Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - 16b D 13.862

bei uns veröffentlicht am29.07.2015
vorgehend
Verwaltungsgericht München, M 13B DK 12.2599, 19.03.2013

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts München vom 19. März 2013 wird gegen den Beklagten auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/25 auf die Dauer von 36 Monaten erkannt.

II.

Die Klägerin und der Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Der 19... geborene Beklagte wurde nach dem Besuch der Grund- und Hauptschule am 1. August 1986 als Auszubildender zur Dienstleistungsfachkraft im Postdienst bei der damaligen Deutschen Bundespost eingestellt. Am 23. September 1988 wurde er zum Postoberschaffner z.A. ernannt und am 13. November 1990 zum Posthauptschaffner befördert. Am 6. Juni 1995 wurde er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Mit Wirkung vom 10. September 2010 wurde er aufgrund Disziplinargerichtsurteils in das Amt eines Postoberschaffners versetzt.

Der Beklagte war bis 5. April 2011 als Verbundzusteller beim Zustellstützpunkt N. 30 eingesetzt. Zu seinen Dienstaufgaben gehörte die Zustellung von Paketen und anderen Sendungen. Der Beklagte ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Er erhält um 40% gekürzte Dienstbezüge aus der BesGr A 3.

Laut Stellungnahme zu Führung und Leistung des Beklagten vom 4. November 2010 ließen seine Arbeitsergebnisse hinsichtlich Qualität und Sorgfalt sehr zu wünschen übrig. Insbesondere in der Dokumentation der ausgelieferten Sendungen bestünden erhebliche Mängel. Die zur Verfügung stehende Arbeitszeit reiche für die Aufgabenerfüllung aufgrund seines Arbeitstempos nicht aus. Er verfüge über ein gutes Fachwissen, sei gut belastbar und auch bereit, Mehrleistungen zu erbringen.

II.

Der Beklagte ist disziplinarisch wie folgt vorbelastet:

1. Mit Disziplinarverfügung vom 28. September 2004 wurde eine Kürzung der Dienstbezüge um 1/25 für die Dauer von sechs Monaten verhängt. Grund hierfür waren Verstöße gegen die Vorschriften zur Verkehrsmengenermittlung, ein häufig verspäteter Dienstantritt, eine verbale Auseinandersetzung mit einer Kollegin, ein gewaltsames Zutrittverschaffen und ein tätlicher Angriff auf den Gruppenführer sowie das ungesicherte Abstellen eines Dienstfahrzeugs.

2. Mit Disziplinarverfügung vom 8. September 2005 wurde gegen den Beklagten eine Kürzung der Dienstbezüge um 1/25 für die Dauer von zwölf Monaten verhängt. Grund hierfür waren erneute Verstöße gegen die Vorschriften zur Verkehrsmengenermittlung.

3. Mit Disziplinarverfügung vom 10. Juni 2008 wurde eine Kürzung der Dienstbezüge um 1/25 für die Dauer von 24 Monaten verhängt. Grund hierfür waren erneute Verstöße gegen die Verkehrsmengenermittlung, ferner der Verstoß gegen die Weisung, sein Dienstfahrzeug zum TÜV zu bringen und verspätete Krankmeldungen und die fehlerhafte Ausfüllung von Postzustellungsurkunden.

4. Mit seit dem 10. September 2010 rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts S. - Disziplinarkammer - vom 14. Juli 2010 (Az.: DB 10 K 237/10) wurde der Beklagte in das Amt eines Postoberschaffners (BesGr A 3) zurückgestuft. Grund hierfür war, dass der Beklagte erneut gegen die Bestimmungen der Verkehrsmengenermittlung verstoßen hatte, Postsendungen verspätet zuführte, eine Einschreibsendung unberechtigt nicht zustellte, fehlerhafte Reisekostenabrechnungen vorlegte und seinen Dienst mehrfach verspätet angetreten sowie unrichtige Aufzeichnungen getätigt hatte.

III.

Gegen den Beklagten wurde am 8. Dezember 2010 gemäß § 17 BDG erneut ein Disziplinarverfahren wegen fehlerhafter bzw. verspäteter Zustellungen sowie wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber einer Kundin eingeleitet. Mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 wurde der Beklagte gemäß § 20 BDG über seine Rechte belehrt.

Am 14. Januar 2011 wurde gegenüber dem Beklagten mit sofortiger Wirkung das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 66 BBG ausgesprochen.

Mit Verfügung vom 24. Januar und 10. März 2011 wurde das Disziplinarverfahren nach § 19 Abs. 1 BDG auf weitere Vorfälle (fehlerhafte bzw. verspätete Zustellungen, unterlassene Zustellung und unberechtigte Öffnung eines Testbriefs, unberechtigte Zurückstellung von Postwurfsendungen) ausgedehnt.

Mit Verfügung vom 4. April 2011 wurde der Beklagte gemäß § 38 BDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 40% seiner Dienstbezüge angeordnet. Sein Aussetzungsantrag wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2011 (Az.: M 13B DA 11.1859) abgelehnt, die Beschwerde mit Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2011 (Az.: 16b DS 11.1892) zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2012 erhielt der Beklagte nach § 30 BDG Gelegenheit zur abschließenden Äußerung.

Mit Schreiben vom 20. März 2012 wurde der Beklagte über die Möglichkeit einer Beteiligung des Betriebsrats nach § 78 BPersVG belehrt. Auf Antrag des Beklagten vom 23. März 2012 wurde der Betriebsrat beteiligt. Dieser äußerte mit Schreiben vom 20. April 2012 erhebliche Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beklagten. Da einige Vorfälle auf eine psychische und physische Überlastung des Beklagten hinweisen würden, wäre die Klägerin im Rahmen der Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, den Beklagten fachärztlich bzw. postbetriebsärztlich überprüfen zu lassen. Es bestünden Zweifel, ob der Beklagte im Zeitpunkt der Vorfälle psychisch sowie physisch in der Lage gewesen sei, seinen Dienst ordnungsgemäß auszuüben und ob er die Taten vorsätzlich und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte begangen habe. Es sei zu überprüfen, ob ggf. eine Zurruhesetzung angestrebt werden solle.

IV.

Am 5. Juni 2012 erhob die Klägerin Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, mit der sie dem Beklagten folgende Vorfälle als Dienstvergehen zur Last legt:

1. Seit dem 01.01.2010 in einer Vielzahl von Fällen Postpakete nicht taggleich zugestellt und zur Verdeckung seiner Handlungsweise falsche Angaben in seinem Handscanner eingegeben zu haben,

2. den Verbleib der Pakete mit den ID ... und ... nicht aufklären zu können,

3. am 22.10.2010 sich gegenüber der Postkundin C., H. Str. 57/1, ... N. ungebührlich verhalten zu haben,

4. am 05.11.2010 das Paket mit der ID ... für den Empfänger O. S-weg ... in ... N. vorsätzlich von der Zustellung zurückgestellt zu haben,

5. am 02.11.2010 im Briefzentrum N. unberechtigt die Knöpfe für die Stoffeingabe an einer Briefverteilermaschine betätigt zu haben, um diese in Gang zu setzen,

6. am 16.11.2010 ohne Berechtigung einen Zettel mit dem Hinweis „unbedingt noch heute zustellen“ geschrieben, diesen mit „K.“ dem Namen des Qualitätsmanagers K., unterschrieben und auf zwei Pakete am Zustelltisch der Zustellerin J. gelegt zu haben,

7. am 13.01.2011 einen an den Empfänger O. S-weg ... in N. gerichteten Testbrief vorsätzlich nicht zugestellt und unberechtigt teilweise an der rechten Seite geöffnet zu haben, um sich vom Inhalt des Briefs Kenntnis zu verschaffen,

8. vorsätzlich 61 Postwurfsendungen an sämtliche Haushalte (Abfallkalender der Stadt N.), die am 16.12.2010 eingeliefert worden waren und von ihm am 18.12.2010 zuzustellen gewesen wären, unberechtigt von der Zustellung zurückgestellt zu haben und

9. am 10.01.2011 das für seinen Zustellerbezirk ... vorliegende Paket der Firma Ad.com G-Str. ..., F. mit der ID ... unberechtigt von der Zustellung zurückgestellt zu haben.

Der Beklagte hat die Vorwürfe mit Schriftsatz vom 20. November 2012 bestritten.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 19. März 2013, zugestellt am 12. April 2013, aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Es sei erwiesen, dass der Beklagte am 13. Januar 2011 den Testbrief vorsätzlich nicht zugestellt und ihn an der rechten Seite teilweise geöffnet habe. Dies habe er bei seiner Anhörung am 13. Januar 2011 eingeräumt; es zeige sich aber auch an seinen Ausflüchten, dass er den Brief habe verschwinden lassen wollen. Es stehe auch fest, dass der Beklagte die 61 Abfallkalender der Stadt N.nicht am 18. Dezember 2010 zugestellt habe. Sein ursprünglicher Vortrag, er habe fehlende Kalender „nachbestellt“, sei nicht mehr aufrechterhalten worden. Der Beklagte habe am 18. Dezember 2010 festgestellt, dass er nicht genügend Kalender habe und daher um Nachschub gebeten. Überzählige Kalender seien dann vom Zustellbezirk 41 auf den Zustellbezirk 42 (den des Beklagten) umverteilt worden. Der Beklagte hätte diese zustellen müssen und können; dass sie im Januar 2011 immer noch nicht zugestellt gewesen seien, sei ihm deshalb anzulasten. Weiter stehe fest, dass der Beklagte keinen Zugang zur Packstation gehabt habe. Gleichwohl habe er die Zahl 38 („grün benachrichtigt in Packstation“) in seinen Handscanner eingegeben und so eine taggleiche Zustellung vorgetäuscht. Die Rückstellung von Sendungen habe er zwar nicht in allen Fällen, jedoch in einigen Fällen eingeräumt. Sein Verweis auf die Fehleranfälligkeit der Handscanner sei eine Schutzbehauptung. Bei Fehlerhaftigkeit des Scanners müsse eine andere Zustellungsart gegen Nachweis gewählt werden. Die Verletzung des Postgeheimnisses und die Rückstellung von Sendungen seien außerordentlich schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen. Der Dienstherr und die Allgemeinheit müssten sich darauf verlassen können, dass Sendungen pünktlich, zuverlässig und vollständig ihr Ziel erreichen würden. Deshalb müssten an die Zuverlässigkeit der Zusteller hohe Anforderungen gestellt werden. Bei der Vielzahl der Mitarbeiter und der Flut der Sendungen sei eine Kontrolle nicht einmal ansatzweise möglich. Wer in diesem Bereich seine Dienstpflichten verletze, habe in aller Regel das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren. Der Beklagte könne sich nicht auf durchgreifende Milderungsgründe berufen. Seine Arbeitsergebnisse ließen hinsichtlich Qualität und Sorgfalt sehr zu wünschen übrig. Hinzu komme, dass der Beklagte disziplinarisch erheblich vorbelastet sei, was ihn aber nicht von erneuten Dienstpflichtverletzungen abgehalten habe. Sein Auftreten in der mündlichen Verhandlung habe vielmehr den Eindruck vermittelt, dass er nicht einsehe, dass Dienstherr, Kunden und Mitarbeiter von ihm die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Pflichten verlangen würden und auch verlangen könnten.

Hiergegen richtet sich die am 18. April 2013 eingelegte Berufung des Beklagten, mit der dieser beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils freizusprechen und die Disziplinarklage zurückzuweisen,

hilfsweise auf eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen.

Die dem Beklagten vom Erstgericht zur Last gelegten Vorwürfe würden bestritten. Sie seien nicht erwiesen. Die gute Leistung und Führung des Beklagten sowie seine Unbescholtenheit, die fehlende Intensität seines Fehlverhaltens und die tätige Reue seien nicht berücksichtigt worden. Die Zweifel des Betriebsrats an der Dienstfähigkeit des Beklagten seien vom Erstgericht nicht zur Kenntnis genommen worden. Der Dienstherr habe gegen die Fürsorgepflicht verstoßen, da er den Beklagten nicht auf Dienstfähigkeit habe untersuchen lassen, obwohl dieser bekanntermaßen seit Jahren auffällig gewesen sei und psychische und physische Probleme gehabt habe, die die Erfüllung der Dienstpflichten beeinträchtigt hätten; hierzu wurde ein undatiertes, nicht unterschriebenes Schreiben vorgelegt, in dem der Beklagte eine postärztliche Untersuchung beantragt hat, das nach Angaben der Klägerin diese jedoch nie erreicht hat. Das Erstgericht habe sich mit der Frage, ob der Beklagte die ihm zur Last gelegten Taten vorsätzlich und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte begangen habe, nicht auseinandergesetzt, obwohl ihm sich dies hätte aufdrängen müssen. Aus den Akten ergäben sich zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte im Zustand der Schuldunfähigkeit bzw. erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehandelt habe. Das Erstgericht hätte deshalb dieser Frage von Amts wegen nachgehen müssen und wäre verpflichtet gewesen, hierzu ein fachärztliches Gutachten einzuholen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Der Senat hat am 29. Juli 2015 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen.

Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten ist zulässig und hat teilweise Erfolg. Unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts sind die Dienstbezüge des Beklagten um 1/25 auf die Dauer von 36 Monaten zu kürzen (§ 8 BDG).

I.

Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche sind vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht worden.

II.

Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats nur insoweit fest, als er die Vorwürfe in der Disziplinarklage unter Punkt 4. und 7. sowie (teilweise) unter Punkt 2. und 5. betrifft. Die Vorwürfe unter Punkt 1., 6., 8. und 9. sind nicht erwiesen. Der Vorwurf unter Punkt 3. ist nicht disziplinarwürdig.

1. Als erwiesen sieht der Senat die dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 4. und 7. zur Last gelegten Vorfälle an.

1.1 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 4. vorgeworfen wird, am 5. November 2010 das Paket mit der ID ... für den Empfänger O. R., S-weg ..., N. entgegen den Dienstvorschriften vorsätzlich von der Zustellung zurückgestellt und erst verspätet am 6. November 2010 dem Empfänger zugestellt zu haben, steht dieser Sachverhalt aufgrund der Ermittlungen der Konzernsicherheit sowie der Einlassung des Beklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, zur Überzeugung des Senats fest.

Laut Sendungsstatus (EA Bl. 132) lag das Paket am 5. November 2010 um 04:11 Uhr im Zustellstützpunkt des Beklagten vor und wurde an diesem Tag um 09:47 zur Zustellung beladen sowie um 16:22 Uhr erneut gescannt. Am 6. November 2010 um 09:49 Uhr wurde das Paket nochmals zur Zustellung beladen und um 16:25 Uhr dem Empfänger zugestellt. Dieser Laufweg des Pakets wird durch die Nachforschungen der Konzernsicherheit bestätigt (EA Bl. 118).

Damit übereinstimmend hat der Empfänger des Pakets laut E-Mail vom 6. November 2010 bei der Klägerin nachgefragt, warum das Paket, auf das er warte und dessen Laufweg er im Sendungsverfolgungssystem der Klägerin nachverfolgt habe, nicht am 5. November 2010 bei ihm angekommen sei (EA Bl. 130). Das Paket wurde dem Empfänger nach dessen Angaben erst am 6. November 2010 zugestellt (EA Bl. 131).

Die Einlassung des Beklagten, er habe das Paket bereits am 5. November 2010 beim Empfänger zustellen wollen, er sei jedoch, nachdem er geläutet und der Kunde aufgemacht habe, von ihm gebeten worden, die Sendung am nächsten Tag erneut zuzustellen (EA Bl. 118, 121, 130), stellt eine unglaubwürdige Schutzbehauptung dar. Sie wird dadurch widerlegt, dass der Empfänger nachvollziehbar angegeben hat, auf dieses Paket gewartet und den Laufweg verfolgt zu haben, um zu sehen, wo es bleibt, so dass eine Zurückstellung auf Wunsch des Empfängers keinen Sinn macht. Auch gibt es trotz der angeblichen Verweigerung der Annahme durch den Empfänger keine entsprechende Eingabe im Scanner oder einen Benachrichtigungsschein. Zudem hätte der Beklagte das Paket aufgrund des bestehenden „Garagenvertrags“ (EA Bl. 118) auch beim Empfänger hinterlegen können. Wenn der Beklagte sich darauf beruft, dass es sein könne, dass der ID-Code am 5. November 2010 vom Frachtzentrum auf den Scanner übertragen worden sei, ohne die Sendung mitzusenden (EA Bl. 167), ist zwar auch nach den Angaben der Klägerin nicht auszuschließen, dass dies ausnahmsweise einmal der Fall sein kann (EA Bl. 194). Dem steht vorliegend allerdings entgegen, dass das Paket laut Sendungsstatus am 5. November 2010 um 09:47 Uhr zur Zustellung beladen wurde. Darüber hinaus steht dies auch im Widerspruch zum Vorbringen des Beklagten, er habe die Sendung am 5. November 2010 zustellen wollen. Deshalb ist auch ausgeschlossen, dass die Sendung zunächst innerhalb des Zustell-Paketzentrums falsch sortiert wurde (VGA Bl. 40). Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass das Paket laut Sendungsstatus am 5. November 2010 um 16:22 Uhr mit der Eingabe „Die Sendung wurde innerhalb des Zustell-Paketzentrums weitergeleitet“ nochmals gescannt wurde (EA Bl. 132). Unabhängig davon, dass diese nach dem erstmaligen Beladen des Pakets um 09:47 Uhr erfolgte Eingabe eine vorherige Zurückstellung der Sendung nicht ausschließt, ist der Senat angesichts des widersprüchlichen Aussageverhaltens des Beklagten davon überzeugt, dass er die Eingabe zur Verschleierung der von ihm unterlassenen taggleichen Zustellung gemacht hat. Mit der bloßen nachträglichen Behauptung „Scanner falsch“ (EA Bl. 132) wird auch keine diesbezügliche Fehlfunktion dargelegt.

1.2 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 7. vorgeworfen wird, am 13. Januar 2011 einen an den Empfänger O., S-weg ..., N. gerichteten Testbrief vorsätzlich nicht zugestellt und unberechtigt teilweise an der rechten Seite geöffnet zu haben, um sich vom Inhalt der Sendung Kenntnis zu verschaffen, steht dieser Sachverhalt aufgrund der Ermittlungen der Konzernsicherheit sowie der Einlassung des Beklagten, soweit ihr gefolgt werden konnte, ebenfalls zur Überzeugung des Senats fest.

Laut Ermittlungsbericht der Konzernsicherheit vom 13. Januar 2011 (EA Bl. 135 ff.) hat Herr B. am 13. Januar 2011 in Absprache mit dem Empfänger einen als Postsachesendung mit dem Absender „M. B.“ erkennbaren Testbrief in den Briefbehälter für den Zustellbezirk des Beklagten 42 beim Zustellungsstützpunkt N. ... eingelegt, der an diesem Tag hätte zugestellt werden müssen. Nachdem der Empfänger um 16:43 Uhr mitgeteilt hatte, dass er den Brief nicht erhalten hatte, wurde der Beklagte nach seiner Rückkehr vom Zustellgang an seinem Arbeitsplatz um 17:40 Uhr nach dem Verbleib des Briefs befragt. Der Beklagte behauptete, ihn ordnungsgemäß zugestellt zu haben. Eine Rückfrage beim Empfänger um 17:41 Uhr ergab, dass dieser den Brief nicht erhalten hatte. Auf Vorhalt, dass der Brief nicht zugestellt worden sei, erklärte der Beklagte nunmehr, dass sich der Brief noch in seinem Zustellfahrzeug befinde, machte aber trotz Aufforderung keine Anstalten, den Brief zu holen. Als er sich im Anschluss hieran mit einem Stapel Sendungen aus Kastenleerungen entfernen wollte, wurde darin der gesuchte Testbrief gefunden, der an der rechten Empfängerseite ca. 7,5 cm geöffnet war.

Damit übereinstimmend hat der Beklagte in der Befragung am 13. Januar 2011 zu Protokoll der Konzernsicherheit erklärt (EA Bl. 139), dass er den Testbrief während der üblichen Zustellzeit nicht zugestellt habe, da er den Absender (M. B.) des Briefes gelesen habe und diesen kenne. Dieser habe ihn am 10. Januar 2011 zu einer Reklamation des Empfängers des Briefs befragt. Ihm sei klar gewesen, dass dieses Schreiben sicher weitere negative Folgen für ihn haben könne. Aus diesem Grund habe er den Brief bewusst nicht zugestellt und ihn dann vor Herrn B. verstecken wollen. Darüber hinaus hat der Beklagte in der Befragung am 13. Januar 2011 zu Protokoll der Konzernsicherheit angegeben (EA Bl. 139), dass er den Brief vorsätzlich an der rechten Empfängerseite mit einem Kugelschreiber geöffnet habe; warum er den Brief geöffnet habe, könne er nicht mehr sagen.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28. Februar 2011 (EA Bl. 168) hat der Beklagte seine Unterschrift unter das Protokoll vom 13. Januar 2011 widerrufen und vortragen lassen, er habe den Brief nicht geöffnet, sondern nur damit angefangen, ihn zu öffnen und dabei aus einem Impuls heraus einen Riss von ca. 4 cm erzeugt, sich dann jedoch besonnen und rechtzeitig wieder damit aufgehört, ohne vom Inhalt des Briefs Kenntnis erlangt zu haben. Aufgrund dieser unwiderlegten Einlassung ist davon auszugehen, dass der Beklagte zwar den Brief bewusst öffnen wollte, um sich Kenntnis von dessen Inhalt zu verschaffen, nachdem er den Absender erkannt hatte und aus diesem Grund befürchten musste, dass ihm wegen der Zurückstellung des Pakets an den Empfänger des Briefs am 5. November 2010 negative Konsequenzen drohen könnten, dass er aber freiwillig wieder von diesem Unternehmen Abstand genommen hat, nachdem er den Umschlag erst ca. 4 cm aufgerissen hatte.

Im Übrigen hat der Beklagte die Vorgänge um den Testbrief im Schreiben vom 28. Februar 2011 nicht bestritten. Er hat nicht bestritten, den Testbrief vorsätzlich von der Zustellung zurückgestellt zu haben, und eingeräumt, den Testbrief jedenfalls teilweise vorsätzlich geöffnet zu haben. Soweit er meint, seine Befragung hätte nicht fortgesetzt werden dürfen, weil er aufgrund der Situation aufgeregt und ihm schlecht und er erschöpft gewesen sei, nachdem er den ganzen Tag gearbeitet habe, hat er auf Frage, ob die Befragung trotzdem fortgeführt werden könne, ausdrücklich erklärt, dass dies noch gehen würde (EA Bl. 140). Im Übrigen stünde eine Ermüdung bzw. Erschöpfung der Verwertung der Vernehmung nur in Extremfällen entgegen (vgl. BGH, U.v. 24.3.1959 - 5 StR 27/59 - BGHSt 13, 60), wofür es keine Anhaltspunkte gibt; der Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt insoweit nicht (vgl. BGH, U.v. 28.6.1961 - 2 StR 154/61 - BGHSt 16, 164). Auch für die Behauptung, er sei mit den Worten am Gehen gehindert worden, „Sie bleiben solange hier, bis wir mit unseren Ermittlungen und Recherchen fertig sind, vorher verlassen Sie nicht den Raum !“, gibt es keine Anhaltspunkte; Herr B. hat, wie das auf Bitte des Beklagten bei der Vernehmung anwesende Betriebsratsmitglied N. mit seiner Unterschrift bestätigt hat, dem Beklagten sogar angeboten, ihn nach Hause zu bringen, falls es ihm nicht gut gehen sollte. Gleiches gilt für die angebliche Drohung mit einer Hausdurchsuchung.

Dass an seinen Fingern keine Fangstoffspuren gefunden wurden, erklärt sich damit, dass der Beklagte den Testbrief seinen Angaben zufolge mit einem Kugelschreiber zu öffnen versucht hat, und führt nicht zur Verneinung von dessen Täterschaft.

2. Als nur zu einem geringen Teil erwiesen sieht der Senat die dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 2. und 5. zur Last gelegten Vorfälle an.

2.1 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 2. vorgeworfen wird, die am 29. Januar 2010 bzw. am 19. September 2010 zuzustellenden Pakete mit den ID ... (W., B., N.) bzw. ... (J., S-weg ..., N.) entgegen den Dienstvorschriften den Empfängern ohne Unterschrift ausgeliefert und vorsätzlich falsch in den Scanner eingegeben zu haben, die Empfänger nicht angetroffen und die Sendung deshalb in eine Packstation eingeliefert zu haben, ist lediglich erwiesen, dass der weitere Verbleib des Pakets mit der ID ... mangels Zustellungsnachweis‘ nicht mehr aufgeklärt werden konnte (EA Bl. 150 f.). Da nach den Angaben der Klägerin zwar keine Empfängererklärung vorliegt, jedoch auch kein Nachforschungsauftrag gestellt wurde, ist allerdings zugunsten des Beklagten davon auszugehen, dass der Beklagte die Sendung an den Empfänger ausgeliefert und dass dieser das Paket auch tatsächlich erhalten hat (VGA Bl. 9). Dagegen handelt es sich um eine nicht belegte Behauptung, dass der Beklagte das fragliche Paket entgegen den Dienstvorschriften erst nachträglich und ohne Unterschriftsleistung ausgeliefert hat.

Hinsichtlich des Pakets ID ... steht hingegen fest, dass Beklagte die Sendung am 19. September 2010 an den Empfänger ausgeliefert und dass dieser sie auch tatsächlich erhalten hat (EA Bl. 98). Ob dies entgegen den Dienstvorschriften ohne Unterschriftsleistung erfolgt ist, ist dagegen nicht nachgewiesen, so dass dies dem Beklagten nicht zur Last gelegt werden kann. Soweit der Empfänger der Klägerin telefonisch versichert haben will, das Paket erhalten, aber keine Unterschrift geleistet zu haben (EA Bl. 98), gibt es für diese Behauptung keinen hinreichenden Nachweis. Die hierfür vorgesehene Empfängererklärung wurde vom Empfänger nicht ausgefüllt an die Klägerin zurückgeschickt. Es erscheint dem Senat auch nicht sehr wahrscheinlich, dass sich der Empfänger nach mehr als drei Monaten noch daran erinnern kann, ob er das Paket gegen oder ohne Unterschriftsleistung bekommen hat. Der Beklagte hat bestritten, das Paket ohne Unterschriftsleistung ausgehändigt zu haben, so dass mangels hinreichenden Nachweis‘ nicht zu seinen Lasten davon ausgegangen werden kann, dass er die Sendung ohne Unterschriftsleistung ausgeliefert hat.

Auch ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte in beiden Fällen bewusst falsch im Scanner eingegeben hat, die Empfänger nicht angetroffen und die Sendung in eine Packstation eingeliefert zu haben (Kennung 38 „grün, benachrichtigt in Packstation“). Zwar findet sich die Eingabe „Empfänger nicht angetroffen, Sendung in Packstation eingeliefert“ im jeweiligen Sendungsstatus (EA Bl. 75 und 100). Es kann nach der unwiderlegten Einlassung des Beklagten aber nicht ausgeschlossen werden, dass es sich hierbei um eine Fehlfunktion des Scanners handelt.

Zwar hat die Klägerin dargelegt, dass die Kennung 38 allein für den Fall vorgesehen ist, dass das Paket in eine Packstation gebracht wird und der Empfänger es aufgrund der Benachrichtigung abholt, es im Bereich des Beklagten jedoch keine Packstation gibt und dieser hierfür keine Berechtigung besitzt und ihm keine Karte zum Öffnen einer Packstation überlassen wurde. Auch fällt auf, dass gehäuft derartige Eingaben durch den Beklagten festgestellt wurden (EA Bl. 39 ff., 50 ff.), ohne dass er - wozu er verpflichtet gewesen wäre - eine Störung seines Scanners gemeldet und die ordnungsgemäße Zustellung der Sendungen in die Handliste eingetragen hätte (EA Bl. 193). Jedoch können insoweit technische Probleme, die zu Fehleingaben führen, nicht ausgeschlossen werden. So hat das vom Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommene Betriebsratsmitglied R., dessen Aussage der Senat seiner Entscheidung ohne erneute Beweisaufnahme zugrunde legen kann (§ 65 Abs. 4 BDG), nachvollziehbar bekundet, die seit Jahren bekannten Probleme mit den Scannern, die sehr störanfällig seien, da sie der heutigen Datenflut und den neuen Programmen nicht gewachsen seien, würden dazu führen, dass diese häufig abstürzen und Daten teilweise völlig verschwinden würden, ohne dass die Klägerin dem entgegen getreten ist. Auch hat die Klägerin selbst mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2010 erklärt, ein technisches Problem (scil. mit dem Scanner) bei der Zustellung dieser Sendung könne nicht ausgeschlossen werden (VGA Bl. 43 f.). Gemäß dem Grundsatz „in dubio pro reo“ kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die fraglichen Eingaben bewusst falsch durch den Beklagten erfolgten, da nicht auszuschließen ist, dass sie auf einer (unbemerkten) Fehlfunktion beruhen.

Hinzu kommt, dass es für den Beklagten auch keinen Grund für die Eingabe einer falschen Kennung 38 gab, wenn - was jedenfalls im Fall des Pakets mit der ID ... (J.) unbestritten ist - die Sendung dem Empfänger am gleichen Tag direkt zugestellt wurde.

2.2 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 5. vorgeworfen wird, sich am 2. November 2010 unberechtigt im Briefzentrum N. aufgehalten und dort die Knöpfe für eine Stoffeingabe an der neuen Briefverteilmaschine betätigt zu haben, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht am Netz war, um diese dadurch in Gang zu setzen, wodurch ein Schaden hätte entstehen können, steht zur Überzeugung des Senats lediglich fest, dass sich der Beklagte am 2. November 2010 gegen 20:00 Uhr ohne dienstliche Veranlassung und entgegen den Dienstvorschriften in der Nähe der Briefverteilmaschine aufgehalten hat. Dies steht aufgrund der glaubhaften Angaben von Herrn K. fest, der den Beklagten dort um diese Zeit gesehen hat (EA Bl. 134), obwohl der Beklagte dienstlich nichts mit der maschinellen Verteilung von Briefen zu tun hat und er sich deshalb dort weder aufhalten durfte noch musste. Dass er sich dort unberechtigt aufgehalten hat, um den weg zum Zustellstützpunkt abzukürzen, wird vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt (EA Bl. 189).

Demgegenüber ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte bei dieser Gelegenheit auch die Knöpfe an einer Stoffeingabe gedrückt hat. Der Beklagte hat dies bestritten (EA Bl. 167, 189). Herr P. hat lediglich bestätigt, dass er beobachtet habe, wie der Beklagte an Bedienungsknöpfen herumgespielt habe, nicht jedoch auch, dass der Beklagte diese betätigt habe, um die Briefverteilmaschine in Gang zu setzen.

3. Als nicht erwiesen sieht der Senat die dem Beklagten in der Disziplinarklage unter 1., 6., 8. und 9. zur Last gelegten Vorfälle an:

3.1 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 1. a) vorgeworfen wird, seit 1. Januar 2010 „in einer Vielzahl von Fällen“ Pakete nicht taggleich zugestellt und vorsätzlich falsche Angaben in den Handscanner eingegeben zu haben, genügt dies schon nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Disziplinarklage.

Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG muss die Klageschrift u. a. die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen dabei aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.2011 - 2 B 69/10 - juris Rn. 6).

Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Nur eine inhaltlich bestimmte Klageschrift ermöglicht dem beklagten Beamten auch eine sachgerechte Verteidigung gegen die disziplinarischen Vorwürfe. Auch tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG dürfen nämlich nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (vgl. BVerwG, U.v. 29.7.2010 - 2 A 4/09 - juris Rn. 147). Aus diesem Grund muss aus der Klageschrift unmissverständlich hervorgehen, welche Sachverhalte angeschuldigt werden. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn bei verständiger Lektüre aus der Klageschrift eindeutig hervorgeht, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (vgl. BVerwG, B.v. 26.10.2011 - 2 B 69/10 - juris Rn. 6).

Punkt 1. a) der Klageschrift genügt diesen Anforderungen nicht. Weder sind Ort und Zeit der einzelnen Handlungen konkret angegeben noch die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben. Zwar bedürfen die den Gegenstand einer Disziplinarklage bildenden Vorgänge keiner tagesgenauen Fixierung. Die bloße Nennung eines Anfangsdatums mit der Angabe, der Beklagte habe in vielen Fällen Sendungen nicht den dienstlichen Vorschriften entsprechend zugestellt sowie mit der Kennung 38 in seinen Handscanner eingegeben, lässt aber offen, wie oft es genau zu solchen Handlungen gekommen sein soll. An keiner Stelle der Klageschrift findet sich eine nähere Präzisierung der zeitlichen und sonstigen Umstände.

Zur Konkretisierung der Klageschrift kann die Klägerin nicht auf die Ermittlungsakten verweisen, in denen im Einzelnen aufgeführt ist, welches Verhalten der Dienstherr dem Beklagten als Dienstvergehen zur Last legt (vgl. EA Bl. 37-45 und 54-74). Dadurch werden die Aufgaben des behördlichen Verfahrens und der Klageschrift vernachlässigt. Im behördlichen Verfahren hat der Dienstherr zu ermitteln, welche Vorwürfe sich voraussichtlich erweisen lassen werden. Zudem darf der Dienstherr aus den voraussichtlich beweisbaren Vorwürfen auch nur tatsächliche Dienstpflichtverletzungen und nicht jedes missliebige Verhalten zum Gegenstand der Disziplinarklage machen (Begrenzungsfunktion der Disziplinarklageschrift, vgl. BVerwG, B.v. 26.10.2011 - 2 B 69/10 - juris Rn. 8).

Darüber hinaus ist auch nicht nachgewiesen, dass der Beklagte Pakete entgegen den Dienstvorschriften nicht taggleich, sondern erst am nächsten Tag oder auch erst mehrere Tage später zugestellt und zur Verdeckung seiner Handlungen bewusst falsch in den Scanner eingegeben hat, die jeweiligen Sendungen in eine Packstation eingeliefert zu haben (Kennung 38 „grün, benachrichtigt in Packstation“), um den Eindruck zu erwecken, als hätte er die Sendungen jeweils an dem Tag, an dem diese zur Zustellung vorlagen, in eine Packstation eingelegt und dementsprechend den Empfänger benachrichtigt.

Zwar konnte der Beklagte keine Sendungen in eine Packstation einlegen, da eine solche in seinem Zustellbezirk nicht vorhanden war und er hierfür keine Berechtigung hatte. Auch hat der Beklagte häufig zunächst mit der Kennung 38 verbuchte Pakete am nächsten Tag bzw. einige Tage später mit einer anderen Kennung (Zustellung oder Benachrichtigung) erneut verbucht. Hieraus kann jedoch nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass ihm die Pakete bereits am Vortag bzw. noch früher vorgelegen haben und er seiner Dienstpflicht, Pakete taggleich zuzustellen, nicht nachgekommen ist. Auch diesbezüglich kann nach der unwiderlegten Einlassung des Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass es sich aufgrund der dargelegten Störanfälligkeit der Scanner bei der ersten Eingabe mit der Kennung 38 um eine Fehlfunktion handelt, so dass die erneute Eingabe nicht zwangsläufig die verspätete Zustellung belegt (vgl. dazu oben II.2.2). Die verspätete Zustellung kann zudem auch andere Ursachen haben. So kann es nach Angaben der Klägerin vorkommen, dass der Zusteller ein Paket aufgrund falscher Sortierung versehentlich überfährt, wobei von ihm nicht erwartet wird, dass er das Paket noch am selben Tag zustellt.

Der Beklagte hat den Vorwurf, Pakete nicht taggleich zugestellt und deshalb falsche Eingaben im Handscanner getätigt zu haben, zudem substantiiert bestritten und im Einzelnen - neben der Fehlfunktion des Scanners - auch dargelegt, wie es zu den Buchungen gekommen sein kann (EA Bl. 166 f, VGA Bl. 36-40), was ihm nicht widerlegt werden konnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten aufgrund des Zeitablaufs und angesichts der Vielzahl der damaligen Zustellungen nicht mehr jede Einzelheit erinnerlich war. Deshalb kann auch die Äußerung, die beanstandeten Sendungen seien nicht alle zurückgestellt worden (EA Bl. 166), nicht so interpretiert werden, als ob der Beklagte damit eingeräumt hätte, die übrigen Sendungen - offen bleibt, welche - von der Zustellung zurückgestellt zu haben.

3.2 Soweit die Klägerin meint (Punkt 1. b) aa) der Disziplinarklage), dass es nicht möglich sei, dass der Beklagte das Paket ID ... am 2. September 2010 zweimal (um 10:45 Uhr und erneut um 11:07 Uhr) an denselben Empfänger gegen Unterschrift zugestellt haben kann, ist nicht ausgeschlossen, dass der Beklagte - etwa wegen Zweifeln an der Identität des Empfängers - sich die Auslieferung nach 22 Minuten noch einmal hat bestätigen lassen. Die Unterschiede der Unterschriften können sich auch daraus ergeben, dass der Beklagte einmal den Empfänger und einmal einen Angehörigen angetroffen hat.

3.3 Soweit die Klägerin behauptet (Punkt 1. b) bb) der Disziplinarklage), dass der Beklagte ein - schon nicht näher bestimmtes - Paket am 21. Juli 2010 um 10:43 Uhr als an den Empfänger zugestellt im Scanner eingegeben und am 23. Juli 2010 um 09:16 Uhr als verweigert eingescannt und an den Absender zurückgesandt habe, weil er es ohne Zustellversuch zurückgesandt habe, ist nicht auszuschließen, dass er dieses Paket als Retourenpaket zurückgenommen hat, mag dies auch nicht mehr zulässig gewesen sein (EA Bl. 194). Gegen die Rücknahme spricht auch nicht, dass er das Paket am 23. Juli 2010 um 08:59 Uhr als Zugang gescannt hat, weil dies irrtümlich geschehen sein kann. Dafür, dass der Beklagte die Unterschrift des Empfängers geleistet hat, gibt es keinen Nachweis.

3.4 Soweit die Klägerin dem Beklagten vorwirft (Punkt 1. b) cc) der Disziplinarklage), dass bei der Überprüfung seines Arbeitsplatzes am 19. und 26. September sowie am 27. Oktober 2010 „mehrere Sendungen“ aufgefunden worden seien, die von ihm nicht taggleich, sondern erst am Folgetag zugestellt worden seien, fehlt es wiederum an der erforderlichen Konkretisierung des Vorwurfs. Wenn sie sich darauf beruft, dass der Beklagte die Pakete bereits am Tag vor der Zustellung mit der Kennung 38 gescannt habe, ist auch insoweit eine Fehlfunktion nicht auszuschließen.

3.5 Soweit die Klägerin dem Beklagten hinsichtlich des Pakets ID ... eine unberechtigte Zurückstellung von der Zustellung zur Last legt (Punkt 1. b) dd) der Disziplinarklage), weil es laut Scanner am 29. und am 30. September 2010 an den Empfänger ausgeliefert worden sein soll, ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass es sich um Fehlbuchungen handelt. Der Beklagte hat diesen Vorwurf auch nicht zugegeben, sondern nur erklärt, dass die Sendung wohl durch Ablage zugestellt wurde (EA Bl. 167).

3.6 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 6. vorgeworfen wird, am 16. November 2010 ohne Berechtigung einen Zettel mit dem Hinweis „unbedingt noch heute zustellen“ verfasst und mit dem Vornamen des Qualitätsmanagers K. unterschrieben und so dessen Unterschrift gefälscht (EA Bl. 126) und den Zettel anschließend auf zwei Pakete am Zustelltisch der Zustellerin J. gelegt zu haben (EA Bl. 118), um dieser unberechtigt Anweisungen erteilen zu können, ist dieser Sachverhalt nicht nachgewiesen. Auch wenn Herr A. glaubhaft erklärt hat, dass der fragliche Zettel nicht von ihm stammt (EA Bl. 156), folgt daraus nicht, dass dieser vom Beklagten stammt. Er bestreitet, ihn geschrieben und auf den Platz der Zustellerin R. gelegt zu haben (EA Bl. 168, 189, VGA Bl. 41). Der Gutachter, dem weder der Zettel im Original noch Originalschriftproben des Beklagten, sondern lediglich eine Telefax-Kopie des Zettels (EA Bl. 126) und Kopien von Vergleichsschriften aus einem bereits vorhandenen Gutachten vom 31. März 2010 (EA Bl. 127, 127 (1) und 128) vorlagen, kommt unter Berücksichtigung der vorhandenen Materialschwächen der Reproduktionen zu dem Ergebnis, dass sich einige Ähnlichkeiten der Schrift mit dem Vergleichsmaterial ergäben, so dass der Zettel wahrscheinlich vom Beklagten stamme. Dies genügt ersichtlich jedoch nicht, um aufgrund des bloßen Verdachts, der Zettel könne durch den Beklagten angefertigt worden sein, den Sachverhalt als nachgewiesen anzusehen.

3.7 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 8. vorgeworfen wird, vorsätzlich insgesamt 61 Postwurfsendungen an sämtliche Haushalte (Abfallkalender der Stadt N.), die am 16. Dezember 2010 eingeliefert wurden sowie am 18. Dezember 2010 zuzustellen waren, unberechtigt von der Zustellung zurückgestellt zu haben, genügt dieser Pauschalvorwurf nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Disziplinarklage. Im Übrigen ist dieser Sachverhalt nicht nachgewiesen.

Es steht lediglich fest, dass am 16. Dezember 2010 von der Stadtverwaltung N. Postwurfsendungen an sämtliche Haushalte (Abfallkalender der Stadt N.) beim Zustellstützpunkt N. ... eingeliefert wurden, die am 18. Dezember 2010 hätten ausgeliefert werden sollen (EA Bl. 178 f.), dass sich Anwohner zweier zum Zustellbezirk des Beklagten gehörenden Straßen (K-weg und A-str. N.) bei der Stadtverwaltung darüber beschwert haben, keine Abfallkalender erhalten zu haben (EA Bl. 174), und dass am 24. Januar 2011 in Dienstfahrzeug des Beklagten 61 solche Postwurfsendungen gefunden wurden (EA Bl. 173, 179).

Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass 61 Haushalte vom Beklagten nicht mit den Postwurfsendungen beliefert worden sind und er diese vorsätzlich von der Zustellung zurückgestellt hat. Nach der unwiderlegten, im Wesentlichen auch von der Klägerin bestätigten (EA Bl. 194, VGA Bl. 14) Einlassung des Beklagten (EA Bl. 186, VGA Bl. 42, Erklärung in der mündlichen Verhandlung am 19. März 2013) hat dieser am 18. Dezember 2010 festgestellt, dass in seinem Zustellbezirk 42 nicht genügend Postwurfsendungen für alle Haushalte vorlagen. Da im Zustellbezirk 41 überzählige Exemplare vorhanden waren, wurden ihm diese auf seine Anfrage hin übergeben; eine (formelle) Nachbestellung bei der Stadtverwaltung N. bzw. bei der Postverwaltung war aus diesem Grund weder erforderlich noch ist dies vom Beklagten so behauptet worden. Auch die Beschwerden der Anwohner bestätigen, dass zunächst nicht alle Haushalte einen Abfallkalender erhalten hatten. Die noch fehlenden Abfallkalender hat der Beklagte seinen insoweit glaubhaften Angaben nach anschließend an die Haushalte verteilt.

Entgegen der unbegründeten Annahme des Verwaltungsgerichts lässt der Fund von 61 Abfallkalendern der Stadt N. im Dienst-Kfz des Beklagten am 24. Januar 2010 auch nicht zwingend den Schluss zu, dass der Beklagte diese jedenfalls im Januar 2011 hätte verteilen müssen. Der Beklagte hat nach unwiderlegten Angaben nach dem Erhalt der weiteren Postwurfsendungen noch fehlende Kalender an die Haushalte ausgeliefert und überzählige Exemplare nach Rücksprache mit seiner Gruppenleiterin in seinem Fahrzeug aufbewahrt (EA Bl. 186).

Wenn die Klägerin demgegenüber davon ausgeht, dass der Beklagte (wenn nicht 61, so doch) jedenfalls eine Vielzahl von Postwurfsendungen nicht zugestellt hat, fehlt es schon an einem Nachweis dafür, wie viele Abfallkalender er (überhaupt bzw. noch) hätte zustellen müssen. Aus der Tatsache, dass (zunächst) nicht überall Abfallkalender zugestellt worden sind und sich teilweise Anwohner aus dem Zustellbezirk des Beklagten darüber beschwert haben, dass sie keine Abfallkalender bekommen haben, kann nicht auf die Zahl der (endgültig) nicht belieferten Haushalte und damit auf die Anzahl der angeblich vom Beklagten zurückgestellten Sendungen geschlossen werden. Bei der Überlegung der Klägerin, selbst wenn man insoweit einen Abschlag in Höhe von 20% machen wolle, verbleibe es bei einer Vielzahl von Postwurfsendungen, die vom Beklagten nicht zugestellt worden seien, handelt es sich um eine unbelegte Spekulation, nicht um einen bestimmten Vorwurf.

3.8 Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 9. vorgeworfen wird, am 10. Januar 2011 das für seinen Zustellbezirk vorliegende Paket der Firma Ad.com G-...-Str. ... F. mit der ID ... unberechtigt von der Zustellung zurückgestellt zu haben, ist dieser Sachverhalt ebenfalls nicht nachgewiesen. Der Beklagte hat bestritten, das Paket, das am 10. Januar 2010 um 01:57 Uhr beim Zustell-Paketzentrum eingegangen ist, selbst erst am 12. Januar 2010 um 01:23 Uhr im Zustellstützpunkt beladen und als benachrichtigt gescannt zu haben, da er um diese Zeit nicht arbeitet (EA Bl. 186), ohne dass die Klägerin diese - nachvollziehbare - Einlassung widerlegt hätte. Auch durch die aufgezeichneten Laufwege (EA Bl. 175 f.) ist nicht mit Sicherheit erwiesen, dass sich der Beklagte entgegen seinen üblichen Arbeitszeiten bereits gegen 01:23 Uhr an seinem Arbeitsplatz aufgehalten hat. Insoweit liegt eine Fehlbuchung nahe.

4. Soweit dem Beklagten in der Disziplinarklage unter Punkt 3. vorgeworfen wird, am 22. Oktober 2010 die Postkundin C., H. Str. ..., N. (sinngemäß) gefragt zu haben, ob ihr Mann auch so gut wie ihr Hund gehorche (EA Bl. 97), und sich dadurch ungebührlich verhalten zu haben, ist nicht nachgewiesen, dass der Beklagte eine solche Äußerung gemacht hat. Der Beklagte hat bestritten, sich gegenüber der Kundin ungehörig verhalten zu haben (EA Bl. 167, VGA Bl. 40). Selbst wenn man aber von einem Verstoß gegen das Gebot, sich gegenüber Kunden stets höflich und korrekt zu benehmen, ausgeht, handelt es sich dabei nur um eine Bagatellverfehlung unterhalb der Schwelle eines Dienstvergehens, mit der auch die Grenze zur Ehrenrührigkeit nicht überschritten wurde. Die Anforderungen an das Verhalten im Dienst dürfen nicht überspannt werden. Eine disziplinarwürdige Dienstpflichtverletzung liegt nur dann vor, wenn gegen eine bestehende Dienstpflicht in nicht nur völlig unerheblicher Weise verstoßen wird. Die Pflichtwidrigkeit muss ein Minimum an Gewicht und Evidenz aufweisen, was hier offensichtlich nicht der Fall ist (vgl. BVerfG, B.v. 22.5.1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 juris Rn. 45).

III.

Durch die nach den Feststellungen unter II. vorwerfbaren, von ihm im Rahmen seiner Dienstausübung als Postzusteller verübten Pflichtverletzungen hat der Beklagte ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen, durch das er schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt hat (§ 77 Abs. 1 Satz 1 BBG).

1. Durch das vorsätzliche unberechtigte teilweise Öffnen des Testbriefs, um sich von dessen Inhalt Kenntnis zu verschaffen, hat der Beklagte gegen das durch Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistete, in § 206 Abs. 2 Nr. 1 StGB strafbewehrte und nach § 39 Abs. 3 Satz 1 PostG von ihm zu beachtende Postgeheimnis verstoßen (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34). Das Postgeheimnis schützt umfassend die Vertraulichkeit aller durch Einrichtungen der Post abzuwickelnden Transport- und Kommunikationsvorgänge, insbesondere den Inhalt von Briefen, Paketen und Warensendungen jeglicher Art. Nach § 39 Abs. 3 Satz 1 PostG ist es Postbediensteten ohne Einschränkung untersagt, sich oder anderen über das für die Erbringung der Postdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt von Postsendungen oder den näheren Umständen des Postverkehrs zu verschaffen. Durch sein Verhalten hat der Beklagte seine beamtenrechtlichen Pflichten, die Gesetze zu beachten sowie das ihm übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen und sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG), verletzt (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1998 - 1 D 88/97 - juris Rn. 10-12).

2. Durch die vorsätzliche und eigenmächtige Zurückstellung des Pakets mit der ID ... sowie des Testbriefs hat der Beklagte gegen die Zustellvorschriften, wonach Postsendungen aller Art, insbesondere Briefe und Pakete, zeitgerecht und zuverlässig, grundsätzlich taggleich, zuzustellen sind, verstoßen. Dadurch hat er seine beamtenrechtlichen Pflichten zur vollen Hingabe an sein Amt und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 1 und 3 BBG) sowie zur Beachtung dienstlicher Vorschriften (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG i. V. m. den einschlägigen Zustellvorschriften) verletzt (vgl. BVerwG, U.v. 7.2.2001 - 1 D 59/99 - juris Rn. 32). Da der Beklagte die Sendungen lediglich zeitweilig nicht zugestellt hat, sie jedoch nicht endgültig dem Postverkehr entziehen wollte, liegt in seinem Verhalten keine nach § 206 Abs. 2 Nr. 2 StGB strafbewehrte Postunterdrückung (vgl. BVerwG, U.v. 20.4.1999 - 1 D 44/97 - juris Rn. 33).

3. Durch das Zustellen des Pakets ID ... ohne Zustellungsnachweis, so dass dessen weiterer Verbleib nicht aufgeklärt werden konnte, ohne dass es insoweit zu einer Reklamation gekommen wäre, sowie den unberechtigten Aufenthalt bei der Briefverteilmaschine im Briefzentrum N. hat der Beklagte gegen seine beamtenrechtlichen Pflicht zur Beachtung dienstlicher Vorschriften (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG i. V. m. den einschlägigen Dienstvorschriften) verstoßen.

IV.

Das festgestellte Dienstvergehen wiegt schwer und führt bei einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände zu einer Kürzung der Dienstbezüge des Beklagten um 1/25 für die Dauer von 36 Monaten (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BDG). Die an sich angemessene und gebotene Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung um eine Stufe (§ 9 Abs. 1 Satz 1 BDG) ist aus Rechtsgründen nicht möglich.

Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen und erforderlich ist, richtet sich nach § 13 BDG. Die Disziplinarmaßnahme ist danach insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG). Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, sind gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Aus § 13 Abs. 1 BDG folgt die Verpflichtung des Gerichts, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme anhand einer prognostischen Würdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 11). Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße, sowie den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 - 2 C 38/10 - juris Rn. 12). Fallen einem Beamten - wie hier - mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

1. Die schwerste Pflichtverletzung liegt in der Verletzung des Postgeheimnisses durch das unberechtigte teilweise Öffnen des - verschlossenen - Testbriefs.

Die Verletzung des Postgeheimnisses stellt als solche bereits ein schweres Dienstvergehen dar, da von einem Postbeamten erwartet werden muss, dass er dieses grundrechtlich (Art. 10 Abs. 1 GG) und einfachrechtlich (§ 39 PostG, § 206 StGB) geschützte Rechtsgut achtet und mit besonderer Sorgfalt respektiert; auf den Inhalt der geöffneten Briefsendungen kommt es in diesem Zusammenhang weniger an (vgl. BVerwG, U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34). Die vertrauliche Behandlung von (verschlossenen oder unverschlossenen, vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1998 - 1 D 88/97 - juris Rn. 10) Postsendungen gehört zu den unabdingbaren Voraussetzungen eines ordnungsgemäß ablaufenden Postbetriebs (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1997 - 1 D 7/97 - juris Rn. 18; B.v. 26.5.1998 - 1 DB 28/97 - juris Rn. 11).

In der schuldhaften Verletzung des Postgeheimnisses durch Postbedienstete liegt deshalb - unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung des Vorgangs - ein Dienstvergehen, das jedenfalls dann geeignet ist, die Grundlage des Beamtenverhältnisses zu zerstören, wenn das Postgeheimnis mit dem Ziel verletzt wird, dadurch Zugang zu aneignungsfähigem Inhalt von Postsendungen zu gewinnen (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1997 - 1 D 7/97 - juris Rn. 18; U.v. 24.5.2007 - 2 C 25/06 - juris Rn. 34).

Im Übrigen liegt der Rechtsprechung die Tendenz zugrunde, die Verletzung des Postgeheimnisses schärfer zu maßregeln, wenn - z. B. durch Öffnung gewöhnlicher Briefsendungen - bewusst in die Intim- oder Privatsphäre der Postkunden eingegriffen wird, erlangte Kenntnisse an postfremde Personen weitergegeben werden oder der Inhalt der Sendungen nach dem Betrachten vernichtet wird. Dabei kommt die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme in Betracht, die von einer Zurückstufung bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1997 - 1 D 7/97 - juris Rn. 20). In den Fällen, in denen es lediglich beim Betrachten des Sendungsinhalts bleibt und dieser aus allgemein zugänglichen Gegenständen wie Büchern, Magazinen oder ähnlichem besteht, kann es zu einer milderen Bewertung der Verletzung des Postgeheimnisses kommen. Die Rechtsprechung hat in diesen Fällen der Öffnung von Postsendungen, insbesondere von Warensendungen, aus Neugier grundsätzlich eine Kürzung der Dienstbezüge als angemessen angesehen (BVerwG a. a. O.). Dabei kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an.

2. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung im vorliegenden Fall eine Kürzung der Dienstbezüge nach § 8 BDG, da der Beklagte sich lediglich in einem Fall aus Angst und Neugier dazu hat hinreißen lassen, den Testbrief ca. 4 cm zu öffnen, bevor er freiwillig wieder hiervon abgelassen hat, ohne vom Inhalt Kenntnis zu erlangen.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte den Absender und den Empfänger des Briefes gelesen hatte und außerdem wusste, dass der als Absender genannte Mitarbeiter der Konzernsicherheit bereits im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Zurückstellung eines Pakets an den Empfänger gegen ihn ermittelte. Der Beklagte hat den Testbrief nach eigenen Angaben aus Angst vor negativen Konsequenzen zurückgestellt, so dass davon auszugehen ist, dass er aus diesem Grund sowie aus Neugier und damit jedenfalls materiell nicht eigennützig auch versucht hat, den Brief zu öffnen, um zu erfahren, was ihm ggf. droht.

Dabei handelte der Beklagte zudem in einer der persönlichkeitsfremden einmaligen Augenblickstat zumindest vergleichbaren Stresssituation. Auch die Annahme einer psychischen Ausnahmesituation, die zu einer Fehlhandlung geführt hat, liegt insoweit nahe. Hierfür spricht, dass der Beklagte einmalig aus einem Impuls heraus versucht hat, den Brief zu öffnen, nachdem er Absender und Empfänger erkannt hatte und befürchtete, dass das Schreiben negative Folgen für ihn haben könnte. Zwar hat er den Brief bei Ausübung seiner Tätigkeit beim täglichen Umgang mit Postsendungen geöffnet. Doch handelte es sich aufgrund der Umstände um eine Ausnahmesituation.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Beklagte lediglich damit angefangen hat, den Brief zu öffnen, sich dann jedoch besonnen und freiwillig wieder damit aufgehört hat, ohne vom Inhalt des Briefs Kenntnis erlangt zu haben. Zwar kommt es für die im Disziplinarrecht im Vordergrund stehende Persönlichkeitsbeurteilung des Beamten entscheidend auf den gezeigten Handlungswillen und nicht auf den Erfolg an; eine § 24 StGB (Rücktritt vom Versuch) vergleichbare Vorschrift gibt es im Disziplinarrecht nicht. Dass der Erfolg nicht (vollständig) eingetreten ist, kann allerdings dann von Bedeutung sein, wenn der Nichteintritt bzw. - wie hier - lediglich teilweise Eintritt des Erfolgs auf dem zurechenbaren Verhalten des Beamten beruht, der durch freiwilliges Ablassen von der Tat vor drohender Entdeckung zeigt, dass er tätig hiervon abrückt (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.1998 - 1 D 88/97 - juris Rn. 12).

3. Erschwerend wirken sich vorliegend allerdings die erheblichen disziplinarischen Vorbelastungen des Beklagten aus, so dass eine Zurückstufung um eine Stufe gemäß § 9 BDG als angemessen und erforderlich zu erachten ist. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bemessung einer Disziplinarmaßnahme ist anerkannt, dass zum Persönlichkeitsbild des Beamten i. S.v. § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen gehören, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, und dass diese Verfehlungen bei der Würdigung sämtlicher Umstände belastend zu berücksichtigen sind. Aus einer Vorbelastung kann geschlossen werden, dass sich der Beamte eine vorherige strafgerichtliche oder disziplinarische Sanktionierung nicht hat zur Mahnung dienen lassen, so dass eine stufenweise Steigerung der Disziplinarmaßnahme geboten ist. Das Gewicht der Vorbelastung im Einzelfall, die als erschwerender Umstand auch zur Höchstmaßnahme führen kann, hängt vor allem von der dafür rechts- oder bestandskräftig ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme und vom zeitlichen Abstand zur neuen Verfehlung ab (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2001 - 1 D 2/01 - juris Rn. 31; B.v. 18.6.2014 - 2 B 9/14 - juris Rn. 10).

Die erheblichen Vorbelastungen des Beklagten zwischen 2004 und 2010 belegen eindringlich, dass die vorangegangenen Disziplinarmaßnahmen und selbst die Einleitung des erneuten Disziplinarverfahrens am 8. Dezember 2010 beim Beklagten nicht zu der erhofften Pflichterfüllung geführt haben. Die Vorbelastungen sind darüber hinaus auch einschlägig, weil die dreimalige, jeweils gesteigerte Kürzung der Dienstbezüge sowie die Zurückstufung in das Amt eines Postoberschaffners (BesGr A 3) durch das Urteil des Verwaltungsgerichts S. vom 14. Juli 2010 wegen Dienstpflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Zustellung und sonstigen Behandlung von Postsendungen verhängt wurden. Einer Verwertung der früheren disziplinarischen Ahndungen steht auch nicht § 16 Abs. 1 BDG entgegen, weil der Eintritt des Verwertungsverbots jeweils innerhalb noch offener Frist gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 BDG durch Einleitung eines erneuten Disziplinarverfahrens gegen den Beklagten gehemmt wurde.

Hinzu kommen die weiteren vom Beklagten begangenen Dienstpflichtverletzungen. Den Beamten belastet hier zusätzlich insbesondere die über die Verletzung des Postgeheimnisses hinausgehende eigenmächtige Zurückstellung des Testbriefs und eines Pakets (vgl. BVerwG, U.v. 7.2.2001 - 1 D 59/99 - juris Rn. 44).

4. Demgegenüber liegen weder für sich allein genommen noch in der erforderlichen Gesamtschau Milderungsgründe von solchem Gewicht vor, dass der Senat von einer Zurückstufung absehen könnte.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Dienstpflichtverletzungen im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) bzw. der erheblich verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat, bestehen nicht. Zwar hat der Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 20. April 2012 erhebliche Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beklagten sowie daran geäußert, ob der Beklagte im Zeitpunkt der Vorfälle psychisch sowie physisch in der Lage gewesen sei, seinen Dienst ordnungsgemäß auszuüben und ob er die Taten vorsätzlich und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte begangen habe. Es gibt jedoch - unabhängig davon, dass der Betriebsrat nicht über die erforderliche eigene medizinische Sachkunde verfügt - keine substantiierten Hinweise darauf, dass der Beklagte deshalb im Tatzeitpunkt schuldunfähig bzw. nur vermindert schuldfähig gewesen wäre. So finden sich in den vorgelegten Personalakten keine Hinweise auf einschlägige Vorerkrankungen. Der Beklagte wurde 2002 u. a. aufgrund von Problemen mit den Augen und Schwindel arbeitsmedizinisch untersucht, ohne dass einschlägige Erkrankungen festgestellt werden konnten (siehe Postärztlicher Befund vom 25. September 2002; Augenärztlicher Befund vom 13. August 2002). Eine 2008 durchgeführte arbeitsmedizinische Untersuchung ergab ebenfalls keine gesundheitlichen Bedenken hinsichtlich der Eignung des Beklagten für seinen bisherigen Dienstposten. Der Beklagte hat zwar versucht, sein Verhalten damit zu erklären, nervlich „total überlastet gewesen zu sein (EA Bl. 145 f.). Auch insoweit fehlt es aber an der substantiierten Darlegung einer einschlägigen psychischen Erkrankung z. B. durch Vorlage eines ärztlichen Attests. Die wiederholt nicht ordnungsgemäße Diensterfüllung durch den Beklagten spricht auch nicht per se für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung bzw. für eine mangelnde Krankheitseinsicht.

Einen auf Feststellung der Schuldunfähigkeit bzw. der verminderten Schuldfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung im Tatzeitpunkt gerichteten Beweisantrag hat der anwaltlich vertretene Beklagte in der mündlichen Verhandlung weder vor dem Verwaltungsgericht noch vor dem Berufungsgericht gestellt. Vor diesem Hintergrund musste sich dem Senat auch nicht aufdrängen, der Frage der Schuldfähigkeit von Amts wegen weiter nachzugehen (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2014 - 2 B 75/14 - juris Rn. 12 ff.).

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass er gesundheitsbedingt nicht dazu in der Lage gewesen sei, seine Dienstaufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen, lässt sich eine gewisse Überforderung des Beklagten zwar nicht übersehen. So hat der Vorgesetzte des Beklagten in seiner Stellungnahme zu Führung und Leistung des Beklagten vom 4. November 2010 nicht nur darauf hingewiesen, dass dessen Arbeitsergebnisse hinsichtlich Qualität und Sorgfalt sehr zu wünschen übrig ließen. Er hat auch darauf aufmerksam gemacht, dass ihm die zur Verfügung stehende Arbeitszeit aufgrund seines Arbeitstempos für die Erfüllung seiner Dienstaufgaben nicht ausreiche. Trotzdem wäre es in erster Linie am Beklagten gelegen, seinen Dienstherrn über etwaige gesundheitliche Probleme zu unterrichten, die ihn ggf. an der ordnungsgemäßen Erfüllung der Dienstaufgaben gehindert haben könnten. Der Beklagte kann auch unter Berufung auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 78 BBG) nicht verlangen, dass dieser - über die durchgeführten arbeitsmedizinischen Untersuchungen des Beklagten hinaus - von sich aus ohne Kenntnis von möglichen Erkrankungen, die die Dienstfähigkeit einschränken können, eine erneute postärztliche Untersuchung des Beklagten durchführt. Wenn sich der Beklagte hierzu darauf beruft, dass er den Dienstherrn schriftlich um eine postärztliche Untersuchung gebeten habe, befindet sich das von ihm erstmals im Berufungsverfahren vorgelegte undatierte und nicht unterschriebene Schreiben nicht in den Akten, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass es die Klägerin erreicht hat. Auch bestehen erhebliche Zweifel daran, dass dieses Schreiben vom Beklagten selbst verfasst und abgeschickt wurde.

Es liegen auch keine sonstigen entlastenden Umstände von erheblichem Gewicht vor, dass von einer Zurückstufung abzusehen wäre. Der Beklagte verstand sich zwar nicht so gut mit seinen Vorgesetzten und Kollegen. Darüber hinaus befand sich er sich aufgrund der früheren Disziplinarverfahren auch in einer schwierigen beruflichen und persönlichen Situation. Überdies ist er strafrechtlich nicht vorbelastet und zeigte in 25 Dienstjahren ein insgesamt durchschnittliches Leistungsbild. Diese bemessungsrelevanten entlastenden Umstände führen angesichts der gegen den Beklagten sprechenden Umstände jedoch nicht zur Verhängung einer insgesamt milderen Disziplinarmaßnahme.

In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände wäre nach Überzeugung des Senats deshalb die Zurückstufung des Beklagten nach § 9 BDG um eine Stufe angemessen, aber auch geboten.

Diese Maßnahme ist jedoch aus laufbahnrechtlichen Gründen ausgeschlossen. Der Beklagte befindet sich wegen der Zurückstufung mit Urteil des Verwaltungsgerichts S. vom 14. Juli 2010 bereits im Eingangsamt des einfachen Postdienstes (Postoberschaffner, BesGr A 3). Es kommt deshalb lediglich eine Kürzung der Dienstbezüge nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG in Betracht (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2006 - 1 D 13/05 - juris Rn. 31), wobei die Schwere des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens bei der Bemessung der Dauer der Kürzung der Dienstbezüge die volle Ausschöpfung des gesetzlichen Rahmens erfordert (vgl. BVerwG, U.v. 24.2.1999 - 1 D 31/98 - juris Rn. 28). Die Dauer der Kürzung der Dienstbezüge wird durch die Schwere des Dienstvergehens bestimmt. Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens, die nach vorstehenden Ausführungen in einer Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände eigentlich zu einer Zurückstufung um eine Stufe geführt hätte, hält es der Senat für angemessen und erforderlich, gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BDG eine Dauer der Gehaltskürzung unter Ausschöpfung des gesetzlichen Höchstrahmens von 36 Monaten auszusprechen. Für die Festlegung des Kürzungsbruchteils sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten maßgebend. Bei Beamten des einfachen Dienstes wird die Quote regelmäßig auf 1/25 festgesetzt (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2001 - 1 D 29/00 - juris Rn. 21).

V.

Der Berufung des Beklagten war nach alldem insoweit stattzugeben, als der Beklagte hilfsweise eine mildere Maßnahme als die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis beantragt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Klägerin ist teilweise unterlegen, weil sie das mit der Disziplinarklage verfolgte Ziel, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, nicht erreicht hat. Da der Beklagte primär die Zurückweisung der Disziplinarklage angestrebt hat, stellt die Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme durch den Senat einen bloßen Teilerfolg dar. Dementsprechend haben die Klägerin und der Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte zu tragen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 69 BDG, 132 VwGO, 191 Abs. 2 VwGO i. V. m.§ 127 BRRG nicht vorliegen.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - 16b D 13.862 zitiert 31 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Strafgesetzbuch - StGB | § 21 Verminderte Schuldfähigkeit


Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen


Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der

Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG | § 127


Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes: 1. Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Ents

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 13 Bemessung der Disziplinarmaßnahme


(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll b

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 10


(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich. (2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Be

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 78 Fürsorgepflicht des Dienstherrn


Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlich

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 77 Kostentragung und erstattungsfähige Kosten


(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. (2) Wird eine Diszip

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 77 Nichterfüllung von Pflichten


(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in beson

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 69 Form, Frist und Zulassung der Revision


Für die Zulassung der Revision, für die Form und Frist der Einlegung der Revision und der Einlegung der Beschwerde gegen ihre Nichtzulassung sowie für die Revisionsgründe gelten die §§ 132, 133, 137 bis 139 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 38 Zulässigkeit


(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus d

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 61 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 17 Einleitung von Amts wegen


(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 62 Folgepflicht


(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach b

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 60 Mündliche Verhandlung, Entscheidung durch Urteil


(1) Das Gericht entscheidet über die Klage, wenn das Disziplinarverfahren nicht auf andere Weise abgeschlossen wird, auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil. § 106 der Verwaltungsgerichtsordnung wird nicht angewandt. (2) Bei einer Disziplin

Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG | § 78


(1) Der Personalrat wirkt mit bei 1.Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereiches, wenn nicht nach § 118 des Bundesbeamtenges

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 52 Klageerhebung, Form und Frist der Klage


(1) Die Disziplinarklage ist schriftlich zu erheben. Die Klageschrift muss den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 65 Berufungsverfahren


(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Verwaltungsgericht entsprechend, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Die §§ 53 und 54 werden nicht angewandt. (2) Wesentliche Mängel des be

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 9 Zurückstufung


(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisher

Bundesbeamtengesetz - BBG 2009 | § 66 Verbot der Führung der Dienstgeschäfte


Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann einer Beamtin oder einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen di

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 16 Verwertungsverbot, Entfernung aus der Personalakte


(1) Ein Verweis darf nach zwei Jahren, eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge und eine Kürzung des Ruhegehalts dürfen nach drei Jahren und eine Zurückstufung darf nach sieben Jahren bei weiteren Disziplinarmaßnahmen und bei sonstigen Personalma

Strafgesetzbuch - StGB | § 206 Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses


(1) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen und die ihm als Inhaber oder Beschäftigtem eines Unternehmens bekanntgeworden sind, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommun

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 20 Unterrichtung, Belehrung und Anhörung des Beamten


(1) Der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er i

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 8 Kürzung der Dienstbezüge


(1) Die Kürzung der Dienstbezüge ist die bruchteilmäßige Verminderung der monatlichen Dienstbezüge des Beamten um höchstens ein Fünftel auf längstens drei Jahre. Sie erstreckt sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der

Postgesetz - PostG 1998 | § 39 Postgeheimnis


(1) Dem Postgeheimnis unterliegen die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter natürlicher oder juristischer Personen sowie der Inhalt von Postsendungen. (2) Zur Wahrung des Postgeheimnisses ist verpflichtet, wer geschäftsmäßig Postdienste er

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 30 Abschließende Anhörung


Nach der Beendigung der Ermittlungen ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern; § 20 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn das Disziplinarverfahren nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 eingestellt werden soll

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 19 Ausdehnung und Beschränkung


(1) Das Disziplinarverfahren kann bis zum Erlass einer Entscheidung nach den §§ 32 bis 34 auf neue Handlungen ausgedehnt werden, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Die Ausdehnung ist aktenkundig zu machen. (2) Das Disziplinarverfa

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Gründe 1 Die allein auf die Behauptung von Verfahrensfehlern gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Dienstbezüge des Beklagten werden wegen eines Dienstvergehens um 10 vom Hundert für die Dauer von 18 Monaten gekürzt. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens beider R

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(1) Liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der höhere Dienstvorgesetzte und die oberste Dienstbehörde stellen im Rahmen ihrer Aufsicht die Erfüllung dieser Pflicht sicher; sie können das Disziplinarverfahren jederzeit an sich ziehen. Die Einleitung ist aktenkundig zu machen.

(2) Ist zu erwarten, dass nach den §§ 14 und 15 eine Disziplinarmaßnahme nicht in Betracht kommt, wird ein Disziplinarverfahren nicht eingeleitet. Die Gründe sind aktenkundig zu machen und dem Beamten bekannt zu geben.

(3) Hat ein Beamter zwei oder mehrere Ämter inne, die nicht im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, und beabsichtigt der Dienstvorgesetzte, zu dessen Geschäftsbereich eines dieser Ämter gehört, ein Disziplinarverfahren gegen ihn einzuleiten, teilt er dies den Dienstvorgesetzten mit, die für die anderen Ämter zuständig sind. Ein weiteres Disziplinarverfahren kann gegen den Beamten wegen desselben Sachverhalts nicht eingeleitet werden. Hat ein Beamter zwei oder mehrere Ämter inne, die im Verhältnis von Haupt- zu Nebenamt stehen, kann nur der Dienstvorgesetzte ein Disziplinarverfahren gegen ihn einleiten, der für das Hauptamt zuständig ist.

(4) Die Zuständigkeiten nach den Absätzen 1 bis 3 werden durch eine Beurlaubung, eine Abordnung oder eine Zuweisung nicht berührt. Bei einer Abordnung geht die aus Absatz 1 sich ergebende Pflicht hinsichtlich der während der Abordnung begangenen Dienstvergehen auf den neuen Dienstvorgesetzten über, soweit dieser nicht ihre Ausübung den anderen Dienstvorgesetzten überlässt oder soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist. Hierbei ist ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihm zur Last gelegt wird. Er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen.

(2) Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird dem Beamten eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Hat der Beamte rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, ist die Anhörung innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Erklärung durchzuführen. Ist der Beamte aus zwingenden Gründen gehindert, eine Frist nach Satz 1 einzuhalten oder einer Ladung zur mündlichen Verhandlung Folge zu leisten, und hat er dies unverzüglich mitgeteilt, ist die maßgebliche Frist zu verlängern oder er erneut zu laden. Die Fristsetzungen und Ladungen sind dem Beamten zuzustellen.

(3) Ist die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 vorgeschriebene Belehrung unterblieben oder unrichtig erfolgt, darf die Aussage des Beamten nicht zu seinem Nachteil verwertet werden.

Die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde kann einer Beamtin oder einem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verbieten. Das Verbot erlischt, wenn nicht bis zum Ablauf von drei Monaten gegen die Beamtin oder den Beamten ein Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder auf Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.

(1) Das Disziplinarverfahren kann bis zum Erlass einer Entscheidung nach den §§ 32 bis 34 auf neue Handlungen ausgedehnt werden, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Die Ausdehnung ist aktenkundig zu machen.

(2) Das Disziplinarverfahren kann bis zum Erlass einer Entscheidung nach den §§ 32 bis 34 oder eines Widerspruchsbescheids nach § 42 beschränkt werden, indem solche Handlungen ausgeschieden werden, die für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme voraussichtlich nicht ins Gewicht fallen. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen. Die ausgeschiedenen Handlungen können nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen werden, es sei denn, die Voraussetzungen für die Beschränkung entfallen nachträglich. Werden die ausgeschiedenen Handlungen nicht wieder einbezogen, können sie nach dem unanfechtbaren Abschluss des Disziplinarverfahrens nicht Gegenstand eines neuen Disziplinarverfahrens sein.

(1) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird oder wenn bei einem Beamten auf Probe oder einem Beamten auf Widerruf voraussichtlich eine Entlassung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgen wird. Sie kann den Beamten außerdem vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch sein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.

(2) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der vorläufigen Dienstenthebung anordnen, dass dem Beamten bis zu 50 Prozent der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird. Das Gleiche gilt, wenn der Beamte im Beamtenverhältnis auf Probe oder auf Widerruf voraussichtlich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 37 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes entlassen werden wird.

(3) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens anordnen, dass dem Ruhestandsbeamten bis zu 30 Prozent des Ruhegehalts einbehalten werden, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werden wird.

(4) Die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde kann die vorläufige Dienstenthebung, die Einbehaltung von Dienst- oder Anwärterbezügen sowie die Einbehaltung von Ruhegehalt jederzeit ganz oder teilweise aufheben.

Nach der Beendigung der Ermittlungen ist dem Beamten Gelegenheit zu geben, sich abschließend zu äußern; § 20 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Anhörung kann unterbleiben, wenn das Disziplinarverfahren nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 eingestellt werden soll.

(1) Der Personalrat wirkt mit bei

1.
Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereiches, wenn nicht nach § 118 des Bundesbeamtengesetzes die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften bei der Vorbereitung zu beteiligen sind,
2.
Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen,
3.
Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten,
4.
Entlassung von Beamten auf Probe oder auf Widerruf, wenn sie die Entlassung nicht selbst beantragt haben,
5.
vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 gilt für die Mitwirkung des Personalrates § 77 Abs. 1 Satz 2 entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 bis 5 wird der Personalrat nur auf Antrag des Beschäftigten beteiligt; in diesen Fällen ist der Beschäftigte von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen. Der Personalrat kann bei der Mitwirkung nach Absatz 1 Nr. 3 Einwendungen auf die in § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Gründe stützen.

(3) Vor der Weiterleitung von Personalanforderungen zum Haushaltsvoranschlag ist der Personalrat anzuhören. Gibt der Personalrat einer nachgeordneten Dienststelle zu den Personalanforderungen eine Stellungnahme ab, so ist diese mit den Personalanforderungen der übergeordneten Dienststelle vorzulegen. Das gilt entsprechend für die Personalplanung.

(4) Absatz 3 gilt entsprechend für Neu-, Um- und Erweiterungsbauten von Diensträumen.

(5) Vor grundlegenden Änderungen von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen ist der Personalrat anzuhören.

(1) Die Kürzung der Dienstbezüge ist die bruchteilmäßige Verminderung der monatlichen Dienstbezüge des Beamten um höchstens ein Fünftel auf längstens drei Jahre. Sie erstreckt sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat. Hat der Beamte aus einem früheren öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis einen Versorgungsanspruch erworben, bleibt dieser von der Kürzung der Dienstbezüge unberührt.

(2) Die Kürzung der Dienstbezüge beginnt mit dem Kalendermonat, der auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, gilt eine entsprechende Kürzung des Ruhegehalts (§ 11) als festgesetzt. Tritt der Beamte während der Dauer der Kürzung der Dienstbezüge in den Ruhestand, wird sein Ruhegehalt entsprechend wie die Dienstbezüge für denselben Zeitraum gekürzt. Sterbegeld sowie Witwen- und Waisengeld werden nicht gekürzt.

(3) Die Kürzung der Dienstbezüge wird gehemmt, solange der Beamte ohne Dienstbezüge beurlaubt ist. Er kann jedoch für die Dauer seiner Beurlaubung den Kürzungsbetrag monatlich vorab an den Dienstherrn entrichten; die Dauer der Kürzung der Dienstbezüge nach der Beendigung der Beurlaubung verringert sich entsprechend.

(4) Solange seine Dienstbezüge gekürzt werden, darf der Beamte nicht befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung abgekürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(5) Die Rechtsfolgen der Kürzung der Dienstbezüge erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht bei Anwendung des Absatzes 4 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren als dem bisherigen Amt der Beförderung gleich.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Bestimmungen über das Disziplinarverfahren vor dem Verwaltungsgericht entsprechend, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Die §§ 53 und 54 werden nicht angewandt.

(2) Wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens, die nach § 55 Abs. 2 unberücksichtigt bleiben durften, bleiben auch im Berufungsverfahren unberücksichtigt.

(3) Ein Beweisantrag, der vor dem Verwaltungsgericht nicht innerhalb der Frist des § 58 Abs. 2 gestellt worden ist, kann abgelehnt werden, wenn seine Berücksichtigung nach der freien Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte im ersten Rechtszug über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft gemacht werden. Beweisanträge, die das Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt hat, bleiben auch im Berufungsverfahren ausgeschlossen.

(4) Die durch das Verwaltungsgericht erhobenen Beweise können der Entscheidung ohne erneute Beweisaufnahme zugrunde gelegt werden.

(1) Die Disziplinarklage ist schriftlich zu erheben. Die Klageschrift muss den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Liegen die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 vor, kann wegen der Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, auf die bindenden Feststellungen der ihnen zugrunde liegenden Urteile verwiesen werden.

(2) Für die Form und Frist der übrigen Klagen gelten die §§ 74, 75 und 81 der Verwaltungsgerichtsordnung. Der Lauf der Frist des § 75 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung ist gehemmt, solange das Disziplinarverfahren nach § 22 ausgesetzt ist.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 73 HDG, § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 73 HDG, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf Verfahrensfehlern beruht.

2

1. Der Beklagte war Lehrer im Landesdienst. Mit Ablauf des Monats März 2007 wurde er vorzeitig in den Ruhestand versetzt. In einem kurz darauf rechtskräftig gewordenen Strafbefehl wurde wegen eines Vergehens nach § 176 Abs. 1 Alt. 1 und 2 StGB zu Lasten einer zu Beginn der Tathandlungen 13-jährigen Schülerin gegen ihn eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde; zugleich wurde ihm die Zahlung einer Geldbuße von 5 000 € auferlegt. Im Disziplinarklageverfahren, das sexuelle Handlungen in der Schule an und mit der Schülerin, teilweise gegen ihren Willen, zwischen dem 17. Juli 1991 bis zum Ende des Schuljahres 1994/1995 zum Gegenstand hat, ist auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt worden.

3

2. a) Die Beschwerde rügt mit Erfolg, dass die Klageschrift hinsichtlich des Tatkomplexes 2 (sexuelle Handlungen bis in das Schuljahr 1993/1994) an einem wesentlichen Mangel leidet (Verstoß gegen § 57, § 60 Abs. 1 HDG), auf dem das Urteil beruht. Der Mangel der Klageschrift hätte von Amts wegen berücksichtigt werden müssen.

4

Im zweiten Tatkomplex wird dem Beklagten mit der Klage vorgeworfen, dass er

"über den oben bezeichneten Tatzeitraum hinaus - jedenfalls bis in das Jahr 1994/1995 - die Schülerin W. ... regelmäßig zum Oralverkehr gezwungen, an der Schülerin sexuelle Handlungen ausgeführt und an sich von ihr ausführen hat lassen."

5

Eine weitere Konkretisierung findet sich in der Klageschrift nicht.

6

Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 HDG muss die Klageschrift u.a. die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - juris Rn. 14 § 70 bbg nr. 12 nicht abgedruckt>; vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27; Beschlüsse vom 13. März 2006 - BVerwG 1 D 3.06 - Buchholz 235 § 67 BDO Nr. 1 Rn. 13, vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Rn. 22, 23 § 17 bdg nr. 1> und vom 21. April 2010 - BVerwG 2 B 101.09 - juris Rn. 6; jeweils zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG bzw. zu dessen Vorgängernorm § 65 Halbs. 2 BDO). Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Rn. 14, 15 § 70 bbg nr. 12>, vom 25. Januar 2007 a.a.O. und vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 146, Beschlüsse vom 8. März 1985 - BVerwG 1 DB 16.85 - BVerwGE 76, 347 <349> und vom 13. März 2006 a.a.O. Rn. 13). Auch tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Denn gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 HDG dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (Urteile vom 25. Januar 2007 a.a.O. und vom 29. Juli 2010 a.a.O. Rn. 147). Nach alledem muss aus der Klageschrift unmissverständlich hervorgehen, welche Sachverhalte angeschuldigt werden. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn bei verständiger Lektüre aus der Klageschrift eindeutig hervorgeht, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (zum Ganzen vgl. auch Beschluss vom 28. März 2011 - BVerwG 2 B 59.10 - juris Rn. 5).

7

Zum zweiten Tatkomplex genügt die Klageschrift diesen Anforderungen nicht. Weder sind Ort und Zeit der einzelnen Handlungen konkret angegeben noch die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben. Zwar bedürfen die den Gegenstand der Disziplinarklage bildenden Vorgänge keiner tagesgenauen Fixierung, aber die bloße Nennung eines ungefähren Anfangs- und eines ungefähren Endzeitraums (über einen unbekannten Tag zwischen dem 17. Juli 1991 und dem 16. Juli 1992 hinaus bis jedenfalls in das Jahr 1994/1995) mit der Angabe, die sexuellen Handlungen seien regelmäßig (täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich?) ausgeführt worden, lässt offen, wie oft es in etwa zu sexuellen Handlungen gekommen sein soll. Auch der Ort (in der ...) hätte angesichts seiner Größe näher eingegrenzt werden müssen. Welche weiteren sexuellen Handlungen der Beklagte neben dem Oralverkehr an der Schülerin ausgeführt und an sich von ihr hat ausführen lassen sollen, bleibt ebenfalls im Ungewissen. An keiner Stelle in der Klageschrift findet sich eine nähere Präzisierung der Umstände (Tageszeit, was ging voraus, was passierte im Einzelnen?).

8

Soweit das Berufungsgericht darauf verweist, dass dem Beklagten ohnehin aus dem Disziplinarverfahren bekannt gewesen sei, welches Verhalten ihm im Rahmen der Disziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werde, vernachlässigt es die Aufgaben des behördlichen Verfahrens und der Klageschrift. Im behördlichen Verfahren hat der Dienstherr zu ermitteln, welche Vorwürfe sich voraussichtlich erweisen lassen werden. Zudem darf der Dienstherr aus den voraussichtlich beweisbaren Vorwürfen auch nur Dienstpflichtverletzungen und nicht jedes missliebige Verhalten zum Gegenstand der Disziplinarklage machen (Begrenzungsfunktion der Disziplinarklageschrift). Von dieser Begrenzungsfunktion hat der Dienstherr im Übrigen insoweit Gebrauch gemacht, als er nur Oralverkehr unter Zwang zum Gegenstand der Klage gemacht hat. Was allerdings "gezwungen" bedeutet, ob körperlicher oder psychischer Zwang und insbesondere wodurch der Zwang ausgeübt worden sein soll, bleibt ebenfalls im Unklaren.

9

Diese Unbestimmtheit des Vorwurfs führt hier zudem zu Unstimmigkeiten im Berufungsurteil: Während die Zeugin bei ihrer behördlichen Vernehmung körperlichen Zwang geschildert hat, hat sie dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich verneint. Hätte das Berufungsgericht entsprechend seiner Auffassung die Vorwürfe der Zeugin im behördlichen Verfahren zur Konkretisierung der Klageschrift herangezogen, so hätte es den Beklagten deshalb im zweiten Tatkomplex hinsichtlich des durch körperliche Gewalt "erzwungenen" Oralverkehrs gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 HDG vom Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung freistellen müssen. Stattdessen hat es den fortlaufenden Oralverkehr erschwerend in seine Gesamtwürdigung einbezogen. Dieser sei "ohne intensive körperliche Gewalt" durch den Beklagten initiiert worden. Das Berufungsgericht lässt offen, welche weniger intensive körperliche Gewalt ausgeübt wurde, und gelangt zur Aberkennung des Ruhegehalts, weil es sich "allein schon aufgrund des sich über Jahre ersteckenden regelmäßigen Oralverkehrs um einen außergewöhnlich schweren Fall des sexuellen Missbrauchs einer Schülerin im Schulbereich durch einen dort bediensteten Lehrer" handele.

10

b) Ebenfalls mit Erfolg rügt die Beschwerde, dass das Berufungsgericht die ihm obliegende Aufklärungspflicht (§ 63 Abs. 1, § 6 HDG, § 86 Abs. 1 VwGO) verletzt habe, weil es keine weiteren Beweise erhoben habe, obwohl sich dies ihm hätte aufdrängen müssen.

11

Gemäß § 63 Abs. 1 HDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind. Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 HDG auch für die Berufungsinstanz (vgl. zu den wortgleichen Vorschriften der § 58 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG: Beschlüsse vom 19. Dezember 2007 - BVerwG 2 B 34.07 - juris Rn. 5 m.w.N. und vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 7, vgl. auch zu § 86 Abs. 1 VwGO Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - juris Rn. 24 ff.).

12

Zwar verletzt das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweisaufnahme absieht, die weder von einem Beteiligten in der mündlichen Verhandlung beantragt worden ist noch sich den Umständen nach aufdrängt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265, vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 = NVwZ 2005, 1199, vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26, vom 19. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 6 und vom 13. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 119.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 5 Rn. 4). Hier hat sich eine weitere Beweisaufnahme jedoch aufgedrängt, ohne dass der Beklagte sie förmlich beantragen musste. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag dann auf, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss, wenn also die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Einwände erhebt. Denn in einem solchen Fall ist das Gericht gehindert, seine Entscheidung unter Übergehung der Einwände auf das angegriffene Beweisergebnis zu stützen (vgl. zum Ganzen Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.).

13

So verhält es sich hier. In Anbetracht der sehr späten Strafanzeige, vorhandener - kleinerer - Unstimmigkeiten im Aussageverhalten der Zeugin W. und der Konstellation Aussage gegen Aussage hätte das Berufungsgericht zur Aufklärung der entscheidungserheblichen Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin W. und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen durch Vernehmung derjenigen Zeugen weiter nachgehen müssen, denen sich die Zeugin W. seinerzeit anvertraut haben will (die von der Schweigepflicht entbundenen Ärzte und der von der Schweigepflicht entbundene Therapeut, die Mutter der Zeugin W., die Mitarbeiterinnen des Jugendamtes G. und R., das Ehepaar Wi., die in der mündlichen Berufungsverhandlung von der Zeugin W. benannte Frau P., die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht von der Zeugin W. benannten Lehrerinnen R. und H.-B., Frau S. von der Opferhilfe Frankfurt).

14

Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass von einigen Zeugen schriftliche Erklärungen vorlagen oder Vernehmungsprotokolle aus dem behördlichen oder anderen Verfahren. Der in § 63 Abs. 1 HDG statuierte Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung verpflichtet das Gericht, alle erforderlichen Beweise selbst zu erheben. Eine bestrittene, beweisbedürftige Tatsache kann deshalb grundsätzlich nicht durch Verlesen von Vernehmungsprotokollen des behördlichen Disziplinarverfahrens oder anderer gesetzlich geordneter Verfahren festgestellt werden. Von Zeugen hat es sich in der mündlichen Verhandlung selbst einen unmittelbaren persönlichen Eindruck zu verschaffen (zum Ganzen: Beschluss vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 7; vgl. zum Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme auch Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. juris Rn. 18 ff.). Etwas anderes gilt zwar für die Berufungsinstanz nach § 70 Abs. 4 HDG in Bezug auf vom Verwaltungsgericht erhobene Beweise. Das Verwaltungsgericht hat jedoch keinen dieser Zeugen vernommen.

15

3. Die übrigen Verfahrensrügen (§ 73 HDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bleiben demgegenüber ohne Erfolg.

16

a) Die Beschwerde rügt, dass das behördliche Verfahren durch die Ablehnung der Beweisanträge (auf Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens und auf Vernehmung dreier Zeugen) und die Befangenheit des mit der Führung der Ermittlungen betrauten Schulamtsmitarbeiters an wesentlichen Mängeln leide, die im gerichtlichen Verfahren nach § 60 Abs. 3 HDG fortwirkten.

17

Es kann dahinstehen, ob die Ablehnung der Beweisanträge einen Fehler des behördlichen Verfahrens darstellt. Nach § 27 Abs. 3 HDG ist im behördlichen Disziplinarverfahren über einen Beweisantrag der Beamtin oder des Beamten nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Satz 1). Dem Beweisantrag ist stattzugeben, soweit er für die Tat- oder Schuldfrage oder für die Bemessung der Art und Höhe einer Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein kann (Satz 2). Der Senat hat insoweit zur wortgleichen Vorschrift des § 24 Abs. 3 BDG entschieden, dass die Verletzung dieser Regelungen letztlich sanktionslos bleibt, weil der angeschuldigte Beamte im gerichtlichen Verfahren den Antrag wiederholen kann und im Übrigen das Gericht von Amts wegen (§ 6 HDG i.V.m. § 86 VwGO) die erforderlichen Beweise zu erheben hat (§ 63 Abs. 1 HDG; vgl. Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 133, 138 und Beschluss vom 16. Februar 2010 - BVerwG 2 B 62.09 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 9 Rn. 11).

18

Nichts anderes gilt, wenn es um die Befangenheit des mit der Führung der Ermittlungen betrauten Schulamtsmitarbeiters geht. Im Übrigen lagen keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Mitarbeiters (§ 6 HDG i.V.m. § 21 Abs. 1 Hess VwVfG) vor, da der Befangenheitsantrag ausschließlich mit der - aus der Sicht des Beklagten fehlerhaften - Ablehnung der Beweisanträge durch den Schulamtsmitarbeiter begründet worden ist. Meinungsunterschiede über die konkrete Ausgestaltung der Ermittlungspflicht begründen - von besonderen Umständen des Einzelfalles abgesehen - nicht schon generell den Vorwurf der Befangenheit (vgl. Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 124).

19

b) Ebenso ohne Erfolg bleibt die Rüge, das Berufungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens verfahrensrechtswidrig - und zwar unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO sowie gegen seine Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO - abgelehnt.

20

Nach § 63 HDG erhebt das Gericht im Disziplinarklageverfahren die erforderlichen Beweise. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, einem Beweisangebot nachzugehen, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache zu einem Rechtsstandpunkt erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (stRspr, vgl. Beschluss vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 Nr. 5 = NJW 2009, 2614, zuletzt Beschluss vom 1. April 2011 - BVerwG 2 B 84.10 - Rn. 5 m.w.N.).

21

Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen sowie der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände ist grundsätzlich Sache des Gerichts (Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 158). Ausnahmen können dann gerechtfertigt sein, wenn besondere, in erheblicher Weise von den Normalfällen abweichende, Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordert, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht (stRspr des BGH, vgl. Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 5 StR 419/09 -, NStZ 2010, 100 und Urteil vom 18. August 2009 - 1 StR 155/09 - NStZ 2010, 51 jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1999 -BVerwG 9 B 401.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 304 = juris Rn. 4 m.w.N.). Dies kommt überwiegend bei Verdachtsmomenten für eine die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigende Erkrankung in Betracht, nicht aber bereits bei den hier zur Begründung des Beweisantrags vorgetragenen sonstigen Umständen (die Zeugin sei bereits im Kindesalter Opfer anderweitiger sexueller Übergriffe von Erwachsenen geworden, bei ihr liege langjähriger Drogenkonsum mit anhaltender Abhängigkeit und Alkoholmissbrauch vor, sie habe eine höchst problematische Entwicklung im Kindes- und Jugendlichenalter durchlaufen , sie stehe langfristig und andauernd in psychotherapeutischer Behandlung, sie habe die Strafanzeige gegen den Beklagten erst Jahre nach dem streitigen Tatzeitraum gestellt, sie habe freiwillig die Beziehung zu dem Beklagten aufrecht erhalten, sei mit diesem im Erwachsenenalter eine intime Beziehung eingegangen, es fänden sich signifikante Widersprüche in ihren Aussagen und die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht habe die begründeten Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage und ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit nicht ausräumen können). Das Berufungsgericht durfte daher den Beweisantrag ohne Verstoß gegen das Prozessrecht ermessensfehlerfrei mit der Argumentation ablehnen, es liege - ungeachtet des nicht unproblematischen Werdegangs der Zeugin W. - insgesamt noch keine Sachlage vor, nach der eine Bewertung der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen und ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit fremder Sachkunde bedarf. Soweit sich die Beschwerde mit der näheren und sehr ausführlichen Begründung des Berufungsgerichts auseinandersetzt, setzt sie nur ihre eigene Beurteilung gegen diejenige des Berufungsgerichts, ohne einen Ermessensfehler darzutun. Insbesondere ist das Berufungsgericht nicht von einer die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigenden, nicht näher bekannten psychischen Erkrankung der Zeugin ausgegangen, sondern hat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - festgestellt, dass diese an einem posttraumatischen Psychosyndrom leidet, und zwar aufgrund des fortwährenden sexuellen Missbrauchs durch den Beklagten. Eine solche Erkrankung ist eine typische Folge eines traumatischen Erlebnisses. Sie führt nicht dazu, dass ein Gericht verpflichtet wäre, ein aussagepsychologisches Sachverständigengutachten einzuholen.

22

c) Die Ablehnung des Antrags auf Beiziehung der Akten des Jugendamts der Stadt Frankfurt betreffend die Zeugin W. lässt ebenfalls keinen Verfahrenfehler erkennen. Das Berufungsgericht durfte den Antrag im Einklang mit dem Prozessrecht mit der Begründung ablehnen, er genüge bereits formal nicht den Anforderungen der § 6 HDG, § 86 Abs. 2 VwGO, weil weder eine bestimmte zu beweisende Tatsache noch ein klares Beweisthema benannt werde; es handele sich um einen unzulässigen Ausforschungsantrag.

23

Soweit die Beschwerde meint, die Beiziehung der Jugendamtsakte sei von Amts wegen geboten gewesen, vermag sie auch damit nicht durchzudringen. Diese Argumentation der Beschwerde beruht auf der Annahme, dass es in Fällen sexuellen Missbrauchs einer Schülerin durch einen Lehrer immer zum Schulwechsel kommt. Diese Annahme ist aber weder zwingend noch ist sie Gegenstand der Befragung des Zeugen M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gewesen.

24

d) Ebenfalls nicht dargelegt ist, dass der Beweisantrag betreffend die Zeugin S.-B. verfahrensrechtswidrig vom Berufungsgericht abgelehnt worden ist. Zur fehlenden Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags setzt die Beschwerde lediglich ihre Würdigung gegen diejenige des Berufungsgerichts.

25

e) Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 6 HDG, § 108 Abs. 2 VwGO) vernachlässigt, dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in seine rechtlichen Erwägungen einbezieht. Es ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 6 HDG, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt zentrale Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinandergesetzt hat (stRspr, Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1, zuletzt Beschlüsse vom 19. April 2011 - BVerwG 2 B 60.11 - juris Rn. 7 und vom 20. Juli 2011 - BVerwG 2 B 32.10 - juris Rn. 3).

26

Deshalb kann insbesondere aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung eines Gerichts nicht auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden. Im Übrigen ist die Beweiswürdigung aufgrund des § 73 HDG, § 137 Abs. 2 VwGO revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob Beweiswürdigungsgrundsätze wie etwa Auslegungsregeln, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - Rn. 34 = ZBR 2008, 257 <260>; insoweit nicht in Buchholz abgedruckt). Dies ist nicht dargelegt. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (vgl. Beschluss vom 21. September 1982 - BVerwG 2 B 12.82 - juris Rn. 7 § 46 drig nr. 2>). Sind bei der Beweiswürdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, so ist es nicht nur verfahrensfehlerfrei, wenn das Tatsachengericht unter mehreren möglichen eine Folgerung wählt, sondern gerade auch seine ihm durch § 6 HDG, § 108 Abs. 1 VwGO übertragene Aufgabe, sich unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung zu bilden. Das Beschwerdevorbringen legt insoweit keinen Verfahrensfehler dar.

27

Von einer weiteren Begründung der Ablehnung der Verfahrensrügen wird gemäß § 73 HDG, § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO abgesehen.

28

4. Gleichfalls ohne Erfolg wirft die Beschwerde schließlich als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

ob einem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt ohne weitere Voraussetzungen oder Einschränkungen selbst bei lang zurückliegender Tat aberkannt werden kann, wenn er, wäre er noch im Dienst, aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

29

Hierzu weist sie darauf hin, dass zwischen Beginn der Tat 19 Jahre und deren Ende 15 Jahre vergangen seien bis zur Aberkennung des Ruhegehalts, so dass diese Disziplinarmaßnahme bei einem Beamten, der ansonsten unbescholten geblieben sei, unverhältnismäßig erscheine. Dies gelte insbesondere bei einem Ruhestandsbeamten, der nicht mehr die Möglichkeit habe, sich andere Erwerbsquellen zu erschließen. Nach dem Eintritt in den Ruhestand bestünden nur noch beschränkte Beamtenpflichten.

30

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 73 HDG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr, vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen bereits geklärt sind oder sich anhand der bisherigen Rechtsprechung unter Zuhilfenahme des Gesetzestextes ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantworten lassen. So verhält es sich hier.

31

Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 HDG, der mit § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG inhaltlich übereinstimmt, setzt die Aberkennung des Ruhegehalts voraus, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerechtfertigt wäre, falls der Ruhestandsbeamte sich noch im Dienst befände. Danach gelten die Bemessungsgrundsätze des § 16 Abs. 2 Satz 1 HDG auch für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gegen einen Ruhestandsbeamten, der während seiner aktiven Dienstzeit ein schweres Dienstvergehen begangen hat. Der nachträgliche Eintritt in den Ruhestand führt weder zur Anwendung anderer Bemessungsmaßstäbe noch stellt er einen mildernden Umstand dar.

32

Den gesetzlichen Regelungen liegen zum einen generalpräventive Erwägungen zugrunde. Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter, der wegen eines schweren Dienstvergehens als aktiver Beamter nicht mehr tragbar wäre, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung zu führen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Dienstvergehen in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist und wann es begangen wurde. Zum anderen gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dass ein Beamter, der in den Ruhestand tritt, nachdem er ein zur Auflösung des Beamtenverhältnisses führendes Dienstvergehen begangen hat, nicht bessergestellt wird als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467 und vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372 <1373>; BVerwG, Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 Rn. 28, vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - juris Rn. 17 § 13 bdg nr. 4> und BVerwG 2 C 28.06 - juris Rn. 17 sowie vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - juris Rn. 32; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6, vom 28. August 2007 - BVerwG 2 B 26.07 - juris Rn. 3 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 B 66.09 - juris Rn. 10).

33

Schließlich ist geklärt, dass weder eine lange Dauer des Verfahrens noch das lange Zurückliegen des Dienstvergehens es rechtfertigen, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen, wenn diese Maßnahme geboten ist. Zwar kann eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme in diesen Fällen unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden. Bei Fortbestand des Beamtenverhältnisses kann das durch ein Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert werden oder sogar entfallen, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben, sodass sie eine günstigeres Persönlichkeitsprognose ermöglichen. Demgegenüber geht es bei der Dienstentfernung darum, das Beamtenverhältnis in Fällen besonders schwerwiegender Dienstvergehen zu beenden, weil der Beamte im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist. An dem endgültigen Vertrauensverlust, den er durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat, vermögen eine lange Verfahrensdauer oder ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens nichts zu ändern. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden. Dies gilt gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG, § 16 Abs. 2 Satz 2 HDG gleichermaßen für die Aberkennung des Ruhegehalts (BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris Rn. 80 und vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 27; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 a.a.O. Rn. 8, vom 28. Oktober 2008 a.a.O., vom 26. August 2009 a.a.O. Rn. 11 und vom 16. Februar 2010 - BVerwG 2 B 62.09 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 9 Rn. 5 und 6). Aus diesem Grunde gibt es auch für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts - anders als für die pflichtenmahnenden Disziplinarmaßnahmen - kein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs nach § 18 HDG (§ 15 BDG).

34

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur überlangen Verfahrensdauer (Art. 6 Abs. 1 und 13 EMRK) vermag hieran nichts zu ändern. Ob eine überlange Verfahrensdauer Auswirkungen auf die materielle Rechtslage hat, bestimmt sich allein nach innerstaatlichem Recht. Der Gerichtshof kann aber nach Art. 41 EMRK den Staat zum Ersatz des immateriellen Schadens verurteilen (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - Rn. 57 ff. = NVwZ 2010, 1015 ff.).

35

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 82 Abs. 1 HDG i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG analog.

(1) Das Gericht entscheidet über die Klage, wenn das Disziplinarverfahren nicht auf andere Weise abgeschlossen wird, auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil. § 106 der Verwaltungsgerichtsordnung wird nicht angewandt.

(2) Bei einer Disziplinarklage dürfen nur die Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Das Gericht kann in dem Urteil

1.
auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5) erkennen oder
2.
die Disziplinarklage abweisen.

(3) Bei der Klage gegen eine Disziplinarverfügung prüft das Gericht neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beklagten hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 73 HDG, § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 73 HDG, § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf Verfahrensfehlern beruht.

2

1. Der Beklagte war Lehrer im Landesdienst. Mit Ablauf des Monats März 2007 wurde er vorzeitig in den Ruhestand versetzt. In einem kurz darauf rechtskräftig gewordenen Strafbefehl wurde wegen eines Vergehens nach § 176 Abs. 1 Alt. 1 und 2 StGB zu Lasten einer zu Beginn der Tathandlungen 13-jährigen Schülerin gegen ihn eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde; zugleich wurde ihm die Zahlung einer Geldbuße von 5 000 € auferlegt. Im Disziplinarklageverfahren, das sexuelle Handlungen in der Schule an und mit der Schülerin, teilweise gegen ihren Willen, zwischen dem 17. Juli 1991 bis zum Ende des Schuljahres 1994/1995 zum Gegenstand hat, ist auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt worden.

3

2. a) Die Beschwerde rügt mit Erfolg, dass die Klageschrift hinsichtlich des Tatkomplexes 2 (sexuelle Handlungen bis in das Schuljahr 1993/1994) an einem wesentlichen Mangel leidet (Verstoß gegen § 57, § 60 Abs. 1 HDG), auf dem das Urteil beruht. Der Mangel der Klageschrift hätte von Amts wegen berücksichtigt werden müssen.

4

Im zweiten Tatkomplex wird dem Beklagten mit der Klage vorgeworfen, dass er

"über den oben bezeichneten Tatzeitraum hinaus - jedenfalls bis in das Jahr 1994/1995 - die Schülerin W. ... regelmäßig zum Oralverkehr gezwungen, an der Schülerin sexuelle Handlungen ausgeführt und an sich von ihr ausführen hat lassen."

5

Eine weitere Konkretisierung findet sich in der Klageschrift nicht.

6

Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 HDG muss die Klageschrift u.a. die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - juris Rn. 14 § 70 bbg nr. 12 nicht abgedruckt>; vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27; Beschlüsse vom 13. März 2006 - BVerwG 1 D 3.06 - Buchholz 235 § 67 BDO Nr. 1 Rn. 13, vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Rn. 22, 23 § 17 bdg nr. 1> und vom 21. April 2010 - BVerwG 2 B 101.09 - juris Rn. 6; jeweils zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG bzw. zu dessen Vorgängernorm § 65 Halbs. 2 BDO). Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann (Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Rn. 14, 15 § 70 bbg nr. 12>, vom 25. Januar 2007 a.a.O. und vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 146, Beschlüsse vom 8. März 1985 - BVerwG 1 DB 16.85 - BVerwGE 76, 347 <349> und vom 13. März 2006 a.a.O. Rn. 13). Auch tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Denn gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 HDG dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (Urteile vom 25. Januar 2007 a.a.O. und vom 29. Juli 2010 a.a.O. Rn. 147). Nach alledem muss aus der Klageschrift unmissverständlich hervorgehen, welche Sachverhalte angeschuldigt werden. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn bei verständiger Lektüre aus der Klageschrift eindeutig hervorgeht, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt werden (zum Ganzen vgl. auch Beschluss vom 28. März 2011 - BVerwG 2 B 59.10 - juris Rn. 5).

7

Zum zweiten Tatkomplex genügt die Klageschrift diesen Anforderungen nicht. Weder sind Ort und Zeit der einzelnen Handlungen konkret angegeben noch die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben. Zwar bedürfen die den Gegenstand der Disziplinarklage bildenden Vorgänge keiner tagesgenauen Fixierung, aber die bloße Nennung eines ungefähren Anfangs- und eines ungefähren Endzeitraums (über einen unbekannten Tag zwischen dem 17. Juli 1991 und dem 16. Juli 1992 hinaus bis jedenfalls in das Jahr 1994/1995) mit der Angabe, die sexuellen Handlungen seien regelmäßig (täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich?) ausgeführt worden, lässt offen, wie oft es in etwa zu sexuellen Handlungen gekommen sein soll. Auch der Ort (in der ...) hätte angesichts seiner Größe näher eingegrenzt werden müssen. Welche weiteren sexuellen Handlungen der Beklagte neben dem Oralverkehr an der Schülerin ausgeführt und an sich von ihr hat ausführen lassen sollen, bleibt ebenfalls im Ungewissen. An keiner Stelle in der Klageschrift findet sich eine nähere Präzisierung der Umstände (Tageszeit, was ging voraus, was passierte im Einzelnen?).

8

Soweit das Berufungsgericht darauf verweist, dass dem Beklagten ohnehin aus dem Disziplinarverfahren bekannt gewesen sei, welches Verhalten ihm im Rahmen der Disziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werde, vernachlässigt es die Aufgaben des behördlichen Verfahrens und der Klageschrift. Im behördlichen Verfahren hat der Dienstherr zu ermitteln, welche Vorwürfe sich voraussichtlich erweisen lassen werden. Zudem darf der Dienstherr aus den voraussichtlich beweisbaren Vorwürfen auch nur Dienstpflichtverletzungen und nicht jedes missliebige Verhalten zum Gegenstand der Disziplinarklage machen (Begrenzungsfunktion der Disziplinarklageschrift). Von dieser Begrenzungsfunktion hat der Dienstherr im Übrigen insoweit Gebrauch gemacht, als er nur Oralverkehr unter Zwang zum Gegenstand der Klage gemacht hat. Was allerdings "gezwungen" bedeutet, ob körperlicher oder psychischer Zwang und insbesondere wodurch der Zwang ausgeübt worden sein soll, bleibt ebenfalls im Unklaren.

9

Diese Unbestimmtheit des Vorwurfs führt hier zudem zu Unstimmigkeiten im Berufungsurteil: Während die Zeugin bei ihrer behördlichen Vernehmung körperlichen Zwang geschildert hat, hat sie dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich verneint. Hätte das Berufungsgericht entsprechend seiner Auffassung die Vorwürfe der Zeugin im behördlichen Verfahren zur Konkretisierung der Klageschrift herangezogen, so hätte es den Beklagten deshalb im zweiten Tatkomplex hinsichtlich des durch körperliche Gewalt "erzwungenen" Oralverkehrs gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 HDG vom Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung freistellen müssen. Stattdessen hat es den fortlaufenden Oralverkehr erschwerend in seine Gesamtwürdigung einbezogen. Dieser sei "ohne intensive körperliche Gewalt" durch den Beklagten initiiert worden. Das Berufungsgericht lässt offen, welche weniger intensive körperliche Gewalt ausgeübt wurde, und gelangt zur Aberkennung des Ruhegehalts, weil es sich "allein schon aufgrund des sich über Jahre ersteckenden regelmäßigen Oralverkehrs um einen außergewöhnlich schweren Fall des sexuellen Missbrauchs einer Schülerin im Schulbereich durch einen dort bediensteten Lehrer" handele.

10

b) Ebenfalls mit Erfolg rügt die Beschwerde, dass das Berufungsgericht die ihm obliegende Aufklärungspflicht (§ 63 Abs. 1, § 6 HDG, § 86 Abs. 1 VwGO) verletzt habe, weil es keine weiteren Beweise erhoben habe, obwohl sich dies ihm hätte aufdrängen müssen.

11

Gemäß § 63 Abs. 1 HDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind. Entsprechend § 86 Abs. 1 VwGO folgt daraus die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen der Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Dies gilt gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 HDG auch für die Berufungsinstanz (vgl. zu den wortgleichen Vorschriften der § 58 Abs. 1, § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG: Beschlüsse vom 19. Dezember 2007 - BVerwG 2 B 34.07 - juris Rn. 5 m.w.N. und vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 7, vgl. auch zu § 86 Abs. 1 VwGO Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - juris Rn. 24 ff.).

12

Zwar verletzt das Berufungsgericht seine Aufklärungspflicht grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweisaufnahme absieht, die weder von einem Beteiligten in der mündlichen Verhandlung beantragt worden ist noch sich den Umständen nach aufdrängt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265, vom 14. Juni 2005 - BVerwG 2 B 108.04 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 1 = NVwZ 2005, 1199, vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26, vom 19. Dezember 2007 a.a.O. Rn. 6 und vom 13. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 119.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 5 Rn. 4). Hier hat sich eine weitere Beweisaufnahme jedoch aufgedrängt, ohne dass der Beklagte sie förmlich beantragen musste. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung drängt sich auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag dann auf, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss, wenn also die bisherigen Tatsachenfeststellungen eine Entscheidung noch nicht sicher tragen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn ein Verfahrensbeteiligter gegen das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme begründete Einwände erhebt. Denn in einem solchen Fall ist das Gericht gehindert, seine Entscheidung unter Übergehung der Einwände auf das angegriffene Beweisergebnis zu stützen (vgl. zum Ganzen Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.).

13

So verhält es sich hier. In Anbetracht der sehr späten Strafanzeige, vorhandener - kleinerer - Unstimmigkeiten im Aussageverhalten der Zeugin W. und der Konstellation Aussage gegen Aussage hätte das Berufungsgericht zur Aufklärung der entscheidungserheblichen Frage der Glaubwürdigkeit der Zeugin W. und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen durch Vernehmung derjenigen Zeugen weiter nachgehen müssen, denen sich die Zeugin W. seinerzeit anvertraut haben will (die von der Schweigepflicht entbundenen Ärzte und der von der Schweigepflicht entbundene Therapeut, die Mutter der Zeugin W., die Mitarbeiterinnen des Jugendamtes G. und R., das Ehepaar Wi., die in der mündlichen Berufungsverhandlung von der Zeugin W. benannte Frau P., die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht von der Zeugin W. benannten Lehrerinnen R. und H.-B., Frau S. von der Opferhilfe Frankfurt).

14

Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass von einigen Zeugen schriftliche Erklärungen vorlagen oder Vernehmungsprotokolle aus dem behördlichen oder anderen Verfahren. Der in § 63 Abs. 1 HDG statuierte Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung verpflichtet das Gericht, alle erforderlichen Beweise selbst zu erheben. Eine bestrittene, beweisbedürftige Tatsache kann deshalb grundsätzlich nicht durch Verlesen von Vernehmungsprotokollen des behördlichen Disziplinarverfahrens oder anderer gesetzlich geordneter Verfahren festgestellt werden. Von Zeugen hat es sich in der mündlichen Verhandlung selbst einen unmittelbaren persönlichen Eindruck zu verschaffen (zum Ganzen: Beschluss vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 7; vgl. zum Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme auch Urteil vom 28. Juli 2011 a.a.O. juris Rn. 18 ff.). Etwas anderes gilt zwar für die Berufungsinstanz nach § 70 Abs. 4 HDG in Bezug auf vom Verwaltungsgericht erhobene Beweise. Das Verwaltungsgericht hat jedoch keinen dieser Zeugen vernommen.

15

3. Die übrigen Verfahrensrügen (§ 73 HDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bleiben demgegenüber ohne Erfolg.

16

a) Die Beschwerde rügt, dass das behördliche Verfahren durch die Ablehnung der Beweisanträge (auf Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens und auf Vernehmung dreier Zeugen) und die Befangenheit des mit der Führung der Ermittlungen betrauten Schulamtsmitarbeiters an wesentlichen Mängeln leide, die im gerichtlichen Verfahren nach § 60 Abs. 3 HDG fortwirkten.

17

Es kann dahinstehen, ob die Ablehnung der Beweisanträge einen Fehler des behördlichen Verfahrens darstellt. Nach § 27 Abs. 3 HDG ist im behördlichen Disziplinarverfahren über einen Beweisantrag der Beamtin oder des Beamten nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (Satz 1). Dem Beweisantrag ist stattzugeben, soweit er für die Tat- oder Schuldfrage oder für die Bemessung der Art und Höhe einer Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sein kann (Satz 2). Der Senat hat insoweit zur wortgleichen Vorschrift des § 24 Abs. 3 BDG entschieden, dass die Verletzung dieser Regelungen letztlich sanktionslos bleibt, weil der angeschuldigte Beamte im gerichtlichen Verfahren den Antrag wiederholen kann und im Übrigen das Gericht von Amts wegen (§ 6 HDG i.V.m. § 86 VwGO) die erforderlichen Beweise zu erheben hat (§ 63 Abs. 1 HDG; vgl. Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 133, 138 und Beschluss vom 16. Februar 2010 - BVerwG 2 B 62.09 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 9 Rn. 11).

18

Nichts anderes gilt, wenn es um die Befangenheit des mit der Führung der Ermittlungen betrauten Schulamtsmitarbeiters geht. Im Übrigen lagen keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Mitarbeiters (§ 6 HDG i.V.m. § 21 Abs. 1 Hess VwVfG) vor, da der Befangenheitsantrag ausschließlich mit der - aus der Sicht des Beklagten fehlerhaften - Ablehnung der Beweisanträge durch den Schulamtsmitarbeiter begründet worden ist. Meinungsunterschiede über die konkrete Ausgestaltung der Ermittlungspflicht begründen - von besonderen Umständen des Einzelfalles abgesehen - nicht schon generell den Vorwurf der Befangenheit (vgl. Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 124).

19

b) Ebenso ohne Erfolg bleibt die Rüge, das Berufungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens verfahrensrechtswidrig - und zwar unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO sowie gegen seine Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO - abgelehnt.

20

Nach § 63 HDG erhebt das Gericht im Disziplinarklageverfahren die erforderlichen Beweise. Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, einem Beweisangebot nachzugehen, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache zu einem Rechtsstandpunkt erheblich ist und die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots im Prozessrecht keine Stütze findet (stRspr, vgl. Beschluss vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 Nr. 5 = NJW 2009, 2614, zuletzt Beschluss vom 1. April 2011 - BVerwG 2 B 84.10 - Rn. 5 m.w.N.).

21

Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen sowie der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände ist grundsätzlich Sache des Gerichts (Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 158). Ausnahmen können dann gerechtfertigt sein, wenn besondere, in erheblicher Weise von den Normalfällen abweichende, Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordert, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht (stRspr des BGH, vgl. Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 5 StR 419/09 -, NStZ 2010, 100 und Urteil vom 18. August 2009 - 1 StR 155/09 - NStZ 2010, 51 jeweils m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1999 -BVerwG 9 B 401.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 304 = juris Rn. 4 m.w.N.). Dies kommt überwiegend bei Verdachtsmomenten für eine die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigende Erkrankung in Betracht, nicht aber bereits bei den hier zur Begründung des Beweisantrags vorgetragenen sonstigen Umständen (die Zeugin sei bereits im Kindesalter Opfer anderweitiger sexueller Übergriffe von Erwachsenen geworden, bei ihr liege langjähriger Drogenkonsum mit anhaltender Abhängigkeit und Alkoholmissbrauch vor, sie habe eine höchst problematische Entwicklung im Kindes- und Jugendlichenalter durchlaufen , sie stehe langfristig und andauernd in psychotherapeutischer Behandlung, sie habe die Strafanzeige gegen den Beklagten erst Jahre nach dem streitigen Tatzeitraum gestellt, sie habe freiwillig die Beziehung zu dem Beklagten aufrecht erhalten, sei mit diesem im Erwachsenenalter eine intime Beziehung eingegangen, es fänden sich signifikante Widersprüche in ihren Aussagen und die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht habe die begründeten Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage und ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit nicht ausräumen können). Das Berufungsgericht durfte daher den Beweisantrag ohne Verstoß gegen das Prozessrecht ermessensfehlerfrei mit der Argumentation ablehnen, es liege - ungeachtet des nicht unproblematischen Werdegangs der Zeugin W. - insgesamt noch keine Sachlage vor, nach der eine Bewertung der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen und ihrer persönlichen Glaubwürdigkeit fremder Sachkunde bedarf. Soweit sich die Beschwerde mit der näheren und sehr ausführlichen Begründung des Berufungsgerichts auseinandersetzt, setzt sie nur ihre eigene Beurteilung gegen diejenige des Berufungsgerichts, ohne einen Ermessensfehler darzutun. Insbesondere ist das Berufungsgericht nicht von einer die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigenden, nicht näher bekannten psychischen Erkrankung der Zeugin ausgegangen, sondern hat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - festgestellt, dass diese an einem posttraumatischen Psychosyndrom leidet, und zwar aufgrund des fortwährenden sexuellen Missbrauchs durch den Beklagten. Eine solche Erkrankung ist eine typische Folge eines traumatischen Erlebnisses. Sie führt nicht dazu, dass ein Gericht verpflichtet wäre, ein aussagepsychologisches Sachverständigengutachten einzuholen.

22

c) Die Ablehnung des Antrags auf Beiziehung der Akten des Jugendamts der Stadt Frankfurt betreffend die Zeugin W. lässt ebenfalls keinen Verfahrenfehler erkennen. Das Berufungsgericht durfte den Antrag im Einklang mit dem Prozessrecht mit der Begründung ablehnen, er genüge bereits formal nicht den Anforderungen der § 6 HDG, § 86 Abs. 2 VwGO, weil weder eine bestimmte zu beweisende Tatsache noch ein klares Beweisthema benannt werde; es handele sich um einen unzulässigen Ausforschungsantrag.

23

Soweit die Beschwerde meint, die Beiziehung der Jugendamtsakte sei von Amts wegen geboten gewesen, vermag sie auch damit nicht durchzudringen. Diese Argumentation der Beschwerde beruht auf der Annahme, dass es in Fällen sexuellen Missbrauchs einer Schülerin durch einen Lehrer immer zum Schulwechsel kommt. Diese Annahme ist aber weder zwingend noch ist sie Gegenstand der Befragung des Zeugen M. in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gewesen.

24

d) Ebenfalls nicht dargelegt ist, dass der Beweisantrag betreffend die Zeugin S.-B. verfahrensrechtswidrig vom Berufungsgericht abgelehnt worden ist. Zur fehlenden Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags setzt die Beschwerde lediglich ihre Würdigung gegen diejenige des Berufungsgerichts.

25

e) Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 6 HDG, § 108 Abs. 2 VwGO) vernachlässigt, dass grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in seine rechtlichen Erwägungen einbezieht. Es ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 6 HDG, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt zentrale Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinandergesetzt hat (stRspr, Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1, zuletzt Beschlüsse vom 19. April 2011 - BVerwG 2 B 60.11 - juris Rn. 7 und vom 20. Juli 2011 - BVerwG 2 B 32.10 - juris Rn. 3).

26

Deshalb kann insbesondere aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung eines Gerichts nicht auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden. Im Übrigen ist die Beweiswürdigung aufgrund des § 73 HDG, § 137 Abs. 2 VwGO revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob Beweiswürdigungsgrundsätze wie etwa Auslegungsregeln, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - Rn. 34 = ZBR 2008, 257 <260>; insoweit nicht in Buchholz abgedruckt). Dies ist nicht dargelegt. Insbesondere liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (vgl. Beschluss vom 21. September 1982 - BVerwG 2 B 12.82 - juris Rn. 7 § 46 drig nr. 2>). Sind bei der Beweiswürdigung mehrere Folgerungen denkgesetzlich möglich, so ist es nicht nur verfahrensfehlerfrei, wenn das Tatsachengericht unter mehreren möglichen eine Folgerung wählt, sondern gerade auch seine ihm durch § 6 HDG, § 108 Abs. 1 VwGO übertragene Aufgabe, sich unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung zu bilden. Das Beschwerdevorbringen legt insoweit keinen Verfahrensfehler dar.

27

Von einer weiteren Begründung der Ablehnung der Verfahrensrügen wird gemäß § 73 HDG, § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO abgesehen.

28

4. Gleichfalls ohne Erfolg wirft die Beschwerde schließlich als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,

ob einem Ruhestandsbeamten das Ruhegehalt ohne weitere Voraussetzungen oder Einschränkungen selbst bei lang zurückliegender Tat aberkannt werden kann, wenn er, wäre er noch im Dienst, aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

29

Hierzu weist sie darauf hin, dass zwischen Beginn der Tat 19 Jahre und deren Ende 15 Jahre vergangen seien bis zur Aberkennung des Ruhegehalts, so dass diese Disziplinarmaßnahme bei einem Beamten, der ansonsten unbescholten geblieben sei, unverhältnismäßig erscheine. Dies gelte insbesondere bei einem Ruhestandsbeamten, der nicht mehr die Möglichkeit habe, sich andere Erwerbsquellen zu erschließen. Nach dem Eintritt in den Ruhestand bestünden nur noch beschränkte Beamtenpflichten.

30

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 73 HDG, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss (stRspr, vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen bereits geklärt sind oder sich anhand der bisherigen Rechtsprechung unter Zuhilfenahme des Gesetzestextes ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantworten lassen. So verhält es sich hier.

31

Nach § 16 Abs. 2 Satz 2 HDG, der mit § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG inhaltlich übereinstimmt, setzt die Aberkennung des Ruhegehalts voraus, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gerechtfertigt wäre, falls der Ruhestandsbeamte sich noch im Dienst befände. Danach gelten die Bemessungsgrundsätze des § 16 Abs. 2 Satz 1 HDG auch für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gegen einen Ruhestandsbeamten, der während seiner aktiven Dienstzeit ein schweres Dienstvergehen begangen hat. Der nachträgliche Eintritt in den Ruhestand führt weder zur Anwendung anderer Bemessungsmaßstäbe noch stellt er einen mildernden Umstand dar.

32

Den gesetzlichen Regelungen liegen zum einen generalpräventive Erwägungen zugrunde. Es wären Rückwirkungen auf das Vertrauen in die Integrität des Berufsbeamtentums zu erwarten, wenn ein Ruhestandsbeamter, der wegen eines schweren Dienstvergehens als aktiver Beamter nicht mehr tragbar wäre, weiterhin sein Ruhegehalt beziehen könnte und berechtigt bliebe, die Amtsbezeichnung zu führen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Dienstvergehen in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist und wann es begangen wurde. Zum anderen gebietet der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dass ein Beamter, der in den Ruhestand tritt, nachdem er ein zur Auflösung des Beamtenverhältnisses führendes Dienstvergehen begangen hat, nicht bessergestellt wird als ein Beamter, der bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens im aktiven Dienst verbleibt (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 22. November 2001 - 2 BvR 2138/00 - NVwZ 2002, 467 und vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372 <1373>; BVerwG, Urteile vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 Rn. 28, vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - juris Rn. 17 § 13 bdg nr. 4> und BVerwG 2 C 28.06 - juris Rn. 17 sowie vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - juris Rn. 32; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 6, vom 28. August 2007 - BVerwG 2 B 26.07 - juris Rn. 3 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 B 66.09 - juris Rn. 10).

33

Schließlich ist geklärt, dass weder eine lange Dauer des Verfahrens noch das lange Zurückliegen des Dienstvergehens es rechtfertigen, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder der Aberkennung des Ruhegehalts abzusehen, wenn diese Maßnahme geboten ist. Zwar kann eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme in diesen Fällen unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden. Bei Fortbestand des Beamtenverhältnisses kann das durch ein Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert werden oder sogar entfallen, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben, sodass sie eine günstigeres Persönlichkeitsprognose ermöglichen. Demgegenüber geht es bei der Dienstentfernung darum, das Beamtenverhältnis in Fällen besonders schwerwiegender Dienstvergehen zu beenden, weil der Beamte im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist. An dem endgültigen Vertrauensverlust, den er durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat, vermögen eine lange Verfahrensdauer oder ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens nichts zu ändern. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden. Dies gilt gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 BDG, § 16 Abs. 2 Satz 2 HDG gleichermaßen für die Aberkennung des Ruhegehalts (BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris Rn. 80 und vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 27; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 a.a.O. Rn. 8, vom 28. Oktober 2008 a.a.O., vom 26. August 2009 a.a.O. Rn. 11 und vom 16. Februar 2010 - BVerwG 2 B 62.09 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 9 Rn. 5 und 6). Aus diesem Grunde gibt es auch für die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die Aberkennung des Ruhegehalts - anders als für die pflichtenmahnenden Disziplinarmaßnahmen - kein Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs nach § 18 HDG (§ 15 BDG).

34

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur überlangen Verfahrensdauer (Art. 6 Abs. 1 und 13 EMRK) vermag hieran nichts zu ändern. Ob eine überlange Verfahrensdauer Auswirkungen auf die materielle Rechtslage hat, bestimmt sich allein nach innerstaatlichem Recht. Der Gerichtshof kann aber nach Art. 41 EMRK den Staat zum Ersatz des immateriellen Schadens verurteilen (vgl. EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - Rn. 57 ff. = NVwZ 2010, 1015 ff.).

35

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 82 Abs. 1 HDG i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG analog.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie

1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen,
2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen,
3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder
4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt auch für frühere Beamtinnen mit Anspruch auf Altersgeld und frühere Beamte mit Anspruch auf Altersgeld.

(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen und die ihm als Inhaber oder Beschäftigtem eines Unternehmens bekanntgeworden sind, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber oder Beschäftigter eines in Absatz 1 bezeichneten Unternehmens unbefugt

1.
eine Sendung, die einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraut worden und verschlossen ist, öffnet oder sich von ihrem Inhalt ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft,
2.
eine einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraute Sendung unterdrückt oder
3.
eine der in Absatz 1 oder in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Handlungen gestattet oder fördert.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Personen, die

1.
Aufgaben der Aufsicht über ein in Absatz 1 bezeichnetes Unternehmen wahrnehmen,
2.
von einem solchen Unternehmen oder mit dessen Ermächtigung mit dem Erbringen von Post- oder Telekommunikationsdiensten betraut sind oder
3.
mit der Herstellung einer dem Betrieb eines solchen Unternehmens dienenden Anlage oder mit Arbeiten daran betraut sind.

(4) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die ihm als außerhalb des Post- oder Telekommunikationsbereichs tätigem Amtsträger auf Grund eines befugten oder unbefugten Eingriffs in das Post- oder Fernmeldegeheimnis bekanntgeworden sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Dem Postgeheimnis unterliegen die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter Personen sowie der Inhalt von Postsendungen. Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(1) Dem Postgeheimnis unterliegen die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter natürlicher oder juristischer Personen sowie der Inhalt von Postsendungen.

(2) Zur Wahrung des Postgeheimnisses ist verpflichtet, wer geschäftsmäßig Postdienste erbringt oder daran mitwirkt. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die Erbringung der Postdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt von Postsendungen oder den näheren Umständen des Postverkehrs zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Postgeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Postsendungen oder Postverkehr bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Die Verbote des Absatzes 3 gelten nicht, soweit die dort bezeichneten Handlungen erforderlich sind, um

1.
bei entgeltbegünstigten Postsendungen das Vorliegen tariflicher Voraussetzungen zu prüfen,
2.
den Inhalt beschädigter Postsendungen zu sichern,
3.
den auf anderem Weg nicht feststellbaren Empfänger oder Absender einer unanbringlichen Postsendung zu ermitteln,
4.
körperliche Gefahren abzuwenden, die von einer Postsendung für Personen und Sachen ausgehen.
Die Auslieferung von Postsendungen an Ersatzempfänger im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung mit dem Absender ist zulässig.

(4a) Ein nach Absatz 2 Verpflichteter hat der zuständigen Strafverfolgungsbehörde eine Postsendung, über deren Inhalt er sich nach Absatz 4 Satz 1 Kenntnis verschafft hat, unverzüglich zur Nachprüfung vorzulegen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Postsendung eine strafbare Handlung nach

1.
den §§ 29 bis 30b des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 14. Januar 2021 (BGBl. I S. 70) geändert worden ist,
2.
§ 4 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes vom 21. November 2016 (BGBl. I S. 2615), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 3. Juli 2020 (BGBl. I S. 1555) geändert worden ist,
3.
§ 19 des Grundstoffüberwachungsgesetzes vom 11. März 2008 (BGBl. I S. 306), das zuletzt durch Artikel 92 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
4.
den §§ 95 und 96 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2870) geändert worden ist,
5.
§ 4 des Anti-Doping-Gesetzes vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2210), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 3. Juli 2020 (BGBl. I S. 1547) geändert worden ist,
6.
den §§ 51 und 52 des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 228 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
7.
den §§ 40 und 42 des Sprengstoffgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3518), das zuletzt durch Artikel 232 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
8.
den §§ 19 bis 21 und 22a des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), das zuletzt durch Artikel 36 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
9.
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2678),
in der jeweils geltenden Fassung begangen wird. Das Postgeheimnis nach Artikel 10 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt.

(5) Mitteilungen über den Postverkehr einer Person sind zulässig, soweit sie erforderlich sind, um Ansprüche gegen diese Person gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen, die im Zusammenhang mit der Erbringung einer Postdienstleistung entstanden sind, oder um die Verfolgung von Straftaten zu ermöglichen, die beim Postverkehr zum Schaden eines Postunternehmens begangen wurden.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium der Finanzen sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz werden ermächtigt, jeweils für ihren Geschäftsbereich die Einzelheiten zu den Sätzen 2 bis 4 durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(3) Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, an Maßnahmen der dienstlichen Qualifizierung zur Erhaltung oder Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teilzunehmen.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen und die ihm als Inhaber oder Beschäftigtem eines Unternehmens bekanntgeworden sind, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber oder Beschäftigter eines in Absatz 1 bezeichneten Unternehmens unbefugt

1.
eine Sendung, die einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraut worden und verschlossen ist, öffnet oder sich von ihrem Inhalt ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft,
2.
eine einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraute Sendung unterdrückt oder
3.
eine der in Absatz 1 oder in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Handlungen gestattet oder fördert.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Personen, die

1.
Aufgaben der Aufsicht über ein in Absatz 1 bezeichnetes Unternehmen wahrnehmen,
2.
von einem solchen Unternehmen oder mit dessen Ermächtigung mit dem Erbringen von Post- oder Telekommunikationsdiensten betraut sind oder
3.
mit der Herstellung einer dem Betrieb eines solchen Unternehmens dienenden Anlage oder mit Arbeiten daran betraut sind.

(4) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die ihm als außerhalb des Post- oder Telekommunikationsbereichs tätigem Amtsträger auf Grund eines befugten oder unbefugten Eingriffs in das Post- oder Fernmeldegeheimnis bekanntgeworden sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Dem Postgeheimnis unterliegen die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter Personen sowie der Inhalt von Postsendungen. Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Die Kürzung der Dienstbezüge ist die bruchteilmäßige Verminderung der monatlichen Dienstbezüge des Beamten um höchstens ein Fünftel auf längstens drei Jahre. Sie erstreckt sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat. Hat der Beamte aus einem früheren öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis einen Versorgungsanspruch erworben, bleibt dieser von der Kürzung der Dienstbezüge unberührt.

(2) Die Kürzung der Dienstbezüge beginnt mit dem Kalendermonat, der auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, gilt eine entsprechende Kürzung des Ruhegehalts (§ 11) als festgesetzt. Tritt der Beamte während der Dauer der Kürzung der Dienstbezüge in den Ruhestand, wird sein Ruhegehalt entsprechend wie die Dienstbezüge für denselben Zeitraum gekürzt. Sterbegeld sowie Witwen- und Waisengeld werden nicht gekürzt.

(3) Die Kürzung der Dienstbezüge wird gehemmt, solange der Beamte ohne Dienstbezüge beurlaubt ist. Er kann jedoch für die Dauer seiner Beurlaubung den Kürzungsbetrag monatlich vorab an den Dienstherrn entrichten; die Dauer der Kürzung der Dienstbezüge nach der Beendigung der Beurlaubung verringert sich entsprechend.

(4) Solange seine Dienstbezüge gekürzt werden, darf der Beamte nicht befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung abgekürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(5) Die Rechtsfolgen der Kürzung der Dienstbezüge erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht bei Anwendung des Absatzes 4 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren als dem bisherigen Amt der Beförderung gleich.

(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen. Soweit in der Entscheidung nichts anderes bestimmt ist, enden mit der Zurückstufung auch die Ehrenämter und die Nebentätigkeiten, die der Beamte im Zusammenhang mit dem bisherigen Amt oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstvorgesetzten übernommen hat.

(2) Die Dienstbezüge aus dem neuen Amt werden von dem Kalendermonat an gezahlt, der dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, erhält er Versorgungsbezüge nach der in der Entscheidung bestimmten Besoldungsgruppe.

(3) Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(4) Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht im Hinblick auf Absatz 3 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt als dem, in welches der Beamte zurückgestuft wurde, der Beförderung gleich.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tatbestand

1

Der 1962 geborene Beklagte ist seit 1989 Beamter auf Lebenszeit und war zuletzt als Kriminalkommissar beim Polizeipräsidium ... eingesetzt. Durch Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde er am 1. Dezember 2005 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Ihm wurde zur Last gelegt, am 10. Juni 2005 anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls 500 €, die in der Wohnung des Einbruchsopfers in einer Vitrine deponiert waren, an sich genommen zu haben. Er habe die Geldscheine jedoch, nachdem die Tat von der Geschädigten entdeckt worden sei, wieder zurückgelegt.

2

Im Disziplinarverfahren äußerte der Beklagte sich nicht; im sachgleichen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bestritt er die Tat. Das Verwaltungsgericht hat ihn auf die Disziplinarklage aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Seine Berufung hat das Oberverwaltungsgericht durch Urteil vom 12. Februar 2009 im Wesentlichen aus folgenden Gründen zurückgewiesen:

3

Es stehe fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme eines Diebstahlsdelikts Geldscheine im Wert von 500 € entwendet, sie nach Entdeckung der Tat aber wieder zurückgelegt habe. Außerdem habe er der Geschädigten mit nachteiligen Konsequenzen für den Fall gedroht, dass sie das Vorkommnis nicht auf sich beruhen lasse. Der Kläger habe sich nicht durch die tatsächlichen Feststellungen aus dem Strafbefehlsverfahren gebunden gefühlt, sondern diese Feststellungen lediglich ohne nochmalige Prüfung zu Grunde gelegt; dies sei nicht zu beanstanden. Der Umstand, dass weder im behördlichen noch im erstinstanzlichen Disziplinarverfahren Zeugen vernommen worden seien, sei gleichfalls unschädlich; im Übrigen habe das Oberverwaltungsgericht die Zeugenvernehmungen nachgeholt.

4

Als Disziplinarmaßnahme sei allein die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen. Es handle sich um ein die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigendes Zugriffsdelikt, das als besonders schweres Dienstvergehen einzustufen sei, weil der Beklagte einen Einsatz zur Aufklärung einer Straftat zur Begehung des Diebstahls "schamlos" ausgenutzt habe. Milderungsgründe seien nicht ersichtlich. Weder liege ein Handeln aus einer unverschuldeten unausweichlichen wirtschaftlichen Notlage vor noch eine unbedachte Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation oder eine Tat als Folge einer psychischen Zwangssituation. Auch habe der Beklagte den Schaden nicht vor Entdeckung wieder gutgemacht oder sich dem Dienstherrn freiwillig offenbart. Auch für sonstige den Beklagten entlastende Umstände sei nichts ersichtlich; vielmehr spreche gegen den Beklagten, dass ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren erst wenige Wochen vor dem hier betroffenen Vorfall eingestellt worden sei, in dem es um den Verdacht von Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Dienstkleidung gegangen sei. Die Entfernung aus dem Dienst sei auch nicht unverhältnismäßig, da die Schwere des Dienstvergehens dazu geführt habe, dass die Vertrauensgrundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses endgültig zerstört sei.

5

Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte die Verletzung von Verfahrens- und von materiellem Recht. Er beantragt schriftsätzlich,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2009 und des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2007 aufzuheben und auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

6

Der Kläger tritt der Revision entgegen und beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision, über die im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO, § 67 und § 3 Abs. 1 LDG NRW ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist mit der Maßgabe begründet, dass das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

9

Das Oberverwaltungsgericht war an einer Sachentscheidung nicht gehindert. Die Disziplinarklage ist zwar entgegen § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 85 Satz 1 i.V.m. § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt worden, obwohl er wirksam bevollmächtigt und bereits zu der beabsichtigten Klageerhebung förmlich angehört worden war. Der Zustellungsmangel ist jedoch dadurch geheilt, dass der Prozessbevollmächtigte die Klageschrift tatsächlich erhalten hat (§ 3 LDG NRW, § 56 Abs. 2 VwGO, § 189 ZPO). Er kann unabhängig davon auch deshalb nicht mehr gerügt werden, weil der Beklagte ihn in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht geltend gemacht hat (§ 295 ZPO). Gründe dafür, dass der Beklagte auf die Einhaltung des § 67 Abs. 6 Satz 5 VwGO nicht hätte verzichten können, sind auch unter Berücksichtigung der besonderen Förmlichkeit des Disziplinarverfahrens nicht ersichtlich.

10

Nach den gemäß § 137 Abs. 2 VwGO, § 67 Satz 1 LDG NRW bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nahm der Beklagte 500 € an sich, als er in der Wohnung der Geschädigten einen von ihr angezeigten Einbruchsdiebstahl aufnahm, legte das Geld allerdings zurück, nachdem die Geschädigte den Diebstahl bemerkt hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat dieses Verhalten als schweres innerdienstliches Dienstvergehen in der Form des Zugriffsdelikts bewertet. Als allein angemessene Disziplinarmaßnahme hat es die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angesehen. Dies beruht auf einem Verstoß gegen die Bemessungsgrundsätze des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW.

11

Ist das Vorliegen eines Dienstvergehens im Einzelfall festgestellt, richtet sich die Bemessung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LDG NRW insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens; dabei sind das Persönlichkeitsbild des Beamten und das Ausmaß der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Aus diesen gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, über die erforderliche Disziplinarmaßnahme auf Grund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu entscheiden. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 30.05 - Rn. 25 insofern nicht abgedruckt in Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 und - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16).

12

Den Bedeutungsgehalt der drei gesetzlichen Bemessungskriterien hat der Senat in seiner Rechtsprechung konkretisiert. Dabei geht er davon aus, dass die Schwere des Dienstvergehens als maßgebendes Kriterium der Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung ist (vgl. Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 13, vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - ZBR 2011, 414 Rn. 29 stRspr). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, nach Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und allen Umständen der Tatbegehung sowie nach den subjektiven Verhaltensmerkmalen - Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründe des Beamten für sein Verhalten - und den Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und Dritte. Hiervon ausgehend lassen sich, anknüpfend an die Rechtsprechung des Disziplinarsenats des Bundesverwaltungsgerichts, Fallgruppen von Dienstvergehen bestimmen, denen auf Grund ihrer Schwere jeweils eine der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist. Eine dieser Fallgruppen stellen so genannte Zugriffsdelikte dar, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die veruntreuten Beträge oder Werte die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.

13

Von der Höchstmaßnahme muss jedoch zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung des Disziplinarsenats oder des erkennenden Senats anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen oder psychischen Ausnahmesituationen - auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit (vgl. Beschluss vom 15. April 2010 - BVerwG 2 B 82.09 - juris; Urteil vom 29. Mai 2008 - a.a.O.) - Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung (Urteil vom 24. Mai 2007 - BVerwG 2 C 25.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 4). Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (Urteile vom 24. November 1992 - BVerwG 1 D 66.91 - BVerwGE 93, 314 und vom 11. November 2003 - BVerwG 1 D 5.03 - juris; stRspr).

14

Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht der anerkannten Milderungsgründe vergleichbar ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f., vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - a.a.O. Rn. 20 f. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22). Denn eine Zumessungsentscheidung, die vor dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Bestand haben soll, setzt voraus, dass die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten steht (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O., vom 3. Mai 2007 a.a.O. und vom 24. Mai 2007 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2004 - 2 BvR 52/02 - NJW 2005, 1344 <1346> m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn alle bemessungsrelevanten be- und entlastenden Gesichtspunkte ermittelt und in die Bemessungsentscheidung eingestellt worden sind.

15

Unter der Geltung dieser Bemessungsmaßstäbe können sich Entlastungsmomente aus allen denkbaren Umständen ergeben. Auch wenn keiner der anerkannten Milderungsgründe vorliegt, muss daher ernsthaft geprüft und ggf. durch Beweiserhebung aufgeklärt werden, ob Umstände vorliegen, die sich entweder von den anerkannten Milderungsgründen grundsätzlich unterscheiden oder ihnen zwar vergleichbar sind, aber ihr Gewicht nicht erreichen. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinarischen Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Die anerkannten Milderungsgründe bieten Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Dabei muss das Gewicht der Entlastungsgründe um so größer sein, je schwerer das Zugriffsdelikt auf Grund der Höhe des Schadens, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von "Begleitdelikten" und anderer belastender Gesichtspunkte im Einzelfall wiegt. Im umgekehrten Fall eines weniger schwer wiegenden - etwa die Geringfügigkeitsgrenze nur unwesentlich überschreitenden - Zugriffsdelikts kann ein geringeres Gewicht der Entlastungsgründe ausreichen (Urteile vom 24. Mai 2007 a.a.O und vom 29. Mai 2008 a.a.O.). Danach kommt jedenfalls bei einem einmaligen Fehlverhalten ohne belastende Begleitumstände mit einem begrenzten Schaden ernsthaft in Betracht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Zudem sind Entlastungsgründe nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. BTDrucks 14/4659 S. 35 - zu § 3 BDG) bereits dann einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen (Urteile des Disziplinarsenats vom 6. Juni 2007 - BVerwG 1 D 2.06 - juris und vom 30. September 1992 - BVerwG 1 D 32.91 - BVerwGE 93, 294 <297>).

16

Nach diesen Maßstäben hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW begangen. Insoweit ist der Würdigung durch das Berufungsgericht im Ergebnis zuzustimmen. Allerdings ist das dem Beklagten vorgeworfene Dienstvergehen kein Zugriffsdelikt im Sinne der vorzitierten Rechtsprechung, da dem Beklagten das von ihm entwendete Geld nicht dienstlich anvertraut war und er durch seine Tat den Vermögensbestand zu Lasten des Dienstherrn nicht unmittelbar vermindert hat (Urteile vom 21. Juli 1998 - BVerwG 1 D 51.97 - juris Rn. 18 und vom 6. Februar 2001 - BVerwG 1 D 67.99 - Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 24 S. 10). Der Umstand, dass der Beklagte seine dienstliche Anwesenheit in der Wohnung der Geschädigten anlässlich der Aufnahme eines Einbruchsdiebstahls zur Begehung eines Diebstahls ausgenutzt hat, rechtfertigt es jedoch, sein Verhalten hinsichtlich der Schwere des Delikts einem Zugriffsdelikt gleichzustellen. Ihm ist der Vorwurf eines schweren Versagens im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten zu machen. Dienstherr, Geschädigte und Öffentlichkeit müssen sich auf die Ehrlichkeit und Gesetzestreue von Polizeibeamten im Einsatz, deren Aufgabe die Wahrung der Rechtsordnung und Verfolgung von Rechtsverstößen ist, unbedingt verlassen können (vgl. Urteil vom 23. August 1988 - BVerwG 1 D 136.87 - NJW 1989, 851; vgl. zum gleich gestellten Fall des "Kollegendiebstahls" Urteile vom 29. Mai 2008 a.a.O. und vom 29. September 1998 - BVerwG 1 D 82.97 - juris). Auch überschreitet die vom Beklagten entwendete Summe von 500 € die Schwelle der Geringwertigkeit (50 €) deutlich.

17

Das Oberverwaltungsgericht verletzt jedoch insoweit revisibles Recht, als es bei seiner Entscheidung gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW einen endgültigen Vertrauensverlust angenommen hat, ohne zuvor eine umfassende Prognoseentscheidung unter ernsthafter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu treffen. Es hat sich im Anschluss an die Prüfung der anerkannten Milderungsgründe auf die Feststellung beschränkt, die von der Schwere des Dienstvergehens ausgehende Indizwirkung entfalle nicht auf Grund einer Berücksichtigung "aller sonst den Beklagten entlastenden Umstände"; Ursache und Motiv für das Dienstvergehen lägen im Dunkeln. Diese Darlegungen lassen nicht erkennen, dass das Oberverwaltungsgericht die erforderliche Prognoseentscheidung zum Umfang der vom Beklagten verursachten Vertrauensbeeinträchtigung auf einer hinreichenden Prognosegrundlage - die zudem im Urteil offen zu legen ist - getroffen hat.

18

In die Gesamtabwägung waren danach auf der Seite der den Beklagten belastenden Umstände zunächst diejenigen einzustellen, die der dienstlichen Verfehlung das Gewicht eines schweren Dienstvergehens gegeben haben. Zu Lasten des Beklagten war ferner ggf. zu berücksichtigen, ob die - bisher nicht hinreichend aufgeklärte - Bemerkung des Beklagten zu sozialhilferechtlichen Folgen des Vorhandenseins einer Summe von 500 € einen Versuch darstellte, die Geschädigte durch Drohung von Maßnahmen gegen ihn abzuhalten. Auf der Seite der den Beklagten entlastenden Umstände durfte das Oberverwaltungsgericht nicht offen lassen, wie die sofortige Rückgabe des Geldes zu bewerten ist, auch wenn dies den Tatbestand der Wiedergutmachung vor Entdeckung als eines anerkannten Milderungsgrundes nicht erfüllt. Anlass zur näheren Aufklärung der Motivlage des Beklagten in diesem Zusammenhang bietet bereits der Umstand, dass der Beklagte mit der Rückgabe des Geldes den gegenüber einer bloßen Passivität nach der Diebstahlshandlung risikoreicheren Weg einer Rückgabe des Geldes trotz Entdeckung der Tat gewählt hat, da er damit rechnen musste, bei dem Versuch, das Geld zurückzulegen, beobachtet zu werden. Auch hat das Oberverwaltungsgericht nicht aufgeklärt, was den Beklagten zur Tat veranlasst hat, obwohl sich dies angesichts der konkreten Tatumstände aufgedrängt hätte. Die erforderliche Aufklärung der Tatumstände und etwaiger mildernder Umstände kann freilich dort ihre Grenze finden, wo der Beklagte auf seiner Weigerung beharrt, dem Gericht gegenüber nähere Angaben zu machen, wenn ihm hinreichend deutlich ist, dass die Aufklärungsbemühungen des Gerichts umfassend auch auf denkbare entlastende Umstände zielen.

19

Zugunsten des Beklagten war ferner zu berücksichtigen, dass er disziplinarisch nicht vorbelastet ist. Das Oberverwaltungsgericht hat dies zwar erwähnt, gleichwohl aber zu Lasten des Beklagten berücksichtigt, dass erst wenige Wochen vor dem angeschuldigten Dienstvergehen ein gegen ihn geführtes Disziplinarverfahren eingestellt worden war. Auch die angeschlossene Bemerkung, der Beklagte habe wissen müssen, dass er unter Beobachtung stand, lässt nicht deutlich erkennen, ob das Oberverwaltungsgericht das folgenlose Disziplinarverfahren als belastenden Umstand eingestuft hat oder nicht.

20

Mangels ausreichender Feststellungen ist der Senat nicht in der Lage, selbst über die angemessene Maßnahme zu entscheiden. Die Sache ist nicht spruchreif und deshalb an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.

(1) Dem Postgeheimnis unterliegen die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter natürlicher oder juristischer Personen sowie der Inhalt von Postsendungen.

(2) Zur Wahrung des Postgeheimnisses ist verpflichtet, wer geschäftsmäßig Postdienste erbringt oder daran mitwirkt. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch nach dem Ende der Tätigkeit fort, durch die sie begründet worden ist.

(3) Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die Erbringung der Postdienste erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt von Postsendungen oder den näheren Umständen des Postverkehrs zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Postgeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Eine Verwendung dieser Kenntnisse für andere Zwecke, insbesondere die Weitergabe an andere, ist nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere gesetzliche Vorschrift dies vorsieht und sich dabei ausdrücklich auf Postsendungen oder Postverkehr bezieht. Die Anzeigepflicht nach § 138 des Strafgesetzbuches hat Vorrang.

(4) Die Verbote des Absatzes 3 gelten nicht, soweit die dort bezeichneten Handlungen erforderlich sind, um

1.
bei entgeltbegünstigten Postsendungen das Vorliegen tariflicher Voraussetzungen zu prüfen,
2.
den Inhalt beschädigter Postsendungen zu sichern,
3.
den auf anderem Weg nicht feststellbaren Empfänger oder Absender einer unanbringlichen Postsendung zu ermitteln,
4.
körperliche Gefahren abzuwenden, die von einer Postsendung für Personen und Sachen ausgehen.
Die Auslieferung von Postsendungen an Ersatzempfänger im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung mit dem Absender ist zulässig.

(4a) Ein nach Absatz 2 Verpflichteter hat der zuständigen Strafverfolgungsbehörde eine Postsendung, über deren Inhalt er sich nach Absatz 4 Satz 1 Kenntnis verschafft hat, unverzüglich zur Nachprüfung vorzulegen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass mit der Postsendung eine strafbare Handlung nach

1.
den §§ 29 bis 30b des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 14. Januar 2021 (BGBl. I S. 70) geändert worden ist,
2.
§ 4 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes vom 21. November 2016 (BGBl. I S. 2615), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 3. Juli 2020 (BGBl. I S. 1555) geändert worden ist,
3.
§ 19 des Grundstoffüberwachungsgesetzes vom 11. März 2008 (BGBl. I S. 306), das zuletzt durch Artikel 92 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
4.
den §§ 95 und 96 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2870) geändert worden ist,
5.
§ 4 des Anti-Doping-Gesetzes vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2210), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 3. Juli 2020 (BGBl. I S. 1547) geändert worden ist,
6.
den §§ 51 und 52 des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), das zuletzt durch Artikel 228 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
7.
den §§ 40 und 42 des Sprengstoffgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2002 (BGBl. I S. 3518), das zuletzt durch Artikel 232 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
8.
den §§ 19 bis 21 und 22a des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), das zuletzt durch Artikel 36 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist,
9.
§ 13 des Ausgangsstoffgesetzes vom 3. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2678),
in der jeweils geltenden Fassung begangen wird. Das Postgeheimnis nach Artikel 10 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt.

(5) Mitteilungen über den Postverkehr einer Person sind zulässig, soweit sie erforderlich sind, um Ansprüche gegen diese Person gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen, die im Zusammenhang mit der Erbringung einer Postdienstleistung entstanden sind, oder um die Verfolgung von Straftaten zu ermöglichen, die beim Postverkehr zum Schaden eines Postunternehmens begangen wurden.

(1) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die dem Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen und die ihm als Inhaber oder Beschäftigtem eines Unternehmens bekanntgeworden sind, das geschäftsmäßig Post- oder Telekommunikationsdienste erbringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Inhaber oder Beschäftigter eines in Absatz 1 bezeichneten Unternehmens unbefugt

1.
eine Sendung, die einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraut worden und verschlossen ist, öffnet oder sich von ihrem Inhalt ohne Öffnung des Verschlusses unter Anwendung technischer Mittel Kenntnis verschafft,
2.
eine einem solchen Unternehmen zur Übermittlung anvertraute Sendung unterdrückt oder
3.
eine der in Absatz 1 oder in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Handlungen gestattet oder fördert.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Personen, die

1.
Aufgaben der Aufsicht über ein in Absatz 1 bezeichnetes Unternehmen wahrnehmen,
2.
von einem solchen Unternehmen oder mit dessen Ermächtigung mit dem Erbringen von Post- oder Telekommunikationsdiensten betraut sind oder
3.
mit der Herstellung einer dem Betrieb eines solchen Unternehmens dienenden Anlage oder mit Arbeiten daran betraut sind.

(4) Wer unbefugt einer anderen Person eine Mitteilung über Tatsachen macht, die ihm als außerhalb des Post- oder Telekommunikationsbereichs tätigem Amtsträger auf Grund eines befugten oder unbefugten Eingriffs in das Post- oder Fernmeldegeheimnis bekanntgeworden sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Dem Postgeheimnis unterliegen die näheren Umstände des Postverkehrs bestimmter Personen sowie der Inhalt von Postsendungen. Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmeldegeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Umstände erfolgloser Verbindungsversuche.

(1) Die Kürzung der Dienstbezüge ist die bruchteilmäßige Verminderung der monatlichen Dienstbezüge des Beamten um höchstens ein Fünftel auf längstens drei Jahre. Sie erstreckt sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat. Hat der Beamte aus einem früheren öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis einen Versorgungsanspruch erworben, bleibt dieser von der Kürzung der Dienstbezüge unberührt.

(2) Die Kürzung der Dienstbezüge beginnt mit dem Kalendermonat, der auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, gilt eine entsprechende Kürzung des Ruhegehalts (§ 11) als festgesetzt. Tritt der Beamte während der Dauer der Kürzung der Dienstbezüge in den Ruhestand, wird sein Ruhegehalt entsprechend wie die Dienstbezüge für denselben Zeitraum gekürzt. Sterbegeld sowie Witwen- und Waisengeld werden nicht gekürzt.

(3) Die Kürzung der Dienstbezüge wird gehemmt, solange der Beamte ohne Dienstbezüge beurlaubt ist. Er kann jedoch für die Dauer seiner Beurlaubung den Kürzungsbetrag monatlich vorab an den Dienstherrn entrichten; die Dauer der Kürzung der Dienstbezüge nach der Beendigung der Beurlaubung verringert sich entsprechend.

(4) Solange seine Dienstbezüge gekürzt werden, darf der Beamte nicht befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung abgekürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(5) Die Rechtsfolgen der Kürzung der Dienstbezüge erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht bei Anwendung des Absatzes 4 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren als dem bisherigen Amt der Beförderung gleich.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen. Soweit in der Entscheidung nichts anderes bestimmt ist, enden mit der Zurückstufung auch die Ehrenämter und die Nebentätigkeiten, die der Beamte im Zusammenhang mit dem bisherigen Amt oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstvorgesetzten übernommen hat.

(2) Die Dienstbezüge aus dem neuen Amt werden von dem Kalendermonat an gezahlt, der dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, erhält er Versorgungsbezüge nach der in der Entscheidung bestimmten Besoldungsgruppe.

(3) Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(4) Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht im Hinblick auf Absatz 3 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt als dem, in welches der Beamte zurückgestuft wurde, der Beförderung gleich.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Divergenz gestützte Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO und § 69 BDG) ist unbegründet.

2

1. Der 1947 geborene Beklagte stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand zum 1. Februar 2013 als Technischer Postamtsrat (BesGr A 12 BBesO) im Dienst der Klägerin. Durch Strafbefehl wurde der Beklagte im Jahr 2005 wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt. Im sachgleichen Disziplinarverfahren stufte ihn das Verwaltungsgericht im Juli 2007 in das Amt eines Technischen Postamtsrats zurück.

3

Anlässlich einer Durchsuchung seiner Wohnung und seines Arbeitsplatzes im November 2007 wurden beim Beklagten 1 200 kinderpornographische Schriften festgestellt. Der Beklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Dienst entfernt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt wird. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

4

Das außerdienstliche Dienstvergehen des Besitzes kinderpornographischer Schriften sei nach Maßgabe des § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. disziplinarwürdig. Orientierungsrahmen für die disziplinarrechtliche Ahndung dieses Dienstvergehens sei ausgehend von der maßgeblichen Strafandrohung die Zurückstufung. Da es sich hier aber um einen wiederholten, gleichgelagerten Pflichtenverstoß handele, sei ein endgültiger Vertrauensverlust im Sinne von § 13 Abs. 2 BDG eingetreten.

5

2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde des Beklagten beimisst (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 69 BDG).

6

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Das ist hier nicht der Fall.

7

Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage, nach welchen Bemessungskriterien die erforderliche Disziplinarmaßnahme für das wiederholte Dienstvergehen des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften zu bestimmen ist. Diese Frage vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen, weil sie sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme nach § 13 BDG auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens dahingehend beantworten lässt, dass eine einschlägige Vorbelastung zu berücksichtigen ist und auch zur disziplinarischen Höchstmaßnahme führen kann.

8

Die erforderliche Disziplinarmaßnahme ist stets aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Umstände zu bestimmen, wobei der Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG maßgebende Bedeutung zukommt. Danach sind die Arten (Fallgruppen) von Dienstvergehen nach ihrer disziplinarrechtlichen Bedeutung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme als Regelmaßnahme oder einem Orientierungsrahmen zuzuordnen (stRspr, vgl. nur Urteile vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 20 ff. und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18 jeweils Rn. 28 f.).

9

Die Schwere disziplinarrechtlich relevanter außerdienstlicher Straftaten richtet sich in erster Linie nach dem gesetzlichen Strafrahmen, weil der Gesetzgeber dadurch den Unrechtsgehalt verbindlich zum Ausdruck bringt. Diese gesetzliche Wertung ist Maßstab für die Beurteilung, in welchem Maß der Beamte durch sein strafbares Verhalten eine disziplinarrechtlich bedeutsame Schädigung des Ansehens des öffentlichen Dienstes herbeigeführt hat (stRspr; vgl. nur Urteile vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 25 f. und - BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 22 f.). Für die disziplinarrechtliche Ahndung des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischen Materials hat der Senat aus dem seit 2003 geltenden Strafrahmen des § 184b Abs. 4 StGB von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geschlossen, dass für die Maßnahmebemessung auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist, wenn das Dienstvergehen keinen Bezug zu den dienstlichen Aufgaben des Beamten aufweist und dieser keine herausgehobene Vorgesetzten- und Leitungsfunktion innehat (Urteile vom 19. August 2010 a.a.O.). Die aus dem Orientierungsrahmen fallende Entfernung aus dem Beamtenverhältnis darf nur ausgesprochen werden, wenn im Einzelfall besonders gewichtige Erschwerungsgründe vorliegen, die nicht durch Milderungsgründe kompensiert werden (Beschluss vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 7 ff.). Zu diesen belastenden Umständen zählt auch eine Vorbelastung des Beamten.

10

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bemessung einer Disziplinarmaßnahme ist anerkannt, dass zum Persönlichkeitsbild des Beamten im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 3 BDG insbesondere frühere disziplinarische oder strafrechtliche Verfehlungen gehören, deren Berücksichtigung bei der Maßnahmebemessung kein rechtliches Hindernis entgegensteht, und dass diese Verfehlungen bei der Würdigung sämtlicher Umstände belastend zu berücksichtigen sind. Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der gesamten Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten. Aus einer Vorbelastung kann geschlossen werden, dass sich der Beamte eine vorherige strafgerichtliche oder disziplinarische Sanktionierung nicht hat zur Mahnung dienen lassen, so dass eine stufenweise Steigerung der Disziplinarmaßnahme geboten ist. Das Gewicht der Vorbelastung im Einzelfall, die als erschwerender Umstand auch zur Höchstmaßnahme führen kann, hängt vor allem von der dafür rechts- oder bestandskräftig ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme und vom zeitlichen Abstand zur neuen Verfehlung ab (zuletzt Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 22 und Beschluss vom 11. Februar 2014 - BVerwG 2 B 37.12 - juris Rn. 33; aus der Rechtsprechung des Disziplinarsenats, Urteil vom 11. Dezember 2001 - BVerwG 1 D 2.01 - juris Rn. 31 m.w.N.).

11

Ob danach das wiederholte Dienstvergehen des außerdienstlichen Besitzes von kinderpornographischen Schriften zur Höchstmaßnahme führt, ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine der Würdigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls.

12

3. Die Revision ist auch nicht wegen der vom Beklagten geltend gemachten Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO und § 69 BDG) zuzulassen.

13

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl. Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).

14

Hieran gemessen ist die Divergenzrüge des Beklagten unbegründet.

15

In Bezug auf den Beschluss des Senats vom 14. Mai 2012 - BVerwG 2 B 146.11 - (NVwZ-RR 2012, 658) legt der Beklagte keinen prinzipiellen Auffassungsunterschied zwischen den Grundsätzen des Bundesverwaltungsgerichts zur Bemessung der Disziplinarmaßnahme beim außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Schriften und den Grundsätzen des Verwaltungsgerichtshofs dar. Der genannte Senatsbeschluss betrifft das erstmalige Dienstvergehen des außerdienstlichen Besitzes kinderpornographischer Schriften. Demgegenüber ist der Fall des Beklagten durch die Besonderheit eines wiederholten, gleichgelagerten Pflichtenverstoßes gekennzeichnet, die die über die Zurückstufung hinausgehende disziplinarische Ahndung rechtfertigt.

16

Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs weicht auch nicht vom Senatsbeschluss vom 26. Juni 2012 - BVerwG 2 B 28.12 - (NVwZ 2012, 1196) ab. Dieser Beschluss betrifft die Konstellation, dass der betreffende Beamte kinderpornographische Schriften nicht nur besessen, sondern diese anderen zugänglich gemacht hat. Dem Senatsbeschluss ist aber nicht die rechtsgrundsätzliche Aussage zu entnehmen, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Sanktionierung eines Dienstvergehens eines Beamten im Zusammenhang mit kinderpornographischen Schriften allein bei der Straftat des Zugänglichmachens der Schriften in Betracht kommt.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 77 Abs. 1 BDG. Einer Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden.

(1) Ein Verweis darf nach zwei Jahren, eine Geldbuße, eine Kürzung der Dienstbezüge und eine Kürzung des Ruhegehalts dürfen nach drei Jahren und eine Zurückstufung darf nach sieben Jahren bei weiteren Disziplinarmaßnahmen und bei sonstigen Personalmaßnahmen nicht mehr berücksichtigt werden (Verwertungsverbot). Der Beamte gilt nach dem Eintritt des Verwertungsverbots als von der Disziplinarmaßnahme nicht betroffen.

(2) Die Frist für das Verwertungsverbot beginnt, sobald die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme unanfechtbar ist. Sie endet nicht, solange ein gegen den Beamten eingeleitetes Straf- oder Disziplinarverfahren nicht unanfechtbar abgeschlossen ist, eine andere Disziplinarmaßnahme berücksichtigt werden darf, eine Entscheidung über die Kürzung der Dienstbezüge noch nicht vollstreckt ist oder ein gerichtliches Verfahren über die Beendigung des Beamtenverhältnisses oder über die Geltendmachung von Schadenersatz gegen den Beamten anhängig ist.

(3) Eintragungen in der Personalakte über die Disziplinarmaßnahme sind nach Eintritt des Verwertungsverbots von Amts wegen zu entfernen und zu vernichten. Das Rubrum und die Entscheidungsformel einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung, mit der auf eine Zurückstufung erkannt wurde, verbleiben in der Personalakte. Dabei sind die Bezeichnung weiterer Beteiligter und der Bevollmächtigten, die Namen der Richter sowie die Kostenentscheidung unkenntlich zu machen. Auf Antrag des Beamten unterbleibt die Entfernung oder erfolgt eine gesonderte Aufbewahrung. Der Antrag ist innerhalb eines Monats zu stellen, nachdem dem Beamten die bevorstehende Entfernung mitgeteilt und er auf sein Antragsrecht und die Antragsfrist hingewiesen worden ist. Wird der Antrag gestellt oder verbleiben Rubrum und Entscheidungsformel einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung nach Satz 2 in der Personalakte, ist das Verwertungsverbot bei den Eintragungen zu vermerken.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für Disziplinarvorgänge, die nicht zu einer Disziplinarmaßnahme geführt haben. Die Frist für das Verwertungsverbot beträgt, wenn das Disziplinarverfahren nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 eingestellt wird, drei Monate und im Übrigen zwei Jahre. Die Frist beginnt mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung, die das Disziplinarverfahren abschließt, im Übrigen mit dem Tag, an dem der Dienstvorgesetzte, der für die Einleitung des Disziplinarverfahrens zuständig ist, zureichende tatsächliche Anhaltspunkte erhält, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.

(5) Auf die Entfernung und Vernichtung von Disziplinarvorgängen, die zu einer missbilligenden Äußerung geführt haben, findet § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 des Bundesbeamtengesetzes Anwendung.

Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Gründe

1

Die allein auf die Behauptung von Verfahrensfehlern gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet (§ 69 BDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

2

1. Der 1977 geborene Beklagte stand bis zu seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit im Jahr 2008 als Polizeimeister im Dienst der Klägerin. Noch vor der Zurruhesetzung verurteilte ihn das Amtsgericht wegen Verbreitens in Tateinheit mit Besitz von kinderpornographischen Schriften zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen. Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil hat der Beklagte Ende 2005 über das Computerprogramm emule kinderpornographische Bilder und Videos auf seinen Rechner geladen und anderen Programmnutzern zur Verfügung gestellt.

3

Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt, die hiergegen gerichtete Berufung blieb erfolglos. In den Entscheidungsgründen hat das Oberverwaltungsgericht dabei den hilfsweise gestellten Antrag, ein psychiatrisches Fachgutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass der Beklagte zum Tatzeitpunkt in seiner Schuldfähigkeit eingeschränkt war, als unzulässig abgelehnt.

4

2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel der angegriffenen Entscheidung liegen nicht vor.

5

a) Die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht zu beanstanden.

6

Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2, § 165 ZPO) hat der Bevollmächtigte des Beklagten den Hilfsantrag auf Einholung eines psychiatrischen Fachgutachtens gestellt, „zum Beweis dafür, dass der Beamte zum Zeitpunkt der Tat in seiner Schuld eingeschränkt war“. Diesen Antrag hat das Oberverwaltungsgericht ohne zu beanstandenden Rechtsfehler als Beweisermittlungsantrag qualifiziert (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 3 StR 365/11 - NStZ 2012, 280 Rn. 6; hierzu auch BVerwG, Beschluss vom 30. Mai 2014 - BVerwG 10 B 34.14 - juris Rn. 7).

7

Der Antrag ist nicht auf die Ermittlung einer Tatsache gerichtet, die von einem medizinischen Sachverständigen hätte festgestellt werden können. Dieser wäre vielmehr alleine in der Lage gewesen, Auskunft zum Vorliegen einer krankhaften seelischen Störung und deren möglicher Auswirkungen zu geben. Der Antrag ist daher nicht auf die Erhebung von Tatsachen gerichtet, sondern auf deren rechtliche Bewertung. Ihm kommt damit in rechtlicher Hinsicht nur die Bedeutung zu, weitere - nicht benannte - Sachverhaltserforschungen durch das Gericht anzuregen, die Grundlage für die begehrten Schlussfolgerungen sein könnten.

8

b) Das Oberverwaltungsgericht hat mit dem Unterlassen weiterer Ermittlungen zum Vorliegen einer psychischen Erkrankung des Beklagten im Tatzeitpunkt auch nicht gegen die ihm von Amts wegen obliegende Aufklärungspflicht (§ 65 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 1 BDG) verstoßen.

9

Allerdings ist die vom Oberverwaltungsgericht hierfür gegebene Begründung in Teilen rechtsfehlerhaft. Die Annahme, aus dem Nichterscheinen des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung könne ein Argument für das Unterlassen weiterer Aufklärungsmaßnahmen über seinen Gesundheitszustand im Tatzeitpunkt entnommen werden, trifft nicht zu.

10

Das Oberverwaltungsgericht hat in der Ladungsverfügung das persönliche Erscheinen des Beklagten zum Verhandlungstermin nicht angeordnet und darauf hingewiesen, dass im Falle seines Ausbleibens ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne. Auch wenn das Anschreiben den Zusatz enthielt, das persönliche Erscheinen des Beklagten sei erwünscht, stand ihm die Teilnahme an der Verhandlung daher frei. Zulässiges Prozessverhalten - wie hier der Verzicht auf eine persönliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung - kann jedoch grundsätzlich nicht zu Lasten des Beklagten gewertet werden (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 62.11 - NVwZ-RR 2013, 693 Rn. 51 f.).

11

Besondere Umstände, aus denen sich vorliegend etwas anderes ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Soweit das Oberverwaltungsgericht darauf verwiesen hat, der Beklagte habe sich im Strafverfahren nicht auf eine verminderte Schuldfähigkeit berufen, folgt hieraus nichts anderes. Vielmehr lagen die ärztlichen Bescheinigungen, die Anknüpfungspunkt des Vorbringens im Berufungsverfahren waren, damals noch nicht vor. Der Vortrag, hieraus ergäben sich Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit, konnte daher auch noch nicht erfolgen. Auch die Annahme, der Befundbericht der Charité-Klinik vom 11. Mai 2011 beruhe auf einer unterlassenen Angabe der begangenen Straftat, ist ungewiss. Entsprechendes gilt für die Frage, ob sich hieraus ggf. Einschränkungen des Aussagegehalts für den Gesundheitszustand im davor liegenden Tatzeitpunkt ergeben könnten.

12

Unabhängig hiervon ist die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, es seien keine hinreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen einer erheblichen Gesundheitsstörung im Zeitpunkt der Tatbegehung ersichtlich, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht war daher nicht verpflichtet, weitere Aufklärungsmaßnahmen hierzu anzustellen.

13

Bereits im Urteil des Verwaltungsgerichts (UA S. 15) war ausgeführt worden, Anhaltspunkte für eine körperliche oder psychische Beeinträchtigung des Beklagten im Zeitpunkt des Dienstvergehens gebe es nicht. Vielmehr sei auch in der Stellungnahme des sozialmedizinischen Dienstes vom 21. August 2007 alleine auf Beeinträchtigungen im Zuge des anhängigen Gerichts- und Disziplinarverfahrens verwiesen worden. Dagegen gerichtete Angriffe enthält die Berufungsbegründung nicht. Vielmehr wird hierauf Bezug genommen um zu belegen, dass der Vorfall den Beklagten erheblich gesundheitlich in Mitleidenschaft gezogen habe (Berufungsbegründung vom 14. April 2011, S. 4). Neue Hinweise auf eine möglicherweise verminderte Schuldfähigkeit schon im Zeitpunkt der Tatbegehung konnten sich daher nur aus den nachfolgend vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen ergeben.

14

Die Stellungnahme der Charité-Klinik vom 11. Mai 2011 trifft - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - indes keine Aussagen zum Gesundheitszustand des Beklagten in diesem Zeitpunkt. Der einzige Bezugspunkt zu vor der Straftat liegenden Zeiträumen liegt in der im Rahmen der Anamnese festgehaltenen Aussage, der Beklagte habe seit 1998 Schwierigkeiten mit Vorgesetzten hinsichtlich Fragen des Dienstablaufs gehabt. Anhaltspunkte für eine seelische Störung im Sinne des § 20 StGB ergeben sich hieraus nicht. Entsprechendes gilt für das sozialmedizinische Gutachten vom 21. Mai 2008. Dieses befasst sich mit der Frage, ob der Beklagte aktuell noch dienstfähig ist; es trifft aber keine Aussagen, denen Hinweise auf eine mögliche Erkrankung im Tatzeitpunkt entnommen werden könnten.

15

Auch aus der mit der Beschwerde in Bezug genommenen Bescheinigung von Dr. ... vom 28. Juni 1999 ergibt sich keine andere Bewertung. Zwar war dort der Verdacht auf eine dissoziative Störung angesprochen worden. Anhaltspunkte dafür, dass sich dieser Verdacht nachfolgend erhärtet hätte und eine etwaige Störung im Zeitpunkt der Tatbegehung noch vorhanden gewesen sein könnte, sind den nachfolgenden Arztberichten indes nicht zu entnehmen. Dort war das Vorliegen einer chronischen psychischen Erkrankung vielmehr verneint worden (vgl. etwa den Bericht Dr. ... vom 1. März 2007).

16

c) Nicht zu beanstanden ist schließlich auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass es sich bei den Bilddateien teilweise um Darstellungen von schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB handelte.

17

Nach den tatsächlichen Feststellungen im Strafurteil, die gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG im Disziplinarverfahren grundsätzlich bindend sind, enthielten die auf dem Rechner des Beklagten befindlichen Dateien Darstellungen von Mädchen und Jungen deutlich unter 14 Jahren, die mit Erwachsenen oder anderen Kindern sexuelle Handlungen einschließlich Vaginal-, Oral- und Handverkehr sowie das Einführen von Gegenständen in die Genitalien zum Gegenstand hatten. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, bei den Dateien handele es sich auch um Abbildungen von schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB, kann sich daher auf eine hinreichende Tatsachengrundlage stützen.

18

Dem steht entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht entgegen, dass der Beklagte selbst nicht wegen entsprechender Straftaten verurteilt worden ist. Gegenstand des gegen den Beklagten geführten Strafverfahrens war nicht der sexuelle Missbrauch der auf den Dateien abgebildeten Kinder. Zur Last gelegt worden war ihm vielmehr nur der Besitz und die Weitergabe der Dateien. Für die strafrechtliche Beurteilung hierzu war die Einordnung der abgebildeten Missbrauchsfälle unter den Tatbestand des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erforderlich.

19

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

20

Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil sich die Höhe der Gerichtskosten streitwertunabhängig aus dem Gesetz ergibt (vgl. § 78 Satz 1 BDG i.V.m. Nr. 11 und 62 des als Anlage zu diesem Gesetz erlassenen Gebührenverzeichnisses).

Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.

(1) Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt. Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen. Soweit in der Entscheidung nichts anderes bestimmt ist, enden mit der Zurückstufung auch die Ehrenämter und die Nebentätigkeiten, die der Beamte im Zusammenhang mit dem bisherigen Amt oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstvorgesetzten übernommen hat.

(2) Die Dienstbezüge aus dem neuen Amt werden von dem Kalendermonat an gezahlt, der dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, erhält er Versorgungsbezüge nach der in der Entscheidung bestimmten Besoldungsgruppe.

(3) Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(4) Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht im Hinblick auf Absatz 3 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt als dem, in welches der Beamte zurückgestuft wurde, der Beförderung gleich.

(1) Die Kürzung der Dienstbezüge ist die bruchteilmäßige Verminderung der monatlichen Dienstbezüge des Beamten um höchstens ein Fünftel auf längstens drei Jahre. Sie erstreckt sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat. Hat der Beamte aus einem früheren öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis einen Versorgungsanspruch erworben, bleibt dieser von der Kürzung der Dienstbezüge unberührt.

(2) Die Kürzung der Dienstbezüge beginnt mit dem Kalendermonat, der auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt. Tritt der Beamte vor Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung in den Ruhestand, gilt eine entsprechende Kürzung des Ruhegehalts (§ 11) als festgesetzt. Tritt der Beamte während der Dauer der Kürzung der Dienstbezüge in den Ruhestand, wird sein Ruhegehalt entsprechend wie die Dienstbezüge für denselben Zeitraum gekürzt. Sterbegeld sowie Witwen- und Waisengeld werden nicht gekürzt.

(3) Die Kürzung der Dienstbezüge wird gehemmt, solange der Beamte ohne Dienstbezüge beurlaubt ist. Er kann jedoch für die Dauer seiner Beurlaubung den Kürzungsbetrag monatlich vorab an den Dienstherrn entrichten; die Dauer der Kürzung der Dienstbezüge nach der Beendigung der Beurlaubung verringert sich entsprechend.

(4) Solange seine Dienstbezüge gekürzt werden, darf der Beamte nicht befördert werden. Der Zeitraum kann in der Entscheidung abgekürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.

(5) Die Rechtsfolgen der Kürzung der Dienstbezüge erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis. Hierbei steht bei Anwendung des Absatzes 4 die Einstellung oder Anstellung in einem höheren als dem bisherigen Amt der Beförderung gleich.

(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Für die Zulassung der Revision, für die Form und Frist der Einlegung der Revision und der Einlegung der Beschwerde gegen ihre Nichtzulassung sowie für die Revisionsgründe gelten die §§ 132, 133, 137 bis 139 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Für die Revision gegen das Urteil eines Oberverwaltungsgerichts über eine Klage aus dem Beamtenverhältnis gilt folgendes:

1.
Die Revision ist außer in den Fällen des § 132 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung zuzulassen, wenn das Urteil von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist.
2.
Die Revision kann außer auf die Verletzung von Bundesrecht darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Landesrecht beruht.