ist nach Überzeugung des Senats ein Beweisanzeichen dafür, dass dieser bestimmen konnte, wer bei den von ihm ins Werk gesetzten Karussellgeschäfte mitwirken durfte oder ausgeschlossen wurde. Jedenfalls sind im Streitfall Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich, nach denen die I aus anderen Gründen aus den Karussellgeschäfte ausgeschieden sein könnte. Das dem Urteil des Landgerichts zugrundeliegende Ermittlungsverfahren gegen den Kläger kann nicht die Ursache gewesen sein, denn die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren erst ein knappes Jahr später eingeleitet (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44). Vielmehr waren - wie das Landgericht feststellte - die Karussellgeschäfte im Laufe des Jahres 1999 mit weiteren Zwischenhändlern fortgesetzt geworden (II. F. 2. und 3. der Gründe, S. 48 f. bzw. S. 49). Die vorstehenden Umstände sprechen zugleich dafür, dass S bei seiner Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger abhängig war, dass dieser den S insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und somit mit seiner Hilfe auch über die Mittel der P verfügen konnte.
85 
Ein weiteres Beweisanzeichen dafür, dass S, aber auch T und L bei ihrer Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger völlig abhängig waren, dass er daher auch sie insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und damit zugleich über die Mittel der P verfügen konnte, ist, dass Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich sind, nach denen S oder T und L
86 
- aus eigenem Vermögen in der Lage gewesen wären, die in dem Bericht der Fahnder vom 22. November 2002 bezeichneten Geschäftsvorfälle nach Art und Umfang „aus dem Nichts heraus“ zu tätigen oder
- sich aus waghalsigen, aber doch noch als kaufmännisch zu wertenden Gründen zu den Geschäften entschlossen haben könnten, bei denen die P „Preise“ bezahlen musste, die das Entgelt überstiegen, das sie - abzüglich der Umsatzsteuer - von der F verlangen konnte.
87 
bb) Der Kläger war ferner in der Lage, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich zu erfüllen.
88 
Wie schon ausgeführt greift die Haftung gemäß §§ 35, 34 Abs. 1 AO 1977 nur ein, soweit der Verfügungsberechtigte die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.).
89 
Der Senat ist aufgrund der vorstehend zu b, aa) dargestellten Umstände und Beweisanzeichen davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger einerseits und S sowie T und L andererseits ein Treuhand- oder sonstiges Auftragsverhältnis bestand, kraft dessen der Kläger diese steuern und deshalb über die Mittel der P verfügen konnte. Er entnimmt dies insbesondere
90 
- der Art und Weise, in der der Kläger sein Vorhaben, Karussellgeschäfte durchzuführen, ins Werk gesetzt hatte, und insbesondere
- dem Umstand, dass er der P (über den „Preis“) die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel tatsächlich entzogen hat.
91 
Diese Geldmittel wurden der P entzogen, indem in den Preis, den die P von der F verlangen durfte, nicht sämtliche vorhersehbaren Betriebsausgaben der P einberechnet waren. Im Streitfall hat der Aufschlag auf den „Preis“, den die P an die I zu zahlen hatte, insbesondere die von ihr, der P, geschuldete Umsatzsteuer jedenfalls in Höhe des Betrags von (mindestens) 670.972 DM nicht berücksichtigt. Dieser Betrag lässt sich - wie schon erwähnt - wie folgt errechnen:
92 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
93 
cc) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass das Handeln des Klägers auch das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" erfüllte.
94 
Zum einen sind S sowie T und L als - wie vorstehend zu b, bb) ausgeführt - von ihm, dem Kläger, weisungsabhängige Personen nach außen aufgetreten. Zum anderen ist er selbst nach außen aufgetreten, wenn er sich mit A darüber verständigte, ob und nach welcher Maßgabe ein Karussellgeschäft durchgeführt werden sollte. Insoweit hat er im Außenverhältnis zur H gehandelt. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass A wusste, dass der Kläger auch die Tätigkeit der P steuerte, denn der Kläger hatte den A - wie das Landgericht feststellte (S. 22) - in seine wahren Absichten eingeweiht.
95 
dd) Der Senat ist schließlich - insbesondere aufgrund der Feststellungen vorstehend zu b, aa) - davon überzeugt, dass der Kläger im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich entzogen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1. c)
96 
Der Senat ist insoweit auch davon überzeugt, dass die bei ihrer Vereinnahmung vorhandenen, im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich auf Dauer entzogenen Geldmittel mindestens den Betrag ausgemacht hatten, der sich - wie vorstehend zu b, bb) schon dargestellt - mit 670.972 DM errechnen lässt.
97 
c) Der Kläger hat mit seinem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten auch einen Steuerausfall in Höhe der Beträge verursacht, mit denen ihn der Beklagte in Anspruch nimmt.
98 
Diese Beträge können anhand der Aktenlage durchaus nachvollzogen werden. Gegenteilige Anhaltspunkte tatsächlicher Art sind jedenfalls weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich.
99 
Ein anderes Ergebnis folgt im Streitfall auch nicht aus dem haftungsbegrenzenden Grundsatz der anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer. Nach diesem Grundsatz haftet der Geschäftsführer einer GmbH für die von dieser geschuldete, nicht an das Finanzamt entrichtete Umsatzsteuer nach den §§ 34, 69 AO 1977 nur insoweit, als er aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Steuerschulden hätte tilgen können. Bei insgesamt nicht ausreichenden Zahlungsmitteln liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers nur insoweit vor, als er die vorhandenen Mittel nicht zu einer in etwa anteiligen Befriedigung der privaten Gläubiger und des Finanzamts (wegen der Umsatzsteuer) verwendet hat (BFH-Urteile vom 26. August 1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8, unter 2. a, und vom 4. Dezember 2007, VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521, unter II. 5., jeweils m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz greift im Streitfall jedoch nicht ein, weil - wie vorstehend zu b) im Einzelnen ausgeführt -
100 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden, und gerade deshalb
- der Kläger (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
101 
Der tatsächlich eingetretene Steuerausfall war im Streitfall mithin die von dem Kläger vorsätzlich herbeigeführte Folge der von ihm betriebenen Karussellgeschäfte (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 4., m. w. Nachw.).
102 
d) Nachdem der Beklagte neben dem Kläger auch die anderen, an dem bei der P verursachten Steuerausfall möglicherweise Beteiligten im Wege der Haftung in Anspruch nimmt und hierauf auch in dem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 und in der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 hingewiesen hat, ist auch insoweit ein Ermessensfehler des Beklagten nicht erkennbar (zum sog. Auswahlermessen vgl. ferner BFH-Urteil vom 13. Juni 1997, VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4, m. w. Nachw.).
103 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1, § 138 Abs. 1 FGO. Die Verfahrenskosten waren den Beteiligten wegen der im Laufe des Rechtsstreits durch den Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008 eingetretenen Streitwertminderung für die verschiedenen Zeitabschnitte getrennt in unterschiedlichen Quoten aufzuerlegen (BFH-Urteile vom 6. Juni 1984, II R 184/81, BStBl II 1985, 261, unter 3. und vom 11. Mai 1999, IX R 56/96, BFH/NV 2000, 20, unter 4.).
104 
3. Der Streitwert war gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes mit dem Betrag festzusetzen, mit dem der Beklagte den Kläger in Anspruch nimmt bzw. - für die Zeit bis zum 21. April 2008 - in Anspruch genommen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 1994, VII E 7/94, BFH/NV 1995, 720).

Gründe

 
46 
1. Die Klage ist unbegründet.
47 
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO kann das Gericht den mit einer Klage angefochtenen Verwaltungsakt nur dann aufheben, soweit dieser rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Der Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 ist allerdings nicht als rechtswidrig zu beanstanden. Der Beklagte hat vielmehr zutreffend angenommen, dass der Kläger für die streitigen Beträge haftet:
48 
Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann gemäß § 191 AO 1977 durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Finanzbehörde ist danach ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu entscheiden. Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO 1977). Insoweit prüft das Gericht - wenn es über die Klage entscheidet - jedoch nur, ob der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 Satz 1 FGO).
49 
Prüfungsgegenstand für die richterliche Kontrolle auf Ermessensfehler können allerdings nur diejenigen tatsächlichen Verhältnisse sein, die der Finanzbehörde im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen (Urteil des Bundesfinanzhofs [BFH] vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Die tatsächlichen Verhältnisse hat die Finanzbehörde zwar von Amts wegen zu ermitteln (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Der Umfang dieser Pflichten wird jedoch begrenzt durch die dem Steuerpflichtigen gemäß § 90 AO 1977 auferlegten Mitwirkungspflichten (BFH-Beschluss vom 13. März 1990, VII S 3/90, BFH/NV 1991, 171 unter 1. b).
50 
Danach konnte der Beklagte den Kläger mit dem angefochtenen Haftungsbescheid in Anspruch nehmen:
51 
a) Der Kläger haftet für die verkürzten Beträge allerdings nicht nach § 71 AO 1977.
52 
Nach § 71 AO 1977 haftet für verkürzte Steuern nur, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Eine Steuer hinterzieht, wer
53 
- den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
54 
und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AO 1977). Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO 1977).
55 
Die Steueranmeldung ist eine Steuererklärung, in der der Steuerpflichtige die Steuer selbst zu berechnen hat (§ 150 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 a. F.; jetzt § 150 Abs. 1 Satz 3 AO 1977). Deshalb ist auch die Voranmeldung der Umsatzsteuer eine Steueranmeldung im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AO 1977, denn der Steuerpflichtige hat in dieser gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG die Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen.
56 
Ist eine Steueranmeldung abzugeben, hat die Finanzbehörde die Steuer allerdings nur dann gemäß § 155 AO 1977 mit einem Steuerbescheid festzusetzen, wenn die Festsetzung zu einer abweichenden Steuer führt oder der Steuer- oder Haftungsschuldner die Steueranmeldung nicht abgibt (§ 167 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Sodann steht die Steueranmeldung grundsätzlich einer Steuerfestsetzung (unter Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO 1977) gleich (§ 168 Satz 1 AO 1977). Die Steuerhinterziehung ist deshalb schon vollendet, wenn eine Steueranmeldung ausbleibt (Urteil des Bundesgerichtshofs [BGH] vom 11. Dezember 1990, 5 StR 519/90, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1315, wistra 1991, 215, unter II. 3.; vgl. ferner BFH-Urteil vom 26. August 1992, VII R 50/91, Bundessteuerblatt [BStBl] II 1993, 8, unter 2. a).
57 
Der Unternehmer hat die Voranmeldung ferner bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums abzugeben (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG). Voranmeldungszeitraum war im Kalenderjahr 1998 grundsätzlich das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG). Betrug die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 12.000 DM, war der Kalendermonat der Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG). Hatte der Unternehmer - wie im Streitfall die P - seine gewerbliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufgenommen, war die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend (§ 18 Abs. 2 Satz 5 UStG).
58 
Wegen des Schadensersatzcharakters der Haftung nach § 71 AO 1977 haftet der Täter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung jedoch nur in Höhe der aufgrund seines Tatbeitrages verkürzten bzw. hinterzogenen Beträge (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.). Die Haftung des Täters beschränkt sich deshalb auf den Vermögensschaden, der durch seine vorsätzliche Tat eingetreten ist (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., m. w. Nachw.). Seine Haftung gemäß § 71 AO 1977 reicht nur soweit, wie sein Vorsatz gereicht hat (BFH-Urteile vom 13. Juli 1994, I R 112/93, BStBl II 1995, 198, unter II. B. 3., und vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 2., jeweils m. w. Nachw.). Dementsprechend setzt die Inanspruchnahme des Teilnehmers einer Steuerhinterziehung auch die Feststellung voraus, dass dessen (Teilnahme-)Handlung zu dem eingetretenen Erfolg einer Steuerverkürzung tatsächlich beigetragen hat, für ihn also (zumindest) mitursächlich gewesen ist (BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1., m. w. Nachw.). Die Haftung des Teilnehmers reicht (nur) soweit, wie auch der Vorsatz des Täters gereicht hat; d. h. der Teilnehmer haftet für den gesamten durch die Hinterziehung eingetretenen Schaden allenfalls dann, wenn sich sein Vorsatz auch auf die Folgen der Hinterziehungshandlung bezogen hat (BFH-Urteil vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891, unter II. 1. b, m. w. Nachw.).
59 
Der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang ist dagegen nicht mehr gegeben, wenn der Steuerausfall als Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens des Steuerpflichtigen unabhängig davon eingetreten ist, ob Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht und die geschuldeten Steuerbeträge innerhalb der gesetzlich hierfür bestimmten Fristen entrichtet worden sind (BFH-Urteil vom 19. September 2007, VII R 39/05, BFH/NV 2008, 18, unter II. 2. a, aa, m. w. Nachw.).
60 
Hieraus folgt:
61 
aa) Im Streitfall sind Steuern nicht schon deshalb verkürzt, weil - wie der Beklagte annimmt - die P in ihren Steuererklärungen bezeichneten Umsätze in Wirklichkeit nicht ausgeführt hatte.
62 
Für solche Fälle hätten die entsprechenden Beträge in den Steuererklärungen zwar - wie der von der P für die Steueranmeldung für das Kalenderjahr 1998 verwandte Vordruck (Zeile 103) zeigt - als „in Rechnungen unberechtigt ausgewiesene Steuerbeträge (§ 14 Abs. 2 und 3 UStG)“ angesetzt werden müssen. Auch sind Steuern selbst dann verkürzt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt werden können (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO 1977). Diese Vorschrift greift jedoch nicht ein, wenn die Steuer - wie im Streitfall - auch dann (mindestens) mit demselben Betrag festzusetzen gewesen wäre, wenn anstelle der unrichtigen die der Wahrheit entsprechenden Angaben gemacht worden wären und die unrichtigen Angaben mit den verschleierten steuererheblichen Tatsachen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (BGH-Urteile vom 31. Januar 1978, 5 StR 458/77, Steuerrechtsprechung in Karteiform, AO 1977, § 370, R. 2, m. w. Nachw., und vom 26. Juni 1984, 5 StR 322/84, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1985, 40, unter 2. b).
63 
bb) Soweit die P die Voranmeldung für November 1998 - obwohl im Streitfall nach § 18 Abs. 2 Satz 2, 5 UStG möglicherweise geboten - nicht, die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 und die Steueranmeldung für 1998 - entgegen § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 6 UStG in Verbindung mit §§ 46 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV), § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 - jeweils verspätet abgegeben hat, vermag sich der Senat jedenfalls nicht mit der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO gebotenen Sicherheit davon zu überzeugen, dass dies vorsätzlich geschah.
64 
Immerhin hatte die P - sollte ihr eine Dauerfristverlängerung im Sinne der §§ 46 ff. UStDV nicht gewährt worden sein - die Voranmeldung für das vierte Kalenderjahr 1998 nur um wenige Tage verspätet abgegeben. Anhaltspunkte tatsächlicher Art, nach denen dies - bewusst - geschah, um die Absicht zu verdecken, die von ihr geschuldete Umsatzsteuer nicht zu entrichten, sind weder von dem Beklagten vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich. Eine solche Annahme ist auch nicht wahrscheinlich,
65 
- da die Säumnis wie erwähnt nur wenige Tage dauerte und, vor allem,
- weil die Beträge, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich waren, bei Fristablauf - dem Tatplan des Karussells folgend - mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits an die I oder an die E oder sonst an den Kläger weitergeleitet gewesen sein dürften.
66 
Der Umstand, dass die P die Steueranmeldung für 1998 nicht innerhalb der in § 149 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 bestimmten Frist abgab, lässt sich auch mit bloßer Sorglosigkeit erklären. Auch insoweit ist wiederum zu bedenken, dass die P offenbar alsbald nicht mehr über die Beträge verfügen konnte, die für die Entrichtung der Umsatzsteuer erforderlich gewesen wären.
67 
cc) Deshalb würde im Streitfall auch der erforderliche adäquate Kausalzusammenhang zwischen der Steuerhinterziehung und dem Steuerausfall fehlen.
68 
Vielmehr ist der Vermögensschaden des Fiskus mangels ausreichender Zahlungsmittel und vollstreckbaren Vermögens der P unabhängig davon eingetreten, ob die gebotenen Steueranmeldungen fristgerecht eingereicht worden sind.
69 
b) Der Kläger haftet aber als faktischer Geschäftsführer der P nach § 69 in Verbindung mit §§ 34, 35 AO 1977 für die verkürzten Beträge.
70 
Der Beklagte hat den angefochtenen Haftungsbescheid zwar lediglich auf die Vorschrift des § 71 AO 1977 gestützt. Ein bestimmter Geschehensablauf kann jedoch gleichzeitig und nebeneinander die Haftung sowohl nach § 34 in Verbindung mit § 69 AO 1977 als auch nach § 71 AO 1977 begründen (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Auch wird der einem Haftungsbescheid zugrundeliegende Sachverhalt nicht durch die Haftungsnorm, die zur Begründung der Haftung dient, sondern durch den Geschehensablauf bestimmt, der seinerseits eine oder mehrere bestimmte Haftungsnormen erfüllen kann (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c). Deshalb steht es dem Finanzamt ferner grundsätzlich frei, ob es den Haftungsbescheid neben § 69 AO 1977 auch oder - wie im Streitfall - nur auf § 71 AO 1977 stützt (BFH-Urteil vom 8. November 1994, VII R 1/93, BFH/NV 1995, 657, unter 1. c; BFH-Beschluss vom 11. August 2005, VII B 312/04, juris, unter II. 1.).
71 
Auch ein faktischer Geschäftsführer kommt, wenn er mit dem entsprechenden Anschein einer Berechtigung tatsächlich nach außen hin auftritt, obwohl er formell nicht zum Geschäftsführer bestellt worden ist, gemäß § 35 in Verbindung mit § 69 AO 1977 für die Haftung in Betracht (BFH-Urteil vom 7. April 1992, VII R 104/90, BFH/NV 1993, 213, unter 1. a). Nach § 35 AO 1977 hat derjenige, der als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1 AO 1977) jedoch nur, soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.). Unter einem Verfügungsberechtigten im Sinne dieser Vorschrift ist jeder zu verstehen, der tatsächlich über Mittel, die einem anderen gehören, verfügen kann und als solcher auftritt.
72 
Deshalb muss das Auftreten als Verfügungsberechtigter auch nicht in einer Disposition über fremdes Vermögen bestehen. Für die Anwendung des § 35 AO 1977 reicht es aus, dass sich die betreffende Person nach außen hin so geriert, als könne sie über fremdes Vermögen verfügen. Diese Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn eine Person, die eine Gesellschaft faktisch leitet, ohne deren gesetzlicher Vertreter zu sein, das Auftreten nach außen weisungsabhängigen Personen überlässt (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.). In diesem Falle muss der Weisungsgeber sich das Auftreten der weisungsgebundenen Person wie eigenes zurechnen lassen (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 2.).
73 
§ 35 AO 1977 fordert auch nicht ausdrücklich ein Auftreten nach außen. Für das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" reicht deshalb das Auftreten als Verfügungsberechtigter in einer begrenzten Öffentlichkeit aus. Daher ist das Tatbestandsmerkmal bereits dann erfüllt, wenn sich das Auftreten in dem Handeln gegenüber Gesellschaftern und Organen der Gesellschaft erschöpft. Entscheidend ist, dass sich die betreffende Person gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit als tatsächlicher Geschäftsführer geriert. Ein Auftreten gegenüber Nichtgesellschaftern ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 3.).
74 
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor:
75 
aa) Der Kläger war als Verfügungsberechtigter aufgetreten.
76 
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat im Sinne von § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 FGO davon überzeugt, dass der Kläger tatsächlich auch über die Mittel, die der P gehörten, verfügen konnte und auch verfügt hat. Der Senat ist insbesondere davon überzeugt, dass
77 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden,
- B und R den Kläger ganz allgemein bei den Karussellgeschäften als seine maßgeblichen Vertreter unterstützten,
- S jedenfalls seinen Einfluss auf die P offenbar im Einklang mit den Abreden ausübte, die er mit dem Kläger getroffen hatte,
- jedoch weder B oder R noch S willens oder in der Lage waren, den Kläger von der Einwirkung auf die Mittel, die der P gehörten, wirtschaftlich auszuschließen,
- die P vielmehr nur dann mit CPU handeln konnte, wenn der Kläger dies zuließ,
- die P insoweit in jeder Hinsicht von dem Willen des Klägers abhing, ihr insbesondere ein Spielraum, über Preis und Menge auch nur nachzudenken, nicht zukam und
- der Kläger deshalb (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
78 
Diese Umstände entnimmt der Senat dem Urteil des Landgerichts. Das Finanzgericht darf sich nämlich die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, dass diese zutreffend sind und im finanzgerichtlichen Verfahren keine substantiierten Einwendungen gegen diese Feststellungen erhoben werden (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2007, VII B 4/06, BFH/NV 2007, 1374, unter 2. a. E., m. w. Nachw.).
79 
Das Landgericht hatte mit seinem Urteil insbesondere festgestellt, dass
80 
- der Kläger die E gegründet hatte (S. 19),
- Gegenstand des Unternehmens der Handel mit CPU war (S. 19),
- sich der Kläger zu Beginn des Jahres 1998 entschlossen hatte, Karussellgeschäfte zu betreiben (S. 20), bei denen die CPU von der H an die E in Spanien und von der E wieder an einen Zwischenhändler in Deutschland und von diesem wiederum an die H geliefert werden sollten (S. 20 f.),
- die H den „üblichen Handelsaufschlag“ anwenden sollte (S. 21),
- die H und die Zwischenhändler die Preise - wie von dem Kläger beabsichtigt - mit den jeweils marktüblichen Beträgen bestimmt hatten (S. 21, ferner S. 25, 41, 59, 60 f., hinsichtlich der von der P berechneten „Preise“: S. 47, 65),
- der Zwischenhändler in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag angeben, den Steuerbetrag jedoch nicht an das Finanzamt abführen, sondern - nach Abzug des für ihn bestimmten Anteils - an die E abführen sollte (S. 21),
- der Zwischenhändler, sollte das Finanzamt feststellen, dass dieser die Umsatzsteuer hinterzieht oder sonst gezielt verkürzt, von einem anderen Zwischenhändler ersetzt werden sollte (S. 21),
- die E, der Zwischenhändler und die H ihre Geschäfte allerdings immer erst dann abschlossen, wenn sie sich über den Warenkreislauf, der zwischen ihnen stattfinden sollte, im Einzelnen, insbesondere über die Menge und den Preis, verständigt gehabt hatten (S. 25, 27, 34, 47, 61),
- der Kläger hierauf - wegen der bei Karussellgeschäften geltenden „Zwangsläufigkeiten“ - von vornherein seinen Einfluss ausüben musste (S. 61)
- der Kläger mithin ein „pseudogeschäftliches Netzwerk“ gegründet und auch geführt hatte (S. 78),
- der Kläger sodann - seinen Absichten folgend - mit M einen Sozialhilfeempfänger als Zwischenhändler eingesetzt (S. 23) und angewiesen hatte, ein Gewerbe anzumelden, CPU von der E zu erwerben und an die H zu veräußern, ferner in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 23 f.),
- M dementsprechend später die von ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an nicht an das Finanzamt, sondern - in Höhe der „überschüssigen Mehrwertsteuerbeträge“ - an die E abgeführt hatte (S. 32),
- der Kläger, nachdem M seine Tätigkeit eingestellt hatte, nunmehr mit K verabredet hatte, dass dieser an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H teilnimmt (S. 33, 63),
- er auch K veranlasst hatte, in seinen Rechnungen den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar anzugeben, die entsprechenden Beträge aber nicht an das Finanzamt abzuführen (S. 33, 64),
- K die von ihm zu entrichtende Umsatzsteuer ebenfalls nicht an das Finanzamt abgeführt, sondern von seinen Einnahmen lediglich die sonstigen Ausgaben und als seine „Entnahmen“ zehn Teilbeträge in Höhe von jeweils 29.000 DM abgezogen, den verbliebenen Unterschiedsbetrag aber der E jeweils als „Vorauszahlung“ überwiesen hatte (S. 42, 64), ferner
- K und die E hierfür wöchentliche „Balance Sheets“ erstellt hatten (S. 42, 64),
- die O gegen den Willen des Klägers und der anderen Angeklagten an den Karussellgeschäften nicht beteiligt worden wäre (S. 40),
- der Kläger, nachdem auch K seine Tätigkeit eingestellt hatte, jetzt mit S verabredet hatte, dass dieser zur Teilnahme an den Karussellgeschäften zwischen der E und der H einen neuen Zwischenhändler besorgt (S. 47 f.),
- S hierauf - im November und Dezember 1998 - als die treibende Kraft hinter der I und der P an den Karussellgeschäften des Klägers und der anderen Angeklagten mitgewirkt hatte (S. 48),
- die I und die P jeweils als Zwischenhändler tätig geworden waren (S. 47 f., 65),
- der Kläger und die anderen Angeklagten die Karussellgeschäfte mit der I und der P „nach dem gleichen Grundprinzip wie bisher“ fortgesetzt hatten (S. 47, 65), dabei
- die Lieferungen von CPU erst von der E der I berechnet worden waren, sodann von der I der P mit Beträgen in Höhe von insgesamt 5.146.640 DM, hierauf von der P der F mit Beträgen in Höhe von insgesamt 4.475.668,06 DM zuzüglich als die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer ausgewiesene Beträge in Höhe von insgesamt 716.106,88 DM und schließlich von der F der H (S. 47, 48, 65),
- dementsprechend auch die P die von ihr geschuldete, von der F auch bezahlte Umsatzsteuer verkürzt hatte (S. 48, 65), also den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag zwar angegeben hatte, die entsprechenden Beträge nicht an das Finanzamt abgeführt hatte (S. 48, 65 in Verbindung mit S. 21, 32, 34),
- S, soweit er die von der I an die E abzuführenden Beträge zum Teil - in Höhe von 2,1 Mio. DM - einbehalten hatte, eigenmächtig gehandelt hatte (S. 48, 49),
- die CPU allerdings - auch, soweit die P eingeschaltet war - lediglich zwischen einem Warenlager erst in den Niederlanden und später in Belgien und der Betriebsstätte der H in C hin- und her befördert worden waren (S. 26 f., 34, 47, 61, 63, 65), ferner
- B eine „hervorgehobene Rolle“ bei den Karussellgeschäften des Klägers ausgeübt gehabt hatte (S. 81),
- B insbesondere die Aufgabe gehabt hatte, die Zwischenhändler zu besorgen, die auch bereit gewesen waren, „Weisungen von Hintermännern zu befolgen“ (S. 22),
- dementsprechend B die weiteren Angeklagten M und K als Zwischenhändler eingesetzt gehabt hatte (S. 23 bzw. 33), ferner
- B bei einer Bank in Liechtenstein ein Konto auf den Namen des K eröffnet gehabt hatte, über das er, B, auch verfügungsbefugt gewesen war (S. 42 f.),
- auf diesem Konto Beträge in Höhe von rund 9,3 Mio. DM gutgeschrieben worden waren (S. 54),
- der Kläger mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten den damaligen Rechtsanwalt R beauftragt hatte (S. 20),
- dieser im Wesentlichen die Aufgabe gehabt hatte, dem Kläger „den Rücken freizuhalten“ (S. 20, 21) und ihn bei den Karussellgeschäften zu unterstützen (S. 21 f.; ferner S. 45),
- seine finanziellen Schwierigkeiten einerseits und die „finanziell großzügige ... Art“ des Klägers andererseits R veranlasst hatten, für den Kläger tätig zu werden (S. 22, 80) und schließlich
- der Umfang der „Erträge“, die die E erzielt hatte, dem Kläger ein Leben „auf großem Fuße“ (S. 55, 66) ermöglichten,
- dem Kläger außerdem noch weitere Beträge in Höhe von mindestens 2,5 Mio. DM zuflossen,
- B von den verkürzten Steuerbeträgen einen Anteil in Höhe von insgesamt rund 3,1 Mio. DM erlangt hatte und schließlich
- der Kläger darüber hinaus an R Beträge in Höhe von insgesamt immerhin rund 1,6 Mio. DM zahlen konnte (S. 54, 66).
81 
Der Senat entnimmt diesen Umständen zunächst die hervorgehobene Rolle, die schon das Landgericht dem B zugeschrieben hat, die nach Ansicht des Senats aber auch R und - im November und Dezember 1998 - S innehatten. Der Senat sieht sich ferner in seiner Überzeugung, dass auch S sich nicht nur bereit erklärt hatte, an den Karussellgeschäfte des Klägers mitzuwirken, dies vielmehr auch getan hatte, auch von dem Umstand bestätigt, dass sich die P - wie zuvor M und K - im Einklang mit den Absichten des Klägers verhielt, insbesondere - jedenfalls im Ergebnis (zumindest) - die „Preise“ bezahlt hat, die ihr von der I berechnet worden waren.
82 
Dass S offenbar die Gelegenheit genutzt hatte, der E mit dem Betrag von insgesamt rund 2,1 Mio. DM einen Teil der - von der I - vereinnahmten Geldbeträge vorzuenthalten, beruhte dagegen - wie sich aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt - auf einem eigenmächtigen, also abredewidrigen Entschluss. Hierfür spricht zum einen, dass - wie das Landgericht ebenfalls festgestellt hat - R im Auftrag des Klägers diesen Betrag beizutreiben suchte. Zum anderen betrafen diese Geldbeträge die drei letzten Geschäftsvorfälle, die zwischen der E und der I stattgefunden hatten. Dies bestätigen auch die Angaben, die S bei seiner Vernehmung in dem Strafverfahren gegen den Kläger bei der Staatsanwaltschaft X (Geschäftsnummer: ...) gemacht hatte (S. 13 der Niederschrift vom 22. Februar 2001), und die Angaben der Fahnder in der Anlage 5 zu ihrem Bericht vom 22. November 2002 (Übersicht: „Eingangsrechnungen“ der I):
83 
Rechnung vom
Entgelt
25. November
364.800,00 DM
26. November
1.345.500,02 DM
30. November
   437.000,00 DM
Summe
2.147.300,02 DM
84 
Auch das Ende der Tätigkeit des S als Zwischenhändler bei den Karussellgeschäften des Klägers ist nach Überzeugung des Senats ein Beweisanzeichen dafür, dass dieser bestimmen konnte, wer bei den von ihm ins Werk gesetzten Karussellgeschäfte mitwirken durfte oder ausgeschlossen wurde. Jedenfalls sind im Streitfall Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich, nach denen die I aus anderen Gründen aus den Karussellgeschäfte ausgeschieden sein könnte. Das dem Urteil des Landgerichts zugrundeliegende Ermittlungsverfahren gegen den Kläger kann nicht die Ursache gewesen sein, denn die Staatsanwaltschaft hatte das Strafverfahren erst ein knappes Jahr später eingeleitet (Anklageschrift der Staatsanwaltschaft X vom 29. Januar 2002, S. 44). Vielmehr waren - wie das Landgericht feststellte - die Karussellgeschäfte im Laufe des Jahres 1999 mit weiteren Zwischenhändlern fortgesetzt geworden (II. F. 2. und 3. der Gründe, S. 48 f. bzw. S. 49). Die vorstehenden Umstände sprechen zugleich dafür, dass S bei seiner Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger abhängig war, dass dieser den S insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und somit mit seiner Hilfe auch über die Mittel der P verfügen konnte.
85 
Ein weiteres Beweisanzeichen dafür, dass S, aber auch T und L bei ihrer Teilnahme an den Karussellgeschäften von dem Kläger völlig abhängig waren, dass er daher auch sie insoweit schon aus tatsächlichen Gründen steuern und damit zugleich über die Mittel der P verfügen konnte, ist, dass Anhaltspunkte tatsächlicher Art weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich sind, nach denen S oder T und L
86 
- aus eigenem Vermögen in der Lage gewesen wären, die in dem Bericht der Fahnder vom 22. November 2002 bezeichneten Geschäftsvorfälle nach Art und Umfang „aus dem Nichts heraus“ zu tätigen oder
- sich aus waghalsigen, aber doch noch als kaufmännisch zu wertenden Gründen zu den Geschäften entschlossen haben könnten, bei denen die P „Preise“ bezahlen musste, die das Entgelt überstiegen, das sie - abzüglich der Umsatzsteuer - von der F verlangen konnte.
87 
bb) Der Kläger war ferner in der Lage, die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich zu erfüllen.
88 
Wie schon ausgeführt greift die Haftung gemäß §§ 35, 34 Abs. 1 AO 1977 nur ein, soweit der Verfügungsberechtigte die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (BFH-Urteil vom 24. April 1991, I R 56/89, BFH/NV 1992, 76, unter II. 4.).
89 
Der Senat ist aufgrund der vorstehend zu b, aa) dargestellten Umstände und Beweisanzeichen davon überzeugt, dass zwischen dem Kläger einerseits und S sowie T und L andererseits ein Treuhand- oder sonstiges Auftragsverhältnis bestand, kraft dessen der Kläger diese steuern und deshalb über die Mittel der P verfügen konnte. Er entnimmt dies insbesondere
90 
- der Art und Weise, in der der Kläger sein Vorhaben, Karussellgeschäfte durchzuführen, ins Werk gesetzt hatte, und insbesondere
- dem Umstand, dass er der P (über den „Preis“) die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel tatsächlich entzogen hat.
91 
Diese Geldmittel wurden der P entzogen, indem in den Preis, den die P von der F verlangen durfte, nicht sämtliche vorhersehbaren Betriebsausgaben der P einberechnet waren. Im Streitfall hat der Aufschlag auf den „Preis“, den die P an die I zu zahlen hatte, insbesondere die von ihr, der P, geschuldete Umsatzsteuer jedenfalls in Höhe des Betrags von (mindestens) 670.972 DM nicht berücksichtigt. Dieser Betrag lässt sich - wie schon erwähnt - wie folgt errechnen:
92 
das von der P der F berechnete, der Umsatzsteuer unterliegende Entgelt
4.475.668 DM
die Umsatzsteuer hierauf
   716.106 DM
Zwischensumme
5.191.774 DM
abzüglich
        
-das von der I der P berechnete Entgelt
5.146.640 DM
-die von P zu entrichtende Umsatzsteuer
   716.106 DM
        
670.972 DM
93 
cc) Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass das Handeln des Klägers auch das Tatbestandsmerkmal "Auftreten nach außen" erfüllte.
94 
Zum einen sind S sowie T und L als - wie vorstehend zu b, bb) ausgeführt - von ihm, dem Kläger, weisungsabhängige Personen nach außen aufgetreten. Zum anderen ist er selbst nach außen aufgetreten, wenn er sich mit A darüber verständigte, ob und nach welcher Maßgabe ein Karussellgeschäft durchgeführt werden sollte. Insoweit hat er im Außenverhältnis zur H gehandelt. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass A wusste, dass der Kläger auch die Tätigkeit der P steuerte, denn der Kläger hatte den A - wie das Landgericht feststellte (S. 22) - in seine wahren Absichten eingeweiht.
95 
dd) Der Senat ist schließlich - insbesondere aufgrund der Feststellungen vorstehend zu b, aa) - davon überzeugt, dass der Kläger im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 die zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen - und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen - Geldmittel im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich entzogen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 2002, VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891 unter II. 1. c)
96 
Der Senat ist insoweit auch davon überzeugt, dass die bei ihrer Vereinnahmung vorhandenen, im Sinne von § 69 Satz 1 AO 1977 vorsätzlich auf Dauer entzogenen Geldmittel mindestens den Betrag ausgemacht hatten, der sich - wie vorstehend zu b, bb) schon dargestellt - mit 670.972 DM errechnen lässt.
97 
c) Der Kläger hat mit seinem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten auch einen Steuerausfall in Höhe der Beträge verursacht, mit denen ihn der Beklagte in Anspruch nimmt.
98 
Diese Beträge können anhand der Aktenlage durchaus nachvollzogen werden. Gegenteilige Anhaltspunkte tatsächlicher Art sind jedenfalls weder von dem Kläger vorgetragen noch sonst nach Aktenlage ersichtlich.
99 
Ein anderes Ergebnis folgt im Streitfall auch nicht aus dem haftungsbegrenzenden Grundsatz der anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer. Nach diesem Grundsatz haftet der Geschäftsführer einer GmbH für die von dieser geschuldete, nicht an das Finanzamt entrichtete Umsatzsteuer nach den §§ 34, 69 AO 1977 nur insoweit, als er aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Steuerschulden hätte tilgen können. Bei insgesamt nicht ausreichenden Zahlungsmitteln liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers nur insoweit vor, als er die vorhandenen Mittel nicht zu einer in etwa anteiligen Befriedigung der privaten Gläubiger und des Finanzamts (wegen der Umsatzsteuer) verwendet hat (BFH-Urteile vom 26. August 1992, VII R 50/91, BStBl II 1993, 8, unter 2. a, und vom 4. Dezember 2007, VII R 18/06, BFH/NV 2008, 521, unter II. 5., jeweils m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz greift im Streitfall jedoch nicht ein, weil - wie vorstehend zu b) im Einzelnen ausgeführt -
100 
- der Kläger die wesentlichen Grundzüge der Karussellgeschäfte zwischen der E und der H entwickelt und sie als die (allein) führende Kraft maßgeblich ins Werk gesetzt und gesteuert hatte,
- auch die Geschäfte, an der die P mitgewirkt hatte, entsprechend dieser Grundzüge abgewickelt wurden, und gerade deshalb
- der Kläger (auch) der P die zur Begleichung der verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen, bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder auf Dauer entziehen konnte und ihr diese Mittel auch tatsächlich entzogen hatte.
101 
Der tatsächlich eingetretene Steuerausfall war im Streitfall mithin die von dem Kläger vorsätzlich herbeigeführte Folge der von ihm betriebenen Karussellgeschäfte (vgl. auch BFH-Urteil vom 6. März 2001, VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100, unter II. 4., m. w. Nachw.).
102 
d) Nachdem der Beklagte neben dem Kläger auch die anderen, an dem bei der P verursachten Steuerausfall möglicherweise Beteiligten im Wege der Haftung in Anspruch nimmt und hierauf auch in dem Haftungsbescheid vom 7. Mai 2002 und in der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2004 hingewiesen hat, ist auch insoweit ein Ermessensfehler des Beklagten nicht erkennbar (zum sog. Auswahlermessen vgl. ferner BFH-Urteil vom 13. Juni 1997, VII R 96/96, BFH/NV 1998, 4, m. w. Nachw.).
103 
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1, § 138 Abs. 1 FGO. Die Verfahrenskosten waren den Beteiligten wegen der im Laufe des Rechtsstreits durch den Bescheid vom 21. April/29. Mai 2008 eingetretenen Streitwertminderung für die verschiedenen Zeitabschnitte getrennt in unterschiedlichen Quoten aufzuerlegen (BFH-Urteile vom 6. Juni 1984, II R 184/81, BStBl II 1985, 261, unter 3. und vom 11. Mai 1999, IX R 56/96, BFH/NV 2000, 20, unter 4.).
104 
3. Der Streitwert war gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes mit dem Betrag festzusetzen, mit dem der Beklagte den Kläger in Anspruch nimmt bzw. - für die Zeit bis zum 21. April 2008 - in Anspruch genommen hatte (vgl. BFH-Beschluss vom 24. November 1994, VII E 7/94, BFH/NV 1995, 720).

Wer als Verfügungsberechtigter im eigenen oder fremden Namen auftritt, hat die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 Abs. 1), soweit er sie rechtlich und tatsächlich erfüllen kann.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 627/08
vom
17. März 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
______________________
Bei der Hinterziehung von Umsatzsteuern bemisst sich der Umfang der verkürzten
Steuern oder erlangten Steuervorteile auch dann nach deren Nominalbetrag, wenn
die Tathandlung in der pflichtwidrigen Nichtabgabe oder der Abgabe einer unrichtigen
Umsatzsteuervoranmeldung im Sinne von § 18 Abs. 1 UStG liegt. Der Umstand,
dass in solchen Fällen im Hinblick auf die Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung
(§ 18 Abs. 3 UStG) zunächst nur eine Steuerhinterziehung „auf
Zeit“ gegeben ist, führt nicht dazu, dass der tatbestandsmäßige Erfolg lediglich in der
Höhe der Hinterziehungszinsen zu erblicken wäre.
Zur Strafzumessung bei Tatserien.
BGH, Urt. vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08 - LG Nürnberg-Fürth
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
17. März 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14. Juli 2008 im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den umfassend geständigen Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 59 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren , deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, und zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt. Die Einzelstrafen hat das Landgericht im Hinblick auf eine „rezidivierende depressive Störung“ des Angeklagten jeweils dem nach den §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 370 Abs. 1 AO entnommen; von der Bildung einer einheitlichen Gesamtfreiheitsstrafe hat es gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklag- ten eingelegten und auf den Strafausspruch beschränkten Revision. Sie beanstandet im Wesentlichen, dass das Landgericht hinsichtlich der Taten der Lohnsteuerhinterziehung sowie der Steuerhinterziehung durch Unterlassen der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen statt kurzer Freiheitsstrafen (§ 47 Abs. 1 StGB) lediglich Geldstrafen verhängt und bei der Gesamtstrafenbildung keine einheitliche Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt hat. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen betrieb der Angeklagte seit dem Jahr 1999 als Einzelfirma einen Pizzalieferservice mit Filialen in Nürnberg, Fürth und Erlangen. Im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit entnahm er in den Jahren 2002 bis 2006 einen erheblichen Teil der Betriebseinnahmen, ohne diese als Umsätze und Einnahmen in der Buchhaltung des Unternehmens zu erfassen; Lohnzahlungen an Aushilfskräfte erfasste er ebenfalls nicht. Auch seinen steuerlichen Erklärungspflichten kam er nicht ordnungsgemäß nach, so dass in zehn Fällen Umsatzsteuer, in jeweils drei Fällen Gewerbesteuer und Einkommensteuer und in 43 Fällen Lohnsteuer verkürzt wurde. Im Einzelnen hat das Landgericht hierzu festgestellt:
3
a) Für die Jahre 2002 und 2003 gab der Angeklagte zunächst keine Umsatzsteuerjahreserklärungen ab. Nachdem das Finanzamt insoweit Schätzungsbescheide erlassen hatte, reichte er verspätet Umsatzsteuerjahreserklärungen ein, mit denen er geringere als die tatsächlich erzielten Umsätze erklärte. Hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2004 gab er zwar fristgemäß eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, nahm aber die in diesem Zeitraum erzielten Umsätze nicht vollständig auf. Für die Quartale I/2005 bis III/2006 gab der Angeklagte keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Gesamtsumme der hin- sichtlich der Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004 verkürzten Umsatzsteuern hat die Strafkammer mit 80.500,-- Euro beziffert. Im Hinblick auf die nicht eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen für die Jahre 2005 und 2006 hat sie lediglich den „Zinsverlust als Hinterziehungsschaden“ angesehen, den sie nach Maßgabe des § 238 Abs. 1 Satz 1 AO berechnet hat.
4
b) Für die Jahre 2002 und 2003 gab der Angeklagte auch keine Gewerbesteuer - und Einkommensteuererklärungen ab; in die für das Jahr 2004 eingereichten Gewerbesteuer- und Einkommensteuererklärungen nahm er nur solche Einkünfte auf, die in die Buchhaltung der Firma Eingang gefunden hatten. Die insoweit ergangenen Steuerbescheide - hinsichtlich der Jahre 2002 und 2003 Schätzungsbescheide - enthielten deshalb jeweils zu niedrige Steuerfestsetzungen ; als Gesamtverkürzungsumfang einschließlich Solidaritätszuschlag hat das Landgericht einen Betrag von mehr als 300.000,-- Euro errechnet.
5
c) Aufgrund von Schwarzlohnzahlungen, die der Angeklagte in seine Lohnsteueranmeldungen nicht aufnahm, verkürzte er in den Jahren 2002 bis 2006 in insgesamt 43 Fällen Lohnsteuern und Solidaritätszuschlag in Höhe von mehr als 200.000,-- Euro.
6
2. Den Ausführungen eines Sachverständigen für Psychiatrie und Psychologie folgend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aufgrund einer „rezidivierenden depressiven Störung“ im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert gewesen ist. Der Sachverständige habe dargelegt, es handele sich um eine krankhafte seelische Störung, die „beim Angeklagten so weitgehende Veränderungen in dessen Denken und insbesondere Aktivitätsniveau (Antriebsdefizit) bewirkte, dass die Annahme einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit gerechtfertigt sei“ (UA S. 21).

II.


7
Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist wirksam.
8
1. Eine isolierte Überprüfung der Strafzumessung ist möglich, ohne dass der Schuldspruch hiervon berührt wird (vgl. BGH NJW 1996, 2663, 2664 m.w.N.); denn nach den vom Landgericht zur „depressiven Störung“ des Angeklagten getroffenen Feststellungen ist sicher auszuschließen, dass sich aufgrund einer neuen Hauptverhandlung ein Au sschluss der Schuldfähigkeit des Angeklagten (§ 20 StGB) bei Begehung der Taten erweisen könnte. Die den Schuldspruch tragenden Feststellungen bilden auch im Übrigen eine ausreichende Grundlage für die Prüfung des Strafausspruchs (BGHSt 33, 59).
9
2. Eine weitergehende, schlüssige Beschränkung der Revision auf die Nichtverhängung kurzer Einzelfreiheitsstrafen gemäß § 47 Abs. 1 StGB sowie auf den Gesamtstrafausspruch liegt nicht vor. Zwar wendet sich die Staatsanwaltschaft nicht ausdrücklich gegen die Annahme einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB; sie beanstandet aber die Zumessung der Einzelstrafen, bei der die Strafkammer jeweils den typisierten Strafmilderungsgrund der verminderten Schuldfähigkeit zur Strafrahmenverschiebung herangezogen hat. Das Revisionsvorbringen ist deshalb mit Rücksicht auf das erstrebte Anfechtungsziel dahin auszulegen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2000 - 1 StR 55/00 - und vom 23. Oktober 1997 - 4 StR 226/97; Hanack in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 344 Rdn. 10), dass der gesamte Strafausspruch angegriffen ist.
10
Eine Beschränkung der Revision auf die ausdrücklich genannten Angriffsziele wäre jedenfalls unwirksam, weil die Frage, ob der Angeklagte bei der Tatbegehung vermindert schuldfähig war, bei der Prüfung, ob die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen im Sinne von § 47 Abs. 1 StGB geboten war, nicht außer Betracht bleiben kann. Beide Fragen stehen in einem untrennbaren Zusammenhang , der ohne die Gefahr von Widersprüchen eine isolierte Nachprüfung nicht zulässt.

III.


11
Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
12
1. Bereits die Erwägungen, aufgrund deren das Landgericht für den gesamten Tatzeitraum eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB angenommen hat, sind nicht tragfähig.
13
a) Als Begründung für diese Annahme gibt das Landgericht in den Urteilsgründen allein die „Feststellungen“ des psychiatrischen Sachverständigen wieder, nach denen aus den von diesem vorgenommenen Untersuchungen zu folgern sei, „dass die depressive Problematik des Angeklagten ihren Ausgangspunkt im Jahre 2002 genommen habe. Bereits beim durchgeführten ambulanten Untersuchungsgespräch habe sich der Eindruck einer depressiven Verstimmung beim Angeklagten mit deutlicher Antriebsbeeinträchtigung ergeben; dieses Antriebsdefizit sei dauerhaft vorhanden. Insgesamt sei davon auszugehen, dass beim Angeklagten B. eine rezidivierende depressive Störung vorliege , die mit unterschiedlich schwer ausgeprägten depressiven Episoden einhergehe. Während zum aktuellen Untersuchungszeit- punkt (Mai 2008) von einer lediglich mittelgradigen Problematik auszugehen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass zu früheren Zeitabschnitten schwerwiegendere Auffälligkeiten zu Tage getreten seien. Die einzelnen depressiven Episoden seien mit Stimmungsveränderungen, Verlust von Freude und üblichen Interessen , Antriebsbeeinträchtigung, vermehrten Befürchtungen und Ängsten einhergegangen; vor diesem Hintergrund sei auch zu bewerten , dass der Angeklagte aufgrund wahnhafter Befürchtungen im Jahr 2002 über längere Zeit seine gewohnte soziale Umgebung verlassen hatte.“ Insgesamt habe die von dem Sachverständigen „klassifizierte krankhafte seelische Störung, d.h. die immer wieder in unterschiedlichem Ausmaß zutage tretende depressive Problematik , beim Angeklagten so weitgehende Veränderungen in dessen Denken und insbesondere Aktivitätsniveau (Antriebsdefizit) bewirkt, dass die Annahme einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit gerechtfertigt sei. Anhaltspunkte dafür, dass von einer aufgehobenen Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden könne , ließen sich hingegen nicht finden“ (UA S. 21 f.).
14
b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung bereits deshalb nicht stand, weil die Strafkammer von einem unzutreffenden Prüfungsansatz ausgegangen ist.
15
aa) Bei der Frage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit „erheblich“ im Sinne des § 21 StGB ist, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die das Tatgericht ohne Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten hat. Dabei fließen normative Erwägungen ein. Die rechtliche Erheblichkeit der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt auch von den Ansprüchen ab, die die Rechtsordnung an das Verhalten des Einzelnen stellt. Dies zu beurteilen, ist allein Sache des Gerichts. Lediglich zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinisch-psychiatrischen Anknüpfungstatsachen bedarf es sachverständiger Hilfe, wenn es hierüber nicht aufgrund eigener Sachkunde befinden kann (BGHSt 43, 66, 77; BGH StV 1999, 309, 310).

16
bb) Ob eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit - und zwar „bei Begehung der Tat“ - vorliegt, hat das Tatgericht im Wege einer Gesamtwürdigung zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 43, 66, 78). Dabei ist zu klären, ob sich die Fähigkeit des Angeklagten, motivatorischen und situativen Tatanreizen in der konkreten Tatsituation zu widerstehen und sich normgemäß zu verhalten, im Vergleich mit dem „Durchschnittsbürger“ in einem solchen Maß verringert hat, dass die Rechtsordnung diesen Umstand bei der Durchsetzung ihrer Verhaltenserwartungen nicht übergehen darf (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 21 Rdn. 7a).
17
cc) Eine derartige Gesamtwürdigung hat die Strafkammer, die in den Urteilsgründen allein die „Feststellungen“ des Sachverständigen wiedergibt, nicht vorgenommen. Mehrere belangvolle Umstände, die für die Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten bei Begehung der Taten von maßgeblicher Bedeutung sind, finden in den Urteilsgründen keine Erwähnung. So setzt sich die Strafkammer nicht mit der bei Annahme einer „depressiven Störung“ bedeutsamen Tatsache auseinander, dass der Angeklagte im Hinblick auf seine steuerlichen Erklärungspflichten nicht etwa gänzlich untätig geblieben ist, sondern zum Teil Steuererklärungen mit unrichtigem Inhalt eingereicht hat. Der Erörterung hätte auch bedurft, dass der Angeklagte in der Lage war, ein Unternehmen mit drei Filialen zu leiten, das in den Jahren 2005 und 2006 Bruttoumsätze von mehr als 100.000,-- Euro pro Monat tätigte und bei dem eine Mehrzahl von Arbeitnehmern mit einer monatlichen Lohnsumme von mehr als 20.000,-- Euro beschäftigt waren. Die Leitung eines Gewerbebetriebs dieses Umfangs erfordert nicht unerhebliche Organisationsmaßnahmen im Bereich des Kassenwesens, der Materialbeschaffung sowie der Auswahl und Überwachung des Personals. War der Angeklagte aber zur Wahrnehmung dieser Aufgaben in http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NStZ&b=2004&s=437 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=NStZ&b=2004&s=437&i=438 - 11 - der Lage, hätte die Annahme, dass die „depressive Störung“ des Angeklagten so erheblich war, dass er seinen steuerrechtlichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte, besonderer Begründung bedurft.
18
c) Die Ausführungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit des Angeklagten halten auch deswegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil sie nicht auf die jeweiligen Tatzeitpunkte bezogen sind. Eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit gemäß § 21 StGB kommt nur in Betracht, wenn die Schuldfähigkeit „bei Begehung der Tat erheblich vermindert“ war. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei derjenige der Tathandlung im Sinne von § 8 Satz 1 StGB. Werden - wie hier - innerhalb eines längeren Zeitraums mehrere Taten begangen, ist deshalb die Prüfung nicht generell, sondern in Bezug auf jede einzelne Tat vorzunehmen (vgl. BGH NStZ 2004, 437, 438; NStZ-RR 2007, 105, 106). Daran fehlt es hier. Insbesondere hat das Landgericht nicht in den Blick genommen, dass der Angeklagte den Tatbestand der Steuerhinterziehung zum Teil durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO), in den übrigen Fällen durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) verwirklicht hat.
19
d) Die Erwägungen des Landgerichts zur Schuldfähigkeit sind zudem widersprüchlich ; denn die Strafkammer misst trotz Annahme erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit des Angeklagten dessen „planmäßiger“ Steuerhinterziehung strafschärfende Bedeutung bei.
20
e) Auf diesen Rechtsfehlern beruht der gesamte Strafausspruch. Der Senat muss deshalb besorgen, dass das Landgericht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten für einzelne oder alle Taten verneint hätte, wenn es die gebotene Gesamtwürdigung der für die Schuldfä- higkeit des Angeklagten maßgeblichen Umstände rechtsfehlerfrei vorgenommen hätte.
21
2. Soweit der Angeklagte seiner Verpflichtung nicht nachgekommen ist, fristgemäß Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben (Fälle 4 bis 10 der Urteilsgründe ), hält die Strafzumessung auch deswegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht als „Hinterziehungsschaden“ allein den sich aus der verspäteten Steuerfestsetzung ergebenden „Zinsverlust“ des Fiskus angesehen hat.
22
a) Tatbestandlicher Erfolg einer Steuerhinterziehung ist gemäß § 370 Abs. 1 AO die Steuerverkürzung bzw. die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile. Der Umfang der verkürzten Steuern oder erlangten Steuervorteile bemisst sich dabei nach deren Nominalbetrag; denn die Steuerhinterziehung bezieht sich auf die Steuern und Steuervorteile, nicht auf die Hinterziehungszinsen. Dies gilt bei der Hinterziehung von Umsatzsteuern auch dann, wenn die Tathandlung in der pflichtwidrigen Nichtabgabe oder der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung besteht. Der Umstand, dass der Unternehmer nicht nur Umsatzsteuervoranmeldungen, sondern für jedes Kalenderjahr auch eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben hat, führt zu keinem anderen Ergebnis.
23
aa) Nach § 18 Abs. 1 UStG ist der Unternehmer verpflichtet, bis zum 10. Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraumes eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben. Voranmeldungszeitraum ist dabei das Kalendervierteljahr (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG), unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Satz 2 UStG der Kalendermonat. In der Umsatzsteuervoranmeldung hat der Unternehmer die geschuldete Steuer selbst zu berechnen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG), eine sich daraus ergebende Vorauszahlung ist nach § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig.
24
Nach Ablauf des Kalenderjahres hat der Unternehmer gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben, in der er die zu entrichtende Steuer oder einen sich zu seinen Gunsten ergebenden Überschuss selbst zu berechnen hat. Aufgrund der Jahreserklärung wird die Steuer für das Kalenderjahr als Besteuerungszeitraum (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG) erstmals festgesetzt (vgl. Bülow in Vogel/Schwarz UStG Stand 144. Lfg. 2/2009 § 18 UStG Rdn. 132). Die Umsatzsteuerjahreserklärung ist grundsätzlich bis zum 31. Mai des auf das jeweilige Veranlagungsjahr folgenden Jahres abzugeben (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Soweit sich auf der Grundlage der Jahreserklärung abweichend zu den Voranmeldungen ein Unterschiedsbetrag zu Gunsten des Finanzamts ergibt, ist dieser nach § 18 Abs. 4 Satz 1 UStG einen Monat nach Eingang der Steueranmeldung fällig. Die Fälligkeit rückständiger Umsatzsteuervorauszahlungen nach § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG wird dadurch nicht berührt (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UStG).
25
Die Umsatzsteuervoranmeldung und die Umsatzsteuerjahreserklärung sind Steueranmeldungen im Sinne von § 150 Abs. 1 Satz 3 AO. Sie stehen einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO). Lediglich dann, wenn sich aus der Voranmeldung oder der Jahreserklärung eine Steuervergütung ergibt, tritt die Wirkung einer Steuerfestsetzung nach § 168 Satz 2 AO erst ein, wenn die Finanzbehörde zustimmt, was nach § 168 Satz 3 AO formlos möglich ist.
26
Die steuerlichen Verfahren betreffend die Umsatzsteuervoranmeldungen einerseits und die Umsatzsteuerjahreserklärung andererseits sind steuerrecht- lich selbstständig und können sich zeitlich überschneiden (vgl. Zeuner in Bunjes /Geist UStG 8. Aufl. § 18 Rdn. 23; Kohlmann, Steuerstrafrecht Stand 39. Lfg. Oktober 2008 § 370 AO Rdn. 1364). Dabei löst die Festsetzung der Jahresumsatzsteuer die Vorauszahlungsfestsetzungen für die zukünftige sachlichrechtliche Beurteilung des Steueranspruchs ab, ohne aber die Steuerfestsetzung für die Voranmeldungszeiträume aufzuheben oder zu ändern und ohne Aussagen über ihre materielle Richtigkeit zu treffen (vgl. Bülow in Vogel /Schwarz UStG Stand 144. Lfg. 2/2009 § 18 UStG Rdn. 131). Auch wird die Fälligkeit rückständiger Umsatzsteuervorauszahlungen durch die Fälligkeit eines sich eventuell aus der Jahreserklärung ergebenden Unterschiedsbetrags zu Gunsten des Finanzamts nicht berührt (§ 18 Abs. 4 Satz 3 UStG). Auf der anderen Seite ist ein sich gegebenenfalls aus einer Umsatzsteuervoranmeldung ergebender Überschuss nach Zustimmung des Finanzamtes (§ 168 Satz 2 AO) als Erstattungsbetrag ohne besonderen Antrag auszuzahlen; er ist nicht auf die Jahreserklärung vorzutragen (vgl. Zeuner in Bunjes/Geist UStG 8. Aufl. § 18 Rdn. 24).
27
Aufgrund der verfahrensrechtlichen Selbstständigkeit beider Arten von Steueranmeldungen entbindet die Abgabe wahrheitsgemäßer Umsatzsteuervoranmeldungen den Unternehmer nicht von der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung. Umgekehrt lässt eine zutreffende Umsatzsteuerjahreserklärung die steuerrechtliche Pflicht zur Einreichung noch ausstehender Umsatzsteuervoranmeldungen nicht entfallen (vgl. Zeuner in Bunjes/Geist UStG 8. Aufl. § 18 Rdn. 23). Dies gilt selbst dann, wenn sich die Summe der Vorauszahlungen mit der Steuer für den Besteuerungszeitraum deckt (vgl. Mößlang in Sölch/Ringleb UStG Stand 60. Lfg. September 2008 § 18 UStG Rdn. 60).
28
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, an der der Senat festhält, stehen Steuerhinterziehungen wegen der Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe wahrheitsgemäßer Umsatzsteuervoranmeldungen und solche, bezogen auf die Pflicht zur rechtzeitigen Einreichung einer zutreffenden Umsatzsteuerjahreserklärung, auch dann im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander , wenn sie dasselbe Kalenderjahr betreffen (vgl. BGHSt 38, 165, 171; BGH wistra 2005, 66; 2005, 145, 146; 2005, 228, 229). Aufgrund der steuerrechtlichen Selbstständigkeit beider Besteuerungsverfahren (vgl. oben Abschnitt aa) kommt einer falschen Umsatzsteuerjahreserklärung (§ 18 Abs. 3 UStG) im Verhältnis zu vorangegangenen unzutreffenden monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in demselben Kalenderjahr (§ 18 Abs. 1 UStG) in steuerstrafrechtlicher Hinsicht ein selbständiger Unrechtsgehalt zu. Jede Steueranmeldung hat einen eigenständigen Erklärungswert, der auch durch die Zusammenfassung in der Jahreserklärung nicht deckungsgleich wird (BGH NStZ 1996, 136, 137).
29
Somit verwirklicht der Täter mit der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung weiteres Handlungsunrecht und schafft zudem neues Erfolgsunrecht, indem er eine eigenständige Gefährdung für das Umsatzsteueraufkommen herbeiführt. Deshalb ist die Steuerhinterziehung aufgrund der Verletzung der Pflicht zur (rechtzeitigen) Abgabe einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung auch nicht mitbestrafte Nachtat, wenn der Täter bereits wegen Verletzung seiner Pflicht zur (rechtzeitigen) Abgabe zutreffender Umsatzsteuervoranmeldungen strafbar ist (vgl. BGHSt 38, 165, 171; BGH NStZ 1996, 136, 137). Dies gilt selbst dann, wenn die unrichtigen Angaben in der Umsatzsteuerjahresanmeldung und vorangegangenen Umsatzsteuervoranmeldungen inhaltlich übereinstimmen (a.A. offenbar OLG Frankfurt wistra 2006, 198).

30
Ausgehend von den Besonderheiten des umsatzsteuerlichen Besteuerungsverfahrens sind für jedes Kalenderjahr (§ 16 Abs. 1 Satz 2 UStG) bei vierteljährlichem Voranmeldungszeitraum (§ 18 Abs. 2 Satz 1 UStG) bis zu fünf und bei monatlich abzugebenden Voranmeldungen (§ 18 Abs. 2 Satz 2 UStG) bis zu dreizehn materiell voneinander unabhängige Taten der Steuerhinterziehung möglich. Sie sind bei unrichtigen Angaben vollendet, sobald die jeweilige Anmeldung die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung hat (BGHR AO § 370 Abs. 1 Vollendung 2), in den Fällen des § 168 Satz 1 AO also bereits mit Einreichung der Steueranmeldung, sonst mit Zustimmung der Finanzbehörde (§ 168 Satz 2 AO).
31
Von der Tatvollendung zu unterscheiden ist der - insbesondere für den Beginn der Strafverfolgungsverjährung maßgebliche - Zeitpunkt der Tatbeendigung als endgültigem Abschluss des Tatgeschehens. Wegen der engen Verzahnung der umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten, die sich jeweils auf dasselbe Kalenderjahr beziehen, ist das Tatgeschehen bei der Umsatzsteuerhinterziehung auch im Hinblick auf die unrichtigen oder pflichtwidrig nicht abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen regelmäßig erst dann endgültig abgeschlossen , wenn diejenige Steuerhinterziehung beendet ist, die durch Nichteinreichung einer Umsatzsteuerjahreserklärung oder durch Abgabe einer unrichtigen Jahreserklärung begangen worden ist; lediglich diese Steuerhinterziehung ist im Zeitpunkt ihrer Vollendung zugleich beendet (vgl. BGHSt 38, 165, 171; BGH NJW 1989, 2140, 2141; BGH wistra 1991, 215, 216). Die vorsätzliche Verletzung mehrerer umsatzsteuerlicher Erklärungspflichten für ein und dasselbe Kalenderjahr gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum selben geschichtlichen Ereignis und ist damit Teil derselben Tat im prozessualen Sinn im Sinne des § 264 StPO (BGHSt 49, 359).

32
Dem Umstand, dass die umsatzsteuerlichen Pflichten zur Abgabe für das jeweilige Kalenderjahr eng verzahnt sind und im Ergebnis der Durchsetzung desselben Steueranspruchs dienen, ist bei gleichzeitiger Aburteilung bei der Gesamtstrafbildung Rechnung zu tragen (BGH wistra 2005, 145, 147). Im Hinblick auf die Teilidentität im Unrechtsgehalt zwischen unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen und der dasselbe Jahr betreffenden Jahreserklärung wird aber das Tatgericht im Regelfall - schon aus Gründen der Vereinfachung - in Verfahren dieser Art gemäß § 154a Abs. 2 StPO die Verfolgung entweder auf die falsche Umsatzsteuerjahreserklärung oder die unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen beschränken können (vgl. BGHSt 49, 359, 365).
33
cc) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung ebenso wie das pflichtwidrige Unterlassen der Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung zunächst lediglich zu einer Steuerhinterziehung „auf Zeit“; erst die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung oder die pflichtwidrige Nichtabgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung bewirkt die endgültige Steuerverkürzung, d.h. die Verkürzung „auf Dauer“ (vgl. BGHSt 43, 270, 276; BGH wistra 2002, 185).
34
Diese aus dem System der Umsatzbesteuerung folgende Unterscheidung beschreibt nur die Art der Rechtsgutsverletzung; sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen auf die Bestimmung von Umsatzsteuervorauszahlungen gerichtet sind während die Jahresumsatzsteuer in einem eigenständigen Verfahren (§ 18 Abs. 3 UStG) festgesetzt wird. Eine Aussage über den tatbestandlichen Verkürzungsumfang ist damit aber nicht getroffen.
35
Aus der Differenzierung in eine Steuerhinterziehung „auf Zeit“ und eine solche „auf Dauer“ folgt insbesondere nicht, dass bei einer nicht rechtzeitigen Steuerfestsetzung die tatbestandliche Steuerverkürzung allein im Zinsverlust des Fiskus bestehen würde. Zwar entspricht der durch eine Steuerverkürzung „auf Zeit“ verursachte Verspätungsschaden der Höhe nach dem Zinsverlust, der sich nach der Rechtsprechung nach Maßgabe der Vorschriften über die Hinterziehungszinsen (§§ 235, 238 AO) mit 0,5 Prozent des nicht rechtzeitig festgesetzten Steuerbetrages pro Monat errechnet (BGHSt 43, 270, 276; BGH wistra 1998, 225, 226; wistra 1998, 146; ebenso BayObLG wistra 1991, 313; 318; Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 78; a.A. Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, Stand 88. Ergänzungslieferung Dezember 2008 § 370 AO Rdn. 99, der den jeweils geltenden Kapitalmarktzins zu Grunde legen will).
36
Die auf die Art der Rechtsgutsverletzung abstellende Differenzierung determiniert jedoch nicht die Höhe der tatbestandlichen Steuerverkürzung und beschränkt diese bei Umsatzsteuervorauszahlungen auch nicht auf den Zinsschaden. Soweit der Bundesgerichtshof in früheren Entscheidungen möglicherweise abweichende Aussagen getroffen hat (vgl. BGHSt 43, 270, 276; BGH wistra 1997, 262, 263; wistra 1998, 225, 226; wistra 1998, 146; freilich jeweils unter Bezugnahme auf BGHSt 38, 165 und BGH wistra 1996, 105, aus denen sich lediglich eine Differenzierung in eine Steuerverkürzung auf Zeit und eine solche auf Dauer ergeben könnte), hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht fest. Der tatbestandsmäßige Erfolg der Steuerhinterziehung ist vielmehr ausgehend vom Schutzzweck des verwirklichten Straftatbestandes zu bestimmen , wobei die gesetzgeberischen Wertungen des materiellen Steuerrechts, das die Blankettnorm des § 370 AO ausfüllt, zu berücksichtigen sind. Danach gilt Folgendes:
37
(1) Die Steuerhinterziehung ist zwar Erfolgsdelikt, jedoch - wie die Vorschrift des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO zeigt - nicht notwendig Verletzungsdelikt (vgl. Senat wistra 2009, 114, 117). Die im Festsetzungsverfahren begangene Steuerhinterziehung ist vielmehr konkretes Gefährdungsdelikt (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 15), wobei die geschuldete Steuer bereits dann verkürzt ist, wenn die Steuer nicht rechtzeitig festgesetzt wird.
38
(2) Voranmeldungen nach § 18 Abs. 1 UStG dienen der zeitnahen Erfassung und Erhebung der Umsatzsteuer (vgl. Bülow in Vogel/Schwarz UStG 144. Lfg. 2/2009 § 18 UStG Rdn. 63; Peter/Burhoff/Stöcker Umsatzsteuer Stand 80. Lfg. 11/2008 § 18 UStG Rdn. 22). Bereits auf deren Grundlage und nicht erst nach Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärung soll dem Staat der wesentliche Teil des Umsatzsteueraufkommens zufließen. Deshalb hat der Unternehmer schon für die Voranmeldungszeiträume die geschuldeten Steuern binnen zehn Tagen nach Ablauf des jeweiligen Voranmeldungszeitraums nicht nur selbst zu berechnen, sondern auch an das Finanzamt abzuführen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 und 3 UStG).
39
(3) Bei einer Verletzung der Pflichten zur Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen besteht die gemäß § 370 AO strafbewehrte Gefährdung des sich aus § 18 Abs. 1 und 2 UStG ergebenden Steueranspruchs unabhängig davon, ob der Steuerschuldner beabsichtigt, zu einem späteren Zeitpunkt - namentlich in der Umsatzsteuerjahreserklärung - falsche Angaben zu berichtigen bzw. fehlende Angaben nachzuholen, oder ob er eine Steuerverkürzung auf Dauer anstrebt. In jedem Fall bezweckt er zunächst eine unrichtige Festsetzung. Deren spätere Korrektur ist zwar möglich; diese ist aber von weiteren in der Zukunft liegenden und noch ungewissen Ereignissen abhängig. Unterschiedlich ist insoweit lediglich - in Abhängigkeit von den Planungen des Tä-ters - die Intensität der Gefährdung. Dieser Umstand ist zwar für die Strafzumessung von Bedeutung, lässt aber den Umfang des tatbestandsmäßigen Erfolgs unberührt. In beiden Fällen ist das Erfolgsunrecht identisch (vgl. Franzen /Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 370 AO Rdn. 77).
40
(4) Im Hinblick auf den Charakter der Steuerhinterziehung als Gefährdungsdelikt unterscheiden sich daher bei der Umsatzsteuerhinterziehung die Verkürzung „auf Dauer“ und diejenige „auf Zeit“ nicht im Erfolgs-, sondern - im Hinblick auf das Vorstellungsbild des Täters - nur im Handlungsunrecht (vgl. Franzen/Gast/Joecks aaO). Will der Täter sich - was freilich nur in seltenen Fällen gegeben sein wird und deshalb sorgfältig zu prüfen ist - durch unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich auf Zeit Liquidität verschaffen und hat er vor, im Rahmen der Jahreserklärung zutreffende Angaben zu machen und den sich ergebenden Unterschiedsbetrag im Sinne von § 18 Abs. 4 Satz 1 UStG zu entrichten, ist sein Ziel nur eine Schadenswiedergutmachung. Es gilt dann Folgendes:
41
(a) Berichtigt der Täter - seinem Tatplan entsprechend - in der Umsatzsteuerjahreserklärung seine unrichtigen Angaben und zahlt er die zunächst hinterzogenen Steuern nach, stellt sich die Frage, wie die Steuerhinterziehung „auf Zeit“ zu ahnden ist, regelmäßig nicht, da in solchen Fällen zumeist die Voraussetzungen einer strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 AO vorliegen (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht Stand 39. Lfg. Oktober 2008 § 371 AO Rdn. 64.2). Tritt ausnahmsweise keine Straffreiheit ein, ist - freilich erst - im Rahmen der Strafzumessung zugunsten des Täters zu berücksichtigen, dass sein Vorsatz nur auf eine Verkürzung „auf Zeit“ gerichtet war und er den Steuerschaden wiedergutgemacht hat.
42
(b) Berichtigt der Täter seine in den Voranmeldungen gemachten unrichtigen Angaben entgegen seinem ursprünglichen Vorhaben in der Umsatzsteuerjahreserklärung nicht, geht die als Verkürzung „auf Zeit“ geplante Hinterziehung in eine solche „auf Dauer“ über. Das bereits in den unrichtigen Voranmeldungen liegende Erfolgsunrecht der Gefährdung des Steueranspruchs wird dadurch nicht berührt. Es findet lediglich keine Schadenswiedergutmachung statt. Mit der Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung begeht der Täter dann eine weitere Tat mit neuem Handlungsunrecht und weiterem Erfolgsunrecht , das in einer neuen und eigenständigen Gefährdung des Steueraufkommens besteht.
43
(c) Scheitert die vom Täter zunächst beabsichtigte Schadenswiedergutmachung daran, dass es ihm nach einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich ist, den Unterschiedsbetrag im Sinne von § 18 Abs. 4 Satz 1 UStG nachzuentrichten, kommt es ebenfalls zu einer dauerhaften Verkürzung der Steuer. Im Rahmen der Strafzumessung kann dem Täter dann zwar zugute gehalten werden, dass er bei der Tatbegehung eine spätere Schadenswiedergutmachung vorhatte. Waren allerdings bereits bestehende finanzielle Schwierigkeiten Motiv für die Abgabe falscher Umsatzsteuervoranmeldungen, relativiert dies die strafmildernde Bedeutung der Wiedergutmachungsabsicht. Denn in solchen Fällen ist die spätere Unmöglichkeit der Entrichtung der vom Unternehmer wie von einem Treuhänder für den Staat verwalteten Umsatzsteuerbeträge regelmäßig vorhersehbar. Die „Absicht“ der Wiedergutmachung erweist sich dann als bloße - oft sogar unrealistische - „Hoffnung“. Eine andere Situation besteht, wenn - was eher selten vorkommen dürfte - die Unmöglichkeit der Schadenswiedergutmachung für den Unternehmer aus einem plötzlichen und unvorhersehbaren Ereignis resultiert. Waren aber von Anfang an ausreichend Zahlungsmittel für die Entrichtung der Steuern vorhanden, ist sorgfältig zu prüfen, ob der Steuerpflichtige bei Abgabe unrichtiger Steuervoranmeldungen tatsächlich nur eine Steuerverkürzung auf Zeit geplant hatte, da in einem solchen Fall die Schaffung von Liquidität als Tatmotiv regelmäßig ausscheidet.
44
b) Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Strafzumessung in den Fällen 4 bis 10 der Urteilsgründe auch deswegen einen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten enthält, weil das Landgericht zu Unrecht lediglich die Hinterziehungszinsen als verkürzt angesehen und damit einen zu niedrigen Verkürzungsumfang angenommen hat. Hierauf beruht das Urteil. Denn das Landgericht hat bei der Strafzumessung auch nicht in den Blick genommen, ob es das Handlungsziel des Angeklagten war, die zunächst bewirkte Hinterziehung „auf Zeit“ später in eine solche „auf Dauer“ übergehen zu lassen (vgl. BGHSt 43, 270, 276). Dies liegt nach dem Tatbild aber nahe; für die Annahme, der Angeklagte könnte lediglich beabsichtigt haben, sich durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen „auf Zeit“ einen Liquiditätsvorteil zu verschaffen , bestehen aufgrund der bisherigen Feststellungen keine Anhaltspunkte.
45
3. Soweit das Landgericht in sieben Fällen der Umsatzsteuerhinterziehung (Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen 2005 und 2006, Fälle 4 bis 10 der Urteilsgründe) sowie in den 43 Fällen der Lohnsteuerhinterziehung als Einzelstrafen jeweils lediglich Geldstrafen verhängt hat, weist das Urteil in der Strafzumessung ebenfalls einen durchgreifenden Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten auf.

46
a) Zwar unterliegt die Strafzumessung nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Denn es ist Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Person des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung des Tatgerichts ist aber dann zulässig und geboten, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen oder gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstoßen oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (BGHSt 29, 319, 320; 34, 345, 349; st. Rspr.).
47
b) Ein derartiger Rechtsfehler liegt hier vor; denn das Tatgericht hat bei der Verhängung von Einzelgeldstrafen das Vorliegen einer Tatserie nicht erkennbar berücksichtigt.
48
In Fällen sachlich und zeitlich ineinander verschränkter Vermögensdelikte , von denen die gewichtigeren die Verhängung von Einzelfreiheitsstrafen von sechs Monaten und mehr gebieten, liegt die Verhängung kurzfristiger Freiheitsstrafen nach § 47 StGB in den Einzelfällen mit geringeren Schäden nahe. Denn in solchen Fällen ist nicht allein der jeweils durch die Einzeltat verursachte Schaden maßgeblich für die Bemessung der Einzelstrafe; vielmehr muss auch bei der Zumessung der Einzelstrafen die Gesamtserie und der dadurch verursachte Gesamtschaden in den Blick genommen werden (BGH NStZ 2001, 311; NStZ 2004, 554). Dies gilt auch bei Steuerstraftaten (vgl. BGH HFR 1995, 227).
49
Danach ist es zwar auch bei einer Tatserie nicht ausgeschlossen, neben Freiheitsstrafen auch Einzelgeldstrafen zu verhängen. Allerdings müssen dann die Urteilsgründe für das Revisionsgericht nachprüfbar erkennen lassen (vgl. Engelhardt in KK 6. Aufl. § 267 Rdn. 32; Theune in LK 12. Aufl. § 47 Rdn. 33), dass das Tatgericht bei der Zumessung der Einzelstrafen die Tatserie als solche und den durch sie verursachten Schaden gesehen und gewertet hat und aus welchen Gründen es gleichwohl in einem Teil der Fälle Freiheitsstrafen für geboten, im übrigen aber Geldstrafen für ausreichend erachtet hat. Der Umstand , dass nach § 47 Abs. 1 StGB die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen die Ausnahme ist, rechtfertigt für sich allein bei einer Tatserie nicht, von einer näheren Begründung des Nebeneinanders von Geld- und Freiheitsstrafen abzusehen.
50
Diesen Maßstäben genügt das Urteil nicht. Ob im Hinblick auf die Tatserie gemäß § 47 Abs. 1 StGB die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen anstelle der festgesetzten Geldstrafen geboten war, wird im Urteil nicht erörtert. Die pauschale Wendung, dass die Verhängung von Freiheitsstrafen unter sechs Monaten in den Fällen, in denen solche Strafen verhängt wurden, erforderlich gewesen sei, kann die gebotene Würdigung der Tatserie bei der Zumessung der Einzelstrafen nicht ersetzen. Das Urteil beruht auch auf dem Darlegungsmangel.
51
4. Die gebotene Aufhebung der Einzelstrafen entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafen die Grundlage. Dieser könnte auch deshalb keinen Bestand haben, weil die Erwägungen, mit denen das Landgericht gemäß § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von der Verhängung einer einheitlichen Gesamtfreiheitsstrafe abgesehen hat, rechtlicher Nachprüfung nicht standhält. Angesichts der im wesentlichen gleich gelagerten Fälle, bei der die Bildung einer gesonderten Gesamtgeldstrafe fern liegt (vgl. BGH NStZ 2001, 311), erwecken sie den Eindruck , dass das Tatgericht nur deshalb von einer an sich schuldangemessenen Gesamtfreiheitsstrafe von über zwei Jahren abgesehen hat, damit die Vollstreckung nach § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden konnte; das aber wäre rechtlich zu beanstanden (vgl. BGHSt 29, 319, 321).
52
5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass bei der Verurteilung wegen Hinterziehung von Umsatzsteuern Vorsteuern, die der Täter zur Verheimlichung seiner Taten nicht geltend gemacht hat, im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen sind (BGH wistra 2005, 144, 145). Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 344/08
vom
2. Dezember 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Dezember
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Hebenstreit,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 19. Dezember 2007 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit die Angeklagte im Fall II. B. 1. der Urteilsgründe verurteilt worden ist und
b) im gesamten Strafausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 14 Fällen und zur versuchten Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die mit der Sachrüge begründete Revision der Staatsanwaltschaft hat zur Verurteilung im Fall II. B. 1. der Urteilsgründe und zum gesamten Strafausspruch Erfolg.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Die Angeklagte wurde ab dem Jahr 1994 von ihrem damaligen Lebensgefährten B. S. , der in V. das Bordell „Club C. “ betrieb, als Scheinbetriebsinhaberin vorgeschoben. Tatsächlich arbeitete die Angeklagte lediglich an der Theke mit und übernahm für B. S. , dem die Gaststättenkonzession entzogen worden war, die erforderlichen Abrechnungen und andere organisatorische Tätigkeiten. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit wurde die Angeklagte mit Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 20. September 2002 rechtskräftig für Taten, die vor dem Jahr 2000 beendet waren, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 16 Fällen und wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen betreffend ein von ihr selbst betriebenes Bordell zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.
4
2. In den Jahren 2000 bis 2003 unterstützte die Angeklagte ihren Lebensgefährten B. S. weiterhin beim Betrieb des Bordells und bei der Verschleierung der damit erzielten Einkünfte. Sie befolgte dessen auf Steuerverkürzung gerichtete Anweisungen, indem sie auf sein Geheiß Rechnungsbelege von Lieferanten in bar beglich und B. S. die Tageseinnahmen des Bordells überbrachte. Zudem hielt sie Kontakt zu den angestellten Thekenkräften, die sie anwies, die Einnahmen aus der Prostitution und dem Verkauf von Getränken nur für die Abrechnung mit den Prostituierten aufzuzeichnen und danach zu vernichten. Dabei war ihr bekannt, dass die von B. S. jeweils eingesetzten Scheinbetriebsinhaber nicht die tatsächlich erzielten Einnahmen aus dem Bordell, sondern nur fingierte Umsätze und Ge- winne von nicht existierenden Gewerben der Zimmervermietung bzw. des Betriebs einer „Bar mit Animierbetrieb“ gegenüber den Steuerbehörden erklärten.
5
3. B. S. gab bei den Finanzbehörden hinsichtlich des von ihm geführten Bordells und der hierbei erzielten Umsätze und Gewinne für die Jahre 2000 bis 2003 keine Steuererklärungen ab. Zur Verschleierung des wahren Sachverhalts veranlasste er - was die Angeklagte wusste - jeweils Strohleute , darunter seinen Sohn, den Mitangeklagten M. S. , für fingierte Einzelunternehmen der gewerblichen Zimmervermietung und einer Schankwirtschaft Umsatzsteuer-, Gewerbesteuer- und Einkommensteuererklärungen abzugeben. Diese Steuererklärungen enthielten erfundene Angaben zu Umsätzen und Gewinnen, die plangemäß jeweils erheblich unter den tatsächlichen Umsätzen und Gewinnen des von B. S. betriebenen Bordells lagen.
6
a) Für die Jahre 2000 und 2001 gab M. S. am 4. Juni 2002 in Absprache mit B. S. im eigenen Namen jeweils Einkommen-steuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärungen mit fingierten Angaben ab (Fall II. B. 1. der Urteilsgründe). Hierdurch wurden zugunsten von B. S. Umsatz-, Gewerbe- und Einkommensteuer in einer Gesamthöhe von 328.600 Euro hinterzogen.
7
b) Im Jahr 2002 meldeten die Eheleute G. zur Verschleierung des Bordellbetriebes B. S. s Scheingewerbe für Zimmervermietung und Schankwirtschaft an. Auf Veranlassung B. S. s gaben sie für die Monate März bis Dezember 2002 unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Da B. S. auch weiterhin keine Steuererklärungen einreichte, verkürzte er für das Jahr 2002 durch Unterlassen Umsatzsteuer in Höhe von 85.600 Euro und unternahm den Versuch der Verkürzung von Gewerbesteuer im Umfang von 23.400 Euro sowie von Einkommensteuer von 81.400 Euro (Fälle II. B. 2. bis 4. der Urteilsgründe).
8
c) In den Monaten Februar bis Juni und August 2003 unterstützte M. K. , der zum Schein eine Schankwirtschaft und einen Animierbetrieb angemeldet hatte, B. S. durch die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen , die jeweils fiktive Umsätze enthielten. B. S. selbst gab auch für das Jahr 2003 keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab und verkürzte hierdurch monatlich Umsatzsteuer in Höhe von jeweils annähernd 6.000 Euro (Fälle II. B. 5. bis 16. der Urteilsgründe).
9
d) Im Januar bzw. Februar 2004 wurden gegen B. S. und die Angeklagte steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet.
10
4. Im Fall der am 4. Juni 2002 von M. S. eingereichten Steuererklärungen (Fall II. B. 1. der Urteilsgründe) hat das Landgericht B. S. als (Mit-)Täter einer Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) und die Angeklagte als seine Gehilfin (§ 27 StGB) angesehen. In den übrigen Fällen hat die Strafkammer das Verhalten der Angeklagten jeweils tatmehrheitlich als Beihilfe zu von B. S. begangenen Steuerhinterziehungen gewertet.

II.

11
Die Revision der Staatsanwaltschaft erfasst nur im Fall II. B. 1. der Urteilsgründe auch den Schuldspruch; im Übrigen ist sie wirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
12
Die Staatsanwaltschaft beanstandet zwar allgemein die Verletzung materiellen Rechts. Aus der lediglich zum Strafausspruch ausgeführten Sachrüge ergibt sich jedoch, dass der Schuldspruch grundsätzlich nicht angegriffen wird (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3 und 5; BGH wistra 2007, 112, 113; BGH, Urt. vom 16. Juni 2005 - 5 StR 140/05; vgl. auch Nr. 156 Abs. 2 RiStBV). Dies gilt indes nicht für den Fall II. B. 1. der Urteilsgründe. Zwar wendet sich die Staatsanwaltschaft insoweit vordergründig nur gegen die Gesamtstrafenbildung ; denn sie macht geltend, die Strafkammer hätte statt einer zwei Gesamtstrafen bilden müssen, weil die Umsatzsteuerhinterziehung B. S. s für die Jahre 2000 und 2001, zu der die Angeklagte Beihilfe geleistet habe, bereits vor der Vorverurteilung der Angeklagten durch das Landgericht Bielefeld vom 20. September 2002 beendet gewesen sei. Deshalb sei die hierfür zu verhängende Einzelstrafe mit den Strafen aus der Vorverurteilung gesamtstrafenfähig gewesen. Zu diesem Ergebnis gelangt die Staatsanwaltschaft aber nur deshalb, weil sie sich zugleich gegen den Schuldspruch wendet, indem sie geltend macht, die Umsatzsteuerhinterziehungen B. S. s bezüglich der Jahre 2000 und 2001 seien bereits beendet gewesen, als M. S. am 4. Juni 2002 mit weiteren Steuererklärungen auch unrichtige Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Jahre 2000 und 2001 beim Finanzamt eingereicht hat. Sie rügt damit, dass die Angeklagte nicht (bereits) wegen Beihilfe zu bereits im Mai 2001 bzw. Mai 2002 beendeten Steuerhinterziehungen durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) B. S. s, sondern (erst) zu einer von B. S. am 4. Juni 2002 gemeinschaftlich mit M. S. begangenen Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) in sechs tateinheitlichen Fällen verurteilt worden ist. Damit beanstandet die Staatsanwaltschaft auch das vom Landgericht angenommene konkurrenzrechtliche Verhältnis der im Fall II. B. 1. der Urteilsgründe abgeurteilten Taten.

III.

13
Der Schuldspruch im Fall II. B. 1. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
14
Entgegen der Auffassung der Strafkammer waren die von B. S. begangenen Steuerhinterziehungen durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) für die Jahre 2000 und 2001 jeweils bereits mit Ablauf des Monats Mai des Folgejahres vollendet und beendet. Damit war zu diesen Zeitpunkten jeweils auch die Beihilfe der Angeklagten zu diesen Taten beendet (vgl. BGHSt 20, 227, 228; Fischer, StGB 55. Aufl. § 78a Rdn. 4).
15
1. B. S. war als Betreiber des Bordells verpflichtet, für die in den Jahren 2000 und 2001 getätigten Umsätze jeweils bis zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO) eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben (§ 18 Abs. 3 UStG). Indem er dies unterließ, ließ er die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis. Mit Ablauf der Abgabefrist war die entsprechende Umsatzsteuer jeweils verkürzt (§ 370 Abs. 4 Satz 1 AO) und der Tatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) vollendet, da die Umsatzsteuererklärung als Steueranmeldung (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG, § 150 Abs. 1 Satz 3 AO) einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht (§ 168 Satz 1 AO). Zugleich war die Tat jeweils beendet (st. Rspr.; vgl. BGHSt 38, 165, 170; BGH wistra 1991, 215, 216). Diese Taten stehen damit nicht in Tateinheit mit den gemeinschaftlich von B. und M. S. am 4. Juni 2002 durch Einreichung unrichtiger Steuererklärungen begangenen Steuerhinterziehungen in der Form aktiven Tuns (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO).
16
2. In der Abgabe einer Umsatzsteuererklärung durch M. S. auf Veranlassung B. S. s am 4. Juni 2002 lag entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keine strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 AO) mit Wirkung für die Angeklagte. Zwar ist für die Selbstanzeige eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben (vgl. Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 371 AO Rdn. 65); daher kann auch in der Abgabe einer Steuererklärung eine Selbstanzeige liegen. Bei der strafbefreienden Selbstanzeige handelt es sich aber um einen persönlichen Strafaufhebungsgrund (vgl. Joecks aaO Rdn. 32 m.w.N.), der grundsätzlich nur dem Täter oder Teilnehmer zugute kommt, der die Selbstanzeige abgibt (vgl. Joecks aaO Rdn. 33). Die Angeklagte hat weder eine Selbstanzeige noch eine Steuererklärung abgegeben. Zudem setzt eine wirksame Selbstanzeige die Nachholung unterlassener oder die Berichtigung unrichtiger Angaben voraus. Jede Berichtigungserklärung erfordert aber wahrheitsgemäße Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen (BGHSt 3, 373, 375 f.). Daran fehlt es hier. Die von dem Mitangeklagten M. S. eingereichten Steuererklärungen enthielten ausschließlich fiktive und damit unrichtige Angaben zu einem erfundenen Sachverhalt, mit dem die Tätigkeit B. S. s als Bordellbetreiber verdeckt werden sollte. Damit liegt auch keine wirksame Teilselbstanzeige vor (vgl. dazu BGH wistra 1999, 27, 28; Joecks aaO Rdn. 75).

IV.

17
Auch der Strafausspruch hat keinen Bestand.
18
Aufgrund der Aufhebung des Schuldspruchs im Fall II. B. 1. der Urteilsgründe kann auch die für diesen Tatkomplex verhängte Einsatzstrafe von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe nicht bestehen bleiben. Dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Der Senat hebt auch die übrigen - an sich fehlerfrei festgesetzten - Einzelstrafen zwischen vier Monaten Freiheitsstrafe und 20 Tagessätzen auf, um dem neuen Tatgericht eine stimmige Abstufung der Strafen zu ermöglichen. Damit kommt es auf die vom Generalbundesanwalt beanstandete, nicht der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GS NJW 2008, 860) entsprechende Form der Kompensation einer festgestellten rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nicht mehr an.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

(1) Rechnung ist jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird, gleichgültig, wie dieses Dokument im Geschäftsverkehr bezeichnet wird. Die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit müssen gewährleistet werden. Echtheit der Herkunft bedeutet die Sicherheit der Identität des Rechnungsausstellers. Unversehrtheit des Inhalts bedeutet, dass die nach diesem Gesetz erforderlichen Angaben nicht geändert wurden. Jeder Unternehmer legt fest, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen können. Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers elektronisch zu übermitteln. Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird.

(2) Führt der Unternehmer eine Lieferung oder eine sonstige Leistung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aus, gilt Folgendes:

1.
führt der Unternehmer eine steuerpflichtige Werklieferung (§ 3 Abs. 4 Satz 1) oder sonstige Leistung im Zusammenhang mit einem Grundstück aus, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen;
2.
führt der Unternehmer eine andere als die in Nummer 1 genannte Leistung aus, ist er berechtigt, eine Rechnung auszustellen. Soweit er einen Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist, ausführt, ist er verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Eine Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung besteht nicht, wenn der Umsatz nach § 4 Nummer 8 bis 29 steuerfrei ist. § 14a bleibt unberührt.
Unbeschadet der Verpflichtungen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 kann eine Rechnung von einem in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfänger für eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers ausgestellt werden, sofern dies vorher vereinbart wurde (Gutschrift). Die Gutschrift verliert die Wirkung einer Rechnung, sobald der Empfänger der Gutschrift dem ihm übermittelten Dokument widerspricht. Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in Satz 1 Nr. 2 bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden.

(3) Unbeschadet anderer nach Absatz 1 zulässiger Verfahren gelten bei einer elektronischen Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts als gewährleistet durch

1.
eine qualifizierte elektronische Signatur oder
2.
elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. L 338 vom 28.12.1994, S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

(4) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten:

1.
den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2.
die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer,
3.
das Ausstellungsdatum,
4.
eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer),
5.
die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
6.
den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt,
7.
das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,
8.
den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt,
9.
in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers und
10.
in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß Absatz 2 Satz 2 die Angabe „Gutschrift”.
In den Fällen des § 10 Abs. 5 sind die Nummern 7 und 8 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bemessungsgrundlage für die Leistung (§ 10 Abs. 4) und der darauf entfallende Steuerbetrag anzugeben sind. Unternehmer, die § 24 Abs. 1 bis 3 anwenden, sind jedoch auch in diesen Fällen nur zur Angabe des Entgelts und des darauf entfallenden Steuerbetrags berechtigt. Die Berichtigung einer Rechnung um fehlende oder unzutreffende Angaben ist kein rückwirkendes Ereignis im Sinne von § 175 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 233a Absatz 2a der Abgabenordnung.

(5) Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung, gelten die Absätze 1 bis 4 sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne der Absätze 1 bis 4 ausgestellt worden sind.

(6) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens durch Rechtsverordnung bestimmen, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen

1.
Dokumente als Rechnungen anerkannt werden können,
2.
die nach Absatz 4 erforderlichen Angaben in mehreren Dokumenten enthalten sein können,
3.
Rechnungen bestimmte Angaben nach Absatz 4 nicht enthalten müssen,
4.
eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ausstellung von Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis (Absatz 4) entfällt oder
5.
Rechnungen berichtigt werden können.

(7) Führt der Unternehmer einen Umsatz im Inland aus, für den der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b schuldet, und hat der Unternehmer im Inland weder seinen Sitz noch seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird oder die an der Erbringung dieses Umsatzes beteiligt ist, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Sitz, seine Geschäftsleitung, eine Betriebsstätte, von der aus der Umsatz ausgeführt wird, oder in Ermangelung eines Sitzes seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 1 gilt nicht, wenn eine Gutschrift gemäß Absatz 2 Satz 2 vereinbart worden ist. Nimmt der Unternehmer in einem anderen Mitgliedstaat an einem der besonderen Besteuerungsverfahren entsprechend Titel XII Kapitel 6 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1) in der jeweils gültigen Fassung teil, so gelten für die in den besonderen Besteuerungsverfahren zu erklärenden Umsätze abweichend von den Absätzen 1 bis 6 für die Rechnungserteilung die Vorschriften des Mitgliedstaates, in dem der Unternehmer seine Teilnahme anzeigt.

(1) Die Steuer entsteht

1.
für Lieferungen und sonstige Leistungen
a)
bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Das gilt auch für Teilleistungen. Sie liegen vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, so entsteht insoweit die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist,
b)
bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (§ 20) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind,
c)
in den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung nach § 16 Abs. 5 in dem Zeitpunkt, in dem der Kraftomnibus in das Inland gelangt,
d)
in den Fällen des § 18 Abs. 4c mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Abs. 1a Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
e)
in den Fällen des § 18 Absatz 4e mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1b Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
f)
in den Fällen des § 18i mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1c Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
g)
in den Fällen des § 18j vorbehaltlich des Buchstabens i mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1d Satz 1, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind,
h)
in den Fällen des § 18k mit Ablauf des Besteuerungszeitraums nach § 16 Absatz 1e Satz 1, in dem die Lieferungen ausgeführt worden sind; die Gegenstände gelten als zu dem Zeitpunkt geliefert, zu dem die Zahlung angenommen wurde,
i)
in den Fällen des § 3 Absatz 3a zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zahlung angenommen wurde;
2.
für Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und 9a mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem diese Leistungen ausgeführt worden sind;
3.
in den Fällen des § 14c im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung;
4.
(weggefallen)
5.
im Fall des § 17 Abs. 1 Satz 6 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist;
6.
für den innergemeinschaftlichen Erwerb im Sinne des § 1a mit Ausstellung der Rechnung, spätestens jedoch mit Ablauf des dem Erwerb folgenden Kalendermonats;
7.
für den innergemeinschaftlichen Erwerb von neuen Fahrzeugen im Sinne des § 1b am Tag des Erwerbs;
8.
im Fall des § 6a Abs. 4 Satz 2 in dem Zeitpunkt, in dem die Lieferung ausgeführt wird;
9.
im Fall des § 4 Nr. 4a Satz 1 Buchstabe a Satz 2 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem der Gegenstand aus einem Umsatzsteuerlager ausgelagert wird.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gilt § 21 Abs. 2.

(3) (weggefallen)

(1) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum (Vorauszahlung) selbst zu berechnen hat. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Voranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben. § 16 Abs. 1 und 2 und § 17 sind entsprechend anzuwenden. Die Vorauszahlung ist am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten.

(2) Voranmeldungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr mehr als 7 500 Euro, ist der Kalendermonat Voranmeldungszeitraum. Beträgt die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1 000 Euro, kann das Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen befreien. Nimmt der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf, ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat. Daneben ist im laufenden und folgenden Kalenderjahr in folgenden Fällen Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat:

1.
bei im Handelsregister eingetragenen, noch nicht gewerblich oder beruflich tätig gewesenen juristischen Personen oder Personengesellschaften, die objektiv belegbar die Absicht haben, eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig auszuüben (Vorratsgesellschaften), und zwar ab dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Ausübung dieser Tätigkeit, und
2.
bei der Übernahme von juristischen Personen oder Personengesellschaften, die bereits gewerblich oder beruflich tätig gewesen sind und zum Zeitpunkt der Übernahme ruhen oder nur geringfügig gewerblich oder beruflich tätig sind (Firmenmantel), und zwar ab dem Zeitpunkt der Übernahme.
Für die Besteuerungszeiträume 2021 bis 2026 ist abweichend von Satz 4 in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des vorangegangenen Kalenderjahres ausgeübt hat, die tatsächliche Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen und in den Fällen, in denen der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im laufenden Kalenderjahr aufnimmt, die voraussichtliche Steuer des laufenden Kalenderjahres maßgebend.

(2a) Der Unternehmer kann an Stelle des Kalendervierteljahres den Kalendermonat als Voranmeldungszeitraum wählen, wenn sich für das vorangegangene Kalenderjahr ein Überschuss zu seinen Gunsten von mehr als 7 500 Euro ergibt. In diesem Fall hat der Unternehmer bis zum 10. Februar des laufenden Kalenderjahres eine Voranmeldung für den ersten Kalendermonat abzugeben. Die Ausübung des Wahlrechts bindet den Unternehmer für dieses Kalenderjahr. Absatz 2 Satz 6 gilt entsprechend.

(3) Der Unternehmer hat vorbehaltlich des § 18i Absatz 3, des § 18j Absatz 4 und des § 18k Absatz 4 für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss, der sich zu seinen Gunsten ergibt, nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). In den Fällen des § 16 Absatz 3 und 4 ist die Steueranmeldung binnen einem Monat nach Ablauf des kürzeren Besteuerungszeitraums zu übermitteln. Auf Antrag kann das Finanzamt zur Vermeidung von unbilligen Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten; in diesem Fall hat der Unternehmer eine Steueranmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben und eigenhändig zu unterschreiben.

(4) Berechnet der Unternehmer die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss in der Steueranmeldung für das Kalenderjahr abweichend von der Summe der Vorauszahlungen, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach dem Eingang der Steueranmeldung fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Setzt das Finanzamt die zu entrichtende Steuer oder den Überschuss abweichend von der Steueranmeldung für den Voranmeldungszeitraum oder für das Kalenderjahr oder auf Grund unterbliebener Abgabe der Steueranmeldung fest, so ist der Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen (Absatz 1) bleibt von den Sätzen 1 und 2 unberührt.

(4a) Voranmeldungen (Absätze 1 und 2) und eine Steuererklärung (Absätze 3 und 4) haben auch die Unternehmer und juristischen Personen abzugeben, die ausschließlich Steuer für Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 5, § 13b Absatz 5 oder § 25b Abs. 2 zu entrichten haben, sowie Fahrzeuglieferer (§ 2a). Voranmeldungen sind nur für die Voranmeldungszeiträume abzugeben, in denen die Steuer für diese Umsätze zu erklären ist. Die Anwendung des Absatzes 2a ist ausgeschlossen.

(4b) Für Personen, die keine Unternehmer sind und Steuerbeträge nach § 6a Abs. 4 Satz 2 oder nach § 14c Abs. 2 schulden, gilt Absatz 4a entsprechend.

(4c) Ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer, der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1a Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums dem Bundeszentralamt für Steuern übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat (Steueranmeldung). Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts hat der Unternehmer auf dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument dem Bundeszentralamt für Steuern anzuzeigen, bevor er Umsätze nach § 3a Abs. 5 im Gemeinschaftsgebiet erbringt. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 3 oder § 22 Abs. 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn das Bundeszentralamt für Steuern von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt.

(4d) Für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die vor dem 1. Juli 2021 im Inland im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 erbringen und diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklären sowie die darauf entfallende Steuer entrichten, gelten insoweit die Absätze 1 bis 4 nicht.

(4e) Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer (§ 13b Absatz 7 Satz 2), der vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Inland erbringt, kann abweichend von den Absätzen 1 bis 4 für jeden Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung bis zum 20. Tag nach Ablauf jedes Besteuerungszeitraums übermitteln, in der er die Steuer für die vorgenannten Umsätze selbst zu berechnen hat; dies gilt nur, wenn der Unternehmer im Inland, auf der Insel Helgoland und in einem der in § 1 Absatz 3 bezeichneten Gebiete weder seinen Sitz, seine Geschäftsleitung noch eine Betriebsstätte hat. Die Steuererklärung ist der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union zu übermitteln, in dem der Unternehmer ansässig ist; diese Steuererklärung ist ab dem Zeitpunkt eine Steueranmeldung im Sinne des § 150 Absatz 1 Satz 3 und des § 168 der Abgabenordnung, zu dem die in ihr enthaltenen Daten von der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, an die der Unternehmer die Steuererklärung übermittelt hat, dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurden. Satz 2 gilt für die Berichtigung einer Steuererklärung entsprechend. Die Steuer ist am 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums fällig und bis dahin vom Unternehmer zu entrichten. Die Ausübung des Wahlrechts nach Satz 1 hat der Unternehmer in dem amtlich vorgeschriebenen, elektronisch zu übermittelnden Dokument der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, vor Beginn des Besteuerungszeitraums anzuzeigen, ab dessen Beginn er von dem Wahlrecht Gebrauch macht. Das Wahlrecht kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Besteuerungszeitraums an widerrufen werden. Der Widerruf ist vor Beginn des Besteuerungszeitraums, für den er gelten soll, gegenüber der Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, auf elektronischem Weg zu erklären. Kommt der Unternehmer seinen Verpflichtungen nach den Sätzen 1 bis 5 oder § 22 Absatz 1 wiederholt nicht oder nicht rechtzeitig nach, schließt ihn die zuständige Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, von dem Besteuerungsverfahren nach Satz 1 aus. Der Ausschluss gilt ab dem Besteuerungszeitraum, der nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausschlusses gegenüber dem Unternehmer beginnt. Die Steuererklärung nach Satz 1 gilt als fristgemäß übermittelt, wenn sie bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union übermittelt worden ist, in dem der Unternehmer ansässig ist, und dort in bearbeitbarer Weise aufgezeichnet wurde. Die Entrichtung der Steuer erfolgt entsprechend Satz 4 fristgemäß, wenn die Zahlung bis zum 20. Tag nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (§ 16 Absatz 1b Satz 1) bei der zuständigen Steuerbehörde des Mitgliedstaates der Europäischen Union, in dem der Unternehmer ansässig ist, eingegangen ist. § 240 der Abgabenordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Säumnis frühestens mit Ablauf des 10. Tages nach Ablauf des auf den Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1b Satz 1) folgenden übernächsten Monats eintritt.

(4f) Soweit Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Bund und Länder durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründen, obliegen der jeweiligen Organisationseinheit für die Umsatzbesteuerung alle steuerlichen Rechte und Pflichten. In den in § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung genannten Verfahren tritt die Organisationseinheit insoweit an die Stelle der Gebietskörperschaft. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Organisationseinheiten können jeweils für ihren Geschäftsbereich durch Organisationsentscheidungen weitere untergeordnete Organisationseinheiten mit Wirkung für die Zukunft bilden. Einer Organisationseinheit übergeordnete Organisationseinheiten können durch Organisationsentscheidungen mit Wirkung für die Zukunft die in Satz 1 genannten Rechte und Pflichten der untergeordneten Organisationseinheit wahrnehmen oder mehrere Organisationseinheiten zu einer Organisationseinheit zusammenschließen. Die in § 1a Absatz 3 Nummer 2, § 2b Absatz 2 Nummer 1, § 3a Absatz 5 Satz 3, § 3c Absatz 4 Satz 1, § 18 Absatz 2 Satz 2, § 18a Absatz 1 Satz 2, § 19 Absatz 1, § 20 Satz 1 Nummer 1 und § 24 Absatz 1 Satz 1 genannten Betragsgrenzen gelten für Organisationseinheiten stets als überschritten. Wahlrechte, deren Rechtsfolgen das gesamte Unternehmen der Gebietskörperschaft erfassen, können nur einheitlich ausgeübt werden. Die Gebietskörperschaft kann gegenüber dem für sie zuständigen Finanzamt mit Wirkung für die Zukunft erklären, dass die Sätze 1 bis 5 nicht zur Anwendung kommen sollen; ein Widerruf ist nur mit Wirkung für die Zukunft möglich.

(4g) Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann anordnen, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung örtlich zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des jeweiligen Landes übernimmt. Die oberste Landesfinanzbehörde oder die von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung einer Organisationseinheit des Landes der zuständigen Finanzbehörde übernimmt. Die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin oder eine von ihr beauftragte Landesfinanzbehörde kann mit der obersten Finanzbehörde eines anderen Landes oder mit einer von dieser beauftragten Landesfinanzbehörde vereinbaren, dass eine andere als die nach § 21 Absatz 1 der Abgabenordnung zuständige Finanzbehörde die Besteuerung für eine Organisationseinheit der Gebietskörperschaft Bund übernimmt.

(5) In den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) ist abweichend von den Absätzen 1 bis 4 wie folgt zu verfahren:

1.
Der Beförderer hat für jede einzelne Fahrt eine Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck in zwei Stücken bei der zuständigen Zolldienststelle abzugeben.
2.
Die zuständige Zolldienststelle setzt für das zuständige Finanzamt die Steuer auf beiden Stücken der Steuererklärung fest und gibt ein Stück dem Beförderer zurück, der die Steuer gleichzeitig zu entrichten hat. Der Beförderer hat dieses Stück mit der Steuerquittung während der Fahrt mit sich zu führen.
3.
Der Beförderer hat bei der zuständigen Zolldienststelle, bei der er die Grenze zum Drittlandsgebiet überschreitet, eine weitere Steuererklärung in zwei Stücken abzugeben, wenn sich die Zahl der Personenkilometer (§ 10 Abs. 6 Satz 2), von der bei der Steuerfestsetzung nach Nummer 2 ausgegangen worden ist, geändert hat. Die Zolldienststelle setzt die Steuer neu fest. Gleichzeitig ist ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamts zu entrichten oder ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Beförderers zu erstatten. Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn der Unterschiedsbetrag weniger als 2,50 Euro beträgt. Die Zolldienststelle kann in diesen Fällen auf eine schriftliche Steuererklärung verzichten.

(5a) In den Fällen der Fahrzeugeinzelbesteuerung (§ 16 Absatz 5a) hat der Erwerber, abweichend von den Absätzen 1 bis 4, spätestens bis zum 10. Tag nach Ablauf des Tages, an dem die Steuer entstanden ist, eine Steuererklärung, in der er die zu entrichtende Steuer selbst zu berechnen hat, nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln oder nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben (Steueranmeldung). Bei Verwendung des Vordrucks muss dieser vom Erwerber eigenhändig unterschrieben sein. Gibt der Erwerber die Steueranmeldung nicht ab oder hat er die Steuer nicht richtig berechnet, so kann die Finanzbehörde die Steuer festsetzen. Die Steuer ist am zehnten Tag nach Ablauf des Tages fällig, an dem sie entstanden ist, und ist bis dahin vom Erwerber zu entrichten.

(5b) In den Fällen des § 16 Abs. 5b ist das Besteuerungsverfahren nach den Absätzen 3 und 4 durchzuführen. Die bei der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) entrichtete Steuer ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

(6) Zur Vermeidung von Härten kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Fristen für die Voranmeldungen und Vorauszahlungen um einen Monat verlängern und das Verfahren näher bestimmen. Dabei kann angeordnet werden, dass der Unternehmer eine Sondervorauszahlung auf die Steuer für das Kalenderjahr zu entrichten hat.

(7) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen auf die Erhebung der Steuer für Lieferungen von Gold, Silber und Platin sowie sonstige Leistungen im Geschäft mit diesen Edelmetallen zwischen Unternehmern, die an einer Wertpapierbörse im Inland mit dem Recht zur Teilnahme am Handel zugelassen sind, verzichtet werden kann. Das gilt nicht für Münzen und Medaillen aus diesen Edelmetallen.

(8) (weggefallen)

(9) Zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 und von den Absätzen 1 bis 4, in einem besonderen Verfahren regeln. Dabei kann auch angeordnet werden,

1.
dass die Vergütung nur erfolgt, wenn sie eine bestimmte Mindesthöhe erreicht,
2.
innerhalb welcher Frist der Vergütungsantrag zu stellen ist,
3.
in welchen Fällen der Unternehmer den Antrag eigenhändig zu unterschreiben hat,
4.
wie und in welchem Umfang Vorsteuerbeträge durch Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen nachzuweisen sind,
5.
dass der Bescheid über die Vergütung der Vorsteuerbeträge elektronisch erteilt wird,
6.
wie und in welchem Umfang der zu vergütende Betrag zu verzinsen ist.
Von der Vergütung ausgeschlossen sind in Rechnung gestellte Steuerbeträge für Ausfuhrlieferungen, bei denen die Gegenstände vom Abnehmer oder von einem von ihm beauftragten Dritten befördert oder versendet wurden, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe a in Verbindung mit § 6 steuerfrei sind, oder für innergemeinschaftliche Lieferungen, die nach § 4 Nummer 1 Buchstabe b in Verbindung mit § 6a steuerfrei sind oder in Bezug auf § 6a Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 steuerfrei sein können. Sind die durch die Rechtsverordnung nach den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen des besonderen Verfahrens erfüllt und schuldet der im Ausland ansässige Unternehmer ausschließlich Steuer nach § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder § 13a Absatz 1 Nummer 4, kann die Vergütung der Vorsteuerbeträge nur in dem besonderen Verfahren durchgeführt werden. Einem Unternehmer, der im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist und Umsätze ausführt, die zum Teil den Vorsteuerabzug ausschließen, wird die Vorsteuer höchstens in der Höhe vergütet, in der er in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, bei Anwendung eines Pro-rata-Satzes zum Vorsteuerabzug berechtigt wäre. Einem Unternehmer, der nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist, wird die Vorsteuer nur vergütet, wenn in dem Land, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, keine Umsatzsteuer oder ähnliche Steuer erhoben oder im Fall der Erhebung im Inland ansässigen Unternehmern vergütet wird. Von der Vergütung ausgeschlossen sind bei Unternehmern, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, die Vorsteuerbeträge, die auf den Bezug von Kraftstoffen entfallen. Die Sätze 6 und 7 gelten nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) vor dem 1. Juli 2021 als Steuerschuldner Umsätze nach § 3a Absatz 5 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von § 18 Absatz 4c Gebrauch gemacht haben oder diese Umsätze in einem anderen Mitgliedstaat erklärt sowie die darauf entfallende Steuer entrichtet haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang mit Umsätzen nach § 3a Absatz 5 stehen. Die Sätze 6 und 7 gelten auch nicht für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, soweit sie im Besteuerungszeitraum (§ 16 Absatz 1 Satz 2) nach dem 30. Juni 2021 als Steuerschuldner Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufe nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftliche Fernverkäufe nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufe nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstige Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Gemeinschaftsgebiet erbracht und für diese Umsätze von den §§ 18i, 18j oder 18k Gebrauch gemacht haben; Voraussetzung ist, dass die Vorsteuerbeträge mit Lieferungen nach § 3 Absatz 3a Satz 1 innerhalb eines Mitgliedstaates, Fernverkäufen nach § 3 Absatz 3a Satz 2, innergemeinschaftlichen Fernverkäufen nach § 3c Absatz 1 Satz 2 und 3, Fernverkäufen nach § 3c Absatz 2 oder 3 oder sonstigen Leistungen an Empfänger nach § 3a Absatz 5 Satz 1 im Zusammenhang stehen.

(10) Zur Sicherung des Steueranspruchs in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge und neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 und 3) gilt folgendes:

1.
Die für die Zulassung oder die Registrierung von Fahrzeugen zuständigen Behörden sind verpflichtet, den für die Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Fahrzeuge zuständigen Finanzbehörden ohne Ersuchen Folgendes mitzuteilen:
a)
bei neuen motorbetriebenen Landfahrzeugen die erstmalige Ausgabe von Zulassungsbescheinigungen Teil II oder die erstmalige Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens bei zulassungsfreien Fahrzeugen. Gleichzeitig sind die in Nummer 2 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen oder, wenn dieses noch nicht zugeteilt worden ist, die Nummer der Zulassungsbescheinigung Teil II zu übermitteln,
b)
bei neuen Luftfahrzeugen die erstmalige Registrierung dieser Luftfahrzeuge. Gleichzeitig sind die in Nummer 3 Buchstabe a bezeichneten Daten und das zugeteilte amtliche Kennzeichen zu übermitteln. Als Registrierung im Sinne dieser Vorschrift gilt nicht die Eintragung eines Luftfahrzeugs in das Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen.
2.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer motorbetriebener Landfahrzeuge (§ 1b Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 3 Nummer 1) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Ausgabe einer Zulassungsbescheinigung Teil II im Inland oder bei der erstmaligen Zuteilung eines amtlichen Kennzeichens für zulassungsfreie Fahrzeuge im Inland hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ee)
den Kilometerstand am Tag der Lieferung,
ff)
die Fahrzeugart, den Fahrzeughersteller, den Fahrzeugtyp und die Fahrzeug-Identifizierungsnummer,
gg)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach den Doppelbuchstaben aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Absatz 1 Nummer 2 und § 1b Absatz 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Absatz 3 Nummer 1 vorliegen. Die Zulassungsbehörde darf die Zulassungsbescheinigung Teil II oder bei zulassungsfreien Fahrzeugen, die nach § 4 Absatz 2 und 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ein amtliches Kennzeichen führen, die Zulassungsbescheinigung Teil I erst aushändigen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b)
Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, hat die Zulassungsbehörde auf Antrag des Finanzamts die Zulassungsbescheinigung Teil I für ungültig zu erklären und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln. Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Das Finanzamt kann die Abmeldung von Amts wegen auch selbst durchführen, wenn die Zulassungsbehörde das Verfahren noch nicht eingeleitet hat. Satz 2 gilt entsprechend. Das Finanzamt teilt die durchgeführte Abmeldung unverzüglich der Zulassungsbehörde mit und händigt dem Fahrzeughalter die vorgeschriebene Bescheinigung über die Abmeldung aus. Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.
3.
In den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs neuer Luftfahrzeuge (§ 1b Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 3) gilt Folgendes:
a)
Bei der erstmaligen Registrierung in der Luftfahrzeugrolle hat der Antragsteller die folgenden Angaben zur Übermittlung an die Finanzbehörden zu machen:
aa)
den Namen und die Anschrift des Antragstellers sowie das für ihn zuständige Finanzamt (§ 21 der Abgabenordnung),
bb)
den Namen und die Anschrift des Lieferers,
cc)
den Tag der Lieferung,
dd)
das Entgelt (Kaufpreis),
ee)
den Tag der ersten Inbetriebnahme,
ff)
die Starthöchstmasse,
gg)
die Zahl der bisherigen Betriebsstunden am Tag der Lieferung,
hh)
den Flugzeughersteller und den Flugzeugtyp,
ii)
den Verwendungszweck.
Der Antragsteller ist zu den Angaben nach Satz 1 Doppelbuchstabe aa und bb auch dann verpflichtet, wenn er nicht zu den in § 1a Abs. 1 Nr. 2 und § 1b Abs. 1 genannten Personen gehört oder wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eigenschaften als neues Fahrzeug im Sinne des § 1b Abs. 3 Nr. 3 vorliegen. Das Luftfahrt-Bundesamt darf die Eintragung in der Luftfahrzeugrolle erst vornehmen, wenn der Antragsteller die vorstehenden Angaben gemacht hat.
b) Ist die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht entrichtet worden, so hat das Luftfahrt-Bundesamt auf Antrag des Finanzamts die Betriebserlaubnis zu widerrufen. Es trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (Abmeldungsbescheid). Die Durchführung der Abmeldung von Amts wegen richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz. Für Streitigkeiten über Abmeldungen von Amts wegen ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben.

(11) Die für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen wirken an der umsatzsteuerlichen Erfassung von Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen mit. Sie sind berechtigt, im Rahmen von zeitlich und örtlich begrenzten Kontrollen die nach ihrer äußeren Erscheinung nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibusse anzuhalten und die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse festzustellen, die für die Umsatzsteuer maßgebend sind, und die festgestellten Daten den zuständigen Finanzbehörden zu übermitteln.

(12) Im Ausland ansässige Unternehmer (§ 13b Absatz 7), die grenzüberschreitende Personenbeförderungen mit nicht im Inland zugelassenen Kraftomnibussen durchführen, haben dies vor der erstmaligen Ausführung derartiger auf das Inland entfallender Umsätze (§ 3b Abs. 1 Satz 2) bei dem für die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt anzuzeigen, soweit diese Umsätze nicht der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) unterliegen. Das Finanzamt erteilt hierüber eine Bescheinigung. Die Bescheinigung ist während jeder Fahrt mitzuführen und auf Verlangen den für die Steueraufsicht zuständigen Zolldienststellen vorzulegen. Bei Nichtvorlage der Bescheinigung können diese Zolldienststellen eine Sicherheitsleistung nach den abgabenrechtlichen Vorschriften in Höhe der für die einzelne Beförderungsleistung voraussichtlich zu entrichtenden Steuer verlangen. Die entrichtete Sicherheitsleistung ist auf die nach Absatz 3 Satz 1 zu entrichtende Steuer anzurechnen.

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.