Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 05. Juni 2012 - 10 L 2/12

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2012:0605.10L2.12.0A
05.06.2012

Tatbestand

1

Der jetzt 46 Jahre alte Beklagte trat zum (…) 1989 in den Dienst der Volkspolizei und wurde mit Beginn des Jahres 1991 in den Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt übernommen. Seit dem (…) 1993 ist dem Beklagten das Amt eines Polizeimeisters übertragen; zum (…) 1996 erfolgte seine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Der Beklagte ist geschieden und Vater von zwei erwachsenen Söhnen.

2

Der Beklagte wurde im Wesentlichen als Sachbearbeiter im Bundesautobahnrevier B-Stadt eingesetzt. Die letzte über ihn dort erstellte Regelbeurteilung für den Zeitraum Juni 2005 bis August 2007 schloss mit dem Gesamturteil „gut“. Der Beklagte ist disziplinarrechtlich vorbelastet. Mit Disziplinarverfügung vom (…) 2009 - welche auch den Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens vor dem erkennenden Senat (10 L 5/10) bildete - wurde gegen ihn eine Geldbuße in Höhe von 150,00 € verhängt. Gegenstand der Disziplinarverfügung war der Vorwurf, der Beklagte habe im Rahmen seiner Dienstausübung Ladung aus einem verunfallten LKW für den privaten Gebrauch an sich genommen.

3

Wegen der Vorwürfe, welche den Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens betreffen, war der Beklagte seit dem (…)2010 gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 DG LSA vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Wirkung vom (…) 2012 wurde die Suspendierungsverfügung aufgehoben; seitdem wird der Beklagte im Revierkommissariat D. verwendet.

4

Der Beklagte entwickelte bereits als Kind ein - schon bei seinen Eltern vorhandenes - Interesse an dem Sammeln von Zeitschriften aus der ehemaligen DDR. Seine Sammelleidenschaft bezog sich insbesondere auf die Zeitschriften „Mosaik A.“ und „Mosaik B.“. Der Beklagte erweiterte seine Sammelleidenschaft aber auch auf andere Zeitschriften, etwa die Zeitschrift „C...“, „D...“ sowie auf Ansichtskarten aus DDR-Zeiten. Bis zum Jahr 2002 war bereits eine erhebliche Menge an Zeitschriften, Heften und sonstigen Artikeln zusammen gekommen, welche in dem vom Beklagten bewohnten Einfamilienhaus erheblichen Platz beanspruchten. Der Beklagte trägt dazu vor, es seien viele Zimmer, der Dachboden und eine Garage mit dem Sammelgut voll bepackt gewesen. Er bezeichnet die obere Etage des Einfamilienhauses als „DDR-Museum“.

5

Im Jahr 2002 beabsichtigte der Beklagte, das Sammelgut wegen der räumlichen Situation, vor allem aber wegen finanzieller Engpässe zu veräußern, denn er sah sich hohen Zahlungsverpflichtungen für Unterhaltsleistungen sowie für die Finanzierung des Einfamilienhauses ausgesetzt.

6

Zur Veräußerung der Gegenstände richtete der Beklagte ab dem (…) 2002 bei dem Internetportal „eBay“ einen account mit der Bezeichnung „(E...) 2002“ ein. Am (…) 2008 eröffnete er einen weiteren account bei „eBay“ mit dem Namen „(F...)“ und schließlich am (…) 2009 einen dritten account unter dem Namen „(G...)“, wobei der Umsatzschwerpunkt weiter auf dem „(E...)“ lag.

7

In dem Zeitraum vom (…) 2002 bis zum (...) 2010 wickelte der Beklagte über die Verkaufsplattform „eBay“ insgesamt 22.733 Verkäufe ab, wobei er einen Gesamtumsatz von 130.422,99 € erzielte. Die Entwicklung der Umsätze zeigt die nachfolge Aufstellung:

8

 Mitgliedsname         

  2002 in €         

  2003 in €         

  2004 in €         

  2005 in €         

  2006 in €         

 (F...)

                                            

 (E...)

  3.208,65

  21.122,05

  8.963,01

  15.582,45

  21.140,18

 (G...)

                                            

 Gesamtergebnis         

  3.208,65         

  21.122.05         

  8.963,01         

  15.582,45         

  21.140,18         

        

 Mitgliedsname         

  2007 in €         

  2008 in €         

  2009 in €         

  2010 in €         

  gesamt in €         

 (F...)

        

   917,28

  2.377,64

        

  3.294,92

 (E...)

  23.812,65

  16.797,24

  14.037,69

  1.201,54

  125.865,46

 (G...)

                 

   1.262,61

        

  1.262,61

 Gesamtergebnis         

  23.812,65         

  17.714,52         

  17.677,94         

  1.201,54         

  130.422,99         

9

Aus den von „eBay“ vorgelegten Aufstellungen ergibt sich, dass der Beklagte dort in dem Zeitraum vom (…) 2002 bis (…) 2010 22.733 Verkäufe tätigte; die Zahl der Einstellungen in das Verkaufsportal lag um ein Mehrfaches höher. Allein im Jahr 2008, in welchem er am 204 Tagen dienstunfähig erkrankt war, nahm er 12.733 Einstellungen vor und tätigte insgesamt 2365 Verkäufe; im Jahr 2009, welches ebenfalls durch krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit an 194 Tagen geprägt war, waren es bei 3.942 Einstellungen insgesamt 1.057 Verkäufe.

10

Die Angebote des Beklagten bei „eBay“ waren in professioneller Weise gestaltet und mit Fotos der Verkaufsexemplare versehen. Für seinen account erhielt der Beklagte durchweg positive Bewertungen durch die Käufer. Zudem hatte er den Status als sogenannter „PowerSeller“; dies sind nach den Bedingungen von „eBay“ professionelle gewerbliche Verkäufer, die ein hohes Handelsvolumen nachweisen können.

11

In der Erkenntnis, dass der Verkauf von Heft-Serien, d. h. eine wirtschaftliche Verwertung überhaupt nur möglich war, wenn diese als Serien vollständig angeboten würden, tätigte der Beklagte insoweit auch Zukäufe. Zur Unterstützung seiner Verkaufsaktivitäten fotografierte er große Teile seiner Sammlung, erstellte für eine Vielzahl von Heften bzw. Serien Angebotslisten und hielt diese Listen stets auf einem aktuellen Stand.

12

Für seine Aktivitäten hatte der Kläger jedenfalls bis zum (…) 2009 zu keinem Zeitpunkt die Genehmigung einer Nebentätigkeit beantragt. Einen derartigen Antrag stellte er erstmals am (…) 2009. In dem Antrag heißt es wie folgt:

13

„Ich beabsichtige Teile meiner privaten Sammlung an Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online zu veräußern.

14

Dies ist an sich beim Dienstherrn in Bezug auf eine Nebentätigkeit nicht genehmigungspflichtig, da es keine ist.

15

Diese Tätigkeit ist nicht gewinn orientiert. Im günstigsten Falle steht nach einer Ausgabe-/Einnahmerechnung eine schwarze Null zu Buche. Somit ist sie auch nicht steuerpflichtig. Nach Rücksprache mit dem hiesigen Finanzamt wird eine solche Tätigkeit regelmäßig als „Liebhaberei“ oder auch „Hobby“ eingestuft.

16

Das (D.) Gewerbeamt teilte mir auf Anfrage mit, dass ein Gewerbeschein nicht nötig sei und eher auch unsinnig, weil die Ansprüche „Dauerhaftigkeit“ und “Gewinnerzielungsabsicht“ fehlen.

17

Ich beabsichtige trotzdem, ein Gewerbe anzumelden (wenn dies nach rechtlicher Beratung überhaupt noch als notwendig erachtet wird). Dann auch nur, nicht weil ich es müsste, sondern um mich rechtlich abzusichern.

18

Leider hat sich die Rechtsprechung in Deutschland so wesensfremd entwickelt, dass man durchaus schon wettbewerbsrechtlich abgemahnt wird, wenn man online monatlich mehr als 20 oder 30 Artikel als Privatperson veräußert. Im ungünstigsten Falle findet sich sofort ein Rechtsanwalt, der gewerbliche Tätigkeit unterstellt und weiterhin feststellt, dass man deswegen verschiedenste Fehler in seinen Auktionen hätte. Eine Kostennote des Anwalts liegt dann zumeist schon dem Anwaltsschreiben bei.

19

Somit will ich mich, trotz dass ich als Privatperson in Erscheinung trete, rechtlich absichern und mich online nicht als privat, sondern als gewerblich darstellen. Dies steht jeder Privatperson zu und wird absehbar immer öfter in Anspruch genommen werden.

20

Meine Tätigkeit zieht keine körperliche oder sonstige Belastung mit sich, die sich negativ auf meine Arbeit auswirken könnte; es ist eher vom Gegenteil auszugehen.“

21

Weder in dem Antrag noch an anderer Stelle wies der Beklagte darauf hin, dass er bereits seit dem Jahr 2002 in ganz erheblichem Umfang „Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online“ veräußert hatte.

22

In dem eBay-Auftritt des „(E...)“ am (…) 2010 wurde unter „Verkäuferinformationen“ darauf hingewiesen, dass der Betreiber des Shops, mithin der Beklagte „angemeldet als gewerblicher Verkäufer“ sei; zudem wurde auf mehr als 9.000 positive Bewertungen durch die Käufer verwiesen. Auf der Internet-Seite vom (…) 2010 bot der „(E...)“ 1.150 Artikel zum Verkauf an.

23

Als die Klägerin davon Kenntnis erlangt hatte, dass der Beklagte bereits seit dem Oktober 2002 unter dem eBay-Mitgliedsnamen „(E...)“ registriert war und seit diesem Zeitpunkt bereits umfangreiche Verkaufsaktivitäten unternommen hatte, leitete sie mit Verfügung vom (…) 2010 gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein und enthob mit weiterer Verfügung vom (…) 2010 den Beklagten vorläufig des Dienstes.

24

Im behördlichen Ermittlungsverfahren äußerte sich der Beklagte lediglich dahin gehend, dass es sich bei den eBay-Verkäufen um ein Hobby gehandelt habe.

25

Mit der am (…) 2010 beim Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangenen Disziplinarklage begehrt die Klägerin die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Gegenstand der Disziplinarklage ist der Vorwurf folgender Dienstpflichtverletzungen:

26

1.Betreiben eines gewerblichen Internethandels und dadurch Ausübung einer gewerblichen Nebentätigkeit in erheblichem zeitlichen wie inhaltlichen Umfang ohne die erforderliche Genehmigung des Dienstherrn,

27

2.Betreiben dieser Nebentätigkeit - insbesondere auch in Zeiten von Krankheit - in einem Umfang, der der Pflicht zum Erhalt und der Wiederherstellung der Arbeitskraft (Gesundheitswiederherstellungspflicht) in außergewöhnlichem Maße entgegensteht,

28

3.Verstoß gegen die Wahrheitspflicht, weil der eBay-Account schon seit dem Jahre 2002 besteht bzw. weil der Beamte der beantragten Nebentätigkeit schon seit 2002 nachgegangen ist und somit im Antrag auf Genehmigung der Nebentätigkeit vom (…) 2009 falsche Angaben getätigt wurden.

29

Zur Begründung der Disziplinarklage hat die Klägerin ausgeführt, der Beklagte habe seine Dienstpflichten in einem Kernbereich so erheblich verletzt, dass das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört sei. Die vom Beklagten ausgeübte Nebentätigkeit sei genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig gewesen. Der Beklagte habe sich auch während seiner Arbeitsunfähigkeit durch gewerbliches Handeln neben seiner Besoldung ein zweites wirtschaftliches Standbein verschafft. Ein Versagungsgrund sei schon deswegen gegeben gewesen, weil der zeitliche Umfang des Handelns die Arbeitskraft des Beklagten so sehr in Anspruch genommen habe, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behindert würde. Der Beklagte habe gewerbsmäßig, d. h. mit Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Er habe sich bewusst für einen gewerbsmäßigen Auftritt als „PowerSeller“ entschieden und hiermit auch nach außen Dritten gegenüber sichtbar dokumentiert, dass er als gewerblicher Händler auftrete. Er habe seine Verkaufsaktivitäten wegen der guten Verdienstmöglichkeiten im Laufe der Jahre bewusst ausgedehnt und gesteigert. Damit habe er alles getan, um sich außerdienstlich ein zweites berufliches Standbein aufzubauen. Schließlich habe der Beklagte seine Pflicht zur Abgabe wahrheitsgemäßer Angaben verletzt, indem er in seinem Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit vom (…) 2009 wider besseres Wissen angegeben habe, dass er erst voraussichtlich ab Anfang 2010 den Online-Verkauf (nur) einer privaten Sammlung vornehmen werde.

30

Der Klägerin hat beantragt,

31

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

32

Der Beklagte hat beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Er hat sich im Wesentlichen wie folgt eingelassen:

35

Der Verkauf der Hefte habe nur einen geringen zeitlichen Aufwand erfordert. Er habe sich kein zweites wirtschaftliches Standbein geschaffen; vielmehr sei es so gewesen, dass er sich in einer Situation befunden habe, in welcher er „am Monatsanfang manchmal nur 50 bis 60 € zum Leben“ gehabt habe. Wenn man die Gesamtzahl der Verkäufe auf die Zahl der Tage herunterrechne, komme man lediglich auf 6 Verkäufe, was nur einen geringen zeitlich Aufwand erfordert habe. Der An- und Verkauf der Hefte sei eine Beschäftigung gewesen, welche ihm Ruhe und Ausgeglichenheit gegeben habe.

36

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat mit Urteil vom 1. Dezember 2011 auf die Kürzung der Dienstbezüge des Beklagten auf die Dauer von drei Jahren um ein Fünftel seiner monatlichen Dienstbezüge erkannt.

37

Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht zunächst festgestellt, der Beklagte habe ein Dienstvergehen begangen, indem er über Jahre ohne Nebentätigkeitsgenehmigung einer Nebentätigkeit, und zwar auch in Zeiten der Erkrankung, nachgegangen sei und indem er bei seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung falsche Angaben gemacht habe. Für den Zeitraum der Jahre 2002 bis 2007 lasse sich nicht mehr mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Beklagte mehr als nur seine private Sammlung veräußert habe. Für den Zeitraum 2008 bis Anfang 2010 sei davon auszugehen, dass der Beklagte auch in diesem Zeitraum im wesentlichen nur das veräußert habe, was er in den Jahren bis 2002 gesammelt und nur unwesentliche Zukäufe getätigt habe, die dem Zweck der Komplettierung gedient hätten.

38

Gleichwohl habe der Beklagte vorsätzlich über einen Zeitraum von acht Jahren eine Nebentätigkeit ohne die erforderliche Genehmigung ausgeübt, indem er im Internet als gewerblicher Händler aufgetreten sei. Dadurch habe er gegen die sich aus § 54 BG LSA (§ 34 Satz 3 BeamtStG) ergebende Pflicht verstoßen, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen und der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf fordere. Zudem habe er gegen die Pflicht zur Gesunderhaltung verstoßen. Ein weiterer Verstoß gegen Dienstpflichten liege darin, dass er in seinem Antrag auf Genehmigung von Nebentätigkeiten aus dem (…) 2009 verschwiegen habe, in welchem Umfang er bereits tätig gewesen sei. In beiden Taten liege ein einheitliches Dienstvergehen.

39

Dem Beklagten sei es um die Erzielung eines größtmöglichen Gewinns gegangen. Dies ergebe sich zum einen aus der ursprünglichen Motivation, die ihn belastenden Unterhaltsansprüche begleichen zu können; zum Anderen spreche dafür auch sein Geschäftsgebaren. So habe der Beklagte, um Serien verkaufen zu können, Zukäufe getätigt und den Verkauf sehr professionell gestaltet. Im Hinblick darauf, dass es sich bei der Sammlung des Beklagten um eine solche mit mehr als 100.000 Einzelstücken gehandelt habe, sei sein Vorgehen vergleichbar demjenigen, welcher einen Gewerbebetrieb mit einem großen Warenlager erbe und diesen dann weiter betreibe. Zugunsten des Beklagten sei allerdings davon auszugehen, dass die von ihm ausgeübte Tätigkeit als Verkäufer seiner privaten Sammlung bei eBay „in gewissem Umfang auch genehmigungsfähig gewesen sein“ dürfte. Dies ergebe sich daraus, dass die Tätigkeit des Beklagten jedenfalls nicht mehr als ein Fünftel seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betragen habe. Allerdings sei davon auszugehen, dass dem Beklagten die Notwendigkeit der Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung bekannt war. Hierfür spreche bereits die Begründung seines im Dezember 2009 gestellten Antrages.

40

Es liege auch ein vorsätzlicher Verstoß des Beklagten gegen seine Verpflichtung zur Gesunderhaltung und Wiedergenesung vor. Ein Beamter sei im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu unternehmen, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit zu erreichen. Gegen diese Verpflichtung habe der Beklagte durch seine in einem erheblichen zeitlichen Umfang getätigten Verkaufsaktivitäten verstoßen.

41

Allerdings sei im Rahmen einer Gesamtwürdigung nicht davon auszugehen, dass der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen habe. Es sei nicht zu erwarten, dass der Beklagte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen werde; er habe durch sein Fehlverhalten auch keine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt. Zwar sei erschwerend zu berücksichtigen, dass der Beklagte über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren ohne Genehmigung in erheblichem Umfang gewerblich tätig gewesen sei; zudem sei auch zu berücksichtigen, dass er disziplinarrechtlich vorbelastet sei. Zu seinen Gunsten sei indes die „stetig besser werdende Arbeitsleistung“ des Beklagten in den vergangenen Jahren zu berücksichtigen.

42

Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das Urteil beruhe auf fehlerhafter Rechtsanwendung. Die den Gegenstand des Verfahrens bildenden, dem Urteil zugrunde gelegten Handlungen rechtfertigten nicht die disziplinaren Vorwürfe. Die Verwaltung und insbesondere auch Nutznießung eigenen Vermögens stelle keine Nebentätigkeit dar und sei daher auch genehmigungsfrei. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer auf Gewinn gerichteten gewerbemäßigen Tätigkeit aus; es lasse auch außer Betracht, dass ein gegen ihn geführtes steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingestellt worden sei. Seine das Verfahren einleitende Anzeige einer Nebentätigkeit verstoße nicht gegen die Wahrheitspflicht. Er habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er bei der „im Grunde richtig wiedergegebenen Veräußerung seines Vermögens“ nicht von einer Nebentätigkeit ausgehe. Der Gesetzgeber habe keine Regelung für den zulässigen Umfang und den Zeitaufwand bei der Befassung mit der Verwaltung eigenen Vermögens getroffen. Das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit einem bei Richtigkeit seiner Auffassung zu würdigenden Subsumtionsirrtum seinerseits befasst, sondern zu Unrecht einen vorsätzlichen Verstoß gegen Dienstpflichten unterstellt. Er habe durch „das Befassen mit seinem eBay-Account“ auch nicht seine Gesundheit beeinträchtigt oder seine Genesung gefährdet. Selbst bei Vorliegen eines Dienstvergehens verstoße die ausgesprochene Disziplinarstrafe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend die besondere Wirkung der Gehaltskürzung im Eingangsamt berücksichtigt.

43

Der Beklagte beantragt,

44

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 1. Dezember 2011 die dort erkannte Disziplinarmaßnahme aufzuheben.

45

Die Klägerin hat gegen das Urteil rechtzeitig Anschlussberufung eingelegt. Sie beantragt,

46

die Berufung zurückzuweisen und den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

47

Die Klägerin geht davon aus, dass der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen habe, was zu einem vollständigen Vertrauensverlust geführt habe. Mit seiner auf Dauer angelegten und auf Erzielung des größtmöglichen Gewinns ausgerichteten - ungenehmigten - Nebentätigkeit habe der Beklagte gegen die aus § 54 Satz 1 BG LSA (§ 34 Satz 1 BeamtStG) folgende Pflicht verstoßen, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen und zudem auch die ihm obliegende Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten gemäß § 54 Satz 3 BG LSA (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verletzt. Zudem habe der Beklagte in seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung vom (…) 2009 bewusst verschwiegen, in welchem Umfang er bereits tätig gewesen sei. Dem Beklagten sei die Notwendigkeit der Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung durchaus bekannt gewesen, weshalb er vorsätzlich gehandelt habe. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte über einen Zeitraum von mehr als acht Jahren eine nicht genehmigungsfähige und gewerbliche Nebentätigkeit in erheblichem Umfang auch in Zeiten von Krankheit (fast 400 Tage) ausgeübt habe, sei - auch unter Berücksichtigung, dass der Beklagte bereits disziplinarrechtlich vorbelastet sei - davon auszugehen, dass ein endgültiger Vertrauensverlust gegenüber dem Dienstherrn eingetreten sei. Als angemessene Disziplinarmaßnahme komme daher nur die Entfernung aus dem Dienst in Betracht.

48

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich der Beklagte wie folgt eingelassen:

49

Er habe mit den Verkäufen lediglich sein Vermögen verwaltet, also weder einen Handel noch gar ein Gewerbe betrieben, sondern die Verkaufsgegenstände „privat“ in das Internet gestellt. Hierzu habe er keine Nebentätigkeitsgenehmigung benötigt und deshalb seinen Dienstherrn auch zu keinem Zeitpunkt getäuscht.

50

Zu den Veräußerungen sei es gekommen, weil er Geld benötigt habe: das Wohnhaus sei im Zuge der Überschwemmungen im Jahr 2002 beschädigt worden; dazu seien Kreditverpflichtungen und Unterhaltszahlungen gekommen, für die seine Beamtenbezüge nicht ausgereicht hätten. Daher habe er sich entschlossen, die gesammelten Gegenstände aus seinem Haus über „eBay“ zu verkaufen.

51

Ein großer Zeitaufwand sei mit dem Betreiben des „(E...)“ nicht verbunden gewesen, was auch daran gelegen habe, dass er zunehmend Routine im Einstellen der Artikel und im Versand entwickelt habe.

52

Die Anmeldung seines „shops“ als Gewerbe sei schließlich erfolgt, weil er nicht Probleme mit den „Abmahn-Anwälten“ habe bekommen wollen. Was den Vorwurf der Nebentätigkeit während seiner Erkrankung in den Jahren 2008/2009 betreffe, so hätten seine Aktivitäten seine Genesung nicht beeinträchtigt, sondern eher gefördert.

Entscheidungsgründe

53

Die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil ist zulässig, jedoch unbegründet; demgegenüber ist die von der Klägerin erhobene Anschlussberufung sowohl zulässig als auch begründet.

54

Zur Überzeugung des Senats steht zunächst fest, dass der Beklagte während des Zeitraums von (…) 2002 bis (…) 2010 eine gemäß § 65 BG LSA in der bis zum 1. Februar 2010 maßgeblichen Fassung genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ausgeübt hat, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Genehmigung gewesen zu sein. Der Senat geht zudem davon aus, dass der Beklagte bei wahrheitsgemäßer Angabe über den Umfang seiner An- und Verkaufsaktivitäten über das Verkaufsportal „eBay“ keine Nebentätigkeitsgenehmigung erhalten hätte, weil die Versagungsgründe des § 65 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 6 BG LSA vorgelegen haben. Es wäre nämlich davon auszugehen gewesen, dass die Nebentätigkeit nach Art und Umfang den Beklagten so stark in Anspruch genommen hat, dass die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten behindert werden konnte (Nr.1) und dass vor allem die exzessive Nebentätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich ist (Nr. 6).

55

Entgegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gegebenen Einlassung handelte es sich bei seinen Aktivitäten auch nicht um die bloße Verwaltung eigenen Vermögens, die als solche gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 BG LSA genehmigungsfrei war. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich der Beklagte über nahezu acht Jahre in zunehmendem Umfang in einer Weise wirtschaftlich betätigt hat, die nach Art, Umfang, Dauer, Häufigkeit und Zielrichtung eindeutig als nicht genehmigungsfähige Ausübung eines Zweitberufes anzusehen ist.

56

Der Beklagte hat am (…) 2002 den eBay-Account „(E...) 2002“ eröffnet und allein über dieses Verkaufsportal bis zum Jahr 2010 einen Gesamtumsatz von 125.865,46 Euro erzielt. Er hat zudem in den Jahren 2008/2009 zusätzlich die eBay-Account „(F...)“ und „(G...)“ eröffnet und auch hierüber Verkäufe mit einem Gesamtumsatz von über 4.500,00 Euro getätigt. Insgesamt hat der Beklagte über „eBay“ 22.733 Artikel verkauft, wobei die Zahl der Einstellungen von zu verkaufenden Waren erheblich höher war, wie allein die Zahl der vorgenommenen Einstellungen im Jahr 2008 (12.733 Einstellungen) und im Jahr 2009 (3.942 Einstellungen) zeigt.

57

Zeigt schon die Zahl der vorgenommenen Transaktionen, dass der Beklagte in einem Maße tätig war, welches weit über die Zahl von Verkäufen hinaus geht, welche üblicherweise im Zuge einer Haushaltsauflösung erfolgen, so sprechen insbesondere Folgeumstände für ein gewerbliches, gewinnorientiertes Vorgehen des Beklagten:

58

Bereits die vom Beklagten gewählte Bezeichnung seines Verkaufsportals als „(E...) 2002“ sollte den möglichen Kunden ganz offensichtlich suggerieren, dass sie es mit einem Versender zu tun haben, welcher - als „Kioskbetreiber“ - Zeitschriften in größerem Umfang im Angebot vorhält. Für ein gewerbliches Handeln des Beklagten spricht im Übrigen auch, dass er - wie er selbst eingeräumt hat - seinen Warenbestand fortlaufend durch Einkäufe ergänzte und deshalb nicht lediglich seinen Privatbesitz auflöste.

59

Bezeichnend ist auch die Beschreibung, welche der Beklagte im (…) 2010 selbst seinem „(E...)“ gegeben hat:

60

„In meinem Shop gibt es alles, was es bis 1989 in einem Zeitungskiosk der DDR gab (oder nicht gab): Armeerundschau, Atze, Bummi, Eulenspiegel, Frösi, Fachzeitschriften, Für Dich, GST-Zeitschriften, KFT, Mosaik, M&R, NBI, Technicus, Straßenverkehr, Tageszeitungen, Trommel, URANIA, Wochenpost, AK u. a. ...

61

Hallo ebayer! Ich darf mich kurz vorstellen. Ich (Name siehe Impressum) sammele seit über 30 Jahren alles, das nur annähernd nach DDR riecht und aus Papier ist. Inzwischen habe ich so ziemlich alles komplett, was ich jemals suchte. Dabei haben sich auch einige 100 kg Papier als Doppelt- oder Mehrfachexemplare angesammelt, die ich nun nach und nach zur Versteigerung bringen werde. Leider ist das normale Leben in Deutschland aufgrund der Umsetzung von EU-Richtlinien soweit den Bach herunter gegangen, dass ich mich nunmehr entschloss, hier als gewerblicher Käufer aufzutreten“.

62

Schon daraus ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass der Beklagte sich nicht nur darauf beschränkt hat, die in den Räumlichkeiten des von ihm bewohnten Hauses liegenden Zeitschriften und sonstigen Erinnerungsstücke aus DDR-Zeiten zu veräußern, sondern dass er auch Zukäufe getätigt hat, um etwa Zeitschriftenreihen zu dem Zweck zu komplettieren, sie dann als gewerblicher Verkäufer gewinnbringend verkaufen zu können. So kaufte der Beklagte im (…) 2008 den kompletten Jahrgang 1976 der Zeitschrift Mosaik, im (…) 2008 den kompletten Jahrgang 1978 der Zeitschrift Mosaik B. sowie im (…) 2008 erneut den kompletten Jahrgang 1976 der Zeitschrift Mosaik.

63

Demgegenüber verkaufte der Beklagte mehrfach komplette Sätze von Zeitschriften, allein in den Jahren 2008/2009 mindestens 20 x entweder die komplette, aus 168 bzw. 178 Heften bestehende „Top- Sammlung Mosaik B. 1976 – 1989 bzw. 1990“ . Entsprechendes gilt für die ebenfalls mehr als 20-fache Veräußerung der Zeitschriften- Serie „Mosaik A.“ im Jahr 2009. Es ist kein vernünftiger Grund für die Annahme ersichtlich, dass der Beklagte bzw. dessen Eltern diese Serien im vorbeschriebenen Umfang mehrfach gesammelt haben; vielmehr ist der Senat davon überzeugt, dass sich der Beklagte Doppel-Exemplare beschafft hat, um sie überhaupt gewinnbringend und gewinnmaximierend zu veräußern.

64

Dass die Aktivitäten des Beklagten weit über eine übliche Haushaltsauflösung hinausgingen, zeigt auch der Umstand, dass er von dem Verkaufsportal eBay als „PowerSeller“ geführt worden ist. Die Selbstdarstellung von eBay-Deutschland auf der Internetseite „PowerSeller Portal“: www://eBay.de/services definiert PowerSeller unzweideutig als professionelle gewerbliche Verkäufer, die kontinuierlich ein hohes Handelsvolumen vorweisen können. Um „PowerSeller“ zu werden, müssen Verkäufer im Übrigen bei eBay als gewerbliche Verkäufer angemeldet sein. Verkäufer, die sich für den Status eines „PowerSellers“ qualifizieren möchten, müssen kontinuierlich große Mengen an Artikeln verkaufen und dabei ihren Käufern einen besonders guten Kundenservice bieten.

65

Für den verlangten „besonders guten Kundenservice“, welchen der Beklagte zu bieten hatte, sprechen die professionelle Gestaltung seines „(E...)“, verbunden mit einer bildlichen Darstellung der zum Verkauf anstehenden Artikel, aber auch der professionelle Versand der Artikel. Auf der Homepage „(E...)“ wurde er zudem durch ein Sternchen-Symbol ausdrücklich als „PowerSeller“ bezeichnet, wobei der zusätzliche Hinweis auf eine hohe Zahl der von ihm bereits getätigten Transaktionen den professionellen Verkäufer-Status des Beklagten noch verdeutlichte. Im Übrigen wurde er - wie sich jedenfalls noch aus seinem eBay-Auftritt vom (…) 2010 ergibt - ausdrücklich als „angemeldet als gewerblicher Verkäufer“ bezeichnet.

66

Die Aktivitäten des Beklagten stellen sich danach hinsichtlich Art, Umfang, Dauer, Häufigkeit und Zielrichtung, vor allem auch unter Berücksichtigung der erzielten Jahresumsätze von bis zu ca. 23.800,00 Euro, als Ausübung eines Zweitberufes i. S. eines „zweiten beruflichen Standbeins“ neben seinem Beamtenverhältnis dar. Der Beklagte hat gewerbsmäßig, d. h. mit Regelmäßigkeit und Gewinnerzielungsabsicht gehandelt. Er hat zudem die Aktivitäten wegen der von ihm erkannten guten Verdienstmöglichkeiten im Laufe der Zeit bewusst ausgedehnt, indem er zusätzlich die accounts „(F...)“ und „(G...)“ eingerichtet hat.

67

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass sich der Beklagte als langjährig erfahrener Polizeibeamter darüber im Klaren war, dass er für den von ihm durchgeführten professionellen Handel mit einem Umsatzvolumen, welches einem ganz erheblichen Teil seiner Dienstbezüge entsprach, einer Genehmigung bedurfte. Es ist im Übrigen davon auszugehen, dass dem Beklagten eine beantragte Nebentätigkeitsgenehmigung nicht erteilt worden wäre, wenn er seinen Dienstherrn wahrheitsgemäß über den tatsächlichen Umfang seiner An- und Verkaufsaktivitäten unterrichtet hätte. Dass der Beklagte dies selbst so gesehen hat, ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass er in seinem schließlich am (…) 2009 gestellten Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung wahrheitswidrig angegeben hat, er „beabsichtige“, Teile seiner privaten Sammlung an Ansichtskarten und DDR-Zeitschriften online zu veräußern, und damit bewusst verschwiegen hat, dass er derartige - und darüber hinausgehende - Aktivitäten bereits seit dem Jahr 2002 umfänglich betrieben hat.

68

In der Ausübung von Nebentätigkeiten ohne Einholung der erforderlichen Genehmigung bzw. dem vorsätzlichen Unterlassen eines entsprechenden Antrags liegt ein Verstoß gegen die dem Beklagten aus seinem Beamtenverhältnis obliegende Pflicht gemäß § 54 Satz 3 BG LSA, wonach sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf als Polizeibeamter erfordert und damit ein schuldhaftes Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 BG LSA.

69

Für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten steht wegen der Vielfalt der möglichen Pflichtverstöße grundsätzlich der gesamte disziplinarrechtliche Maßnahmenkatalog zur Verfügung. Es kommt auf Dauer, Häufigkeit und Umfang der Nebentätigkeiten an. Zudem muss berücksichtigt werden, ob der Ausübung der Nebentätigkeiten gesetzliche Versagungsgründe entgegenstehen. Erschwerend wirkt sich aus, wenn ein Beamter ungenehmigte Nebentätigkeiten in Zeiten der Krankschreibung wahrnimmt (so BVerwG, Urt. v. 11. Januar 2007, 1 D 16.05).

70

Welche Disziplinarmaßnahme angemessen ist, richtet sich nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten (§ 13 Abs. 1 Satz 2 und 3 DG LSA). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich nach objektiven Handlungsmerkmalen wie Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzungen, nach den besonderen Umständen der Tatbegehung sowie Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens, darüber nach subjektiven Handlungsmerkmalen wie Form und Gewicht des Verschuldens des Beamten, den Beweggründen für sein Verhalten sowie den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, a. a. O., RdNr. 55).

71

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien ist hier von einem schwerwiegenden Dienstvergehen gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 BG LSA auszugehen. Hierfür sprechen einerseits der ganz erhebliche Umfang der An- und Verkaufsaktivitäten des Beklagten und der dabei erzielte sehr hohe Gesamtumsatz, andererseits das strategische, auf eine Steigerung der Erlöse ausgerichtete Gesamtverhalten des Beklagten und sein offenkundiges Bestreben, Gewinne zu erzielen.

72

Ein besonderes disziplinarisches Gewicht erhält die Ausübung der ungenehmigten und nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit des Beklagten dadurch, dass er mit seinen umfangreichen Aktivitäten während der Jahre 2008 und 2009, mithin während der Zeit, in welcher er an insgesamt nahezu 400 Tagen dienstunfähig erkrankt war, gegen die ihm obliegende Pflicht zur Gesunderhaltung verstoßen hat. Eines konkreten Nachweises, dass die Nebentätigkeit den Gesundheitsprozess konkret behindert oder verzögert hat, bedarf es dabei nicht. Es reicht vielmehr aus, wenn die Nebentätigkeit generell geeignet ist, die alsbaldige und nachhaltige Genesung zu beeinträchtigen (BVerwG, Urt. v. 1. Juni 1999, 1 D 49.97, RdNr. 51 [m. w. N.], ebenso BVerwG, Urt. v. 14. November 2001, 1 D 60.00). Ein Internethandel in dem Umfang, wie ihn der Beklagte in den Jahren 2008 und 2009 - mit mehr als 16.500 Einstellungen von Produkten sowie mehr als 3.400 Verkäufen, die nicht nur den eigentlichen Handel auf der eBay-Plattform, sondern dazu Verpackung, Versand und Abrechnung erforderten, betrieben hat, war ohne Zweifel der Wiederherstellung der Gesundheit und damit der vollen Dienstfähigkeit nicht zuträglich. Der Senat sieht danach davon ab, den Minutenaufwand für jede einzelne Transaktion des Beklagten zu errechnen. Ein Beamter, der in einem besonderen Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn steht, ist im Falle krankheitsbedingter Dienstunfähigkeit gehalten, alles ihm Zumutbare zu tun, um eine rasche Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit herbeizuführen. Dazu gehört, dass er seine Kräfte schont und hier nicht vorzeitig, insbesondere nicht zu Erwerbszwecken, einsetzt. Fühlt er sich bereits imstande, Dienstleistungen auch nur in beschränktem Umfang zu erbringen, so handelt er pflichtwidrig, wenn er sie nicht seinem Dienstherrn anbietet, der ihm das Gehalt weiterzahlt und ihm aus Anlass der Krankheit soziale Vorteile gewährt (BVerwG, a. a. O., RdNr. 54 [m. w. N.]).

73

Danach kommt der vom Beklagten auch während der Zeit seiner Dienstunfähigkeit in nahezu unvermindertem Umfang verbotswidrig durchgeführten, gewerblich ausgerichteten Nebentätigkeit ein ganz erhebliches disziplinarrechtliches Gewicht zu, was bereits für sich genommen durchaus geeignet ist, das Ansehen der Polizei in der Öffentlichkeit erheblich zu beeinträchtigen. Die Bevölkerung hätte keinerlei Verständnis dafür, dass ein Beamter - noch dazu während der Zeit seiner gesundheitsbedingten Dienstunfähigkeit - in einen derartigen Umfang einer nicht genehmigten und auch nicht genehmigungsfähigen Nebentätigkeit nachgeht.

74

Bei der Würdigung des Gesamtverhaltens des Beklagten ist zudem zu berücksichtigen, dass er in seinem Antrag auf Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung vom 11. Dezember 2009 vorsätzlich falsche Angaben gemacht und damit gegen die ihm gem. § 54 Satz 3 BG LSA obliegende Wahrheitspflicht, mithin die Verpflichtung zu vollständigen und richtigen Angaben, bewusst verstoßen hat. Die dem Antrag gegebene Begründung, die weitgehend durch Geschwätzigkeit und Rechthaberei geprägt ist, lässt unschwer die Motivation erkennen, dass es dem Beklagten vorrangig darum ging, seine bisherigen verbotswidrigen Tätigkeiten zu kaschieren. Zwar mag das Gewicht einer Wahrheitspflichtverletzung im Verhältnis zu dem geleugneten Dienstvergehen regelmäßig gering sein (vgl. Hummel/Köhler/Meier, BDG, 4. Aufl., S. 248); indes stellt sich die Erklärung des Beklagten in seiner Antragsbegründung nicht nur als bewusstes Leugnen seiner bisherigen Aktivitäten dar, sondern enthält jedenfalls mit der Angabe, die „beabsichtigte“ Veräußerung von Teilen seiner privaten Sammlung sei nicht gewinnorientiert, eine erneute objektiv falsche Erklärung.

75

Mit seinem im Sinne der Einheitlichkeit des Dienstvergehens zu betrachtenden Gesamtverhalten hat der Beklagte ein schweres Dienstvergehen begangen, wodurch er das Vertrauen nicht nur des Dienstherrn, sondern auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (§ 13 Abs. 2 DG LSA).

76

Im Gegensatz zur Auffassung des Verwaltungsgerichts vermag der Senat nicht davon auszugehen, dass der Beklagte die Gewähr dafür bietet, künftig uneingeschränkt seinen Dienstpflichten nachzukommen. Dass dem Beklagten eine derartige Prognose nicht gestellt werden kann, ergibt sich zum Einen daraus, dass er - wie er nicht zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gezeigt hat - offensichtlich über keinerlei Unrechtseinsicht verfügt, welche eine wesentliche Voraussetzung für ein zukünftiges pflichtgemäßes Verhalten darstellt. Zu Lasten des Beklagten war zum Anderen zu berücksichtigen, dass er bereits wegen eines erheblichen Verstoßes gegen seine Dienstpflichten - verbotene Mitnahme von Waren aus einem verunfallten LKW - disziplinarisch zur Rechenschaft zu ziehen war. Auch in dem diesbezüglichen Disziplinarverfahren vor dem erkennenden Senat (10 L 5/10) war der Kläger - wie der Senat in seinem Beschluss vom 17. Juni 2010 ausdrücklich hervorgehoben hat - in keiner Weise bereit, das Unrecht seines Handelns zu erkennen.

77

Danach ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung des Dienstvergehens des Beklagten und aus seiner Persönlichkeit nur der Schluss, dass der Beklagte auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen wird und dass er zudem durch sein Fehlverhalten eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung des Berufsbeamtentums herbeigeführt hat. Vor allem kann aufgrund seines Gesamtverhaltens nicht die Prognose getroffen werden, er werde künftig auf Dauer Gelegenheiten zur Ausübung ungenehmigter Nebentätigkeiten verstreichen lassen (vgl. zu diesem Kriterium: BVerwG, Urt. v. 11. Januar 2007, a. a. O., RdNr. 64). Unter diesen Umständen ist er als Beamter nicht länger tragbar mit der Folge, dass aufgrund der Schwere des Dienstvergehens die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§§ 10 Abs. 1, 13 Abs. 2 DG LSA) indiziert ist.

78

Der Senat vermag auch keine Umstände zu erkennen, die ausnahmsweise die nach der Schwere der Dienstpflichtverletzungen indizierte Verhängung der Höchstmaßnahme ausschließen lassen könnten. Der Umstand, dass der Beklagte im Dienst gute Leistungen erbracht hat, vermag sein Versagen in den Bereichen, welche nicht unmittelbar zur Dienstausübung gehören, nicht zu kompensieren. Es besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass sich der Beklagte etwa in einer besonderen, dazu unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage befunden hat, welche ihm zudem nur den „Ausweg“ des verbotswidrigen Betreibens eines Internethandels ermöglicht hat. Sein dazu in der Gerichtsverhandlung erster Instanz gegebener pauschaler Hinweis, er habe manchmal am Monatsanfang „nur 50 bis 60 Euro zum Leben“ gehabt, ist schon nicht geeignet, eine derartige, nicht anders lösbare Notsituation darzutun. Es besteht im Übrigen auch kein Grund für die Annahme, dass sich der Beklagte etwa in der Situation einer psychischen Bedrängnis befunden hat, die es ihm verwehrt hätte, sich im Hinblick auf die geplante Veräußerung der „DDR-Sammlung“ bereits im Jahr 2002 vertrauensvoll und mit wahrheitsgemäßen Angaben an seinen Dienstherrn zu wenden und die Frage des Erfordernisses und - vor allem der Möglichkeit - einer Nebentätigkeitsgenehmigung klären zu lassen, anstatt ohne Weiteres einen gewerblichen Handel zu betreiben.

79

Nach dem Bild, welches der Senat im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Beklagten gewonnen hat, besteht bei ihm offensichtlich der sich zunehmend verfestigende Eindruck, als würden seine Leistungen völlig verkannt, was sich schon daran zeige, dass er nach über zwanzigjährigem Dienst in der Polizei immer noch nicht befördert werde. Man dürfe „nicht durch Leistung auffallen“, dann werde man schon etwas. Diese Einstellung verkennt völlig, dass sich der Beklagte den Umstand, dass er bei der nunmehr anstehenden Beförderungsrunde 2012 nicht beteiligt werden kann, letztlich selbst zuzuschreiben hat. Auch seine in der Berufungsverhandlung zum Ausdruck gebrachte Distanz zu Kollegen (“Spießrutenlauf“ in D.) sowie zu Vorgesetzten lässt nicht erkennen, dass sich der Beklagte ernsthaft um eine Wiederherstellung verlorenen Vertrauens bemüht, vor allem nicht, dass er sein Verhalten in Zukunft ändern wird. Dafür spricht bereits seine Ankündigung, auch künftig weiter die Verkaufsplattform bei eBay für die Veräußerung von - offensichtlich noch in großer Anzahl vorhandenen - „DDR-Artikeln“ nutzen zu wollen.

80

Auch sonst sind keine entlastenden Umstände ersichtlich, die für sich genommen oder in einer Gesamtschau eine andere als die ausgesprochene Maßnahme als ausreichend erscheinen ließen.

81

Danach muss es dabei bleiben, dass der Beklagte gemäß §§ 13 Abs. 3, 10 Abs. 1 DG LSA aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist. Die damit verbundenen, insbesondere wirtschaftlichen Konsequenzen hat der Beklagte zu tragen, denn er hat die Ursache für diese Maßnahme mit seinem massivem Fehlverhalten und seiner Uneinsichtigkeit selbst gesetzt.

82

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 72 Abs. 1 und 4 DG LSA, 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.

83

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, denn das Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt lässt in seinem Anwendungsbereich eine Revision gegen Urteile des Oberverwaltungsgerichts in Disziplinarsachen nicht zu (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31. Januar 2012, 2 B 132.11).


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 34 Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und d

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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 17. Juni 2010 - 10 L 5/10

bei uns veröffentlicht am 17.06.2010

Gründe 1 Soweit sich der Kläger in seinem die Antragsbegründung einleitenden Satz ohne Differenzierung auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, der wohl besonderen rechtlichen Schwierigkeiten s
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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 12. Aug. 2016 - 1 M 99/16

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Gründe 1 Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Halle - 5. Kammer - vom 7. Juli 2016, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache

Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 27. Apr. 2016 - 15 B 9/16

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Gründe 1 Der am ...1984 geborene Beamte wendet sich gegen die unter dem 26.11.2015 bzw. 21.12.2015 verfügte vorläufige Dienstenthebung und teilweise Einbehaltung seiner Dienstbezüge. 2 Seit dem 01.01.2009 war der Antragsteller zunächst als Teaml

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 18. Juli 2012 - 8 A 13/11

bei uns veröffentlicht am 18.07.2012

Tatbestand 1 Die bei dem Beklagten beschäftigte Klägerin wendet sich gegen eine Disziplinarverfügung in Form eines Verweises. Zum Zeitpunkt der ihr vorgeworfenen dienstrechtlichen Verfehlung war sie im Rang einer Zollobersekretärin beschäftigt.

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Gründe

1

Soweit sich der Kläger in seinem die Antragsbegründung einleitenden Satz ohne Differenzierung auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, der wohl besonderen rechtlichen Schwierigkeiten sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne §§ 64 Abs. 2 DG LSA, 124a Abs. 4, 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO bezieht, bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, ob der Zulassungsantrag den formellen Anforderungen genügt, die an einen Antrag auf Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht zu stellen sind.

2

Zu den Mindestanforderungen an einen Antrag auf Zulassung der Berufung gehört es, dass jeweils einer der Zulassungsgründe deutlich bezeichnet und außerdem, bezogen auf diesen Zulassungsgrund, erläutert wird, warum die Zulassung geboten ist (OVG LSA in std. Rspr., vgl. B. v. 14.01.2010 - 1 L 4/10 – m.w.N.). Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des über einen Zulassungsantrag entscheidenden Gerichts, anhand der ohne Bezug auf einen spezifischen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO erhobenen Einwendungen gegen die angefochtene Entscheidung von Amts wegen zu prüfen, welchen der im Gesetz bezeichneten Zulassungsgründe die Einwendungen betreffen könnten und ob dieser die Zulassung des Rechtsmittels möglicherweise zu tragen geeignet ist.

3

Allerdings lässt die Antragsbegründungsschrift im Hinblick auf die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO die von Gesetzes wegen gebotene nähere Darlegung vermissen. Dies gilt zunächst in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO :

4

Besondere rechtliche Schwierigkeiten bestehen immer dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerhebliche überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht (vgl. OVG LSA, std. Rspr., etwa B. v. 14.12.2009 - 1 L 83/09). Im Hinblick auf die damit verbundenen Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist es erforderlich, im Einzelnen darzulegen, hinsichtlich welcher Fragen und aus welchen Gründen aus der Sicht des Rechtsschutzsuchen die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist. Es bedarf zudem Darlegungen dazu, dass die aufgeworfenen Fragen für den zu entscheidenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sind. Derartige Darlegungen lässt die Antragsschrift völlig vermissen.

5

Hinsichtlich der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist es geboten, in der Antragsbegründungsschrift eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage zu formulieren und gleichzeitig substantiiert vorzutragen, inwiefern deren Klärung eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (vgl. OVG LSA, std. Rspr., etwa B. v. 05.03.2010 – 1 L 6/10). Der Antragsbegründungsschrift fehlt es schon an der gebotenen Formulierung der allgemein für klärungsbedürftig gehaltenen Frage.

6

Der Senat geht daher - letztlich im Interesse des Klägers - davon aus, dass sich seine weiteren Ausführungen in der Antragsbegründungsschrift ausschließlich auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beziehen, mithin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend gemacht werden sollen. Das so verstandene Vorbringen des Klägers hat indes keinen Erfolg:

7

Soweit der Kläger zunächst vorträgt, die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der beamtenrechtlichen Pflichten zum Wohlverhalten und zur Uneigennützigkeit verschaffe der Beklagten einen „weiten Ermessenspielraum für die nachträgliche Bestimmung von Verboten“, vermag er damit die erstinstanzliche Entscheidung nicht mit Erfolg in Frage zu stellen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, erfordert es das Gebot der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit von Polizeivollzugsbeamten nicht erst seit der Geltung des § 34 Satz 2 BeamtStG, sondern seit jeher, dass diese die ihnen übertragenden Aufgaben uneigennützig wahrzunehmen haben. Uneigennützigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, frei von persönlichen Interessen und Vorteilen, vor allem in finanzieller Hinsicht, zu handeln. Es kann daher keine Rede davon sein, dass es sich bei dem - traditionellen - Verbot für Polizeibeamte, sich an einem Unfallort vorgefundene Gegenstände anzueignen, um eine „nachträgliche Bestimmung von Verboten“ gehandelt haben könnte.

8

Auch das weitere Vorbringen des Klägers, ihm sei jedenfalls keine spezifische Regelung (Erlass oder Weisung) zum Umgang mit als „freigegeben bezeichneter Ware“ bekannt gewesen, vermag die durch das Verwaltungsgericht getroffene Feststellung eines dienstpflichtwidrigen Verhaltens im Sinne eines fahrlässigen Dienstvergehens gem. § 47 Abs. 1 BeamtStG nicht mit Erfolg in Frage zu stellen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht insoweit ausgeführt, dass sich dem Kläger aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung als Polizeibeamter geradezu hätte aufdrängen müssen, dass sich Polizeibeamte an „derart verunfallten Ladegütern“ nicht zum persönlichen Gebrauch bedienen dürfen, gerade weil die im Einzelfall komplizierten und auch rechtlich nicht eindeutig zu beantwortenden Fragen zur Eigentumslage nicht ohne Weiteres zu beantworten seien.

9

Es kann - wie das Verwaltungsgericht insofern zutreffend ausgeführt hat - auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die am Unfallort vorgefundenen Waren von dem Havariekommissar mit der Folge „frei gegeben“ worden sind, dass sie damit als herrenlos im Sinne des § 959 BGB hätten angesehen werden können. Es bestehen bereits Zweifel daran, ob der Havariekommissar überhaupt die Kompetenz hatte, außer der rein versicherungsrechtlichen „Freigabe“ zugleich über die eigentumsrechtliche Position an den Haushaltschemikalien zu verfügen. Jedenfalls widersprach es ganz eindeutig der dem Kläger wie jedem Polizeibeamten obliegenden Dienstpflicht, die von Kollegen „vorgefundenen“ und im Wert von mehreren Hundert Euro, mithin in keineswegs unerheblichen Mengen im Dienst-Pkw mitgenommenen Haushalts-Chemikalien in der Polizei-Garage unter sich aufzuteilen, ohne sich zuvor bei der Dienststellenleitung über die Rechtmäßigkeit dieser Verfahrensweise zu versichern. Dass ein solches, den Vorwurf einer „Heimlichtuerei“ rechtfertigendes Verhalten - entgegen der offensichtlich immer noch vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung - dem beamtenrechtlichen Gebot der uneigennützigen Dienstausübung widerspricht, liegt auf der Hand und bedarf eigentlich keiner weiteren Begründung.

10

Zu dem weiteren Vorbringen des Klägers dahingehend, das Verwaltungsgericht habe ihm zu Unrecht Umstände im Rahmen des Verladens und der Bergung des Havarieguts zur Last gelegt, welche ihm nicht bekannt gewesen seien, ist zu bemerken, dass nach den diesbezüglichen - vom Kläger nicht in Frage gestellten - tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Verwaltungsgerichts davon auszugehen ist, dass der Kläger jedenfalls bei der Verteilung der Haushalts-Chemikalien in der Polizei-Garage durchaus wusste, dass diese aus einem zuvor auf der BAB A 9 verunfallten LKW stammten, mithin sowohl die Herkunft der Chemikalien als auch die Umstände deren Transports in die Polizei-Garage durchaus kannte. Der Kläger vermag danach die vom Verwaltungsgericht vorgenommene rechtliche Würdigung, er habe die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt, nicht mit Erfolg in Frage zu stellen.

11

Soweit der Kläger zu seiner Rechtfertigung schließlich vorbringt, er habe einen Dienstvorgesetzten über die Herkunft der Haushaltsartikel befragt, was ihm keinen Grund gegeben habe, erneut „beim höheren Vorgesetzten zu remonstrieren“, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, der Kläger sei gehalten gewesen, sich etwa im Wege von Aktenvermerken an seine Behördenleitung zu wenden, anstatt sich schlicht auf eine offensichtlich falsche Auskunft des - insoweit auch zur Rechenschaft gezogenen - Dienstvorgesetzten zu „verlassen“.

12

Auch soweit der Kläger schließlich ausführt, dass sein Verhalten nicht zu einem Ansehensverlust der Polizei beigetragen habe, weil es „außerhalb der Öffentlichkeit stattgefunden“ habe, stellt er die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung seines Verhaltens als eines zumindest fahrlässigen Dienstvergehens im Sinne § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG nicht schlüssig in Frage. Denn der Umstand, dass die Verteilung der Haushalts-Chemikalien in der Polizei-Garage als solche außerhalb der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit erfolgte, ist gerade auf die insoweit konspirative Verfahrensweise des Klägers und der anderen beteiligten Polizeibeamten zurückzuführen und vermag das Fehlverhalten des Klägers daher nicht in einem milderen Licht erscheinen zu lassen.

13

Hinsichtlich der Höhe der zu verhängenden Sanktion hat das Verwaltungsgericht – ohne dass der Kläger dem weiter substantiiert entgegengetreten ist - die gegen den Kläger erkannte Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße in Höhe von 150,00 Euro als angemessen und auch notwendig angesehen, um den Kläger an die Einhaltung seiner beamtenrechtlichen Pflichten zu erinnern. Dies erscheint auch nach Auffassung des Senats keinesfalls als überzogen, sondern als durchaus angemessen und notwendig, um den - offensichtlich immer noch nicht einsichtsbereiten - Kläger an die Beachtung seiner Dienstpflichten in Zukunft zu erinnern und im Übrigen auch deutlich zu machen, dass die im Polizeibereich gelegentlich noch anzutreffende Auffassung, man dürfe sich Havarieware einfach „mitnehmen“, nicht zu tolerieren ist und disziplinare Konsequenzen nach sich ziehen kann.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.

15

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 64 Abs. 2 DG LSA i. V. m. §§ 124 Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO).


(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Gründe

1

Soweit sich der Kläger in seinem die Antragsbegründung einleitenden Satz ohne Differenzierung auf die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, der wohl besonderen rechtlichen Schwierigkeiten sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne §§ 64 Abs. 2 DG LSA, 124a Abs. 4, 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO bezieht, bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, ob der Zulassungsantrag den formellen Anforderungen genügt, die an einen Antrag auf Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht zu stellen sind.

2

Zu den Mindestanforderungen an einen Antrag auf Zulassung der Berufung gehört es, dass jeweils einer der Zulassungsgründe deutlich bezeichnet und außerdem, bezogen auf diesen Zulassungsgrund, erläutert wird, warum die Zulassung geboten ist (OVG LSA in std. Rspr., vgl. B. v. 14.01.2010 - 1 L 4/10 – m.w.N.). Es ist grundsätzlich nicht die Aufgabe des über einen Zulassungsantrag entscheidenden Gerichts, anhand der ohne Bezug auf einen spezifischen Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO erhobenen Einwendungen gegen die angefochtene Entscheidung von Amts wegen zu prüfen, welchen der im Gesetz bezeichneten Zulassungsgründe die Einwendungen betreffen könnten und ob dieser die Zulassung des Rechtsmittels möglicherweise zu tragen geeignet ist.

3

Allerdings lässt die Antragsbegründungsschrift im Hinblick auf die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 VwGO die von Gesetzes wegen gebotene nähere Darlegung vermissen. Dies gilt zunächst in Bezug auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO :

4

Besondere rechtliche Schwierigkeiten bestehen immer dann, wenn die Rechtssache wegen einer erheblich über dem Durchschnitt liegenden Komplexität des Verfahrens oder aufgrund der zugrunde liegenden Rechtsmaterie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, also das normale Maß nicht unerhebliche überschreitende Schwierigkeiten verursacht, mithin signifikant vom Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitsachen abweicht (vgl. OVG LSA, std. Rspr., etwa B. v. 14.12.2009 - 1 L 83/09). Im Hinblick auf die damit verbundenen Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist es erforderlich, im Einzelnen darzulegen, hinsichtlich welcher Fragen und aus welchen Gründen aus der Sicht des Rechtsschutzsuchen die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist. Es bedarf zudem Darlegungen dazu, dass die aufgeworfenen Fragen für den zu entscheidenden Rechtsstreit entscheidungserheblich sind. Derartige Darlegungen lässt die Antragsschrift völlig vermissen.

5

Hinsichtlich der Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist es geboten, in der Antragsbegründungsschrift eine konkrete rechtliche oder tatsächliche Frage zu formulieren und gleichzeitig substantiiert vorzutragen, inwiefern deren Klärung eine im Interesse der Rechtssicherheit, Vereinheitlichung oder Fortbildung des Rechts über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt und warum es auf die Klärung der zur Überprüfung gestellten Frage im konkreten Fall entscheidungserheblich ankommt (vgl. OVG LSA, std. Rspr., etwa B. v. 05.03.2010 – 1 L 6/10). Der Antragsbegründungsschrift fehlt es schon an der gebotenen Formulierung der allgemein für klärungsbedürftig gehaltenen Frage.

6

Der Senat geht daher - letztlich im Interesse des Klägers - davon aus, dass sich seine weiteren Ausführungen in der Antragsbegründungsschrift ausschließlich auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beziehen, mithin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung geltend gemacht werden sollen. Das so verstandene Vorbringen des Klägers hat indes keinen Erfolg:

7

Soweit der Kläger zunächst vorträgt, die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung der beamtenrechtlichen Pflichten zum Wohlverhalten und zur Uneigennützigkeit verschaffe der Beklagten einen „weiten Ermessenspielraum für die nachträgliche Bestimmung von Verboten“, vermag er damit die erstinstanzliche Entscheidung nicht mit Erfolg in Frage zu stellen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, erfordert es das Gebot der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit von Polizeivollzugsbeamten nicht erst seit der Geltung des § 34 Satz 2 BeamtStG, sondern seit jeher, dass diese die ihnen übertragenden Aufgaben uneigennützig wahrzunehmen haben. Uneigennützigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, frei von persönlichen Interessen und Vorteilen, vor allem in finanzieller Hinsicht, zu handeln. Es kann daher keine Rede davon sein, dass es sich bei dem - traditionellen - Verbot für Polizeibeamte, sich an einem Unfallort vorgefundene Gegenstände anzueignen, um eine „nachträgliche Bestimmung von Verboten“ gehandelt haben könnte.

8

Auch das weitere Vorbringen des Klägers, ihm sei jedenfalls keine spezifische Regelung (Erlass oder Weisung) zum Umgang mit als „freigegeben bezeichneter Ware“ bekannt gewesen, vermag die durch das Verwaltungsgericht getroffene Feststellung eines dienstpflichtwidrigen Verhaltens im Sinne eines fahrlässigen Dienstvergehens gem. § 47 Abs. 1 BeamtStG nicht mit Erfolg in Frage zu stellen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht insoweit ausgeführt, dass sich dem Kläger aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung als Polizeibeamter geradezu hätte aufdrängen müssen, dass sich Polizeibeamte an „derart verunfallten Ladegütern“ nicht zum persönlichen Gebrauch bedienen dürfen, gerade weil die im Einzelfall komplizierten und auch rechtlich nicht eindeutig zu beantwortenden Fragen zur Eigentumslage nicht ohne Weiteres zu beantworten seien.

9

Es kann - wie das Verwaltungsgericht insofern zutreffend ausgeführt hat - auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die am Unfallort vorgefundenen Waren von dem Havariekommissar mit der Folge „frei gegeben“ worden sind, dass sie damit als herrenlos im Sinne des § 959 BGB hätten angesehen werden können. Es bestehen bereits Zweifel daran, ob der Havariekommissar überhaupt die Kompetenz hatte, außer der rein versicherungsrechtlichen „Freigabe“ zugleich über die eigentumsrechtliche Position an den Haushaltschemikalien zu verfügen. Jedenfalls widersprach es ganz eindeutig der dem Kläger wie jedem Polizeibeamten obliegenden Dienstpflicht, die von Kollegen „vorgefundenen“ und im Wert von mehreren Hundert Euro, mithin in keineswegs unerheblichen Mengen im Dienst-Pkw mitgenommenen Haushalts-Chemikalien in der Polizei-Garage unter sich aufzuteilen, ohne sich zuvor bei der Dienststellenleitung über die Rechtmäßigkeit dieser Verfahrensweise zu versichern. Dass ein solches, den Vorwurf einer „Heimlichtuerei“ rechtfertigendes Verhalten - entgegen der offensichtlich immer noch vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung - dem beamtenrechtlichen Gebot der uneigennützigen Dienstausübung widerspricht, liegt auf der Hand und bedarf eigentlich keiner weiteren Begründung.

10

Zu dem weiteren Vorbringen des Klägers dahingehend, das Verwaltungsgericht habe ihm zu Unrecht Umstände im Rahmen des Verladens und der Bergung des Havarieguts zur Last gelegt, welche ihm nicht bekannt gewesen seien, ist zu bemerken, dass nach den diesbezüglichen - vom Kläger nicht in Frage gestellten - tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Verwaltungsgerichts davon auszugehen ist, dass der Kläger jedenfalls bei der Verteilung der Haushalts-Chemikalien in der Polizei-Garage durchaus wusste, dass diese aus einem zuvor auf der BAB A 9 verunfallten LKW stammten, mithin sowohl die Herkunft der Chemikalien als auch die Umstände deren Transports in die Polizei-Garage durchaus kannte. Der Kläger vermag danach die vom Verwaltungsgericht vorgenommene rechtliche Würdigung, er habe die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt, nicht mit Erfolg in Frage zu stellen.

11

Soweit der Kläger zu seiner Rechtfertigung schließlich vorbringt, er habe einen Dienstvorgesetzten über die Herkunft der Haushaltsartikel befragt, was ihm keinen Grund gegeben habe, erneut „beim höheren Vorgesetzten zu remonstrieren“, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, der Kläger sei gehalten gewesen, sich etwa im Wege von Aktenvermerken an seine Behördenleitung zu wenden, anstatt sich schlicht auf eine offensichtlich falsche Auskunft des - insoweit auch zur Rechenschaft gezogenen - Dienstvorgesetzten zu „verlassen“.

12

Auch soweit der Kläger schließlich ausführt, dass sein Verhalten nicht zu einem Ansehensverlust der Polizei beigetragen habe, weil es „außerhalb der Öffentlichkeit stattgefunden“ habe, stellt er die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung seines Verhaltens als eines zumindest fahrlässigen Dienstvergehens im Sinne § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG nicht schlüssig in Frage. Denn der Umstand, dass die Verteilung der Haushalts-Chemikalien in der Polizei-Garage als solche außerhalb der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit erfolgte, ist gerade auf die insoweit konspirative Verfahrensweise des Klägers und der anderen beteiligten Polizeibeamten zurückzuführen und vermag das Fehlverhalten des Klägers daher nicht in einem milderen Licht erscheinen zu lassen.

13

Hinsichtlich der Höhe der zu verhängenden Sanktion hat das Verwaltungsgericht – ohne dass der Kläger dem weiter substantiiert entgegengetreten ist - die gegen den Kläger erkannte Disziplinarmaßnahme einer Geldbuße in Höhe von 150,00 Euro als angemessen und auch notwendig angesehen, um den Kläger an die Einhaltung seiner beamtenrechtlichen Pflichten zu erinnern. Dies erscheint auch nach Auffassung des Senats keinesfalls als überzogen, sondern als durchaus angemessen und notwendig, um den - offensichtlich immer noch nicht einsichtsbereiten - Kläger an die Beachtung seiner Dienstpflichten in Zukunft zu erinnern und im Übrigen auch deutlich zu machen, dass die im Polizeibereich gelegentlich noch anzutreffende Auffassung, man dürfe sich Havarieware einfach „mitnehmen“, nicht zu tolerieren ist und disziplinare Konsequenzen nach sich ziehen kann.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtsgebührenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.

15

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 64 Abs. 2 DG LSA i. V. m. §§ 124 Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO).