Arzttermin versäumt - Muss der Patient zahlen?
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Dieser Beitrag geht der Frage nach, ob ein Patient, der zu einem Behandlungstermin nicht erscheint oder ihn ganz kurzfristig absagt, dem Arzt deshalb zum Schadenersatz verpflichtet ist.
Das AG Bremen hat mit Urteil vom 09.02.2012 - 9 C 0566/11 einen solchen Anspruch verneint. Schließlich werde für die Nichtwahrnehmung anderer reservierter Dienstleistungen (Friseur, Theater, Kino) eine Erstattungspflicht auch nicht vertreten. Es sei nicht ersichtlich, weshalb für einen Arzttermin etwas anderes gelten solle. Terminabsprachen hätten für sich genommen lediglich einen organisatorischen und keinen rechtsverbindlichen Inhalt. Schließlich würden auch Ärzte, die vereinbarte Termine nicht zeitgenau einhielten, nicht davon ausgehen, dass sie sich hierdurch schadenersatzpflichtig machten.
Im Übrigen sei eine Terminstornierung im Zweifel als außerordentliche Kündigung zu betrachten, zu welcher der Patient ohnehin stets berechtigt sei.
Ein Schadenersatzanspruch sei lediglich in jenen Fällen zu bejahen, in denen der Patient bei dem Arzt ein besonderes Vertrauen am Zustandekommen des Behandlungsvertrages erweckt habe.
Auch das Amtsgericht Diepholz hat mit Urteil vom 26.06.2011 - 2 C 92/11 eine Zahlungspflicht des Patienten verneint.
Ein Honoraranspruch auch bei Nichteinhalten des Termins durch den Patienten setze voraus, dass sich der Patient im Annahmeverzug befinde. Hierfür sei erforderlich, dass der Arzt seine Leistungen dem Patienten tatsächlich angeboten habe. Hieran habe es in dem dort entschiedenen Rechtsstreit gefehlt. Zudem müssten auch Patienten, die sich vom Arzt einen festen Termin haben geben lassen, mitunter lange Wartezeiten in Kauf nehmen. In einer Arztpraxis könne es aus den unterschiedlichsten Gründen zu unerwarteten Zeitverzögerungen kommen.
Voraussetzung einer ärztlichen Vergütung auch für nicht geleistete ärztliche Leistungen sei eine ausdrückliche Vereinbarung von Arzt und Patient, dass der Patient auch im Falle der Terminsversäumung die zu erwartende Vergütung zahlen werde. Nur in einem solchen Fall müsse ein Patient von Anfang an damit rechnen, dass der vereinbarte Termin ausschließlich für ihn und seine Behandlung reserviert sei.
Auch einen Schadenersatzanspruch verneinte das AG Diepholz. Selbst wenn man die Einhaltung des vereinbarten Termins als vertragliche Nebenpflicht des Patienten ansehe, setze ein Schadenersatzanspruch gleichwohl noch die substantiierte Darlegung eines Schadens voraus, woran es auch in dem dortigen Rechtsstreit gefehlt hat.
Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 17.04.2007 – 1 U 154/06 einen von dem klagenden Kieferchirurgen geltend gemachten Anspruch in Höhe von knapp 6.000,00 EUR für eine reservierte Behandlungszeit von zwei Stunden als Honoraranspruch verneint.
Ein Honoraranspruch des Klägers bestehe nicht. Auch Ärzte würden ihren Patienten häufig lange Wartezeiten zumuten, ohne sich dafür schadenersatzpflichtig zu fühlen.
Der Patient habe aber durch die kurzfristige Absage des Termins eine vertragliche Nebenpflicht verletzt. Ein Schadenersatzanspruch sei daher dem Grunde nach zu bejahen. Jedoch habe der Arzt nicht dargetan, dass er andere Patienten hätte behandeln können, denen er wegen des Termins mit dem Beklagten abgesagt habe, weswegen mangels schlüssigen Vortrages zur Schadenshöhe auch ein Anspruch auf Schadenersatz vom Gericht verneint wurde.
Fazit: Die Frage, ob ein Patient, der einen Arzttermin verstreichen lässt, dafür haftbar sein kann, lässt sich nicht generell beantworten. Vielmehr kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Ein Honoraranspruch kann gegeben sein, wenn sich der Patient schriftlich verpflichtet, die ärztliche Vergütung auch bei Terminsversäumung zu bezahlen. Um das Vertrauensverhältnis nicht unnötig zu belasten, sollte der Patient, der einen Behandlungstermin nicht wahrnehmen kann, möglichst frühzeitig absagen, so dass sein Arzt entsprechend umdisponieren kann.
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