Verwaltungsgericht Köln Urteil, 11. März 2015 - 24 K 535/13
Tenor
Der Duldungsbescheid der Beklagten vom 10. Januar 2013 wird insoweit aufgehoben, als die Klägerin verpflichtet wird, die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von M. , Bl., eingetragene Grundstück (M1. , 51143 L. ) zu dulden.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des jeweiligen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines Duldungsbescheides, mit welchem die Beklagte sie verpflichtet, die Zwangsvollstreckung wegen Gewerbesteuerschulden ihres Ehemannes in Grundstücke, die in ihrem Eigentum stehen, zu dulden.
3Die Klägerin (geboren am 30. Oktober 1967) und Herr I. O. (geboren am 25. Dezember 1966), die seit dem 22. Mai 1998 verheiratet sind, schlossen am 19. Mai 1998 einen notariellen Ehevertrag, mit dem sie den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft sowie den Versorgungsausgleich ausschlossen und Gütertrennung vereinbarten. Zudem verzichteten sie gegenseitig auf Unterhalt für die Zeit nach Rechtskraft der Scheidung, auch für den Fall der Not, mit Ausnahme des Unterhalts wegen Betreuung eines Kindes.
4Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Ehevertrag verwiesen.
5Der Ehemann der Klägerin war als selbstständiger Grundstücks- und Immobilienmakler tätig und erwarb im Rahmen dieser Tätigkeit in der Folgezeit eine Reihe von Grundstücken bzw. Eigentumswohnungen. Er wurde durch die Beklagte ab 1997 regelmäßig zur Gewerbesteuer veranlagt.
6Nach einer Außenprüfung durch das zuständige Finanzamt im Jahr 2008 wurden die Messbeträge für die Gewerbesteuer für die Jahre 2001 bis 2003 mit Bescheiden vom 19. Juni 2008 heraufgesetzt. Dem folgend erhöhte die Beklagte ebenfalls mit Bescheiden vom 19. Juni 2008 die Gewerbesteuerforderungen für die genannten Jahre und setzte Nachforderungszinsen fest. Die Forderungen betrugen insgesamt 20.323,77 €. Da diese (und auch andere) Forderungen nicht beglichen wurden, kündigte die Beklagte dem Ehemann der Klägerin unter dem 24. November 2008 die Zwangsvollstreckung für den 17. Dezember 2008 unter der Adresse M1. , L. , an. Am 16. Dezember 2008 meldete sich der Ehemann der Klägerin per Mail bei der Beklagten und trug vor, dass er die Zahlungen nicht leisten könne. Seine finanziellen Reserven seien derzeit überstrapaziert, da er auch laufende Kosten habe, welche zur Vermeidung von Ärger und zum Fortbestand des Gewerbes bezahlt werden müssten. Er bitte daher, noch bis wenigstens Ende Januar zu warten, da er zu diesem Zeitpunkt wieder liquide sein werde. Am 17. Dezember 2008 suchte die zuständige Vollstreckungsbeamtin die Wohnung im M1. auf, traf aber lediglich die Klägerin an. Nach dem hierzu gefertigten Vermerk verweigerte die Klägerin nach telefonischer Rücksprache mit dem Anwalt und dem Steuerberater sowie ihrem Ehemann die Vollstreckung.
7Am 9. März 2009 schlossen die Eheleute einen notariellen Vertrag ab, der einen Ehevertrag (I), einen Übertragungsvertrag (II), einen Geschäftsanteilsübertragungsvertrag (III) sowie einen Erbvertrag (IV) umfasst. Unter der Überschrift „Vorbemerkungen“ (Buchstabe D) ist unter näherer Darlegung einzelner Gründe festgehalten, dass die Eheleute den seinerzeit geschlossenen Ehevertrag insgesamt für unwirksam/nichtig hielten, mit der Folge, dass für die Ehe von Anfang an unter anderem der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gegolten habe. Die Vereinbarung der Gütertrennung solle nicht - vorsorglich - aufgehoben werden, insbesondere auch nicht für den Fall, dass der Ehevertrag doch wirksam sein solle. Vorsorglich würden jedoch die Vereinbarungen über den Unterhaltsverzicht und der Ausschluss des Versorgungsausgleiches voll inhaltlich aufgehoben.
8Unter Ziffer I des Vertrages schlossen die Klägerin und ihr Ehemann einen Ehevertrag ab, mit welchem sie den gesetzlichen Güterstand für die Ehe aufhoben und für die Zukunft (erneut) Gütertrennung vereinbarten. Vereinbarungen über den Unterhalt und den Versorgungsausgleich trafen sie nicht. Hier sollten weiterhin die gesetzlichen Regelungen gelten.
9„Infolge der Beendigung des bis heute bestehenden Güterstandes der Zugewinngemeinschaft“ übertrug der Ehemann unter Ziffer II des Vertrages zum Ausgleich des Zugewinns der Klägerin unter gleichzeitiger Erklärung der Auflassung Grundbesitz und unter Ziffer III seine Geschäftsanteile an der E. . O. H. , deren alleiniger Gesellschafter er war, mit einem angegebenen Wert von 25.000 €.
10Insgesamt wurde das Eigentum an elf Grundstücken bzw. Eigentumswohnungen übertragen, darunter das Eigentum an dem im Grundbuch M. , Bl. (M1. ) eingetragenen Grundstück, welches mit dem Wohnhaus der Familie bebaut ist. Dieses Grundstück war bzw. ist mit einer Grundschuld in Höhe von 256.000,00 € zu Gunsten der Sparkasse L1. belastet. Der Verkehrswert des Grundstückes wurde in dem Vertrag mit 282.000 € angegeben. Der Ehemann der Klägerin verpflichtete sich zugleich, die noch bestehenden Verbindlichkeiten alleine zu tragen und die Klägerin aus jeglicher Inanspruchnahme durch die Gläubiger freizustellen. Auf eine Absicherung dieses Freistellungsanspruches verzichtete die Klägerin. Die Klägerin wurde am 25. März bzw. 29. April 2009 als Eigentümerin der Grundstücke in das jeweilige Grundbuch eingetragen.
11Am 13. August 2009 setzte die Beklagte gegenüber dem Ehemann der Klägerin Gewerbesteuern für das Jahr 2006, einschließlich Verspätungszuschläge und Zinsen (fällig am 17. September 2009), in Höhe von insgesamt 49.825,00 € fest, nachdem das Finanzamt den Messbetrag wegen Nichtabgabe einer Steuererklärung auf 10.075,00 € geschätzt hatte. Am 23. August 2009 meldete sich der Ehemann der Klägerin in der M2.-------straße in L. mit Hauptwohnsitz an und am 24. August 2009 nach „unbekannt“ wieder ab. In der Folgezeit blieben Ermittlungen nach dem Wohnsitz des Ehemannes ergebnislos, Postsendungen wurden an die Beklagte zurückgesandt mit der Bemerkung „unbekannt verzogen“.
12Nachdem die Beklagte Kenntnis davon erhalten hatte, dass der Ehemann der Klägerin sein Eigentum an verschiedenen Grundstücken auf die Klägerin übertragen hatte, erhob sie im März 2011 gegen die Klägerin vor dem Landgericht L. Klage, mit der sie die Eigentumsübertragung von fünf Grundstücke nach dem Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz - AnfG) anfocht.
13Mit Urteil vom 17. Januar 2012 gab das Landgericht der Klage statt und verurteilte die Klägerin, die Zwangsvollstreckung in diese fünf Grundstücke zu dulden. In den Entscheidungsgründen ließ das Landgericht offen, ob die Übertragung des Grundstückseigentums im Rahmen des vorzeitigen Zugewinnausgleichs als unentgeltlich im Sinne des § 4 AnfG anzusehen sei, da selbst die strengeren Anforderungen des § 3 Abs. 2 AnfG beim Vorliegen einer entgeltlichen Übertragung erfüllt seien. Im Übrigen sei die Beklagte gemäß § 2 AnfG anfechtungsberechtigt, die Übertragung der Grundstücke stelle eine unmittelbare Benachteiligung der Beklagten dar. Der Schuldner habe bei Abschluss des Vertrages und den damit einhergehenden Auflassungen mit der Absicht gehandelt, seine Gläubiger zu benachteiligen. Auch die erforderliche Kenntnis der Klägerin von dieser Gläubigerbenachteiligungsabsicht sei gegeben.
14Auf die Berufung der Klägerin hob das Oberlandesgericht L. mit Urteil vom 7. November 2012 das Urteil des Landgerichtes auf und wies die Klage mit der Begründung als unzulässig ab, dass die Beklagte gemäß § 191 Abs. 1 S. 2 1. HS Abgabenordnung (AO) ihre Ansprüche durch Erlass eines Duldungsbescheides zu verfolgen habe, so dass für eine auf die Vorschriften des Anfechtungsgesetzes gestützte Klage das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehle.
15Daraufhin erließ die Beklagte ohne vorherige Anhörung am 10. Januar 2013 den hier streitgegenständlichen Duldungsbescheid, mit welchem sie die Klägerin verpflichtete, die Zwangsvollstreckung in die folgenden fünf Grundstücke bzw. Immobilien wegen der offenen Gewerbesteuerforderungen gegen den Ehemann der Klägerin für das Jahr 2006 nebst Zinsen, Verspätungs- und Säumniszuschlägen sowie Mahngebühren in Höhe von insgesamt 49.975,00 € zu dulden:
16 Grundbuch M. , Bl. mit Wohnungseigentum
17 Grundbuch M3. , Bl. mit Wohnungseigentum
18 Grundbuch M3. , Bl. mit Wohnungseigentum
19 Grundbuch M3. , Bl. mit Gebäuden
20 Grundbuch M3. , Bl. mit Wohnungseigentum.
21Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Klägerin habe die Zwangsvollstreckung gemäß § 191 AO i.V.m. §§ 1 und 4 AnfG zu dulden. Vollstreckungsversuche gegen Herrn I. O. seien nicht möglich, da dessen aktueller Aufenthaltsort weiterhin unbekannt sei. Herr O. habe mit notariellem Vertrag vom 9. März 2009 das Eigentum an den Grundstücken in nach § 4 AnfG anfechtbarer Weise an die Klägerin übertragen. Hierdurch sei die Beklagte als Gläubigerin benachteiligt worden. Auf die Ausführungen im Urteil des Landgerichtes vom 17. April 2012 werde Bezug genommen. Im Übrigen habe der Notar bei Beurkundung des Ehevertrages darauf hingewiesen, dass er nichts darüber aussagen könne, ob der ursprüngliche Ehevertrag wegen Nichtigkeit von Anfang an unwirksam gewesen sei, und ausführlich über die Anfechtungsvorschriften informiert, insbesondere auch über die Anfechtbarkeit von unentgeltlichen Zuwendungen. Zudem habe er explizit darauf hingewiesen, dass es sich um eine unentgeltliche Zuwendung handele, wenn der von dem Beteiligten bereits geschlossene Ehevertrag und die dort vereinbarte Gütertrennung entgegen der Ansicht der Beteiligten wirksam seien.
22Gegen diesen Duldungsbescheid hat die Klägerin am 31. Januar 2013 Klage erhoben.
23Mit Schreiben vom 7. März 2013 hat die Beklagte der Klägerin nachträglich Gelegenheit gegeben, sich zu den den Erlass des Duldungsbescheides betreffenden entscheidungsrelevanten Tatsachen zu äußern. Die Übertragung der im Duldungsbescheid aufgeführten Grundstücke sei in anfechtbarer Weise nach § 4 AnfG erfolgt. Nach Ablauf der Anhörungsfrist hat sie gegenüber der Klägerin unter dem 17. April 2013 mitgeteilt, an dem angefochtenen Bescheid festzuhalten.
24Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, der Beklagten stehe ein Anfechtungsrecht hinsichtlich der Eigentumsübertragung an den Grundstücken nicht zu. Hinsichtlich des im Grundbuch M. , Bl. (M1. ) eingetragenen Grundstückes, liege bereits keine objektive Gläubigerbenachteiligung vor, da dieses bzw. die Immobilie wertausschöpfend belastet gewesen sei. Bei einem angenommenen Verkehrswert von 282.000 € sei das Grundstück mit einem Grundpfandrecht in Höhe von 220.000 € belastet gewesen. Zwar habe der Ehemann der Klägerin vertraglich zugesagt, die auf dem Grundstück lastenden Verbindlichkeiten zu tilgen. Diese Zusage habe er auch anfänglich eingehalten, im Jahr 2010 habe er jedoch nicht mehr gezahlt, so dass die Klägerin aus ihren eigenen Mitteln die Darlehen bedient habe. Durch die Zahlungen des Ehemannes über ein Jahr nach Übertragung der Immobilie sei das Grundstück aber nicht werthaltiger geworden, weil der in der Zwangsversteigerung des Grundstücks erzielbare Erlös die vorrangigen Belastungen und Kosten der Zwangsversteigerung nicht überstiegen hätte.
25Zudem seien die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AnfG nicht erfüllt. Die Eigentumsübertragung der Grundstücke durch notariellen Vertrag vom 9. März 2009 stelle keine unentgeltliche Vermögensübertragung dar, da diese zum Ausgleich der Zugewinnforderung der Klägerin übertragen worden seien. Entgegen der Auffassung der Beklagten, welche die Beweispflicht für die Unentgeltlichkeit der Übertragung trage, sei der ursprüngliche Ehevertrag vom 19. Mai 1998 nichtig gewesen. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Ehevertrages schwanger gewesen. Weitere Kinder seien geplant gewesen, die die Klägerin betreuen und in dieser Zeit nicht erwerbstätig sein sollte. Zwar habe die Klägerin seit 1993 einen Abschluss als Diplom-Agraringenieurin, sie habe sich jedoch mangels unbefristeter Arbeitsstellen mit Zeitverträgen über Wasser gehalten. Aufgrund dieser schlechten Berufsaussichten habe sie seinerzeit bewusst die Entscheidung getroffen, eine Familie zu gründen und während der Betreuung der Kinder nicht erwerbstätig zu sein. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sie nur geringe Altersanwartschaften erworben und seit 1994 in eine private Lebensversicherung eingezahlt. Grundstücke oder Immobilien habe sie nicht besessen. Auch Erbschaften seien nicht zu erwarten und der Erwerb von Rentenanwartschaften für die Zukunft nicht geplant gewesen, so dass der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleiches in Verbindung mit der Gütertrennung unbillig gewesen und die Klägerin einseitig benachteiligt habe. Zudem habe vor Abschluss des Ehevertrages seinerzeit keine vorherige gemeinsame Besprechung mit dem Notar und keine Prüfung des Vertragstextes durch einen Rechtsanwalt oder andere Berater zu Gunsten der Klägerin stattgefunden. Der Vertrag sei von ihrem Ehemann montags in Auftrag gegeben und zwei Tage später unterzeichnet worden. Der Vertragstext sei im Schnellverfahren heruntergelesen worden, Schriftwechsel mit dem Notar sei ausschließlich über den Ehemann erfolgt.
26Bei Unterzeichnung des Vertrages habe die Klägerin außerdem in einer Stress- und Drucksituation gestanden, da ihr Arbeitgeber ihr im Februar 1998 fristlos und zum Sommer 1998 fristgebunden gekündigt habe wegen eines angeblichen Diebstahls von 9,60 €. Die Klägerin sei deshalb psychisch belastet und seit Februar 1998 bis einschließlich Oktober 1998 krankgeschrieben gewesen. Schließlich habe die Klägerin den Inhalt des Vertrages sowie dessen Bedeutung und Tragweite nicht verstanden. Dieser sei allein auf ausdrücklichen Wunsch des Ehemannes zustande gekommen, der eigentlich nicht habe heiraten wollen, sich aufgrund der bestehenden Schwangerschaft der Klägerin aber doch darauf eingelassen und im Gegenzug den Abschluss des Ehevertrages verlangt habe, da er selbstständig gewesen sei und sein Vermögen habe schützen wollen. Der Klägerin seien die erheblichen Nachteile, die ihr durch den Ehevertrag entstanden seien, nicht bewusst gewesen. Sie habe lediglich abgesichert sein wollen, falls der Ehemann mit seiner Firma Schiffbruch erleide. Die Tatsache, dass der Ehevertrag ausschließlich zu ihren Lasten gehe, sei der Klägerin nicht bekannt gewesen.
27Mithin habe die Klägerin bei Abschluss des Vertrages im März 2009 nicht im Güterstand der Gütertrennung, sondern der Zugewinngemeinschaft gelebt, so dass ihr bei Vereinbarung der Gütertrennung für die Zukunft ein Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns aus der Ehezeit bis zum Abschluss des neuen Ehevertrages zugestanden habe. Dieser sei durch die Eigentumsübertragungen auch angemessen erfüllt worden. Bereits bei überschlägiger Berechnung des Zugewinns des Ehemannes ergebe sich am Tag der notariellen Vereinbarung des neuen Ehevertrages ein Vermögen in Höhe von 608.600 €. Da zum Zeitpunkt der Eheschließung weder die Klägerin noch deren Ehemann Vermögen besessen hätten, liege der sich ergebende Ausgleichsanspruch bei 304.300 € und somit weit über dem Wert der übertragenen Gegenstände.
28Ebenso wenig seien die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 3 Abs. 1 AnfG gegeben.
29Die Klägerin beantragt,
30den Duldungsbescheid der Beklagten vom 10. Januar 2013 aufzuheben.
31Die Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Sie tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und trägt vor, die Klägerin habe die Zwangsvollstreckung in die im angefochtenen Bescheid bezeichneten Grundstücke nach § 4 AnfG zu dulden. Durch die Übertragung des Eigentums auf die Klägerin sei die Beklagte als Gläubigerin unmittelbar benachteiligt worden, da sich ihre Vollstreckungsmöglichkeiten insgesamt verschlechtert hätten.
34Soweit die Klägerin vorbringe, im Hinblick auf das Grundstück M1. fehle es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung, werde sie aufgefordert, ihre Angaben zu belegen, insbesondere zur Valutierung der Grundschuld vorzutragen. Zudem habe sich ihr Ehemann verpflichtet, das Darlehen zu begleichen. Zweifel an der wertausschöpfenden Belastung des Grundstückes ergäben sich auch daraus, dass es dem Ausgleich eines vermeintlichen Zugewinnausgleichsanspruches habe dienen sollen.
35Darüber hinaus sei die Übertragung der Grundstücke unentgeltlich erfolgt, da der ursprüngliche Ehevertrag, mit dem Gütertrennung vereinbart worden sei, nicht unwirksam gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ergebe sich nicht allein aus einer Schwangerschaft bei Abschluss eines Ehevertrages eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung der Gütertrennung. Hinzukommen müsse, dass die Abrede bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheine, wobei zu differenzieren sei, inwieweit in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingegriffen werde. Aus dem Vortrag der Klägerin ergebe sich das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht, zumal die Absicherung des laufenden Unterhaltsbedarfs in der Regel für wichtiger erachtet werde als die Regelung des Zugewinnausgleiches. Im Übrigen könne ein Ausgleichsanspruch nur bejaht werden, wenn der Ehemann der Klägerin einen entsprechenden Zugewinn gehabt habe. Die Vermögenssituation des Ehemannes sei zum damaligen Zeitpunkt jedoch desolat gewesen, denn die Beklagte habe seit dem Jahr 2006 Zwangsverfahren gegen den Ehemann betrieben und zahlreiche erfolglose Vollstreckungsversuche durchgeführt. Vor dem Hintergrund, dass die Eheleute wiederum den Güterstand der Gütertrennung vereinbart hätten, dränge sich außerdem der Eindruck auf, dass die neuen Vereinbarungen dazu gedient hätten, die Grundstücke dem Zugriff der Gläubiger, unter anderem der Beklagten, zu entziehen.
36Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen für eine Anfechtung der Grundstücksübertragungen gemäß § 3 Abs. 1 AnfG erfüllt.
37In der mündlichen Verhandlung ist die Klägerin zu den Umständen des Zustandekommens der Eheverträge vom 19. Mai 1998 und 9. März 2009 informatorisch angehört worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.
38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (fünf Ordner) sowie die beigezogenen Gerichtsakten des Landgerichtes L. verwiesen.
39E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
40Die zulässige Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 Verwaltungsgericht-sordnung - VwGO) hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
41Der Duldungsbescheid der Beklagten vom 10. Januar 2013 ist rechtswidrig, soweit die Klägerin verpflichtet wird, die Zwangvollstreckung in das im Grunduch von M. , Blatt, eingetragene Grundstück zu dulden. Im Übrigen ist er rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
42Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 2 Variante 2 Abgabenordnung (AO) - der wie alle im Folgenden in Bezug genommenen Regelungen der Abgabenordnung gemäß § 1 Abs. 2 AO für die Gewerbesteuer als Realsteuer entsprechend gilt, da ihre Festsetzung und Erhebung in Nordrhein-Westfalen nach § 1 des Gesetzes über die Zuständigkeit für die Festsetzung und Erhebung der Realsteuern vom 16. Dezember 1981 (GV. NW. 1981 S. 732) den hebeberechtigten Gemeinden übertragen worden ist - kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden. Eine gesetzliche Duldungspflicht kann sich - worauf die Beklagte vorliegend allein abstellt - auch aus dem Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz- AnfG) ergeben.
43I) Der auf § 4 AuslG gestützte angefochtene Duldungsbescheid ist formell rechtmäßig.
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1. Die Beklagte hat zunächst gegen ihre sich aus § 91 Abs. 1 AO ergebende Pflicht, einem Beteiligten vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der - wie hier der Duldungsbescheid - in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, verstoßen.
Obgleich § 91 AO nicht wie § 28 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) als Muss-, sondern als Sollvorschrift formuliert ist, ist nach allgemeiner Ansicht das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Gewährung rechtlichen Gehörs im steuerlichen Verwaltungsverfahren kein geringeres als im allgemeinen Verwaltungsverfahren. Die Sollvorschrift verpflichtet zur Anhörung im Regelfall, so dass hiervon nur in atypischen (Einzelfall)Konstellationen abgewichen werden kann,
47vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg, Urteil vom 26. November 2012 - 9 LB 51/12 -, juris, Rnr. 25; Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. Januar 2011 - 9 K 9091/10 -, juris, Rnr. 59; Seer, in: Tipke/Kruse, AO, Bd. I, Stand: November 2014, § 91 AO, Rnr. 2; Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Bd. IV, Stand: Dezember 2014, § 91 Rnr. 44.
48Eine solcher Ausnahmefall war entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb gegeben, weil sie gegenüber der Klägerin in dem vorangegangenen zivilrechtlichen Verfahren vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht materielle Anfechtungsgründe geltend gemacht hat. Denn der Erlass eines Duldungsbescheides steht im Ermessen des Steuergläubigers, so dass die Anhörung nicht nur der Ermittlung der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme als Duldungspflichtiger dient, sondern auch der für die ordnungsgemäße Ausübung des Ermessens wesentlichen (z.B. wirtschaftlichen und persönlichen) Umstände, vgl. § 5 AO.
49Die Beklagte konnte ferner nicht gemäß § 91 Abs. 2 AO von einer Anhörung absehen. Insbesondere lag kein Fall des § 91 Abs. 2 Nr. 2 AO vor, wonach von der Anhörung abgesehen werden kann, wenn die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde. Denn, wie auch in den Verwaltungsvorgängen unter dem 10. Januar 2013 vermerkt ist, endete die Frist für die Anfechtung von unentgeltlichen Verfügungen gemäß § 4 Abs. 1 AnfG ausgehend vom Abschluss des Übertragungsvertrages am 9. März 2009 am 9. März 2013, so dass für eine Anhörung der Klägerin genügend Zeit verblieb.
50Weiterhin ist der Verstoß gegen die Anhörungspflicht nicht gemäß § 127 AO unbeachtlich, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 125 AO nichtig ist, u.a. nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.
51Da der Erlass eines Duldungsbescheides im Ermessen der Steuerbehörde liegt, kann die Feststellung, dass eine andere Entscheidung in der Sache nicht hätte getroffen werden können, nur dann erfolgen, wenn der Ermessenspielraum der Behörde im Einzelfall so stark eingeschränkt ist, dass nur eine einzige Entscheidung materiell rechtmäßig ist (Ermessensreduzierung auf Null),
52OVG NRW, Beschluss vom 25. Januar 2012 - 14 B 1507/11 -, juris, Rnr. 6; Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 20. Juni 1990 - I R 157/87 -, juris, Rnr. 14; Rozek, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Bd. II, Stand: Dezember 2014, § 127, Rnr. 40.
53Dies ist bezogen auf eine unterbliebene Anhörung nur der Fall, wenn von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise feststeht, dass die Sachentscheidung auch bei ordnungsgemäßer Anhörung nicht anders ausgefallen wäre,
54OVG NRW, Urteil vom 9. September 2010 - 6 A 100/10 - juris, Rnr. 57; Beschluss vom 27. März 2012 - 6 B 1362/11 -, juris, Rnr. 22, zu § 46 VwVfG NRW.
55Dass ein solcher Fall hier gegeben wäre, hat die Beklagte nicht vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich.
56Der Verstoß gegen die Anhörungspflicht ist jedoch bezogen auf den mit dem Duldungsbescheid geltend gemachten Anfechtungsgrund des § 4 AnfG gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 1 AO unbeachtlich, weil die Beklagte die Anhörung insoweit in einer (noch) den Anforderungen des § 91 Abs. 1 AO genügenden Art und Weise nachgeholt hat. Sie hat der Klägerin mit Schreiben vom 7. März 2013 mitgeteilt, dass die Übertragung der im Duldungsbescheid genannten Grundstücke in anfechtbarer Weise nach § 4 AnfG erfolgt sei und ihr Gelegenheit gegeben, sich bis zum 8. April 2013 „zu den entscheidungsrelevanten Tatsachen zu äußern“. Nach Ablauf der Frist hat sie der Klägerin, welche keine Stellungnahme abgegeben hat, mit Schreiben vom 17. April 2013 mitgeteilt, dass sie an dem angefochtenen Bescheid festhalte.
57Soweit die Beklagte im Verlauf des Gerichtsverfahrens schriftsätzlich vorgetragen hat, sie stütze sich für die Inanspruchnahme der Klägerin auch auf § 3 Abs. 1 AnfG, mangelt es diesbezüglich ebenfalls an einer Anhörung, welche wie bereits ausgeführt nicht nach § 127 AO unbeachtlich ist. Dieser Verstoß ist indes nicht gemäß § 126 Abs. 1 Nr. 3 AO geheilt worden. Das Schreiben der Beklagten vom 7. März 2013 bezieht sich - wie auch der Duldungsbescheid - ausdrücklich nur auf den Anfechtungsgrund des § 4 AnfG und damit auf die Frage, ob eine unentgeltliche Leistung vorliegt. § 3 Abs. 1 AnfG, der einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sowie Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon und damit gänzlich andere Tatsachengrundlagen voraussetzt, wird weder ausdrücklich noch sinngemäß genannt. Unbeschadet der Frage, ob eine Anhörung überhaupt durch einen an das Gericht gerichteten Schriftsatz nachgeholt werden kann, lässt auch dieser nicht erkennen, welche Tatsachen die Beklagte in Bezug auf § 3 Abs. 1 AnfG ihrer Entscheidung zu Grunde legt. Ebenso wenig ergibt sich daraus, dass der Klägerin die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wird und die Beklagte eventuelle Einwendungen der Klägerin zum Anlass nehmen würde, ihre Entscheidung noch einmal zu überprüfen.
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2. Der Bescheid ist hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 AO).
Er genügt den Anforderungen, welche nach der Rechtsprechung des Bundes-verwaltungsgerichts an die Bestimmtheit von Duldungsbescheiden, mit denen eine zivilrechtliche Anfechtungsklage ersetzt wird, zu stellen sind,
61Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 18. April 1997 - 8 C 43/95 -, juris, Rn. 34 ff.
62Die zu befriedigende Forderung - die mit Bescheid vom 13. August 2009 gegen den Ehemann der Klägerin festgesetzten Gewerbesteuerforderungen für das Jahr 2006 nebst Verspätungszuschlag, Zinsen, Säumniszuschlägen und Mahngebühr in Höhe von insgesamt 49.975,00 € - ist nach Art, Betrag, Erhebungszeitraum und Schuldner individualisiert. Ebenso ist der betroffene Vermögensgegenstand - die in dem Bescheid genau bezeichneten Grundstücke - sowie die Art und Weise der Rückgewährung- Duldung der Zwangsvollstreckung - genannt. Schließlich ist der Anfechtungsgrund bzw. der Anfechtungstatbestand ausreichend bezeichnet. Der Duldungsbescheid der Beklagten benennt § 4 Abs. 1 AnfG als Anfechtungstatbestand, auf den die Duldungspflicht der Klägerin gestützt wird und legt dar, aus welchen Gründen von einer unentgeltlichen Leistung des Schuldners ausgegangen wird.
63II) Materiell ist der Duldungsbescheid hingegen rechtswidrig, soweit die Klägerin verpflichtet wird, die Zwangsvollstreckung in das im Grundbuch von M. , Blatt , eingetragene Grundstück (M1. , L. ) zu dulden (siehe unten 2a). Im Übrigen ist er rechtmäßig.
64Gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 Variante 2 AO kann derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung vorliegen. Nachdem die Beklagte in formell rechtmäßiger Weise allein den Tatbestand des § 4 AnfG herangezogen hat, ist insoweit auch allein dieser Anfechtungstatbestand in den Blick zu nehmen.
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1. Voraussetzung ist zunächst, dass der zugrundeliegende Steueranspruch durch Bescheid festgesetzt, fällig und vollstreckbar ist,
vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1987 - 8 C 25/85 -, juris, Rn. 22.
68Dies ist hier der Fall. Die dem Duldungsbescheid zu Grunde liegenden Forderungen- Gewerbesteuer für das Jahr 2006 sowie Verspätungszuschlag - wurden gegenüber dem Steuerschuldner mit Bescheid vom 13. August 2009 festgesetzt und sind seit dem 17. September 2009 fällig. Die geltend gemachten Säumniszuschläge entstehen gemäß § 240 AO unmittelbar kraft Gesetzes, werden mit ihrer Entstehung fällig und bedürfen keiner Festsetzung (§ 218 Abs. 1 AO). Gleiches gilt für die Mahngebühren (vgl. § 20 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen – VwVG NRW). Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeit der Forderungen hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich.
692. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG muss dem Gläubiger (hier: der Beklagten) zur Verfügung gestellt werden, was durch anfechtbare Rechtshandlungen aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde (hier: die Übertragung des Eigentums des Ehemannes an den im Duldungsbescheid näher bezeichneten Grundstücken), soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Der Anfechtungsgegner, der den Vermögensgegenstand erlangt hat (hier: die Klägerin), ist verpflichtet, die Zwangsvollstreckung in den Gegenstand zu dulden. Er muss sich so behandeln lassen, als gehöre der weggegebene Gegenstand noch zum Vermögen des Schuldners,
70vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1997 - 8 C 43/95 -, juris, Rn. 33.
71Angefochten werden können gemäß § 1 Abs. 1 AnfG alle Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen. Die Gläubigerbenachteiligung muss objektiv gegeben sein. Erforderlich ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der angefochtenen Rechtshandlung und der Benachteiligung des anfechtenden Gläubigers dergestalt, dass die Befriedigungsmöglichkeit des Gläubigers ohne die Rechtshandlung günstiger wäre (unmittelbare Gläubigerbenachteiligung). Vorausgesetzt wird nicht, dass der Anfechtende schon im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung Gläubiger des Schuldners war,
72vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 9. Dezember 1999 - IX ZR 102/97 -, juris, Rn. 21; Kirchhof (Hrsg.), Münchener Kommentar, Anfechtungsgesetz, 2012 (MünchKommAnfG), § 1, Rn. 92; Huber, Anfechtungsgesetz, 10. Auflage 2006, § 1, Rn. 33, 45.
73Vorliegend bezieht sich die Anfechtung der Beklagten auf die Übertragung des Eigentums des Schuldners an fünf Grundstücken bzw. Immobilien an die Klägerin mit notariellem Übertragungsvertrag vom 9. März 2009. Das Vorliegen einer Benachteiligung der Beklagten ist für jede Eigentumsübertragung bzw. hinsichtlich der einzelnen Grundstücke zu prüfen, wobei die Beklagte als Anfechtende (und nicht die Klägerin) die Darlegungs- und Beweislast trägt,
74MünchKommAnfG, a.a.O., § 1, Rn. 178 m.w.N.
75Durch die Übertragung des Eigentums an Grundstücken werden diese der Vollstreckung durch den Gläubiger entzogen, so dass grundsätzlich eine unmittelbare Benachteiligung des Gläubigers vorliegt. Die Eigentumsübertragung von belasteten Grundstücken stellt jedoch nur dann eine Benachteiligung dar, wenn der in der Zwangsvollstreckung erzielbare Wert des Grundstückes die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens übersteigt. Nicht abzustellen ist dagegen auf den objektiven Verkehrswert, weil die Gläubiger keinen Anspruch auf den bei einer freihändigen Veräußerung zu erzielenden Verkehrswert haben, sondern lediglich auf Auskehrung des bei der Versteigerung erzielten Erlöses, abzüglich der vorrangigen Belastungen und der Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens,
76vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - IX ZR 276/02 -, juris, Rn. 7, Beschluss vom 21. Februar 2013 - IX ZR 219/12 -, juris, Rn. 3 ff; m.w.N.; FG Münster, Urteil vom 6. Juni 2014 - 14 K 687/10 AO -, juris, Rn. 36; MünchKommAnfG, a.a.O., § 1, Rn. 104 m.w.N.
77Ist das Grundstück mit einer Grundschuld belastet, kommt es darauf an, in welcher Höhe die zugrunde liegende Schuld noch besteht,
78vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 - IX ZR 276/02 -, juris, Rn. 7 m.w.N.
79Maßgeblich für diese Frage ist bei mehraktigen Rechtsgeschäften gem. § 8 Abs. 1 AnfG der Zeitpunkt, in dem die Rechtswirkung des Rechtsgeschäfts eintritt, bei Grundstücksübertragungen mithin der Zeitpunkt der Eintragung des Anfechtungsgegners im Grundbuch. Allerdings kann gem. § 8 Abs. 2 AnfG ein früherer Zeitpunkt erheblich sein, wenn zwar die Eintragung noch nicht erfolgt ist, aber die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden des Rechtsgeschäfts erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ob diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen, kann dahingestellt bleiben, denn es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Wert des Grundstücks zwischen der Eigentumsübertragung am 9. März 2009 bzw. der Stellung des Antrags auf Auflassung und der am 29. April 2009 erfolgten Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch geändert hat.
80a) Ausgehend hiervon kann hinsichtlich des im Grundbuch von M. , Blatt, eingetragenen Grundstückes eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht festgestellt werden.
81Laut Vertrag vom 9. März 2009 betrug der Verkehrswert des Grundstückes zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung auf die Klägerin 282.000 €. Diese Angaben hat die Beklagte nicht bzw. nicht substantiiert bestritten. Aus dem Grundbuchauszug für dieses Grundstück ergibt sich, dass dieses seit dem 3. Mai 2002 mit einer Grundschuld in Höhe von 256.000 € zu Gunsten der Sparkasse C. (jetzt: Sparkasse L1. ) belastet ist. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen und durch die Vorlage entsprechender Kontoauszüge belegt, dass die diesbezüglichen Darlehensforderungen am 1. Januar 2009 noch 216.440,46 € und am 31. Dezember 2009 noch 210.467,23 € betrugen. Ausgehend von dem angegebenen Verkehrswert und der niedrigeren Forderungshöhe im Dezember 2009 hätte die Beklagte bei einer Zwangsversteigerung im Jahre 2009 nur eine (wenigstens teilweise) Befriedigung ihrer Forderungen erreicht, wenn mit einem Versteigerungserlös von über 210.467,23 € zuzüglich der Kosten der Zwangsvollstreckung zu rechnen gewesen wäre. Auch hierzu fehlen substantiierte Darlegungen der Beklagten, der es gemäß § 88 Abs. 1 AO oblegen hätte, diese Faktoren vor Erlass des Duldungsbescheides im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln (insbesondere durch Hinzuziehung von Sachverständigen, § 92 Satz 2 Nr. 2 AO) aufzuklären. Dieser Darlegung hätte es auch deshalb bedurft, weil bei einer Zwangsversteigerung gemäß § 74a Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) der Zuschlag nicht verwehrt werden kann, wenn das Meistgebot sieben Zehntel des (angegebenen) Grundstückswertes - vorliegend 197.400 € -, einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehenbleibenden Rechte, beträgt. Dieser Erlös würde nicht einmal ausreichen, um die vorrangigen Darlehensforderungen der Sparkasse L1. zu befriedigen.
82Soweit die Beklagte meint, einer wertausschöpfenden Belastung des Grundstückes stehe bereits entgegen, dass die Eigentumsübertragung dem Ausgleich des vermeintlichen Zugewinnausgleichsanspruches der Klägerin habe dienen sollen, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar vorgetragen, dass sie das Eigentum an diesem Grundstück bzw. Haus unabhängig von den bestehenden Belastungen habe erhalten wollen, weil es sich um das Wohnhaus der Familie handele.
83Eine andere Bewertung des Grundstückes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Ehemann der Klägerin sich in dem Vertrag vom 9. März 2009 verpflichtet hat, die der Grundschuld zu Grunde liegenden Darlehnsverbindlichkeiten bis zum 31. Mai 2012 zu tilgen. Denn die wertausschöpfende Belastung eines Grundstückes wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Schuldner sich verpflichtet hat, das Darlehen weiter zurückzuführen. Diese Leistungen können lediglich eine weitere, unentgeltliche Zuwendung darstellen, die selbst wieder der Anfechtung unterliegt,
84vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2007 – IX ZR 16/06 -, juris, Rn. 12 ff.
85Nach alledem hat die Beklagte, die diesbezüglich die Darlegungs- und Beweislast trägt, nicht nachgewiesen, dass die Übereignung des im Grundbuch M. , Blatt eingetragenen Grundbesitzes zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat.
86b) Bezüglich der vier weiteren hier streitgegenständlichen Grundstücke bzw. Miteigentumsanteile liegt hingegen eine objektive Gläubigerbenachteiligung vor. Diese waren - wie sich aus den Angaben unter der Überschrift „Vorbemerkungen“, Buchstabe A) des Vertrages vom 9. März 2009 ergibt und zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist - zum hier maßgeblichen Zeitpunkt lastenfrei (Grundbesitz Grundbuch M3. , Blatt, und) bzw. lediglich mit einer den Wert der Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigenden Grunddienstbarkeit belastet (Grundbesitz Grundbuch M3. , Blatt Mitbenutzungsrecht an den Zentralheizungsanlagen).
87Es ist zudem nicht ersichtlich, dass eine Gläubigerbenachteiligung deshalb zu verneinen wäre, weil nach der Übertragung des Grundbesitzes noch genügend Vermögen beim Ehemann der Klägerin verblieben ist. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ihr Ehemann habe auch nach der Eigentumsübertragung eines Teils seines Grundbesitzes an sie noch eigene Grundstücke besessen, ergibt sich hieraus bereits mangels konkreter Angaben zu den Grundstücken keine andere Bewertung. Der Grundbesitz, der nach der Aufstellung der Klägerin im anwaltlichen Schriftsatz vom 15. Oktober 2014 im Eigentum ihres Ehemannes stand und nicht mit Vertrag vom 9. März 2009 an sie übereignet wurde, war - soweit sich hierzu in den Verwaltungsvorgängen Unterlagen befinden - zum Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides bereits verkauft (M1. ) oder mit Grundschulden und Zwangssicherungshypotheken anderer Gläubiger in solcher Höhe belastet (I1.---------straße , M2.-------straße , Q. -C1. -Straße und N. -X. -Straße), dass nicht von einer vollständigen Befriedigung der Beklagten im Falle einer Zwangsversteigerung ausgegangen werden konnte. Bezüglich des Grundbesitzes „L. , C2.------straße, WE“ hat die Klägerin lediglich angegeben, der Verkehrswert habe am 9. März 2009 108.500,00 € betragen, ohne darzulegen, ob und in welcher Höhe dieser Grundbesitz belastet war bzw. zur vollständigen Befriedigung der Beklagten zur Verfügung gestanden hätte. Weitere Anhaltspunkte, aus denen sich Zweifel am Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung ergeben könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
883. Hinsichtlich der verbliebenen vier Grundstücke und Miteigentumsanteile sind desweiteren die allgemeinen Anfechtungsvoraussetzungen des § 2 AnfG erfüllt.
89Danach ist jeder Gläubiger, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, zur Anfechtung berechtigt, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte verfügt mit dem Gewerbesteuerbescheid vom 13. August 2009 über einen vollstreckbaren öffentlich-rechtlichen (Geld-)Titel gegenüber dem Ehemann der Klägerin. Für die Säumniszuschläge und die Mahngebühren bedarf es - wie bereits dargelegt - keiner Festsetzung. Dies gilt auch im Rahmen einer Anfechtung,
90vgl. Huber a.a.O., § 2 Rn. 17; MünchKommAnfG, a.a.O., § 2, Rn. 25.
91Überdies ist anzunehmen, dass eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Ehemannes der Klägerin nicht zu einem Erfolg führen würde, wobei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides abzustellen ist. Der Ehemann der Klägerin hat sich- wie sich aus der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Auskunft aus dem Melderegister ergibt - bereits am 23. August 2009 und damit vor Fälligkeit der dem Duldungsbescheid zu Grunde liegenden Forderungen (17. September 2009) in der M2.-------straße in L. -E1. mit Hauptwohnsitz an und am 24. August 2009 von dort wieder nach „unbekannt“ abgemeldet. Eine Vollstreckungsankündigung unter dieser Adresse gelangte mit dem Vermerk „unbekannt verzogen“ in den Postrücklauf. Bereits aus diesem Grunde war es unwahrscheinlich,
92vgl. zu diesem Maßstab: MünchKommAnfG, a.a.O. § 2 Rn. 70,
93dass es der Beklagten hätte gelingen können, in Vermögenswerte des Schuldners zu vollstrecken,
94vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - IX ZR 226/94 - juris, Rn. 33 zu dem Fall des „Untertauchens“ des Schuldners.
954. Darüber hinaus sind hinsichtlich der verbliebenen vier Grundstücke die Voraussetzungen des Anfechtungsgrundes des § 4 Abs. 1 AnfG gegeben. Nach dieser Vorschrift sind unentgeltliche Leistungen eines Schuldners anfechtbar, es sei denn, sie sind früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden. Letzteres ist nicht Fall. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Duldungsbescheides am 10. Januar 2013 (vgl. § 191 Abs. 1 Satz 2, 2 Halbsatz AO i.V.m. § 7 Abs. 1 AnfG) waren seit der Eigentumsübertragung des Grundbesitzes an die Klägerin bzw. ihrer Eintragung als Eigentümerin in die Grundbücher am 25. März und 29. April 2009 noch keine vier Jahre vergangen,
96vgl. zur Fristberechnung im Einzelnen: Huber, a.a.O. § 7 Rn. 30 f.
97Entgegen der Auffassung der Klägerin erfolgte die Eigentumsübertragung unentgeltlich i.S.d. § 4 Abs. 1 AnfG.
98Dies ist der Fall, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass der Empfänger eine ausreichende Gegenleistung an den Verfügenden erbringt. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem objektiven Sachverhalt, subjektive Vorstellungen und Absichten des Schuldners sind nicht maßgeblich,
99vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1993 - IX ZR 96/92 -, juris, Rn. 38 und Urteil vom 21. Oktober 2014 - XI ZR 210/13 - juris, Rn. 16 m.w.N.
100Die Klägerin macht geltend, ihr habe zum Zeitpunkt der Übertragung des Grundbesitzes an sie gegenüber ihrem Ehemann ein Anspruch auf Zugewinnausgleich i.S.d. § 1378 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zugestanden, da die zwischen ihr und ihrem Ehemann mit Ehevertrag vom 19. Mai 1998 vereinbarte Gütertrennung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig und damit unwirksam gewesen sei. Folglich habe sie mit ihrem Ehemann bis zum Zeitpunkt des Abschlusses des neuen Ehevertrages im Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) gelebt. Da sie mit ihrem Ehemann am 9. März 2009 zugleich für die Zukunft den Güterstand der Gütertrennung vereinbart habe, habe ihr zu diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns aus der Ehezeit bis zum Abschluss des neuen Vertrages zugestanden.
101Zuwendungen, die zur Erfüllung einer rechtwirksamen Verbindlichkeit erfolgen, worunter auch die Erfüllung eines gemäß § 1378 Abs. 1 BGB bestehenden Zugewinnausgleichsanspruches fällt, sind zwar grundsätzlich entgeltlich,
102vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2014, a.a.O.
103Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin aber zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragungen keinen Anspruch auf den eherechtlichen Zugewinnausgleich, weil die in § 1 des Ehevertrages vom 19. Mai 1998 vereinbarte Gütertrennung zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages, ex ante betrachtet, wirksam war.
104Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung lässt sich nicht allgemein und für alle denkbaren Fälle abschließend beantworten, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung, durch welche Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse oder ihre Vermögensangelegenheiten für den Scheidungsfall abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln, gemäß § 138 BGB unwirksam ist. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen, der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens. Dabei ist davon auszugehen, dass die gesetzlichen Regelungen über Zugewinn, nachehelichen Unterhalt und Versorgungsausgleich grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten unterliegen; einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kennt das geltende Recht nicht. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf jedoch nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Dies ist der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei umso schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten umso genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Im Übrigen wird man eine Rangabstufung vornehmen können, die sich vor allem danach bemisst, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage haben,
105BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02 -, juris, Rn. 34 ff., Urteil vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 -, juris, Rn. 15 ff., Urteil vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 -, juris, Rn. 16.
106Hierbei ist der Zugewinnausgleich einer ehevertraglichen Disposition am weitesten zugänglich. Das Eheverständnis erfordert keine bestimmte Zuordnung des Vermögenserwerbs in der Ehe. Die eheliche Lebensgemeinschaft war und ist - auch als gleichberechtigte Partnerschaft von Mann und Frau - nicht notwendig auch eine Vermögensgemeinschaft. Zwar sieht der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft eine gleiche Teilhabe der Ehegatten am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen vor. Dem liegt die typisierende Vorstellung zugrunde, dass die Ehegatten in ökonomisch gleichwertiger Weise zur Vermögensbildung beitragen. Diese - nur fiktive - Gleichwertigkeit hindert die Ehegatten jedoch nicht, durch Modifizierung oder Abwahl des Regelgüter-standes ihre interne Vermögensordnung einvernehmlich an die individuellen Verhältnisse ihrer konkret beabsichtigten oder gelebten Eheform anzupassen und dabei auch eigene ökonomische Bewertungen an die Stelle der gesetzlichen Typisierung zu setzen. Grob unbillige Versorgungsdefizite, die sich aus den für den Scheidungsfall getroffenen Absprachen der Ehegatten ergeben, sind vorrangig im Unterhaltsrecht - weil bedarfsorientiert - und allenfalls hilfsweise durch Korrektur der von den Ehegatten gewählten Vermögensordnung zu kompensieren,
107BGH, Urteil vom 11. Februar 2004, a.a.O.
108Im Hinblick auf diese nachrangige Bedeutung des Zugewinnausgleiches im System des Scheidungsfolgenrechts ist dessen Ausschluss insbesondere regelmäßig dann nicht sittenwidrig, wenn ein Vertragspartner selbstständig tätig ist und seine Altersvorsorge nicht durch die Bildung von Vorsorgevermögen (§ 1587 BGB, § 2 Gesetz über den Versorgungsausgleich - VersAusglG), sondern im Wesentlichen durch die Ansammlung privaten Vermögens aufbaut. Dies gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses absehbar gewesen ist, dass sich der andere Ehegatte ganz oder teilweise aus dem Erwerbsleben zurückziehen wird und diesem deshalb eine vorhersehbar nicht kompensierte Lücke in der Altersversorgung verbleibt. Auch in diesem Fall ist ein überwiegendes legitimes Interesse des erwerbstätigen Ehegatten anerkannt, das Vermögen seines selbstständigen Erwerbsbetriebes durch die Vereinbarung der Gütertrennung einem möglicherweise existenzbedrohenden Zugriff seines Ehegatten im Scheidungsfall zu entziehen und damit nicht nur für sich, sondern auch für die Familie die Lebensgrundlage zu erhalten,
109BGH, Urteil vom 21. November 2012, a.a.O. m.w.N.
110Ausgehend hiervon stellt der mit Ehevertrag vom 19. Mai 1998 erfolgte Ausschluss des Güterstandes des Zugewinnausgleiches durch Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung keinen Verstoß gegen die guten Sitten i.S.d. § 138 Abs. 1 BGB dar. Es bestand ein legitimes Interesse des Ehemannes an der Vereinbarung der Gütertrennung, der - wie sich aus den in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen abgehefteten Gewerbesteuerbescheiden ab dem Veranlagungsjahr 1997 ergibt - zum Zeitpunkt der Eheschließung bereits selbstständig tätig war. Es ist nicht vorgetragen und nicht ersichtlich, dass dieser eine im Wege des Versorgungsausgleiches nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 1587 Abs. 1 Satz 1 BGB zu teilende private Alters- oder Invaliditätsvorsorge durch Abschluss einer privaten Versicherung bilden wollte, so dass davon auszugehen ist, dass er auf die Bildung anderweitigen Vermögens angewiesen war. Überdies diente der Ausschluss des Zugewinnausgleiches nach dem Vortrag der Klägerin, sie habe durch den Abschluss des Ehevertrages abgesichert sein wollen, falls ihr Ehemann mit der Firma Schiffbruch erleiden sollte, insbesondere auch ihren Interessen.
111Eine Nichtigkeit des Ausschlusses des Zugewinnausgleiches ergibt sich ferner nicht daraus, dass sich der Ehevertrag im Rahmen einer Gesamtwürdigung als insgesamt sittenwidrig erweist, weil zugleich der Versorgungsausgleich sowie Unterhaltsansprüche ausgeschlossen worden sind.
112Eine Ehevertrag kann auch, wenn einzelne Regelungen für sich betrachtet wirksam sind, insgesamt wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn das Zusammenwirken aller in dem Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Belastung eines Ehegatten abzielt,
113vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 - XII ZR 6/07 -, juris, Rnr. 20 f., Urteil vom 31. Oktober 2012 - XII ZR 129/10 -, juris, Rn. 22 und Urteil vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 -, juris, Rn. 38.
114Da der Ehemann der Klägerin selbstständig war, ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass der Ausschluss des Versorgungausgleiches die Klägerin einseitig benachteiligt hat. Hierdurch wurde verhindert, dass diese im Falle einer Scheidung ihre - wenn auch bis zu diesem Zeitpunkt nach ihren Angaben nur geringfügig bestehenden - Rentenansprüche mit dem Kläger hätte teilen müssen,
115vgl. Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Beschluss vom 31. Oktober 2014- 20 UF 7/14 -, juris Rn. 29 ff., wonach gerade die Vereinbarung einer Gütertrennung bei Aufrechterhaltung des Versorgungsausgleichs eine einseitige Lastenverteilung zum Nachteil des nicht selbstständigen Ehepartners und deshalb unwirksam sein kann.
116Dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrages beabsichtigt war, dass die Klägerin niemals wieder berufstätig sein sollte, ist nicht vorgetragen. Vielmehr hat die Klägerin lediglich ausgeführt, es sei geplant gewesen, dass sie während der Betreuung der gemeinsamen Kinder nicht berufstätig sein sollte.
117Soweit die Klägerin in § 2 des Vertrages erklärt hat, sie verzichte auf Unterhalt, könnte dieser Verzicht zwar unwirksam sein, weil hierdurch die Ansprüche auf Alters- und Krankheitsunterhalt (§ 1571 und § 1572 BGB), denen das Gesetz als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Bedeutung beimisst, ausgeschlossen wurden. Dem steht jedoch entgegen, dass weder der zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechtes gehörende Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) noch der Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB) ausgeschlossen wurde. Dem ebenso ausgeschlossenen Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 BGB) kommt eher nachrangige Bedeutung zu,
118vgl. BGH, Urteil vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02 -, juris, Rn. 34 ff. und Urteil vom 20. Mai 2005 - XII ZR 296/01 -, juris, Rn. 38 ff.
119Dies kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben, denn selbst wenn der Ausschluss des Versorgungsausgleiches und/oder der Verzicht auf Unterhalt unwirksam wären und sich hieraus eine einseitige Benachteiligung der Klägerin ableiten ließe, führte dies nur dann zu einer Unwirksamkeit aller Regelungen - mithin auch des hier entscheidungserheblichen, nicht unwirksamen Ausschluss des Zugewinnausgleiches -, wenn die Annahme gerechtfertigt wäre, dass sich in dem unausgewogenen Vertragsinhalt eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz des Ehemannes der Klägerin und damit eine Störung der subjektiven Vertragsparität widerspiegelt. Eine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit lässt sich bei familienrechtlichen Verträgen nicht aufstellen. Ein unausgewogener Vertragsinhalt mag zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition des belasteten Ehegatten sein. Gleichwohl wird das Verdikt der Sittenwidrigkeit in der Regel nicht gerechtfertigt sein, wenn sonst außerhalb der Vertragsurkunde keine verstärkenden Umstände zu erkennen sind, die auf eine subjektive Imparität, insbesondere infolge der Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit, hindeuten könnten,
120vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2014 - XII ZB 303/13 -, juris, Rn. 39, Urteil vom 31. Oktober 2012, a.a.O. Rn. 22; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31. Oktober 2014 a.a.O., Rn. 40.
121Eine solche subjektive bzw. soziale Imparität lag zur Überzeugung des erkennenden Gerichtes bei Abschluss des Ehevertrages am 19. Mai 1998 indes nicht vor.
122Die Klägerin war ihrem Ehemann bei Abschluss des Ehevertrages weder intellektuell noch sozial oder wirtschaftlich unterlegen. Sie war zu diesem Zeitpunkt 30 Jahre alt, hatte erfolgreich ein Hochschulstudium absolviert und war nach ihren eigenen Angaben bereits zehn Jahre - zum Teil als Diplom-Agraringenieurin - berufstätig, zuletzt als Geschäftsführerin in einen X1. - und H1. . Nach dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung verdiente jeder der Eheleute vor der Eheschließung sein eigenes Geld, hatte sein eigenes Konto und entschied eigenständig über seine Ausgaben. Weder die Klägerin noch ihr Ehemann hatten bis zur Eheschließung nennenswertes Vermögen erwirtschaftet.
123Soweit die Klägerin darauf verweist, dass sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages bereits schwanger gewesen sei und ihr Ehemann einer Heirat nur unter der Bedingung zugestimmt habe, dass sie einen Ehevertrag unterschreibe, indiziert dieser Umstand zwar eine ungleiche Verhandlungsposition,
124vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 - XII ZR 6/07 -, juris, Rn. 23 m.w.N.
125Angesichts der dargestellten Gesamtlage kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Sachverhalt für sich genommen eine so erhebliche Zwangslage darstellte, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, die Bedeutung und die Tragweite des Ehevertrages zu erkennen und ggf. Einfluss auf dessen Inhalt zu nehmen. Selbst wenn man die Ausführungen der Klägerin, sie habe keinen Vertragsentwurf erhalten, erst zwei Tage vorher von dem Notartermin erfahren und habe keine Möglichkeit gehabt, bei dem Notar, der den Ehevertrag „heruntergelesen“ habe, Fragen zu stellen, (ungeachtet der zeitlichen Ungenauigkeiten) als wahr unterstellt, ist nicht glaubhaft, dass die Klägerin, die ein Hochschulstudium absolviert und vor Abschluss des Ehevertrages mehrere Jahre (zuletzt als Geschäftsführerin) berufstätig war, nicht in der Lage gewesen sein soll, die wesentlichen Grundzüge der Vereinbarung zu erfassen. Er steht ferner im Widerspruch zu den schriftsätzlichen Ausführungen des Prozessbevollmächtigten, die Klägerin habe sich (lediglich) absichern wollen, falls ihr Ehemann mit seiner Firma Schiffbruch erleide. Gleiches gilt für ihren Vortrag, sie sei aufgrund der von ihrem damaligen Arbeitgeber zunächst befristet, dann unbefristet ausgesprochenen Kündigung psychisch stark belastet gewesen. Dies überzeugt bereits deshalb nicht, weil die Klägerin nach ihrem Vortrag ohnehin beabsichtigte, nach der Geburt des Kindes nicht weiter zu arbeiten. Zudem hat die Klägerin der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf ihre psychische Verfassung bei Abschluss des Ehevertrages keine besondere Bedeutung beigemessen, sondern stattdessen ausgeführt, am selben Tag sei ihr Onkel verstorben.
126Das erkennende Gericht ist aufgrund der Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und des persönlichen Eindrucks, den es bei der intensiven Befragung von der Klägerin gewonnen hat, der Überzeugung, dass die Klägerin nicht Opfer eines Ungleichgewichtes an Erfahrung oder Intellekt war, sondern ihrem Ehemann aus freien Stücken die Gestaltung des Ehevertrages überlassen und die im Falle des Scheiterns der Ehe bestehenden wirtschaftlichen Risiken in Kauf genommen bzw. darauf vertraut hat, dass sich diese nicht realisieren. Die Klägerin hat (auch) in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sie sich bewusst dafür entschieden habe, eine Familie zu gründen und zumindest während der Betreuung der gemeinsamen Kinder nicht berufstätig zu sein, während ihr Ehemann das Geld verdienen und das gemeinsame Leben finanzieren sollte. Sie habe sich seinerzeit über ihre Zukunft keine Gedanken gemacht. Zudem sei für sie wesentlich gewesen, dass ihr Mann für die Kinder aufkomme und es diesen an nichts fehle. Sie habe immer gewusst, dass sie sich Arbeit suchen könne.
127Wer aber bewusst darauf verzichtet, bei Abschluss eines Ehevertrages seine Interessen zu wahren, kann nicht erwarten, dass dieses Versäumnis durch das Verdikt des § 138 Abs. 1 BGB behoben wird,
128vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 31. Oktober 2014, a.a.O. Rn. 53.
129Selbst wenn der Ausschluss des Versorgungsausgleiches und/oder des Unterhaltsverzichtes gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig wäre, hätte dies schließlich eine Unwirksamkeit des Ausschlusses des Zugewinnausgleiches auch nicht gemäß § 139 BGB zur Folge. Danach ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Hiergegen spricht vorliegend, dass in dem Ehevertrag vom 19. Mai 1998 dieser Aspekt bedacht und vereinbart wurde, in diesem Falle der unwirksamen Bestimmung eine dem Vertragszweck entsprechende wirksame Fassung zu geben (§ 6 des Vertrages),
130vgl. für den Fall einer salvatorischen Klausel: BGH, Urteil vom 21. November 2012 - XII ZR 48/11 -, juris, Rn. 30 f.; vorgehend: OLG Frankfurt, Urteil vom 18. April 2011 - 6 UF 225/09 -, juris, Rn. 18.
131III) Unabhängig davon, dass die seinerzeitige Vereinbarung der Gütertrennung nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist, wäre die Klägerin gehindert, sich gegenüber der Beklagten darauf zu berufen, dass sie zum Zeitpunkt der Eigentumsübertragung des Grundbesitzes einen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns hatte, da sie diesen in rechtmissbräuchlicher Weise hat entstehen lassen.
132Nach § 1378 Abs. 3 BGB entsteht im Falle der Zugewinngemeinschaft die Ausgleichsforderung erst mit Beendigung des Güterstandes. Diese tritt zum einen ein, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden wird. Zum anderen kann der gesetzliche Güterstand aber auch dadurch beendet und der Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns zum Entstehen gebracht werden, dass die Eheleute während der Ehe für die Zukunft den Güterstand der Gütertrennung vereinbaren. Wegen des im Güterrecht geltenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit (§ 1408 BGB) ist es den Ehegatten unbenommen, den vereinbarten Güterstand auch während der Ehe jederzeit aufzuheben oder zu ändern,
133vgl. FG L. , Urteil vom 4. Juni 2002 - 9 K 5053/98 -, juris, Rn. 62.
134Diese Vertragsfreiheit endet indes an den auch sonst geltenden Grenzen für rechtsgeschäftliches Handeln,
135Brudermüller in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Aufl. 2015,§ 1408, Rn. 15,
136und muss sich folglich auch an dem Grundsatz von Treu und Glauben messen lassen, der als allgemeiner Rechtsgedanke auch im Verwaltungsrecht gilt. Er wird aus § 242 BGB abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Im Öffentlichen Recht spielt vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle, die dann gegeben ist, wenn eine atypische Situation vorliegt, die die Geltendmachung eines an sich vorgesehenen Rechtes als missbräuchlich erscheinen lässt. Dabei ist für den Rechtsmissbrauch die Herbeiführung eines grob unbilligen Ergebnisses typisch. Eine unzulässige Rechtsausübung kann insbesondere gegeben sein, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines (vertraglichen oder gesetzlichen) Anspruchs in missbilligenswerter Weise begründet worden sind. Der Anwendungsfall, dass in einer manipulativen Schaffung von Anspruchsvoraussetzungen der Grund für die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung liegt, findet einen gesetzlichen Ausdruck in § 162 Abs. 2 BGB und ist in der Rechtsprechung anerkannt,
137vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 - 5 C 22/11 , juris, Rn. 25 f.
138So liegt der Fall hier, denn zur Überzeugung des Gerichtes haben die Klägerin und ihr Ehemann durch die erneute Vereinbarung der Gütertrennung mit Ehevertrag am 9. März 2009 und die zeitgleich erfolgten Vermögensübertragungen bewusst den vermeintlichen Anspruch auf Zugewinnausgleich zu diesem Zeitpunkt zum Entstehen gebracht und durchgeführt, um das noch vorhandene Vermögen des Ehemannes dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen.
139Hierfür sprechen bereits die tatsächlichen Umstände im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages und der zeitliche Ablauf der Geschehnisse.
140Wie sich aus dem Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergibt, geriet der Ehemann der Klägerin 2008 in Zahlungsschwierigkeiten. Nachdem er zunächst für die Jahre 1997 bis 2004 entweder gar nicht oder nur geringfügig zur Gewerbesteuer veranlagt wurde, erhöhte das zuständige Finanzamt nach einer Außenprüfung im Jahr 2008 die Messbeträge für die Jahre 2001 bis 2003 (Bescheide vom 19. Juni 2008). Dementsprechend erhöhte die Beklagte mit Bescheiden vom 19. Juni 2008 die Gewerbesteuerforderungen gegen den Ehemann der Klägerin und setzte zugleich Nachforderungszinsen fest. Insgesamt beliefen sich die am 23. Juli 2008 fälligen Forderungen der Beklagten auf über 20.000,00 €. Zudem waren bereits im Oktober 2008 Zwangssicherungshypotheken für das Land O1. -X2. , Finanzamt L. -Q1. , in Höhe von über 34.000,00 € auf Grundstücken des Ehemannes der Klägerin eingetragen (Grundbuch E1. , Blatt, M2.-------straße , Grundbuch F. , Blatt, H2. N1.---pfad und Grundbuch F. , Blatt, Q. -C1. -Straße).
141Da die Forderungen der Beklagten nicht beglichen wurden, kündigte sie mit Schreiben vom 24. November 2008 dem Ehemann der Klägerin die Vollstreckung für den 17. Dezember 2008 an. Dieser teilte der Beklagten mit Mail vom 16. Dezember 2008 mit, ihm sei die Zahlung der Forderungen nicht möglich.
142Diese Zahlungsschwierigkeiten können der Klägerin jedenfalls dem Grunde nach schon deshalb nicht verborgen geblieben sein, weil die Beklagte am 17. Dezember 2008 den angekündigten Vollstreckungsversuch in der Wohnung der Klägerin durchführte. Nach dem von der Vollstreckungsbeamtin hierzu verfassten Bericht war (nur) die Klägerin anwesend. Diese nahm telefonisch Kontakt mit einem Steuerberater sowie einem Rechtsanwalt und ihrem Ehemann auf und verweigerte die Vollstreckung. Eine Begleichung der Forderung erfolgte erst am 20. März 2009 und zwar durch die Klägerin.
143Der Abschluss des neuen Ehevertrages und die Übertragung des Grundeigentums erfolgten im engen zeitlichen Zusammenhang mit diesen Geschehnissen. Wie sich aus dem Ehevertrag vom 9. März 2009 ergibt, lag bereits am 19. Januar 2009 der Entwurf dieses Vertrages vor und am 5. Februar 2009 fand eine Vorbesprechung statt. Mit Abschluss des Ehevertrages wurde zugleich der vermeintliche Anspruch der Klägerin auf Zugewinnausgleich erfüllt, ohne dass dieser entsprechend den hierfür geltenden gesetzlichen Regelungen, ggf. mit Hilfe eines Rechtsanwaltes oder sonstiger diesbezüglich rechtskundiger Personen, berechnet wurde. Zur Erfüllung des angeblichen Zugewinnausgleichsanspruches übertrug der Ehemann der Klägerin nicht nur das Eigentum an elf Grundstücken, sondern auch seine Anteile an der E. . O. H. , deren alleiniger Gesellschafter er war. Diese wird nunmehr von der Klägerin als alleiniger Gesellschafterin und Geschäftsführerin geführt, während ihr Ehemann geschäftlich nicht mehr in Erscheinung tritt. Dieser ist vielmehr - wie bereits dargelegt - untergetaucht, nachdem die Beklagte gegenüber dem Kläger weitere Gewerbesteuerforderungen einschließlich Verspätungszuschlag und Nachforderungszinsen in Höhe von über 49.000,00 € festgesetzt hatte, und ist bis heute nicht erreichbar.
144Soweit die Klägerin vorträgt, sie selbst habe 2009 die Initiative für den Abschluss des neuen Ehevertrages ergriffen, ohne dass sie von den finanziellen Schwierigkeiten ihres Mannes Kenntnis gehabt habe, handelt es sich um eine Schutzbehauptung. Ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung zu den Umständen und Motiven, die zum Abschluss des Vertrages zu diesem Zeitpunkt geführt haben sollen, waren insgesamt unplausibel und unglaubhaft. So hat sie auf Nachfrage des Gerichtes ausgeführt, sie habe den ursprünglichen Ehevertrag bereits im Jahre 2006 prüfen lassen, nachdem ihr Ehemann sie nach der Geburt des zweiten Kindes betrogen habe. Unabhängig davon, dass der zweite Sohn der Klägerin bereits im Jahre 2001 geboren wurde, ist nicht nachvollziehbar, wieso sie, nachdem sie die Auskunft erhalten hatte, dass der Ehevertrag insgesamt für sie nachteilig und unwirksam sei, weitere drei Jahre gewartet hat, um dann 2009 ohne erkennbaren äußeren Anlass die Initiative für die Korrektur des Ehevertrages zu ergreifen. Dies gilt umso mehr, als sie ausgeführt hat, sie habe sich und die Kinder für die Zukunft absichern wollen, falls ihre Ehe scheitern würde. Vor diesem Hintergrund ist ebenfalls unverständlich, dass sie die Ausgestaltung des Vertrages nach ihren Angaben vollständig ihrem Ehemann überlassen hat, ohne dass der Inhalt abgesprochen wurde.
145Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht nachvollziehbar darlegen konnte, warum der zugleich mit dem Abschluss des neuen Ehevertrages nach dem Willen der Vertragsparteien entstandene Zugewinnausgleich noch am gleichen Tag durch die Übertragung des Eigentums an dem Grundbesitz und den Gesellschaftanteilen des Ehemannes an der E. . O. H. , deren alleinige Geschäftsführerin sie nach eigenen Angaben seit dem 20. Juni 2010 ist, durchgeführt wurde, ohne dass dieser zuvor ordnungsgemäß berechnet worden war. Dies gilt umso mehr, als eine weitere Teilhabe an dem nach ihrem Vortrag erheblichen Vermögen ihres Mannes durch die erneute Vereinbarung der Gütertrennung ausgeschlossen wurde. Ihre Aussage, sie habe nur eine Absicherung gewollt und die Vereinbarung habe ihr gereicht, überzeugt nicht.
146Das Gericht vermag der selbstsicher und in geschäftlichen Dingen organisiert auftretenden Klägerin ferner nicht abzunehmen, dass sie erneut einen Ehevertrag abgeschlossen hat, ohne sich zuvor mit den darin getroffenen Regelungen auseinander zu setzen, weil ihr Ehemann - wie sie sinngemäß erläutert hat - dies nicht zugelassen hätte. Dies ist schon deshalb nicht plausibel, weil ihr Ehemann ohne entsprechende Absprache mit oder Vorgaben durch die Klägerin keinen Anlass gehabt hätte, ihr zusätzlich zu dem Grundbesitz gleichzeitig die Geschäftsanteile an der E. . O. H. zu übertragen, obwohl nach ihren eigenen Angaben die Geschäfte ihres Mannes nicht „ihre Welt“ gewesen waren und ihr auch die Geschäftspartner nicht „gepasst haben“. Im Übrigen steht dieser Vortrag im Widerspruch zu ihrer Aussage, sie habe das Eigentum an dem Grundstück „M1. “ erhalten wollen, weil dies das Wohnhaus der Familie sei und sie den Darlehnsvertrag, welcher der auf dem Grundstück lastenden Grundschuld zu Grund liege, mit unterschrieben habe. Im Hinblick auf dieses wesentliche Interesse ist es nicht nachvollziehbar, dass sich die Klägerin die vereinbarte Ablösung des Darlehens ausdrücklich nicht absichern ließ. Ferner hat sie in Bezug auf die übrigen ihr übertragenen Grundstücke erklärt: „Die anderen Grundstücke haben wir (Hervorhebung durch das erkennende Gericht) insbesondere danach ausgewählt, dass sie in der Nähe waren und ich mich um sie kümmern konnte“.
147Schließlich hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass „vielleicht“ auch der Vollstreckungsversuch am 17. Dezember 2008 dazu beigetragen haben könnte, den neuen Ehe- bzw. Übertragungsvertrag am 9. März 2009 abzuschließen.
148Diese Umstände lassen bei objektiver Gesamtbetrachtung nur den Schluss zu, dass das wesentliche Vermögen des Ehemannes durch diesen im Zusammenwirken mit der Klägerin und mit dem Vorsatz, es dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen, auf die Klägerin übertragen wurde. Dem steht auch nicht entgegen, dass dieses Verhalten gleichzeitig von dem Wunsch der Klägerin getragen gewesen sein mag, sich und ihre Kinder wirtschaftlich abzusichern.
149Für ein bewusstes Zusammenwirken der Eheleute spricht schließlich, dass sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung weigerte, Angaben zum Aufenthaltsort ihres Ehemannes zu machen sowie Auskunft darüber zu geben, ob die eheliche Lebensgemeinschaft noch besteht.
150IV) Ermessensfehler in Sinne des § 114 Satz 1 VwGO sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich. Die Beklagte hat die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten oder von dem Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechender Weise Gebrauch gemacht (§ 5 AO). Angesichts der dargelegten Umstände, insbesondere der Uneinbringlichkeit der Steuer gegenüber dem Ehemann der Klägerin, war die Inanspruchnahme der Klägerin geboten, um Steuerausfälle zu vermeiden.
151Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt, dass die Klage bezüglich eines von fünf in dem angefochtenen Duldungsbescheid genannten Grundstücken erfolgreich war. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
152Anlass, die Berufung zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht erfüllt sind.
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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, daß sie nicht dazu führen würde.
(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.
(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.
(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.
(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Es ist nur vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union anwendbar.
(2) Für die Realsteuern gelten, soweit ihre Verwaltung den Gemeinden übertragen worden ist, die folgenden Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend:
- 1.
die Vorschriften des Ersten, Zweiten, Vierten, Sechsten und Siebten Abschnitts des Ersten Teils (Anwendungsbereich; Steuerliche Begriffsbestimmungen; Datenverarbeitung und Steuergeheimnis; Betroffenenrechte; Datenschutzaufsicht, Gerichtlicher Rechtsschutz in datenschutzrechtlichen Angelegenheiten), - 2.
die Vorschriften des Zweiten Teils (Steuerschuldrecht), - 3.
die Vorschriften des Dritten Teils mit Ausnahme der §§ 82 bis 84 (Allgemeine Verfahrensvorschriften), - 4.
die Vorschriften des Vierten Teils (Durchführung der Besteuerung), - 5.
die Vorschriften des Fünften Teils (Erhebungsverfahren), - 6.
§ 249 Absatz 2 Satz 2, - 7.
die §§ 351 und 361 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, - 8.
die Vorschriften des Achten Teils (Straf- und Bußgeldvorschriften, Straf- und Bußgeldverfahren).
(3) Auf steuerliche Nebenleistungen sind die Vorschriften dieses Gesetzes vorbehaltlich des Rechts der Europäischen Union sinngemäß anwendbar. Der Dritte bis Sechste Abschnitt des Vierten Teils gilt jedoch nur, soweit dies besonders bestimmt wird.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde, - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll, - 4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will, - 5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde, - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll, - 4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will, - 5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt, - 2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann, - 3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, - 4.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, - 2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat, - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war, - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Verwaltungsakt erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird, - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich ist, nachträglich gefasst wird, - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 können bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden, so gilt die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 110 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde, - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll, - 4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will, - 5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
Die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach § 125 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Verwaltungsakt erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird, - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird, - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird, - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsakts erforderlich ist, nachträglich gefasst wird, - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 können bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsakts unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versäumt worden, so gilt die Versäumung der Einspruchsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 110 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.
(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.
(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.
(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(1) Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag. Das Gleiche gilt für zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden, soweit sich die Haftung auf Steuern und zurückzuzahlende Steuervergütungen erstreckt. Die Säumnis nach Satz 1 tritt nicht ein, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Wird die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung aufgehoben, geändert oder nach § 129 berichtigt, so bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge unberührt; das Gleiche gilt, wenn ein Haftungsbescheid zurückgenommen, widerrufen oder nach § 129 berichtigt wird. Erlischt der Anspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Schuld des Aufrechnenden entstanden sind.
(2) Säumniszuschläge entstehen nicht bei steuerlichen Nebenleistungen.
(3) Ein Säumniszuschlag wird bei einer Säumnis bis zu drei Tagen nicht erhoben. Dies gilt nicht bei Zahlung nach § 224 Abs. 2 Nr. 1.
(4) In den Fällen der Gesamtschuld entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem säumigen Gesamtschuldner. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre.
(1) Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) sind die Steuerbescheide, die Steuervergütungsbescheide, die Haftungsbescheide und die Verwaltungsakte, durch die steuerliche Nebenleistungen festgesetzt werden; bei den Säumniszuschlägen genügt die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands (§ 240). Die Steueranmeldungen (§ 168) stehen den Steuerbescheiden gleich.
(2) Über Streitigkeiten, die die Verwirklichung der Ansprüche im Sinne des Absatzes 1 betreffen, entscheidet die Finanzbehörde durch Abrechnungsbescheid. Dies gilt auch, wenn die Streitigkeit einen Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2) betrifft.
(3) Wird eine Anrechnungsverfügung oder ein Abrechnungsbescheid auf Grund eines Rechtsbehelfs oder auf Antrag des Steuerpflichtigen oder eines Dritten zurückgenommen und in dessen Folge ein für ihn günstigerer Verwaltungsakt erlassen, können nachträglich gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer anderen Person die entsprechenden steuerlichen Folgerungen gezogen werden. § 174 Absatz 4 und 5 gilt entsprechend.
(1) Was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.
(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zur Verfügung zu stellen, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.
(3) Im Fall der Anfechtung nach § 6a hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen bis zur Höhe des Betrags zu dulden, mit dem er als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, dem Gläubiger zur Verfügung stellt.
(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.
(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.
(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.
(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei hat sie alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
(2) Die Finanzbehörde bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Bei der Entscheidung über Art und Umfang der Ermittlungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden.
(3) Zur Gewährleistung eines zeitnahen und gleichmäßigen Vollzugs der Steuergesetze können die obersten Finanzbehörden für bestimmte oder bestimmbare Fallgruppen Weisungen über Art und Umfang der Ermittlungen und der Verarbeitung von erhobenen oder erfassten Daten erteilen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt ist. Bei diesen Weisungen können allgemeine Erfahrungen der Finanzbehörden sowie Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden. Die Weisungen dürfen nicht veröffentlicht werden, soweit dies die Gleichmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Besteuerung gefährden könnte. Weisungen der obersten Finanzbehörden der Länder nach Satz 1 bedürfen des Einvernehmens mit dem Bundesministerium der Finanzen, soweit die Landesfinanzbehörden Steuern im Auftrag des Bundes verwalten.
(4) Das Bundeszentralamt für Steuern und die zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes können auf eine Weiterleitung ihnen zugegangener und zur Weiterleitung an die Landesfinanzbehörden bestimmter Daten an die Landesfinanzbehörden verzichten, soweit sie die Daten nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zuordnen können. Nach Satz 1 einem bestimmten Steuerpflichtigen oder einem bestimmten Finanzamt zugeordnete Daten sind unter Beachtung von Weisungen gemäß Absatz 3 des Bundesministeriums der Finanzen weiterzuleiten. Nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitete Daten sind vom Bundeszentralamt für Steuern für Zwecke von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Datenzugangs zu speichern. Nach Satz 3 gespeicherte Daten dürfen nur für Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b sowie zur Datenschutzkontrolle verarbeitet werden.
(5) Die Finanzbehörden können zur Beurteilung der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen und Prüfungen für eine gleichmäßige und gesetzmäßige Festsetzung von Steuern und Steuervergütungen sowie Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen und Vorauszahlungen automationsgestützte Systeme einsetzen (Risikomanagementsysteme). Dabei soll auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung berücksichtigt werden. Das Risikomanagementsystem muss mindestens folgende Anforderungen erfüllen:
- 1.
die Gewährleistung, dass durch Zufallsauswahl eine hinreichende Anzahl von Fällen zur umfassenden Prüfung durch Amtsträger ausgewählt wird, - 2.
die Prüfung der als prüfungsbedürftig ausgesteuerten Sachverhalte durch Amtsträger, - 3.
die Gewährleistung, dass Amtsträger Fälle für eine umfassende Prüfung auswählen können, - 4.
die regelmäßige Überprüfung der Risikomanagementsysteme auf ihre Zielerfüllung.
Die Finanzbehörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere
- 1.
Auskünfte jeder Art von den Beteiligten und anderen Personen einholen, - 2.
Sachverständige zuziehen, - 3.
Urkunden und Akten beiziehen, - 4.
den Augenschein einnehmen.
Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, daß sie nicht dazu führen würde.
(1) Die in den §§ 3 und 4 bestimmten Fristen sind von dem Zeitpunkt zurückzurechnen, in dem die Anfechtbarkeit gerichtlich geltend gemacht wird.
(2) Hat der Gläubiger, bevor er einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hatte oder seine Forderung fällig war, dem Anfechtungsgegner seine Absicht, die Rechtshandlung anzufechten, schriftlich mitgeteilt, so wird die Frist vom Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung zurückgerechnet, wenn schon zu dieser Zeit der Schuldner unfähig war, den Gläubiger zu befriedigen, und wenn bis zum Ablauf von zwei Jahren seit diesem Zeitpunkt die Anfechtbarkeit gerichtlich geltend gemacht wird.
(3) In die Fristen wird die Zeit nicht eingerechnet, während der Maßnahmen nach § 46 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 bis 6 des Kreditwesengesetzes angeordnet waren.
(1) Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.
(2) Die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden ist. Die sich nach Satz 1 ergebende Begrenzung der Ausgleichsforderung erhöht sich in den Fällen des § 1375 Absatz 2 Satz 1 um den dem Endvermögen hinzuzurechnenden Betrag.
(3) Die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstands und ist von diesem Zeitpunkt an vererblich und übertragbar. Eine Vereinbarung, die die Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung der Ehe über den Ausgleich des Zugewinns treffen, bedarf der notariellen Beurkundung; § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird. Im Übrigen kann sich kein Ehegatte vor der Beendigung des Güterstands verpflichten, über die Ausgleichsforderung zu verfügen.
(4) (weggefallen)
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.
(2) Die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden ist. Die sich nach Satz 1 ergebende Begrenzung der Ausgleichsforderung erhöht sich in den Fällen des § 1375 Absatz 2 Satz 1 um den dem Endvermögen hinzuzurechnenden Betrag.
(3) Die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstands und ist von diesem Zeitpunkt an vererblich und übertragbar. Eine Vereinbarung, die die Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung der Ehe über den Ausgleich des Zugewinns treffen, bedarf der notariellen Beurkundung; § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird. Im Übrigen kann sich kein Ehegatte vor der Beendigung des Güterstands verpflichten, über die Ausgleichsforderung zu verfügen.
(4) (weggefallen)
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
Die rechtskräftig geschiedenen Parteien streiten über nachehelichen Unterhalt und Ausgleich des Zugewinns.Der 1948 geborene Antragsteller und die 1955 geborene Antragsgegnerin haben am 22. November 1985 miteinander die Ehe geschlossen, aus der die am 24. März 1986 und am 21. Mai 1989 geborenen Kinder M. und V. hervorge- gangen sind. Der Antragsteller ist seit 1985 als Unternehmensberater tätig. Die Antragsgegnerin , die in den Fächern alte Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik das Magisterexamen bestanden hat, leitete 1984 und 1985 archäologische Ausgrabungen, gab diese Tätigkeit aber wegen ihrer Schwangerschaft auf. Ihre Absicht, den Doktorgrad zu erwerben, verfolgte sie auf Wunsch ihres Mannes nicht weiter; sie widmete sich dem Haushalt und der Erziehung der Kinder. Am 17. Februar 1988 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag. Darin verzichteten sie "für den Fall der Scheidung ... gegenseitig auf jegliche ... nacheheliche Unterhaltsansprüche, mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbetreuung". Außerdem vereinbarten sie für die Zukunft Gütertrennung. Sie erklärten, daß ein Zugewinn bisher nicht entstanden sei; vorsorglich verzichteten sie wechselseitig auf etwaige bisher entstandene Zugewinnausgleichsansprüche. Den Versorgungsausgleich schlossen sie aus. Den Verzicht der Antragsgegnerin stellten sie dabei unter die Bedingung , daß der Antragsteller spätestens ab Juni 1988 für die Antragsgegnerin eine private Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von 80.000 DM auf den Zeitpunkt der Vollendung ihres sechzigsten Lebensjahres mit Rentenwahlrecht abschließen und die Beiträge hierauf während des Bestehens der Ehe laufend zahlen sollte. Im Falle der Scheidung sollte er ihr den dreifachen Jahresbeitrag zu dieser Versicherung in einer Summe als Abfindung bezahlen. Weitere Zahlungen sollte er dann nicht mehr schulden.
Am 27. April 1988 wurde für die Antragsgegnerin bei der P.L. eine Kapitallebensversicherung über 80.000 DM abgeschlossen, auf die der Antragsteller in der Folge Zahlungen leistete. Am 13. November 2001, in der Scheidungsverhandlung vor dem Amtsgericht, verpflichtete er sich in Abweichung vom ursprünglichen Vertrag, die Raten fortlaufend bis zum Ablauf der Versicherung am 1. Mai 2015 zu zahlen. Der Antragsteller erzielte nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts "in den letzten Jahren" ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 27.000 DM netto aus abhängiger und selbständiger Arbeit. Die Antragsgegnerin betreibt seit 1994 an ihrem Wohnort einen "alternativen" Spielwarenladen, zuletzt zusammen mit einer Postagentur. Ihr monatliches Einkommen aus dieser Tätigkeit beläuft sich - nach ihren Angaben - auf 1.084 DM vor Steuern. Die Parteien bewohnten ein Haus in A. mit einer Wohnfläche von 200 m² auf einem Grundstück von ca. 1.200 bis 1.300 m², das die Parteien vom Bruder des Antragstellers für eine monatliche Gesamtmiete von 2.548 DM gemietet hatten. Die Antragsgegnerin erhielt vom Antragsteller ein monatliches Wirtschaftsgeld von 2.692 DM sowie einen Ausgleich für ihre Mitarbeit in seinem häuslichen Büro von monatlich 500 DM. Im übrigen war der Zuschnitt der ehelichen Lebensverhältnisse , was Kleidung, Einrichtung und sonstige Ausstattung anbelangt , nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts bescheiden. Die Parteien leben seit Februar 1999 dauernd getrennt. Die Kinder haben nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antragsgegnerin; der Antragsteller zahlt für sie Unterhalt nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle. Das Amtsgericht hat mit Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und festgestellt, daß ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Außerdem hat
es den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin 3.671 DM Elementarunterhalt und 1.081 DM Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen; die auf weitergehenden Unterhalt sowie die im Rahmen einer Stufenklage auf Auskunft und Zah- lung eines Zugewinnausgleichs gerichteten Anträge der Antragsgegnerin hat es abgewiesen. Hinsichtlich des Ausspruchs über die Scheidung und über den Versorgungsausgleich ist das Urteil des Amtsgerichts seit dem 13. April 2002 rechtskräftig. Auf die Berufung der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin monatlich im voraus Elementar- "% % & (') *"% *+, , - . 0/21 , 3 54 6 7 unterhalt in Höhe von 2.897 8 zahlen; im übrigen hat es ihre Berufung hinsichtlich des Unterhaltsbegehrens zurückgewiesen. Ebenso hat es die Anschlußberufung des Antragstellers, mit , . ;: <, "# + , ='> der er sich gegen die 2.500 DM (= 1.278,23 9 rteilung zur Unterhaltszahlung wehrte, zurückgewiesen. Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs hat es ihn verurteilt, über sein Endvermögen Auskunft zu erteilen , und die Sache im übrigen an das Amtsgericht zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision wendet sich der Antragsteller gegen das Berufungsurteil , soweit es ihn beschwert.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.I.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2003, 35 (m.Anm. Bergschneider 39) veröffentlicht ist, steht der Klägerin neben dem Betreuungsunterhalt ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt sowie auf Auskunftserteilung zum Zwecke des Zugewinnausgleichs zu. Der notarielle Vertrag der Parteien vom 17. Februar 1988 schließe diese Ansprüche nicht aus, da er - gemessen an den vom Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen vom 6. Februar 2001 (FamRZ 2001, 343 m.Anm. Schwab 349) und vom 29. März 2001 (FamRZ 2001, 985) genannten Maßstäben - für unwirksam zu erachten sei. Nach diesem Vertrag hätten die Parteien zwar gegenseitig auf jegliche nachehelichen Unterhaltsansprüche mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbetreuung verzichtet. Damit habe der Antragsteller jedoch praktisch kein Recht aufgegeben, da man nicht davon habe ausgehen können, daß er bei einem Vermögen von über einer Million DM und hohen monatlichen Einkünften im Falle der Scheidung unterhaltsbedürftig würde. Die Antragsgegnerin , die demgegenüber über kein Vermögen und - abgesehen von den aus der Bürotätigkeit für den Antragsteller erzielten 500 DM - über kein Einkommen verfügt habe, sei wirtschaftlich völlig vom Antragsteller abhängig gewesen. Gemäß seinem Wunsch habe sie sich der Haushaltsführung gewidmet. Wegen der Betreuung der damals noch nicht ganz zweijährigen Tochter M. und der am 21. Mai 1989 geborenen Tochter V. habe sie praktisch auf Jahre hinaus keine Aussicht gehabt, durch eine Erwerbstätigkeit ihren Unterhalt sicherzustellen. Insgesamt sei die Antragsgegnerin somit durch den weitgehenden Unterhaltsverzicht unangemessen benachteiligt worden, weil ihr - gegenüber dem finanziellen Beitrag des Antragstellers zu den ehelichen Lebensverhältnissen gleichwertiger - Beitrag in Form von Haushaltsführung und Kindes-betreuung für den Fall der Scheidung unberücksichtigt geblieben sei. Ihr sei nicht nur ohne sachlichen Grund die Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen genommen worden, die durch den - bei dem monatlichen Nettoeinkommen des Antragstellers von 27.000 DM besonders werthaltigen - Aufstockungsunterhalt gewährleistet werden soll. Ihr sei vielmehr auch das alleinige Risiko aufgebürdet worden, im Alter, bei Krankheit oder bei Arbeitslosigkeit ohne hinreichende Einkünfte auszukommen. Der Ausschluß jeder Unterhaltsberechtigung für diese Fälle sei auch mit dem Wohl der gemeinsamen Kinder nicht vereinbar. Auch wenn der Antragsteller an die Kinder Unterhalt nach der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle leiste, bestehe doch die Gefahr, daß die Antragsgegnerin im Falle ihrer Invalidität unter Verhältnissen leben müsse, welche die Entwicklungsmöglichkeit der Kinder weit mehr einschränkten als es den gemeinsamen wirtschaftlichen Verhältnissen entspreche. Die ungenügende Absicherung der Antragsgegnerin für den Fall der Invalidität beruhe insbesondere darauf, daß sie mit ihrem Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht nur mögliche Anwartschaften auf eine Altersrente, sondern auch auf eine Invaliditätsversorgung verloren habe. Dieser Nachteil werde durch die vereinbarte Kapitallebensversicherung bei weitem nicht ausgeglichen, zumal bei Durchführung des Versorgungsausgleichs auf die Antragsgegnerin Rentenanwartschaften in Höhe von 590,94 DM übertragen worden wären. Zur Begründung solcher Rentenanwartschaften im Wege des Einmalbeitrags wäre, bezogen auf den 31. März 2000, ein Betrag von 128.748,74 DM erforderlich gewesen, mithin weit mehr als die für die Antragsgegnerin vereinbarte Versicherungssumme von 80.000 DM. Auch hierin liege eine unangemessene Benachteiligung der Antragsgegnerin, welche den vereinbarten Ausschluß des Versorgungsausgleichs als unwirksam erscheinen lasse, auch wenn die Entscheidung des Amtsgerichts, keinen Versorgungsausgleich durchzuführen, nicht angefochten sei.
Auch der vereinbarte Ausschluß des Zugewinnausgleichs sei unwirksam, weil der Antragsteller seine dominierende Situation als Inhaber eines Vermögens und Bezieher eines weit überdurchschnittlichen Einkommens gegenüber der vermögens- und praktisch einkommenslosen Antragsgegnerin zu deren Nachteil ausgenutzt habe. Der Antragsteller habe sich nicht auf die Sicherung seines ererbten Vermögens beschränkt, was angeblich sein Motiv für den Abschluß des Ehevertrags gewesen sei. Er habe vielmehr die Antragsgegnerin, auf deren Seite kein Zugewinn zu erwarten gewesen sei, von der Teilhabe an dem gemeinsam Erwirtschafteten ausgeschlossen. Dadurch sei die Antragsgegnerin insbesondere in ihrer Altersversorgung betroffen worden, da hierfür bei gut verdienenden Personen wie dem Antragsteller erfahrungsgemäß auch mit Hilfe des Vermögens Vorsorge getroffen werde. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II.
Das Gesetz gibt Ehegatten die Möglichkeit, durch während oder vorsorglich schon vor der Ehe getroffene Vereinbarungen für den Fall einer späteren Scheidung den nachehelichen Unterhalt oder sonstige versorgungs- und güterrechtliche Angelegenheiten verbindlich zu regeln (§ 1408 Abs. 1 und 2, § 1585 c BGB). 1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bestand für derartige Vereinbarungen grundsätzlich volle Vertragsfreiheit. Eine besondere Inhaltskontrolle , ob die Regelung angemessen sei, fand - abgesehen von Vereinbarungen nach § 1587 o BGB - nicht statt (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1996- XII ZB 1/94 - FamRZ 1997, 156, 157; vgl. auch Senatsurteil vom 28. November 1990 - XII ZR 16/90 - FamRZ 1991, 306). Der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt berühre nicht einen Kernbereich der Ehe (Senatsurteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788). Auch werde das Wesen der Ehe nicht dadurch mitbestimmt, daß eine "wirtschaftliche Lebensgemeinschaft" entstehe oder daß die Ehegatten bei Auflösung der Ehe an den während ihres Bestehens eingetretenen vermögensrechtlichen Veränderungen beteiligt würden (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO 789). Schranken der Gültigkeit einer solchen Vereinbarung ergäben sich allein aus den §§ 134, 138 BGB. Ob eine Vereinbarung im Einzelfall gegen die guten Sitten verstoße, hänge von ihrem aus Inhalt, Beweggründen und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter ab, wobei sich aus dem zeitlichen Abstand zu einer nicht beabsichtigten, sondern nur für denkbar gehaltenen Scheidung zusätzliche Gesichtspunkte ergeben könnten (Senatsurteile vom 24. April 1985 aaO und vom 28. November 1990 aaO 307). Es reiche für sich allein nicht aus, daß die Vereinbarung in dem Bestreben abgeschlossen worden sei, sich von sämtlichen nachteiligen Folgen einer Scheidung freizuzeichnen (Senatsurteil vom 28. November 1990 aaO). Auch genüge nicht, daß sich die Regelung ausschließlich oder überwiegend zu Lasten eines der beiden Ehegatten auswirken könne (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1996 aaO 157). Schließlich könne die Sittenwidrigkeit der Abrede auch nicht allein aus dem Umstand hergeleitet werden , daß die vertragschließende Frau von dem Mann schwanger gewesen und dieser die Eheschließung mit ihr von dem Abschluß dieses Vertrags abhängig gemacht habe. Da der Mann, ungeachtet der Schwangerschaft der Frau, von einer Eheschließung hätte absehen und sich auf die rechtlichen Verpflichtungen eines mit der Mutter nicht verheirateten Vaters zurückziehen können, könne von einer zu mißbilligenden Ausnutzung einer Zwangslage der Frau nicht ausgegangen werden (Senatsbeschlüsse vom 18. September 1996 - XII ZB 206/94 -
FamRZ 1996, 1536, 1537 und vom 2. Oktober 1996 aaO 157 f.). Allerdings könne ein Unterhaltsverzicht dann den guten Sitten zuwiderlaufen und damit nichtig sein, wenn die Parteien ihre auf der Ehe beruhenden Familienlasten objektiv zum Nachteil der Sozialhilfe geregelt hätten (Senatsurteile BGHZ 86, 82, 88, vom 24. April 1985 aaO 790 und vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403). Dazu bedürfe es nicht unbedingt eines Bewußtseins der Parteien, durch ihre Vereinbarung den Träger der Sozialhilfe zu schädigen; vielmehr könne es bereits genügen, daß sie sich einer solchen Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen hätten (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO). Auch sei dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen geschiedenen Ehegatten die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht des anderen Ehegatten unter Umständen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt; dies könne namentlich dann der Fall sein, wenn die zur Zeit des Unterhaltsverzichts bestehenden Verhältnisse sich nachträglich so entwickelt hätten, daß überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstünden (Senatsurteile vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84 - FamRZ 1985, 787 f. und vom 15. Oktober 1986 - IVb ZR 79/85 - FamRZ 1987, 46, 47), mögen die Parteien die dann später tatsächlich eingetretene Entwicklung - nämlich die Scheidung bei fortbestehender Betreuungsbedürftigkeit der Kinder - auch bereits beim Abschluß des Unterhaltsverzichts bedacht haben (Senatsurteil vom 9. Juli 1992 aaO 1404). Die Dauer und Höhe der Unterhaltspflicht sei allerdings in einem solchen Fall insoweit beschränkt, als nicht das Kindeswohl ein Weiterbestehen des Unterhaltsanspruchs gebiete (Senatsurteil vom 28. November 1990 aaO 307, vom 30. November 1994 - XII ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292 und vom 16. April 1997 - XII ZR 293/95 - FamRZ 1997, 873, 874). Der Höhe nach stehe dem betreuenden Ehegatten der Unterhaltsanspruch nur insoweit zu, als er, um seinen Betreuungspflichten nachzukommen, darauf zur Deckung seines notwendigen eigenen Lebensbedarfs angewiesen
sei; nur wenn besondere Gründe des Kindeswohls dies geböten, sei dem betreuenden Ehegatten mehr als der notwendige Unterhalt zuzubilligen (Senatsurteile vom 9. Juli 1992 aaO 1405, vom 30. November 1994 aaO 291 f. und vom 16. April 1997 aaO 874 f.). 2. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 2001 (aaO) und vom 29. März 2001 (aaO) geben Anlaß, die dargestellte Rechtsprechung zu überprüfen.
a) Mit seinem Senatsbeschluß vom 6. Februar 2001 (aaO) hat das Bundesverfassungsgericht an seine Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Bürgschaftsverträgen (NJW 1994, 36) und zum entschädigungslosen Wettbewerbsverbot von Handelsvertretern (NJW 1990, 1469) angeknüpft und die dort entwickelten Grundsätze auf Eheverträge und Unterhaltsvereinbarungen übertragen : Danach setze die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie voraus, daß die Voraussetzungen der Selbstbestimmung auch tatsächlich gegeben seien. Der im Vertrag zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lasse zwar in der Regel auf einen durch den Vertrag hergestellten sachgerechten Interessenausgleich schließen, den der Staat grundsätzlich zu respektieren habe. Sei jedoch aufgrund einer einseitigen Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen Verhandlungsposition der Vertragspartner ersichtlich, daß in einem Vertragsverhältnis ein Partner ein solches Gewicht habe, daß er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen könne, sei es Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, daß sich für einen Vertragspartner die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehre.
Dies gelte auch für Eheverträge, mit denen Eheleute ihre höchstpersönlichen Beziehungen für die Zeit ihrer Ehe oder danach regelten. Art. 6 Abs. 1 GG gebe ihnen hierbei das Recht, ihre jeweilige Gemeinschaft nach innen in ehelicher und familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Verfassungsrechtlich geschützt sei allerdings nur eine Ehe, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stünden. Der Staat habe infolgedessen der Freiheit der Ehegatten, ihre ehelichen Beziehungen und wechselseitigen Rechte und Pflichten mit Hilfe von Verträgen zu gestalten, dort Grenzen zu setzen, wo der Vertrag nicht Ausdruck gleichberechtigter Lebenspartnerschaft sei, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegele. Dies sei regelmäßig anzunehmen , wenn eine nichtverheiratete schwangere Frau sich vor die Alternative gestellt sehe, in Zukunft entweder allein für das Kind Sorge zu tragen oder durch Eheschließung den Kindesvater in die Verantwortung einzubinden, wenn auch um den Preis eines mit ihm zu schließenden, sie aber stark belastenden Ehevertrags. Ob ein solcher Vertrag die Frau deutlich mehr belaste als den Mann, hänge wesentlich auch davon ab, welche familiäre Konstellation die Vertragspartner anstrebten und ihrem Vertrag zugrunde legten. Verzichteten Ehepartner etwa gegenseitig auf nacheheliche gesetzliche Unterhaltsansprüche, liege darin bei Ehen, in denen beide Partner einer etwa gleichwertigen Berufstätigkeit nachgingen und sich Haus- und Familienarbeit teilten, keine ungleiche Belastung. Sehe die Lebensplanung der Partner jedoch vor, daß sich in der Ehe einer der beiden unter Aufgabe einer Berufstätigkeit im wesentlichen der Kinderbetreuung und Haushaltsführung widme, benachteilige der Verzicht auf den nachehelichen Unterhalt denjenigen, der sich der Betreuung des Kindes und der Arbeit im Hause gewidmet habe. Je mehr im Ehevertrag gesetzliche Rechte abbedungen oder zusätzliche Pflichten übernommen würden, desto mehr könne sich dieser Effekt einseitiger Benachteiligung verstärken.
Es sei Aufgabe der Gerichte, den Inhalt des Vertrags in Fällen gestörter Vertragsparität einer Kontrolle über die zivilrechtlichen Generalklauseln zu unterziehen und gegebenenfalls zur Wahrung beeinträchtigter Grundrechtspositionen eines Ehevertragspartners zu korrigieren. Die Eheschließungsfreiheit stehe einer solchen Inhaltskontrolle nicht entgegen, denn sie rechtfertige nicht die Freiheit zu unbegrenzter Ehevertragsgestaltung und insbesondere nicht eine einseitige ehevertragliche Lastenverteilung. Dementsprechend sei ein Teil des Eherechts herkömmlich zwingendes Recht.
b) Während die vorgenannte Senatsentscheidung unmittelbar nur die Wirksamkeit einer vor der Eheschließung getroffenen ehevertraglichen Vereinbarung betraf, in der sich eine Schwangere u.a. verpflichtet hatte, den Ehemann und Kindesvater für den Fall der Scheidung von Unterhaltsansprüchen des erwarteten Kindes teilweise freizustellen, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluß vom 29. März 2001 (aaO) diese Rechtsprechung fortgeführt und eine oberlandesgerichtliche Entscheidung beanstandet, die der Ehefrau nur den notwendigen Betreuungsunterhalt zuerkannt, ihre weitergehenden Anträge auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich aber zurückgewiesen hatte. Die Ehegatten hatten vor der Eheschließung nachehelichen Unterhalt sowie Zugewinn- und Versorgungsausgleich vertraglich ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht hätte - so das Bundesverfassungsgericht - die besondere Situation, in der sich die Ehefrau als Schwangere mit schon einem - noch dazu schwerbehinderten - Kind (aus einer anderen Verbindung) bei Vertragsschluß befunden habe und die allein schon ein deutliches Indiz für ihre Unterlegenheit als Vertragspartnerin gewesen sei, zum Anlaß nehmen müssen, den gesamten Vertragsinhalt einer Kontrolle zu unterziehen; dabei hätte es der Frage nachgehen müssen, ob der Ehevertrag die Ehefrau - zumal in ihrer familiären und wirtschaftlich beengten Situation - einseitig und unangemessen belaste.
3. Die Frage, welche Konsequenzen sich aus diesen Entscheidungen für die Beurteilung von Eheverträgen allgemein - also auch in Fällen, in denen die Ehefrau bei Vertragsabschluß nicht schwanger ist - ergeben, wird in der Literatur wie auch in der Fachöffentlichkeit unterschiedlich beantwortet.
a) Differenzen bestehen bereits bei der Beurteilung, wann - allgemein - von einer einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall gesprochen werden kann. So soll nach einer Auffassung eine solche einseitige Lastenverteilung jedenfalls dann vorliegen, wenn der "Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgensystems" berührt sei. Dazu sollen zumindest diejenigen Regelungen des nachehelichen Unterhalts zählen, die an eine ehebedingte Bedürftigkeit anknüpfen , möglicherweise auch der Versorgungsausgleich, nicht dagegen ohne weiteres auch der Zugewinnausgleich (Dauner-Lieb AcP 200 (2001) 295, 319 f.). Nach einer weiteren Auffassung erfordere das Eheverständnis des BGB keine bestimmte Zuordnung oder Teilhabe auf der Vermögensebene. Auch die eheliche Solidarität verlange keine gegenseitige Vermögensbeteiligung, da diese nicht an Bedarfslagen anknüpfe und somit keine unterhaltsrechtliche Funktion erfüllen solle. Bedenken bestünden jedoch, sobald die Vereinbarung der Gütertrennung mit weiteren Abreden verbunden werde, welche die Versorgungslage gerade desjenigen Ehegatten gefährdeten, der nach geplanter oder gelebter Gestaltung der Verhältnisse "ehebedingt" einer sozialen Sicherstellung besonders bedürfe. Auch ohne eine derartige Kumulierung könne eine güterrechtliche Vereinbarung bedenklich sein, wenn mit ihr nicht nur die künftige Vermögenszuordnung geregelt, sondern auf schon begründete Rechtspositionen verzichtet werde. Der Versorgungsausgleich stehe, obwohl auch er nicht
auf Bedarfslagen rekurriere, dem Unterhalt näher als dem Zugewinnausgleich; gleichwohl sei anzunehmen, daß er innerhalb der - hier engeren - gesetzlichen Grenzen der ehevertraglichen Gestaltungsfreiheit unterliege (Schwab DNotZ 2001, 9, 15 ff.). Nach einer dritten Meinung soll die Verantwortung der Ehegatten füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB) zwingendes Recht sein, das zwar dem Selbstverständnis der Beteiligten, nicht aber ehevertraglicher Gestaltung offenstehe (Goebel FamRZ 2003, 1513, 1516). Auf dem Deutschen Familiengerichtstag 2003 hat der Arbeitskreis "Unterhaltsvereinbarungen" zwar einen Unterhaltsverzicht grundsätzlich für zulässig erachtet, nicht aber einen vollen Verzicht auf den Betreuungsunterhalt. Nach dem Votum des Arbeitskreises "Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich" soll ein "Globalverzicht" auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich zwar grundsätzlich möglich, aber nur dann unproblematisch sein, wenn eine hinreichende Absicherung der Alters- und Invaliditätsrisiken bestehe.
b) Unterschiedlich wird auch die Bedeutung eingeschätzt, die einem zwischen den Vertragspartnern bestehenden Ungleichgewicht zukommen soll. Zum Teil wird gefolgert, daß eine Unterlegenheit der durch einen Ehevertrag benachteiligten Ehefrau jedenfalls dann zu verneinen sei, wenn diese durch einen Notar über den Inhalt des Vertrags belehrt worden sei und diesen ohne Zeitdruck abgeschlossen habe (Langenfeld DNotZ 2001, 272, 279). Nach anderer Auffassung soll bei besonders ausgeprägter objektiver Benachteiligung eines Ehegatten durch den Ehevertrag eine tatsächliche Vermutung für die Situation der Unterlegenheit dieses Ehegatten sprechen (Schwab DNotZ aaO 15; ähnlich auch der Arbeitskreis "Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich" des Deutschen Familiengerichtstags 2003: "widerlegbare Vermutung"). Von dritter
Seite wird empfohlen, "sich von der verkrampften Suche nach Ungleichge- wichtslagen zu lösen" und die Ehevertragsfreiheit ganz generell im Hinblick auf eine potentielle Einverdienerehe für den Kernbereich des Scheidungsfolgensystems "teleologisch zu reduzieren" (Dauner-Lieb AcP aaO 323; ihr folgend auch Goebel aaO 1518).
c) Ausdrücklich offengelassen hat das Bundesverfassungsgericht die Frage, mit welchen Instrumentarien die Fachgerichte die ihnen aufgegebene Inhaltskontrolle umsetzen sollen. Hierzu wird in der Literatur eine Sanktionierung erwogen, die zwischen § 138 Abs. 1 und § 242 BGB nach dem Ausmaß der Benachteiligung differenziert (Schwab FamRZ 2001, 349, 350; ders. DNotZ aaO 17 f.; Bergschneider FamRZ 2001, 1338, 1340; in diese Richtung auch die obengenannten Arbeitskreise des Deutschen Familiengerichtstags 2003). Dabei werden die engen Grenzen betont, die dem Korrektiv des § 138 BGB gezogen seien; zugleich wird auf die mangelnde strukturelle Eignung einer Wirksamkeitskontrolle hingewiesen, die auf vorformulierte, allgemeine Regelungen zugeschnitten sei (Dauner-Lieb aaO 328). § 138 BGB würde mit seiner Nichtigkeitsfolge auch dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in die Ehevertragsfreiheit nicht gerecht (Goebel aaO 1519). Soweit die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (etwa Bergschneider FamRZ 2003, 376, 378) und der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht gezogen werden, besteht Einigkeit, daß diese Instrumente - unbeschadet ihrer Abgrenzung im einzelnen - versagen, wenn die Vertragsparteien die später eingetretene Entwicklung auch nur für möglich gehalten und dennoch eine bewußt abschließende Regelung getroffen hätten; genau dies werde aber bei ehevertraglich vereinbarten Verzichten vielfach der Fall sein (Dauner-Lieb aaO 326 f.). Empfohlen wird deshalb vielfach eine Ausübungskontrolle, die der Bundesgerichtshof schon bisher - wie dargelegt - unter Berufung auf § 242 BGB zur Abmilderung der harten Konsequenzen einer grundsätzlich "vollen Ehevertragsfreiheit" genutzt hat (Goebel
aaO 1519 f., Grziwotz FF 2001, 41, 44; Schervier MittBayNot 2001, 213, 214). Dabei wird jedoch zum Teil eine Ausdehnung des Instituts der Ausübungskontrolle gefordert: So solle sich die Ausübungskontrolle auch auf Fallkonstellationen erstrecken, in denen ein Ehevertrag keine Belastung Dritter - etwa gemeinsamer Kinder - bewirke, sondern nur einen der Ehegatten selbst einseitig und unangemessen benachteilige. Außerdem solle die Ausübungskontrolle auch Benachteiligungen eines Ehegatten erfassen, die sich aufgrund von Umständen verwirklichten, die bei Vertragsschluß bereits absehbar gewesen seien und - weil vom ursprünglichen Parteiwillen gedeckt - die Berufung auf die vertragliche Abrede nach bisherigem Verständnis nicht ohne weiteres als rechtsmißbräuchlich erscheinen ließen (Dauner-Lieb aaO 328 f.).
III.
Nach Auffassung des Senats läßt sich nicht allgemein und für alle denkbaren Fälle abschließend beantworten, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung, durch welche Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse oder ihre Vermögensangelegenheiten für den Scheidungsfall abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln, unwirksam ist (§ 138 BGB) oder die Berufung auf alle oder einzelne vertragliche Regelungen unzulässig macht (§ 242 BGB). Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen , der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens. Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:1. Die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich unterliegen grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten; einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kennt das geltende Recht nicht.
a) Zwar hat der Gesetzgeber dem in § 1569 BGB verankerten Grundsatz der nachehelichen unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten ein nahezu lückenloses System von Unterhaltsansprüchen gegenübergestellt , die den Schutz des sozial schwächeren Ehegatten nach der Scheidung sichern und insbesondere ehebedingte Nachteile ausgleichen sollen, die er um der Ehe oder der Kindererziehung willen in seinem eigenen beruflichen Fortkommen und dem Aufbau einer entsprechenden Altersversorgung erlitten hat. Andererseits hat er in den §§ 1353, 1356 BGB das - grundgesetzlich geschützte , vgl. Art. 6 GG - Recht der Ehegatten verbürgt, ihre eheliche Lebensgemeinschaft eigenverantwortlich und frei von gesetzlichen Vorgaben entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten. Die auf die Scheidungsfolgen bezogene Vertragsfreiheit ist insoweit eine notwendige Ergänzung dieses verbürgten Rechts und entspringt dem legitimen Bedürfnis, Abweichungen von den gesetzlich geregelten Scheidungsfolgen zu vereinbaren , die zu dem individuellen Ehebild der Ehegatten besser passen. So können etwa Lebensrisiken eines Partners, wie sie z.B. in einer bereits vor der Ehe zutage getretenen Krankheit oder in einer Ausbildung angelegt sind, die offenkundig keine Erwerbsgrundlage verspricht, von vornherein aus der gemeinsamen Verantwortung der Ehegatten füreinander herausgenommen werden. Auch der Gedanke der nicht allein auf die Ehezeit beschränkten ehelichen Solidarität - und zwar auch in der bloß programmatischen und in seinen Konturen unscharfen Ausformung des 1998 mit dem Eheschließungsrecht eingeführten § 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB, der eine gegenseitige Verantwortung der Ehegatten füreinander vorgibt (vgl. dazu Wagenitz, Festschrift für Rolland 1999,
379, 381 f.) - ist weder dazu bestimmt noch geeignet, unterhaltsrechtliche Pflichten, in denen sich die nacheheliche Solidarität konkretisiert, als zwingendes , der Disposition der Parteien entzogenes Recht zu statuieren (so aber wohl Goebel aaO S. 1516). § 1585 c BGB enthält dementsprechend auch keine Einschränkung in Richtung eines unverzichtbaren Mindestgehalts an Rechten.
b) Der Zugewinnausgleich ist weniger Ausfluß nachehelicher Solidarität als Ausdruck einer Teilhabegerechtigkeit, die zwar im Einzelfall ehebedingte Nachteile ausgleichen kann, in ihrer Typisierung aber weit über dieses Ziel hinausgreift und nicht zuletzt deshalb von § 1408 Abs. 1 BGB der Disposition der Ehegatten unterstellt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in anderem Zusammenhang verdeutlicht, daß Leistungen, die Ehegatten im gemeinsamen Unterhaltsverband für die eheliche Gemeinschaft erbringen, unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig sind und daß deshalb beide Ehegatten grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben (BVerfG FamRZ 2002, 527, 529). Diese fiktive Gleichgewichtung schließt jedoch die Möglichkeit der Ehegatten, ihrer individuell vereinbarten Arbeitsteilung oder einer evident unterschiedlichen ökonomischen Bewertung ihrer Beiträge in der Ehe durch eine vom Gesetz abweichende einvernehmliche Regelung angemessen Rechnung zu tragen, nicht aus. Auch bleibt es ihnen unbenommen, im Einzelfall als unbillig empfundenen Ergebnissen des gesetzlichen Güterstandes - etwa im Hinblick auf Wertsteigerungen des Anfangsvermögens - durch die vom Gesetz eröffnete Wahl der Gütertrennung zu begegnen.
c) Diese Überlegungen gelten - jedenfalls im Grundsatz - auch für den Versorgungsausgleich, der sich zwar seiner Zielrichtung nach als ein vorweggenommener Altersunterhalt verstehen läßt, andererseits aber dem Mechanismus des Zugewinnausgleichs nachgebildet ist. § 1408 Abs. 2 BGB erlaubt des-
halb ausdrücklich ehevertragliche Modifikationen auch des Versorgungsausgleichs bis hin zu seinem gänzlichen Ausschluß, die allerdings unwirksam werden , wenn ein Ehegatte binnen Jahresfrist die Scheidung beantragt. Auch im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Scheidung können die Ehegatten gemäß § 1587 o BGB Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich treffen. Diese bedürfen dann allerdings der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1587 o Abs. 2 BGB und erfordern eine richterliche Inhaltskontrolle, die auch die Unterhaltsregelung und die Vermögensauseinandersetzung berücksichtigen und auf einen nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten Bedacht nehmen muß. 2. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf indes nicht dazu führen, daß der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
a) Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB), der schon im Hinblick auf seine Ausrichtung am Kindesinteresse nicht der freien Disposition der Ehegatten unterliegt. Freilich ist auch er nicht jeglicher Modifikation entzogen. So lassen sich immerhin Fälle denken, in de-
nen die Art des Berufs es der Mutter erlaubt, Kinderbetreuung und Erwerbstä- tigkeit miteinander zu vereinbaren, ohne daß das Kind Erziehungseinbußen erleidet. Auch erscheint eine ganztägige Betreuung durch die Mutter nicht als unabdingbare Voraussetzung für einen guten Erziehungserfolg, so daß sich Ehegatten auch darüber verständigen könnten, ab einem bestimmten Kindesalter Dritte zur Betreuung heranzuziehen, um einen möglichst frühen Wiedereintritt der Mutter in das Berufsleben zu ermöglichen. Bei der Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen wird man im übrigen für deren Disponibilität eine Rangabstufung vornehmen können, die sich in erster Linie danach bemißt, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage haben. So ist die Absicherung des laufenden Unterhaltsbedarfs für den Berechtigten in der Regel wichtiger als etwa der Zugewinn- oder der spätere Versorgungsausgleich. Innerhalb der Unterhaltstatbestände wird - nach dem Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) - dem Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB) und dem Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) Vorrang zukommen. Zwar knüpfen diese beiden letzteren Unterhaltstatbestände nicht an ehebedingte Nachteile an. Das bedeutet jedoch nicht, daß sie nicht zum Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgenregelung gehören und der uneingeschränkten Disposition der Ehegatten unterstehen. Gerade indem das Gesetz sich hier mit einem bloß zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe begnügt, mißt es diesen Einstandspflichten als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei - was freilich einen Verzicht nicht generell ausschließt, etwa wenn die Ehe erst nach Ausbruch der Krankheit oder im Alter geschlossen wird. Die Unterhaltspflicht wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 BGB) erscheint demgegenüber nachrangig, da das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4; vgl. auch § 1573 Abs. 5 BGB). Ihr folgen Krankenvorsorge- und Altersvorsorge-
unterhalt (§ 1578 Abs. 2 1. Variante, Abs. 3 BGB). Am ehesten verzichtbar erscheinen Ansprüche auf Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2, § 1575 BGB), da diese Unterhaltspflichten vom Gesetz am schwächsten ausgestaltet und nicht nur der Höhe (vgl. § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB), sondern auch dem Grunde nach zeitlich begrenzbar sind (§ 1573 Abs. 5, § 1575 Abs. 1 Satz 2 BGB).
b) Auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt rangiert der Versorgungsausgleich. Als vorweggenommener Altersunterhalt steht er vertraglicher Disposition nur begrenzt offen. Vereinbarungen über ihn müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht. Als Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen ist der Versorgungsausgleich andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt; das mag - jedenfalls bei deutlich gehobenen Versorgungsverhältnissen - eine weitergehende Dispositionsbefugnis rechtfertigen.
c) Der Zugewinnausgleich erweist sich ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich. Das Eheverständnis erfordert, worauf Schwab (aaO S. 16) mit Recht hingewiesen hat, keine bestimmte Zuordnung des Vermögenserwerbs in der Ehe. Die eheliche Lebensgemeinschaft war und ist - auch als gleichberechtigte Partnerschaft von Mann und Frau - nicht notwendig auch eine Vermögensgemeinschaft. Auch die vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2002 aaO S. 529) - für das Recht des nachehelichen Unterhalts - betonte Gleichgewichtigkeit von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit hat keine bestimmte Strukturierung der ehelichen Vermögenssphäre zur Folge. Wie § 1360 Satz 2 BGB (vgl. auch § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) verdeutlicht, sind nicht etwa das Erwerbseinkommen des einen und die Haushaltsführung des anderen Ehegatten einander gleichwertig. Für die Erfüllung des Anspruchs auf Familienunterhalt gleiches Gewicht haben nur die Unterhaltsbeiträge, welche die Ehe-
gatten aus ihrem Erwerbseinkommen oder als Familienarbeit erbringen (BVerfG FamRZ 2002 aaO; so auch Gernhuber/Coester-Waltjen Lehrbuch des Familienrechts 4. Aufl. § 34 I 5 S. 495, insbes. Fußn. 4). Zwar sieht der gesetzliche Gü- terstand eine gleiche Teilhabe der Ehegatten am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen vor. Dem liegt die typisierende Vorstellung zugrunde, daß die Ehegatten in ökonomisch gleichwertiger Weise zur Vermögensbildung beitragen. Diese - nur fiktive - Gleichwertigkeit hindert die Ehegatten jedoch nicht, durch Modifizierung oder Abwahl des Regelgüterstandes ihre interne Vermögensordnung einvernehmlich an die individuellen Verhältnisse ihrer konkret beabsichtigten oder gelebten Eheform anzupassen und dabei auch eigene ökonomische Bewertungen an die Stelle der gesetzlichen Typisierung zu setzen. Schließlich fordert auch das Gebot ehelicher Solidarität keine wechselseitige Vermögensbeteiligung der Ehegatten: Deren Verantwortung füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BGB) tritt bei konkreten und aktuellen Versorgungsbedürfnissen auf den Plan; ihr trägt - wie gezeigt - das geltende Unterhaltsrecht Rechnung. Das geltende Güterrecht knüpft demgegenüber nicht an Bedarfslagen an; die vom Regelgüterstand verfolgte Gewinnbeteiligung hat keine unterhaltsrechtlichen Funktionen (Schwab aaO). Zwar wird bei einer Gesamtschau die Versorgungslage des nicht- oder nicht voll erwerbstätigen Ehegatten im Einzelfall auch durch das Ehevermögensrecht mitbestimmt. Grob unbillige Versorgungsdefizite, die sich aus den für den Scheidungsfall getroffenen Absprachen der Ehegatten ergeben, sind jedoch vorrangig im Unterhaltsrecht - weil bedarfsorientiert - und allenfalls hilfsweise durch Korrektur der von den Ehegatten gewählten Vermögensordnung zu kompensieren. 3. Ob aufgrund einer vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht abweichenden Vereinbarung eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, hat der Tatrichter zu prüfen. Diese Aufgabe wird nicht dadurch obsolet, daß der belastete
Ehegatte durch einen Notar hinreichend über den Inhalt und die Konsequenzen des Vertrages belehrt wurde (a.A. Langenfeld aaO), zumal eine solche Überprüfung und Belehrung ohnehin nur bei Vereinbarungen in notarieller Form stattfindet, wie sie von § 1408 Abs. 1 i.V. mit § 1410, § 1587 o Abs. 2 Satz 1 BGB vorgeschrieben wird, nicht dagegen bei Unterhaltsvereinbarungen, die - was § 1585 c BGB zuläßt - privatschriftlich oder formlos getroffen werden.
a) Der Tatrichter hat dabei zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, daß ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, daß an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluß abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlaßt und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne daß dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten
Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird.
b) Soweit ein Vertrag danach Bestand hat, muß der Richter sodann - im Rahmen der Ausübungskontrolle - prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht mißbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, daß diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB). Dafür sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluß der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrundeliegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Nacheheliche Solidarität wird dabei ein Ehegatte regelmäßig nicht einfordern können, wenn er seinerseits die eheliche Solidarität verletzt hat; soweit ein angemessener Ausgleich ehebedingter Nachteile in Rede steht, werden dagegen Verschuldensgesichtspunkte eher zurücktreten. Insgesamt hat sich die gebotene Abwägung an der Rangordnung der Scheidungsfolgen zu orientieren: Je höherrangig die vertraglich ausgeschlossene und nunmehr dennoch geltend gemachte Scheidungsfolge ist, um so schwerwiegender müssen die Gründe sein, die - unter Berücksichtigung des inzwischen einvernehmlich verwirklichten tatsächlichen Ehezuschnitts - für ihren Ausschluß sprechen.
Hält die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluß der Scheidungsfolge der richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führt dies im Rahmen des § 242 BGB noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Auch wird dadurch nicht notwendig die vom Gesetz vorgesehene, aber vertraglich ausgeschlossene Scheidungsfolge in Vollzug gesetzt. Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Dabei wird er sich allerdings um so stärker an der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge zu orientieren haben, je zentraler diese Rechtsfolge im Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts angesiedelt ist.
IV.
Die angefochtene Entscheidung wird den dargestellten Anforderungen an die richterliche Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle unterhaltsrechtlicher oder ehevertraglicher Vereinbarungen nicht gerecht. 1. Das Oberlandesgericht hat den Vertrag insgesamt als unwirksam angesehen , weil die Antragsgegnerin auf die Unterhaltsansprüche aus den §§ 1571 bis 1576 BGB, auf Zugewinn- und Versorgungsausgleich verzichtet habe und damit eine unangemessene, einseitig zu ihren Lasten gehende Regelung getroffen worden sei. Daß die Parteien den Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB bestehen gelassen haben, ändere an dieser Beurteilung nichts, da es sich dabei nur um den Mindestunterhalt handele, der einem erziehendenElternteil im Interesse der betreuungsbedürftigen Kinder nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohnehin nach § 242 BGB zu belassen sei. Diese Auffassung des Oberlandesgerichts wird von den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht getragen. Eine solche Unwirksamkeit könnte sich, wie ausgeführt, nur aus § 138 Abs. 1 BGB - im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der vereinbarten Regelungen - ergeben (Wirksamkeitskontrolle ). Die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen die guten Sitten sind jedoch weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
a) Welche Gründe die Parteien zum Abschluß ihrer Vereinbarung veranlaßt haben, ist nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht festgestellt, welche Motive die Antragsgegnerin bewogen haben, vertraglich auf einen Teil der ihr für den Fall einer etwaigen Scheidung zustehenden Rechte zu verzichten. Das Oberlandesgericht geht von einer Unterlegenheit der Antragsgegnerin beim Vertragsschluß aus, die der Antragsteller mißbraucht habe. Angesichts der Beschränkung des § 138 Abs. 1 BGB auf gravierende Verletzungen der sittlichen Ordnung fehlt für eine solche Einschätzung bereits die tatsächliche Grundlage. Die Antragsgegnerin war beim Vertragsschluß bereits seit mehr als zwei Jahren mit dem Antragsteller verheiratet und nicht erneut schwanger. Sie verfügte über eine akademische Ausbildung, die sie bereits erfolgreich beruflich genutzt hatte; die mit der Geburt ihres (ersten) Kindes einhergegangene Unterbrechung ihrer Berufsausübung lag wenig mehr als zwei Jahre zurück. Eine völlige wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin vom Antragsteller, wie sie das Oberlandesgericht seiner Beurteilung zugrunde legt, ist damit noch nicht dargetan. Der vom Oberlandesgericht hervorgehobene Umstand, daß die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft auf Wunsch des Antragstellers eine von ihr angestrebte Promotion nicht betrieben hat, ist für die Frage der Sittenwidrigkeit ihres Verzichts auf gesetzliche Scheidungsfolgen ohne Belang. Das
gilt auch für die gute Einkommens- und Vermögenslage des Antragstellers, auf die das Oberlandesgericht abhebt, ohne sie allerdings für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses festzustellen. Insbesondere läßt sich aus der günstigen finanziellen Situation des Antragstellers keine Zwangslage der Antragsgegnerin herleiten, die sie veranlaßt haben könnte, sich auf einen teilweisen Verzicht der ihr vom Gesetz für den Scheidungsfall eingeräumten und gerade bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen - wie das Oberlandesgericht ausführt - besonders "werthaltigen" Rechte einzulassen.
b) Auch der objektive Gehalt der von den Parteien getroffenen notariellen Vereinbarung vermag nach den bisherigen Feststellungen den Vorwurf eines Verstoßes gegen die guten Sitten nicht zu begründen. Denn der unmittelbare Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen wird von der Vereinbarung nicht tangiert. Vielmehr haben die Parteien den Unterhalt insoweit nicht abbedungen, als "ein Unterhaltsanspruch der Ehefrau wegen Kinderbetreuung" in Frage steht. Diese Regelung sollte im übrigen - nach der vom Oberlandesgericht unterlassenen und vom Senat daher nachzuholenden Auslegung der Vereinbarung - nicht nur den Anspruch erfassen, der sich im Falle ganztätig notwendiger Kinderbetreuung allein aus § 1570 BGB ergibt. Vielmehr war - nach rechtem Verständnis - auch der Anspruch auf Aufstokkungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB umfaßt, der neben den Teilanspruch aus § 1570 BGB tritt, wenn einem Ehegatten wegen fortschreitenden Alters der Kinder eine Teilerwerbstätigkeit obliegt. Nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f.) reicht in diesem Fall der Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB nur soweit, wie die Kindesbetreuung einen Ehegatten an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit hindert. Soweit der ihm hiernach zustehende Unterhalt aus § 1570 BGB zusammen mit dem Einkommen aus einer Teilerwerbstätigkeit zur Deckung
seines vollen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) nicht ausreicht, kommt ein zusätzlicher Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht. Es kann hier nicht davon ausgegangen werden, daß die Parteien der Antragsgegnerin nur denjenigen Unerhaltsteilanspruch belassen wollten, der sich unmittelbar aus § 1570 BGB herleiten läßt, zumal diese Differenzierung vom Senat erst nach Vertragsschluß entwickelt worden ist. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Vereinbarung sollte vielmehr der Unterhaltsverzicht der Antragsgegnerin auf die Zeit nach dem Wegfall jeglicher Kindesbetreuung beschränkt werden. Für die Zeit der vollen oder teilweisen Betreuungsbedürftigkeit der Kinder sollte sie dagegen Unterhalt nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften verlangen können, und zwar gleichgültig, ob er unmittelbar nur auf § 1570 BGB oder teilweise auch auf § 1573 Abs. 2 BGB beruht. Auch der Höhe nach ergibt sich aus der Vereinbarung keine Einschränkung , etwa auf den Mindestunterhalt. Beide Teilansprüche sollten sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmen und der Antragsgegnerin die Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards gewährleisten. Mit dem Unterhalt wegen Krankheit und Alters haben die Parteien zwar gewichtige Scheidungsfolgen abbedungen. Dies könnte - im Zusammenhang mit den weiteren Regelungen - den Vorwurf der Sittenwidrigkeit aber allenfalls dann begründen, wenn die Parteien bei ihrer Lebensplanung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einvernehmlich davon ausgegangen wären, daß die Antragsgegnerin sich dauerhaft oder doch langfristig völlig aus dem Erwerbsleben zurückziehen und der Familienarbeit widmen sollte; denn nur in diesem Falle wäre der Antragsgegnerin der Aufbau einer eigenen Sicherung gegen die Risiken von Alter oder Krankheit auf Dauer verwehrt und würde eine stete Abhängigkeit vom Antragsteller begründet. Eine solche einvernehmliche Lebensplanung ist jedoch nicht festgestellt.
Zwar wird der vereinbarte Verzicht auf Unterhalt wegen Alters in seiner die Antragsgegnerin benachteiligenden Wirkung dadurch verstärkt, daß die Parteien auch den Versorgungsausgleich ausgeschlossen haben. Dieser Ausschluß wird jedoch durch die vertragliche Verpflichtung des Antragstellers gemildert , für die Ehefrau eine Kapitellebensversicherung abzuschließen und zu unterhalten. Der Umstand, daß - nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts - der Antragsgegnerin bei Durchführung des Versorgungsausgleichs Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von rund 590 DM zu übertragen gewesen wären, zu deren Begründung ein Einmalbetrag von rund 128.000 DM hätte eingezahlt werden müssen, mag die Bedeutung dieser Lebensversicherung über nominal 80.000 DM als Kompensation für den Ausschluß des Versorgungsausgleichs möglicherweise im Nachhinein relativieren. Für eine Sittenwidrigkeit der Abrede läßt sich daraus jedoch nichts herleiten. Denn es ist nicht ersichtlich, daß schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhersehbar war, daß der Antragsteller künftig Versorgungsanrechte erwerben werde, von denen er rund 590 DM auf die Antragsgegnerin übertragen müßte. Zudem ist die Versicherungssumme einer Kapitallebensversicherung mit der aus dieser Versicherung später zu erwartenden Ablaufleistung (nach Auskunft der Versicherung hier: 172.294 DM) nicht identisch; beide Größen sind überdies schon ihrer Funktion nach mit dem Einmalbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vergleichbar. Das Oberlandesgericht weist zwar zutreffend darauf hin, daß die Kapitallebensversicherung der Antragsgegnerin keinen Invaliditätsschutz verschaffe. Jedoch vermittelt auch die gesetzliche Rentenversicherung dem versorgungsausgleichsberechtigten Ehegatten Invaliditätsschutz nicht schlechthin, sondern nur unter der Voraussetzung einer dreijährigen Zahlung von Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI; vgl. auch § 1587 o Abs. 2 Satz 4 BGB, der in seiner seit dem 1. Januar 2000 geltenden
Fassung nicht mehr die Eignung alternativer Sicherungen auch "für den Fall der Erwerbsunfähigkeit" verlangt). Der von den Parteien vereinbarte Ausschluß der Unterhaltspflicht für den Fall der Arbeitslosigkeit sowie der Verzicht auf Aufstockungsunterhalt (für die Zeit nach der Kinderbetreuung) und auf Billigkeitsunterhalt rechtfertigen - schon nach ihrer Bedeutung im System des Scheidungsfolgenrechts - das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht. Für den Ausschluß des gesetzlichen Güterstandes gilt nichts anderes. 2. Sofern sich ergibt, daß die von den Parteien getroffenen Abreden - auch in subjektiver Hinsicht - einer richterlichen Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB standhalten, bleibt zu prüfen, ob und inwieweit der Antragsteller durch § 242 BGB gehindert wird, sich auf den vereinbarten Ausschluß einzelner Scheidungsfolgen zu berufen (Ausübungskontrolle).
a) Für die Zeit der Betreuungsbedürftigkeit der Kinder ist der Antragsteller , wie dargelegt, schon deshalb zur Unterhaltsleistung verpflichtet, weil die Parteien seine Unterhaltspflicht insoweit nicht ausgeschlossen haben; das Oberlandesgericht hat ihn deshalb dem Grunde nach zu Recht zur Unterhaltszahlung verurteilt. Für die Zeit nach der Kinderbetreuung könnte sich eine Unterhaltspflicht des Antragstellers namentlich aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben. Falls sich der von der Antragsgegnerin vertraglich erklärte Verzicht auf diesen Unterhalt nicht schon als nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig erweist und ein solcher Anschlußunterhalt zur Entscheidung steht, wird zu prüfen sein, inwieweit sich der Antragsteller gemäß § 242 BGB auf diesen Verzicht berufen kann. Im Rahmen dieser Ausübungskontrolle wird der Tatrichter zu erwägen haben, daß die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Geburt des ersten Kindes ihre Be-
rufstätigkeit eingestellt und sich der Familienarbeit sowie später einer selbständigen Erwerbstätigkeit gewidmet hat, die zwar nicht ihrer durch Ausbildung erworbenen Qualifikation entspricht, die sich aber offenbar mit der Haushaltsführung und der Betreuung der - inzwischen zwei - Kinder vereinbaren läßt. Mit der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit hat die Antragsgegnerin ein Risiko auf sich genommen , das sich mit dem Scheitern der Ehe der Parteien zu einem Nachteil verdichtet, wenn die Betreuungsbedürftigkeit der gemeinsamen Kinder endet und sich erweisen sollte, daß der Antragsgegnerin ein "Wiedereinstieg" in ihren erlernten Beruf nicht oder nur unter deutlich ungünstigeren Konditionen möglich ist. Entsprach es einem gemeinsamen Entschluß der Parteien, daß die Antragsgegnerin im Interesse der Familie dauerhaft auf eine weitere Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf verzichten sollte, so könnte es unbillig erscheinen, wenn der Antragsteller die sich hieraus ergebenden nachteiligen Konsequenzen unter Berufung auf die notarielle Abrede allein der Antragsgegnerin aufbürdet. Zwar dürfte der Antragsgegnerin aufgrund des - hier als wirksam unterstellten - Unterhaltsverzichts Aufstockungsunterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1573 Abs. 2, § 1578 Abs. 1 BGB) zu versagen sein. Im Rahmen tatrichterlicher Ausübungskontrolle könnte der Antragsgegnerin aber gleichwohl ein Unterhaltsanspruch zuerkannt werden, der jedenfalls ihre ehebedingten Erwerbsnachteile ausgleicht. Dessen Höhe könnte nach der Differenz des Einkommens , das die Antragsgegnerin aus einer ihrer Ausbildung entsprechenden kontinuierlich ausgeübten Berufstätigkeit erzielen könnte (§ 287 ZPO), und dem Verdienst bemessen werden, den sie aus einer ihr nach dem Berufsverzicht noch möglichen und zumutbaren vollen Erwerbstätigkeit erlöst oder doch erlösen könnte; seine Grenze fände ein solcher Anspruch jedenfalls an dem nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen vollen Unterhalt.
b) Die vom Oberlandesgericht ausgesprochene Verpflichtung des Antragstellers zur Auskunft über seinen in der Ehe erzielten Zugewinn kann, falls
sich der Ehevertrag nicht schon nach § 138 Abs. 1 BGB als unwirksam erweist, nur Bestand haben, wenn der Antragsteller gemäß § 242 BGB gehindert ist, sich auf die von den Parteien vereinbarte Gütertrennung zu berufen. Das ist - jedenfalls auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht bislang getroffenen Feststellungen - nicht der Fall. Der Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfaßt; er zeigt sich, wie dargelegt, vertraglicher Gestaltung in weitem Umfang offen. Die Berufung auf eine wirksam vereinbarte Gütertrennung wird sich deshalb nur unter engsten Voraussetzungen als rechtsmißbräuchlich erweisen - so etwa dann, wenn die Ehegatten bei ihrer Abrede von beiderseitiger, ökonomisch vergleichbar gewinnbringender Berufstätigkeit ausgegangen sind, diese Planung sich aber später nicht verwirklichen läßt. In solchen und ähnlichen Ausnahmefällen mögen besondere Verhältnisse es ungeachtet der getroffenen Abreden als unbillig erscheinen lassen, daß der nicht erwerbstätige Ehegatte im Nachhinein um die Früchte seiner Mitarbeit in der Ehe gebracht würde. So liegen die Dinge hier indes nicht. Insbesondere hindert der vom Oberlandesgericht betonte Umstand, daß die Antragsgegnerin sich in der Ehe der Haushaltsführung und Kindererziehung gewidmet hat, für sich genommen den Antragsteller nach Treu und Glauben nicht, sich auf eine von den Parteien wirksam vereinbarte Gütertrennung zu berufen. Zwar mag es der Antragsgegnerin - angesichts ihres zugunsten der Familie erklärten zumindest vorläufigen Verzichts auf eine eigene Erwerbstätigkeit und im Hinblick auf die Dauer ihrer Ehe - nicht mehr zuzumuten sein, sich nunmehr - nach der Scheidung - mit einem Lebensstandard zu begnügen, der ihren eigenen, durch fehlende zwischenzeitliche Berufstätigkeit möglicherweise deutlich verminderten Erwerbschancen entspricht. Abhilfe ist in solchen Fällen jedoch nicht mit einer die ehevertraglichen Abreden unterlaufenden Vermögensteilhabe zu bewirken; vielmehr ist ein die eigenen Einkünfte übersteigender Bedarf des in der Ehe
nicht erwerbstätigen Ehegatten systemgerecht mit den Instrumenten des Unterhaltsrechts zu befriedigen. Dies gilt auch, soweit die gesetzlichen Unterhaltsansprüche wirksam abbedungen sind; in diesem Fall kann - wie gezeigt - eine im Wege richterlicher Ausübungskontrolle zuzuerkennende Unterhaltsrente ehebedingte Nachteile einzelfallgerecht kompensieren. Auch die übrigen vom Oberlandesgericht angeführten Gesichtspunkte vermögen den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs nicht zu tragen. Ein - zumindest in den letzten Jahren - besonders hohes Einkommen des Antragstellers erzwingt eine der getroffenen Güterstandsabrede widersprechende Teilhabe der Antragsgegnerin nicht; dies gilt auch für die nicht näher belegte Annahme, die - in ihrem Ladengeschäft ganztags tätige - Antragsgegnerin habe es dem Antragsteller durch ihre Führung des Haushalts und die Betreuung der Kinder erst ermöglicht, sich voll seiner Berufstätigkeit zu widmen. Die Belange der gemeinsamen Kinder werden durch die Zuordnung des elterlichen Vermögens nicht berührt. Andere für § 242 BGB erhebliche Umstände sind nicht ersichtlich.
V.
Die angefochtene Entscheidung kann nach allem keinen Bestand haben. Der Senat vermag auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es die für die gebotene Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle erforderlichen Feststellungen nachholt. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:1. Die Antragsgegnerin kann, wie dargelegt, für die Zeit der Betreuungsbedürftigkeit der gemeinsamen Kinder vom Antragsteller Unterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse beanspruchen. Bei der Bemessung dieses Unterhalts hat das Oberlandesgerichts zutreffend einen objektiven Maßstab angelegt und denjenigen Lebensstandard für entscheidend erachtet, der vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters bei Berücksichtigung der konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse angemessen erscheint. Nur in diesem Rahmen kann das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des ehelichen Zusammenlebens Berücksichtigung finden (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. Januar 1984 - IVb ZR 43/82 - FamRZ 1984, 358, 360 f.). Deshalb bleibt, wie das Oberlandesgericht im Grundsatz mit Recht annimmt, eine aus dieser Sicht zu dürftige Lebensführung der Parteien für die Bedarfsbestimmung der Antragsgegnerin außer Betracht. Dennoch dürfte nicht - wie im angefochtenen Urteil geschehen - für die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse schlechthin auf das aktuelle und mit 27.000 DM außerordentlich hohe Nettoeinkommen des Antragstellers abgehoben werden. Eine solche Betrachtung verkennt die tatsächlichen Unsicherheiten, denen die Beibehaltung eines solchen Einkommensniveaus im Wirtschaftsleben und insbesondere im Beruf des Antragstellers unterworfen ist. Diese Unsicherheiten dürfen es auch bei Anlegung eines objektiven Maßstabs nicht ohne weiteres geraten erscheinen lassen, den Lebensstandard einer auf Konstanz ihrer Lebensführung bedachten Familie an den jeweils aktuellen Einkommensverhältnissen auszurichten. Zudem wird bei einer solchen Betrachtung übersehen, daß ein Einkommen in der vom Oberlandesgericht festgestellten Höhe - auch und gerade vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters - üblicherweise nicht allein zu Konsumzwecken eingesetzt wird, sondern zu einem nicht unerheblichen Teil der Vermögensbildung dient (vgl. Senatsurteile vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 - FamRZ 1987, 36, 39 und vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 2/91 - FamRZ 1992, 423, 424).
Inwieweit es danach für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung steht, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, der das Oberlandesgericht nachzugehen hat. 2. Das Oberlandesgericht hat den vom Antragsteller zu befriedigenden Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin konkret bemessen und deren Unterhalt anhand einer Auflistung von Bedarfspositionen ermittelt. Das dürfte im Ansatz nicht zu beanstanden sein. Allerdings hat das Oberlandesgericht unberücksichtigt gelassen, daß die Antragsgegnerin vom Antragsteller für die beiden gemeinsamen Kinder Unterhalt nach dem höchsten Satz der Düsseldorfer Tabelle erhält. In diesen Unterhaltssätzen sind Bedarfsbeträge - namentlich für Wohnund Wohnnebenkosten - berücksichtigt, die auch in den für die Antragsgegnerin aufgelisteten Bedarfsbeträgen enthalten sind und für sie und die Kinder nur einmal anfallen. Deshalb müßten bei den für die Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten Bedarfspositionen Leistungen, die der Antragsteller bereits im Rahmen des Kindesunterhalts teilweise erbringt, anspruchsmindernd berücksichtigt werden. Das hat das Oberlandesgericht - soweit ersichtlich - nicht getan.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt
Nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit von ihm im Zeitpunkt
wegen seines Alters eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann.Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm vom Zeitpunkt
- 1.
der Scheidung, - 2.
der Beendigung der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, - 3.
der Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung oder - 4.
des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1573
(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.
(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.
(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.
(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.
(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.
(1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag.
(2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen.
(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1575 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind.
(4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen.
(5) (weggefallen)
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
Die rechtskräftig geschiedenen Parteien streiten über nachehelichen Unterhalt und Ausgleich des Zugewinns.Der 1948 geborene Antragsteller und die 1955 geborene Antragsgegnerin haben am 22. November 1985 miteinander die Ehe geschlossen, aus der die am 24. März 1986 und am 21. Mai 1989 geborenen Kinder M. und V. hervorge- gangen sind. Der Antragsteller ist seit 1985 als Unternehmensberater tätig. Die Antragsgegnerin , die in den Fächern alte Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik das Magisterexamen bestanden hat, leitete 1984 und 1985 archäologische Ausgrabungen, gab diese Tätigkeit aber wegen ihrer Schwangerschaft auf. Ihre Absicht, den Doktorgrad zu erwerben, verfolgte sie auf Wunsch ihres Mannes nicht weiter; sie widmete sich dem Haushalt und der Erziehung der Kinder. Am 17. Februar 1988 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag. Darin verzichteten sie "für den Fall der Scheidung ... gegenseitig auf jegliche ... nacheheliche Unterhaltsansprüche, mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbetreuung". Außerdem vereinbarten sie für die Zukunft Gütertrennung. Sie erklärten, daß ein Zugewinn bisher nicht entstanden sei; vorsorglich verzichteten sie wechselseitig auf etwaige bisher entstandene Zugewinnausgleichsansprüche. Den Versorgungsausgleich schlossen sie aus. Den Verzicht der Antragsgegnerin stellten sie dabei unter die Bedingung , daß der Antragsteller spätestens ab Juni 1988 für die Antragsgegnerin eine private Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von 80.000 DM auf den Zeitpunkt der Vollendung ihres sechzigsten Lebensjahres mit Rentenwahlrecht abschließen und die Beiträge hierauf während des Bestehens der Ehe laufend zahlen sollte. Im Falle der Scheidung sollte er ihr den dreifachen Jahresbeitrag zu dieser Versicherung in einer Summe als Abfindung bezahlen. Weitere Zahlungen sollte er dann nicht mehr schulden.
Am 27. April 1988 wurde für die Antragsgegnerin bei der P.L. eine Kapitallebensversicherung über 80.000 DM abgeschlossen, auf die der Antragsteller in der Folge Zahlungen leistete. Am 13. November 2001, in der Scheidungsverhandlung vor dem Amtsgericht, verpflichtete er sich in Abweichung vom ursprünglichen Vertrag, die Raten fortlaufend bis zum Ablauf der Versicherung am 1. Mai 2015 zu zahlen. Der Antragsteller erzielte nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts "in den letzten Jahren" ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 27.000 DM netto aus abhängiger und selbständiger Arbeit. Die Antragsgegnerin betreibt seit 1994 an ihrem Wohnort einen "alternativen" Spielwarenladen, zuletzt zusammen mit einer Postagentur. Ihr monatliches Einkommen aus dieser Tätigkeit beläuft sich - nach ihren Angaben - auf 1.084 DM vor Steuern. Die Parteien bewohnten ein Haus in A. mit einer Wohnfläche von 200 m² auf einem Grundstück von ca. 1.200 bis 1.300 m², das die Parteien vom Bruder des Antragstellers für eine monatliche Gesamtmiete von 2.548 DM gemietet hatten. Die Antragsgegnerin erhielt vom Antragsteller ein monatliches Wirtschaftsgeld von 2.692 DM sowie einen Ausgleich für ihre Mitarbeit in seinem häuslichen Büro von monatlich 500 DM. Im übrigen war der Zuschnitt der ehelichen Lebensverhältnisse , was Kleidung, Einrichtung und sonstige Ausstattung anbelangt , nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts bescheiden. Die Parteien leben seit Februar 1999 dauernd getrennt. Die Kinder haben nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt bei der Antragsgegnerin; der Antragsteller zahlt für sie Unterhalt nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle. Das Amtsgericht hat mit Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und festgestellt, daß ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet. Außerdem hat
es den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin 3.671 DM Elementarunterhalt und 1.081 DM Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen; die auf weitergehenden Unterhalt sowie die im Rahmen einer Stufenklage auf Auskunft und Zah- lung eines Zugewinnausgleichs gerichteten Anträge der Antragsgegnerin hat es abgewiesen. Hinsichtlich des Ausspruchs über die Scheidung und über den Versorgungsausgleich ist das Urteil des Amtsgerichts seit dem 13. April 2002 rechtskräftig. Auf die Berufung der Antragsgegnerin hat das Oberlandesgericht den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin monatlich im voraus Elementar- "% % & (') *"% *+, , - . 0/21 , 3 54 6 7 unterhalt in Höhe von 2.897 8 zahlen; im übrigen hat es ihre Berufung hinsichtlich des Unterhaltsbegehrens zurückgewiesen. Ebenso hat es die Anschlußberufung des Antragstellers, mit , . ;: <, "# + , ='> der er sich gegen die 2.500 DM (= 1.278,23 9 rteilung zur Unterhaltszahlung wehrte, zurückgewiesen. Hinsichtlich des Zugewinnausgleichs hat es ihn verurteilt, über sein Endvermögen Auskunft zu erteilen , und die Sache im übrigen an das Amtsgericht zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision wendet sich der Antragsteller gegen das Berufungsurteil , soweit es ihn beschwert.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.I.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2003, 35 (m.Anm. Bergschneider 39) veröffentlicht ist, steht der Klägerin neben dem Betreuungsunterhalt ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt sowie auf Auskunftserteilung zum Zwecke des Zugewinnausgleichs zu. Der notarielle Vertrag der Parteien vom 17. Februar 1988 schließe diese Ansprüche nicht aus, da er - gemessen an den vom Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen vom 6. Februar 2001 (FamRZ 2001, 343 m.Anm. Schwab 349) und vom 29. März 2001 (FamRZ 2001, 985) genannten Maßstäben - für unwirksam zu erachten sei. Nach diesem Vertrag hätten die Parteien zwar gegenseitig auf jegliche nachehelichen Unterhaltsansprüche mit Ausnahme des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau wegen Kindesbetreuung verzichtet. Damit habe der Antragsteller jedoch praktisch kein Recht aufgegeben, da man nicht davon habe ausgehen können, daß er bei einem Vermögen von über einer Million DM und hohen monatlichen Einkünften im Falle der Scheidung unterhaltsbedürftig würde. Die Antragsgegnerin , die demgegenüber über kein Vermögen und - abgesehen von den aus der Bürotätigkeit für den Antragsteller erzielten 500 DM - über kein Einkommen verfügt habe, sei wirtschaftlich völlig vom Antragsteller abhängig gewesen. Gemäß seinem Wunsch habe sie sich der Haushaltsführung gewidmet. Wegen der Betreuung der damals noch nicht ganz zweijährigen Tochter M. und der am 21. Mai 1989 geborenen Tochter V. habe sie praktisch auf Jahre hinaus keine Aussicht gehabt, durch eine Erwerbstätigkeit ihren Unterhalt sicherzustellen. Insgesamt sei die Antragsgegnerin somit durch den weitgehenden Unterhaltsverzicht unangemessen benachteiligt worden, weil ihr - gegenüber dem finanziellen Beitrag des Antragstellers zu den ehelichen Lebensverhältnissen gleichwertiger - Beitrag in Form von Haushaltsführung und Kindes-betreuung für den Fall der Scheidung unberücksichtigt geblieben sei. Ihr sei nicht nur ohne sachlichen Grund die Teilhabe an den ehelichen Lebensverhältnissen genommen worden, die durch den - bei dem monatlichen Nettoeinkommen des Antragstellers von 27.000 DM besonders werthaltigen - Aufstockungsunterhalt gewährleistet werden soll. Ihr sei vielmehr auch das alleinige Risiko aufgebürdet worden, im Alter, bei Krankheit oder bei Arbeitslosigkeit ohne hinreichende Einkünfte auszukommen. Der Ausschluß jeder Unterhaltsberechtigung für diese Fälle sei auch mit dem Wohl der gemeinsamen Kinder nicht vereinbar. Auch wenn der Antragsteller an die Kinder Unterhalt nach der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle leiste, bestehe doch die Gefahr, daß die Antragsgegnerin im Falle ihrer Invalidität unter Verhältnissen leben müsse, welche die Entwicklungsmöglichkeit der Kinder weit mehr einschränkten als es den gemeinsamen wirtschaftlichen Verhältnissen entspreche. Die ungenügende Absicherung der Antragsgegnerin für den Fall der Invalidität beruhe insbesondere darauf, daß sie mit ihrem Verzicht auf den Versorgungsausgleich nicht nur mögliche Anwartschaften auf eine Altersrente, sondern auch auf eine Invaliditätsversorgung verloren habe. Dieser Nachteil werde durch die vereinbarte Kapitallebensversicherung bei weitem nicht ausgeglichen, zumal bei Durchführung des Versorgungsausgleichs auf die Antragsgegnerin Rentenanwartschaften in Höhe von 590,94 DM übertragen worden wären. Zur Begründung solcher Rentenanwartschaften im Wege des Einmalbeitrags wäre, bezogen auf den 31. März 2000, ein Betrag von 128.748,74 DM erforderlich gewesen, mithin weit mehr als die für die Antragsgegnerin vereinbarte Versicherungssumme von 80.000 DM. Auch hierin liege eine unangemessene Benachteiligung der Antragsgegnerin, welche den vereinbarten Ausschluß des Versorgungsausgleichs als unwirksam erscheinen lasse, auch wenn die Entscheidung des Amtsgerichts, keinen Versorgungsausgleich durchzuführen, nicht angefochten sei.
Auch der vereinbarte Ausschluß des Zugewinnausgleichs sei unwirksam, weil der Antragsteller seine dominierende Situation als Inhaber eines Vermögens und Bezieher eines weit überdurchschnittlichen Einkommens gegenüber der vermögens- und praktisch einkommenslosen Antragsgegnerin zu deren Nachteil ausgenutzt habe. Der Antragsteller habe sich nicht auf die Sicherung seines ererbten Vermögens beschränkt, was angeblich sein Motiv für den Abschluß des Ehevertrags gewesen sei. Er habe vielmehr die Antragsgegnerin, auf deren Seite kein Zugewinn zu erwarten gewesen sei, von der Teilhabe an dem gemeinsam Erwirtschafteten ausgeschlossen. Dadurch sei die Antragsgegnerin insbesondere in ihrer Altersversorgung betroffen worden, da hierfür bei gut verdienenden Personen wie dem Antragsteller erfahrungsgemäß auch mit Hilfe des Vermögens Vorsorge getroffen werde. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
II.
Das Gesetz gibt Ehegatten die Möglichkeit, durch während oder vorsorglich schon vor der Ehe getroffene Vereinbarungen für den Fall einer späteren Scheidung den nachehelichen Unterhalt oder sonstige versorgungs- und güterrechtliche Angelegenheiten verbindlich zu regeln (§ 1408 Abs. 1 und 2, § 1585 c BGB). 1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats bestand für derartige Vereinbarungen grundsätzlich volle Vertragsfreiheit. Eine besondere Inhaltskontrolle , ob die Regelung angemessen sei, fand - abgesehen von Vereinbarungen nach § 1587 o BGB - nicht statt (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1996- XII ZB 1/94 - FamRZ 1997, 156, 157; vgl. auch Senatsurteil vom 28. November 1990 - XII ZR 16/90 - FamRZ 1991, 306). Der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt berühre nicht einen Kernbereich der Ehe (Senatsurteil vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788). Auch werde das Wesen der Ehe nicht dadurch mitbestimmt, daß eine "wirtschaftliche Lebensgemeinschaft" entstehe oder daß die Ehegatten bei Auflösung der Ehe an den während ihres Bestehens eingetretenen vermögensrechtlichen Veränderungen beteiligt würden (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO 789). Schranken der Gültigkeit einer solchen Vereinbarung ergäben sich allein aus den §§ 134, 138 BGB. Ob eine Vereinbarung im Einzelfall gegen die guten Sitten verstoße, hänge von ihrem aus Inhalt, Beweggründen und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter ab, wobei sich aus dem zeitlichen Abstand zu einer nicht beabsichtigten, sondern nur für denkbar gehaltenen Scheidung zusätzliche Gesichtspunkte ergeben könnten (Senatsurteile vom 24. April 1985 aaO und vom 28. November 1990 aaO 307). Es reiche für sich allein nicht aus, daß die Vereinbarung in dem Bestreben abgeschlossen worden sei, sich von sämtlichen nachteiligen Folgen einer Scheidung freizuzeichnen (Senatsurteil vom 28. November 1990 aaO). Auch genüge nicht, daß sich die Regelung ausschließlich oder überwiegend zu Lasten eines der beiden Ehegatten auswirken könne (Senatsbeschluß vom 2. Oktober 1996 aaO 157). Schließlich könne die Sittenwidrigkeit der Abrede auch nicht allein aus dem Umstand hergeleitet werden , daß die vertragschließende Frau von dem Mann schwanger gewesen und dieser die Eheschließung mit ihr von dem Abschluß dieses Vertrags abhängig gemacht habe. Da der Mann, ungeachtet der Schwangerschaft der Frau, von einer Eheschließung hätte absehen und sich auf die rechtlichen Verpflichtungen eines mit der Mutter nicht verheirateten Vaters zurückziehen können, könne von einer zu mißbilligenden Ausnutzung einer Zwangslage der Frau nicht ausgegangen werden (Senatsbeschlüsse vom 18. September 1996 - XII ZB 206/94 -
FamRZ 1996, 1536, 1537 und vom 2. Oktober 1996 aaO 157 f.). Allerdings könne ein Unterhaltsverzicht dann den guten Sitten zuwiderlaufen und damit nichtig sein, wenn die Parteien ihre auf der Ehe beruhenden Familienlasten objektiv zum Nachteil der Sozialhilfe geregelt hätten (Senatsurteile BGHZ 86, 82, 88, vom 24. April 1985 aaO 790 und vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403). Dazu bedürfe es nicht unbedingt eines Bewußtseins der Parteien, durch ihre Vereinbarung den Träger der Sozialhilfe zu schädigen; vielmehr könne es bereits genügen, daß sie sich einer solchen Erkenntnis grob fahrlässig verschlossen hätten (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO). Auch sei dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen geschiedenen Ehegatten die Berufung auf einen Unterhaltsverzicht des anderen Ehegatten unter Umständen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt; dies könne namentlich dann der Fall sein, wenn die zur Zeit des Unterhaltsverzichts bestehenden Verhältnisse sich nachträglich so entwickelt hätten, daß überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstünden (Senatsurteile vom 24. April 1985 - IVb ZR 17/84 - FamRZ 1985, 787 f. und vom 15. Oktober 1986 - IVb ZR 79/85 - FamRZ 1987, 46, 47), mögen die Parteien die dann später tatsächlich eingetretene Entwicklung - nämlich die Scheidung bei fortbestehender Betreuungsbedürftigkeit der Kinder - auch bereits beim Abschluß des Unterhaltsverzichts bedacht haben (Senatsurteil vom 9. Juli 1992 aaO 1404). Die Dauer und Höhe der Unterhaltspflicht sei allerdings in einem solchen Fall insoweit beschränkt, als nicht das Kindeswohl ein Weiterbestehen des Unterhaltsanspruchs gebiete (Senatsurteil vom 28. November 1990 aaO 307, vom 30. November 1994 - XII ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292 und vom 16. April 1997 - XII ZR 293/95 - FamRZ 1997, 873, 874). Der Höhe nach stehe dem betreuenden Ehegatten der Unterhaltsanspruch nur insoweit zu, als er, um seinen Betreuungspflichten nachzukommen, darauf zur Deckung seines notwendigen eigenen Lebensbedarfs angewiesen
sei; nur wenn besondere Gründe des Kindeswohls dies geböten, sei dem betreuenden Ehegatten mehr als der notwendige Unterhalt zuzubilligen (Senatsurteile vom 9. Juli 1992 aaO 1405, vom 30. November 1994 aaO 291 f. und vom 16. April 1997 aaO 874 f.). 2. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 2001 (aaO) und vom 29. März 2001 (aaO) geben Anlaß, die dargestellte Rechtsprechung zu überprüfen.
a) Mit seinem Senatsbeschluß vom 6. Februar 2001 (aaO) hat das Bundesverfassungsgericht an seine Rechtsprechung zur Inhaltskontrolle von Bürgschaftsverträgen (NJW 1994, 36) und zum entschädigungslosen Wettbewerbsverbot von Handelsvertretern (NJW 1990, 1469) angeknüpft und die dort entwickelten Grundsätze auf Eheverträge und Unterhaltsvereinbarungen übertragen : Danach setze die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Privatautonomie voraus, daß die Voraussetzungen der Selbstbestimmung auch tatsächlich gegeben seien. Der im Vertrag zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lasse zwar in der Regel auf einen durch den Vertrag hergestellten sachgerechten Interessenausgleich schließen, den der Staat grundsätzlich zu respektieren habe. Sei jedoch aufgrund einer einseitigen Aufbürdung von vertraglichen Lasten und einer erheblich ungleichen Verhandlungsposition der Vertragspartner ersichtlich, daß in einem Vertragsverhältnis ein Partner ein solches Gewicht habe, daß er den Vertragsinhalt faktisch einseitig bestimmen könne, sei es Aufgabe des Rechts, auf die Wahrung der Grundrechtspositionen beider Vertragspartner hinzuwirken, um zu verhindern, daß sich für einen Vertragspartner die Selbstbestimmung in eine Fremdbestimmung verkehre.
Dies gelte auch für Eheverträge, mit denen Eheleute ihre höchstpersönlichen Beziehungen für die Zeit ihrer Ehe oder danach regelten. Art. 6 Abs. 1 GG gebe ihnen hierbei das Recht, ihre jeweilige Gemeinschaft nach innen in ehelicher und familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten. Verfassungsrechtlich geschützt sei allerdings nur eine Ehe, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stünden. Der Staat habe infolgedessen der Freiheit der Ehegatten, ihre ehelichen Beziehungen und wechselseitigen Rechte und Pflichten mit Hilfe von Verträgen zu gestalten, dort Grenzen zu setzen, wo der Vertrag nicht Ausdruck gleichberechtigter Lebenspartnerschaft sei, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegele. Dies sei regelmäßig anzunehmen , wenn eine nichtverheiratete schwangere Frau sich vor die Alternative gestellt sehe, in Zukunft entweder allein für das Kind Sorge zu tragen oder durch Eheschließung den Kindesvater in die Verantwortung einzubinden, wenn auch um den Preis eines mit ihm zu schließenden, sie aber stark belastenden Ehevertrags. Ob ein solcher Vertrag die Frau deutlich mehr belaste als den Mann, hänge wesentlich auch davon ab, welche familiäre Konstellation die Vertragspartner anstrebten und ihrem Vertrag zugrunde legten. Verzichteten Ehepartner etwa gegenseitig auf nacheheliche gesetzliche Unterhaltsansprüche, liege darin bei Ehen, in denen beide Partner einer etwa gleichwertigen Berufstätigkeit nachgingen und sich Haus- und Familienarbeit teilten, keine ungleiche Belastung. Sehe die Lebensplanung der Partner jedoch vor, daß sich in der Ehe einer der beiden unter Aufgabe einer Berufstätigkeit im wesentlichen der Kinderbetreuung und Haushaltsführung widme, benachteilige der Verzicht auf den nachehelichen Unterhalt denjenigen, der sich der Betreuung des Kindes und der Arbeit im Hause gewidmet habe. Je mehr im Ehevertrag gesetzliche Rechte abbedungen oder zusätzliche Pflichten übernommen würden, desto mehr könne sich dieser Effekt einseitiger Benachteiligung verstärken.
Es sei Aufgabe der Gerichte, den Inhalt des Vertrags in Fällen gestörter Vertragsparität einer Kontrolle über die zivilrechtlichen Generalklauseln zu unterziehen und gegebenenfalls zur Wahrung beeinträchtigter Grundrechtspositionen eines Ehevertragspartners zu korrigieren. Die Eheschließungsfreiheit stehe einer solchen Inhaltskontrolle nicht entgegen, denn sie rechtfertige nicht die Freiheit zu unbegrenzter Ehevertragsgestaltung und insbesondere nicht eine einseitige ehevertragliche Lastenverteilung. Dementsprechend sei ein Teil des Eherechts herkömmlich zwingendes Recht.
b) Während die vorgenannte Senatsentscheidung unmittelbar nur die Wirksamkeit einer vor der Eheschließung getroffenen ehevertraglichen Vereinbarung betraf, in der sich eine Schwangere u.a. verpflichtet hatte, den Ehemann und Kindesvater für den Fall der Scheidung von Unterhaltsansprüchen des erwarteten Kindes teilweise freizustellen, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Kammerbeschluß vom 29. März 2001 (aaO) diese Rechtsprechung fortgeführt und eine oberlandesgerichtliche Entscheidung beanstandet, die der Ehefrau nur den notwendigen Betreuungsunterhalt zuerkannt, ihre weitergehenden Anträge auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich aber zurückgewiesen hatte. Die Ehegatten hatten vor der Eheschließung nachehelichen Unterhalt sowie Zugewinn- und Versorgungsausgleich vertraglich ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht hätte - so das Bundesverfassungsgericht - die besondere Situation, in der sich die Ehefrau als Schwangere mit schon einem - noch dazu schwerbehinderten - Kind (aus einer anderen Verbindung) bei Vertragsschluß befunden habe und die allein schon ein deutliches Indiz für ihre Unterlegenheit als Vertragspartnerin gewesen sei, zum Anlaß nehmen müssen, den gesamten Vertragsinhalt einer Kontrolle zu unterziehen; dabei hätte es der Frage nachgehen müssen, ob der Ehevertrag die Ehefrau - zumal in ihrer familiären und wirtschaftlich beengten Situation - einseitig und unangemessen belaste.
3. Die Frage, welche Konsequenzen sich aus diesen Entscheidungen für die Beurteilung von Eheverträgen allgemein - also auch in Fällen, in denen die Ehefrau bei Vertragsabschluß nicht schwanger ist - ergeben, wird in der Literatur wie auch in der Fachöffentlichkeit unterschiedlich beantwortet.
a) Differenzen bestehen bereits bei der Beurteilung, wann - allgemein - von einer einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall gesprochen werden kann. So soll nach einer Auffassung eine solche einseitige Lastenverteilung jedenfalls dann vorliegen, wenn der "Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgensystems" berührt sei. Dazu sollen zumindest diejenigen Regelungen des nachehelichen Unterhalts zählen, die an eine ehebedingte Bedürftigkeit anknüpfen , möglicherweise auch der Versorgungsausgleich, nicht dagegen ohne weiteres auch der Zugewinnausgleich (Dauner-Lieb AcP 200 (2001) 295, 319 f.). Nach einer weiteren Auffassung erfordere das Eheverständnis des BGB keine bestimmte Zuordnung oder Teilhabe auf der Vermögensebene. Auch die eheliche Solidarität verlange keine gegenseitige Vermögensbeteiligung, da diese nicht an Bedarfslagen anknüpfe und somit keine unterhaltsrechtliche Funktion erfüllen solle. Bedenken bestünden jedoch, sobald die Vereinbarung der Gütertrennung mit weiteren Abreden verbunden werde, welche die Versorgungslage gerade desjenigen Ehegatten gefährdeten, der nach geplanter oder gelebter Gestaltung der Verhältnisse "ehebedingt" einer sozialen Sicherstellung besonders bedürfe. Auch ohne eine derartige Kumulierung könne eine güterrechtliche Vereinbarung bedenklich sein, wenn mit ihr nicht nur die künftige Vermögenszuordnung geregelt, sondern auf schon begründete Rechtspositionen verzichtet werde. Der Versorgungsausgleich stehe, obwohl auch er nicht
auf Bedarfslagen rekurriere, dem Unterhalt näher als dem Zugewinnausgleich; gleichwohl sei anzunehmen, daß er innerhalb der - hier engeren - gesetzlichen Grenzen der ehevertraglichen Gestaltungsfreiheit unterliege (Schwab DNotZ 2001, 9, 15 ff.). Nach einer dritten Meinung soll die Verantwortung der Ehegatten füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB) zwingendes Recht sein, das zwar dem Selbstverständnis der Beteiligten, nicht aber ehevertraglicher Gestaltung offenstehe (Goebel FamRZ 2003, 1513, 1516). Auf dem Deutschen Familiengerichtstag 2003 hat der Arbeitskreis "Unterhaltsvereinbarungen" zwar einen Unterhaltsverzicht grundsätzlich für zulässig erachtet, nicht aber einen vollen Verzicht auf den Betreuungsunterhalt. Nach dem Votum des Arbeitskreises "Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich" soll ein "Globalverzicht" auf Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich zwar grundsätzlich möglich, aber nur dann unproblematisch sein, wenn eine hinreichende Absicherung der Alters- und Invaliditätsrisiken bestehe.
b) Unterschiedlich wird auch die Bedeutung eingeschätzt, die einem zwischen den Vertragspartnern bestehenden Ungleichgewicht zukommen soll. Zum Teil wird gefolgert, daß eine Unterlegenheit der durch einen Ehevertrag benachteiligten Ehefrau jedenfalls dann zu verneinen sei, wenn diese durch einen Notar über den Inhalt des Vertrags belehrt worden sei und diesen ohne Zeitdruck abgeschlossen habe (Langenfeld DNotZ 2001, 272, 279). Nach anderer Auffassung soll bei besonders ausgeprägter objektiver Benachteiligung eines Ehegatten durch den Ehevertrag eine tatsächliche Vermutung für die Situation der Unterlegenheit dieses Ehegatten sprechen (Schwab DNotZ aaO 15; ähnlich auch der Arbeitskreis "Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich" des Deutschen Familiengerichtstags 2003: "widerlegbare Vermutung"). Von dritter
Seite wird empfohlen, "sich von der verkrampften Suche nach Ungleichge- wichtslagen zu lösen" und die Ehevertragsfreiheit ganz generell im Hinblick auf eine potentielle Einverdienerehe für den Kernbereich des Scheidungsfolgensystems "teleologisch zu reduzieren" (Dauner-Lieb AcP aaO 323; ihr folgend auch Goebel aaO 1518).
c) Ausdrücklich offengelassen hat das Bundesverfassungsgericht die Frage, mit welchen Instrumentarien die Fachgerichte die ihnen aufgegebene Inhaltskontrolle umsetzen sollen. Hierzu wird in der Literatur eine Sanktionierung erwogen, die zwischen § 138 Abs. 1 und § 242 BGB nach dem Ausmaß der Benachteiligung differenziert (Schwab FamRZ 2001, 349, 350; ders. DNotZ aaO 17 f.; Bergschneider FamRZ 2001, 1338, 1340; in diese Richtung auch die obengenannten Arbeitskreise des Deutschen Familiengerichtstags 2003). Dabei werden die engen Grenzen betont, die dem Korrektiv des § 138 BGB gezogen seien; zugleich wird auf die mangelnde strukturelle Eignung einer Wirksamkeitskontrolle hingewiesen, die auf vorformulierte, allgemeine Regelungen zugeschnitten sei (Dauner-Lieb aaO 328). § 138 BGB würde mit seiner Nichtigkeitsfolge auch dem Gebot des geringstmöglichen Eingriffs in die Ehevertragsfreiheit nicht gerecht (Goebel aaO 1519). Soweit die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (etwa Bergschneider FamRZ 2003, 376, 378) und der ergänzenden Vertragsauslegung in Betracht gezogen werden, besteht Einigkeit, daß diese Instrumente - unbeschadet ihrer Abgrenzung im einzelnen - versagen, wenn die Vertragsparteien die später eingetretene Entwicklung auch nur für möglich gehalten und dennoch eine bewußt abschließende Regelung getroffen hätten; genau dies werde aber bei ehevertraglich vereinbarten Verzichten vielfach der Fall sein (Dauner-Lieb aaO 326 f.). Empfohlen wird deshalb vielfach eine Ausübungskontrolle, die der Bundesgerichtshof schon bisher - wie dargelegt - unter Berufung auf § 242 BGB zur Abmilderung der harten Konsequenzen einer grundsätzlich "vollen Ehevertragsfreiheit" genutzt hat (Goebel
aaO 1519 f., Grziwotz FF 2001, 41, 44; Schervier MittBayNot 2001, 213, 214). Dabei wird jedoch zum Teil eine Ausdehnung des Instituts der Ausübungskontrolle gefordert: So solle sich die Ausübungskontrolle auch auf Fallkonstellationen erstrecken, in denen ein Ehevertrag keine Belastung Dritter - etwa gemeinsamer Kinder - bewirke, sondern nur einen der Ehegatten selbst einseitig und unangemessen benachteilige. Außerdem solle die Ausübungskontrolle auch Benachteiligungen eines Ehegatten erfassen, die sich aufgrund von Umständen verwirklichten, die bei Vertragsschluß bereits absehbar gewesen seien und - weil vom ursprünglichen Parteiwillen gedeckt - die Berufung auf die vertragliche Abrede nach bisherigem Verständnis nicht ohne weiteres als rechtsmißbräuchlich erscheinen ließen (Dauner-Lieb aaO 328 f.).
III.
Nach Auffassung des Senats läßt sich nicht allgemein und für alle denkbaren Fälle abschließend beantworten, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung, durch welche Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse oder ihre Vermögensangelegenheiten für den Scheidungsfall abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln, unwirksam ist (§ 138 BGB) oder die Berufung auf alle oder einzelne vertragliche Regelungen unzulässig macht (§ 242 BGB). Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen , der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens. Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:1. Die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich unterliegen grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten; einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kennt das geltende Recht nicht.
a) Zwar hat der Gesetzgeber dem in § 1569 BGB verankerten Grundsatz der nachehelichen unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung eines jeden Ehegatten ein nahezu lückenloses System von Unterhaltsansprüchen gegenübergestellt , die den Schutz des sozial schwächeren Ehegatten nach der Scheidung sichern und insbesondere ehebedingte Nachteile ausgleichen sollen, die er um der Ehe oder der Kindererziehung willen in seinem eigenen beruflichen Fortkommen und dem Aufbau einer entsprechenden Altersversorgung erlitten hat. Andererseits hat er in den §§ 1353, 1356 BGB das - grundgesetzlich geschützte , vgl. Art. 6 GG - Recht der Ehegatten verbürgt, ihre eheliche Lebensgemeinschaft eigenverantwortlich und frei von gesetzlichen Vorgaben entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten. Die auf die Scheidungsfolgen bezogene Vertragsfreiheit ist insoweit eine notwendige Ergänzung dieses verbürgten Rechts und entspringt dem legitimen Bedürfnis, Abweichungen von den gesetzlich geregelten Scheidungsfolgen zu vereinbaren , die zu dem individuellen Ehebild der Ehegatten besser passen. So können etwa Lebensrisiken eines Partners, wie sie z.B. in einer bereits vor der Ehe zutage getretenen Krankheit oder in einer Ausbildung angelegt sind, die offenkundig keine Erwerbsgrundlage verspricht, von vornherein aus der gemeinsamen Verantwortung der Ehegatten füreinander herausgenommen werden. Auch der Gedanke der nicht allein auf die Ehezeit beschränkten ehelichen Solidarität - und zwar auch in der bloß programmatischen und in seinen Konturen unscharfen Ausformung des 1998 mit dem Eheschließungsrecht eingeführten § 1353 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB, der eine gegenseitige Verantwortung der Ehegatten füreinander vorgibt (vgl. dazu Wagenitz, Festschrift für Rolland 1999,
379, 381 f.) - ist weder dazu bestimmt noch geeignet, unterhaltsrechtliche Pflichten, in denen sich die nacheheliche Solidarität konkretisiert, als zwingendes , der Disposition der Parteien entzogenes Recht zu statuieren (so aber wohl Goebel aaO S. 1516). § 1585 c BGB enthält dementsprechend auch keine Einschränkung in Richtung eines unverzichtbaren Mindestgehalts an Rechten.
b) Der Zugewinnausgleich ist weniger Ausfluß nachehelicher Solidarität als Ausdruck einer Teilhabegerechtigkeit, die zwar im Einzelfall ehebedingte Nachteile ausgleichen kann, in ihrer Typisierung aber weit über dieses Ziel hinausgreift und nicht zuletzt deshalb von § 1408 Abs. 1 BGB der Disposition der Ehegatten unterstellt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar in anderem Zusammenhang verdeutlicht, daß Leistungen, die Ehegatten im gemeinsamen Unterhaltsverband für die eheliche Gemeinschaft erbringen, unabhängig von ihrer ökonomischen Bewertung gleichgewichtig sind und daß deshalb beide Ehegatten grundsätzlich auch Anspruch auf gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten haben (BVerfG FamRZ 2002, 527, 529). Diese fiktive Gleichgewichtung schließt jedoch die Möglichkeit der Ehegatten, ihrer individuell vereinbarten Arbeitsteilung oder einer evident unterschiedlichen ökonomischen Bewertung ihrer Beiträge in der Ehe durch eine vom Gesetz abweichende einvernehmliche Regelung angemessen Rechnung zu tragen, nicht aus. Auch bleibt es ihnen unbenommen, im Einzelfall als unbillig empfundenen Ergebnissen des gesetzlichen Güterstandes - etwa im Hinblick auf Wertsteigerungen des Anfangsvermögens - durch die vom Gesetz eröffnete Wahl der Gütertrennung zu begegnen.
c) Diese Überlegungen gelten - jedenfalls im Grundsatz - auch für den Versorgungsausgleich, der sich zwar seiner Zielrichtung nach als ein vorweggenommener Altersunterhalt verstehen läßt, andererseits aber dem Mechanismus des Zugewinnausgleichs nachgebildet ist. § 1408 Abs. 2 BGB erlaubt des-
halb ausdrücklich ehevertragliche Modifikationen auch des Versorgungsausgleichs bis hin zu seinem gänzlichen Ausschluß, die allerdings unwirksam werden , wenn ein Ehegatte binnen Jahresfrist die Scheidung beantragt. Auch im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Scheidung können die Ehegatten gemäß § 1587 o BGB Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich treffen. Diese bedürfen dann allerdings der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1587 o Abs. 2 BGB und erfordern eine richterliche Inhaltskontrolle, die auch die Unterhaltsregelung und die Vermögensauseinandersetzung berücksichtigen und auf einen nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten Bedacht nehmen muß. 2. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf indes nicht dazu führen, daß der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift.
a) Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB), der schon im Hinblick auf seine Ausrichtung am Kindesinteresse nicht der freien Disposition der Ehegatten unterliegt. Freilich ist auch er nicht jeglicher Modifikation entzogen. So lassen sich immerhin Fälle denken, in de-
nen die Art des Berufs es der Mutter erlaubt, Kinderbetreuung und Erwerbstä- tigkeit miteinander zu vereinbaren, ohne daß das Kind Erziehungseinbußen erleidet. Auch erscheint eine ganztägige Betreuung durch die Mutter nicht als unabdingbare Voraussetzung für einen guten Erziehungserfolg, so daß sich Ehegatten auch darüber verständigen könnten, ab einem bestimmten Kindesalter Dritte zur Betreuung heranzuziehen, um einen möglichst frühen Wiedereintritt der Mutter in das Berufsleben zu ermöglichen. Bei der Ausrichtung am Kernbereich der Scheidungsfolgen wird man im übrigen für deren Disponibilität eine Rangabstufung vornehmen können, die sich in erster Linie danach bemißt, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage haben. So ist die Absicherung des laufenden Unterhaltsbedarfs für den Berechtigten in der Regel wichtiger als etwa der Zugewinn- oder der spätere Versorgungsausgleich. Innerhalb der Unterhaltstatbestände wird - nach dem Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) - dem Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB) und dem Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) Vorrang zukommen. Zwar knüpfen diese beiden letzteren Unterhaltstatbestände nicht an ehebedingte Nachteile an. Das bedeutet jedoch nicht, daß sie nicht zum Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgenregelung gehören und der uneingeschränkten Disposition der Ehegatten unterstehen. Gerade indem das Gesetz sich hier mit einem bloß zeitlichen Zusammenhang mit der Ehe begnügt, mißt es diesen Einstandspflichten als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei - was freilich einen Verzicht nicht generell ausschließt, etwa wenn die Ehe erst nach Ausbruch der Krankheit oder im Alter geschlossen wird. Die Unterhaltspflicht wegen Erwerbslosigkeit (§ 1573 BGB) erscheint demgegenüber nachrangig, da das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4; vgl. auch § 1573 Abs. 5 BGB). Ihr folgen Krankenvorsorge- und Altersvorsorge-
unterhalt (§ 1578 Abs. 2 1. Variante, Abs. 3 BGB). Am ehesten verzichtbar erscheinen Ansprüche auf Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2, § 1575 BGB), da diese Unterhaltspflichten vom Gesetz am schwächsten ausgestaltet und nicht nur der Höhe (vgl. § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB), sondern auch dem Grunde nach zeitlich begrenzbar sind (§ 1573 Abs. 5, § 1575 Abs. 1 Satz 2 BGB).
b) Auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt rangiert der Versorgungsausgleich. Als vorweggenommener Altersunterhalt steht er vertraglicher Disposition nur begrenzt offen. Vereinbarungen über ihn müssen deshalb nach denselben Kriterien geprüft werden wie ein vollständiger oder teilweiser Unterhaltsverzicht. Als Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen ist der Versorgungsausgleich andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt; das mag - jedenfalls bei deutlich gehobenen Versorgungsverhältnissen - eine weitergehende Dispositionsbefugnis rechtfertigen.
c) Der Zugewinnausgleich erweist sich ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich. Das Eheverständnis erfordert, worauf Schwab (aaO S. 16) mit Recht hingewiesen hat, keine bestimmte Zuordnung des Vermögenserwerbs in der Ehe. Die eheliche Lebensgemeinschaft war und ist - auch als gleichberechtigte Partnerschaft von Mann und Frau - nicht notwendig auch eine Vermögensgemeinschaft. Auch die vom Bundesverfassungsgericht (FamRZ 2002 aaO S. 529) - für das Recht des nachehelichen Unterhalts - betonte Gleichgewichtigkeit von Erwerbstätigkeit und Familienarbeit hat keine bestimmte Strukturierung der ehelichen Vermögenssphäre zur Folge. Wie § 1360 Satz 2 BGB (vgl. auch § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) verdeutlicht, sind nicht etwa das Erwerbseinkommen des einen und die Haushaltsführung des anderen Ehegatten einander gleichwertig. Für die Erfüllung des Anspruchs auf Familienunterhalt gleiches Gewicht haben nur die Unterhaltsbeiträge, welche die Ehe-
gatten aus ihrem Erwerbseinkommen oder als Familienarbeit erbringen (BVerfG FamRZ 2002 aaO; so auch Gernhuber/Coester-Waltjen Lehrbuch des Familienrechts 4. Aufl. § 34 I 5 S. 495, insbes. Fußn. 4). Zwar sieht der gesetzliche Gü- terstand eine gleiche Teilhabe der Ehegatten am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen vor. Dem liegt die typisierende Vorstellung zugrunde, daß die Ehegatten in ökonomisch gleichwertiger Weise zur Vermögensbildung beitragen. Diese - nur fiktive - Gleichwertigkeit hindert die Ehegatten jedoch nicht, durch Modifizierung oder Abwahl des Regelgüterstandes ihre interne Vermögensordnung einvernehmlich an die individuellen Verhältnisse ihrer konkret beabsichtigten oder gelebten Eheform anzupassen und dabei auch eigene ökonomische Bewertungen an die Stelle der gesetzlichen Typisierung zu setzen. Schließlich fordert auch das Gebot ehelicher Solidarität keine wechselseitige Vermögensbeteiligung der Ehegatten: Deren Verantwortung füreinander (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 2. Halbs. BGB) tritt bei konkreten und aktuellen Versorgungsbedürfnissen auf den Plan; ihr trägt - wie gezeigt - das geltende Unterhaltsrecht Rechnung. Das geltende Güterrecht knüpft demgegenüber nicht an Bedarfslagen an; die vom Regelgüterstand verfolgte Gewinnbeteiligung hat keine unterhaltsrechtlichen Funktionen (Schwab aaO). Zwar wird bei einer Gesamtschau die Versorgungslage des nicht- oder nicht voll erwerbstätigen Ehegatten im Einzelfall auch durch das Ehevermögensrecht mitbestimmt. Grob unbillige Versorgungsdefizite, die sich aus den für den Scheidungsfall getroffenen Absprachen der Ehegatten ergeben, sind jedoch vorrangig im Unterhaltsrecht - weil bedarfsorientiert - und allenfalls hilfsweise durch Korrektur der von den Ehegatten gewählten Vermögensordnung zu kompensieren. 3. Ob aufgrund einer vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht abweichenden Vereinbarung eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, hat der Tatrichter zu prüfen. Diese Aufgabe wird nicht dadurch obsolet, daß der belastete
Ehegatte durch einen Notar hinreichend über den Inhalt und die Konsequenzen des Vertrages belehrt wurde (a.A. Langenfeld aaO), zumal eine solche Überprüfung und Belehrung ohnehin nur bei Vereinbarungen in notarieller Form stattfindet, wie sie von § 1408 Abs. 1 i.V. mit § 1410, § 1587 o Abs. 2 Satz 1 BGB vorgeschrieben wird, nicht dagegen bei Unterhaltsvereinbarungen, die - was § 1585 c BGB zuläßt - privatschriftlich oder formlos getroffen werden.
a) Der Tatrichter hat dabei zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, daß ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, daß an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluß abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlaßt und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne daß dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten, den von ihnen angestrebten oder gelebten
Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird.
b) Soweit ein Vertrag danach Bestand hat, muß der Richter sodann - im Rahmen der Ausübungskontrolle - prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht mißbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, daß diese durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (§ 242 BGB). Dafür sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluß der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrundeliegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Nacheheliche Solidarität wird dabei ein Ehegatte regelmäßig nicht einfordern können, wenn er seinerseits die eheliche Solidarität verletzt hat; soweit ein angemessener Ausgleich ehebedingter Nachteile in Rede steht, werden dagegen Verschuldensgesichtspunkte eher zurücktreten. Insgesamt hat sich die gebotene Abwägung an der Rangordnung der Scheidungsfolgen zu orientieren: Je höherrangig die vertraglich ausgeschlossene und nunmehr dennoch geltend gemachte Scheidungsfolge ist, um so schwerwiegender müssen die Gründe sein, die - unter Berücksichtigung des inzwischen einvernehmlich verwirklichten tatsächlichen Ehezuschnitts - für ihren Ausschluß sprechen.
Hält die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluß der Scheidungsfolge der richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führt dies im Rahmen des § 242 BGB noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Auch wird dadurch nicht notwendig die vom Gesetz vorgesehene, aber vertraglich ausgeschlossene Scheidungsfolge in Vollzug gesetzt. Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt. Dabei wird er sich allerdings um so stärker an der vom Gesetz vorgesehenen Rechtsfolge zu orientieren haben, je zentraler diese Rechtsfolge im Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts angesiedelt ist.
IV.
Die angefochtene Entscheidung wird den dargestellten Anforderungen an die richterliche Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle unterhaltsrechtlicher oder ehevertraglicher Vereinbarungen nicht gerecht. 1. Das Oberlandesgericht hat den Vertrag insgesamt als unwirksam angesehen , weil die Antragsgegnerin auf die Unterhaltsansprüche aus den §§ 1571 bis 1576 BGB, auf Zugewinn- und Versorgungsausgleich verzichtet habe und damit eine unangemessene, einseitig zu ihren Lasten gehende Regelung getroffen worden sei. Daß die Parteien den Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB bestehen gelassen haben, ändere an dieser Beurteilung nichts, da es sich dabei nur um den Mindestunterhalt handele, der einem erziehendenElternteil im Interesse der betreuungsbedürftigen Kinder nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohnehin nach § 242 BGB zu belassen sei. Diese Auffassung des Oberlandesgerichts wird von den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht getragen. Eine solche Unwirksamkeit könnte sich, wie ausgeführt, nur aus § 138 Abs. 1 BGB - im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der vereinbarten Regelungen - ergeben (Wirksamkeitskontrolle ). Die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen die guten Sitten sind jedoch weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
a) Welche Gründe die Parteien zum Abschluß ihrer Vereinbarung veranlaßt haben, ist nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht festgestellt, welche Motive die Antragsgegnerin bewogen haben, vertraglich auf einen Teil der ihr für den Fall einer etwaigen Scheidung zustehenden Rechte zu verzichten. Das Oberlandesgericht geht von einer Unterlegenheit der Antragsgegnerin beim Vertragsschluß aus, die der Antragsteller mißbraucht habe. Angesichts der Beschränkung des § 138 Abs. 1 BGB auf gravierende Verletzungen der sittlichen Ordnung fehlt für eine solche Einschätzung bereits die tatsächliche Grundlage. Die Antragsgegnerin war beim Vertragsschluß bereits seit mehr als zwei Jahren mit dem Antragsteller verheiratet und nicht erneut schwanger. Sie verfügte über eine akademische Ausbildung, die sie bereits erfolgreich beruflich genutzt hatte; die mit der Geburt ihres (ersten) Kindes einhergegangene Unterbrechung ihrer Berufsausübung lag wenig mehr als zwei Jahre zurück. Eine völlige wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragsgegnerin vom Antragsteller, wie sie das Oberlandesgericht seiner Beurteilung zugrunde legt, ist damit noch nicht dargetan. Der vom Oberlandesgericht hervorgehobene Umstand, daß die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft auf Wunsch des Antragstellers eine von ihr angestrebte Promotion nicht betrieben hat, ist für die Frage der Sittenwidrigkeit ihres Verzichts auf gesetzliche Scheidungsfolgen ohne Belang. Das
gilt auch für die gute Einkommens- und Vermögenslage des Antragstellers, auf die das Oberlandesgericht abhebt, ohne sie allerdings für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses festzustellen. Insbesondere läßt sich aus der günstigen finanziellen Situation des Antragstellers keine Zwangslage der Antragsgegnerin herleiten, die sie veranlaßt haben könnte, sich auf einen teilweisen Verzicht der ihr vom Gesetz für den Scheidungsfall eingeräumten und gerade bei überdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen - wie das Oberlandesgericht ausführt - besonders "werthaltigen" Rechte einzulassen.
b) Auch der objektive Gehalt der von den Parteien getroffenen notariellen Vereinbarung vermag nach den bisherigen Feststellungen den Vorwurf eines Verstoßes gegen die guten Sitten nicht zu begründen. Denn der unmittelbare Kernbereich der gesetzlichen Scheidungsfolgen wird von der Vereinbarung nicht tangiert. Vielmehr haben die Parteien den Unterhalt insoweit nicht abbedungen, als "ein Unterhaltsanspruch der Ehefrau wegen Kinderbetreuung" in Frage steht. Diese Regelung sollte im übrigen - nach der vom Oberlandesgericht unterlassenen und vom Senat daher nachzuholenden Auslegung der Vereinbarung - nicht nur den Anspruch erfassen, der sich im Falle ganztätig notwendiger Kinderbetreuung allein aus § 1570 BGB ergibt. Vielmehr war - nach rechtem Verständnis - auch der Anspruch auf Aufstokkungsunterhalt gemäß § 1573 Abs. 2 BGB umfaßt, der neben den Teilanspruch aus § 1570 BGB tritt, wenn einem Ehegatten wegen fortschreitenden Alters der Kinder eine Teilerwerbstätigkeit obliegt. Nach der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 13. Dezember 1989 - IVb ZR 79/89 - FamRZ 1990, 492, 493 f.) reicht in diesem Fall der Unterhaltsanspruch aus § 1570 BGB nur soweit, wie die Kindesbetreuung einen Ehegatten an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit hindert. Soweit der ihm hiernach zustehende Unterhalt aus § 1570 BGB zusammen mit dem Einkommen aus einer Teilerwerbstätigkeit zur Deckung
seines vollen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) nicht ausreicht, kommt ein zusätzlicher Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB in Betracht. Es kann hier nicht davon ausgegangen werden, daß die Parteien der Antragsgegnerin nur denjenigen Unerhaltsteilanspruch belassen wollten, der sich unmittelbar aus § 1570 BGB herleiten läßt, zumal diese Differenzierung vom Senat erst nach Vertragsschluß entwickelt worden ist. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Vereinbarung sollte vielmehr der Unterhaltsverzicht der Antragsgegnerin auf die Zeit nach dem Wegfall jeglicher Kindesbetreuung beschränkt werden. Für die Zeit der vollen oder teilweisen Betreuungsbedürftigkeit der Kinder sollte sie dagegen Unterhalt nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften verlangen können, und zwar gleichgültig, ob er unmittelbar nur auf § 1570 BGB oder teilweise auch auf § 1573 Abs. 2 BGB beruht. Auch der Höhe nach ergibt sich aus der Vereinbarung keine Einschränkung , etwa auf den Mindestunterhalt. Beide Teilansprüche sollten sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmen und der Antragsgegnerin die Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards gewährleisten. Mit dem Unterhalt wegen Krankheit und Alters haben die Parteien zwar gewichtige Scheidungsfolgen abbedungen. Dies könnte - im Zusammenhang mit den weiteren Regelungen - den Vorwurf der Sittenwidrigkeit aber allenfalls dann begründen, wenn die Parteien bei ihrer Lebensplanung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses einvernehmlich davon ausgegangen wären, daß die Antragsgegnerin sich dauerhaft oder doch langfristig völlig aus dem Erwerbsleben zurückziehen und der Familienarbeit widmen sollte; denn nur in diesem Falle wäre der Antragsgegnerin der Aufbau einer eigenen Sicherung gegen die Risiken von Alter oder Krankheit auf Dauer verwehrt und würde eine stete Abhängigkeit vom Antragsteller begründet. Eine solche einvernehmliche Lebensplanung ist jedoch nicht festgestellt.
Zwar wird der vereinbarte Verzicht auf Unterhalt wegen Alters in seiner die Antragsgegnerin benachteiligenden Wirkung dadurch verstärkt, daß die Parteien auch den Versorgungsausgleich ausgeschlossen haben. Dieser Ausschluß wird jedoch durch die vertragliche Verpflichtung des Antragstellers gemildert , für die Ehefrau eine Kapitellebensversicherung abzuschließen und zu unterhalten. Der Umstand, daß - nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts - der Antragsgegnerin bei Durchführung des Versorgungsausgleichs Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von rund 590 DM zu übertragen gewesen wären, zu deren Begründung ein Einmalbetrag von rund 128.000 DM hätte eingezahlt werden müssen, mag die Bedeutung dieser Lebensversicherung über nominal 80.000 DM als Kompensation für den Ausschluß des Versorgungsausgleichs möglicherweise im Nachhinein relativieren. Für eine Sittenwidrigkeit der Abrede läßt sich daraus jedoch nichts herleiten. Denn es ist nicht ersichtlich, daß schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhersehbar war, daß der Antragsteller künftig Versorgungsanrechte erwerben werde, von denen er rund 590 DM auf die Antragsgegnerin übertragen müßte. Zudem ist die Versicherungssumme einer Kapitallebensversicherung mit der aus dieser Versicherung später zu erwartenden Ablaufleistung (nach Auskunft der Versicherung hier: 172.294 DM) nicht identisch; beide Größen sind überdies schon ihrer Funktion nach mit dem Einmalbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vergleichbar. Das Oberlandesgericht weist zwar zutreffend darauf hin, daß die Kapitallebensversicherung der Antragsgegnerin keinen Invaliditätsschutz verschaffe. Jedoch vermittelt auch die gesetzliche Rentenversicherung dem versorgungsausgleichsberechtigten Ehegatten Invaliditätsschutz nicht schlechthin, sondern nur unter der Voraussetzung einer dreijährigen Zahlung von Pflichtbeiträgen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI; vgl. auch § 1587 o Abs. 2 Satz 4 BGB, der in seiner seit dem 1. Januar 2000 geltenden
Fassung nicht mehr die Eignung alternativer Sicherungen auch "für den Fall der Erwerbsunfähigkeit" verlangt). Der von den Parteien vereinbarte Ausschluß der Unterhaltspflicht für den Fall der Arbeitslosigkeit sowie der Verzicht auf Aufstockungsunterhalt (für die Zeit nach der Kinderbetreuung) und auf Billigkeitsunterhalt rechtfertigen - schon nach ihrer Bedeutung im System des Scheidungsfolgenrechts - das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht. Für den Ausschluß des gesetzlichen Güterstandes gilt nichts anderes. 2. Sofern sich ergibt, daß die von den Parteien getroffenen Abreden - auch in subjektiver Hinsicht - einer richterlichen Wirksamkeitskontrolle am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB standhalten, bleibt zu prüfen, ob und inwieweit der Antragsteller durch § 242 BGB gehindert wird, sich auf den vereinbarten Ausschluß einzelner Scheidungsfolgen zu berufen (Ausübungskontrolle).
a) Für die Zeit der Betreuungsbedürftigkeit der Kinder ist der Antragsteller , wie dargelegt, schon deshalb zur Unterhaltsleistung verpflichtet, weil die Parteien seine Unterhaltspflicht insoweit nicht ausgeschlossen haben; das Oberlandesgericht hat ihn deshalb dem Grunde nach zu Recht zur Unterhaltszahlung verurteilt. Für die Zeit nach der Kinderbetreuung könnte sich eine Unterhaltspflicht des Antragstellers namentlich aus § 1573 Abs. 2 BGB ergeben. Falls sich der von der Antragsgegnerin vertraglich erklärte Verzicht auf diesen Unterhalt nicht schon als nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig erweist und ein solcher Anschlußunterhalt zur Entscheidung steht, wird zu prüfen sein, inwieweit sich der Antragsteller gemäß § 242 BGB auf diesen Verzicht berufen kann. Im Rahmen dieser Ausübungskontrolle wird der Tatrichter zu erwägen haben, daß die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Geburt des ersten Kindes ihre Be-
rufstätigkeit eingestellt und sich der Familienarbeit sowie später einer selbständigen Erwerbstätigkeit gewidmet hat, die zwar nicht ihrer durch Ausbildung erworbenen Qualifikation entspricht, die sich aber offenbar mit der Haushaltsführung und der Betreuung der - inzwischen zwei - Kinder vereinbaren läßt. Mit der Aufgabe ihrer Berufstätigkeit hat die Antragsgegnerin ein Risiko auf sich genommen , das sich mit dem Scheitern der Ehe der Parteien zu einem Nachteil verdichtet, wenn die Betreuungsbedürftigkeit der gemeinsamen Kinder endet und sich erweisen sollte, daß der Antragsgegnerin ein "Wiedereinstieg" in ihren erlernten Beruf nicht oder nur unter deutlich ungünstigeren Konditionen möglich ist. Entsprach es einem gemeinsamen Entschluß der Parteien, daß die Antragsgegnerin im Interesse der Familie dauerhaft auf eine weitere Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf verzichten sollte, so könnte es unbillig erscheinen, wenn der Antragsteller die sich hieraus ergebenden nachteiligen Konsequenzen unter Berufung auf die notarielle Abrede allein der Antragsgegnerin aufbürdet. Zwar dürfte der Antragsgegnerin aufgrund des - hier als wirksam unterstellten - Unterhaltsverzichts Aufstockungsunterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1573 Abs. 2, § 1578 Abs. 1 BGB) zu versagen sein. Im Rahmen tatrichterlicher Ausübungskontrolle könnte der Antragsgegnerin aber gleichwohl ein Unterhaltsanspruch zuerkannt werden, der jedenfalls ihre ehebedingten Erwerbsnachteile ausgleicht. Dessen Höhe könnte nach der Differenz des Einkommens , das die Antragsgegnerin aus einer ihrer Ausbildung entsprechenden kontinuierlich ausgeübten Berufstätigkeit erzielen könnte (§ 287 ZPO), und dem Verdienst bemessen werden, den sie aus einer ihr nach dem Berufsverzicht noch möglichen und zumutbaren vollen Erwerbstätigkeit erlöst oder doch erlösen könnte; seine Grenze fände ein solcher Anspruch jedenfalls an dem nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen vollen Unterhalt.
b) Die vom Oberlandesgericht ausgesprochene Verpflichtung des Antragstellers zur Auskunft über seinen in der Ehe erzielten Zugewinn kann, falls
sich der Ehevertrag nicht schon nach § 138 Abs. 1 BGB als unwirksam erweist, nur Bestand haben, wenn der Antragsteller gemäß § 242 BGB gehindert ist, sich auf die von den Parteien vereinbarte Gütertrennung zu berufen. Das ist - jedenfalls auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht bislang getroffenen Feststellungen - nicht der Fall. Der Zugewinnausgleich wird vom Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts nicht umfaßt; er zeigt sich, wie dargelegt, vertraglicher Gestaltung in weitem Umfang offen. Die Berufung auf eine wirksam vereinbarte Gütertrennung wird sich deshalb nur unter engsten Voraussetzungen als rechtsmißbräuchlich erweisen - so etwa dann, wenn die Ehegatten bei ihrer Abrede von beiderseitiger, ökonomisch vergleichbar gewinnbringender Berufstätigkeit ausgegangen sind, diese Planung sich aber später nicht verwirklichen läßt. In solchen und ähnlichen Ausnahmefällen mögen besondere Verhältnisse es ungeachtet der getroffenen Abreden als unbillig erscheinen lassen, daß der nicht erwerbstätige Ehegatte im Nachhinein um die Früchte seiner Mitarbeit in der Ehe gebracht würde. So liegen die Dinge hier indes nicht. Insbesondere hindert der vom Oberlandesgericht betonte Umstand, daß die Antragsgegnerin sich in der Ehe der Haushaltsführung und Kindererziehung gewidmet hat, für sich genommen den Antragsteller nach Treu und Glauben nicht, sich auf eine von den Parteien wirksam vereinbarte Gütertrennung zu berufen. Zwar mag es der Antragsgegnerin - angesichts ihres zugunsten der Familie erklärten zumindest vorläufigen Verzichts auf eine eigene Erwerbstätigkeit und im Hinblick auf die Dauer ihrer Ehe - nicht mehr zuzumuten sein, sich nunmehr - nach der Scheidung - mit einem Lebensstandard zu begnügen, der ihren eigenen, durch fehlende zwischenzeitliche Berufstätigkeit möglicherweise deutlich verminderten Erwerbschancen entspricht. Abhilfe ist in solchen Fällen jedoch nicht mit einer die ehevertraglichen Abreden unterlaufenden Vermögensteilhabe zu bewirken; vielmehr ist ein die eigenen Einkünfte übersteigender Bedarf des in der Ehe
nicht erwerbstätigen Ehegatten systemgerecht mit den Instrumenten des Unterhaltsrechts zu befriedigen. Dies gilt auch, soweit die gesetzlichen Unterhaltsansprüche wirksam abbedungen sind; in diesem Fall kann - wie gezeigt - eine im Wege richterlicher Ausübungskontrolle zuzuerkennende Unterhaltsrente ehebedingte Nachteile einzelfallgerecht kompensieren. Auch die übrigen vom Oberlandesgericht angeführten Gesichtspunkte vermögen den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs nicht zu tragen. Ein - zumindest in den letzten Jahren - besonders hohes Einkommen des Antragstellers erzwingt eine der getroffenen Güterstandsabrede widersprechende Teilhabe der Antragsgegnerin nicht; dies gilt auch für die nicht näher belegte Annahme, die - in ihrem Ladengeschäft ganztags tätige - Antragsgegnerin habe es dem Antragsteller durch ihre Führung des Haushalts und die Betreuung der Kinder erst ermöglicht, sich voll seiner Berufstätigkeit zu widmen. Die Belange der gemeinsamen Kinder werden durch die Zuordnung des elterlichen Vermögens nicht berührt. Andere für § 242 BGB erhebliche Umstände sind nicht ersichtlich.
V.
Die angefochtene Entscheidung kann nach allem keinen Bestand haben. Der Senat vermag auf der Grundlage der vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen in der Sache nicht abschließend zu entscheiden. Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es die für die gebotene Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle erforderlichen Feststellungen nachholt. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:1. Die Antragsgegnerin kann, wie dargelegt, für die Zeit der Betreuungsbedürftigkeit der gemeinsamen Kinder vom Antragsteller Unterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse beanspruchen. Bei der Bemessung dieses Unterhalts hat das Oberlandesgerichts zutreffend einen objektiven Maßstab angelegt und denjenigen Lebensstandard für entscheidend erachtet, der vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters bei Berücksichtigung der konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse angemessen erscheint. Nur in diesem Rahmen kann das tatsächliche Konsumverhalten der Ehegatten während des ehelichen Zusammenlebens Berücksichtigung finden (vgl. etwa Senatsurteil vom 25. Januar 1984 - IVb ZR 43/82 - FamRZ 1984, 358, 360 f.). Deshalb bleibt, wie das Oberlandesgericht im Grundsatz mit Recht annimmt, eine aus dieser Sicht zu dürftige Lebensführung der Parteien für die Bedarfsbestimmung der Antragsgegnerin außer Betracht. Dennoch dürfte nicht - wie im angefochtenen Urteil geschehen - für die Bemessung der ehelichen Lebensverhältnisse schlechthin auf das aktuelle und mit 27.000 DM außerordentlich hohe Nettoeinkommen des Antragstellers abgehoben werden. Eine solche Betrachtung verkennt die tatsächlichen Unsicherheiten, denen die Beibehaltung eines solchen Einkommensniveaus im Wirtschaftsleben und insbesondere im Beruf des Antragstellers unterworfen ist. Diese Unsicherheiten dürfen es auch bei Anlegung eines objektiven Maßstabs nicht ohne weiteres geraten erscheinen lassen, den Lebensstandard einer auf Konstanz ihrer Lebensführung bedachten Familie an den jeweils aktuellen Einkommensverhältnissen auszurichten. Zudem wird bei einer solchen Betrachtung übersehen, daß ein Einkommen in der vom Oberlandesgericht festgestellten Höhe - auch und gerade vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters - üblicherweise nicht allein zu Konsumzwecken eingesetzt wird, sondern zu einem nicht unerheblichen Teil der Vermögensbildung dient (vgl. Senatsurteile vom 1. Oktober 1986 - IVb ZR 68/85 - FamRZ 1987, 36, 39 und vom 18. Dezember 1991 - XII ZR 2/91 - FamRZ 1992, 423, 424).
Inwieweit es danach für Unterhaltszwecke nicht zur Verfügung steht, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung, der das Oberlandesgericht nachzugehen hat. 2. Das Oberlandesgericht hat den vom Antragsteller zu befriedigenden Unterhaltsbedarf der Antragsgegnerin konkret bemessen und deren Unterhalt anhand einer Auflistung von Bedarfspositionen ermittelt. Das dürfte im Ansatz nicht zu beanstanden sein. Allerdings hat das Oberlandesgericht unberücksichtigt gelassen, daß die Antragsgegnerin vom Antragsteller für die beiden gemeinsamen Kinder Unterhalt nach dem höchsten Satz der Düsseldorfer Tabelle erhält. In diesen Unterhaltssätzen sind Bedarfsbeträge - namentlich für Wohnund Wohnnebenkosten - berücksichtigt, die auch in den für die Antragsgegnerin aufgelisteten Bedarfsbeträgen enthalten sind und für sie und die Kinder nur einmal anfallen. Deshalb müßten bei den für die Antragsgegnerin in Ansatz gebrachten Bedarfspositionen Leistungen, die der Antragsteller bereits im Rahmen des Kindesunterhalts teilweise erbringt, anspruchsmindernd berücksichtigt werden. Das hat das Oberlandesgericht - soweit ersichtlich - nicht getan.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Antragsgegnerin, die durch notariell beurkundeten Ehevertrag teilweise auf Scheidungsfolgen verzichtet hatte, nimmt den Antragsteller im Rahmen eines Scheidungsverbundverfahrens (u.a.) im Wege der Stufenklage auf Auskunft hinsichtlich seiner Einkünfte und seines Endvermögens in Anspruch. Der 1953 geborene Antragsteller und die 1959 geborene Antragsgegnerin schlossen am 16. März 1990 miteinander die Ehe, aus welcher der am 19. April 1990 geborene Sohn C. hervorging.Am 14. März 1990 schlossen die Parteien einen notariellen Ehevertrag, in dem sie Gütertrennung vereinbarten sowie grundsätzlich auf Versorgungsausgleich und nachehelichen Unterhalt verzichteten. Der Antragsteller verpflichtete sich jedoch, für die Antragsgegnerin vom Tage der Heirat an monatliche Rentenversicherungsbeiträge zu zahlen, deren Höhe mindestens 2/3 des Beitrags betragen sollte, der nach dem höchsten Rentenbemessungsbetrag bezahlt werden müsse. Diese Verpflichtung sollte - und zwar unabhängig von der Höhe des jeweiligen, vom Einkommen der Ehefrau bestimmten Rentenversicherungsbeitrags - für den Zeitraum entfallen, in dem die Ehefrau durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder aus sonstigen Gründen kraft Gesetzes rentenversicherungspflichtig würde, jedoch bei ihrem Ausscheiden wieder aufleben. Im übrigen sollte die Verpflichtung mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages eines Ehegatten enden. Im Falle des Verzugs mit drei Beiträgen sollte die Ehefrau berechtigt sein, vom Ausschluß des Versorgungsausgleichs zurückzutreten. Hinsichtlich des Unterhalts vereinbarten die Parteien im Einzelnen: "Wir verzichten weiter für den Fall der Scheidung unserer Ehe gegenseitig auf die Gewährung nachehelichen Unterhalts auch für den Fall des Notbedarfs und der veränderten Umstände. Jeder von uns nimmt den Verzicht des anderen hiermit an. Dieser Unterhaltsverzicht ist auflösend bedingt für den Fall, daß aus unserer Ehe ein oder mehrere gemeinsame Kinder hervorgehen. Dabei gehen wir davon aus, daß in diesem Fall einer von uns einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit nicht mehr oder nicht mehr in der bisherigen Weise nachgehen kann.
Für diesen Fall soll der zu gewährende Unterhalt wie folgt geregelt werden : Der unterhaltsberechtigte Ehegatte, dem die elterliche Sorge für unsere ehelichen Abkömmlinge bzw. einen Abkömmling übertragen ist und der diese elterliche Sorge auch ausübt, erhält von dem unterhaltspflichtigen Ehegatten einen monatlichen Unterhalt von 2.000 DM, bis das jüngste gemeinsame Kind das sechste Lebensjahr vollendet hat. Voraussetzung ist allerdings, daß der Unterhaltsberechtigte wegen der Erziehung und Betreuung des oder der Kinder nicht in der Lage ist, für seinen Unterhalt zu sorgen. Für den Zeitraum von der Vollendung des sechsten bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes erhält der unterhaltsberechtigte Ehegatte, falls er bis dahin immer noch die Erziehung und Betreuung übernommen hat, einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.000 DM. Nach Vollendung des vierzehnten Lebensjahres des jüngsten gemeinsamen Kindes entfällt jeglicher Unterhaltsanspruch des unterhaltsberechtigten Ehegatten. Allerdings erhält er unabhängig von dem Alter des oder der Kinder, auch für den Fall, daß das jüngste gemeinsame Kind das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, begrenzt auf den Zeitraum von zwei Jahren nach Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.000 DM. Im übrigen endet der Unterhaltsanspruch des Unterhaltsberechtigten einmal im Fall der Wiederverheiratung, aber auch für den Fall, wenn der
Unterhaltsberechtigte eine nichteheliche Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner eingeht. Der an den oder die gemeinschaftlichen Abkömmlinge zu zahlende Unterhalt wird von dieser Vereinbarung nicht betroffen. Er errechnet sich für den Fall der Scheidung nach den dann geltenden gesetzlichen Bestimmungen.“ Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien geschieden und ausgesprochen , daß ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Im übrigen hat es der Antragsgegnerin Unterhalt in Höhe von monatlich 2.000 DM für die Dauer von zwei Jahren ab Rechtskraft der Scheidung und in Höhe von monatlich 1.000 DM für die Zeit danach bis zum 30. April 2004 zugesprochen. Das darüber hinaus gehende Begehren der Antragsgegnerin auf Unterhalt und auf Zugewinnausgleich , das sie im Wege der Stufenklage verfolgte, hat das Amtsgericht insgesamt abgewiesen. Die hiergegen unbeschränkt eingelegte Berufung hat die Antragsgegnerin ausweislich der Terminsniederschrift des Oberlandesgerichts vom 14. August 2001 hinsichtlich der Ehescheidung zurückgenommen. Im übrigen hat das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Antragsgegnerin ihr Begehren auf Durchführung des Versorgungsausgleichs und, im Wege der Stufenklage, auf Auskunft hinsichtlich der Einkünfte und des Endvermögens des Antragstellers weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Rechtsmittel hat, im Hinblick auf die nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung geänderte Rechtsprechung des Senats zur Inhaltskontrolle vonEheverträgen (Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02 - FamRZ 2004, 601 ff.), Erfolg. Es führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der von den Parteien geschlossene notarielle Ehevertrag wirksam und das Verlangen der Antragsgegnerin auf einen über die zuerkannten Beträge hinausgehenden nachehelichen Unterhalt sowie auf Zugewinn- und Versorgungsausgleich unbegründet. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Antragsgegnerin bei Abschluß des Vertrags bereits hochschwanger war. Die Schwangerschaft sei zwar ein Indiz für eine vertragliche Disparität und gebe Anlaß, den Vertrag einer stärkeren richterlichen Kontrolle zu unterziehen. Eine schwangere Frau dürfe nicht einseitig belastet werden; ihre Interessen seien vielmehr angemessen zu berücksichtigen. Dies sei hier jedoch geschehen, indem die Parteien den nachehelichen Unterhalt nicht schlechthin ausgeschlossen , sondern eine Regelung für den Fall getroffen hätten, daß aus ihrer Ehe gemeinsame Kinder hervorgingen. Diese Regelung schütze den sorgeberechtigten Elternteil insoweit, als ihm jedenfalls für die Dauer von 14 Jahren ein Unterhaltsanspruch zugebilligt worden sei - mithin für einen Zeitraum, der die Dauer des Unterhaltsanspruchs einer mit dem Kindesvater nicht verheirateten Mutter übersteige. In zeitlicher Hinsicht komme hinzu, daß nach der getroffenen Vereinbarung dem sorgeberechtigten Elternteil - unabhängig vom Alter des Kindes - für die Dauer von zwei Jahren nach der Rechtskraft der Scheidung ein Unterhaltsanspruch zustehe; dadurch werde sichergestellt, daß der sorgeberechtigte Elternteil nach der Scheidung seinen Lebensunterhalt nicht sofortdurch eine eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen müsse. Der Höhe nach könne der vertraglich vorgesehene Unterhalt zwar im Einzelfall erheblich von dem Betrag abweichen, der nach den gesetzlichen Vorschriften geschuldet sei. Es gebe aber keinen Grundsatz, wonach auch für den Fall einer vertraglichen Regelung der nacheheliche Unterhalt stets auf der Grundlage der ehelichen Lebensverhältnisse ermittelt werden müsse. Zudem könne nicht festgestellt werden, daß der vereinbarte Unterhaltsbetrag nicht dem Betrag entspreche oder sich zumindest annähere, der im Zeitpunkt des Abschlusses des Ehevertrags nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften geschuldet wäre. Die Antragsgegnerin habe über die beim Vertragsschluß bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers keine nachprüfbaren Angaben gemacht. Der vereinbarte Unterhaltsbetrag von 2.000 DM liege jedenfalls erheblich über dem sog. Existenzminimum. Die mit der Vollendung des sechsten Lebensjahres des zu betreuenden Kindes vorgesehene Absenkung auf 1.000 DM finde ihren Grund in der Annahme, daß ab diesem Zeitpunkt eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit des betreuenden Ehegatten beginne; diese Annahme begegne keinen durchgreifenden Bedenken. Keiner näheren Darlegung bedürfe, daß die Vereinbarung über den Ausschluß des Zugewinnausgleichs nicht sittenwidrig sei. Solche Regelungen fänden sich häufig in Eheverträgen, wenn ein Ehegatte - wie hier der Antragsteller - als Selbständiger tätig sei und sichergestellt werden solle, daß sein Betriebsvermögen nicht geschmälert werde. Der Ausschluß des Versorgungsausgleichs sei ebenfalls nicht zu beanstanden , weil der Antragsteller als Selbständiger keine Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerbe und durch die von ihm übernommene Verpflichtung zur Zahlung von Versicherungsbeiträgen für die Antragsgegnerin deren ausreichende Sicherung gewährleistet sei.
Auch insgesamt gesehen führten die von den Parteien getroffenen Regelungen nicht zur Nichtigkeit des von ihnen geschlossenen Ehevertrags.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand. A. Der Senat hat in der angeführten Grundsatzentscheidung vom 11. Februar 2004 dargelegt, daß sich nicht allgemein und für alle denkbaren Fälle abschließend beantworten läßt, unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung, durch welche Ehegatten ihre unterhaltsrechtlichen Verhältnisse oder ihre Vermögensangelegenheiten für den Scheidungsfall abweichend von den gesetzlichen Vorschriften regeln, unwirksam (§ 138 BGB) oder die Berufung auf alle oder einzelne vertragliche Regelungen unzulässig ist (§ 242 BGB). Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtschau der getroffenen Vereinbarungen, der Gründe und Umstände ihres Zustandekommens sowie der beabsichtigten und verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens. Dabei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich unterliegen grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten; einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten kennt das geltende Recht nicht. Die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen darf indes nicht dazu führen, daß der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Das wäre der Fall, wenn dadurch eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstünde, die hinzu-nehmen für den belasteten Ehegatten - bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede - bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheint. Die Belastungen des einen Ehegatten werden dabei um so schwerer wiegen und die Belange des anderen Ehegatten um so genauerer Prüfung bedürfen, je unmittelbarer die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift. Zu diesem Kernbereich gehört in erster Linie der Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB). Im übrigen wird man eine Rangabstufung vornehmen können, die sich vor allem danach bemißt, welche Bedeutung die einzelnen Scheidungsfolgenregelungen für den Berechtigten in seiner jeweiligen Lage haben. So ist die Absicherung des laufenden Unterhaltsbedarfs für den Berechtigten in der Regel wichtiger als etwa der Zugewinn- oder der spätere Versorgungsausgleich. Innerhalb der Unterhaltstatbestände wird - nach dem Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) - dem Krankheitsunterhalt (§ 1572 BGB) und dem Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) Vorrang zukommen. Die Unterhaltspflicht wegen Erwerbslosigkeit erscheint demgegenüber nachrangig. Ihr folgen Krankenvorsorge - und Altersvorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. 2 1. Variante, Abs. 3 BGB), die allerdings - je nach Fallgestaltung - als Bestandteile des Lebensbedarfs gleichen Rang mit dem jeweiligen Unterhaltsanspruch, z.B. aus § 1570 BGB, haben , wenn damit ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden sollen (vgl. Senatsurteil vom 25. Mai 2005 - XII ZR 221/02 - zur Veröffentlichung bestimmt). Am ehesten verzichtbar erscheinen Ansprüche auf Aufstockungs- und Ausbildungsunterhalt (§§ 1573 Abs. 2, 1575 BGB). Auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt rangiert der Versorgungsausgleich, der einerseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu werten, andererseits aber auch dem Zugewinnausgleich verwandt ist. Der Zugewinnausgleich schließlich erweist sich ehevertraglicher Disposition am weitesten zugänglich.
Ob aufgrund einer vom gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht abweichenden Vereinbarung eine evident einseitige Lastenverteilung entsteht, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten unzumutbar erscheint, hat der Tatrichter zu prüfen. Er hat dabei zunächst - im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, daß ihr - und zwar losgelöst von der zukünftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, daß an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (§ 138 Abs. 1 BGB). Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluß abstellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse , den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlaßt und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen. Das Verdikt der Sittenwidrigkeit wird dabei regelmäßig nur in Betracht kommen, wenn durch den Vertrag Regelungen aus dem Kernbereich des gesetzlichen Scheidungsfolgenrechts ganz oder jedenfalls zu erheblichen Teilen abbedungen werden, ohne daß dieser Nachteil für den anderen Ehegatten durch anderweitige Vorteile gemildert oder durch die besonderen Verhältnisse der Ehegatten , den von ihnen angestrebten oder gelebten Ehetyp oder durch sonstige gewichtige Belange des begünstigten Ehegatten gerechtfertigt wird. Soweit ein Vertrag danach Bestand hat, erfolgt sodann eine Ausübungskontrolle nach § 242 BGB. Dafür sind nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nun-
mehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluß der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Hält die Berufung eines Ehegatten auf den vertraglichen Ausschluß der Scheidungsfolge der richterlichen Rechtsausübungskontrolle nicht stand, so führt dies im Rahmen des § 242 BGB noch nicht zur Unwirksamkeit des vertraglich vereinbarten Ausschlusses. Der Richter hat vielmehr diejenige Rechtsfolge anzuordnen, die den berechtigten Belangen beider Parteien in der nunmehr eingetretenen Situation in ausgewogener Weise Rechnung trägt (vgl. Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO 604 ff. m.w.N.). Die genannte Entscheidung des Senats ist in der Literatur unterschiedlich kommentiert worden (zustimmend etwa: Osterloh, jurisPR-BGHZivilR 12/2004; Strohal, jurisPR-FamR 3/2004; Brandt, MittBayNot 2004, 278, 281 f.; Bergschneider, FamRZ 2004, 1757 ff.; Langenfeld, ZEV 2004, 311, 313; Wachter , ZFE 2004, 132, 143; Kornexl, FamRZ 2004, 1609, 1610; Münch, ZNotP 2004, 122, 131
2004, 251; Mayer, FPR 2004, 363, 368 ff. Offen Borth, FamRZ 2004, 609 ff. und Finger LMK 2004, 108 ff.). Diese Angriffe geben jedoch dem Senat keinen Anlaß, von seiner Rechtsprechung abzugehen. Zu ihnen ist vielmehr folgendes zu bemerken: 1. Das Senatsurteil vom 11. Februar 2004 wird verkannt, soweit aus ihm entnommen wird, der Senat erwäge bei Eheverträgen entgegen § 139 BGB generell nur eine Teilnichtigkeit oder eine geltungserhaltende Reduktion. Ergibt die Wirksamkeitskontrolle, daß einzelne Klauseln eines Ehevertrages schon im Zeitpunkt seines Zustandekommens nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sind, so ist nach § 139 BGB in der Regel der gesamte Ehevertrag nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß er auch ohne die nichtigen Klauseln geschlossen sein würde , was sich insbesondere aus anderweitigen Parteivereinbarungen, z.B. salvatorischen Klauseln, ergeben kann. 2. Aus den gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn - und Versorgungsausgleich läßt sich kein unverzichtbarer Mindeststandard an Scheidungsfolgen herauslesen (vgl. §§ 1585 c, 1408 Abs. 2, 1587 o, 1408 Abs. 1, 1414 BGB). Diese Regelungen legen als gesetzliches Leitbild eine Ehe zugrunde, in der nur ein Ehegatte ein Erwerbseinkommen erzielt, während der andere unter Aufgabe eigener Erwerbstätigkeit die Familienarbeit übernimmt. Indessen können sich wegen der weitgehenden Autonomie der Ehegatten , ihr Verhältnis einvernehmlich zu gestalten, hiervon Abweichungen in mehrfacher Hinsicht ergeben. Die Ehegatten können, auch wenn die Ehe dem gesetzlichen Leitbild entspricht, den wirtschaftlichen Wert von Erwerbseinkünften und Familienarbeit unterschiedlich gewichten. Sie können aber auch die Ehe, abweichend vom gesetzlichen Leitbild, so ausgestalten, daß sich von vornherein für keinen von ihnen berufliche Nachteile ergeben, etwa in einer Doppelverdienerehe , in der die Kinder durch Dritte betreut werden. Korrespondierend zur
Autonomie der Ehegatten bei der Ausgestaltung ihrer Lebensverhältnisse unterliegen die Scheidungsfolgen daher grundsätzlich der vertraglichen Disposition der Ehegatten. Andererseits liegt dem gesetzlichen Scheidungsfolgensystem der Gedanke zugrunde, daß ehebedingte Nachteile, die ein Ehegatte um der Ehe oder der Kindererziehung willen in seinem eigenen beruflichen Fortkommen und dem Aufbau einer entsprechenden Altersversorgung oder eines entsprechenden Vermögens auf sich genommen hat, nach der Scheidung ausgeglichen werden sollen, wobei Erwerbstätigkeit und Familienarbeit - wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben - grundsätzlich als gleichwertig behandelt werden. Ob eine ehevertragliche Scheidungsfolgenregelung mit diesem Grundgedanken vereinbar ist, ist, wie dargelegt, in jedem Einzelfall nach den Grundlagen der Vereinbarung und den Vorstellungen der Ehegatten bei ihrem Abschluß sowie der verwirklichten Gestaltung des ehelichen Lebens konkret zu prüfen. 3. Hinsichtlich der subjektiven Unterlegenheit im Rahmen des § 138 BGB geht der Senat davon aus, daß eine Schwangerschaft der Frau bei Abschluß des Ehevertrages für sich allein zwar noch keine Sittenwidrigkeit des Ehevertrages zu begründen vermag. Sie indiziert aber eine ungleiche Verhandlungsposition und damit eine Disparität bei Vertragsabschluß. B. Der Senat teilt im vorliegenden Fall im Ergebnis die Wertung des Berufungsgerichts , daß der von den Parteien geschlossene Ehevertrag nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Unter Berücksichtigung der vom Senat im Urteil vom 11. Februar 2004 (aaO) entwickelten und oben dargelegten Beurteilungskriterien ergibt sich im Einzelnen:
a) Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, daß die Schwangerschaft der Ehefrau bei Abschluß der Vereinbarung für sich allein nicht ausreicht,
die Nichtigkeit der Vereinbarung zu begründen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin hat dazu unbestritten vorgetragen, daß sie auf Grund der Schwangerschaft Wert darauf gelegt habe, daß das erwartete Kind ehelich geboren werde. Der Antragsteller habe sich jedoch geweigert, sie ohne Ehevertrag zu heiraten. Die Eheschließung habe sich dadurch mehrfach verzögert. Nur unter Zurückstellung erheblicher Bedenken habe sie den notariellen Vertrag schließlich zwei Tage vor der Eheschließung unterzeichnet. Dieser Geschehensablauf vermag zwar allein eine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung nicht zu begründen, bildet aber ein Indiz für eine ungleiche Verhandlungsposition der Antragstellerin. Der Vertrag ist daher einer verstärkten richterlichen Kontrolle zu unterziehen, wobei in einer Gesamtschau alle maßgeblichen Faktoren zu berücksichtigen sein werden.
b) Zutreffend hat das Oberlandesgericht den Ehevertrag nicht schon deshalb für sittenwidrig erachtet, weil die Ehegatten den Betreuungsunterhalt abweichend von den gesetzlichen Vorschriften geregelt haben. Zwar gehört der Betreuungsunterhalt zum Kernbereich der Scheidungsfolgen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, daß die von den Ehegatten insoweit getroffene eigenständige Regelung die Antragsgegnerin - gemessen an den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses - in sittenwidriger Weise benachteiligt. In zeitlicher Hinsicht ist eine solche Benachteiligung der Antragsgegnerin zwar nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil das Gesetz für den Unterhaltsanspruch der mit dem Vater nicht verheirateten Mutter einen ungleich engeren Zeitrahmen vorgibt. Andererseits ist die Regelung der Parteien nicht schon deshalb als sittenwidrig zu mißbilligen, weil die Parteien die Betreuungsbedürftigkeit ihres erwarteten Kindes an niedrigere Altersgrenzen gebunden haben, als sie von der bisherigen Rechtsprechung für angemessen erachtet worden sind.
Die Parteien haben in ihrem Ehevertrag allerdings auch die Höhe des Betreuungsunterhalts abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt und auf einen Betrag von zunächst 2.000 DM, für die Zeit ab Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes auf 1.000 DM, festgeschrieben. Eine solche Fixierung der Unterhaltshöhe ist zwar nicht schon deshalb unproblematisch, weil der vorgesehene Unterhaltsbetrag den Betrag, der von der Rechtsprechung als Existenzminimum angesehen wird, übersteigt. Sie rechtfertigt das Verdikt der Sittenwidrigkeit aber nicht schon dann, wenn der eheangemessene Unterhalt (§ 1578 BGB) - nach den im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden oder vorhersehbaren Einkommensverhältnissen - nicht erreicht ist, sondern allenfalls dann, wenn die vertraglich vorgesehene Unterhaltshöhe nicht annähernd geeignet ist, die ehebedingten Nachteile der Antragsgegnerin auszugleichen. Das ist hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auf einen Vergleich mit den (hier: späteren) ehelichen Lebensverhältnissen kommt es, wie dargelegt , nicht an, weil es insoweit nur um den Ausgleich ehebedingter Nachteile gehen kann.
c) Dem Unterhalt wegen Alters oder Krankheit (§§ 1571, 1572 BGB), den die Parteien hier ebenfalls ausgeschlossen haben, mißt das Gesetz zwar als Ausdruck nachehelicher Solidarität besondere Bedeutung bei. Das schließt, wie der Senat ausgeführt hat, eine vertragliche Disposition über diese Unterhaltsansprüche jedoch nicht schlechthin aus. Auch im vorliegenden Fall bestehen gegen den Ausschluß dieser Unterhaltsansprüche - unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB - keine Bedenken. Das ergibt sich bereits daraus, daß im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für die Parteien noch nicht absehbar war, ob, wann und unter welchen wirtschaftlichen Gegebenheiten die Antragsgegnerin wegen Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftig werden könnte. Dies gilt um so mehr, als die Antragsgegne-
rin jedenfalls für die Zeit der Kindesbetreuung durch den vereinbarten Betreuungsunterhalt jedenfalls aus damaliger Sicht auch gegen das Risiko der Krankheit - und zwar unabhängig von der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers - abgesichert war. Eine entsprechende Absicherung bestand für die Risiken von Alter und Krankheit jedenfalls für eine Übergangszeit von zwei Jahren nach der Scheidung, für die sich der Antragsteller - und zwar ebenfalls unabhängig von seiner unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit - zur Unterhaltszahlung verpflichtet hatte. Hinsichtlich des Altersunterhalts ist zusätzlich zu berücksichtigen, daß sich der Antragsteller im Ehevertrag verpflichtet hatte, in der Ehe für die Antragsgegnerin im vereinbarten Umfang Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Insoweit war - jedenfalls nach den im Zeitpunkt des Vertragschlusses bestehenden oder doch vorhersehbaren Verhältnissen - für die Alterssicherung der Antragsgegnerin jedenfalls bei längerer Ehedauer Sorge getragen.
d) Auch gegen den Ausschluß des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit sind unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB Bedenken nicht zu erheben. Dieser Unterhaltstatbestand erscheint, wie der Senat ausgeführt hat, nachrangig , weil das Gesetz das Arbeitsplatzrisiko ohnehin auf den Berechtigten verlagert, sobald dieser einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4, vgl. auch § 1573 Abs. 5 BGB). Zudem haben die Parteien durch die Verpflichtung des Antragstellers, an die Antragsgegnerin nach einer Scheidung - und zwar unabhängig von der Betreuungsbedürftigkeit des Kindes - für eine Übergangszeit von zwei Jahren Unterhalt zu zahlen, auch für den Fall einer nachehelichen Erwerbslosigkeit der Antragsgegnerin Vorkehrungen getroffen. Daß die Parteien schon nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den Scheidungsfall mit einer längerfristigen Erwerbslosigkeit der
Antragsgegnerin rechnen mußten, weil diese sich in der Ehe der Kindesbetreuung widmen und ihre Berufstätigkeit deshalb nicht oder zeitweise nicht fortführen würde, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
e) Der von den Parteien vereinbarte Verzicht auf Aufstockungsunterhalt und auf Billigkeitsunterhalt (§ 1573 Abs. 2, § 1576 BGB) rechtfertigt, wie der Senat dargelegt hat, schon nach der Bedeutung dieser Unterhaltstatbestände im System des Scheidungsfolgenrechts das Verdikt der Sittenwidrigkeit regelmäßig nicht.
f) Für die Vereinbarung des Wahlgüterstands der Gütertrennung gilt nichts anderes.
g) Auch der Ausschluß des Versorgungsausgleichs führt nicht zur Sittenwidrigkeit des Ehevertrags. Als gleichberechtigte Teilhabe beider Ehegatten am beiderseits erworbenen Versorgungsvermögen ist der Versorgungsausgleich einerseits dem Zugewinnausgleich verwandt und wie dieser ehevertraglicher Disposition grundsätzlich zugänglich (§ 1408 Abs. 2, § 1587o BGB). Er ist jedoch andererseits als vorweggenommener Altersunterhalt zu verstehen; von daher steht er einer vertraglichen Abbedingung nicht schrankenlos offen. Im vorliegenden Fall haben die Parteien den Versorgungsausgleich indessen nicht schlechthin abbedungen, sondern durch eine Verpflichtung der Antragstellers, für die Antragsgegnerin während der Ehe Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten, ersetzt. Es ist nicht festgestellt, daß diese Regelung die Antragstellerin - nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses und im Hinblick auf die freiberufliche Tätigkeit des Antragstellers, auf die das Oberlandesgericht zu Recht hinweist - benachteiligt. 1. Auch bei einer abschließenden Gesamtschau aller vorstehenden Gesichtspunkte kommt eine Sittenwidrigkeit nicht in Betracht.
2. Zur Ausübungskontrolle nach § 242 BGB hat der Senat in seinem nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung ergangenen Urteil vom 11. Februar 2004 (aaO 606) ausgeführt, daß hierfür nicht nur die Verhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich sind. Entscheidend ist vielmehr, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft - aus dem vereinbarten Ausschluß der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das Oberlandesgericht, dem das Senatsurteil vom 11. Februar 2004 noch nicht bekannt sein konnte, hat auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats (vgl. dazu Senatsurteil vom 11. Februar 2004, aaO 602 m.w.N.) zutreffend keine Feststellungen dazu getroffen, ob es dem Antragsteller vorliegend nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sein könnte, sich auf den Verzicht der Antragsgegnerin zu berufen. Denn Anhaltspunkte dafür, daß überwiegende schutzwürdige Interessen gemeinschaftlicher Kinder der Geltendmachung des Verzichts entgegenstünden, was nach der früheren Rechtsprechung für die Anwendung des § 242 BGB erforderlich war, waren weder vorgetragen noch ersichtlich.
a) Daß die Antragsgegnerin durch die notarielle Vereinbarung der Parteien ehebedingte Nachteile hinsichtlich des Unterhalts, des Zugewinns oder des Versorgungsausgleichs erlitten hätte, ist bisher weder vorgetragen noch ersichtlich. Im übrigen könnte die begehrte Auskunft insoweit auch einen eventuellen Vortrag der Antragsgegnerin unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen.
b) Indessen finden auf Eheverträge, soweit die tatsächliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen Lebensplanung, die die Parteien dem Vertrag zugrunde gelegt haben, abweicht, auch die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (jetzt: § 313 BGB) Anwendung. Dabei kann allerdings ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht schon deswegen angenommen werden, weil ein Vertragspartner ein erheblich höheres Einkommen als der andere erzielt. Dies gilt um so weniger, als Eheverträge, die gesetzliche Scheidungsfolgen abbedingen, üblicherweise gerade im Hinblick auf solche bestehenden oder sich künftig ergebenden Unterschiede in den wirtschaftlichen Verhältnissen geschlossen werden. Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt daher allenfalls in Betracht, wenn die Parteien bei Abschluß des Vertrages ausnahmsweise eine bestimmte Relation ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse als auch künftig gewiß angesehen und ihre Vereinbarung darauf abgestellt haben. Ob die Parteien ihrem Vertragsabschluß solche Erwägungen zugrunde gelegt haben, ist bisher nicht festgestellt. 3. Soweit die Parteien vertraglich auch den Versorgungsausgleich ausgeschlossen haben, könnte der Vertrag schon deshalb keinen Bestand haben, wenn der Antragsteller seiner Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zur Rentenversicherung der Antragsgegnerin nicht nachgekommen ist, die den Ausschluß des Versorgungsausgleichs kompensierende Regelung des Ehevertrags also nicht erfüllt hat. Dies hat die Antragsgegnerin - vom Antragsteller unwidersprochen - geltend gemacht. Das angefochtene Urteil nimmt auf diesen Parteivortrag , wenn auch nur pauschal, Bezug. Der Tatrichter wird deshalb zu prüfen haben, ob die Antragsgegnerin von dem ihr eingeräumten Recht, bei Verzug des Antragstellers mit mehreren Beitragszahlungen von dem vereinbarten Aus-
schluß des Versorgungsausgleichs zurückzutreten, wirksam Gebrauch gemacht hat.
III.
Danach kann die angefochtene Entscheidung nicht bestehen bleiben. Der Senat vermag in der Sache nicht abschließend zu entscheiden, da es zur tatrichterlichen Ausübungskontrolle und zur Frage des Rücktritts von der Regelung des Versorgungsausgleichs weiterer Feststellungen bedarf. Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit es diese Feststellungen auf der Grundlage der erst nach Erlaß der angefochtenen Entscheidung ergangenen Rechtsprechung des Senates nachholt.Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
(1) Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu.
(2) Die Höhe der Ausgleichsforderung wird durch den Wert des Vermögens begrenzt, das nach Abzug der Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands vorhanden ist. Die sich nach Satz 1 ergebende Begrenzung der Ausgleichsforderung erhöht sich in den Fällen des § 1375 Absatz 2 Satz 1 um den dem Endvermögen hinzuzurechnenden Betrag.
(3) Die Ausgleichsforderung entsteht mit der Beendigung des Güterstands und ist von diesem Zeitpunkt an vererblich und übertragbar. Eine Vereinbarung, die die Ehegatten während eines Verfahrens, das auf die Auflösung der Ehe gerichtet ist, für den Fall der Auflösung der Ehe über den Ausgleich des Zugewinns treffen, bedarf der notariellen Beurkundung; § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird. Im Übrigen kann sich kein Ehegatte vor der Beendigung des Güterstands verpflichten, über die Ausgleichsforderung zu verfügen.
(4) (weggefallen)
(1) Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.
(2) Schließen die Ehegatten in einem Ehevertrag Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich, so sind insoweit die §§ 6 und 8 des Versorgungsausgleichsgesetzes anzuwenden.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.
(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag für den Zeitraum von Juni 2008 bis Januar 2009.
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Der im Jahre 1993 geborene Sohn des Klägers wuchs in dessen Haushalt auf und musste am 26. Januar 2008 aufgrund einer seelischen Behinderung vollstationär in einer speziellen Jugendhilfeeinrichtung untergebracht werden (mtl. Kosten etwa 6 500 €). Mit Schreiben vom 29. Februar 2008 informierte die beklagte Jugendhilfeträgerin den Kläger über den Beginn der jugendhilferechtlichen Maßnahme, über die Sicherstellung des Lebensunterhalts des Jugendlichen durch öffentliche Leistungen und über die Möglichkeit der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag. Mit Bescheid vom 16. April 2008 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen monatlichen Kostenbeitrag in Höhe von 635 € fest. Bei der Ermittlung des hierfür maßgeblichen Einkommens des bei einem Versicherungsunternehmen angestellten Klägers legte die Beklagte das durchschnittliche Nettoeinkommen der Monate März 2007 bis Februar 2008 zugrunde. In diesen Monaten waren der Kläger in die Steuerklasse III und seine freiberuflich als Steuerberaterin tätige Ehefrau in die Steuerklasse V eingestuft. Seine Ehefrau wurde aufgrund ihrer geringen Einkünfte nicht zu einem Kostenbeitrag herangezogen.
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Mit Schreiben vom 1. Juli 2008 beantragte der Kläger eine Reduzierung des Kostenbeitrags unter Berufung auf seine Einkommensabrechnung für den Monat Juni 2008. Daraus ergab sich ein um etwa 900 € niedrigeres Nettoeinkommen, während das Bruttoeinkommen um etwa 150 € höher war als das von der Beklagten ermittelte Durchschnittseinkommen. Die Verringerung des Nettoeinkommens beruhte darauf, dass der Kläger zwischenzeitlich in die Steuerklasse V und seine Ehefrau in die Steuerklasse III gewechselt waren. Der Kläger begründete den Steuerklassenwechsel damit, dass dadurch die von seiner Ehefrau zu leistenden Einkommensteuervorauszahlungen von vierteljährlich 448 € entfielen und dass seine Ehefrau versuche, eventuell eine zusätzliche berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Mit Bescheid vom 5. August 2008 lehnte die Beklagte den Herabsetzungsantrag des Klägers ab, weil der Steuerklassenwechsel nur zum Zweck der Kostenbeitragsminderung erfolgt sei.
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Die auf Reduzierung des Kostenbeitrags gerichtete Klage wurde ursprünglich auch darauf gestützt, dass der Sohn des Klägers in den Ferien und an den Wochenenden weiterhin zu Hause wohne. Im Klageverfahren räumte die Beklagte ein, dass der Kläger wegen der Ferienaufenthalte in den Monaten Juni bis August und Dezember 2008 einen geringeren Kostenbeitrag leisten müsse. Der Kläger nahm die Klage zurück, soweit sie die Wochenendaufenthalte betraf. Das Verwaltungsgericht wies mit Urteil vom 23. April 2009 die Klage im Übrigen ab. Zwar sei das für den Kostenbeitrag maßgebliche Nettoeinkommen grundsätzlich unter Abzug der tatsächlich anfallenden Steuern zu ermitteln. Der Steuerklassenwechsel des Klägers sei jedoch rechtsmissbräuchlich, weil er lediglich zur Senkung der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragspflicht durchgeführt worden sei. Die vom Kläger ansonsten angeführten Gründe seien wirtschaftlich nicht nachvollziehbar.
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Das Oberverwaltungsgericht gab der Berufung statt und verpflichtete die Beklagte, den Kostenbeitragsbescheid vom 16. April 2008 für den Zeitraum von Juni 2008 bis Januar 2009 aufzuheben. Bei der Berechnung des Einkommens komme es unter Heranziehung sozialhilferechtlicher Grundsätze nicht auf das durchschnittliche Einkommen, sondern auf die tatsächliche monatliche Leistungsfähigkeit des Betroffenen an. Dabei sei auch die tatsächliche einkommensteuerrechtliche Belastung zu berücksichtigen. Die vom Kläger getroffene Wahl der Steuerklasse sei nicht an unterhaltsrechtlichen Grundsätzen zu messen und stelle sich auch nicht als Rechtsmissbrauch dar. Ungeachtet der Frage, ob die vom Kläger für die Wechsel der Steuerklassen angeführten Gründe zuträfen und in wirtschaftlicher Hinsicht nachvollziehbar oder schutzwürdig seien, fehle es an einem grob unbilligen und mit der Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnis. Über die einkommensbedingte Reduzierung des Kostenbeitrags hinaus könne der Kläger mangels ausreichender Belehrung für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum eine Herabsetzung des Kostenbeitrags auf 0 € verlangen. Der Kläger sei nicht hinreichend über die Folgen der Jugendhilfemaßnahme für seine Unterhaltspflicht aufgeklärt worden. Der Hinweis darauf, dass nunmehr der Unterhalt des Jugendlichen aus öffentlichen Mitteln sichergestellt werde, genüge nicht.
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Mit ihrer Revision erhebt die Beklagte drei Sach- und eine Verfahrensrügen. Das Oberverwaltungsgericht habe an den Umfang der behördlichen Aufklärungspflicht zu strenge Maßstäbe angelegt. Es habe ferner zu Unrecht nur das tatsächlich im jeweiligen Monat erzielte Monatseinkommen berücksichtigt, weil vom durchschnittlichen Monatseinkommen des Elternteils auszugehen sei. Gegen Bundesrecht verstoße auch die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass stets der tatsächlich erhobene Steuerabzug zu berücksichtigen sei. Das Verbot des Rechtsmissbrauchs greife ein, wenn der Verpflichtete in zumutbarer Weise erzielbare Steuervorteile nicht nutze oder unnötig hohe gesetzliche Abzüge zulasse. Insoweit sei die vom Bundesgerichtshof und vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Rechtsprechung zur Rechtsmissbräuchlichkeit des Steuerklassenwechsels bei Gläubigerschädigung heranzuziehen. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht dem Kläger unter Verletzung des Antragsprinzips mehr zugesprochen, als von ihm beantragt worden sei.
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Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht, weil sie die Anforderungen an die Informationspflicht nach § 92 Abs. 3 Satz 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VIII - (1.), die bei der Einkommensberechnung nach § 93 Abs. 1 SGB VIII maßgeblichen Grundsätze (2.) und die sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben für das jugendhilferechtliche Kostenbeitragsrecht ergebenden Folgerungen (3.) verkennt. Da für die Prüfung der Frage des Rechtsmissbrauchs notwendige tatrichterliche Feststellungen fehlen, ist der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (4.).
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1. Das Oberverwaltungsgericht hat die Anforderungen an die in § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII enthaltene Aufklärungspflicht überspannt, soweit es die Folgen der Unterbringung für die Unterhaltspflicht betrifft. Nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII kann ein Kostenbeitrag u.a. für eine vollstationäre Unterbringung eines seelisch behinderten Jugendlichen im Rahmen der Eingliederungshilfe - wie hier - bei Eltern, Ehegatten und Lebenspartnern ab dem Zeitpunkt erhoben werden, ab welchem dem Pflichtigen die Gewährung der Leistung mitgeteilt und er über die Folgen für seine Unterhaltspflicht gegenüber dem jungen Menschen aufgeklärt wurde. Dem hat der Beklagte Rechnung getragen.
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Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Aufklärungspflicht grundsätzlich sowohl gegenüber bar- als auch gegenüber naturalunterhaltspflichtigen Elternteilen besteht. In der Gesetzesbegründung wird zwar zur Erläuterung der Aufklärungspflicht nur ausgeführt, barunterhaltspflichtige Elternteile, die von dem Kind getrennt lebten, sollten davor bewahrt werden, mangels Kenntnis von der Jugendhilfemaßnahme oder von deren unterhaltsrechtlichen Auswirkungen den Barunterhalt weiterzuzahlen und zusätzlich für denselben Zeitraum einen Kostenbeitrag leisten zu müssen (BTDrucks 15/3676 S. 41). Dies bedeutet jedoch nicht, dass Elternteile, die zuvor mit dem Kind zusammengelebt und Naturalunterhalt gewährt haben, nicht nach § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII belehrt werden müssen. Denn der Wortlaut der Vorschrift enthält insoweit keine Einschränkungen. Auch ist auszuschließen, dass der Gesetzgeber die relativ große Personengruppe Naturalunterhalt gewährender Eltern, Ehegatten und Lebenspartner schlicht übersehen hätte.
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Die Gesetzessystematik weist deutlich in die entgegengesetzte Richtung. Da § 92 Abs. 3 Satz 2 Satz SGB VIII eine ausdrückliche Ausnahme von der Mitteilungspflicht für eine hier nicht vorliegende Fallgestaltung vorsieht, ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber für Naturalunterhalt leistende Elternteile einen nicht im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommende Einschränkung von der Pflicht zulassen wollte.
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Dies wird vom Zweck des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII bestätigt. Die Bestimmung verfolgt auch das Ziel, demjenigen, der zu einem Kostenbeitrag herangezogen werden könnte, die Möglichkeit zu Vermögensdispositionen im Hinblick auf die drohende Beitragspflicht zu eröffnen. Daraus folgt zum einen, dass die Bestimmung nicht nur eine Mitteilung über die Gewährung der Leistung (§ 92 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB VIII) und eine Aufklärung über die Folgen für die Unterhaltspflicht (§ 92 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB VIII) gebietet, sondern auch einen deutlichen Hinweis auf die mögliche Kostenbeitragspflicht. Zum anderen ergibt sich aus diesem Zweck, dass sich die Mitteilungspflicht auch auf Naturalunterhaltspflichtige erstreckt. Auch Eltern, die - wie hier - mit dem nunmehr in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebrachten Kind zusammengelebt haben, müssen im Hinblick auf eine drohende Kostenbeitragspflicht vermögensrechtliche Dispositionen treffen, z.B. mit den durch die auswärtige Unterbringung des jungen Menschen einhergehenden Ersparnissen Rücklagen für die Beitragszahlung bilden. Sollten sie Sozialleistungen beziehen, müssen sie ggf. Ersatz für das durch den Kostenbeitrag nach § 94 Abs. 3 SGB VIII beanspruchte Kindergeld beantragen (vgl. VG Aachen, Urteil vom 3. Juni 2008 - 2 K 599/07 - juris Rn. 29).
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Der Umfang der Informationspflicht im Einzelfall hat sich entsprechend diesem Schutzzweck der Norm an den jeweiligen wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten der Kostenbeitragspflichtigen zu orientieren. Da Barunterhaltspflichtige durch Kürzungen des Barunterhalts Vorsorge für die Kostenbeitragszahlung treffen können, steht bei ihnen die Belehrung über die Folgen der Jugendhilfemaßnahme für die Unterhaltspflicht im Vordergrund. Bei Naturalunterhaltspflichtigen, die aus ersparten Aufwendungen Rücklagen bilden können, hat die Information über das zeitliche Einsetzen der Kostenbeitragspflicht besondere Bedeutung. Bei Empfängern von Sozialleistungen ist der Hinweis über die Beanspruchung des Kindergeldes für deren Belange besonders wichtig, weil sie durch eine geänderte Antragstellung reagieren müssen.
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§ 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gebietet jedoch nicht, dass die Bar- und Naturalunterhaltspflichtigen in gleich intensiver Weise über alle anzusprechenden Fragen rechtlich aufgeklärt werden. Vielmehr müssen den Betroffenen in erster Linie die in ihrem Fall für sie relevanten Informationen vermittelt werden, um vermögensrechtliche Fehldispositionen im Zusammenhang mit dem Entstehen der Kostenbeitragspflicht zu vermeiden. Da der naturalunterhaltspflichtige Elternteil in Bezug auf den Unterhaltsanspruch keine besonderen vermögensrechtlichen Dispositionen treffen muss, kann sich bei ihm die unterhaltsrechtliche Aufklärung entsprechend dem Wortlaut des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII darauf beschränken, dass die Jugendhilfeleistung unterhaltsrechtlich entlastende Auswirkungen hat. Besondere Bedeutung erlangt hingegen bei ihm der Hinweis auf das Entstehen der Kostenbeitragspflicht.
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Hier hat die Beklagte nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts den Kläger über den Beginn der jugendhilferechtlichen Maßnahme und über die Möglichkeit der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag in Kenntnis gesetzt sowie darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Jugendhilfemaßnahme der Unterhalt des Jugendlichen aus öffentlichen Mitteln sichergestellt wird. Diese Information genügt, um den zuvor naturalunterhaltspflichtigen Kläger vor vermögensrechtlichen Fehldispositionen zu schützen. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass ein Kind naturalunterhaltspflichtiger Eltern theoretisch nach der Unterbringung durch einen Jugendhilfeträger Barunterhalt von den Eltern fordern könnte. Denn die Informationspflicht des § 92 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII soll die Eltern nur vor Fehldispositionen schützen, die bei Beginn der Maßnahme konkret drohen. Sie dient nicht dem Schutz vor einer lediglich abstrakt-theoretisch drohenden Inanspruchnahme.
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2. Das Berufungsgericht hat auch die bei der Einkommensermittlung anzulegenden Maßstäbe teilweise verkannt. Es ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger grundsätzlich kostenbeitragspflichtig ist. Da sein Sohn aufgrund einer seelischen Behinderung vollstationär in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht worden ist, sind nach § 91 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII Kostenbeiträge zu erheben. Die Eltern werden hierbei getrennt entsprechend ihrem Einkommen unter Berücksichtigung ihrer Belastungen und ihrer sonstigen Unterhaltspflichten durch Leistungsbescheid zu einem Kostenbeitrag herangezogen (vgl. §§ 92 bis 94 SGB VIII).
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Das Oberverwaltungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass § 93 Abs. 1 SGB VIII von einem eigenständigen jugendhilferechtlichen Einkommensbegriff ausgeht (vgl. BTDrucks 16/9299 S.19). Nach § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie der Renten und Beihilfen, die nach oder entsprechend dem Bundesentschädigungsgesetz für einen Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit gewährt werden bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Diese Definition des Einkommens ist zwar erkennbar der Einkommensdefinition des Sozialhilferechts nachgebildet (vgl. § 76 Abs. 1 BSHG 2002, § 82 Abs. 1 SGB XII und § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Der Gesetzgeber hat jedoch eine eigenständige Regelung getroffen, die insbesondere durch den pauschalen Abzug von Aufwendungen nach § 93 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII eine schnellere und einfachere Berechnung des bereinigten Einkommens ermöglichen soll (BTDrucks 15/3676 S. 41 f.).
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Soweit das Jugendhilferecht keine speziellen Regelungen zur Einkommensberechnung enthält, ist es grundsätzlich Aufgabe der Rechtspraxis und Rechtsprechung, die anzuwendenden Berechnungsmethoden unter Berücksichtigung der systematischen Zusammenhänge des Gesetzes näher zu konkretisieren. Der Senat hat im Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 5 C 10.09 - (BVerwGE 137, 357 Rn. 27) die Frage offengelassen, ob bei der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsermittlung (damals bei der Frage der Fahrtkostenberechnung) zur Lückenschließung sozialhilferechtliche, unterhaltsrechtliche oder steuerrechtliche Grundsätze entsprechend anzuwenden sind. Angesichts der vom Gesetzgeber gezogenen deutlichen Parallelen zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch liegt es jedoch nahe, zur Lückenschließung auf die Berechnungsmethoden des Sozialhilferechts zurückzugreifen. Zwar scheidet eine pauschale Übernahme der gesamten sozialhilferechtlichen Berechnungsvorschriften aus, weil der Gesetzgeber im Achten Buch Sozialgesetzbuch eine eigenständige Regelung geschaffen hat und insbesondere auch den ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagenen Verweis auf die sozialhilferechtliche Einkommensberechnungsverordnung (vgl. § 93 Abs. 2 des Regierungsentwurfs - BTDrucks 15/3676 S. 16) nicht übernommen hat (vgl. BTDrucks 15/5616 S.13, 27 f.). Jedoch können die im Sozialhilferecht geltenden Einkommensberechnungsregeln sinngemäß Anwendung finden, wenn sie dem gesetzgeberischen Ziel einer einfachen und schnellen Einkommensberechnung Rechnung tragen und wenn sie mit den sonstigen Besonderheiten des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrechts in Einklang stehen.
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Nach diesen Maßstäben begegnet es keinen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Ermittlung des Einkommens im Sinne des § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII auf die zum Sozialhilferecht entwickelte Zuflusstheorie (vgl. Urteil vom 18. Februar 1999 - BVerwG 5 C 35.97 - BVerwGE 108, 296 <299 f.>) zurückgegriffen und das vom Kläger bezogene Arbeitsentgelt in voller Höhe als Einkommen angesehen hat. Es handelt sich bei dem von einem Arbeitnehmer bezogenen Grundgehalt, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld um "Einkünfte in Geld", die klassischer Weise zum Einkommen gezählt werden. Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht für die Kostenbeitragsberechnung auf das Monatseinkommen abgestellt. Dies ergibt sich bereits aus der zu § 94 Abs. 5 SGB VIII erlassenen Kostenbeitragsverordnung, deren Anlage auf das bereinigte Monatseinkommen abstellt. Ferner entspricht es der realen Einkommenssituation der Betroffenen und der Abrechnungspraxis der Leistungsträger, an das im jeweiligen Bedarfskalendermonat zur Verfügung stehende bereinigte Nettoeinkommen anzuknüpfen (vgl. Urteil vom 22. April 2004 - BVerwGE 5 C 68.03 - BVerwGE 120, 339 <340>).
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Soweit das Oberverwaltungsgericht hingegen auf der Grundlage der Zuflusstheorie eine streng an den jeweiligen Monatsbezügen ausgerichtete Einzelberechnung gefordert hat, ist dem nicht zu folgen. Eine entsprechende Verpflichtung widerspräche bereits dem im Jugendhilferecht geltenden Grundsatz der einfachen und schnellen Einkommensberechnung. Sie spiegelte auch die Praxis der sozialhilferechtlichen Einkommensberechnung nicht wider, weil das Sozialhilferecht normative Abweichungen vom Prinzip des tatsächlichen Zuflusses zulässt und speziell in § 3 Abs. 3 VO zu § 82 SGB XII eine Verteilzeitberechnung bei einmaligen Einnahmen vorsieht. Auch trägt die geforderte monatliche Neuberechnung des Kostenbeitrags nicht dem in § 94 Abs. 5 SGB VIII zum Ausdruck kommenden Anliegen des Gesetzgebers Rechnung, für bestimmte Einkommensgruppen gleichbleibende monatliche Pauschalbeiträge festzusetzen.
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Besteht bei einer nichtselbständigen Erwerbstätigkeit die berechtigte Erwartung, dass der Pflichtige hieraus im Leistungszeitraum im Wesentlichen gleichbleibende monatliche Einkünfte erzielt, ist die Behörde berechtigt, aus dem Gesamteinkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zu ermitteln und dieses der Berechnung des monatlichen Kostenbeitrags zugrunde zu legen. Allerdings setzt eine entsprechende Mittelung voraus, dass sich in der Durchschnittswertbildung die im Festsetzungszeitraum zu erwartende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen widerspiegelt. Die Anpassung der Vorschriften über die Heranziehung der unterhaltspflichtigen Personen zu den Kosten der Leistungen durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz diente insbesondere der Stärkung des Nachrangs der Kinder- und Jugendhilfe. Dieser Nachrang sollte sich dem Willen des Gesetzgebers entsprechend in einer "stärker an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" der Pflichtigen "orientierte(n) Gestaltung der Kostenbeteiligung" (BTDrucks 15/5616 S. 17) zeigen. Die Erreichung dieses Ziels bedingt, dass die Durchschnittsbildung auf der Grundlage einer validen, aktuelle Einkommensnachweise einbeziehenden Prognose vorgenommen wird. Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, wenn aus dem vor dem Leistungszeitraum über eine längere Zeit erzielten Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen ermittelt und dieses zur Grundlage der Berechnung des monatlichen Kostenbeitrags gemacht wird.
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Der vorliegende Fall gibt keinen Anlass, abschließend zu den rechtmäßigen Berechnungs- und Festsetzungsmethoden Stellung zu nehmen. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall bildete die von der Beklagten zu Beginn der Kostenbeitragserhebung anhand der letzten zwölf Monate durchgeführte Jahresdurchschnittsberechnung eine aussagekräftige Prognosegrundlage für das zu erwartende monatliche Durchschnittseinkommen des Klägers im Beitragszeitraum. Dem Kläger stand es jederzeit offen, bei einer Verschlechterung seines Nettoeinkommens eine Neuberechnung und Abänderung des Kostenbeitrags nach § 48 SGB X zu beantragen.
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3. Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich die kostenbeitragsrechtlichen Auswirkungen des vom Kläger vorgenommenen Steuerklassenwechsels teilweise fehlerhaft bewertet. Es ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Ermittlung des für die Beitragserhebung maßgeblichen bereinigten Einkommens nach dem Wortlaut des § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII alle "auf das Einkommen gezahlte Steuern" vom Bruttogehalt abzuziehen sind. Nach dem in dieser Bestimmung enthaltenen Tatsächlichkeitsprinzip (vgl. dazu OVG Koblenz, Beschluss vom 25. November 2008 - 7 A 10710/08 - FEVS 60, 469) sind die entrichteten einkommensbezogenen Steuern grundsätzlich in der tatsächlich geleisteten Höhe anrechnungsfähig. Für einen Abzug in vollem Zahlungsumfang spricht neben dem Wortlaut der Vorschrift insbesondere der Vergleich mit § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, weil in § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII anders als in § 93 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII keine Limitierung der Anrechnungshöhe vorgesehen ist.
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Unter den Begriff der auf das Einkommen gezahlten Steuern können nach dem Zweck des § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII auch tatsächlich geleistete Einkommenssteuervorauszahlungen eines Elternteils fallen. Da die Elternteile im Kostenbeitragsrecht gemäß § 92 Abs. 2 Halbs. 2 SGB VIII getrennt zu Beiträgen herangezogen werden, kann jeder Elternteil im Rahmen des Steuerabzugs nach § 93 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII aber nur die auf sein Einkommen gezahlten Steuern abziehen, so dass das Oberverwaltungsgericht zu Recht den Abzug von Einkommensteuervorauszahlungen für die freiberufliche Tätigkeit der Ehefrau des Klägers abgelehnt hat.
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Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts schließt das Gebot des vollen Abzugs gezahlter Steuern es nicht aus, dass die Berufung des Kostenbeitragsschuldners auf eine erhöhte Steuerlast im Einzelfall treuwidrig sein kann. Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt als allgemeiner Rechtsgedanke auch im Verwaltungsrecht. Er wird aus § 242 BGB abgeleitet, der über seinen Wortlaut hinaus das allgemeine Gebot der Beachtung von Treu und Glauben im rechtlichen Verkehr als allgemeinen Maßstab enthält, unter dem das gesamte private und öffentliche Recht steht. Der genannte Grundsatz bedarf wegen seiner Allgemeinheit der Konkretisierung. Diese erfolgt durch Typisierung anhand von Fallgruppen (vgl. Urteil vom 23. November 1993 - BVerwG 1 C 21.92 - BVerwGE 94, 294 <298> = Buchholz 451.64 BBankG Nr. 3; Beschluss vom 30. April 2008 - BVerwG 6 B 16.08 - juris Rn. 7). Im Öffentlichen Recht spielt vornehmlich die unzulässige Ausübung von Rechten eine Rolle, die dann gegeben ist, wenn eine atypische Situation vorliegt, die die Geltendmachung eines an sich vorgesehenen Rechtes als missbräuchlich erscheinen lässt. Dabei ist für den Rechtsmissbrauch die Herbeiführung eines grob unbilligen Ergebnisses typisch (vgl. Urteil vom 23. November 1993 a.a.O. S. 299).
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Eine unzulässige Rechtsausübung kann insbesondere gegeben sein, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen eines (vertraglichen oder gesetzlichen) Anspruchs in missbilligenswerter Weise begründet worden sind. Der Anwendungsfall, dass in einer manipulativen Schaffung von Anspruchsvoraussetzungen der Grund für die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung liegt, findet einen gesetzlichen Ausdruck in § 162 Abs. 2 BGB und ist in der Rechtsprechung anerkannt (Urteil vom 23. November 1993 a.a.O. S. 299 m.w.N.). Unter diese Fallgruppe kann auch ein Steuerklassenwechsel fallen, wenn er in missbilligenswerter Weise der Herbeiführung der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine jugendhilferechtliche Kostenbeitragsreduzierung dient. Die Ausübung des dem Bürger generell zustehenden Steuerklassenwahlrechts ist im Einzelfall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben rechtsmissbräuchlich, wenn dafür keine schutzwürdigen Gründe vorliegen und deshalb anzunehmen ist, dass der Steuerklassenwechsel zumindest vorwiegend zur Schmälerung des dem Jugendhilfeträger zustehenden Kostenbeitrags erfolgt ist.
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Soweit der Kläger darauf verweist, dass er und seine Ehefrau mit dem Steuerklassenwechsel nur von einer nach § 39b EStG legal zustehenden Wahlmöglichkeit Gebrauch gemacht hätten, steht dies der Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht entgegen. Vielmehr setzt der Rechtsmissbrauch schon begrifflich das Vorhandensein einer Rechtsposition voraus und verlangt die Prüfung, ob die Ausübung des grundsätzlich zustehenden Rechts in einer bestimmten Situation missbilligenswert, d.h. rechtlich nicht schützenswert, ist. Bei dieser Prüfung fällt im vorliegenden Fall ins Gewicht, dass es das Ziel des § 93 SGB VIII ist, die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kostenbeitragspflichtigen auf einfache und realitätsnahe Weise zu ermitteln. Demgegenüber führt ein Steuerklassenwechsel, der zwar das monatliche Nettoeinkommen verringert, aber hohe Steuererstattungsansprüche begründet, zu einer unrealistischen Verzerrung der tatsächlich in einem Monat gegebenen finanziellen Belastbarkeit. Soweit ein Steuerklassenwechsel keine anderen wirtschaftlich nachvollziehbaren und schützenswerten Gründe hat, ist anzunehmen, dass er vorwiegend einer der Zielsetzung des § 93 SGB VIII widersprechenden Verschleierung der tatsächlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dient und damit den Zweck der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragspflicht konterkariert, die Eltern entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit an den Kosten einer ihrem Kind zugute kommenden Jugendhilfemaßnahme zu beteiligen.
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Dass ein primär der jugendhilferechtlichen Kostenbeitragssenkung dienender Steuerklassenwechsel von der Rechtsordnung nicht gebilligt wird, legt auch ein Vergleich mit dem zivilrechtlichen Unterhaltsrecht nahe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist zwar bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit eines Unterhaltsschuldners grundsätzlich von dem um die tatsächlich entrichtete Lohnsteuer bereinigten Einkommen auszugehen. Hiervon ist jedoch ein Abschlag zu machen, wenn der Unterhaltsschuldner zumutbare Steuervorteile nicht nutzt oder - wie hier - durch Wahl einer wirtschaftlich ungünstigen Steuerklasse - unnötig hohe Steuerabzüge bewusst in Kauf nimmt (BGH, Urteile vom 25. Juni 1980 - IVb ZR 530/80 - FamRZ 1980, 984 <985> und vom 14. Januar 2004 - XII ZR 69/01 - NJW 2004, 769). Wenn es aber Eltern unterhaltsrechtlich im unmittelbaren Eltern-Kind-Verhältnis nicht gestattet wird, die Unterhaltsansprüche ihrer Kinder durch Wahl einer ungünstigen Steuerklasse zu schmälern, dann spricht dies dafür, dass es den Eltern auch im mittelbaren Verhältnis - bei Zwischenschaltung eines den Unterhalt abdeckenden öffentlichen Jugendhilfeträgers - nicht gestattet sein kann, sich auf diese Weise ihren Leistungspflichten zu entziehen.
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Diese Erwägung kann auch nicht - wie das Oberverwaltungsgericht meint - mit dem Argument entkräftet werden, dass die Unterhaltspflicht das Eltern-Kind-Verhältnis und die Kostenbeitragspflicht das Bürger-Staat-Verhältnis betrifft. Denn die jugendhilferechtliche Kostenbeitragspflicht wurzelt in der zivilrechtlichen Unterhaltspflicht der Eltern. Die Kostenbeitragspflicht entsteht gerade deswegen, weil der Staat die Eltern bei der Erziehung ihres Kindes unterstützt und deren Unterhaltspflicht mit befreiender Wirkung übernimmt. Die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung der Kostenbeitragspflicht ist nur aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung an die Stelle der früheren Legalzession des Unterhaltsanspruchs getreten. Der Gesetzgeber wollte mit der Entflechtung der Regelungen keine materiell-rechtlichen Wertungswidersprüche zum Unterhaltsrecht auslösen und Besserverdienende angemessen zu den Kosten der Jugendhilfemaßnahmen heranziehen (BTDrucks 15/3676 S. 28). Dies spricht dagegen, besserverdienenden Elternteilen nunmehr Gestaltungsmöglichkeiten zur Senkung der Kostenbeitragspflicht zu eröffnen, die im früher geltenden Unterhaltsrecht nicht akzeptiert worden sind.
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Gegen die Annahme einer missbräuchlichen Rechtsausübung streitet nicht, dass ein zumindest vorwiegend der Minderung des Kostenbeitrags dienender Steuerklassenwechsel in der Regel dazu führt, dass zunächst eine gemessen an der tatsächlichen Steuerschuld zu hohe Steuerzahlung geleistet wird, was eine nachträgliche Steuererstattung auslöst. Eine erfolgte Erstattung stellt Einkommen dar und kann deshalb bei fortdauernder Beitragspflicht die Erhöhung des Kostenbeitrags rechtfertigen. Der Umstand, dass bei Berücksichtigung einer Steuererstattung der durch den Wechsel der Steuerklasse erlangte Vorteil im Ergebnis zumindest teilweise rückgängig gemacht werden kann, ändert aber nichts daran, dass der hier in Rede stehende Steuerklassenwechsel eine Minderung des monatlichen Nettoeinkommens bewirkte, deren Berücksichtigung zu einer Reduzierung des Kostenbeitrags führte. Hinzu kommt, dass die Steuererstattung nur für den Fall berücksichtigt werden kann, dass die beitragspflichtige Leistung noch gewährt wird. Mithin ist keineswegs gewiss, dass die Erstattung im Rahmen des Kostenbeitrags in Ansatz gebracht werden kann.
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Soweit sich das Oberverwaltungsgericht für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 25. Juni 2009 - B 10 EG 3/08 R - (BSGE 103, 284) zur Zulässigkeit des Steuerklassenwechsels vor einer Elterngeldgewährung berufen hat, ist diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Zum einen betrifft der vorliegende Fall keine Sozialleistung, sondern eine Erstattungspflicht. Zum anderen beruht das in Bezug genommene Urteil des Bundessozialgerichts insbesondere auf der Erwägung, der Gesetzgeber habe bereits bei den parlamentarischen Beratungen die Möglichkeit des elterngelderhöhenden Steuerklassenwechsels gesehen und gleichwohl keine Ausschlussregelung erlassen (BSG a.a.O. Rn. 31 - 33). Ein derartiger Sachverhalt liegt hier nicht vor. Hingegen hat die Beklagte mit Recht darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof (Beschlüsse vom 4. Oktober 2005 - VII ZB 26/05 - WM 2005, 2324 und vom 3. Juli 2008 - IX ZB 65/07 - WM 2008, 1791) und das Bundesarbeitsgericht (Urteile vom 18. September 1991 - 5 AZR 581/90 - BB 1992, 353 und vom 23. April 2008 - 10 AZR 168/07 - NJW 2008, 2606) auch in anderen Fällen einen Steuerklassenwechsel mit dem Ziel der Gläubigerbenachteiligung als missbräuchlich ansehen oder aus dem nahekommenden Erwägungen unberücksichtigt lassen. Dies gilt auch, wenn es um die Benachteiligung der Staatskasse geht (BGH vom 3. Juli 2008 a.a.O.). Auch dies stützt die Annahme, dass ein vorwiegend der Benachteiligung des Jugendhilfeträgers als Kostenbeitragsgläubiger dienender Steuerklassenwechsel rechtlich nicht schützenswert und nach dem Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB bei der Bemessung des Kostenbeitrags zu vernachlässigen ist.
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4. Ob der Kläger und seine Ehefrau im vorliegenden Fall für den Steuerklassenwechsel wirtschaftlich nachvollziehbare und schutzwürdige Gründe gehabt haben, ist zwischen den Parteien umstritten und vom Oberverwaltungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - offengelassen worden. Der Rechtsstreit ist daher zur Klärung dieser Frage nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Da im Rahmen der erneuten Verhandlung und Entscheidung der Streitsache nur noch unzweifelhaft vom Antrag des Klägers umfasste Fragen zu prüfen sind, kommt es auf die von der Beklagten erhobene Verfahrensrüge der Verletzung des § 88 VwGO nicht mehr an.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.