Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 18. Juli 2012 - 8 A 13/11

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2012:0718.8A13.11.0A
bei uns veröffentlicht am18.07.2012

Tatbestand

1

Die bei dem Beklagten beschäftigte Klägerin wendet sich gegen eine Disziplinarverfügung in Form eines Verweises. Zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen dienstrechtlichen Verfehlung war sie im Rang einer Zollobersekretärin beschäftigt.

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In der streitbefangenen Disziplinarverfügung des Beklagten vom 16.03.2011 wird ausgeführt, dass die Klägerin gegen ihre Pflicht gemäß § 99 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) verstoßen habe, wonach die von ihr ausgeübte Nebentätigkeit angezeigt bzw. genehmigt werden müsste. Weiter habe sie ihre gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 BBG obliegende Unterstützungs- und Informationspflicht und die aus § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG resultierende Folgepflicht verletzt. Sie habe seit März 2010 ohne vorherige Genehmigung einer Nebentätigkeit als Mitglied des Zuchtvereins Deutscher Retriever Club mit ihrer Hündin die Zucht begonnen, erfolgreich durch die Geburt von sechs Welpen durchgeführt und durch deren Verkauf ein Einkommen von 6.300,00 Euro erzielt. Aufgrund des erzielten Gesamterlöses liege eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit im Sinne des § 99 BBG vor. Eine Ausnahme nach § 100 Abs. 1 BBG sei nicht gegeben. Bei einer wirtschaftlichen Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht sei es egal, ob auch tatsächlich nach Abzug aller Kosten ein Gewinn erzielt werde. Diese Nebentätigkeit habe sie fahrlässig nicht dem Dienstherrn angezeigt. Denn sie hätte erkennen können bzw. von ihr hätte erwartet werden müssen, dass die Hundezucht eine beamtenrechtliche Nebentätigkeit darstelle. Bei Unsicherheiten hinsichtlich der Rechtslage hätte sie vor Aufnahme der Zucht Erkundigungen bei der zuständigen Personalstelle einholen müssen. Damit habe sie die Sorgfalt außer Acht gelassen, zu der sie nach den Umständen des hier vorliegenden Falles und nach ihren persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande gewesen wäre. Dabei handele es sich um ein leichtes Dienstvergehen. Mildernd werde berücksichtigt, dass die Hundezucht in ihrem Arbeitsbereich Verbrauchssteuern bekannt gewesen sei, sodass sie diese nicht verschwiegen habe. Nach Abwägung der Gesamtumstände sei der Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme in Form eines Verweises ausreichend und angemessen, um die Beamtin künftig zur Einhaltung ihrer Pflichten anzuhalten.

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Den dagegen eingelegten Widerspruch, den die Beamtin maßgeblich damit begründete, dass die Hundezucht keine Nebentätigkeit darstelle, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.09.2011 unter vertiefter Begründung des Ausgangsbescheides als begründet zurück.

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Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiter die Aufhebung der Disziplinarmaßnahme. Die Klägerin habe keine Pflichtverletzung und damit kein Dienstvergehen begangen. Mit Verweis auf Rechtsprechung und Literatur handele es sich bei der von der Klägerin vorgenommenen Hundezucht nicht um eine beamtenrechtliche Nebentätigkeit, sondern um eine Freizeitbeschäftigung. Die anzeige- und genehmigungsbedürftige beamtenrechtliche Nebentätigkeit müsse eine gewisse Parallelität zum Beamtendienst aufweisen. Dies sei etwa dann gegeben, wenn ein auf Dauer angelegtes Erwerbsstreben im gewerblichen Sinne mit Gewinnerzielungsabsicht vorliege, sodass allmählich ein Zweitberuf aufgebaut werde. Das Freizeitverhalten der Klägerin sei mit dem Sachverhalt, welcher der in der Disziplinarverfügung genannten Entscheidung des VG Trier vom 10.11.2009 zugrunde liege, nicht vergleichbar. Die Klägerin habe nur einen Hund gehalten und diesen zur einmaligen Zucht verwandt. Daran ändere auch ihre Mitgliedschaft in dem Verein DRC (Deutscher Retriever Club) nichts. Denn die Mitwirkung in Vereinen und Verbänden gehöre typischerweise zu den Freizeitaktivitäten. Aufgrund der im behördlichen Disziplinarverfahren durchgeführten Vernehmungen der Vorgesetzten der Beamtin sei ersichtlich, dass sich die Betreuung der Welpen nicht nachteilig auf die Diensttätigkeit der Klägerin ausgewirkt habe. Denn die Vorgesetzten bescheinigten der Klägerin eine sehr geigenständige, fleißige und engagierte Dienstleistung. Unabhängig von dem Nichtvorliegen einer anzeige- und genehmigungsbedürftigen Nebentätigkeit fehle es am subjektiven Tatbestand der Dienstpflichtverletzung. Der Beamtin könne gerade nicht vorgeworfen werden, dass sie „in Kenntnis der Vorschriften“ hätte erkennen können, dass die Hundezucht eine Nebentätigkeit darstelle. Denn auch die als Zeugen im behördlichen Disziplinarverfahren vernommenen unmittelbaren Vorgesetzten der Beamtin seien nicht von einer anzeige- und genehmigungsbedürftigen Nebentätigkeit ausgegangen. Auch der hohe Aufwand zur Begründung der Nebentätigkeit in der Disziplinarverfügung spreche gegen ein fahrlässiges Verhalten der Klägerin.

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Die Klägerin beantragt,

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die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 16.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2011 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen

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und verteidigt die Disziplinarverfügung mit der darin vorgenommenen Annahme und Bewertung des Pflichtenverstoßes.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Klage ist begründet. Denn die angefochtene Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig (1.) und - jedenfalls - ebenso nicht zweckmäßig (2.) und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§§ 3, 60 Abs. 3 BDG; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

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Der Klägerin wird eine schuldhafte und fahrlässige Verletzung ihrer nach § 99 Abs. 1 (BBG) bestehenden Dienstpflicht „zur Anzeige beziehungsweise Genehmigung“ von Nebentätigkeiten vorgeworfen, wodurch sie gleichzeitig gegen ihre nach § 62 Abs. 1 Satz 1 BBG obliegende Unterstützung und Informationspflicht und die aus § 62 Abs. 1 Satz 2 BBG resultierende Folgepflicht verstoßen habe. Denn sie habe seit März 2010 ohne vorherige Genehmigung als Mitglied des Zuchtvereins Deutscher Retriever Club mit ihrer Hündin erfolgreich die Zucht begonnen.

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1.) Nach § 99 Abs. 1 BBG bedürfen Beamten zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 BBG abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 98 BBG zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Nach § 99 Abs. 1 Satz 2 BBG gilt dies auch u. a. (Nr. 2) für gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeiten oder die Mitarbeit in einer dieser Tätigkeiten. Nach Abs. 5 der Norm erteilt die oberste Dienstbehörde die Genehmigung. § 97 Abs. 1 BBG definiert die Nebentätigkeit als die Wahrnehmung eines Nebenamtes oder die Ausübung einer Nebenbeschäftigung. Nebenbeschäftigung ist jede sonstige, nicht zu einem Hauptamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes (§ 97 Abs. 3 BBG).

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a.) Zur Überzeugung des Disziplinargerichts hat die Klägerin in dem in der Disziplinarverfügung zugrunde gelegten Zeitraum keine beamtenrechtlich relevante Nebentätigkeit ausgeübt, sodass sie diese Tätigkeit auch dem Dienstherrn nicht anzeigen oder genehmigen lassen musste. Eine Nebentätigkeit im Sinne der Vorschriften liegt vor bei einer auf Dauer angelegten Tätigkeit, die typischerweise auf die Erzielung von Gelderwerb ausgerichtet ist. In einer solchen zweitberuflichen Tätigkeit kann die Beeinträchtigung der grundsätzlich im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses dem Dienstherrn zustehenden Arbeitskraft eines Beamten liegen, weshalb dem Dienstherrn die Prüfung vorbehalten bleibt, ob die konkrete Tätigkeit Auswirkungen auf die Dienstleistung haben kann sowie zudem, ob eine Ansehensschädigung des Beamtentums insgesamt zu befürchten ist (vgl. grundlegend: BDiG Frankfurt, GB v. 29.03.1999, XIV VL 1/99; VG Münster, Urteil v. 20.10.2011, 13 K 2137(09.O; juris). Der Sinn der Genehmigungspflicht der Nebentätigkeit liegt darin, dass außerdienstliche Aktivitäten immer geeignet sein können, die dienstliche Leistungsfähigkeit zu beeinflussen (vgl. zusammenfassend: Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 4. Aufl. 2009, S. 218 Rz. 7; S. 243 Rz. 2). Auch wenn eine Nebentätigkeit nur für einen kurzen Zeitraum ausgeübt wird, entfällt der diesbezügliche Tatbestand nicht (BVerwG, Urt. v. 17.03.1998, 1 D 73.96; juris).

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a. a.) Dabei ist die Abgrenzung zwischen einer dem Bereich des Freizeitverhaltens zuzuordnenden Hobbytätigkeit und einer beamtenrechtlichen Nebentätigkeit im Einzelfall schwierig. Denn diese bewegt sich im Spannungsfeld der von Art. 2 GG geschützten Freizeitgestaltung des Beamten und dem dienstlichen Interesse des Dienstherrn auf volle Dienstleistung seiner Beschäftigten nach Art. 33 Abs. 5 GG (VG Trier, Urt. v. 10.11.2009, 3 K 361/09.TR; juris). Dementsprechend ist zur Abgrenzung auf Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Vorschriften zur Nebentätigkeit abzustellen. Wegen des Regelungszusammenhangs muss eine Nebentätigkeit im beamtenrechtlichen Sinn eine gewisse Parallelität zum Beamtendienst aufweisen, die typischerweise in Erwerbsstreben zu sehen ist. Im Gegensatz dazu stellt die Freizeitgestaltung typischerweise das Gegenteil des Erwerbsstrebens dar. Eine Nebentätigkeit liegt demnach bei einer wirtschaftlichen Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht vor, wobei egal ist, ob auch tatsächlich nach Abzug der Kosten ein Gewinn erzielt wird (BVerwG, Urt. v. 01.01.2007, 1 D 16.05; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.02.2002, 3 A 11578/01.OVG; beide juris). Anders gewendet, liegt eine Nebentätigkeit vor, wenn die (Neben-)Tätigkeit auf Erwerb gerichtet oder wirtschaftlich bedeutsam ist oder wenn sie den Beamten erheblich in Anspruch nimmt (Hess. VGH, Urt. v. 24.09.2003, 1 UE 783/02 m. w. N.; juris). Für eine Einordnung als – gewerbliche – Nebentätigkeit spricht insbesondere, wenn die Betätigung auf Dauer angelegt, mit einer gewissen auf Erwerb ausgerichteten Struktur erfolgt und wenn dies durch ein entsprechendes Auftreten nach außen dokumentiert wird. Es kommt auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Tätigkeit an, ob die Betätigung auch materiell rechtswidrig ist und ob sich das Verhalten des Beamten nachteilig auf die Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben ausgewirkt hat (Bayr. VGH, Urteil v. 23.03.2011, 16b D 09.2798; juris). Hiervon auszugehen ist stets dann, wenn erkennbar allmählich ein Zweitberuf aufgebaut werden soll (VG Koblenz, Urt. v. 20.11.2001, 6 K 1546/01.KO; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.03.2002, 2 A 10067/02; OVG LSA, Urteil v. 05.06.2012, 10 L 2/12; zusammenfassend: VG Trier, Urt. v. 10.11.2009, 3 K 361/09.TR; VG Magdeburg, Urteil v. 01.12.2011, 8 A 19/10; alle juris).

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b. b.) Unter Beachtung dieser in der Rechsprechung und Literatur zu findenden Definition der Abgrenzung zwischen Freizeitgestaltung und beamtenrechtlicher Nebentätigkeit und den zugrundeliegenden Sachverhalten hat die Klägerin keine Nebentätigkeit ausgeübt.

17

Dabei sieht das Gericht bereits erhebliche Unterschiede zu dem vom Beklagen herangezogenen Sachverhalt des Urteils des VG Trier vom 10.11.2009 (3 K 361-09.TR; juris). Wie die Klägerin zu Recht ausführt, ging es dort um eine Pferdezucht mit jeweils zehn bis sechzehn Zuchttieren gleichzeitig. Dort hatte der Beamte weitere mit der Zucht zusammenhängende Leistungen vorgenommen, wie etwa Vorhaltung größerer Futtermengen und Weideflächen und somit im weitesten Sinne eine landwirtschaftliche Betätigung ausgeübt. Schließlich war der Wille zum wirtschaftlichen Zweitberuf dadurch erkennbar, dass er umfangreiche bauliche Aktivitäten entfaltete und beispielsweise eine Reithalle baute und fremde Arbeitsleistungen in Anspruch nahm. Insgesamt gab der Beamte durch diese professionalisierten breiten Aktivitäten das Bild eines hauptberuflich tätigen Leiters eines Gestüts ab.

18

Der jüngsten zu findenden Entscheidung des VG Trier (Urteil v. 10.01.2012, 3 K 1337/11.TR; juris) lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Beamte über eine Dauer von mehreren Jahren als gewerblicher Festveranstalter sowohl in formeller als auch materieller Hinsicht gegen das Nebentätigkeitsrecht verstoßen hat und dies auch noch nach Einleitung eines Disziplinarverfahrens und nach ausdrücklicher Warnung seines Dienstvorgesetzten.

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Das VG Regensburg (Urteil v. 26.07.2010, RD 10B DK 10.230; juris) hat einen Beamten aus dem Dienst entfernt, weil er einen umfangreichen Internethandel mit unterschiedlichsten Produkten betrieb, wozu auch der Verkauf von Welpen gehörte.

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Derartige Tätigkeiten sind bei der Klägerin nicht ansatzweise feststellbar. Die Klägerin hält eine Hündin, welche in einem Wurf sechs Welpen zur Welt brachte, woraus die Beamtin einen einmaligen Erlös von 6.300,- € erzielte. Eine derartige Tätigkeit stellt sich als Ausfluss einer moderaten persönlichen Freizeitgestaltung der Beamtin dar und ist dem Einflussbereich des Dienstherrn entzogen. Denn nach Art und Umfang der Zucht stellt sich diese - jedenfalls zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - als eine aus der Tierliebe und damit dem Freizeitvergnügen der Beamtin resultierende Liebhaberei dar. Dass es sich dabei um Rassehunde handelt, macht keinen Unterschied. Denn dies ist notwendige Voraussetzung einer artgerechten Rassehundezucht und stellt sich nicht anders dar als etwa eine (Rasse-)Kaninchen- oder sonstige (Klein-)Tierzucht, wie sie oft im ländlichen Gebiet vorkommt. Diese Aktivitäten werden vom Menschen grundsätzlich aufgrund der Liebe zu den Tieren und der Freude an der Zucht, dem Aufwuchs, der Pflege der Tiere und dem Umgang mit ihnen sowie ihrer Beobachtung vorgenommen. Eine artgerechte, am Tierschutzgesetz orientierte und von der Verantwortung gegenüber den Tieren getragene Zucht, macht diese nicht zu einer beamtenrechtlich relevanten Nebentätigkeit. Eine außerhalb des Berufes liegende Freizeitgestaltung des Menschen zeichnet sich typischerweise dadurch aus, das eine an individueller und persönlicher Freude, Neigungen und Bedürfnissen orientierte Tätigkeit gesucht wird, die sich auch aufgrund des individuellen Lebensstils (Wohnumfeld, Garten; Kinder etc.) realisieren lässt.

21

Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt auch die Mitgliedschaft der Klägerin im Verein … sowie die Nutzung des Vereins und der Homepage für den Verkauf der Welpen kein Indiz für die gewerbliche (Neben-)Tätigkeit dar. Dabei stellt eine bloße Vereinsmitgliedschaft bereits generell eine Freizeitgestaltung dar. Vielmehr kann dies als Beleg für das wahre Interesse der Klägerin an dem artgerechten Umgang mit den Hunden und der Abgabe in „gute Hände“ interpretiert werden. Insoweit bedingt bereits die am Tierschutz orientierte erfolgversprechende artgerechte Abgabe der Tiere eine entsprechende professionelle Vermarktung der Hunde. Dabei resultiert auch der durch den Verkauf der Hunde erzielte marktgerechte Erlös allein aus der Tatsache, dass es sich um Rassehunde handelt. Ein Indiz für die Gewinnerzielungsabsicht und Ausübung eines Zweitberufs stellt dies unter den genannten Umständen nicht dar.

22

Dazu kommt entscheidend, dass die Beamtin nicht widerlegt angegeben hat, dass ebenso ihr Ehemann und ihre Mutter für die Pflege und Aufzucht der Welpen zur Verfügung standen und die Geburt und damit der größte Aufwand während des Urlaubs der Klägerin geschah. Zudem ist sie – wohl teilweise – in Telearbeit beschäftigt. Schließlich hat auch der Beklagte festgestellt, dass die Dienstleistung der Beamtin nicht unter ihrem Freizeitverhalten leidet. Die im behördlichen Disziplinarverfahren als Zeugen vernommenen Dienstvorgesetzten bescheinigten der Klägerin eine eigenständige, fleißige und engagierte Dienstleistung. Weder ihre Telearbeit noch ihr Verweilen in der Dienststelle waren von Arbeitsmängeln oder auch nur Beanstandungen geprägt.

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b.) Auch soweit der objektive Tatbestand einer beamtenrechtlich relevanten Nebentätigkeit durch die Hundezucht der Klägerin realisiert sein sollte, könnte ihr gleichwohl kein disziplinarrechtlich relevanter Plifichtenverstoß vorgehalten werden. Denn insoweit fehlt es am subjektiven Tatbestand, nämlich der vom Beklagten angenommenen Fahrlässigkeit ihres Handelns. Die Klägerin führt zu Recht aus, dass sie gerade nicht „in Kenntnis der Vorschriften“ hätte erkennen können, dass die Hundezucht eine Nebentätigkeit im Sinne des § 99 BBG darstelle. Vielmehr ist es so, dass sich die Beamtin sogar ausführlich mit dieser Problematik auseinandergesetzt hat und zu dem – zumindest – tragfähigen Ergebnis gelangte, dass sie keinen Zweitberuf ausübt. Dies ist ihr nicht vorzuwerfen. Je nach individueller Kenntnis und Beschäftigung mit dem Thema kamen im Übrigen auch ihre Dienstvorgesetzten zu dem gleichen Ergebnis. Erst im Zusammenhang mit der späteren Prüfung der Innenrevision sollte die Frage einer Klärung durch das Sachgebiet A zugeführt werden. Die Klägerin hatte daher gerade keine Veranlassung dazu bei der Personalstelle vorstellig zu werden und Auskünfte einzuholen.

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c.) Schließlich spricht gegen die schuldhafte Verletzung der Dienstpflichten, dass auch der Beklagte erheblichen Begründungsaufwand für die Beurteilung der Hundezucht als Zweitberuf benötigt. Zudem beachten und unterscheiden die streitbefangene Disziplinarverfügung und der Widerspruchsbescheid nicht klar und eindeutig, ob der dienstrechtliche Pflichtenverstoß in der bloßen Nichtanzeige der Nebentätigkeit oder der fehlenden Genehmigung der Nebentätigkeit liegt. Die Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides stellt beide Alternativen durch die Verwendung „beziehungsweise“ nebeneinander. Insoweit könnte man vermuten, dass der Beklagte von einer grundsätzlichen (bloßen) Anzeigepflicht jedweder (Neben-)Tätigkeit ausgeht. Die bloße Anzeigepflicht einer Nebentätigkeit ist im Bundesbeamtengesetz, entgegen dem Beamtenstatusgesetz (§ 40 Satz 1) und den Landesbeamtengesetzten (vgl. § 75 LBG LSA), aber nicht vorgesehen. Der in diesem Zusammenhang in der Disziplinarverfügung genannte § 99 BBG beschreibt nur die Genehmigungspflicht der Nebentätigkeit und § 100 BBG die Genehmigungsfreiheit, nicht hingegen die bloße Anzeigepflicht. Auf die Anzeige nach § 100 Abs. 2 BBG für die dort genannten Tätigkeiten stellt der Beklagte ersichtlich nicht ab. Die Begründung der Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides lässt vermuten, dass der dienstrechtliche Pflichtenverstoß in der bloßen Nichtanzeige der Hundezucht als Nebentätigkeit gesehen und (sogar) von einer (offensichtlichen) Genehmigungsfähigkeit ausgegangen wurde. Dafür spricht auch – wie das Disziplinargericht in der mündlichen Verhandlung erfuhr – die zwischenzeitliche Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung für die Hundezucht. Unter Berücksichtigung dessen steht allein die disziplinarrechtliche Bewertung der Nichtanzeige der von ihr vorgenommenen Hundezucht im Sinne des beamtenrechtlichen Nebentätigkeitsrechts, als Folge einer formellen Illegalität zur Bewertung. Aufgrund der (späteren) Genehmigung und damit der materiellen Genehmigungsfähigkeit ihrer Tätigkeit minimiert sich der daraus resultierende vorzuwerfende Pflichtenverstoß erneut.

25

2.) Das Disziplinargericht kommt zu dem Ergebnis, dass auch und sogar bei Unterstellung einer beamtenrechtlich relevanten Nebentätigkeit, die Disziplinarverfügung aus Gründen der Zweckmäßigkeit aufzuheben ist.

26

Nach § 60 Abs. 3 BDG prüft das Gericht bei der Klage des Beamten gegen eine Disziplinarverfügung neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Diese zusätzliche in Abweichung von § 114 VwGO dem Gericht zustehende eigene Prüfungskompetenz und Ermessensentscheidung (Gesetzesbegründung zu § 60 Abs. 3 BDG, BT-Drs. 14/4659, S. 48; BVerwG, Urt. v. 15.12.2005, 2 A 4.04; OVG NRW, Beschl. v. 19.09.2007, 21d A 3600/06.O; Bayr. VGH, Beschl. v. 27.01.2010, 16a DZ 07.3110, Bayr. VGH, Beschl. v. 02.07.2012, 16a DZ 10.1644; alle juris) führt bereits zur Aufhebung der Disziplinarmaßnahme. Dabei geht das Disziplinargericht aufgrund der obigen Ausführungen zu dem Besonderheiten des Falls davon aus, dass der Klägerin kein – jedenfalls gravierender – Pflichtenverstoß vorzuwerfen ist, sodass eine Disziplinarmaßnahme zur Pflichtenermahnung nicht angezeigt erscheint (vgl. zur Zweckmäßigkeit auch; VG Magdeburg, Urt. v. 06.11.2007, 8 A 10/07 MD; VG Magdeburg, Urteil v. 18.07.2012, 8 A 1/12; juris). Das Disziplinarrecht dient vordringlich der Pflichtenmahnung des Beamten für die Zukunft. Insoweit wäre hier die so genannte missbilligende Äußerung des Dienstherrn als bloßer Hinweis auf den Pflichtenverstoß ausreichend gewesen (§ 6 Satz 2 BDG). Das Disziplinargericht muss in seinen Entscheidungen stets darauf hinweisen, dass das Disziplinarrecht kein Strafrecht darstellt und die Disziplinarmaßnahmen in einem Stufenverhältnis (vgl. §§ 5, 13 BDG) stehen und je nach Schwere und Eigenart des Dienstvergehens sorgfältig und ausgewogen geprüft werden müssen (vgl. nur: VG Magdeburg, Urteil v. 29.03.2012, 8 A 9/09; m. w. Nachw.; VG Magdeburg, Urteil v. 14.02.2012, 8 A 6/11; VG Magdeburg, Urteil v. 01.12.2011, 8 A 18/10; zur Zweckmäßigkeit weiter: VG Magdeburg, Urteil v. 06.11.2007, 8 A 10/07; alle juris). Nicht jeder Verstoß gegen Dienstpflichten stellt zugleich auch ein Dienstvergehen im Sinne des Disziplinarrechts dar (VG Münster, Urt. v. 23.02.2007, 20 K 1538/06.O; juris). Denn dem menschlichen Verhalten sind Fehler und Schwächen immanent. Disziplinarrechtliche Relevanz erhält ein Fehlverhalten eines Beamten erst dann, wenn eine gewisse Schwelle überschritten ist. Diese Schwelle wäre hier – auch bei Zugrundelegung eines Pflichtenverstoßes – durch das Verhalten der Klägerin (noch) nicht überschritten.

27

3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 4 BDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 BDG, § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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bei uns veröffentlicht am 31.03.2014

Gründe 1 Der Antragsteller ist Polizeivollzugsbeamter im Rang eines Polizeiobermeisters und wendet sich gegen die von der Antragsgegnerin ausgesprochenen vorläufigen Dienstenthebung. 2 Der zulässige Antrag nach § 61 Abs. 2 Disziplinarges

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 14. Jan. 2014 - 8 A 12/13

bei uns veröffentlicht am 14.01.2014

Tatbestand 1 Die 1963 geborene Klägerin wendet sich als Studienrätin (Besoldungsgruppe A 13 hD BBesO) gegen die disziplinarrechtliche Kürzung ihrer Dienstbezüge um 1/10 auf die Dauer von zwölf Monaten durch Bescheid vom 06.02.2013. 2 Im Jahre 20

Referenzen

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte bedürfen zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 98 zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Gleiches gilt für folgende unentgeltliche Nebentätigkeiten:

1.
Wahrnehmung eines Nebenamtes,
2.
gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeiten oder die Mitarbeit bei einer dieser Tätigkeiten und
3.
Eintritt in ein Organ eines Unternehmens mit Ausnahme einer Genossenschaft.

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit

1.
nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann,
2.
die Beamtin oder den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen kann,
3.
in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der die Beamtin oder der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann,
4.
die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann,
5.
zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit der Beamtin oder des Beamten führen kann oder
6.
dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.
Ein solcher Versagungsgrund liegt in der Regel auch vor, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt.

(3) Die Voraussetzung des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1 gilt in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Bei begrenzter Dienstfähigkeit ist ein Fünftel der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 verkürzten Arbeitzeit zugrunde zu legen. Soweit der Gesamtbetrag der Vergütung für eine oder mehrere Nebentätigkeiten 40 Prozent des jährlichen Endgrundgehalts des Amtes der Beamtin oder des Beamten übersteigt, liegt ein Versagungsgrund vor. Die Dienstbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn die Beamtin oder der Beamte durch Angabe bestimmter Tatsachen nachweist, dass die zeitliche Beanspruchung ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht übersteigt oder die Versagung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht angemessen wäre. Bei Anwendung der Sätze 1 bis 4 sind genehmigungs- und anzeigepflichtige Nebentätigkeiten zusammen zu berücksichtigen.

(4) Die Genehmigung ist auf längstens fünf Jahre zu befristen. Sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Ergibt sich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nach Erteilung der Genehmigung, ist diese zu widerrufen.

(5) Die Genehmigung erteilt die oberste Dienstbehörde. Sie kann diese Zuständigkeit auf nachgeordnete Behörden übertragen. Anträge auf Erteilung einer Genehmigung sowie Entscheidungen über diese Anträge bedürfen der Schriftform. Die Beamtin oder der Beamte hat dabei die für die Entscheidung erforderlichen Nachweise zu führen, insbesondere über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die Entgelte und geldwerten Vorteile hieraus. Jede Änderung ist unverzüglich schriftlich oder elektronisch anzuzeigen.

(1) Nicht genehmigungspflichtig sind

1.
die Verwaltung eigenen oder der Nutznießung der Beamtin oder des Beamten unterliegenden Vermögens,
2.
schriftstellerische, wissenschaftliche, künstlerische oder Vortragstätigkeiten,
3.
mit Lehr- oder Forschungsaufgaben zusammenhängende selbstständige Gutachtertätigkeiten von Lehrerinnen und Lehrern an öffentlichen Hochschulen und an Hochschulen der Bundeswehr sowie von Beamtinnen und Beamten an wissenschaftlichen Instituten und Anstalten und
4.
Tätigkeiten zur Wahrung von Berufsinteressen in Gewerkschaften oder Berufsverbänden oder in Selbsthilfeeinrichtungen der Beamtinnen und Beamten.

(2) Tätigkeiten nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 sowie eine Tätigkeit in Selbsthilfeeinrichtungen nach Absatz 1 Nr. 4 sind der Dienstbehörde schriftlich oder elektronisch vor ihrer Aufnahme anzuzeigen, wenn für sie ein Entgelt oder ein geldwerter Vorteil geleistet wird. Hierbei sind insbesondere Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die voraussichtliche Höhe der Entgelte und geldwerten Vorteile anzugeben. Jede Änderung ist unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen.

(3) Die Dienstbehörde kann aus begründetem Anlass verlangen, dass über eine ausgeübte nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeit schriftlich oder elektronisch Auskunft erteilt wird, insbesondere über deren Art und Umfang.

(4) Eine nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ist ganz oder teilweise zu untersagen, wenn die Beamtin oder der Beamte bei ihrer Ausübung dienstliche Pflichten verletzt.

Zur Ergänzung dieses Gesetzes sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen dieses Gesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(1) Das Gericht entscheidet über die Klage, wenn das Disziplinarverfahren nicht auf andere Weise abgeschlossen wird, auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil. § 106 der Verwaltungsgerichtsordnung wird nicht angewandt.

(2) Bei einer Disziplinarklage dürfen nur die Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Das Gericht kann in dem Urteil

1.
auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5) erkennen oder
2.
die Disziplinarklage abweisen.

(3) Bei der Klage gegen eine Disziplinarverfügung prüft das Gericht neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte bedürfen zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 98 zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Gleiches gilt für folgende unentgeltliche Nebentätigkeiten:

1.
Wahrnehmung eines Nebenamtes,
2.
gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeiten oder die Mitarbeit bei einer dieser Tätigkeiten und
3.
Eintritt in ein Organ eines Unternehmens mit Ausnahme einer Genossenschaft.

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit

1.
nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann,
2.
die Beamtin oder den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen kann,
3.
in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der die Beamtin oder der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann,
4.
die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann,
5.
zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit der Beamtin oder des Beamten führen kann oder
6.
dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.
Ein solcher Versagungsgrund liegt in der Regel auch vor, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt.

(3) Die Voraussetzung des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1 gilt in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Bei begrenzter Dienstfähigkeit ist ein Fünftel der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 verkürzten Arbeitzeit zugrunde zu legen. Soweit der Gesamtbetrag der Vergütung für eine oder mehrere Nebentätigkeiten 40 Prozent des jährlichen Endgrundgehalts des Amtes der Beamtin oder des Beamten übersteigt, liegt ein Versagungsgrund vor. Die Dienstbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn die Beamtin oder der Beamte durch Angabe bestimmter Tatsachen nachweist, dass die zeitliche Beanspruchung ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht übersteigt oder die Versagung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht angemessen wäre. Bei Anwendung der Sätze 1 bis 4 sind genehmigungs- und anzeigepflichtige Nebentätigkeiten zusammen zu berücksichtigen.

(4) Die Genehmigung ist auf längstens fünf Jahre zu befristen. Sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Ergibt sich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nach Erteilung der Genehmigung, ist diese zu widerrufen.

(5) Die Genehmigung erteilt die oberste Dienstbehörde. Sie kann diese Zuständigkeit auf nachgeordnete Behörden übertragen. Anträge auf Erteilung einer Genehmigung sowie Entscheidungen über diese Anträge bedürfen der Schriftform. Die Beamtin oder der Beamte hat dabei die für die Entscheidung erforderlichen Nachweise zu führen, insbesondere über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die Entgelte und geldwerten Vorteile hieraus. Jede Änderung ist unverzüglich schriftlich oder elektronisch anzuzeigen.

(1) Nicht genehmigungspflichtig sind

1.
die Verwaltung eigenen oder der Nutznießung der Beamtin oder des Beamten unterliegenden Vermögens,
2.
schriftstellerische, wissenschaftliche, künstlerische oder Vortragstätigkeiten,
3.
mit Lehr- oder Forschungsaufgaben zusammenhängende selbstständige Gutachtertätigkeiten von Lehrerinnen und Lehrern an öffentlichen Hochschulen und an Hochschulen der Bundeswehr sowie von Beamtinnen und Beamten an wissenschaftlichen Instituten und Anstalten und
4.
Tätigkeiten zur Wahrung von Berufsinteressen in Gewerkschaften oder Berufsverbänden oder in Selbsthilfeeinrichtungen der Beamtinnen und Beamten.

(2) Tätigkeiten nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 sowie eine Tätigkeit in Selbsthilfeeinrichtungen nach Absatz 1 Nr. 4 sind der Dienstbehörde schriftlich oder elektronisch vor ihrer Aufnahme anzuzeigen, wenn für sie ein Entgelt oder ein geldwerter Vorteil geleistet wird. Hierbei sind insbesondere Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die voraussichtliche Höhe der Entgelte und geldwerten Vorteile anzugeben. Jede Änderung ist unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen.

(3) Die Dienstbehörde kann aus begründetem Anlass verlangen, dass über eine ausgeübte nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeit schriftlich oder elektronisch Auskunft erteilt wird, insbesondere über deren Art und Umfang.

(4) Eine nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ist ganz oder teilweise zu untersagen, wenn die Beamtin oder der Beamte bei ihrer Ausübung dienstliche Pflichten verletzt.

Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, auf Verlangen ihrer Dienstbehörde eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst auszuüben, sofern diese Tätigkeit ihrer Vorbildung oder Berufsausbildung entspricht und sie nicht über Gebühr in Anspruch nimmt.

(1) Beamtinnen und Beamte bedürfen zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 98 zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Gleiches gilt für folgende unentgeltliche Nebentätigkeiten:

1.
Wahrnehmung eines Nebenamtes,
2.
gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeiten oder die Mitarbeit bei einer dieser Tätigkeiten und
3.
Eintritt in ein Organ eines Unternehmens mit Ausnahme einer Genossenschaft.

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit

1.
nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann,
2.
die Beamtin oder den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen kann,
3.
in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der die Beamtin oder der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann,
4.
die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann,
5.
zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit der Beamtin oder des Beamten führen kann oder
6.
dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.
Ein solcher Versagungsgrund liegt in der Regel auch vor, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt.

(3) Die Voraussetzung des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1 gilt in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Bei begrenzter Dienstfähigkeit ist ein Fünftel der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 verkürzten Arbeitzeit zugrunde zu legen. Soweit der Gesamtbetrag der Vergütung für eine oder mehrere Nebentätigkeiten 40 Prozent des jährlichen Endgrundgehalts des Amtes der Beamtin oder des Beamten übersteigt, liegt ein Versagungsgrund vor. Die Dienstbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn die Beamtin oder der Beamte durch Angabe bestimmter Tatsachen nachweist, dass die zeitliche Beanspruchung ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht übersteigt oder die Versagung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht angemessen wäre. Bei Anwendung der Sätze 1 bis 4 sind genehmigungs- und anzeigepflichtige Nebentätigkeiten zusammen zu berücksichtigen.

(4) Die Genehmigung ist auf längstens fünf Jahre zu befristen. Sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Ergibt sich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nach Erteilung der Genehmigung, ist diese zu widerrufen.

(5) Die Genehmigung erteilt die oberste Dienstbehörde. Sie kann diese Zuständigkeit auf nachgeordnete Behörden übertragen. Anträge auf Erteilung einer Genehmigung sowie Entscheidungen über diese Anträge bedürfen der Schriftform. Die Beamtin oder der Beamte hat dabei die für die Entscheidung erforderlichen Nachweise zu führen, insbesondere über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die Entgelte und geldwerten Vorteile hieraus. Jede Änderung ist unverzüglich schriftlich oder elektronisch anzuzeigen.

(1) Nebentätigkeit ist die Wahrnehmung eines Nebenamtes oder die Ausübung einer Nebenbeschäftigung.

(2) Nebenamt ist ein nicht zu einem Hauptamt gehörender Kreis von Aufgaben, der aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses wahrgenommen wird.

(3) Nebenbeschäftigung ist jede sonstige, nicht zu einem Hauptamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes.

(4) Als Nebentätigkeit gilt nicht die Wahrnehmung öffentlicher Ehrenämter sowie einer unentgeltlichen Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Der jetzt 46 Jahre alte Beklagte trat zum (…) 1989 in den Dienst der Volkspolizei und wurde mit Beginn des Jahres 1991 in den Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt übernommen. Seit dem (…) 1993 ist dem Beklagten das Amt eines Polizeimeisters übertragen; zum (…) 1996 erfolgte seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Der Beklagte ist geschieden und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.

2

Der Beklagte wurde im Wesentlichen als Sachbearbeiter im Bundesautobahnrevier B-Stadt eingesetzt. Die letzte über ihn dort erstellte Regelbeurteilung für den Zeitraum Juni 2005 bis August 2007 schloss mit dem Gesamturteil „gut“. Der Beklagte ist disziplinarrechtlich vorbelastet. Mit Disziplinarverfügung vom (…) 2009 - welche auch den Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens vor dem erkennenden Senat (10 L 5/10) bildete - wurde gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 150,00 € verhängt. Gegenstand der Disziplinarverfügung war der Vorwurf, der Beklagte habe im Rahmen seiner Dienstausübung Ladung aus einem verunfallten LKW für den privaten Gebrauch an sich genommen.

3

Wegen der Vorwürfe, welche den Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens betreffen, war der Beklagte seit dem (…)2010 gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Wirkung vom (…) 2012 wurde die Suspendierungsverfügung aufgehoben; seitdem wird der Beklagte im Revierkommissariat D. verwendet.

4

Der Beklagte entwickelte bereits als Kind ein - schon bei seinen Eltern vorhandenes - Interesse an dem Sammeln von Zeitschriften aus der ehemaligen DDR. Seine Sammelleidenschaft bezog sich insbesondere auf die Zeitschriften „Mosaik A.“ und „Mosaik B.“. Der Beklagte erweiterte seine Sammelleidenschaft aber auch auf andere Zeitschriften, etwa die Zeitschrift „C...“, „D...“ sowie auf Ansichtskarten aus DDR-Zeiten. Bis zum Jahr 2002 war bereits eine erhebliche Menge an Zeitschriften, Heften und sonstigen Artikeln zusammen gekommen, welche in dem vom Beklagten bewohnten Einfamilienhaus erheblichen Platz beanspruchten. Der Beklagte trägt dazu vor, es seien viele Zimmer, der Dachboden und eine Garage mit dem Sammelgut voll bepackt gewesen. Er bezeichnet die obere Etage des Einfamilienhauses als „DDR-Museum“.

5

Im Jahr 2002 beabsichtigte der Beklagte, das Sammelgut wegen der räumlichen Situation, vor allem aber wegen finanzieller Engpässe zu veräußern, denn er sah sich hohen Zahlungsverpflichtungen für Unterhaltsleistungen sowie für die Finanzierung des Einfamilienhauses ausgesetzt.

6

Zur Veräußerung der Gegenstände richtete der Beklagte ab dem (…) 2002 bei dem Internetportal „eBay“ einen account mit der Bezeichnung „(E...) 2002“ ein. Am (…) 2008 eröffnete er einen weiteren account bei „eBay“ mit dem Namen „(F...)“ und schließlich am (…) 2009 einen dritten account unter dem Namen „(G...)“, wobei der Umsatzschwerpunkt weiter auf dem „(E...)“ lag.

7

In dem Zeitraum vom (…) 2002 bis zum (...) 2010 wickelte der Beklagte über die Verkaufsplattform „eBay“ insgesamt 22.733 Verkäufe ab, wobei er einen Gesamtumsatz von 130.422,99 € erzielte. Die Entwicklung der Umsätze zeigt die nachfolge Aufstellung:

8

 Mitgliedsname         

  2002 in €         

  2003 in €         

  2004 in €         

  2005 in €         

  2006 in €         

 (F...)

                                            

 (E...)

  3.208,65

  21.122,05

  8.963,01

  15.582,45

  21.140,18

 (G...)

                                            

 Gesamtergebnis         

  3.208,65         

  21.122.05         

  8.963,01         

  15.582,45         

  21.140,18         

        

 Mitgliedsname         

  2007 in €         

  2008 in €         

  2009 in €         

  2010 in €         

  gesamt in €         

 (F...)

        

   917,28

  2.377,64

        

  3.294,92

 (E...)

  23.812,65

  16.797,24

  14.037,69

  1.201,54

  125.865,46

 (G...)

                 

   1.262,61

        

  1.262,61

 Gesamtergebnis         

  23.812,65         

  17.714,52         

  17.677,94         

  1.201,54         

  130.422,99         

9

Aus den von „eBay“ vorgelegten Aufstellungen ergibt sich, dass der Beklagte dort in dem Zeitraum vom (…) 2002 bis (…) 2010 22.733 Verkäufe tätigte; die Zahl der Einstellungen in das Verkaufsportal lag um ein Mehrfaches höher. Allein im Jahr 2008, in welchem er am 204 Tagen dienstunfähig erkrankt war, nahm er 12.733 Einstellungen vor und tätigte insgesamt 2365 Verkäufe; im Jahr 2009, welches ebenfalls durch krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit an 194 Tagen geprägt war, waren es bei 3.942 Einstellungen insgesamt 1.057 Verkäufe.

10

Die Angebote des Beklagten bei „eBay“ waren in professioneller Weise gestaltet und mit Fotos der Verkaufsexemplare versehen. Für seinen account erhielt der Beklagte durchweg positive Bewertungen durch die Käufer. Zudem hatte er den Status als sogenannter „PowerSeller“; dies sind nach den Bedingungen von „eBay“ professionelle gewerbliche Verkäufer, die ein hohes Handelsvolumen nachweisen können.

11

In der Erkenntnis, dass der Verkauf von Heft-Serien, d. h. eine wirtschaftliche Verwertung überhaupt nur möglich war, wenn diese als Serien vollständig angeboten würden, tätigte der Beklagte insoweit auch Zukäufe. Zur Unterstützung seiner Verkaufsaktivitäten fotografierte er große Teile seiner Sammlung, erstellte für eine Vielzahl von Heften bzw. Serien Angebotslisten und hielt diese Listen stets auf einem aktuellen Stand.

12

Für seine Aktivitäten hatte der Kläger jedenfalls bis zum (…) 2009 zu keinem Zeitpunkt die Genehmigung einer Nebentätigkeit beantragt. Einen derartigen Antrag stellte er erstmals am (…) 2009. In dem Antrag heißt es wie folgt:

13

„Ich beabsichtige Teile meiner privaten Sammlung an Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online zu veräußern.

14

Dies ist an sich beim Dienstherrn in Bezug auf eine Nebentätigkeit nicht genehmigungspflichtig, da es keine ist.

15

Diese Tätigkeit ist nicht gewinn orientiert. Im günstigsten Falle steht nach einer Ausgabe-/Einnahmerechnung eine schwarze Null zu Buche. Somit ist sie auch nicht steuerpflichtig. Nach Rücksprache mit dem hiesigen Finanzamt wird eine solche Tätigkeit regelmäßig als „Liebhaberei“ oder auch „Hobby“ eingestuft.

16

Das (D.) Gewerbeamt teilte mir auf Anfrage mit, dass ein Gewerbeschein nicht nötig sei und eher auch unsinnig, weil die Ansprüche „Dauerhaftigkeit“ und “Gewinnerzielungsabsicht“ fehlen.

17

Ich beabsichtige trotzdem, ein Gewerbe anzumelden (wenn dies nach rechtlicher Beratung überhaupt noch als notwendig erachtet wird). Dann auch nur, nicht weil ich es müsste, sondern um mich rechtlich abzusichern.

18

Leider hat sich die Rechtsprechung in Deutschland so wesensfremd entwickelt, dass man durchaus schon wettbewerbsrechtlich abgemahnt wird, wenn man online monatlich mehr als 20 oder 30 Artikel als Privatperson veräußert. Im ungünstigsten Falle findet sich sofort ein Rechtsanwalt, der gewerbliche Tätigkeit unterstellt und weiterhin feststellt, dass man deswegen verschiedenste Fehler in seinen Auktionen hätte. Eine Kostennote des Anwalts liegt dann zumeist schon dem Anwaltsschreiben bei.

19

Somit will ich mich, trotz dass ich als Privatperson in Erscheinung trete, rechtlich absichern und mich online nicht als privat, sondern als gewerblich darstellen. Dies steht jeder Privatperson zu und wird absehbar immer öfter in Anspruch genommen werden.

20

Meine Tätigkeit zieht keine körperliche oder sonstige Belastung mit sich, die sich negativ auf meine Arbeit auswirken könnte; es ist eher vom Gegenteil auszugehen.“

21

Weder in dem Antrag noch an anderer Stelle wies der Beklagte darauf hin, dass er bereits seit dem Jahr 2002 in ganz erheblichem Umfang „Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online“ veräußert hatte.

22

In dem eBay-Auftritt des „(E...)“ am (…) 2010 wurde unter „Verkäuferinformationen“ darauf hingewiesen, dass der Betreiber des Shops, mithin der Beklagte „angemeldet als gewerblicher Verkäufer“ sei; zudem wurde auf mehr als 9.000 positive Bewertungen durch die Käufer verwiesen. Auf der Internet-Seite vom (…) 2010 bot der „(E...)“ 1.150 Artikel zum Verkauf an.

23

Als die Klägerin davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Beklagte bereits seit dem Oktober 2002 unter dem eBay-Mitgliedsnamen „(E...)“ registriert war und seit diesem Zeitpunkt bereits umfangreiche Verkaufsaktivitäten unternommen hatte, leitete sie mit Verfügung vom (…) 2010 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein und enthob mit weiterer Verfügung vom (…) 2010 den Beklagten vorläufig des Dienstes.

24

Im behördlichen Ermittlungsverfahren äußerte sich der Beklagte lediglich dahin gehend, dass es sich bei den eBay-Verkäufen um ein Hobby gehandelt habe.

25

Mit der am (…) 2010 beim Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenen Disziplinarklage begehrt die Klägerin die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Gegenstand der Disziplinarklage ist der Vorwurf folgender Dienstpflichtverletzungen:

26

1.Betreiben eines gewerblichen Internethandels und dadurch Ausübung einer gewerblichen Nebentätigkeit in erheblichem zeitlichen wie inhaltlichen Umfang ohne die erforderliche Genehmigung des Dienstherrn,

27

2.Betreiben dieser Nebentätigkeit - insbesondere auch in Zeiten von Krankheit - in einem Umfang, der der Pflicht zum Erhalt und der Wiederherstellung der Arbeitskraft (Gesundheitswiederherstellungspflicht) in außergewöhnlichem Maße entgegensteht,

28

3.Verstoß gegen die Wahrheitspflicht, weil der eBay-Account schon seit dem Jahre 2002 besteht bzw. weil der Beamte der beantragten Nebentätigkeit schon seit 2002 nachgegangen ist und somit im Antrag auf Genehmigung der Nebentätigkeit vom (…) 2009 falsche Angaben getätigt wurden.

29

Zur Begründung der Disziplinarklage hat die Klägerin ausgeführt, der Beklagte habe seine Dienstpflichten in einem Kernbereich so erheblich verletzt, dass das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört sei. Die vom Beklagten ausgeübte Nebentätigkeit sei genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig gewesen. Der Beklagte habe sich auch während seiner Arbeitsunfähigkeit durch gewerbliches Handeln neben seiner Besoldung ein zweites wirtschaftliches Standbein verschafft. Ein Versagungsgrund sei schon deswegen gegeben gewesen, weil der zeitliche Umfang des Handelns die Arbeitskraft des Beklagten so sehr in Anspruch genommen habe, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert würde. Der Beklagte habe gewerbsmäßig, d. h. mit Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Er habe sich bewusst für einen gewerbsmäßigen Auftritt als „PowerSeller“ entschieden und hiermit auch nach außen Dritten gegenüber sichtbar dokumentiert, dass er als gewerblicher Händler auftrete. Er habe seine Verkaufsaktivitäten wegen der guten Verdienstmöglichkeiten im Laufe der Jahre bewusst ausgedehnt und gesteigert. Damit habe er alles getan, um sich außerdienstlich ein zweites berufliches Standbein aufzubauen. Schließlich habe der Beklagte seine Pflicht zur Abgabe wahrheitsgemäßer Angaben verletzt, indem er in seinem Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit vom (…) 2009 wider besseres Wissen angegeben habe, dass er erst voraussichtlich ab Anfang 2010 den Online-Verkauf (nur) einer privaten Sammlung vornehmen werde.

30

Der Klägerin hat beantragt,

31

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

32

Der Beklagte hat beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Er hat sich im Wesentlichen wie folgt eingelassen:

35

Der Verkauf der Hefte habe nur einen geringen zeitlichen Aufwand erfordert. Er habe sich kein zweites wirtschaftliches Standbein geschaffen; vielmehr sei es so gewesen, dass er sich in einer Situation befunden habe, in welcher er „am Monatsanfang manchmal nur 50 bis 60 € zum Leben“ gehabt habe. Wenn man die Gesamtzahl der Verkäufe auf die Zahl der Tage herunterrechne, komme man lediglich auf 6 Verkäufe, was nur einen geringen zeitlich Aufwand erfordert habe. Der An- und Verkauf der Hefte sei eine Beschäftigung gewesen, welche ihm Ruhe und Ausgeglichenheit gegeben habe.

36

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat mit Urteil vom 1. Dezember 2011 auf die Kürzung der Dienstbezüge des Beklagten auf die Dauer von drei Jahren um ein Fünftel seiner monatlichen Dienstbezüge erkannt.

37

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht zunächst festgestellt, der Beklagte habe ein Dienstvergehen begangen, indem er über Jahre ohne Nebentätigkeitsgenehmigung einer Nebentätigkeit, und zwar auch in Zeiten der Erkrankung, nachgegangen sei und indem er bei seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung falsche Angaben gemacht habe. Für den Zeitraum der Jahre 2002 bis 2007 lasse sich nicht mehr mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Beklagte mehr als nur seine private Sammlung veräußert habe. Für den Zeitraum 2008 bis Anfang 2010 sei davon auszugehen, dass der Beklagte auch in diesem Zeitraum im wesentlichen nur das veräußert habe, was er in den Jahren bis 2002 gesammelt und nur unwesentliche Zukäufe getätigt habe, die dem Zweck der Komplettierung gedient hätten.

38

Gleichwohl habe der Beklagte vorsätzlich über einen Zeitraum von acht Jahren eine Nebentätigkeit ohne die erforderliche Genehmigung ausgeübt, indem er im Internet als gewerblicher Händler aufgetreten sei. Dadurch habe er gegen die sich aus § 54 BG LSA (§ 34 Satz 3 BeamtStG) ergebende Pflicht verstoßen, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen und der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf fordere. Zudem habe er gegen die Pflicht zur Gesunderhaltung verstoßen. Ein weiterer Verstoß gegen Dienstpflichten liege darin, dass er in seinem Antrag auf Genehmigung von Nebentätigkeiten aus dem (…) 2009 verschwiegen habe, in welchem Umfang er bereits tätig gewesen sei. In beiden Taten liege ein einheitliches Dienstvergehen.

39

Dem Beklagten sei es um die Erzielung eines größtmöglichen Gewinns gegangen. Dies ergebe sich zum einen aus der ursprünglichen Motivation, die ihn belastenden Unterhaltsansprüche begleichen zu können; zum Anderen spreche dafür auch sein Geschäftsgebaren. So habe der Beklagte, um Serien verkaufen zu können, Zukäufe getätigt und den Verkauf sehr professionell gestaltet. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Sammlung des Beklagten um eine solche mit mehr als 100.000 Einzelstücken gehandelt habe, sei sein Vorgehen vergleichbar demjenigen, welcher einen Gewerbebetrieb mit einem großen Warenlager erbe und diesen dann weiter betreibe. Zugunsten des Beklagten sei allerdings davon auszugehen, dass die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Verkäufer seiner privaten Sammlung bei eBay „in gewissem Umfang auch genehmigungsfähig gewesen sein“ dürfte. Dies ergebe sich daraus, dass die Tätigkeit des Beklagten jedenfalls nicht mehr als ein Fünftel seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betragen habe. Allerdings sei davon auszugehen, dass dem Beklagten die Notwendigkeit der Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung bekannt war. Hierfür spreche bereits die Begründung seines im Dezember 2009 gestellten Antrages.

40

Es liege auch ein vorsätzlicher Verstoß des Beklagten gegen seine Verpflichtung zur Gesunderhaltung und Wiedergenesung vor. Ein Beamter sei im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu unternehmen, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu erreichen. Gegen diese Verpflichtung habe der Beklagte durch seine in einem erheblichen zeitlichen Umfang getätigten Verkaufsaktivitäten verstoßen.

41

Allerdings sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht davon auszugehen, dass der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen habe. Es sei nicht zu erwarten, dass der Beklagte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen werde; er habe durch sein Fehlverhalten auch keine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Zwar sei erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren ohne Genehmigung in erheblichem Umfang gewerblich tätig gewesen sei; zudem sei auch zu berücksichtigen, dass er disziplinarrechtlich vorbelastet sei. Zu seinen Gunsten sei indes die „stetig besser werdende Arbeitsleistung“ des Beklagten in den vergangenen Jahren zu berücksichtigen.

42

Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das Urteil beruhe auf fehlerhafter Rechtsanwendung. Die den Gegenstand des Verfahrens bildenden, dem Urteil zugrunde gelegten Handlungen rechtfertigten nicht die disziplinaren Vorwürfe. Die Verwaltung und insbesondere auch Nutznießung eigenen Vermögens stelle keine Nebentätigkeit dar und sei daher auch genehmigungsfrei. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer auf Gewinn gerichteten gewerbemäßigen Tätigkeit aus; es lasse auch außer Betracht, dass ein gegen ihn geführtes steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Seine das Verfahren einleitende Anzeige einer Nebentätigkeit verstoße nicht gegen die Wahrheitspflicht. Er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er bei der „im Grunde richtig wiedergegebenen Veräußerung seines Vermögens“ nicht von einer Nebentätigkeit ausgehe. Der Gesetzgeber habe keine Regelung für den zulässigen Umfang und den Zeitaufwand bei der Befassung mit der Verwaltung eigenen Vermögens getroffen. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit einem bei Richtigkeit seiner Auffassung zu würdigenden Subsumtionsirrtum seinerseits befasst, sondern zu Unrecht einen vorsätzlichen Verstoß gegen Dienstpflichten unterstellt. Er habe durch „das Befassen mit seinem eBay-Account“ auch nicht seine Gesundheit beeinträchtigt oder seine Genesung gefährdet. Selbst bei Vorliegen eines Dienstvergehens verstoße die ausgesprochene Disziplinarstrafe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend die besondere Wirkung der Gehaltskürzung im Eingangsamt berücksichtigt.

43

Der Beklagte beantragt,

44

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 1. Dezember 2011 die dort erkannte Disziplinarmaßnahme aufzuheben.

45

Die Klägerin hat gegen das Urteil rechtzeitig Anschlussberufung eingelegt. Sie beantragt,

46

die Berufung zurückzuweisen und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

47

Die Klägerin geht davon aus, dass der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen habe, was zu einem vollständigen Vertrauensverlust geführt habe. Mit seiner auf Dauer angelegten und auf Erzielung des größtmöglichen Gewinns ausgerichteten - ungenehmigten - Nebentätigkeit habe der Beklagte gegen die aus § 54 Satz 1 BG LSA (§ 34 Satz 1 BeamtStG) folgende Pflicht verstoßen, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen und zudem auch die ihm obliegende Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten gemäß § 54 Satz 3 BG LSA (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verletzt. Zudem habe der Beklagte in seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung vom (…) 2009 bewusst verschwiegen, in welchem Umfang er bereits tätig gewesen sei. Dem Beklagten sei die Notwendigkeit der Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung durchaus bekannt gewesen, weshalb er vorsätzlich gehandelt habe. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren eine nicht genehmigungsfähige und gewerbliche Nebentätigkeit in erheblichem Umfang auch in Zeiten von Krankheit (fast 400 Tage) ausgeübt habe, sei - auch unter Berücksichtigung, dass der Beklagte bereits disziplinarrechtlich vorbelastet sei - davon auszugehen, dass ein endgültiger Vertrauensverlust gegenüber dem Dienstherrn eingetreten sei. Als angemessene Disziplinarmaßnahme komme daher nur die Entfernung aus dem Dienst in Betracht.

48

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Beklagte wie folgt eingelassen:

49

Er habe mit den Verkäufen lediglich sein Vermögen verwaltet, also weder einen Handel noch gar ein Gewerbe betrieben, sondern die Verkaufsgegenstände „privat“ in das Internet gestellt. Hierzu habe er keine Nebentätigkeitsgenehmigung benötigt und deshalb seinen Dienstherrn auch zu keinem Zeitpunkt getäuscht.

50

Zu den Veräußerungen sei es gekommen, weil er Geld benötigt habe: das Wohnhaus sei im Zuge der Überschwemmungen im Jahr 2002 beschädigt worden; dazu seien Kreditverpflichtungen und Unterhaltszahlungen gekommen, für die seine Beamtenbezüge nicht ausgereicht hätten. Daher habe er sich entschlossen, die gesammelten Gegenstände aus seinem Haus über „eBay“ zu verkaufen.

51

Ein großer Zeitaufwand sei mit dem Betreiben des „(E...)“ nicht verbunden gewesen, was auch daran gelegen habe, dass er zunehmend Routine im Einstellen der Artikel und im Versand entwickelt habe.

52

Die Anmeldung seines „shops“ als Gewerbe sei schließlich erfolgt, weil er nicht Probleme mit den „Abmahn-Anwälten“ habe bekommen wollen. Was den Vorwurf der Nebentätigkeit während seiner Erkrankung in den Jahren 2008/2009 betreffe, so hätten seine Aktivitäten seine Genesung nicht beeinträchtigt, sondern eher gefördert.

Entscheidungsgründe

53

Die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist zulässig, jedoch unbegründet; demgegenüber ist die von der Klägerin erhobene Anschlussberufung sowohl zulässig als auch begründet.

54

Zur Überzeugung des Senats steht zunächst fest, dass der Beklagte während des Zeitraums von (…) 2002 bis (…) 2010 eine gemäß § 65 BG LSA in der bis zum 1. Februar 2010 maßgeblichen Fassung genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ausgeübt hat, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Genehmigung gewesen zu sein. Der Senat geht zudem davon aus, dass der Beklagte bei wahrheitsgemäßer Angabe über den Umfang seiner An- und Verkaufsaktivitäten über das Verkaufsportal „eBay“ keine Nebentätigkeitsgenehmigung erhalten hätte, weil die Versagungsgründe des § 65 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 6 BG LSA vorgelegen haben. Es wäre nämlich davon auszugehen gewesen, dass die Nebentätigkeit nach Art und Umfang den Beklagten so stark in Anspruch genommen hat, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten behindert werden konnte (Nr.1) und dass vor allem die exzessive Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich ist (Nr. 6).

55

Entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gegebenen Einlassung handelte es sich bei seinen Aktivitäten auch nicht um die bloße Verwaltung eigenen Vermögens, die als solche gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 BG LSA genehmigungsfrei war. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der Beklagte über nahezu acht Jahre in zunehmendem Umfang in einer Weise wirtschaftlich betätigt hat, die nach Art, Umfang, Dauer, Häufigkeit und Zielrichtung eindeutig als nicht genehmigungsfähige Ausübung eines Zweitberufes anzusehen ist.

56

Der Beklagte hat am (…) 2002 den eBay-Account „(E...) 2002“ eröffnet und allein über dieses Verkaufsportal bis zum Jahr 2010 einen Gesamtumsatz von 125.865,46 Euro erzielt. Er hat zudem in den Jahren 2008/2009 zusätzlich die eBay-Account „(F...)“ und „(G...)“ eröffnet und auch hierüber Verkäufe mit einem Gesamtumsatz von über 4.500,00 Euro getätigt. Insgesamt hat der Beklagte über „eBay“ 22.733 Artikel verkauft, wobei die Zahl der Einstellungen von zu verkaufenden Waren erheblich höher war, wie allein die Zahl der vorgenommenen Einstellungen im Jahr 2008 (12.733 Einstellungen) und im Jahr 2009 (3.942 Einstellungen) zeigt.

57

Zeigt schon die Zahl der vorgenommenen Transaktionen, dass der Beklagte in einem Maße tätig war, welches weit über die Zahl von Verkäufen hinaus geht, welche üblicherweise im Zuge einer Haushaltsauflösung erfolgen, so sprechen insbesondere Folgeumstände für ein gewerbliches, gewinnorientiertes Vorgehen des Beklagten:

58

Bereits die vom Beklagten gewählte Bezeichnung seines Verkaufsportals als „(E...) 2002“ sollte den möglichen Kunden ganz offensichtlich suggerieren, dass sie es mit einem Versender zu tun haben, welcher - als „Kioskbetreiber“ - Zeitschriften in größerem Umfang im Angebot vorhält. Für ein gewerbliches Handeln des Beklagten spricht im Übrigen auch, dass er - wie er selbst eingeräumt hat - seinen Warenbestand fortlaufend durch Einkäufe ergänzte und deshalb nicht lediglich seinen Privatbesitz auflöste.

59

Bezeichnend ist auch die Beschreibung, welche der Beklagte im (…) 2010 selbst seinem „(E...)“ gegeben hat:

60

„In meinem Shop gibt es alles, was es bis 1989 in einem Zeitungskiosk der DDR gab (oder nicht gab): Armeerundschau, Atze, Bummi, Eulenspiegel, Frösi, Fachzeitschriften, Für Dich, GST-Zeitschriften, KFT, Mosaik, M&R, NBI, Technicus, Straßenverkehr, Tageszeitungen, Trommel, URANIA, Wochenpost, AK u. a. ...

61

Hallo ebayer! Ich darf mich kurz vorstellen. Ich (Name siehe Impressum) sammele seit über 30 Jahren alles, das nur annähernd nach DDR riecht und aus Papier ist. Inzwischen habe ich so ziemlich alles komplett, was ich jemals suchte. Dabei haben sich auch einige 100 kg Papier als Doppelt- oder Mehrfachexemplare angesammelt, die ich nun nach und nach zur Versteigerung bringen werde. Leider ist das normale Leben in Deutschland aufgrund der Umsetzung von EU-Richtlinien soweit den Bach herunter gegangen, dass ich mich nunmehr entschloss, hier als gewerblicher Käufer aufzutreten“.

62

Schon daraus ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass der Beklagte sich nicht nur darauf beschränkt hat, die in den Räumlichkeiten des von ihm bewohnten Hauses liegenden Zeitschriften und sonstigen Erinnerungsstücke aus DDR-Zeiten zu veräußern, sondern dass er auch Zukäufe getätigt hat, um etwa Zeitschriftenreihen zu dem Zweck zu komplettieren, sie dann als gewerblicher Verkäufer gewinnbringend verkaufen zu können. So kaufte der Beklagte im (…) 2008 den kompletten Jahrgang 1976 der Zeitschrift Mosaik, im (…) 2008 den kompletten Jahrgang 1978 der Zeitschrift Mosaik B. sowie im (…) 2008 erneut den kompletten Jahrgang 1976 der Zeitschrift Mosaik.

63

Demgegenüber verkaufte der Beklagte mehrfach komplette Sätze von Zeitschriften, allein in den Jahren 2008/2009 mindestens 20 x entweder die komplette, aus 168 bzw. 178 Heften bestehende „Top- Sammlung Mosaik B. 1976 – 1989 bzw. 1990“ . Entsprechendes gilt für die ebenfalls mehr als 20-fache Veräußerung der Zeitschriften- Serie „Mosaik A.“ im Jahr 2009. Es ist kein vernünftiger Grund für die Annahme ersichtlich, dass der Beklagte bzw. dessen Eltern diese Serien im vorbeschriebenen Umfang mehrfach gesammelt haben; vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass sich der Beklagte Doppel-Exemplare beschafft hat, um sie überhaupt gewinnbringend und gewinnmaximierend zu veräußern.

64

Dass die Aktivitäten des Beklagten weit über eine übliche Haushaltsauflösung hinausgingen, zeigt auch der Umstand, dass er von dem Verkaufsportal eBay als „PowerSeller“ geführt worden ist. Die Selbstdarstellung von eBay-Deutschland auf der Internetseite „PowerSeller Portal“: www://eBay.de/services definiert PowerSeller unzweideutig als professionelle gewerbliche Verkäufer, die kontinuierlich ein hohes Handelsvolumen vorweisen können. Um „PowerSeller“ zu werden, müssen Verkäufer im Übrigen bei eBay als gewerbliche Verkäufer angemeldet sein. Verkäufer, die sich für den Status eines „PowerSellers“ qualifizieren möchten, müssen kontinuierlich große Mengen an Artikeln verkaufen und dabei ihren Käufern einen besonders guten Kundenservice bieten.

65

Für den verlangten „besonders guten Kundenservice“, welchen der Beklagte zu bieten hatte, sprechen die professionelle Gestaltung seines „(E...)“, verbunden mit einer bildlichen Darstellung der zum Verkauf anstehenden Artikel, aber auch der professionelle Versand der Artikel. Auf der Homepage „(E...)“ wurde er zudem durch ein Sternchen-Symbol ausdrücklich als „PowerSeller“ bezeichnet, wobei der zusätzliche Hinweis auf eine hohe Zahl der von ihm bereits getätigten Transaktionen den professionellen Verkäufer-Status des Beklagten noch verdeutlichte. Im Übrigen wurde er - wie sich jedenfalls noch aus seinem eBay-Auftritt vom (…) 2010 ergibt - ausdrücklich als „angemeldet als gewerblicher Verkäufer“ bezeichnet.

66

Die Aktivitäten des Beklagten stellen sich danach hinsichtlich Art, Umfang, Dauer, Häufigkeit und Zielrichtung, vor allem auch unter Berücksichtigung der erzielten Jahresumsätze von bis zu ca. 23.800,00 Euro, als Ausübung eines Zweitberufes i. S. eines „zweiten beruflichen Standbeins“ neben seinem Beamtenverhältnis dar. Der Beklagte hat gewerbsmäßig, d. h. mit Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Er hat zudem die Aktivitäten wegen der von ihm erkannten guten Verdienstmöglichkeiten im Laufe der Zeit bewusst ausgedehnt, indem er zusätzlich die accounts „(F...)“ und „(G...)“ eingerichtet hat.

67

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass sich der Beklagte als langjährig erfahrener Polizeibeamter darüber im Klaren war, dass er für den von ihm durchgeführten professionellen Handel mit einem Umsatzvolumen, welches einem ganz erheblichen Teil seiner Dienstbezüge entsprach, einer Genehmigung bedurfte. Es ist im Übrigen davon auszugehen, dass dem Beklagten eine beantragte Nebentätigkeitsgenehmigung nicht erteilt worden wäre, wenn er seinen Dienstherrn wahrheitsgemäß über den tatsächlichen Umfang seiner An- und Verkaufsaktivitäten unterrichtet hätte. Dass der Beklagte dies selbst so gesehen hat, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass er in seinem schließlich am (…) 2009 gestellten Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung wahrheitswidrig angegeben hat, er „beabsichtige“, Teile seiner privaten Sammlung an Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online zu veräußern, und damit bewusst verschwiegen hat, dass er derartige - und darüber hinausgehende - Aktivitäten bereits seit dem Jahr 2002 umfänglich betrieben hat.

68

In der Ausübung von Nebentätigkeiten ohne Einholung der erforderlichen Genehmigung bzw. dem vorsätzlichen Unterlassen eines entsprechenden Antrags liegt ein Verstoß gegen die dem Beklagten aus seinem Beamtenverhältnis obliegende Pflicht gemäß § 54 Satz 3 BG LSA, wonach sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf als Polizeibeamter erfordert und damit ein schuldhaftes Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BG LSA.

69

Für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten steht wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten an. Zudem muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt (so BVerwG, Urt. v. 11. Januar 2007, 1 D 16.05).

70

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 DG LSA). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, nach den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, darüber nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, a. a. O., RdNr. 55).

71

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien ist hier von einem schwerwiegenden Dienstvergehen gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 BG LSA auszugehen. Hierfür sprechen einerseits der ganz erhebliche Umfang der An- und Verkaufsaktivitäten des Beklagten und der dabei erzielte sehr hohe Gesamtumsatz, andererseits das strategische, auf eine Steigerung der Erlöse ausgerichtete Gesamtverhalten des Beklagten und sein offenkundiges Bestreben, Gewinne zu erzielen.

72

Ein besonderes disziplinarisches Gewicht erhält die Ausübung der ungenehmigten und nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit des Beklagten dadurch, dass er mit seinen umfangreichen Aktivitäten während der Jahre 2008 und 2009, mithin während der Zeit, in welcher er an insgesamt nahezu 400 Tagen dienstunfähig erkrankt war, gegen die ihm obliegende Pflicht zur Gesunderhaltung verstoßen hat. Eines konkreten Nachweises, dass die Nebentätigkeit den Gesundheitsprozess konkret behindert oder verzögert hat, bedarf es dabei nicht. Es reicht vielmehr aus, wenn die Nebentätigkeit generell geeignet ist, die alsbaldige und nachhaltige Genesung zu beeinträchtigen (BVerwG, Urt. v. 1. Juni 1999, 1 D 49.97, RdNr. 51 [m. w. N.], ebenso BVerwG, Urt. v. 14. November 2001, 1 D 60.00). Ein Internethandel in dem Umfang, wie ihn der Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 - mit mehr als 16.500 Einstellungen von Produkten sowie mehr als 3.400 Verkäufen, die nicht nur den eigentlichen Handel auf der eBay-Plattform, sondern dazu Verpackung, Versand und Abrechnung erforderten, betrieben hat, war ohne Zweifel der Wiederherstellung der Gesundheit und damit der vollen Dienstfähigkeit nicht zuträglich. Der Senat sieht danach davon ab, den Minutenaufwand für jede einzelne Transaktion des Beklagten zu errechnen. Ein Beamter, der in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehört, dass er seine Kräfte schont und hier nicht vorzeitig, insbesondere nicht zu Erwerbszwecken, einsetzt. Fühlt er sich bereits imstande, Dienstleistungen auch nur in beschränktem Umfang zu erbringen, so handelt er pflichtwidrig, wenn er sie nicht seinem Dienstherrn anbietet, der ihm das Gehalt weiterzahlt und ihm aus Anlass der Krankheit soziale Vorteile gewährt (BVerwG, a. a. O., RdNr. 54 [m. w. N.]).

73

Danach kommt der vom Beklagten auch während der Zeit seiner Dienstunfähigkeit in nahezu unvermindertem Umfang verbotswidrig durchgeführten, gewerblich ausgerichteten Nebentätigkeit ein ganz erhebliches disziplinarrechtliches Gewicht zu, was bereits für sich genommen durchaus geeignet ist, das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit erheblich zu beeinträchtigen. Die Bevölkerung hätte keinerlei Verständnis dafür, dass ein Beamter - noch dazu während der Zeit seiner gesundheitsbedingten Dienstunfähigkeit - in einen derartigen Umfang einer nicht genehmigten und auch nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit nachgeht.

74

Bei der Würdigung des Gesamtverhaltens des Beklagten ist zudem zu berücksichtigen, dass er in seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung vom 11. Dezember 2009 vorsätzlich falsche Angaben gemacht und damit gegen die ihm gem. § 54 Satz 3 BG LSA obliegende Wahrheitspflicht, mithin die Verpflichtung zu vollständigen und richtigen Angaben, bewusst verstoßen hat. Die dem Antrag gegebene Begründung, die weitgehend durch Geschwätzigkeit und Rechthaberei geprägt ist, lässt unschwer die Motivation erkennen, dass es dem Beklagten vorrangig darum ging, seine bisherigen verbotswidrigen Tätigkeiten zu kaschieren. Zwar mag das Gewicht einer Wahrheitspflichtverletzung im Verhältnis zu dem geleugneten Dienstvergehen regelmäßig gering sein (vgl. Hummel/Köhler/Meier, BDG, 4. Aufl., S. 248); indes stellt sich die Erklärung des Beklagten in seiner Antragsbegründung nicht nur als bewusstes Leugnen seiner bisherigen Aktivitäten dar, sondern enthält jedenfalls mit der Angabe, die „beabsichtigte“ Veräußerung von Teilen seiner privaten Sammlung sei nicht gewinnorientiert, eine erneute objektiv falsche Erklärung.

75

Mit seinem im Sinne der Einheitlichkeit des Dienstvergehens zu betrachtenden Gesamtverhalten hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen, wodurch er das Vertrauen nicht nur des Dienstherrn, sondern auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 DG LSA).

76

Im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts vermag der Senat nicht davon auszugehen, dass der Beklagte die Gewähr dafür bietet, künftig uneingeschränkt seinen Dienstpflichten nachzukommen. Dass dem Beklagten eine derartige Prognose nicht gestellt werden kann, ergibt sich zum Einen daraus, dass er - wie er nicht zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat - offensichtlich über keinerlei Unrechtseinsicht verfügt, welche eine wesentliche Voraussetzung für ein zukünftiges pflichtgemäßes Verhalten darstellt. Zu Lasten des Beklagten war zum Anderen zu berücksichtigen, dass er bereits wegen eines erheblichen Verstoßes gegen seine Dienstpflichten - verbotene Mitnahme von Waren aus einem verunfallten LKW - disziplinarisch zur Rechenschaft zu ziehen war. Auch in dem diesbezüglichen Disziplinarverfahren vor dem erkennenden Senat (10 L 5/10) war der Kläger - wie der Senat in seinem Beschluss vom 17. Juni 2010 ausdrücklich hervorgehoben hat - in keiner Weise bereit, das Unrecht seines Handelns zu erkennen.

77

Danach ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung des Dienstvergehens des Beklagten und aus seiner Persönlichkeit nur der Schluss, dass der Beklagte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen wird und dass er zudem durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt hat. Vor allem kann aufgrund seines Gesamtverhaltens nicht die Prognose getroffen werden, er werde künftig auf Dauer Gelegenheiten zur Ausübung ungenehmigter Nebentätigkeiten verstreichen lassen (vgl. zu diesem Kriterium: BVerwG, Urt. v. 11. Januar 2007, a. a. O., RdNr. 64). Unter diesen Umständen ist er als Beamter nicht länger tragbar mit der Folge, dass aufgrund der Schwere des Dienstvergehens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§§ 10 Abs. 1, 13 Abs. 2 DG LSA) indiziert ist.

78

Der Senat vermag auch keine Umstände zu erkennen, die ausnahmsweise die nach der Schwere der Dienstpflichtverletzungen indizierte Verhängung der Höchstmaßnahme ausschließen lassen könnten. Der Umstand, dass der Beklagte im Dienst gute Leistungen erbracht hat, vermag sein Versagen in den Bereichen, welche nicht unmittelbar zur Dienstausübung gehören, nicht zu kompensieren. Es besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass sich der Beklagte etwa in einer besonderen, dazu unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden hat, welche ihm zudem nur den „Ausweg“ des verbotswidrigen Betreibens eines Internethandels ermöglicht hat. Sein dazu in der Gerichtsverhandlung erster Instanz gegebener pauschaler Hinweis, er habe manchmal am Monatsanfang „nur 50 bis 60 Euro zum Leben“ gehabt, ist schon nicht geeignet, eine derartige, nicht anders lösbare Notsituation darzutun. Es besteht im Übrigen auch kein Grund für die Annahme, dass sich der Beklagte etwa in der Situation einer psychischen Bedrängnis befunden hat, die es ihm verwehrt hätte, sich im Hinblick auf die geplante Veräußerung der „DDR-Sammlung“ bereits im Jahr 2002 vertrauensvoll und mit wahrheitsgemäßen Angaben an seinen Dienstherrn zu wenden und die Frage des Erfordernisses und - vor allem der Möglichkeit - einer Nebentätigkeitsgenehmigung klären zu lassen, anstatt ohne Weiteres einen gewerblichen Handel zu betreiben.

79

Nach dem Bild, welches der Senat im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Beklagten gewonnen hat, besteht bei ihm offensichtlich der sich zunehmend verfestigende Eindruck, als würden seine Leistungen völlig verkannt, was sich schon daran zeige, dass er nach über zwanzigjährigem Dienst in der Polizei immer noch nicht befördert werde. Man dürfe „nicht durch Leistung auffallen“, dann werde man schon etwas. Diese Einstellung verkennt völlig, dass sich der Beklagte den Umstand, dass er bei der nunmehr anstehenden Beförderungsrunde 2012 nicht beteiligt werden kann, letztlich selbst zuzuschreiben hat. Auch seine in der Berufungsverhandlung zum Ausdruck gebrachte Distanz zu Kollegen (“Spießrutenlauf“ in D.) sowie zu Vorgesetzten lässt nicht erkennen, dass sich der Beklagte ernsthaft um eine Wiederherstellung verlorenen Vertrauens bemüht, vor allem nicht, dass er sein Verhalten in Zukunft ändern wird. Dafür spricht bereits seine Ankündigung, auch künftig weiter die Verkaufsplattform bei eBay für die Veräußerung von - offensichtlich noch in großer Anzahl vorhandenen - „DDR-Artikeln“ nutzen zu wollen.

80

Auch sonst sind keine entlastenden Umstände ersichtlich, die für sich genommen oder in einer Gesamtschau eine andere als die ausgesprochene Maßnahme als ausreichend erscheinen ließen.

81

Danach muss es dabei bleiben, dass der Beklagte gemäß §§ 13 Abs. 3, 10 Abs. 1 DG LSA aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist. Die damit verbundenen, insbesondere wirtschaftlichen Konsequenzen hat der Beklagte zu tragen, denn er hat die Ursache für diese Maßnahme mit seinem massivem Fehlverhalten und seiner Uneinsichtigkeit selbst gesetzt.

82

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 72 Abs. 1 und 4 DG LSA, 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.

83

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, denn das Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt lässt in seinem Anwendungsbereich eine Revision gegen Urteile des Oberverwaltungsgerichts in Disziplinarsachen nicht zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31. Januar 2012, 2 B 132.11).


Tenor

Der Beklagte wird aus dem Dienst entfernt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Disziplinarverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Zahlung einer Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

2

Der am ... 1958 in ... geborene Beklagte steht als Kriminalkommissar im Dienst des klagenden Landes. Am ... 1977 trat er als Polizeiwachtmeister in den Polizeivollzugsdienst des Landes ... ein. Er legte am ... 1980 die Polizeifachprüfung I mit der Note "befriedigend" bei der Landespolizeischule ... ab und wurde am ... 1985 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Im Jahr 1989 wechselte er beim Landeskriminalamt in ... in den Kriminaldienst. Mit Wirkung vom ... 1990 wurde er auf seinen Antrag hin als Kriminalhauptmeister in den Polizeivollzugsdienst des Landes Rheinland-Pfalz versetzt und dem damaligen Kriminalkommissariat (heute: Kriminalinspektion ...) als Sachbearbeiter zur Dienstverrichtung zugewiesen. Dieser gehörte er, mit Ausnahme einer dreimonatigen Umsetzung im Jahr 2007 zur KI ..., bis zu seiner seit dem 30. Juni 2011 rechtskräftigen vorläufigen Dienstenthebung an.

3

Seine Beförderung zum Kriminalkommissar unter Verleihung eines Amtes der Besoldungsgruppe A 9 g.D. erfolgte am ... 2004.

4

In seiner letzten dienstlichen Beurteilung anlässlich der Bewerbung um eine Beförderungsstelle vom 05. Februar 2008 wurde er in der Gesamtbewertung in "C" eingestuft. Im Disziplinarverfahren wurde zum dienstlichen und außerdienstlichen Verhalten des Beklagten ausgeführt, dass von den unmittelbaren Vorgesetzten immer wieder die aufkommende Unpünktlichkeit des Beamten, die oberflächliche und nur temporär zielorientierte Sachbearbeitung, die mangelnde Dienstleistungsbereitschaft, die mehrfache Nichterreichbarkeit als Bereitschaftsbeamter, zum Beispiel bei Bränden, Todesermittlungsverfahren oder Einbruchdiebstählen, und die hin und wieder auftretende Unkonzentriertheit beanstandet und in massiven Ansprachen und Kritikgesprächen thematisiert worden seien. Er habe sich im Vergleich zu den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kriminalpolizei in ... häufig als unbelehrbar gezeigt. Auch dies sei in zahlreichen Mitarbeitergesprächen und vielen anlassbezogenen Kritikgesprächen mit dem Beklagten erörtert worden. Nach Bekanntwerden des Strafbefehls der Staatsanwaltschaft ... vom 02. Februar 2009 wegen Steuerhinterziehung habe er in zeitnahen Kritikgesprächen wiederholt erklärt, dass er keine Nebentätigkeiten ausübe. Er sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass bei Vorliegen von Verdachtsmomenten entsprechend reagiert werde.

5

Dem Beklagten wurde in der Vergangenheit für folgende Zeiträume jeweils die Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit mit dem Inhalt "Mithilfe im Betrieb der Ehefrau (Zeltbewirtschaftung), Frau ...", erteilt:

6

02. September 1996 bis 30. September 1997

31. März 1998 bis 31. März 1999

30. April 1999 bis 30. April 2000

11. Mai 2000 bis 31. Mai 2001.

7

Ein weitergehender Antrag auf Verlängerung der Nebentätigkeitsgenehmigung wurde mit Bescheid vom 27. November 2001 abgelehnt. Die hiergegen vor dem Verwaltungsgericht ... erhobene Klage wurde mit Urteil vom 29. August 2002 (Az.: ...) abgewiesen. Das Urteil ist seit dem 05. November 2002 rechtskräftig.

8

In der Zeit vom ... 2009 bis ... 2010 war der Beklagte zur Betreuung seines am ... 2008 geborenen Sohnes ... vom Dienst befreit. Im Anschluss wurde ihm bis einschließlich ... 2011 eine Teilzeitbeschäftigung von 26 Stunden die Woche gewährt. Seit dem ... ist der Beamte dienstunfähig erkrankt. Unter dem ... 2011 beantragte er wegen dauernder Dienstunfähigkeit seine Versetzung in den Ruhestand.

9

Der Beklagte ist disziplinar- und strafrechtlich bis auf die auch im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Verfehlungen nicht vorbelastet.

10

Mit Verfügung von 25. März 2009 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet mit dem Vorwurf, dass bei der Staatsanwaltschaft ... gegen ihn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung geführt werde (Az...), in dem ihm vorgeworfen werde, für die Jahre 2005 bis 2007 unrichtige Einkommenssteuererklärungen eingereicht zu haben, da er den ihm durch seine ehemalige Ehefrau, ..., bezahlten Lohn nicht erklärt und er dieser Hilfe dazu geleistet habe, steuerlich erhebliche Tatsachen gegenüber den Finanzbehörden nicht anzugeben. Für die ausgeübte Tätigkeit besitze der Beklagte im Übrigen keine Nebentätigkeitsgenehmigung. Der Beklagte wurde über seine Rechte belehrt. Im Hinblick auf das sachgleiche Strafverfahren wurde das Disziplinarverfahren ausgesetzt.

11

Nachdem im Zusammenhang mit einer durch die Festbewirtschaftung ... ausgerichteten Festzeltveranstaltung an Karneval 2010 erneut der Verdacht der Ausübung von Nebentätigkeiten aufgekommen war, wurde auf Antrag des Klägers mit Beschluss des erkennenden Gerichts vom 08. März 2010 (Az.: 3 O 78/10.TR) die Durchsuchung der Wohnung des Beklagten und der Geschäftsräume der Festbewirtschaftung ... angeordnet. Der Beschluss wurde am 23. März 2010 ausgeführt. Die hiergegen erhobenen Beschwerden des Beklagten und seiner Tochter ... wurden durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. April 2010 zurückgewiesen (Az.: 3 B 10486/11.OVG).

12

Vor Beginn der Durchsuchungsmaßnahme wurde dem Beklagten eröffnet, dass das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren durch Verfügung vom 22. März 2010 fortgesetzt worden ist.

13

Mit Zustimmung des Gesamtpersonalrats des Polizeipräsidiums ... wurde der Beklagte durch Verfügung vom 20. Januar 2011 unter Einbehaltung von 30 Prozent seiner Dienstbezüge vorläufig des Dienstes enthoben. Durch Beschluss des erkennenden Gerichts vom 28. März 2011 wurde dem Antrag des Beklagten auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Dienstbezügen stattgegeben (Az.: 3 L 225/11.TR). Nach Einführung neuer Ermittlungsergebnisse wurde auf die hiergegen erhobene Beschwerde des Klägers der Aussetzungsantrag des Beklagten unter Abänderung der Entscheidung des erkennenden Gerichts mit Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. Juni 2011 abgelehnt (Az.: 3 B 10486/11.OG). Nach Ablauf der Teilzeitbeschäftigung des Beklagten am 05. Juli 2011, wurden die Dienstbezüge des Beklagten durch Verfügung vom 26. Juli 2011 um 50 Prozent gekürzt.

14

Unter dem 21. Juli 2011 wurde das Disziplinarverfahren um den Vorwurf eines weiteren Falls der Steuerhinterziehung in Gestalt von Schwarzgeldzahlungen an den Zeugen ... erweitert. Ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und er wurde über seine Rechte belehrt. Auf eine Äußerung wurde ausdrücklich verzichtet.

15

Mit Verfügung vom 29. August 2011 wurde dem Beklagten das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen bekanntgegeben. Er wurde darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, Disziplinarklage mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Dienst zu erheben. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, sich hierzu abschließend zu äußern. Zudem wurde auf die Möglichkeit der Mitbestimmung des Personalrates hingewiesen. Hiervon machte der Beklagte keinen Gebrauch.

16

Am 07. Oktober 2011 hat der Kläger die vorliegende Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Dienst erhoben. Dem Beamten werden folgende Pflichtverletzungen vorgeworfen:

1.

17

Ausübung einer Nebentätigkeit ohne die erforderliche Genehmigung seines Dienstherrn.

18

Die im Disziplinarverfahren durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass der Beklagte sowohl vor als auch nach dem Zeitraum, für den ihm eine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt gewesen sei, Nebentätigkeiten ausgeübt habe. So seien mit der Ortsgemeinde ... erstmals am 23. Januar 1991 und sodann erneut am 10. Mai 1996 Verträge abgeschlossen worden, die der Beklagte für den Betrieb unterzeichnet habe. Im Frühjahr 1996 sei auf einem Werbeplakat für ein Musikfest in ... mit "..." als Festwirt geworben worden. Ebenso belegten Zeugen wie auch Dateien aus den Jahren vor 1996, dass er bereits in dieser Zeit eine dauerhafte Nebentätigkeit im Betrieb seines Schwiegervaters ... bzw. seiner ehemaligen Ehefrau ... ausgeübt habe.

19

Nach Ablauf der Nebentätigkeitsgenehmigung im Mai 2001 habe er die Nebentätigkeit fortgeführt. Dies ergebe sich aus den sichergestellten Unterlagen. Danach sei er in den Jahren 2003 und 2004 durch seine ehemalige Ehefrau entlohnt worden. Aus dem gegen ihn geführten Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ergebe sich, dass er in den Jahren 2005 bis 2007 für seine unerlaubte Nebentätigkeit jährlich zwischen 3.600,- und 4.100,- Euro Lohn erhalten habe. Die Entlohnung sei im Übrigen auch durch die als Zeugin vernommene ehemalige Ehefrau bestätigt worden. Ebenso habe diese darauf hingewiesen, dass das Gros der Unterstützung durch ihren ehemaligen Ehemann im organisatorischen Bereich gelegen habe. Er habe Verträge abgeschlossen aber auch sonstige Tätigkeiten ausgeübt, insbesondere solche, die einen körperlichen Einsatz gefordert hätten. Beispielsweise habe er Münzgeld von der Bank abgeholt, den Anhänger beladen, ausgeräumt und auch bei Veranstaltungen habe er gelegentliche Lampen aufgehängt, Leitungen verlegt, Vollgut (Getränke) aus einem Anhänger geladen, den Wasserschlauch verlegt und Werbebanner von Brauereien aufgehängt. Wenn er auf den Festen von Gästen an der Theke angesprochen worden sei, so habe er sich auch schon mal hinter die Theke gestellt und ein Bier gezapft.

20

In den Jahren 2001 bis heute habe die Firma ... nachweislich der Unterlagen jährlich bei ca. 15 Veranstaltungen als Festwirt gewirkt. Mit einzelnen Veranstaltern seien Verträge über fünf Jahre abgeschlossen worden. Diese Verträge seien größtenteils vom Beklagten unterzeichnet worden. Darüber hinaus lägen Anschreiben der Verantwortlichen an den Beklagten vor, aus denen hervorgehe, dass Vertragsverhandlungen durch diesen geführt worden seien. In manchen Verträgen werde der Beklagte auch als verantwortlicher Vertragspartner seitens der Firma Zeltbewirtschaftung ... genannt. In keinem Vertrag sei die ehemalige Ehefrau als Verantwortliche der Firma Zeltbewirtschaftung ... genannt, ebenso habe sie auch keinen dieser Verträge unterzeichnet. Zu den einzelnen Verträgen gäbe es vielfach auch handschriftliche Notizen, insbesondere organisatorische Dinge betreffend, die eindeutig vom Beklagten stammten. Die sichergestellten Anschreiben an den Beklagten ließen darauf schließen, dass er sich schwerpunktmäßig um die organisatorischen und logistischen Dinge vor Ort gekümmert habe.

21

Darüber hinaus sei der Beklagte regelmäßig vor Ort bei den Festen anwesend und hier auch aktiv für die Firma ... tätig gewesen. Dies belegten nicht nur die Aussage seiner ehemaligen Ehefrau, sondern auch die Auswertung der Anschreiben an den Beklagten sowie die Aussagen der vernommenen Zeugen. Die Vielzahl der vorliegenden Schriftstücke des Beklagten beweise, dass er nach Ablauf seiner letzten Nebentätigkeitsgenehmigung und trotz der ausdrücklichen Untersagung seiner Nebentätigkeit weiterhin regelmäßig und umfassend im Betrieb mitgewirkt habe.

22

Ferner habe er auch während der Zeiten, in denen er eine Nebentätigkeitsgenehmigung besessen habe, Tätigkeiten ausgeübt, die über das ihm erlaubte Maß hinausgegangen seien. Seine Nebentätigkeitsgenehmigung habe sich lediglich auf "Tätigkeiten im Rahmen der organisatorischen Vor- und Nachbereitung einer Veranstaltung" bezogen. Demgegenüber sei er jedoch auch aktiv während der Veranstaltungen vor Ort tätig gewesen. Es sei davon auszugehen, dass er die Nebentätigkeit ebenso über das genehmigungsfähige zeitliche Maß hinaus ausgeübt habe. Insbesondere habe er nicht nur gelegentlich in "Notsituationen" ausgeholfen, wie von ihm angegeben. Als Indiz hierfür sei der Entwurf eines Arbeitsvertrages aus dem Jahr 2009 zwischen der Tochter ... und dem Beklagten zu nennen, der einen wahrzunehmenden Arbeitsumfang von 12 Stunden die Woche vorsehe. Ein gleich lautender Vertrag sei zwischen der ... und ihrer Mutter ... unterzeichnet worden. Darüber hinaus habe der Beklagte häufig vor den Festen und auch gelegentlich am Tag danach frei gemacht und anlässlich des Schützenfestes in ... habe er sogar vor Ort eine Ferienwohnung angemietet. Lieferscheine und gegengezeichnete Tagesberichte der Elektrofirma ... belegten, dass sich der Beklagte um die organisatorischen Dinge vor Ort gekümmert habe und dort anwesend gewesen sei. Die Anwesenheit sei letztlich von den Zeugen bestätigt worden. Bei durchschnittlich 15 Veranstaltungen - unter Außerachtlassung weiterer kleinerer Veranstaltungen - die innerhalb eines Zeitraumes von fünf bis sechs Monaten durchgeführt worden seien, lasse sich von daher in etwa erahnen, welchen zeitlichen Rahmen alleine der Einsatz vor Ort während der Feste beansprucht habe. Indiz für den zeitlichen Aufwand der Nebentätigkeit stellten auch seine Einkünfte, umgerechnet auf mögliche Stundensätze, dar, wobei hinsichtlich des Einkommens berücksichtigt werden müsse, dass er nach Aussagen seiner ehemaligen Ehefrau seit dem Jahr 2005 im Gegenzug für seine weitere Beschäftigung im Festzeltbetrieb zudem keinen Ehegattenunterhalt gezahlt habe.

23

Die disziplinarrechtlichen Ermittlungen hätten ferner ergeben, dass der Beklagte gemeinsam mit seiner ehemaligen Ehefrau den formal auf diese bzw. die gemeinsame Tochter laufenden Betrieb geführt und dementsprechend in nicht unerheblichem Maße als Geschäftsführer fungiert habe. Als solcher sei er von einer Vielzahl von Zeugen wahrgenommen worden und die sichergestellten Unterlagen belegten, dass der Beklagte für die Firma ... Tätigkeiten ausgeübt habe, die zu den typischen Aufgaben eines eigenverantwortlich handelnden Geschäftsführers gehörten. Dass der Beklagte auch nach der Trennung von seiner Ehefrau im Jahr 2002 weiterhin eine Art "geschäftsführende Tätigkeit" habe ausüben sollen, werde dadurch belegt, dass ihm im Jahr 2004 eine Vollmacht für das Geschäftskonto ausgestellt worden sei. Ebenso belegten die mit der Tochter ... abzuschließenden Arbeitsverträge, dass sowohl die Mutter ... als auch der Vater weiterhin tatsächliche Betreiber der Firma sein sollten.

24

Durch die Ausübung der ungenehmigten Nebentätigkeit habe der Beklagte sich ein zweites berufliches Standbein geschaffen. Die Nebentätigkeit habe in erster Linie nicht, wie von ihm dargestellt, im Rahmen eines Familienlebens oder ehelicher Lebensgemeinschaft, sondern einzig zum Zweck der zusätzlichen Gewinnerzielung ausgeübt werden sollen. Die Nebentätigkeit aus diesem Grund auch nicht genehmigungsfähig gewesen. Darüber hinaus wäre ihm eine Genehmigung ohnehin untersagt worden, weil aufgrund der Erfahrungen des Dienstherrn mit dem Beklagten in der Vergangenheit zu befürchten gewesen sei, dass ihn seine Nebentätigkeit in Widerstreit mit seinen dienstlichen Pflichten bringen würde. So sei bereits im Jahr 1999 der Verdacht aufgekommen, dass er seine damals genehmigte Nebentätigkeit während einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit ausgeübt habe und er aus dem Grunde zudem während eines Bereitschaftsdienstes nicht erreichbar gewesen sei. Zu berücksichtigen sei zudem, dass ihm die Nebentätigkeit durch Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 29. August 2002 ausdrücklich untersagt worden sei. Aufgrund dessen hätte ihm klar sein müssen, dass er seine Nebentätigkeit keinesfalls ohne vorherige Abstimmung mit seinem Dienstherrn wieder habe aufnehmen dürfen.

25

Die Nebentätigkeit habe er schließlich während seiner krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit seit dem 18. Februar 2010 ausgeübt. Dies ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen ..., ... und ... sowie eines Schreibens des Zeugen ... (Feuerwehr ...). Ein derartiges Verhalten schade nicht nur dem Ruf und dem Ansehen der Polizei, sondern in der Bevölkerung würden zudem Zweifel an der Integrität des Beamten speziell, als auch der Polizei und des Beamtentums im Allgemeinen entstehen. Diesen vereinzelt festgestellten Tätigkeiten während seiner zur Dienstunfähigkeit führenden Erkrankung komme unter anderem deswegen erhebliches Gewicht zu, weil er durch seinen unmittelbaren Vorgesetzten noch am 09. Februar 2010 ausdrücklich auf das bestehende Verbot der Ausübung von Nebentätigkeiten hingewiesen und zu diesem Zeitpunkt auch gegen ihn aktuell disziplinarrechtlich ermittelt worden sei.

2.

26

Falschangaben bei der Beantragung von Nebentätigkeitsgenehmigungen.

27

Der Beklagte habe bei Beantragung der Nebentätigkeitsgenehmigung gegenüber seinem Dienstherrn immer wieder unwahre Angaben gemacht. Bereits in seinem ersten Antrag vom 17. Mai 1996 habe er seine wirkliche Funktion innerhalb des Betriebes verschwiegen und das zeitliche Ausmaß seiner Tätigkeit heruntergespielt. Durch die Angabe "Mithilfe", die "nur dann erforderlich ist, wenn meine Frau nicht in der Lage ist, die anfallenden organisatorischen Arbeiten alleine zu bewältigen", habe er vorgespiegelt, nur in "Notsituationen" tätig zu werden. Dies widerspreche dem Ergebnis der Ermittlungen. Dem entsprechend habe er auch bei seinen Anträgen auf Verlängerung der Nebentätigkeitsgenehmigung falsche Angaben gemacht, obwohl am 21. Juli 1999 noch alle Mitarbeiter der KI ... zusätzlich über die nebentätigkeitsrechtlichen Vorschriften belehrt worden seien. Hierdurch habe er gegen seine Wohlverhaltenspflicht gegenüber seinem Vorgesetzten verstoßen.

3.

28

Begehung der Straftaten der Steuerhinterziehung und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch Nichtangabe von Lohnzahlungen.

29

Der Beklagte habe sich der Steuerhinterziehung und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Die dahingehenden Feststellungen ergäben sich aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 23. Januar 2009 (Az.: ...). Diese würden dem vorliegenden Disziplinarverfahren ohne nochmalige Überprüfung zugrunde gelegt.

4.

30

Erneute Begehung der Straftaten der Steuerhinterziehung durch Schwarzgeldzahlungen.

31

Es bestehe der Verdacht, dass der Beklagte sich erneut der Steuerhinterziehung strafbar gemacht habe. Der Zeuge ... habe angegeben, dass er dem Beklagten mehrfach Bargeldbeträge in Höhe von etwa 2.000,- bis 3.000,- Euro in bar ausgezahlt habe. Hierbei handle es sich um so genannte "Schwarzgelder" gehandelt. Die Initiative sei von dem Beklagten ausgegangen.

32

In Anbetracht der Schwere der insgesamt begangenen Pflichtverstöße sei das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit nachhaltig erschüttert und das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit in erheblichem Maße beschädigt. Zu Lasten des Beklagten sei zu berücksichtigen, dass er sich innerlich völlig von seinem Beruf als Polizeibeamter gelöst habe, denn trotz der Kenntnis, dass ihm unter Umständen die Entfernung aus dem Dienst drohe, habe er seine ungenehmigte Nebentätigkeit fortgeführt, dies auch noch zu einer Zeit, in welcher er dienstunfähig erkrankt gewesen sei. Letztlich spreche auch viel dafür, dass der Beklagte durch seine ungenehmigte Nebentätigkeit gegen seine Gesunderhaltungspflicht verstoßen habe. Er müsse sich in jedem Fall den Vorwurf gefallen lassen, dass er nach den im Jahr 2001 getroffenen Feststellungen eine Gefährdung seiner Gesundheit und damit seiner Dienstfähigkeit zumindest billigend in Kauf genommen habe, denn diese Frage habe zweifellos nicht in seiner Entscheidungsgewalt gelegen. Wie tief und unwiederbringlich das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn zwischenzeitlich zerstört sei, ergebe sich deutlich aus der Stellungnahme des im Disziplinarverfahren angehörten Leiters der KI ... vom 13. April 2011. In der Öffentlichkeit sei sein Verhalten bekannt gewesen und habe so zu einem nicht wiedergutzumachenden Ansehensverlust der Polizei geführt. Verschiedentlich sei sogar versucht worden, ihn als Verantwortlichen des Betriebes ... in der Dienststelle telefonisch zu erreichen, so dass die Nebentätigkeit des Beklagten sogar in einen unmittelbaren Bezug zur Dienststelle des Beklagten gestellt worden sei. Zumindest teilweise dürfte diesem Personenkreis auch nicht entgangen sein, in welch erheblichem Ausmaß seine Nebentätigkeit ausgeübt worden sei.

33

Auch im Hinblick auf das Persönlichkeitsbild des Beklagten sei die Verhängung der Höchstmaßnahme gerechtfertigt. Es handele sich bei ihm bestenfalls um einen durchschnittlichen Beamten, dessen Leistungen in der Vergangenheit nicht immer kritiklos gewesen seien. Zwar habe er sich im Rahmen des Disziplinarverfahrens kooperativ gezeigt und die ungenehmigte Nebentätigkeit eingeräumt, eine tatsächliche Einsicht sei jedoch nicht zu erkennen. Dies werde insbesondere dadurch bestätigt, dass er seine Nebentätigkeit auch noch nach Einleitung des Disziplinarverfahrens im März 2009 weiterhin ausgeübt und diese auch nicht nach Eintritt seiner derzeitigen krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit eingestellt habe.

34

Der Kläger beantragt,

35

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen,

36

Der Beklagte beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Er trägt vor, die Argumente des Klägers könnten seine Entfernung nicht rechtfertigen. Zunächst rügt er rabiate Vernehmungsmethoden und bezweifelt die Richtigkeit der Aussagen der Zeugen ..., L... und Br... Im Übrigen hätten die Sachverhaltsermittlungen einwandfrei auch elementar zu seinen Gunsten sprechende Tatsachen hervorgebracht. Diese ließen nicht den Schluss zu, dass er in einem umfassenden Umfang einer ungenehmigten Nebentätigkeit nachgegangen sei. Der Kläger habe im Übrigen aus den Aussagen insbesondere der Zeugen ..., ..., ... und ... falsche Rückschlüsse gezogen. In der Tat sei es so gewesen, dass er sich im Vorfeld der Veranstaltungen um den Vertragsschluss gekümmert habe. Hierbei habe es sich um kleine Vertragswerke zwischen zwei und drei Seiten eines Standardvertrages gehandelt, die innerhalb von ein, maximal zwei Stunden durch beide Vertragsparteien durchgesprochen und unterzeichnet worden seien. Hinsichtlich des Umfangs der Tätigkeit während der Festveranstaltungen seien die Zeugenaussagen zum weit überwiegenden Teil in sich stimmig. Diese bewiesen jedoch lediglich, dass er höchsten kurzzeitig temporär ausgeholfen habe. Seine Mithilfe während der Festveranstaltungen habe nur in einem sehr geringen Umfang stattgefunden und habe sich auf eine Aushilfstätigkeit bezogen. Niemals sei er als Festveranstalter tätig gewesen, der während der Festveranstaltungen quasi Tag und Nacht die Veranstaltung getragen habe. Dies sei allein die Geschäftsführerin ... gewesen. Von daher habe er auch keinen Zweitberuf ausgeübt. Der vom Kläger behauptete Zeitaufwand von 20 bis 30 Stunden wöchentlich werde gerade durch die Zeugin nicht dokumentiert. Diese Zeitangabe würde voraussetzen, dass wöchentliche Veranstaltungen das gesamte Jahr über stattgefunden hätten. Aus seinem errechneten Gehalt von monatlich ca. 340,- Euro könne nicht auf eine Geschäftsführertätigkeit geschlossen werden. Hierdurch erreiche er noch nicht einmal den Höchstbetrag eines so genannten Mini-Jobs. Zwischen der Geschäftsführerin ... und ihm sei eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 300,- bis 400,- Euro als Pauschalpreis pro Veranstaltung vereinbart worden. Eine Berechnung des Umfangs der Nebentätigkeit sei hieraus nicht möglich. Seine bloße Anwesenheit auf Festveranstaltungen können nicht als Ausübung einer Nebentätigkeit gewertet werden, da er oftmals lediglich seine Familie besucht habe. Die Aussagen der Zeugen, sie hätten in ihm den "Festwirt" erkannt, ließen sich damit erklären, dass sie ihn als Ansprechpartner erblickten, weil er sozusagen als "erster" tätig geworden sei. Er stelle gar nicht in Abrede, dass er bei einem "privaten" Besuch des jeweiligen Festes vielleicht in den Stoßzeiten mal ein paar Bier gezapft habe, allerdings handele es sich dabei nicht um eine anzeige- bzw. erlaubnispflichtige Nebentätigkeit, schon gar nicht um eine umfangreiche Nebenbeschäftigung, die nicht genehmigungsfähig gewesen wäre.

39

Die Verurteilungen wegen Steuerverkürzung bzw. Beihilfe zu dieser rechtfertige in keinem Fall seine Entlassung aus dem Dienst. Insofern räume er ein, einen Fehler begangen zu haben.

40

Der Vorwurf des Zeugen ... könne nicht nachvollzogen werden. Der Sachverhalt stelle sich so dar, dass er durch seine ehemalige Ehefrau gebeten worden sei, dem Zeugen ... Geld in bar auszuhändigen, welches diesem gegenüber dem Festbewirtschaftungsbetrieb ... zugestanden habe. Er habe weisungsgemäß Geld übergeben. Er habe sich keine Gedanken darüber gemacht, ob die Einnahmen des Zeugen ... durch diesen ordnungsgemäß versteuert worden seien. Er habe auch keine Schwarzgeldgeschäfte angeboten, da er hieraus ohnehin keinen wirtschaftlichen Vorteil hätte erzielen können. Der Belastungseifer des Zeugen ... sei wohl darauf zurückzuführen, dass im Zuge des Steuerstrafverfahrens gegen die Firma ... auch der Zeuge ... überprüft worden sei und es sich nunmehr um eine Retourkutsche handle.

41

Auch dessen Behauptung, er habe mit ihm im Sommer 2010 verhandelt, sei falsch. Richtig sei vielmehr, dass er mit seinem zweijährigen Sohn auf dem Weg nach ... in ... mal angehalten habe, um dort mit einem Bekannten der Firma ... und ... zu sprechen. Er habe mit der Betriebsfeier der Firma ... und ... nicht das Geringste zu tun gehabt. Diese sei von seiner ehemaligen Ehefrau im Auftrag der Firma ... und ... durchgeführt worden. Der Mietvertrag für das vom Zeugen ... gelieferte Festzelt habe ebenso nur zwischen der Firma ... und ... und der Firma ... bestanden. Allein deshalb habe es für ihn keinerlei Anlass gegeben, mit dem Zeugen ... vertragliche Verhandlungen zu führen. Hinsichtlich der Aussage des Zeugen ... verwies der Beklagte auf die eidesstattliche Versicherung der Zeugin ..., wonach er diese lediglich zum Schützenverein ... gefahren habe.

42

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie auf die Disziplinar- und Personalakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht ebenso wie die Verfahrensakten des erkennenden Gerichts mit den Aktenzeichen 3 O 78/10.TR und 3 L 225/11.TR vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

43

Der Beklagte hat sich eines Dienstvergehens im Sinne des § 85 Abs. 1 Landesbeamtengesetz - LBG - bzw. § 47 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - schuldig gemacht, welches unter Berücksichtigung des Umfangs der Pflichtverletzung und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit sowie unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten dessen Entfernung aus dem Dienst erforderlich macht (§§ 11 Abs. 1 und 2, 3 Abs. 1 Nr. 5 und 8 Landesdisziplinargesetz - LDG -). Wegen des eingetretenen irreparablen Vertrauensverlustes ist eine mildere disziplinarrechtliche Ahndung des Dienstvergehens nicht möglich.

44

Das der vorliegenden Disziplinarklage vorangegangene behördliche Disziplinarverfahren leidet unter keinem Verfahrensfehler.

45

In der Sache steht fest, dass der Beklagte sich eines schweren Dienstvergehens schuldig gemacht hat (I.), welches die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme erfordert (II).

I.

46

Gemäß §§ 85 Abs. 1 LBG, 47 Abs. 1 BeamtStG begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten verletzt. Zu den elementaren und im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes unabdingbaren beamtenrechtlichen Verhaltensgeboten gehört die sich aus § 64 Abs. 1 Satz 3 LBG bzw. § 34 Satz 3 BeamtStG ergebende Pflicht des Beamten, sein Verhalten so auszurichten, dass es innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf erfordert. Hiernach ist der Beamte insbesondere verpflichtet, sich gesetzes- und vorschriftengetreu zu verhalten und nicht gegen Strafgesetze zu verstoßen. In Verbindung mit §§ 73 Abs. 1 LBG, 40 BeamtStG, besteht die Verpflichtung des Beamten, die Vorschriften betreffend die Ausübung einer Nebentätigkeit zu beachten. Nach § 65 Satz 1 LBG bzw. 35 Satz 1 BeamtStG hat der Beamte seine Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Schließlich hat der Polizeibeamte neben den allgemeinen Pflichten eines Beamten gemäß § 214 LBG die im Wesen des Polizeidienstes begründeten besonderen Pflichten, das Ansehen der Polizei zu wahren und Dienstzucht zu halten, zu beachten. Gegen diese Pflichten bzw. Obliegenheiten hat der Beklagte seit dem Jahr 1991 beharrlich verstoßen.

47

Dabei geht das Gericht unter Zugrundelegung der vorliegenden Verwaltungsvorgänge, der beschlagnahmten Geschäftsakten sowie der Einlassung des Beklagten von folgendem Sachverhalt aus:

1.

48

Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit.

49

Der Beklagte hat bereits vor Erteilung seiner ersten Nebentätigkeitsgenehmigung am 02. September 1996 in genehmigungsbedürftiger Weise Tätigkeiten für den Festzeltbetrieb seiner ehemaligen Ehefrau ... bzw. seiner ehemaligen Schwiegereltern entfaltet. Dies belegen die Verträge mit der Ortsgemeinde ..., die erstmals am 23. Januar 1991 und sodann erneut am 10. Mai 1996 - also noch bevor eine Nebentätigkeitsgenehmigung überhaupt beantragt war - mit dem Beklagten abgeschlossen und jeweils auch von ihm unterzeichnet wurden. Ausweislich dieser Verträge wurde der Beklagte hier bereits neben seinem ehemaligen Schwiegervater, ..., ausdrücklich als Vertragspartner benannt. Den Vertrag vom 23. Januar 1991 haben "die Festwirte" ... und ... unterschrieben. Ausweislich des Vertrages aus dem Jahr 1996 ist der Beklagte als Vertreter für die Firma Zeltbewirtschaftung ... aufgetreten und hat in dieser Funktion den Vertrag auch unterzeichnet. Dementsprechend bestätigte der Zeuge ..., Vorsitzender der Kultur- und Festgemeinschaft ..., in seiner Vernehmung am 27. Juli 2010, dass er den Beklagten bereits seit mindestens 20 Jahren kenne, da dieser seit dieser Zeit bei den Festen in ... als "Festwirt" aufgetreten sei. Dementsprechend belegen auch die beschlagnahmten Dateien für die Jahre 1991 bis 1996, dass der Beklagte bereits in diesen Jahren in den Geschäftsbetrieb involviert war. Dass dem so war, hat der Beklagte selbst auch zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt.

50

Nach Ablauf der ihm für die Zeit vom 02. September 1996 bis 31. Mai 2001 erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen übte der Beklagte in ungeminderter Form bis spätestens Herbst 2010 weiterhin Nebentätigkeiten aus. Dies belegen insgesamt 51 sichergestellte Verträge mit den einzelnen Veranstaltern, Zeltverleihbetrieben, Musikanten bzw. Konzertverträge, Verträge mit Gemeinden und Ortsgemeinden über die Pacht von Grundstücken zum Zwecke der Ausrichtung von Festen, die fast ausschließlich vom Beklagten unterzeichnet sind. In einer Vielzahl von Fällen ist der Beklagte in den Verträgen als verantwortlicher Vertragspartner seitens der Firma Zeltbewirtschaftung ... genannt und der Schriftverkehr ist maßgeblich an den Beklagten als Verantwortlicher der Firma gerichtet. Sämtliche Verträge mit den Veranstaltern sind durch den Beklagten unterzeichnet. Lediglich ein Vertrag vom 05. Februar 2010 trägt die Unterschrift der Tochter ..., auf die seit Februar 2009 das Gewerbe "Zeltbewirtschaftung ..." offiziell angemeldet ist. Mit einzelnen Veranstaltern wurden Verträge über fünf Jahre abgeschlossen mit wiederkehrenden jährlichen Verpflichtungen, mit anderen Vertragspartnern wurden aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehungen gar keine schriftlichen Verträge mehr abgeschlossen. Dabei lassen die bei der Durchsuchung sichergestellten Anschreiben an den Beklagten darauf schließen, dass er sich schwerpunktmäßig um die organisatorischen und logistischen Dinge vor Ort gekümmert hat. So befinden sich hierunter Rechnungen für Zeltgestellung, beschädigtes Zeltmobiliar, Rechnungen von Gemeinden für Wasserverbrauch bzw. Kanalnutzung durch die Firma ..., Rechnungen für die Prüfung der Schankanlagen, Lieferscheine verschiedener Firmen und etliche Tagesberichte einer Elektrofirma, die von dem Beklagten gegengezeichnet sind. Auch die Vielzahl der beschlagnahmten Schriftstücke, die von dem Beklagten unterzeichnet bzw. verfasst wurden, beweisen, dass er nach Ablauf seiner letzten Nebentätigkeitsgenehmigung regelmäßig und umfassend im Betrieb seiner ehemaligen Ehefrau mitgewirkt hat. Dies ergibt sich unter anderem aus Rechnungen, schriftlichen Bestellungen für Gewerbeplakate, unterzeichnete Lieferzettel der Bir...-Brennerei, Bestelllisten für Toilettenwagen oder Zelte etc.. Hinsichtlich der erwähnten Dokumente wird vollumfänglich auf deren Auflistung in der Klageschrift verwiesen.

51

Die bereits durch die beschlagnahmten Unterlagen belegten Tätigkeiten in einem erheblichen und verantwortlichen Umfang finden ihre Bestätigung in der im behördlichen Disziplinarverfahren umfassend durchgeführten Zeugenvernehmung. So gab der Zeuge ..., Inhaber der Firma Getränke ..., bei seiner Vernehmung am 07. April 2011 an, dass der Beklagte zum ersten Verhandlungsgespräch im Jahr 2004 zu ihm in die Firma gekommen sei. Es sei hierbei um die Abstimmungen hinsichtlich der Größenordnungen, die für das Fest benötigt wurden, beispielsweise Biermengen etc., gegangen. Bei diesem Gespräch seien auch die einzelnen Preise für die Getränke besprochen worden. Die Feinabsprachen seien nachfolgend telefonisch erfolgt. In den ersten zwei bis drei Jahren habe sich der Beklagte intensiver um die Abwicklung vor Ort gekümmert. So habe er sich um die Endabnahme des Aufbaus der von der Firma gestellten Theken etc. sowie die Getränke gekümmert. In den ersten Jahren habe es neben der persönlichen Vorbesprechung auch eine persönliche Nachbesprechung gegeben. In der Nachbesprechung sei dann unter anderem nochmals über die Preise verhandelt worden. In den letzten Jahren hätten die persönlichen Kontakte mit dem Beklagten abgenommen. Ansprechpartner bei der Firma ... sei für die gesamte Organisation im Vorfeld der Beklagte gewesen. An den Festabenden selbst seien Frau ... und ihr neuer Ehemann Ansprechpartner gewesen.

52

Der Zeuge ... (s.o) gab an, dass der Beklagte seit mindestens 20 Jahren für ihn der "Chef" der Zeltbewirtschaftung gewesen sei. Die geschäftlichen Kontakte seien dabei in erster Linie telefonisch über Handy gelaufen. Darüber hinaus konnte der Zeuge bestätigen, dass der Beklagte auch bei den Festen selbst anwesend gewesen ist. Sicher konnte er sich daran erinnern, dass er samstags, wenn die Bühne aufgebaut wurde, immer im Zelt gewesen sei. Er habe dann Getränke eingeräumt, Bierleitungen gespült und alle Dinge erledigt, die für die Bewirtschaftung erforderlich gewesen seien. Er selbst habe auch mehrfach gesehen, dass der Beklagte hinter der Theke gestanden und Bier gezapft bzw. Getränke ausgegeben habe. Diese Tätigkeit konnte der Zeuge für mindestens die letzten 10 Jahre bestätigen.

53

Diese Aussage untermauerte der Zeuge ..., Mitglied und bis 2004 erster Vorsitzender der Kultur- und Festgemeinschaft ..., der angab, dass der Beklagte neben der Zeugin ... Ansprechpartner gewesen sei. Auch sei der Beklagte eigentlich jedes Jahr auf dem Fest anwesend gewesen. Dabei habe er ihn mehrfach hinter der Theke gesehen, d.h. er habe Bier gezapft. Dies sei meist in Stoßzeiten gewesen, so dass es so ausgesehen habe, als helfe er aus.

54

Vorbereitende Tätigkeiten sowie auch solche vor Ort konnte auch der Zeuge Kö..., Ortsbürgermeister der Ortsgemeinde ..., bestätigen. In seiner Vernehmung am 23. Februar 2011 gab dieser an, dass er sich alle fünf Jahre mit jeweils dem ersten Vorsitzenden der Kultur- und Festgemeinschaft und dem Beklagten getroffen habe, um über die Vertragskonditionen zu sprechen. Auch während der Feste sei der Beklagte regelmäßig anwesend gewesen. Wenn er auch nicht bekunden konnte, dass der Beklagte jeweils alle vier Veranstaltungstage vor Ort anwesend war, so konnte er jedoch mit Sicherheit bekunden, dass sich der Beklagte um den Thekenaufbau und -abbau gekümmert habe. Darüber hinaus habe der Beklagte - so der Zeuge - sich auch um die allgemeine Ablauforganisation der Zeltbewirtung vor Ort gekümmert. Ebenso habe er hinter der Theke gestanden, habe Fässer ausgetauscht und auch Bier gezapft. Reflektierend könne er angeben, dass der Beklagte eigentlich immer auch hinter der Theke gestanden habe, wenn er vor Ort anwesend gewesen sei. Die ehemalige Ehefrau habe sich demgegenüber um den Thekenbereich gekümmert. Für ihn sei so der Eindruck entstanden, dass sowohl der Beklagte als auch seine ehemalige Ehefrau die "Chefs" gewesen seien, also auch das Sagen gehabt hätten.

55

Der Zeuge Bo..., Angestellter der Verbandsgemeindeverwaltung ..., gab am 23. Februar 2011 unter Vorlage entsprechender Unterlagen an, dass der Kontakt zur Firma ... bereits seit dem Jahr 2005 bestehe. Bis auf das Jahr 2006 seien die Feste mit dieser Firma durchgeführt worden. Für die Kirmes im Jahr 2008, 2009 und 2010 habe sich die Firma ... jeweils beworben. Die vom Zeugen vorgelegten Bewerbungen sind nachweislich vom Beklagten unterzeichnet. In Bezug auf die Anwesenheit des Beklagten vor Ort gab der Zeuge an, keine genauen Zeitangaben machen zu können, jedoch sei der Beklagte beim Aufbau auch schon mal anwesend gewesen.

56

Der Zeuge ..., erster Vorsitzender der Kirmesgesellschaft ... eV, bekundete am 20. März 2011, dass er sich in 2008, 2009 und 2010 mit dem Beklagten bei ihm zuhause getroffen und die Dinge abgesprochen habe. Dienstags vor der Kirmes, wenn mit dem Zeltaufbau begonnen werde, sei der Beklagte dann vorbeigekommen und habe den Helfern etwas zum Essen und Trinken gebracht. Er habe dann mit den Arbeitern zusammengesessen und gesprochen. Am Dienstag nach der Kirmes beim Zeltabbau sei der Beklagte abermals anwesend gewesen, um nachzusehen, wie lange sie für den Abbau des Zeltes gebraucht hätten, weil damit die Bezahlung des Gerüstbauers (Firma Zelte ...) zusammengehangen habe. Auch beim Ausrufen der Kirmes, am Samstagnachmittag gegen 15 Uhr, sei der Beklagte im Zelt anwesend gewesen. Hierzu fahre man mit dem Traktor durchs Dorf und lade die Leute zur Kirmes ein. Gegen 18 Uhr werde dann der Baum aufgestellt und ab 19 Uhr seien alle im Zelt. Zu dieser Zeit sei der Beklagte ebenfalls noch im Zelt anwesend gewesen. Zumindest in den Zeiten, in denen er selbst anwesend gewesen sei, habe dieser im Thekenbereich gearbeitet, so zum Beispiel Gläser aufgestellt, Getränke eingeräumt etc.. Seine Aussage - so der Zeuge - treffe auf die letzten vier Jahre zu. Am Samstagnachmittag sei in der Regel auch der ..., der jetzige Ehemann von Frau ..., anwesend gewesen. Am Abend sei dann Frau ... dazugekommen.

57

Die Angaben des Zeugen ... bestätigte der Zeuge ..., Mitglied der Kirmesgesellschaft, in seiner Vernehmung vom 02. März 2011 weitgehend. Er gab an, dass bei den Vertragsverhandlungen der Beklagte und seine ehemalige Ehefrau anwesend gewesen seien. Nach Ablauf des ersten 5-Jahres-Vertrags sei er von Frau ... an den Beklagten verwiesen worden, um mit diesem einen Vertrag abzuschließen. Bei dem nachfolgenden Treffen seien mit dem Beklagten der Bierpreis verhandelt und die Kosten für die Bühne besprochen worden. Am ersten Zeltaufbautag, normalerweise dienstags, sei der Beklagte vorbeigekommen und habe Essen gebracht. Am Abend sei er dann nochmals gekommen, um zu sehen, wie weit der Aufbau vorangeschritten sei. Er konnte sich ebenfalls daran erinnern, dass der Beklagte schon samstags vor Ort gewesen sei, wenn beispielsweise die Firma ... Getränke geliefert habe. Öfter sei er in dem "abgetrennten Bereich" am Ende der Theke gemeinsam mit seiner Ehefrau anwesend gewesen. Sonntags, wenn die Musik gespielt habe, sei der Beklagte gelegentlich vor Ort gewesen. Hierbei habe er schon mal an der Theke gestanden und einen ausgegeben. Sonstige Tätigkeiten bei den Veranstaltungen konnte er nicht bestätigen.

58

Der Zeuge ..., Mitglied der ..., gab am 04. April 2011 an, dass die Band seit 2005 bis 2007 mit der Firma ... nach entsprechender Anfrage durch den Beklagten zusammengearbeitet habe. Bei den Festen habe der Beklagte vor Ort mitgearbeitet. Seine Beobachtungen hätten sich hierbei auf die Nachmittage bezogen, an dem die Band aufgebaut habe. Zu diesen Zeiten sei der Beklagte in der Regel auch dagewesen und habe beispielsweise Gläser und Getränke in die Kühlschränke eingeräumt und Aschenbecher auf den Tischen verteilt. Inwieweit er abends zugegen gewesen sei, wusste der Zeuge nicht.

59

Schließlich gaben die Zeugen H..., Vorsitzender des Karnevalvereins ... e.V., und ..., Geschäftsführer des Vereins, bei ihrer Vernehmung am 17. Februar 2010 an, den Beklagten bereits seit Ende 2006 zu kennen. Verträge seien für die Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010 abgeschlossen worden. Alljährlich habe der Beklagte in der Wohnung des Zeugen ... die Absprachen für die Feste getroffen. Diese seien schriftlich fixiert, aber nicht unterzeichnet worden. Das Treffen für Karneval 2010 habe am 26. Oktober 2009 stattgefunden. Anwesend gewesen seien der Beklagte, seine ehemalige Ehefrau und deren Lebensgefährte. Am 29. Dezember 2009 hätte sodann in ... im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Beklagten die Feinabstimmung stattgefunden. Das Festzelt sei am 22. Januar 2010 angeliefert worden. An diesem Tag sei der Beklagte von 10.30 Uhr bis gegen 14.00 Uhr anwesend gewesen. An diesem Tag habe der Beklagte E... für die Arbeitskräfte geholt und mit angepackt. Ob der Beklagte bei Veranstaltungen persönlich mitgewirkt hat, entzog sich zwar der Kenntnis der Zeugen, jedoch konnten sie bestätigen, dass der Beklagte immer morgens vor den Veranstaltungen nach dem Rechten gesehen habe. So sei er auch am Morgen vor der Feier an Altweiber zwischen 10.00 Uhr und 11.30 Uhr und am Rosenmontag vor Ort anwesend gewesen.

60

Der Zeuge ..., erster Vorsitzender des ... Schützenvereins ... e. V., gab in seiner Vernehmung am 06. April 2011 an, dass der Beklagte schon mal Sachen mit dem Anhänger gebracht und auch mal zwei Stunden lang Bier gezapft habe. Sicher bestätigen konnte er jedoch, dass der Beklagte nie das ganze Fest über, bei dem Frau ... Ansprechpartnerin gewesen sei, anwesend gewesen sei.

61

Gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen insgesamt bestehen keine Bedenken. Schlüssig, nachvollziehbar und in wesentlichen Punkten übereinstimmend schildern die Zeugen, dass der Beklagte - wie im Übrigen auch von ihm selbst eingeräumt - in der Phase der Vertragsverhandlungen maßgeblicher Ansprechpartner der Firma ... gewesen ist. Er war zuständig für den Abschluss der Verträge und für Feinabstimmungen in Bezug auf anzuliefernde Getränkemengen, Getränkepreise, Kosten für die Bühne, musikalische Gestaltung der Feste etc. Hierfür waren in der Regel nur mit den Veranstaltern zwei Treffen erforderlich. Ebenso bestätigten die Zeugen übereinstimmend, dass der Beklagte in der Aufbauphase des Festzeltes und bei dessen Einrichtung körperlich anwesend und auch aktiv mitgearbeitet hat. Ihm kam offensichtlich die Funktion zu, den Aufbau des Zeltes und dessen Ausstattung für die nachfolgende Durchführung des Festes, d. h., Elektro- und Wasserversorgung, Getränke, Gläser, Kühlschränke, Werbebanner etc. zu regeln, zu überwachen und zu koordinieren. Auch während der Feste war der Beklagte anwesend, jedoch - so die Zeugen übereinstimmend - trat während der Festveranstaltungen seine ehemalige Ehefrau als Veranstaltungsleiterin in den Vordergrund. Dennoch konnten die Zeugen glaubhaft bekunden, dass der Beklagte in Zeiten seiner Anwesenheit im Zelt nicht nur den Familienkontakt - wie von ihm vorgetragen - pflegte, sondern auch selbst Hand anlegte und beispielsweise Bier zapfte. Ausweislich sämtlicher Zeugenaussagen ist mithin der sichere Schluss gerechtfertigt, dass der Beklagte nicht nur im geschäftsinternen Bereich Ansprechpartner der Firma ... gewesen ist, sondern, dass sich sein Tätigkeitsfeld im öffentlichkeitswirksamen Bereich auch darauf erstreckte, vor Ort als Ansprechpartner für die dort tätigen Firmen und sonstigen Vertragspartner zu fungieren und stets zur Verfügung stand. Insoweit decken sich die Schlussfolgerungen des Gerichts vollumfänglich mit denjenigen des Klägers. Eine Belastungstendenz der Zeugen, die teilweise jahrelang mit dem Beklagten zusammengearbeitet und offensichtlich ein gutes Verhältnis miteinander gepflegt haben, ist nicht ersichtlich und auch vom Beklagten nicht nachvollziehbar dargelegt.

62

Gründe, die der Verwertbarkeit der Aussagen im Übrigen entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Sofern der Beklagte zunächst eine rabiate Vernehmungsmethode und eine Einflussnahme auf die Zeugen ..., ... und ... rügt, so steht dies einer Verwertbarkeit der Aussagen nicht entgegen. Sämtliche Zeugen haben die Richtigkeit der protokollierten Aussagen unterschriftlich bestätigt, wobei die Zeugen ... und ... eindeutig auch keinerlei den Beklagten belastenden Angaben gemacht haben, was bereits gegen eine tatsächliche Willensbeeinflussung spricht. Im Übrigen haben die Zeugen nachweislich differenzierte Aussagen je nach Lebenssachverhalt gemacht, die im Kern jeweils Bestätigung in den Aussagen der anderen Zeugen gefunden haben. Der im Termin zur mündlichen Verhandlung anwesende Zeuge ... gab, befragt nach dem Ablauf der Vernehmung an, dass er noch nie "so" befragt worden sei. Auf Nachfrage, was darunter zu verstehen sei, gab er an, dass der vernehmende Beamte immer wieder nachgehakt und gezielt nachgefragt habe. Eine derartige Methode der Befragung mag für einen Laien durchaus als ungewohnt oder gar "rabiat" erscheinen. Die Nachdrücklichkeit einer Befragung entspricht jedoch dem gebotenen Ziel einer Zeugenvernehmung, nämlich Wesentliches durch konkrete Fragen ans Licht zu bringen. Auch der im Termin zur mündlichen Verhandlung anwesende Ermittlungsführer vermochte den Eindruck eines gewissenhaft und sachlich handelnden Beamten zu hinterlassen. Die aufgestellte Behauptung, es habe eine bewusste Beeinflussung der Willensentschließung der Zeugen stattgefunden, widerspricht damit nicht nur dem Inhalt der Aussagen aller Zeugen in seiner Gesamtschau, sondern findet auch keinerlei Bestätigung in den im Termin zur mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnissen.

63

Sofern der Beklagte darüber hinaus geltend macht, der Kläger habe aus den Aussagen der Zeugen falsche Rückschlüsse gezogen, als dieser ihm vorwerfe, er sei auch bei den Festen aktiv gewesen, so ist er darauf zu verweisen, dass die Zeugen, wie dargelegt, übereinstimmend eine temporäre Unterstützung durch den Beklagten bei den Festen aufgezeigt haben, ihm auch nur dies vorgehalten wird, was er selbst letztendlich auch nie in Abrede gestellt hat. Alles in allem ergibt sich dennoch das Bild einer jede Phase der Feste umfassenden Einbindung des Beklagten in den Geschäftsbetrieb der Firma ... Dass sein Tätigkeitsschwerpunkt in den Vertragsabschlüssen und der Vorbereitung der Veranstaltungen lag, ändert folglich nichts an dem Umstand, dass er aufgrund seines Gesamtauftretens neben seiner ehemaligen Ehefrau als Chef der Firma fungierte und als solcher auch von Außenstehenden wahrgenommen wurde.

64

All dies bestätigt letztendlich auch die ehemalige Ehefrau des Beklagten im behördlichen Disziplinarverfahren eindrucksvoll. Am 23. Februar 2011 gab diese nach Belehrung über ihr Zeugnisverweigerungsrecht an, dass es richtig sei, dass das Gros der Unterstützung durch ihren ehemaligen Ehemann im organisatorischen Bereich gelegen habe. Sie könne nicht sagen, dass er ausschließlich die Verträge abgeschlossen habe. Er habe sie auch bei den übrigen Tätigkeiten unterstützt, insbesondere dort, wo körperlicher Einsatz gefragt gewesen sei. Dies konkretisierte die Zeugin dahin, dass er beispielsweise Münzgeld von der Bank abgeholt und den Anhänger beladen und ausgeräumt habe, in dem die Utensilien wie Lampen, Verlängerungskabel etc. transportiert worden seien. Bei den Festen selbst habe er mal Lampen aufgehängt, Leitungen verlegt, Vollgut (Getränke) aus einem Anhänger abgeladen, Wasserschläuche verlegt und Werbebanner von Brauereien aufgehängt. Bei den Festen sei er jedoch nicht ständig vor Ort gewesen. Wenn er diese besucht habe, sei er zwangsläufig von den Gästen an der Theke angesprochen worden, so dass er schon mal hinter die Theke gegangen sei und ein Bier gezapft habe. Verkauft habe er jedoch eigentlich nicht.

65

Obwohl die Zeugin im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht als persönliches Beweismittel zur Verfügung stand, da sie sich hier auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als ehemalige Ehefrau des Beklagten berufen hat, so konnte jedoch die Niederschrift über deren Anhörung im Wege des Urkundsbeweises nach §§ 67, 21 LDG, 98 und 173 VwGO i.V.m. §§ 418, 373, 383 ZPO in das vorliegende Verfahren eingeführt werden. Der sich aus dem Zivilrecht ergebende Grundsatz, dass frühere Zeugenaussagen, die in Kenntnis eines Zeugnisverweigerungsrechts getätigt werden, für den Fall, dass der Zeuge in einem späteren Verfahren die Aussage über das gleiche Thema verweigert, verwertet werden dürfen (vgl. Zöller, Zivilprozeßordnung, § 383 Rdnr. 6), gilt im Disziplinarverfahren gleichermaßen, weil die Beweisaufnahme mit Ausnahme der Modifizierung in § 67 Abs. 2 LDG im disziplinargerichtlichen Verfahren über § 173 VwGO ebenfalls nach zivilprozessualen Grundsätzen abzuwickeln ist. Ein der Vorschrift des § 252 StPO vergleichbares Beweisverwertungsverbot kennen weder die Zivilprozess- noch die Verwaltungsgerichtsordnung noch das rheinland-pfälzische Landesdisziplinargesetz (vgl. insoweit auch BayVGH, Urteil vom 03. Februar 2009, Az.: 16 aD 07.1304 - Juris -). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn die früheren Bekundungen des jetzigen, zur Verweigerung der Aussage berechtigten Zeugen nicht in verfahrensrechtlich korrekter Weise gewonnen wurden, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist, da die Zeugin bereits im Disziplinarverfahren ordnungsgemäß belehrt wurde. Der protokollierten Vernehmung der Zeugin ... kommt auch ungeschmälerte Beweiskraft zu, obwohl das erkennende Gericht sich von dieser keinen persönlichen Eindruck hat verschaffen können. Die Zeugin hat ihre Angaben im Disziplinarverfahren in Kenntnis der gegen ihren ehemaligen Ehemann erhobenen Vorwürfe freiwillig getätigt. Dabei entsprechen ihre Ausführungen zu dem Umfang der Tätigkeiten ihres ehemaligen Ehemannes einerseits dem Aussagegehalt der im Wege der Beschlagnahme aufgefunden Geschäftsunterlagen und zum anderen den glaubwürdigen vielfältigen Zeugenaussagen, wie bereits dargelegt.

66

Ausweislich der Aussage der Zeugin ... sowie den beschlagnahmten Unterlagen steht darüber hinaus fest, dass der Beklagte für die Tätigkeit von der Firma ... entlohnt wurde. Für 2003 liegen Quittungsbelege für Aushilfslohn (à 7,- Euro die Stunde) vor, die sich auf insgesamt 679,- Euro belaufen. Für 2004 liegen neben diesen Quittungen weitere Belege vor, die einen Gesamtverdienst von mindestens 3.879,- Euro belegen. Aus dem gegen den Beklagten unter dem Aktenzeichen ... geführten Strafverfahren ergibt sich, dass er in den Jahren 2005 bis 2007 für seine unerlaubte Nebentätigkeit jährlich zwischen 3.600,- und 4.100,- Euro Lohn erhalten hat. Daneben hat der Beklagte einen geldwerten Vorteil dadurch erlangt, dass die Zeugin ... nach der Trennung auf ihren Unterhalt verzichtet hat, mit der Bitte, dass dieser sie im Organisatorischen, was Verträge usw. angehe, weiterhin unterstützen soll. Im Laufe der Zeit hat sie ihrem ehemaligen Ehemann Auslagen, wie Spritgeld und Telefonkosten, erstattet.

67

Nach alledem steht damit fest, dass der Beklagte nicht nur in den Zeiten, in denen ihm ab dem 02. September 1996 bis 31. Mai 2001 eine Nebentätigkeit genehmigt worden war, seine Arbeitskraft im außerdienstlichen Bereich nutzbar gemacht hat, sondern dass er bereits ohne Nebentätigkeitsgenehmigung ab 1991 bis 1996 und nachfolgend nach bestandskräftiger bzw. rechtskräftiger Ablehnung seiner Nebentätigkeitsgenehmigung ab dem 31. Mai 2001 ungehindert weiterhin für den Gewerbebetrieb seiner Ehefrau tätig gewesen ist. Wie in den Jahren 1996 bis 2001 war er zu einer derartigen Nebentätigkeit jedoch nach Maßgabe des für ihn geltenden Rechts (§§ 72, 74 Abs. 1 Nr. 1 LBG) nur mit entsprechender Genehmigung befugt, da hiernach jede gewerbsmäßige Tätigkeit bzw. die Mithilfe hierzu genehmigungspflichtig ist.

68

Bereits durch diesen formalen Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht hat der Beklagte sich einer nicht unerheblichen Pflichtverletzung schuldig gemacht. In einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis wie dem Beamtenverhältnis werden die Beteiligten - anders als in einem Arbeitsverhältnis privaten Rechts - rechtlich umfassend in Anspruch genommen. Der Beamte hat aufgrund der ihm obliegenden Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf seine Arbeitskraft grundsätzlich voll dem Dienstherrn zu widmen, der ihm - umgekehrt - eine angemessene Fürsorge schuldet. Angesichts dieser korrespondierenden Pflichten liegt das Interesse des Dienstherrn auf der Hand, ihm eine Prüfungs- und Entscheidungsmöglichkeit einzuräumen, wenn ein Beamter durch eine nicht dienstlich veranlasste Nebentätigkeit seine Arbeitskraft auch außerhalb des beruflichen Pflichtenkreises nutzbar machen will. Diesem Belang dient die Notwendigkeit der Zustimmung des Dienstherrn zu der beabsichtigten Tätigkeit; der Dienstherr soll in der berechtigten Erwartung einer vollwertigen, nicht durch anderweitige Verausgabung der Arbeitskraft beeinträchtigten Dienstleistung des Beamten geschützt werden, darüber hinaus in seinem Interesse daran, dass der Beamte sein Amt pflichtgemäß, unparteiisch, unbefangen und in ungeteilter Loyalität gegenüber dem Wohl der Allgemeinheit wahrnimmt und der Anschein möglicher Interessen- und Loyalitätskonflikte vermieden wird. Die Zustimmungs- oder Anzeigepflicht soll sicherstellen, dass die Behörde vor Aufnahme der Nebentätigkeit Kenntnis erhält, damit sie sachgerecht prüfen kann, ob sich die Ausübung der beabsichtigten Nebentätigkeit mit dem Amt vereinbaren lässt. Dabei sind nicht nur dienstliche Belastungen des Beamten zu prüfen, sondern es wird auch zu erwägen sein, wie sich die Nebentätigkeit auf das Vertrauen der Öffentlichkeit und die Unparteilichkeit und Unbefangenheit des Beamten und damit letztlich auch auf dessen dienstliche Verwendbarkeit auswirken wird. Schließlich wird durch die Genehmigungs- oder Anzeigepflicht die Behörde auch in die Lage versetzt, auf Anzeigen oder gar Anfeindungen sachgerecht und wirkungsvoll zu reagieren. Das ist vor allem deshalb notwendig, weil die Öffentlichkeit gegenüber der Nebentätigkeit von Verwaltungsbediensteten ohnehin meist sehr kritisch eingestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1990 - 2 C 10.89 - juris -).

69

Gegen diese berechtigte Interessenlage des Dienstherrn, die auch in Zeiten seiner Beurlaubung ungeschmälert fortbesteht, hat der Beklagte kontinuierlich ab dem Jahr 1991 verstoßen. Die nicht genehmigte Nebentätigkeit hat der Beklagte zur Überzeugung der erkennenden Kammer bis spätestens Sommer/Herbst 2010 ausgeübt. Diese Feststellung ist bereits gerechtfertigt ausweislich eines Schreibens des ... vom 04. März 2010, gerichtet an den "Festbewirtschaftungsbetrieb ..., Herrn ...". Unter Bezugnahme auf ein "...gestriges Telefonat..." und "...Ihr Schreiben vom 23. Februar 2010...", bestätigt die Gemeinschaft der Feuerwehr ... ein der Firma unterbreitetes Angebot. Maßgeblich stützt das Gericht seine Einschätzung zudem auf die Aussage des Zeugen ... im Termin zur mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2012. Hier gab der Zeuge an, dass er sich im Sommer 2010 in Da... mit dem Beklagten und den Verantwortlichen der Firma ... und ... getroffen habe. Vor Ort sei der Vertrag, der letzten Endes zwischen der Firma Zelte ... und der Firma ... und ... zustande gekommen sei, durchgesprochen worden. Auf konkrete Frage des Gerichts gab der Zeuge an, dass er für die Vermittlung des Geschäfts zwischen der Firma ... und ... und seiner Firma auf Rechnung an die Firma ... eine Provision gezahlt habe. Die Festbewirtung selbst wurde aufgrund eines gesonderten Vertrages durch den Zeltbewirtungsbetrieb ... durchgeführt. Damit steht in jedem Fall fest, dass der Beklagte auch noch zu diesem Zeitpunkt im Interesse der Firma tätig wurde.

70

Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen keinerlei Bedenken. Insbesondere ist auch keine Belastungstendenz erkennbar. Die Schilderungen des Zeugen vor Gericht hinsichtlich des Ortstermins im Sommer 2010 entsprechen seinen bereits im behördlichen Disziplinarverfahren am 12. April 2011 getätigten Aussagen. Der Beklagte selbst räumt ein, dass es im Sommer 2010 eine derartige Zusammenkunft mit jedoch zufälligem Charakter gegeben hat. Angesichts der schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen und des Zeugen und des persönlichen Eindrucks von seiner Person erscheint jedoch dessen Darstellung glaubwürdig, dass der Beklagte bewusst an diesem Treffen teilgenommen hat, um als Vermittler zwischen der Firma ... und ..., zu der die Zeltbewirtung ... intensive geschäftliche Kontakte pflegte, und dem und der Firma ..., ebenfalls ein beständiger Geschäftspartner, aufzutreten. Glaubwürdig ist in diesem Zusammenhang die auf konkrete Nachfrage des Gerichts spontan erfolgte Äußerung des Zeugen ..., dass für die Vermittlung des Geschäfts an die Firma ... Provision gezahlt wurde. An dieser Aussage hielt der Zeuge auch noch fest, als ihm wiederholt erläutert wurde, dass ihm ein Aussageverweigerungsrecht zustehe, soweit er sich mit seiner Aussage selbst belaste. Dies nahm der Zeuge lediglich hinsichtlich des Fragenkomplexes "Schwarzgeldzahlungen" in Anspruch.

71

Unabhängig davon hat auch der Zeuge ..., bis Mitte 2010 erster Vorsitzender bei der ... Schützengilde, angegeben, dass er für das Jahr 2010 mit Gewissheit sagen könne, dass sowohl der Beklagte als auch die ehemalige Ehefrau bei der Abrechnung des Festes, das jeweils am ersten Wochenende bzw. Sonntag im September eines Jahres stattfinde, anwesend gewesen sei. Der Beklagte räumte auch insoweit ein, dass er mit seiner Ehefrau tatsächlich vor Ort bei diesem Gespräch anwesend gewesen ist, jedoch nicht als Vertreter der Firma ..., sondern lediglich als Fahrer seiner Ehefrau. Dies bekräftigte die Zeugin ... durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung. Ob der Beklagte tatsächlich bei diesem Termin als Gesprächspartner in Erscheinung getreten ist, kann jedoch für die Beurteilung der Ausübung einer Nebentätigkeit dahingestellt bleiben. Denn unstreitig war er auf Seiten der Firma ... seit dem Jahr 2004 Ansprechpartner für die ... Schützengilde. Dementsprechend war er nach Aussage des Zeugen ... alljährlich auch bei der Abrechnung des Festes mit dabei. Wenn er sodann im Jahr 2010 abermals mit seiner Ehefrau zur Abrechnung des Festes fährt, so muss er sich den dadurch erweckten Anschein zurechnen lassen, dass er - wie in der Vergangenheit - für die Firma ... in Erscheinung tritt. Im Übrigen muss zumindest für diesen konkreten Einzelfall die Fahrt zu dem Abrechnungstermin ebenso als Dienstleistung für die Firma ... gewertet werden.

72

Die unter Verstoß gegen die formalen Anforderungen des Nebentätigkeitsrechts konkret ausgeübten Tätigkeiten waren zudem in materieller Hinsicht nicht genehmigungsfähig, wodurch dem Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht und der damit einhergehenden Verletzung seiner Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 73 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 1 Satz 3 LDG) ein besonderes Gepräge zukommt, wie Rahmen der Maßnahmebemessung noch auszuführen sein wird.

73

Nach § 73 Abs. 2 und 3 LBG ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Nebentätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Beamten so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten behindert werden kann. Nach der Regelvermutung des § 73 Abs. 3 Satz 2 LBG ist dies wiederum dann anzunehmen, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet oder aber, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt (§ 73 Abs. 3 Satz 1 LDG). Diese Voraussetzungen sind vorliegend allesamt erfüllt.

74

Zunächst steht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts fest, dass der Beklagte sich ein zweites berufliches Standbein im letztgenannten Sinne geschaffen hat, welches sich spätestens seit der Trennung von seiner Ehefrau im Jahr 2004 für ihn auch insoweit verselbständigt hat, als er einerseits Unterhaltsleistungen hiermit abgegolten hat und ihm andererseits immer wiederkehrende Entgelte hierfür zugeflossen sind. Seine Einbindung in den Betrieb erfolgte damit nicht nur mit Gewinnerzielungsabsicht, sondern er war zudem auf Dauer auch maßgeblicher Entscheidungsträger in einem Gewerbebetrieb. Denn, wie mehrere Zeugen bestätigten, wurde der Beklagte aufgrund der Art und des Umfangs seiner Tätigkeiten als "Chef" wahrgenommen. Von daher kann dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten formal die Funktion eines "Geschäftsführers" oblag. Zumindest aber wurde er von außenstehenden Dritten als verantwortlich Handelnder wahrgenommen. Zudem stellen die jährlichen Umsatzzahlen des Gewerbebetriebes, die zwischen 200.000 und 416.000 Euro gelegen haben, ein weiteres Indiz dafür dar, dass der Beklagte sich mit seiner verantwortlichen Tätigkeit in dem Unternehmen eine zusätzliche Einnahmequelle gewerblicher Art geschaffen hat. Die Ausübung einer derartigen Tätigkeit widerspricht jedoch der arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung der mit Landesgesetz vom 20. Juli 1998 (GVBl 202) zum 01. August 1989 neu geregelten §§ 73 Abs. 3 Satz 1 und 80 a Abs. 2 LBG, da man dem Beamten damit ermöglichen würde, sich im Schutz seines alimentierten Beamtenstatus wirtschaftlich ein zweites Standbein zu schaffen (vgl. hierzu Grabendorf, Arend, Landesbeamtengesetz, Kommentar, § 73, Anmerkung d).

75

Darüber hinaus ist aufgrund der Ergebnisse der Ermittlungen davon auszugehen, dass die zeitliche Beanspruchung des Beklagten durch die Nebentätigkeit ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Beklagten überschritten hat (§ 73 Abs. 3 Satz 2 LBG). In der Gesamtschau der von ihm erledigten Aufgaben, d.h. der im Rahmen der Vertragsabschlüsse einerseits und der bei den Festen vor Ort sowie den Vor- und Nachbereitungen andererseits übernommenen Aufgaben, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung der sichere Schluss gerechtfertigt, dass der Beklagte all diese Arbeiten nicht mit einem Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit hat abgelten können, ohne dass der genaue zeitliche Umfang beziffert werden kann. Nachweislich hat der Beklagte jedenfalls pro Veranstaltung die organisatorische Vor- und Nachbereitung übernommen. Zusätzlich war er vor Ort verantwortlicher Ansprechpartner für die ordnungsgemäße Einrichtung des Festzeltes und das Bereitstellen der Materialien. Um dies zu gewährleisten, war zumindest eine sporadische Anwesenheit des Beklagten vor Ort erforderlich und auch seine jeweilige Rufbereitschaft, weswegen er auch den Veranstaltern/Vertragspartnern seine Telefonnummer zur Verfügung gestellt hat. Zudem hat der Beklagte vor Ort selbst Tätigkeiten entfaltet, wie zum Beispiel das Einräumen von Gläsern und Getränken, das Aufhängen von Werbebanner und Lampen und teilweise sogar die Bewirtung bei den Veranstaltungen. Für den enormen zeitlichen Aufwand spricht auch der Umstand, dass der Beklagte in einer Vielzahl der Fälle, nachweislich jeweils vor und nach den Veranstaltungen, Erholungsurlaub in Anspruch genommen, bzw. Überstunden abgearbeitet hat. Wären die Veranstaltungen, die in der Regel von Freitag bis Montag andauerten, mit einem Aufwand von acht Stunden die Woche zu bewerkstelligen gewesen, wäre der Beklagte auf die zusätzliche Inanspruchnahme dienstfreier Zeit nicht angewiesen gewesen. Zudem stellt der Entwurf des sich in den Akten befindlichen Arbeitsvertrages zwischen ihm und seiner Tochter ..., nach dem er eine Mitarbeit von 12 Stunden die Wochen schulde, ein erhebliches Indiz dafür dar, dass sein Aufgabenbereich jedenfalls nicht mit acht Stunden die Woche zu bewerkstelligen war.

76

Zudem lag der Versagungsgrund des § 73 Abs. 2 Nr. 6 LDG vor. Dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung ist es im höchsten Maße abträglich, wenn ein Polizeibeamter eine Nebentätigkeit ausübt, für die er entlohnt wird, er jedoch die hierdurch erzielten Einnahmen durch unrichtige Einkommenssteuererklärungen dem Finanzamt gegenüber verschweigt. Dies gilt umso mehr, wenn der Beamte zudem Beihilfe zu Umsatzsteuervoranmeldungen eines Dritten leistet. Insoweit wird auf die Ausführungen zu Anschuldigungspunkt 2. verwiesen. Ein derartiges Verhalten läuft den dienstlichen Interessen der öffentlichen Verwaltung allgemein und denen des Polizeidienstes im Besonderen diametral zuwider und beschädigt nachhaltig das Ansehen der Polizei, deren Aufgabe es gerade ist, Straftaten zu verhindern und solche zu verfolgen.

77

Unbeschadet dessen steht der Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung ab dem 18. Februar 2010 auch seine dauerhafte Erkrankung als Versagungsgrund nach § 73 Abs. 2 Nr. 6 LDG entgegen. In Zeiten krankheitsbedingt unentschuldigten Fernbleibens vom Dienst hat sich ein Beamter in seinem äußeren Auftreten größtmögliche Zurückhaltung aufzuerlegen und nicht einmal den Eindruck aufkommen zu lassen, er sei entweder gar nicht dienstunfähig oder lasse es an den notwendigen Bemühungen zur Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit fehlen. Ein derartiges Verhalten schadet dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung, so dass bereits die Erkrankung selbst der Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung entgegensteht. Der Beklagte hat seiner Krankheit zum Trotz nachweislich Arbeitsleistungen für die Firma ... erbracht.

78

Hinsichtlich des formellen und auch materiellen Verstoßes gegen das Nebentätigkeitsrecht ist dem Beklagten zumindest seit Ablehnung seines Verlängerungsantrages auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung mit Bescheid vom 27. November 2001 ein vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen. Nicht nur ausweislich der Bescheide sondern insbesondere ausweislich des Urteils des Verwaltungsgerichts ... vom 29. August 2002 (Az.: 6 K 554/02.KO) wurden dem Beklagten nachhaltig die berechtigten Interessen des Dienstherrn sowie das geltende formelle und materielle Nebentätigkeitsrecht vor Augen geführt. In positiver Kenntnis dessen, dass sein Verhalten eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit darstellt, die gerade in seinem Fall aufgrund besonderer Umstände nicht genehmigt werden kann, hat der Beklagte ungehindert seine bislang ausgeübten Tätigkeiten fortgeführt. Für den Zeitraum bis 1996 ist zugunsten des Beklagten lediglich von einem fahrlässigen formalen Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht auszugehen.

79

Insgesamt hat der Beklagte sich hierdurch eines Verstoßes gegen seine Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 64 Abs. 1 Satz 3 LBG) schuldig gemacht.

2.

80

Begehen von Straftaten der Steuerhinterziehung und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung

81

Wie bereits ausgeführt, hat der Beklagte sich der Steuerhinterziehung und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar gemacht, weswegen gegen ihn mit Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 23. Januar 2009 (Az.: ...) eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 2.400,- Euro verhängt wurde. In dem seit dem 17. März 2010 rechtskräftigen Strafbefehl ist ausgeführt:

82

"...Für die Jahre 2005 bis 2007 reichten Sie bei dem zuständigen Finanzamt unrichtige Einkommenssteuererklärungen ein, da Sie nachfolgenden von der anderweitig Verfolgten ... gezahlten Lohn nicht erklärten:

83

(Anmerkung des Gerichts: nachfolgende Wiedergabe erfolgt verkürzt)

84

2005 4.100 Euro

2006 4.100 Euro

2007 3.600 Euro

85

Hierdurch verkürzten Sie

86

im Jahr 2005 Einkommenssteuer in Höhe von 1.656 Euro und Solidaritätszuschlag in Höhe von 91 Euro.

im Jahre 2006 Einkommenssteuer in Höhe von 1.694 Euro und Solidaritätszuschlag in Höhe von 93 Euro.

im Jahr 2007 Einkommenssteuer in Höhe von 1.554 Euro und Solidaritätszuschlag in Höhe von 85 Euro,

87

wobei es im Jahr 2007 bei einem Versuch verblieb, da die Veranlagung noch nicht durchgeführt war.

88

Weiterhin gab die anderweitig Verfolgte ... u.a. im Juli 2006, September 2006, Juli 2007 und September 2007 unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen bei dem zuständigen Finanzamt ab.

89

So erklärte die anderweitig Verfolgte ... nachfolgend den Bezug von Waren nicht:

90

... Hierdurch verkürzte die anderweitig Verfolgte ... wie folgt Umsatzsteuer:

91

Juli 2006:

405,08 Euro

September 2006:

654,25 Euro

Juli 2007:

980,03 Euro

September 2007:

573,45 Euro.

92

Zu diesen Taten der anderweitig Verfolgten ... leisteten Sie Hilfe, da Sie die Bestellung und Lieferung bei den jeweiligen Getränkelieferanten auf Ihren Namen tätigten und insoweit Barzahlung leisteten."

93

Gemäß § 16 Abs. 2 LDG legt das erkennende Gericht die in dem Strafbefehl getroffenen Feststellungen, die grundsätzlich im Disziplinarverfahren keine Bindungswirkung entfalten, der Entscheidung dennoch ohne nochmalige Überprüfung zugrunde, da keinerlei berechtigte Zweifel an deren Richtigkeit bestehen und das strafrechtliche Ermittlungsverfahren ein anderes geordnetes Verfahren im Sinne der Vorschrift darstellt. Insbesondere ist der Beklagte den Feststellungen nicht entgegengetreten ist.

94

Durch das strafbare Verhalten hat der Beklagte sich in disziplinarrechtlicher Hinsicht abermals des Verstoßes gegen seine Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten schuldig gemacht. Übt ein Polizeibeamter, zu dessen Kernpflichten die Verfolgung und Verhinderung jeglicher Straftaten, insbesondere auch solche vermögensrechtlicher Art, gehört, außerdienstlich nicht nur eine nicht genehmigte Nebentätigkeit aus, sondern nutzt er diese zudem zur Begehung von Steuerstraftaten aus, so beeinträchtigt er nicht nur das von seinem Dienstherrn sondern auch das von der Allgemeinheit in ihn gesetzte Vertrauen nachhaltig, da sein Fehlverhalten gleichfalls Rückschlüsse auf die konkrete Ausübung seines Amtes zulässt. Zudem wird ein derart handelnder Beamter dem besonderen Achtungsanspruch eines Polizeibeamten (§214 LBG) nicht gerecht. Aufgrund des konkreten Dienstbezuges erfüllt sein strafbewehrtes Verhalten im außerdienstlichen Bereich unschwer die besonderen Anforderungen des § 85 Abs. 1 LDG bzw. 47 Abs. 1 BeamtStG an ein außerdienstliches Dienstvergehen.

95

Nach alledem steht fest, dass der Beklagte sich eines einheitlich zu würdigenden Dienstvergehens schuldig gemacht. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall hierfür zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erforderlich ist, richtet sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LDG nach der Schwere des Dienstvergehens und dem Umfang, der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten.

96

Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der disziplinaren Maßnahme ist demnach die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

97

Das Bemessungskriterium "Persönlichkeitsbild des Beamten" erfasst dessen persönlichen Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.

98

Das Bemessungskriterium "Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder Allgemeinheit" erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

99

Aus den gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 LDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte darüber zu befinden, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird oder ob die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist (vgl. zu alledem BVerwG, Urteil vom 03. Mai 2007 - Az.: 2 C 9.06 - Juris -).

100

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Beklagte aus dem Dienst zu entfernen. Sowohl die Ausübung der ungenehmigten Nebentätigkeit über Jahre hinweg als auch die vorsätzlich begangenen Steuerstraftaten stellen nach Art und Umfang schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen dar. Sie sind jeweils für sich genommen bereits geeignet, das Vertrauensverhältnis schwer zu erschüttern. Wenn auch keine Regelmaßnahme für die einzelnen Verfehlungen zugrunde zu legen ist, so haben sie dennoch aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls in der Gesamtschau einen endgültigen Vertrauensverlust bewirkt.

101

Der Beamte hat sich massiv über die Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts hinweggesetzt. Dabei beruht die beachtliche Schwere des Vergehens bereits auf der Häufigkeit und Gesamtdauer der Verstöße. Der Beklagte hat die Nebentätigkeit unter Verstoß gegen die formalen Anforderungen in der Zeit von 1991 bis 1996 ausgeübt. Nach Ablauf seiner letzten Nebentätigkeitsgenehmigung erstreckte sich sein formal rechtswidriges Verhalten beständig über eine Gesamtdauer von weiteren (fast) neun Jahren. Ein besonderes Gewicht kommt dabei bereits dem rein formalen Verstoß dadurch zu, dass dem Beklagten nicht nur mit dem ablehnenden Bescheid vom 27. November 2001, sondern auch mit Urteil des Verwaltungsgerichts ... vom 29. August 2002 nachhaltig vor Augen geführt wurde, dass er sich der Ausübung von Nebentätigkeiten zu enthalten hatte. Dieser bereits warnenden Funktion zum Trotz hat der Beklagte dennoch beharrlich und zugleich unbelehrbar seine Nebentätigkeiten fortgesetzt. Zudem waren die angeschuldigten Nebentätigkeiten nach Art und Umfang unter vielfältigen Gesichtspunkten offenkundig auch nicht genehmigungsfähig, worüber sich der Beamte ebenso ausweislich der ihm gegenüber ergangenen Entscheidungen und deren ausführlichen Begründungen im Klaren war.

102

Erschwerend ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der Beklagte die Nebentätigkeiten auch noch nach Einleitung des Disziplinarverfahrens am 25. März 2009 ungehindert ausgeübt hat. Nach Ablauf seiner Elternzeit und der unmittelbaren Beantragung von Urlaub über die Karnevalstage im Jahr 2010 wurde der Beklagte ausdrücklich von seinem Vorgesetzten am 09. Februar 2010 ermahnt, dass er es in jedem Fall unterlassen soll, eine wenn auch nur unterstützende gewerbliche Tätigkeit außerhalb seiner dienstlichen Tätigkeit auszuüben. Ausweislich des Aktenvermerks heißt es: "Ich habe ihm auch warnende Worte gesagt, dass bei einer solchen Tätigkeit und dem anschließenden Bekanntwerden einer solchen Tätigkeit die Dienststelle verpflichtet ist, dies der vorgesetzten Dienststelle mitzuteilen, was auch unweigerlich geschehen wird". Auch diese ausdrückliche Warnung ließ den Beamten unbeeindruckt und konnte ihn nicht daran hindern, dennoch an den folgenden Karnevalstagen im Betrieb seiner ehemaligen Ehefrau tätig zu werden. Selbst das Bekanntwerden seiner Aktivitäten und seine seit dem 18. Februar 2010 andauernde Dienstunfähigkeit hielten den Beklagten nicht davon ab, weiterhin im Interesse der Firma ... noch bis in den Spätsommer/Herbst 2010 tätig zu werden.

103

Die Gesamtwürdigung der objektiven und subjektiven Handlungsmerkmale und das hierin sich deutlich wiederspiegelnde Persönlichkeitsbild des Beamten zeigen, dass der Beklagte sich von seinem beruflichen Pflichtenkreis unwiederbringlich gelöst hat. Er hat sich im Hinblick auf die Erfüllung grundlegender Dienstpflichten als in hohem Maße unzuverlässig erwiesen. Bereits seit 1991 verfolgt der Beklagte eigennützige Motive nach eigenem Gutdünken und er hat sich weder durch eine gerichtliche Niederlage vor dem Verwaltungsgericht ..., ein Strafverfahren, Belehrungen seines Dienstvorgesetzten und noch nicht einmal durch die Einleitung des Disziplinarverfahrens und der damit möglicherweise drohenden beruflichen Existenzgefährdung auf seine Dienstpflichten besinnen lassen. Unter Zugrundelegung der Leistungs- und Persönlichkeitseinschätzung seines Vorgesetzten vom 13. April 2011 handelt es sich bei der Unbelehrbarkeit und der daraus folgenden Unzuverlässigkeit des Beklagten auch im Dienst offenkundig um ein dem Beamten innewohnendes persönlichkeitsimmanentes Charaktermerkmal, was seiner Erziehungsfähigkeit als Grundvoraussetzung für die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme unterhalb der Höchstmaßnahme, eklatant entgegensteht. Gepaart mit der Neigung, Steuerstraftaten zu begehen und die hierdurch auch gegenüber Dritten gezeigte Bereitschaft, sich unbeschadet seiner Stellung als Polizeibeamter rechtswidrig zu verhalten, ist der Schluss gerechtfertigt, dass der Beamte auch für die Zukunft keine Gewähr dafür bietet, seine Dienstpflichten in ungeteilter Loyalität zu seinem Dienstherrn zu erfüllen. Auch kann aufgrund seines Verhaltens, wie beispielsweise das Begleiten der ehemaligen Ehefrau zu einem Abrechnungstermin im Spätsommer 2010, nicht die Prognose gestellt werden, dass er auf Dauer Gelegenheiten zur Ausübung ungenehmigter Nebentätigkeiten verstreichen lassen wird. Hinzu kommt, dass er durch Art und Umfang der Nebentätigkeiten und deren Wahrnehmung in Zeiten der Krankschreibung, sowie durch seine Steuerstraftaten das Ansehen nicht nur seiner Person sondern auch der Polizei insgesamt für den Fall der Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in nicht wieder gutzumachenden Weise geschädigt hat.

104

Wesentlich entlastende Gesichtspunkte waren in die Gesamtabwägung nicht einzustellen. Allein der Umstand, dass der Beklagte sich letztlich unter dem Druck der drohenden harten Disziplinarstrafe kooperativ gezeigt und die ungenehmigte Nebentätigkeit eingeräumt hat, ist nicht geeignet, eine mildere Disziplinarmaßnahme zu rechtfertigen. Im Übrigen handelt es sich bei dem Beklagten allenfalls um einen durchschnittlichen Beamten, dessen Leistungen in der Vergangenheit nicht immer kritiklos waren. Weitergehende mildernde Gesichtspunkte zugunsten des Beklagten sind nicht ersichtlich. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung hat er keinerlei Gründe dargelegt, die zu seinen Gunsten gewertet werden könnten. Vielmehr hat der Beklagte hier den bereits aufgrund der Aktenlage bestehenden Eindruck verfestigt, dass er das Unrecht seines Handelns nach wie vor nicht verinnerlicht hat. Damit verbleibt es dabei, dass das hohe Maß an Pflichtvergessenheit und die Missachtung seiner besonderen Stellung als Polizeibeamter die irreversible endgültige Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn und zur Allgemeinheit bewirkt haben. Eine Weiterverwendung würde die Integrität des Beamtentums unzumutbar belasten. Infolge dessen ist der Beklagte aus dem Dienst zu entfernen.

105

Da die festgestellten Handlungen im Rahmen des einheitlich zu würdigenden Dienstvergehens bereits die Verhängung der Höchstmaßnahme rechtfertigen, war der Vorwurf des Begehens einer weiteren Steuerhinterziehung durch "Schwarzgeldzahlungen" an den Zeugen ... nach Maßgabe des § 66 LDG aus dem Disziplinarverfahren auszuscheiden, da dieser Vorwurf für die Art und Höhe der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme nicht mehr entscheidend ins Gewicht fällt. Ebenso verhält es sich mit dem selbständigen Anschuldigungspunkt der wahrheitswidrigen Angaben in den jeweiligen Anträgen auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung.

106

Die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst erweist sich unter den gegebenen Umständen auch nicht als unverhältnismäßig. Insoweit sind die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, zu der das Fehlverhalten des Beklagten geführt hat, und die Auswirkungen der verhängten Disziplinarmaßnahme in Beziehung zu setzen. Ist ein Beamter - wie hier - durch ihm vorwerfbares Verhalten achtungsunwürdig geworden und fehlt damit eine entscheidende Grundlage für die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses, ist seine Entfernung aus dem Dienst die einzige Möglichkeit, das durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte ist - auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten - für den Betroffenen nicht unverhältnismäßig, weil sie auf einem ihm zurechenbaren Verhalten beruht und einem der anerkannten Ziele des Disziplinarrechts, nämlich der Aufrechterhaltung der Integrität und Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums im Interesse der Allgemeinheit dient.

107

Das Gericht sieht sich zu einer von der gesetzlichen Regel abweichenden Festsetzung des Unterhaltsbeitrages (§§ 8, 70 LDG) entgegen der dahingehenden Anregung des Klägers nicht veranlasst. Zwar ist eine Aberkennung des Unterhaltsbeitrages dann möglich, wenn der Beamte seiner Gewährung nicht würdig ist. Um eine Unwürdigkeit in diesem Sinne begründen zu können, müssen jedoch deutliche Umstände vorliegen, die vor allem über diejenigen Umstände hinausgehen, die den Beamten untragbar erscheinen lassen und deshalb seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten haben. Damit geht das Gesetz von der Vermutung aus, dass auch ein untragbar gewordener Beamter grundsätzlich der Gewährung eines Unterhaltsbeitrages würdig ist (vgl. Gansen, a. a. O., § 10 Randnr. 13). Besondere Umstände, wie beispielsweise eine über den Durchschnittsfall hinausgehende kriminelle Energie oder eine besonders ehrlose Gesinnung sind jedoch vorliegend nicht belastbar, so dass es bei der gesetzlichen Regel der Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages für die Dauer eines halben Jahres verbleibt.

108

Die Kostenentscheidung folgt aus § 99 Abs. 1 LDG. Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz sind gerichtsgebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

109

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus §§ 21 LDG, 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(1) Beamtinnen und Beamte bedürfen zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 98 zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Gleiches gilt für folgende unentgeltliche Nebentätigkeiten:

1.
Wahrnehmung eines Nebenamtes,
2.
gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeiten oder die Mitarbeit bei einer dieser Tätigkeiten und
3.
Eintritt in ein Organ eines Unternehmens mit Ausnahme einer Genossenschaft.

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit

1.
nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann,
2.
die Beamtin oder den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen kann,
3.
in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der die Beamtin oder der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann,
4.
die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann,
5.
zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit der Beamtin oder des Beamten führen kann oder
6.
dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.
Ein solcher Versagungsgrund liegt in der Regel auch vor, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt.

(3) Die Voraussetzung des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1 gilt in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Bei begrenzter Dienstfähigkeit ist ein Fünftel der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 verkürzten Arbeitzeit zugrunde zu legen. Soweit der Gesamtbetrag der Vergütung für eine oder mehrere Nebentätigkeiten 40 Prozent des jährlichen Endgrundgehalts des Amtes der Beamtin oder des Beamten übersteigt, liegt ein Versagungsgrund vor. Die Dienstbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn die Beamtin oder der Beamte durch Angabe bestimmter Tatsachen nachweist, dass die zeitliche Beanspruchung ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht übersteigt oder die Versagung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht angemessen wäre. Bei Anwendung der Sätze 1 bis 4 sind genehmigungs- und anzeigepflichtige Nebentätigkeiten zusammen zu berücksichtigen.

(4) Die Genehmigung ist auf längstens fünf Jahre zu befristen. Sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Ergibt sich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nach Erteilung der Genehmigung, ist diese zu widerrufen.

(5) Die Genehmigung erteilt die oberste Dienstbehörde. Sie kann diese Zuständigkeit auf nachgeordnete Behörden übertragen. Anträge auf Erteilung einer Genehmigung sowie Entscheidungen über diese Anträge bedürfen der Schriftform. Die Beamtin oder der Beamte hat dabei die für die Entscheidung erforderlichen Nachweise zu führen, insbesondere über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die Entgelte und geldwerten Vorteile hieraus. Jede Änderung ist unverzüglich schriftlich oder elektronisch anzuzeigen.

(1) Beamtinnen und Beamte bedürfen zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 100 Abs. 1 abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 98 zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Gleiches gilt für folgende unentgeltliche Nebentätigkeiten:

1.
Wahrnehmung eines Nebenamtes,
2.
gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeiten oder die Mitarbeit bei einer dieser Tätigkeiten und
3.
Eintritt in ein Organ eines Unternehmens mit Ausnahme einer Genossenschaft.

(2) Die Genehmigung ist zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Ein solcher Versagungsgrund liegt insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit

1.
nach Art und Umfang die Arbeitskraft so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann,
2.
die Beamtin oder den Beamten in einen Widerstreit mit den dienstlichen Pflichten bringen kann,
3.
in einer Angelegenheit ausgeübt wird, in der die Behörde, der die Beamtin oder der Beamte angehört, tätig wird oder tätig werden kann,
4.
die Unparteilichkeit oder Unbefangenheit der Beamtin oder des Beamten beeinflussen kann,
5.
zu einer wesentlichen Einschränkung der künftigen dienstlichen Verwendbarkeit der Beamtin oder des Beamten führen kann oder
6.
dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann.
Ein solcher Versagungsgrund liegt in der Regel auch vor, wenn sich die Nebentätigkeit wegen gewerbsmäßiger Dienst- oder Arbeitsleistung oder sonst nach Art, Umfang, Dauer oder Häufigkeit als Ausübung eines Zweitberufs darstellt.

(3) Die Voraussetzung des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1 gilt in der Regel als erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch eine oder mehrere Nebentätigkeiten in der Woche ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Bei begrenzter Dienstfähigkeit ist ein Fünftel der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 verkürzten Arbeitzeit zugrunde zu legen. Soweit der Gesamtbetrag der Vergütung für eine oder mehrere Nebentätigkeiten 40 Prozent des jährlichen Endgrundgehalts des Amtes der Beamtin oder des Beamten übersteigt, liegt ein Versagungsgrund vor. Die Dienstbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn die Beamtin oder der Beamte durch Angabe bestimmter Tatsachen nachweist, dass die zeitliche Beanspruchung ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit nicht übersteigt oder die Versagung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht angemessen wäre. Bei Anwendung der Sätze 1 bis 4 sind genehmigungs- und anzeigepflichtige Nebentätigkeiten zusammen zu berücksichtigen.

(4) Die Genehmigung ist auf längstens fünf Jahre zu befristen. Sie kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Ergibt sich eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen nach Erteilung der Genehmigung, ist diese zu widerrufen.

(5) Die Genehmigung erteilt die oberste Dienstbehörde. Sie kann diese Zuständigkeit auf nachgeordnete Behörden übertragen. Anträge auf Erteilung einer Genehmigung sowie Entscheidungen über diese Anträge bedürfen der Schriftform. Die Beamtin oder der Beamte hat dabei die für die Entscheidung erforderlichen Nachweise zu führen, insbesondere über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die Entgelte und geldwerten Vorteile hieraus. Jede Änderung ist unverzüglich schriftlich oder elektronisch anzuzeigen.

(1) Nicht genehmigungspflichtig sind

1.
die Verwaltung eigenen oder der Nutznießung der Beamtin oder des Beamten unterliegenden Vermögens,
2.
schriftstellerische, wissenschaftliche, künstlerische oder Vortragstätigkeiten,
3.
mit Lehr- oder Forschungsaufgaben zusammenhängende selbstständige Gutachtertätigkeiten von Lehrerinnen und Lehrern an öffentlichen Hochschulen und an Hochschulen der Bundeswehr sowie von Beamtinnen und Beamten an wissenschaftlichen Instituten und Anstalten und
4.
Tätigkeiten zur Wahrung von Berufsinteressen in Gewerkschaften oder Berufsverbänden oder in Selbsthilfeeinrichtungen der Beamtinnen und Beamten.

(2) Tätigkeiten nach Absatz 1 Nr. 2 und 3 sowie eine Tätigkeit in Selbsthilfeeinrichtungen nach Absatz 1 Nr. 4 sind der Dienstbehörde schriftlich oder elektronisch vor ihrer Aufnahme anzuzeigen, wenn für sie ein Entgelt oder ein geldwerter Vorteil geleistet wird. Hierbei sind insbesondere Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die voraussichtliche Höhe der Entgelte und geldwerten Vorteile anzugeben. Jede Änderung ist unverzüglich schriftlich oder elektronisch mitzuteilen.

(3) Die Dienstbehörde kann aus begründetem Anlass verlangen, dass über eine ausgeübte nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeit schriftlich oder elektronisch Auskunft erteilt wird, insbesondere über deren Art und Umfang.

(4) Eine nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ist ganz oder teilweise zu untersagen, wenn die Beamtin oder der Beamte bei ihrer Ausübung dienstliche Pflichten verletzt.

(1) Das Gericht entscheidet über die Klage, wenn das Disziplinarverfahren nicht auf andere Weise abgeschlossen wird, auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil. § 106 der Verwaltungsgerichtsordnung wird nicht angewandt.

(2) Bei einer Disziplinarklage dürfen nur die Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Das Gericht kann in dem Urteil

1.
auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5) erkennen oder
2.
die Disziplinarklage abweisen.

(3) Bei der Klage gegen eine Disziplinarverfügung prüft das Gericht neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Das Gericht entscheidet über die Klage, wenn das Disziplinarverfahren nicht auf andere Weise abgeschlossen wird, auf Grund mündlicher Verhandlung durch Urteil. § 106 der Verwaltungsgerichtsordnung wird nicht angewandt.

(2) Bei einer Disziplinarklage dürfen nur die Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Das Gericht kann in dem Urteil

1.
auf die erforderliche Disziplinarmaßnahme (§ 5) erkennen oder
2.
die Disziplinarklage abweisen.

(3) Bei der Klage gegen eine Disziplinarverfügung prüft das Gericht neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Zollbeamter bei dem Beklagten im Rang eines Zollobersekretärs und wird dort im Rahmen der mobilen Kontrollgruppe beschäftigt. Er wendet sich gegen eine Disziplinarverfügung in Gestalt einer Geldbuße von 100,00 Euro.

2

In der streitbefangenen Disziplinarverfügung vom 07.10.2011 wird dem Kläger vorgeworfen, im Zeitraum von Mai 2010 bis Januar 2011 in nachgewiesenen 45 Fällen das ihm dienstlich zur Verfügung gestellte Handy zu privaten Telefonaten verwendet und dadurch Verwaltungsauslagen in Höhe von 11,38 Euro verursacht zu haben. Bei den Telefonaten habe es sich überwiegend um solche zur dienstlichen Rufnummer seiner ebenfalls bei dem Beklagten tätigen Ehefrau gehandelt. Ihm sei bekannt gewesen, dass die private Nutzung der dienstlichen Telekommunikationsanlagen des Beklagten gemäß Verfügung vom 24.04.2007 (H 4706 B-A 4) in Verbindung mit den Benutzerhinweisen für Mobilfunktelefone beim Hauptzollamt B-Stadt und der Richtlinie über die Einrichtung und Benutzung dienstlicher Telekommunikationseinrichtungen und die dienstliche Benutzung privater Telekommunikationseinrichtungen in der Bundesverwaltung (Richtlinie Telekom-munikation Bund-RLTk Bund -) nur unter Verwendung von so genannten „Calling-Cards“ gestattet sei. Von dieser Regelung habe er am 15.04.2008 gegen Unterschriftsleistung Kenntnis genommen.

3

Der Beamte habe einen objektiv feststellbaren Pflichtenverstoß und damit ein Dienstvergehen begangen. Er habe vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft seine Pflichten zur uneigennützigen Amtsführung (§ 61 Abs. 1 Satz 2 BBG) sowie die Folgepflicht (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG) verletzt. Aufgrund der Anzahl der Verfehlungen und des entstandenen finanziellen Schadens könne das Fehlverhalten nicht mehr als Bagatelle eingestuft werden, sodass er ein nicht leichtzunehmendes, nämlich zumindest mittelschweres Dienstvergehen begangen habe. Bei der Bemessung der demnach erforderlichen Disziplinarmaßnahme sei mildernd zu berücksichtigen, dass er sein Fehlverhalten eingeräumt habe und der Dienstbetrieb nicht beeinträchtigt worden sei. Nach Abwägung der Gesamtumstände, der Schwere der Verfehlung, des Persönlichkeitsbildes und des Ausmaßes der Vertrauensbeeinträchtigung der Vorgesetzten und der Allgemeinheit sei bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 100,00 Euro ausreichend und angemessen um den Beamten künftig zur Einhaltung seiner Pflichten anzuhalten.

4

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2011 unter vertiefter Begründung der Ausführungen der Disziplinarverfügung als unbegründet zurück. Dem Einwand des Klägers, dass es sich bei den Telefonaten mit seiner Ehefrau um dienstlich veranlasste Nachfragen zur Kosten-Leistungs-Rechnung gehandelt habe, könne nicht gefolgt werden. Dem Kläger werde monatlich ein diesbezügliches Nachfragegespräch eingeräumt und eine höhere Anzahl von Anrufen sei nicht erforderlich oder plausibel, zumal es eine zentrale Rufnummer bei der Stabsstelle Controlling gebe. Die Ausführungen des Klägers seien allesamt bereits bei der verhältnismäßigen Bestimmung der Disziplinarmaßnahme berücksichtigt worden.

5

Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage wendet sich der Kläger weiter gegen die Disziplinarverfügung und ist im Wesentlichen der Auffassung, dass das ordnungsgemäße Ermessen hinsichtlich der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme nicht hinreichend ausgeübt worden sei. Der Beklagte habe nicht im ausreichenden Maße berücksichtigt, dass die Dienstverstöße fahrlässig begangen worden seien und der entstandene Schaden die Bagatellgrenze nicht überschreite. Der Beamte sei geständig und zeige Reue und habe nach Bekanntwerden der Ermittlungen sein Telefonverhalten umgehend korrigiert. Demnach wäre eine frühzeitige erneute Belehrung bezüglich des absoluten Verbotes der Führung von Privattelefonaten vom Diensthandy zur Pflichtenmahnung ausreichend gewesen.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Disziplinarverfügung des Beklagten vom 07.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2011 aufzuheben.

8

Der Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen

10

und verteidigt die Disziplinarverfügung und die darin vorgenommene Disziplinarmaßnahme. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei bereits hinreichend gewürdigt worden, dass bei einem zeitnahen Hinweis der Dienststelle auf das Fehlverhalten des Beamten der Umfang der Pflichtenverstöße geringer ausgefallen wäre. Zu beachten sei, dass die private Nutzung der Diensttelefone grundsätzlich untersagt sei und dementsprechend die in der Rechtsprechung zu findenden Entscheidungen bezüglich der Eingabe von vorgeschalteten Nummern zur Kennzeichnung eines Privat- oder Dienstgespräches andere Sachverhalte beträfen.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist begründet. Denn die angefochtene Disziplinarverfügung in Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig – zumindest – nicht zweckmäßig und verletzt den Kläger dadurch in seinen Rechten (§§ 3, 60 Abs. 3 BDG; § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

13

1.) Nach § 60 Abs. 3 BDG prüft das Gericht bei der Klage des Beamten gegen eine Disziplinarverfügung neben der Rechtmäßigkeit auch die Zweckmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung. Diese zusätzliche in Abweichung von § 114 VwGO dem Gericht zustehende eigene Prüfungskompetenz und Ermessensentscheidung (Gesetzesbegründung zu § 60 Abs. 3 BDG, BTDrs. 14/4659, S. 48; BVerwG, Urt. v. 15.12.2005, 2 A 4.04; OVG NRW, Beschl. v. 19.09.2007, 21d A 3600/06.O; Bayr. VGH, Beschl. v. 27.01.2010, 16a DZ 07.3110, Bayr. VGH, Beschl. v. 02.07.2012, 16a DZ 10.1644; alle juris) führt bereits zur Aufhebung der Disziplinarmaßnahme. Dabei geht das Disziplinargericht davon aus, dass dem Kläger kein – jedenfalls gravierender – Pflichtenverstoß vorzuwerfen ist, sodass eine Disziplinarmaßnahme zur Pflichtenermahnung nicht angezeigt erscheint. Das Gericht sieht auch eine unter der Geldbuße liegende Disziplinarmaßnahme, etwa den Ausspruch eines Verweises, nicht als zweckmäßig an. Entscheidend für das Disziplinargericht ist nach dem Studium der Akten und dem Eindruck des Klägers, welchen er in der mündlichen Verhandlung auf das Gericht hinterlassen hat, dass das Verhalten des Beamten bei dem hier zugrunde gelegten Sachverhalt nicht als derart schwerwiegend anzusehen ist, welches die Ahndung mittels einer Disziplinarmaßnahme rechtfertigt. Zudem ist der Kläger einsichtig (vgl. zur Zweckmäßigkeit auch; VG Magdeburg, Urt. v. 06.11.2007, 8 A 10/07 MD; juris).

14

2.) Dem Kläger wird eine schuldhafte und vorsätzliche Verletzung seiner Dienstpflichten zur uneigennützigen Amtsführung (§ 61 Abs. 1 Satz 2 BBG) sowie der Folgepflicht (§ 62 Abs. 1 Satz 2 BBG) vorgeworfen.

15

a.) Zunächst stellt das Disziplinargericht klar, dass die private Nutzung eines dienstlich zur Verfügung gestellten Telefons selbstverständlich einen Pflichtenverstoß darstellen kann, der zu einer – auch erheblichen – Disziplinarmaßnahme führen kann. Dies jedenfalls dann, wenn die im jeweiligen Einzelfall festzustellenden Begleitumstände der Tatbegehung bedeutsam sind, etwa von einem planvollen und gezielten betrügerischen Vorgehen zu Lasten des Dienstherrn und/oder einer erheblichen Schadenssumme und/oder einem langfristigen Vorgehen getragen sind. Demnach steht grundsätzlich die gesamte Bandbreite der Disziplinarmaßnahmen zur Verhängung bereit (BVerwG, Urteil v. 19.05.2004, 1 D 17.03; juris).

16

b.) Entgegen der Auffassung des Beklagten sieht das Disziplinargericht im vorliegenden Fall Besonderheiten, die dazu führen – jedenfalls im Rahmen der Zweckmäßigkeit – von einer den Beamten belastenden Disziplinarverfügung Abstand zu nehmen.

17

Auffällig ist bereits, dass das Diensthandy ohne Übergabeprotokoll oder sonstigen Hinweisen bezüglich seiner – nur – dienstlichen Benutzung vom vorherigen Benutzer an den Kläger weitergegeben wurde. Auch wann dies geschehen ist, ist nicht feststellbar (vgl. Ermittlungsbericht der Ermittlungsführerin vom 05.05.2011). Jedenfalls hat der Kläger mit seiner Unterschriftsleistung vom 15.04.2008 bestätigt, dass er von der „Regelung über die Nutzung dienstlicher Telefone im HZA“ Kenntnis erlangt hat (Bl. 15 BA D). Diese Regelung vom 11.04.2008 beinhaltet:

18

„Aus gegebenem Anlass weise ich nochmals darauf hin, dass die private Nutzung der Telekommunikationsanlage ausschließlich nur mit Callinq-Cards (vgl, dazu o. g. Verfügung) gestattet ist.
Ich gebe hiermit allen Bediensteten die Gelegenheit, die eventuell geführten Privatgespräche aus der letzten Abrechnungsperiode per E-Mail Stelle A 4.3 - Frau Riemer) bis 30.04.2008 anzuzeigen.

19

Vorsorglich weise ich darauf hin, dass die letzte Abrechnungsperiode umfassend von der Haushaltsstelle geprüft wird.

20

Bei künftigen Verstößen gegen den Erlass vom 06. Januar 2006 ZA 3 - H 4706 - 54/05, bekannt gegeben mit o. g. Verfügung, ist die Haushaltsstelle gezwungen, diese der Personalstelle mit der Bitte um Prüfung weiterer disziplinarrechtliche Maßnahmen anzuzeigen.
Ich bitte alle Bediensteten - gegen Unterschrift - entsprechend zu unterrichten und die Nachweise im Anschluss Stelle A 4.3 zuzuleiten.“

21

Dabei ist bereits nicht klar ersichtlich, ob sich die bekannt gegebene Regelung über die Benutzung dienstlicher Telekommunikationseinrichtungen auch auf die Verwendung der zur Verfügung gestellten Mobiltelefone (Handys) bezieht. Vorstellbar ist zumindest, dass aufgrund der Verwendung der Begrifflichkeit „Telekommunikationsanlage“ sich bei den Bediensteten des Beklagten die Fehlvorstellung bilden konnte, dass damit nur die im Regelfall kabelgebundenen ortsfesten Telefone in den Büros des Beklagten als Teil einer Telefonanlage gemeint waren. Ob bereits der genante Bezugserlass vom 06.01.2006 zum Wegfall der Bagatellgrenze von 7,67 Euro für Privattelefonate mit Verfügung vom 27.02.2006 auch dem Kläger bekannt gegeben wurde, ist unbekannt. Eine kontinuierliche Wiederholung des Bezugserlasses und somit die Erinnerung an die Bediensteten an das strikte Verbot der Führung von Privatgesprächen über das zur Verfügung gestellte Dienst-Handy, ist nicht feststellbar. Demnach drängt sich dem Disziplinargericht der Verdacht auf, dass es bei dem Beklagten hinsichtlich der privaten Nutzung der Telefone nicht ganz klare und eindeutige Regelungen gab bzw. diese erst verspätet umgesetzt und kontrolliert wurden und sich somit zwangsläufig bei den Bediensteten ein gewisses Eigenleben hinsichtlich der Benutzung der Telefone eingeschlichen haben wird. Denn aus den Akten ist bekannt, dass im Jahre 2010 auffällig geworden sei, dass insbesondere im Sachgebiet G (Vollstreckung) die Kosten der Telefonrechnungen im Vergleich zu den Vorjahren erheblich angestiegen seien (vgl. Vermerk vom 27.01.2011, Bl. 19 BA D). Im September 2010 habe man daraufhin begonnen, die Einzelverbindungsnachweise des letzten halben Jahres der dienstlich zur Verfügung gestellten Handys zu überprüfen (vgl. Ermittlungsbericht vom 05.05.2011, Bl. 57 GA).

22

Eine vorherige Kontrolle der dienstnotwendigen Telefonate bzw. eine in geringen zeitlichen Abständen – im Regelfall im Jahresrhythmus – vorgenommene Wiederholung und Erinnerung der im Bezugserlass genannten dienstlichen Anweisung ist nachweislich nach dem 11.04.2008 nicht geschehen. Vielmehr hat man als im Jahre 2010 erhöhte Telefonkosten aufgefallen sind direkt entsprechende umfassende interne Ermittlungen mit dem Ziel der disziplinarrechtlichen Verfolgung eingeleitet. Zu diesem Zeitpunkt wäre es erfolgversprechender gewesen, wenn der Beklagte die entsprechende Dienstanweisung erneut den Bediensteten kundgetan hätte und eindeutig auf die zwischenzeitlich festgestellten erhöhten Telefonkosten hingewiesen hätte. Dies hätte aller Wahrscheinlichkeit nach bereits ausgereicht, um den größten Teil der Bediensteten des Beklagten auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen, mit dem Ziel, diese Pflichtenverstöße abzustellen. So wäre dies auch im Fall des Klägers vielversprechend gewesen. Denn nach Eröffnung der disziplinarrechtlichen Vorwürfe ihm gegenüber, hat er sein Telefonverhalten umgehend diesbezüglich um- und eingestellt. Dies erwähnt die Ermittlungsführerin in ihrem Ermittlungsbericht vom 05.05.2011 ausdrücklich zu Gunsten des Beamten.

23

Aufgrund der gesamten festzustellenden Umstände hinsichtlich der Benutzung dienstlich zur Verfügung gestellter Mobiltelefone bei dem Beklagten, muss bemerkt werden, dass sich dieser Sachverhalt grundlegend von den übrigen in der Rechtsprechung zu findenden Disziplinarentscheidungen bezüglich der Verwendung dienstlicher Telefone unterscheidet. In den überwiegenden Fällen ist es nämlich so, dass den Bediensteten die Benutzung des dienstlichen Telefons unter Vorschaltung einer entsprechenden Nummer zwecks sodann zu erfolgender Abrechnung gestattet wird. In diesen Fällen liegt der besondere Pflichtenverstoß darin, dass der Bedienstete den Dienstherrn dadurch täuscht, dass er eine falsche Vorwahlnummer oder gar keine zur Kennzeichnung seines Privatgespräches vornimmt bzw. diese bei einer Abrechnungsvorlage nicht kennzeichnet. Dementsprechend sind diese Fälle von einer bewussten Täuschungshandlung des Bediensteten geprägt und zeugen je nach Ausmaß und Dauer der vorgenommenen Telefonate sowie des Zeitraums der Täuschung von einem vorsätzlichen und planvollen Vorgehen zum Nachteil des Dienstherrn (vgl. zu diesen Fällen etwa: BVerwG, Urt. v. 19.05.2004, 1 D 17/03; BDIG Frankfurt, Urt. v. 12.03.2003, I VL 27/02; VG Münster, Urt. v. 23.02.2007, 20 K 1538/06.O; VG München, GB v. 17.05.2006, M 13 D 05.5524; VG München, Urt. v. 16.04.2007, M 19 D 06.1881; LArbG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.11.2009, 15 Sa 1588/09; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.09.2005, 3 A 10933/05; alle juris). Gerade in diesem betrügerischen Verhalten liegt das disziplinarrechtlich zu ahnende Unrecht. Denn der Dienstherr ist bei der zur Verfügungstellung derartiger dienstlicher Einrichtungen für den Privatbereich auf die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit der Bediensteten angewiesen. Eine lückenhafte Kontrolle ist diesbezüglich nicht möglich (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.2004, 1 D 17/03; juris).

24

Vorliegend unterscheidet sich der Sachverhalt jedoch von diesen Fällen. Denn der Kläger hat keinerlei Falschangabe bei der Benutzung des dienstlichen Handys oder sonstige Falschkennzeichnungen privater Gespräche als dienstliche vorgenommen, sondern gegen das generelle Verbot der Führung von Privatgesprächen verstoßen. Ist dies zwar einerseits eine klare und eindeutige Regelung, so muss andererseits bei Zugrundelegung eines verständigen Dienstbetriebes unter Beachtung menschlicher Verhaltensweisen davon ausgegangen werden, dass ein derartiges striktes Telefonverbot nicht durchführbar und auch nicht zeitgemäß erscheint. Der Beklagte musste daher mit den menschlichen Schwächen seiner Bediensteten zur fehlenden Akzeptanz dieses Verbotes rechnen. Wegen der damit verbundenen Bequemlichkeit gilt dies insbesondere bei der zur Verfügung Stellung eines Mobiltelefons.

25

Auch der Verweis auf die alleinige Verwendung sogenannter Calling-Cards hilft nicht weiter. Calling-Cards finden vor allem Anwendung, um von fremden Telefonanschlüssen (Büro) aus Gespräche zu führen, die nicht über den Telefonanschluss abgerechnet werden sollen. Dies wird durch die Verwendung gebührenfreier 0800-Einwalnummern des Kartenvertreibers gewährleistet. Die Gespräche werden über das per PIN authentifizierte und zuvor durch Kauf oder Aufladung bestehende Calling-Card-Konto des Kartenerwerbers abgerechnet (vgl. Wikipedia). Demnach bedarf es bei der Verwendung dieser Karten gar nicht des Einverständnisses des Dienstherrn. Denn er stellt allenfalls das Telefon zur Verfügung. Die Abrechnung erfolgt autonom von Telefonkonto des Dienstherrn. Dienstrechtlich zu ahndende Pflichtenverstöße könnten nur dann entstehen, wenn der Bedienstete das dienstlich zur Verfügung gestellte Telefon unabhängig vom Gebührenaufkommen übermäßig und damit missbräuchlich verwendet und der Dienstbetrieb darunter leidet.

26

c.) Bei der Bewertung des klägerischen Telefonverhaltens spielt sein Umgang mit dem dienstlichen Mobiltelefon eine entscheidende Rolle. Es ist nicht festzustellen, dass er das Dienst-Handy etwa ausgiebig und zeitintensiv für private Gespräche zweckwidrig missbrauchte und damit quasi wie sein eigenes Mobiltelefon genutzt hätte. Die festgestellten Telefonate beziehen sich ausnahmslos auf kurze Zeitintervalle zwischen ein bis zwei Minuten und diese ganz überwiegend mit seiner ebenfalls bei dem Beklagten beschäftigten Ehefrau. Insoweit mag es nachvollziehbar erscheinen, dass der Kläger in der Tat diese Gespräche nur zur kurzen Absprache über irgendwelche privat zu regelnden Angelegenheiten, wie Kinderbetreuung, Einkäufe, Verabredung usw. im Sinne einer kurzen Nachfrage geführt hat oder von der Sehnsucht getrieben war, die Stimme seiner Ehefrau zu vernehmen. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen unbekannt, ob auch die Ehegattin das Diensthandy angerufen hat. Wegen seiner Tätigkeit im mobilen Einsatz und der mit dem Handy verbundenen Bequemlichkeit drängte sich für ihn die Benutzung des Mobiltelefons für diese Gespräche quasi auf. Dies auch deswegen, weil er eben nicht über einen kabelgebundenen Arbeitsplatz (Büro) verfügte; bei der Verwendung interner Kurzwahlnummern von Büro zu Büro hätte sich die gesamte Problematik nicht ergeben. Auf Befragung durch das Gericht gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung zudem an, dass er über kein eigenes Mobiltelefon verfüge. Erscheint dies auch wenig zeitgemäß, so ist dies aufgrund der vorhandenen Dienst-Handys wieder nachvollziehbar. Zumal der Transport und Besitz zweier Mobiltelefone im täglichen Dienstgeschäft des Klägers in der Tat gewisse Probleme bereiten könnte.

27

Hat der Beamte daher die privaten Telefonate bewusst kurz gehalten und der sich daraus resultierende finanzielle Nachteil für den Dienstherrn auch nur auf 11,38 Euro beschränkt, ist davon auszugehen, dass dies keinen disziplinarrechtlich zu ahnenden Pflichtenverstoß darstellt. Jedenfalls wäre der Disziplinargehalt auch bei Unterstellung eines Dienstvergehens wegen der dargestellten Besonderheiten derart gering, dass eine Disziplinarmaßnahme - und schon gar nicht die gewählte Disziplinarmaßnahme der Geldbuße - als angezeigt gilt. Insoweit wäre hier die so genannte missbilligende Äußerung des Dienstherrn als bloßer Hinweis auf den Pflichtenverstoß ausreichend gewesen (§ 6 Satz 2 BDG). Das Disziplinargericht muss in seinen Entscheidungen stets darauf hinweisen, dass das Disziplinarrecht kein Strafrecht darstellt und die Disziplinarmaßnahmen in einem Stufenverhältnis (vgl. §§ 5, 13 BDG) stehen und je nach Schwere und Eigenart des Dienstvergehens sorgfältig und ausgewogen geprüft werden müssen (vgl. nur: VG Magdeburg, Urteil v. 29.03.2012, 8 A 9/09; m. w. Nachw.; VG Magdeburg, Urteil v. 14.02.2012, 8 A 6/11; VG Magdeburg, Urteil v. 01.12.2011, 8 A 18/10; zur Zweckmäßigkeit weiter: VG Magdeburg, Urteil v. 06.11.2007, 8 A 10/07; alle juris). Nicht jeder Verstoß gegen Dienstpflichten stellt zugleich auch in Dienstvergehen im Sinne des Disziplinarrechts dar (VG Münster, Urt. v. 23.02.2007, 20 K 1538/06.O; juris). Denn dem menschlichen Verhalten sind Fehler und Schwächen immanent. Disziplinarrechtliche Relevanz erhält ein Fehlverhalten eines Beamten erst dann, wenn eine gewisse Schwelle überschritten ist. Diese disziplinarrechtlich relevante Schwelle ist aufgrund des Fehlverhaltens des Klägers (noch) nicht erreicht. Das Disziplinargericht weist darauf hin, dass es sich hier um die Entscheidung im Einzelfall des Klägers handelt. Soweit bei dem Beklagten wegen des Telefonverhaltens der Bediensteten weitere Disziplinarverfahren schwebten oder noch nicht abgeschlossen sind, hat die Entscheidung nur wegen der grundsätzlichen Ausführungen zum Vorgehen in behördlichen Disziplinarverfahren unmittelbare Bedeutung; jeder Einzelfall mag anders sein.

28

Das Disziplinarrecht dient vordringlich der Pflichtenmahnung des Beamten für die Zukunft. Das Disziplinargericht lässt sich auch aufgrund des in der mündlichen Verhandlung vom Kläger auf das Gericht hinterlassene Eindrucks davon leiten, dass die Durchführung des gesamten Disziplinarverfahrens, die behördlichen Ermittlungen und Vernehmungen sowie letztendlich die mündliche Verhandlung vor dem Disziplinargericht bei dem Beamten eine nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben.

29

3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 4 BDG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 3 BDG, § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Der Verweis ist der schriftliche Tadel eines bestimmten Verhaltens des Beamten. Missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden, sind keine Disziplinarmaßnahmen.

(1) Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte sind:

1.
Verweis (§ 6)
2.
Geldbuße (§ 7)
3.
Kürzung der Dienstbezüge (§ 8)
4.
Zurückstufung (§ 9) und
5.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10).

(2) Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte sind:

1.
Kürzung des Ruhegehalts (§ 11) und
2.
Aberkennung des Ruhegehalts (§ 12).

(3) Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf können nur Verweise erteilt und Geldbußen auferlegt werden. Für die Entlassung von Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf wegen eines Dienstvergehens gelten § 34 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 sowie § 37 des Bundesbeamtengesetzes.

(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.

(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.

Tenor

Der ablehnende Bauvorbescheid der Beklagten vom 18.05.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, auch Ziffer 1 und 2 der Bauvoranfrage vom 23.02.2009 positiv zu bescheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides zur planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Umbaus und einer geringfügigen Erweiterung ihres Einfamilienhauses in der ... 20 in ....

2

Sie sind Eigentümer des genannten Grundstückes im unbeplanten Innenbereich von Travemünde. Das Grundstück stellt das Eckgrundstück zur Straße ... dar. Nördlich der Straße ... schließt sich ein Golfplatzgelände mit Parkplatz an, südlich der Straße ... ist reine Wohnbebauung, ganz überwiegend in Form von freistehenden Einfamilienhäusern, vorhanden. Die meisten Gebäude in der ... (wie auch in der ... und im ...) sind offen in fünfziger/sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mehr oder weniger nach Maßgabe eines nicht übergeleiteten Durchführungsplanes (Nr. 56) genehmigt und errichtet worden. Dieser Plan sah eine bestimmte Gebäudestellung mit festgesetzter Dachneigung und Dachform vor. So sind die Gebäude ... 12-20 traufständig mit Satteldächern errichtet worden, die Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite (Nrn. 11-19) giebelständig mit Satteldächern. Im weiteren Verlauf der ... sind Walmdächer (gerade Hausnummern) bzw. einhüftige Dächer mit erhöhter Traufhöhe im rückwärtigen Bereich (ungerade Hausnummern) vorhanden. Im Bereich .../ ... ist eine einheitliche Dachform nicht mehr zu erkennen. Im insbesondere interessierenden Bereich beidseitig der ... (Nrn. 11-20) ist zumindest straßenseitig die ursprüngliche Gebäudeausrichtung und Dachform noch vorhanden.

3

Das Gebäude der Kläger selbst ist – abweichend vom Standort des Durchführungsplanes – etwa quadratisch mit kleineren Anbauten (etwas vorgezogenes Kinderzimmer im Erdgeschoss an der Süd-West-Ecke, Speisekammer im Erdgeschoss an der Nord-Ost-Ecke) errichtet worden. Es ist eingeschossig und mit einem zur ... hin traufständigen Satteldach versehen.

4

Mit Schreiben vom 23.02.2009 beantragten die Kläger über ihren Architekten die Erteilung eines positiven Bauvorbescheides in Bezug auf die planungsrechtliche Zulässigkeit zu folgenden Fragen:

5

1. Wird eine Erweiterung im EG (Windfang) sowie im DG (Baderweiterung mit Galerie) mit Giebelständigkeit zur Süd-West-Seite genehmigt?

6

2. Wird eine Erweiterung im DG (Ankleidekammer) mit geringer Giebelständigkeit zur Nord-Ost-Seite genehmigt?

7

3. Wird der Einbau einer Dachgaube im DG (Schlafzimmer zur Nord-Ost-Seite) genehmigt?

8

Nachdem das gemeindliche Einvernehmen zu den Fragen 1. und 2. versagt worden war, erging unter dem 18.05.2009 ein Bauvorbescheid des Inhalts, dass in Bezug auf die Frage 3. keine planungsrechtlichen Bedenken bestünden, die in den Ziffern 1. und 2. angesprochenen Umbauten jedoch aus planungsrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig seien. Zur Ablehnung in Bezug auf die Frage 1. führte die Beklagte zur Begründung aus, die angefragte Dachgeschoss-Erweiterung zur Süd-West-Seite (Straßenseite) füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, da die Dachgeschosswohnfläche durch die Errichtung des straßenseitigen Giebels über die „glatte“ Satteldachfläche hinaus in Anspruch genommen werden solle, wofür es in dem geplanten Umfang und in der vorgesehenen Größe bei den Gebäuden der näheren Umgebung im Verlauf der ... keine Vorbilder gebe. Das Orts- und Straßenbild in der ... sei auf der Ostseite durch traufständig zur Straße stehende Ein- bzw. Zweifamilienwohnhäuser geprägt. In diese Traufständigkeit reihe sich ohne die beantragten baulichen Veränderungen auch das Wohnhaus der Kläger harmonisch ein. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite seien die Wohngebäude zur Straße giebelständig angeordnet. Auf diese Weise entstehe durch die jeweils in die gleiche Firstrichtung ausgerichteten Gebäude für den Betrachter ein harmonisches, ausgewogenes und auch beruhigend wirkendes Orts- und Straßenbild. Bei den Gebäuden in der näheren Umgebung im Verlauf der ... seien lediglich Dachgauben allein oder mit vorgelagerten Dachterrassen vorhanden. Durch die geplante straßenseitige Giebelerrichtung werde das harmonisch, durch traufständige Gebäude geprägte Straßenbild mehr als nur geringfügig beeinträchtigt, da der geplante Giebel mit einer Breite von ca. 7 m ca. 70 % der Gebäudelänge in Anspruch nehme und somit aus einem zur Straße traufständigen Gebäude ein giebelständiges Gebäude mache. Außerdem werde die vorhandene Traufhöhe des Hauptgebäudes erheblich, nämlich um ca. 1,60 m überschritten, was ebenfalls als rahmenüberschreitend einzustufen sei. Darüber hinaus werde auch das vorhandene Ortsbild beeinträchtigt. Das Ortsbild sei in diesem Grundstücksbereich durch eine eingeschossige Einzelhausbebauung mit zur Straße traufständiger Baukörperausrichtung geprägt, die eine straßenbegleitende Grundstruktur mit Ortsbild prägendem Charakter erkennen lasse. Die Errichtung eines straßenseitigen Giebels einschließlich einer Überhöhung der Traufe um ca. 1,60 m liege außerhalb dieser Struktur und störe geradezu den Ortsbild prägenden Charakter dieser Siedlung.

9

Auch eine Zulassung des geplanten Vorhabens nach § 34 Abs. 3 a BauGB komme nicht in Betracht, da eine städtebauliche Vertretbarkeit nicht gegeben sei.

10

Im Hinblick auf eine genehmigungsfähige Planung werde empfohlen, auf die straßenseitige Dachgeschosserweiterung mit Giebelerrichtung zu verzichten und den gewünschten Erweiterungsbedarf mittels Errichtung einer entsprechend auf die Proportion des Gebäudes abgestimmten Dachgaube zu realisieren. Hinsichtlich Ziffer 2. führte die Beklagte aus, der angefragte rückwärtig geplante Giebel ordne sich zwar hinsichtlich seiner Breite unter, er füge sich jedoch hinsichtlich seiner Traufhöhe, die mit ca. 2,60 m mehr als erheblich über die Traufhöhe des Hauptgebäudes hinausrage, nicht in die eigene Art der Umgebung ein.

11

Insoweit wurde empfohlen, die Traufhöhe des Hauptgebäudes nicht zu überschreiten.

12

Gegen den ablehnenden Bauvorbescheid legten die Kläger am 02.06.2009 Widerspruch ein und führten zur Begründung aus, die nähere Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB sei unzutreffend bemessen worden. Insbesondere sei auch die, von der Straße ... her gesehen schon mit dem übernächsten Grundstück beginnende Bebauung im Bereich .../ ... in die Betrachtung mit einzubeziehen. Gerade in diesem Bereich sei eine homogene Giebel- bzw. Traufständigkeit nicht zu erkennen. Auch entlang der ... könne nicht von einer homogenen Dachgestaltung ausgegangen werden. So sei das Gebäude Nr. 6 nicht traufständig und die Gebäude mit den Nummern 5, 7 und 9 nicht giebelständig. Insgesamt füge sich das geplante Vorhaben in die eigene Art der näheren Umgebung ein. Bodenrechtliche Spannungen würden nicht erzeugt, ein Planungsbedürfnis entstehe nicht. Von einer Ortsbildbeeinträchtigung könne schon deswegen keine Rede sein, weil die nähere Umgebung insoweit keine besondere Wertigkeit aufweise. Hilfsweise sei zumindest eine Zulässigkeit des geplanten Vorhabens nach § 34 Abs. 3 a BauGB gegeben.

13

In einem internen Vermerk wies die Stadtplanungsabteilung der Beklagten am 06.08.2009 daraufhin, dass in der Widerspruchsbegründung als Haus „ ... 7“ angesprochene Gebäude habe seine tatsächliche Belegenheit und Adresse am .... Das Grundstück habe, wie dieser Irrtum belege, eine atypische Lage zwischen ... und der Straße ... und stelle insoweit einen Ausreißer dar. Die ... habe keine trennende Wirkung, so dass auch die dem klägerischen Grundstück gegenüberliegende Straßenseite mit einzubeziehen sei. Das Gebäude ... 6 sei ein Walmdachhaus, das mit der Längsseite traufständig an der Straße stehe. Erst jenseits der Einmündung der ..., also weiter entfernt vom Grundstück der Kläger, seien auch die Häuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite traufständig.

14

Den eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2009 zurück und führte zur Begründung aus, als nähere Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB seien die Gebäude... 12-20 sowie auf der gegenüberliegenden Seite die Gebäudenummern 19-11 (Einmündung ...) her-anzuziehen. Durch die jeweils in gleicher Firstrichtung ausgerichteten Gebäude ergebe sich für den Betrachter ein harmonisches, ausgewogenes und beruhigend wirkendes Straßenbild. Die geplante Dachgeschosserweiterung zur Süd-West-Seite füge sich aufgrund der geplanten straßenseitigen Giebelerrichtung sowie durch die von der weitestgehend einheitlichen Traufhöhe abweichende Traufhöhe nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Straßenseitig sei der giebelständige Vorbau mit über 7 m deutlich breiter als die Hälfte des Hauptgebäudes mit einer Länge von ca. 10,70 m. Überdies werde auch das Ortsbild beeinträchtigt. Der Begriff des Ortsbildes im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB stelle auf einen größeren Maßstab ab als die für das Einfügensgebot maßgebliche nähere Umgebung. Unter Ortsbild sei die bauliche Ansicht eines Ortes oder Ortsteiles bei einer Betrachtung sowohl von innen als auch von außen her zu verstehen. Dieser städtebaulich zu verstehende Begriff schließe, ähnlich dem der Erhaltungssatzung, solche Gestaltungselemente mit ein, die die Gestaltung des jeweiligen Gebäudes beträfen, wie z. B. die Dachform und die Stellung der baulichen Anlagen auf dem Grundstück, soweit dies städtebaulich von Bedeutung sei. Zum Bezugsrahmen komme insoweit die ... in Verlängerung über die Einmündung ... hinaus bis zur Einmündung ... in Betracht. Sämtliche Bebauung lasse eine einheitliche, Ortsbild prägende Grundstruktur erkennen. Die Errichtung eines straßenseitigen Giebels einschließlich einer Überhöhung der Traufe um ca. 1,60 m liege außerhalb dieser Struktur und störe dadurch den Ortsbild prägenden Charakter der Siedlung.

15

Eine Zulassung nach § 34 Abs. 3 a BauGB komme nicht in Betracht, da das geplante Vorhaben städtebaulich nicht vertretbar sei.

16

Gegen den ablehnenden Bauvorbescheid idF des Widerspruchsbescheides haben die Kläger am 30.11.2009 Verpflichtungsklage erhoben. In der Klagebegründung wiederholen und vertiefen sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und verweisen insbesondere erneut auf das Gebäude ... (richtig: ...) 7. Im Übrigen seien in der näheren Umgebung Gebäude mit wesentlich höheren Traufhöhen vorhanden. Das geplante Vorhaben verursache keinerlei bodenrechtliche Spannungen. Insbesondere bleibe auch die von der Beklagten angesprochen Traufständigkeit des klägerischen Gebäudes, da durch den geplanten Anbau im Südwesten die Hauptfirstrichtung nicht verändert werde.

17

Die Kläger beantragen,

18

die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des ablehnenden Bauvorbescheides vom 18.05.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 ihre Bauvoranfrage positiv zu bescheiden.

19

Die Beklagte beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Sie verweist zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide.

22

Im Rahmen der vor Ort durchgeführten mündlichen Verhandlung am 21.04.2010 hat das Gericht die Örtlichkeiten der Umgebung des klägerischen Grundstücks in Augenschein genommen. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll und die gefertigten Fotografien Bezug genommen.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

24

Die Klage ist zulässig und begründet.

25

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten. Sie haben einen Anspruch darauf, dass ihre Bauvoranfrage auch bezüglich der Ziffern 1. und 2. positiv beschieden wird. Das geplante Vorhaben fügt sich im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Eine Ortsbildbeeinträchtigung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB liegt nicht vor.

26

Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Vorliegend ist allein streitig, ob sich das geplante Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung insoweit einfügt. Dies ist zur Überzeugung des erkennenden Gerichts der Fall.

27

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 23.03.1994 – 4 C 18/92 -; Juris) kommt es bei Dachgeschossaus- und –umbauten für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht auf die Feinheiten der Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung an. Entscheidend ist allein, ob sich das Gebäude als solches in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 34 BauGB insgesamt eine planersetzende Vorschrift ist. Er regelt die Bebaubarkeit der innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegenden Grundstücke, wenn ein Bebauungsplan für das Grundstück nicht vorhanden ist. Existiert ein Bebauungsplan, so bestimmt er, was planungsrechtlich zulässig ist. Ein Planersatz kann aber nicht mehr regeln als der Plan selbst. Im Gegenteil ist für das Einfügensgebot des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anerkannt, dass der sich aus der vorhandenen Bebauung ergebende Maßstab notwendig grob und ungenau ist und regelmäßig hinter planerischen Festsetzungen zurückbleibt. Erst recht ist es mit dem Vorrang des Bebauungsplanes vor der Regelung des § 34 BauGB unvereinbar, wenn die Gemeinde durch Untätigkeit weitergehende Einschränkungen der Bauvorhaben bewirken könnte als durch die Aufstellung eines Bebauungsplans (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.2000 – 4 C 14/98 -; Juris).

28

Was nun die von der Beklagten allein bemängelte Änderung der Dachform angeht, unterfällt dies nicht der bundesrechtlich städtebaulichen Regelungsbefugnis und unterliegt damit auch nicht dem bundesrechtlichen Einfügensgebot des § 34 Abs. 1 BauGB.

29

Was bundesrechtlich aus städtebaulichen Gründen in einem Bebauungsplan regelbar ist, ergibt sich aus § 9 Abs. 1 BauGB, vorliegend interessierend aus den dortigen Ziffern 1 (Art und Maß der baulichen Nutzung) und 2 (die Bauweise, die überbaubaren und nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen ). Soweit in Ziffer 2 die Stellung der baulichen Anlage angesprochen wird, ist dies eine Bestimmung über die Ausrichtung der Längsachse eines Gebäudes (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 9, Rd. 41).

30

Ist wie vorliegend bei einem nahezu quadratischen Grundriss eine Bestimmung der Längsachse aus dem Verhältnis der Seiten zueinander nicht möglich und zudem ein Satteldach vorhanden, ist die Längsachse mit der Firstrichtung identisch. An dieser Grundausrichtung des Gebäudes der Kläger ändert sich jedoch nichts dadurch, dass im Dachbereich giebelständige Um- und Anbauten erfolgen sollen, da die neuen Quergiebel sowohl einzeln (mit ca. 5,20 m und ca. 3,80 m) als auch zusammen hinter der Hauptfirstlänge (von ca. 10,70 m) zurückbleiben und sich auch sonst, da sie die Höhe des Hauptfirstes nicht erreichen, dem Hauptfirst unterordnen.

31

Eine weitergehende Befugnis zur Festsetzung von Dachformen und anderen Einzelheiten der Dachgestaltung (z. B. Traufhöhe) ist aus § 1 Abs. 9 BauGB nicht abzuleiten (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 9, Rd. 258). Derartige Regelungen sind vielmehr landesrechtlich gestalterischer Natur (vgl. § 84 LBO). Dass derartige Vorschriften über § 9 Abs. 4 BauGB, § 84 Abs. 3 LBO als Festsetzung in einen Bebauungsplan aufgenommen werden können, ändert nichts daran, dass sie keine bundesrechtlich städtebaulichen Gründe für einen Bebauungsplan sind und deshalb (erst recht) auch nicht dem bundesrechtlichen Einfügensgebot des § 34 Abs. 1 BauGB unterfallen.

32

Soweit die Beklagte somit darauf abstellt, dass in der näheren Umgebung eine Dachform bzw. eine Dachgestaltung, wie sie die Kläger planen, nicht vorhanden sei, ist dies kein Argument, dass bei einer Prüfung der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB zu berücksichtigen wäre. Insoweit bedarf es deshalb auch keiner genauen Festlegung der näheren Umgebung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB, insbesondere kann insoweit offenbleiben, ob das Gebäude... 7 (postalisch korrekt wohl: ... 7) mit in die Betrachtung einzubeziehen ist.

33

Was das eigentliche Maß der baulichen Nutzung im Sinne eines Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB angeht, ergeben sich – offenbar auch nach Auffassung der Beklagten – keine Bedenken. Sowohl den „Empfehlungen“ in den angefochtenen Bescheiden als auch den Äußerungen der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist zu entnehmen, dass gegen die Umbauten als solche und die damit verbundene Vergrößerung der Wohnfläche keinerlei Bedenken im Sinne eines Einfügens bestehen, sondern sich diese allein auf die Form der Dachgestaltung beziehen.

34

Auch eine Ortsbildbeeinträchtigung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB liegt nicht vor. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Auswirkungen des klägerischen Vorhabens schon den Grad einer „Beeinträchtigung“ nicht erreichen. Beim Beeinträchtigen des Ortsbildes kommt es nicht – wie beim Einfügensgebot – auf (fehlende) Übereinstimmung in den einzelnen Merkmalen der Bebauung an, sondern darauf, ob ein Gesamtbild, dass durch unterschiedliche Elemente geprägt sein kann, gestört wird. Dies ist nach dem ästhetischen Empfinden eines für Fragen der Ortsbildgestaltung aufgeschlossenen Betrachters zu beurteilen, das nicht verletzt sein darf. Zu beachten ist, dass nicht jedes Ortsbild schützenswert ist, nur weil es durch eine gewisse Einheitlichkeit oder Gleichartigkeit der Bebauung oder einzelner Elemente der Bebauung geprägt ist. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums muss für Einschränkungen seines Gebrauchs (hier: der Baufreiheit) hinreichend gewichtige Gemeinwohlbelange auf ihrer Seite haben. Sie darf nicht darauf hinauslaufen, dass im ungeplanten Innenbereich das Vorhandene in jeder Beziehung das Maß des Zulässigen bestimmt, nur weil es schon vorhanden ist. Das Ortsbild muss, um schützenswert zu sein und die Bau(gestaltungs)freiheit des Eigentümers einschränken zu können, eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit haben. Dies ist nicht das Ortsbild, wie es überall anzutreffen sein könnte. Es muss einen besonderen Charakter, eine gewisse Eigenheit haben, die dem Ort oder dem Ortsteil eine aus dem Üblichen herausragende Prägung verleiht (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.2000 – 4 C 14/98 -; Juris).

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Ein derartiges schützenswertes Ortsbild ist vorliegend – wiederum gleichgültig inwieweit der Rahmen der zu berücksichtigenden Umgebung zu ziehen ist – nicht ansatzweise vorhanden ist. Selbst die Vertreter der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sich die Umgebung des klägerischen Grundstückes als typische Wohnsiedlung wie viele andere auch darstellt. Irgendwelche Besonderheiten sind insoweit nicht benannt worden und waren auch nicht erkennbar. Es handelt sich vielmehr um eine typische Wohnsiedlung, deren Gebäude aufgrund ihres Alters von ca. 50 Jahren offenbar in den letzten Jahren bzw. in der näheren Zukunft ständigen Umbauten, Renovierungen und Änderungen unterlegen haben bzw. unterliegen werden, ohne dass dadurch ein besonderer Charakter verloren ginge.

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Hinzu kommt, dass ein – schützenswertes – Ortsbild im Rahmen von § 34 BauGB wiederum nur in dem Umfang vor Beeinträchtigungen geschützt wird, wie dies im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes durch Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB und den ergänzenden Vorschriften der Baunutzungsverordnung möglich wäre. Bundesrechtlich nicht festsetzbare Dachformen (siehe oben) sind damit keine das Ortsbild im Sinne von § 34 BauGB prägenden Elemente. Nach § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB ist zwar bei der Aufstellung der Bauleitpläne auch die Gestaltung des Ortsbildes zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass grundsätzlich auch die Gestaltung des Ortsbildes bauplanerische Relevanz besitzt. § 1 Abs. 6 BauGB enthält jedoch keine Zulässigkeitsvoraussetzungen für Vorhaben im unbeplanten Innenbereich. Aus ihm ergibt sich nur, dass im Falle der Planung auch die Gestaltung des Ortsbildes beachtet werden muss. In welcher Weise dies rechtlich möglich ist, wird dagegen in § 9 Abs. 1 BauGB geregelt. Soweit sich – wie oben ausgeführt – gemäß § 9 Abs. 1 BauGB Dachformen in einem Bebauungsplan nicht festsetzen lassen, sind diese Dachformen damit auch kein Belang im Sinne eines Ortsbildes, dessen Sicherung das Bauplanungsrecht mit § 1 Abs. 6 Nr. 5 normativ vorgibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.05.2000 – 4 C 14/98 -; Juris).

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Nach alledem erweist sich das geplante Vorhaben der Kläger auch bezüglich der Ziffern 1. und 2. ihrer Bauvoranfrage als im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, so dass der vorliegenden Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben war.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.

(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.

(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.

(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Zur Ergänzung dieses Gesetzes sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen dieses Gesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.