Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 2 L 78/12

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2014:1218.2L78.12.0A
18.12.2014

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um den Umfang der Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung naturschutzrechtlicher Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger nach Abschluss eines im Zusammenhang mit einem wasserstraßenrechtlichen Planfeststellungsverfahren geschlossenen außergerichtlichen Vergleichs.

2

Die Kläger sind Eigentümer verschiedener Grundstücke der Gemarkung A-Stadt, Flur A und Flur B, insbesondere der von einer wasserstraßenrechtlichen Planfeststellung betroffenen Flurstücke 49 und 54/1 der Flur A sowie der Flurstücke 51, 52, 57, 58 und 10007, die unmittelbar nördlich des Elbe-Havel-Kanals (EHK) liegen. Auf den Grundstücken befindet sich das ehemalige Rittergut (...), das die Kläger zu einem Zentrum für Freizeit, Erholung, Entspannung und Kultur um- und ausbauen wollen.

3

Mit Beschluss vom 27.10.2008 stellte die Beklagte – Wasser- und Schifffahrtsdirektion Ost – die vorgelegten Pläne im Planfeststellungsverfahren für den Ausbau des Kanals, Planfeststellungsabschnitt 7, EHK-km 355,120 (Süd) / 355,150 (Nord) bis EHK-km 364,400 (Süd) / 364,750 (Nord) mit Mündungsbereich Roßdorfer Altkanal einschließlich Genthiner Fußwegbrücke, fest. Gegenstand der Planfeststellung ist u. a. die Begradigung des bisherigen Kanalverlaufs im Bereich der genannten klägerischen Grundstücke, so dass Teile der Grundstücke in Anspruch genommen werden. Aufgrund des Durchstichs entsteht zwischen der alten und neuen Achse des Kanals eine Insel. Nach der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. S. 130) sei der Durchstich so gewählt worden, dass er das Anwesen der Kläger nicht durchtrennt. Weiter heißt es dort, statt eines Schrägufers im Bereich des Gutsparks werde ein Spundwandufer errichtet; auf das landseitige Bankett werde verzichtet. Der Träger des Vorhabens habe zugesagt, auf den Baufeldstreifen teilweise zu verzichten, um den Damm und seinen Bewuchs so weit wie möglich zu erhalten, so dass auch die dort vorhandene Blutbuche und ihr Wurzelwerk noch besser geschützt werden könnten. Er sei auch bereit, die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Bereich des Gutsparks mit den Klägern und der beauftragten Landschaftsarchitektin abzustimmen.

4

Nachdem die von den Klägern im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen im Planfeststellungsbeschluss im Wesentlichen zurückgewiesen worden waren, erhoben sie mit Schriftsatz vom 22.01.2009 beim Bundesverwaltungsgericht Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss und beantragten zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Mit Beschluss vom 02.04.2009 (7 VR 1.09) ordnete das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage an. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Der Planfeststellungsbeschluss habe keine der Trassenvarianten, die in den Jahren 2003/2004 Gegenstand der Voruntersuchung gewesen seien, im Hinblick auf eine Minimierung des Eingriffs in die Grundstücke der Kläger untersucht und bezüglich eines eventuellen Flächenmehrbedarfs und damit einhergehender höherer Kosten gewichtet, die sich aber wiederum relativiert hätten durch Kostenersparnisse bei einer Vermeidung eines Eingriffs in den Gutspark der Kläger.

5

Am 13.05.2009 schlossen die Beteiligten daraufhin einen außergerichtlichen Vergleich, in welchem sich die Kläger Zug um Zug gegen Zahlung eines Geldbetrages (insgesamt 153.000 €) und weiterer Leistungen der Beklagten verpflichteten, die beim Bundesverwaltungsgericht noch anhängige Klage zurückzunehmen. Die zwischen den Beteiligten streitige Ziffer 6 des Vergleichs hat folgenden Wortlaut:

6

„Die Beklagte wird die im Planfeststellungsbeschluss (Az: P-143.3-Pro/45) festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger mit der vom Kläger beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmen und vorgezogen durchführen“.

7

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 20.08.2009 um Erteilung einer Bauerlaubnisvereinbarung sowie einer Vereinbarung über die vorübergehende Inanspruchnahme von Grundstücken gebeten hatte und dazu weiterer Schriftverkehr zwischen den Beteiligten geführt worden war, übersandte sie den Klägern die von der (...) - Ökologie & Landschaftsplanung GmbH erstellte Ermittlung des separaten Kompensationsanspruchs für die bauzeitlich beanspruchten Teilflächen auf den Flurstücken 49, 54/1 und 58 vom Oktober 2009. Darin wird u. a. ausgeführt, dass die zum Erwerb planfestgestellten Teilflächen der Flurstücke 51, 52 und 57 der Flur B auf der Basis eines Rahmengutachtens zum Verkehrswert käuflich erworben werden und deshalb bei der Ermittlung des Kompensationsanspruchs außer Betracht bleiben. Für die bauzeitlich in Anspruch genommenen Teilflächen ermittelte die (...) GmbH einen Kompensationsumfang in Höhe von 3.693,20 €.

8

Dem widersprachen die Kläger mit Schreiben vom 22.10.2009 und machten zu Begründung geltend, dass nach ihrer Auffassung auch die Kompensationsmaßnahmen für die vom Vorhabenträger zu erwerbenden Flächen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken umzusetzen seien. Bei den außer Acht gelassenen Flächen handele es sich um die ökologisch wertvollsten Flächen, die nun vereinbarungswidrig nicht mehr auf ihren Grundstücken sondern auf der in östlicher Richtung gelegenen Insel ausgeglichen werden sollen. Bereits bei einem Ortstermin am 26.09.2007 sei vereinbart worden, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den entfallenden Teil des Gutsparks und für die als Baustelleneinrichtungs- und Zwischenlager genutzte Fläche mit der Planung zur Entwicklung des Gutsparks abgestimmt werden sollen. Es hätten die Möglichkeiten vorgezogener Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen geprüft werden sollen, insbesondere sei vereinbart worden, dass eine Vorschlagsliste für die Bepflanzung des Gutsparks weitergeleitet werde. Auch in der telefonischen Besprechung am 29.10.2007 habe eine Mitarbeiterin der Beklagten geäußert, dass ein dem Verlust entsprechender Ausgleich im Bereich des Gutsparks, der Baustelleneinrichtung und auf räumlich nahen Flächen im Eigentum der Kläger unproblematisch sei und begrüßt werde. Auch später bei einem Ortstermin am 08.09.2009 habe sich die Beklagte nicht dahingehend geäußert, dass diese Flächen nunmehr an ganz anderer Stelle ausgeglichen werden sollen und nicht wie vereinbart auf den Grundstücken der Kläger.

9

Mit Schreiben vom 13.11.2009 teilte die Beklagte den Klägern u. a. mit, dass die ursprünglich planfestgestellte Baustelleneinrichtungsfläche auf dem Flurstück 58 von geplanten 18.878 m² vorübergehender Inanspruchnahme auf 1.892 m² Baufeldstreifen reduziert worden sei, weil eigene Flächen im Planfeststellungsabschnitt 6 zur Ausführung dieser Maßnahme geeignet gewesen seien und eine Inanspruchnahme von Flächen der Kläger so weit wie möglich eingeschränkt worden sei. Die Kläger könnten nicht erwarten, dass ein Eingriff, der nicht stattgefunden habe, an anderer Stelle auf ihrem Besitz ausgeglichen werde.

10

Nachdem die Kläger die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.11.2009 erfolglos aufgefordert hatten, ihnen gegenüber bis zum 27.11.2009 rechtsverbindlich zu erklären, dass die Beklagte den in Ziffer 6 des Vergleichs protokollierten Verpflichtungen uneingeschränkt nachkomme, haben die Kläger am 29.01.2010 Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Auffassung der Beklagten, dass sie nach Ziffer 6 des Vergleichs nur diejenigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger durchzuführen habe, die aufgrund von Eingriffen auf denjenigen Flächen erfolgen müssten, die im Eigentum der Kläger stünden und dort verblieben, sei falsch. Die Regelung sei vielmehr so zu verstehen, dass die im Planfeststellungsbeschluss festgestellten und aus den Grundstücken der Kläger herrührenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den in ihrem Eigentum verbleibenden Grundstücken zu erfolgen haben. Dies sei bereits 2007 so erörtert worden. Inhalt der Vereinbarung in Ziffer 6 des Vergleichs sei gewesen, dass die Beklagte als Teilkompensation des erheblichen Eingriffs in den Gutspark durch den Kanalausbau die ohnehin nach dem Planfeststellungsbeschluss auszuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht irgendwann bzw. irgendwo an anderer Stelle ausführe, sondern unter fachplanerischer Begleitung der Landschaftsarchitektin auf den Grundstück der Kläger, namentlich im Rahmen der Neugestaltung des nach dem Kanalausbau verkleinerten Gutsparks, und zwar „vorgezogen“ vor dem Kanalausbau.

11

Die Kläger haben beantragt,

12

festzustellen, dass sich die Beklagte in Ziffer 6 des Vergleichs vom 13.05.2009 verpflichtet hat, die aus dem naturschutzrechtlichen Eingriffen in die klägerischen Grundstücke resultierenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Flurstücken 51, 52 und 57 der Flur B in der Gemarkung A-Stadt nach vorheriger Absprache mit der Landschaftsarchitektin vorgezogen durchzuführen.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie hat vorgetragen, mit Ziffer 6 des Vergleichs sei lediglich eine Regelung für diejenigen Kompensationsmaßnahmen beabsichtigt gewesen, die ohnehin auf den im Eigentum der Kläger verbleibenden Grundstücken stattfinden sollten. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass mit dem Planfeststellungsbeschluss auch der landschaftspflegerische Begleitplan festgestellt worden sei. So seien auch die Kompensationsmaßnahmen jedenfalls grundstücksbezogen abschließend im landschaftspflegerischen Begleitplan enthalten, geregelt und damit planfestgestellt. Dieser Plan stelle eine verbindliche Grundlage für die Kompensation der Eingriffe dar. Auch der Wortlaut lasse keine anderen Schlussfolgerungen zu. Die im Plan festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bildeten ein Gesamtpaket, das auch von den Trägern öffentlicher Belange akzeptiert worden sei. In Kenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten habe der Vorhabenträger deshalb in dem Vergleich nur zugestanden, dass die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die auf den Grundstücken der Kläger vorgesehen seien, mit der beauftragten Landschaftsarchitektin abgestimmt und vorgezogen durchgeführt werden.

16

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

17

Die Feststellungsklage sei zwar zulässig, aber nicht begründet. Bestehe Streit über den Inhalt der Leistungspflicht, komme zur Vermeidung von (Folge-)Streitigkeiten im Rahmen der Vollstreckung vorrangig eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO dergestalt in Betracht, dass das Bestehen eines bestimmten Leistungsinhalts festgestellt werde. Die in Ziffer 6 des Vergleichs getroffene Vereinbarung sei jedoch gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig, so dass aus ihr keine unmittelbaren Leistungsansprüche abgeleitet werden könnten. Der Planfeststellungsbeschluss beinhalte ein Verbot, wonach die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (auch) auf den Grundstücken der Kläger umgesetzt werden dürfen. Sei der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, seien u. a. Ansprüche auf Änderung der Anlagen etc. ausgeschlossen. Die Änderung eines planfestgestellten Vorhabens bedürfe eines neuen Planfeststellungsverfahrens. Vorliegend seien im landschaftspflegerischen Begleitplan die Grundstücke, auf denen Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden, explizit dargestellt; die Grundstücke der Kläger seien davon nicht erfasst. Dem Vorhabenträger sei es mithin verwehrt, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auch auf den Grundstücken der Kläger durchzuführen. Er könne ohne förmliche Planänderung von den planfestgestellten Maßnahmen nicht abweichen, zumal es sich dabei um eine nicht zuletzt im Sinne der Landschaftsplanung abgestimmte Gesamtmaßnahme mit gegenseitigen Abhängigkeiten handele. Zwar habe der Vorhabenträger aufgrund des planfestgestellten landschaftspflegerischen Begleitplans noch einen Handlungsspielraum dergestalt, dass er die Quantität innerhalb der gleichen Art von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zwischen den dafür bestimmten Grundstücken bestimmen könne. Ihm stehe es jedoch nicht frei, diese Maßnahmen auch auf anderen Grundstücken durchzuführen. Eine etwaige Vereinbarung, in der sich die Beklagte verpflichte, außerhalb der planfestgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen „Leistungen zugunsten eines Dritten“ zu erbringen, wäre zwar nicht nichtig. Eine solche Auslegung der Vereinbarung in Ziffer 6 des Vergleichs scheitere aber wegen der darin enthaltenen Bezugnahme auf den Planfeststellungsbeschluss und damit am Wortlaut der Vereinbarung. Auch entspräche dies nicht dem Willen der Beteiligten, weil sie sich darauf gar nicht berufen hätten.

18

Die vom Senat wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zugelassene Berufung haben die Kläger wie folgt begründet:

19

Die streitgegenständliche Ziffer 6 des Vergleichs sei nicht nach § 59 Abs. 1 VwVfG nichtig, weil sie nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Bei dem Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan handele es sich bereits um keine zwingende Rechtsnorm, sondern um einen Verwaltungsakt in Gestalt einer einheitlichen Gesamtentscheidung, mit dem für ein konkretes Vorhaben die Zulässigkeit hinsichtlich aller berührten öffentlichen Belange festgestellt werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass nach Ansicht der Beklagten die Ziele und Zwecke der planfestgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gefährdet würden, wenn man Teile der Maßnahmen, insbesondere Gehölzanpflanzungen, nicht exakt an den im landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehenen Orten durchführe. Zum einen weise der landschaftspflegerische Begleitplan gerade keine derart exakte Planung auf, dass bestimmte Gehölze oder Pflanzen an bestimmten Stellen in bestimmter Anzahl zu pflanzen seien und jede Abweichung hiervon die ganze Planung hinfällig mache. Es seien ohne weiteres Abweichungen möglich und sogar nötig, weil bei der Umsetzung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen die konkreten Umstände vor Ort zu berücksichtigen seien, die Anpassungen und Änderungen ohnehin regelmäßig erforderlich machten. Zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Kläger von den insgesamt von der Beklagten auszuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nur einen geringen Teil beanspruchten, der auf ihren Grundstücken im Bereich des verbleibenden Gutsparks durchgeführt werden solle. Zudem liege der Gutspark nur wenige Meter neben der Stelle, wo die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehen seien. Die Ziele und Zwecke des Plans würden daher in keiner Weise negativ beeinflusst oder gar gefährdet, wenn die Beklagte das umsetze, wozu sie sich vertraglich verpflichtet habe. Zudem sei der landschaftspflegerische Begleitplan nicht eindeutig. Den Übersichten des Begleitplans stehe die Aussage auf Seite 130 des Planfeststellungsbeschlusses entgegen, in der sich die Beklagte bereit erkläre, die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den Bereich des Gutsparkes mit den Einwendern (Klägern) und der beauftragten Landschaftsarchitektin abzustimmen. Damit sei ein gewisser Spielraum ausdrücklich festgestellt worden. In der streitigen Vergleichsregelung gehe es um die Vornahme eines kleinen Bruchteils der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf dem Gelände des Gutsparks der Kläger anstelle der neu entstehenden Kanalinsel. Der Gutspark werde durch den Ausbau des Elbe-Havel-Kanals in Mitleidenschaft gezogen, wofür Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchzuführen seien. Zweck dieser Maßnahmen sei es, die langfristigen Einwirkungen auf die Natur so gering wie möglich zu halten und die natürlichen Lebensräume der Tier- und Pflanzenwelt wiederherzustellen bzw. zu erhalten. Beide betroffenen Gebiete, die sehr eng beieinander lägen, seien von dem Ausbau des Elbe-Havel-Kanals beeinträchtigt, wobei auf der Kanalinsel neuer Lebensraum entstehe und im Gutspark in einen bestehenden Lebensraum eingegriffen werde. Auch die Kosten würden bei der Durchführung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihrem Grundstück nicht erhöht. Neben dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung der natürlichen Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt und der kostengünstigen Durchführung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen stünden die Grundsätze der Vertragsverbindlichkeit und des Vertrauensschutzes. Die erforderlichen Änderungen des Planfeststellungsbeschlusses, respektive des landschaftspflegerischen Begleitplanes, wären zur Umsetzung der Verpflichtungen der Beklagten aus der Ziffer 6 des Vergleiches derart marginal, dass eine Planänderung ohne Schwierigkeiten möglich wäre.

20

Nach dem Wortlaut des Vergleichs seien alle in dem Planfeststellungsbeschluss festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den in ihrem Eigentum verbleibenden Grundstücken durchzuführen, und zwar sowohl die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für Baufeldstreifen bzw. vorübergehend in Anspruch genommene Flächen als auch die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die dauerhaft durch die Trassenführung des Kanals in Anspruch genommenen Flächen. Eingeschränkt werde der Regelungsgehalt des Wortlauts lediglich dahingehend, dass hinsichtlich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die dauerhaft durch die Trassenführung des Kanals in Anspruch genommenen Flächen sich dies auf die Flächen der Kläger beziehe, die beeinträchtigt werden, nicht auf alle durch die Trassenführung dauerhaft beeinträchtigten Flächen (auch Dritter). Wäre die Auslegung der Beklagten zutreffend, hätte der Wortlaut des Vergleiches den Inhalt haben müssen, dass die Beklagte die im Planfeststellungsbeschluss auf den Grundstücken der Kläger festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit der vom Kläger beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmen und vorgezogen durchführen werde. Aufgrund der Satzstellung werde deutlich, dass die Worte „auf den Grundstücken der Kläger“ sich nicht auf die „festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen“ beziehen und somit nicht dazu dienten, diese Maßnahmen weiter zu konkretisieren. Die im Planfeststellungsbeschluss konkretisierten Ausgleichs- und Ersatzansprüche würden auf ihren Grundstücken abgestimmt und vorgezogen durchgeführt. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck des Vergleichs. Der Erhalt des Gutsparks sei ihr zentrales Interesse gewesen, das der Beklagten bekannt gewesen sei und sich wie ein roter Faden durch das Planfeststellungsverfahren und das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bis hin zu dem geschlossenen Vergleich ziehe. Da eine Verlegung der Trasse nicht möglich gewesen sei, hätten sie dafür gekämpft, die Beeinträchtigungen für den Gutspark so gering wie möglich zu halten. Aus der Vorgeschichte und der besonderen Bedeutung des Gutsparks für sie ergebe sich, dass sie ein herausragendes Interesse daran gehabt hätten, den Baumbestand zumindest wiederherzustellen. Im landschaftspflegerischen Begleitplan seien keine Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die unmittelbaren Folgen des Kanalbaus auf ihrem Grundstück vorgesehen gewesen. Sie hätten einem Vergleich nicht zugestimmt, wenn dieser sie schlechter gestellt hätte als ein anhängiges Verfahren mit guter Aussicht auf Erfolg. Wenn nur diejenigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von der Regelung hätten erfasst werden sollen, die nach dem Planfeststellungsbeschluss und dem landschaftspflegerischen Begleitplan ohnehin auf ihren Grundstücken ausgeführt werden, hätte es der Regelung in der Ziffer 6 des Vergleiches nicht bedurft. Mit der Regelung habe fixiert werden sollen, dass gerade die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die ohnehin planfestgestellt seien, jedenfalls in Bezug auf den wegfallenden Teil des Gutsparks nicht irgendwo (auf der neu entstehenden Insel), sondern im verbleibenden Teil des Gutsparks ausgeführt werden sollen. Insofern sei mit der Ziffer 6 des Vergleichs eine Leistung zu ihren Gunsten vereinbart worden, die über die reinen Feststellungen des Planfeststellungsbeschlusses nebst landschaftspflegerischem Begleitplan hinausgehe. Die Verpflichtung aus Ziffer 6 des Vergleichs habe eine Teilkompensation dargestellt. Die mit dem Vergleich auch vereinbarte Zahlung einer Geldleistung habe nicht separat gestanden, sondern sei so austariert worden, dass sie dem Vergleich letztlich hätten zustimmen können. Durch die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen hätten sie sich eigene Aufforstungs- und Anpflanzungsmaßnahmen erspart. Dies sei Gegenstand des Vergleichs gewesen. Sofern die Beklagte rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage gewesen sein sollte, die Verpflichtung bezüglich der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu erfüllen, habe sie dennoch hierfür einzustehen und Schadenersatz zu leisten, der derzeit allerdings noch nicht bezifferbar sei.

21

Bereits in der Klageschrift hätten sie ihr auf Vornahme der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gerichtetes Rechtsschutzbegehren formuliert und nur auf Anraten des Kammervorsitzenden in der mündlichen Verhandlung einen Feststellungsantrag gestellt. Nunmehr verfolgten sie ihr Leistungsbegehren weiter, von dem sie zu keinem Zeitpunkt abgerückt seien. Im Mai 2014 seien die Bauarbeiten für den Ausbau des Elbe-Havel-Kanals abgeschlossen worden, ohne dass die Beklagte die streitige Verpflichtung aus dem Vergleich erfüllt hätte.

22

Die Kläger beantragen nunmehr,

23

das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die im Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 27.10.2008 unter A.III.4., B.III. 3.1.2, 3.2.5, 4 und 5, sowie Anlage 7 (lfd. Nrn. 36 bis 51) festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger in der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 49 und 54/1 und Flur B, Flurstücke 51, 52, 57 und 58 durchzuführen,

24

hilfsweise

25

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern alle bereits entstandenen und noch entstehenden Schäden zu ersetzen, die daraus resultieren, dass die Beklagte aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, die vorgenannten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den oben genannten Grundstücken der Kläger durchzuführen und deshalb auch nicht durchführt.

26

Die Beklagte beantragt,

27

die Berufung zurückzuweisen.

28

Auch sie tritt der Auffassung der Vorinstanz entgegen, dass die Reglung in Ziffer 6 des Vergleichs nichtig sei. In den Planfeststellungsunterlagen seien auf den klägerischen Grundstücken zum Zeitpunkt des Abschlusses der streitigen Regelung die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme 1.1 und die V-Maßnahme 1 planfestgestellt worden. Letztgenannte Maßnahme sehe die Wiederherstellung des ursprünglichen Bestandes vor, und zwar genau an den Stellen, an denen baubedingt habe eingegriffen werden müssen. Sie stelle aus naturschutzfachlicher Sicht dem Charakter nach – unabhängig von ihrer formalen Bezeichnung – (auch) eine Ausgleichsmaßnahme im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG dar. Sie habe bereits vor Eröffnung des Planfeststellungsverfahrens, nachdem ihr die Planungen der Kläger zur Nutzung und Umgestaltung des Rittergutes (...) zur Kenntnis gelangt seien, ihre bis dahin erfolgten Planungen geändert, um die ganz oder teilweise im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke nur in so geringem Maße wie nötig in Anspruch zu nehmen. So seien durch die Änderung der ursprünglichen Planung, die Schrägufer beinhaltet habe, sehr kostenintensive Spundwände vorgesehen, was zu einer Reduzierung der Flächeninanspruchnahme auf den klägerischen Grundstücken um ca. 41% geführt habe. Später habe sie ursprünglich planfestgestellte Inanspruchnahmen von Grundstücken der Kläger für Baufeldstreifen und eine Baustelleneinrichtungsfläche in erheblichem Umfang reduziert. Da es auf den klägerischen Grundstücken zu wesentlich verringerten Eingriffen als ursprünglich planfestgestellt gekommen sei, hätten sich dementsprechend auch die zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in entsprechendem Umfang verringert. Dennoch würden sowohl die Ausgleichsmaßnahme 1.1 als auch die Maßnahme V 1 nach Abschluss der Bauarbeiten auf den klägerischen Grundstücken im dann noch erforderlichen Umfang durchgeführt. Der exakte und endgültige Umfang dieser Maßnahmen könne aber erst, wie auch sonst bei der Umsetzung von planfestgestellten Maßnahmen üblich, nach deren Abschluss geplant werden. Maßgeblich seien vorliegend auch die Platzverhältnisse, die nach dem Bau eines noch zu errichtenden Zauns verblieben. Absehbar sei aber, dass u. a. die Pflanzung von Strauchgruppen sowie Gehölzpflanzungen auf der hergestellten Böschung, d. h. Strauchgruppen entsprechend der örtlich vorhandenen natürlichen Vegetation, und ggf. an geeigneten Stellen auch die Pflanzung einzelner Bäume ausgeführt werden. Entsprechende Pflanzungen werde es auch im Bereich des Gutsparks geben. Bei der Realisierung dieser Maßnahmen werde sie sich, wie dies in Ziffer 6 des Vergleichs geregelt sei, mit der Landschaftsarchitektin der Kläger abstimmen und die Maßnahmen vorgezogen durchführen.

29

Entgegen der Auffassung der Kläger seien nur diejenigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken durchzuführen, die auf diesen Flächen planfestgestellt worden seien. Nur diese Maßnahmen seien Teil der Vergleichsverhandlungen gewesen und hätten in Ziffer 6 des Vergleichs aufgenommen werden können. Diese Regelung konkretisiere lediglich die Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses einschließlich des landschaftspflegerischen Begleitplans hinsichtlich der auf den Grundstücken der Kläger festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Das Klagebegehren sei, insbesondere auch aus rechtlichen Gründen, auf eine unmögliche Leistung gerichtet und könne deshalb nicht Gegenstand des Vergleichs geworden sein. Die planfestgestellten Vermeidungs-, Verminderungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bildeten ein Gesamtkonzept mit gegenseitigen Abhängigkeiten zur Kompensation der durch das Vorhaben verursachten Eingriffe. Im Anhörungsverfahren hätten (Naturschutz-)Fachbehörden, die Naturschutzvereinigungen, die betroffenen Grundstückseigentümer und diverse andere Betroffene hierzu Stellung genommen bzw. Einwendungen erhoben. Die Planfeststellungsbehörde habe danach unter Einbeziehung dieser Äußerungen eine Abwägungsentscheidung getroffen, deren Ergebnis sich dann in Form des Planfeststellungsbeschlusses nebst den dazu gehörigen Unterlagen, hier vor allem des landschaftspflegerischen Begleitplans, darstelle. Würden nun, wie von den Klägern begehrt, einzelne Maßnahmen aus diesem Gesamtkonzept herausgelöst, um sie auf ihren Grundstücken vorzunehmen, führte dies nicht nur dazu, dass damit das im Planfeststellungsbeschluss abgewogene Gesamtkompensationskonzept zerfiele, sondern es wäre – neben der Erstellung eines neuen landschaftspflegerischen Begleitplans – ein Planänderungsverfahren mit einem neuen Anhörungsverfahren erforderlich. Ohne Durchführung eines Planänderungsverfahrens, d.h. nur durch den Abschluss des Vergleichs, könne der Planfeststellungsbeschluss nebst landschaftspflegerischem Begleitplan nicht rechtlich wirksam geändert werden. Im Übrigen stellten die Festlegungen in der streitigen Ziffer 6 des Vergleichs in Bezug auf „mit der vom Kläger beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmen“ und „vorgezogen“ allein Konkretisierungen des Planfeststellungsbeschlusses dar und hätten keinen darüber hinaus gehenden Erklärungswert. Überdies sei nicht erkennbar, warum sie sich dazu habe verpflichten sollen, auch für Eingriffe, die auf ehemaligen Flächen der Kläger vorgenommen worden seien bzw. werden, Kompensation auf den verbleibenden klägerischen Grundstücken zu leisten. Soweit Grundstücke der Kläger zur Realisierung des Vorhabens komplett in Anspruch genommen worden seien, seien diese von ihr erworben und nach gutachterlicher Festsetzung ein entsprechender Kaufpreis bzw. eine Entschädigung bei dauerhafter Beschränkung an die Kläger gezahlt worden. Weswegen sie die Kläger dann zusätzlich noch mit entsprechenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den bei ihnen verbleibenden Flächen – quasi doppelt – hätte entschädigen sollen, sei nicht nachvollziehbar. Ganz abgesehen davon hätten die Kläger bereits im Zuge ihrer Klagerücknahme im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine beträchtliche Zahlung in Höhe von 150.000 € und weitere 3.000 € für Sonderplanungskosten erhalten. Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf der Insel seien gerade nicht für Eingriffe auf den Grundstücken der Kläger geplant, sondern „allgemein“ für Eingriffe bilanziert worden (z.B. Flächenentzug durch Durchstich, Stadtstrecke, etc.). Es habe eine Bilanzierung stattgefunden nach Biotoptypen, Fauna, Landschaftsbild usw. in „Hektar“ und nicht nach „Wasserstraßen-Kilometern“. Es sei somit nicht ersichtlich, warum sie bei Abschluss der Vereinbarung den Willen gehabt haben sollte, den Planfeststellungsbeschluss, insbesondere die Gesamtkonzeption des landschaftspflegerischen Begleitplans, mit dem dargestellten Aufwand noch einmal „auseinander zu pflücken“, obwohl sie den Klägern insbesondere für ihren Flächenverlust und für den entsprechenden Bewuchs monetäre Entschädigung leiste. Nichts anderes ergebe sich, wenn man auf den Empfängerhorizont der Kläger abstelle. Die vorgesehenen (Gesamt-)Kompensationsmaßnahmen überstiegen selbst dann die Größe ihrer Grundstücke erheblich, wenn man Maßnahmen wie „Tanklager (...)“, „Ablagerungsfläche“ und „Sohlgleite“ unberücksichtigt lasse. Im Übrigen seien einige Maßnahmen auch ortsgebunden und könnten deshalb nicht auf den Grundstücken der Kläger durchgeführt werden. Die streitige Passage des Vergleichs enthalte auch keine Andeutung dahingehend, dass die Planfeststellungsbehörde zur Umsetzung der behaupteten Zusage die Durchführung eines Planänderungsverfahrens oder Derartiges anstrebe. Ferner sei die Einschätzung der Kläger, die Durchführung eines entsprechenden Planänderungsverfahrens sei ohne Schwierigkeiten möglich, nicht nachvollziehbar. Die Einschätzung der Kläger könne die Stellungnahmen der entsprechenden Fachbehörden nicht ersetzen. Zudem habe der Abschluss des Vergleichs für die Beklagte primär den Zweck gehabt, den Planfeststellungsbeschluss in Bestandskraft erwachsen zu lassen. Andere Klagen seien nicht erhoben worden. Die Durchführung eines erforderlichen Planänderungsverfahrens zur Modifizierung insbesondere des landschaftspflegerischen Begleitplans hätte aber dazu geführt, dass eine Vielzahl neuer Klagemöglichkeiten gegen den Änderungsbeschluss geschaffen worden wären. In der streitigen Ziffer 6 des Vergleichs habe sie sich auch nicht zu Leistungen außerhalb der planfestgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, namentlich zu „Leistungen zugunsten eines Dritten“ verpflichtet bzw. verpflichten wollen. Dem stehe bereits der Wortlaut der Ziffer 6 bzw. die Bezugnahme auf den Planfeststellungsbeschluss entgegen. Die Regelung sehe gerade nicht vor, dass der Träger des Vorhabens zuzüglich zu den bereits planfestgestellten noch weitere Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die nicht der Planfeststellung unterlagen, auf den Grundstücken der Kläger durchführen werde. Zudem stünde dieser Vorgehensweise die Bundeshaushaltsordnung entgegen. Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen seien nach den naturschutzrechtlichen Vorgaben nur in dem Umfang zu erbringen, dass die mit dem Vorhaben verursachten Eingriffe in Natur und Landschaft kompensiert werden. Für die Vereinbarung weiterer Maßnahmen und damit einer entsprechenden „Überkompensation“ sei kein Raum.

30

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die von der Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

31

I. Der Senat entscheidet über die Berufung durch Beschluss nach § 130a Satz 1 VwGO, weil er einstimmig zu dem in der Beschlussformel niedergelegten Ergebnis gelangt und bei geklärtem Sachverhalt keine mündliche Verhandlung für erforderlich hält. Die Anhörungsrechte der Beteiligten (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO) sind gewahrt.

32

II. Die Berufung der Kläger ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

33

1. Die von den Klägern im Berufungsverfahren vorgenommene Umstellung des Hauptantrags von einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO zu einer allgemeinen Leistungsklage ist zulässig. Dabei kann dahinstehen, ob der im erstinstanzlichen Verfahren gestellte Feststellungsantrag mit Rücksicht darauf sachdienlich gewesen ist, dass die Kläger seinerzeit die Durchführung der von ihnen begehrten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken noch nicht verlangen konnten, weil das Ausbauvorhaben der Beklagten noch nicht fertig gestellt oder zumindest so weit hergestellt war, dass die Maßnahmen sinnvollerweise schon durchgeführt werden konnten. Jedenfalls nach der Fertigstellung des Bauvorhabens stehen einer Vornahme noch nicht durchgeführter Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen keine Hindernisse (mehr) entgegen. In der Umstellung des Klageantrags von einer Feststellungsklage in eine allgemeine Leistungsklage liegt auch keine Klageänderung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.10.1987 – BVerwG 4 B 211.97 –, DÖV 1988, 224, RdNr. 9 in juris; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 91 RdNr. 9). Im Übrigen wäre eine Klageänderung gemäß § 91 Abs. 1 und 2 VwGO zulässig, weil sich die Beklagte im Schriftsatz vom 23.10.2014 auf die geänderte Klage eingelassen hat. Zudem wäre die geänderte Klage sachdienlich, weil der Prozessstoff im Wesentlichen derselbe bleibt.

34

2. Die geänderte Klage hat aber keinen Erfolg.

35

2.1. Soweit die Leistungsklage auch darauf gerichtet sein sollte, die Beklagte zu verurteilen, die bereits im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan für die Grundstücke der Kläger vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Sinne von § 19 Abs. 2 BNatSchG a. F. bzw. § 15 Abs. 2 BNatSchG n. F. durchzuführen, fehlte den Klägern das Rechtsschutzinteresse. Die Beklagte war von Anfang an bereit, diese Maßnahmen wie im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehen auszuführen (vgl. Schriftsatz vom 15.03.2010, Bl. 39 GA).

36

2.2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte auf den Grundstücken der Kläger Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchführt, die über die im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan für ihre Grundstücke bereits vorgesehenen Maßnahmen hinausgehen.

37

2.2.1. Die streitige Ziffer 6 des außergerichtlichen Vergleichs vom 13.05.2009 ist allerdings entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht nichtig.

38

2.2.1.1. Bei der Vereinbarung vom 13.05.2009 handelt es sich um einen rechtlich zulässigen öffentlich-rechtlichen Vertrag.

39

Die §§ 54 ff. VwVfG regeln ausdrücklich nur den Vergleichsvertrag (§ 55 VwVfG) und den Austauschvertrag (§ 56 VwVfG), geben aber darüber hinaus für den öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht bestimmte Vertragstypen vor. Soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen (§ 54 Satz 1 VwVfG), können die Beteiligten in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag Regelungen vereinbaren, ohne dabei an bestimmte Vertragstypen gebunden zu sein. Ob eine Regelung zulässiger Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Vertrages sein kann, richtet sich unter anderem danach, ob die einschlägigen Vorschriften des Fachrechts dem entgegenstehen (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschl. v. 30.04.2008 – BVerwG 7 B 6.08 –, juris, RdNr. 19).

40

Bei der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung vom 13.05.2009 handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der Elemente eines Vergleichsvertrages im Sinne von § 55 VwVfG und eine Austauschvertrages im Sinne von § 56 VwVfG beinhaltet.

41

Nach § 55 VwVfG kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Abs. 2 VwVfG, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält. Dabei ist Nachgeben jedes Abrücken von dem im Verfahren günstigstenfalls erreichbaren Ergebnis (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 55 RdNr. 19). Das Nachgeben nur eines Beteiligten genügt nicht (Bonk, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 55 RdNr. 40). Auf Seiten der Behörde kann das Nachgeben liegen in einem Verzicht auf eine Auflage, der Verlängerung einer dem Betroffenen eingeräumten Frist, dem Verzicht auf die Vollstreckung eines Verwaltungsakts, der Stundung einer Forderung, der Verpflichtung, über einen Antrag erneut zu entscheiden, wenn das Gericht in einer parallelen Sache zugunsten des Klägers entscheiden sollte; auf Seiten des Bürgers kann das Nachgeben etwa in einer Rücknahme eines bereits eingelegten Rechtsbehelfs bestehen (Kopp/Ramsauer, a.a.O.). Unter diesen Voraussetzungen vermögen Vergleichsverträge Leistungspflichten auch dann zu begründen, wenn der Vergleichsinhalt der Gesetzeslage (teilweise) widerspricht (BVerwG, Urt. v. 01.12.1989 – BVerwG 8 C 17.87 –, BVerwGE 84, 157 [165], RdNr. 29 in juris, m.w.N.). Das gegenseitige Nachgeben muss seine Ursache in dem Bestreben des Vertragspartners haben, die rechtliche und tatsächliche Ungewissheit gemeinsam zu bewältigen; Voraussetzung ist deshalb ein innerer Zusammenhang zwischen Ungewissheit und Nachgeben (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 19a). Besteht das Nachgeben in einer (objektiven) Gegenleistung, kann ein Vergleich zugleich auch Austauschcharakter im Sinne des § 56 VwVfG haben (Bonk, a.a.O.).

42

Im konkreten Fall bestand bei den Beteiligten im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs in rechtlicher Hinsicht Ungewissheit darüber, inwieweit der Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 27.10.2008 wegen der von den Klägern geltend gemachten Belange inhaltlich geändert werden musste. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der von den Klägern erhobenen Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss mit Beschluss vom 02.04.2009 angeordnet hatte, war einerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Planfeststellungsbeschluss aufgrund eines fachplanerischen Abwägungsmangels in dieser Form keinen Bestand haben würde. Unsicher war andererseits aber auch, ob und wie der voraussichtlich bestehende Abwägungsmangel im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens nach § 14e Abs. 6 Satz 2 WaStrG behoben werden konnte, insbesondere ob das ergänzende Verfahren zu einer inhaltlichen Änderung des Planfeststellungsbeschlusses führen würde oder würde führen müssen. Dies hatte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss offen gelassen.

43

Das Nachgeben der Kläger bestand darin, dass sie ihre Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht zurücknehmen sollten. Die Beklagte ist in der Vereinbarung vom 13.05.2009 insoweit von ihrer Position, der unveränderten Aufrechterhaltung des Planfeststellungsbeschlusses, abgerückt, als sie den Klägern zugestanden hat, die Spundwände im Bereich der Grundstücke der Kläger mit dem für den Baugrund geeigneten Verfahren einzubringen unter Berücksichtigung etwaiger denkmalrechtlicher Belange, im Rahmen der Baumaßnahme einen blickdichten Zaun auf den Grundstücken der Kläger zu errichten und die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger mit der von den Klägern beauftragen Landschaftsarchitektin abzustimmen und vorgezogen durchzuführen. Mit den Regelungen, dass die Beklagte den Klägern eine Geldleistung in Höhe von insgesamt 153.000,00 € gewährt und die für ihr Vorhaben benötigten Grundstücke der Kläger zum Verkehrswert erwirbt, hat sie sich darüber hinaus zu (weiteren) Gegenleistungen im Sinne von § 56 VwVfG verpflichtet. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Weder aus den Vorschriften des Wasserstraßengesetzes noch aus naturschutzrechtlichen Bestimmungen lässt sich herleiten, dass ein Vorhabenträger einem Einwender in einem Planfeststellungsverfahren nicht zusagen darf, eventuelle Nachteile seines Vorhabens durch Gegenleistungen auszugleichen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.04.2008, a.a.O.).

44

2.2.1.2. Ziffer 6 des Vergleichs ist entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig.

45

Gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des BGB ergibt. Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Bei verwaltungsrechtlichen Verträgen führt nicht jeder Rechtsverstoß, sondern nur ein qualifizierter Fall der Rechtswidrigkeit zur Nichtigkeit; die „inhaltliche Unzulässigkeit" eines verwaltungsrechtlichen Vertrages führt zu dessen Nichtigkeit, wenn sie sich als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) darstellt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.09.2005 – BVerwG 4 B 57.05 –, ZfBR 2006, 53, RdNr. 4 in Juris, m.w.N.). Erforderlich ist ein Verstoß gegen eine zwingende Rechtsnorm, die entweder den Abschluss eines Vertrages, d. h. eine Regelung der in Frage stehenden Angelegenheit durch Vertrag, den Inhalt der vertraglichen Regelung oder die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges schlechthin verbietet (vgl. OVG BBg, Urt. v. 13.12.2006 – 10 B 13.05 –, Juris, RdNr. 93; VGH BW, Urt. v. 01.10.2004 – 3 S 1743/03 –, BauR 2005, 1908, RdNr. 19 in Juris).

46

Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot lässt sich hier nicht damit begründen, dass der Planfeststellungsbeschluss das Verbot beinhalte, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger umzusetzen. Der Planfeststellungsbeschluss ist – wie die Beteiligten zutreffend geltend machen – keine Rechtsnorm, sondern ein Verwaltungsakt. Im Übrigen ist dem Planfeststellungsbeschluss ein solches Verbot nicht zu entnehmen. Die Annahme der Vorinstanz, die Grundstücke der Kläger gehörten nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan nicht zu den Grundstücken, auf denen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchgeführt werden, trifft nicht zu. Der zum landschaftspflegerischen Begleitplan gehörende Maßnahmeplan für den Abschnitt „EHK-km 355,120 bis 356,890“ (Anlage 7.9) lässt erkennen, dass auf den Klägern gehörenden Grundstücken (Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 49 und 54/1 sowie Flur B, Flurstücke 51, 52, 57 und 58) – wenn auch in vergleichweise geringem Umfang – eine Ausgleichsmaßnahme nach Ziffer 1.1 vorgesehen ist, die nach dem Textteil des Plans (S. 25) die Entwicklung von Ruderal-/Staudenflächen und auf geeigneten Flächen (Ruderalflächen auf landseitigen Böschungen des Betriebsweges) auch die Anpflanzung von Einzelbäumen beinhaltet.

47

2.2.2. Aus dem Vergleich lässt sich der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken über die im Planfeststellungsbeschluss konkret für ihre Grundstücke festgelegten Maßnahmen hinaus aber nicht herleiten.

48

Der Vergleich als materiell-rechtlicher Vertrag ist gemäß §§ 133, 157 BGB unter Beachtung der Gebote von Treu und Glauben auszulegen. Neben dem Wortlaut und dem daraus zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen kommt es auf den mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zweck einer Regelung, die beiderseitige Interessenlage und die Begleitumstände der Vereinbarung an (vgl. OVG NW, Beschl. v. 03.12.2014 – 13 A 202/14 –, juris, RdNr. 5, m.w.N.). Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2005 – XII ZR 241/03 –, NJW-RR 2006, 337 [338]) und die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (BGH, Urt. v. 17.03.2011 – I ZR 93/09 –, juris, RdNr. 26):

49

2.2.2.1. Bei der danach vorzunehmenden Auslegung der streitigen Vereinbarung in Ziffer 6 des Vergleichs lässt sich insbesondere kein Anspruch der Kläger darauf herleiten, dass die Beklagte sämtliche im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den im Klageantrag bezeichneten Grundstücken der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 49 und 54/1 und Flur B, Flurstücke 51, 52, 57 und 58 durchführen muss.

50

Schon der Wortlaut der streitigen Regelung lässt eine solche Auslegung nicht zu. Darin verpflichtet sich die Beklagte, die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger mit der von ihnen beauftragten Landschaftsarchitektin abzustimmen und vorgezogen durchzuführen. Der Satz wäre ggf. mehrdeutig, wenn die Verpflichtung zur Abstimmung mit der Landschaftsarchitektin fehlen würde oder anders in diesen Satz eingefügt worden wäre. Hätte eine Vereinbarung des Inhalts getroffen werden sollen, dass alle im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger durchzuführen sind, wäre eine andere Formulierung gewählt worden, etwa dergestalt, dass sich die Beklagte verpflichtet, die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen (nur) auf den Grundstücken der Kläger nach vorheriger Abstimmung mit der beauftragten Landschaftsarchitektin vorgezogen durchzuführen. Zwar wäre die Regelung noch klarer, wenn der Satz dergestalt formuliert worden wäre, dass die Beklagte die im Planfeststellungsbeschluss auf den Grundstücken der Kläger festgestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit der beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmen und vorgezogen durchführen werde. Da sich jedoch die Verpflichtung zur Abstimmung mit der Landschaftsarchitektin auf „die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger“ bezieht, kann sich die im nächsten Satzteil festgelegte Verpflichtung zur vorgezogenen Durchführung verständigerweise ebenfalls nur auf die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger beziehen. Dass eine Abweichung von den Festlegungen im Planfeststellungsbeschluss erfolgen soll, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen.

51

Unabhängig davon wäre es auch unmöglich, sämtliche im Planfeststellungsbeschluss i.V.m dem landespflegerischen Begleitplan dargestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den von den Klägern bezeichneten Grundstücken durchzuführen. Dies lässt schon der Umfang der Maßnahmen nicht zu. Nach dem landschaftspflegerischen Begleitplan, der gemäß § 20 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG a. F. sowie nach § 17 Abs. 4 Satz 5 BNatSchG n. F. Bestandteil des Fachplans ist, werden im fraglichen ca. 9,5 km langen Planfeststellungsabschnitt 7 im unmittelbaren Kanalbereich auf einer Fläche von insgesamt 34,43 ha Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt. Der restliche Kompensationsbedarf wird mit dem Rückbau (5,16 ha) und der Renaturierung des ehemaligen Tanklagers (...) (Weinberg bei (...)) auf 21 ha sowie der Umwandlung eines Sohlabsturzes in eine Sohlgleite am Tuchheim-Parchener Bach als Ersatzmaßnahme entwickelt. Auf den Ausgleichs- und Ersatzflächen werden Maßnahmen vorgesehen, die die erheblich beeinträchtigten Funktionen der Schutzgüter Vegetation, Fauna, Boden und Landschaftsbild positiv entwickeln. Der Verlust, der im Zuge des Ausbaus durch die Fällung von 348 Einzelbäumen eingetreten ist, soll durch 414 Neupflanzungen unterschiedlicher Qualitäten ausgeglichen werden. Stellt man diese im landschaftspflegerischen Begleitplan für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehenen Flächen einerseits und die Gesamtfläche der von den Klägern in ihrem Antrag bezeichneten Grundstücke (Flur A, Flurstücke 49 und 54/1 und Flur B, Flurstücke 51, 52, 57 und 58) von 85.899 m² (vgl. S. 99 ff. des Grunderwerbsverzeichnisses, Anlage 4.1 des Planfeststellungsbeschlusses) andererseits gegenüber, ist offensichtlich, dass nicht sämtliche im Planfeststellungsbeschluss i.V.m dem landespflegerischen Begleitplan dargestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für den ca. 9,5 km langen Planungsabschnitt auf den von den Klägern bezeichneten Grundstücken herstellt werden können und sie deshalb vernünftigerweise auch nicht Gegenstand der streitigen Ziffer 6 des Vergleichs sein können.

52

In ihrem Schriftsatz vom 05.05.2010 (S. 2, Bl. 60 GA) haben die Kläger im Übrigen selbst vorgetragen, obwohl der Wortlaut des Vergleichs – aus ihrer Sicht – eine derartige Auslegung zulasse, begehrten sie nicht, dass die Beklagte alle Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die im Zuge des Kanalausbaus im streitgegenständlichen Planungsabschnitt durchgeführt werden müssen, sämtlich auf ihren Grundstücken vorzunehmen habe.

53

2.2.2.2. Auch eine Vereinbarung des Inhalts, dass zwar nicht sämtliche, aber auch nicht nur die im Planfeststellungsbeschluss für die Grundstücke der Kläger konkret vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger durchgeführt werden sollen, lässt sich dem Vergleich nicht entnehmen.

54

a) Auch eine solche Auslegung findet im Wortlaut der Ziffer 6 des Vergleichs keine Stütze. Hätten die Beteiligten eine solche teilweise Abweichung von den Festlegungen im Planfeststellungsbeschluss vereinbaren wollen, etwa mit dem Inhalt, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in dem Umfang auf ihren Grundstücken durchgeführt werden sollen, wie sie den Eingriffen auf ihren Grundstücken entsprechen (vgl. nochmals S. 2 des Schriftsatzes der Kläger vom 05.05.2010, Bl. 60 GA), wären die auf den Grundstücken der Kläger durchzuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und die sich daraus ergebenden Abweichungen vom Planfeststellungsbeschluss zumindest grob nach Umfang und Art näher bezeichnet worden, um überhaupt eine hinreichend bestimmte und umsetzbare Regelung zu schaffen. Im Planfeststellungsbeschluss waren die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Art und Umfang genau bezeichnet.

55

b) Auch der Zweck des Vergleichs und die bei Abschluss des Vergleichs gegebene Interessenlage sprechen gegen die von den Klägern begehrte Verlegung von im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihre Grundstücke.

56

Zweck des Vergleichs insgesamt war es, den vor dem Bundesverwaltungsgericht im Hauptsacheverfahren noch anhängigen Rechtsstreit der Beteiligten endgültig beizulegen. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage wegen eines Abwägungsmangels bei der Trassenwahl angeordnet hatte, mussten die Beteiligten davon ausgehen, dass der angefochtene Planfeststellungsbeschluss im Hauptsacheverfahren keinen Bestand haben würde. Dabei ließ das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich offen, ob der festgestellte Fehler in einem ergänzenden Verfahren nach § 14e Abs. 6 Satz 2 WaStrG behoben werden könnte und ob ein solches ergänzendes Verfahren zu einer inhaltlichen Änderung des Planfeststellungsbeschlusses führen würde.

57

aa) Daher hatte die Beklagte ein erhebliches Interesse daran, ein solches ergänzendes Verfahren sowie eine danach möglicherweise erforderliche Planänderung und damit einhergehende Verzögerungen für den Kanalausbau zu vermeiden. Diesem Interesse der Beklagten hätte es offenkundig widersprochen, abweichend vom Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses und des landschaftspflegerischen Begleitplans Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die nicht schon für die Grundstücke der Kläger vorgesehen waren, auf die Grundstücke der Kläger zu verlegen. Da der Planfeststellungsbeschlusses und der landschaftspflegerische Begleitplan eine rechtliche Einheit bilden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 22.05.1996 – BVerwG 4 B 30.95 –, NVwZ-RR 1997, 217 [218]) hätte eine von den Festlegungen im landschaftspflegerischen Begleitplan abweichende Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen eine Planänderung erfordert.

58

Zwar hätte für eine solche Änderung voraussichtlich nicht zwingend ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden müssen. Denn gemäß § 14d Satz 1 WaStrG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG kann die Planfeststellungsbehörde bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung von einem neuen Planfeststellungsverfahren absehen, wenn die Belange anderer nicht berührt werden oder wenn die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben. Als unwesentlich ist eine Planänderung dann anzusehen, wenn sie Abwägungsvorgang und Abwägungsergebnis nach Struktur und Inhalt nicht berührt, also die Frage sachgerechter Zielsetzung nicht erneut aufwerfen kann, d.h. wenn die Gesamtkonzeption, insbesondere Umfang und Zweck des Vorhabens unverändert bleiben und wenn zusätzliche belastende Auswirkungen von größerem Gewicht sowohl auf die Umgebung als auch hinsichtlich der Belange Einzelner nicht zu erwarten sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 76 RdNr. 27, m.w.N.). Letzteres dürfte bei der Verlegung einer Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme der Fall sein (vgl. OVG RP, Gerichtsbescheid v. 25.06.2003 – 8 C 10392/03 –, NuR 2003, 634). In diesem Fall kann eine Planänderung formlos erfolgen (vgl. Hütting/Hopp, UPR 2003, 1 [4 f.]; Jarras, DVBl 1997, 795 [798]).

59

Die Verlegung der im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf die Grundstücke der Kläger hätte aber materiell vorausgesetzt, dass die Beklagte ein völlig neues naturschutzrechtliches Konzept erarbeitet. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die planfestgestellten Vermeidungs-, Verminderungs-, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ein Gesamtkonzept mit gegenseitigen Abhängigkeiten zur Kompensation der durch das Vorhaben verursachten Eingriffe bilden. Die in einem naturschutzfachlichen Gesamtkonzept vorzusehenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen müssen die durch das Vorhaben verursachten unvermeidbaren Eingriffe in Natur und Landschaft qualitativ ausgleichen oder gleichwertig ersetzen (BVerwG, Urt. v. 24.03.2011 – BVerwG 7 A 3.10 –, NVwZ 2011, 1124 [1126], RdNr. 44). Dabei ist u. a. zu berücksichtigen, dass für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nur solche Flächen in Anspruch genommen werden dürfen, die sich für diesen Zweck objektiv eignen; damit kommen nur solche Flächen in Betracht, die aufwertungsbedürftig und -fähig sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.03.2011, a.a.O., RdNr. 47).

60

In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses werden die vom Vorhaben verursachten Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sowie die Maßnahmen, mit denen die unvermeidbaren Beeinträchtigungen ausgeglichen oder ersetzt werden sollen, im Einzelnen dargelegt.

61

So wird in Abschnitt 3.1.2 (Schutzgut Pflanzen, Tiere und deren Lebensräume) ausgeführt, infolge von bau- und anlagebedingter Flächeninanspruchnahme gingen wertvolle Lebensräume der Fauna (vor allem Altfauna) verloren. Betroffen seien Bruthabitate streng geschützter Vogelarten. Für alle anderen betrachteten Tiergruppen stelle insbesondere die Abgrabung der Landzunge an der Einmündung des RAK zur Errichtung der Wendestelle durch die Zerstörung eines sehr wichtigen Habitatkomplexes eine besonders erhebliche Beeinträchtigung dar. Reptilien, Amphibien, Heuschrecken, Libellen und Schmetterlinge seien hier mit zum Teil hoher Individuendichte vorhanden. Im unmittelbaren Kanalbereich würden daher auf ca. 34,43 ha Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt, z.B. durch die Gestaltung der entstehenden Kanalinsel, Gestaltung eines Flachwasserbereiches, Gehölzpflanzungen, Waldsaumentwicklung und Gestaltung der Ablagerungsflächen. Der restliche Kompensationsbedarf werde mit dem Rückbau und der Renaturierung des ehemaligen Tanklagers (...) (Maßnahme 4.1) sowie der Umwandlung eines Sohlabsturzes in eine Sohlgleite am Tuchheim-Parchener Bach (Maßnahme 4.2) als Ersatzmaßnahmen entwickelt. Der Verlust von Einzelbäumen werde durch 414 Neupflanzungen unterschiedlicher Qualität ausgeglichen.

62

In Abschnitt 3.1.3 (Schutzgut Boden) heißt es weiter: Um die anlagebedingten Beeinträchtigungen zu kompensieren, seien zahlreiche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen, die u. a. der Aufwertung der Bodenfunktionen dienten (Maßnahmen 1.2, 1.3, 1.5, 1.7 und 4.1). Landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen würden umgewandelt in Sukzessions- und Gehölzflächen. Zur Gestaltung der Kanalinsel werde die Steinschüttung am Nordufer des Altkanals zurückgebaut. Am Tanklager (...) würden asphaltierte/betonierte Flächen entsiegelt und eine Geländemodellierung durch Verfüllung von Baugruben vorgenommen (Maßnahme 4.1).

63

In Abschnitt 3.1.6 (Schutzgut Landschaftsbild) wird ausgeführt, das Landschaftsbild werde vor allem in relativ naturnah wirkenden Bereichen der freien Strecke sowie der Halbinsel an der Einmündung des Roßdorfer Altkanals in G. dauerhaft beeinträchtigt. Der Verlust landschaftsbildprägender kanalbegleitender Gehölze infolge der Neutrassierung (einschließlich Durchstich bei (...)) und Verbreiterung des Kanals, der Abtrag naturnaher Lebensräume an der Halbinsel und die teilweise Sicherung des Kanalufers mit Spundwänden verminderten den landschaftsästhetischen Wert des EHK und seiner unmittelbaren Umgebung besonders. Die deutlichen Landschaftsveränderungen aufgrund der Neutrassierung bei (...) und der Verlust von kanalbegleitenden Gehölzen stellten jedoch keine dauerhafte Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar. Durch die Neutrassierung entstünden ein Altkanal und eine Insel zwischen neuem und altem Kanalteil, auf der sich ein naturnaher auenartiger Lebensraumkomplex entwickeln könne, so dass es sogar zu einer Aufwertung der bisher intensiv genutzten Ackerlandschaft komme. Außerdem sei bei der gesamten Baumaßnahme darauf zu achten, insbesondere die wertgebenden Gehölze soweit wie möglich in ihrem Bestand zu erhalten. Zusätzlich erfolge die landschaftsästhetische Raumwiederherstellung und Einbindung des Kanals in die Landschaft durch kanalbegleitende Gehölzpflanzungen und Waldsaumentwicklung gemäß den LBP-Maßnahmen 1.1, 1.2, 1.3 und 1.5. Im Teilabschnitt 3 der Stadtstrecke werde sich der technische Charakter der Stadtstrecke verstärken. Bisher noch vorhandene naturnahe Landschaftsbereiche in den Kanalseitenräumen sowie an der Mündung des Roßdorfer Altkanals würden weitgehend verschwinden. Infolge der Einrichtung einer Wendestelle für die Berufsschifffahrt würden an der Einmündung des Roßdorfer Altkanals große Teile der Halbinsel mit natürlichen und naturnahen Lebensraumtypen abgetragen. Durch die Verbreiterung des Kanals gingen uferbegleitende Gehölzbestände verloren. Der Verlust an naturnahen Lebensraumtypen könne in diesem Bereich nur ersetzt werden. Dazu dienten die Maßnahmen 4.1 und 4.2. Am Tanklager (...) würden Gebäude, die das Erscheinungsbild des Landschaftsschutzgebietes störten, rückgebaut und die Entwicklung von naturnahen Laubmischwäldern ermöglicht. Am Tucheim-Parchener Bach werde ein Sohlabsturz in eine Sohlgleite umgewandelt, um die technische Überprägung des Gewässerabschnittes zu relativieren. Mit den Ablagerungen von Baggergut aus dem PFA 7 auf den bereits vorhandenen Ablagerungsflächen im Bereich der PFA 6 und 8 komme es insgesamt zu einer landschaftsbildverträglichen Geländeaufhöhung von durchschnittlich sechs Metern. Durch eine sanfte Geländemodellierung aller betroffenen Flächen und eine landschaftsgerechte Kultivierung, die einen Großteil des visuell erlebbaren Höhenunterschiedes überlagere, lasse sich der Eingriff in das Landschaftsbild im Rahmen der vorgesehenen LBP-Maßnahmen mindern und ausgleichen (vgl. Maßnahme 3.1). Im Ergebnis würden die erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes somit ausgeglichen bzw. ersetzt.

64

In Abschnitt. 3.2.5 der Begründung (Naturschutz und Landschaftspflege) wird ausgeführt, durch die dargestellten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, denen Abstimmungen mit den zuständigen Fachbehörden des Landes zu Grunde lägen und deren Ausführungsplanung der Träger des Vorhabens mit den Fachbehörden abstimmen werde, bleibe keine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushaltes und Landschaftsbildes zurück.

65

Diese Erwägungen zeigen, dass den im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ein komplexes und abgewogenes Gesamtkompensationskonzept zugrunde liegt, wobei gerade die Kanalinsel besonders gute Möglichkeiten bietet, die Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu kompensieren. An den Darstellungen im landschaftspflegerischen Begleitplan wird deutlich, dass sich viele der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Bereich der neu entstehenden Kanalinsel konzentrieren. Mit einer Verlegung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf die Grundstücke der Kläger hätten unter Mitwirkung anderer Fachbehörden, insbesondere der Naturschutzbehörde, wesentliche Teile des Gesamtkonzepts aufgegeben und ein völlig neues Konzept erarbeitet werden müssen. Die Beklagte verfolgte mit dem Vergleich aber gerade das Ziel, eine aufwendige Planänderung zu vermeiden.

66

bb) Auf der anderen Seite konnten die Kläger nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass bei Durchführung eines nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Betracht kommenden ergänzenden Verfahrens abwägungsfehlerfrei nur eine Trasse gewählt werden durfte, bei der ihre Grundstücke nicht oder nur in deutlich geringerem Umfang in Anspruch genommen werden. Dem entsprechend war ihre Interessenlage vornehmlich dadurch gekennzeichnet, dass sie bei der möglicherweise nicht vermeidbaren Verwirklichung des Vorhabens unter Inanspruchnahme von Teilen ihres Grundbesitzes einen für sie angemessenen Ausgleich erhalten. Neben der streitigen Vereinbarung unter Ziffer 6 verpflichtete sich die Beklagte als Gegenleistung für die Klagerücknahme zu weiteren Leistungen an die Kläger. Hauptleistung der Beklagten war nach Ziffer 1 des Vergleichs die Zahlung der Beträge in Ziffer 2 in Höhe von insgesamt 153.000 €, nach deren Zahlung die Klage Zug um Zug zurückgenommen werden sollte. Daneben übernahm die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs einschließlich der vorgerichtlichen Kosten der anwaltlichen Vertretung (Ziffer 3) und verpflichtete sich zur Herstellung der Spundwände im Bereich der Grundstücke der Kläger mit dem für den Baugrund geeigneten Verfahren (Ziffer 4) sowie zur Errichtung eines blickdichten Zauns auf den Grundstücken der Kläger (Ziffer 5). Ferner einigten sich die Beteiligten darauf, dass die Beklagte die für ihr Vorhaben benötigten Grundstücksteile der Kläger zum Verkehrswert erwirbt (Ziffer 8) und die Beklagte hinsichtlich der Berücksichtigung denkmalrechtlicher Belange, die auch weitere auf den Grundstücken der Kläger erfolgte Funde mit einschlossen, mit der zuständigen Behörde abstimmt. Ihrem Interesse an einem Ausgleich für die durch den Ausbau des Kanals entstehenden Nachteile wurde mithin auf vielfältige Art und Weise Rechnung getragen.

67

Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Ziffer 6 des Vergleichs in dem von der Beklagten verstandenen Sinn für die Kläger überflüssig wäre. Die darin (zusätzlich) vereinbarte und über die Verpflichtung im Planfeststellungsbeschluss hinaus gehende Gegenleistung des Beklagten bestand darin, dass sie die auf den Grundstücken der Kläger durchzuführenden Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen mit der beauftragten Landschaftsarchitektin abstimmt und – gegenüber den übrigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen – vorgezogen durchführt.

68

c) Ein Wille der Beteiligten zur Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger über die Festlegungen im Planfeststellungsbeschluss hinaus ergibt sich mit der gebotenen Klarheit auch nicht aus den Begleitumständen.

69

Der Vergleich ist nach den darin formulierten einleitenden Ausführungen das Ergebnis eines am 11.05.2009 zwischen den Klägern bzw. deren Bevollmächtigtem und Vertretern der Beklagten durchgeführten Einigungsgesprächs. Nach dem Aktenvermerk vom 13.05.2009 (Bl. 3040 des Verwaltungsvorgangs) waren die wesentlichen Forderungen der Kläger, dass a) kein Betriebsweg auf ihrem Grundstück angelegt oder zumindest eine sichere und blickdichte Absperrung angebracht wird, b) ihr Grundbesitz so weit wie möglich nicht beeinträchtigt wird, c) der Spundwandeinbau so schonend wie möglich erfolgen soll (Beeinträchtigung der Scheune und der Fundamente der vermuteten Burg) und d) eine Entschädigung oder ein monetärer Ausgleich erfolgt. Dies spricht dafür, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf den Grundstücken der Kläger für das Zustandkommen des Vergleichs nur von untergeordneter Bedeutung waren.

70

Eine andere Beurteilung folgt auch nicht aus den beim Ortstermin am 29.09.2007 geführten Gesprächen. Darin wurde laut Niederschrift vom 01.10.2007 (vgl. Anlage 12 zur Klageschrift) zwar u. a. festgehalten, dass die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen „für den entfallenden Teil des Gutsparkes und für die als Baustelleneinrichtungs- und Zwischenlager genutzte Fläche“ mit der Planung zur Entwicklung des Gutsparks abgestimmt werden sollten und die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten die von der Landschaftsarchitektin erstellte Vorschlagsliste für die Bepflanzung des Gutsparks mit den im landschaftspflegerischen Begleitplan bilanzierten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen abgleichen sollte. Ferner lässt sich einer Gesprächsnotiz der Landschaftsarchitektin vom 30.10.2007 (Anlage 14 zur Klageschrift) entnehmen, dass ein dem Verlust von Gehölzflächen und Baumbeständen entsprechender Ausgleich im Bereich des Gutsparks in Rede stand. Da diese Gespräche aber weit vor Abschluss des Vergleichs, insbesondere auch vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und vor Klageerhebung beim Bundesverwaltungsgericht stattfanden, kommt ihnen für die Auslegung des Vergleichs wenig Aussagekraft zu. Auch in diesem Zusammenhang ist in Rechnung zu stellen, dass die Beklagte den Klägern wegen der Inanspruchnahme von Teilen des Gutsparks im Vergleich einen finanziellen Ausgleich in Höhe von insgesamt 153.000 € gewährt hat und dass Flächen für Baustelleneinrichtungen und Zwischenlager in erheblichem Umfang letztlich nicht in Anspruch genommen wurden.

71

2.2.2.3. Am Wortlaut des Vergleichs scheitert auch eine Auslegung dahingehend, dass die Beklagte sich dazu verpflichtet hat, auf den Grundstücken der Kläger Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchzuführen, die nicht im Planfeststellungsbeschluss i.V.m. dem landschaftspflegerischen Begleitplan vorgesehen sind. Denn die in Rede stehende Ziffer 6 des Vergleichs nimmt ausdrücklich Bezug auf die im Planfeststellungsbeschluss festgelegten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.

72

2.3. Hat der von den Klägern geltend gemachte Anspruch auf Durchführung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auf ihren Grundstücken über die im Planfeststellungsbeschluss für sie festgelegten Maßnahmen hinaus zu keinem Zeitpunkt bestanden, steht den Klägern auch nicht der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zu.

73

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

74

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

75

V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

76

VI. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG. Die sich aus dem Antrag der Kläger für sie ergebende Bedeutung der Sache bemisst der Senat nach den voraussichtlichen Kosten für die von den Klägern begehrten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, die sie im erstinstanzlichen Verfahren auf ca. 20.000,00 € beziffert haben. Der Wert des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruchs bleibt gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG unberücksichtigt, weil er – bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung (vgl. BGH, Beschl. v. 12.09.2013 – I ZR 58/11 –, juris, RdNr. 6) – denselben Gegenstand betrifft wie der mit dem Hauptantrag verfolgte Anspruch.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 2 L 78/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 2 L 78/12

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 2 L 78/12 zitiert 30 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 43


(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 91


(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 130a


Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entspre

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 15 Verursacherpflichten, Unzulässigkeit von Eingriffen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen


(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 76 Planänderungen vor Fertigstellung des Vorhabens


(1) Soll vor Fertigstellung des Vorhabens der festgestellte Plan geändert werden, bedarf es eines neuen Planfeststellungsverfahrens. (2) Bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung kann die Planfeststellungsbehörde von einem neuen Planfeststellu

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 17 Verfahren; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen


(1) Bedarf ein Eingriff nach anderen Rechtsvorschriften einer behördlichen Zulassung oder einer Anzeige an eine Behörde oder wird er von einer Behörde durchgeführt, so hat diese Behörde zugleich die zur Durchführung des § 15 erforderlichen Entscheidu

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 59 Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags


(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt. (2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn 1. ein Verwaltu

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 19 Schäden an bestimmten Arten und natürlichen Lebensräumen


(1) Eine Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen im Sinne des Umweltschadensgesetzes ist jeder Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands dieser Lebensräume oder Ar

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 54 Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrags


Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen V

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 20 Allgemeine Grundsätze


(1) Es wird ein Netz verbundener Biotope (Biotopverbund) geschaffen, das mindestens 10 Prozent der Fläche eines jeden Landes umfassen soll. (2) Teile von Natur und Landschaft können geschützt werden 1. nach Maßgabe des § 23 als Naturschutzgebiet,

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 56 Austauschvertrag


(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird un

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 55 Vergleichsvertrag


Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), kann geschlossen werden, wen

Bundeswasserstraßengesetz - WaStrG | § 14e Rechtsbehelfe


(1) § 50 Abs. 1 Nr. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt für Vorhaben im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1, soweit die Vorhaben Bundeswasserstraßen betreffen, die wegen 1. der Herstellung der Deutschen Einheit,2. der Einbindung der neuen Mitgliedstaaten

Bundeswasserstraßengesetz - WaStrG | § 14d Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens


Für die Planergänzung und das ergänzende Verfahren im Sinne des § 75 Abs. 1a Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und für die Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens gilt § 76 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit der Maßgabe, dass im Falle

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 2 L 78/12 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 2 L 78/12 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Dez. 2005 - XII ZR 241/03

bei uns veröffentlicht am 14.12.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 241/03 Verkündet am: 14. Dezember 2005 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 17. März 2011 - I ZR 93/09

bei uns veröffentlicht am 17.03.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 93/09 Verkündet am: 17. März 2011 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja KD BGB § 133 B Im Rah

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2013 - I ZR 58/11

bei uns veröffentlicht am 24.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 58/11 Verkündet am: 24. Januar 2013 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 01. Okt. 2004 - 3 S 1743/03

bei uns veröffentlicht am 01.10.2004

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. März 2003 - 2 K 710/02 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Dez. 2014 - 2 L 78/12.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 20. März 2017 - 2 L 84/16

bei uns veröffentlicht am 20.03.2017

Gründe I. 1 Die Klägerin begehrt die anteilige Erstattung von Kosten für den Ausbau einer Umleitungsstrecke, die im Zuge des Ausbaus der Ortsdurchfahrt der Bundesstraße B 71 in M-Stadt, einem Ortsteil der Beklagten, eingerichtet wurde. 2 Im R

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre;
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war;
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre;
4.
sich die Behörde eine nach § 56 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre;
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war;
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre;
4.
sich die Behörde eine nach § 56 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Das Oberverwaltungsgericht kann über die Berufung durch Beschluß entscheiden, wenn es sie einstimmig für begründet oder einstimmig für unbegründet hält und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. § 125 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Eine Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen im Sinne des Umweltschadensgesetzes ist jeder Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands dieser Lebensräume oder Arten hat. Abweichend von Satz 1 liegt keine Schädigung vor bei zuvor ermittelten nachteiligen Auswirkungen von Tätigkeiten einer verantwortlichen Person, die von der zuständigen Behörde nach den §§ 34, 35, 45 Absatz 7 oder § 67 Absatz 2 oder, wenn eine solche Prüfung nicht erforderlich ist, nach § 15 oder auf Grund der Aufstellung eines Bebauungsplans nach § 30 oder § 33 des Baugesetzbuches genehmigt wurden oder zulässig sind.

(2) Arten im Sinne des Absatzes 1 sind die Arten, die in

1.
Artikel 4 Absatz 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG oder
2.
den Anhängen II und IV der Richtlinie 92/43/EWG
aufgeführt sind.

(3) Natürliche Lebensräume im Sinne des Absatzes 1 sind die

1.
Lebensräume der Arten, die in Artikel 4 Absatz 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG oder in Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführt sind,
2.
natürlichen Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse sowie
3.
Fortpflanzungs- und Ruhestätten der in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten.

(4) Hat eine verantwortliche Person nach dem Umweltschadensgesetz eine Schädigung geschützter Arten oder natürlicher Lebensräume verursacht, so trifft sie die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen gemäß Anhang II Nummer 1 der Richtlinie 2004/35/EG.

(5) Ob Auswirkungen nach Absatz 1 erheblich sind, ist mit Bezug auf den Ausgangszustand unter Berücksichtigung der Kriterien des Anhangs I der Richtlinie 2004/35/EG zu ermitteln. Eine erhebliche Schädigung liegt dabei in der Regel nicht vor bei

1.
nachteiligen Abweichungen, die geringer sind als die natürlichen Fluktuationen, die für den betreffenden Lebensraum oder die betreffende Art als normal gelten,
2.
nachteiligen Abweichungen, die auf natürliche Ursachen zurückzuführen sind oder aber auf eine äußere Einwirkung im Zusammenhang mit der normalen Bewirtschaftung der betreffenden Gebiete, die den Aufzeichnungen über den Lebensraum oder den Dokumenten über die Erhaltungsziele oder der früheren Bewirtschaftungsweise der jeweiligen Eigentümer oder Betreiber entspricht,
3.
einer Schädigung von Arten oder Lebensräumen, die sich nachweislich ohne äußere Einwirkung in kurzer Zeit so weit regenerieren werden, dass entweder der Ausgangszustand erreicht wird oder aber allein auf Grund der Dynamik der betreffenden Art oder des Lebensraums ein Zustand erreicht wird, der im Vergleich zum Ausgangszustand als gleichwertig oder besser zu bewerten ist.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient. Die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.

(2) Besteht auf die Leistung der Behörde ein Anspruch, so kann nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 36 sein könnte.

Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient. Die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.

(2) Besteht auf die Leistung der Behörde ein Anspruch, so kann nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 36 sein könnte.

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, durch den eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt wird (Vergleich), kann geschlossen werden, wenn die Behörde den Abschluss des Vergleichs zur Beseitigung der Ungewissheit nach pflichtgemäßem Ermessen für zweckmäßig hält.

Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient. Die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.

(2) Besteht auf die Leistung der Behörde ein Anspruch, so kann nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 36 sein könnte.

(1) § 50 Abs. 1 Nr. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt für Vorhaben im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1, soweit die Vorhaben Bundeswasserstraßen betreffen, die wegen

1.
der Herstellung der Deutschen Einheit,
2.
der Einbindung der neuen Mitgliedstaaten in die Europäische Union,
3.
der Verbesserung der seewärtigen Zufahrten zu den deutschen Seehäfen und deren Hinterlandanbindung,
4.
ihres sonstigen internationalen Bezuges oder
5.
der besonderen Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe
in der Anlage 2 aufgeführt sind.

(2) Die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung für den Neubau oder Ausbau der in Anlage 2 genannten Bundeswasserstraßen hat keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder gegen eine Plangenehmigung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung gestellt und begründet werden. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt entsprechend.

(3) Ist in anderen Fällen als denen des Absatzes 2 die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen angeordnet, so kann der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage nur innerhalb eines Monats nach der Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellt und begründet werden. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt entsprechend.

(4) Treten in den Fällen der Absätze 2 und 3 später Tatsachen ein, die die Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen, so kann der durch den Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung Beschwerte einen hierauf gestützten Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb einer Frist von einem Monat stellen und begründen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerte von den Tatsachen Kenntnis erlangt.

(5) Der Kläger hat innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn der Kläger die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 2 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Klägers zu ermitteln. Die Frist nach Satz 1 kann durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter auf Antrag verlängert werden, wenn der Kläger in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, keine Möglichkeit der Beteiligung hatte. § 6 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist nicht anzuwenden.

(6) (weggefallen)

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2, in dem sich der Vertragspartner der Behörde zu einer Gegenleistung verpflichtet, kann geschlossen werden, wenn die Gegenleistung für einen bestimmten Zweck im Vertrag vereinbart wird und der Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dient. Die Gegenleistung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen.

(2) Besteht auf die Leistung der Behörde ein Anspruch, so kann nur eine solche Gegenleistung vereinbart werden, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes Inhalt einer Nebenbestimmung nach § 36 sein könnte.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre;
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war;
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre;
4.
sich die Behörde eine nach § 56 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt.

(2) Ein Vertrag im Sinne des § 54 Satz 2 ist ferner nichtig, wenn

1.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig wäre;
2.
ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre und dies den Vertragschließenden bekannt war;
3.
die Voraussetzungen zum Abschluss eines Vergleichsvertrags nicht vorlagen und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oder Formfehlers im Sinne des § 46 rechtswidrig wäre;
4.
sich die Behörde eine nach § 56 unzulässige Gegenleistung versprechen lässt.

(3) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Vertrags, so ist er im Ganzen nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. März 2003 - 2 K 710/02 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um die Wirksamkeit eines von den Beteiligten geschlossenen gerichtlichen Vergleichs.
Die Beklagten sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 9 (XXX XX) in Oberwolfach. Das Grundstück grenzt an die L 96 und ist mit einem Wohn- und Geschäftshaus mit Schaufenstern zur Straße hin bebaut. Die Fläche vor den Schaufenstern wurde in der Vergangenheit als Parkplatz genutzt. In den Jahren 1994/1995 führte die Klägerin eine Umgestaltung der Ortsdurchfahrt der L 96 durch. Hierbei wurde u.a. ein durchgehender Gehweg entlang der L 96 angelegt. Die Klägerin wies die Beklagten darauf hin, dass es durch den Bau des Gehweges künftig sehr schwierig sein werde, weiterhin vier Pkws auf der Fläche zwischen Gebäude und Straße abzustellen. Sie - die Klägerin - sei bereit, den oder die entfallenden Stellplätze - soweit erforderlich - im Rahmen einer Ablösevereinbarung kostenlos an anderer Stelle auf den Grundstücken Flst.-Nrn. 11/1 oder 12/6 bereit zu stellen. Am 6.5.1994 schlossen die Beteiligten eine Vereinbarung, mit der sich die Beklagten verpflichteten, die Gestaltungskonzeption für ihr Grundstück anzuerkennen und die nicht durch öffentliche Zuschüsse gedeckten Aufwendungen sowie die nicht zuschussfähigen Kosten zu tragen.
Nach Durchführung der Straßenbaumaßnahme teilte die Klägerin mit Schreiben vom 24.6.1995 den Beklagten mit, ihr Kostenanteil belaufe sich auf 11.199,11 DM. In der Folgezeit konnten sich die Beteiligten nicht über die Frage einigen, ob die Klägerin den Beklagten zwei Stellplätze zur Verfügung zu stellen habe. Einer Zahlungsaufforderung der Klägerin hielten die Beklagten entgegen, ihre Zahlungsverpflichtung sei abhängig von der Schaffung und Sicherung der Ersatzparkplätze durch Baulast durch die Klägerin.
Am 14.5.1999 erhob die Klägerin Klage beim Landgericht Offenburg auf Zahlung von 11.199,11 DM zzgl. 4 % Zinsen hieraus seit 1.9.1998. Mit Beschluss vom 31.3.2000 - 2 O 142/99 - erklärte das Landgericht Offenburg den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das VG Freiburg. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde wies das OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 26.7.2000   - 14 W 54/00 - zurück. Mit dem in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 26.9.2001 geschlossenen Vergleich verpflichteten sich die Beklagten, als Gesamtschuldner bis zum 1.11.2001 an die Klägerin      17.000,-- DM zu bezahlen, und die Klägerin, bis 1.11.2001 den Beklagten bzw. den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks Flst.-Nr. 9 zwei Stellplätze im Sinne des § 37 Abs. 1 LBO auf dem gemeindeeigenen Grundstück Flst.-Nr. 476 zur kostenlosen Nutzung zu überlassen und die Nutzung durch Übernahme einer Baulast zu Gunsten des Grundstücks Flst.-Nr. 9 zu sichern.  
Am 18.4.2002 beantragte die Klägerin beim Verwaltungsgericht die Fortsetzung des Verfahrens. Sie trug vor, der Vergleich sei nichtig. Es sei unzulässig, auf Vorrat eine Baulast zu übernehmen, für die zur Zeit keine Veranlassung bestehe. Eine Baulast, die als öffentlich-rechtliche Sicherung funktionslos wäre, sei unwirksam. Außerdem habe der Bürgermeister mit dem Abschluss des Vergleichs seine Vertretungsbefugnis überschritten. Sie habe inzwischen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung eine entsprechende Baulasterklärung abgegeben. Eine Erledigung sei hierdurch aber nicht eingetreten. Sie habe sich den Widerruf für den Fall vorbehalten, dass der gerichtliche Vergleich im Fortsetzungsverfahren für unwirksam erklärt werde. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Die rechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die Übernahme der Baulast griffen nicht durch. Der Vergleich sei nicht nichtig. Die beiden durch Baulast zu sichernden Parkplätze könnten bei einer zu erwartenden künftigen Umnutzung des Ladenlokals der Beklagten als notwendige Stellplätze ausgewiesen werden. Sie - die Beklagten - seien ihrer Zahlungsverpflichtung nach Übernahme der Baulast durch die Klägerin nachgekommen. Es sei Erledigung eingetreten. Die Baulast könne nur noch durch Verzicht der Baurechtsbehörde wieder beseitigt werden. Der Widerrufsvorbehalt sei unbeachtlich. Es sei zulässig, Baulasten für künftige Bauvorhaben einzutragen. Der erforderlichen Schriftform nach § 54 GemO sei durch die gerichtliche Protokollierung genügt.  
Mit Urteil vom 26.3.2003 stellte das Verwaltungsgericht Freiburg - 2 K 710/02 - fest, dass das Verfahren 2 K 1956/00 durch gerichtlichen Vergleich in der mündlichen Verhandlung am 26.9.2001 beendet wurde. Der Vergleich sei wirksam und das gerichtliche Verfahren damit beendet. Die entsprechenden Erklärungen habe der ordnungsgemäß bevollmächtigte Prozessbevollmächtigte abgegeben. Im Übrigen habe auch der Bürgermeister mit verbindlicher Wirkung für die Gemeinde handeln können. § 106 VwGO gehe hinsichtlich des Formerfordernisses § 56 GemO vor. Eine etwaige Nichtigkeit könne allenfalls aus § 134 BGB i.V.m. § 59 Abs. 1 LVwVfG abgeleitet werden. Es sei aber bereits zweifelhaft, ob § 71 LBO eine Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB darstelle. Die im Vergleich vereinbarte Baulast verstoße nicht gegen § 71 LBO. Es seien hinreichende sachliche Gesichtspunkte vorhanden, dass die von der Klägerin übernommene Stellplatzverpflichtung in absehbarer Zeit baurechtliche Bedeutung gewinne. Es sei von den Beklagten deutlich gemacht worden, dass sie im Hinblick auf geplante Umgestaltungen ihres Geschäftsbetriebs auf das Vorhandensein der Stellplätze angewiesen seien.
Auf Antrag der Klägerin ließ der Senat mit der Klägerin am 20.8.2003 zugestelltem Beschluss vom 7.8.2003 - 3 S 1238/03 - die Berufung gegen das genannte Urteil zu.
Mit am Montag, dem 22.9.2003 eingegangenem Schreiben beantragt die Klägerin,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26.3.2003 - 2 K 710/02 - zu ändern, das Verfahren fortzusetzen und die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin 5.726,01 EUR zzgl. 4 % Zinsen seit dem 1.9.1998 zu bezahlen.
10 
Sie trägt vor, der Vergleich verstoße gegen § 134 BGB in Verbindung mit § 71 LBO, was zur Nichtigkeit des Vergleichs führe. Die Vorschrift des § 71 LBO sei eine Verbotsvorschrift im Sinne des § 134 BGB. Sie regele die Voraussetzungen, die Zulässigkeit und den Inhalt einer Baulasterklärung und schränke den Gestaltungsspielraum bei Übernahme einer Baulasterklärung ein. Der Vergleich verstoße gegen das Verbot, bei Fehlen eines öffentlichen Interesses eine Baulastverpflichtung zu übernehmen. Die Baulastverpflichtung müsse in einem Zusammenhang mit dem Baugeschehen stehen. Ein solcher Zusammenhang sei vorliegend nicht zu erkennen. Eine Bedeutung könne der Baulast nur zukommen, wenn die Beklagten als Bauherren Bauabsichten formuliert hätten. Solche Absichten hätten die Beklagten aber nicht geäußert. Dass irgendwann der Geschäftsbetrieb umgestaltet werden solle und hierfür zusätzlich Stellplätze benötigt würden, reiche nicht aus.
11 
Die Beklagten beantragen,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Der Klägerin mangele es am Rechtsschutzbedürfnis. Sie habe unter dem Druck der Vollstreckung am 18.10.2002 ihre Vergleichsverpflichtung erfüllt und die Baulast eintragen lassen. Der dieser Erklärung beigefügte Widerrufsvorbehalt sei unbeachtlich. Nach der Erklärung gegenüber der Baurechtsbehörde sei die Baulast der Dispositionsbefugnis entzogen. Die Baulast könne nur noch durch schriftlichen Verzicht der Baurechtsbehörde erlöschen. § 71 LBO stelle kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB dar. Diese Vorschrift beinhalte kein konkretes Verbot. Vielmehr handele es sich um eine Erlaubnisnorm, die es dem Baulastübernehmer gestatte, über die sich aus dem Gesetz ergebenden Baulasten hinaus zu weiteren Zwecken Baulasten zu übernehmen. Es bestehe ein ausreichender Zusammenhang der Baulast mit einem Bauvorhaben. Konkrete Umnutzungsabsichten, die die Schaffung von zwei Stellplätzen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 9 bzw. durch Baulastübernahme zu Gunsten des Grundstücks Flst.-Nr. 9 erforderten, hätten bestanden und bestünden. Die Baugenehmigungen vom 18.6.1990 und vom 30.7.1993 für die Errichtung eines Bistrocafes auf dem Grundstück Flst.-Nr. 10/2 hätten die Forderung nach zusätzlichen Stellplätzen enthalten. Aus diesen Baugenehmigungen ergäben sich entsprechende Bauabsichten. Sie hätten wiederholt ihre Umgestaltungsabsichten verschieben und modifizieren müssen, da seit Jahren Unklarheit bzgl. der Stellplätze und Baulasten bestehe.
14 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten der Klägerin und des Verwaltungsgerichts Freiburg vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf diese Akten und die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass das gerichtliche Verfahren beim Verwaltungsgericht Freiburg - 2 K 1956/00 - durch den gerichtlichen Vergleich vom 26.9.2001 beendet ist. Der Vergleich ist wirksam.
16 
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt (§ 59 Abs. 1 LVwVfG). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass § 59 Abs. 2 LVwVfG nicht zur Anwendung kommt, da sich diese Vorschrift ausschließlich auf subordinationsrechtliche Verträge bezieht, wie sich aus dem Verweis auf § 54 Satz 2 LVwVfG ergibt, und es sich vorliegend nicht um einen subordinationsrechtlichen Vertrag handelt.
17 
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergibt (§ 134 BGB). Verbote im Sinne des § 134 BGB sind Vorschriften, die eine nach der Rechtsordnung grundsätzlich mögliche rechtsgeschäftliche Regelung wegen ihres Inhalts oder der Umstände ihres Zustandekommens untersagen (Palandt, Kommentar zum BGB, 63. Aufl., § 134 RdNr. 5).
18 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der differenzierenden Regelung in § 59 VwVfG zu entnehmen, dass bei verwaltungsrechtlichen Verträgen nicht jeder Rechtsverstoß, sondern nur qualifizierte Fälle der Rechtswidrigkeit zur Nichtigkeit führen sollen (BVerwG, Urteile vom 3.3.1995 - 8 C 32.93 -, BVerwGE 98, 58 und vom 23.8.1991 - 8 C 61.90 -, BVerwGE 89, 7 sowie Beschluss vom 6.8.1993 - 11 B 39.92 -, Buchholz 316 § 59 VwVfG Nr. 10). Baurechtliche Vorschriften ziehen die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die gegen sie verstoßen, im Zweifel nicht nach sich (Mayer-Maly in Münchener Kommentar zum BGB, § 134 RdNr. 74).
19 
Damit ein (objektiver) Rechtsverstoß „qualifiziert“ ist und ein gesetzliches Verbot i.S. des § 59 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 134 BGB vorliegt, muss ein Verstoß gegen eine zwingende Rechtsnorm vorliegen; nicht ausreichend sind Regelungen mit Soll- oder Kann-Vorschriften ohne strikte Bindungswirkung (Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl., 2001, § 59 RdNr. 52 f.). Gesetzliche Verbote in diesem Sinn sind grundsätzlich nur solche, die entweder den Abschluss eines Vertrages, d.h. eine Regelung der in Frage stehenden Angelegenheit durch Vertrag, den Inhalt der vertraglichen Regelung, oder die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs schlechthin verbieten. Verstöße gegen den Grundsatz der materiellen Gesetzmäßigkeit oder gegen materielle Ermächtigungsnormen allein stellen als solche grundsätzlich noch keinen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot dar. Das gilt auch für das Fehlen einer an sich erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsnorm oder für Verstöße gegen Vorschriften, aus denen sich ergibt, dass eine bestimmte Regelung nicht zulässig ist (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 59 RdNr. 11 m.w.N.). Ein gesetzliches Verbot kann allerdings nicht nur dann vorliegen, wenn nach dem ausdrücklichen Wortlaut einer Rechtsvorschrift der Eintritt einer bestimmten Rechtsfolge unbedingt ausgeschlossen ist. Aus Sinn, Zweck und Systematik einer gesetzlichen Regelung ohne ausdrückliche Klarstellung im Wortlaut kann sich ein Verbot auch dann ergeben, wenn der Rechtsverstoß objektiv erheblich ist und ein im Einzelfall schutzwürdiges öffentliches Interesse an der Erhaltung der Rechtsordnung besteht, hinter der der Grundsatz der Vertragsverbindlichkeit zurückzutreten hat (OVG Münster, Urteil vom 12.12.1991 - 11 A 2717/89 -, NVwZ 1992, 988; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.12.1999 - X ZR 34/98 -, BGHZ 143, 283). Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze handelt es sich bei der Vorschrift des § 71 LBO nicht um eine Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB.
20 
Nach dieser Vorschrift können Grundstückseigentümer durch Erklärung gegenüber der Baurechtsbehörde öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihre Grundstücke betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben. Nach dem Wortlaut dieser Norm handelt es sich nicht um eine zwingende Vorschrift mit strikter Bindungswirkung. Sie verbietet weder allgemein noch im Hinblick auf den vorliegenden konkreten Vertragsinhalt den Abschluss eines Vertrages über die Abgabe einer Baulasterklärung, noch eine vertragliche Verpflichtung zur Abgabe einer Baulasterklärung, noch die vertragliche Belastung eines Grundstücks mit einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung schlechthin. Vielmehr sieht die Vorschrift gerade die Möglichkeit der Abgabe einer Baulasterklärung vor. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gehen nicht dahin, etwas zu verbieten. Vielmehr sieht § 71 LBO die Übernahme einer Baulast vor, mit der Hindernisse ausgeräumt werden sollen, die im Einzelfall einer Bebauung (oder Nutzungsänderung) entgegenstehen können (BVerwG, Beschluss vom 4.10.1994 - 4 B 175.94 -, NVwZ 1995, 377 m.w.N.; vgl. hierzu auch VGH    Bad.-Württ., Beschluss vom 30.7.2001 - 8 S 1485/01 -, VBlBW 2002, 127 und Urteil vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 -, VBlBW 2001, 188). Allein eine - etwaige - Rechtswidrigkeit der Baulast würde als bloßer Verstoß gegen eine materiell-rechtliche Regelung nicht die Nichtigkeit des Vergleichs nach sich ziehen. Hieraus folgt, dass ungeachtet der Frage, ob die Baulast vorliegend im Einklang mit § 71 LBO steht, der Vertrag nicht wegen eines Verstoßes gegen eine gesetzliche Vorschrift nichtig ist.
21 
Im Übrigen ist der Vergleich aber auch deshalb nicht nichtig, weil die Baulast in Übereinstimmung mit § 71 LBO steht. Inhalt einer Baulast können nur solche Verpflichtungen sein, die auf ein baurechtlich bedeutsames Tun, Dulden oder Unterlassen gerichtet sind und damit selbst baurechtlich bedeutsam sind. Baurechtliche Bedeutsamkeit ist gegeben, wenn zwischen der durch Baulast übernommenen Verpflichtung und der Wahrnehmung der der Baurechtsbehörde obliegenden Aufgaben ein Zusammenhang besteht. Die Baulast ist ein Rechtsinstitut des Baurechts. Deshalb muss sie in irgendeinem Zusammenhang mit dem Baugeschehen stehen. Dieses Erfordernis bedeutet aber nicht, dass eine Baulast nur im Rahmen eines anhängigen Baugenehmigungs- oder Kenntnisgabeverfahrens übernommen werden dürfte. Baulasterklärungen können auch im Hinblick auf ein für die Zukunft in Aussicht genommenes Bauvorhaben abgegeben werden, das keineswegs schon im Zeitpunkt der Baulastübernahme in allen Einzelheiten feststehen muss. Eine Baulast kann auch auf Vorrat ohne einen konkreten Anlass erklärt werden. Es darf aber nicht ausgeschlossen sein, dass die Baulast in naher Zukunft baurechtlich Bedeutung gewinnen kann. Wegen mangelnder baurechtlicher Bedeutsamkeit inhaltlich unzulässig ist eine baulastmäßige Verpflichtung dann, wenn kein sachlicher Gesichtspunkt erkennbar ist, auf Grund dessen sie in absehbarer Zeit baurechtliche Bedeutung gewinnen könnte (vgl. zu diesen Grundsätzen: Sauter a.a.O., § 71 RdNrn. 14, 16, 17 und VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11.4.2002 - 2 S 2239/00 -, BWGZ 2002, 486 und vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 -, VBlBW 2001, 188).
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass es ist nicht ausgeschlossen ist, dass die vorliegende Baulast in naher Zukunft baurechtlich bedeutsam sein wird. Zwar gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die durch die Baulast begünstigten Beklagten in absehbarer Zeit bzw. in naher Zukunft ein konkretes Bauvorhaben planen, hinsichtlich dessen die Baulast ihnen baurechtlich nützen könnte. Ihr Prozessbevollmächtigter hat in der mündlichen Verhandlung aber vorgetragen, für die Beklagten stelle sich das Problem der Folgenutzung hinsichtlich der auf ihrem Grundstück vorhandenen Geschäfte. Der derzeitige Pächter des Blumengeschäftes werde aus der Gemeinde wegziehen, der Betreiber des Möbelgeschäftes setze sich in absehbarer Zeit zur Ruhe und der Apotheker höre in drei Jahren auf. Sie hätten schon früher beabsichtigt, ein Bistro-Cafe einzurichten, wie sich aus den vorgelegten Baugenehmigungen ergebe. Es sei möglich, dass sie diese Pläne wieder aufgriffen. Die notwendigen Nutzungsänderungen riefen stets einen Stellplatzbedarf hervor. In der Vergangenheit seien Bauabsichten immer wieder an den fehlenden Stellplätzen gescheitert. Diesen Ausführungen ist die Klägerin nicht substanziiert entgegen getreten. Vielmehr hat ihr Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass mit Veränderungen hinsichtlich der auf dem Grundstück der Beklagten vorhandenen Geschäfte in absehbarer Zukunft zu rechnen sei. Bei dieser Sachlage, an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt, ist zwar nicht konkret erkennbar, dass die Baulast tatsächlich baurechtlich bedeutsam sein wird. Ausgeschlossen ist dies aber nicht, vielmehr spricht einiges dafür, dass die Beklagten die Nutzung ihrer Gebäude ändern müssen und sich dabei die Stellplatzfrage stellen wird, zumal die Fläche vor den Schaufenstern von der Baurechtsbehörde nicht als Fläche für notwendige Stellplätze anerkannt wird. Dies genügt, um die baurechtliche Bedeutsamkeit der Baulast zu bejahen.
23 
Die Nichtigkeit des Vergleichs ergibt sich auch nicht aus anderen Gründen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vertreter der Klägerin mit dem Abschluss des Vergleichs seine interne Organzuständigkeit überschritten hat. Selbst wenn dies so wäre, wäre der Vergleich wirksam. Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde (§ 42 Abs. 1 Satz 2 GemO). Rechtsgeschäftliche Erklärungen des Bürgermeisters sind im Außenverhältnis auch dann wirksam, wenn er seine interne Organzuständigkeit überschritten hat (Gern, Kommunalrecht, 8. Aufl., RdNr. 188). Die gesetzliche Vertretungsmacht des Bürgermeisters und der für ihn handelnden Gemeindebediensteten nach § 42 Abs. 1 Satz 2 GO ist weder durch die Vorschriften der Gemeindeordnung über die Verteilung der Entscheidungskompetenzen zwischen den Gemeindeorganen eingeschränkt noch grundsätzlich durch Gemeinderatsbeschluss beschränkbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.3.1990 - 2 S 1058/88 -, ESVGH 40, 245 m.w.N.). Außerdem hat der ordnungsgemäß bevollmächtigte Prozessvertreter der Klägerin die Erklärung abgegeben.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25 
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.

Gründe

 
15 
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass das gerichtliche Verfahren beim Verwaltungsgericht Freiburg - 2 K 1956/00 - durch den gerichtlichen Vergleich vom 26.9.2001 beendet ist. Der Vergleich ist wirksam.
16 
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt (§ 59 Abs. 1 LVwVfG). Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass § 59 Abs. 2 LVwVfG nicht zur Anwendung kommt, da sich diese Vorschrift ausschließlich auf subordinationsrechtliche Verträge bezieht, wie sich aus dem Verweis auf § 54 Satz 2 LVwVfG ergibt, und es sich vorliegend nicht um einen subordinationsrechtlichen Vertrag handelt.
17 
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergibt (§ 134 BGB). Verbote im Sinne des § 134 BGB sind Vorschriften, die eine nach der Rechtsordnung grundsätzlich mögliche rechtsgeschäftliche Regelung wegen ihres Inhalts oder der Umstände ihres Zustandekommens untersagen (Palandt, Kommentar zum BGB, 63. Aufl., § 134 RdNr. 5).
18 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der differenzierenden Regelung in § 59 VwVfG zu entnehmen, dass bei verwaltungsrechtlichen Verträgen nicht jeder Rechtsverstoß, sondern nur qualifizierte Fälle der Rechtswidrigkeit zur Nichtigkeit führen sollen (BVerwG, Urteile vom 3.3.1995 - 8 C 32.93 -, BVerwGE 98, 58 und vom 23.8.1991 - 8 C 61.90 -, BVerwGE 89, 7 sowie Beschluss vom 6.8.1993 - 11 B 39.92 -, Buchholz 316 § 59 VwVfG Nr. 10). Baurechtliche Vorschriften ziehen die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die gegen sie verstoßen, im Zweifel nicht nach sich (Mayer-Maly in Münchener Kommentar zum BGB, § 134 RdNr. 74).
19 
Damit ein (objektiver) Rechtsverstoß „qualifiziert“ ist und ein gesetzliches Verbot i.S. des § 59 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 134 BGB vorliegt, muss ein Verstoß gegen eine zwingende Rechtsnorm vorliegen; nicht ausreichend sind Regelungen mit Soll- oder Kann-Vorschriften ohne strikte Bindungswirkung (Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl., 2001, § 59 RdNr. 52 f.). Gesetzliche Verbote in diesem Sinn sind grundsätzlich nur solche, die entweder den Abschluss eines Vertrages, d.h. eine Regelung der in Frage stehenden Angelegenheit durch Vertrag, den Inhalt der vertraglichen Regelung, oder die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs schlechthin verbieten. Verstöße gegen den Grundsatz der materiellen Gesetzmäßigkeit oder gegen materielle Ermächtigungsnormen allein stellen als solche grundsätzlich noch keinen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot dar. Das gilt auch für das Fehlen einer an sich erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsnorm oder für Verstöße gegen Vorschriften, aus denen sich ergibt, dass eine bestimmte Regelung nicht zulässig ist (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 59 RdNr. 11 m.w.N.). Ein gesetzliches Verbot kann allerdings nicht nur dann vorliegen, wenn nach dem ausdrücklichen Wortlaut einer Rechtsvorschrift der Eintritt einer bestimmten Rechtsfolge unbedingt ausgeschlossen ist. Aus Sinn, Zweck und Systematik einer gesetzlichen Regelung ohne ausdrückliche Klarstellung im Wortlaut kann sich ein Verbot auch dann ergeben, wenn der Rechtsverstoß objektiv erheblich ist und ein im Einzelfall schutzwürdiges öffentliches Interesse an der Erhaltung der Rechtsordnung besteht, hinter der der Grundsatz der Vertragsverbindlichkeit zurückzutreten hat (OVG Münster, Urteil vom 12.12.1991 - 11 A 2717/89 -, NVwZ 1992, 988; vgl. auch BGH, Urteil vom 14.12.1999 - X ZR 34/98 -, BGHZ 143, 283). Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze handelt es sich bei der Vorschrift des § 71 LBO nicht um eine Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB.
20 
Nach dieser Vorschrift können Grundstückseigentümer durch Erklärung gegenüber der Baurechtsbehörde öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihre Grundstücke betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben. Nach dem Wortlaut dieser Norm handelt es sich nicht um eine zwingende Vorschrift mit strikter Bindungswirkung. Sie verbietet weder allgemein noch im Hinblick auf den vorliegenden konkreten Vertragsinhalt den Abschluss eines Vertrages über die Abgabe einer Baulasterklärung, noch eine vertragliche Verpflichtung zur Abgabe einer Baulasterklärung, noch die vertragliche Belastung eines Grundstücks mit einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung schlechthin. Vielmehr sieht die Vorschrift gerade die Möglichkeit der Abgabe einer Baulasterklärung vor. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gehen nicht dahin, etwas zu verbieten. Vielmehr sieht § 71 LBO die Übernahme einer Baulast vor, mit der Hindernisse ausgeräumt werden sollen, die im Einzelfall einer Bebauung (oder Nutzungsänderung) entgegenstehen können (BVerwG, Beschluss vom 4.10.1994 - 4 B 175.94 -, NVwZ 1995, 377 m.w.N.; vgl. hierzu auch VGH    Bad.-Württ., Beschluss vom 30.7.2001 - 8 S 1485/01 -, VBlBW 2002, 127 und Urteil vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 -, VBlBW 2001, 188). Allein eine - etwaige - Rechtswidrigkeit der Baulast würde als bloßer Verstoß gegen eine materiell-rechtliche Regelung nicht die Nichtigkeit des Vergleichs nach sich ziehen. Hieraus folgt, dass ungeachtet der Frage, ob die Baulast vorliegend im Einklang mit § 71 LBO steht, der Vertrag nicht wegen eines Verstoßes gegen eine gesetzliche Vorschrift nichtig ist.
21 
Im Übrigen ist der Vergleich aber auch deshalb nicht nichtig, weil die Baulast in Übereinstimmung mit § 71 LBO steht. Inhalt einer Baulast können nur solche Verpflichtungen sein, die auf ein baurechtlich bedeutsames Tun, Dulden oder Unterlassen gerichtet sind und damit selbst baurechtlich bedeutsam sind. Baurechtliche Bedeutsamkeit ist gegeben, wenn zwischen der durch Baulast übernommenen Verpflichtung und der Wahrnehmung der der Baurechtsbehörde obliegenden Aufgaben ein Zusammenhang besteht. Die Baulast ist ein Rechtsinstitut des Baurechts. Deshalb muss sie in irgendeinem Zusammenhang mit dem Baugeschehen stehen. Dieses Erfordernis bedeutet aber nicht, dass eine Baulast nur im Rahmen eines anhängigen Baugenehmigungs- oder Kenntnisgabeverfahrens übernommen werden dürfte. Baulasterklärungen können auch im Hinblick auf ein für die Zukunft in Aussicht genommenes Bauvorhaben abgegeben werden, das keineswegs schon im Zeitpunkt der Baulastübernahme in allen Einzelheiten feststehen muss. Eine Baulast kann auch auf Vorrat ohne einen konkreten Anlass erklärt werden. Es darf aber nicht ausgeschlossen sein, dass die Baulast in naher Zukunft baurechtlich Bedeutung gewinnen kann. Wegen mangelnder baurechtlicher Bedeutsamkeit inhaltlich unzulässig ist eine baulastmäßige Verpflichtung dann, wenn kein sachlicher Gesichtspunkt erkennbar ist, auf Grund dessen sie in absehbarer Zeit baurechtliche Bedeutung gewinnen könnte (vgl. zu diesen Grundsätzen: Sauter a.a.O., § 71 RdNrn. 14, 16, 17 und VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11.4.2002 - 2 S 2239/00 -, BWGZ 2002, 486 und vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 -, VBlBW 2001, 188).
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass es ist nicht ausgeschlossen ist, dass die vorliegende Baulast in naher Zukunft baurechtlich bedeutsam sein wird. Zwar gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die durch die Baulast begünstigten Beklagten in absehbarer Zeit bzw. in naher Zukunft ein konkretes Bauvorhaben planen, hinsichtlich dessen die Baulast ihnen baurechtlich nützen könnte. Ihr Prozessbevollmächtigter hat in der mündlichen Verhandlung aber vorgetragen, für die Beklagten stelle sich das Problem der Folgenutzung hinsichtlich der auf ihrem Grundstück vorhandenen Geschäfte. Der derzeitige Pächter des Blumengeschäftes werde aus der Gemeinde wegziehen, der Betreiber des Möbelgeschäftes setze sich in absehbarer Zeit zur Ruhe und der Apotheker höre in drei Jahren auf. Sie hätten schon früher beabsichtigt, ein Bistro-Cafe einzurichten, wie sich aus den vorgelegten Baugenehmigungen ergebe. Es sei möglich, dass sie diese Pläne wieder aufgriffen. Die notwendigen Nutzungsänderungen riefen stets einen Stellplatzbedarf hervor. In der Vergangenheit seien Bauabsichten immer wieder an den fehlenden Stellplätzen gescheitert. Diesen Ausführungen ist die Klägerin nicht substanziiert entgegen getreten. Vielmehr hat ihr Bürgermeister in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass mit Veränderungen hinsichtlich der auf dem Grundstück der Beklagten vorhandenen Geschäfte in absehbarer Zukunft zu rechnen sei. Bei dieser Sachlage, an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt, ist zwar nicht konkret erkennbar, dass die Baulast tatsächlich baurechtlich bedeutsam sein wird. Ausgeschlossen ist dies aber nicht, vielmehr spricht einiges dafür, dass die Beklagten die Nutzung ihrer Gebäude ändern müssen und sich dabei die Stellplatzfrage stellen wird, zumal die Fläche vor den Schaufenstern von der Baurechtsbehörde nicht als Fläche für notwendige Stellplätze anerkannt wird. Dies genügt, um die baurechtliche Bedeutsamkeit der Baulast zu bejahen.
23 
Die Nichtigkeit des Vergleichs ergibt sich auch nicht aus anderen Gründen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Vertreter der Klägerin mit dem Abschluss des Vergleichs seine interne Organzuständigkeit überschritten hat. Selbst wenn dies so wäre, wäre der Vergleich wirksam. Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde (§ 42 Abs. 1 Satz 2 GemO). Rechtsgeschäftliche Erklärungen des Bürgermeisters sind im Außenverhältnis auch dann wirksam, wenn er seine interne Organzuständigkeit überschritten hat (Gern, Kommunalrecht, 8. Aufl., RdNr. 188). Die gesetzliche Vertretungsmacht des Bürgermeisters und der für ihn handelnden Gemeindebediensteten nach § 42 Abs. 1 Satz 2 GO ist weder durch die Vorschriften der Gemeindeordnung über die Verteilung der Entscheidungskompetenzen zwischen den Gemeindeorganen eingeschränkt noch grundsätzlich durch Gemeinderatsbeschluss beschränkbar (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.3.1990 - 2 S 1058/88 -, ESVGH 40, 245 m.w.N.). Außerdem hat der ordnungsgemäß bevollmächtigte Prozessvertreter der Klägerin die Erklärung abgegeben.
24 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
25 
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 241/03 Verkündet am:
14. Dezember 2005
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 305 c Abs. 2; AGBG § 5
Zur Anwendung des § 5 AGBG, wenn unklar bleibt, ob eine automatische Verlängerungsklausel
erst nach Ausübung aller Verlängerungsoptionen des Mieters
oder auch schon zuvor Anwendung findet.
BGH, Urteil vom 14. Dezember 2005 - XII ZR 241/03 - OLG Karlsruhe
LG Offenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Dezember 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Sprick, Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Freiburg des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. November 2003 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Offenburg vom 26. März 2002 wird zurückgewiesen. Der Beklagten werden die Kosten der Berufung und der Revision auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein gewerbliches Mietverhältnis fortbesteht.
2
Mit schriftlichem Vertrag vom 18. Januar 1989 vermietete die Rechtsvorgängerin des Klägers an die Rechtsvorgängerin der Beklagten ein erst zu erstellendes Ladenlokal.
3
§ 3 des von der Rechtsvorgängerin der Beklagten gestellten Formularmietvertrages lautet: "(1) Das Mietverhältnis beginnt mit Übernahme des schlüsselfertigen Mietobjektes und läuft 12 Jahre … (2) Der Mieter ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung, die dem Vermieter spätestens 6 Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses zugehen muß, die Verlängerung des Mietverhältnisses um 5 Jahre zu verlangen (Option). Dieses Recht kann der Mieter dreimal ausüben. Dem Mieter wird ein weiteres Optionsrecht eingeräumt (Vertragsverlängerung um 3 Jahre - Entscheidungsfrist wiederum 6 Monate

).

(3) Nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) verlängert sich das Mietverhältnis jeweils um 5 Jahre, falls es nicht seitens einer Vertragspartei spätestens 12 Monate vor seiner Beendigung beendigt wird."
4
Das Mietverhältnis begann am 1. Juli 1990.
5
Am 9. Oktober 1998 schrieb die Beklagte an die Klägerin: "… Wir teilen Ihnen mit, dass wir aus wirtschaftlichen Gründen das Mietobjekt zum 31.12.1998 schließen werden. Selbstverständlich ändert sich dadurch nichts an unseren mietvertraglichen Verpflichtungen, die wir auch weiter vollumfänglich erfüllen werden. In beiderseitigem Interesse schlagen wir schon jetzt gemeinsam zu prüfen vor, welche Anschlussverwertungen möglich sind."
6
Zum 31. Dezember 1998 schloss die Beklagte das in den Mieträumen betriebene Filialgeschäft. Anfang Juli 2001 bat die Beklagte den Kläger, einer Untervermietung zuzustimmen. Im anschließenden Schriftwechsel vertrat die Beklagte die Auffassung, dass das Mietverhältnis mit dem 30. Juni 2002 durch Zeitablauf ende.
7
Das Landgericht hat der Klage festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis über den 30. Juni 2002 hinaus fortbestehe und durch ordentliche Kündigung frühestens zum 30. Juni 2007 beendet werden könne, stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
9
1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, das Mietverhältnis zwischen den Parteien sei mit Ablauf des 30. Juni 2002 beendet. Zu diesem Zeitpunkt sei die in § 3 Abs. 1 des Mietvertrages vereinbarte Mietzeit von 12 Jahren abgelaufen , ohne dass es einer vorherigen "Kündigung" des Vertragsverhältnisses durch die Parteien bedurft habe. Das Optionsrecht nach § 3 Abs. 2 des Vertrages habe die Beklagte nicht ausgeübt. Die in § 3 Abs. 3 vereinbarte Verlängerungsklausel sei nach Ablauf der fest vereinbarten ursprünglichen Mietzeit noch nicht anwendbar. Das ergebe eine Auslegung dieser Bestimmung. Bei § 3 Abs. 3 des Mietvertrages handele es sich um eine von der Unternehmensgrup- pe T. für eine Vielzahl von Verträgen verwendete Vertragsbedingung im Sinne von § 1 AGBG. Die Auslegung sei nach den allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB dahin vorzunehmen, dass die Verlängerungsklausel nicht schon nach Ablauf der fest vereinbarten Mietzeit von 12 Jahren, sondern erst nach dieser zuzüglich der vier Optionszeiträume, also erst 30 Jahre nach Mietbeginn, zur Anwendung komme. Die Voraussetzungen des § 5 AGBG seien nicht erfüllt, weil nur eine einzige Auslegung vertretbar sei. Der Wortlaut führe allerdings zu keinem eindeutigen Ergebnis. Zwar lege die Formulierung "nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume) …" ein Verständnis nahe, dass damit der nach Ausübung aller der Mieterin vertraglich eingeräumten Optionsrechte verstrichene Zeitraum gemeint sei. Indessen erscheine aber auch eine Interpretation dahin möglich, dass die Verlängerungsklausel sowohl für die fest vereinbarte Mietzeit von 12 Jahren als auch für aufgrund Optionsausübung begründete weitere Vertragsabschlüsse gelten solle.
10
Lasse der Wortlaut mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, so sei derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führe. Dem entspreche allein das Verständnis der Beklagten. Die Kumulation von Verlängerungsklausel , Kündigungsmöglichkeit zum Ablauf der festen Mietzeit für beide Parteien und Optionsrechte könne bei Vereinbarung einer festen Mietzeit zwar sinnvoll sein, weil sie dem Mieter die Möglichkeit gebe, durch seine Optionserklärung die Beendigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter zu verhindern. Entgegen der Auffassung des Klägers sei eine solche Kumulation aber nicht immer sinnvoll und im Zweifel nicht gewollt. Bei der hier vorliegenden Vertragsgestaltung führe sie zu Widersprüchlichkeiten, weil für beide Parteien die Frist nach § 3 Abs. 3 12 Monate, die Frist für die Option des Mieters nach § 3 Abs. 2 aber nur sechs Monate betrage. Lasse man die Verlängerungsklausel bereits nach Ablauf der zunächst vereinbarten Mietzeit von 12 Monaten und nicht erst nach Ablauf der Mietzeit zuzüglich der Optionszeiträume eingreifen, werde der Mieterin die in § 3 Abs. 2 eingeräumte Möglichkeit genommen, sich erst sechs Monate vor Ablauf der Mietzeit zu entscheiden, ob sie von ihrem Optionsrecht Gebrauch machen wolle oder nicht. Bei Unentschiedenheit werde sie gezwungen, vorsorglich bereits 12 Monate vor dem vereinbarten Vertragsende einer Verlängerung des Mietvertrages zu widersprechen, um ein möglicherweise gegen ihren Willen erfolgendes Wirksamwerden der Verlängerungsklausel nach § 3 Abs. 3 des Vertrages zu verhindern. Entscheide sie sich später dann für eine Verlängerung des Vertrages und übe sie ihr Optionsrecht nach § 3 Abs. 2 aus, laufe sie Gefahr, dass ihr die Einrede widersprüchlichen Verhaltens entgegengesetzt werde.
11
2. Die Auslegung des Berufungsgerichts hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
12
a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei der Regelung in § 3 Abs. 3 des Mietvertrages um eine vorformulierte Vertragsbedingung im Sinne von § 1 AGBG, die von der Unternehmensgruppe T. für eine Vielzahl von Verträgen verwendet worden ist. Der Senat kann die Klausel selbst auslegen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Unternehmensgruppe die Klausel über den Bezirk des Oberlandesgerichts hinaus verwendet hat, da nunmehr auch gegen Berufungsurteile der Landgerichte eine Revision stattfinden kann (vgl. Urteil vom 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - NJW 2005, 2919, 2921).
13
b) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass bei der Auslegung vorformulierter Vertragsbedingungen die allgemeinen Regeln der §§ 133, 157 BGB gelten (MünchKomm/Basedow AGB-Gesetz 4. Aufl. § 5 Rdn. 1) und in erster Linie vom Wortlaut der Erklärung auszugehen ist (Palandt/Heinrichs BGB 65. Aufl. § 133 Rdn. 14 m.w.N.). Dem Berufungsgericht ist auch darin zu folgen, dass der Wortlaut hier zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. Die Formulierung "nach Ablauf der Mietzeit (einschließlich der Optionszeiträume)" lässt die Auslegung zu, dass es erst nach Ausübung aller der Mieterin eingeräumter Optionsmöglichkeiten zu einer Verlängerung des Mietvertrages nach Abs. 3 kommen soll. Aber auch die Meinung, dass schon nach Ablauf der regulären Mietzeit von 12 Jahren eine Vertragsverlängerung gemäß Abs. 3 eintritt, wenn keine der Parteien ein Jahr vor Ablauf der Mietzeit die Beendigung erklärt, ist mit dem Wortlaut der Klausel ohne weiteres vereinbar. Lässt der Wortlaut mehrere Auslegungsmöglichkeiten zu, so ist, wie das Berufungsgericht richtig sieht, derjenigen der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragsparteien gerecht werdenden Ergebnis führt (Palandt/Heinrichs aaO Rdn. 18 m.w.N.).
14
Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Anwendung der Verlängerungsklausel bereits nach Ablauf der regulären Mietzeit führe zu Widersprüchlichkeiten , die den Interessen der Parteien entgegenstünden, teilt der Senat jedoch nicht. Zwar trifft es zu, dass bei dieser Auslegung der Mieter bereits 12 Monate vor dem vereinbarten Vertragsende eine Entscheidung treffen muss; auch kann es sein, dass ihm widersprüchliches Verhalten entgegengehalten wird, wenn er zunächst eine Verlängerung ablehnt, aber später seine Meinung ändert und von seinem Optionsrecht Gebrauch machen will. Das Berufungsgericht räumt bei seiner Interessenabwägung diesem Umstand aber ein Gewicht ein, das ihm bei ausgewogener Berücksichtigung der Interessen beider Parteien nicht zukommt.
15
aa) Die Verlängerungsklausel mit der einjährigen "Kündigungsfrist" (§ 3 Abs. 3) und die Optionsregelung mit der Sechsmonatsfrist (§ 3 Abs. 2) stehen selbständig nebeneinander. Insbesondere ist das Verlängerungsrecht in Abs. 3 eigenständig und nicht als Unterfall des Optionsrechts geregelt. Dafür spricht bereits die Ausgestaltung beider Regelungen in jeweils selbständigen Absätzen. Aber auch inhaltlich beeinträchtigt die Verlängerungsklausel das Optionsrecht über den vom Berufungsgericht angeführten - eher seltenen und vom Mieter beherrschbaren - Fall hinaus nicht. Vielmehr kann der Mieter nach Ablauf der Verlängerung das ihm eingeräumte Optionsrecht uneingeschränkt ausüben. Wenn der Vermieter die Verlängerung nicht will und deshalb "kündigt", kommt das Optionsrecht zur Geltung. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung kann der Gesamtregelung auch nicht entnommen werden, dass der Mieter für jedwede Art der Vertragsverlängerung die Entscheidungsfreiheit bis sechs Monate vor Erreichen des regulären Vertragsendes haben sollte. Im Gegenteil müsste, käme die Verlängerungsklausel entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts erst nach Ablauf der gesamten Optionszeit zur Anwendung, der Mieter ebenfalls bereits ein Jahr vor Ablauf entscheiden, ob er nach Ende des letzten Optionszeitraumes die Verlängerung will.
16
bb) Der Senat sieht keine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der Interessen der Beklagten, wenn sie sich spätestens ein Jahr und nicht erst sechs Monate vor Ablauf der regulären Mietzeit entscheiden muss, ob sie eine automatische Verlängerung nach § 3 Abs. 3 verhindern will. Entscheidet sie sich gegen eine Beendigung und damit für die Verlängerung, wird der Mietvertrag um weitere fünf Jahre fortgesetzt und die Beklagte behält im Anschluss daran die Optionsmöglichkeit nach § 3 Abs. 2. Ein Nachteil kann ihr überhaupt nur entstehen, wenn sie sich zunächst gegen die Verlängerung ausspricht, aber später ihr Optionsrecht dennoch ausüben will. Vor den Folgen eines solchen widersprüchlichen Verhaltens muss sie jedoch nicht durch eine zu Lasten des Vermieters gehende Interessenauslegung geschützt werden. Den vom Berufungsgericht geschilderten Entscheidungskonflikt im Falle der Unentschlossen- heit kann die Beklagte ohne Schwierigkeiten bewältigen. So kann sie etwa dem Einwand widersprüchlichen Verhaltens dadurch vorbeugen, dass sie sich bei Ablehnung der Verlängerung nach § 3 Abs. 3 das Optionsrecht ausdrücklich vorbehält. Will der Vermieter den Vertrag nicht fortsetzen und "kündigt" er deshalb seinerseits, dann entsteht auch bei dieser Auslegung für die Mieterin kein Nachteil, weil sie durch Ausübung ihres Optionsrechts die Verlängerung gegen den Willen des Vermieters erzwingen kann.
17
cc) Geht man demgegenüber davon aus, dass sich der Vertrag nicht schon nach Ablauf der regulären Mietzeit (12 Jahre) automatisch verlängert, ist der Vorteil für die Mieterin gering. Zwar verbleiben ihr sechs Monate mehr an Bedenkzeit. Es ist aber eher fern liegend, dass die Entscheidung für sie dann leichter wird. Wenn sie nach elf Jahren unentschlossen ist, wird ihr die Entscheidung nach elfeinhalb Jahren in aller Regel nicht leichter fallen. Der Entscheidungsdruck könnte sich für sie sogar erhöhen. Macht sie nämlich von der ersten Option keinen Gebrauch, so verliert sie ihr gesamtes Optionsrecht endgültig.
18
dd) Es darf auch nicht übersehen werden, dass die Mieterin bei dieser Auslegung neben dem (geringen) Nachteil, sich bereits ein Jahr vor Vertragsende entscheiden zu müssen, einen erheblichen Vorteil erlangt. Sie hat, wenn der Vermieter nicht "kündigt", die Möglichkeit, das Mietverhältnis über die in Abs. 2 eingeräumten Optionsmöglichkeiten hinaus um weitere fünf Jahre zu verlängern, ein Vorteil, der den vom Berufungsgericht hervorgehobenen Nachteil ausgleichen kann. "Kündigt" der Vermieter, so erleidet die Mieterin keinen Nachteil, weil ihr in jedem Falle 18 Jahre Optionsmöglichkeit gemäß Abs. 2 verbleiben.
19
ee) Schließlich darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Verlängerungsklausel mit der einjährigen "Kündigungsfrist" für beide Seiten gilt. Ein Entscheidungskonflikt kann auch beim Vermieter entstehen. Kündigt er nicht ein Jahr vor Ablauf der regulären Mietzeit, dann verlängert sich das Mietverhältnis ebenfalls um fünf Jahre. Entscheidet er sich für die Kündigung, so kann ihm die Mieterin mit der Ausübung der Option entgegentreten. Der Vermieter muss damit seine Entscheidung genauso früh wie die Mieterin treffen, ohne seinerseits die Möglichkeit einer Option zu haben, wenn die Mieterin sich gegen eine Fortsetzung entscheidet.
20
ff) Letztlich kann die Verlängerungsmöglichkeit bereits am Ende der regulären Mietzeit auch zu einem gewissen Ausgleich der beiderseitigen Interessen führen. Die in Abs. 2 vorgesehene Optionsmöglichkeit begünstigt nämlich einseitig die Mieterin. Sie hat jeweils viereinhalb Jahre Zeit, um sich klar zu werden, ob sie die Option ausüben will, und muss ihre Entscheidung dem Vermieter erst sechs Monate vor Mietende mitteilen. Schöpft sie diese Möglichkeit voll aus, verbleiben dem Vermieter gerade sechs Monate Zeit zur Suche eines Nachmieters. Es wäre deshalb interessengerecht, wenn dem Vermieter bei der erstmaligen Verlängerung nach immerhin 12 Jahren gemäß § 3 Abs. 3 ein Jahr Zeit verbliebe, um einen neuen Mieter zu suchen.
21
c) Aus den dargelegten Überlegungen hält der Senat eine vom Berufungsgericht abweichende Auslegung für möglich. Andererseits ist eine Auslegung zugunsten des Klägers ebenfalls nicht zwingend. Da nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt, geht nach § 5 AGBG die Unsicherheit zulasten der Beklagten, deren Rechtsvorgängerin die Klausel verwendet hat und die deshalb die Folgen der fehlenden Eindeutigkeit tragen muss (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1997 - X ZR 146/94 - NJW 1997, 3434, 3435). Das bedeutet, dass der Vertrag nach Ablauf der regulären Laufzeit mangels "Kündigung" um fünf Jahre verlängert wurde.
22
d) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hat die Beklagte nicht rechtzeitig einer Verlängerung nach Abs. 3 widersprochen. Das Berufungsgericht hat das Schreiben der Beklagten vom 9. Oktober 1998 nicht ausgelegt. Da weiterer Vortrag hierzu nicht zu erwarten ist, kann der Senat die Erklärung selbst auslegen (BGH, Urteil vom 19. März 1992 aaO). Sie ist nicht dahin zu verstehen, dass die Beklagte die Fortsetzung des Mietverhältnisses abgelehnt hat. Die Beklagte hat lediglich erklärt, in beiderseitigem Interesse solle die Möglichkeit der Anschlussverwertung geprüft werden. Eine Beendigung im Sinne von § 3 Abs. 3 ist darin nicht zu sehen. Die Beklagte hätte das Mietobjekt auch selbst verwerten können, weil ihr in § 5 die Möglichkeit der Untervermietung eingeräumt ist.
23
3. Das Landgericht hat der Feststellungsklage daher zu Recht stattgegeben. Diese Entscheidung kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen selbst treffen, da weiterer entscheidungserheblicher Sachvortrag nicht zu erwarten ist.
Hahne Sprick Fuchs Vézina RiBGH Dose ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
LG Offenburg, Entscheidung vom 26.03.2002 - 4 O 64/01 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 07.11.2003 - 14 U 74/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 93/09
Verkündet am:
17. März 2011
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
KD
Im Rahmen der Vertragsauslegung gebührt der Vorzug im Zweifel derjenigen
Auslegung, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (st. Rspr., vgl. BGH,
Urteil vom 26. September 2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153, 158 f. - AnwaltsHotline
).
BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 93/09 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die
Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 20. Mai 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte betrieb seit dem 19. Jahrhundert Tagesfahrten mit Ausflugsschiffen und seit etwa 1960 Flusskreuzfahrten mit Kabinenschiffen. Die Klägerin wurde 1994 als Tochtergesellschaft der Beklagten gegründet. Sie bediente unter der Firma „KD Deutsche Flusskreuzfahrten GmbH“ bis 2003 gemeinsam mit ihrer in der Schweiz ansässigen Tochtergesellschaft, der KD Triton AG, den Geschäftsbereich der Flusskreuzfahrten, während die Tagestouristik weiterhin von der Beklagten betrieben wurde.
2
Die Beklagte ist Inhaberin der 1995 für „Beförderung von Personen mit Tagesausflugs - und Kabinenschiffen im Linienverkehr, im Sonderfahrtenverkehr und im Charterfahrtverkehr; Beherbergung von Personen auf Hotelschiffen; Bewirtung von Gästen mit Speisen und Getränken“ eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 39536067.6 sowie der 1972 für „Wasserfahrzeuge, Weine, Spirituosen“ eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 897680, die beide folgende Gestaltung aufweisen:
3
Für die Beklagte sind weiter seit 1995 die Wort-/Bildmarke Nr. 39518365.0 (für „Beförderung von Personen mit Tagesausflugs- und Kabinenschiffen im Li- nienverkehr, im Sonderfahrtenverkehr und im Charterfahrtverkehr; Beherbergung von Personen auf Hotelschiffen; Bewirtung von Gästen mit Speisen und Geträn- ken“) sowie seit 1972 die Wort-/Bildmarke Nr. 897679 .
(für „Wasserfahrzeuge, Weine, Spirituosen“) eingetragen.
4
Die Klägerin ist Inhaberin der am 11. September 1997 ebenfalls für die Dienstleistungen „Beförderung von Personen mit Tagesausflugs- und Kabinenschiffen im Linienverkehr, im Sonderfahrtenverkehr und im Charterfahrtverkehr; Beherbergung von Personen auf Hotelschiffen; Bewirtung von Gästen mit Speisen und Getränken“ angemeldeten farbigen Wort-/Bildmarke 39743467.7 .

5
Anfang 2000 wurden zum Zwecke der Sanierung der „KD-Gruppe“ die Beklagte mit dem Geschäftsbereich Tagestouristik an die Premicon-Gruppe und die Klägerin sowie ihre Tochtergesellschaft KD Triton AG mit dem Geschäftsbereich Flusskreuzfahrten an die Viking-Gruppe veräußert. Am 9. März 2000 schlossen die Beklagte („KDAG“), die Klägerin („KDDF“) und die KD Triton AG („Triton“) einen „Vertrag über die Regelung von Leistungsbeziehungen“, in dessen „Vorbemerkung“ es unter anderem heißt: Im Zuge einer angestrebten Sanierung der KD-Gruppe sollen die Bereiche Tagesausflüge und Flusskreuzfahrten in zwei von einander unabhängige Unternehmen getrennt und zwischen diesen Bereichen bestehende rechtliche und wirtschaftliche Verflechtungen aufgehoben werden.
6
In § 1 „Namens- und Markenrechte; KD-Logo; Internet-Domänen“ ist unter anderem Folgendes geregelt: (a) Alle Eigentumsrechte an den Namens- und Markenrechten, die mit dem Namens- zug „Köln-Düsseldorfer“ oder „KD“ verbunden sind, das Eigentum an dem Firmenlogo „KD“ (zusammen nachfolgend: die „KD Markenrechte“) sowie alle Rechte der KDAG an Internet-Domänen … verbleiben bei der KDAG. Die KD Markenrechte und Rechte an Internet-Domänen werden nachfolgend als KD Rechte bezeichnet. (b) Die KDAG räumt mit wirtschaftlicher Wirkung zum 01.01.2000 der KDDF/Triton für einen Erinnerungswert von DM 1 … in unwiderruflicher Weise das Recht ein, weltweit alle KD Rechte für den Bereich der Flusskreuzfahrten uneingeschränkt und zeitlich sowie inhaltlich und örtlich unbegrenzt zu nutzen. (c) Vor dem Hintergrund, dass die KDDF/Triton vor der Aufteilung der KD-Gruppe in zwei voneinander unabhängige Unternehmen die KD Rechte in gleichem Umfang wie die KDAG verwendet hat, entspricht es der Absicht der Parteien, die KDDF/Triton im Hinblick auf die KD Rechte so stellen, wie wenn sie selbst Eigentümer dieser Rechte wäre. (d) Zur Vermeidung von Konflikten in der zukünftigen Nutzung der KD Rechte wird KDAG diese Rechte in keiner Weise für den Kabinenschiffbereich und KDDF/Triton die Nutzung dieser Rechte ausschließlich für den Kabinenschiffbereich nutzen. … (f) Eine Kündigung des in Abs. (b) eingeräumten Nutzungsrechts ist soweit gesetzlich zulässig ausgeschlossen. Nützt die KDDF/Triton die KD Markenrechte für mehr als drei Jahre nicht, erlöschen ihre diesbezüglichen Nutzungsrechte nach diesem Vertrag.
7
In der Vereinbarung heißt es weiter in § 10 (g) „Ausschluss der Konkurrenz“: KDAG verpflichtet sich, nach Abschluss dieses Vertrages für drei Jahre keine Kabinenschiffe zu betreiben oder zu vermarkten und keine anderen Handlungen vorzunehmen , die mit dem Geschäftsbetrieb der KDDF/Triton konkurrieren. KDDF und Triton übernehmen jeweils dieselbe Verpflichtung bezüglich Tagesschiffe und dem Geschäftsbetrieb der KDAG.
8
Die Klägerin benutzte in Katalogen, in der Werbung, in Geschäftspapieren und zur Kennzeichnung ihrer Flotte in den Jahren 2001 und 2002 zunächst das Zeichen „Viking KD“, seit 2003 das Zeichen „Viking“. Im Dezember 2003 wurde die Firma der Klägerin von „KD Deutsche Flusskreuzfahrten GmbH“ in „Viking Flusskreuzfahrten GmbH“ geändert.
9
Im Dezember 2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die der Klägerin in der Vereinbarung vom 9. März 2000 eingeräumten Nutzungsrechte wegen einer dreijährigen Nichtbenutzung für erloschen und sich selbst seit Ende 2006 wieder für berechtigt halte, unter dem Zeichen „KD“ auch Flusskreuzfahrten zu veranstalten.
10
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen ohne Zustimmung der Klägerin unter dem Zeichen „KD“ Dienstleistungen im Zusammenhang mit Flusskreuzfahrten oder Kabinenschiffen anzubieten oder zu erbringen. Die Beklagte hat die Klägerin im Wege der Widerklage ihrerseits auf Unterlassung der Benutzung des „KD-Logos“ und/oder des Kürzels „KD“ für den Geschäftsbereich Flusskreuzfahrten in Anspruch genommen.
11
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Widerklage unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, ohne Zustimmung der Klägerin unter dem Zeichen „KD“, einschließlich der zugunsten der Beklagten im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes eingetragenen deutschen Marken Nr. 39536067.6, Nr. 39518365.0, Nr. 897680 und Nr. 897679 sowie der beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt zur Eintragung angemeldeten Gemeinschaftsmarke Nr. 006062194, Dienstleistungen im Zusammenhang mit Flusskreuzfahrten oder Kabinenschiffen anzubieten oder zu erbringen oder das vorstehend bezeichnete Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung im Zusammenhang mit dem Angebot oder der Durchführung von Flusskreuzfahrten zu benutzen.
12
Weiter hat es die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist, soweit sie sich gegen diese Verurteilung gerichtet hat, ohne Erfolg geblieben. Dagegen ist die Klägerin auf die Berufung der Beklagten nach der Widerklage zur Unterlassung verurteilt worden. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


13
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin bejaht und dies wie folgt begründet:
14
Der Klägerin stehe aus § 1 (d) des Vertrags vom 9. März 2000 gegen die Beklagte ein schuldrechtlicher Unterlassungsanspruch zu. Die Parteien hätten eine wirtschaftlich dauerhafte Trennungsregelung getroffen. Aus der unverändert gebliebenen Registerlage, nach der die Beklagte Inhaberin der meisten einschlägigen Marken geblieben sei, dürften keine weitergehenden Schlüsse zu ihren Gunsten gezogen werden. Eine dauerhafte schuldrechtliche Verpflichtung der Beklagten , künftig auf eine Nutzung der KD-Zeichen für den Kabinenschiffbereich zu verzichten, sei rechtlich zulässig und auch ohne Rücksicht auf die tatsächliche Nutzung der entsprechenden Rechte durch die Klägerin durchführbar. Der Wortlaut von § 1 (d) des Vertrages lasse eine zeitliche Begrenzung des wechselseitigen schuldrechtlichen Nutzungsverbots der KD-Zeichen nicht erkennen. Zwar hätten die Parteien in § 1 (f) des Vertrages eine Beendigung der Koexistenz für den Fall vorgesehen, dass die Klägerin ihr Interesse an einer eigenen Nutzung der KD-Marken - dokumentiert durch eine dreijährige Nichtbenutzung - aufgeben würde. In der Formulierung des schuldrechtlichen Verbots der Benutzung von Marken unter § 1 (d) habe diese Befristung aber keinen Ausdruck gefunden. Eine Ergänzung dieses Verbots um die in § 1 (f) vorgesehene auflösende Bedingung sei auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung naheliegend oder gar zwingend. Vielmehr würde der Gedanke einer vollständigen Entflechtung der beiden getrennt veräußerten Unternehmensbereiche konterkariert, wenn der Beklagten nach vergleichsweise kurzer Zeit, nämlich nach der Aufgabe einer entsprechenden Nutzung durch die Klägerin, wieder gestattet würde, die KD-Zeichen auch für den Bereich der Flusskreuzfahrten zu benutzen. Gegen eine solche Auslegung von § 1 (d) der Vereinbarung spreche auch, dass im Vertragsentwurf unter § 10 - bei im Übrigen identischen Formulierungen wie in § 1 - ein unbefristetes Wettbewerbsverbot vorgesehen gewesen sei.
15
II. Die Angriffe der Revision gegen diese Beurteilung haben im Ergebnis Erfolg.
16
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe gegen die Beklagte aus § 1 (d) des Vertrages vom 9. März 2000 ein schuldrechtlicher Unterlassungsanspruch unabhängig von der Frage zu, ob die Klägerin das Zeichen „KD“ im Sinne von § 1 (f) benutzt hat, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

17
a) Die Auslegung von Individualvereinbarungen ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung unterliegt nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung danach, ob gesetzliche Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist. Leidet die tatrichterliche Auslegung an solchen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern, bindet sie das Revisionsgericht nicht (BGH, Urteil vom 7. Februar 2002 - I ZR 304/99, BGHZ 150, 32, 37 - Unikatrahmen; BGH, Urteil vom 10. Oktober 2002 - I ZR 193/00, GRUR 2003, 173, 175 = WRP 2003, 83 - Filmauswertungspflicht). So liegt der Fall hier.
18
aa) Bei der Auslegung ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (BGHZ 150, 32, 37 - Unikatrahmen, mwN). Weiter gilt das Gebot der nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 91/99, GRUR 2002, 280, 281 = WRP 2002, 221 - Rücktrittsfrist ; BGH, GRUR 2003, 173, 175 - Filmauswertungspflicht; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 30 Rn. 56) und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Zwecks des Vertrages (BGH, Urteil vom 23. Februar 1956 - II ZR 207/54, BGHZ 20, 109, 110; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 133 Rn. 18).
19
Das Berufungsgericht hat den im Wortlaut und in der Systematik der Vereinbarung zum Ausdruck kommenden Parteiwillen sowie den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung nicht hinreichend beachtet.

20
bb) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht von dem in den Vorbemerkungen des Vertrags über die Regelung der Leistungsbeziehungen vom 9. März 2000 niedergelegten Zweck der Vereinbarung aus, im Zuge einer angestrebten Sanierung der KD-Gruppe die Bereiche Tagesausflüge und Flusskreuzfahrten in zwei voneinander unabhängige Unternehmen zu trennen und die zwischen diesen Bereichen bestehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Verflechtungen aufzuheben.
21
Den vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Gedanken einer vollständigen Entflechtung sind die Vertragsparteien im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Namens- und Zeichenrechte aber gerade nicht gefolgt. Sie haben insbesondere keine Teilübertragung der bestehenden Firmen- und Markenrechte auf die Vertragspartner vorgesehen, sondern den Weg einer Lizenzvereinbarung gewählt. So ist in § 1 (a) und (b) ausdrücklich vereinbart, dass alle Namens - und Markenrechte bei der Beklagten verbleiben sollten. Diese hat der Klä- gerin gegen einen „Erinnerungswert von DM 1“ lediglich ein für den Bereich der Flusskreuzfahrten uneingeschränktes und zeitlich, inhaltlich und örtlich unbegrenztes Nutzungsrecht eingeräumt. Ausgehend von dieser Grundentscheidung der Vertragsparteien ist die in § 1 (d) der Vereinbarung geregelte gegenseitige Unterlassungsverpflichtung , auf die das Berufungsgericht maßgeblich abgestellt hat, nicht als vom Bestand der Lizenzabrede unabhängiges Recht zu verstehen, von der anderen Partei Unterlassung zu verlangen. Geregelt ist dort vielmehr die für eine ausschließliche Lizenzvereinbarung typische Pflicht des Lizenzgebers, sich der eigenen Benutzung des Zeichens oder eines mit ihm verwechselbaren Zeichens zu enthalten (vgl. dazu Ingerl/Rohnke aaO § 30 Rn. 58; Hacker in Ströbele /Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 30 Rn. 44). Da eine Enthaltungspflicht des Lizenz- gebers zur Absicherung des Nutzungsrechts des Lizenznehmers besteht, erlischt diese Pflicht mit der Beendigung des Lizenzvertrages.
22
Im vorliegenden Fall haben die Parteien einen Erlöschenstatbestand in § 1 (f) der Vereinbarung ausdrücklich geregelt. Dort wird zunächst - in Übereinstimmung mit der Regelung eines zeitlich unbegrenzten Nutzungsrechts in § 1 (b) - eine Kündigung des Nutzungsrechts „soweit gesetzlich zulässig“ ausgeschlossen und damit festgeschrieben, dass die Beklagte der Klägerin grundsätzlich das Nutzungsrecht nicht einseitig durch ordentliche Kündigung entziehen kann. Sodann ist dort aber ausdrücklich geregelt, dass die Nutzungsrechte der Klägerin und der Triton nach dem Vertrag erlöschen, wenn diese die „KD-Markenrechte“ für mehr als drei Jahre nicht nutzen. Auch insoweit ist eine interessengerechte und für markenrechtliche Lizenzverträge typische Abrede getroffen worden. Denn der Lizenzgeber hat im Hinblick auf die Notwendigkeit einer rechtserhaltenden Benutzung (§ 26 Abs. 2 MarkenG) regelmäßig ein Interesse daran, dass der Lizenznehmer von der ihm ausschließlich erteilten Lizenz auch tatsächlich Gebrauch macht (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker aaO § 30 Rn. 54; Ingerl/Rohnke aaO § 30 Rn. 70), während der über einen längeren Zeitraum das Zeichen nicht nutzende Lizenznehmer mit seinem Verhalten zum Ausdruck bringt, dass an der Ausübung des ausschließlichen Nutzungsrechts kein schutzwürdiges Interesse (mehr) besteht.
23
Nach der in den genannten Regelungen zum Ausdruck kommenden Interessenlage der Vertragspartner ist mithin kein Grund dafür ersichtlich, dass die Beklagte auch dann noch an einer Nutzung des Kennzeichens „KD“ für den Kabinenschiffbereich gehindert sein soll, wenn die Klägerin eine Nutzung des Kennzeichens in diesem Bereich seit mehr als drei Jahren aufgegeben oder erst gar nicht aufgenommen hat und gemäß § 1 (f) damit auch die Lizenz für diesen Bereich erloschen ist. Eine Konfliktlage durch beiderseitige Kennzeichennutzung im Sinne des § 1 (d) kann nach dem Erlöschen der Nutzungsrechte der Klägerin nicht mehr auftreten. Es verbleibt damit allenfalls das Interesse der Parteien, für eine gewisse Übergangsphase in den aufgeteilten Geschäftsbereichen keiner gegenseitigen Konkurrenz ausgesetzt zu sein. Dieses kartellrechtlich relevante Interesse ist jedoch nicht in § 1, sondern ausdrücklich in § 10 (g) der Vereinbarung geregelt.
24
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann etwas anderes auch nicht dem Umstand entnommen werden, dass der Entwurf des Vertrages in § 10 (g) bei im Übrigen identischen Formulierungen mit der Regelung unter § 1 zunächst ein unbefristetes Wettbewerbsverbot enthalten hatte. Das Berufungsgericht führt selbst aus, dass dieses unbefristete Wettbewerbsverbot aus zutreffenden rechtlichen Überlegungen keine Aufnahme in den Vertrag gefunden hat. Es liegt fern, dass die Parteien trotz offensichtlicher Kenntnis der kartellrechtlichen Problematik unbefristeter Wettbewerbsverbote und dem durch die Änderung des Vertragsentwurfs dokumentierten Willen zur Vermeidung kartellrechtlicher Risiken in § 1 (d) der Vereinbarung ein zeitlich unbegrenztes und vom Bestand des Nutzungsrechts der Klägerin unabhängiges Verbot der Benutzung der Marken für einen Teilbereich der Dienstleistungen vereinbaren wollten, für die diese Marken zugunsten der Beklagten in Kraft standen.
25
b) Der Auslegungsfehler unterliegt - unabhängig davon, ob er von der Revision gerügt worden ist - der Überprüfungsbefugnis des Senats (BGH, Urteil vom 10. Juli 1998 - V ZR 360/96, NJW 1998, 3268, 3269 mwN; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 557 Rn. 17; Saenger/Kayser, ZPO, 4. Aufl., § 557 Rn. 17). Das Berufungsgericht hat bei der Anwendung sachlichen Rechts, nämlich der Subsumtion des Parteivortrags unter die nach §§ 133, 157 BGB heranzuziehenden Auslegungsgrundsätze , hierfür maßgebliche Umstände nicht hinreichend gewürdigt. Bei Verstößen gegen das sachliche Recht ist das Revisionsgericht an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Der au- ßer Acht gelassene Auslegungsgesichtspunkt ist auch aus dem Tatbestand des Berufungsurteils oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich (§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dem Berufungsurteil und der Entscheidung des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, lassen sich die maßgebenden Bestimmungen der Vereinbarung vom 9. März 2000 sowie die Interessenlage der Parteien entnehmen.
26
c) Nach alledem kann offenbleiben, ob - wie die Revision geltend macht - eine vom Berufungsgericht angenommene vertragliche Unterlassungsverpflichtung als eine gemäß § 1 GWB unzulässige und gemäß § 134 BGB unwirksame Wettbewerbsbeschränkung anzusehen ist oder ob - wie die Revisionserwiderung meint - einer solchen Auslegung der vom Berufungsgericht ebenfalls nicht erwogene Auslegungsgrundsatz entgegensteht, wonach im Zweifel derjenigen Auslegung der Vorzug gebührt, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. September 2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153, 158 f. - Anwalts-Hotline, mwN).
27
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
28
Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass die Klägerin die KD-Zeichenrechte im Sinne des § 1 (f) Satz 2 der Vereinbarung für mehr als drei Jahre benutzt hat und deshalb die die Beklagte treffende Unterlassungsverpflichtung gemäß § 1 (d) der Vereinbarung weiterhin besteht. Das Berufungsgericht hat vielmehr im Rahmen der Prüfung der Widerklage der Beklagten angenommen , das vertragliche Nutzungsrecht der Klägerin sei gemäß § 1 (f) der Vereinbarung spätestens Ende November 2006 erloschen, weil sich aus dem unstreitigen Sachverhalt ergebe, dass die Klägerin die „KD-Markenrechte“ jedenfalls seit Änderung ihrer Firma im November 2003 für mehr als drei Jahre nicht mehr - so § 1 (f) der Vereinbarung - „genützt“ habe. Dabei sei davon auszugehen, dass die Maßstäbe des § 26 MarkenG gelten sollten, also eine ernsthafte Benutzung im Inland erforderlich sei, woran es bereits nach dem Vortrag der Klägerin selbst fehle. Die Benutzung von Handelsnamen, Bildmarken und Kombinationsmarken mit dem Bestandteil „KD“ durch die niederländische Zweigniederlassung der Klägerin sowie die Benutzung des Zeichens „KD mit Sternen“ in Vertrags- und Rech- nungsunterlagen über Schiffsverkäufe oder Schiffsüberlassungen ihres bis 2006 als KD Triton AG firmierenden Schweizer Tochterunternehmens stelle sich nach Art und Umfang der unter den Zeichen betriebenen Geschäfte ebenfalls nicht als hinreichend ernsthafte Benutzung dar, schon gar nicht im Inland.
29
3. Trotz dieser Annahmen ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Denn die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe das Zeichen „KD“ nicht im Sinne des § 1 (f) Satz 2 der Vereinbarung benutzt, wird von den bislang getroffenen tatrichterlichen Feststellungen und den dargelegten Grundsätzen der Vertragsauslegung nicht getragen.
30
a) Zwischen den Parteien ist streitig, ob nach ihrem übereinstimmenden Willen bei Vertragsschluss nur Zeichennutzungen der Klägerin im Inland oder auch solche ihrer Niederlassung in den Niederlanden und Nutzungen der Triton für die Regelung des § 1 (f) der Vereinbarung erheblich sein sollten.
31
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, es sei allein eine Benutzung im Inland maßgeblich, findet keine hinreichende Stütze in der vertraglichen Regelung und der Interessenlage der Parteien.
32
aa) Gegen diese Annahme spricht, dass die Vereinbarung vom 9. März 2000 vor dem Hintergrund einer Aufteilung der beiden Geschäftsbereiche Flusskreuzfahrten und Tagesausflüge und der Veräußerung der diese Bereiche betreibenden Gesellschaften an unterschiedliche Erwerber eine umfassende Regelung der Leistungsbeziehungen der KD-Gruppe bezweckte. Die KD-Gruppe war jedoch nicht allein in Deutschland tätig, so dass es fernliegt, dass die Parteien im Hinblick auf die in § 1 (b) ausdrücklich „örtlich unbegrenzt“ erfolgte Einräumung der Nutzungsrechte im Allgemeinen sowie die Frage der Benutzung des Zeichens „KD“ im Sinne des § 1 (f) im Besonderen allein das in Deutschland liegende Einsatzgebiet regeln wollten. Dem Berufungsurteil ist zu entnehmen, dass Handelsnamen, Bild- marken und Kombinationsmarken mit dem Bestandteil „KD“ auch durch eine Zweigniederlassung der Klägerin in den Niederlanden benutzt worden sind.
33
Vor allem aber ist neben der Klägerin auch die Triton mit Sitz in der Schweiz Vertragspartnerin. Die Triton ist in § 1 (f), also in der für das Erlöschen der Nutzungsrechte maßgeblichen Regelung, ausdrücklich neben der Klägerin aufgeführt worden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Triton noch bis 2006 die im Streitfall maßgebende Buchstabenkombination „KD“ in ihrer Firma geführt. Konkrete Feststellungen zu den Nutzungshandlungen der Triton und der zwischen den Parteien streitigen Bedeutung für § 1 (f) des Vertrages hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht getroffen. Es hat sich deshalb auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob es für die Auslegung des § 1 (f) erheblich ist, dass nach Art. 5 Satz 1 des Übereinkommens zwischen dem Deutschen Reich und der Schweiz betreffend den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschutz vom 13. April 1892 (RGBl. 1894, 511) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 26. Mai 1902 (RGBl. 1903, 1819, Text abgedruckt bei Fezer, MarkenG, 4. Aufl., Int. MarkenR Rn. 41 f.) die Benutzung einer deutschen Marke in der Schweiz rechtserhaltend sein kann (vgl. auch BGH, Urteil vom 15. Dezember 1999 - I ZR 114/97, GRUR 2000, 1035, 1037 = WRP 2000, 1157 - PLAYBOY; Fezer aaO Int. MarkenR Rn. 42; Ingerl/Rohnke aaO § 26 Rn. 206). Das Berufungsgericht hat weiter folgerichtig bislang keine tatrichterli- chen Feststellungen zu der ebenfalls streitigen Frage getroffen, ob der Vertrag dahin auszulegen ist, dass eine eventuelle Benutzung des Zeichens „KD“ durch die Triton auch ein Erlöschen der Nutzungsrechte der mit ihr konzernverbundenen Klägerin verhindert.
34
c) Das Berufungsgericht hat bei der Heranziehung der Grundsätze des § 26 MarkenG ferner nicht berücksichtigt, dass sich die vertraglichen Abreden der Parteien nicht allein auf Marken beziehen, sondern gemäß § 1 (a) ausdrücklich auch auf Namens- und Firmenrechte, insbesondere auf das „Firmenlogo KD“. Diese Rechte sind dort ausdrücklich als „KD Markenrechte“ bezeichnet worden. Auf eben diese „KD Markenrechte“ insgesamt beziehen die Vertragsparteien die Nut- zungsobliegenheit des § 1 (f), lassen also die ausschließlich firmenmäßige Benutzung zur Aufrechterhaltung des Nutzungsrechts insgesamt, jedenfalls aber des Rechts zur vom Klageantrag ebenfalls erfassten Nutzung als Unternehmenskennzeichen ausreichen.
35
d) Zu Recht weist die Revisionserwiderung schließlich darauf hin, dass sich die Annahme des Berufungsgerichts, die von der Klägerin vorgetragenen Nutzungshandlungen seien nach Art und Umfang keine hinreichend ernsthafte Benutzung , nicht ausreichend nachvollziehbar aus den Gründen des Berufungsurteils entnehmen lässt.
36
III. Die Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, nach ergänzendem Vortrag der Parteien die noch fehlenden Feststellungen zur Auslegung des § 1 (f) der Vereinbarung und zur Erfüllung der sich daraus ergebenden Anforderungen an eine Benutzung des Zeichens „KD“ zu treffen. Da der Klageantrag sowohl die markenmäßige als auch die firmenmäßige Verwendung des Zeichens umfasst, wird das Berufungsgericht - sofern eine insoweit unterschiedliche Benutzungslage festgestellt werden sollte - auch der Frage nachgehen müssen, ob bei der Auslegung und bei der Anwendung des § 1 (f) und (d) der Vereinbarung insoweit zu differenzieren ist oder eine Benutzung nur einer Zeichenkategorie für die Erhaltung des Nutzungsrechts insgesamt ausreicht.
37
IV. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
RiBGH Pokrant ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm Bornkamm Schaffert
Kirchhoff Löffler
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.09.2008 - 81 O 223/07 -
OLG Köln, Entscheidung vom 20.05.2009 - 6 U 200/08 -

(1) Es wird ein Netz verbundener Biotope (Biotopverbund) geschaffen, das mindestens 10 Prozent der Fläche eines jeden Landes umfassen soll.

(2) Teile von Natur und Landschaft können geschützt werden

1.
nach Maßgabe des § 23 als Naturschutzgebiet,
2.
nach Maßgabe des § 24 als Nationalpark oder als Nationales Naturmonument,
3.
als Biosphärenreservat,
4.
nach Maßgabe des § 26 als Landschaftsschutzgebiet,
5.
als Naturpark,
6.
als Naturdenkmal oder
7.
als geschützter Landschaftsbestandteil.

(3) Die in Absatz 2 genannten Teile von Natur und Landschaft sind, soweit sie geeignet sind, Bestandteile des Biotopverbunds.

(1) Bedarf ein Eingriff nach anderen Rechtsvorschriften einer behördlichen Zulassung oder einer Anzeige an eine Behörde oder wird er von einer Behörde durchgeführt, so hat diese Behörde zugleich die zur Durchführung des § 15 erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen im Benehmen mit der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde zu treffen, soweit nicht nach Bundes- oder Landesrecht eine weiter gehende Form der Beteiligung vorgeschrieben ist oder die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde selbst entscheidet.

(2) Soll bei Eingriffen, die von Behörden des Bundes zugelassen oder durchgeführt werden, von der Stellungnahme der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde abgewichen werden, entscheidet hierüber die fachlich zuständige Behörde des Bundes im Benehmen mit der obersten Landesbehörde für Naturschutz und Landschaftspflege, soweit nicht eine weiter gehende Form der Beteiligung vorgesehen ist.

(3) Für einen Eingriff, der nicht von einer Behörde durchgeführt wird und der keiner behördlichen Zulassung oder Anzeige nach anderen Rechtsvorschriften bedarf, ist eine Genehmigung der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde erforderlich. Die Genehmigung ist schriftlich zu beantragen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Anforderungen des § 15 erfüllt sind. Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde trifft die zur Durchführung des § 15 erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen.

(4) Vom Verursacher eines Eingriffs sind zur Vorbereitung der Entscheidungen und Maßnahmen zur Durchführung des § 15 in einem nach Art und Umfang des Eingriffs angemessenen Umfang die für die Beurteilung des Eingriffs erforderlichen Angaben zu machen, insbesondere über

1.
Ort, Art, Umfang und zeitlichen Ablauf des Eingriffs sowie
2.
die vorgesehenen Maßnahmen zur Vermeidung, zum Ausgleich und zum Ersatz der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft einschließlich Angaben zur tatsächlichen und rechtlichen Verfügbarkeit der für Ausgleich und Ersatz benötigten Flächen.
Die zuständige Behörde kann die Vorlage von Gutachten verlangen, soweit dies zur Beurteilung der Auswirkungen des Eingriffs und der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen erforderlich ist. Bei einem Eingriff, der auf Grund eines nach öffentlichem Recht vorgesehenen Fachplans vorgenommen werden soll, hat der Planungsträger die erforderlichen Angaben nach Satz 1 im Fachplan oder in einem landschaftspflegerischen Begleitplan in Text und Karte darzustellen. Dieser soll auch Angaben zu den zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und zu vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen nach § 44 Absatz 5 enthalten, sofern diese Vorschriften für das Vorhaben von Belang sind. Der Begleitplan ist Bestandteil des Fachplans.

(5) Die zuständige Behörde kann die Leistung einer Sicherheit bis zur Höhe der voraussichtlichen Kosten für die Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen verlangen, soweit dies erforderlich ist, um die Erfüllung der Verpflichtungen nach § 15 zu gewährleisten. Auf Sicherheitsleistungen sind die §§ 232 bis 240 des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuwenden.

(6) Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und die dafür in Anspruch genommenen Flächen werden in einem Kompensationsverzeichnis erfasst. Hierzu übermitteln die nach den Absätzen 1 und 3 zuständigen Behörden der für die Führung des Kompensationsverzeichnisses zuständigen Stelle die erforderlichen Angaben.

(7) Die nach Absatz 1 oder Absatz 3 zuständige Behörde prüft die frist- und sachgerechte Durchführung der Vermeidungs- sowie der festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen Unterhaltungsmaßnahmen. Hierzu kann sie vom Verursacher des Eingriffs die Vorlage eines Berichts verlangen.

(8) Wird ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen, soll die zuständige Behörde die weitere Durchführung des Eingriffs untersagen. Soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, soll sie entweder Maßnahmen nach § 15 oder die Wiederherstellung des früheren Zustands anordnen. § 19 Absatz 4 ist zu beachten.

(9) Die Beendigung oder eine länger als ein Jahr dauernde Unterbrechung eines Eingriffs ist der zuständigen Behörde anzuzeigen. Eine nur unwesentliche Weiterführung des Eingriffs steht einer Unterbrechung gleich. Wird der Eingriff länger als ein Jahr unterbrochen, kann die Behörde den Verursacher verpflichten, vorläufige Maßnahmen zur Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen durchzuführen oder, wenn der Abschluss des Eingriffs in angemessener Frist nicht zu erwarten ist, den Eingriff in dem bis dahin vorgenommenen Umfang zu kompensieren.

(10) Handelt es sich bei einem Eingriff um ein Vorhaben, das nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, so muss das Verfahren, in dem Entscheidungen nach § 15 Absatz 1 bis 5 getroffen werden, den Anforderungen des genannten Gesetzes entsprechen.

(11) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere zu dem in den Absätzen 1 bis 10 geregelten Verfahren einschließlich des Kompensationsverzeichnisses zu bestimmen. Sie können die Ermächtigung nach Satz 1 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

(1) § 50 Abs. 1 Nr. 6 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt für Vorhaben im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1, soweit die Vorhaben Bundeswasserstraßen betreffen, die wegen

1.
der Herstellung der Deutschen Einheit,
2.
der Einbindung der neuen Mitgliedstaaten in die Europäische Union,
3.
der Verbesserung der seewärtigen Zufahrten zu den deutschen Seehäfen und deren Hinterlandanbindung,
4.
ihres sonstigen internationalen Bezuges oder
5.
der besonderen Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe
in der Anlage 2 aufgeführt sind.

(2) Die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung für den Neubau oder Ausbau der in Anlage 2 genannten Bundeswasserstraßen hat keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder gegen eine Plangenehmigung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach der Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung gestellt und begründet werden. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt entsprechend.

(3) Ist in anderen Fällen als denen des Absatzes 2 die sofortige Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen angeordnet, so kann der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage nur innerhalb eines Monats nach der Anordnung der sofortigen Vollziehung gestellt und begründet werden. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung gilt entsprechend.

(4) Treten in den Fällen der Absätze 2 und 3 später Tatsachen ein, die die Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung rechtfertigen, so kann der durch den Planfeststellungsbeschluss oder die Plangenehmigung Beschwerte einen hierauf gestützten Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb einer Frist von einem Monat stellen und begründen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerte von den Tatsachen Kenntnis erlangt.

(5) Der Kläger hat innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung seiner Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn der Kläger die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 2 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Klägers zu ermitteln. Die Frist nach Satz 1 kann durch den Vorsitzenden oder den Berichterstatter auf Antrag verlängert werden, wenn der Kläger in dem Verfahren, in dem die angefochtene Entscheidung ergangen ist, keine Möglichkeit der Beteiligung hatte. § 6 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes ist nicht anzuwenden.

(6) (weggefallen)

Für die Planergänzung und das ergänzende Verfahren im Sinne des § 75 Abs. 1a Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und für die Planänderung vor Fertigstellung des Vorhabens gilt § 76 des Verwaltungsverfahrensgesetzes mit der Maßgabe, dass im Falle des § 76 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes von einer Erörterung im Sinne des § 73 Abs. 6 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des § 18 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung abgesehen werden kann. Im Übrigen gelten für das neue Verfahren die Vorschriften dieses Gesetzes.

(1) Soll vor Fertigstellung des Vorhabens der festgestellte Plan geändert werden, bedarf es eines neuen Planfeststellungsverfahrens.

(2) Bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung kann die Planfeststellungsbehörde von einem neuen Planfeststellungsverfahren absehen, wenn die Belange anderer nicht berührt werden oder wenn die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben.

(3) Führt die Planfeststellungsbehörde in den Fällen des Absatzes 2 oder in anderen Fällen einer Planänderung von unwesentlicher Bedeutung ein Planfeststellungsverfahren durch, so bedarf es keines Anhörungsverfahrens und keiner öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 58/11 Verkündet am:
24. Januar 2013
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr Büscher, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 17. März 2011 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 9. April 2009 abgeändert: Die Klage aus dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin und aus Wettbewerbsrecht wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien sind rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Unternehmen, die seit mehreren Jahrzehnten unter der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg KG" den Einzelhandel mit Bekleidung betreiben. Die Klägerin mit Sitz in Hamburg ist mit ihren Filialen im norddeutschen Raum tätig. Die Beklagte , die ihren Sitz in Düsseldorf hat, betreibt Kaufhäuser im Westen, Süden und der Mitte Deutschlands. Zwischen den Parteien besteht eine Abrede, nach der das Bundesgebiet in zwei Wirtschaftsräume aufgeteilt ist - die Wirtschaftsräume Nord und Süd - und eine Partei am Standort der anderen Partei keine Bekleidungshäuser eröffnet.
2
Die Beklagte ließ am 31. Dezember 2006 bundesweit eine ganzseitige Anzeige in der Zeitung "Welt am Sonntag" veröffentlichen. Die Werbung war überschrieben mit: DIE STIFTUNG WARENTEST BESTÄTIGT: ES GIBT NICHTS BESSERES ALS EIN HEMD VON PEEK & CLOPPENBURG*.
3
Im unteren Teil der Anzeige fand sich die Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" und die Ortsangabe "Düsseldorf". Das in der Überschrift an der Bezeichnung "Peek & Cloppenburg" angebrachte Sternchen wurde wie folgt aufgelöst: *Es gibt zwei unabhängige Unternehmen Peek & Cloppenburg mit ihren Hauptsitzen in Düsseldorf und Hamburg. Dies ist ausschließlich eine Werbung der Peek & Cloppenburg KG Düsseldorf mit den folgenden Standorten (es folgt die Angabe einer Reihe von Städten).
4
Die Werbung ist verkleinert folgendermaßen gestaltet:
5
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe durch die auch im norddeutschen Raum erschienene Anzeige die zwischen den Parteien im Hinblick auf ihre Unternehmensbezeichnungen bestehende Gleichgewichtslage gestört.
Die Klägerin hat die Werbung der Beklagten auch als irreführend beanstandet und geltend gemacht, die Beklagte habe mit der Anzeige gegen die vertraglich vereinbarte Aufteilung der Wirtschaftsräume verstoßen.
6
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, in Printmedien Anzeigen erscheinen zu lassen, wenn diese mit "Peek & Cloppenburg" in der Form "Es gibt nichts Besseres als ein Hemd von Peek & Cloppenburg" wie aus der vorstehenden Werbung ersichtlich gekennzeichnet sind und in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern , im Wirtschaftsraum Nordhessen, gekennzeichnet durch die Städte Kassel und Göttingen, im Wirtschaftsraum Ost-Westfalen, gekennzeichnet durch die Städte Münster, Bielefeld und Paderborn, im Wirtschaftsraum Ost-Sachsen, gekennzeichnet durch die Städte Dresden und Chemnitz, sowie im Wirtschaftsraum des nördlichen Sachsen-Anhalt, gekennzeichnet durch die Stadt Magdeburg , vertrieben werden.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
8
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
10
Die Beklagte habe in der beanstandeten Anzeige ihr Unternehmenskennzeichen nach den Grundsätzen des Rechts der Gleichnamigen unbefugt benutzt. Durch die Werbung im norddeutschen Raum habe sie die Verwechslungsgefahr zwischen den gleichlautenden Unternehmenskennzeichen der Parteien erheblich gesteigert und die kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage gestört. Ein Interesse an der bundesweiten Präsentation ihres Unternehmens auch in Form der Werbung in einer überregionalen Zeitung könne der Beklagten zwar nicht versagt werden. Jedoch habe sie nicht alles Erforderliche und Zumutbare getan, um der Erhöhung der Verwechslungsgefahr entgegenzuwirken. Der Hinweis auf die verschiedenen Unternehmen mit der identischen Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" sei nach der gesamten Gestaltung der Anzeige nicht ausreichend, um einer fehlerhaften Zuordnung der Werbung im norddeutschen Raum zur Klägerin effektiv entgegenzuwirken.
11
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
12
1. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Dem Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt genug zu bezeichnen , ist die Klägerin in der Revisionsinstanz dadurch nachgekommen, dass sie angegeben hat, in welcher Reihenfolge sie ihre Ansprüche auf die verschiedenen , im vorliegenden Rechtsstreit verfolgten Streitgegenstände (prozessualen Ansprüche) stützt.
13
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - I ZR 195/06, BGHZ 180, 77 Rn. 18 - UHU; Urteil vom 19. April 2012 - I ZR 86/10, GRUR 2012, 1145 Rn. 17 = WRP 2012, 1392 - Pelikan). Der Klagegrund umfasst alle Tatsachen, die bei einer natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Klageantrag zur Entschei- dung gestellten Tatsachenkomplex gehören (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2003 - VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 51; Urteil vom 26. April 2012 - VII ZR 25/11, NJW-RR 2012, 849 Rn. 15). Bei einem einheitlichen Klagebegehren liegen allerdings verschiedene Streitgegenstände vor, wenn die materiell -rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1993 - III ZR 59/92, NJW 1993, 2173; Beschluss vom 16. September 2008 - IX ZR 172/07, NJW 2008, 3570 Rn. 9; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., Einleitung Rn. 70). Das ist etwa der Fall, wenn der Kläger sein Klagebegehren auf ein Schutzrecht und auf ein wettbewerbswidriges Verhalten des Beklagten stützt oder seinen Anspruch aus mehreren Schutzrechten herleitet (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 75/10, GRUR 2012, 621 Rn. 31 = WRP 2012, 716 - OSCAR; Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 137/10, GRUR 2012, 630 Rn. 14 = WRP 2012, 824 - CONVERSE II). Dann liegen auch bei einem einheitlichen Klagebegehren mehrere Streitgegenstände vor. Diese Maßstäbe gelten ebenfalls, wenn der Kläger Ansprüche aus unerlaubter Handlung - etwa wegen Verletzung eines Schutzrechts oder wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens - und aus Vertrag verfolgt. Auch dann ist maßgeblich, ob aufgrund der materiell-rechtlichen Regelung die zusammentreffenden Ansprüche erkennbar unterschiedlich ausgestaltet sind und deshalb mehrere Streitgegenstände vorliegen oder ob bei natürlicher Betrachtungsweise von einem Lebenssachverhalt auszugehen ist, auf den nur unterschiedliche Anspruchsnormen Anwendung finden. Von einem Lebenssachverhalt - und folglich einem Klagegrund - ist im Regelfall auszugehen, wenn der Kläger das beantragte Verbot sowohl auf einen gesetzlichen Unterlassungsanspruch als auch auf einen Anspruch aufgrund einer Unterlassungsvereinbarung stützt, die die Parteien nach einer vorausgegangenen Verletzungshandlung getroffen haben (zu einer derartigen Fallkonstellation BGH, Urteil vom 3. April 2003 - I ZR 222/00, GRUR 2003, 889 = WRP 2003, 1222 - Internet-Reservierungssystem ).
14
b) Im Streitfall liegen insoweit unterschiedliche Streitgegenstände vor, als die Klägerin aus ihrem Unternehmenskennzeichen und wegen eines Verstoßes gegen das Irreführungsverbot gegen die Beklagte vorgeht. Der von der Klägerin geltend gemachte vertragliche Anspruch bildet einen weiteren Streitgegenstand , weil die vertraglich vereinbarte Aufteilung des Bundesgebiets in zwei Wirtschaftsräume, in denen die jeweils andere Partei keine Bekleidungshäuser betreiben darf, etwaige Unterlassungsansprüche der Klägerin im Verhältnis zu den in Rede stehenden gesetzlichen Unterlassungsansprüchen erkennbar unterschiedlich ausgestaltet.
15
Die Klägerin hat klargestellt, dass sie ihren Anspruch in erster Linie auf ihre Rechte aus ihrem Unternehmenskennzeichen, in zweiter Linie auf einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot nach §§ 3, 5 UWG und zuletzt auf die Abgrenzungsvereinbarung stützt. Das folgt aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 2. Oktober 2012, in dem sie auf ihren Schriftsatz vom Vortag in dem Revisionsverfahren I ZR 61/11 Bezug genommen und die vorstehende Reihenfolge angegeben hat.
16
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe der Unterlassungsanspruch nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG wegen Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens zu, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
17
a) Das Berufungsgericht ist allerdings im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass beide Parteien an dem Zeichen "Peek & Cloppenburg KG", das sie seit mehreren Jahrzehnten im geschäftlichen Verkehr zur Bezeichnung ihrer Unternehmen verwenden, gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 1 MarkenG den Schutz eines Unternehmenskennzeichens erworben haben und dass zwischen ihnen wegen der seit Jahrzehnten unbeanstandet nebeneinander benutzten Unternehmenskennzeichen eine kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage besteht, auf die die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen anzuwenden sind (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 2010 - I ZR 174/07, GRUR 2010, 738 Rn. 16 und 20 = WRP 2010, 880 - Peek & Cloppenburg I).
18
b) Nach den Grundsätzen des Rechts der Gleichnamigen kann der Inhaber des prioritätsälteren dem Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts die Nutzung des Zeichens nicht allein unter Berufung auf seinen zeitlichen Vorrang untersagen und damit in dessen redlich erworbenen Besitzstand eingreifen ; vielmehr muss er die Nutzung des Zeichens durch den Inhaber des prioritätsjüngeren Kennzeichenrechts trotz bestehender Verwechslungsgefahr grundsätzlich dulden. Der Inhaber des Kennzeichenrechts muss es allerdings in aller Regel nur dann hinnehmen, dass der Inhaber des anderen Kennzeichenrechts die Verwechslungsgefahr erhöht und damit die Gleichgewichtslage stört, wenn dieser ein schutzwürdiges Interesse an der Benutzung hat und alles Erforderliche und Zumutbare tut, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011 - I ZR 41/08, GRUR 2011, 623 Rn. 37 = WRP 2011, 886 - Peek & Cloppenburg II; Urteil vom 7. Juli 2011 - I ZR 207/08, GRUR 2011, 835 Rn. 16 = WRP 2011, 1171 - Gartencenter Pötschke).
19
c) Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat zu Recht angenommen, dass vorliegend aufgrund der bundesweiten Werbung der Beklagten von einer Störung der kennzeichenrechtlichen Gleichgewichtslage auszugehen ist (dazu aa) und die Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der Verbreitung der streitgegenständlichen Werbung im gesamten Bundesgebiet hat (dazu bb). Dagegen hält die Annahme des Berufungsge- richts, die Beklagte habe nicht die erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken , der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (dazu cc).
20
aa) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte durch die beanstandete Werbung im norddeutschen Raum unter Verwendung ihres Unternehmenskennzeichens "Peek & Cloppenburg" die Verwechslungsgefahr zu Lasten der Klägerin erhöht und die bestehende kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage gestört hat.
21
Die Erhöhung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG kann sich aus einer Verringerung des Abstands der wirtschaftlichen Tätigkeitsbereiche der Parteien ergeben, etwa aus einer Ausdehnung des sachlichen oder räumlichen Tätigkeitsgebiets der einer Parteien zu Lasten der anderen (vgl. BGH, GRUR 2010, 738 Rn. 22 - Peek & Cloppenburg I). Im Streitfall liegt eine Ausdehnung der Werbemaßnahmen der Beklagten in den norddeutschen Raum vor, in dem nur die Klägerin Bekleidungshäuser betreibt. Dem allgemeinen Publikum ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bekannt, dass voneinander unabhängige Unternehmen mit der gleichlautenden Bezeichnung "Peek & Cloppenburg" existieren. Die Werbung der Beklagten in überregionalen, auch im norddeutschen Raum erscheinenden Zeitungen oder Zeitschriften begründet daher die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise diese Werbung fälschlicherweise der Klägerin zurechnen.
22
bb) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der fraglichen bundesweiten Werbung hat. Die Beklagte ist ein in mehreren Bundesländern tätiges Handelsunternehmen , bei dem das Interesse an Werbemaßnahmen in bundesweit vertriebenen Medien auf der Hand liegt. Dass eine Beschränkung der Werbung in derartigen Medien auf den Wirtschaftsraum, in dem die Beklagte tätig ist, mit vertretbarem Aufwand und ohne Einschränkungen der Wirkung der Werbung möglich ist, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dafür ist auch sonst nichts ersichtlich.
23
cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, dass die Beklagte das Erforderliche und Zumutbare unternommen hat, um einer Verwechslungsgefahr weitestgehend entgegenzuwirken.
24
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte müsse, um der zwangsläufigen Zuordnung der Werbung der Beklagten im norddeutschen Raum zum Unternehmen der Klägerin zu begegnen, auf die verschiedenen Unternehmen besonders auffällig, unvermissverständlich und unübersehbar hinweisen. Diesen Anforderungen werde das hinter dem Firmennamen angebrachte Sternchen und dessen Auflösung am unteren Rand der Anzeige nicht gerecht. Die Überschrift der Werbeanzeige werde der Verkehr gerade nicht auf die Firmenbezeichnung "Peek & Cloppenburg", sondern auf das Testergebnis der Stiftung Warentest oder das beschriebene Hemd selbst beziehen. Die Fehlzuordnung werde auch durch die unterhalb des Firmenlogos am unteren Seitenrand befindliche Angabe "Düsseldorf" nicht beseitigt. Ein deutlicherer Hinweis sei der Beklagten zumutbar.
25
(2) Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft zu strenge Maßstäbe an die erforderlichen und der Beklagten zumutbaren Maßnahmen angelegt, um einer Erhöhung der Verwechslungsgefahr durch die beanstandete bundesweite Werbung weitgehend entgegenzuwirken. Der aufklärende Hinweis muss nicht besonders auffällig sein. Er muss in seiner Bedeutung auch nicht der Werbebotschaft selbst entsprechen.

26
In der Rechtsprechung des Senats zum Recht der Gleichnamigen ist anerkannt , dass aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu bestimmen ist, was im Einzelfall erforderlich und zumutbar ist, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen oder auf ein hinnehmbares Maß zu verringern (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2008 - I ZR 134/05, GRUR 2008, 801 Rn. 25 = WRP 2008, 1189 - Hansen-Bau). Das wird häufig durch unterscheidungskräftige Zusätze zum Unternehmenskennzeichen geschehen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 1995 - I ZR 24/93, BGHZ 130, 134, 149 - Altenburger Spielkartenfabrik ). In geeigneten Fällen können als milderes Mittel aber auch aufklärende Hinweise genügen (vgl. BGH, Urteil vom 11. April 2002 - I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 - vossius.de). Dies kommt etwa dann in Betracht , wenn - wie im vorliegenden Fall - eine bereits bestehende kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage ohne Ausweitung des Tätigkeitsbereichs und Wirkungskreises durch Werbemaßnahmen in bestimmten Medien gestört wird. Der danach erforderliche Hinweis muss hinreichend deutlich machen, welchem Unternehmen die Werbung zuzuordnen ist. Dazu muss er leicht erkennbar, deutlich lesbar, inhaltlich zutreffend, seinem Sinn nach ohne weiteres erfassbar und geeignet sein, dem unzutreffenden Verkehrsverständnis in ausreichendem Maße zu begegnen (vgl. BGH, GRUR 2010, 738 Rn. 37 - Peek & Cloppenburg

I).


27
(3) Diesen Anforderungen genügt der von der Beklagten in der Werbung angebrachte aufklärende Text.
28
Dieser Text ist entgegen der Annahme des Berufungsgerichts leicht erkennbar, deutlich lesbar und in ausreichender Schriftgröße gestaltet. Der Sternchenhinweis in der Überschrift nimmt am Blickfang der Werbeanzeige teil. Das Sternchen ist in hinreichendem Maße geeignet, den Leser auf den aufklärenden Hinweis am Ende der Werbung hinzulenken. Der Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" im unteren Teil der Werbung ist der aufklärende Hinweis ebenfalls räumlich ausreichend zugeordnet.
29
Diesem Ergebnis steht nicht das von der Klägerin vorgelegte demoskopische Gutachten der Ipsos GmbH von Juli 2007 entgegen. Nach dessen Frage 6 haben lediglich 24,9% der Verkehrsteilnehmer, die an Mode interessiert sind, den aufklärenden Hinweis übersehen oder nicht der Anzeige zugerechnet. Das reicht für die Annahme nicht aus, der aufklärende Text sei nicht leicht erkennbar gestaltet. Auf die von der Beklagten gegen das demoskopische Gutachten vorgebrachten Einwände kommt es danach nicht an.
30
In dem aufklärenden Zusatz weist die Beklagte darauf hin, dass es zwei Unternehmen mit der Bezeichnung "Peek & Cloppenburg" gibt, die voneinander unabhängig sind, ihre jeweiligen Hauptsitze in Düsseldorf und Hamburg haben und welchem dieser Unternehmen die fragliche Werbung zuzuordnen ist. Der Hinweis ist zutreffend; sein Sinn ist ohne weiteres zu erfassen, er ist - auch bundesweit - inhaltlich geeignet, einer unrichtigen Zuordnung der Werbung zur Klägerin durch die angesprochenen Verkehrskreise entgegenzuwirken.
31
Anders als die Revisionserwiderung meint, ist für eine ausreichende Aufklärung keine gesonderte Angabe erforderlich, dass die Unternehmen den Einzelhandel mit Bekleidungsstücken betreiben. Das ist weiten Teilen des Verkehrs ohnehin bekannt. Nach der von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragung der Ipsos GmbH von März 2010 war Anfang des Jahres 2010 zwei Drittel der Befragten der Name "Peek & Cloppenburg" bekannt und 58,3% aller Befragten verknüpften den Namen mit Mode und Bekleidung. Ähnliche Ergebnisse folgen aus der Verkehrsbefragung der Ipsos GmbH aus Oktober 2006. Die Revisionserwiderung geht in anderem Zusammenhang selbst davon aus, dass das Zeichen "Peek & Cloppenburg" in dem Gebiet, in dem die Klägerin tätig ist, über einen überragenden Bekanntheitsgrad, einen guten Ruf und eine besondere Wertschätzung in der Öffentlichkeit verfügt. Die übrigen Verkehrskreise, denen das Unternehmen "Peek & Cloppenburg" im Zusammenhang mit Mode und Bekleidung nicht bekannt ist, werden ohne weiteres erkennen, dass es sich um Werbung für Bekleidung handelt.
32
Soweit die Revisionserwiderung Angaben dazu vermisst, dass die beiden Unternehmen unter einem identischen Logo in räumlich vollständig verschiedenen Gebieten im Verkehr auftreten und welches der Unternehmen in welchem Gebiet tätig ist, sind diese Angaben hinreichend genau im fraglichen Hinweis enthalten.
33
(4) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung geht die Interessenabwägung auch nicht aus anderen Gründen zu Lasten der Beklagten aus. Dabei ist mangels gegenteiliger Feststellungen im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass die Unternehmensbezeichnung "Peek & Cloppenburg" in Alleinstellung besonders einprägsam ist, seit mehr als hundert Jahren im norddeutschen Raum benutzt wird, dort über einen überragenden Bekanntheitsgrad, einen guten Ruf und eine besondere Wertschätzung verfügt und das Unternehmenskennzeichen der Klägerin durch die zahlreichen Werbekampagnen der Beklagten unter dem schlagwortartigen Zeichen "Peek & Cloppenburg" beeinträchtigt wird. Dies vermag die erforderliche Interessenabwägung aber deshalb nicht zugunsten der Klägerin entscheidend zu beeinflussen , weil diese Faktoren überwiegend bereits die zwischen den Parteien bestehende Gleichgewichtslage kennzeichnen und einer Beeinträchtigung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin durch die aufklärenden Angaben in der Werbung der Beklagten in ausreichendem Maße entgegengewirkt wird.
34
(5) Die Revisionserwiderung beruft sich auch ohne Erfolg auf die Grundrechte der Klägerin aus Art. 12 und 14 GG.
35
Zum Schutz der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG gehört zwar das Recht zur wirtschaftlichen Verwertung der beruflich erbrachten Leistung (BVerfGE 18, 1, 15). Die Berufsfreiheit entfaltet ihre Schutzwirkung aber nur gegenüber solchen Normen oder Akten, die sich entweder unmittelbar auf die Berufstätigkeit beziehen oder zumindest eine objektiv berufsregelnde Tendenz haben (BVerfGE 97, 228, 253 f.). Dagegen geht es im Streitfall um eine allenfalls mittelbar wirkende Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin durch die in Rede stehende Beschränkung der Ansprüche aus ihrem Unternehmenskennzeichen, die dem Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG nicht unterfällt.
36
Auch ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG liegt nicht vor. Zu dem durch die Eigentumsgarantie grundgesetzlich geschützten Bereich gehört zwar auch das Recht an einem Unternehmenskennzeichen. Dieses Recht steht der Klägerin allerdings nicht schrankenlos zu. Sein Schutzumfang wird erst durch die Bestimmungen des Markengesetzes konkretisiert. Dazu rechnen im Kollisionsfall auch die Vorschriften zum Schutz von Kennzeichenrechten Dritter und die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen (vgl. BGH, GRUR 2011, 623 Rn. 59 - Peek & Cloppenburg II).
37
3. Ist danach der aufklärende Hinweis ausreichend, um der Erhöhung der Verwechslungsgefahr durch die fragliche Werbung auch im norddeutschen Raum im erforderlichen Umfang zu begegnen, steht der Klägerin der begehrte Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG nicht zu.
38
III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich im Ergebnis auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
39
1. Die Klägerin hat ihren auf Unterlassung gerichteten Anspruch (§ 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG) auch - und zwar in zweiter Linie - auf eine irreführende Werbung der Beklagten im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG gestützt.
40
2. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung liegt jedoch nicht vor.
41
a) Nach § 5 Abs. 2 UWG, der Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umsetzt, ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft. Der Gebrauch einer geschäftlichen Bezeichnung in der Werbung kann danach unzulässig sein, wenn dadurch eine Verwechslungsgefahr mit dem Unternehmenskennzeichen eines Mitbewerbers hervorgerufen wird.
42
b) Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 UWG getroffen. Der Senat kann über diese Frage auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts und des Parteivortrags selbst entscheiden.
43
Im Streitfall ist aufgrund der vorstehenden Überlegungen davon auszugehen , dass die Gefahr einer Verwechslung zwischen den Unternehmenskennzeichen "Peek & Cloppenburg" der Parteien durch die aufklärenden Angaben bei dem ganz überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise ausgeschlossen wird. Soweit es in Einzelfällen gleichwohl zu Verwechslungen zwi- schen den Unternehmenskennzeichen der Parteien kommen kann, vermag dies einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 UWG nicht zu rechtfertigen.
44
In der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats ist anerkannt, dass ein Verbot dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen muss (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2012 - C-176/11, GRUR Int. 2012, 1032 Rn. 22 = WRP 2012, 1071 - HIT; Urteil vom 6. September 2012 - C-544/10, GRUR 2012, 1161 Rn. 56 = WRP 2012, 1368 - Deutsches Weintor/ Rheinland-Pfalz; BGH, Urteil vom 7. November 2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei). Danach müssen nur gering ins Gewicht fallende Fehlvorstellungen des Verkehrs im Hinblick auf die langjährige redliche Koexistenz der Unternehmenskennzeichen der Parteien und die aufklärenden Zusätze in der beanstandeten Werbung der Beklagten hingenommen werden (vgl. auch EuGH, Urteil vom 22. September 2011 - C-482/09, GRUR 2012, 519 Rn. 79 bis 84 = WRP 2012, 1559 - Budvar/ Anheuser Busch). Insoweit sind die Wertungen zum Recht der Gleichnamigen im Kennzeichenrecht auch im Bereich des § 5 Abs. 2 UWG nachzuvollziehen (vgl. Bornkamm in FS Loschelder, 2010, S. 31, 37).
45
IV. Gleichwohl kann die Klage nicht insgesamt abgewiesen werden. Die Klägerin hat die Klage auch damit begründet, dass die Parteien vertraglich vereinbart haben, dass in der Werbung das Zeichen "Peek & Cloppenburg" von der jeweiligen Partei nur in dem jeweils eigenen Wirtschaftsraum benutzt werden darf. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt konsequent - hierzu keine Feststellungen getroffen. Insoweit ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
46
Bei seiner Prüfung, ob der Klägerin ein vertraglicher Anspruch aus der zwischen den Parteien abgeschlossenen Abgrenzungsvereinbarung zusteht, wird das Berufungsgericht auch die kartellrechtlichen Grenzen für die Wirksamkeit derartiger Vereinbarungen zu berücksichtigen haben (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Januar 1985 - Rs. 35/83, GRUR Int. 1985, 399 Rn. 33 - Toltecs/Dorcet II; BGH, Urteil vom 22. Mai 1975 - KZR 9/74, BGHZ 65, 147, 151 f. - Thermalquelle ; Beschluss vom 12. März 1991 - KVR 1/90, BGHZ 114, 40, 47 - Verbandszeichen ). Dabei gebührt im Zweifel derjenigen Auslegung der vertraglichen Vereinbarung der Vorzug, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 93/09, GRUR 2011, 946 Rn. 26 = WRP 2011, 1302 - KD).
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.04.2009 - 327 O 533/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 17.03.2011 - 3 U 69/09 -