Finanzgericht Hamburg Urteil, 11. Okt. 2017 - 4 K 9/16

bei uns veröffentlicht am11.10.2017

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen einen Haftungsbescheid für Einfuhrumsatzsteuern.

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Der Kläger war seit dem 14.01.2013 - neben den gesondert in Haftung genommenen A und B - Geschäftsführer der C Verwaltungs GmbH. Hierbei handelt es sich um die persönlich haftendende Gesellschafterin (Komplementär-GmbH) der zuletzt unter D GmbH und Co. KG (bis ...07.2013: E GmbH & Co. KG) firmierenden Gesellschaft (im Folgenden: Steuerschuldnerin), die im ... tätig war.

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Der Steuerschuldnerin wurde mit Bescheid vom 24.01.2000 bis zum Widerruf am 01.08.2013 die Bewilligung eines laufenden Zahlungsaufschubs für die Einfuhrumsatzsteuer in unbegrenzter Höhe ohne Sicherheitsleistung erteilt (BewilligungZA). Danach waren die während eines Kalendermonats von der Zollstelle buchmäßig erfassten und auf dem Aufschubkonto Nr. XX aufgeschobenen Abgabenbeträge spätestens am 16. Tag des Folgemonats zu entrichten. Die BewilligungZA enthält die folgenden als "Auflagen" bezeichneten Zusätze:
"14. Sie haben unverzüglich jede Änderung der in Ihrem Antrag angegebenen oder sonst für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse schriftlich anzuzeigen.
15. Es bleibt vorbehalten, Auflagen nachträglich aufzunehmen, zu ändern oder zu ergänzen."

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Unter "Hinweise" heißt es:
"18. Bei Nichteinhaltung von Bedingungen und Auflagen sowie bei Wegfall der allgemein für die Bewilligung des Zahlungsaufschubs erforderlichen Voraussetzungen, kann diese Bewilligung widerrufen werden.
19. Sonstiges:
Hinweis: Die Bewilligung wurde vorbehaltlich der Ergebnisse der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit und steuerlichen Zuverlässigkeit erteilt. Evtl. negative Erkenntnisse können zum Widerruf der Bewilligung führen."

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Zum Ausgleich des eingerichteten Aufschubkontos erteilte die Steuerschuldnerin einen Abbuchungsauftrag für Lastschriften bzw. ein SEPA-Firmenlastschriftmandat für ihr Konto Nr. YY bei der F Bank.

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Seit dem 21.08.2009 finanzierte sich die Steuerschuldnerin auch über das Factoring ihrer Kundenforderungen. Nachdem die Steuerschuldnerin ab 2010 erhebliche Verluste erwirtschaftet hatte, wurde das Verhältnis zwischen ihr und dem Bankenpool, über den sie sich finanzierte, mit dem Sicherheiten-Poolvertrag vom ... 2012 neu geregelt. Hierin trat sie ihre Forderungen aus Lieferungen und Leistungen - soweit sie nicht an den Factor verkauft werden - zur Sicherheit an den Bankenpool ab. Außerdem übereignete sie zur Sicherheit ihr Warenlager mit wechselndem Bestand und verpfändete - neben Geschäftsanteilen und Markenrechten - mehrere Konten, darunter das bei der F Bank geführte Konto, über das das Aufschubkonto Nr. XX ausgeglichen wurde.

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Nachdem die im Januar 2013 bei der Steuerschuldnerin bestehende bzw. zu erwartende Liquiditätslücke nur i. H. v. € ... aus Mitteln der Gesellschafterin und der Gesellschafter gedeckt werden konnte, begab sie sich auf die Suche nach einem Investor, an den bis zu 75,1 % der Kommanditanteile veräußert werden sollten. Mit Lieferanten führte die Geschäftsleitung der Steuerschuldnerin im Wesentlichen erfolgreiche Stundungsverhandlungen (Insolvenzgutachten vom 03.12.2013, S. 17). Ein potentieller Unternehmenskäufer unterzeichnete am ... 2013 einen "Letter of Intent" (LOI; Anlage K 3), in dem er seine Absicht bekundete, bis spätestens zum 26.07.2013 € ... in die Steuerschuldnerin zu investieren. Das mit den Banken ausverhandelte Erwerberkonzept sah einen Verzicht auf ca. 75 % der Kreditverbindlichkeiten, die sich auf ca. € ... beliefen, vor (Insolvenzgutachten vom 03.12.2013, S. 17).

8

In der Zeit vom 19.-26.07.2013 ließ die Steuerschuldnerin zehn Warensendungen über die Zollämter G und H unter Inanspruchnahme ihrer BewilligungZA zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigen. Hierzu ergingen die folgenden Einfuhrabgabenbescheide über Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt € ...

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Einfuhrabgabenbescheid

Datum 

EUSt/€

AT/C/40/...-1

 19.07.2013

      ...

AT/C/40/...-2

22.07.2013

      ...

AT/C/40/...-3

 22.07.2013

      ...

AT/C/40/...-4

22.07.2013

      ...

AT/C/40/...-5

 24.07.2013

      ...

AT/C/40/...-6

 26.07.2013

      ...

AT/C/40/...-7

 26.07.2013

      ...

AT/C/40/...-8

 26.07.2013

      ...

AT/C/40/...-9

 26.07.2013

      ...

AT/C/40/...-10

 26.07.2013

      ...

10

Am 22.07.2013 sagte der Investor die geplante Unterzeichnung des ausverhandelten Unternehmenskaufvertrags ab. Nachverhandlungen scheiterten am Abend des 24.07.2013 endgültig, worüber die Geschäftsführer der Steuerschuldnerin gegen 23:00 Uhr dieses Tages informiert wurden. Nachdem auch die finanzierenden Banken am 24.07.2013 vom Scheitern der Verhandlungen Kenntnis erhalten hatten, kündigten sie mit Schreiben vom 25. bzw. 26.07.2013 sämtliche laufenden Kredite der Steuerschuldnerin im Umfang von rund € ... und stellten sie zur sofortigen Zahlung fällig. Da die Steuerschuldnerin damit nicht mehr in der Lage war, fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, stellte sie am 25.07.2013 einen Insolvenzantrag. Am 26.07.2013 ordnete das Amtsgericht ... die vorläufige Insolvenzverwaltung der Steuerschuldnerin und der Komplementär-GmbH an, bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen nur noch mit dessen Zustimmung erfolgen dürften.

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Vor diesem Hintergrund wurde das mit der Einfuhrumsatzsteuer aus den oben genannten Einfuhren belastete Aufschubkonto bei Fälligkeit am 16.08.2013 nicht ausgeglichen. Der Beklagte konnte sich lediglich durch Inanspruchnahme einer Bürgschaft i. H. v. € ... befriedigen.

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Zu dem angekündigten Erlass eines Haftungsbescheides nahm der Kläger mit Schreiben vom 12.11.2014 Stellung. Er wies insbesondere darauf hin, dass es keine schriftliche Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern gegeben habe und die Kaufverträge bezüglich der hier in Rede stehenden Einfuhren bereits im April und Mai 2013 geschlossen worden seien.

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Mit Haftungsbescheid vom 13.02.2015 nahm der Beklagte den Kläger gemäß § 191 Abs. 1 i. V. m. § 69 AO gesamtschuldnerisch mit den beiden anderen Geschäftsführern auf Zahlung der nach Abzug der Bürgschaft verbleibenden Einfuhrumsatzsteuer der Steuerschuldnerin i. H. v. € ... in Anspruch. Die Voraussetzungen für seine Inhaftungnahme nach §§ 69, 34 AO lägen vor, weil er zumindest grob fahrlässig steuerliche Pflichten verletzt habe und deshalb Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht erfüllt worden seien. Er habe als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den verwalteten Mitteln entrichtet würden (Zahlungspflichten, § 224 AO), sowie steuerliche Anzeige-, Erklärungs-, Anmeldungs-, Auskunfts-, Mitwirkungs-, Nachweis-, Berichtigungs-, Buchführungs- und Auszeichnungspflichten einzuhalten. Hierzu gehöre die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die zum Ausgleich der Steuerschulden erforderlichen Handlungen vorgenommen würden und die Steuerschulden tatsächlich getilgt werden könnten. Ein Geschäftsführer könne diese Pflichten bereits verletzen, wenn er zulasse, dass sich die vertretene Gesellschaft durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger oder in sonstiger Weise vorsätzlich oder fahrlässig außerstande setze, eine bereits entstandene, aber erst künftig fällig werdende Steuerforderung im Zeitpunkt der Fälligkeit zu tilgen (Verletzung der Mittelvorsorgepflicht).

14

Der Steuerschuldnerin seien Waren unbesichert anvertraut worden. Als Gegenleistung übernehme sie die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der gewährten Vergünstigung. Der Haftungsschuldner müsse herangezogen werden, weil die zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung erfahrungsgemäß nicht vollständig aus der Insolvenzmasse befriedigt werden könne. Eine unverzügliche Mitteilung über Änderungen der für die BewilligungZA maßgebenden Verhältnisse gem. Nr. 14 der BewilligungZA hätte erfolgen müssen, sobald der Beklagte unter den objektiv gegebenen Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht oder nicht so hätte erlassen dürfen. Der wirtschaftliche Niedergang der Steuerschuldnerin habe sich abgezeichnet. Nach dem Insolvenzgutachten habe sie in den Geschäftsjahren 2010 bis 2012 Verluste von insgesamt € ... erwirtschaftet. Ab Januar 2013 sei die finanzielle Situation äußerst prekär gewesen, so dass ein Investor gesucht worden sei. Seit Juni 2013 habe die Steuerschuldnerin die Nettokaltmiete in Höhe von rund € ... für ihren Geschäftssitz nicht mehr bezahlt. Spätestens mit Fälligkeit dieser Forderung seien Anzeichen für ein massives Zahlungsproblem und eine Gefährdung des Steueranspruchs vorhanden gewesen und hätten eine Anzeigepflicht gegenüber dem Beklagten ausgelöst. Durch dessen Missachtung habe der Beklagte vor dem Insolvenzantrag keine Maßnahmen zur Sicherung der fällig werdenden Forderungen treffen können. Dass dies grob fahrlässig geschehen sei, bedürfe angesichts der Einbindung und Unterrichtung der Kreditgeber keiner weiteren Erörterungen. Es sei nicht einzusehen, warum der Fiskus bewusst schlechter gestellt werde als private Gläubiger. Durch das Unterlassen der Mitteilung über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Steuerschuldnerin habe der Kläger es vereitelt, dass der Beklagte sich durch Zugriff auf die Ware befriedigen könne. Daher komme auch eine Haftungsbeschränkung nicht in Betracht. Da ein Steuerausfall bei entsprechender Mitteilung der Steuerschuldnerin nicht eingetreten wäre, bestehe auch ein adäquat kausaler Zusammenhang. Ob der Kläger die Anzeigepflicht gekannt habe, könne dahinstehen. Im Übrigen indiziere die Pflichtwidrigkeit im Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit.

15

Darüber hinaus bestehe eine Pflichtwidrigkeit darin, dass sich die Steuerschuldnerin schon vor den hier in Rede stehenden Einfuhren schuldhaft außerstande gesetzt habe, die vorhersehbare Steuerschuld zu tilgen. Dies sei durch die Globalzession aller Forderungen an den Bankenpool geschehen, weil der Zessionar bei Einziehung der abgetretenen Forderungen nicht verpflichtet sei, die Einfuhrabgaben abzuführen. Die Globalzession stelle dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Kläger damit hätte rechnen müssen, dass durch die Zession die liquiden Mittel zur Begleichung anderer Schulden geschmälert würden. Die Sicherungsübereignung des Warenlagers stelle zudem eine Gläubigerbenachteiligung dar, weil die Schuldenmasse vermehrt und dadurch der Zugriff auf das Vermögen der Steuerschuldnerin vereitelt werde. Die zwangsweise Befriedigung der Steuerschulden hätte sich ohne die Sicherungsübereignung günstiger gestaltet. Zwar seien Sicherungsübereignungen und Globalzessionen im Geschäftsverkehr üblich. Dadurch, dass die Steuerschuldnerin dies dem Beklagten nicht offengelegt habe, sei er über eine maßgebliche Verschlechterung seiner Rechtsposition getäuscht worden. Unerheblich sei, ob der Beklagte im Falle einer Begleichung der Einfuhrabgaben insolvenzrechtlich verpflichtet gewesen wäre, diese zurückzuzahlen. Die Inanspruchnahme sei auch nicht ermessensfehlerhaft, weil die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer hätte abgezogen werden können. Die Erhebung dieser Steuer auf jeder Wirtschaftsstufe sichere den tatsächlichen Eingang der Steuern und ein gleichmäßiges Steueraufkommen. Es sei auch erforderlich, alle Haftungsschuldner gesamtschuldnerisch in Anspruch zu nehmen, um die Chancen zu erhöhen, den Steueranspruch realisieren zu können. Ein Haftungsausgleich habe im Innenverhältnis zu erfolgen. Der Beklagte habe nicht übersehen, dass J Einzelprokura für die Steuerschuldnerin erteilt worden sei. Ob auch er in Haftung genommen werden könne, müsse noch abschließend geklärt werden.

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Mit Schreiben vom 17.03.2015 legte der Kläger Einspruch gegen den Haftungsbescheid ein, den er wie folgt begründete: Er habe keine Pflicht verletzt, insbesondere nicht gegen die in der BewilligungZA enthaltenen Nebenbestimmungen verstoßen. Die für die Erteilung der Bewilligung maßgebenden Verhältnisse hätten sich nämlich bis zum überraschenden Rückzug des Investors nicht geändert. Der Bewilligung sei nicht zu entnehmen, welche Verhältnisse genau gemeint seien. In der Liquiditätsplanung der Steuerschuldnerin für Juli 2013 seien alle Steuerverbindlichkeiten tagesaktuell berücksichtigt worden. Wäre der Investor nicht unvorhergesehen abgesprungen, hätten die Steuerforderungen erfüllt werden können. Die in den Jahren 2010 bis 2012 erzielten Verluste hätten nicht zu Zahlungsschwierigkeiten, Zahlungsstockungen, einer Tendenz zum Vermögensverfall, einer Überschuldung oder drohender Zahlungsunfähigkeit geführt. Der Insolvenzantrag sei erst erforderlich geworden, nachdem die Banken die Darlehen gekündigt hätten. Zahlungsschwierigkeiten habe es nie gegeben, weil die Gesellschafter der Steuerschuldnerin diese durch weitere Einlagen vermieden hätten. Das Insolvenzgutachten habe keine Verletzung der Insolvenzantragspflicht festgestellt. Wenn eine solche Pflichtverletzung ein Indiz für eine Inanspruchnahme nach § 69 AO sei, liege im Umkehrschluss eine Haftung fern, wenn die Geschäftsführer die Insolvenzantragspflicht nicht verletzt hätten. Der vom Beklagten genannte Liquiditätsbedarf in Höhe von € ... habe zwar nur zum Teil (in Höhe von € ...) aus Mitteln des Hauptgesellschafters der Steuerschuldnerin gedeckt werden können. Allerdings sei der Investor bereit gewesen, eine Einlage von € ... zu leisten und weitere Liquidität zur Verfügung zu stellen. Der Hauptgesellschafter habe außerdem die monatlichen Mietzinsen für das Mietobjekt der Steuerschuldnerin in Höhe von rund € ... nicht ernsthaft eingefordert. Selbst wenn der Kläger gegen die Auflagen zur BewilligungZA verstoßen hätte, würde es sich dabei nicht um einen Pflichtverstoß im Sinne von § 69 AO, sondern lediglich um eine Nebenpflichtverletzung handeln. Er habe auch nicht grob fahrlässig im Sinne von § 69 AO gehandelt. Im Übrigen könne der Beklagte nur den Quotenschaden geltend machen. Dies folge aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger. Es gebe keine Norm, die vorschreibe, dass der Fiskus bei Insolvenz des Steuerschuldners vorab zu befriedigen sei.

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Nachdem das erkennende Gericht mit Beschluss vom 07.08.2015 (4 V 80/15) den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids abgelehnt hatte, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 02.12.2015 den Einspruch als unbegründet zurück. Der Kläger sei zu recht in Haftung genommen worden. Nr. 14 der BewilligungZA sei eine bestandskräftige Auflage, aus der sich eine eigenständige Verpflichtung ergebe. Diese Auflage sei auch ausreichend bestimmt. Es hätte dem Kläger klar sein müssen, dass die schon seit längerer Zeit bestehende wirtschaftliche Schieflage der Steuerschuldnerin nach Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrags hätte angezeigt werden müssen, zumal aufgrund der darin vereinbarten Globalzession der Beklagte hinsichtlich der Einfuhrabgaben gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt worden sei. Die Anzeigepflicht ergebe sich auch aus § 153 Abs. 2 AO. Eine Steuervergünstigung in diesem Sinne sei auch der Zahlungsaufschub.

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Mit der am 07.01.2016 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er habe keine Informationspflicht verletzt. Aus der Auflage Nr. 14 zur BewilligungZA ergebe sich keine Pflicht der Steuerschuldnerin, sämtliche für eine Kreditentscheidung grundsätzlich maßgeblichen Faktoren mitzuteilen. Das Formular zur Bewilligung des laufenden Zahlungsaufschubs sehe keine Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen oder den freien Sicherheiten vor. Auch das Merkblatt "laufender Zahlungsaufschub" enthalte keinen Hinweis darauf. Dadurch, dass der Beklagte den Zahlungsaufschub nicht gegen Gewährung von Sicherheiten bewilligt habe, habe er deutlich gemacht, dass die Dritten gewährten Sicherheiten für die Bewilligung des Zahlungsaufschubs gerade nicht maßgeblich sein sollten. Grundlage für die Bewilligung des Zahlungsaufschubs sei gemäß der Auflage Nr. 19 zur BewilligungZA die Vertrauenswürdigkeit und die steuerliche Zuverlässigkeit der Steuerschuldnerin. Sie habe bis zur Kündigung der Kredite stets ihre Steuerschulden beglichen. Der hilfsweise erstellte Liquiditätsplan habe den Ausgleich der am 16.08.2013 fälligen Einfuhrumsatzsteuer ausdrücklich vorgesehen. Mit der Kündigung der Kredite nach dem Rückzug des Investors habe der Kläger nicht rechnen müssen. Auch sei die Auflage Nr. 14 zur BewilligungZA wegen fehlender Bestimmtheit nichtig. Aus der Auflage sei nicht erkennbar, wann eine meldepflichtige Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage vorliege. Der Beklagte hätte eine Berichterstattungspflicht der Steuerschuldnerin in die BewilligungZA aufnehmen können, was er jedoch nicht getan habe.

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Es habe keine Pflicht bestanden, den Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrages mitzuteilen. Die GmbH habe nämlich frei über ihre Forderungen verfügen können. Der Geschäftsführer einer GmbH, die ein Zolllager unterhalte, sei nach der Entscheidung des BFH BStBl. 1989, 419, nicht verpflichtet, von den Erlösen aus dem Weiterverkauf jeweils den Steueranteil abzuzweigen. Im Übrigen sei es bei Handelsunternehmen wie der Steuerschuldnerin üblich, das Warenlager zur Sicherung zu übereignen und Forderungen abzutreten. Ohne weitere Prüfung habe der Beklagte daher vom Normalfall ausgehen müssen. Selbst wenn eine Informationspflicht bestanden hätte, hätte sich die Situation der Steuerschuldnerin in den Jahren 2010-2012 nicht derart verschlechtert, dass es zu Zahlungsschwierigkeiten gekommen sei. Bis zuletzt hätten auch keine anderen Insolvenzgründe vorgelegen. Die von allen Seiten erwartete Zusage des Investors habe bei der Prüfung der Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2 InsO und der Liquiditätsprüfung gemäß § 18 InsO berücksichtigt werden dürfen.

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Der Kläger habe auch nicht die Mittelvorsorgepflicht verletzt. Mit dem Rückzug des Investors habe er nicht rechnen können. Bevor der Insolvenzantrag am 25.07.2013 gestellt worden sei, habe er keine Veranlassung gehabt, die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer zu veranlassen. Danach habe ihm die Verfügungsmacht gefehlt. Selbst ein unverzüglicher Verzicht des Klägers auf die Inanspruchnahme des Zahlungsaufschubs hätte das Entstehen der streitgegenständlichen Einfuhrumsatzsteuer nicht verhindern können. Am 25.07.2013 seien bereits € ... Einfuhrumsatzsteuer entstanden. Die weiteren vom Beklagten geltend gemachten ... € Einfuhrumsatzsteuer beruhten auf Einfuhren am 26.07.2013 zwischen 8:03 Uhr und 9:18 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte selbst ein vom Kläger unverzüglich ausgesprochener Verzicht nicht umgesetzt und damit die Einfuhr der Ware nicht verhindert werden können. Ein Verstoß gegen die Mittelvorsorgepflicht komme auch deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger erst am 14.01.2013 und damit nach der Aktualisierung im Juni 2012 des bereits im März 2008 geschlossenen Sicherheiten-Poolvertrags zum Geschäftsführer der Komplementärin der Steuerschuldnerin bestellt worden sei. Der Kläger habe nicht - wie es § 69 AO verlange - grob fahrlässig gehandelt. Nach herrschender Dogmatik verletze der Geschäftsführer seine steuerrechtlichen Pflichten dann schuldhaft, wenn er Steuerschulden schlechter behandele als andere Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Bis zum Rückzug des Investors sei der Fiskus nicht schlechter gestellt worden als andere Gläubiger.

21

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei es dem Kläger rechtlich unmöglich gewesen, die im August 2013 fällig werdende Umsatzsteuer zu zahlen, weil Verfügungen über das Vermögen der Steuerschuldnerin nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters möglich gewesen seien. Eine vermeintliche Pflichtverletzung sei für den Schaden nicht adäquat kausal gewesen. Es könne nicht unterstellt werden, dass der Beklagte die BewilligungZA bei Kenntnis des Sicherheiten-Poolvertrages oder der aktuellen wirtschaftlichen Situation sofort widerrufen hätte. Außerdem habe der Beklagte aufgrund der ihm vorliegenden Jahresabschlüsse seit Ende 2012 Kenntnis von der vermeintlich schlechten wirtschaftlichen Situation der Steuerschuldnerin gehabt. Im Übrigen könne der Schaden nur als Quotenschaden geltend gemacht werden.

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Der Kläger beantragt,
den Haftungsbescheid vom 13.02.2015 (HB ...) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2015 (RL ...) aufzuheben.

23

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

24

Er verweist auf den Haftungsbescheid und trägt ergänzend vor: Bei Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrags hätte dem Kläger klar sein müssen, dass er dadurch nicht von seiner Verpflichtung entbunden werde, für die Begleichung zukünftiger Steuerschulden Sorge zu tragen. Neben der in der BewilligungZA enthaltenen Auflage bestehe nach § 153 Abs. 2 AO eine Anzeigepflicht. Es habe eine Zahlungsgefährdung vorgelegen. Die Auflage Nr. 14 zur BewilligungZA sei nicht nichtig. Der Kläger habe erkennen können, wann und in welchem Umfang er den Beklagten habe unterrichten müssen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Steuerschuldnerin vor Fälligkeit der Forderung einen Insolvenzantrag gestellt habe, und der Zeitpunkt der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer in die dreimonatige Anfechtungsfrist gemäß § 130 InsO gefallen sei. Die hypothetische Anfechtungsmöglichkeit von Steuerzahlungen sei kein Entschuldigungsgrund.

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Als der Kläger am 14.01.2013 Geschäftsführer geworden sei, habe er sich Kenntnis über die steuerlichen Pflichten der Steuerschuldnerin verschaffen und für ihre Erfüllung sorgen müssen. Dies gelte insbesondere, weil sich die Gesellschaft in einer wirtschaftlichen Krise befunden habe. Im Übrigen sei die Mittelvorsorgepflicht für die in Rede stehenden Forderungen nach seiner Bestellung zum Geschäftsführer entstanden.

26

Aus dem Kündigungsschreiben der Poolführerin ergebe sich, dass die angekündigte Insolvenzantragstellung der Steuerschuldnerin Anlass für die Kündigung der Kredite gewesen sei.

27

Der Beklagte sei auch, nachdem er bei der Gefährdungskontrolle anhand einer Kurzauswertung der Jahresabschlüsse 2010 und 2011 festgestellt habe, dass eine Gefährdung der Abgaben möglich sei, nicht verpflichtet gewesen, eine vollständige Sicherheit für die Einfuhrumsatzsteuer zu verlangen.

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Bei der Entscheidung haben die Einspruchsakte (RL ...) sowie vier Nebenakten (Ordner 1, 1a, 2, 3) vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

I.

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Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

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Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Haftungsbescheids ist § 191 Abs. 1 S. 1 AO. Danach kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner). Nach § 69 S. 1 AO haften u. a. die in § 34 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 AO haben u. a. die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Nach § 34 Abs. 1 S. 2 AO haben sie insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den verwalteten Mitteln entrichtet werden.

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Die Voraussetzungen der §§ 191 Abs. 1 S. 1, 69 S. 1, 34 Abs. 1 S. 1 AO liegen vor. Die Steuerverbindlichkeit, für die der Kläger in Anspruch genommen wird, besteht (dazu 1.1). Der Kläger war im maßgeblichen Zeitraum eine in § 34 Abs. 1 S. 1 AO genannte Person (dazu 1.2). Er hat Pflichten im Sinne des § 69 AO schuldhaft verletzt und diese Pflichtverletzungen waren kausal für die Nichterfüllung der Steuerschuld der Steuerschuldnerin (dazu 1.3). Die Höhe der Inhaftungnahme ist nicht zu beanstanden (dazu 1.4). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (dazu 1.5). Im Einzelnen:

33

1.1 Die mit den oben genannten zehn Einfuhrabgabenbescheiden festgesetzte Einfuhrumsatzsteuerschuld der Steuerschuldnerin i. H. v. € ... ist gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a), Abs. 2, Abs. 3 UAbs. 1 S. 1 ZK, § 21 Abs. 2 UStG entstanden.

34

1.2 Der Kläger war ab dem 14.01.2013 und damit während der Entstehung und der Fälligkeit der hier in Rede stehenden Einfuhrumsatzsteuerschuld Geschäftsführer einer nicht rechtsfähigen Personenvereinigung im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 AO. Als Kommanditgesellschaft ist die Steuerschuldnerin eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung im Sinne dieser Vorschrift (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, 122. EL, Januar 2010, § 34 AO Rn. 10). Zwar war unmittelbarer Geschäftsführer der Steuerschuldnerin die Komplementär-GmbH (§§ 114, 161 Abs. 2 HGB). Als (Mit-)Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war der Kläger jedoch ihr gesetzlicher Vertreter (§§ 6, 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG) und damit mittelbarer Geschäftsführer der Steuerschuldnerin (siehe auch FG Hamburg, Urt. v. 25.10.1993, I 8/89, juris Rn. 14).

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1.3 Der Kläger hat steuerliche Pflichten der Steuerschuldnerin im Sinne von § 69 S. 1 AO, die er als ihr Vertreter zu erfüllen hatte (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, 138. EL, Nov. 2014, § 34 AO Rn. 19 und § 69 AO Rn. 12), im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des der Steuerschuldnerin bewilligten laufenden sicherheitslosen Zahlungsaufschubs (Art. 224 ff. ZK, § 21 Abs. 3 UStG) im maßgeblichen Zeitraum zumindest grob fahrlässig nicht erfüllt. Hierdurch konnte die entstandene Einfuhrumsatzsteuer nicht geltend gemacht werden. Im Einzelnen hat der Kläger gegen die Mitteilungspflicht aus der Auflage Nr. 14 zur BewilligungZA (dazu 1.3.1) und gegen die Mittelvorsorgepflicht (dazu 1.3.2) verstoßen.

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1.3.1 Der Kläger hat die sich aus der Auflage Nr. 14 der BewilligungZA ergebende steuerliche Pflicht (dazu 1.3.1.1) der Steuerschuldnerin verletzt, unverzüglich jede Änderung der im Antrag angegebenen oder sonst für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse schriftlich anzuzeigen (dazu 1.3.1.2). Die Pflichtverletzung war schuldhaft (dazu 1.3.1.3) und kausal für den Steuerausfall (dazu 1.3.1.4).

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1.3.1.1 Die in der Auflage Nr. 14 der BewilligungZA niedergelegte Informationspflicht ist eine verbindliche steuerliche Pflicht im Sinne von § 69 AO.

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Die BewilligungZA ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 118 S. 1 AO. Sie stellt eine einfuhrumsatzsteuerliche Vergünstigung in Form der "fiskalischen Kreditgewährung" (FG Bremen, Urt. v. 17.03.1992, II 135/86 K, juris Rn. 42 m. w. N.) dar. Grundsätzlich darf nämlich gemäß Art. 74 Abs. 1 S. 1 ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 Halbs. 1 UStG beim Entstehen einer Abgabenschuld die Ware, die Gegenstand der Anmeldung ist, dem Anmelder erst übergeben werden, wenn die Abgabe in der festgesetzten Frist entrichtet (Art. 222 Abs. 1 Buchst. a) UAbs. 1 ZK, § 21 Abs. 2 Halbs. 1 UStG) oder eine Sicherheit geleistet wurde. Diese Bedingungen werden bei der Bewilligung eines Zahlungsaufschubs dahingehend modifiziert, dass die Ware sofort übergeben wird und die während eines Kalendermonats von der Zollstelle buchmäßig erfassten und aufgeschobenen Abgabenbeträge erst spätestens am 16. Tag des Folgemonats zu entrichten sind (Nr. 5 der BewilligungZA i. V. m. Art. 227 Abs. 1 Buchst. b), Art. 226 Buchst. b) ZK). Ob und unter welchen Bedingungen eine solche Vergünstigung gewährt wird, steht gemäß 224 ff. ZK im Ermessen der Zollbehörden. Durch die BewilligungZA haben sie im Einzelfall verbindlich geregelt, unter welchen Bedingungen die Steuerschuldnerin vom Zahlungsaufschub Gebrauch machen darf.

39

Die Auflage Nr. 14 ist ein ebenfalls für die Steuerschuldnerin rechtsverbindlicher Teil der BewilligungZA. Es handelt sich um eine Auflage im Sinne von § 120 Abs. 2 Nr. 4 AO. Danach darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen verbunden werden mit einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage). Eine solche Auflage ist nur bei einem begünstigenden Verwaltungsakt zulässig (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, 124. EL, Okt. 2015, § 120 AO Rn. 18). Die BewilligungZA ist - wie oben dargelegt - ein solcher Verwaltungsakt. Mit der Auflage soll die Steuerschuldnerin dazu angehalten werden, die Änderung von Umständen, die für die Erteilung der Begünstigung wichtig sind, mitzuteilen. Dass es sich hierbei nicht nur um eine unverbindliche Anregung der Zollbehörden handelt, ergibt sich aus ihrem Regelungskontext. Durch den Zahlungsaufschub wird das Insolvenzrisiko des Zollanmelders für den Aufschubzeitraum auf die Zollbehörde übertragen. Die Vertrauenswürdigkeit und steuerliche Zuverlässigkeit stellen Erteilungsvoraussetzungen dar (Nr. 19 der BewilligungZA). Es ist für den Fortbestand der Bewilligung daher von entscheidender Bedeutung, dass die tatsächlichen Umstände, die zur Bewilligung des Zahlungsaufschubs geführt haben, im Wesentlichen unverändert bleiben. Daher wurde in die BewilligungZA (Nr. 18) insbesondere für den Wegfall der allgemein für die Bewilligung erforderlichen Voraussetzungen ein ausdrücklicher Widerrufsvorbehalt aufgenommen.

40

Unbeachtlich ist, dass sich die Informationspflicht nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Der Wortlaut von § 69 S. 1 AO verlangt lediglich eine "Verletzung der ihnen [d.h., den in den §§ 34 f. AO genannten Personen] auferlegten Pflichten". Aus welcher Rechtsquelle diese Verpflichtung fließt, ist danach nicht relevant, solange es sich um eine steuerrechtliche - und nicht etwa um eine handelsrechtliche - Pflicht (zu dieser Abgrenzung BFH, Urt. v. 25.04.1995, VII R 99-100/94, BFH/NV 1996, 97 [100] = juris Rn. 44; Urt. v. 07.10.1977, III R 131/73, BFHE 123, 398 [402] = juris Rn. 32) handelt, die auf ein steuerrechtliches Gesetz rückführbar ist. Einen solchen steuerrechtlichen Bezugspunkt hat die Auflage Nr. 14. Sie ist eine Nebenbestimmung zu der nach Art. 227 Abs. 1 Buchst. b) ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 Halbs. 1 UStG gewährten einfuhrumsatzsteuerlichen Zahlungserleichterung. Die Auflage Nr. 14 wurde durch Bekanntgabe der BewilligungZA, die am 25.01.2000 abgesandt wurde, gegenüber der Steuerschuldnerin gemäß § 124 Abs. 1 S. 1 AO wirksam. Der Widerruf der Bewilligung gemäß § 131 Abs. 2 AO erfolgte erst am 01.08.2013, also nach dem hier maßgeblichen Zeitraum.

41

Die Auflage Nr. 14 ist nicht wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig (§ 125 Abs. 1 AO). Zwar heißt es in der Auflage lediglich, dass jede Änderung der "sonst für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse schriftlich anzuzeigen" sei. Diese Formulierung macht die Auflage Nr. 14 indes nicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt im Sinne von § 119 Abs. 1 AO. Der Auflage lässt sich vielmehr ein ausreichend klarer Bedeutungskern entnehmen. Im Lichte der Funktion des Zahlungsaufschubs als fiskalische Kreditgewährung, bei der sich der kreditgewährende Abgabengläubiger jeder Sicherheit begibt, sind alle Umstände mitzuteilen, aus denen sich Veränderungen der Bonität der Steuerschuldnerin ergeben könnten. Dies war auch der Steuerschuldnerin bewusst, die seit vielen Jahren unter Inanspruchnahme des Zahlungsaufschubs im Außenhandel tätig war. Eine Informationspflicht bestand somit jedenfalls, als nicht mehr sicher prognostiziert werden konnte, ob Einfuhrabgaben bei Fälligkeit gezahlt werden könnten.

42

Anders als der Kläger meint, kann eine Meldepflicht nicht erst dann bestehen, wenn Insolvenzgründe (Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder drohender Zahlungsunfähigkeit, §§ 17-19 InsO) vorliegen. Da in einem solchen Fall - ordnungsgemäßes Handeln der Geschäftsführung vorausgesetzt - sogleich Insolvenzantrag gestellt werden müsste, könnte der Ausfall von vorher entstandenen, aber nach Insolvenzantragstellung fällig werdenden Forderungen nicht mehr verhindert werden. In persönlicher Hinsicht bestand die Pflicht zur Mitteilung für den Kläger mit der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit am 14.01.2013. Der Geschäftsführer muss nämlich die steuerlichen Pflichten kennen, die er bei Amtsantritt übernimmt (BFH, Beschl. v. 20.10.2005, VII B 17/05, juris Rn. 10). Hierzu gehören auch die aus der BewilligungZL folgenden Informationspflichten.

43

1.3.1.2 Die in der Auflage Nr. 14 zur BewilligungZA niedergelegte Informationspflicht hat der Kläger verletzt, indem er den sich im Januar 2013 abzeichnenden Liquiditätsbedarfs der Steuerschuldnerin nicht dem Beklagten meldete.

44

Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass bis Sommer 2013 weitere Liquidität nötig sein würde, die nicht allein aus Mitteln der Steuerschuldnerin oder ihrer Gesellschafter gedeckt werden könnte. Die Steuerschuldnerin musste daher Stundungsverhandlungen mit Lieferanten führen. Die Zahlungsunfähigkeit konnte nur dadurch abgewendet werden, dass sich die Lieferanten zu einer Stundung ihrer Forderungen bereit erklären würden und ab Sommer 2013 ein Investor gefunden werden würde. Die Abwendung der Zahlungsunfähigkeit war somit von zwei Bedingungen - Stundungsvereinbarung mit einer kritischen Masse von Lieferanten und Einstieg eines Investors - abhängig, deren Eintritt von der Steuerschuldnerin allein nicht garantiert werden konnte. Dies sind tatsächliche Änderungen der für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse, da sich die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit der Steuerschuldnerin durch diese Umstände erhöhte und somit die reale Gefahr bestand, dass Einfuhrabgaben bei Fälligkeit nicht entrichtet werden würden.

45

Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob angesichts der Kenntnis des Beklagten von der angespannten Ertrags- und Liquiditätslage der Steuerschuldnerin in den Geschäftsjahren 2010-2012 und der Branchenüblichkeit von Sicherungsübereignungen von Warenlagern und Sicherungsabtretungen von Kundenforderungen eine Informationspflicht hinsichtlich des Abschlusses des Sicherheiten-Poolvertrags bestand. Da die Informationspflicht bereits im Vorfeld des Vorliegens von Insolvenzgründen angesiedelt ist, ist ebenfalls nicht von Belang, ob der im Haftungsbescheid angeführte Zahlungsausfall hinsichtlich der Miete für die Hauptniederlassung der Steuerschuldnerin, den der Kläger bestreitet, vorgelegen hat.

46

1.3.1.3 Der Kläger hat diese Informationspflicht schuldhaft verletzt. Grob fahrlässig im Sinne des § 69 AO handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH, Beschl. v. 07.03.1995, VII B 172/94, juris Rn. 13 m. w. N.; Beschl. v. 04.05.1998, I B 116/96, juris Rn. 17). Es gehört zu den Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH, sich mit den handelsrechtlichen und steuerlichen Anforderungen, die an die Ausübung dieser Tätigkeit gestellt werden, vertraut zu machen und, falls dies in Krisensituationen erforderlich erscheint, fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Die ordnungsgemäße Beachtung der gesetzlichen Vorschriften- auch steuerlicher Art - muss von jedem kaufmännischen Leiter eines Gewerbebetriebes verlangt werden (BFH, Beschl. v. 09.01.1996, VII B 189/95, juris Rn. 12; FG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2016, 4 K 1746/16, juris Rn. 27). Die Pflichtwidrigkeit des aufgezeigten Verhaltens des Klägers indiziert im Allgemeinen wie auch im Streitfall zumindest die grobe Fahrlässigkeit (vgl. hierzu nur BFH, Urt. v. 13.03.2003, VII R 46/02, juris Rn. 33).

47

Es sind keine Gründe ersichtlich, die den Kläger exkulpieren könnten. Die grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich des Unterlassens, den Beklagten über den Liquiditätsbedarf zu informieren, ist insbesondere nicht dadurch weggefallen, dass die Steuerschuldnerin einen Investor gesucht und dieser in einem LOI die Absicht erklärt hat, bis zum 26.07.2013 € ... neues Kapital zu investieren (§ 1 Abs. 5 des LOI). Der LOI war nämlich im Hinblick auf diese Verpflichtungen ausdrücklich nicht verbindlich (§ 8 Abs. 1 des LOI). Bis zum Abschluss eines rechtsverbindlichen Vertrages - zu dem es nicht kam - konnte sich somit niemand darauf verlassen, dass der Geldgeber tatsächlich die in Aussicht gestellte Einlage leisten würde. Dies musste auch dem Kläger als einem erfahrenen Geschäftsmann bewusst gewesen sein. Nach Kenntnis des Senats kommt es bei Unternehmenskäufen nicht selten vor, dass potenzielle Käufer kurz vor der geplanten Vertragsunterzeichnung die Verhandlungen noch einmal eröffnen. Eine solche Verhandlungsstrategie liegt insbesondere dann nahe, wenn - wie hier - eine Vertragspartei dringend auf die Zuführung neuen Kapitals angewiesen ist.

48

Aus dem Umstand, dass der Insolvenzverwalter einen Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht nicht festgestellt hat, kann nicht auf eine fehlende Verletzung der Informationspflicht geschlossen werden. Da Letztere bereits im Vorfeld des Vorliegens von Insolvenzgründen greift (siehe oben 1.3.1.1), trifft das Insolvenzgutachten keine Aussagen über die Erfüllung einer steuerrechtlichen Informationspflicht. Überdies sind die Informationspflichten nach der Auflage Nr. 14 und die Insolvenzantragspflichten weder inhaltlich noch zeitlich deckungsgleich. Erstere greifen - wie bereits ausgeführt - nicht nur zu einem deutlich früheren Zeitpunkt, sondern auch auf einer niedrigeren Stufe als die Insolvenzantragspflichten, sollen sie doch gerade sicherstellen, dass Einfuhrabgaben bei Fälligkeit tatsächlich gezahlt werden können.

49

1.3.1.4 Die Pflichtverletzung war kausal dafür, dass ein Steueranspruch (§ 37 Abs. 1 AO) in Form eines Anspruches auf Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. € ... nicht erfüllt wurde. Aus dem Schadensersatzcharakter der Haftung ergibt sich, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem mit dem Haftungsanspruch geltend gemachten Steuerausfall ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen muss (BFH, Urt. v. 25.04.1995, VII R 99-100/94, juris Rn. 27; Urt. v. 26.08.1992, VII R 50/91, juris Rn. 15). Die Kausalität richtet sich wie bei zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen nach der Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Geht es - wie bei der Verletzung der Mitteilungspflicht - um ein Unterlassen, muss ein Hinzudenken der unterbliebenen Handlung zu dem Ergebnis führen, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre; die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts des Erfolgs genügen dagegen nicht (BFH, Urt. v. 25.04.1995, VII R 99-100/94, juris, Rn. 29 m. w. N.).

50

Nach diesen Grundsätzen ist hier der Kausalzusammenhang zu bejahen. Der Beklagte hätte nämlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei Kenntnis der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Steuerschuldnerin entweder die BewilligungZA widerrufen oder ihre Nutzung auch im Hinblick auf die Einfuhrumsatzsteuer von einer Sicherheit abhängig gemacht. Dem steht nicht entgegen, dass nach dem "Vermerk zur Gefährdungskontrolle nach der WiLADV" vom 10.12.2012 (Nebenakte Bd. 1 zu RL ..., Bl. 144) keine weiteren Maßnahmen ergriffen wurden. Hierdurch konnte der Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung der Informationspflicht und dem Steuerausfall schon deshalb nicht unterbrochen werden, weil der Liquiditätsbedarf, dessen Nichtbefriedigung schließlich zur Insolvenz der Steuerschuldnerin geführt hat, erst im Januar 2013 offenbar wurde. Die Risikobewertung konnte sich daher mit der Situation der Steuerschuldnerin, wie sie sich in der ersten Jahreshälfte 2013 darstellte, nicht befassen.

51

Weil die Gefährdungskontrolle die Ereignisse im Jahr 2013 nicht berücksichtigen konnte, scheidet auch ein Mitverschulden des Beklagten aus.

52

1.3.2 Der Kläger hat außerdem die Mittelvorsorgepflicht verletzt.

53

1.3.2.1 Nach § 34 Abs. 1 S. 2 AO hat der Geschäftsführer insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den verwalteten Mitteln entrichtet werden. Hierauf sind die Geschäftsführerpflichten jedoch nicht beschränkt. Der gesetzliche Vertreter ist weiter verpflichtet, die Mittel so zu verwalten, dass er zur pünktlichen Tilgung auch der erst künftig fällig werdenden Steuerschulden in der Lage ist (Mittelvorsorgepflicht). Dabei kann je nach den Umständen des Einzelfalls ein bestimmtes pflichtgemäßes Verhalten auch schon vor der Entstehung der Steuerforderung geboten sein, wenn die Entstehung der Steuer absehbar war (st. Rspr.; siehe nur BFH, Beschl. v. 25.04.2013, VII B 245/12, juris Rn. 17; Urt. v. 11.03.2004, VII R 19/02, juris Rn. 14; Urt. v. 09.01.1997, VII R 51/96, juris Rn. 18; FG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2016, 4 K 1746/16, juris Rn. 22). Dies gilt insbesondere für die Bewilligung eines fortlaufenden Zahlungsaufschubs. Dabei haben alle Steuerpflichtigen, ohne dass es einer besonderen Auflage bedarf, insbesondere darauf zu achten, dass die aufgeschobenen Zahlungsbeträge bei Fälligkeit entrichtet werden können (BFH, Urt. v. 12.03.1974, VII R 136/71, juris Rn. 20; FG Bremen, Urt. v. 17.03.1992, II 135/86 K, juris Rn. 44; siehe auch BFH, Urt. v. 04.03.1986, VII R 38/81, juris Rn. 15).

54

1.3.2.2 Nach diesen Maßstäben hat der Kläger gegen die Mittelvorsorgepflicht verstoßen.

55

Für die fünf Einfuhren, die am 26.07.2013 abgefertigt wurden, liegt ein Verstoß gegen die Mittelvorsorgepflicht auf der Hand. Sie erfolgten nämlich, nachdem der Kläger am 24.07.2013 Kenntnis davon erlangt hatte, dass der potentielle Investor den vorbereiteten Vertrag nicht unterschreiben würde. Da die mit den Lieferanten vereinbarten Stundungen nur bis zum Sommer 2013 reichten und sich die finanzierenden Banken mit dem potenziellen Investor auf einen Forderungsverzicht i. H. v. 75 % geeinigt hatten (§ 1 Abs. 4 des LOI), musste dem Kläger klar gewesen sein, dass mit dem Scheitern des Unternehmensverkaufs die Kündigung der Bankkredite wahrscheinlich sein würde und damit die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens bevorstand. Gleichwohl hat der Kläger nichts unternommen, um die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer zu verhindern. Einer Pflichtverletzung steht nicht entgegen, dass die Zollanmeldungen bereits am 24.07.2013 abgegeben wurden. Bis zur Annahme der Zollanmeldung (vgl. Art. 67 ZK) am 26.07.2013 hätte der Kläger seine Zollabteilung bzw. den Logistikdienstleister nämlich anweisen können, die Zollanmeldungen hinsichtlich des gewählten Zollverfahrens oder der Inanspruchnahme des Aufschubkontos zu ändern.

56

Auch hinsichtlich der fünf Abfertigungen zum freien Verkehr vom 19., 22. und 24.07.2013 liegt eine Pflichtverletzung vor. Aus dem Gesagten wird deutlich, dass die Fähigkeit der Steuerschuldnerin, die Einfuhrumsatzsteuer zu begleichen, davon abhing, dass der Unternehmenskaufvertrag zu Stande kommen würde. Da der Kläger an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt war, hat er die Erfüllung der Steuerschuld von einem Umstand abhängig gemacht, den er selbst nicht kontrollieren konnte. Damit verletzte er die Pflichten der ordnungsgemäßen Geschäftsführung, weil er ein Risiko eingegangen ist, dessen Größe er nicht abschätzen und auf dessen Realisierung er keinen Einfluss nehmen konnte. Es wäre auch möglich und zumutbar gewesen, die Abfertigungen zum freien Verkehr um wenige Tage bis zum erfolgreichen Abschluss des Unternehmenskaufvertrages zu verschieben, etwa durch Eröffnung eines Versandverfahrens oder durch Überführung der Waren in das Zolllager der Steuerschuldnerin.

57

Anders als der Kläger meint, ist der vorliegende Fall nicht mit dem vergleichbar, der der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 05.06.2007 (VII R 19/06) zugrunde lag. In jenem Verfahren hatte der Geschäftsführer gerade nicht gegen die Mittelvorsorgepflicht verstoßen. Als der vorläufige Insolvenzverwalter in jenem Verfahren das Konto sperrte, waren noch ausreichend Mittel vorhanden, um die Steuerschulden zu begleichen. Vorliegend war dies gerade nicht der Fall, weil die Darlehen gekündigt worden waren.

58

1.3.2.3 Der Kläger hat die Mittelvorsorgepflicht schuldhaft verletzt. Die Indizwirkung der Pflichtverletzung für dessen schuldhafte Begehung (siehe oben 1.3.1.3) greift auch hier. Für die fünf Abfertigungen vom 26.07.2013 sind entlastende Umstände nicht ersichtlich. Auf die Übernahme des Unternehmens und die damit verbundene Zuführung neuer Liquidität konnte der Kläger schon deshalb nicht mehr bauen, weil er bereits vorher erfahren hatte, dass es hierzu nicht kommen würde.

59

Auch in Bezug auf die fünf Abfertigungen zum freien Verkehr vom 19., 22. und 24.07.2013 lässt die Erwartung der für den 22.07.2013 vorbereiteten Vertragsunterzeichnung die grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der fehlenden Vorsorge für die Begleichung der durch diese Einfuhren entstandenen Steuerschulden nicht entfallen. Zwar erhielt der Kläger erst am 24.07.2013 gegen 23:00 Uhr Kenntnis davon, dass die für den Vortag geplante Vertragsunterzeichnung endgültig nicht zu Stande kommen würde. Zu diesem Zeitpunkt waren die eingeführten Waren bereits überlassen worden. Wie soeben dargelegt, konnte der Kläger jedoch vor der Unterzeichnung des Übernahmevertrages nicht darauf vertrauen, dass die dringend benötigte Liquidität der Steuerschuldnerin tatsächlich zugeführt werden würde. Vorsorge für die Begleichung der Steuerschulden für den Fall, dass der Übernahmevertrag nicht zu Stande kommen würde, hat er nicht getroffen. Die alternative Liquiditätsplanung (Anlage K 4) sah zwar geringere Liquiditätsabflüsse insbesondere durch einen geringeren Wareneinkauf vor, ging jedoch gleichfalls von einer Fortführung der Stundungen aus. Angesichts der extrem angespannten Finanzlage musste der Kläger damit rechnen, dass die finanzierenden Banken nach dem Scheitern einer Übernahme die bestehenden Kreditlinien kündigen und die Steuerschuldnerin damit zahlungsunfähig werden würde.

60

1.3.2.4 Die fehlende Mittelvorsorge war adäquat kausal für das Entstehen der Einfuhrumsatzsteuerschuld. Zwar wurde die Unmöglichkeit der Begleichung der Steuerschulden durch das Scheitern der Unternehmensübernahme mitverursacht. Die Abfertigung der Waren zum freien Verkehr, ohne dass der Kläger sicher sein konnte, dass es zur Unternehmensübernahme kommen würde, war gleichwohl adäquat kausal. Da ein Scheitern von Unternehmensübernahmen im letzten Moment nicht unüblich ist, war die Abfertigung vor Vertragsunterzeichnung geeignet, den späteren Zahlungsausfall herbeizuführen. Erst recht gilt dies für die Abfertigung der Waren nach Kenntnis des Klägers vom Scheitern der Vertragsverhandlungen.

61

1.4 Der Höhe nach ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Die Haftung nach § 69 Satz 1 AO beschränkt sich dem Umfang nach auf den Betrag, der infolge der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder entrichtet wurde (BFH, Urt. v. 26.07.1988, VII R 83/87, juris Rn. 7; Urt. v. 12.05.1992, VII R 52/91, juris Rn. 10). Dies ist hier der vollständige Betrag der entstandenen Einfuhrumsatzsteuer. Die Haftung des Klägers ist der Höhe nach nämlich nicht auf einen bestimmten Anteil an der für die Befriedigung aller Gläubiger bei der Steuerschuldnerin vorhandenen Summe begrenzt. Bei der Haftung für Umsatzsteuerrückstände hat der Bundesfinanzhof zwar den Grundsatz der anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer entwickelt, wonach die Berechnung der Haftungssumme im Fall der Geschäftsführerhaftung bei Nichtvorhandensein ausreichender Zahlungsmittel zur Tilgung sämtlicher Verbindlichkeiten zeitraumbezogen und überschlägig vorzunehmen ist (siehe nur BFH, Beschl. v. 31.03.2000, VII B 187/99, juris Rn. 17, 20; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, 140. EL Mai 2015, § 69 AO Rn. 34). Dieser Grundsatz ist jedoch bei Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Zahlungsaufschubs für Einfuhrabgaben, namentlich für die im vorliegenden Fall maßgebliche Nichteinhaltung des Fälligkeitstermins bei aufgeschobenen Einfuhrabgaben, nicht anwendbar. Der Grundsatz der anteiligen Tilgung gilt nicht, weil der Abgabenschuldner durch die Freigabe der Ware vor Begleichung der Abgabenschuld ungesicherten Kredit erhält. Die Zollbehörde verzichtet durch den Zahlungsaufschub auf die Sachhaftung an den einfuhrabgabenpflichtigen Waren, die ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter gilt (§ 76 Abs. 1 AO). Im Gegenzug erwirbt die Zollverwaltung auf der (persönlichen) Haftungsebene ein Recht auf vorrangige Befriedigung (BFH, Urt. v. 21.02.1989, VII R 165/85 juris Rn. 3; FG Bremen, Urt. v. 17.03.1992, II 135/86 K, juris Rn. 48; hieran anschließend FG Hamburg, Beschl. v. 27.03.2015, 4 V 210/14, S. 19 BA; Urt. v. 22.05.2015, 4 K 208/14, S. 19; FG Düsseldorf, Urt. v. 22.11.2016, 4 K 1746/16, juris Rn. 24).

62

Für die Ermittlung der Haftungshöhe ist ebenfalls nicht von Belang, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Steuerschuldnerin die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht hat oder geltend machen könnte. Zwar wäre dies gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG in der ab dem 30.06.2013 geltenden Fassung (Gesetz vom 26.06.2013, BGBl. I 1809) bereits mit der Entstehung der (Einfuhr-)Umsatzsteuer (Stadie, UStG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, § 15 UStG Rn. 313) möglich. Es ist jedoch keine Gesamtbetrachtung aller steuerlichen Verhältnisse anzustellen; vielmehr kommt es nur auf den Ausfall der konkreten Steuer an (FG Hamburg, Urt. v. 22.05.2015, 4 K 208/14, S. 25 f.; BFH, Urt. v. 26.09.2012, VII R 3/11, juris Rn. 25 f. zu § 71 AO; FG Düsseldorf, Beschl. v. 05.07.2002, 4 V 7185/01 A (H), juris Rn. 77; siehe auch die Nachweise bei Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 232. EL, April 2015, § 69 AO Rn. 32b). Es besteht kein Grund für die Annahme, der Gesetzgeber habe der Steuerverwaltung in Bezug auf die Inhaftungnahme die Pflicht auferlegen wollen, zu berechnen, was der Fiskus hinsichtlich der die Einfuhrumsatzsteuer auslösenden Einfuhren insgesamt an (Einfuhr-)Umsatzsteuer eingenommen hat und, falls dieser Betrag die Summe übersteigt, die dem Fiskus nach dem finanzwirtschaftlichen Ziel der Umsatzsteuer an sich hätte zufließen sollen, diesen Mehrbetrag dem Haftenden gutzuschreiben (BFH, Urt. v. 21.02.1989, VII R 165/85, juris Rn. 27; siehe auch Urt. v. 05.06.1982, VII R 57/82, juris Rn. 14 f.). Anderenfalls hinge die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners davon ab, ob die Steuerschuldnerin die entstandene Einfuhrumsatzsteuer beim Vorsteuerabzug geltend macht oder - bei Nichtzahlung der Steuer - die Umsatzsteuervoranmeldung gemäß § 17 Abs. 3 UStG analog (Stadie, UStG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, § 15 UStG Rn. 313) berichtigt.

63

1.5 Es bestehen schließlich auch keine Zweifel an der rechtmäßigen Ausübung des Entschließungs- und Auswahlermessens. Der Beklagte hat das ihm gemäß § 191 Abs. 1 S. 1 AO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Der Senat hat insoweit nach § 102 S. 1 FGO nur zu prüfen, ob die in § 5 AO festgelegten Grenzen des Ermessens über- oder unterschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

64

1.5.1 Der Beklagte hat das Entschließungsermessen ermessensfehlerfrei ausgeübt. Wegen der dem Steuergläubiger im öffentlichen Interesse obliegenden Aufgabe, die geschuldeten Abgaben nach Möglichkeit zu erheben, kann der Erlass eines Haftungsbescheids bei Uneinbringbarkeit der Steuerschuld nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen ermessensfehlerhaft sein. Deshalb ist das Entschließungsermessen - wie auch im Streitfall - mit dem Hinweis auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Steuerschuldnerin und die damit verbundene Unmöglichkeit einer Einziehung der rückständigen Steuer durch Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Steuerschuldnerin jedenfalls bei Nichtvorliegen außergewöhnlicher Umstände - die hier nicht ersichtlich sind - regelmäßig ausreichend begründet (vgl. BFH, Urt. v. 13.06.1997, VII R 96/96, juris Rn. 15; Urt. v. 29.09.1987, VII R 54/84, juris Rn. 14).

65

1.5.2 Es bestehen auch keine Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausübung des Auswahlermessens, d. h. der Entscheidung, warum der Haftungsschuldner anstatt des Steuerschuldners oder anstelle anderer ebenfalls für die Haftung in Betracht kommender Personen in Anspruch genommen wird (vgl. BFH, Urt. v. 11.03.2004, VII R 52/02, juris Rn. 16). Hinsichtlich der Inanspruchnahme der Steuerschuldnerin kann auf die obigen (1.5.1) Ausführungen verwiesen werden, nach denen die geringen Aussichten, die Steuerschulden gegenüber der Steuerschuldnerin zu realisieren, es rechtfertigen, vorrangig den (oder die) Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Bezüglich der Auswahl der Haftungsschuldner sind keine Ermessenfehler ersichtlich. Der Beklagte hat alle drei Geschäftsführer der Komplementär-GmbH als Gesamtschuldner in Anspruch genommen. Dass der Prokurist der Steuerschuldnerin nicht in Anspruch genommen wurde, erklärt sich rechtsfehlerfrei daraus, dass er ausweislich seines Anstellungsvertrags keine steuerlichen Pflichten für die Steuerschuldnerin wahrgenommen hat (siehe Bl. 455 f. der Nebenakte Ordner 1).

66

Inwieweit Aussichten bestehen, dass der Beklagte im Rahmen des Insolvenzverfahrens wenigstens eine quotenmäßige Befriedigung der Einfuhrumsatzsteuerschulden erlangen wird, kann dahinstehen. Diese Möglichkeit hindert nicht den Erlass eines Haftungsbescheids, sondern verpflichtet das Finanzamt lediglich dazu, im Zeitpunkt des Eingangs der Quote den Haftungsanspruch entsprechend zu ermäßigen (vgl. FG Hamburg, Urt. v. 25.10.1993, I 8/89, juris Rn. 18).

II.

67

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

68

Die Revision wird im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren VII R 40/16, in dem es ebenfalls um die Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für Einfuhrumsatzsteuer auf Einfuhren vor Insolvenzantrag geht, wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

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(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzu

Abgabenordnung - AO 1977 | § 125 Nichtigkeit des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 35 Vertretung der Gesellschaft


(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder

Abgabenordnung - AO 1977 | § 5 Ermessen


Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein

Abgabenordnung - AO 1977 | § 124 Wirksamkeit des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

Abgabenordnung - AO 1977 | § 69 Haftung der Vertreter


Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt

Insolvenzordnung - InsO | § 19 Überschuldung


(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund. (2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den n

Abgabenordnung - AO 1977 | § 118 Begriff des Verwaltungsakts


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Abgabenordnung - AO 1977 | § 120 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt


(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfül

Abgabenordnung - AO 1977 | § 131 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

Abgabenordnung - AO 1977 | § 71 Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers


Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese n

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 6 Geschäftsführer


(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben. (2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Geschäftsführer kann nicht sein, wer1.als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangel

Insolvenzordnung - InsO | § 18 Drohende Zahlungsunfähigkeit


(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund. (2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehend

Abgabenordnung - AO 1977 | § 153 Berichtigung von Erklärungen


(1) Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist,1.dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekomm

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 21 Besondere Vorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer


(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung. (2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr. (2a) Abfert

Abgabenordnung - AO 1977 | § 224 Leistungsort, Tag der Zahlung


(1) Zahlungen an Finanzbehörden sind an die zuständige Kasse zu entrichten. Außerhalb des Kassenraums können Zahlungsmittel nur einem Amtsträger übergeben werden, der zur Annahme von Zahlungsmitteln außerhalb des Kassenraums besonders ermächtigt word

Handelsgesetzbuch - HGB | § 114


(1) Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft sind alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. (2) Ist im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellsc

Abgabenordnung - AO 1977 | § 76 Sachhaftung


(1) Verbrauchsteuerpflichtige Waren und einfuhr- und ausfuhrabgabenpflichtige Waren dienen ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter als Sicherheit für die darauf ruhenden Steuern (Sachhaftung). (2) Die Sachhaftung entsteht bei einfuhr- und ausfuhrab

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Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Zahlungen an Finanzbehörden sind an die zuständige Kasse zu entrichten. Außerhalb des Kassenraums können Zahlungsmittel nur einem Amtsträger übergeben werden, der zur Annahme von Zahlungsmitteln außerhalb des Kassenraums besonders ermächtigt worden ist und sich hierüber ausweisen kann.

(2) Eine wirksam geleistete Zahlung gilt als entrichtet:

1.
bei Übergabe oder Übersendung von Zahlungsmitteln am Tag des Eingangs, bei Hingabe oder Übersendung von Schecks jedoch drei Tage nach dem Tag des Eingangs,
2.
bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto der Finanzbehörde und bei Einzahlung mit Zahlschein
an dem Tag, an dem der Betrag der Finanzbehörde gutgeschrieben wird,
3.
bei Vorliegen eines SEPA-Lastschriftmandats
am Fälligkeitstag.

(3) Zahlungen der Finanzbehörden sind unbar zu leisten. Das Bundesministerium der Finanzen und die für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden können für ihre Geschäftsbereiche Ausnahmen zulassen. Als Tag der Zahlung gilt bei Überweisung oder Zahlungsanweisung der dritte Tag nach der Hingabe oder Absendung des Auftrags an das Kreditinstitut oder, wenn der Betrag nicht sofort abgebucht werden soll, der dritte Tag nach der Abbuchung.

(4) Die zuständige Kasse kann für die Übergabe von Zahlungsmitteln gegen Quittung geschlossen werden. Absatz 2 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn bei der Schließung von Kassen nach Satz 1 am Ort der Kasse eine oder mehrere Zweiganstalten der Deutschen Bundesbank oder, falls solche am Ort der Kasse nicht bestehen, ein oder mehrere Kreditinstitute ermächtigt werden, für die Kasse Zahlungsmittel gegen Quittung anzunehmen.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines Haftungsbescheids für Einfuhrumsatzsteuerschulden der Steuerschuldnerin.

2

Der Antragsteller war im hier relevanten Zeitraum - neben den gesondert in Haftung genommenen A und B - Geschäftsführer der C Verwaltungs-GmbH. Hierbei handelt es sich um die persönlich haftendende Gesellschafterin (Komplementär-GmbH) der zuletzt unter D GmbH und Co. KG (bis ... 2013: C-1 GmbH & Co. KG) firmierenden Gesellschaft (im Folgenden: Steuerschuldnerin), die im ...handel und -vertrieb tätig war.

3

Der Steuerschuldnerin wurde mit Bescheid vom 24.01.2000 bis zum Widerruf am 01.08.2013 die Bewilligung eines laufenden Zahlungsaufschubs für die Einfuhrumsatzsteuer in unbegrenzter Höhe ohne Sicherheitsleistung erteilt (BewilligungZA). Danach waren die während eines Kalendermonats von der Zollstelle buchmäßig erfassten und auf dem Aufschubkonto Nr. -1 aufgeschobenen Abgabenbeträge spätestens am 16. Tag des Folgemonats zu entrichten. Die BewilligungZA enthält die folgenden als "Auflagen" bezeichneten Zusätze:
"14. Sie haben unverzüglich jede Änderung der in Ihrem Antrag angegebenen oder sonst für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse schriftlich anzuzeigen.
15. Es bleibt vorbehalten, Auflagen nachträglich aufzunehmen, zu ändern oder zu ergänzen."
Unter "Hinweise" heißt es:
"18. Bei Nichteinhaltung von Bedingungen und Auflagen sowie bei Wegfall der allgemein für die Bewilligung des Zahlungsaufschubs erforderlichen Voraussetzungen, kann diese Bewilligung widerrufen werden.
19. Sonstiges:
Hinweis: Die Bewilligung wurde vorbehaltlich der Ergebnisse der Prüfung der Vertrauenswürdigkeit und steuerlichen Zuverlässigkeit erteilt. Evtl. negative Erkenntnisse können zum Widerruf der Bewilligung führen."

4

Zum Ausgleich des eingerichteten Aufschubkontos erteilte die Steuerschuldnerin einen Abbuchungsauftrag für Lastschriften für ihr Konto Nr. -2 bei der Bank X, den sie zuletzt durch ein SEPA-Firmenlastschriftmandat vom 13.06.2013 ersetzte.

5

Seit dem 21.08.2009 finanzierte sich die Steuerschuldnerin auch über das Factoring ihrer Kundenforderungen. Nachdem die Steuerschuldnerin ab 2010 erhebliche Verluste erwirtschaftet hatte, wurde das Verhältnis zwischen ihr und dem Bankenpool, über den sie sich finanzierte, mit dem Sicherheiten-Poolvertrag vom ... 2012 neu geregelt. Hierin trat sie ihre Forderungen aus Lieferungen und Leistungen - soweit sie nicht an den Factor verkauft werden - zur Sicherheit an den Bankenpool ab. Außerdem übereignete sie zur Sicherheit ihr Warenlager mit wechselndem Bestand und verpfändete - neben Geschäftsanteilen und Markenrechten - mehrere Konten, darunter das bei der Bank X geführte Konto, über das das Aufschubkonto Nr. -1 ausgeglichen wurde. Den seit Januar 2013 bestehenden Liquiditätsbedarf konnte die Steuerschuldnerin nicht mehr decken. Nachdem die im Januar 2013 bestehende bzw. zu erwartende Liquiditätslücke nur i. H. v. € 1,5 Mio. aus Mitteln der Gesellschafterin und der Gesellschafter gedeckt werden konnte, begab sie sich auf die Suche nach einem Investor, an den bis zu 75,1 % der Kommanditanteile veräußert werden sollten. Mit Lieferanten führte die Geschäftsleitung der Steuerschuldnerin im Wesentlichen erfolgreiche Stundungsverhandlungen (Insolvenzgutachten vom 03.12.2013, S. ...).

6

Ein potentieller Unternehmenskäufer unterzeichnete am ... 2013 einen "Letter of Intent" (...), in dem er seine Absicht bekundete, bis spätestens zum 26.07.2013 € 4 Mio. in die Steuerschuldnerin zu investieren. Das mit den Banken ausverhandelte Erwerberkonzept sah außerdem einen Verzicht auf ca. 75 % der Kreditverbindlichkeiten, die sich auf ca. € 18 Mio. beliefen, vor (Insolvenzgutachten vom 03.12.2013, S. ...).

7

In der Zeit vom 19.-26.07.2013 ließ die Steuerschuldnerin zehn Warensendungen über die Zollämter E und F unter Inanspruchnahme ihrer BewilligungZA zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigen. Hierzu ergingen die folgenden Einfuhrabgabenbescheide über Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt € 235.465,99:

...

8

Am Abend des 21.07.2013 sagte der Investor die für den Folgetag geplante Unterzeichnung des mit den finanzierenden Banken und der Steuerschuldnerin ausverhandelten Unternehmenskaufvertrags ab. Nachverhandlungen scheiterten am Abend des 22.07.2013 endgültig, worüber die Geschäftsführer der Steuerschuldnerin gegen 23:00 Uhr dieses Tages informiert wurden. Nachdem auch die finanzierenden Banken am 23.07.2013 vom Scheitern der Verhandlungen Kenntnis erhalten hatten, kündigten sie sämtliche laufenden Kredite der Steuerschuldnerin im Umfang von rund € 18 Mio.; hiervon erhielt der Antragsteller am 25.07.2013 Kenntnis. Da die Steuerschuldnerin damit nicht mehr in der Lage war, fällige Verbindlichkeiten zu erfüllen, stellte sie noch am selben Tag einen Insolvenzantrag. Am 26.07.2013 ordnete das Amtsgericht G insbesondere die vorläufige Insolvenzverwaltung der Steuerschuldnerin (...) und der Komplementär-GmbH (...) an, bestellte einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen nur noch mit dessen Zustimmung erfolgen dürften. Vor diesem Hintergrund wurde das mit der Einfuhrumsatzsteuer aus den oben genannten Einfuhren belastete Aufschubkonto bei Fälligkeit am 16.08.2013 nicht ausgeglichen. Der Antragsgegner konnte sich lediglich durch Inanspruchnahme einer Bürgschaft i. H. v. € 11.155,79 befriedigen.

9

Zu dem mit Schreiben vom 17.09.2014 angekündigten Erlass eines Haftungsbescheides nahm der Antragsteller mit Schreiben vom 12.11.2014 Stellung. Er wies darauf hin, dass die Kaufverträge bezüglich der hier in Rede stehenden Einfuhren bereits im April und Mai 2013 geschlossen worden seien.

10

Mit Haftungsbescheid vom 13.02.2015 nahm der Antragsgegner den Antragsteller gemäß § 191 Abs. 1 i. V. m. § 69 AO gesamtschuldnerisch mit den beiden anderen Geschäftsführern auf Zahlung der nach Abzug der Bürgschaft verbleibenden Einfuhrumsatzsteuerschuld der Steuerschuldnerin in Höhe von € 224.310,20 in Anspruch. Die Voraussetzungen für seine Inhaftungnahme nach §§ 69, 34 AO lägen vor, weil der Antragsteller zumindest grob fahrlässig steuerliche Pflichten verletzt habe und deshalb Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht erfüllt worden seien. Er habe als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den verwalteten Mitteln entrichtet würden (Zahlungspflichten, § 224 AO), sowie steuerliche Anzeige-, Erklärungs-, Anmeldungs-, Auskunfts-, Mitwirkungs-, Nachweis-, Berichtigungs-, Buchführungs- und Auszeichnungspflichten einzuhalten. Hierzu gehöre die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die zum Ausgleich der Steuerschulden erforderlichen Handlungen vorgenommen würden und die Steuerschulden schließlich tatsächlich getilgt werden könnten. Ein Geschäftsführer könne diese Pflichten bereits verletzen, wenn er zulasse, dass sich die vertretene Gesellschaft durch Vorwegbefriedigung anderer Gläubiger oder in sonstiger Weise vorsätzlich oder fahrlässig außerstande setze, eine bereits entstandene, aber erst künftig fällig werdende Steuerforderung im Zeitpunkt der Fälligkeit zu tilgen (Verletzung der Mittelvorsorgepflicht). Das Verhältnis zwischen dem Bewilligungsinhaber und der Zollbehörde sei dadurch gekennzeichnet, dass ihm Waren - hier entsprechend der Bewilligung unbesichert - anvertraut würden und er als Gegenleistung die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung der gewährten Vergünstigung übernehme.

11

Im Falle der Uneinbringbarkeit der Steuerschuld müsse der Haftungsschuldner herangezogen werden. Die Forderung sei zwar zur Insolvenztabelle angemeldet. Es sei jedoch amtsbekannt, dass sie nicht vollständig aus der Insolvenzmasse befriedigt werden könne. Eine unverzügliche Mitteilung über Änderungen der für die BewilligungZA maßgebenden Verhältnisse gem. Nr. 14 der BewilligungZA hätte erfolgen müssen, sobald der Antragsgegner unter den objektiv gegebenen Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht oder nicht so hätte erlassen dürfen. Im Zivilrecht werde eine Informationspflicht bejaht, wenn eine Krisensituation bestehe und die Durchführbarkeit eines Vertrages, bei dem die andere Vertragspartei vorleisten müsse, gefährdet sei. So sei auch der Fiskus auf die Mitwirkung der Steuerpflichtigen angewiesen.

12

Der wirtschaftliche Niedergang der Steuerschuldnerin habe sich abgezeichnet. Nach dem Insolvenzgutachten habe sie in den Geschäftsjahren 2010 bis 2012 Verluste von insgesamt € 17,65 Mio. erwirtschaftet. Ab Januar 2013 sei die finanzielle Situation äußerst prekär gewesen, so dass ein Investor gesucht worden sei. Seit Juni 2013 habe die Steuerschuldnerin die Nettokaltmiete in Höhe von rund € 172.000,- für ihren Geschäftssitz nicht mehr bezahlt. Spätestens mit Fälligkeit dieser Forderung seien Anzeichen für ein massives Zahlungsproblem und eine Gefährdung des Steueranspruchs vorhanden gewesen und hätten eine Anzeigepflicht gegenüber dem Antragsgegner ausgelöst. Durch dessen Missachtung habe der Antragsgegner vor dem Insolvenzantrag keine Maßnahmen zur Sicherung der fällig werdenden Forderungen treffen können. Dass dies grob fahrlässig geschehen sei, bedürfe angesichts der Einbindung und Unterrichtung der Kreditgeber keiner weiteren Erörterungen. Es sei nicht einzusehen, warum der Fiskus bewusst schlechter gestellt werde als private Gläubiger. Durch das Unterlassen der Mitteilung über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Steuerschuldnerin habe der Antragsteller es vereitelt, dass der Antragsgegner sich durch Zugriff auf die Ware befriedigen könne. Daher komme auch eine Haftungsbeschränkung nach den Grundsätzen der anteiligen Befriedigung aller Gläubiger nicht in Betracht. Da ein Steuerausfall bei entsprechender Mitteilung der Steuerschuldnerin nicht eingetreten wäre, bestehe auch ein adäquat kausaler Zusammenhang. Ob der Antragsteller die Anzeigepflicht gekannt habe, könne dahinstehen. Im Übrigen indiziere die Pflichtwidrigkeit im Allgemeinen grobe Fahrlässigkeit. Darüber hinaus bestehe eine Pflichtwidrigkeit darin, dass sich die Steuerschuldnerin schon vor den hier in Rede stehenden Einfuhren schuldhaft außerstande gesetzt habe, die vorhersehbare Steuerschuld zu tilgen. Dies sei durch die Globalzession aller Forderungen an den Bankenpool geschehen, weil der Zessionar bei Einziehung der abgetretenen Forderungen nicht verpflichtet sei, die Einfuhrabgaben abzuführen. Die Globalzession stelle dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Antragsteller damit hätte rechnen müssen, dass durch die Zession die liquiden Mittel zur Begleichung anderer Schulden geschmälert würden. Die Sicherungsübereignung des Warenlagers stelle zudem eine Gläubigerbenachteiligung dar, weil die Schuldenmasse vermehrt und dadurch der Zugriff auf das Vermögen der Steuerschuldnerin vereitelt werde. Die zwangsweise Befriedigung der Steuerschulden hätte sich ohne die Sicherungsübereignung günstiger gestaltet. Zwar seien Sicherungsübereignungen und Globalzessionen im Geschäftsverkehr üblich. Dadurch, dass der Hauptschuldner dies dem Antragsgegner nicht offengelegt habe, sei er über eine maßgebliche Verschlechterung seiner Rechtsposition getäuscht worden, weil er im Insolvenzfall kein Absonderungsrecht habe. Unerheblich sei, ob der Antragsgegner im Falle einer Begleichung der Einfuhrabgaben insolvenzrechtlich verpflichtet wäre, diese zurückzuzahlen. Die Inanspruchnahme sei auch nicht ermessensfehlerhaft, weil die Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer hätte abgezogen werden können. Die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer auf jeder Wirtschaftsstufe sichere den tatsächlichen Eingang der Steuern und ein gleichmäßiges Steueraufkommen. Ihre Erhebung sei daher vom Gesetz gewollt. Es sei auch erforderlich, alle Haftungsschuldner gesamtschuldnerisch in Anspruch zu nehmen, um die Chancen zu erhöhen, den Steueranspruch auch realisieren zu können. Ein Haftungsausgleich habe im Innenverhältnis zu erfolgen. Der Antragsgegner habe nicht übersehen, dass A-1 Einzelprokura für die Steuerschuldnerin erteilt worden sei. Ob auch er in Haftung genommen werden könne, müsse noch abschließend geklärt werden.

13

Mit Schreiben vom 17.03.2015 legte der Antragsteller Einspruch gegen den Haftungsbescheid ein, den er wie folgt begründete: Er habe keine Pflicht verletzt, insbesondere nicht gegen die in der BewilligungZA enthaltenen Nebenbestimmungen verstoßen. Die für die Erteilung der Bewilligung maßgebenden Verhältnisse hätten sich nämlich bis zum überraschenden Rückzug des Investors am 23.07.2013 nicht geändert. Der Bewilligung sei nicht zu entnehmen, welche Verhältnisse genau gemeint seien. Aus der Liquiditätsplanung der Steuerschuldnerin für Juni 2013 werde ersichtlich, dass der Antragsteller alle Steuerverbindlichkeiten tagesaktuell berücksichtigt habe. Wäre der Investor nicht unvorhergesehen abgesprungen, hätten die Steuerforderungen erfüllt werden können. Die in den Jahren 2010 bis 2012 erzielten Verluste hätten nicht zu Zahlungsschwierigkeiten, Zahlungsstockungen, einer Tendenz zum Vermögensverfall, einer Überschuldung oder drohender Zahlungsunfähigkeit geführt. Der Insolvenzantrag sei erst erforderlich geworden, nachdem die Banken am 25.06.2013 die Darlehen gekündigt hätten. Zahlungsschwierigkeiten habe es nie gegeben, weil die Gesellschafter der Steuerschuldnerin diese durch weitere Einlagen vermieden hätten. Einer Tendenz zum Vermögensverfall habe es schon deshalb nicht gegeben, weil nicht klar sei, was damit gemeint sein könne. Insolvenzgründe, namentlich eine Überschuldung (§ 19 InsO) oder Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), deren Vorliegen sicher zu einer Meldepflicht geführt hätte, hätten vor der Kündigung der Darlehen nicht vorgelegen. Das Insolvenzgutachten habe keine Verletzung der Insolvenzantragspflicht festgestellt. Wenn eine solche Pflichtverletzung ein Indiz für eine Inanspruchnahme nach § 69 AO sei, liege im Umkehrschluss eine Haftung fern, wenn die Geschäftsführer die Insolvenzantragspflicht nicht verletzt hätten. Der vom Antragsgegner genannte zukünftig entstehende Liquiditätsbedarf in Höhe von € 3-5 Mio. habe zwar nur zum Teil (in Höhe von € 1,5 Mio.) aus Mitteln des Hauptgesellschafters der Steuerschuldnerin gedeckt werden können. Allerdings sei der Investor bereit gewesen, eine Einlage von € 4 Mio. zu leisten und weitere Liquidität zur Verfügung zu stellen. Der Hauptgesellschafter habe außerdem die monatlichen Mietzinsen für das Mietobjekt der Steuerschuldnerin in Höhe von rund € 172.000,- nicht ernsthaft eingefordert. Selbst wenn er - der Antragsteller - gegen die Auflagen zur BewilligungZA verstoßen hätte, würde es sich dabei nicht um einen Pflichtverstoß im Sinne von § 69 AO, sondern lediglich um eine Nebenpflichtverletzung handeln. Die vom Antragsgegner herangeführten zivilrechtlichen Grundsätze, aus denen sich die Informationspflichten hätten ableiten sollen, seien nicht auf das Verhältnis zwischen Steuerbürger und Staat anwendbar. Selbst wenn sie anwendbar wären, läge kein Verstoß gegen eine Informationspflicht vor. Diese solle nach dem Bundesgerichtshof (BGH) nur dann bestehen, wenn bei Inanspruchnahme eines Kredits zur erwarten sei, dass die Gesellschaft den Kredit nicht würde zurückzahlen können. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Bei Einfuhr der ... sei nicht erkennbar gewesen, dass die Steuerschuldnerin bei Fälligkeit nicht in der Lage sein würde, diese zu erfüllen. Er - der Antragsteller - habe auch nicht grob fahrlässig im Sinne von § 69 AO gehandelt. Im Übrigen könne der Antragsgegner nur den Quotenschaden geltend machen. Dies folge aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger. Es gebe keine Norm, die vorschreibe, dass der Fiskus bei Insolvenz des Steuerschuldners vorab zu befriedigen sei.

14

Mit Bescheid vom 30.04.2015 lehnte der Antragsgegner die mit Schreiben vom 20.04.2015 beantragte Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids ab. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides. Die Pflicht, dafür zu sorgen, dass Steuern aus den verwalteten Mitteln entrichtet würden, bestehe bereits vor Fälligkeit der Steuern. Eine grob fahrlässige Pflichtverletzung liege vor. Der Zahlungsaufschub sei eine steuerliche Vergünstigung in Form einer zinslosen "fiskalischen Kreditgewährung", die für den Steuergläubiger mit einer abstrakten Erhöhung der Steuergefährdung einhergehe. Bei der Inanspruchnahme des Zahlungsaufschubs sei erforderlich, dass entsprechende Mittel zur Tilgung der künftigen Steuerschuld sicher zurückgelegt würden (sog. Mittelvorsorgepflicht). Insoweit gebe es keinen sachlichen Grund, die Steuerschulden der Steuerschuldnerin anders zu behandeln als die von Zollanmeldern, die die Einfuhrabgaben anlässlich der Überlassung sofort entrichten müssten. Der Antragsteller hätte den Antragsgegner über die Verluste, den Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrags sowie die im Januar 2013 offenbar gewordene Liquiditätslücke informieren müssen. Selbst einem steuerlichen Laien hätte einleuchten müssen, dass im Falle der Risikoverwirklichung der Einfuhrumsatzsteueranspruch in besonderer Weise beeinträchtigt worden wäre. Bei Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrags habe die Steuerschuldnerin zweifelsohne in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten gesteckt und es habe mit einer Kündigung der Kredite und der Insolvenzreife gerechnet werden müssen. Vor diesem Hintergrund habe der Antragsteller die Mittelvorsorgepflicht zumindest grob fahrlässig verletzt, indem er den für die Begleichung der später entstehenden Einfuhrumsatzsteuer erforderlichen Betrag dem Zugriff der Poolbanken ausgesetzt habe. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe wiederholt betont, dass ein Geschäftsführer sich durch eine Globalzession an ein Kreditinstitut nicht mit haftungsausschließender Wirkung der zu Befriedigung des Finanzamts benötigten Mittel begeben dürfe. Übertrage man diese Erwägung auf den Streitfall, zeige sich, dass durch Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrags Umstände begründet worden seien, die das Steueraufkommen gefährdet hätten. Anders als die Poolbanken sei der Antragsgegner nicht informiert worden, sodass ihm angemessene Maßnahmen, z. B. die Änderung der BewilligungZA unter Anordnung einer Sicherheitsleistung oder ein dinglicher Arrest, genommen worden sei. Damit habe der Antragsteller eine reale Ursache für den Eintritt des Steuerausfalls gesetzt. Dieser Pflichtwidrigkeit stehe nicht entgegen, dass die Steuerschuldnerin aussichtsreiche Sanierungs- und Übernahmeverhandlungen geführt habe. Eine unbillige Härte bestehe nicht. Dass der Antragsteller über eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Unternehmensleitern und Leitenden Angestellten verfüge, die für den möglicherweise entstandenen Schaden aufkomme, sei dem Antragsgegner bisher unbekannt gewesen.

15

Am 20.05.2015 hat der Antragsteller um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Er beruft sich auf seinen vorgerichtlichen Vortrag und führt ergänzend aus: Die Geschäftsführer der Steuerschuldnerin seien in die Suche nach einem Unternehmenskäufer nicht eingebunden gewesen. Bis zu der überraschenden Absage des Investors hätten sie die Information erhalten, dass die in dem LOI zugesagte Zahlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfolgen würde. Die avisierte Zahlung habe daher bei der Liquiditätsplanung (...) berücksichtigt werden dürfen. Nach der Liquiditätsplanung hätten die Einfuhrabgaben beglichen werden können. Auch wenn die Absage des Investors völlig überraschend gekommen sei, hätten die Geschäftsführer im Vorfeld vorsorglich eine alternative Liquiditätsplanung aufstellen lassen (...), bei der die Zahlung der Einfuhrabgaben ebenfalls berücksichtigt worden sei. Erst mit Kündigung aller Darlehen, die der Steuerschuldnerin am 25.07.2013 zugegangen sei, sei die Fortführung des Unternehmens - und damit auch die Begleichung der Einfuhrumsatzsteuer - nicht mehr möglich gewesen. Die im Haftungsbescheid genannten Mietverbindlichkeiten habe der Vermieter, der gleichzeitig Hauptgesellschafter der Steuerschuldnerin gewesen sei, nie ernsthaft eingefordert.

16

Er - der Antragsteller - habe nicht gegen Mitteilungspflichten, die sich aus den Nebenbestimmungen zur BewilligungZA ergäben, verstoßen. Diese Mitteilungspflichten ließen sich nicht aus den im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen einer "Informationspflicht der Vertragspartner" ins Steuerrecht übertragen. Selbst wenn es eine Informationspflicht geben würde, wären die Voraussetzungen nicht erfüllt. Nach dem BGH liege ein Verstoß gegen die Informationspflicht nur vor, wenn bei Inanspruchnahme einer Leistung unter Berücksichtigung einer bestehenden Überschuldung zur erwarten sei, dass die Gesellschaft bei Fälligkeit der Forderung zahlungsunfähig sei. Die für die BewilligungZA maßgeblichen Umstände hätten sich bis zur Absage des Investors nicht geändert. Die Vollstreckung würde auch zu einer unbilligen Härte führen, da laufende Finanzierungen, grundbuchrechtlich gesicherte Darlehen und damit seine wirtschaftliche Existenz ernsthaft gefährdet seien. Außerdem sei seine Inanspruchnahme nicht erforderlich, weil eine Geschäftsführer-Versicherung bestehe, die für das Einspruchsverfahren bereits die volle Kostendeckung zugesagt habe.

17

Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids des Antragsgegners vom 13.02.2015 (Geschäftszeichen: .../.../...) ohne Sicherheitsleistung, hilfsweise gegen Sicherheitsleistung auszusetzen.

18

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

19

Er verweist auf den Haftungsbescheid und trägt ergänzend vor: Spätestens am 21.07.2013 hätte dem Antragsteller klar sein müssen, dass keine Zahlungsmittel mehr zur Verfügung stehen würden, um Einfuhrabgaben zu begleichen, die danach entstehen würden. Darüber hinaus sei die Abwicklung des Zahlungsaufschubs über ein an eine kreditgebende Bank verpfändetes Geschäftskonto neben der Globalzession und der Raumsicherungsübereignung erkennbar geeignet, die liquiden Mittel zur Tilgung nicht gesicherter Verbindlichkeiten zu reduzieren. Der Prokurist der Steuerschuldnerin A-1 habe nicht in Anspruch genommen werden können, weil eine Prüfung ergeben habe, dass die Wahrnehmung der steuerlichen Pflichten nicht zu seinen Aufgaben gehört habe.

20

Bei der Entscheidung haben vorgelegen ein Einspruchsordner (...) sowie Nebenakten (3 Ordner).

Entscheidungsgründe

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II. Der gemäß § 69 Abs. 3 FGO zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids vom 13.02.2015 bleibt in der Sache ohne Erfolg.

22

Nach § 69 Abs. 3 FGO kann das Gericht der Hauptsache einem Antrag auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 bis 6 FGO entsprechen (zum heranzuziehenden Entscheidungsmaßstab des § 69 Abs. 2 FGO in Abgrenzung zu Art. 244 Abs. 2 ZK, § 21 Abs. 2 UStG bei - wie hier - streitiger Haftung nach § 191 AO für Einfuhrumsatzsteuer siehe FG Düsseldorf, Beschl. v. 05.07.2002, 4 V 7185/01 A (H), juris, Rn. 54). Danach soll die Vollziehung ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung der angefochtenen Bescheide neben für ihre Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (st. Rspr. des BFH, siehe nur Beschl. v. 26.08.2004, V B 243/03, juris, Rn. 14 unter Bezugnahme auf Beschl. v. 10.02.1967, III B 9/66, BFHE 87, 447). Die Aussetzung der Vollziehung setzt dabei nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH, Beschl. v. 26.04.2004, VI B 43/04, juris, Rn. 11; Beschl. v. 20.05.1997, VIII B 108/96, juris, Rn. 41). Sie kann auch dann zu gewähren sein, wenn die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide später im Hauptverfahren bestätigt werden sollte (vgl. BFH, Beschl. v. 23.08.2004, IV S 7/04, juris, Rn. 21). Gemäß § 69 Abs. 2 S. 3 FGO kann die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Die Umstände, die die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen, hat der Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 155 S. 1 FGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO; siehe Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 123. EL, Mai 2010, § 69 FGO Rn. 94, 123).

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1. Nach diesem Prüfungsmaßstab ergeben sich auf der Grundlage der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 69 Abs. 2 S. 2, Alt. 1 FGO an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids vom 13.02.2015. Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Haftungsbescheiden ist § 191 Abs. 1 S. 1 AO. Danach kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner). Nach § 69 S. 1 AO haften u. a. die in § 34 AO bezeichneten Personen, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 AO haben u. a. die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Nach § 34 Abs. 1 S. 2 AO haben sie insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den verwalteten Mitteln entrichtet werden.

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Die Voraussetzungen der §§ 191 Abs. 1 S. 1, 69 S. 1, 34 Abs. 1 S. 1 AO liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit vor. Die Steuerverbindlichkeit, für die der Antragsteller in Anspruch genommen wird, besteht (dazu 1.1). Der Antragsteller war im maßgeblichen Zeitraum eine in § 34 Abs. 1 S. 1 AO genannte Person (dazu 1.2). Er hat Pflichten im Sinne des § 69 AO schuldhaft verletzt und diese Pflichtverletzungen waren kausal für die Nichterfüllung der Steuerschuld der Steuerschuldnerin (dazu 1.3). Die Höhe der Inhaftungnahme ist nicht zu beanstanden (dazu 1.4). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (dazu 1.5). Im Einzelnen:

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1.1 Ernstliche Zweifel an der Existenz der gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a), Abs. 2, Abs. 3 UAbs. 1 S. 1 ZK, § 21 Abs. 2 UStG entstandenen Einfuhrumsatzsteuerschuld der Steuerschuldnerin i. H. v. € 224.310,20 aus den oben erwähnten zehn Einfuhrabgabenbescheiden - einem Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) - bestehen nicht, und auch der Antragsteller bestreitet diese als solche weder dem Grunde noch der Höhe nach.

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1.2 Der Antragsteller war im maßgeblichen Zeitraum Geschäftsführer einer nicht rechtsfähigen Personenvereinigung im Sinne von § 34 Abs. 1 S. 1 AO. Als Kommanditgesellschaft ist die Steuerschuldnerin eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung im Sinne dieser Vorschrift (Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 122. EL, Januar 2010, § 34 AO, Rn. 10). Zwar war unmittelbarer Geschäftsführer der Steuerschuldnerin die Komplementär-GmbH (§§ 114, 161 Abs. 2 HGB). Als (Mit-)Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war der Antragsteller ihr gesetzlicher Vertreter (§§ 6, 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG) und damit mittelbarer Geschäftsführer der Steuerschuldnerin (siehe auch FG Hamburg, Urt. v. 25.10.1993, I 8/89, juris, Rn. 14 m. w. N.).

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1.3 Der Antragsteller hat steuerliche Pflichten der Steuerschuldnerin im Sinne von § 69 S. 1 AO, die er als ihr Vertreter zu erfüllen hatte (Boeker in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 232. EL, April 2015, § 69 AO Rn. 13, § 34 Rn. 45; Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 138. EL, Nov. 2014, § 34 AO Rn. 19 und § 69 AO Rn. 12), im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des der Steuerschuldnerin bewilligten laufenden sicherheitslosen Zahlungsaufschubs (Art. 224 ff. ZK, § 21 Abs. 3 UStG) im maßgeblichen Zeitraum zumindest grob fahrlässig nicht erfüllt. Hierdurch konnte die entstandene Einfuhrumsatzsteuer nicht geltend gemacht werden. Im Einzelnen hat der Antragsteller gegen die Mitteilungspflicht aus der Auflage Nr. 14 zur BewilligungZA (dazu 1.3.1) und gegen die Mittelvorsorgepflicht (dazu 1.3.2) verstoßen.

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1.3.1 Der Antragsteller hat die sich aus der Auflage Nr. 14 der BewilligungZA ergebende steuerliche Pflicht (dazu 1.3.1.1) der Steuerschuldnerin verletzt, unverzüglich jede Änderung der im Antrag angegebenen oder sonst für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse schriftlich anzuzeigen (dazu 1.3.1.2). Die Pflichtverletzung war schuldhaft (dazu 1.3.1.3) und kausal für den Steuerausfall (dazu 1.3.1.4).

29

1.3.1.1 Die in der Auflage Nr. 14 der BewilligungZA niedergelegte Informationspflicht ist eine verbindliche steuerliche Pflicht im Sinne von § 69 AO.

30

Die BewilligungZA ist ein Verwaltungsakt im Sinne von § 118 S. 1 AO. Sie stellt eine einfuhrumsatzsteuerliche Vergünstigung in Form der "fiskalischen Kreditgewährung" (FG Bremen, Urt. v. 17.03.1992, II 135/86 K, juris Rn. 42 m. w. N.) dar. Grundsätzlich darf nämlich gemäß Art. 74 Abs. 1 S. 1 ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 Halbs. 1 UStG beim Entstehen einer Abgabenschuld die Ware, die Gegenstand der Anmeldung ist, dem Anmelder erst übergeben werden, wenn die Abgabe in der festgesetzten Frist entrichtet (Art. 222 Abs. 1 Buchst. a) UAbs. 1 ZK, § 21 Abs. 2 Halbs. 1 UStG) oder eine Sicherheit geleistet wurde. Diese Bedingungen werden bei der Bewilligung eines Zahlungsaufschubs dahin gehend modifiziert, dass die Ware sofort übergeben wird und die während eines Kalendermonats von der Zollstelle buchmäßig erfassten und aufgeschobenen Abgabenbeträge erst spätestens am 16. Tag des Folgemonats zu entrichten sind (Nr. 5 der BewilligungZA i. V. m. Art. 227 Abs. 1 Buchst. b), Art. 226 Buchst. b) ZK). Ob und unter welchen Bedingungen eine solche Vergünstigung gewährt wird, steht gemäß 224 ff. ZK im Ermessen der Zollbehörden. Durch die BewilligungZA haben sie im Einzelfall verbindlich geregelt, unter welchen Bedingungen die Steuerschuldnerin vom Zahlungsaufschub Gebrauch machen darf.

31

Die Auflage Nr. 14 ist ein ebenfalls für die Steuerschuldnerin rechtsverbindlicher Teil der BewilligungZA. Es handelt sich um eine Auflage im Sinne von § 120 Abs. 2 Nr. 4 AO. Danach darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen verbunden werden mit einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage). Eine solche Auflage ist nur bei einem begünstigenden Verwaltungsakt zulässig (Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 124. EL, Oktober 2010, § 120 AO Rn. 18). Die BewilligungZA ist - wie oben dargelegt - ein solcher Verwaltungsakt. Mit der Auflage soll die Steuerschuldnerin dazu angehalten werden, die Änderung von Umständen, die für die Erteilung der Begünstigung wichtig sind, mitzuteilen. Dass es sich hierbei nicht nur um eine unverbindliche Anregung der Zollbehörden handelt, ergibt sich aus ihrem Regelungskontext. Durch die Gewährung des Zahlungsaufschubs wird das Insolvenzrisiko des Zollanmelders für den Aufschubzeitraum auf die Zollbehörde übertragen. Die Vertrauenswürdigkeit und steuerliche Zuverlässigkeit stellt eine Erteilungsvoraussetzung dar (siehe Nr. 19 der BewilligungZA). Es ist für den Fortbestand der Bewilligung daher von entscheidender Bedeutung, dass sich die tatsächlichen Umstände, die zur Bewilligung des Zahlungsaufschubs geführt haben, im Wesentlichen unverändert bleiben. Daher wurde in die BewilligungZA (Nr. 18) insbesondere für den Wegfall der allgemein für die Bewilligung erforderlichen Voraussetzungen ein ausdrücklicher Widerrufsvorbehalt aufgenommen.

32

Die Auflage Nr. 14 wurde durch Bekanntgabe der BewilligungZA, die am 25.01.2000 abgesandt wurde, gegenüber der Steuerschuldnerin gemäß § 124 Abs. 1 S. 1 AO wirksam. Der Widerruf der Bewilligung gemäß § 131 Abs. 2 AO erfolgte erst am 01.08.2013, also nach dem hier maßgeblichen Zeitraum. Die Auflage Nr. 14 ist insbesondere nicht wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit nichtig (§ 125 Abs. 1 AO). Zwar heißt es in der Auflage, dass jede Änderung der "sonst für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse schriftlich anzuzeigen" sei. Diese Formulierung lässt die Auflage Nr. 14 indes nicht als im Sinne des § 119 Abs. 1 AO inhaltlich nicht hinreichend bestimmt erscheinen. Denn allen Beteiligten, insbesondere der seit über hundert Jahren im Außenhandel tätigen Steuerschuldnerin, war aufgrund der Kreditfunktion des Zahlungsaufschubs klar, dass dieser von der wirtschaftlichen Stabilität des Unternehmens abhängt, zumal die Steuerforderungen nach Überlassung der Waren nicht gesichert waren. Eine Informationspflicht bestand somit jedenfalls dann, wenn nicht mehr sicher prognostiziert werden konnte, dass Einfuhrabgaben bei Fälligkeit gezahlt werden könnten. Da der Rechtsgrund der Pflichtverletzung ein bestandskräftiger Verwaltungsakt ist, bedarf es nicht der vom Antragsgegner herangezogenen zivilrechtlichen Erwägungen zur Grundlage der Informationspflicht. Entsprechend geht der Hinweis des Antragstellers auf das steuerliche Analogieverbot zulasten des Steuerbürgers und die vom BGH entwickelten Grundsätze zum Bestehen einer zivilrechtlichen Informationspflicht ins Leere.

33

Unbeachtlich ist, dass sich die Informationspflicht nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Der Wortlaut von § 69 S. 1 AO verlangt lediglich eine "Verletzung der ihnen [d.h., den in den §§ 34 f. AO genannten Personen] auferlegten Pflichten". Aus welcher Rechtsquelle diese Verpflichtung fließt, ist danach nicht relevant, solange es sich um eine steuerrechtliche - und nicht etwa um eine handelsrechtliche - Pflicht (zu dieser Abgrenzung BFH, Urt. vom 25.04.1995, VII R 99-100/94, BFH/NV 1996, 97 [100] = juris, Rn. 44; Urt. v. 07.10.1977, III R 131/73, BFHE 123, 398 [402] = juris, Rn. 32) handelt, die auf ein steuerrechtliches Gesetz im materiellen Sinne (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Auflage 2011, § 4 Rn. 17, 20) rückführbar ist. Einen solchen steuerrechtlichen Bezugspunkt hat die Auflage Nr. 14. Sie ist eine Nebenbestimmung zu der nach Art. 227 Abs. 1 Buchst. b) ZK i. V. m. § 21 Abs. 2 Halbs. 1 UStG gewährten einfuhrumsatzsteuerlichen Zahlungserleichterung. Würde man dagegen den Verstoß gegen eine sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergebende steuerrechtliche Pflicht von vornherein von der Haftung ausschließen, hätte dies die für den Senat nicht hinnehmbare Folge, dass ein Geschäftsführer bewusst gegen eine Nebenbestimmung einer durch Verwaltungsakt erteilten steuerlichen Vergünstigung verstoßen könnte, ohne deshalb in Haftung genommen zu werden. Dies widerspräche auch der Konzeption der Abgabenordnung, die Verstöße gegen Auflagen im Zoll- und Verbrauchsteuerbereich sogar als Ordnungswidrigkeit behandelt (§ 379 Abs. 3 AO; hierzu Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 124. EL, Okt. 2010, § 120 AO, Rn. 25).

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1.3.1.2 Die in der Auflage Nr. 14 zur BewilligungZA niedergelegte Informationspflicht hat der Antragsteller verletzt. Danach hat die Steuerschuldnerin unverzüglich jede Änderung der im Antrag angegebenen oder sonst für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse anzuzeigen. Im Lichte der Funktion des Zahlungsaufschubs als fiskalische Kreditgewährung, bei der sich der kreditgewährende Bund jeder Sicherheit begibt, sind alle Umstände mitzuteilen, aus denen sich Veränderungen der Bonität des Antragstellers ergeben könnten. Anders als Antragsteller meint, kann eine Meldepflicht nicht erst dann bestehen, wenn Insolvenzgründe (Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder drohender Zahlungsunfähigkeit, §§ 17-19 InsO) vorliegen. Da in einem solchen Fall - ordnungsgemäßes Handeln der Geschäftsführung vorausgesetzt - sogleich Insolvenzantrag gestellt werden müsste, könnte der Ausfall von vorher entstandenen, aber nach Insolvenzantragstellung fällig werdenden Forderungen nicht mehr verhindert werden. Da die Informationspflicht bereits im Vorfeld des Vorliegens von Insolvenzgründen angesiedelt ist, ist nicht von Belang, ob der im Haftungsbescheid angeführte Zahlungsausfall hinsichtlich der Miete für die Hauptniederlassung der Steuerschuldnerin, den der Antragsteller bestreitet, vorgelegen hat. Der jeweils maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen einer Pflichtverletzung ist das jeweilige Datum der Annahme der Zollanmeldungen (vgl. Art. 67 ZK), hier der 19., 22., 24. bzw. 26.07.2013. Bis zu diesen Zeitpunkten wäre es möglich gewesen, die - vor der Gestellung abgegebenen Zollanmeldungen - zu ändern (siehe Art. 65 S. 1 ZK; Henke, in: Witte/Wolffgang, Lehrbuch des Europäischen Zollrechts, 7. Aufl. 2012, Rn. 333) und von dem bewilligten Zahlungsaufschub keinen Gebrauch zu machen. Daher ist es - anders als der Antragsteller meint - nicht relevant, wann die Waren, deren Einfuhr zum Entstehen der hier in Rede stehenden Einfuhrumsatzsteuer geführt hat, bestellt wurden. Danach bestand eine Informationspflicht hinsichtlich des Abschlusses des Sicherheiten-Poolvertrags (dazu 1.3.1.2.1) sowie hinsichtlich des ab Januar 2013 bestehenden bzw. absehbaren Liquiditätsbedarfs (dazu 1.3.1.2.2). Diesen Informationspflichten ist der Antragsteller bis zuletzt nicht nachgekommen.

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1.3.1.2.1 Ungeachtet der Frage, ob eine Informationspflicht bereits durch Abschluss des Factoring-Vertrages vom ... 2009 entstanden war, bestand eine aus der Auflage Nr. 14 zur BewilligungZA folgende Informationspflicht hinsichtlich des Abschlusses des Sicherheiten-Poolvertrags vom ... 2012. Durch die umfassende Gewährung von Sicherungsrechten zu Gunsten der finanzierenden Banken wurde deutlich, dass sie - die Banken - die Zahlungsunfähigkeit der Steuerschuldnerin ernsthaft befürchteten. Dies ist vor dem Hintergrund, dass die Steuerschuldnerin in den Jahren 2010 und 2011 einen Verlust von rund € 14 Mio. erwirtschaftet und einen Teil ihrer Kundenforderungen verkauft hatte, auch nachvollziehbar.

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Neben der umfassenden Sicherheitengewährung für die Banken im Allgemeinen stellte es einen eigenständigen mitteilungspflichtigen Umstand dar, dass die Steuerschuldnerin auch das Konto bei der Bank X verpfändete, über das das Aufschubkonto Nr. -1 ausgeglichen wurde. Dies sind tatsächliche Änderungen der für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse. Da es sich bei dem Zahlungsaufschub um eine "fiskalische Kreditgewährung" (siehe oben 1.3.1.1) handelt, bei der das Insolvenzrisiko zwischen Überlassung der Ware und Fälligkeit beim Bund liegt, ist der Abschluss eines umfassenden Sicherheiten-Poolvertrages, durch den sich die finanzierenden Banken gegen etwaige Zahlungsausfälle absichern, auch für den in gleicher Weise kreditgewährenden Bund ein wichtiger Umstand, der bei seiner Risikoanalyse, ob der Zahlungsaufschub weitergewährt wird, zwingend berücksichtigt werden müsste. Darüber hinaus stellt allein der Umstand, dass das Konto, über das das Aufschubkonto ausgeglichen wurde, verpfändet wurde, einen offenbarungspflichtigen Umstand dar. Dies bedeutet nämlich, dass im Falle der Krise ein Ausgleich des Aufschubkontos nicht möglich sein würde, weil die finanzierenden Banken mit hoher Wahrscheinlichkeit sofort von ihrem Pfandrecht Gebrauch machen würden. Der von der Steuerschuldnerin erteilte Abbuchungsauftrag wäre damit im Krisenfalle voraussichtlich wertlos. Diese Informationspflicht bestand mit Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrages durchgängig bis zu den maßgeblichen Einfuhrvorgängen.

37

1.3.1.2.2 Zusätzlich bestand eine Informationspflicht hinsichtlich des ab Januar 2013 offenbar gewordenen Liquiditätsbedarfs, der zu Stundungsverhandlungen mit Lieferanten und der Suche nach einem Unternehmenskäufer führte. Auch wenn es bis zur Insolvenzantragstellung nicht zu Zahlungsausfällen kam, war nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers klar, dass bis Sommer 2013 weitere Liquidität nötig sein würde, die nicht allein aus Mitteln der Steuerschuldnerin oder ihrer Gesellschafter gedeckt werden könnte. Die Steuerschuldnerin musste daher Stundungsverhandlungen mit Lieferanten führen. Es handelte sich hierbei um eine prekäre wirtschaftliche Lage. Die Zahlungsunfähigkeit konnte nur dadurch abgewendet werden, dass sich die Lieferanten zu einer Stundung der Kaufpreisforderungen bereit erklären würden und ab Sommer 2013 ein Investor gefunden werden würde. Die Abwendung der Zahlungsunfähigkeit war somit von zwei Bedingungen - Stundungsvereinbarung mit einer kritischen Masse von Lieferanten und Einstieg eines Investors - abhängig, deren Eintritt von der Steuerschuldnerin allein nicht garantiert werden konnte. Dies sind tatsächliche Änderungen der für die Bewilligung maßgebenden Verhältnisse, da sich die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit der Steuerschuldnerin durch diese Umstände nochmals erhöhte und somit die reale Gefahr bestand, dass Einfuhrabgaben bei Fälligkeit nicht entrichtet werden würden.

38

1.3.1.3 Der Antragsteller hat diese Informationspflichten schuldhaft verletzt. Die Pflichtwidrigkeit des aufgezeigten Verhaltens des Antragstellers indiziert im Allgemeinen wie auch im Streitfall zumindest die grobe Fahrlässigkeit (vgl. hierzu nur BFH, Urt. v. 13.03.2003, VII R 46/02, juris, Rn. 33). Grob fahrlässig im Sinne des § 69 AO handelt, wer die Sorgfalt, zu der er nach den Umständen und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt (BFH, Beschl. v. 07.03.1995, VII B 172/94, juris, Rn. 13 m. w. N.; Beschl. v. 04.05.1998, I B 116/96, juris, Rn. 17).

39

Es sind keine Gründe ersichtlich, die den Antragsteller exkulpieren könnten. Die grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich des Unterlassens, den Antragsgegner nach dem Abschluss des Sicherheiten-Poolvertrages vom ... 2012 über die geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu informieren, ist insbesondere nicht dadurch weggefallen, dass die Steuerschuldnerin einen Investor gesucht und dieser in einem LOI die Absicht erklärt hat, bis zum 26.07.2013 € 4 Mio. neues Kapital zu investieren (siehe § 1 Abs. 5 des LOI). Der LOI war nämlich im Hinblick auf diese Verpflichtungen ausdrücklich nicht verbindlich (§ 8 Abs. 1 des LOI). Bis zum Abschluss eines rechtsverbindlichen Vertrages - zu dem es nicht kam - konnte sich somit niemand darauf verlassen, dass der Geldgeber tatsächlich die in Aussicht gestellte Einlage leisten würde. Dies musste auch dem Antragsteller als einem erfahrenen Geschäftsmann bewusst gewesen sein. Nach Kenntnis des Senats ist es bei Unternehmenskäufen im Übrigen keinesfalls fern des Alltäglichen, dass potenzielle Käufer am Tag der geplanten Vertragsunterzeichnung die Verhandlungen noch einmal eröffnen. Eine solche Verhandlungsstrategie liegt insbesondere dann nahe, wenn - wie hier - eine Vertragspartei dringend auf die Zuführung neuen Kapitals angewiesen ist. Solange die wirtschaftliche Schieflage der Steuerschuldnerin durch rechtsverbindlichen Abschluss des Übernahmevertrags nicht behoben war, hätte es dem Antragsteller ohne weiteres einleuchten müssen, dass die wirtschaftliche Situation, insbesondere die umfassend gewährten Sicherheiten zu Gunsten der finanzierenden Banken, wesentliche, für den Fortbestand der BewilligungZA maßgebliche Umstände darstellen. Aus dem Umstand, dass der Insolvenzverwalter einen Verstoß gegen die Insolvenzantragspflicht nicht festgestellt hat, kann - anders als Antragsteller meint - im Umkehrschluss nicht auf eine fehlende Verletzung der Informationspflicht geschlossen werden. Da Letztere bereits im Vorfeld des Vorliegens von Insolvenzgründen greift (siehe oben 1.3.1.2), trifft das Insolvenzgutachten keine Aussagen über die Erfüllung einer zollrechtlichen Informationspflicht. Überdies sind die Informationspflichten nach der Auflage Nr. 14 und die Insolvenzantragspflichten weder inhaltlich noch zeitlich deckungsgleich. Erstere greifen - wie bereits ausgeführt - nicht nur zu einem deutlich früheren Zeitpunkt, sondern auch auf einer niedrigeren Stufe als die Insolvenzantragspflichten, sollen sie doch gerade auch sicherstellen, dass Einfuhrabgaben bei Fälligkeit tatsächlich gezahlt werden können.

40

1.3.1.4 Die Pflichtverletzung war kausal dafür, dass ein Steueranspruch (§ 37 Abs. 1 AO) in Form eines Anspruches auf Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. € 224.310,20 nicht erfüllt wurde. Aus dem Schadensersatzcharakter der Haftung nach den §§ 34, 69 AO ergibt sich, dass zwischen der Pflichtverletzung und dem mit dem Haftungsanspruch geltend gemachten Steuerausfall ein adäquater Kausalzusammenhang bestehen muss (BFH, Urt. v. 25.04.1995, VII R 99-100/94, juris, Rn. 27; Urt. v. 26.08.1992, VII R 50/91, juris, Rn. 15). Die Kausalität richtet sich wie bei zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen nach der sog. Adäquanztheorie. Danach sind solche Pflichtverletzungen für den Erfolg ursächlich, die allgemein oder erfahrungsgemäß geeignet sind, diesen Erfolg zu verursachen. Geht es - wie bei der Verletzung der Mitteilungspflicht - um ein Unterlassen, muss ein Hinzudenken der unterbliebenen Handlung zu dem Ergebnis führen, dass der Schaden ohne das Unterlassen nicht eingetreten wäre; die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichteintritts des Erfolgs genügen dagegen nicht (BFH, Urt. v. 25.04.1995, VII R 99-100/94, juris, Rn. 29 m. w. N.).

41

Nach diesen Grundsätzen ist hier der Kausalzusammenhang zu bejahen. Der Antragsgegner hätte nämlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei Kenntnis der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Steuerschuldnerin entweder die BewilligungZA widerrufen oder ihre Nutzung auch im Hinblick auf die Einfuhrumsatzsteuer von einer Sicherheit abhängig gemacht.

42

1.3.2 Der Antragsteller hat außerdem die Mittelvorsorgepflicht verletzt.

43

1.3.2.1 Die Mittelvorsorgepflicht ist verletzt, wenn der gesetzliche Vertreter ungeachtet der erkennbar entstehenden Steueransprüche für deren spätere Tilgung im Zeitpunkt der Fälligkeit keine Vorsorge trifft. Dabei kann je nach den Umständen des Einzelfalls ein bestimmtes pflichtgemäßes Verhalten auch schon vor der Entstehung der Steuerforderung geboten sein, wenn die Entstehung der Steuer absehbar war (st. Rspr.; siehe nur BFH, Beschl. v. 25.04.2013, VII B 245/12, juris Rn. 17; Urt. v. 11.03.2004, VII R 19/02, juris, Rn. 14 m. w. N.; Urt. v. 09.01.1997, VII R 51/96, juris, Rn. 18; siehe auch FG Düsseldorf, Beschl. v. 05.07.2002, 4 V 7185/01 A, juris, Rn. 61). Dies gilt insbesondere für die Bewilligung eines fortlaufenden Zahlungsaufschubs. Dabei haben alle Steuerpflichtigen, ohne dass es einer besonderen Auflage bedarf, insbesondere darauf zu achten, dass die aufgeschobenen Zahlungsbeträge bei Fälligkeit entrichtet werden können (BFH, Urt. v. 12.03.1974, VII R 136/71, juris, Rn. 20; FG Bremen, Urt. v. 17.03.1992, II 135/86 K, juris Rn. 44; siehe auch BFH, Urt. v. 04.03.1986, VII R 38/81, juris, Rn. 15).

44

1.3.2.2 Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller gegen die Mittelvorsorgepflicht verstoßen. Für die sechs Einfuhren, die am 24. und 26.07.2013 abgefertigt wurden, liegt ein Verstoß gegen die Mittelvorsorgepflicht auf der Hand. Sie erfolgten nämlich, nachdem der Antragsteller am 22.07.2013 Kenntnis davon erlangt hatte, dass die Verhandlungen mit dem potenziellen Investor endgültig gescheitert waren. Da die mit den Lieferanten vereinbarten Stundungen nur bis zum Sommer 2013 reichten und sich die finanzierenden Banken mit dem potenziellen Investor auf einen Forderungsverzicht i. H. v. 75 % geeinigt hatten (§ 1 Abs. 4 des LOI), musste dem Antragsteller klar gewesen sein, dass mit dem Scheitern des Unternehmensverkaufs die Kündigung der Bankkredite wahrscheinlich sein würde und damit die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens bevorstand. Gleichwohl hat er nichts unternommen, um die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer zu verhindern. Hieran ändert nichts, dass die Zollanmeldungen bereits am 23. und 24.07.2013 abgegeben wurden. Bis zur Annahme der Zollanmeldung (siehe oben 1.3.1.2) hätte der Antragsteller seine Zollabteilung bzw. den Logistikdienstleister anweisen können, die Zollanmeldungen hinsichtlich des gewählten Zollverfahrens oder der Inanspruchnahme des Aufschubkontos zu ändern.

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Auch hinsichtlich der vier Abfertigungen zum freien Verkehr vom 19. und 22.07.2013 liegt eine Pflichtverletzung vor. Aus dem Gesagten wird deutlich, dass die Fähigkeit der Steuerschuldnerin, die Einfuhrumsatzsteuer zu begleichen, davon abhing, dass der Unternehmenskaufvertrag zu Stande kommen würde. Da der Antragsteller an den Vertragsverhandlungen nicht beteiligt war, hat er die Erfüllung der Steuerschuld von einem Umstand abhängig gemacht, den er selbst nicht kontrollieren konnte. Damit verletzt er die Pflichten der ordnungsgemäßen Geschäftsführung, weil er ein Risiko eingegangen ist, dessen Größe er nicht abschätzen und auf dessen Realisierung er keinen Einfluss nehmen konnte. Es wäre auch möglich und zumutbar gewesen, die Abfertigungen zum freien Verkehr um wenige Tage bis zum erfolgreichen Abschluss des Unternehmenskaufvertrages zu verschieben, etwa durch Eröffnung eines Versandverfahrens oder durch Überführung der Waren in das Zolllager der Steuerschuldnerin.

46

1.3.2.3 Der Antragsteller hat die Mittelvorsorgepflicht schuldhaft verletzt. Die Indizwirkung der Pflichtverletzung für dessen schuldhafte Begehung (siehe oben 1.3.1.3) greift auch hier. Für die insgesamt sechs Abfertigungen vom 24. und 26.07.2013 sind entlastende Umstände nicht ersichtlich. Auf die Übernahme des Unternehmens und die damit verbundene Zuführung neuer Liquidität konnte der Antragsteller schon deshalb nicht mehr bauen, weil er bereits vorher erfahren hatte, dass es hierzu nicht kommen würde. Auch in Bezug auf die vier Abfertigungen zum freien Verkehr vom 19. und 22.07.2013 lässt die Erwartung der für den 22.07.2013 vorbereiteten Vertragsunterzeichnung die grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der fehlenden Vorsorge für die Begleichung der durch diese Einfuhren entstandenen Steuerschulden nicht entfallen. Zwar erhielt der Antragsteller erst am 22.07.2013 gegen 23:00 Uhr Kenntnis davon, dass die für den Vortag geplante Vertragsunterzeichnung endgültig nicht zu Stande kommen würde. Zu diesem Zeitpunkt waren die eingeführten Waren bereits überlassen worden (Die letzte Überlassung erfolgte am 22.07.2013, 14:49 Uhr). Wie soeben dargelegt, konnte der Antragsteller jedoch vor der Unterzeichnung des Übernahmevertrages nicht darauf vertrauen, dass die dringend benötigte neue Liquidität der Steuerschuldnerin tatsächlich zugeführt werden würde. Vorsorge für die Begleichung der Steuerschulden für den Fall, dass der Übernahmevertrag nicht zu Stande kommen würde, hat er nicht getroffen. Die alternative Liquiditätsplanung (...) sah zwar geringere Liquiditätsabflüsse insbesondere durch einen geringeren Wareneinkauf vor, ging jedoch gleichfalls von einer Fortführung der Stundungen aus. Angesichts der extrem angespannten Finanzlage musste der Antragsteller damit rechnen, dass die finanzierenden Banken nach Scheitern einer Übernahme die bestehenden Kreditlinien kündigen und die Steuerschuldnerin damit zahlungsunfähig werden würde.

47

1.3.2.4 Die fehlende Mittelvorsorge war adäquat kausal für das Entstehen der Einfuhrumsatzsteuerschuld. Zwar wurde die Unmöglichkeit der Begleichung der Steuerschulden durch das Scheitern der Unternehmensübernahme mitverursacht. Die Abfertigung der Waren zum freien Verkehr, ohne dass der Antragsteller sicher sein konnte, dass es zur Unternehmensübernahme kommen würde, war gleichwohl adäquat kausal. Da ein Scheitern von Unternehmensübernahmen im letzten Moment nicht unüblich ist, war die Abfertigung vor Vertragsunterzeichnung geeignet, den späteren Zahlungsausfall herbeizuführen. Erst recht gilt dies für die Abfertigung der Waren nach Kenntnis des Antragstellers vom Scheitern der Vertragsverhandlungen.

48

1.4 Die Haftung des Antragstellers ist der Höhe nach nicht auf einen bestimmten Anteil an der für die Befriedigung aller Gläubiger bei der Steuerschuldnerin vorhandenen Summe begrenzt. Bei der Haftung für Umsatzsteuerrückstände hat der BFH zwar den Ansatz der anteiligen Tilgung der Umsatzsteuer entwickelt, wonach die Berechnung der Haftungssumme im Fall der Geschäftsführerhaftung jedenfalls für Umsatzsteuerrückstände bei Nichtvorhandensein ausreichender Zahlungsmittel zur Tilgung sämtlicher Verbindlichkeiten zeitraumbezogen und überschlägig vorzunehmen ist (siehe nur BFH, Beschl. v. 31.03.2000, VII B 187/99, juris, Rn. 17, 20; Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 140. EL, Mai 2015, § 69 AO Rn. 34, jeweils m. w. N. aus der Rspr.). Diese Grundsätze sind jedoch bei Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Zahlungsaufschubs für Einfuhrabgaben, namentlich für die im vorliegenden Fall maßgebliche Nichteinhaltung des Fälligkeitstermins bei aufgeschobenen Einfuhrabgaben, nicht anwendbar. Der Grundsatz der anteiligen Tilgung gilt nicht, weil der Abgabenschuldner durch die Freigabe der Ware vor Begleichung der Abgabenschuld ungesicherten Kredit erhält. Gleichsam als Gegenleistung erwirbt die Zollverwaltung auf der Haftungsebene ein Recht auf vorrangige Befriedigung (grundlegend FG Bremen, Urt. v. 17.03.1992, II 135/86 K, juris, Rn. 48; hieran anschließend schon FG Hamburg, Beschl. v. 27.03.2015, 4 V 210/14, S. 19 BA; Urt. v. 22.05.2015, 4 K 208/14, S. 19; so i. E. auch FG Düsseldorf, Beschl. v. 05.07.2002, 4 V 7185/01 A, juris, Rn. 69).

49

Für die Ermittlung der Haftungshöhe ist ebenfalls nicht von Belang, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Steuerschuldnerin die hier geltend gemachte Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht hat oder gelten machen könnte. Zwar wäre dies gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG in der ab dem 30.06.2013 geltenden Fassung (Gesetz vom 26.06.2013, BGBl. I 1809) bereits mit der Entstehung der (Einfuhr-)Umsatzsteuer (Stadie, UStG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, § 15 UStG Rn. 313) möglich. Es ist jedoch keine Gesamtbetrachtung aller steuerlichen Verhältnisse anzustellen; vielmehr kommt es nur auf den Ausfall der konkreten Steuer an (FG Hamburg, Urt. v. 22.05.2015, 4 K 208/14, S. 25 f.; BFH, Urt. v. 26.09.2012, VII R 3/11, juris, Rn. 25 f. zu § 71 AO; FG Düsseldorf, Beschl. v. 05.07.2002, 4 V 7185/01 A (H), juris, Rn. 77; siehe auch die Nachweise bei Boeker, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 232. EL, April 2015, § 69 AO, Rn. 32b). Es besteht kein Grund für die Annahme, der Gesetzgeber habe der Steuerverwaltung in Bezug auf die Inhaftungnahme die Pflicht auferlegen wollen, zu berechnen, was der Fiskus hinsichtlich der die Einfuhrumsatzsteuer auslösenden Einfuhren insgesamt an (Einfuhr-) Umsatzsteuer eingenommen hat und, falls dieser Betrag die Summe übersteigt, die dem Fiskus nach dem finanzwirtschaftlichen Ziel der Umsatzsteuer an sich hätte zufließen sollen, diesen Mehrbetrag dem Haftenden gutzuschreiben (BFH, Urt. v. 21.02.1989, VII R 165/85, juris, Rn. 27; siehe auch Urt. v. 05.06.1982, VII R 57/82, juris, Rn. 14 f.) Anderenfalls hinge die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners davon ab, ob die Steuerschuldnerin die entstandene Einfuhrumsatzsteuer beim Vorsteuerabzug geltend macht oder - bei Nichtzahlung der Steuer - die Umsatzsteuervoranmeldung gemäß § 17 Abs. 3 UStG analog (Stadie, UStG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, § 15 UStG Rn. 313; ders., in: Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, 161. EL, März 2015, § 15 Rn. 790) berichtigt.

50

1.5 Es bestehen schließlich auch keine ernstlichen Zweifel an der rechtmäßigen Ausübung des Entschließungs- und Auswahlermessens. Der Antragsgegner hat das ihm gemäß § 191 Abs. 1 S. 1 AO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Der beschließende Senat hat insoweit nach § 102 S. 1 FGO nur zu prüfen, ob die in § 5 AO festgelegten Grenzen des Ermessens über- oder unterschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

51

1.5.1 Der Antragsgegner hat das Entschließungsermessen ermessensfehlerfrei ausgeübt. Wegen der dem Steuergläubiger im öffentlichen Interesse obliegenden Aufgabe, die geschuldeten Abgaben nach Möglichkeit zu erheben, kann der Erlass eines Haftungsbescheids bei Uneinbringbarkeit der Steuerschuld nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen ermessensfehlerhaft sein. Deshalb ist das Entschließungsermessen - wie auch im Streitfall - mit dem Hinweis auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Steuerschuldnerin und die damit verbundene Unmöglichkeit einer Einziehung der rückständigen Steuer durch Vollstreckungsmaßnahmen gegen die Steuerschuldnerin jedenfalls bei Nichtvorliegen außergewöhnlicher Umstände - die hier nicht ersichtlich sind - regelmäßig ausreichend begründet (vgl. BFH, Urt. v. 13.06.1997, VII R 96/96, juris, Rn. 15; Urt. v. 29.09.1987, VII R 54/84, juris, Rn. 14).

52

1.5.2 Ebenso wenig bestehen ernstliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Ausübung des Auswahlermessens, d. h. der Entscheidung, warum der Haftungsschuldner anstatt des Steuerschuldners oder anstelle anderer ebenfalls für die Haftung in Betracht kommender Personen in Anspruch genommen wird (BFH, Urt. v. 11.03.2004, VII R 52/02, juris, Rn. 16), durch den Antragsgegner. Hinsichtlich der Inanspruchnahme der Steuerschuldnerin kann auf die obigen (1.5.1) Ausführungen verwiesen werden, nach denen die geringen Aussichten, die Steuerschulden gegenüber der Steuerschuldnerin zu realisieren, es rechtfertigen, vorrangig den (oder die) Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen. Bezüglich der Auswahl der Haftungsschuldner sind keine Ermessenfehler ersichtlich. Der Antragsgegner hat alle drei Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gleichermaßen als Gesamtschuldner in Anspruch genommen. Dass der Prokurist der Steuerschuldnerin, Herr A-1, nicht in Anspruch genommen wurde, erklärt sich rechtsfehlerfrei daraus, dass er ausweislich seines Anstellungsvertrags keine steuerlichen Pflichten für die Steuerschuldnerin wahrgenommen hat (...).

53

Inwieweit Aussichten bestehen, dass der Antragsgegner im Rahmen des Insolvenzverfahrens wenigstens eine quotenmäßige Befriedigung der Einfuhrumsatzsteuerschulden erlangen wird, kann dahinstehen. Diese Möglichkeit hindert nicht den Erlass eines Haftungsbescheids, sondern verpflichtet das Finanzamt lediglich dazu, im Zeitpunkt des Eingangs der Quote den Haftungsanspruch entsprechend zu ermäßigen (vgl. FG Hamburg, Urt. v. 25.10.1993, I 8/89, juris, Rn. 18).

54

2. Auch eine Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 FGO kommt nicht in Betracht. Dass Vorliegen einer unbilligen Härte hat der Antragsteller nämlich nicht ansatzweise substantiiert dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, welche laufenden Finanzierungen und "grundbuchrechtlich gesicherte Darlehen" durch die Inanspruchnahme gefährdet sein sollen. Ob der Antragsteller gegen die Inhaftungnahme versichert ist, ist allein seine Angelegenheit. Dem Antragsgegner kann das Risiko, dass der Versicherer seine Einstandspflicht bestreiten sollte, jedenfalls nicht übertragen werden.

55

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 135 Abs. 1, 128 Abs. 3 i. V. m. 115 Abs. 2 FGO.

(1) Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist,

1.
dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist oder
2.
dass eine durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu entrichtende Steuer nicht in der richtigen Höhe entrichtet worden ist,
so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen. Die Verpflichtung trifft auch den Gesamtrechtsnachfolger eines Steuerpflichtigen und die nach den §§ 34 und 35 für den Gesamtrechtsnachfolger oder den Steuerpflichtigen handelnden Personen.

(2) Die Anzeigepflicht besteht ferner, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder sonstige Steuervergünstigung nachträglich ganz oder teilweise wegfallen.

(3) Wer Waren, für die eine Steuervergünstigung unter einer Bedingung gewährt worden ist, in einer Weise verwenden will, die der Bedingung nicht entspricht, hat dies vorher der Finanzbehörde anzuzeigen.

(4) Die Anzeige- und Berichtigungspflicht besteht ferner, wenn Prüfungsfeststellungen einer Außenprüfung unanfechtbar in einem Steuerbescheid, einem Feststellungsbescheid nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder einem Teilabschlussbescheid nach § 180 Absatz 1a umgesetzt worden sind und die den Prüfungsfeststellungen zugrunde liegenden Sachverhalte auch in einer anderen vom oder für den Steuerpflichtigen abgegebenen Erklärung, die nicht Gegenstand der Außenprüfung war, zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt.

(1) Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund.

(2) Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(3) Ist bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend. Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(1) Beantragt der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund.

(2) Der Schuldner droht zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. In aller Regel ist ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.

(3) Wird bei einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans, allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Abwicklern gestellt, so ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der oder die Antragsteller zur Vertretung der juristischen Person oder der Gesellschaft berechtigt sind.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Erkennt ein Steuerpflichtiger nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist,

1.
dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist oder
2.
dass eine durch Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern zu entrichtende Steuer nicht in der richtigen Höhe entrichtet worden ist,
so ist er verpflichtet, dies unverzüglich anzuzeigen und die erforderliche Richtigstellung vorzunehmen. Die Verpflichtung trifft auch den Gesamtrechtsnachfolger eines Steuerpflichtigen und die nach den §§ 34 und 35 für den Gesamtrechtsnachfolger oder den Steuerpflichtigen handelnden Personen.

(2) Die Anzeigepflicht besteht ferner, wenn die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder sonstige Steuervergünstigung nachträglich ganz oder teilweise wegfallen.

(3) Wer Waren, für die eine Steuervergünstigung unter einer Bedingung gewährt worden ist, in einer Weise verwenden will, die der Bedingung nicht entspricht, hat dies vorher der Finanzbehörde anzuzeigen.

(4) Die Anzeige- und Berichtigungspflicht besteht ferner, wenn Prüfungsfeststellungen einer Außenprüfung unanfechtbar in einem Steuerbescheid, einem Feststellungsbescheid nach § 180 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 oder einem Teilabschlussbescheid nach § 180 Absatz 1a umgesetzt worden sind und die den Prüfungsfeststellungen zugrunde liegenden Sachverhalte auch in einer anderen vom oder für den Steuerpflichtigen abgegebenen Erklärung, die nicht Gegenstand der Außenprüfung war, zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlagen führt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr.

(2a) Abfertigungsplätze im Ausland, auf denen dazu befugte deutsche Zollbedienstete Amtshandlungen nach Absatz 2 vornehmen, gehören insoweit zum Inland. Das Gleiche gilt für ihre Verbindungswege mit dem Inland, soweit auf ihnen einzuführende Gegenstände befördert werden.

(3) Die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer kann ohne Sicherheitsleistung aufgeschoben werden, wenn die zu entrichtende Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen werden kann.

(3a) Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub gemäß Artikel 110 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex) bewilligt ist, ist abweichend von den zollrechtlichen Vorschriften am 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats fällig.

(4) Entsteht für den eingeführten Gegenstand nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer eine Zollschuld oder eine Verbrauchsteuer oder wird für den eingeführten Gegenstand nach diesem Zeitpunkt eine Verbrauchsteuer unbedingt, so entsteht gleichzeitig eine weitere Einfuhrumsatzsteuer. Das gilt auch, wenn der Gegenstand nach dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt bearbeitet oder verarbeitet worden ist. Bemessungsgrundlage ist die entstandene Zollschuld oder die entstandene oder unbedingt gewordene Verbrauchsteuer. Steuerschuldner ist, wer den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn derjenige, der den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat, hinsichtlich des eingeführten Gegenstands nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

(5) Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend für Gegenstände, die nicht Waren im Sinne des Zollrechts sind und für die keine Zollvorschriften bestehen.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

(1) Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft sind alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet.

(2) Ist im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Die Gesellschaft muß einen oder mehrere Geschäftsführer haben.

(2) Geschäftsführer kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Geschäftsführer kann nicht sein, wer

1.
als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt,
2.
aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt,
3.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten
a)
des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),
b)
nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten),
c)
der falschen Angaben nach § 82 dieses Gesetzes oder § 399 des Aktiengesetzes,
d)
der unrichtigen Darstellung nach § 400 des Aktiengesetzes, § 331 des Handelsgesetzbuchs, § 346 des Umwandlungsgesetzes oder § 17 des Publizitätsgesetzes oder
e)
nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
Satz 2 Nummer 2 gilt entsprechend, wenn die Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einem vergleichbaren Verbot unterliegt. Satz 2 Nr. 3 gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den in Satz 2 Nr. 3 genannten Taten vergleichbar ist.

(3) Zu Geschäftsführern können Gesellschafter oder andere Personen bestellt werden. Die Bestellung erfolgt entweder im Gesellschaftsvertrag oder nach Maßgabe der Bestimmungen des dritten Abschnitts.

(4) Ist im Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß sämtliche Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt sein sollen, so gelten nur die der Gesellschaft bei Festsetzung dieser Bestimmung angehörenden Personen als die bestellten Geschäftsführer.

(5) Gesellschafter, die vorsätzlich oder grob fahrlässig einer Person, die nicht Geschäftsführer sein kann, die Führung der Geschäfte überlassen, haften der Gesellschaft solidarisch für den Schaden, der dadurch entsteht, dass diese Person die ihr gegenüber der Gesellschaft bestehenden Obliegenheiten verletzt.

(1) Die Gesellschaft wird durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Hat eine Gesellschaft keinen Geschäftsführer (Führungslosigkeit), wird die Gesellschaft für den Fall, dass ihr gegenüber Willenserklärungen abgegeben oder Schriftstücke zugestellt werden, durch die Gesellschafter vertreten.

(2) Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, sind sie alle nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft befugt, es sei denn, dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Ist der Gesellschaft gegenüber eine Willenserklärung abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1. An die Vertreter der Gesellschaft nach Absatz 1 können unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Unabhängig hiervon können die Abgabe und die Zustellung auch unter der eingetragenen Anschrift der empfangsberechtigten Person nach § 10 Abs. 2 Satz 2 erfolgen.

(3) Befinden sich alle Geschäftsanteile der Gesellschaft in der Hand eines Gesellschafters oder daneben in der Hand der Gesellschaft und ist er zugleich deren alleiniger Geschäftsführer, so ist auf seine Rechtsgeschäfte mit der Gesellschaft § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden. Rechtsgeschäfte zwischen ihm und der von ihm vertretenen Gesellschaft sind, auch wenn er nicht alleiniger Geschäftsführer ist, unverzüglich nach ihrer Vornahme in eine Niederschrift aufzunehmen.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr.

(2a) Abfertigungsplätze im Ausland, auf denen dazu befugte deutsche Zollbedienstete Amtshandlungen nach Absatz 2 vornehmen, gehören insoweit zum Inland. Das Gleiche gilt für ihre Verbindungswege mit dem Inland, soweit auf ihnen einzuführende Gegenstände befördert werden.

(3) Die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer kann ohne Sicherheitsleistung aufgeschoben werden, wenn die zu entrichtende Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen werden kann.

(3a) Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub gemäß Artikel 110 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex) bewilligt ist, ist abweichend von den zollrechtlichen Vorschriften am 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats fällig.

(4) Entsteht für den eingeführten Gegenstand nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer eine Zollschuld oder eine Verbrauchsteuer oder wird für den eingeführten Gegenstand nach diesem Zeitpunkt eine Verbrauchsteuer unbedingt, so entsteht gleichzeitig eine weitere Einfuhrumsatzsteuer. Das gilt auch, wenn der Gegenstand nach dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt bearbeitet oder verarbeitet worden ist. Bemessungsgrundlage ist die entstandene Zollschuld oder die entstandene oder unbedingt gewordene Verbrauchsteuer. Steuerschuldner ist, wer den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn derjenige, der den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat, hinsichtlich des eingeführten Gegenstands nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

(5) Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend für Gegenstände, die nicht Waren im Sinne des Zollrechts sind und für die keine Zollvorschriften bestehen.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsakts nicht zuwiderlaufen.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat,
3.
wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.
§ 130 Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.

(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde aber nicht erkennen lässt,
2.
den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsakts vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsakts, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis sind der Steueranspruch, der Steuervergütungsanspruch, der Haftungsanspruch, der Anspruch auf eine steuerliche Nebenleistung, der Erstattungsanspruch nach Absatz 2 sowie die in Einzelsteuergesetzen geregelten Steuererstattungsansprüche.

(2) Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt. Im Fall der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung richtet sich der Anspruch auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.

(1) Die gesetzlichen Vertreter natürlicher und juristischer Personen und die Geschäftsführer von nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen und Vermögensmassen haben deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die sie verwalten.

(2) Soweit nicht rechtsfähige Personenvereinigungen ohne Geschäftsführer sind, haben die Mitglieder oder Gesellschafter die Pflichten im Sinne des Absatzes 1 zu erfüllen. Die Finanzbehörde kann sich an jedes Mitglied oder jeden Gesellschafter halten. Für nicht rechtsfähige Vermögensmassen gelten die Sätze 1 und 2 mit der Maßgabe, dass diejenigen, denen das Vermögen zusteht, die steuerlichen Pflichten zu erfüllen haben.

(3) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter die in Absatz 1 bezeichneten Pflichten, soweit ihre Verwaltung reicht.

Tatbestand

1

I. Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) und sein Bruder waren als BGB-Gesellschafter Eigentümer zweier Grundstücke, deren Verwertung sie einer GmbH & Co. KG (KG) übertragen hatten. Kommanditisten der KG und Geschäftsführer der Komplementärin (GmbH) waren beide Brüder.

2

Nach Veräußerung der neu geschaffenen Eigentumswohnungen im Jahre 2007 reichte die KG am … September 2008 beim Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) für die KG eine Gewerbesteuererklärung für 2007 mit einer Steuerschuld in Höhe von 360.308 € ein.

3

Aufgrund einer Einzahlung des Antragstellers wies das Geschäftskonto der KG ab 15. September 2008 ein Guthaben in Höhe von 360.308 € aus.

4

Mit notariellen Verträgen vom … September 2008 veräußerten der Antragsteller und sein Bruder ihre Anteile an der KG an Herrn B und traten ihre Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH an diesen ab. Zeitgleich wurde B zum alleinigen Geschäftsführer der GmbH bestellt, sowie die Umfirmierung und eine Verlegung des Sitzes der KG beschlossen. Das Entgelt der Überlassung der KG-Anteile sollte in einer gesonderten Erklärung festgesetzt werden, für die GmbH-Anteile war ein Gesamtkaufpreis in Höhe von 3.000 € zur Zahlung auf noch zu benennende Konten vereinbart.

5

Im Vertrag über den Verkauf der GmbH-Anteile verpflichtet sich B namens der GmbH, die noch nicht festgesetzte, aber zu erwartende Gewerbesteuernachzahlung der KG in Höhe von 360.308 € zu leisten. Für das Konto, das diesen Betrag auswies, wurde B zugleich uneingeschränkte Kontovollmacht erteilt.

6

Mit notariellen Verträgen vom … September 2008 trat B die Kommandit- und GmbH-Anteile an Herrn A ab, der gleichzeitig zum alleinigen Geschäftsführer bestellt wurde. Das Entgelt für die Übertragung sollte außerhalb der notariellen Urkunden geregelt werden. Auch in diesem Vertragswerk wurde auf die zu erwartende Gewerbesteuernachzahlung in Höhe von 360.308 € hingewiesen. A hat durch seine Unterschrift bestätigt, diesen Betrag von B erhalten zu haben.

7

Am … September 2008 setzte das FA die Gewerbesteuer entsprechend der eingereichten Steuererklärung auf 360.308 € fest. Die KG entrichtete die Abgabenverbindlichkeit nicht, Vollstreckungsmaßnahmen blieben erfolglos. Der Eigenantrag der KG auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vom Februar 2009 wurde am … Oktober 2009 mangels Masse abgewiesen. Der Gutachter im Insolvenzantragsverfahren hatte noch vorhandene Aktiva in Höhe von 2 € ermittelt, denen fällige Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt … € (davon rückständige Abgabenverbindlichkeiten in Höhe von … €) gegenüberstanden.

8

Gegenüber B und A hat das FA auf § 69 i.V.m. § 34 der Abgabenordnung (AO) gestützte Haftungsbescheide über 360.308 € rückständige Gewerbesteuer 2007 der KG erlassen.

9

Die ebenfalls auf § 69 i.V.m. § 34 AO gestützten Haftungsbescheide vom 1. September 2010 gegen den Antragsteller und seinen Bruder als ehemalige Mitgeschäftsführer der Komplementär-GmbH wegen der rückständigen Gewerbesteuerschuld der KG in Höhe von 360.308 € befinden sich noch im Einspruchsverfahren.

10

Den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des angefochtenen Haftungsbescheids lehnten sowohl das FA als auch das Finanzgericht (FG) ab.

11

Das FG hat die AdV mangels ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids abgelehnt. Der Antragsteller habe nicht vor der Abtretung der GmbH-Anteile an B sowie der zeitgleichen Beendigung seines Mitgeschäftsführeramtes am 17. September 2008 für die Entrichtung der Gewerbesteuer 2007 gesorgt. Der Antragsteller habe seine in die Zeit vor der Amtsaufgabe fallende Pflicht, Mittelvorsorge für die bereits entstandenen, aber erst nach Beendigung seiner Amtszeit fällig werdenden Steuern zu treffen, zumindest grob fahrlässig verletzt. Durch die Einzahlung der 360.308 € auf das Geschäftskonto der KG hätten sie ihrer Vorsorgepflicht nicht genügt, da die Geschäftsanteile an eine Person veräußert worden seien, die von vorneherein im Verdacht gestanden habe, selbst "Firmenbestatter" zu sein oder bereits im Zeitpunkt des Erwerbs sämtlicher GmbH-Anteile die Absicht zu haben, die Anteile kurze Zeit später an einen "Firmenbestatter" weiterzuveräußern. Sie hätten vor der Veräußerung der Gesellschaftsanteile durch zusätzliche Maßnahmen sicherstellen müssen, dass der Fiskus die am 1. Januar 2008 bereits entstandene Gewerbesteuer 2007 im Zeitpunkt der Fälligkeit vollständig vereinnahmen werde (z.B. durch Bestellung einer Bankbürgschaft zugunsten des Antragsgegners oder Hinterlegung des streitgegenständlichen Betrages beim zuständigen Amtsgericht o.Ä.). Demgegenüber habe sich der Antragsteller in keiner Weise die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des B nachweisen lassen, obwohl dieser ein Unternehmen übernehmen sollte, bei dem nach dem Verkauf der vorhandenen Immobilien nur noch restliche Abwicklungsarbeiten mit --im Vergleich zum Jahr 2007-- minimalen Gewinnerzielungschancen durchzuführen gewesen seien. So habe von Anfang an die Gefahr bestanden, dass B die 360.308 € vom Geschäftskonto der KG für unternehmensfremde Zwecke abheben werde (was ja auch tatsächlich geschehen sei). Auch die übrigen Umstände des Anteilsverkaufs (z.B. Verkauf nur wenige Wochen vor Eintritt der Fälligkeit einer hohen und in dieser Höhe für die KG einmalig auftretenden Steuernachzahlung; absehbare Vermögenslosigkeit der KG laut Insolvenzgutachten nach Erbringung dieser Steuerzahlung) sprächen dafür, dass es sich bei diesem nicht um ein normales Verkehrsgeschäft gehandelt habe. Vielmehr ergäben die weiteren Umstände des Falls --Weiterveräußerung der Gesellschaftsanteile von B an A schon eine Woche nach Erwerb und sich aus dem Insolvenzgutachten ergebende Ungereimtheiten in Bezug auf die Person des A bzw. seines Hintermannes aus dem Ausland und die Durchführung des Vertrags B-A-- Anhaltspunkte für eine sog. "Firmenbestattung".

12

Das FG hat die Beschwerde gegen den Beschluss wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Beschluss ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 2 veröffentlicht.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

14

Nach der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Senat der Auffassung, dass an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids keine ernstlichen Zweifel bestehen, so dass das FG die AdV zu Recht abgelehnt hat.

15

1. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestehen solche Zweifel, wenn bei summarischer Prüfung des Bescheids neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung einer Rechtsfrage bewirken (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 23. April 2007 VII B 92/06, BFHE 217, 209, BStBl II 2009, 622, m.w.N.).

16

a) Im Streitfall begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das FG von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Antragstellers und damit von seiner berechtigten Haftungsinanspruchnahme als vormaligem Geschäftsführer nach §§ 69, 34 AO ausgegangen ist. Grundsätzlich kommt als Haftungsschuldner i.S. von § 69 AO auch ein zwischenzeitlich ausgeschiedener Geschäftsführer in Betracht, wenn er die ihm während seiner Tätigkeit obliegende Erfüllung steuerlicher Pflichten der Gesellschaft schuldhaft nicht erfüllt hat.

17

Das kann der Fall sein, wenn der gesetzliche Vertreter ungeachtet der erkennbar entstehenden Steueransprüche für deren spätere Tilgung im Zeitpunkt der Fälligkeit keine Sorge trifft. Dabei kann je nach den Umständen des Einzelfalls ein bestimmtes pflichtmäßiges Verhalten auch schon vor der Entstehung der Steuerforderung geboten sein, wenn die Entstehung absehbar war (ständige Rechtsprechung, Senatsurteil vom 11. März 2004 VII R 19/02, BFHE 205, 335, BStBl II 2004, 967, m.w.N.; Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 69 Rz 55, m.w.N.).

18

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Antragsteller es nicht mit der Bereitstellung des zur Begleichung der von ihm selbst erklärten Steuern erforderlichen Betrags auf dem Geschäftskonto der GmbH hätte bewenden lassen dürfen, sondern zusätzliche Sicherungsvorkehrungen hätte ergreifen müssen um zu gewährleisten, dass der Fiskus diesen Betrag im Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuern auch tatsächlich vollständig vereinnahmen werde.

19

Welche Anforderungen an die einem Geschäftsführer obliegende Pflichterfüllung zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Streitfall hat das FG --sinngemäß dem FA folgend-- die besonderen Anforderungen an die Mittelvorsorgepflicht des Antragstellers mit atypischen Umständen des Falls begründet, die den Verdacht einer sog. Firmenbestattung nahelegten.

20

Angesichts des vom FG festgestellten Sachverhalts sieht der Senat sich nicht veranlasst zu prüfen, welchen rechtlichen Gehalt der Begriff der Firmenbestattung umschreibt, unter welchen Voraussetzungen also eine solche Rechtsfigur anzunehmen ist und welche abgabenrechtlichen Rechtsfolgen sie gegebenenfalls zeitigt. Denn auch unabhängig davon, ob die Vertragsparteien eine Firmenbestattung beabsichtigt haben, ist nach den --vom Antragsteller nicht in Frage gestellten-- Feststellungen des FG nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Antragsteller seine Mittelvorsorgepflicht --zumindest-- in grob fahrlässiger Weise verletzt hat, indem er den für die Zahlung der bereits entstandenen Gewerbesteuer erforderlichen Betrag ungesichert dem Zugriff des B ausgesetzt hat. Das FG hat zu Recht darauf abgestellt, dass der Antragsteller und sein Bruder ihre Gesellschaftsanteile im ersten Jahr nach der erfolgreichen Abwicklung des Unternehmens --Herstellung und Verkauf von Eigentumswohnungen auf ihrem eigenen Grund und Boden-- übertragen haben. Die Besonderheit des Sachverhalts liegt einerseits in der Kumulierung des Gewerbeertrags --und damit der einmaligen Entstehung einer hohen Gewerbesteuerschuld-- im Vorjahr der Anteilsveräußerung und gleichzeitig der nahezu vollständigen wirtschaftlichen Entwertung der Gesellschaftsanteile. Bei dieser Sachlage mussten die Veräußerer vor Augen haben, dass die Schuldnerin der Gewerbesteuer, die KG, mit Fälligkeit der Steuer insolvent wäre, wenn der dafür von ihnen bereitgestellte Betrag --aus welchen Gründen auch immer (etwa wegen Regressansprüchen aus den abgewickelten Verkäufen)-- nicht mehr vorhanden wäre. Ein solches Risiko einzugehen war grob fahrlässig, unabhängig davon, ob sie aufgrund vorangegangener geschäftlicher Beziehungen auf die Seriosität des Erwerbers vertrauen konnten oder von der Absicht der kurzfristigen Weiterveräußerung an den mittellosen A Kenntnis hatten. Demgegenüber hätte es --nicht zuletzt zur Vermeidung der eigenen Haftung-- nahegelegen, den angemeldeten Steuerbetrag zurückzubehalten und nach Festsetzung an das FA auszukehren.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Verbrauchsteuerpflichtige Waren und einfuhr- und ausfuhrabgabenpflichtige Waren dienen ohne Rücksicht auf die Rechte Dritter als Sicherheit für die darauf ruhenden Steuern (Sachhaftung).

(2) Die Sachhaftung entsteht bei einfuhr- und ausfuhrabgaben- oder verbrauchsteuerpflichtigen Waren, wenn nichts anderes vorgeschrieben ist, mit ihrem Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes, bei verbrauchsteuerpflichtigen Waren auch mit Beginn ihrer Gewinnung oder Herstellung.

(3) Solange die Steuer nicht entrichtet ist, kann die Finanzbehörde die Waren mit Beschlag belegen. Als Beschlagnahme genügt das Verbot an den, der die Waren im Gewahrsam hat, über sie zu verfügen.

(4) Die Sachhaftung erlischt mit der Steuerschuld. Sie erlischt ferner mit der Aufhebung der Beschlagnahme oder dadurch, dass die Waren mit Zustimmung der Finanzbehörde in einen steuerlich nicht beschränkten Verkehr übergehen.

(5) Von der Geltendmachung der Sachhaftung wird abgesehen, wenn die Waren dem Verfügungsberechtigten abhanden gekommen sind und die verbrauchsteuerpflichtigen Waren in einen Herstellungsbetrieb aufgenommen oder die einfuhr- und ausfuhrabgabenpflichtigen Waren eine zollrechtliche Bestimmung erhalten.

(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.
die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a ausgestellte Rechnung besitzt. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist;
2.
die entstandene Einfuhrumsatzsteuer für Gegenstände, die für sein Unternehmen nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 eingeführt worden sind;
3.
die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen, wenn der innergemeinschaftliche Erwerb nach § 3d Satz 1 im Inland bewirkt wird;
4.
die Steuer für Leistungen im Sinne des § 13b Absatz 1 und 2, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit die Steuer auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Leistungen entfällt, ist sie abziehbar, wenn die Zahlung geleistet worden ist;
5.
die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6 geschuldete Steuer für Umsätze, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.
Nicht als für das Unternehmen ausgeführt gilt die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 Prozent für sein Unternehmen nutzt.

(1a) Nicht abziehbar sind Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gilt, entfallen. Dies gilt nicht für Bewirtungsaufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes einen Abzug angemessener und nachgewiesener Aufwendungen ausschließt.

(1b) Verwendet der Unternehmer ein Grundstück sowohl für Zwecke seines Unternehmens als auch für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie für die sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit diesem Grundstück vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie nicht auf die Verwendung des Grundstücks für Zwecke des Unternehmens entfällt. Bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung folgender Umsätze verwendet:

1.
steuerfreie Umsätze;
2.
Umsätze im Ausland, die steuerfrei wären, wenn sie im Inland ausgeführt würden.
Gegenstände oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr oder eines innergemeinschaftlichen Erwerbs verwendet, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte oder innergemeinschaftlich erworbene Gegenstand verwendet wird.

(3) Der Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 tritt nicht ein, wenn die Umsätze

1.
in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei sind oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei sind und sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden;
2.
in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2
a)
nach § 4 Nr. 1 bis 7, § 25 Abs. 2 oder nach den in § 26 Abs. 5 bezeichneten Vorschriften steuerfrei wären oder
b)
nach § 4 Nummer 8 Buchstabe a bis g, Nummer 10 oder Nummer 11 steuerfrei wären und der Leistungsempfänger im Drittlandsgebiet ansässig ist oder diese Umsätze sich unmittelbar auf Gegenstände beziehen, die in das Drittlandsgebiet ausgeführt werden.

(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. In den Fällen des Absatzes 1b gelten die Sätze 1 bis 3 entsprechend.

(4a) Für Fahrzeuglieferer (§ 2a) gelten folgende Einschränkungen des Vorsteuerabzugs:

1.
Abziehbar ist nur die auf die Lieferung, die Einfuhr oder den innergemeinschaftlichen Erwerb des neuen Fahrzeugs entfallende Steuer.
2.
Die Steuer kann nur bis zu dem Betrag abgezogen werden, der für die Lieferung des neuen Fahrzeugs geschuldet würde, wenn die Lieferung nicht steuerfrei wäre.
3.
Die Steuer kann erst in dem Zeitpunkt abgezogen werden, in dem der Fahrzeuglieferer die innergemeinschaftliche Lieferung des neuen Fahrzeugs ausführt.

(4b) Für Unternehmer, die nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind und die nur Steuer nach § 13b Absatz 5, nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 14c Absatz 1 oder nur Steuer nach § 13b Absatz 5 und § 13a Absatz 1 Nummer 4 schulden, gelten die Einschränkungen des § 18 Absatz 9 Satz 5 und 6 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen darüber treffen,

1.
in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens für den Vorsteuerabzug auf eine Rechnung im Sinne des § 14 oder auf einzelne Angaben in der Rechnung verzichtet werden kann,
2.
unter welchen Voraussetzungen, für welchen Besteuerungszeitraum und in welchem Umfang zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten in den Fällen, in denen ein anderer als der Leistungsempfänger ein Entgelt gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3), der andere den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und
3.
wann in Fällen von geringer steuerlicher Bedeutung zur Vereinfachung oder zur Vermeidung von Härten bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge (Absatz 4) Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, unberücksichtigt bleiben können oder von der Zurechnung von Vorsteuerbeträgen zu diesen Umsätzen abgesehen werden kann.

Tatbestand

1

I. Im Streit sind Haftungsbescheide des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) gegen den Kläger und Revisionskläger zu 1 (Kläger zu 1) als ehemaligen Geschäftsführer und den Kläger und Revisionskläger zu 2 (Kläger zu 2) als ehemaligen faktischen Geschäftsführer der A-GmbH für deren rückständige Umsatzsteuern und Zinsen aus den Jahren 1999 und 2000.

2

Nach den Feststellungen einer Steuerfahndungsprüfung bei der A-GmbH ergaben sich die den Haftungsbescheiden zu Grunde liegenden Umsatzsteuerschulden aus Scheingeschäften in einer Lieferkette, an der die A-GmbH beteiligt war. Die A-GmbH habe von der C-AG fakturierte hardware-Lieferungen und "Leistungen aus Mietverträgen/Projektgeschäften/Lizenzen" an die C-GmbH --eine Tochtergesellschaft der C-AG ohne aktiven Geschäftsbetrieb-- mit einem Aufschlag von 1 % Provision weiterberechnet, ohne dass diesen Geschäften tatsächliche Umsätze zugrunde gelegen hätten. Nach den Feststellungen im Strafurteil gegen den Geschäftsführer der C-AG und C-GmbH dienten die Scheinverkäufe der C-AG an die --unternehmensfremde-- A-GmbH und dann weiter an die Tochterfirma der C-AG, die C-GmbH, der Schönung des Forderungsbestandes in der Bilanz der C-AG.

3

Aufgrund der in der Umsatzsteuererklärung 1999 der A-GmbH geltend gemachten Vorsteuern aus den von der C-AG gestellten Rechnungen war der Umsatzsteuerbescheid 1999 mit einem erheblichen Erstattungsbetrag ergangen. In den Umsatzsteuervoranmeldungen 2000 hatte die A-GmbH die Umsatzsteuer aus den Umsätzen angegeben, die sie an die C-GmbH fakturiert hatte, und wiederum die sich aus den Rechnungen der C-AG ergebenden Vorsteuern abgezogen. Eine Umsatzsteuerjahreserklärung 2000 reichte sie nicht ein.

4

Die C-GmbH machte aus den ihr von der A-GmbH erteilten Rechnungen keinen Vorsteuerabzug geltend.

5

In Auswertung der Fahndungsprüfung erließ das FA am 3. Februar 2003 geänderte Umsatzsteuerbescheide für 1999 und 2000 gegen die A-GmbH, in denen es die Vorsteuer u.a. um die Umsatzsteuer aus den Rechnungen der C-AG kürzte. Vollstreckungsmaßnahmen gegen die A-GmbH waren erfolglos.

6

Mit Haftungsbescheid vom gleichen Tag nahm das FA die Kläger nach § 69 i.V.m. § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) sowie nach § 71 i.V.m. § 370 AO für rückständige Umsatzsteuer und Nachzahlungszinsen der A-GmbH aus den Jahren 1999 und 2000 gesamtschuldnerisch in Anspruch.

7

Im Einspruchsverfahren wurde die zunächst erfasste Umsatzsteuer aus den der C-GmbH erteilten Rechnungen wieder herausgenommen, weil die C-GmbH keine Vorsteuern geltend gemacht und der Fiskus insoweit keinen Schaden erlitten habe. Außerdem wurde ein Rechenfehler im Umsatzsteuerbescheid 2000 korrigiert. Die Haftungssumme wurde dementsprechend reduziert.

8

Im Rahmen der hiergegen erhobenen Klagen hat das FA am 10. November 2009 geänderte Haftungsbescheide erlassen, in denen es die Haftungssumme --aus hier nicht interessierenden Gründen-- nochmals geringfügig ermäßigte.

9

Das Finanzgericht (FG) hat die gegen die Haftungsbescheide erhobenen Klagen abgewiesen, weil das FA die Kläger zu Recht als Haftungsschuldner nach § 71 AO in Anspruch genommen habe. Die von der C-AG der A-GmbH in Rechnung gestellten Lieferungen und sonstigen Leistungen seien in Wirklichkeit nicht erbracht worden, so dass Scheingeschäfte vorgelegen hätten. Durch die Einreichung von (berichtigten) Umsatzsteuervoranmeldungen für 1999 und 2000 sowie die Umsatzsteuerjahreserklärung 1999 mit dem Ziel der unberechtigten Anrechnung von Vorsteuern aus dem angeblichen Geschäft mit der C-AG habe der Kläger zu 1 bedingt vorsätzlich eine vollendete Steuerhinterziehung begangen. Dem Kläger zu 2 sei Steuerhinterziehung deshalb vorzuwerfen, weil er den Kläger zu 1 vorsätzlich zur Einreichung der unrichtigen Steuervoranmeldungen bzw. der Steuererklärung veranlasst habe. Auch habe das FA das ihm obliegende Entschließungs- und Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt.

10

Mit der Revision machen die Kläger zusammengefasst geltend, im Streitfall habe das FA per Saldo --bezogen auf die gesamte Lieferkette-— mehr Umsatzsteuer erhalten als Vorsteuer ausbezahlt worden sei. Den Umsatzsteuerzahlungen der C-AG aus den Scheinrechnungen an die A-GmbH und der A-GmbH aufgrund der Scheinlieferungen an die C-GmbH stünden geringere Vorsteuern aufgrund der Scheinlieferungen der C-AG an die A-GmbH gegenüber. Da die Haftungsvorschriften der §§ 69 und 71 AO keine Sanktionsnormen seien, sondern allein den Vermögensschaden des Fiskus absicherten, komme die Haftungsinanspruchnahme nur insoweit in Betracht, als durch das die Ersatzpflicht begründende Ereignis das Vermögen des Geschädigten gemindert sei. Bei der danach gebotenen Betrachtung des mit dem Gesamtplan verfolgten Systems sei beim Fiskus kein Vermögensschaden eingetreten. Das habe das FG nicht berücksichtigt.

11

Die Kläger beantragen sinngemäß, die erstinstanzliche Entscheidung sowie die Haftungsbescheide in der Fassung der Änderung vom 10. November 2009 aufzuheben.

12

Das FA hält die Entscheidung des FG für zutreffend und beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist unbegründet. Das Urteil entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

14

Das FA hat die Kläger zu Recht als Haftungsschuldner gemäß § 191 i.V.m. § 71 AO in Anspruch genommen, da sie durch den Vorsteuerabzug, der auf Scheinrechnungen der C-AG beruhte, eine Steuerhinterziehung i.S. des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begangen haben.

15

1. Gemäß § 71 AO haftet, wer eine Steuerhinterziehung begeht, für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile.

16

a) Voraussetzung der Haftungsinanspruchnahme ist mithin zunächst die Feststellung, dass eine Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO vorliegt. Dem FA müssen vorsätzlich unrichtige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen gemacht und dadurch Steuern verkürzt, d.h. nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt worden sein (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 370 Abs. 4 Satz 1 AO). Die Steuerhinterziehung muss tatbestandsmäßig, rechtswidrig und vorsätzlich schuldhaft verwirklicht worden sein (Senatsurteil vom 6. März 2001 VII R 17/00, BFH/NV 2001, 1100).

17

b) Nach den Feststellungen des FG, die die Kläger mit der Revision nicht angegriffen haben und die den Senat deshalb binden (§ 118 Abs. 2 FGO), haben die Kläger eine Steuerhinterziehung begangen. Der Kläger zu 1 hat auf Veranlassung des Klägers zu 2 die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 1999 bzw. die Umsatzsteuerjahreserklärung 1999 und die Umsatzsteuervoranmeldung III. Quartal bzw. die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung IV. Quartal 2000 beim Finanzamt X eingereicht. Das FG hat in eingehender Auseinandersetzung mit den festgestellten Tatumständen nachvollziehbar dargelegt, dass die A-GmbH zur Anrechnung der in den genannten Erklärungen ausgewiesenen Vorsteuern nicht berechtigt war, weil die in § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) normierten Tatbestandsvoraussetzungen für den Abzug der Vorsteuern aus den Rechnungen der C-AG nicht vorlagen. Der dieser nationalen Vorschrift zu Grunde liegende Art. 17 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Richtlinie 77/388/EWG-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 145/1), heute Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL-- (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 347/1) bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer u.a. die (im Inland) geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder geleistet wurden, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden (Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG, heute Art. 168 MwStSystRL). Abziehbar ist die in einer Rechnung ausgewiesene, gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und Leistungen (Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG, heute Art. 203 MwStSystRL). Demnach erstreckt sich das Recht auf Vorsteuerabzug nicht auf eine Steuer, die ausschließlich deshalb geschuldet wird, weil sie in der Rechnung ausgewiesen ist (Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union --EuGH-- vom 13. Dezember 1989 C-342/87 --Genius-- Slg. 1989, 4227; vom 19. September 2000 C-454/98 --Schmeink & Cofreth und Strobel-- Slg. 2000, I-6973).

18

Nach den Feststellungen des FG sind die Lieferungen und Leistungen, die die C-AG der A-GmbH in Rechnung gestellt hat, tatsächlich nicht ausgeführt worden; der A-GmbH ist weder die Verfügungsmacht über die geschuldeten Gegenstände verschafft (§ 3 Abs. 1 UStG) noch sind die vereinbarten sonstigen Leistungen erbracht worden. Damit hat kein der Umsatzsteuer unterliegender Umsatz i.S. des § 1 UStG stattgefunden. Die C-AG war nicht berechtigt, die Umsatzsteuer in ihren Rechnungen auszuweisen und die A-GmbH durfte die ausgewiesenen Beträge dementsprechend nicht als Vorsteuer geltend machen.

19

c) Ohne Rechtsfehler hat das FG auch das Verschulden der Kläger bejaht. Es hat aufgrund des Geständnisses des Klägers zu 2, der die Steuererklärungen erstellt hat, festgestellt, diesem sei der unberechtigte Vorsteuerabzug bewusst gewesen und der Kläger zu 1 habe zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt, indem er angesichts der ungewöhnlichen Gestaltung der Geschäftsbeziehung mit der C-AG und der C-GmbH ohne vorherige Kontrolle die ihm vorgelegten Steuererklärungen unterzeichnet und beim Finanzamt X eingereicht hat.

20

d) Die Steuerhinterziehung war jeweils mit der Abgabe der unrichtigen Steuererklärungen vollendet, da die Voranmeldungen nach § 168 i.V.m. § 164 AO zu Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung führen. Die begangene Straftat entfällt nicht rückwirkend dadurch, dass das FA die Abrechnungen als Scheinrechnungen erkannte und den gewährten Vorsteuerabzug in Änderungsbescheiden rückgängig gemacht hat, so dass die Rechnungen der C-AG nur zeitweilig zu dem gewünschten Erfolg der Anerkennung der in ihnen ausgewiesenen Vorsteuerbeträge geführt haben (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891).

21

e) Unerheblich ist, dass die gegen die beiden Kläger wegen Steuerhinterziehung eingeleiteten Steuerstrafverfahren eingestellt worden sind. Eine strafrechtliche Verurteilung ist nicht Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme nach § 71 AO (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. November 1973 I R 92/72, BFHE 111, 7, BStBl II 1974, 125, zu § 392 der Reichsabgabenordnung; vom 27. August 1991 VIII R 84/89, BFHE 165, 330, BStBl II 1992, 9; vgl. auch Jatzke in Beermann/ Gosch, AO § 71 Rz 12; Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 71 Rz 6, m.w.N.).

22

2. Die Haftung nach § 71 AO umfasst nach dem Wortlaut der Haftungsnorm die verkürzten Steuern bzw. die zu Unrecht gewährten Steuervorteile einschließlich der Nachzahlungszinsen. Gehaftet wird für den vom Hinterziehungsvorsatz umfassten noch nicht erfüllten Steueranspruch (Senatsbeschluss vom 27. März 2006 VII B 117/05, BFH/NV 2006, 1254) bzw. den zu Unrecht in Anspruch genommenen Steuervorteil.

23

Mit der Haftung nach § 71 AO soll der dem Fiskus entstandene Vermögensschaden ausgeglichen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Februar 2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891; Jatzke in Beermann/Gosch, AO § 71 Rz 14; Klein/Rüsken, a.a.O., § 71 Rz 11, m.w.N.; Halaczinsky, Die Haftung im Steuerrecht, 3. Aufl., S. 78, Rz 177). § 71 AO ist keine Sanktionsnorm. Da die Norm Schadensersatzcharakter hat (vgl. zu § 69 AO Senatsurteil vom 1. August 2000 VII R 110/99, BFHE 192, 249, BStB1 II 2001, 271), ergibt sich die Höhe der Haftung unabhängig vom Maß des Verschuldens daraus, inwieweit die Pflichtverletzung für den Steuerausfall ursächlich war (vgl. Senatsurteil vom 26. Februar 1991 VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504; vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8; Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 71 AO Rz 30).

24

Durch die von den Klägern begangene Steuerhinterziehung ist dem FA ein Steuerschaden entstanden, weil durch den unberechtigten Vorsteuerabzug rechtsgrundlos ein Umsatzsteuererstattungsanspruch und --mit dem Wegfall der Umsatzsteuerzahllast-- eine ungetilgte Steuerschuld der A-GmbH entstanden sind (Senatsbeschluss in BFH/NV 2002, 891).

25

a) Anders als die Kläger meinen, wäre das FA auch dann nicht gehindert gewesen, sie --wie geschehen-- in Haftung zu nehmen, wenn feststünde, dass bei einer Gesamtschau der Scheingeschäfte an den Fiskus ein höherer Betrag an Umsatzsteuer abgeführt als an Vorsteuer in Anspruch genommen worden ist. Deshalb bedarf es keiner weiteren Aufklärung, ob die C-AG und die A-GmbH --wozu das FG keine Feststellungen getroffen hat-- die in deren jeweiligen Ausgangsrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer an das FA abgeführt haben und ob diese Umsatzsteuerzahlungen ggf. höher oder mindestens gleich hoch waren wie die von der A-GmbH zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuern.

26

Der von der Haftung umfasste Steuerschaden durch die unberechtigte Geltendmachung der Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der C-AG wäre auch nicht kompensiert durch die --vom FG nicht festgestellte-- Entrichtung der in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer durch die C-AG. Nach der Rechtsprechung des Senats bemisst sich der für die Haftung nach § 71 AO maßgebliche Schaden allein nach dem Umfang der tatsächlichen Erfüllung der Steuerschuld, zu deren rechtzeitiger Begleichung der zur Haftung Herangezogene verpflichtet war (Senatsurteil vom 21. Juni 1994 VII R 34/92, BFHE 175, 198, BStBl II 1995, 230). Daran ist festzuhalten. Die abgabenrechtlichen Haftungsnormen ähneln zwar den zivilrechtlichen Schadensersatzvorschriften, gleichen ihnen aber nicht in jeder Hinsicht. Der im Schadensersatzrecht anerkannte Grundsatz des Vorteilsausgleichs kann auf die steuerliche Haftung ebenso wenig uneingeschränkt übertragen werden, wie die Berücksichtigung des Mitverschuldens nach § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, eines hypothetischen Kausalverlaufs oder die Lehre vom Schutzzweck der verletzten Norm (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2008 VII R 19/08, BFHE 223, 303, BStBl II 2009, 342, m.w.N.). Denn der Haftungsanspruch nach § 71 AO entsteht, wenn die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift erfüllt sind. Für die Berücksichtigung von dort nicht genannten Umständen fehlt es an einer Rechtsgrundlage (Senatsurteil vom 2. August 1988 VII R 60/85, BFH/NV 1989, 150).

27

Schon nach dem Wortlaut des § 71 AO könnten Umsatzsteuerzahlungen der C-AG die Haftung nicht beeinflussen. Die Vorschrift normiert täterbezogen die Haftung für die durch Steuerhinterziehung verkürzten Steuern ("wer eine Steuerhinterziehung ... begeht, haftet für die verkürzten Steuern"). Der Steuerhinterzieher haftet in Höhe der aufgrund seiner Tat verkürzten bzw. hinterzogenen Beträge (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2002, 891, m.w.N.). Der Tatbeitrag der Kläger, der die ihnen zur Last gelegte Steuerhinterziehung bewirkte, liegt in der Geltendmachung der Vorsteuern aus den Rechnungen der C-AG in der Umsatzsteuererklärung für 1999 und in der Voranmeldung IV. Quartal 2000 für die A-GmbH.

28

Da die Haftung "für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile" nach § 71 AO mit der Begehung der Steuerhinterziehung entstanden ist, d.h. im Streitfall für die als Vorsteuer unberechtigt angemeldete Umsatzsteuer aus den Rechnungen der C-AG, wäre die Abführung der nämlichen Umsatzsteuer durch den Lieferanten, auch wenn sie in einem Gesamtplan zur Vermeidung eines Steuerschadens vorgesehen sein sollte, unbeachtlich.

29

Der Vorhalt, ein Schaden des Fiskus werde ungerechtfertigt überkompensiert, wenn bei der Ermittlung der Haftungssumme die vom Lieferanten abgeführte Umsatzsteuer unberücksichtigt bleibe, geht fehl. Denn eine solche Überkompensation hätte --läge sie vor-- ihre Ursache nicht im Haftungs-, sondern im Umsatzsteuerrecht und müsste ggf. mit den dort vorgesehenen Instrumentarien korrigiert werden. Im Fall des unberechtigten Steuerausweises ist das Gebot der Umsatzsteuerneutralität kraft Gesetzes --zunächst-- aufgehoben (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 1994 V R 43/92, BFH/NV 1995, 358): Einerseits wird die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer allein wegen dieses Steuerausweises geschuldet (§ 14 Abs. 3 UStG a.F., § 14c Abs. 2 Satz 2 Alternative 2 UStG i.d.F. des Art. 5 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15. Dezember 2003, BGBl I 2003, 2645), andererseits kann Vorsteuer nicht allein deshalb abgezogen werden, weil sie in einer Rechnung ausgewiesen ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG; EuGH-Urteil in Slg. 1989, 4227). Die dem Neutralitätsprinzip geschuldete Korrekturmöglichkeit bieten die Sätze 3 ff. des § 14c Abs. 2 UStG, indem sie ein gesondertes Verfahren zur Berichtigung der geschuldeten Umsatzsteuer vorsehen, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens --etwa durch Rückzahlung der geltend gemachten Vorsteuer-- beseitigt worden ist.

30

Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids, für die es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung ankommt, wird durch die Möglichkeit einer späteren Rechnungskorrektur nicht berührt. Ob und inwieweit sich eine solche auf die Haftungssumme auswirken könnte, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.

31

b) Die vom FG nach mehrfacher Berichtigung als zutreffend erkannte Haftungssumme ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie setzt sich --abgesehen von den geltend gemachten Zinsen-- ausschließlich aus in Rechnungen der C-AG an die A-GmbH zu Unrecht ausgewiesenen Umsatzsteuern zusammen, die die A-GmbH in ihren Umsatzsteuererklärungen als Vorsteuern geltend gemacht hat und die zu den an sie gezahlten Erstattungen geführt haben.

32

Auch die Höhe der in der Haftungssumme enthaltenen Nachzahlungszinsen hat das FG zu Recht nicht beanstandet. Sie sind zwar nicht den Reduzierungen der Hauptschuld entsprechend gemindert worden. Diese Reduzierungen beruhen nach den unwidersprochenen und den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG darauf, dass das FA die in den Umsatzsteuerfestsetzungen für 1999 und 2000 enthaltenen Ausgangssteuern für Lieferungen und Leistungen an die C-GmbH aus der Haftung herausgenommen hat. Umsatzsteuerrechtlich aber bleibt die in einer Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer, auch wenn es sich um einen unberechtigten Steuerausweis handelt, jedenfalls bis zum Zeitpunkt einer Rechnungsberichtigung geschuldet (§ 14 Abs. 3 UStG a.F., § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG). Die Rechnungen der A-GmbH an die C-GmbH sind weder in 1999 noch in 2000 berichtigt worden und waren folglich --wie das FG zutreffend ausgeführt hat-- in den jeweiligen Umsatzsteuererklärungen zu erfassen. Ohne die von den Klägern zu Unrecht angesetzten Vorsteuern wäre statt eines Erstattungsbetrags eine Umsatzsteuerzahllast festzusetzen gewesen. Der zu verzinsende Steuervorteil hat sich demgemäß durch die Entlassung der Rechnungen an die C-GmbH aus der Haftung nicht verringert. Für eine Korrektur der ursprünglich ermittelten Zinsen im Rahmen des Haftungsbescheids bestand demgemäß keine Veranlassung.

33

c) Da das FA die von der A-GmbH in den Rechnungen an die C-GmbH zu Unrecht ausgewiesene, in den Erklärungen für 1999 und 2000 aber angemeldete Umsatzsteuer aus der Haftung genommen hat, weil die C-GmbH insoweit keinen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, erübrigt sich eine Entscheidung dazu, ob diese Umsatzsteuer --wäre sie tatsächlich nicht gezahlt worden-- ursprünglich zu Recht in die Haftungssumme eingeflossen ist. Lediglich klarstellend sei angemerkt, dass die A-GmbH zur Abführung dieser unberechtigt ausgewiesenen Umsatzsteuer --wie bereits ausgeführt-- gemäß § 14 Abs. 3 UStG a.F. verpflichtet war, jedenfalls solange die Rechnungen nicht berichtigt worden sind (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 30. Juli 2010  16 K 55/10, Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 2127, zu § 14c UStG). Da nicht festgestellt ist, dass die A-GmbH ihre Rechnungen von der C-GmbH zurückgeholt hat, schuldete sie den darin ausgewiesenen Steuerbetrag. Ob sie nachträglich noch eine Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags hätte erreichen können (vgl. § 14c Abs. 2 Satz 3 UStG), kann dahinstehen, da diese in einem gesonderten Verfahren zu verfolgen (vgl. § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG) und entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG in einem späteren Besteuerungszeitraum vorzunehmen wäre. Eine Reduzierung der Haftungssumme wäre danach nur dann veranlasst gewesen, wenn feststünde, dass die A-GmbH die ausgewiesene Umsatzsteuer abgeführt hat; ob andernfalls sich der Haftungsbetrag --im Falle einer späteren Berichtigung der angemeldeten Umsatzsteuer-- nachträglich verringern könnte, wäre für die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids ohne Bedeutung (s.o.).

34

d) Zu Recht hat das FG die Ermessensentscheidung des FA, die Kläger als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, nicht beanstandet. Nach § 191 Abs. 1 AO "kann" gegen den kraft Gesetzes Haftenden ein Haftungsbescheid erlassen werden. Diese Entscheidung unterliegt im Rahmen des § 102 FGO der gerichtlichen Nachprüfung. Die Ermessensentscheidung im Fall einer Steuerhinterziehung ist allerdings in der Weise vorgeprägt, dass es einer besonderen Begründung der Ermessensbetätigung nicht bedarf (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1988 VII R 74/84, BFH/NV 1988, 692, 694).

Wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 und die Zinsen nach § 233a, soweit diese nach § 235 Absatz 4 auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.

(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geändert, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Dies gilt nicht, soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird. Wird in diesen Fällen ein anderer Unternehmer durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unternehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen. Die Sätze 1 bis 4 gelten in den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 und des § 13b sinngemäß. Bei Preisnachlässen und Preiserstattungen eines Unternehmers in einer Leistungskette an einen in dieser Leistungskette nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage nach Satz 1 nur vor, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs kann unterbleiben, soweit ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgelts entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet; in diesem Fall ist der dritte Unternehmer Schuldner der Steuer. Die Berichtigungen nach den Sätzen 1 und 2 sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist. Die Berichtigung nach Satz 4 ist für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem der andere Unternehmer wirtschaftlich begünstigt wird.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß, wenn

1.
das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen;
2.
für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist;
3.
eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder ein steuerpflichtiger innergemeinschaftlicher Erwerb rückgängig gemacht worden ist;
4.
der Erwerber den Nachweis im Sinne des § 3d Satz 2 führt;
5.
Aufwendungen im Sinne des § 15 Abs. 1a getätigt werden.

(3) Ist Einfuhrumsatzsteuer, die als Vorsteuer abgezogen worden ist, herabgesetzt, erlassen oder erstattet worden, so hat der Unternehmer den Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Absatz 1 Satz 8 gilt sinngemäß.

(4) Werden die Entgelte für unterschiedlich besteuerte Lieferungen oder sonstige Leistungen eines bestimmten Zeitabschnitts gemeinsam geändert (z.B. Jahresboni, Jahresrückvergütungen), so hat der Unternehmer dem Leistungsempfänger einen Beleg zu erteilen, aus dem zu ersehen ist, wie sich die Änderung der Entgelte auf die unterschiedlich besteuerten Umsätze verteilt.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 22. November 2016  4 K 1746/16 H wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war neben einer weiteren Person Geschäftsführer einer GmbH. Diese ließ zwischen dem 1. und dem 25. Februar 2011 mehrere Einfuhrsendungen zum freien Verkehr abfertigen. Die insoweit mit verschiedenen Abgabenbescheiden festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer war wegen eines der GmbH gewährten laufenden Zahlungsaufschubs am 16. März 2011 fällig.

2

Am 1. März 2011 beantragte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Daraufhin bestellte das Amtsgericht (AG) am 3. März 2011 einen vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete an, dass Verfügungen der GmbH nur mit dessen Zustimmung wirksam seien (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Insolvenzordnung --InsO--). Am 1. Juni 2011 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

3

Da die festgesetzte Einfuhrumsatzsteuer am Fälligkeitstag mangels Deckung nicht vom angegebenen Konto abgebucht werden konnte und auch sonst keine Zahlung geleistet wurde, nahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) den Kläger --gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer-- mit Haftungsbescheid in Anspruch.

4

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Kläger sei gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) und § 69 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO zu Recht als Haftender in Anspruch genommen worden, weil er grob fahrlässig seine Pflicht verletzt habe, die finanziellen Mittel der GmbH so zu verwalten, dass die pünktliche Begleichung künftig fällig werdender Steuerschulden möglich gewesen sei. Wegen des gewährten laufenden Zahlungsaufschubs sei der Grundsatz der anteiligen Tilgung nicht anzuwenden. (Das FG-Urteil ist in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2017, Beilage 2, 28 veröffentlicht.)

5

Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das FG habe zu Unrecht eine grob fahrlässige Verletzung der Mittelvorsorgepflicht angenommen. Es habe nicht berücksichtigt, dass die wirtschaftliche Krise überraschend aufgetreten sei und er (der Kläger) alles in seiner Macht Stehende unternommen habe, um die Verbindlichkeit erfüllen zu können, indem er dafür gesorgt habe, dass der erforderliche Betrag für die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer im Fälligkeitszeitpunkt auf dem Konto vorhanden gewesen sei. Im Zusammenhang mit der Schuldfrage habe das FG zudem die sich aus der Massesicherungspflicht des Geschäftsführers gemäß § 64 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) ergebende Pflichtenkollision nicht zutreffend bewertet. Außerdem habe das FG insolvenzrechtliche Regelungen übersehen, deren Anwendung den Steuerschaden abgewendet hätte. Zum einen habe die Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 55 Abs. 4 InsO als Masseverbindlichkeit aus der Insolvenzmasse gezahlt werden müssen. Zum anderen habe das HZA gemäß § 51 Nr. 4 InsO ein Recht auf abgesonderte Befriedigung gehabt, weshalb ein Schaden nur unter Abzug des Verwertungserlöses entstanden sei. Auch ein Mitverschulden des HZA, das im Rahmen der Stundungsvereinbarung eine Sicherungsübereignung hätte vereinbaren können, habe das FG nicht geprüft. Schließlich könne eine Haftung nicht in voller Höhe, sondern allenfalls nach dem Grundsatz der anteiligen Tilgung angenommen werden. Der vom FG vertretenen Ansicht einer im Streitfall bestehenden Ausnahme von diesem Grundsatz sei nicht zu folgen.

Entscheidungsgründe

II.

6

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen (§ 126 Abs. 4 FGO). Der angefochtene Haftungsbescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

7

Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, kann nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Nach § 69 Satz 1 AO haften die in §§ 34 und 35 AO bezeichneten Personen, soweit (u.a.) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, hatte der Kläger als gesetzlicher Vertreter der GmbH gemäß § 34 Abs. 1 AO deren steuerliche Pflichten zu erfüllen, insbesondere dafür zu sorgen, dass die Steuern aus den für die GmbH verwalteten Mitteln entrichtet werden.

8

1. Im Streitfall ist diese Pflicht verletzt worden, da nach den Feststellungen des FG die für die Einfuhren der GmbH im Monat Februar 2011 entstandene Einfuhrumsatzsteuer nicht rechtzeitig im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit am 16. März 2011 gezahlt worden ist.

9

2. Die für das Tatbestandsmerkmal des Verschuldens i.S. des § 69 Satz 1 AO zu stellende Frage, aus welchem Grund die Zahlung der fälligen Einfuhrumsatzsteuer unterblieb, lässt sich allerdings nach den im FG-Urteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen nicht zweifelsfrei beantworten.

10

a) Da sich das FG in den Urteilsgründen ausführlich mit der Mittelvorsorgepflicht des GmbH-Geschäftsführers und dem (nach Ansicht des FG im Streitfall nicht anzuwendenden) Grundsatz der anteiligen Tilgung befasst hat, ist es anscheinend davon ausgegangen, dass der GmbH im Zeitpunkt der Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer am 16. März 2011 keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Begleichung der Steuerschuld zur Verfügung standen. Für diese Annahme des FG könnten zum einen die Angabe im angefochtenen Haftungsbescheid sprechen, für die Abbuchung des fälligen Betrags vom angegebenen Konto sei keine Deckung vorhanden gewesen, und zum anderen das im Tatbestand des FG-Urteils wiedergegebene Vorbringen des Klägers, er habe andere "früher fällig werdende Verbindlichkeiten bedienen müssen". Eindeutige Feststellungen des FG hierzu fehlen jedoch.

11

Wollte man den vorgenannten Sachverhalt unterstellen, wäre die Annahme des FG einer grob fahrlässigen Verletzung der dem Kläger als Geschäftsführer obliegenden Mittelvorsorgepflicht rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit hat das FG zutreffend die Rechtsprechung des erkennenden Senats zugrunde gelegt, der zufolge sich ein gesetzlicher Vertreter bereits vor Fälligkeit einer Steuer der Verletzung seiner Pflicht zur Bereithaltung von Mitteln schuldig machen kann. Denn von ihm ist zu verlangen, dass er vorausschauend plant und insbesondere in der Krise finanzielle Mittel zur Entrichtung der geschuldeten Steuern bereithält. Vom Eintritt der Fälligkeit der Steuern ist diese Pflicht unabhängig (vgl. Senatsbeschluss vom 11. November 2015 VII B 74/15, BFH/NV 2016, 370, unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 9. Januar 1997 VII R 51/96, BFH/NV 1997, 324).

12

Danach bestünde im Streitfall kein Zweifel, dass der Kläger verpflichtet war, die Mittel zur Zahlung der entstandenen Einfuhrumsatzsteuer rechtzeitig zur Abbuchung durch das HZA bereitzuhalten, denn es war nach den Feststellungen des FG bereits im Februar 2011 klar, dass die Einfuhrumsatzsteuer für die vom 1. bis zum 25. Februar 2011 angemeldeten Einfuhren entstanden und festgesetzt und wegen des bewilligten Zahlungsaufschubs bereits in naher Zukunft, nämlich am 16. März 2011, zu entrichten war. Anhaltspunkte für die Annahme, der GmbH hätten bereits im Februar 2011 die Mittel gefehlt, um für den Fälligkeitstag vorausschauend zu planen, ergeben sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus dem Klägervortag. Zudem ist das Vorbringen des HZA im erstinstanzlichen Verfahren unwidersprochen geblieben, die Einfuhrabgaben hätten aus den Verkaufserlösen der eingeführten Waren entrichtet werden können.

13

Soweit das FG die angenommene Verletzung der Mittelvorsorgepflicht als grob fahrlässig angesehen hat, hat es einen der Rechtsprechung des erkennenden Senats entsprechenden rechtlichen Maßstab zugrunde gelegt. An die an diesem Maßstab ausgerichtete Würdigung der festgestellten Tatsachen ist der Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Seitens der Revision sinngemäß gerügte Verfahrensmängel wegen unterbliebener Beweiserhebung liegen schon deshalb nicht vor, weil gemäß dem Sitzungsprotokoll keine Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung gestellt wurden. Aus welchem Grund sich dem FG auch ohne Beweisanträge unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunkts eine weitere bestimmte Maßnahme der Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, legt die Revision nicht dar.

14

b) Abweichend von dem Sachverhalt, den das FG seiner Entscheidung (anscheinend) zugrunde gelegt hat, verneint die Revision eine Verletzung der Mittelvorsorgepflicht durch den Kläger, indem sie sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, der für die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer erforderliche Betrag sei vorhanden gewesen und sei von der "Geschäftsführung (...) auf dem Konto zur Verfügung gestellt" worden (womit offenbar nicht das seinerzeit für Abbuchungen des HZA vorgesehene Konto gemeint ist). Ob diese Behauptung zutrifft, lässt sich mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen des FG nicht beantworten. Gleichwohl sieht der erkennende Senat keinen Anlass, die Sache zur Klärung dieser Frage an das FG zurückzuverweisen. Sollte nämlich das Vorbringen des Klägers zutreffen, führte dies zu keinem vom FG-Urteil abweichenden rechtlichen Ergebnis, denn die insoweit vertretene Ansicht der Revision, "dies [hätte] den Pflichtverstoß mit der Folge eines stattgebenden Urteils entfallen lassen", ist unzutreffend. Vielmehr müsste gerade im Fall einer fälligen, aber trotz vorhandener Mittel nicht geleisteten Steuerzahlung eine vorsätzliche, jedenfalls aber grob fahrlässige Pflichtverletzung bejaht werden, falls keine anzuerkennenden Entschuldigungsgründe vorliegen.

15

Die Frage, warum der Kläger trotz angeblich ausreichend zur Verfügung stehender finanzieller Mittel der GmbH die Einfuhrumsatzsteuer nicht zahlte, ist von ihm jedoch weder im finanzgerichtlichen Verfahren noch im Revisionsverfahren in einer sein Verschulden ausschließenden Weise beantwortet worden, denn soweit im Tatbestand des FG-Urteils das Vorbringen des Klägers wiedergegeben ist, er habe die "fälligen Steuerschulden nach Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht mehr erfüllen können" und er habe im Zeitpunkt der Fälligkeit "die Steuern (...) weder zahlen können noch dürfen", kann dem nicht gefolgt werden.

16

Mit seinem Beschluss vom 3. März 2011 hatte das AG nämlich kein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative InsO auferlegt, sondern angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin (der GmbH) über Gegenstände ihres Vermögens nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative InsO). Die für eine Verfügung nach dieser Vorschrift erforderliche Zustimmung kann im Voraus (Einwilligung) oder nachträglich (Genehmigung) erteilt werden (vgl. §§ 182 bis 184 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Solange sie fehlt, ist eine getroffene Verfügung schwebend unwirksam (Schröder, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 6. Aufl., § 24 Rz 2, 11; MünchKommInsO/Haarmeyer, 3. Aufl., § 24 Rz 11).

17

Die bereits mit der Klagebegründung im finanzgerichtlichen Verfahren vertretene Ansicht des Klägers, aufgrund mangelnder Verfügungsbefugnis sei eine Zahlung am 16. März 2011 nicht mehr möglich gewesen, es habe ein "rechtlicher absoluter Hinderungsgrund" vorgelegen und die Geschäftsführung sei nicht mehr fähig gewesen zu handeln, trifft daher nicht zu. Vielmehr war der Kläger an der Erfüllung seiner steuerlichen Pflicht nicht durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt gehindert. Wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, steht die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme des Geschäftsführers der in Insolvenz geratenen GmbH nicht entgegen (Senatsurteil vom 16. Mai 2017 VII R 25/16, BFHE 257, 515, BStB II 2017, 934). Denn im Fall der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO) verbleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim gesetzlichen Vertreter der GmbH (MünchKommInsO/Haarmeyer, 3. Aufl., § 22 Rz 133, 184). Der vorläufige Insolvenzverwalter mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt ist kein Vermögensverwalter i.S. des § 34 Abs. 1 Satz 1 AO. Der GmbH-Geschäftsführer wird durch den vorläufigen Insolvenzverwalter aus seiner Pflichtenstellung nicht verdrängt (vgl. Sinz in Uhlenbruck, Insolvenzordnung, 14. Aufl., § 22 Rz 209, m.w.N.).

18

Ob bei einem angeordneten Zustimmungsvorbehalt gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative InsO ein Verschulden des GmbH-Geschäftsführers i.S. des § 69 Satz 1 AO zu verneinen ist, wenn er trotz fortbestehender Verfügungsbefugnis und vorhandener finanzieller Mittel die Begleichung der Steuerschuld in einem Fall unterlässt, in dem der vorläufige Insolvenzverwalter die erbetene Einwilligung hierzu versagt und deutlich zu erkennen gibt, eine getroffene Verfügung auch nicht genehmigen zu wollen, kann offenbleiben, weil Entsprechendes im Streitfall vom FG nicht festgestellt und im Übrigen vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden ist. Eine derartige Situation wäre ein allein in der Sphäre der GmbH und des Klägers liegender Umstand gewesen, weshalb es dem Kläger oblegen hätte, dem FG substantiiert darzulegen und ggf. nachzuweisen, welche Schritte er zur Zahlung der Steuer am Fälligkeitstag eingeleitet hatte, deren Weiterverfolgung sich jedoch wegen der Haltung des vorläufigen Insolvenzverwalters als sinnlos darstellte. An einem solchen Vorbringen, das dem FG Anlass zu weiterer Sachaufklärung gegeben hätte, fehlt es jedoch. Das im Tatbestand des FG-Urteils wiedergegebene klägerische Vorbringen, "er habe den Insolvenzverwalter auf die Pflicht zur Steuerzahlung angesprochen", war insoweit jedenfalls nicht ausreichend. Auch dem im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten Bericht des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 27. Juni 2011 lässt sich kein Anhaltspunkt für von diesem verweigerte Zustimmungen nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative InsO entnehmen.

19

In Anbetracht der Klagebegründung im finanzgerichtlichen Verfahren sowie der Begründung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung ist vielmehr der Schluss gerechtfertigt, dass der Kläger nichts zur Zahlung der Steuerschuld am Fälligkeitstag unternahm, weil er der irrigen Ansicht war, er sei hierzu "weder rechtlich noch tatsächlich in der Lage" und müsse sich ansonsten "gegen den eindeutigen Wortlaut und Regelungsgehalt des Beschlusses des Amtsgerichts (...) verhalten".

20

Diese falsche Einschätzung vermag das Verhalten des Klägers nicht zu entschuldigen, weil der Irrtum in Anbetracht des Wortlauts des § 21 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative InsO, der sich auch im Beschluss des AG vom 3. März 2011 wiederfindet, offenkundig war. Ist aber nach alledem kein Grund dargelegt, der trotz vorhandener Mittel die unterbliebene Zahlung der fälligen Steuer durch den Kläger entschuldigt, so ist die Pflichtverletzung als zumindest grob fahrlässig begangen anzusehen, zumal nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die Nichtentrichtung der Steuer zum gesetzlichen Fälligkeitstermin die Schuldhaftigkeit der damit verbundenen Pflichtverletzung indiziert (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2005 VII B 17/05, BFH/NV 2006, 241, m.w.N.).

21

c) Anders als die Revision meint, bestand seinerzeit auch keine den Kläger entschuldigende, aus der Massesicherungspflicht des Geschäftsführers gemäß § 64 GmbHG folgende Pflichtenkollision. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, die mit der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Einklang steht, handelt ein organschaftlicher Vertreter, der bei Insolvenzreife der Gesellschaft seine steuerlichen Zahlungspflichten erfüllt, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns i.S. des § 64 Satz 2 GmbHG und ist nicht nach § 64 Satz 1 GmbHG gegenüber der Gesellschaft erstattungspflichtig (BGH-Urteil vom 14. Mai 2007 II ZR 48/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2007, 1242; Senatsurteil vom 23. September 2008 VII R 27/07, BFHE 222, 228, BStBl II 2009, 129).

22

d) Eine i.S. des § 69 Satz 1 AO schuldhafte Pflichtverletzung des Klägers ist daher unabhängig davon zu bejahen, ob man von dem seitens des FG zugrunde gelegten oder dem vom Kläger beschriebenen Sachverhalt ausgeht.

23

3. Hinsichtlich der Frage einer nur quotalen Haftung des Klägers führen die Sachverhaltsalternativen ebenfalls zu keinen unterschiedlichen Ergebnissen. Da entweder für die Begleichung der Einfuhrumsatzsteuer am Fälligkeitstag ausreichend finanzielle Mittel bereitstanden --wie die Revision geltend macht-- oder, sollte dies nicht der Fall gewesen sein --wie das FG anscheinend angenommen hat--, jedenfalls die noch im Februar 2011 zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel der GmbH ausgereicht hätten, um für den Fälligkeitstag vorzusorgen, käme die Anwendung des sog. Grundsatzes der anteiligen Tilgung allenfalls in Betracht, wenn die am Fälligkeitstag bzw. im Februar 2011 noch vorhandenen finanziellen Mittel zwar für die Zahlung der Steuerschuld, nicht jedoch der ggf. vorhandenen weiteren Schulden der GmbH ausgereicht hätten, wofür es allerdings nicht einmal einen substantiierten klägerischen Vortrag, sondern nur die allgemein gehaltene Aussage gibt, er (der Kläger) habe andere früher fällig werdende Verbindlichkeiten bedienen müssen, was sich im Übrigen mit seinem Vorbringen, der fällige Steuerbetrag habe auf den Konten bereitgestanden, nicht in Einklang bringen lässt.

24

Jedenfalls hat das FG richtigerweise keine Feststellungen hierzu getroffen, weil es zu Recht angenommen hat, dass der Grundsatz der anteiligen Tilgung im Streitfall nicht anzuwenden ist, da die Steuerforderung des HZA wegen des bewilligten laufenden Zahlungsaufschubs vorrangig hätte beglichen werden müssen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hat der Schuldner der Einfuhrabgaben, wenn er einen Zahlungsaufschub in Anspruch nimmt, bei dem die Zollverwaltung auf die Sachhaftung gemäß § 76 Abs. 1 AO verzichtet hat, die Einfuhrabgaben am Fälligkeitstag ohne Rücksicht auf das Bestehen etwaiger anderer Zahlungsverpflichtungen abzuführen (Senatsurteil vom 21. Februar 1989 VII R 165/85, BFHE 156, 46, BStBl II 1989, 491). Wird dem Abgabenschuldner die Möglichkeit eingeräumt, den Verkaufserlös schon vor Zahlung der Abgaben realisieren zu können, indem das HZA durch Gewährung des Zahlungsaufschubs und die Freigabe der Ware vor Begleichung der Abgabenschuld auf die Sachhaftung verzichtet und es hinsichtlich der Einfuhrumsatzsteuer zudem davon absieht, eine Sicherheit zu fordern (§ 21 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes --UStG--), ist der Abgabenschuldner verpflichtet, die Abgaben am Fälligkeitstag vorrangig zu entrichten. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.

25

4. Die Möglichkeit der Abwendung des Steuerschadens durch insolvenzrechtliche Regelungen bestand und besteht nicht. Anders als die Revision meint, war die Einfuhrumsatzsteuerschuld nicht gemäß § 55 Abs. 4 InsO als Masseverbindlichkeit zu begleichen. Diese Steuerschuld ist durch die Einfuhren der GmbH im Februar 2011 begründet worden und nicht durch den vorläufigen Insolvenzverwalter oder die GmbH mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters. Das HZA hatte auch kein Recht auf abgesonderte Befriedigung nach § 51 Nr. 4 InsO, weil jedenfalls die nach § 76 Abs. 1 AO bestehende Sachhaftung einfuhrabgabenpflichtiger Waren im Streitfall gemäß § 76 Abs. 4 Satz 2 AO erloschen war.

26

5. Auch soweit das FG Ermessensfehler bei der Inanspruchnahme des Klägers verneint hat, sind Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einem --nur im Rahmen des Entschließungsermessens zu berücksichtigenden (vgl. Senatsurteil vom 19. September 2007 VII R 39/05, BFH/NV 2008, 18; Senatsbeschluss vom 12. September 2014 VII B 99/13, BFH/NV 2015, 161)-- Mitverschulden des HZA, das nach Ansicht der Revision im Rahmen der Stundungsvereinbarung eine Sicherungsübereignung hätte vereinbaren können, kann schon deshalb keine Rede sein, weil das HZA mit der GmbH keine Stundungsvereinbarung getroffen, sondern laufenden Zahlungsaufschub gemäß Art. 224, Art. 226 Buchst. b des Zollkodex gewährt hat. Dass es den Aufschub --wie in § 21 Abs. 3 UStG vorgesehen-- ohne Sicherheitsleistung bewilligte, kann ihm nicht als Mitverschulden entgegengehalten werden.

27

6. Schließlich sind Rechtsfehler weder seitens der Revision gerügt noch ersichtlich, soweit das FG die Haftungsschuld als nicht verjährt angesehen hat.

28

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.