Tatbestand

1

A. Für an eine A-Werft vermietete und auf deren Grundstück ohne (eigenes gegossenes Beton-) Fundament befristet aufgestellte Büro- und Werkstatt-Container ist streitig, ob diese in der Einheitsbewertung gegenüber der Vermieterin für Zwecke deren Grundsteuer als Gebäude zu qualifizieren und zu bewerten sind.

2

I. SACHSTAND

3

Es handelt sich um die mieterseitig so bezeichneten Containeranlagen
- XX, südlich von Halle ..., und
- YY, westlich von Halle ... (FG-A Bl. 138;
jeweils rot markiert auf Lageplan aus OT A-Werft 18.02.2016 nebst Luftbild, FG-A Bl. 151 f. in FG-Anlbd.; auf Lageplänen DIN A 4, EW-A Bd. V Bl. 1; FG-A Bl. 316).

4

Diese Containeranlagen sind von anderen auf dem A-Werft-Gelände befindlichen, teilweise mehrstöckigen, auf Fundament und länger stehenden Containeranlagen zu unterscheiden; so auch von weiteren Container-Bauten ebenfalls südlich von Halle ... (vgl. Lageplan, Luftbilder, Werksgelände Führung im OT A-Werft 18.02.2016, Prot. S. 11 f., FG-A Bl. 147 f.); desgleichen von der ursprünglich südlich Halle ... geplanten, aber nicht realisierten Leichtbauhalle mit derselben Baunummer XX (Bauakten).

5

1. CONTAINERANLAGE XX

6

a) Temporärer mieterseitiger Bedarf für Containeranlage XX

7

aa) Anfang August 2011 wurden in der A-Werft verschiedene Bedarfe für südlich von Halle ... "temporär" mit "kürzester Baugenehmigungsphase" aufzustellende Container besprochen, per Email-Verkehr zusammengefasst und mit Fristen für Planung und Angebote-Einholung versehen (FG-A Bl. 140, 144, 166, 200, 201 f.).

8

bb) In der Containeranlage XX sollten für bestimmte einbaufertig gelieferte Teile eines ... ausnahmsweise und deshalb temporär erforderlich gewordene physische Nachbearbeitungen mit Mitarbeiter-Schulungen stattfinden (vgl.
aaa) ER mV 02.02.2016, Prot. S. 2, FG-A Bl. 124;
bbb) ET 27.02.2017 Prot. S. 3, FG-A Bl. 479;
ccc) Bauakte Bauantrag-Anlage 14 Brandschutzkonzept S. 28;
ddd) zu dem gleichfalls temporären Bedarf für die Containeranlage YY unten 2 a).

9

cc) Dazu wurden in der aus (Klein-)Werkstattcontainern (zugleich für Schulungs- und Ausstellungszwecke) sowie aus Sozialcontainern bestehenden Anlage XX verschiedenen Teile-Lieferanten der A-Werft, den so genannten "B-Partnern", einzelne Container zur Verfügung gestellt (vgl. Beschreibung EW-A Bl. 17 ff., Grundrisse Bauakte, EW-A Bl. 23 = FG-Anlbd.; ER mV 02.02.2016 Prot.-Anl. FG-A Bl. 132; OT A-Werft 18.02.2016 Prot.-Anl. FG-A Bl. 162 im FG-Anlbd; Kl-SS 23.02.2017 Anl. I 2 b, FG-A Bl. 421 f.; Bauakte; Angebotsaufforderung/Leistungsverzeichnis vom 16.02.2012, FG-Sobd. Auszug aus digitaler Bauakte der Mieterin Bl. 1, 4R).

10

b) Befristete Genehmigung der Containeranlage XX

11

aa) Mit Zeichnung vom 9. März, Baubeschreibung vom 13. März einschließlich Angabe Gebäudeklasse 1 nach HBauO (S. 2/6, oben a cc; Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 3, FG-A Bl. 524; EW-A Bd. V Bl. 18) und Bauantragsunterlagen vom 26. März nebst Befristungserklärung vom 8. Mai 2012 beantragte die Mieterin für eine Aufstellzeit = Mietzeit 24 Monate die temporäre Baugenehmigung unter Befreiung von den Baugrenzen.

12

Diese Genehmigung wurde am 25. September 2012 gemäß § 72 HBauO befristet bis zum 1. Oktober 2014 erteilt (Bauakte ...-1 S. 1 ff., 5, 36; Anl. 17, 19; FG-Sobd. Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft).

13

bb) Auf Antrag der Mieterin vom 11./12. Juni 2013 auf Verlängerung um 18 Monate wurde die Genehmigung am 18. März 2014 "nach § 73 Abs. 3 HBauO" bis 1. Oktober 2016 verlängert (Bauakte vor und in S. 45).

14

cc) Am 23. März 2015 zeigte die Mieterin dem Bauamt an, dass die temporäre Anlage XX zurückgebaut wurde (Bauakte S. 46); das heißt nach bereits interner Freimeldung vom 1. Juli und Retour durch die Klägerin vom 4. bis 7. August 2014 (nachstehend d bb).

15

c) Befristete Vermietung der Containeranlage XX

16

aa) Nach Angebotsaufforderung vom 16. Februar 2012 (FG-Sobd. Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft Bl. 1 ff.), Vermietungs-Angeboten der Klägerin vom 8. und 30. März sowie Nebenangebot vom 28. März 2012 bestellte die A-Werft die Containeranlage XX
"nicht nach EnV 2009"
[vgl. m.a.W.: "zur wiederholten Aufstellung und Zerlegung bestimmte Gebäude oder provisorische Gebäude mit einer Nutzungsdauer bis zu 2 Jahren" (unten 2 b aa)]
am 24. April 2012 für 24 Monate Mietdauer zum Aufbau per Kranentladung am 30. April 2012 mit vorgesehenem Abbaudatum Mai 2014 (FG-Sobd. Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft Bl. 1 ff., 19 ff.; ER mV 02.02.2016 Prot. Anl. Bestellung, FG-A Bl. 126; OT 18.02.2016 Prot. Anl. Bestellung, FG-A Bl. 156 ff. im FG-Anlbd.).

17

bb) Wegen des weiteren Verlaufs wird auf die nachstehend zu d berichteten Daten und Belege verwiesen, da keine weiteren vertraglichen Vereinbarungen vorliegen (vgl. Hinweisschreiben 19.02.2017 S. 10 zu 4 a ff ccc, FG-A Bl. 352).

18

d) Befristete Aufstellung der Containeranlage XX

19

aa) Aufstellung und Anschlüsse im Mai/Juni 2012

20

Nach Ablaufplan der Klägerin vom 30. April 2012 betreffend Anlieferung, Aufstellung und Übergabe wurde die Containeranlage XX aufgrund Lieferung vom 7. Mai 2012 per Kranentladung aufgestellt und spätestens im Juni 2012 bezugsfertig angeschlossen; wie gemäß Zeitangabe Mai 2012 im Ortstermin sowie Fotos von Mai und Juni 2012 (FG-Sobd. Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft Bl. 19 ff., 23, 24 ff.; OT A-Werft 18.02.2016 Prot. S. 4, FG-A Bl. 140; vgl. insgesamt Hinweisschreiben 19.02.2017 S. 2, FG-A Bl. 345; ET 27.02.2017 Prot. S. 2, FG-A Bl. 478; vgl. Luftbild 2013, EW-A Bd. V Bl. 2)

21

bb) Freimeldung und Abholung im Juli/August 2014

22

Nach Freimeldung der Mieterin vom 1. Juli 2014 holte die Klägerin die 51 Container in der Zeit vom 4. bis 7. August 2014 ab (Retourliste Kl-SS 29.01.2016 Anl., FG-A Bl. 109, FG-Anlbd. Bl. 39 f.; Kl-SS 23.02.2017 S. 2 mit Anl. I 2 d bis e, FG-A Bl. 410, 423 f.; vgl. insgesamt Hinweisschreiben 19.02.2017 S. 3 ff., FG-A Bl. 345 ff.; ET 27.02.2017 Prot. S. 2, FG-A Bl. 478; Hanggelände später renaturiert, vgl. Foto als Prot. Anl. OT 18.02.2016, FG-A Bl. 154 in FG-Anlbd).

23

e) Untergrund und Zuweg der Containeranlage XX

24

aa) Einebnung

25

Die Containeranlage XX wurde auf einem vorherigen Hanggelände aufgestellt. Für sie wurde dieses Gelände mit erheblichem Aufwand durch eine Baufirma eingeebnet und mit Schotter bzw. Kies sowie mit Sand abgedeckt (vgl. Email des Bauleiters der Mieterin vom 09.03.2017, FG-A Bl. 496).

26

bb) Betonsetzer

27

Im Unterschied zu den auf dem A-Werftgelände benachbarten mehrstöckigen und längerfristig auf Betonfundamenten aufgestellten Containerbauten wurden die Container der Anlage XX auf dem eingeebneten Untergrund "trocken", m. a. W. ohne gegossenes Fundament oder sonstige Befestigung aufgestellt; nämlich auf von der Klägerin gelieferten Betonverlegeplatten in der Größe 60/60/15 oder ca. 20 cm, m. a. W. auf wiederverwendbaren Betonklötzen, sogenannten Betonsetzern, sowie nach Bedarf auf zusätzlichen dünnen Niveau-Ausgleichsplatten aus Kunststoff (m. a. W. Kunststoffscheiben) aufgestellt. Vgl.
aaa) ET 27.02.2017 Prot. S. 4, FG-A Bl. 480 f.;
bbb) Fotos vom 7. und 14. Mai 2012 aus der digitalen Bauakte der Mieterin FG-Sobd. Bl. 24 ff., insbes. Bl. 30 ff.; wie in Kl-SS 23.02.2017 S. 2 i. V. m. Anl. I 3 a bis i, FG-A Bl. 410, 425 ff.; ferner undatiertes Foto OT A-Werft 18.02.2016 Prot. Anl. 4 oben links, FG-Anlbd.; zur Hanglage nach Abbau und Renaturierung Foto vom 15.02.2016, OT A-Werft 18.02.2016 Anl. 4 oben rechts;
ccc) übereinstimmende Schreiben "Arbeitsvorbereitung" aus Disposition der Klägerin vom 4. und 10./11. Mai 2012, FG-A Bl. 434 f. als Anl. I 3 j bis k zum Kl-SS 23.02.2017 S. 2, FG-A Bl. 410;
ddd) Retourscheine für Betonsetzer und Bleche nach Abbau August 2014 FG-A Bl. 436 - 444 als Anl. 3 l ff. zum Kl-SS 23.02.2017 S. 3, FG-A Bl. 411;
eee) von der Klägerin beim FA am 10.01.2014 eingereichte Präsentations-Fotos, EW-A Bd. V Bl. 31 ff.; FG-Anlbd. Bl. 16 ff.;
fff) schriftliche Aussagen der Mitarbeiter der Klägerin, die mit der Planung der Containeranlage bzw. mit der Verladung der Betonklötze bzw. vor Ort mit dem Aufbau der Containeranlage befasst waren, vom 2. März 2017, FG-A Bl. 493 als Anl. z. Kl-Email 02.03.2017;
ggg) Korrektur der ursprünglichen Erklärung des jetzigen Bauleiters der Mieterin betreffend "Plattenfundament" aus der Aussage im Ortstermin vom 18. Februar 2016, Prot. S. 6, 11 unten, FG-A Bl. 142, 147 unten, nebst Flipchart FG-A Bl. 155 in FG-Anlbd., nach Beweisbeschluss vom 28. Februar 2017, FG-A Bl. 487, durch schriftliche Klarstellung vom 9. März 2017 mit Verlegeplan und Fotos, FG-A Bl. 496 bis 499;
hhh) allgemein zur Unterscheidung von
- einerseits auf massiven Betonfundamenten auf Dauer z. B. für Flüchtlinge aufgestellten Folgeunterkünften
- andererseits i. d. R. ohne Betonfundament (wie hier) kurzfristig aufgestellten Containern z. B. auf Baustellen
Bau-Sachverständiger Email 22.02.2017, FG-A Bl. 372, 408, vgl. ET 27.02.2017, Prot. S. 7, FG-A Bl. 483);
iii) zum Untergrund ohne Fundament bei Baustellen-Containern, -Containeranlagen oder -Containerblöcken: ER mV 25.01.2017 mit mdl. amtl. Gutachten Prot. S. 2 ff. FG-A Bl. 297 ff. und mit
jjj) vom amtl. Sachverständigen zusammengestellten Fotos 1-05 ff., 3-01, 3-05, FG A Bl. 214 ff., 226, 228b f., sowie
kkk) einschließlich OT rund und in Containerblöcken auf Baustelle C mit mdl. Gutachten des amtl. Sachverständigen sowie mit Aussagen des dort zuständigen Poliers als sachverständiger Zeuge, Prot. S. 10 ff., FG-A Bl. 305 ff.

28

cc) Kaninchenbleche und Kies-Schottersteine

29

Die Containeranlage XX wurde an den Außenseiten unten zum Schutz vor Tieren, insbes. Kaninchen, mit Blechen versehen. Vor diese wurden gegen Untergrabung Kies-Schottersteine in Kiesbeete geschüttet. Letztere wurden mit schmalen Beton-Kantsteinen von den Wegen um und in die Anlage abgegrenzt. (vgl. Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 5, FG-A Bl. 526; Email des Bauleiters der Mieterin vom 09.03.2017, FG-A Bl. 496; Fotos wie oben bb bbb).

30

dd) Zuweg

31

Breite Asphaltstraßen-Flächen vor dem mehrstöckigen Bauwerk ... wurden auch zur Containeranlage XX hergestellt.

32

Von der Asphaltstraße zum Mitteleingang der Containeranlage XX wurde ein eigener breiter Zuweg mittels Verbundpflaster gebaut. Dieser überwand durch leichten Anstieg zugleich den - durch die Containeraufstellung auf Betonsetzern bedingten - Niveauunterschied von der Straße bis zum Eingang. Dadurch wurde die Anlieferung der ...-Bauteile in die Ausstellungs- und Werkstatträume der Anlage erleichtert und ein barrierefreier Zugang für Behinderte ermöglicht (vgl. Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 4, 5, FG-A Bl. 526; Fotos wie oben bb bbb; insbesondere digitale Bauakte der Mieterin FG-Sobd. Bl. 24 ff., Bl. 75 unten ff., speziell. Bl. 105 oben).

33

f) Modul-Bauweise der Containeranlage

34

Die von der Klägerin angebotenen und vermieteten Container sind in "Modul"-Bauweise gestaltet (vgl. Bestellung, oben c aa).

35

Das gilt sowohl für die von der Klägerin so bezeichneten Premiumcontainer (3 m breit) als auch für ihre Standardcontainer (2,50 m breit wie zulässige Lkw-Standardbreite) und gleichermaßen für die Gestaltung oder Einrichtung zu verschiedenen Zwecken wie z. B. für Büro-, Werkstatt-, Sozialraum-, bzw. Sanitärcontainer.

36

aa) Wahlweise Montage oder vormontierte Lieferung

37

Container-Teile wie Boden, Dach, Stützen und Seitenwände können platzsparend gestapelt und kostengünstig transportiert vor Ort auf einer Baustelle zum Aufbau eines Containers montiert werden (vgl. beim FA am 02.10.2013 eingereichtes Präsentations-Foto, EW-A Bd. V Bl. 38; Internet).

38

Nach Wahl können Container alternativ jeweils ganz oder teilweise vormontiert im Stück per Lkw angeliefert und per Lkw-Kran oder Autokran aufgestellt werden (vgl. oben d aa und unten 2 d a aa sowie insges.
aaa) ER mV 02.02.2016 Prot. S. 3, FG-A Bl. 124;
bbb) Fotos Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft FG-Sobd. Bl. 45 ff.;
ccc) Internet).

39

bb) Mögliche Verbindungen und Einrichtungen

40

Vor Ort können verschiedenen Zwecken dienende Container mit anderen Containern unkompliziert durch Zusammenstecken verbunden werden (vgl. ET 27.02.2017 Prot. S. 5 Kl-Gf "wie Legosteine"; beim FA am 10.01.2014 eingereichte Präsentations-Fotos, EW-A Bd. V z. B. Bl. 34 f., 39; FG-Anlbd. Bl. 17R f., 26; Fotos Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft FG-Sobd. Bl. 30 unten, 44 ff., 51; Internet). Entsprechendes gilt für die Anschlüsse (vgl. nachstehend g).

41

Mit anderen Containern verbunden werden können so auch Sanitär-Container oder Sozialraum-Container, ggf. mit Kücheneinrichtung (Fotos Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft FG-Sobd. Bl. 35 unten, 36 ff., 40 oben, 64, 69 ff.; Internet).

42

Bei Verbindung mehrerer Container können Innentüren montiert oder Flure oder größere Räume entstehen, ggf. mit großflächig auf dem Boden ausgelegten PVC-Belegen (vgl.
aaa) Fotos Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft FG-Sobd. Bl. 34, 35 oben, 40 unten, 41 ff., 52 ff.; 65 ff.; Internet;
bbb) zu entsprechenden Verbindungen von z. B. Büro-, Sanitär-, Sozialraum-, Werkstatt- Lager- oder Wohncontainern auf Baustellen zu Containeranlagen bzw. Containerblöcken: ER mV 25.01.2017 mit mdl. amtl. Gutachten Prot. S. 2 ff., FG-A Bl. 297 ff. und mit
ccc) vom amtl. Sachverständigen zusammengestellten Fotos 1-05 ff., 3-01, 3-05, FG-A Bl. 214 ff., 226, 228b f., sowie
ddd) einschließlich OT rund und in Containerblöcken auf Baustelle C mit mdl. Gutachten des amtl. Sachverständigen sowie mit Aussagen des dort zuständigen Poliers als sachkundiger Zeuge, Prot. S. 10 ff., FG-A Bl. 305 ff.).

43

cc) Wahlweise Demontage oder Abholung

44

Bei Mietende kann der Container durch Demontage vor Ort wieder in seine montierten Teile zerlegt werden oder wahlweise nach Verladung per Kran oder Lkw-Kran im Ganzen per Lkw abtransportiert werden, wie vorher bei der Anlieferung und Aufstellung (vgl. digitale Bauakte der A-Werft, FG-Sobd. Fotos Bl. 29, 45 ff.).

45

Im Fall der Zerlegung können die gebrauchten Teile später für einen neuen Kunden je nach Wunsch in derselben oder in variierter Zusammensetzung wieder montiert und aufgestellt werden (vgl. insges. ET 22.02.2016 Prot. S. 3, FG-A Bl. 124; wie Klagebegr. 15.06.2015 S. 1, FG-A Bl. 27; Internet).

46

g) Anschlüsse der Containeranlage

47

aa) Containerseitige Anschlüsse

48

Die Container der Klägerin verfügen über Vorrichtungen für Versorgungsanschlüsse, die nach Mietablauf wieder entfernt bzw. demontiert werden können.

49

aaa) Stromanschluss-Vorrichtung

50

Für den Anschluss an das Stromnetz verfügen die Container an der Rückseite an einer Ecke oben sichtbar über eine Steckdose für einen genormten Stecker, hier als CEE-Kupplung für 380 V, wie beispielsweise auch auf Baustellen oder ähnlich für Boote oder Wohnmobile üblich (vgl. Kl-SS 29.01.2016 S. 3, FG-A Bl. 111, mit Fotos, FG-Anlbd. Bl.44 ff.).

51

bbb) Frischwasseranschluss-Vorrichtung

52

Frischwasser kann mieterseitig an der Rückseite an derselben Ecke unten sichtbar, das heißt frostungeschützt über der Erdoberfläche, mit einem beweglichen Schlauch angeschlossen werden, dessen Durchmesser ungefähr einige Zentimeter beträgt. Bei Nutzung im Winter kann der Schlauch mieterseitig mit einer Isolierung aus Glaswolle und Alufolie ummantelt werden und wird in die Ummantelung zugleich eine elektrische Heizspirale eingewickelt, die selbst isolierend eingehüllt das Format eines Stabs oder Kabels hat.

53

ccc) Abwasserabfluss-Vorrichtung

54

Abwasser kann an derselben Ecke der Rückseite durch Zusammenstecken eines Plastikrohr-Anschlusses mieterseitig abgeleitet werden.

55

ddd) Informationstechnik-Anschlussmöglichkeiten

56

Verbindungen zu Telefon- oder EDV-Netzen sind mieterseitig mobil oder wahlweise mit Kabelanschlüssen möglich.

57

Entsprechend waren in der Containeranlage XX wie in der Containeranlage YY Anschlüsse an die Brandmeldeanlage der A-Werft möglich, wie in den jeweiligen Ingenieur-Baubeschreibungen S. 2/6 bzw. S. 3/4 angekündigt (vgl. Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 3, FG-A Bl. 524; EW-A Bd. V Bl. 18 bzw. Bl. 14; Bauakte ...-1, oben a, b, bzw. Bauakte ...-2, unten 2 b).

58

eee) Keine Regenrinnen und -rohre

59

Im Unterschied zu auf dem A-Werftgelände benachbart längerfristig aufgestellten Containeranlagen wurden die hier von der Klägerin vermieteten Container nicht mit Regenrinnen und Regenrohren versehen (vgl. FG-Sobd Fotos aus digitaler Bauakte der A-Werft sowie OT A-Werft 18.02.2016 Prot. S. 13, FG-A Bl. 149).

60

fff) Keine Anschlüsse an Werksheizung, sondern Einzelheizungen

61

Die von der Klägerin vermieteten Container hatten keine Vorrichtungen für Anschlüsse an eine Werksheizung der A-Werft, sondern waren jeweils mit elektrischen Heizungen ausgestattet, die wahlweise gegen Klimaanlagen oder Gasheizungen austauschbar gewesen wären (Angebotsaufforderung S. 12 und Nebenangebot, FG-Sobd Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft; Internet).

62

bb) Anschlüsse an Versorgungsleitungen auf dem Werksgelände

63

Auf dem Gelände der Mieterin befinden sich Strom-, Medien-, Wasser und Abwasserleitungen, insbesondere unter den Werksstraßen, auch mit Wasser- bzw. Abwasserschächten sowie gusseisernen Deckeln, wie sonst in öffentlichen Straßen üblich. Die vorgenannten Anschlüsse von und zu den Anschlussvorrichtungen der Containeranlage wurden über die jeweils nächstgelegenen Leitungen hergestellt. (Vgl. insgesamt:
aaa) Ortstermin 18.02.2016 betreffend die anstelle der bereits abgebauten Containeranlage XX besichtigte Containeranlage YY Prot. S. 10 f., 12 ff., FG-A Bl. 146 f., 148 ff.;
bbb) Fotos Containeranlage XX aus digitaler Bauakte der A-Werft FG-Sobd. Bl. 30 unten, 31, 36, 51 f.;
ccc) Fotos Containeranlage YY aus A-Werft-Email 04.04.2016, FG-A Bl. 195 ff.; dieselben Fotos mit spezifizierter Beschriftung aus Kl-Email 05.04.2016, FG-A Bl. 204 ff.;
ddd) Fotos aus A-Werft-Email 23.05.2016 betr. Leitungsrückbauten bei Containeranlage YY {grau} und nördlich benachbarter längerfristiger Containeranlage {orange, Nr. ZZ?} nebst Leitungs-Lageplänen FG-A Bl. 246 ff.;
eee) zu entsprechenden ober- und unterirdischen Anschlüssen von Baustellen-Containern, -Containeranlagen oder -Containerblöcken: ER mV 25.01.2017 mit mdl. amtl. Gutachten Prot. S. 2 ff. FG-A Bl. 297 ff. und mit
fff) vom amtl. Sachverständigen zusammengestellten Fotos 1-05 ff., 3-01, 3-05, FG-A Bl. 214 ff., 226, 228b f., sowie
ggg) einschließlich OT rund und in Containerblöcken auf Baustelle C mit mdl. Gutachten des amtl. Sachverständigen sowie mit Aussagen des dort zuständigen Poliers als sachverständiger Zeuge, Prot. S. 10 ff., FG-A Bl. 305 ff.).

64

h) Erscheinungsbild der Containeranlage XX

65

Zusammenfassend zeigte sich im Erscheinungsbild der Containeranlage XX, dass sie auf der ursprünglichen Hangfläche
aa)- auf einem extra für sie aufbereiteten Untergrund aufgestellt und
- mit speziell gebautem Werksstraßen-Anschluss sowie
- eigenem breiten Verbundpflaster-Zuweg versehen
- in das Werksgelände der Mieterin eingepasst wurde
(oben e aa, cc, dd m. w. N.) und

66

bb) im Übrigen wie andere Containeranlagen
- ohne eigenes gegossenes Fundament (oben e bb m. w. N.)
- modular errichtet und in größerer Zahl verbunden (oben f und nachstehend i jeweils m. w. N.) sowie
- mit Versorgungs-Anschlüssen ausgestattet war (oben g m. w. N.).

67

i) Rauminhalte der Containeranlage XX am Stichtag

68

aa) Die Containeranlage XX bestand stets aus 51 Containern, darunter von der Klägerin so bezeichnete Premiumcontainer mit einer Breite von 3,00 m bzw. einem Volumen von 52,54 cbm sowie insbesondere für die Flure Standardcontainer mit der Breite von 2,50 m bzw. einem Volumen von 43,71 cbm (vgl. Hinweisschreiben 19.02.2017 S. 4 f., FG-A Bl. 346 f., m. w. N.; Rechnungen vom 1. Januar 2013 und 1. Januar 2014, Auflistung, Aufbauplan sowie Retourlisten vom August 2014, FG-A Bl. 414 bis 424 als Anl. I 1 a bis f und Anl. 2 a bis e zum Kl-SS 23.02.2017 S. 1 f., FG-A Bl. 409 f.; ET 27.02.2017 Prot. S. 2 f., FG-A Bl. 478 f.; Kl-Email 27.02.2017 mit überarbeiteter Auflistung Anl. I 2 a, FG-A Bl. 485 f.).

69

bb) Allein beim Container ... handelte es sich um einen kleinen, nur 3 m langen umgebauten Seecontainer mit 19,43 cbm, der Sicherungs- und Schaltkästen für die Stromversorgung der Containeranlage enthielt und von den Beteiligten deshalb übereinstimmend als nicht zu bewertende Betriebsvorrichtung qualifiziert wird (ET 27.02.2017 Prot. S. 2, FG-A Bl. 478; Kl-Email 27.02.2017, FG-A Bl. 485; insgesamt FA-Email 03.03.2017, FG-A Bl. 495).

70

cc) Gemäß nach Büro- und Werkstattcontainern differenzierter letzter Aufstellung betragen die Rauminhalte der Containeranlage XX für
aaa) Bürocontainer 1.136,43 cbm und für
bbb) Werkstattcontainer 1.416,15 cbm
(Kl-Email 27.02.2017 mit neuer Anl. I 2 a, FG-A Bl. 485 f; FA-Email 03.03.2017, FG-A Bl. 495).

71

j) Sachwert der Containeranlage

72

Vorsorglich für den Fall, dass die Container für Zwecke der Grundsteuer im Wege der Einheitsbewertung als Gebäude zu qualifizieren sind, haben die Beteiligten sich in tatsächlicher Hinsicht dahin verständigt,
dass nach den Wertverhältnissen von 1964 im Sachwertverfahren (im Rahmen von § 85 BewG, Abschn. 38 BewRGr nebst Anlage 14 Teile A und B)
in Übereinstimmung mit der Anlage zur Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2015 (EW-A Bd. V Bl. 91; Kl-Anl. 3, FG-A Bl. 15 im FG-Anlbd.)
aa) Werkstattcontainer mit 37,74 DM/cbm (entsprechend Gebäudeklasse 237) und
bb) sämtliche Verwaltungs- bzw. Büro- und Sozialraum-Container mit 70 DM/cbm (entsprechend Gebäudeklasse 112)
zu bewerten sind (ER mV 25.01.2017 Prot. S. 9; vgl. Hinweisschreiben 19.02.2017, FG-A Bl. 343 ff. S. 2).

73

2. CONTAINERANLAGE YY

74

a) Temporärer mieterseitiger Bedarf für Containeranlage YY

75

Neben dem ausnahmsweise und deshalb temporär für physische Nacharbeiten an bestimmten Teilen eines ...-Typs bei der Mieterin entstandenen Bedarf für die den Teile-Lieferanten zur Verfügung gestellten Container der Containeranlage XX (oben 1 a) bedurfte es zur Nacharbeiten-Begleitung und -Überwachung durch "...-Mitarbeiter" aus dem Konzern der Mieterin weiterer Container in Gestalt der - kleineren - Containeranlage YY (vgl. insges.
aa) Zeugenaussage Vice President, ..., OT A-Werft 18.02.2016, Prot. S. 3 f., FG-A Bl. 139 f.;
bb) insgesamt weitere Nachweise oben 1 a).

76

b) Befristete Genehmigung der Containeranlage YY

77

aa) 11 Container

78

aaa) Beantragt wurde die Genehmigung einer auf 12 Monate befristeten Aufstellung von 11 Containern durch am 17. September 2012 eingegangenen Bauantrag vom 27. August 2012 nebst Baubeschreibung S. 2/4 mit Angabe Gebäudeklasse 1 nach HBauO (Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 3, FG-A Bl. 524; EW-A Bd. V Bl. 13).

79

Daraufhin wurde die Anlage unter dem 27. März 2013 gemäß §§ 61, 72 HBauO im vereinfachten Verfahren befristet bis 1. Mai 2014 genehmigt (Bauakte ...-2 S. 9; FG-A Bl. 366).

80

bbb) Neben einem Bescheid über die baustatische Typenprüfung des Regierungspräsidiums D vom 8. Juni 2009 (Anlage 8 zur Baugenehmigung) wurde für den befristeten Bauantrag ein vereinfachter Wärmeschutznachweis eingereicht und als Anlage zur Baugenehmigung genommen. In dem sogenannten Wärmeschutznachweis heißt es, dass gemäß Energieeinsparverordnung EnEV 2009 § 1 Abs. 2 Nr. 6 (jetzt § 1 Abs. 3 Nr. 6 EnEV)
"zur wiederholten Aufstellung und Zerlegung bestimmte Gebäude und provisorische Gebäude mit einer Nutzungsdauer bis zu 2 Jahren"
nicht Gegenstand dieser Verordnung sind (Anlage 10, Seite 2, zur Baugenehmigung).

81

ccc) Zu demselben Aktenzeichen wurde dem Bauamt mit Bauanzeige und Begleitschreiben der Mieterin vom 16. April 2013 der Baubeginn für den 29. April 2013 angezeigt (Bauakte ...-2 Vorblätter).

82

Woher letzteres Datum in das Schreiben und in die Bauanzeige gelangt ist oder auf welche wo oder bei welcher Containeranlage der Mieterin durchgeführten Arbeiten es sich tatsächlich bezieht, ist nicht durch weitere Anhaltspunkte belegt (vgl. nachstehend d).

83

bb) Befristete Genehmigung der Erweiterung auf 13 Container

84

Eine Erweiterung der Anlage von 11 Containern um 2 auf 13 Container wurde auf Antrag vom 19. Juni 2013 unter neu eingetragenem Aktenzeichen am 15. August 2013 gleichermaßen befristet bis 1. Mai 2014 genehmigt (Bauakte ...-3 S. 4).

85

cc) Verlängerung der befristeten Genehmigung der Containeranlage

86

Eine Verlängerung der bis 1. Mai 2014 befristeten Genehmigungsdauer wurde auf Antrag vom 21. März 2014 für die Containeranlage YY im vereinfachten Verfahren mit Verlängerungsbescheid vom 8. Mai 2014 gewährt bis 4. Mai 2016 (ursprüngliche Bauakte ...-2 S. 12).

87

c) Befristete Vermietung der Containeranlage YY

88

Bezogen auf ein Angebot der Klägerin vom 17. August 2012 wurde die Anmietung der Containeranlage für das "...-Team" nach Ablauf eines Jahres vom 1. Oktober 2012 bis Ende September 2013 wiederholt befristet verlängert; beispielsweise gemäß Angebot vom 21. August 2013 und Bestellung vom 10. September 2013 um 3 Monate bis Ende 2013 und weitere 4 Monate bis Ende April 2014 (EW-A Bd. V Bl. 44 ff.). Wegen des weiteren Verlaufs wird auf die nachstehend zu d berichteten Daten und Belege verwiesen, da keine weiteren vertraglichen Vereinbarungen vorliegen (vgl. Hinweisschreiben 19.02.2017 S. 10 zu 4 a ff ccc, FG-A Bl. 352).

89

d) Befristete Aufstellung der Containeranlage YY

90

aa) Lieferung/Bezug 11 Container September/Oktober 2012

91

aaa) Der 17. September 2012 ist als Liefertermin der 11 Container in der Rechnung der Klägerin vom 8. Oktober für Oktober 2012 bezeichnet; dort ist auch die Kranentladung aufgeführt. Der Liefertermin 17. September 2012 wird ebenso in den nachfolgenden Monatsrechnungen zum Beispiel vom 1. Januar 2013, 1. Januar 2014, 1. Januar 2015 und 1. Januar 2016 für die ursprünglich 11 Container genannt (Kl-SS 23.02.2017 S. 3 mit Anl. II 1 a ff., FG-A Bl. 411, 445 ff.; vgl. ferner mieterseitig auf Anfrage des FA diesem erteilte Auskunft "Neu 2012", EW-A Bd. V Bl. 4 ff., 6; Luftbild Frühjahr 2013, EW-A Bd. V Bl. 3, FG-A Bl. 317; Email Landesbetrieb Geoinformation mit Luftbildern ohne die Container Sommer 2011 und 2012; mit 11 Containern Frühjahr 2013; digital mittels Vergrößerung besser erkennbar).

92

bbb) Den 1. Oktober 2012 als Bezugsdatum angegeben hat der damals damit befasst gewesene Objektmanager in seiner abschließenden schriftlichen Zeugenaussage (Email vom 23. März 2017, 17:25 h, FG-A Bl. 503 f.). Erst später mieterseits freigezeichnet wurden die Rechnung für die vorbereitenden Erdarbeiten zwischen Anschlusspunkt und Container am 22. Oktober 2012 und die Rechnungen für Trink- und Abwasseranschluss sowie Elektroanschluss am 21. Januar 2013 laut schriftlicher Erklärung desselben Zeugen (vorherige Email vom 23. März 2017, 16:33 h, FG-A Bl. 502; nach Angaben April/Mai 2013 im OT 18.02.2016 Prot. S. 4, FG-A Bl. 140; Hinweisschreiben vom 19.02.2017 S. 8 ff., FG-A Bl. 350 ff. m. w. N.; ET 27.02.2017 Prot. S. 5 f., FG-A Bl. 481 f.; Beweisbeschluss vom 28.02.2017, FG-A Bl. 487 und schriftlicher Voraberklärung des jetzigen Bauleiters per Email 17.03.2017 betreffend Aufstellung durch den vorbezeichneten Objektleiter in 2012, FG-A Bl. 501).

93

bb) Lieferung/Bezug 2 weiterer Container im oder nach Juni 2013

94

Die nach Antrag vom 19. Juni 2013 genehmigten beiden zusätzlichen Container zur Erweiterung der Anlage von 11 auf 13 Container (oben b bb) wurden mit Lieferdatum 12. Juni 2013 bezogen. Dieses Datum ergibt sich aus dem seitens beider Vertragsparteien unterzeichneten Lieferschein (Kl-Email 26.01.2017 mit Anl., FG-A Bl. 311, 312R). Genannt wird das Lieferdatum außerdem in den nachfolgenden gesonderten monatlichen Mietrechnungen für diese beiden Container, wie beispielsweise vom 1. Januar 2014, vom 1. Januar 2015 und vom 1. Januar 2016 (Kl-SS 23.02.2017 S. 3 mit Anl. II 1 g ff., FG-A Bl. 411, 451 ff.; vgl. ferner Email Landesbetrieb Geoinformation mit Luftbildern der 13 Container vom Sommer 2013, Frühjahr 2014, Frühjahr 2015, Frühjahr 2016, FG-A Bl. 318 f. mit Anl. FG-A Bl. 323 ff. in FG-Anlbd.; digital mittels Vergrößerung besser erkennbar).

95

cc) Rückbau/Abholung der Containeranlage YY im April/Mai 2016

96

Nachdem die Containeranlage XX bereits Anfang Juli/August 2014 freigemeldet und abgeholt worden war (oben 1 d bb), wurde die Containeranlage YY lange vor Ablauf ihrer bis 4. Mai 2016 befristeten Genehmigung (oben b cc) geräumt und stand sie bereits leer bei Augenscheinseinnahme im Ortstermin 18.02.2016 (Prot. S. 7 f. und 12, FG-A Bl. 143 f., 148, einschließlich Anl. 4 Email Bauleiter vom 15.02.2016 mit Foto unten links vom selben Tag, FG-A Bl. 154 in Anlbd.).

97

Die Anschlussleitungen wurden spätestens im April 2016 getrennt und bis zur Abholung der Container bzw. spätestens 2. Mai 2016 zurückgebaut (Email Mieterin vom 23.05.2016 mit Fotos betr. Leitungsrückbauten nahe Containeranlage YY {grau} bei nördlich benachbarter längerfristiger Containeranlage {orange, Nr. ZZ?} nebst Leitungs-Lageplänen, FG-A Bl. 246 ff.; Hinweisschreiben 19.02.2017 S. 12, FG-A Bl. 354; Kl-SS 23.02.2017 S. 5, FG-A Bl. 413; vgl. ferner Email Landesbetrieb Geoinformation mit Luftbild Sommer 2016 ohne die Containeranlage YY, FG-A Bl. 318 f. mit Anl. FG-A Bl. 320 ff. in FG-Anlbd.).

98

e) Untergrund der Containeranlage YY

99

aa) Die 11 plus 2 Container der Containeranlage YY hatten als Untergrund kein Betonfundament und keine Befestigung; ebenso wenig wie die Containeranlage XX (oben 1 e b).

100

bb) Im Unterschied zu letzterer standen sie, soweit ersichtlich oder feststellbar, nicht auf Betonklötzen, klägerseits so bezeichneten Betonsetzern oder Betonplatten (vgl. Vermerk auf Lieferschein für die beiden letzten Container, Anl. zur Kl-Email 26.01.2017, FG-A Bl. 311, 312; vgl. begrifflich oben 1 e bb).

101

cc) Vielmehr wurden die Container nach stehender Entladung per Kran (oben d aa aaa; ET 27.02.2017 Prot. S. 5, FG-A Bl. 481 f.) lediglich auf einer Parkplatzfläche am Rande einer Werkstraße der Mieterin auf Verbundpflaster aufgestellt (westlich Halle ...; oben I vor 1 m. w. N.)

102

Letzteres war auf der Parkplatzfläche wie auf der Straße gleichermaßen bereits vorhanden wie auch anderswo auf A-Werft-...-Flächen, über die auch ... werden können.

103

dd) Nach Bedarf wurden zur feinen Niveauregulierung an den Ecken leichte dünne Ausgleichsplatten in Form quadratischer oder rechteckiger Scheiben aus Recycling-Kunststoff untergelegt. Soweit farblich ersichtlich, stammten letztere, anders als bei der Containeranlage XX, nicht von der Klägerin.

104

ee) Vgl. insges.
aaa) OT 18.02.2016 Prot. S. 5 ff., 12 ff., FG-A Bl. 141 ff., 148 ff. und
bbb) Anlagen Luftbilder FG-A Bl. 152 oben rechts, 153 oben, Foto Bl. 154 unten links in FG-Anlbd;
ccc) Fotos Containeranlage YY aus A-Werft-Email 04.04.2016, FG-A Bl. 195 ff.; dieselben Fotos mit spezifizierter Beschriftung aus Kl-Email 05.04.2016, FG-A Bl. 20 ff.;
ddd) Fotos aus Email Mieterin vom 23.05.2016 betr. Leitungsrückbauten bei Containeranlage YY {grau} und nördlich benachbarter längerfristiger Containeranlage {orange, Nr. ZZ?}, FG-A Bl. 246 ff.;

105

ff) allgemein zur Unterscheidung von
- einerseits auf massiven Betonfundamenten auf Dauer z. B. für Flüchtlinge aufgestellten Folgeunterkünften
- andererseits i. d. R. ohne gegossenes Betonfundament (wie hier) kurzfristig aufgestellten Containern z. B. auf Baustellen
obige Nachweise zu 1 e bb hhh bis kkk.

106

f) Modul-Bauweise der Containeranlage YY

107

Verwiesen wird auf die bereits zur Containeranlage XX berichteten Feststellungen XX oben 1 f.

108

g) Anschlüsse der Containeranlage YY

109

Verwiesen wird auf die bereits zur Containeranlage XX berichteten Feststellungen oben 1 g.

110

h) Erscheinungsbild der Containeranlage YY

111

Zusammenfassend zeigte sich im Erscheinungsbild der Containeranlage YY, dass sie
aa) im Unterschied zur Containeranlage XX, oben 1 h,
- nur auf bereits vorher vorhandenen Verbundpflaster-Parkplatzflächen am Rande einer Werksstraße und
- lediglich nach Bedarf auf dünnen Niveauausgleichsplatten
aufgestellt wurde (oben e m. w. N.) und
bb) im Übrigen wie andere Containeranlagen
- modular errichtet und verbunden (oben f m. w. N.) sowie
- mit Versorgungs-Anschlüssen ausgestattet war (oben g m. w. N.).

112

i) Rauminhalte der Containeranlage YY am Stichtag

113

Gemäß nach Büro- und Werkstattcontainern differenzierter letzter Aufstellung betragen die Rauminhalte für die Containeranlage YY mit allein
Verwaltungs- bzw. Büro- oder Sozialcontainern
aa) im Ursprungszustand für 11 Container 576,99 cbm am Stichtag 1. Januar 2013 und
bb) nach Erweiterung für insgesamt 13 Container 681,90 cbm
(Kl-SS 23.02.2017 S. 4 mit Anl. II 3 a ff., FG-A Bl. 412, 467 ff; FA-Email 03.03.2017, FG-A Bl. 495).

114

j) Sachwert der Containeranlage YY

115

Verwiesen wird auf die bereits zur Containeranlage XX berichtete tatsächliche Verständigung oben 1 f bb.

116

II. VERWALTUNGSVERFAHREN

117

1. Einheitsbewertung

118

a) Der Beklagte, das Finanzamt (FA, holte nach Auswertung von Luftbildern und Lageplan bei der A-Werft wegen der beiden Containeranlagen Auskünfte nebst Unterlagen ein und wandte sich danach an die Klägerin als Eigentümerin und damalige Vermieterin mit der Bitte um Erklärungen zur Feststellung des Einheitswerts auf den 1. Januar 2013 (EW-A Bd. V Bl. 1 ff., 24).

119

Die Klägerin bestritt die Gebäudeeigenschaft, wies auf die kurzfristige Vermietung, die Aufstellung ohne Fundament bzw. auf Betonklötzen und die Austauschbarkeit der Container hin und reichte Präsentationsfotos sowie Unterlagen ein (EW-A Bd. V Bl. 25 ff., 29 ff., 44 ff., 50 ff.).

120

Nach weiterem Austausch einschließlich Besprechung an Amtsstelle blieben die Beteiligten bei ihrer unterschiedlichen Würdigung (EW-A Bl. 28 ff., 40 ff., 53).

121

b) Auf erneute Anfrage des FA bei der Mieterin bestätigte diese, dass die Containeranlagen nicht auf Fundamenten aufgestellt seien (EW-A Bd. V Bl. 54).

122

c) Gemäß Schätzung (EW-A Bd. V Bl. 55 ff.) stellte das FA mit Einheitswertbescheid vom 11. September 2014 den Einheitswert für beide Anlagen zusammen als wirtschaftliche Einheit auf 207.400 DM bzw. 106.041 Euro fest; zugleich erklärte das FA die Feststellung für vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO hinsichtlich der Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens verfassungsgemäß sind (EW-A Bd. V Bl. 62; Anl. K 1, FG-Anlbd. Bl. 1 = 9).

123

2. Einspruchsverfahren

124

a) Aufgrund Einspruchs vom 22. (eingeg. 23.) September 2014 wiederholte die Klägerin ihren Standpunkt, dass es sich nicht um Gebäude handele, und bestritt sie im Übrigen mit weiteren Ausführungen die angesetzten Werte (EW-A Bd. V Bl. 66 ff.; Anl. K 2, FG-Anlbd. Bl. 10).

125

b) Durch Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2015 verband das FA den Einspruch gegen den Einheitswertbescheid mit den gleichzeitig eingelegten Einsprüchen gegen die Festsetzungen von Grundsteuermessbetrag sowie Grundsteuer. Es wies die Folgebescheid-Einsprüche zurück und setzte den Einheitswert, unter Aufrechterhaltung des verfassungsbezogenen Vorläufigkeitsvermerks, auf 187.500 DM bzw. 95.867 Euro herab, wie in der Anlage zur Einspruchsentscheidung berechnet. Die Gebäudemerkmale im Sinne von § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG seien in der Gesamtschau erfüllt (EW-A Bd. V Bl. 87 ff.; FG-A Bl. 6, 41; Anl. K 3, FG-Anlbd. Bl. 11, 15):

126

Insbesondere sei das Gebäude-Merkmal der Ortsfestigkeit bei den ohne Verankerung aufgrund eigener Schwere auf dem Boden ruhenden Containern zu bejahen (vgl. BFH, Urteil vom 18.06.1986 II R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787).

127

aa) Die Container hier seien im Unterschied zu Baustellencontainern nach ihrer baulichen Gestaltung nicht zur Verwendung auf stets wechselnden Einsatzstellen vorgesehen und nicht ohne größere bauliche Maßnahmen jederzeit versetzbar und transportabel.

128

bb) Es handele sich auch nicht um einen von vornherein befristeten Notbehelf bzw. um eine Interimslösung wie bei Bürocontainern während Bauarbeiten an einem Bürogebäude. Die Mietvertragslaufzeit sei hier im Hinblick auf die Dauer der Nutzung von den individuellen Bedürfnissen der Mieterin abhängig. Nicht der Charakter eines Provisoriums stehe im Vordergrund, sondern es werde, wenn auch zeitlich befristet, ein Massivgebäude ersetzt (vgl. BFH, Urteil vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113).

129

cc) Weitere objektive Abgrenzungskriterien für die Gebäudeeigenschaft der Container seien trotz Möglichkeit ihrer Entfernung oder ihres Austauschs die Verbindung mit anderen Containern zu baulichen Einheiten und die technische Ausführung der Versorgungsleitungen mit Verbindungen zum Versorgungsnetz der Mieterin.

130

dd) Dass die Eigennutzung der Container durch die Klägerin als Eigentümerin durch die Vermietung eingeschränkt sei, entspreche den Folgen der Vermietung eines Massivgebäudes auf fremdem Grund und Boden.

131

III. STREITSTAND

132

1. VORTRAG DER KLÄGERIN

133

Zur Begründung der am 17. März 2015 eingegangenen Klage (FG-A Bl. 1=4) betreffend den Einheitswertbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung - als Grundlagenbescheid für den Grundsteuermessbetrag und die Grundsteuer (vgl. FG-A Bl. 28, 37, 524) - trägt die Klägerin vor (FG-A Bl. 1=2, 4, 27, 69, 87, 109, 185, 204, 262, 291, 311, 371, 409, 485 nebst Terminprotokollen, unten IV):

134

Die hier vermieteten Container seien nicht als Gebäude auf fremdem Grund und Boden zu bewerten im Sinne von
§ 2 Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 68 Abs. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 3, § 94 BewG.

135

a) Mangels Fundament keine Gebäude-Ortsfestigkeit

136

Es fehle mangels eigener Fundamente am Gebäudemerkmal der ortsfesten Verbindung mit dem Grund und Boden (FG-A Bl. 88, 92).

137

aa) Das Verbundpflaster der an der Werksstraße der Mieterin gelegenen Parkplatzfläche sei kein Fundament der Containeranlage YY (FG-A Bl. 185, 187, 262 f.).

138

bb) Auch die Containeranlage XX sei ohne ein mit ihr fest verbundenes Fundament provisorisch aufgestellt worden (FG-A Bl. 189 f., 264 f.)

139

Davon abgesehen hänge es aus Sicht der vermietenden Klägerin vom Zufall ab, ob der Mieter der Container für diese ein eigenes Fundament bereitstelle (FG-A Bl. 190 f., 265).

140

b) Durch geringes Eigengewicht keine Ortsfestigkeit

141

Soweit die Rechtsprechung ganz ausnahmsweise die Ortsfestigkeit bei einem ohne Fundament aufgrund seiner Eigenschwere auf dem Boden - oder ggf. auf Kanthölzern oder Klötzen - ruhenden Bauwerk bejahe, fehle es hier bereits an einem entsprechenden Eigengewicht (FG-A Bl. 70 ff., 73, 88 f.). Im Unterschied zu einer als Gebäude angesehenen Fertiggarage aus Beton sei ein Container wie hier ohne großen technischen Aufwand auf Klötzen als provisorischem Unterbau aufgestellt und bestehe - ohne ggf. vermieterseitig eingebrachte Innen-Einrichtung - aus nur 0,75 mm dünnen Blechwänden in gerade 3 mm dünnen Stahlblechrahmen. Diese absolute Leichtbauweise mache die Nutzung sowohl bei Sturm als auch in Hochwassersituationen ohne weitere Befestigungsvorrichtungen problematisch, die hier nicht gegeben seien (FG-A Bl. 29 f., 186).

142

c) Keine Zweckbestimmung zur dauernden ortsfesten Nutzung und keine Manifestation der Ortsfestigkeit im Erscheinungsbild
- Restriktive kumulative Abgrenzungskriterien -

143

Soweit die Rechtsprechung bei einem durch sein bloßes Eigengewicht auf dem Boden ruhenden Bauwerk ausnahmsweise die Ortsfestigkeit wie bei einem gegossenen Fundament bejahe und stattdessen restriktiv auf die
kumulativen Kriterien für eine bleibende Integration
- erstens der individuellen Zweckbestimmung für eine dauernde Nutzung oder bleibende Integration im Betrieb der Mieterin und
- zweitens der Manifestation der Ortsfestigkeit im äußeren Erscheinungsbild auf dem Werksgelände der Mieterin
abstelle, fehle es hier auch an beiden zusätzlichen Voraussetzungen (nachstehend d bis f; FG-A Bl. 29 f., 36 f., 70 f., 90, 186).

144

d) Zweckbestimmung, prognostizierte funktionale Gebäudenutzung

145

Bei der Zweckbestimmung mache die Nutzung als Büro oder zu den hier bestimmten Zwecken keinen Unterschied für die zeitliche Nutzungskomponente (FG-A Bl. 71). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe eindeutig festgestanden, dass es sich nur um eine kurzfristige Nutzungsüberlassung handeln werde, wie auch ex post bestätigt (FG-A Bl. 73 f., 90, 92, 109 f.).

146

aa) Flexibilität

147

Anstelle einer Zweckbestimmung zur dauernden Nutzung wie möglicherweise bei entsprechenden Mietverträgen mit Kündigungsfristen seien solche hier nicht vereinbart worden, sondern sei praktisch für vorübergehende Interimsdienstleistungen nach Auftragsbestätigung und monatlichen Abrechnungen von vornherein Flexibilität vorgesehen mit kurzfristig möglicher Beendigung der Miete jedes Containers oder Auswechselung jedes Containers binnen eines begrenzten Zeitfensters (FG-A Bl. 30, 69, 73).

148

bb) Keine erwartete Nutzung von 6 Jahren an einer Einsatzstelle

149

Der von der Rechtsprechung wiederholt angenommene (Mindest-)Zeitraum einer "gebäudeähnlichen" Langfristigkeit der Nutzung im Rahmen einer individuellen Zweckbestimmung von etwa sechs Jahren sei bereits angesichts der vorbeschriebenen Flexibilität unrealistisch (FG-A Bl. 31, 90, 189).

150

Im Übrigen könne grundsätzlich für Container oder Containeranlagen keine zutreffende Nutzungsdauer prognostiziert werden, sondern sei ungewiss, in welcher Ausgestaltung oder Form Containerteile, Container oder Containeranlagen nachfolgend wo und wie lange wieder einsetzbar seien (FG-A Bl. 32).

151

cc) Zweckbestimmung und Nutzungsdauer für temporäre Nacharbeiten

152

Gemäß Art der vorgesehenen und ausgeführten Tätigkeiten betreffend temporäre Nacharbeiten an ...-Teilen seien - wie belegt - die Container nur zur provisorischen und vorübergehenden Nutzung durch Mitarbeiter der Mieterin bestimmt gewesen und sei eine bauliche Integration in den Betrieb der A-Werft von Anfang an nicht bezweckt gewesen (FG-A Bl. 187, 262 f.). Auch die insgesamt kurze Nutzungsdauer spreche gegen eine Gebäudeeigenschaft (FG-A Bl. 189, 263).

153

e) Erscheinungsbild

154

aa) Wie Baustellen-Container seien gemäß manifestiertem Erscheinungsbild die hier individuell zu beurteilenden, lose - teils auf leicht transportablen Klötzen - aufstehenden Leichtbaucontainer erst recht nicht ortsfest (nachstehend f - h; FG-A Bl. 33, 70, 73, 92).

155

bb) Die bauliche Gestaltung mit der bloßen Aneinanderreihung mehrerer für den Auftraggeber konfigurierter Container ohne Regenrinnen deute nicht auf eine Gebäudeeigenschaft hin, sondern vermittle eine eher baustellentypische, provisorische Gestaltung, die sich mit dem vorbezeichneten provisorischen Zweck decke (FG-A Bl. 187 f.).

156

cc) Dass es sich lediglich um ein Provisorium handele, verdeutliche auch bereits der Ort der freien Aufstellung ohne ortsfeste bauliche Integration oder Verbindung zu einer Werkshalle der Mieterin.

157

dd) Die Containeranlage YY habe sich in ihrem Erscheinungsbild schon dadurch nur als bloßes Provisorium gezeigt, dass die Container auf der als Parkplatz dienenden Verbundpflasterfläche neben der für den Pkw- und Lieferverkehr genutzten Werksstraße abgestellt gewesen seien (FG-A Bl. 187).

158

ee) Soweit 2015 und Anfang 2016 noch 13 Container verblieben seien, habe es sich nicht um eine zu einem großen Gebäude zusammengefügte Anlage gehandelt.

159

Im Übrigen habe die Mieterin die letztgenannten Container jederzeit nach kurzfristigem Bedarf umstellen können (FG-A Bl. 111).

160

f) Technische Art der Ausführung von Versorgungsleitungen

161

Eine ortsfeste Verbindung werde gemäß Rechtsprechung nicht allein durch installierte Versorgungsleitungen hergestellt (FG-A Bl. 30 m. w. N.).

162

Soweit allenfalls die technische Art der Ausführung der Versorgungsleitungen als eines von zahlreichen Hilfskriterien erwogen werden könne, sei dieses Hilfskriterium nach der Rechtsprechung nicht stärker zu gewichten als andere Kriterien.

163

aa) Dass die Container an unterirdische Versorgungsleitungen angeschlossen gewesen seien, beruhe allein auf der hier verkehrsbedingten unterirdischen Verlegung unter den Werksstraßen.

164

Der provisorische Charakter der Anschlüsse zeige sich darin, dass die Versorgungsleitungen für die Container vor der Containeranlage wieder nach oben geführt und oberirdisch von außen frei zugänglich angeschlossen worden seien; nämlich gerade ohne erheblichen Bauaufwand, und zwar im Unterschied zur gebäudeüblichen unterirdisch frostsicheren Heranführung über eine sogenannte Mehrsparteneinführung durch das Gebäudefundament (FG-A Bl. 188, 263 f.).

165

bb) Im Übrigen seien keine zusätzlichen Wasserzähler eingebaut worden, wie sie demgegenüber nicht nur in Gebäuden, sondern sogar auf Baustellen gemäß Beweisaufnahme üblich seien (FG-A Bl. 263).

166

cc) Des Weiteren seien keine Stromzähler eingebaut worden, wie sie dagegen in Gebäuden üblich und verpflichtend seien (FG-A Bl. 263).

167

dd) Gegen eine Qualifikation als Gebäude spreche im Übrigen, dass die Container nicht an einen Versorgungscontainer angeschlossen gewesen, sondern mit eigenen Elektroheizungen und CEE-Kupplungen ausgestattet gewesen seien (FG-A Bl. 111).

168

g) Keine Einstufung als Gebäude nach den Verhältnissen von 1964

169

Ungeachtet der Wertverhältnisse von 1964 komme es für die Einheitsbewertung nach § 2 GrStG, § 38 AO nicht darauf an, ob die Container in 1964 als Gebäude eingestuft worden wären (FG-A Bl. 90).

170

h) Baurechtliche Kriterien unmaßgeblich

171

Die eigenständige bewertungsrechtliche Auslegung des Begriffs "Gebäude" richte sich nach der jahrzehntelangen Rechtsprechung des BFH und nicht nach unabgestimmten Bau- und Genehmigungs-Vorschriften der Länder.

172

Dementsprechend komme es auch nicht auf die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung an, die Container im Übrigen bereits als "mobile" Unterkünfte eingeordnet habe (FG-A Bl. 186 f., 264, vgl. Bl. 235; vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 14.04.2016, 2 Bs 29/16, Juris Rz. 12, 30 ff.; FG-A Bl. 234 ff., 237 ff.).

173

i) Verkehrsauffassung und keine Gebäudeversicherung

174

Nach Verkehrsauffassung seien Container keine Gebäude.

175

Dementsprechend seien Container auch nicht als Gebäude versicherbar (FG-A Bl. 34).

176

j) Verfassungskonforme Auslegung

177

Eine Einordnung als Gebäude würde angesichts des Stichtagsprinzips je nach Aufstellung oder Abbau um den Jahreswechsel zu zufälligen oder willkürlichen Ergebnissen führen, die nicht an der Leistungsfähigkeit nach Art. 3 GG und der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 GG orientiert sein könnten. Diesen Bedenken sei nötigenfalls durch gleichheitsgerechte und verfassungskonforme Auslegung Rechnung zu tragen (FG-A Bl. 34)

178

k) Vollzugsdefizit

179

Ansonsten bestünde ein systematisches Steuererhebungs- und Vollzugsdefizit (FG-A Bl. 34 ff., 72 f.).

180

Umgekehrt könne die vom beklagten FA behauptete Akzeptanz dortiger Bescheide keinen Steuertatbestand schaffen (FG-A Bl. 72, 91).

181

Im Übrigen seien in ihrem, der Klägerin, Unternehmen derzeit ungefähr 30.000 Einheiten vermietet, und zwar teils Container und teils Containeranlagen, und zwar auch größere mit bis zu 500 Containern in einer Anlage. In keinem Fall außer hier sei bisher gegenüber ihr, der Klägerin, ein Einheitswert festgestellt oder Grundsteuer erhoben worden (Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 6, FG-A Bl. 527).

182

l) Ohne Nutzungsrecht kein Gebäude der Klägerin auf fremdem Grund

183

Für Gebäude als Eigentum auf fremdem Grund und Boden i. S. v. §§ 70 Abs. 3, § 94 BewG oder für ein wirtschaftliches Eigentum an den Containern fehle es ihr, der Klägerin, im Übrigen an einem Nutzungsrecht. Soweit eine längerfristige Nutzungsdauer angenommen würde, wäre von einem verbrauchsähnlichen Nutzungsrecht der Mieterin gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO auszugehen (FG-A Bl. 37, 74 f., 91).

184

2. ANTRÄGE

185

a) Die Klägerin beantragt (nach Klarstellung, FG-A Bl. 2, 28, 37, 524),
den Einheitswertbescheid auf den 1. Januar 2013 vom 11. September 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2015 aufzuheben.

186

b) Das beklagte FA beantragt (FG-A Bl. 39, 524),
die Klage abzuweisen.

187

3. VORTRAG DES BEKLAGTEN FINANZAMTS

188

Das FA nimmt Bezug auf seine vorgerichtlichen Schreiben vom 4. April und 15. Juli 2014 (EW-A Bd. V Bl. 40, 53, oben II 1 a) sowie auf die Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2015 (EW-A Bd. V Bl. 87, oben II 2 b; FG-A Bl. 39, 41) und trägt ergänzend vor:

189

a) Systematik der Beurteilung der Gebäudeeigenschaft

190

Auszugehen sei für den Gebäudebegriff vom Sinn und Zweck des Bewertungsgesetzes, vom Vergleich mit dem Baurecht und von der Funktionalität der Container. Soweit die Funktionalität bereits aus sich heraus klar sei, seien die Hilfskriterien aus der BFH-Rechtsprechung nicht mehr nötig (Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 7, FG-A Bl. 528).

191

b) Auslegung des Gebäudebegriffs nach Sinn und Zweck der Grundsteuer

192

Soweit das Bewertungsrecht - wie die Einheitsbewertung - der Grundsteuer diene, sei bei der Auslegung des Gebäudebegriffs der Äquivalenzgedanke zu berücksichtigen, der dem Sinn und Zweck der Grundsteuer zugrunde liege. Danach sei die Grundsteuer ein ergänzendes Entgelt für die Inanspruchnahme der kommunalen Infrastruktur der Daseinsvorsorge neben nicht kostendeckenden Beiträgen und Gebühren (FG-A Bl. 513 f., 516 m. w. N.).

193

Mit anderen Worten sei bei der Auslegung des Gebäudebegriffs zu berücksichtigen, inwieweit die örtliche Infrastruktur erhöht in Anspruch genommen werde. Diesem Gedanken entspreche die funktionsbezogene oder funktionale Auslegung des Gebäudebegriffs durch den BFH, da die Inanspruchnahme kommunaler Leistungen maßgeblich durch die Funktion des Bauwerks bestimmt werde. Im Streitfall bestehe in der Funktionalität kein Unterschied zwischen einem klassischen Gebäude und der Containeranlage. Der für die Kommune entstehende Mehraufwand durch die zusätzlich entstandenen Arbeitsbereiche sei in beiden Fällen gleich (FG-A Bl. 516).

194

c) Auslegung des Gebäudebegriffs nach Baurecht

195

Soweit sich allein aus dem Sinn und Zweck der Grundsteuer noch kein Gebäudebegriff festlegen lasse, sei das Baurecht zugrunde zu legen.

196

aa) Das Bewertungsrecht verweise in einigen Normen auf das Baurecht; zum Beispiel in § 73 Abs. 2 BewG auf den Bebauungsplan sowie in § 145 Abs. 3 und § 179 BewG auf die gemäß § 196 BauGB vom Gutachterausschuss zu ermittelnden Bodenrichtwerte (FG-A Bl. 514).

197

bb) Vorrangig sachgerecht sei eine dem Bauordnungsrecht entsprechende Abgrenzung des Gebäudebegriffs.

198

Durch die vorliegenden Baugenehmigungen sowie die ihnen zugrunde liegenden Bauanträge und beigefügten Anlagen einschließlich der Angabe
"Gebäudeklasse 1 nach HBauO"
(oben I 1 b aa, 2bb aa) sei belegt, dass es sich bei den Containeranlagen um Gebäude im Sinne des landesrechtlichen Gebäudebegriffs handele, wie hier gemäß "HBauO § 2 Begriffe.

199

(1)     

1       

Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene aus Bauprodukten hergestellte Anlagen; eine Verbindung mit dem Boden besteht auch dann, wenn die Anlage

1.    

        

durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder

2.    

        

auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder

3.    

        

nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden"

        

2       

Bauliche Anlagen sind auch

1.    

        

…       

...     

        

…       

9.    

        

…       

        

3       

Anlagen sind bauliche Anlagen und sonstige Anlagen und Einrichtungen...

200

(2) Gebäude sind selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.

201

(3) Gebäude werden in folgende Gebäudeklassen eingeteilt:
1. Gebäudeklasse 1:
a) freistehende Gebäude mit einer Höhe bis zu 7,0 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten von insgesamt nicht mehr als 400 m2 ,
b) freistehende land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gebäude, ..."

202

cc) Wenngleich Container bauplanungsrechtlich als mobile Unterkünfte i. S. v. § 246 BauGB zu qualifizieren seien und Container auch als verfahrensfreie Vorhaben nach § 60 Ziff. 14 HBauO nebst Anlage 2 Ziff. 14.1 bis 14.3 denkbar seien, handele es sich bauordnungsrechtlich im Fall einer gemäß § 59 HBauO erforderlichen und erteilten Baugenehmigung um "Bauliche Anlagen" im Sinne von § 2 Abs. 1 HBauO; und zwar in Form von "Gebäuden" im Sinne von § 2 Abs. 2 HBauO bei Angabe einer Gebäudeklasse - wie hier - (FG-A Bl. 254 f., 303, 515, 524).

203

dd) Die Regelung in der HBauO stimme inhaltlich überein mit den Begriffsbestimmungen in den Landesbauordnungen der anderen Bundesländer, wie z. B. § 2 LBO S-H und § 2 LBO M-V (FG-A Bl. 103, 254R, Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 3, 7, FG-A Bl. 524, 528).

204

ee) Die bewertungsrechtliche Rechtsprechung habe sich aus systematischen Gründen an den Gebäudebegriff des Bauordnungsrechts angelehnt, wie aus der im Hinweisbeschluss des FG vom 29.01.2017 wiedergegebenen Definition ersichtlich sei:
"Bewertungsrechtlich ist ein Gebäude ein Bauwerk,
- das durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt,
- den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet,
- fest mit dem Grund und Boden verbunden,
- von einiger Beständigkeit und
- standfest ist"

205

Die Anlehnung des Bewertungsrechts an das Bauordnungsrecht sei im Hinblick auf die Einheit der Rechtsordnung begrüßenswert. Nach diesen Erwägungen sei der Gebäudebegriff auch im Bewertungsrecht grundsätzlich nach bauordnungsrechtlichen Maßstäben zu prüfen; gegebenenfalls könne der Begriff ergänzend vor dem Hintergrund von Sinn und Zweck der Grundsteuer ausgelegt werden (FG-A Bl. 514).

206

ff) Der BFH habe zur Frage der Gebäudeeigenschaft bei fehlendem Fundament als Abgrenzungskriterium bereits eine "evtl. erforderliche Baugenehmigung" aufgeführt (BFH, Urteil vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228).

207

Nach Verständnis dieses Wortlauts des BFH ("evtl. erforderlich") durch das FA führe eine Baugenehmigung - wie jeweils hier - für ein Gebäude im Sinne der - mit dem Bewertungsrecht übereinstimmenden - bauordnungsrechtlichen Definition, hier gemäß § 2 Abs. 1 und 2 HBauO, zwangsläufig zu einer Einstufung als Gebäude im Sinne des Bewertungsrechts.

208

gg) Nur sofern keine (Gebäude-)Baugenehmigung vorliege, müsse die Frage der Gebäudeeigenschaft anhand der aufgestellten Kriterien im Verfahren des Bewertungsrechts geprüft werden (FG-A Bl. 515, 517).

209

d) Container als Gebäude zum Aufenthalt von Menschen bestimmt

210

Im Sinne des Gebäudebegriffs (§ 68 BewG) und der Rechtsprechung zu als Gebäude genutzten Containern seien die von der Klägerin vermieteten Container zum Aufenthalt von Menschen bestimmt; und zwar gemäß Internet-Angebot der Klägerin geeignet für jeden Zweck wie Büro/Besprechung, Umkleiden/Aufenthalt, Schlafunterkünfte, Speiseräume, Baustellen, Banken/Sparkassen, Schulen, Kindergärten, Behandlungsräume, Verkaufsräume usw. (FG-A Bl. 39R, 77 f.).

211

e) Ortsfeste Verbindung von Containeranlagen mit Grund und Boden

212

Im Sinne des Gebäudemerkmals der Ortsfestigkeit seien Containeranlagen schon deswegen als fest mit dem Grund und Boden verbunden anzusehen, weil die nach den Kundenbedürfnissen konfigurierten und zusammengesetzten Container nicht in ihrer Verbindung als Ganzes, sondern erst nach Auseinanderbau transportabel seien, wie vergleichbar mit einer nach Gebrauch abzubrechenden Ausstellungshalle (FG-A Bl. 77 R m. w. N., Bl. 124, 171).

213

f) Straßen- und Parkplatz-Verbundpflaster als ortsfestes Fundament

214

Die Ortsfestigkeit der Containeranlage YY folge bereits aus ihrer Aufstellung auf dem Beton-Verbundpflaster der Parkplatzfläche am Rande der Werkstraße der Mieterin. Das Verbundpflaster sei mindestens genauso stabil wie ein anderes Fundament und nicht durch bloßen Abtransport zu beseitigen (FG-A Bl. 170 R, 255).

215

g) Eigengewicht als einem Fundament gleichwertige ortsfeste Verankerung

216

Im Übrigen sei das Eigengewicht der Containeranlagen einer ortsfesten Verankerung durch Fundament gleichwertig. Es genüge, dass eine Anlage kraft ihrer Eigenschwere auf dem Boden oder auf Trägerelementen ruhe.

217

So seien die jeweils aus einer hohen Zahl von Containern zusammengefügten Containeranlagen trotz der windanfälligen Lage auf dem A-Werftgelände der Mieterin ganzjährig und mehrjährig nutzbar gewesen (FG-A Bl. 171, 255, 516).

218

h) Container von einiger Beständigkeit

219

Ebenfalls im Sinne der Gebäude-Ortsfestigkeit seien die Container von einiger Beständigkeit; nämlich laut Internet-Angebot zum Verkauf oder zur Vermietung für jeden Zweck geeignet, mit langer Lebensdauer, auch bei rauen Umgebungsbedingungen. Danach seien statt Interims-Lösungen auch dauerhafte Container-Lösungen denkbar (FG-A Bl. 39R, 77).

220

i) Standfestigkeit der Containeranlagen aufgrund des umbauten Raums

221

Die für die Gebäude-Ortsfestigkeit erforderliche Standfestigkeit zeige sich auch in der Größe des umbauten Raums der aus zahlreichen Einzelcontainern zusammengesetzten Containeranlagen (FG-A Bl. 77 R).

222

j) Funktionaler Gebäudebegriff, Zweckbestimmung als Gebäudeersatz

223

Die Frage des Zwecks, der betrieblichen Funktion und der Integration der Containeranlage stelle sich bewertungsrechtlich nur bei Fehlen eines Fundaments.

224

aa) Nach BFH-Rechtsprechung seien dann einzelne Kriterien zur Feststellung der Gebäudeeigenschaft ausreichend, nämlich "objektive Kriterien, die im Einzelfall einen sicheren Schluss auf die jeweilige Funktion ... ermöglichen". In diesen verbleibenden Fällen führe mit anderen Worten eine funktionsbezogene Auslegung des Gebäudebegriffs zu einem funktionsbezogenen oder funktionalen Gebäudebegriff.

225

bb) Nutzungsart, Aufstellungsort und ausgeübte Tätigkeiten sprächen hier für eine Gebäudeeigenschaft. Bei den Büro-, Werkstatt- und Sozialnutzungen handele es sich um klassische Gebäudenutzungen

226

Die hier als Büro- und Sozialgebäude bzw. Werkstatt vermieteten Container seien für die Dauer ihrer Existenz funktionsgleicher Ersatz für ein sonst zu errichtendes Gebäude gewesen (FG-A Bl. 39R, 171 R, 271, 516).

227

k) Kein Provisorium

228

aa) Die Containeranlagen seien nicht nur als Provisorium oder Interimslösung bis zur Fertigstellung eines anderen Gebäudes genutzt worden, sondern wie ein solches als abschließende und endgültige Lösung für die gewünschte Nutzung, wenn auch zeitlich begrenzt (FG-A Bl. 39R, 171 R, 271, 516 f.).

229

Der BFH habe den von ihm verwendeten Begriff eines nicht als Gebäude anzusehenden Provisoriums mit Urteil vom 23. September 1988 III R 67/85 näher bestimmt (BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113):
"... So erfüllen regelmäßig sog. Büro- und Verkaufscontainer Gebäudefunktionen, wenn sie in das Betriebsgelände des Unternehmers integriert und nicht nur provisorisch bis zur Fertigstellung anderer, massiver Gebäude aufgestellt sind ..." (FG-A Bl. 518).

230

Im Duden werde "provisorisch" wie folgt definiert: "nur als einstweiliger Notbehelf, nur zur Überbrückung eines noch nicht endgültigen Zustands dienend; vorläufig; behelfsmäßig".

231

Dementsprechend meine der BFH mit provisorisch ein Bauwerk zur Überbrückung eines noch nicht endgültigen Zustands, also bis zur Fertigstellung anderer, massiver Gebäude.

232

bb) Im Übrigen habe der BFH ein Provisorium auch nicht als die Gebäudeeigenschaft ausschließendes Abgrenzungskriterium angewandt. Er habe lediglich ausgeführt, dass allein die Eigenschaft als Bürocontainer - wie im Streitfall - regelmäßig auch bei fehlendem Fundament zur Gebäudeeigenschaft führe. Lediglich bei Provisorien halte der BFH die Gebäudeeigenschaft allein aufgrund der Nutzungsart nicht für angebracht. Insoweit habe er auch hier wieder den funktionalen Gebäudebegriff angewandt (FG-A Bl. 519).

233

l) Keine negative zeitliche Abgrenzung

234

Ein negatives zeitliches Abgrenzungskriterium des Gebäudebegriffs führe nicht zu sachgerechten Ergebnissen, da die Funktionalität eines Gebäudes durch eine befristete Nutzung nicht eingeschränkt werde.

235

Wenngleich der BFH für einen Baustellencontainer ohne Fundament mit einer Aufstelldauer von über sechs Jahren die Gebäudeeigenschaft bejaht habe, habe er die Dauer nicht als negatives Abgrenzungsmerkmal verwendet. Die Kategorisierung von Sachen hänge grundsätzlich nicht von zeitlichen Faktoren ab. Sachen seien unabhängig von zeitlichen Einflüssen nach ihrer Herstellung beispielsweise Tisch, Stuhl, Mauer oder eben ein Gebäude. Wenn man annehme, dass eine Containeranlage erst nach sechs Jahren zum Gebäude werde, stelle sich die Frage der vorherigen Einordnung einerseits bei einem längeren oder andererseits bei einem kürzeren, aber nachher über sechs Jahre hinaus verlängerten Mietvertrag. Sei die Containeranlage mehrere Jahre als abgestellte Sache einzustufen und anschließend als Gebäude zu bewerten oder seien die Bescheide rückwirkend zu ändern; ggfs. nach welcher Änderungsvorschrift?

236

Umgekehrt seien die Fragen bei vorzeitiger Beendigung eines längeren Mietvertrags vor oder bis Ablauf von sechs Jahren. Müsste die Zeitkomponente ggf. dann auch bei Bauwerken mit Fundament angewandt werden (FG-A Bl. 518)?

237

m) Integration in das Betriebsgelände

238

Für die Gebäudefunktion spreche zugleich die Integration in das Betriebsgelände. Für die Container seien feste, nicht wechselnde Standorte vorgesehen und nach erforderlichen Genehmigungen verwendet worden (FG-A Bl. 516 f.).

239

Darüber hinaus seien die Container nicht mit normalen Containern vergleichbar, sondern seien hier zahlreiche Container zu einer baulichen Anlage verbunden worden. Es handele sich im Grunde jeweils um eine individuell für den Kunden angefertigte Stahlskelettkonstruktion. Bei einem normalen Container sei hingegen der Raumkörper vorgegeben und nicht individualisierbar.

240

Im Übrigen seien die Containeranlagen an sämtliche Versorgungsleitungen angeschlossen gewesen (FG-A Bl. 517).

241

n) Technische Art der Ausführung von Versorgungsleitungen

242

Abgesehen von der bereits unabhängig von den Versorgungsleitungen gegeben Gebäudeeigenschaft sei im Übrigen die Nutzbarkeit der Containeranlage gegenüber einem klassischen Steinhaus nach den Anschlüssen für Frisch- und Abwasser, Strom, Telefon, Datennetz und Brandmelder nicht eingeschränkt gewesen (FG-A Bl. 517, 524).

243

Für die Anschlüsse an die frostsicheren unterirdischen Versorgungsleitungen auf dem Werksgelände der Mieterin sei erheblicher Aufwand betrieben worden; nämlich durch Heraufführen von Leitungen und durch oberirdische Anschlüsse sowie durch dortiges Aufgraben und Wiederverlegen des Verbundpflasters. Daraus resultiere ein Mehraufwand im Vergleich zu Anschlüssen vorübergehend aufgestellter Baustellen-Container.

244

Bei der bewertungsrechtlichen elementaren Abgrenzung zwischen einem Gebäude und einer abgestellten Sache erscheine es ungewöhnlich und nicht sachgerecht, dass letztere sämtliche Hausanschlüsse besitze und an das Werksnetz angeschlossen sei.

245

In den Versorgungsleitungen zeige sich der entscheidende Unterschied zu nur für Wasser oder an Hydranten eingerichteten Baustellenanschlüssen oder Anschlüssen auf dem Sommerdom oder Weihnachtsmarkt (FG- A Bl. 171, 254 ff., 271R).

246

o) Unterschiede gegenüber Baustellencontainern

247

Die Containeranlagen der Klägerin, die sich im Internet als ... bezeichne, seien im Unterschied zu Baustellencontainern nicht für eine klassische Containernutzung vorgesehen, sondern individuell konfiguriert mit variierenden Maßen der verwendeten Container/Stahlskelette, individuell montierten Bestandteilen wie auftragsgemäß angebrachten Wänden und Dächern und nach Anlieferung zusammengesetzten Komponenten. Diese Vorgehensweise sei eher mit der Herstellung eines Fertighauses vergleichbar.

248

Während ein Baustellencontainer auf einer anderen Baustelle genauso aufgestellt werden könne, seien die Raumlösungen in Containerbauweise der Klägerin komplett auseinander zu nehmen und in dieser Form nicht wieder aufzubauen. Lediglich die einzelnen Bauteile seien für andere bauliche Anlagen wiederverwendbar.

249

Diese Unterschiede entsprächen den vom BFH aufgezeigten Kriterien (Urteil vom 18.06.1986 II R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787):

250

"Der Baustellencontainer der ... erfüllt jedoch die Merkmale eines Gebäudes nicht. Zwar mag er dank seiner Eigenschwere auf den lose verlegten Schwellen fest aufliegen, doch ist er nach seiner baulichen Gestaltung zur Verwendung auf stets wechselnden Einsatzstellen vorgesehen, so daß ihm die dem Gebäudebegriff immanente Ortsfestigkeit (Beständigkeit) fehlt. Im Gegensatz beispielsweise zu Ausstellungshallen und dergl., die zwar auch nur für kürzere Zeit errichtet werden, deren örtliche Veränderung aber ihren Abbruch und den anschließenden Wiederaufbau bedingt, ist der Baustellencontainer jederzeit versetzbar und transportabel, wie eine mobile Umschließung mit eigenem Fahrgestell (z.B. ein als Büro genutzter Eisenbahnwagen) ..." (FG-A Bl. 518).

251

p) Einheitsbewertung nach den aktuellen tatsächlichen Verhältnissen und den Wertverhältnissen von 1964

252

Bei der Einheitsbewertung nach den am Stichtag aktuellen tatsächlichen Verhältnissen gemäß den Wertverhältnissen von 1964 sei maßgeblich, ob und wie die Containeranlagen in 1964 als Gebäude eingestuft und bewertet worden wären (FG-A Bl. 77 R). Nachdem Fertiggaragen, Baracken sowie Tankwärter- und Toilettenhäuschen in der Rechtsprechung des BFH als Gebäude anerkannt worden seien, müsse dies erst recht für eine aus zahlreichen Einzelcontainern zusammengesetzte Containeranlage aus heutiger Zeit gelten (FG-A Bl. 77R m. w. N.).

253

q) Gleichbehandlung von Containeranlagen mit herkömmlichen und sonstigen Gebäuden

254

Die Klägerin bewege sich ausschließlich im Bereich klassischer Gebäudenutzung. Da durch ihre Container alle Bedingungen erfüllt seien, die auch ein herkömmliches oder klassisches Gebäude erfülle, wäre es nicht sachgerecht, diese Container bzw. Raumlösungen anders zu behandeln oder ungerechtfertigt besser zu stellen als herkömmliche Gebäude (FG-A Bl. 517).

255

Der mittlerweile vielfältige Ersatz von Containeranlagen als gleichwertige und kostengünstige Alternative zeige immer eine Nutzung als Gebäude. In der Funktionalität und Nutzbarkeit unterscheide sich eine Containeranlage nicht von einem Steinhaus. Sämtliche Tätigkeiten und Vorgänge seien in beiden Anlagen gleichwertig ausführbar. Auch für Containeranlagen sei ein erheblicher Bauaufwand erforderlich, wie aus Fundament oder Versorgungsleitungen und deren Rückbau gemäß Fotos ersichtlich sei (FG-A Bl. 39, 255).

256

r) Kein Vollzugsdefizit

257

In der Praxis habe es, das FA, in vergleichbaren Fällen betreffend Container oder ähnliche Gestaltungen überall sonst Einheitswerte festgesetzt. Rechtsbehelfe seien in keinen fünf Fällen eingelegt worden; im Streitfall handele es sich um das einzige Klageverfahren.

258

Wegen der Flüchtlingscontainer habe allerdings eine Bund-Länder-Besprechung stattgefunden. Gescheitert sei der Versuch der Kommunen, eine zeitliche Abgrenzung zu fixieren, bis zu der die Container im Ergebnis grundsteuerfrei sein sollten. Mit anderen Worten sei es bei der bisherigen Rechtslage geblieben, wie sie hier im Streitfall diskutiert werde.

259

Zur Vermeidung von Problemen mit der Grundsteuer seien jetzt auch Zelte aufgestellt worden und bahne sich eine entsprechende Qualifizierungs- und Bewertungsfrage an (Senats-mV 28.04.2017 Prot. S. 6, FG-A Bl. 527).

260

s) Gebäude auf fremdem Grund und Boden

261

Bei beiden Containeranlagen handele es sich bewertungsrechtlich um Gebäude der Klägerin als Vermieterin und Eigentümerin auf dem fremden Grund und Boden der mietenden A-Werft (§ 94 BewG). Anhaltspunkte für ein mieterseitiges wirtschaftliches Eigentum (§ 39 Abs. 1 AO) seien nicht ersichtlich (FG-A Bl. 40).

262

IV. FINANZGERICHTLICHES VERFAHREN

263

Zum gerichtlichen Verfahren wird Bezug genommen auf die oben angeführten Vorgänge und die damit zusammenhängenden Unterlagen aus
- der Finanzgerichtsakte (FG-A) Bd. I - V nebst
- Anlagenband (FG-Anlbd) und
- Sonderband Auszug aus digitaler Bauakte der A-Werft und aus Internet (FG-Sobd);

264

darunter insbesondere auf

265

1. die Protokolle

266

a) der Verhandlung vom 2. Februar 2016 (FG-A Bl. 122 ff.),

267

b) der Verhandlung und Beweisaufnahme im Ortstermin auf der A-Werft vom 18. Februar 2016 mit Augenscheinseinnahme der Containeranlage YY und ferner der vormaligen Örtlichkeit der Containeranlage XX (FG-A Bl. 137 ff.);

268

c) der Verhandlung und Beweisaufnahme vom 25. Januar 2017 (FG-A Bl. 296 ff., 341 f.) mit

269

aa) amtlichem Sachverständigen (vgl. FG-A Bl.166 ff., 174 ff.) und dessen Bildern von Baustellen-Containeranlagen und deren Anschlüssen an Versorgungsleitungen (FG-A Bl. 210 ff., 314);

270

bb) Fortsetzung als Ortstermin auf nahegelegener Baustelle mit winterlicher Augenscheinseinnahme einer aus verschiedenen Baustellen-Containern bestehenden Containeranlage sowie Aussagen des sachkundigen Poliers der Baufirma auf der Großbaustelle (FG-A Bl. 305 ff.);

271

cc) einschließlich der im Sachstand (oben I wiedergegebenen vorsorglichen tatsächlichen Verständigungen über die Bewertung der verschiedenen Container für den Fall ihrer Einordnung als Gebäude (Prot. S. 9, 14, FG-A Bl. 304, 309);

272

d) der Erörterung im Wege der Telefonkonferenz vom 27. Februar 2017 (FG-A Bl. 477 ff.) mit den im Sachstand (oben I) wiedergegebenen Übereinstimmungen über Aufstellung, Rauminhalte und Zahl von Containern (FG-A Bl. 447 ff., 495);

273

e) der Verhandlung und Verkündung vom 28. April 2017 (FG-A Bl. 522 ff., 532 f.);

274

2. die Beschlüsse gemäß § 6 FGO

275

a) des Senats vom 28. Juli 2015 betreffend Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter (FG-A Bl. 45),

276

b) des Einzelrichters vom 28. April 2017 betreffend Rückübertragung des Rechtsstreits auf den Senat (mV Prot. S. 2, FG-A Bl. 523);

277

3. den Hinweisbeschluss vom 29. Januar 2016 (FG-A Bl. 114, Juris, BeckRS);

278

4. die außerhalb der protokollierten Termine weiter gerichtlich veranlasste Aufklärung durch insbesondere

279

a) Beweisbeschluss vom 25. Februar 2016 (FG-A Bl. 166 ff.) und
zum dortigen Bstb. A betreffend Funktionen und erwartete Nutzungsdauer der Containeranlagen ergänzende

280

aa) Zeugenerklärungen (FG-A Bl. 199 ff., 208 ff., 246 ff., 252 f.) sowie

281

bb) Bilder (FG-A Bl. 195 ff., vgl. Bl. 204 ff.);

282

b) Anforderungen und Beiziehungen der amtlichen Bauakten

283

aa) vom 4./21. Januar 2016 (FG-A Bl. 102, 104 ff.),

284

bb) vom 6./11./16. Februar 2017 (FG-A Bl. 328, 331 ff., 356 ff.);

285

c) Beiziehung amtlicher Luftbilder am 2. Februar 2017 betreffend auf der A-Werft aufgestellte Container (FG-A Bl. 315 ff.);

286

d) Anforderung und Beiziehung der bauherrenseitigen digitalen Bauakte der A-Werft am 7. Februar 2017 (FG-A Bl. 329 f., 337 ff.);

287

e) Nachfragen vom 17. und Beweisbeschluss vom 28. Februar 2017 mit Fragen an Zeugen der A-Werft (FG-A Bl. 338, 370, 487 ff., 490 ff., 494);

288

aa) zur Frage Untergrund oder Fundament Containeranlage XX im Hinblick u. a. einerseits auf Bilder aus der digitalen Bauakte und andererseits Aussagen vom 18. Februar 2016;

289

daraufhin korrigierende Zeugenantwort vom 9. März 2017 nebst Verlegeplan und Fotos (FG-A Bl. 496 ff.);

290

bb) zur Frage des Zeitpunkts der gebrauchsfertigen Aufstellung der Containeranlage YY;

291

daraufhin ergänzende Zeugenerklärung vom 17. und 23. März 2017 (FG-A Bl. 501 ff.);

292

f) gemäß Absprache im Termin 27. Februar 2017 (Protokoll S. 5, FG-A Bl. 481) angeforderte und am 2. März 2017 eingereichte Zeugenerklärungen von Mitarbeitern der Klägerin betreffend Untergrund der Containeranlage XX (FG-A Bl. 492 ff.);

293

g) Hinweise des öffentlich bestellten Sachverständigen für Grundbau vom 22. Februar 2017 betreffend einerseits auf Baustellen übliche Büro- und Wohncontainer i. d. R. ohne Fundament und andererseits Dauerunterkünfte für Flüchtlinge in Leichtbau-Gebäuden mit Fundament (FG-A Bl. 372, 408, vgl. Bl. 270);

294

h) Hinweisschreiben an die Beteiligten betreffend Stand der Sachverhaltsaufklärung und verbleibende Fragen mit Fristsetzungen, insbesondere
aa) vom 13. September 2016 (FG-A Bl. 268 ff.);
bb) vom 6. Oktober 2016 (FG-A Bl. 273 ff.);
cc) vom 19. Februar 2017 (FG-A 343 ff.).

Entscheidungsgründe

B.

295

Die Klage ist teilweise begründet.

296

I. VORLÄUFIGKEIT

297

Der Entscheidung über die Klage stehen nicht die zur Frage der Verfassungswidrigkeit von Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens beim BVerfG anhängigen Verfahren (insbes. 1 Bvl 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15) entgegen, nachdem die vorliegenden Bescheide diesbezüglich gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig erklärt wurden (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 23.03.2017 3 K 287/14, EFG 2017, 1064; vom 30.08.2013 3 K 206/11, EFG 2014, 113, DStRE 2014, 799; Beschluss vom 26.11.2010 3 K 46/10, EFG 2011, 1051).

298

II. BEGRÜNDETHEIT

299

Nur die wirtschaftliche Einheit (§ 2 BewG) der von der Klägerin vermieteten Containeranlage XX war mittels Einheitswertbescheid (§ 19 BewG) als Gebäude auf fremdem Grund und Boden gemäß §§ 68, 70, 94 BewG zu bewerten, nicht dagegen die vermietete Containeranlage YY.

300

Hinsichtlich der für die Eigenschaft als Gebäude maßgeblichen Merkmale, insbesondere bei Containern und bei deren Vermietung auf fremdem Grund und Boden, folgt der erkennende Bewertungssenat der im Hinweisbeschluss vom 29. Januar 2016 für das vorliegende Verfahren zusammengefassten BFH-Rechtsprechung (oben A IV 3, BeckRS, Juris); zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf verwiesen.

301

1. Aufstellung der Container bei der Mieterin

302

Bei den durch die klagende Eigentümerin vermieteten und auf dem Werksgelände der Mieterin aufgestellten Containern sind die Kriterien für die Qualifizierung als Gebäude auf fremdem Grund und Boden gemäß § 94 BewG nach den Gegebenheiten der dortigen Aufstellung zu beurteilen; einschließlich dortiger Zweckbestimmung, Funktion und deren Manifestation im äußeren Erscheinungsbild (vgl. Hinweisbeschluss Ziff. 14, Juris Rz. 27 m. w. N.; BFH, Beschluss vom 07.06.2000 III B 32/00, BFH/NV 2001, 45; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG § 68 Rz. 81).

303

Das gilt trotz des bei der Klägerin verbleibenden Eigentums während der Aufstellung auf dem fremden Grundstück für den mietvertraglich vorübergehenden Zweck gemäß § 95 BGB (vgl. Hinweisbeschluss Ziff. 14, Juris Rz. 27; BFH, Urteil vom 03.03.1954 II 44/53 U, BFHE 58, 575, BStBl III 1954, 130).

304

2. Keine Ortsfestigkeit durch eigenes Fundament

305

Beide Containeranlagen waren nicht durch ein eigenes Fundament ortsfest mit dem Grund und Boden verbunden (zum Fundament vgl. Hinweisbeschluss Ziff. 2, Juris Rz. 5 ff. m. w. N.; Mannek in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 68 BewG Rz. 62; Stöckel, DStZ 1999, 420).

306

a) Die Containeranlage XX stand vor Abholung vom August 2014 (oben A I 1 d bb) auf dem seinerzeit für sie eingeebneten Gelände, und zwar, wie nach Fotos und korrigierten Zeugenaussagen erwiesen ist, nicht auf einem Fundament, sondern lose auf einzelnen Betonverlegeplatten in Form von Betonklötzen, sogenannten Betonsetzern, die nach Mietende wiederverwendbar waren (oben A I 1 e aa, bb m. w. N.).

307

b) Die Containeranlage YY stand, wie im Ortstermin in Augenschein genommen, auf einer Parkplatzfläche am Rande einer Werkstraße der Mieterin lose, bedarfsweise auf an den Ecken untergelegten leichten dünnen Niveau-Ausgleichsplatten, auf dem Verbundpflaster, das auf der Parkplatzfläche wie auf der Werkstraße bereits vorhanden war (oben A I 2 e m. w. N.).

308

Bei diesem Pflaster handelt es sich ebenso wenig um ein eigenes Fundament der Containeranlage wie bei gepflasterten Straßen, Gehwegen oder Plätzen, auf denen saisonal oder veranstaltungsbezogen transportable oder zerlegbare Verkaufs- und Bewirtungspavillons, Schausteller-Fahrgeschäfte, Buden oder dergleichen aufgestellt werden (z. B. Erdbeer- oder Spargel- oder Weihnachtsmarkt-Verkaufsbuden auf Gehwegen; vgl. Urteile FG Rheinland-Pfalz vom 18.03.2011 4 K 2522/08, EFG 2012, 1118, DStRE 2012, 932; BFH vom 01.12.1970 VI R 180/69, BFHE 100, 570, BStBl II 1971, 161; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 68, Rz, 77. a. E., 80 m. w. N.; zur deswegen stattdessen erforderlichen Prüfung von Erscheinungsbild und Zweckbestimmung Hinweisbeschluss Ziff. 9, Juris Rz. 18 m. w. N.).

309

c) Eine ortsfeste Verbindung mit dem Grund und Boden durch ein Fundament wird ferner nicht ersetzt durch Beständigkeit oder größenbedingte Standfestigkeit der gleichwohl transportabel gebliebenen Container (vgl. oben A 1 f cc m. w. N., 2 f, nachstehend 4)

310

3. Keine sechsjährige Aufstelldauer

311

Bei beiden Containeranlagen belief sich die Nutzungs- und Aufstelldauer auf weniger als sechs Jahre, die sonst als Hilfskriterium bereits zur Annahme der Ortsfestigkeit aufgrund des Eigengewichts und damit zur Bejahung eines Gebäudes führen könnten (Hinweisbeschluss Ziff. 5, Juris Rz. 13 f. m. w. N.; vgl. ferner FG Münster, Urteil vom 13.01.1994 3 K 5924/92 EW, EFG 1994, 555; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG Rz. 81; Stöckel, DStZ 1999, 419, 420).

312

4. Ortsveränderung ohne Abbruch

313

a) Ebenso wenig erfüllt ist bei den Containeranlagen im Streitfall das von vornherein für Ortsfestigkeit und gegen Beweglichkeit sprechende Hilfskriterium eines zur Ortsveränderung nötigen Abbruchs (vgl. Hinweisbeschluss Ziff. 11, Juris Rz. 20 m. w. N.; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG § 68 Rz. 81); im Unterschied zum einfachen Abtransport oder zur leichten Zerlegung wie in der Regel bei saisonaler oder veranstaltungsbezogener Aufstellung und wie bei Baustellen-Containern (vgl. Hinweisbeschluss Ziff. 8 f, Juris Rz. 18 17 f).

314

Container ohne eigenes Fundament sind zur Verwendung auf wechselnden Einsatzstellen "jederzeit versetzbar und transportabel, wie eine mobile Umschließung mit eigenem Fahrgestell" (vgl. BFH, Urteil vom 18.06.1986 II R 222/83, BFHE 147, 262, BStBl II 1986, 787, Juris Rz. 8; E. Schmidt, DB 1987, 513, 514) oder wie Mobilheime (vgl. Mannek in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG § 68 BewG Rz.60; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG § 68 Rz. 77, § 70 Rz. 48).

315

Wenngleich die Container hier nach Mieterwünschen in Modulbauweise als Büro-, Werkstatt, Sozial- oder Sanitärcontainer konfiguriert waren, konnten sie ohne Abbruch oder Abriss, das heißt ohne Zerstörung von Bestandteilen nach Vertragsende abgeholt und an einem anderen Ort in gleicher Weise oder in anderer Konfiguration wieder aufgestellt werden.

316

Hinausgehend über die Beweglichkeit anderer, zum Beispiel saisonal oder veranstaltungsbezogen aufgestellter Objekte, die wegen ihrer Maße für jeden Transport zerlegt - wenngleich nicht abgebrochen oder abgerissen - werden müssen und anderenorts in bedarfsangepasster Größe wieder auf- oder zusammengestellt werden, kann die Klägerin wahlweise ihre Container, wie auch entsprechende Baustellencontainer, per Lkw-Kran im Stück laden und befördern oder platzsparend zerlegt in Form einzelner Teile beziehungsweise Module transportieren und für den nächsten Kunden bedarfsgerecht bereitstellen (oben A  1 f cc m. w. N., 2 f; Internet).

317

b) Zusätzlich angebrachte Bauteile, wie etwa übergreifende Dächer und Regenrinnen, die bei nicht zerlegbarer Ausführung hätten abgebrochen werden müssen, waren nicht feststellbar, weder vor Ort bei der Containeranlage YY noch auf Fotos beider Anlagen (vgl. oben A I 1 g ee, 2 g).

318

5. Technische Ausführung der Versorgungsanschlüsse

319

Die vorliegende technische "Art der Ausführung der Versorgungsleitungen" für die Nutzung der Container als Arbeitsstätten erlaubt bei beiden Containeranlagen keinen Rückschluss auf eine dauerhafte Zweckbestimmung als Gebäude, während das Vorhandensein von leicht abnehmbaren Versorgungsanschlüssen als solchen wie bei Containern auf Baustellen oder Veranstaltungen oder bei Schiffen bzw. Booten an Liegeplätzen oder wie bei Wohnmobilen ohnehin nicht bereits zur Annahme eines ortsfesten Gebäudes führt (Hinweisbeschluss Ziff. 11, Juris Rz. 21 m. w. N.; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.03.2011 4 K 2522/08, EFG 2012, 1118, DStRE 2012, 932; BFH, Urteil vom 24.04.1953 III 5/53 S, BFHE 57, 397, BStBl III 1953, 156; Mannek in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 68 BewG Rz. 60, 63; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG § 68 Rz. 81; E. Schmidt, DB 1987, 513).

320

a) Die bei den Container-Anlagen an einer Container-Rückseite außen angebrachten und leicht abnehmbaren Anschlüsse für Elektrokabel (per CEE-Kupplung), für zusammengestecktes Abwasser-Plastik-Rohr sowie für Frischwasserschlauch nebst dessen winterüberdauernder Glaswolle-Umwicklung mit eingestecktem elektrischen Heizstab entsprechen dem üblichen Standard bei vorübergehend aufgestellten Containern, wie insbesondere Baustellencontainern; und zwar im Unterschied zu frostfreien unterirdischen Anschlüssen in Gebäuden.

321

Bezug genommen wird auf die Beweisaufnahme mit dem amtlichen Sachverständigen, mit den von ihm zusammen gestellten Fotos, mit der Augenscheinseinnahme von Baustellencontainern und den dortigen Erklärungen des Sachverständigen und des Poliers des auf der Großbaustelle bauenden, über viele Container verfügenden Bauunternehmens (oben A I 1 g aa, 2 g, IV 1 c aa, bb, 4 a; FG-A Bl. 167 f., Bl. 195 ff., 209 ff., 296 ff.).

322

Ebenso wird Bezug genommen auf die auch vom Polier angesprochenen Vorschriften betreffend Baustelleneinrichtungen je nach Zahl der dort arbeitenden Personen (FG-A Bl. 306; vgl. Arbeitsstättenverordnung; Europäische Richtlinie über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz; Länderausschuss für Arbeitsschutz, Leitlinien zur Arbeitsstättenverordnung; Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Checkliste 2 Planung der Baustelleneinrichtung).

323

b) Für Telefon, Fax und Datenübertragung einschließlich Brandmeldesystem steht nicht nur das Mobilfunknetz zur Verfügung, sondern entspricht die Nutzung von Telefonleitungen ebenfalls der Praxis bei vorübergehend aufgestellten Containern wie Baustellencontainern.

324

Bezug genommen wird auf die Beweisaufnahme wie vorstehend zu a; speziell auf die Augenscheinseinnahme der Baustellen-Containeranlage (oben A I 1 g aa ddd, bb ggg, 2 g; IV 1 c bb; FG-A Bl. 306 f.).

325

c) Während die werksseitigen Versorgungsleitungen der Mieterin unter ihren Werksstraßen wie öffentliche Leitungen unter öffentlichen Straßen nebst Gehwegen verlegt sind, stellt es keine Besonderheit, sondern verkehrsbedingte Notwendigkeit dar, wie bei Baustellencontainern, dass solche Versorgungsleitungen unterirdisch verbleiben und von dort erst bei den Anschlüssen an den Containern ins Freie geführt werden.

326

Bezug genommen wird auf die Beweisaufnahme wie vorstehend zu a; insbesondere auf die vom Sachverständigen zusammengestellten und per Beamer erläuterten Bilder (oben A I 1 g bb, bb ddd - fff, 2 g; IV 1 c bb, FG-A Bl. 225, i. V. m. Bl. 300, Bl. 227 f. i. V. m. Bl. 301 f.) sowie auf seine nochmalige Erklärung auf der Großbaustelle (oben A I 1 g bb ggg, 2 g; IV 1 c bb, FGA Bl. 307 f.).

327

6. Vorübergehende Zweckbestimmung und provisorische Funktion

328

Als weiter anzuwendende Hilfskriterien für eine dauernde Nutzung und deswegen für eine Gebäude-Qualifizierung von Containern wird (hier im mieterseitigen Betrieb, oben 1) auf deren individuelle Zweckbestimmung und Funktion abgestellt, bevor deren Manifestation im äußeren Erscheinungsbild zu beurteilen ist (vgl. Hinweisbeschluss Ziff. 6 ff., 12 ff., Juris Rz. 15, 23 ff. m. w. N.; FG Hamburg, Urteil vom 20.04.2010 3 K 18/10, EFG 2010, 1289, DStRE 2011, 356, zu B III 1 b, Juris Rz. 114).

329

a) Bedarf und Einsatz für temporäre Nacharbeiten

330

Beide Containeranlagen dienten, wie dokumentiert, einer vergleichbaren vorübergehenden Zweckbestimmung und Funktion; und zwar dem kurzfristigen Bedarf der Mieterin für ausnahmsweise und deswegen nur temporär erforderlich gewordene physische Nachbearbeitungen mit Mitarbeiter-Schulungen für bestimmte einbaufertig gelieferte Teile (oben A I 1 a und 2 a m. w. N.).

331

Den "B-Partnern" oder Teilelieferanten wurden dazu einzelne Container in der größeren Containeranlage XX zur Verfügung gestellt (oben A  I  a  cc).

332

Dem für die Nacharbeiten-Begleitung und -Überwachung zuständigen "...-Team" mit "...-Mitarbeitern" aus dem Konzern der Mieterin diente die kleinere Büro-Containeranlage YY (oben A I 2 a, c aa).

333

b) Befristete Miete, Aufstellung und Nutzung

334

Übereinstimmend mit dem temporären Bedarf wurden beide Containeranlagen nur zum vorübergehenden Gebrauch befristet angemietet, aufgestellt und genutzt.

335

aa) Die Containeranlage XX wurde nach ursprünglich auf 24 Monate befristeter Mietdauer genutzt von Mai oder Juni 2012 bis Freimeldung Juli 2014 und Abholung Anfang August 2014 (oben A I 1 c - d).

336

bb) Die Containeranlage YY wurde nach Lieferung September 2012 und nachfolgenden Anschlüssen sowie Erweiterung um 2 Container gemäß Miete bis September 2013 und weiteren mehrmonatigen Verlängerungen mindestens bis April 2014 genutzt und stand vor Abholung April oder Mai 2016 längere Zeit leer, zumindest schon im Februar 2016 (oben A I 2 c - d).

337

c) Provisorische Funktion im Betrieb der Mieterin

338

Bei dementsprechend funktionaler Beurteilung war die Funktion beider Containeranlagen für die temporären, das heißt vorübergehenden Nacharbeiten im Betrieb der Mieterin nur eine provisorische, das heißt vorläufige, behelfsmäßige (vgl. Brockhaus "provisorisch").

339

Zwar wird in Sprachgebrauch und Rechtsprechung auch eine Interimslösung bis zur Fertigstellung eines massiven Gebäudes als Provisorium bezeichnet (Hinweisbeschluss Ziff. 12, Juris Rz. 24 m. w. N.; Mannek in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 68 BewG Rz. 64). Gleichwohl lässt die Erledigung der befristeten Funktion für Nacharbeiten deren vorübergehenden Charakter unberührt, sondern bestätigt sie diesen; wie bei saisonal, veranstaltungsbezogen oder auf wechselnden Einsatzstellen als Baustellen-Unterkünfte oder -büros befristet aufgestellten beweglichen Bauten oder Containern (vgl. E. Schmidt, DB 1987, 513 f.; Hinweisbeschluss Ziff. 8 f., 12 f., Juris Rz. 17 f., 22 f.).

340

7. Befristung der bauordnungsrechtlichen Genehmigung

341

a) In Übereinstimmung mit der vorübergehenden Zweckbestimmung und tatsächlichen Funktion im Betrieb der Mieterin wurden für die Containeranlagen nur befristete Baugenehmigungen beantragt und erteilt bzw. befristet verlängert; und zwar in der niedrigen
"Gebäudeklasse 1"
gemäß § 2 Abs. 3 HBauO als von der EnEV ausgenommene
"zur wiederholten Aufstellung und Zerlegung bestimmte oder
provisorische ‚Gebäude' mit einer Nutzungsdauer bis zu 2 Jahren"
(oben A I 1 b, 2 b).

342

Soweit es in der Gesamtwürdigung nach § 68 BewG den Abgleich mit den bereits getroffenen tatsächlichen Feststellungen über die vorübergehende Zweckbestimmung und Funktion der Container betrifft, können diesbezügliche Erkenntnisse aus bauordnungsrechtlichen Verfahren oder Genehmigungen - wie deren befristete Erteilung - hier berücksichtigt werden (vgl. Hinweisbeschluss Ziff. 12, Juris Rz. 25; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 68 Rz. 81).

343

b) Soweit es sich dabei um Genehmigungen für "Gebäude" und nicht nur für andere Bauwerke oder bauliche Anlagen handelt, wird aus den zitierten Begrifflichkeiten und Regelungen allerdings deutlich, dass deren Bedeutung nicht dem Verständnis des bewertungsrechtlichen Gebäudebegriffs entspricht und sie deswegen hier nicht zugrunde gelegt werden können; auch wenn gewisse Merkmale nach § 2 Abs. 2 HBauO übereinstimmen.

344

Bei der Auslegung von § 68 BewG kommt es - wie für die Grundsteuer im Streitfall - gerade entscheidend auf die Abgrenzung gegenüber der Beweglichkeit durch Mobilität im Ganzen oder durch Zerlegbarkeit an.

345

Dagegen wird das Bauordnungsrecht bzw. Baupolizeirecht maßgeblich durch Gesichtspunkte der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich der Abwägung von Risiken bestimmt und kann deshalb dieser weit gefasste Gebäudebegriff nur im Zusammenhang mit den zahlreichen Ausnahmen gesehen werden, wie beispielsweise für die nach § 60 HBauO i. V. m. Anlage 2 Nr. 14.1 ff. verfahrensfreien Container, darunter:
"14.1   Container zum vorübergehenden Aufenthalt von Personal im Hafengebiet ... sowie in festgesetzten Gewerbe- und Industriegebieten,
14.2   Schlaf- und Bürocontainer bis zu einer Stapelhöhe von zwei Containern auf Baustellen ..."

346

8. Keine Zweckbestimmung für mindestens 3 Jahre

347

a) Das Gericht lässt dahingestellt, ob oder inwieweit nicht erst sechs Jahre (oben 3), sondern schon eine Zweckbestimmung und Aufstelldauer für mindestens drei Jahre als weiteres Kriterium für eine Ortsfestigkeit als Gebäude herangezogen werden kann (vgl. FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.1999 I 360/96, EFG 2000, 646, Juris Rz. 21, nachgehend BFH, Beschluss vom 07.06.2000 III B 32/00, BFH/NV 2001, 45; Hinweisbeschluss Ziff. 13, Juris Rz. 26).

348

b) Im Streitfall ist eine vorgesehene Zweckbestimmung für mehr als drei Jahre nicht feststellbar und kann nach den vorliegenden Umständen nicht ausgeschlossen werden, dass die Mieterin nur vorsorglich die Genehmigungen verlängern ließ (oben A I 1 b, 2 b cc).

349

Inwieweit der Mietvertrag für die Containeranlage YY über Ende April 2014 hinaus verlängert wurde oder warum und wie lange am Ende diese 13 Container leer standen oder nicht eher abgeholt wurden, ließ sich ebenfalls nicht mehr feststellen (vgl. oben A I 2 c, d m. w. N.; oben IV 1, 4, einschl. FG-A Bl. 138 ff., 167, 195 ff., 200 ff., 208 f., 246 ff., 269 f., 271, 311 f.; insbes. Hinweisschreiben vom 19.02.2017 S. 10 zu 4 a ff ccc, FG-A Bl. 352).

350

9. Manifestation im äußeren Erscheinungsbild oder durch die Integration auf dem Grundstück

351

Für die beiden Containeranlagen unterschiedlich zu beurteilen sind nach den getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG die Manifestation der betrieblichen Zweckbestimmung und Funktion im äußeren Erscheinungsbild und durch die Integration im Betrieb und auf dem Grundstück der Mieterin in der dortigen Gesamtschau (vgl. zu den Kriterien Hinweisbeschluss Ziff. 6 ff., 22 ff., Juris Rz. 15 ff., 23 ff. m. w. N.; BFH, Urteil vom 24. Mai 1963 III 140/60 U, BFHE 77, 156, BStBl III 1963, 376; Mannek in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 68 BewG Rz. 64 Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 68 Rz. 77).

352

a) Erscheinungsbild oder Integration der Containeranlage YY

353

In den meisten Fällen erscheinen Container nach außen als "jederzeit versetzbar und transportabel" (oben 4 m. w. N.) und dann als gerade nicht zum dauernden Verbleib bestimmt; und zwar im Unterschied zu Fertiggaragen in Wohn- oder Garagenanlagen (E. Schmidt, DB 1987, 513, 514; zu letzteren Hinweisbeschluss Ziff. 7, Juris Rz. 16 m. w. N.).

354

Das gilt insbesondere, wenn das Erscheinungsbild keine Integration der Container in das Grundstück oder in den Betrieb zeigt, sondern die Container dort - beweglich wie vorübergehend bzw. provisorisch aufgestellte Baustellencontainer - abgestellt oder aufgesetzt sind (vgl. BFH, Urteile vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113, Juris Rz. 19 m. w. N.; vom 01.12.1970 VI R 180/69, BFHE 100, 570, BStBl II 1971, 300).

355

Aufgrund der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen liegt so der Fall hier und ist der Klage stattzugeben nach dem Erscheinungsbild der in Augenschein genommenen Containeranlage YY, die auf der Parkplatzfläche am Rand einer Werkstraße abgestellt wurde (oben A I, I 2 e cc, h, IV 1 b).

356

b) Erscheinungsbild oder Integration der Containeranlage XX

357

Dagegen wird keine vorübergehende betriebliche Zweckbestimmung und Funktion für eine Beweglichkeit manifestiert, sondern entspricht das Erscheinungsbild einer dauerhaften Integration auf dem Betriebsgrundstück, wenn dieses für die Einpassung der Containeranlage aufwändig umgestaltet wurde (BFH, Urteil vom 23.09.1988 III R 67/85, BFHE 155, 228, BStBl II 1989, 113, Juris Rz. 18 a. E.) und beispielsweise Höhenunterschiede beim Zugang zu den Containern aufwändig ausgeglichen wurden (FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.1999 I 360/96, EFG 2000, 646, Juris Rz. 22, nachgehend BFH, Beschluss vom 07.06.2000 III B 32/00).

358

So liegt der Fall aus Sicht des Bewertungsstichtags nach den Beweisergebnissen einschließlich Fotos hier und ist die Klage abzuweisen, soweit mit ihr die Gebäudeeigenschaft der Containeranlage XX bestritten wird.

359

Diese von der Mieterin den B-Partnern zur Verfügung gestellte Containeranlage wurde in der Gesamtschau mit einem ansprechenden Erscheinungsbild aufwändig in das Werksgelände der Mieterin eingepasst, indem dort

360

aa) ursprüngliches Hanggelände durch eine Baufirma eingeebnet und aufbereitet werden musste (oben A I 1 e aa);
bb) eine asphaltierte Werkstraßen-Verbindung gebaut wurde (oben A  I  e);
cc) zum zurückgesetzten Eingang ein breiter Zuweg geschaffen wurde,
aaa) dieser Zuweg mit Niveauausgleich zwischen Werkstraße und Eingangsstufe versehen sowie
bbb) mit Verbundpflaster befestigt wurde (oben A  I  e dd);
dd) ferner die Containeranlage an den Außenseiten unten zum Schutz vor Tieren, insbesondere Kaninchen,
aaa) mit Blechen versehen wurde;
bbb) vor diese gegen Untergrabung Kies-Schottersteine in Kiesbeete geschüttet wurden;
ccc) letztere mit schmalen Betonkantsteinen von den Wegen um und in die Anlage abgegrenzt wurden (vgl. insges. oben A 1  h  e  aa, cc, dd, h; IV 1 b, e, insbes. Senats-mV 28.04.2017 Prot. S- 4 f., FG-A Bl. 525 f.; IV vor 1 mit Fotos FG-Sobd. Auszüge aus digitaler Bauakte Container-Anlage XX, insbes. Bl. 105).

361

10. Kein strukturelles Vollzugsdefizit

362

Zwar unterscheiden sich die Berichte der Beteiligten über ihre Erkenntnisse zum Gesetzesvollzug bei der Einheitsbewertung und Grundsteuer von Containern weit (Klägerin oben A III 1 k; FA oben III 3 r). Allein aus den Erfahrungen der Klägerin kann das Gericht allerdings nicht auf ein gemäß Art. 3 GG gleichheitswidriges strukturelles Vollzugsdefizit schließen; insbesondere nicht auf eine durch die rechtliche Gestaltung des Bewertungs- oder Besteuerungsverfahrens oder aus politischen Gründen prinzipiell verfehlte Gleichbehandlung (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.03.2004, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56; BFH, Beschlüsse vom 20.09.2012 III B 63/12, BFH/NV 2013, 68; vom 16.06.2011 XI B 120/10, BFH/NV 2011, 1740; Urteil vom 12.05.2009 IX R 45/08, BFHE 225, 299, BStBl II 2009, 891).

363

11. Raummaße und Werte der zu bewertenden Container

364

Soweit die Container der Containeranlage XX als Gebäude zu bewerten sind, und zwar mit Ausnahme des als Betriebsvorrichtung qualifizierten Containers ... (oben A I 1 i bb), gelten, wie tenoriert, die zuletzt niedriger festgestellten und unstreitigen Raummaße (oben A I  i  aa, cc) mit den entsprechend der Anlage zur Einspruchsentscheidung in DM/cbm tatsächlich verständigten Sachwerten (oben A I 1 i, j).

365

III. NEBENENTSCHEIDUNGEN

366

1. Die Neuberechnung wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.

367

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

368

3. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis entsprechen §§ 151, 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO (zur n. F. § 708 Nr. 10 ZPO vgl. FG Hamburg, Urteil vom 23.03.2017 3 K 287/14, BeckRS zu IV 2, Juris Rz. 138 m. w. N).

369

4. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (vgl. oben A IV 2 b).

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Bewertungsgesetz - BewG | § 70 Grundstück


(1) Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes. (2) Ein Anteil des Eigentümers eines Grundstücks an anderem Grundvermögen (z. B. an gemeinschaftlichen Hofflächen oder Garagen) ist in das Grundstück

Grundsteuergesetz - GrStG 1973 | § 2 Steuergegenstand


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Bewertungsgesetz - BewG | § 85 Gebäudewert


Bei der Ermittlung des Gebäudewertes ist zunächst ein Wert auf der Grundlage von durchschnittlichen Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 zu errechnen. Dieser Wert ist nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungsze

Bewertungsgesetz - BewG | § 94 Gebäude auf fremdem Grund und Boden


(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wir

Bewertungsgesetz - BewG | § 73 Baureife Grundstücke


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Bei der Ermittlung des Gebäudewertes ist zunächst ein Wert auf der Grundlage von durchschnittlichen Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 zu errechnen. Dieser Wert ist nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt umzurechnen (Gebäudenormalherstellungswert). Der Gebäudenormalherstellungswert ist wegen des Alters des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 86) und wegen etwa vorhandener baulicher Mängel und Schäden (§ 87) zu mindern (Gebäudesachwert). Der Gebäudesachwert kann in besonderen Fällen ermäßigt oder erhöht werden (§ 88).

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Zum Grundvermögen gehören

1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör,
2.
das Erbbaurecht,
3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 33) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99) handelt.

(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen

1.
Bodenschätze,
2.
die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.

(1) Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.

(2) Mehrere Wirtschaftsgüter kommen als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.

(3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit eine Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorgeschrieben ist.

(1) Einheitswerte werden für inländischen Grundbesitz, und zwar für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (§§ 33, 48a und 51a), für Grundstücke (§§ 68 und 70) und für Betriebsgrundstücke (§ 99) festgestellt (§ 180 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung).

(2) (weggefallen)

(3) In dem Feststellungsbescheid (§ 179 der Abgabenordnung) sind auch Feststellungen zu treffen

1.
über die Art der wirtschaftlichen Einheit und bei Grundstücken auch über die Grundstücksart (§§ 72, 74 und 75) oder die Grundstückshauptgruppe (§ 32 der weiter anzuwendenden Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz vom 2. Februar 1935, RGBl. I S. 81, zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Durchführungsverordnung zum Vermögensteuergesetz, der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz und der Aufbringungsumlage-Verordnung vom 8. Dezember 1944, RGBl. I S. 338);
2.
über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe ihrer Anteile.

(4) Feststellungen nach den Absätzen 1 und 3 erfolgen nur, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

(1) Zum Grundvermögen gehören

1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör,
2.
das Erbbaurecht,
3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 33) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99) handelt.

(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen

1.
Bodenschätze,
2.
die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.

(1) Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Ein Anteil des Eigentümers eines Grundstücks an anderem Grundvermögen (z. B. an gemeinschaftlichen Hofflächen oder Garagen) ist in das Grundstück einzubeziehen, wenn alle Anteile an dem gemeinschaftlichen Grundvermögen Eigentümern von Grundstücken gehören, die ihren Anteil jeweils zusammen mit ihrem Grundstück nutzen. Das gilt nicht, wenn das gemeinschaftliche Grundvermögen nach den Anschauungen des Verkehrs als selbständige wirtschaftliche Einheit anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4).

(3) Als Grundstück im Sinne dieses Gesetzes gilt auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet oder in sonstigen Fällen einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen ist, selbst wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

Steuergegenstand ist der inländische Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes:

1.
die Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (§§ 232 bis 234, 240 des Bewertungsgesetzes); diesen stehen die in § 218 Satz 2 des Bewertungsgesetzes bezeichneten Betriebsgrundstücke gleich;
2.
die Grundstücke (§§ 243, 244 des Bewertungsgesetzes); diesen stehen die in § 218 Satz 3 des Bewertungsgesetzes bezeichneten Betriebsgrundstücke gleich.

Die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 12. Februar 2016 geändert:

Der Antrag der Antragsteller zu 1. bis 4., die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 22. Dezember 2015 gegen den der Antragsgegnerin erteilten Baugenehmigungsbescheid vom 22. Dezember 2015 anzuordnen, wird ebenfalls abgelehnt.

Die Antragsteller zu 1. und 2. und die Antragsteller zu 3. und 4. tragen jeweils als Gesamtschuldner je zur Hälfte die Kosten des Beschwerdeverfahrens und von den erstinstanzlichen Kosten die restlichen vier Siebtel der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin; ihre außergerichtlichen Kosten tragen sie auch in der ersten Instanz selbst.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller zu 1. bis 4. wenden sich gegen einen von der Antragsgegnerin erteilten Baugenehmigungsbescheid für die auf drei Jahre befristete Errichtung von Containerunterkünften zur Erstaufnahme von bis zu 252 Flüchtlingen und Asylbegehrenden.

2

Die Antragsteller zu 1. bis 2. sind Miteigentümer des Grundstücks L-straße … (Flurstücke … der Gemarkung …). Die Antragsteller zu 3. und 4. sind Mitglieder einer Gemeinschaft von Wohnungseigentümern auf dem Grundstück L-straße … (Flurstück …). Beide Grundstücke werden jeweils zu Wohnzwecken genutzt und sind östlich des knapp 32.000 m2 großen Vorhabenflurstücks … der Gemarkung … belegen. Auf der Ostseite des Vorhabenflurstücks liegt gegenüber den Grundstücken der Antragsteller zu 1. bis 4. (im Folgenden kurz: Antragsteller) ein mit Bäumen bewachsener, größtenteils ca. 25 m, aber stellenweise auch bis zu 50 m breiter Grünstreifen. Der Bebauungsplan … vom 5. Januar 2015 (HmbGVBl. S. 11) weist die beiden Grundstücke der Antragsteller als reines Wohngebiet (WR) aus. Das Vorhabenflurstück wird ebenfalls größtenteils als reines Wohngebiet ausgewiesen, durchzogen von (bislang nicht verwirklichten) Straßenverkehrs- und privaten Grünflächen, ergänzt durch eine Fläche für ein Regenrückhaltebecken. Der bereits angeführte Grünstreifen auf dem Vorhabenflurstück gegenüber der als reines Wohngebiet ausgewiesenen Fläche, in der auch die Grundstücke der Antragsteller belegen sind, ist als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festgesetzt, die als naturnahe Gehölzflächen (artenreiches gestuftes Gehölz) zu entwickeln und zu erhalten ist.

3

Das Bezirksamt Wandsbek der Antragsgegnerin erteilte ihrer Behörde für Inneres und Sport - Einwohner-Zentralamt - mit Bescheid vom 22. Dezember 2015 im Baugenehmigungsverfahren mit Konzentrationswirkung eine bis zum 22. Dezember 2018 befristete Baugenehmigung für die Errichtung von temporären Containerunterkünften zur Erstaufnahme von bis zu 252 Flüchtlingen und Asylbegehrenden. In der genehmigten Baubeschreibung heißt es über das Vorhaben u.a., die Anlage zur Erstaufnahme sei für die Unterbringung von insgesamt 901 Personen ausgelegt. Es würden handelsübliche 20-Fuß-Wohn-, Büro- und Sanitätscontainer zu zweigeschossigen Blöcken gruppiert; darunter 17 Wohn-, je zwei Verwaltungs- und Kantinenblöcke sowie ein Kitablock. Der Baugenehmigungsbescheid enthält auf § 31 Abs. 2 bzw. § 246 Abs. 12 BauGB gestützte Befreiungen für das Abweichen von der zulässigen Art der baulichen Nutzung (Anlage für soziale Zwecke) im reinen Wohngebiet, für das Errichten der fünf nördlichen Containerzeilen (10 bis 14) teilweise auf der privaten Grünfläche, für die Errichtung der Containerzeilen 1 bis 3, 8, 9, 12, 16, 20 und 21 teilweise auf der ausgewiesenen Straßenverkehrsfläche, für das Überschreiten der Zahl der Vollgeschosse der nördlichen Containerzeilen (10 bis 14) um 1 Vollgeschoss auf zwei Vollgeschosse und für die Errichtung aller Container teilweise ganz außerhalb der Baugrenzen sowie die Bestimmung, dass nach Ablauf der Befristung die Nutzung von dem Eigentümer oder Verfügungsberechtigten der baulichen Anlage innerhalb eines Monats ohne Entschädigungsansprüche einzustellen sei. Außerdem enthält der Baugenehmigungsbescheid die Bestimmung, dass jede Erhöhung der Belegungszahl die vorherige Durchführung eines gesonderten Genehmigungsverfahrens erfordere. Die Antragsteller erhoben gegen den Baugenehmigungsbescheid mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 Widerspruch.

4

Am 23. Dezember 2015 haben die Antragsteller zunächst mit drei weiteren Antragstellern um Eilrechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 12. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht (siehe NVwZ 2016, 474 ff.) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 22. Dezember 2015 gegen den der Antragsgegnerin erteilten Baugenehmigungsbescheid vom 22. Dezember 2015 angeordnet. Im Übrigen hat es den Aussetzungsantrag der drei anderen Antragsteller abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

5

Die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Einrichtung verletze nur die Antragsteller zu 1. bis 4. in ihrem Gebietserhaltungsanspruch. Der Gebietserhaltungsanspruch stehe nur den Grundstückseigentümern und sonstig dinglich Berechtigten innerhalb eines durch Bebauungsplan festgesetzten oder faktischen Baugebiets zu, da nur in diesem Falle die Nachbarn denselben rechtlichen Bindungen unterlägen. Zu den sonstig dinglich Berechtigten, denen der Gebietserhaltungsanspruch zustehen könne, zählten auch einzelne Wohnungseigentümer wie die Antragsteller zu 3. und 4.

6

Die Festsetzung von Baugebieten im Sinne der Art der baulichen Nutzung durch einen Bebauungsplan habe nachbarschützende Funktion zugunsten der Grundstückseigentümer in dem jeweiligen Baugebiet. Die Grundstücke der Antragsteller lägen in demselben Baugebiet wie das Vorhaben. Mit der Errichtung und dem Betrieb der geplanten Einrichtung wäre ein Eindringen einer gebietsfremden Nutzung in dieses Baugebiet verbunden.

7

Die betreffenden Grundstücke lägen in „demselben Baugebiet“. Für die verbindende Bedeutung der Festsetzung reines Wohngebiet spreche zunächst schlicht der Umstand, dass die identische Ausweisung der Nutzungsart („WR“) hier nicht nur benachbarte (sogar unmittelbar aneinandergrenzende) Flurstücke betreffe, sondern alle in dem - überdies mit ca. 5 ha vergleichsweise kleinen - Plangebiet überhaupt zur baulichen Nutzung vorgesehenen Flächen erfasse. Treffe m.a.W. der Plangeber im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung für das Plangebiet eine einheitliche Festsetzung, sei im Zweifel auch von einer Einheitlichkeit des entsprechenden Baugebiets nach der Art der baulichen Nutzung auszugehen. Für diese maßgebliche Identität der Ausweisung sei nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts unerheblich, dass der Bebauungsplan hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der überbaubaren Grundflächen sowie der Bauweise innerhalb des reinen Wohngebietes durchaus unterschiedliche Festsetzungen treffe. Auf diese sonstigen Festsetzungen komme es für den Gebietserhaltungsanspruch nicht an, weil sich das für die Annahme eines Gebietserhaltungsanspruchs maßgebliche Austauschverhältnis zwischen den betroffenen Grundstücken allein aus der Art der baulichen Nutzung ergebe, welche als solche durch (unterschiedliche) Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nicht verändert werde (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2015, 2 Bs 165/15, S. 14). Auch der Umstand, dass nach der Planzeichnung zwischen den farblich (der WR-Ausweisung entsprechend) gleich unterlegten Flächen im Osten und auf dem Vorhabengrundstück (und insoweit allein auf dem Vorhabengrundstück gelegen) in Weiß ein polygonal geschnittener, länglicher Streifen als „Fläche zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft“ von jedenfalls etwa 20 m Breite ausgewiesen sei, führe zu keiner Trennung des einheitlichen Wohngebiets. Dies werde insbesondere daran deutlich, dass der Plangeber sich gerade nicht darauf beschränkt habe, die im östlichen Bereich vorgefundene Bestandsbebauung lediglich zu erfassen, sondern (auch) den auf der Fläche östlich des Grünstreifens belegenen Grundstücken bewusst bauliche Entwicklungsmöglichkeiten in Richtung auf die Fläche westlich des Grünstreifens zugebilligt habe. Durch die Festsetzung der Baugrenze in unmittelbarer Nähe zum Grünstreifen bzw. zur Fläche zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft habe der Plangeber die Möglichkeit zu einer Nachverdichtung der Bebauung dieser Grundstücke im rückwärtigen Bereich eröffnet. Hierdurch habe eine „maßvolle städtebauliche Entwicklung, nicht zuletzt im Hinblick auf die übergeordneten Ziele der Stadt Hamburg, Flächen für den Wohnungsbau zu schaffen, erreicht werden“ (S. 25 f. der Planbegründung) sollen. Die für die Fläche westlich des Grünstreifens durch den Bebauungsplan vorgesehene Wohnbebauung und die (weitere) Bebauung auf den (schon teilweise bebauten) Grundstücken östlich des Grünstreifens hätten sich mithin gleichsam aufeinander zu bewegen sollen. Die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Vorgeschichte der Planung stütze ebenso wenig die Annahme von zwei unterschiedlichen Baugebieten. Dass ursprünglich ein größeres Plangebiet mit dem in Rede stehenden Bebauungsplan habe erfasst werden sollen, ändere nichts an der Tatsache, dass sich der Plangeber in der Folge auf das festgesetzte Plangebiet und die getroffenen Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung im Bebauungsplan … beschränkt und keine Unterteilung des reinen Wohngebietes vorgenommen habe. Auch insoweit sei auf den Begründungstext zu verweisen, wonach die bei Planaufstellung vorgefundene Bestandsbebauung westlich der L-straße mit entsprechenden Entwicklungsmöglichkeiten habe „städtebaulich eingebunden werden“ sollen (S. 25 der Planbegründung).Gegen eine besondere, auf Trennung zweier Wohngebiete zielende Regelungsintention bei Festsetzung des Naturstreifens spreche auch die Entstehungsgeschichte dieser Flächenausweisung. Die Grünzone sei als solche mit naturschutzrechtlich beachtlichem Bestand an Flora und Fauna bei Aufstellung des Bebauungsplans … bereits vorhanden gewesen, habe also eine räumliche Trennung beider Flächen, aber keine gezielt durch die Planung erst hervorgerufene (normative) Trennung dargestellt. Einer schlichten Trennung zweier Flächen durch tatsächliche Gegebenheiten (Straßen etc.) lasse sich normativ nicht die Wertung entnehmen, dass dadurch die Wechselbezüglichkeit der jeweiligen Nutzungsbeschränkungen aufgehoben werden sollte. Der Zweck des Fortbestands des Naturstreifens an seinem schon bei Planaufstellung vorgefundenem Standort bestehe gemäß § 2 Nr. 11 der Verordnung zum Bebauungsplan in seiner Bedeutung als naturnahe Gehölzfläche. Gemäß § 2 Nr. 15 der Verordnung zum Bebauungsplan diene der Erhalt des Streifens und seine Festsetzung als Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft mit dem Entwicklungsziel artenreiches, gestuftes Gehölz dem naturschutzrechtlichen Ausgleich. Hierdurch sollten Beeinträchtigungen ausgeglichen werden, die durch den Bebauungsplan an anderer Stelle hervorgerufen würden (S. 32 der Planbegründung); wäre der gewachsene Grünbestand auch an dieser Stelle einer Überbaubarkeit preisgegeben worden, hätte der Plan erheblichen weiteren Ausgleichsbedarf begründet. Die Entwicklung des Naturstreifens habe den Zielsetzungen des Artenschutzes zur Schaffung von Ersatzlebensräumen für potenzielle oder reale Vorkommen besonders geschützter Tier- und Pflanzenarten und der übergeordneten Zielsetzung des Landschaftsprogramms zum Schutz des Landschaftsbildes gedient (S. 32 der Planbegründung). Es solle sichergestellt werden, dass die Funktion u.a. dieses Streifens zwischen der Straße … und der nördlichen Plangebietsgrenze als Fledermaus-Flugroute (Orientierung und Nahrungssuche) auch künftig erhalten werde (S. 33 der Planbegründung). Die in der Planbegründung außerdem enthaltene Aussage, der Naturstreifen bewahre einen „Puffer zwischen dem neuen Bebauungsgebiet und der Bestandsbebauung“ (S. 32 der Planbegründung), habe keine abweichende, gesonderte Bedeutung. Zwar könne, je nach Kontext, eine Planaussage zu einer „Pufferfunktion“ einer Fläche nicht nur auf eine tatsächliche, sondern auch auf eine normative Wirkung zielen (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 28.10.2015, 7 E 5333/15, juris Rn. 38). Mit der Bezeichnung des Streifens als „Puffer“ zwischen den Flächen östlich und westlich davon stelle der Begründungstext keinen Bezug zu der Art der baulichen Nutzung her, auf die es jedoch allein für eine Einordnung der beiden Flächen als ein einheitliches Baugebiet im Sinne des Gebietserhaltungsanspruchs ankomme. Die für den Bebauungsplan … dem Naturstreifen zugewiesene „Pufferfunktion“ beziehe sich allein auf naturschutzfachliche bzw. naturschutzrechtliche Aspekte.

8

Das Vorhaben der Antragsgegnerin ziele auf eine gebietsfremde Nutzung. Die in Rede stehende Einrichtung stelle keine Wohnnutzung dar. Sie sei auch nicht als soziale Einrichtung in einem reinen Wohngebiet zulässig. Ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit folge schließlich nicht aus der nach § 246 Abs. 12 BauGB erteilten Befreiung von den Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung.

9

In der Rechtsprechung sei geklärt, dass Anlagen zur öffentlichen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in der Form der Erstaufnahmeeinrichtung keine Wohnnutzung darstellten, da es jedenfalls an der Eigengestaltung und Freiwilligkeit des Aufenthalts fehle. Diese Einrichtungen seien vielmehr - insbesondere in Ansehung der Residenzpflicht nach § 47 AsylG sowie der von der Einrichtung zu gewährleistenden zentralen Vollverpflegung und Versorgung mit sonstigen Sachleistungen - als Anlagen für soziale Zwecke einzuordnen.

10

Das Vorhaben der Antragsgegnerin sei, wovon bereits die streitgegenständliche Baugenehmigung selbst zutreffend ausgehe, als nicht lediglich kleine Anlage für soziale Zwecke in dem reinen Wohngebiet unzulässig. Für die Anwendbarkeit der Ausnahmemöglichkeit gemäß § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO müsste es sich bei einer Anlage für soziale Zwecke in einem reinen Wohngebiet um eine sog. kleine, gebietstypische Anlage handeln, die sich in die Zweckbestimmung des Baugebiets füge (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 28.5.2015, 2 Bs 23/15, juris Rn. 39; v. 28.11.2012, 2 Bs 210/12, NVwZ-RR 2013, 352, 354; Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 118. EL, Stand: 8/2015, § 3 BauNVO, Rn. 79). Bei der Gebietsverträglichkeit gehe es um die Frage, ob ein Vorhaben dieser Art aufgrund der typischerweise mit ihm verbundenen Auswirkungen auf die nähere Umgebung generell geeignet sei, das Wohnen in einem reinen Wohngebiet zu stören, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang, der Art und Weise der Nutzung und dem vorhabenbedingten An- und Abfahrtsverkehr (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 28.5.2015, 2 Bs 23/15, juris Rn. 41).

11

Nach diesem Maßstab könne das Vorhaben nicht als eine in dem reinen Wohngebiet gebietsverträgliche, „kleine“, die Zweckbestimmung des Baugebiets nicht gefährdende Anlage für soziale Zwecke gewertet werden. Mit seiner Erstreckung auf insgesamt 24 zumeist große Baukörper (mit insgesamt 238 Einheiten, die für jeweils 4 Personen nutzbar wären) bzw. Teilanlagen (vgl. Lageplan, Vorlage Nr. 7/21), der Ausrichtung auf (derzeit) 252 Nutzer zuzüglich Personal und der Ausdehnung über den gesamten westlichen Planbereich gehe das Vorhaben weit über die in dem Bebauungsplan angelegte kleinteilige Wohngebietsausweisung hinaus: Durch den Bebauungsplan … hätten insbesondere für das städtische Grundstück (Flurstück …) am … die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bau von insgesamt nur 40 bis 45 Wohneinheiten in Form von Einzel, Doppel- und Reihenhäusern sowie drei Stadtvillen (diese mit bis zu 5 Wohneinheiten) geschaffen werden sollen (vgl. Bebauungskonzept, Planbegründung S. 5).

12

Das Vorhaben werde bauplanungsrechtlich nicht durch die Befreiung nach § 246 Abs. 12 BauGB zulässig; die Befreiung sei rechtswidrig und nicht geeignet, die Verbindlichkeit der Ausweisung „reines Wohngebiet“ wie auch des daraus folgenden Gebietserhaltungsanspruchs der Antragsteller aufzuheben. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB seien nicht erfüllt. Insoweit könne dahingestellt bleiben, wie der Begriff der mobilen Anlage widerspruchsfrei abzugrenzen sei, d.h. ob es sich bei der Gesamtanlage wegen der Verwendung von Containern als wesentlichen Bauelementen und trotz der erforderlichen Erschließungs- und Fundamentierungsarbeiten um eine im Rechtssinne mobile Unterkunft i.S.v. § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB handele, und wie der Umstand zu erklären sei, dass eine andere Behörde der Antragsgegnerin zu einer für einen anderen Standort vorgesehenen, ebenfalls wesentlich aus Containern gleicher Bauart zusammengesetzten, um Dachbauteile ergänzten Anlage eine „Fachbehördliche Entscheidung“ nach § 246 Abs. 14 BauGB vorgelegt habe. Entscheidend sei vielmehr, dass die allgemeine Tatbestandsvoraussetzung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 a.E. BauGB, wonach die Befreiung mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein müsse, nicht erfüllt sei.

13

Der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen stehe hier entgegen, dass die Befreiung von der Art der baulichen Nutzung sich als Verletzung eines Grundzugs der Planung des Bebauungsplans … erweise. Zu den öffentlichen Belangen, mit denen ein Vorhaben gemäß § 246 Abs. 12 BauGB zu vereinbaren sein müsse, gehöre insbesondere die Beachtung der Grundzüge der Planung - jedenfalls dergestalt, dass sie durch die Befreiung nicht verletzt werden dürften. Stehe ein erheblicher öffentlicher Belang der Befreiung entgegen, sei sie ausgeschlossen; andere, für die Befreiung sprechende Belange seien dann unerheblich und insbesondere nicht im Wege einer Gesamtabwägung zur Geltung zu bringen.

14

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Begriff der öffentlichen Belange im Zusammenhang mit der bauplanungsrechtlichen Befreiung lasse sich dieser nicht allgemein randscharf abgrenzen, umfasse indes immer die Wahrung des wesentlichen Gehalts des Bebauungsplans (BVerwG, Urt. v. 19.9.2002, BVerwGE 117, 50). In der Grundsatzentscheidung vom 9. Juni 1978 (BVerwGE 56, 71, 74 f.) habe das Bundesverwaltungsgericht die zentrale Bedeutung des Schutzes der Grundzüge der Planung für das System der bauplanungsrechtlichen Ordnung erläutert:

15

„Durch die Entgegensetzung von Regelfällen und Sonderfällen wird auch die Grenze zwischen der Befreiung und der etwa erforderlichen Planänderung markiert: Ist die Befreiung auf atypische Sonderfälle beschränkt, so folgt daraus, daß in allen übrigen (Regelfällen) Fällen zulässige Abweichungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans nur mit Hilfe eines Planänderungsverfahrens bewirkt werden können. Diese Folgerung entspricht in dreifacher Hinsicht dem System des Bundesbaugesetzes: Zum einen dürfen die Festsetzungen eines Bebauungsplans - gemäß § 10 BBauG handelt es sich um Rechtssätze - nicht generell, insbesondere nicht in den vom Plan erfaßten Regelfällen, durch Verwaltungsakte 'außer Kraft gesetzt' werden. Ferner obliegt die Änderung eines Bebauungs-plans nach § 2 Abs. 1 und Abs. 7 BBauG 1976 der die Planungshoheit ausübenden Gemeinde und nicht der Baugenehmigungsbehörde. Außerdem ist für die Planung in § 2 Abs. 5 und Abs. 7, § 2a Abs. 1 bis 6 BBauG 1976 ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Bürger vorgeschrieben. Würde die Baugenehmigungsbehörde gleichwohl in 'Regelfällen' befreien, so würde sie damit die vom Bundesbaugesetz bestimmte Zuständigkeit und das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren umgehen.“

16

Spätere Änderungen der allgemeinen bauplanungsrechtlichen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB, mit denen das Verbot, mit einer Befreiung die Grundzüge der Planung zu berühren, in den Normtext eingefügt und tatbestandlich zugeordnet worden sei, seien angesichts der Systemnotwendigkeit einer die Grundentscheidungen des Plangebers schützenden Grenze für die Abweichungsentscheidung der Baugenehmigungsbehörde lediglich als (den Maßstab verfeinernde) Bestätigung dessen zu verstehen, was mit dem Begriff der „öffentlichen Belange“ bereits vorgegeben sei (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5.3.1999, ZfBR 1999, 283). Die Bedingung, dass die Befreiung mit den öffentlichen Belangen vereinbar sein müsse, habe in der speziellen Befreiungsnorm des § 246 Abs. 12 BauGB keine andere Bedeutung als im Rahmen der allgemeinen Befreiungsvorschrift des § 31 Abs. 2 BauGB. Insoweit seien nicht nur der Wortlaut und die systematische Stellung innerhalb der Norm identisch. Dasselbe Ergebnis folge auch aus der gesamtsystematischen Betrachtung, insbesondere dem Abgleich mit höherrangigem Recht, sowie Sinn und Zweck der Vorschrift; das vorliegende Material über den Gesetzgebungsvorgang stehe dem ebenfalls nicht entgegen.

17

Der verfassungsrechtliche Rahmen für die Möglichkeiten der Baugenehmigungsbehörde, von der - rechtssatzförmigen - Entscheidung des Plangebers über die bauliche Entwicklung des Plangebietes abzuweichen, sei für alle Vorschriften zur bauplanungsrechtlichen Befreiung gleich: Zulässiger Zweck der im Baugesetzbuch - auch vor Inkrafttreten des § 246 Abs. 12 BauGB - bereits enthaltenen Bestimmungen, die es unter bestimmten Vor-aussetzungen ermöglichten, von den Festsetzungen eines Bebauungsplans abzuweichen, sei es, durch eine gewisse Flexibilisierung planerischer Festsetzungen vor dem Hintergrund des Übermaßverbots Einzelfallgerechtigkeit zu ermöglichen. Die Rechtssicherheit als ein i.S.d. Art. 20 GG wesentliches Element der Rechtsstaatsgarantie erfordere andererseits eine Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit der Rechtslage und der Rechtsanwendung, die nur dann gewahrt bleibe, wenn die Möglichkeit zur Abweichung von planungsrechtlichen Festsetzungen durch gesetzlich normierte Voraussetzungen auf ein vertretbares Maß beschränkt werde. Zu beachten sei zudem die Zuordnung der Befugnisse. Vor dem Hintergrund des Art. 28 Abs. 2 GG dürfe durch die Schaffung von Abweichungsvorschriften oder ihre Anwendung die Umgehung einer eigentlich erforderlichen Planänderung nicht ermöglicht werden. In die sachliche Reichweite der hierdurch geschützten und garantierten gemeindlichen Selbstverwaltung falle als eine der sog. Gemeindehoheiten auch die Planungshoheit als Befugnis der Gemeinde zur Ordnung und Gestaltung des Gemeindegebiets im Sinne einer längerfristigen Entwicklung, namentlich in Ansehung der baulichen Nutzung. Zudem sei wegen der grundrechtsgestaltenden Wirkung der Planung von erheblicher Bedeutung, dass die nach den §§ 3 und 4 BauGB notwendige Beteiligung der Bürger und Träger öffentlicher Belange nicht im Wege behördlicher Abweichungsentscheidungen unterlaufen oder geradezu „aus den Angeln gehoben“ werde.

18

Ein von dem allgemeinen abweichendes Verständnis des Begriffs „öffentliche Belange“ i.S.v. § 246 Abs. 12 BauGB sei weder nach der Systematik der Vorschrift selbst anzunehmen noch nach den sonstigen Zusammenhängen mit den übrigen Vorschriften des Baugesetzbuches. Zu beachten sei insoweit zunächst, dass der maßgebliche Normkontext darin bestehe, dass die Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen zu den Bedingungen für eine auch nur in das Ermessen der Baugenehmigungsbehörde gestellte Befreiung gehöre. Schon dem Begriff der „Befreiung“ sei der Ausnahmecharakter immanent. Ziele das Gesetz demgegenüber selbst darauf, dem Bebauungsplan bzw. seinen Grundzügen die Maßgeblichkeit zu nehmen bzw. seine Regelungsaussage zu ändern, so bringe es dies - auch zur Wahrung des rechtsstaatlichen Gebotes der Normenklarheit - unmittelbar zum Ausdruck und setze die gewünschte Rechtsfolge selbst verbindlich (vgl. u.a. §§ 245a Abs. 1, 246 Abs. 11 BauGB). Vor diesem Hintergrund sei auch, entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin, die Auslegung des § 246 Abs. 10 BauGB (durch den VGH Mannheim, Beschl. v. 11.3.2015, 8 S 492/15, juris) - wonach dessen Zielrichtung, Unterkünfte auch in Gewerbegebieten zu ermöglichen, es verbiete, bei der Prüfung der entgegenstehenden öffentlichen Belange auf die Planfestsetzung zur Art der baulichen Nutzung abzustellen - nicht auf § 246 Abs. 12 BauGB zu übertragen. Das ergebe sich bereits daraus, dass es insoweit um Vorschriften maßgeblich unterschiedlicher Struktur gehe: § 246 Abs. 10 BauGB setze (als Bundesgesetz) allgemein bei dem planungsrechtlichen Bedeutungsgehalt der Gewerbegebietsausweisung an, während § 246 Abs. 12 BauGB die planerische Grundaussage selbst nicht regele, sondern ihre Beachtung der Baugenehmigungsbehörde überantworte. Die intendierte Rücksichtnahme auf die besondere Stellung des Plangebers drücke sich in § 246 Abs. 12 BauGB weiter darin aus, dass Satz 2 der Vorschrift § 36 BauGB für entsprechend anwendbar erkläre. Hiernach sei die für die Bebauungsplanung zuständige Gemeinde an dem Genehmigungsverfahren zu beteiligen, sie könne, wie § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB im Sinne eines Numerus Clausus, zugleich indes die Erheblichkeit der Grundzüge der Planung bestätigend anführe, das Einvernehmen wirksam u.a. aus den sich aus § 31 BauGB ergebenden Gründen versagen. Auch der Abgleich der Regelungssystematik mit § 31 Abs. 2 BauGB führe zu keinem anderen Ergebnis. Zwar enthalte § 246 Abs. 12 BauGB gerade nicht die dort gesondert von den öffentlichen Belangen angeführte Bedingung, dass die „Grundzüge der Planung nicht berührt werden“. Hierbei handele es sich nach der Begründung zu dem Entwurf der Bundesregierung, wonach eine Befreiung auch dann möglich sein solle, „wenn die Grundzüge der Planung berührt werden“ (vgl. BT-Drs. 18/6185, S. 54), auch um eine bewusste Abweichung von der allgemeinen Befreiungsvorschrift. Ergebnis dieser Regelungstechnik sei indes nur, dass die besondere Grenze für Beeinträchtigungen der Grundzüge der Planung, die § 31 Abs. 2 BauGB mit „berührt“ definiere, als solche nicht auf die Befreiungen nach § 246 Abs. 12 BauGB anzuwenden sei, während die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in dem Begriff der öffentlichen Belange enthaltene, allgemeine, grundsätzliche Grenzziehung zugunsten der Verbindlichkeit des Bebauungsplans zu beachten bleibe. Nach allem habe die von § 31 Abs. 2 BauGB teilweise abweichende Formulierung der Befreiungsvorschrift in § 246 Abs. 12 BauGB nur zur Folge, dass hier jener, mit „nicht berührt“ besonders strenge Maßstab zur Wahrung der Grundzüge der Planung nicht anzuwenden sei.

19

Die von der Antragsgegnerin gemäß § 246 Abs. 12 BauGB erteilte Befreiung von der Art der baulichen Nutzung sei mit öffentlichen Belangen nicht vereinbar. Denn sie stehe in deutlichem Gegensatz zu dem Plankonzept des Bebauungsplans … und verletze damit die Grundzüge der Planung.

II.

20

Die gemäß §§ 146 Abs. 4, 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Die Beschwerde ist begründet, weil die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung zutreffend dargelegt hat, dass entgegen der entscheidungstragenden Annahme des Verwaltungsgerichts, die Rechtmäßigkeit einer Befreiungserteilung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht davon abhängig ist, dass „die Grundzüge der Planung nicht verletzt“ werden (siehe dazu S. 18 ff.). Die dadurch für das Beschwerdegericht eröffnete eigenständige Prüfung des Aussetzungsantrags der Antragsteller - d.h. ohne die sachliche Beschränkung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO - ergibt, dass der Antrag aufgrund der gemäß §§ 80a Abs. 1 und 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung unbegründet ist, weil die Antragsteller durch den angefochtenen Baugenehmigungsbescheid vom 22. Dezember 2015 aller Voraussicht nach nicht in ihren Rechten verletzt sind (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts können sich die Antragsteller gegenüber dem genehmigten Vorhaben der Antragsgegnerin - eine Aufnahmeeinrichtung für bis zu 252 Flüchtlinge und Asylbegehrende auf dem u.a. als reines Wohngebiet ausgewiesen Vorhabenflurstück befristet auf die Dauer von drei Jahren zu errichten - nicht auf den Gebietserhaltungsanspruch berufen (1.). Den Antragstellern stehen auch keine anderen subjektiven Abwehrrechte gegen das Vorhaben zu (2.).

21

1. Den Antragstellern steht kein Gebietserhaltungsanspruch zu, weil es entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts für die Rechtmäßigkeit der von der Antragsgegnerin nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB erteilten Befreiung von der für das Vorhabenflurstück nach dem Bebauungsplan … geltenden Festsetzung des reinen Wohngebiets nicht darauf ankommt, dass die Grundzüge der Planung nicht verletzt werden. Allerdings ist das Verwaltungsgericht entgegen den Einwänden der Antragsgegnerin im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die streitbefangenen Grundstücke in demselben Baugebiet liegen (a) und das Vorhaben als Aufnahmeeinrichtung i.S.d. §§ 44 Abs. 1, 47 Abs. 1 AsylG in dem reinen Wohngebiet eine nicht gebietskonforme Nutzung darstellt (b). Ein Gebietserhaltungsanspruch der Antragsteller besteht dennoch nicht, weil die von der Antragsgegnerin zugunsten der Aufnahmeeinrichtung gemäß § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB erteilte Befreiung von der Festsetzung reines Wohngebiet rechtmäßig ist (c.).

22

Nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (siehe jüngst OVG Hamburg, Beschl. v. 25.3.2014, NVwZ-RR 2014, 719; v. 5.3.2015, 2 Bs 33/15, n.v.; grundlegend BVerwG, Urt. v. 16.9.1993, BVerwGE 94, 151, 155; v. 23.8.1996, BVerwGE 101, 364, 374) steht allen Planbetroffenen ein subjektives Recht auf Einhaltung der objektiven Baugebietsfestsetzung zu (sog. Gebietserhaltungsanspruch), weil die im selben Baugebiet (vgl. § 1 Abs. 2 BauNVO) liegenden Grundstückseigentümer durch die Gebietsfestsetzung im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer „rechtlichen Schicksalsgemeinschaft“ verbunden werden und die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks dadurch ausgeglichen wird, dass auch die anderen Grundstückseigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind (sog. Austauschverhältnis).

23

a) Das Vorhabenflurstück der Antragsgegnerin und die beiden Grundstücke der Antragsteller liegen in demselben Baugebiet. Dies ist vom Verwaltungsgericht erschöpfend und auf der Grundlage der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Beschl. v. 16.11.2015, 2 Bs 165/15, zur Veröffentlichung vorgesehen) auch zutreffend begründet worden. Die Beschwerdebegründung der Antragsgegnerin gibt daher lediglich Anlass zu folgenden Ergänzungen:

24

Das den Gebietserhaltungsanspruch begründende Austauschverhältnis bezieht sich auf dasselbe Baugebiet in einem Bebauungsplan. Bei der Aufstellung des Bebauungsplans entscheidet der Plangeber darüber, welche Grundstückseigentümer in demselben Baugebiet zu einer Schicksalsgemeinschaft hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung zusammengeschlossen werden. Bei zwei der Art der baulichen Nutzung nach gleichen Baugebietsflächen, die aneinander grenzen, handelt es sich in aller Regel um dasselbe Baugebiet i.S.d. § 1 Abs. 2 BauNVO. Würde der Plangeber anderes wollen, wäre auf der Grundlage von Nr. 1.4.2 und 15.14 der Planzeichenverordnung zu erwarten, dass er zur weiteren Unterscheidung der Baugebiete Farbabstufungen oder eine Abgrenzungspunktlinie gewählt hätte. Dies mag anders zu beurteilen sein, wenn topographische Zäsuren, wie Böschungen, Kanäle oder Dämme, eine wechselseitige Prägung der ihrer Art nach gleichen Baugebietsflächen ausschließen. Dies kann auch bei übergroßen Baugebietsflächen eine Rolle spielen, die den Plangeber zu einer Trennung der Baugebiete veranlassen, weil er von einem Austauschverhältnis der Grundstückseigentümer aufgrund der zu großen Entfernung untereinander nicht mehr ausgeht. Dagegen lässt die regelmäßig vorkommende faktische Trennung von zwei der Art nach gleichen Baugebietsflächen durch eine Straße nicht bereits den Schluss zu, der Plangeber habe dadurch normativ die Wechselbezüglichkeit der jeweiligen Nutzungsbeschränkungen auf den beiden Baugebietsflächen aufheben wollen. Da das Austauschverhältnis nur hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung besteht, lassen unterschiedliche Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung auf den Baugebietsflächen regelmäßig ebenfalls nicht den Schluss zu, der Plangeber habe zwei unterschiedliche Baugebiete festsetzen wollen.

25

Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass das Vorhabenflurstück und die beiden Grundstücke der Antragsteller in demselben Baugebiet liegen. Diese Annahme drängt sich schon deshalb auf, weil das gesamte Plangebiet lediglich knapp 5 ha groß ist. Die von der Antragsgegnerin angeführte Planungshistorie erklärt zwar, weshalb der Plangeber - wie in der Planbegründung differenziert wird - in dem neuen Bebauungsgebiet auf dem Vorhabenflurstück einerseits und in dem Bestandsbebauungsgebiet andererseits, in dem auch die beiden Grundstücke der Antragsteller liegen, unterschiedliche Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche getroffen hat. Jedoch liefert diese Planungshistorie keinen stichhaltigen Grund dafür, weshalb der Plangeber trotz der einheitlichen Festsetzung eines reinen Wohngebiets normativ doch von zwei getrennten Baugebieten ausgegangen sein soll. Was die Art der baulichen Nutzung betrifft, hat er beide Bebauungsgebiete - Neu wie Bestand - gerade zusammengefasst, da sie insgesamt als Standort für familiengerechtes Wohnen dienen sollen. Dass dem Grünstreifen auf dem Flurstück … zwischen den beiden Bebauungsgebieten eine für das Baugebiet trennende Wirkung zukommen soll, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Das Verwaltungsgericht hat bereits im Einzelnen ausgeführt, dass mit dieser Festsetzung allein Ziele des Natur- und Artenschutzes sowie des Landschaftsbildes verfolgt werden. Die Festsetzung beruht auf § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB und zielt auf bestimmte Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft. Wenn es in der Begründung zum Bebauungsplan … auf Seite 32 heißt, „Gleichzeitig wird der Puffer zwischen dem neuen Bebauungsgebiet und der Bestandsbebauung bewahrt …“, ist damit nicht mehr gemeint, als das der Puffer ein bereits bestehendes Biotop einschließt und somit schützt. Eine städtebauliche Funktion hinsichtlich der beiden Bebauungsgebiete westlich und östlich des Puffers ist damit nicht verbunden. Ebenso wenig stellt der überwiegend nur rund 25 m breite Puffer mit seinem Gehölzbestand bereits eine topographische Zäsur dar, die zwei Baugebiete voneinander trennen könnte. Was die von der Antragsgegnerin gezogene Parallele zu § 34 Abs. 2 BauGB und die Frage des Abbrechens eines Bebauungszusammenhangs angeht, überzeugt dieses Argument deshalb nicht, weil die Antragsgegnerin selbst zutreffend feststellt, dass sich die Frage, ob von einem einheitlichen Baugebiet ausgehen ist, im Bereich eines (qualifizierten) Bebauungsplans allein nach dem Willen des Plangebers beantwortet. Im Übrigen bezieht sich § 34 Abs. 2 BauGB nur auf die Eigenart der näheren Umgebung des Vorhabens, was für die Bestimmung eines Baugebiets durch den Plangeber offenkundig zu kurz greift.

26

b) Im Ergebnis ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Vorhaben als Aufnahmeeinrichtung i.S.d. §§ 44 Abs. 1, 47 Abs. 1 AsylG in dem reinen Wohngebiet eine nicht gebietskonforme Nutzung darstellt, so dass es der Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr.1 BauGB bedarf, um dennoch bauplanungsrechtlich zulässig zu sein.

27

Allerdings legt die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegrünung ebenso zutreffend dar, dass sich die Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Beschl. v. 28.5.2015, NordÖR 2015, 427 ff.) zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit einer Einrichtung zur öffentlich-rechtlichen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in einem „besonders geschützten Wohngebiet“ i.S.v. § 10 Abs. 4 Abschnitt W Satz 2 BPVO 1938 nicht auf den vorliegenden Fall übertragen lässt, weil hier § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i.V.m. §§ 31 Abs. 1, 246 Abs. 11 Satz 1 BauGB den Prüfungsmaßstab bilden. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO können in reinen Wohngebieten u.a. „sonstige Anlagen für soziale Zwecke“ zugelassen werden. Die Vorschrift begrenzt die Zulässigkeit der Anlagen für soziale Zwecke gerade nicht auf „kleine“, wie das das Beschwerdegericht für Unterkünfte von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in einen besonders geschützten Wohngebiet nach der Baupolizeiverordnung angenommen hat, weil dort Nutzungen, die nicht dem Wohnen im engeren Sinne zugerechnet werden können, bauplanungsrechtlich unzulässig sind, wenn sie generell geeignet sind, das Wohnen zu stören. In reinen Wohngebieten können dagegen nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gebietsverträgliche Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbegehrende grundsätzlich zugelassen werden (so Stock in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 3 Rn. 43; Ziegler in: Brügelmann, BauGB, Loseblatt-Kommentar Stand 12/2015, § 3 BauNVO Rn. 106, 110; Schiller in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 1548). Mit § 246 Abs. 11 Satz 1 BauGB hat der Gesetzgeber diese ausnahmsweise Zulassungsmöglichkeit vorübergehend erweitert, in dem er bestimmt, soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 7 BauNVO Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, § 31 Abs. 1 BauGB mit der Maßgabe gilt, dass dort bis zum 31. Dezember 2019 Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge und Asylgehrende in der Regel zugelassen werden sollen. Die Befristung bis zum 31. Dezember 2019 in § 246 Abs. 11 BauGB bezieht sich gemäß § 246 Abs. 17 BauGB dabei nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung.

28

Die Grenze für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der von der Antragsgegnerin genehmigten Aufnahmeeinrichtung in dem reinen Wohngebiet liegt damit nach § 246 Abs. 11 Satz 1 BauGB bei der Frage, ob von der Soll-Vorschrift abzuweichen wäre, weil ein atypischer Ausnahmefall vorliegt. Mit der Formulierung „in der Regel“ bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass ein Widerspruch zur Zweckbestimmung des jeweiligen Baugebiets grundsätzlich nicht besteht (so Battis/Mitschang/Reidt, NVwZ 2015, 1633, 1635 f.). Allerdings muss sich die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 31 Abs. 1 BauGB von den allgemein zulässigen Vorhaben dadurch unterscheiden, dass ausnahmsweise zulässige Vorhaben den Ausnahmecharakter hinsichtlich des festgesetzten Baugebiets wahren (so Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Loseblatt-Kom-mentar Stand 11/2015, § 31 Rn. 25; Jäde in: Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, 7. Aufl. 2013, § 31 Rn. 10). Die vom Verordnungsgeber festgelegte typische Funktion eines Baugebiets i.S.d. §§ 2 bis 11 BauNVO darf mit der Ausnahmeerteilung nicht verändert werden. Diese Schranke für eine Ausnahmeerteilung entzieht sich der Disposition der Baugenehmigungsbehörde.

29

In einer Zulassung der Aufnahmeeinrichtung als Ausnahme läge aber eine Umstrukturierung des reinen Wohngebiets, weil dann rund zwei Drittel seiner Fläche nicht mehr dem nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO allgemein zulässigen Wohnen in Wohngebäuden dienen würde, sondern der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden in einer nur ausnahmsweise zulässigen Anlage für soziale Zwecke. Die Ausnahme würde damit den Gebietscharakter prägen und wäre als solche nicht mehr erkennbar. Wohngebäude wären in dem reinen Wohngebiet nicht mehr dominant. Das würde im Übrigen erst recht gelten, wenn der Antragsgegnerin in ihrer Rechtsansicht zu folgen wäre, bei dem Vorhabenflurstück würde es sich um ein eigenständiges Wohngebiet handeln: Dort würden dann überhaupt keine Wohngebäude entstehen.

30

c) Den Antragstellern steht kein Gebietserhaltungsanspruch zu, weil die von der Antragsgegnerin gemäß § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB erteilte Befreiung für die auf drei Jahre befristete Errichtung einer Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge und Asylbegehrende von der im Bebauungsplan … getroffenen Festsetzung des reinen Wohngebiets rechtmäßig ist. Nach dieser Vorschrift kann bis zum 31. Dezember 2019 für die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

31

aa) Die Antragsgegnerin hat die Dauer der Errichtung der Aufnahmeeinrichtung auf die nach § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB zulässige Höchstdauer von drei Jahren befristet. Bei der Aufnahmeeinrichtung handelt es sich um eine mobile Unterkunft, worunter nach der Gesetzesbegründung zu § 246 Abs. 12 BauGB Behelfsunterkünfte, wie insbesondere Wohncontainer und Zelte, zu verstehen sind (siehe BT-Drs. 18/6185 S. 54). Ihr charakteristisches Merkmal ist, dass die wesentlichen Elemente nach einem Rückbau an anderer Stelle wieder verwendet werden können (so Blechschmidt in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Loseblatt-Kommentar Stand 11/2015, § 246 Rn. 78). Hiervon ist bei den von der Antragsgegnerin gemieteten handelsüblichen Modul-Containern auszugehen, weil zu ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung gerade auch die mögliche spätere Aufstellung an einem anderen Ort gehört.

32

Die Eigenschaft einer mobilen Unterkunft entfällt entgegen den Einwänden der Antragsteller nicht dadurch, dass für ihre Errichtung eine Fundamentlegung, umfangreichere Montagearbeiten oder auch Erschließungsmaßnahmen auf dem Baugrundstück erforderlich sind. Denn der Begriff der mobilen Unterkunft ist unabhängig davon, ob für ihre Errichtung verschiedene Baumaßnahmen erforderlich sind. Dies zeigt § 246 Abs. 13 Satz 2 BauGB, der über eine entsprechende Anwendung von § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 BauGB eine Rückbauverpflichtung statuiert, die insbesondere durchgeführte Infrastrukturmaßnahmen bei der Errichtung von mobilen Unterkünfte erfasst (siehe BT-Drs. 18/6185 S. 55; Battis/ Mitschang/Reidt, a.a.O., 1635). Dass in § 246 Abs. 12 BauGB eine derartige Rückbauverpflichtung nicht bestimmt ist, lässt entgegen der Rechtsansicht der Antragsteller keine Rückschlüsse auf die notwendige Beschaffenheit von mobilen Unterkünften zu. Denn die Regelung der Rückbauverpflichtung in § 246 Abs. 13 BauGB ist allein dem besonderen Außenbereichsschutz geschuldet, wie er in der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 BauGB zum Ausdruck kommt. Im Übrigen versteht es sich von selbst, dass nur befristet genehmigte Unterkünfte nach Ablauf der Genehmigung zu beseitigen sind, sofern sie nicht erneut genehmigungsfähig sind (siehe OVG Hamburg, Beschl. v. 17.6.2013, NVwZ-RR 2013, 990, 991). Dass die mobile Unterkunft im vorliegenden Verfahren baulich nicht mit der von dem Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Unterkunft aus einem parallelen Verwaltungsstreitverfahren vergleichbar ist, hat die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung glaubhaft dargelegt.

33

bb) Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ist die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.

34

aaa) Zu den zu berücksichtigenden öffentlichen Belangen zählt nicht die vom Verwaltungsgericht geprüfte und bejahte Frage, ob die Befreiung die Grundzüge der Planung verletzt. Die vom Verwaltungsgericht vertretene gegenteilige Auslegung des § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB ist sachlich unzutreffend und auch nicht durch einen „Abgleich mit höherrangigem Recht“ geboten.

35

Gegen die Auslegung des Verwaltungsgerichts sprechen der Wortlaut der Vorschrift und der eindeutige Wille des Gesetzgebers. Die „Grundzüge der Planung“ werden in § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB anders als in zahlreichen anderen Vorschriften des Baugesetzbuchs (§§ 4a Abs. 3 Satz 4, 5 Abs. 1, 13 Abs. 1, 31 Abs. 2, 125 Abs. 3 BauGB) als Tatbestandsmerkmal nicht genannt. Dies beruht nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers, sondern auf seinem ausdrücklichen Willen, weil eine Befreiung nach § 246 Abs. 12 BauGB auch dann möglich sein soll, „wenn die Grundzüge der Planung berührt werden.“ (siehe BT-Drs. 18/6185 S. 54). Demgemäß wird die wesentliche Bedeutung der neuen Vorschrift gerade darin gesehen, „dass eine diesbezügliche Befreiung nicht mehr voraussetzt, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden“ (so Ewer/Mutschler-Siebert, NJW 2016, 11, 13; ebenso Blechschmidt, a.a.O., § 246 Rn. 76 f.; Battis/Mitschang/Reidt, a.a.O., 1636). Es entspricht offenkundig auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, dass die Grundzüge der Planung als ein Element der öffentlichen Belange angesehen werden. Denn als öffentliche Belange hat der Gesetzgeber in seiner Begründung (a.a.O.) nur „Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse“ hervorgehoben. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 1978 (BVerwGE 56, 71, 74 f., 78 f.) bietet ebenfalls keinen Grund, die Grundzüge der Planung zu den öffentlichen Belangen i.S.d. § 246 Abs. 12 BauGB zu zählen. Denn diese Entscheidung ist zu § 31 Abs. 2 BBauG i.d.F. vom 18. August 1976 (BGBl. I S. 2256) ergangen, als die Grundzüge der Planung überhaupt noch kein Tatbestandsmerkmal der Vorschrift gewesen sind. Im nunmehr geltenden § 31 Abs. 2 BauGB sind die Grundzüge der Planung aber ein ausdrückliches Tatbestandsmerkmal, das der Gesetzgeber in § 246 Abs. 12 BauGB bewusst ausgeklammert hat. Der Rückgriff auf diese Grundsatzentscheidung (vgl. dazu auch OVG Hamburg, Beschl. v. 17.6.2013, a.a.O., 991) ist ohnehin unberechtigt, weil es dort nur um den Schutz der Gemeinden vor unberechtigten Eingriffen in ihre Planungshoheit durch die Bauaufsichtsbehörden geht, wenn diese in unzulässiger Weise Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilen, die einer Umplanung gleich kommen. Hier geht es aber um die Frage, ob der demokratisch legitimierte Gesetzgeber Grund dazu hatte, die Erteilung einer Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB davon abhängig zu machen, dass die Grundzüge der Planung nicht in Frage gestellt werden.

36

Die Auslegung des Verwaltungsgerichts wird nicht durch eine systematische Betrachtung gestützt. In Abs. 10 Satz 1 des § 246 BauGB hat der Gesetzgeber vielmehr ebenfalls bestimmt, dass bei der Befreiungserteilung anders als in § 31 Abs. 2 BauGB nicht erforderlich ist, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (siehe BT-Drs. 18/2752 S. 12). Allerdings enthält Abs. 10 Satz 1 - anders als Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 - die einschränkende Voraussetzung, dass „an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind“. Hierin wird teilweise eine „Spezifizierung“ der Grundzüge der Planung gesehen (so Kment/Berger, BauR 2015, 211, 214; zustimmend Scheidler, NVwZ 2015, 1406, 1408). Jedoch wird dieses in Abs. 12 Satz 1 dadurch ausgeglichen, dass die Befreiung längstens auf drei Jahre befristet erteilt werden kann. Soweit sich in dem für die Flüchtlingseinrichtung zeitlich befristeten Nutzungszeitraum ergibt, dass eine langfristige Nutzung erforderlich ist, wäre eine nachhaltige Bauleitplanung erforderlich (so die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 18/6185 S. 54). Nach Ablauf der drei Jahre ist es daher unzulässig, auf der Grundlage von § 246 Abs. 12 BauGB an demselben Standort eine erneute Befreiung zu erteilen (siehe auch Blechschmidt, a.a.O., § 246 Rn. 77).

37

Ein Ausschluss der Befreiung, wenn dadurch die Grundzüge der Planung verletzt werden, ist ebenso wenig mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu vereinbaren. Denn mit der Einfügung der Absätze 11 bis 17 in § 246 BauGB hat der Gesetzgeber gerade das Ziel verfolgt, zeitlich befristete Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Vorgaben und Standards des Baugesetzbuchs zu ermöglichen, um befristet durch gezielte Erleichterungen dem akuten Bedarf an Flüchtlingsunterkünften Rechnung zu tragen (siehe BT-Drs. 18/6185 S. 1, 26). Bei § 246 Abs. 11 bis 17 BauGB handelt es sich, wie auch schon in der Gesetzüberschrift „Sonderregelungen für Flüchtlingsunterkünfte“ deutlich wird, um befristete Ausnahmevorschriften, die nicht darauf ausgelegt sind, die städtebaulichen Ziele und Grundsätze des Baugesetzbuchs nachhaltig zu verändern. Mit § 246 Abs. 12 BauGB hielt es der Gesetzgerber für geboten, befristet über § 31 Abs. 2 BauGB hinaus ein Abweichen von den Festsetzungen des Bebauungsplans zu ermöglichen.

38

Schließlich kann die vom Verwaltungsgericht angestellte Prüfung, ob durch die Befreiung die Grundzüge der Planung verletzt werden, nicht auf einen „Abgleich mit höherrangigem Recht“ gestützt werden. Dabei mag offen bleiben, was mit einem solchen Abgleich konkret gemeint ist. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 246 Abs. 12 BauGB wäre jedenfalls ausgeschlossen, weil diese sich nicht über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzen darf (vgl. statt vieler BVerfG, Beschl. v. 26.4.1994, BVerfGE 90, 263, 275 m.w.N.).

39

Die vom Verwaltungsgericht angeführte in Art 28 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden wird durch einfachgesetzliche Rechtsnormen konkretisiert und ausgestaltet. Im Rahmen der Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben (§§ 29 ff. BauGB) sichert § 36 BauGB die Planungshoheit der Gemeinden (so BVerwG, Beschl. v. 25.8.2014, BRS 82 Nr. 163 m.w.N.). In Satz 2 des § 246 Abs. 12 BauGB wird § 36 BauGB für entsprechend anwendbar erklärt. Die Gemeinde darf daher ein Einvernehmen nur versagen, wenn das Vorhaben nach § 246 Abs. 12 BauGB, bei dem es sich um eine eigenständige städtebauliche Sonderregelung für Flüchtlingsunterkünfte handelt, unzulässig ist. Ein Rückgriff der Gemeinde auf § 31 Abs. 2 BauGB ist insoweit wegen der Eigenständigkeit der Zulässigkeitsvoraussetzungen unzulässig. Der mit § 246 Abs.12 BauGB verbundene Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinden wird dadurch gerechtfertigt, dass die Erweiterung der Befreiungsmöglichkeiten von den Festsetzungen eines Bebauungsplans im Allgemeinwohlinteresse liegt, weil dadurch erleichterte Möglichkeiten für die Schaffung von dringend benötigten Unterkunftsplätzen für Flüchtlinge und Asylbegehrende geschaffen werden. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Geltungskraft der Planungshoheit der Gemeinden gewahrt, indem die Möglichkeit der Erteilung einer Befreiung in § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB sachlich wie zeitlich beschränkt worden ist: Eine Befreiung kann nur zugunsten mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende und auf längstens drei Jahre befristet erteilt werden. Außerdem ist nach Ablauf dieser Zeit die Erteilung einer erneuten Befreiung für denselben Standort auf der Grundlage des § 246 Abs. 12 BauGB unzulässig. Die Gemeinden stehen während der Geltungsdauer der Befreiung vielmehr vor der Frage, ob sie in eine dauerhafte Bauleitplanung eintreten wollen.

40

Der Grundsatz der Rechtssicherheit in seiner Ausprägung als Vertrauensschutz für die Planbetroffenen ist ebenfalls nicht geeignet, die einschränkende Auslegung des § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB durch das Verwaltungsgericht zu rechtfertigen. Zwar ist es richtig, dass sich durch die im Vergleich zu § 31 Abs. 2 BauGB erweiterte Befreiungsmöglichkeit in § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB auch die Reichweite des Gebietserhaltungsanspruchs der Antragsteller gegen gebietsfremde Nutzungen verändert. Jedoch kollidieren gesetzliche Regelungen, die nur zukünftig entstehende Sachverhalte betreffen, nicht mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes. Denn der Einzelne kann nicht darauf vertrauen, dass das bestehende Recht auch in Zukunft uneingeschränkt erhalten bleibt (siehe BVerfG, Urt. v. 5.2.2004, BVerfGE 109, 133, 186). Der Gesetzgeber ist vielmehr befugt, zur Erfüllung einer dringenden Gemeinwohlaufgabe - die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden - das Bauplanungsrecht befristet zu ändern.

41

Die vom Verwaltungsgericht angeführte notwendige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden sowie sonstiger Träger der öffentlichen Belange gemäß §§ 3 und 4 BauGB ist ebenfalls nicht geeignet, die Befugnis des Gesetzgebers zu einer Änderung des Bauplanungsrechts einzuschränken. Die erwähnten Beteiligungsrechte bestehen nur im Rahmen einer Bauleitplanung.

42

bbb) Da es auf eine Verletzung der Grundzüge der Planung für die Rechtmäßigkeit der Befreiung nach § 246 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 BauGB nicht ankommt, sind keine öffentlichen Belange ersichtlich, mit der die von der Antragsgegnerin erteilte Befreiung nicht vereinbar wäre. Auch unter der gebotenen Würdigung der nachbarlichen Interessen der Antragsteller ergibt sich keine Unvereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen. Insoweit kann das Beschwerdegericht auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf den Seiten 25 ff. des angegriffenen Beschlusses Bezug nehmen, die für die Antragsteller ebenfalls Platz greifen, weil ihre Grundstücke vergleichbar weit entfernt von dem Vorhaben liegen wie die Grundstücke der früheren Antragsteller zu 5. bis 7. und ihre Grundstücke zudem nicht gegenüber der Einfahrt des Vorhabens liegen und durch den Grünstreifen, der hinter ihren Grundstücken verläuft, zusätzlich von Beeinträchtigungen durch das Vorhaben abgeschirmt werden. Das Verwaltungsgericht hatte u.a. festgestellt, dass die angegriffene Baugenehmigung eine geeignete Immissionsbegrenzung vorsehe, mit der eine rücksichtslose Lärmbelastung der Nachbargrundstücke vermieden werde. Die geltend gemachten weiteren Verkehrsauswirkungen des Vorhabens - wie die Stellplatzfrage - ließen ebenso wenig unzumutbare Beeinträchtigungen der Antragsteller zu 5. bis 7. erwarten wie die durch das Vorhaben entstehende „Unruhe“. Mit dem Verwaltungsgericht ist dabei klarzustellen, dass es nur auf die zu erwartenden Beeinträchtigungen ankommt, die auf dem genehmigten Nutzungsumfang für bis zu 252 Flüchtlinge oder Asylbegehrende beruhen. Der Umstand, dass die Einrichtung auf die Unterbringung von insgesamt 901 Personen angelegt ist, ist gegenwärtig unerheblich. Von der angegriffenen Baugenehmigung gehen in diesem Punkt auch keine Präjudizwirkungen aus. Außerdem ist hervorzuheben, dass das bestehende dringende öffentliche Interesse an der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Beschl. v. 12.1.2015, 2 Bs 247/14) rechtfertigt, den rücksichtnahmebegünstigten Antragstellern vorübergehend ein Mehr an Beeinträchtigungen zuzumuten. Diese Interessensbewertung hat sich der Gesetzgeber bei § 246 Abs. 12 BauGB zu Eigen gemacht (siehe BT-Drs. 18/6185 S. 54). In diesem Zusammenhang ist von erheblicher Bedeutung, dass die Errichtung der mobilen Unterkunft auf die Dauer von drei Jahren befristet ist.

43

ccc) Die Antragsgegnerin hat in dem angegriffenen Baugenehmigungsbescheid von dem ihr nach § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB zustehenden Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Für die Ausübung des Befreiungsermessens bleibt der Bauaufsichtsbehörde nur ein äußerst geringer Spielraum, weil der Gesetzgeber mit der speziellen Befreiungsvorschrift gerade auf die vereinfachte Erteilung von Befreiungen zielt und ein dringendes öffentliches Interesse an der zügigen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden besteht. Die nachbarlichen Interessen der Antragsteller hat die Antragsgegnerin in ihre Genehmigungsentscheidung einbezogen. Gesichtspunkte, die zu einer negativen Ermessensentscheidung hätten führen können, bestehen nicht.

44

2. Den Antragstellern stehen auch keine anderen subjektiven Abwehrrechte gegen das Vorhaben der Antragsgegnerin zu.

45

a) Die Antragsteller können sich nicht auf den Anspruch auf Aufrechterhaltung der typischen Prägung eines Baugebiets aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO berufen (sog. Gebietsprägungsanspruch).Denn der sachliche Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO erfasst nur die im jeweiligen Baugebiet allgemein zulässigen oder ausnahmsweise zugelassenen baulichen und sonstigen Anlagen (siehe Roeser in: König/Roeser/ Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn. 7; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 15 Rn. 3). Die von der Antragsgegnerin genehmigte mobile Unterkunft für Flüchtlinge und Asylbegehrende ist aber gemäß § 3 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 BauNVO in dem reinen Wohngebiet unzulässig (siehe dazu oben auf S. 16 f.).

46

Soweit in § 15 Abs. 1 BauNVO eine besondere Ausprägung des Gebots der Rücksichtnahme liegt, geht dessen Schutzniveau nicht über die Anforderungen hinaus, die bereits § 246 Abs. 12 Satz 1 BauGB an die Vereinbarkeit der Befreiung mit den nachbarlichen Interessen stellt.

47

b) Schließlich können die Antragsteller ein subjektives Abwehrrecht gegen das Vorhaben nicht aus den weiteren Festsetzungen ableiten, von denen die Antragsgegnerin in dem angegriffenen Baugenehmigungsbescheid eine Befreiung erteilt hat. Denn anders als die bereits kraft Bundesrechts nachbarschützende Festsetzung zur Art der baulichen Nutzung reines Wohngebiet vermitteln die Festsetzungen über Zahl der Vollgeschosse, Baugrenzen und Straßenverkehrsflächen dem Nachbarn nur dann ein subjektives Abwehrrecht, wenn dies dem Willen des Plangebers entspricht. Für diese Annahme bietet aber die Begründung zum Bebauungsplan … keine Anhaltspunkte. Soweit in der Planbegründung auf den Seiten 25, 30 f. vorgesehen ist, dass die festgesetzten privaten Grünflächen den Wohnbaugrundstücken zugeordnet werden sollen, sind die Antragsteller hiervon nicht begünstigt, weil ihre beiden Grundstücke nicht in dem neuen Bebauungsgebiet auf dem Vorhabenflurstück liegen.

48

3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Ein Anteil des Eigentümers eines Grundstücks an anderem Grundvermögen (z. B. an gemeinschaftlichen Hofflächen oder Garagen) ist in das Grundstück einzubeziehen, wenn alle Anteile an dem gemeinschaftlichen Grundvermögen Eigentümern von Grundstücken gehören, die ihren Anteil jeweils zusammen mit ihrem Grundstück nutzen. Das gilt nicht, wenn das gemeinschaftliche Grundvermögen nach den Anschauungen des Verkehrs als selbständige wirtschaftliche Einheit anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4).

(3) Als Grundstück im Sinne dieses Gesetzes gilt auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet oder in sonstigen Fällen einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen ist, selbst wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

(1) Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen.

(2) Abweichend von Absatz 1 gelten die folgenden Vorschriften:

1.
Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen.
2.
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.

(1) Innerhalb der unbebauten Grundstücke bilden die baureifen Grundstücke eine besondere Grundstücksart.

(2) Baureife Grundstücke sind unbebaute Grundstücke, wenn sie in einem Bebauungsplan als Bauland festgesetzt sind, ihre sofortige Bebauung möglich ist und die Bebauung innerhalb des Plangebiets in benachbarten Bereichen begonnen hat oder schon durchgeführt ist. Zu den baureifen Grundstücken gehören nicht Grundstücke, die für den Gemeinbedarf vorgesehen sind.

(1) Unbebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden. Die Benutzbarkeit beginnt im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, sie zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend.

(2) Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die auf Dauer keiner oder nur einer unbedeutenden Nutzung zugeführt werden können, gilt das Grundstück als unbebaut; als unbedeutend gilt eine Nutzung, wenn die hierfür erzielte Jahresmiete (§ 146 Abs. 2) oder die übliche Miete (§ 146 Abs. 3) weniger als 1 Prozent des nach Absatz 3 anzusetzenden Werts beträgt. Als unbebautes Grundstück gilt auch ein Grundstück, auf dem infolge der Zerstörung oder des Verfalls der Gebäude auf Dauer benutzbarer Raum nicht mehr vorhanden ist.

(3) Der Wert eines unbebauten Grundstücks bestimmt sich regelmäßig nach seiner Fläche und dem um 20 Prozent ermäßigten Bodenrichtwert (§ 196 des Baugesetzbuchs in der jeweils geltenden Fassung). Die Bodenrichtwerte sind von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch zu ermitteln und den Finanzämtern mitzuteilen. Bei der Wertermittlung ist stets der Bodenrichtwert anzusetzen, der vom Gutachterausschuss zuletzt zu ermitteln war. Wird von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert ermittelt, ist der Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten und um 20 Prozent zu ermäßigen.

Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich regelmäßig nach ihrer Fläche und den Bodenrichtwerten (§ 196 des Baugesetzbuchs). Die Bodenrichtwerte sind von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch zu ermitteln und den Finanzämtern mitzuteilen. Bei der Wertermittlung ist stets der Bodenrichtwert anzusetzen, der vom Gutachterausschuss zuletzt vor dem Bewertungsstichtag zu ermitteln war. Wird von den Gutachterausschüssen kein Bodenrichtwert ermittelt, ist der Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten.

(1) Auf Grund der Kaufpreissammlung sind flächendeckend durchschnittliche Lagewerte für den Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Entwicklungszustands zu ermitteln (Bodenrichtwerte). In bebauten Gebieten sind Bodenrichtwerte mit dem Wert zu ermitteln, der sich ergeben würde, wenn der Boden unbebaut wäre. Es sind Richtwertzonen zu bilden, die jeweils Gebiete umfassen, die nach Art und Maß der Nutzung weitgehend übereinstimmen. Die wertbeeinflussenden Merkmale des Bodenrichtwertgrundstücks sind darzustellen. Die Bodenrichtwerte sind jeweils zu Beginn jedes zweiten Kalenderjahres zu ermitteln, wenn nicht eine häufigere Ermittlung bestimmt ist. Für Zwecke der steuerlichen Bewertung des Grundbesitzes sind Bodenrichtwerte nach ergänzenden Vorgaben der Finanzverwaltung zum jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt oder sonstigen Feststellungszeitpunkt zu ermitteln. Auf Antrag der für den Vollzug dieses Gesetzbuchs zuständigen Behörden sind Bodenrichtwerte für einzelne Gebiete bezogen auf einen abweichenden Zeitpunkt zu ermitteln.

(2) Hat sich in einem Gebiet die Qualität des Bodens durch einen Bebauungsplan oder andere Maßnahmen geändert, sind bei der nächsten Fortschreibung der Bodenrichtwerte auf der Grundlage der geänderten Qualität auch Bodenrichtwerte bezogen auf die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Hauptfeststellung oder dem letzten sonstigen Feststellungszeitpunkt für steuerliche Zwecke zu ermitteln. Die Ermittlung kann unterbleiben, wenn das zuständige Finanzamt darauf verzichtet.

(3) Die Bodenrichtwerte sind zu veröffentlichen und dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen. Jedermann kann von der Geschäftsstelle Auskunft über die Bodenrichtwerte verlangen.

(1) In den Ländern Berlin und Hamburg entfallen die in § 6 Absatz 1, § 10 Absatz 2 und § 190 Absatz 1 vorgesehenen Genehmigungen oder Zustimmungen; das Land Bremen kann bestimmen, dass diese Genehmigungen oder Zustimmungen entfallen.

(1a) Die Länder können bestimmen, dass Bebauungspläne, die nicht der Genehmigung bedürfen, und Satzungen nach § 34 Absatz 4 Satz 1, § 35 Absatz 6 und § 165 Absatz 6 vor ihrem Inkrafttreten der höheren Verwaltungsbehörde anzuzeigen sind; dies gilt nicht für Bebauungspläne nach § 13. Die höhere Verwaltungsbehörde hat die Verletzung von Rechtsvorschriften, die eine Versagung der Genehmigung nach § 6 Absatz 2 rechtfertigen würde, innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige geltend zu machen. Der Bebauungsplan und die Satzungen dürfen nur in Kraft gesetzt werden, wenn die höhere Verwaltungsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb der in Satz 2 bezeichneten Frist geltend gemacht hat.

(2) Die Länder Berlin und Hamburg bestimmen, welche Form der Rechtsetzung an die Stelle der in diesem Gesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Das Land Bremen kann eine solche Bestimmung treffen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg können eine von § 10 Absatz 3, § 16 Absatz 2, § 22 Absatz 2, § 143 Absatz 1, § 162 Absatz 2 Satz 2 bis 4 und § 165 Absatz 8 abweichende Regelung treffen.

(3) § 171f ist auch auf Rechtsvorschriften der Länder anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten sind.

(4) Die Senate der Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Zuständigkeit von Behörden dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(5) Das Land Hamburg gilt für die Anwendung dieses Gesetzbuchs auch als Gemeinde.

(6) § 9 Absatz 2d gilt entsprechend für Pläne, die gemäß § 173 Absatz 3 Satz 1 des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit § 233 Absatz 3 als Bebauungspläne fortgelten.

(7) Die Länder können bestimmen, dass § 34 Absatz 1 Satz 1 bis zum 31. Dezember 2004 nicht für Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 der Baunutzungsverordnung anzuwenden ist. Wird durch eine Regelung nach Satz 1 die bis dahin zulässige Nutzung eines Grundstücks aufgehoben oder wesentlich geändert, ist § 238 entsprechend anzuwenden.

(8) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt § 34 Absatz 3a Satz 1 entsprechend für die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in bauliche Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, und für deren Erweiterung, Änderung oder Erneuerung.

(9) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 für Vorhaben entsprechend, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, wenn das Vorhaben im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Absatz 1 oder § 34 zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll.

(10) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann in Gewerbegebieten (§ 8 der Baunutzungsverordnung, auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn an dem Standort Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können oder allgemein zulässig sind und die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. § 36 gilt entsprechend.

(11) Soweit in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 8 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) Anlagen für soziale Zwecke als Ausnahme zugelassen werden können, gilt § 31 Absatz 1 mit der Maßgabe, dass Anlagen für soziale Zwecke, die der Unterbringung und weiteren Versorgung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden dienen, dort bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in der Regel zugelassen werden sollen. Satz 1 gilt entsprechend für in übergeleiteten Plänen festgesetzte Baugebiete, die den in Satz 1 genannten Baugebieten vergleichbar sind.

(12) Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 kann für die auf längstens drei Jahre zu befristende

1.
Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen in Gewerbe- und Industriegebieten sowie in Sondergebieten nach den §§ 8 bis 11 der Baunutzungsverordnung (auch in Verbindung mit § 34 Absatz 2) in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende
von den Festsetzungen des Bebauungsplans befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Die in Satz 1 genannte Frist von drei Jahren kann bei Vorliegen der dort genannten Befreiungsvoraussetzungen um weitere drei Jahre verlängert werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt Satz 1 auch für die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende Fortsetzung der zuvor ausgeübten Nutzung einer bestehenden baulichen Anlage entsprechend. § 36 gilt entsprechend.

(13) Im Außenbereich (§ 35) gilt unbeschadet des Absatzes 9 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend für

1.
die auf längstens drei Jahre zu befristende Errichtung mobiler Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende,
2.
die Nutzungsänderung zulässigerweise errichteter baulicher Anlagen, auch wenn deren bisherige Nutzung aufgegeben wurde, in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte oder sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge oder Asylbegehrende, einschließlich einer erforderlichen Erneuerung oder Erweiterung.
Die in Satz 1 Nummer 1 genannte Frist von drei Jahren kann um weitere drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 verlängert werden; für die Verlängerung gilt die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Sofern die Frist bereits abgelaufen ist, gilt auch für die Entscheidung über die auf drei Jahre, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2030 zu befristende erneute Zulässigkeit einer bereits errichteten mobilen Unterkunft für Flüchtlinge oder Asylbegehrende die Rechtsfolge des § 35 Absatz 4 Satz 1 entsprechend. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend. Wird zum Zeitpunkt einer Nutzungsänderung nach Satz 1 Nummer 2 eine Nutzung zulässigerweise ausgeübt, kann diese im Anschluss wieder aufgenommen werden; im Übrigen gelten für eine nachfolgende Nutzungsänderung die allgemeinen Regeln. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 4 entfällt, wenn eine nach Satz 5 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 4 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist.

(13a) Von den Absätzen 8 bis 13 darf nur Gebrauch gemacht werden, soweit dringend benötigte Unterkünfte im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können.

(14) Soweit auch bei Anwendung der Absätze 8 bis 13 dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten im Gebiet der Gemeinde, in der sie entstehen sollen, nicht oder nicht rechtzeitig bereitgestellt werden können, kann bei Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften oder sonstigen Unterkünften für Flüchtlinge oder Asylbegehrende bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 von den Vorschriften dieses Gesetzbuchs oder den aufgrund dieses Gesetzbuchs erlassenen Vorschriften in erforderlichem Umfang abgewichen werden. Zuständig ist die höhere Verwaltungsbehörde. Die Gemeinde ist anzuhören; diese Anhörung tritt auch an die Stelle des in § 14 Absatz 2 Satz 2 vorgesehenen Einvernehmens. Satz 3 findet keine Anwendung, wenn Vorhabenträger die Gemeinde oder in deren Auftrag ein Dritter ist. Für Vorhaben nach Satz 1 gilt § 35 Absatz 5 Satz 2 erster Halbsatz und Satz 3 entsprechend. Absatz 13 Satz 5 gilt entsprechend. Die Rückbauverpflichtung nach Satz 5 entfällt, wenn eine nach Satz 6 zulässige Nutzung aufgenommen wird oder wenn sich die Zulässigkeit der nachfolgenden Nutzung aus § 30 Absatz 1, 2 oder § 33 ergibt. Die Sicherstellung der Rückbauverpflichtung nach Satz 5 in entsprechender Anwendung des § 35 Absatz 5 Satz 3 ist nicht erforderlich, wenn Vorhabenträger ein Land oder eine Gemeinde ist. Wenn Vorhabenträger ein Land oder in dessen Auftrag ein Dritter ist, gilt § 37 Absatz 3 entsprechend; im Übrigen findet § 37 bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 auf Vorhaben nach Satz 1 keine Anwendung.

(15) In Verfahren zur Genehmigung von baulichen Anlagen, die der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dienen, gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 das Einvernehmen abweichend von § 36 Absatz 2 Satz 2 (auch in Verbindung mit Absatz 10 Satz 2 und Absatz 12 Satz 2) als erteilt, wenn es nicht innerhalb eines Monats verweigert wird.

(16) Bei Vorhaben nach den Absätzen 9 und 13 sowie bei Vorhaben nach Absatz 14 im Außenbereich gilt § 18 Absatz 3 Satz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 entsprechend.

(17) Die Befristung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2027 in den Absätzen 8 bis 13 sowie 14 bis 16 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Zulassungsverfahren von den Vorschriften Gebrauch gemacht werden kann.

(1) Zum Grundvermögen gehören

1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör,
2.
das Erbbaurecht,
3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 33) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99) handelt.

(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen

1.
Bodenschätze,
2.
die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

(1) Wirtschaftsgüter sind dem Eigentümer zuzurechnen.

(2) Abweichend von Absatz 1 gelten die folgenden Vorschriften:

1.
Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen. Bei Treuhandverhältnissen sind die Wirtschaftsgüter dem Treugeber, beim Sicherungseigentum dem Sicherungsgeber und beim Eigenbesitz dem Eigenbesitzer zuzurechnen.
2.
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, werden den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.

(1) Der Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor dem Senat mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf den Senat zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann die Revision nicht gestützt werden.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

Tatbestand

1

Beim Einheitswert für die Betriebsgebäude der Klägerin auf dem gemieteten Grundstück ist streitig, ob Abschläge wegen vertraglicher Abbruchverpflichtung zu berücksichtigen sind (§ 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG) oder aber vorauszusehen ist, dass die Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden (§ 94 Abs. 3 Satz 3 HS 2 BewG).

2

I. Mietgrundstück und Mieter-Gebäude

3

Auf dem gemieteten Grundstück betätigt die Klägerin sich in der industriellen Produktion von Lebensmitteln. Das vermietete Grundstück befindet sich im Hafengebiet, jedoch außerhalb des mit Wirkung ab 2013 aufgehobenen Freihafens. Verwaltet wurde das Hafengebiet früher behördlich und nach Errichtung der Hamburg Port Authority AöR (HPA) seit 2006 durch diese.

4

Das Grundstück liegt an einem Elbarm mit tideabhängiger Wassertiefe. Letztere reicht im Fahrwasser für Binnenschiffe aus. Das Ufer ist nicht als Kai ausgebaut. Ein bei Anmietung des Grundstücks 19.. ... erwogener Schuten-Anleger wurde nicht realisiert.

5

Das Hafengrundstück befindet sich im möglichen Überschwemmungsgebiet der Elbe. Bei Sturmflutvorhersagen über NN +6,50 m wird das gesamte Hafengebiet gesperrt. Bei der sogenannten Nikolaus-Sturmflut am 6. Dezember 2013 stand das Hochwasser bis wenige Zentimeter unterhalb der Deichkrone. Der Bau einer 7,80 m hohen Polderwand zwecks besseren Schutzes bei Sturmfluten war zum Feststellungszeitpunkt bzw. Bewertungsstichtag 2013 noch nicht abgeschlossen. Nach dem Stichtag wurde ein sechsgeschossiges Verwaltungsgebäude zum Ersatz bisheriger Pavillons gemäß Bauantrag und Genehmigung aus 2015 errichtet.

6

Auf dem Grundstück besteht kein Bahn- bzw. Hafenbahn-Anschluss.

7

Rohstoffe und Fertigwaren werden mit Lkw bzw. Last- oder Sattelzügen an- und ausgeliefert, die Verkehrs-, Rangier- und Abstellflächen benötigen. Einige Container-Wechselbrücken können vor Ort abgestellt werden. Aus Platzmangel werden mit Fertigwaren beladene Container zu einem externen Lager gebracht. Das bisher im Baustufenplan als Industriegebiet ausgewiesene Mietgrundstück ist neben den vorgenannten Flächen, Grünflächen und einem Mitarbeiterparkplatz nur teilweise bebaut.

8

Die am Stichtag 2013 vorhandenen Baulichkeiten befinden sich in einem gut unterhaltenen und gepflegten Zustand. ... Soweit aus seit 1968 noch vorhandenen Bauakten ersichtlich, liegen der Bebauung, ihren Erweiterungen und Änderungen seit Anmietung bis zum Stichtag mindestens 59 Bauantrags- und -genehmigungs-Vorgänge zugrunde.

9

Über die vorstehenden sowie die weiteren Einzelheiten der Bauteile einschließlich der Flächen, Raummaße und Baujahre, weiter einschließlich der den Gebäudeklassen und sonstigen Zu- und Abschlägen zugrunde liegenden Bauausführungen, weiter einschließlich der sonstigen Gegebenheiten und Außenanlagen sowie jeweils zusammenfassend über die sich daraus für die Einheitsbewertung ergebenden Bauteilswerte stimmen die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht überein, mit Ausnahme ab 2013 der Abschläge wegen Abbruchverpflichtung dem Grunde.

10

II. Mietvertrag

11

Die Klägerin mietete das Grundstück ursprünglich von der Stadt. ...

12

Im Wege der gesetzlichen Rechtsnachfolge gingen das vormalige Amt für Strom- und Hafenbau, zwischenzeitlich Amt Port Authority der Wirtschaftsbehörde, sowie das Hafenamt der Liegenschaftsverwaltung der Finanzbehörde der Stadt als Eigentümerin und Vermieterin auf die mit Wirkung ab 2006 als AöR errichtete Hamburg Port Authority (HPA) über. Gemäß HPA-Errichtungsgesetz "§ 11 Wirtschaftsführung" wird die HPA "nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt" (HmbGVBl 2005, 256).

13

Der das vorliegende Mietgrundstück nicht umfassende Freihafen wurde durch Gesetz von 2011 - mit Wirkung ab 2013 - aufgehoben (BGBl I 2011, 50). In diesem zeitlichen Zusammenhang war lange vor Vertragsablauf 2017 die Verlängerung und Neuverhandlung des Mietvertrags zwischen der HPA und der Klägerin ein "mehrjähriges Thema" mit "unverhältnismäßiger Anzahl und Dauer der Gespräche". Gegenüber der auslaufenden Miete von rund .... DM/qm p. a. wurde über einen neuen Mietpreis zwischen ... und ... Euro/qm p. a. verhandelt. Die Klägerin hatte im Übrigen die Alternative einer Umsiedlung vor Augen; nämlich vergleichbar mit dem seinerzeit durch einen Wettbewerber in der jetzigen Metropolregion Hamburg im benachbarten Bundesland neu errichteten Werk nach einem berichteten Grundstücks-Kaufpreis von ... Euro/qm.

14

Einen letzten Entwurf der 9. Nachschrift zum Mietvertrag erstellte und übersandte die HPA in 2012 - d. h. vor dem Bewertungsstichtag 01.01.2013 - mit u. a. folgendem Inhalt:

Ziffer 2

Verlängerung bis 31. März 2042;

Ziffer 3

Erweiterung auf ... qm gemäß Lageplan;

Ziffer 4 Abs. 1

(Nach in der 8. Nachschrift vorbehaltener Mietüberprüfung 2002) anstelle einer Mieterhöhung für 2007 - 2012 deren Abgeltung durch Einmalbetrag ... Euro (d. h. für die 6 Jahre zusammen insgesamt zusätzlich rd. ... Euro/qm);

Ziffer 4 Abs. 2

Mieterhöhung ab 2013 auf ... Euro Jahresmiete;

Ziffer 4 Abs. 3

Weitere jahresweise bis 2032 gestaffelte Mieterhöhungen bis auf ... Euro Jahresmiete;

Ziffer 5

Geltung der inzwischen von der HPA herausgegebenen Allgemeinen Vertragsbestimmungen für die Vermietung von Hafen- und Hafenindustriegrundstücken (AVB-HI) 2002 anstelle der AVB-HI 1992;

Ziffer 6

Ergänzungen zu den AVB-HI 2002.

15

In den AVB-HI 2002 heißt es auszugsweise:

"4.     

Bebauung ...

4.4     

Soweit in diesem Vertrag keine abweichenden Regelungen getroffen

sind, werden die vom Mieter errichteten Bauwerke und Anlagen nur zur Nutzung während der Mietzeit mit dem Grund und Boden verbunden; sie dienen also nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 Abs. 1 BGB. ...

19.     

Kündigung ...

19.1   

Fristlose Kündigung ...

19.2   

Außerordentliche Kündigung

19.2.1

Bei Verträgen mit fester Dauer ist die Vermieterin berechtigt, vor Vertragsablauf

das Mietverhältnis ... zu kündigen, wenn die Vermieterin das ... Mietobjekt ... für

-     Belange der Hafenentwicklung, ...

-     Zwecke des Gemeinbedarfs ... oder ...

dringend benötigt ... Die Kündigung kann bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nur mit einer Frist von 24 Monaten ... ausgesprochen werden.

19.3   

Ausschluss der stillschweigenden Verlängerung

Wird das Grundstück nach Ablauf der Mietzeit nicht vertragsgemäß herausgegeben, verlängert sich das Mietverhältnis abweichend von § 545 BGB nicht stillschweigend.

20    

Entschädigungsregelung bei außerordentlicher Kündigung

und Nichtverlängerung eines langfristigen Vertrags

20.1   

Der Mieter erhält eine Entschädigung,

wenn das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung beendet wird ...

oder der Vermieter dem Mieter das Mietobjekt nach Ablauf des auf mehr als 15 Jahre abgeschlossenen Vertrags aus den für die außerordentliche Kündigung geltenden Gründen (s. Nr. 19.2.1) nicht weiterhin zur Nutzung überlassen kann. Die Entschädigung wird gewährt für die mit Zustimmung der Vermieterin vertragsgemäß vom Mieter errichteten ... Bauwerke und Anlagen ...

Die Entschädigung wird bemessen nach

-     dem Verkehrswert der auf der herauszugebenden Mietfläche

vorhandenen mietereigenen Bauwerke, ...

        

Bei der Ermittlung der Verkehrswerte der Bauwerke ... wird - unabhängig von der Restlaufzeit des Mietvertrages - auf die technische bzw. wirtschaftliche Restnutzungsdauer der Bauwerke ... abgestellt.

21.     

Räumung

21.1   

Der Mieter hat das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses

geräumt und in einwandfreiem Zustand zurückzugeben. ... Er ist verpflichtet, das Mietobjekt von den in seinem Eigentum stehenden Bauwerken und Anlagen (einschließlich der unterirdischen Fundamente bzw. Kellermauern und -fußböden) ... restlos ober- und unterirdisch auf seine Kosten und - soweit nicht die Bestimmungen in Nr. 20 Anwendung finden - ohne Entschädigung freizumachen ...

21.2   

Die vorstehende Räumungsverpflichtung des Mieters gilt auch für den

Fall der ... vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses."

16

Zwischenzeitlich entworfene AVB-HI 2010 hatte die HPA zum Zeitpunkt des Entwurfs der 9. Nachschrift zum Mietvertrag bereits wieder zurückgezogen (vgl. Rechnungshof, Gutachtliche Äußerung "Entschädigungsleistungen für die Freimachung von Hafenflächen", Internet).

17

Ziffer 6 der von der HPA entworfenen 9. Nachschrift zum Mietvertrag enthält u. a. folgende Ergänzungen zu den AVB-HI 2002:
"...6.2 Zu Ziffer 2.3 AVB-HI - Veränderung der Miete bei Verträgen mit fester Laufzeit -

18

Ziffer 2.3 AVB-HI wird gestrichen und wie folgt ersetzt:
Die Miete verändert sich vom 01.01.2033 an jeweils nach Ablauf von einem Jahr um den Prozentsatz, um den sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex für Deutschland gegenüber dem Stand des Vorjahres verändert hat.

19

Alle Änderungen der Miete auf Basis des Verbraucherpreisindexes für Deutschland erfolgen unmittelbar und selbständig, ohne dass es hierzu weiterer Erklärungen oder Rechtshandlungen der Vertragsparteien bedarf.
Maßgeblich für die Anpassung der Miete ist einerseits der Indexstand für den Monat, mit dessen Ablauf die Mietfestsetzung ein Jahr gültig ist. Somit erfolgt die erste Anpassung mit dem Unterschied der Verbraucherpreisindices der Monate Dezember 2031 und Dezember 2032.
6.8          Zu Nr. 19 - Kündigung -
Die Nr. 19 wird um folgende Nr. 19.4 ergänzt:
Für den Fall, dass der Mieter seinen Geschäftsbetrieb ganz oder teilweise
-     aufgibt oder
-     verlagert,
hat er ein außerordentliches Kündigungsrecht, das mit einer Frist von 12 Monaten ... ausgeübt werden kann. Eine Entschädigung (Nr. 20 AVB-HI) wird nicht gewährt. Bei einer Anschlussverwertung des Mietobjekts wird die Vermieterin die Interessen des Mieters bezüglich eines möglichen Verkaufs seiner Gebäude und Anlagen berücksichtigen, soweit dies nicht ihren eigenen zuwider läuft.

20

Alternativ zur Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts kann der Mieter der Vermieterin einen Nachfolgemieter vorschlagen. Diesen kann die Vermieterin nur aus wichtigem Grund ablehnen. Als wichtige Gründe gelten:
-     die Unvereinbarkeit der vom Nachfolgemieter beabsichtigten Nutzung mit den Bestimmungen des Hafenentwicklungsgesetzes
-     mangelnde Bonität des Nachfolgers oder berechtigte Zweifel an seiner Fähigkeit, seiner Verpflichtung zur Mietzahlung bis zum Vertragsende und / oder seiner Räumungsverpflichtung (Ziffer 21 AVB-HI) nachzukommen.
6.9     Ergänzung zu Nr. 20 - Entschädigungsregelung bei außerordentlicher Kündigung und Nichtverlängerung eines langfristigen Vertrages -
Die Vertragspartner verständigen sich bis spätestens zwei Jahre vor Ablauf des in Ziffer 2 dieser Niederschrift festgelegten Vertragszeitraums, ob eine Verlängerung erfolgen soll.

21

Endet das Vertragsverhältnis aus Gründen, die die Vermieterin zu vertreten hat, mit Ablauf des Vertragszeitraums, erhält der Mieter eine Entschädigung. Diese wird durch die Vermieterin oder den Nachfolgemieter geleistet. Vermieterin, Mieter und ggf. Nachfolgemieter verständigen sich bis spätestens ein Jahr vor Ablauf des Vertragszeitraumes über die Gebäude und Anlagen, die auf dem Mietobjekt verbleiben können und daher von der Räumungsverpflichtung nach Nr. 21 AVB-HI nicht erfasst sein sollen. Für diese Gebäude zahlt der Entschädigungsverpflichtete eine Entschädigung unter Gegenrechnung der entfallenden Räumungskosten. ..."

22

Mit Email vom 21. Dezember 2012 schrieb der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA an den Verhandlungspartner der Klägerin, das heißt an deren zweiten Geschäftsführer:
"Leider ist es mir nicht mehr gelungen, Sie in diesem Jahr telefonisch zu erreichen. Nachdem wir in den letzten Tagen zwischenzeitlich wirklich kurz das Gefühl hatten, dass wir uns geeinigt hätten und wir nun endlich das leidige Thema zum Abschluss bringen können, wurde dies nun nach mehreren Tagen des vergeblichen Wartens arg enttäuscht. Ich finde es wirklich langsam unerträglich, diesen Prozess ungesteuert weiter vor sich hin "eiern" zu lassen, und bitte Sie, mir im Januar möglichst in der 1. oder 2. Woche ein klares Signal zu geben, was Sie jetzt zu tun gedenken.

23

Da mir bewusst ist, dass Sie das gleiche Ziel verfolgen, gehe ich davon aus, im Januar etwas von Ihnen zu hören. Alles andere als eine zustimmende Botschaft wäre für mich eine schwer zu verstehende Situation. Ehrlich gesagt würde ich dann nicht mehr davon ausgehen, dass wir zu einem einvernehmlichen Ergebnis kommen können. ..."

24

Am 28. Dezember 2012 unterschrieb der Gesellschafter.

25

Mit erneuter Email vom 3. Januar 2013 schrieb der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA an den zweiten Geschäftsführer der Klägerin:
"... Ich habe heute die Vertragsnachschriften vorgefunden und möchte damit die ... geschriebene Mail vorbehaltlos zurückziehen und mich entschuldigen. Hat sich offensichtlich überschnitten ..."

26

Seitens der HPA erhielt die 9. Nachschrift zum Mietvertrag die Unterschrift des Leiters Finanzen und Steuern sowie eine weitere mit Datum 7. Januar 2013.

27

III. Mieten-Entwicklung im Hafen

28

Nach der Verlängerung des Mietvertrags der Klägerin mit der HPA durch die 9. Nachschrift heißt es in der Schriftlichen Kleinen Anfrage eines Bürgerschafts-Abgeordneten und in der Antwort des Senats vom 27. Mai 2016 wie folgt (Bü-Drs. 21/4527 S. 2):
"...4. Welches Mietniveau/Verpachtungsniveau wurde 2011 - 2016 jeweils durch Neuabschlüsse der HPA erreicht?
Die Abschlüsse des erfragten Zeitraums für unbebaute Hafengrundstücke liegen in der Regel zwischen 6 und 8 Euro/m2 und Jahr. ..."

29

IV. Verwaltungsverfahren

30

1. Über den allein streitigen Einheitswert auf den 1. Januar 2013 für die Gebäude der Klägerin auf dem gemieteten Hafengrundstück erließ das beklagte Finanzamt (FA) ursprünglich unter Nachprüfungsvorbehalt einen Wertfortschreibungs-Bescheid am 3. August 2012. Darin passte das FA wie in den Vorjahren bei den verschiedenen Bauteilen die Abschläge wegen Verpflichtung zum vorzeitigen Abbruch (§ 94 Abs. 3 Satz 3 BewG) an die kürzer werdende Restlaufzeit des Mietvertrags an, nunmehr noch von 2013 bis 2017 (vgl. Verlängerung des Mietvertrags ab 1987 bis 2017 mit 5. Nachschrift). Dabei verringerte sich der festgestellte Einheitswert von ... DM bzw. ... Euro auf ... DM bzw. ... Euro. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten, sondern bestandskräftig.

31

2. Nach Mitteilung der HPA an das FA vom 9. Januar 2013 über die Verlängerung des Mietvertrags mit der Klägerin bis 2042 setzte das FA den Einheitswert unter Aufrechterhaltung des Nachprüfungsvorbehalts mit Änderungsbescheid vom 23. Januar 2013 auf ... DM bzw. ... Euro herauf. Dabei berechnete das FA die Abbruchabschläge neu anhand der Restlaufzeit des Mietvertrags mit 29 Jahren bis 2042. Auch dieser Bescheid wurde nicht angefochten, sondern bestandskräftig.

32

3. Nach Anforderung des vollständigen aktuellen Vertragsinhalts seitens des FA und Übersendung durch die Klägerin im Juni 2014 kam das FA zu der Auffassung, dass aufgrund des am 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 geänderten Vertrags die Abbruchverpflichtung für den vom Mieter nicht beeinflussbaren Fall der Vertragsbeendigung durch den Vermieter eingeschränkt sei. Danach bestehe keine unabdingbare Abbruchverpflichtung mehr).

33

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 setzte das FA den Einheitswert unter Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts auf ... DM bzw. ... Euro herauf, indem es mit Hinweis auf den geänderten Vertrag keine Abschläge wegen Abbruchverpflichtung mehr berücksichtigte. Der Bescheid enthielt - wie die vorgenannten Bescheide - den Vermerk, dass die Feststellung des Einheitswerts gemäß § 165 Abs. 1 Nr. 3 AO vorläufig ist hinsichtlich der Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens verfassungsgemäß sind. Am selben Tag ergingen entsprechende Bescheide betreffend Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer.

34

4. Gegen den letzten Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 und die gleichzeitigen Bescheide über Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer 2013 legte die Klägerin am 14. August 2014 Einspruch ein, den sie am 11. September 2014 weiter begründete. Alleinige Beschwer sei die Nichtberücksichtigung der Abschläge wegen vertraglicher Abbruchverpflichtung. Die Bauwerke seien gemäß Nr. 4.4 AVB-HI 2002 nur vorübergehend i. S. v. § 95 BGB zur Nutzung während der Mietzeit mit dem Mietgrundstück verbunden. Die Räumungs- bzw. Abbruchverpflichtung gemäß Nr. 20-21 AVB-HI 2002 werde nicht berührt durch die in Ziffer 6.9 der Nachschrift vom 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 enthaltene Ergänzung zu Nr. 20 AVH-HI 2002 betreffend eine Verständigung über eine Verlängerung trotz fehlender Option der Klägerin.

35

5. Das FA führte unter dem 18. August 2014 aus, dass eine mittels Abschlag zu berücksichtigende Abbruchverpflichtung eindeutig und unabdingbar sein müsse, so dass dem Mieter bei Vertragsablauf keine Wahl bleibe. Nach der gemäß Ergänzung des Vertrags durch Ziffer 6.9 möglichen Einigung der Vertragsparteien über den Gebäude-Verbleib bestehe keine unabdingbare Abbruchverpflichtung.

36

6. Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück: Gegen Abbruchabschläge spreche gemäß Abschn. 50 Abs. 3 BewRGr zu § 94 BewG eine Unsicherheit des Abbruchs, nachdem der Vertrag bereits verlängert worden sei. Die Abbruchverpflichtung stehe auch nicht (mehr) unabdingbar fest; weil nach der Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002 bei vom Vermieter zu vertretender Vertragsbeendigung eine Verständigung über den Gebäudeverbleib anstelle der entschädigungslosen Räumungsverpflichtung gemäß Nr. 21.1 AVB-HI 2002 möglich sei. Eine Option des Mieters sei dafür nicht erforderlich. Die Feststellung des Einheitswerts im Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid sei für die Bescheide über Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer als Folgebescheide bindend.

37

Das FA übersandte die auf (Montag) den 20. Oktober 2014 vordatierte Einspruchsentscheidung an die die Klägerin vertretende Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und versah den vorgedruckten Absende-Vermerk
"Die Ausfertigungen werden abgesandt am:
mit einfachem Brief (Tag der Aufgabe zur Post = Datum des Schreibens)"
mit Datumstempel-Aufdruck "17.10.2014" und Namenszeichen.

38

V. Streitstand

39

1. Nach Eingang der Klage am Freitag 21. November 2014 trägt die Klägerin zur Begründung vor:
Die Verpflichtung zum Abbruch der von ihr, der Klägerin, auf dem gemieteten Hafengrundstück errichteten Gebäude bei Vertragsablauf sei auch nach den AVB-HI 2002 und deren Ergänzungen durch die 9. Nachschrift zum Mietvertrag vom 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 unverändert durch Abschläge gemäß § 94 Abs. 3 HS. 1 BewG zu berücksichtigen.

40

a) Die Mieter-Verpflichtung zum Gebäudeabbruch und zur Grundstücksräumung ohne Entschädigung bei Vertragsbeendigung sei "eindeutig und unbedingt" im Sinne der Rechtsprechung zu § 94 BewG; und zwar wie bereits nach der gesetzlichen Räumungs- und Rückgabeverpflichtung, zusätzlich gemäß ausdrücklicher vertraglicher Regelung in Nr. 21.1 AVB-HI 2002. Insbesondere sei dem Mieter im Vertrag oder in den AVB-HI 2002 keine Option, d. h. kein Wahlrecht zur Vertragsverlängerung eingeräumt. Die sich auf eine mieterseitige Verlängerungsmöglichkeit beziehende, vom FA angeführte Rechtsprechung sei daher nicht einschlägig. Insbesondere folge keine mieterseitige Abdingbarkeit der Räumungs- und Abbruchverpflichtung aus den vom FA angeführten vertraglichen Ausnahmeregelungen für die gemäß Nr. 20.1 AVB-HI 2002 entschädigungspflichtigen Fälle der vermieterseitigen außerordentlichen Kündigung durch die HPA oder Nichtverlängerung des Mietvertrags durch die HPA aus den in Nr. 19.2.1 AVB-HI 2002 genannten Gründen, von Belangen der Hafenentwicklung bis zu Zwecken des Gemeinbedarfs).

41

Geregelt sei damit nur die Erfüllung von in Ausnahmefällen nach BGB in Betracht zu ziehenden Ersatzansprüchen durch Mittel der öffentlichen Hand oder eines insoweit begünstigten Nachmieters gemäß Nr. 20.1 AVB-HI 2002 und der Nr. 20 ergänzenden Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift.

42

Auszugehen sei von dem normalerweise zu erwartenden Verlauf des Mietvertrags bis zum vertragsgemäßen Ablauf mit Abbruchverpflichtung ohne Entschädigung. Im Normalfall der Vertragsbeendigung durch Zeitablauf könne die Stadt einseitig über das Grundstück verfügen. In diesem Fall habe es der Mieter nicht in der Hand, ob die Gebäude abzureißen seien oder nicht, sondern bestehe für sie, die Klägerin, die vertragliche und konkrete Verpflichtung zum Abriss der Gebäude.

43

Gleichermaßen stehe diese Situation im Blickfeld der Banken und sei in der Praxis die Finanzierung mieterseitiger Gebäude mangels Investitionssicherheit problematisch. Der bewertungsrechtliche Abschlag wegen Abbruchverpflichtung setze im Übrigen nicht voraus, dass der Abbruch bald bevorstehe. Der Zeitpunkt der Räumungsverpflichtung schlage sich vielmehr in der Höhe des Abschlags nieder; nämlich nach dem Verhältnis des tatsächlichen Alters des Gebäudes zur verkürzten Gesamtlebensdauer.

44

b) Es sei auch nicht i. S. v. § 94 Abs. 3 HS. 2 BewG "vorauszusehen", dass es trotz der Abbruch- und Räumungs-Verpflichtung nicht zum Abriss komme.

45

Während durch die - vom FA angeführten - vermieterseitig in Ausnahmefällen möglichen Gestaltungen die Abbruchverpflichtung nicht mieterseitig abdingbar werde ließen diese Ausnahme-Möglichkeiten auch keinen Nichtabriss voraussehen. Davon abgesehen bedürfe es für die Voraussicht des Nichtabbruchs im Feststellungszeitpunkt einer "konkreten" Voraussehbarkeit gemäß der BFH-Rechtsprechung und entgegen der Verwaltungsauffassung in Abschn. 50 Abs. 3 letzter Satz BewRGr. Eine bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit genüge nicht, wie zuletzt auch vom FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14 (Juris) ausgeführt.

46

Dagegen sei hier umgekehrt das vertragsgemäße Abbruchszenario überwiegend wahrscheinlich. Dass die Vermieterin auf vereinbarten Abbruchverpflichtungen bestehe und die entschädigungslose Räumung durchsetze, habe die Stadt schon ihr, der Klägerin, gegenüber bei ihrem wachstumsbedingten Auszug von ihrem weiteren früheren Hafen-Standort in 1989 bewiesen. Grundsätzlich spreche mieterseitig die Unverkäuflichkeit eines Grundstücks dafür, dass der Vermieter sich die Möglichkeit einer anderen Nutzung offenhalte.

47

c) Insbesondere unterscheide sich der Streitfall von den seitens des FA angeführten BFH-Urteilen zur Voraussehbarkeit eines Nichtabbruchs nach stillschweigenden Verlängerungen; an solchen fehle es hier. Im Übrigen seien "stillschweigende Verlängerungen" hier sogar ausdrücklich gemäß Nr. 19.3 AVB-HI 2002 ausgeschlossen.

48

d) Dass zum Zeitpunkt des Auslaufens von befristeten Mietverträgen ohne Option bzw. ohne Wahlrecht des Mieters eine Verlängerung beiderseits vereinbart werden könne, führe nicht zur Voraussehbarkeit einer solchen Vereinbarung oder eines Nichtabbruchs der Gebäude.

49

Eine dergestalt nicht absehbare Vereinbarung sei weder mit einer stillschweigenden Verlängerung des Vertrags noch mit einem Mieterwahlrecht vergleichbar. Insbesondere liege eine solche Verlängerungs-Vereinbarung aus Sicht des Mieters schon nicht in seiner Hand oder Disposition; erst recht handele es sich nicht um einen Automatismus. Vielmehr erfordere eine Verlängerungs-Vereinbarung rechtzeitig weit vor Vertragsende einzuleitende, lange und harte beiderseitige Verhandlungen, wie hier zuletzt die 4 Jahre langen Bemühungen - einschließlich verschiedener, von der Klägerin nicht akzeptierter Entwürfe - vor der 9. Nachschrift gezeigt hätten. Ausgehend von einer Miete von ... DM/qm p. a. sei eine Einigung erst in mehrfacher Höhe zustande gekommen.

50

Während es früher der Stadt bei den Mieten für die Hafengrundstücke in erster Linie um Wirtschaftsförderung gegangen sei, vermiete jetzt die als AöR verselbständigte HPA ertragsorientiert. Zumindest bemühe sie sich, das Beihilfeverbot gemäß Art. 107 AEUV zu beachten und durch drastische Mieterhöhungen ihre laufenden Verluste zu verringern.

51

Sie, die Klägerin, beziehe sich auf die Erklärung des im Ortstermin als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass der Fall der Nichtverlängerung des Mietvertrags und der mieterseitigen Abrissverpflichtung durchaus praxisrelevant sei. Ferner sei nie auszuschließen, dass ein Vermieter zu einer Vertragsverlängerung nicht bereit sein werde, weil er - möglicherweise nicht offengelegte - andere Zwecke oder Interessen verfolge oder anderweitig disponieren wolle. Dann könne er eine mieterseitig gewünschte Vertragsverlängerung mittels besonders hoher Mietforderungen vermeiden. Fraglich sei beispielsweise, wie die Stadt sich verhalten werde, wenn bei Vertragsablauf die bis dahin wirtschaftlich gewichtigere Volksrepublik China ein Grundstück im Hafen haben wolle. Sofern die Stadt eine für sie vorteilhaftere Nutzung bei Vertragsende habe, werde sie diese nach Möglichkeit durchsetzen, wie auch als Vermieterin in der Hafencity.

52

e) Nicht absehbar sei eine Verlängerung des Mietvertrags zugleich vor dem Hintergrund zum einen der mieterseitig nicht abschätzbaren Entwicklungen von Standort-Kosten und zum anderen des Wettbewerbs auf dem für die eigenen Produkte maßgeblichen Markt.

53

Wie bei Errichtung eines neuen Werks durch einen Wettbewerber im Osten der Metropolregion Hamburg der dortige Grundstückskaufpreis gezeigt habe, habe dieser pro Quadratmeter nur rund das Doppelte ihrer, der Klägerin, jetzigen Jahresmiete betragen. Im Übrigen sei eine Vereinbarung über eine Verlängerung des für 2013 bis 2042 ausgehandelten Mietvertrags ab 2042 auch deswegen nicht voraussehbar, weil bisher für die noch nicht kalkulierbare Zeit danach nicht absehbar sei, ob der Betrieb dann noch wirtschaftlich fortgeführt werden könne oder welche anderen Gründe entgegenstünden. Inzwischen biete das Grundstück schon nicht mehr genügend Platz, wie die anderweitige Lagerung der Fertigwaren zeige. Bei weiterer Expansion sei immer offen, ob der Betrieb wegziehen müsse. Aufgrund der nachbarschaftlichen Situation an der Elbe mit beiderseits besetzten Grundstücken bestehe keine Möglichkeit zur Erweiterung.

54

f) Eine Übertragung des Mietvertrags oder der Gebäude auf einen Nachmieter - entgegen der Nr. 17 AVB-HI 2002 ergänzenden Ziffer 6.6 der 9. Nachschrift - durch allseitige Vereinbarung sei ebenso wenig voraussehbar wie ein Nichtabbruch aufgrund eigener Vertragsverlängerung.

55

Im Übrigen sei die zum Stichtag zu bewertende spezielle Bebauung des Grundstücks weder für einen Nachmieter noch für die Vermieterin verwendbar. Bei den wesentlichen Gebäuden mit dem wirtschaftlichen Wert, anders als beim Eingangsbereich an der Schranke und bei den Pavillons, handele es sich nämlich - wie besichtigt - um Spezialgebäude für die vorliegende ganz bestimmte Produktion. Einen zweiten Betrieb dieser Art gebe es nicht. Im Unterschied zum entschiedenen Fall aus Bremen betreffend nur Büro- und Lagergebäude (BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449) seien die hiesigen Produktionsgebäude noch weniger wahrscheinlich für irgendjemanden von Interesse. Deshalb werde die HPA bei Nichteinigung über eine Verlängerung des Mietvertrags oder über die dafür zu erwartende Mieterhöhung auf ihrer, der Klägerin, Abrissverpflichtung bestehen und werde sie, die Klägerin, die Produktionsgebäude, die Läger und Mischstation mit Sicherheit abreißen lassen.

56

Sie, die Klägerin, beziehe sich im Übrigen auf die weitere Erklärung des im Ortstermin als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass bei Nichtverlängerung des Mietvertrags wegen anderen Interesses der HPA in der Praxis eine Weiterverwendung der Gebäude nicht vorkomme oder so gut wie ausgeschlossen sei.

57

g) Die Möglichkeit eines früheren Zeitpunkts einer mieterseitigen außerordentlichen Kündigung wegen Aufgabe oder Verlagerung des Geschäftsbetriebs gemäß der durch Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift zu den AVB-HI 2002 ergänzten Nr. 19.4 mit der deshalb früheren Abbruchverpflichtung sei für sie, die Klägerin, weniger relevant.

58

Bis zum Ablauf der nach der 9. Nachschrift feststehenden Vertragsdauer könne sie, die Klägerin, nämlich die wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Entscheidungen selbst planen und letztere dementsprechend treffen, wie etwa bei Abwägung der Nutzung der Gebäude vor dem wirtschaftlichen Verbrauch. Genauer gesagt sei durch die am 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 unterzeichnete Verlängerung deren Ungewissheit entfallen und habe sie, die Klägerin, danach aufgrund der bis 2042 gewonnenen Planungssicherheit in Anbetracht des hohen Schutzbedürfnisses für Mitarbeiter und Arbeitsplätze die Flutschutz-Polderwand bauen lassen und wegen der Mietsituation im städtischen Gebäude in der Hafencity den Verwaltungsneubau errichten lassen.

59

h) Die kaufmännische Einstellung der HPA werde auch deutlich durch deren Regelungen über die mieterseitig zu tragenden Abriss- und Räumungskosten, die wirtschaftlich zum mieterseitigen Wertverlust der Gebäude hinzukommen. Selbst die vom FA angeführte Gebäudewert-Entschädigung in den Ausnahmefällen vermieterseitiger Gestaltungen umfasse ausdrücklich in keinem Fall die aufgrund der vertraglichen Räumungsverpflichtung mieterseitig zu tragenden Abrisskosten, die dann nämlich, unabhängig vom tatsächlichen Abbruch, gegenzurechnen seien nach Nr. 21.3 AVB-HI 2002 und der Nr. 20 ergänzenden Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift. Dazu beziehe sie, die Klägerin, sich ergänzend auf die Bestätigung des als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass im Fall einer Entschädigung an den Mieter die Räumungskosten bei Nichtabriss von der Entschädigung abzuziehen seien.

60

i) Sie, die Klägerin, habe die Abrissverpflichtung auch in der Handelsbilanz gemäß Gutachten berücksichtigt.

61

j) Abgesehen von der Nichtanfechtung des ersten Einheitswert-Änderungsbescheids 2013 vom 23. Januar 2013 mit der Reduzierung der Abbruchabschläge gemäß der neuen Vertragslaufzeit bis 2042 und nach verschiedenem Vorbringen sowie betragsmäßiger Abbruchabschläge-Abstimmung mit dem FA sei sie, die Klägerin, im Übrigen der Meinung, dass gleichwohl die Vertrags-Verlängerung erst nach Gegenzeichnung durch die HPA vom 7. Januar 2013 in Kraft getreten sei; mithin nach dem Bewertungsstichtag 1. Januar 2013.

62

Wenngleich die 9. Nachschrift von der HPA entworfen worden sei, habe letztere das Dokument nach Unterschrift durch ihren, der Klägerin, Geschäftsführer vom 28. Dezember 2012 nach dem 1. Januar 2013 zumindest noch auf eventuell von ihr, der Klägerin, vorgenommene Änderungen prüfen müssen. Selbst wenn der Entwurf der HPA als Angebot angesehen werde, sei deren Bindung daraus bis zu ihrer, der Klägerin, Unterschrift zu bezweifeln. Vielmehr hätte sie, die Klägerin, - nach Erinnerung ihres Verhandlungsführers und zweiten Geschäftsführers - vor einer von der HPA bis Weihnachten gesetzten Deadline unterzeichnen müssen. Bei der HPA sei eine "Verärgerung dritten Grades"

63

Zu Grunde zu legen seien vor der Gegenzeichnung die Vertragsbedingungen nach dem Stand vor der 9. Nachschrift; mit anderen Worten weder Änderungen in der 9. Nachschrift noch Änderungen in den AVB-HI 2002, aus denen das FA die Erhöhung des Einheitswerts herleiten wolle.

64

2. Die Klägerin stellt ihre zunächst unter Anführung sowohl des letzten Einheitswert-Grundlagenbescheids als auch der Folgebescheide ohne ausdrücklichen Klageantrag erhobene Klage wie folgt klar durch ausdrücklich nur gegen den letzten Einheitswertbescheid gerichteten Klageantrag.

65

Die Klägerin beantragt,
den (letzten) Einheitswert-Änderungsbescheid auf den 01.01.2013 vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 aufzuheben.

66

Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.

67

3. Das FA trägt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung ergänzend vor:
Die zu unterscheidenden beiden Voraussetzungen für einen Abbruchabschlag gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 und HS 2 BewG seien nach der Vertragslage zum Stichtag 1. Januar 2013 nicht mehr gegeben; nämlich erstens (HS 1), dass eine Abbruchverpflichtung bestehe, und zweitens (HS 2), dass ein Unterbleiben des vereinbarten Abbruchs nicht vorauszusehen sei.

68

a) Mit der ersten Voraussetzung, dass eine Abbruchverpflichtung bestehe, sei eine eindeutige und unabdingbare Räumungs- und Abbruchverpflichtung gemeint. Eindeutig und unabdingbar sei eine Abbruchverpflichtung nur, wenn dem Mieter bei Vertragsablauf keine Wahl bleibe oder wenn bei einem Wahlrecht des Vermieters der Mieter keinen Einfluss auf die Entscheidung des Vermieters habe, ob die vertragliche Abbruchverpflichtung zu erfüllen sei. Um keine solche unabdingbare Abbruchverpflichtung handele es sich bei einer vertraglichen Gestaltung, die Zweifel am Bestehen einer solchen Verpflichtung aufkommen lasse, die die Verpflichtung einschränke oder die es dem Mieter freistelle, das Gebäude abzubrechen oder stehen zu lassen.

69

Der Fall, dass ein Mieter allein mit der Abbruchverpflichtung belastet bleibe, sei zu unterscheiden von dem Fall einer Verkehrswertentschädigung für den Mieter bei Vertragsbeendigung, auch wenn dabei entfallende Abrisskosten möglicherweise bei der Berechnung der Entschädigung abzuziehen seien.

70

Die Abbruchverpflichtung gemäß Ziffer 21.1 AVB-HI 2002 sei nicht unbedingt, sondern eingeschränkt. Die Vermieterin HPA habe nicht die alleinige Entscheidungsgewalt, ob die Abbruchverpflichtung zum Tragen komme. Möglich seien - wie nachstehend  aufgezeigt - verschiedene Wege für den Mieter, bei Vertragsbeendigung einer Abbruchverpflichtung zu entgehen; er habe maßgeblichen Einfluss auf die Frage der Durchsetzung der Abbruchverpflichtung. Jede Variante, in der eine Abbruchverpflichtung zum Tragen komme, liege zumindest auch im Verantwortungsbereich des Mieters und nicht in der alleinigen Entscheidungsbefugnis der das Grundstück vermietenden HPA. Insofern unterscheide sich die vorliegende Situation von dem durch den BFH entschiedenen Fall aus dem städtischen Hafengebiet Bremen. Dort habe der Mieter keinen Einfluss auf das Entstehen der Abbruchverpflichtung gehabt. Bei Beendigung des dortigen Erbbaurechtsverhältnisses habe es im Ermessen des Vermieters gestanden, ob er die Baulichkeiten ohne Entschädigung übernehme oder auf der Abbruchverpflichtung bestehe (BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449).

71

Die Abbruchverpflichtung sei insoweit nicht eindeutig und unabdingbar, als der Mieter sich ihr bei eigener außerordentlicher Kündigung wegen Geschäftsaufgabe oder Verlagerung durch Stellung eines Nachmieters entziehen könne und die HPA die Mieterinteressen berücksichtige, soweit diese nicht ihren eigenen zuwiderliefen, Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19 AVB-HI 2002. Die Abbruchverpflichtung sei außerdem nicht eindeutig und unabdingbar, soweit bei einer außerordentlichen Kündigung seitens der HPA aus einem von ihr zu vertretenden Grund nach Nr. 19.2 AVB-HI 2002 dem Mieter eine Entschädigung gemäß Nr. 20 AVB-HI 2002 zustehe und er eine um die Abbruch- und Räumungskosten verringerte Entschädigung wählen könne; wie in der mündlichen amtlichen Auskunft des Leiters Finanzen und Immobilien der HPA bestätigt. Insoweit sei auch eine Einigung mit dem Nachmieter über einen etwaigen Gebäudeverbleib denkbar nach Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002.

72

Die Abbruchverpflichtung sei außerdem nicht eindeutig und unabdingbar, soweit bei Nichtverlängerung des Vertrags aus den von der HPA zu vertretenden Gründen der Mieter eine Entschädigung wie bei außerordentlicher Kündigung durch die HPA erhalte. Ein Jahr vor Vertragsablauf sei eine Verständigung der Vertragsparteien und gegebenenfalls eines Nachmieters über einen möglichen Gebäudeverbleib mit einer um die ersparten Abrisskosten verringerten Entschädigung vorgesehen gemäß Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002.

73

Allein wenn die Nichtverlängerung des Mietvertrags nicht von der HPA aus den Gründen nach Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002 zu vertreten und deshalb nicht entschädigungspflichtig sei, bestehe zwar grundsätzlich die Abbruchverpflichtung. Wenn die Nichtverlängerung nicht von der Vermieterin zu vertreten sei, könne es sich allerdings nur um Fälle handeln, in denen der Mieter grundsätzlich Einfluss auf eine Verlängerung habe und die Nichtverlängerung maßgeblich durch seine Abwägung und Entscheidung verursacht sei. Im Übrigen werde vorher darüber verhandelt und irgendwie eine Einigung angestrebt, wie der als amtliche Auskunftsperson gehörte Leiter Finanzen und Immobilien der HPA erklärt habe. Dementsprechend komme die Abbruchverpflichtung nicht zwangsläufig zum Tragen. Davon abgesehen könne sich der Mieter seiner Abbruchverpflichtung durch Stellung eines Nachmieters entziehen.

74

b) Selbst wenn die Abbruchverpflichtung nicht wie vorgetragen abbedungen werden könne, sei hier der Nichtabbruch zumindest voraussehbar.

75

Nach Verwaltungsauffassung in Abschn. 50 Abs. 3 letzter Satz BewRGr sei der Nichtabbruch i. S. v. § 94 Abs. 3 HS 2 voraussehbar, wenn der Vertrag bereits einmal verlängert worden sei und anzunehmen sei, dass er auch in Zukunft verlängert werde, ohne dass Gründe tatsächlicher Art für eine bevorstehende Beendigung des Pachtvertrags sprächen. Auch die Rechtsprechung sehe insbesondere in den Fällen bereits langlaufender und trotz mehrfacher Beendigungsmöglichkeit  langfristig verlängerter Mietverträge eine mehr als nur gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Abbruchverpflichtung nicht realisiert werde oder zumindest nicht innerhalb der üblichen Lebensdauer i. S. v. § 86 Abs. 3 BewG, wie der BFH wiederholt entschieden habe (Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61). Insoweit mache es im Ergebnis keinen Unterschied, ob - wie in den entschiedenen Fällen - der Vertrag sich stillschweigend verlängere oder ob wie hier eine zusätzliche Vereinbarung erforderlich sei. Die aktive Verlängerung stelle sogar ein deutliches "Mehr" bzw. stärkeres Indiz dafür dar, dass sich die Abbruchverpflichtung nicht realisiere. So seien die Vertragsparteien bei jeder Verlängerung gezwungen gewesen, aktiv zu werden; sie hätten jeweils rechtzeitig wieder neu zusammenfinden, ihre Position überdenken und Anpassungen und Änderungen vereinbaren müssen.

76

Bei den letzten Verhandlungen dokumentiere die Einigung nach der zunächst sehr weiten Differenz zwischen jährlich ... Euro und ... Euro/qm und trotz des alternativ möglichen Grundstückskaufs für ... Euro/qm im benachbarten Bundesland in besonderer Weise den Verlängerungswillen. Hierin sei ein weiteres Indiz dafür zu sehen, dass eine Realisierung der Abbruchverpflichtung unwahrscheinlich erscheine. Überdies sei der vorliegende Vertrag sogar schon zum dritten Mal und jeweils langfristig verlängert worden, nämlich ab 1977, ab 1987 und mit der 9. Nachschrift. Dementsprechend habe hier schon bisher die Gefahr des Abbruchs nie ernsthaft bestanden. Über die vorgenannten vom BFH entschiedenen Fälle mit 25 bzw. 55 Jahren Vertragslaufzeit hinaus erstrecke sich hier der Vertrag von 1968 mit zusammen 64 Jahren Verlängerungen bis 2042 auf 74 Jahre. In Relation dazu zeige die übliche Lebensdauer der Gebäude, dass ein Abbruch mehr als unwahrscheinlich sei. Davon abgesehen habe sich in der jetzigen Praxis der HPA seit Umstellung der Verhandlungen das Risiko der (entschädigungslosen) Nichtverlängerung noch nicht realisiert, sondern habe es, wie der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA im Ortstermin berichtet habe, in allen Fällen des Vertragsauslaufs eine Verlängerung gegeben, soweit die HPA das Gelände nicht anderweitig gebraucht habe. Wenn dagegen die Klägerin ernsthaft mit einem Abbruch gerechnet haben sollte, hätte sie nicht die neueren Baumaßnahmen ergriffen wie Erweiterung des bisherigen Verwaltungsgebäudes in 2009, Überdachung der Verladerampe der Mischstation in 2011, Neubau des sechsgeschossigen Verwaltungsgebäudes.

...

Entscheidungsgründe

77
Nach Bestandskraft der vorangegangenen Einheitswertbescheide auf den Bewertungsstichtag 1. Januar 2013 vom 3. August 2012 betreffend Mietvertrags-Restlaufzeit bis 2017 und vom 23. Januar 2013 betreffend Mietvertrags-Restlaufzeit bis 2042 ist Verfahrensgegenstand gemäß klarstellendem Klageantrag nur noch der Einheitswert-Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014.

78

Die Klage ist zulässig (I) und begründet (II).

79

I. Zulässig ist die am Freitag 21. November 2014 eingegangene Klage insbesondere hinsichtlich der einmonatigen Klagefrist gemäß § 47 FGO nach Bekanntgabe der auf den 20. Oktober 2014 vordatierten Einspruchsentscheidung mit unklarem Vermerk über die Aufgabe zur Post.

80

1. Nach der detaillierten und durch das FA nicht bezweifelten Darlegung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin geht der Senat aus vom dortigen Eingang der Einspruchsentscheidung am Dienstag 21. Oktober 2014 und dementsprechend von der Aufgabe zur Post am Vortag, das heißt am Tag des Bescheid-Datums Montag 20. Oktober 2014 als Beginn des Dreitage-Zeitraums für die Bekanntgabe gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, so dass die einmonatige Klagefrist erst mit Ablauf des Donnerstags 23. Oktober 2014 begann.

81

2. Im Übrigen wird bei einer Abweichung zwischen dem Absendevermerk-Datum und dem Bescheid-Datum - wie hier - nach überwiegender Auffassung das zeitlich jüngere (m. a. W. spätere) Datum für den Tag der Aufgabe zur Post und damit für den Beginn des Dreitage-Zeitraums und für die danach anschließende Klagefrist zugrunde gelegt (FG Nürnberg, Urteil vom 27.04.1978 III 156/76, EFG 1978, 575; Güroff in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 122 AO Rz. 38.2; Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rz. 370; Fritsch in Koenig, AO, 3. Aufl., § 122 Rz. 6; Frotscher in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 122 AO Rz. 116; Seybold, DStR 1982, 275, 277; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 122 AO Rz. 50).

82

3. Davon abgesehen wäre nach Klageeingang von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO zu gewähren, weil der Empfänger darauf vertrauen darf, dass nach der Verwaltungspraxis Einspruchsentscheidungen wie andere Bescheide grundsätzlich nicht vor dem angegebenen Bescheid-Datum zur Post gegeben werden, und weil die Umstände einer widersprüchlichen Vordatierung - hier des Postaufgabevermerks - nicht vom Empfänger verschuldet sind, sondern im Bereich des FA liegen (vgl. BFH, Urteil vom 20.11.2008 III R 66/07, BFHE 223, BStBl II 2009, 185, Juris Rz. 26 f., 30; DStR 2009, 103 m. Anm. Gr; OFD Frankfurt a.M. Verfügung vom 29.10.2014 Ziff. 3.8; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 110 AO Rz. 14; Bauhaus, AO-StB 2009, 67 unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG; Güroff in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 122 AO Rz. 33; Dürr, JurisPR-SteuerR 10/2009 Anm. 1; Görke, BFH/PR 2009, 162; Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rz. 370).

83

4. Ansonsten ginge eine mangelnde Feststellbarkeit des Datums der Postaufgabe und damit des Dreitagezeitraums zu Lasten des FA (BFH, Urteil vom 09.12.2009 II R 52/07, BFH/NV 2010, 824, Juris Rz. 31 m. w. N.; Beschluss vom 26.06.2006 II B 99/05, BFH/NV 2006, 1860; Ratschow in Klein, AO, 13. Aufl., § 122 Rz. 54 f.).

84

II. Der Entscheidung über die Klage stehen nicht die zur Frage der Verfassungswidrigkeit von Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens beim BVerfG anhängigen Verfahren (insbes. 1 Bvl 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15) entgegen; die vorliegenden Bescheide wurden diesbezüglich gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig erklärt (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2013 3 K 206/11, EFG 2014, 113, DStRE 2014, 799; Beschluss vom 26.11.2010 3 K 46/10, EFG 2011, 1051).

85

III. Die Klage ist begründet. Der ohne Abbruchabschlag verbösernde Einheitswert-Änderungsbescheid auf den 1. Januar 2013 vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 wird gemäß § 100 Abs. 1 FGO als rechtsverletzend aufgehoben; dadurch tritt der vorangegangene Einheitswertbescheid vom 23. Januar 2013 mit den Abbruchabschlägen wieder in Kraft.

86

Bei der Einheitsbewertung der Gebäude der Klägerin auf dem von der Port Authority gemieteten Hafengrundstück sind nämlich die Abbruchabschläge gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG abzuziehen.

87

1. Bei den Gebäuden der Klägerin auf dem von der Port Authority gemieteten Hafengrundstück handelt es sich um Gebäude auf fremdem Grund und Boden i. S. v. § 94 BewG, die nicht Bestandteil des Grundstücks, sondern nur zu einem vorübergehenden Zweck gemäß § 95 BGB mit diesem verbunden sind, und zwar nur zwecks Nutzung während der Mietzeit (AVB HI 2002 Nr. 4.

88

2. Die für den Abbruchabschlag gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG vorausgesetzte Abbruchverpflichtung ist gegeben; nicht nur bei Vertragsablauf (a, b), sondern auch in den vertraglich geregelten Sonderfällen (d).

89

a) Die Abbruchverpflichtung liegt vor, wenn - wie hier - bei Ablauf der Mietzeit das Grundstück entsprechend der gesetzlichen Rückgabeverpflichtung nach § 546 BGB i. d. F. ab 2002 (vorher § 556 BGB a. F.) vom Mieter zu räumen und damit auch von seinen Bauwerken ober- und unterirdisch freizumachen ist (BFH, Urteile vom 03.07.1981 III R 102/80, BFHE 134, 41, BStBl II 1981, 761 m. w. N.; Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 79 ff.; zivilrechtlich vgl. Westermann in Ermann, BGB, 14. Aufl. § 546 Rz. 7 m. w. N.).

90

b) Neben der gesetzlichen Regelung liegt hier zugleich eine entsprechende ausdrückliche und eindeutige vertragliche Regelung der Verpflichtung des Mieters zum Abbruch auf seine Kosten vor (AVB HI 2002 Nr. 21.1, 21.2).

91

c) Unbedingte Abbruchverpflichtung bei Vertragsablauf

92

Bei dieser gesetzlichen und vertraglichen eindeutigen Regelung handelt es sich zugleich um eine unbedingte Verpflichtung des Mieters, das heißt um eine seinerseits nicht abdingbare bzw. nicht einseitig abwendbare Verpflichtung, im Unterschied zu einem Wahlrecht des Vermieters (vgl. BFH, Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61, 62; vom 03.07.1981 III R 102/80, BFHE 134, 48, BStBl II 1981, 764; 765; Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 80; vgl. parallel zum Wahlrecht des erbbauverpflichteten Grund- bzw. Hafeneigentümers BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 450).

93

Unberührt bleibt die vorliegende Abbruchverpflichtung durch die vorsorgliche vertragliche Regelung, dass die Vertragsparteien sich bis spätestens zwei Jahre vor Vertragsablauf verständigen, ob eine Vertragsverlängerung erfolgen soll (Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Derartige Verständigungen sind nicht nur sachgerecht und üblich (vgl. mündliche amtliche Auskunft, Protokoll OT 01.09.2015 S. 8 f., FG-A Bl. 95 ff., 102 f.), sondern im Übrigen hier im Fall angestrebter Vertragsverlängerung auch erforderlich; denn eine stillschweigende Vertragsverlängerung ist ausdrücklich abweichend von § 545 BGB ausgeschlossen (Nr. 19.3 AVB-HI 2002). Die theoretisch denkbare Möglichkeit, beiderseits gemeinsam im Rahmen der Vertragsfreiheit und beeinflusst durch jeweilige finanzielle Möglichkeiten Änderungen des Mietvertrags auszuhandeln oder sogar anderweitig über Gebäude oder Grundstücksflächen zu verfügen, ändert an dem Bestehen der für den Bewertungsstichtag zu beurteilenden Abbruchverpflichtung nichts.

94

d) Bei der mieterseits unabdingbaren Abbruchverpflichtung bleibt es auch unter Berücksichtigung vorliegender vertraglicher Regelungen für Sonderfälle, soweit demgemäß die Vermieterin nach außerordentlicher Kündigung des Mieters wegen Geschäftsaufgabe oder Verlagerung bei einverständlicher Anschlussverwertung (nachstehend aa) bzw. alternativ bei u. U. geeignetem Nachmieter-Vorschlag (nachstehend bb) auf den Abbruch verzichten kann oder die Vermieterin den Mieter für den Verlust seiner Gebäude entschädigt bei ihrerseits zu vertretender außerordentlicher Kündigung (nachstehend cc) oder Nichtverlängerung des Vertrags (nachstehend dd). Ein möglicher Unterschied in der älteren Rechtsprechung des früher befasst gewesenen III. Senats des BFH führt zu keinem anderen Ergebnis (nachstehend ee, ff).

95

aa) Zwar wird die Vermieterin im Sonderfall der außerordentlichen Kündigung des Mieters wegen Geschäftsaufgabe oder -Verlagerung ohne Entschädigung für die Gebäude bei einer Anschlussverwertung des Mietobjekts die Mieterinteressen bezüglich eines Verkaufs seiner Gebäude berücksichtigen, soweit dies nicht den eigenen Interessen zuwider läuft (Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19.4 zu Nr. 19 AVB-HI 2002). Insoweit kann jedoch der Mieter nicht die Abbruchverpflichtung, den damit verbundenen Gebäude-Wertverlust (nebst Abbruchkosten) oder den aus dem drohenden Wertverlust bereits vorher resultierenden Minderwert abbedingen.

96

Gesetzliche Ansprüche des Mieters auf Aufwendungs- oder Wertersatz für seine aufgebauten Gebäude gegen die Vermieterin oder einen eventuellen Nachmieter bleiben ausgeschlossen (vgl. OLG München, Urteil vom 01.04.1993 1 U 5023/92, NJW-RR 1994, 1100; Horst in Lützenkirchen, Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl. Rz. 564d, 566, Münch in Herberger/Martinek/Rüßmann u. a., JurisPK-BGB Bd. 2, 8. Aufl., § 547 Rz. 12).

97

Anders als bei einem Wahlrecht betreffend die Abbruchverpflichtung kann der Mieter diese nicht abbedingen, sondern bleibt es seinem Risiko überlassen, ob ein Nachmieter gefunden wird, der zur Übernahme der Gebäude bereit ist, und inwieweit ein Kaufpreis in Kenntnis der Abbruchverpflichtung für die Gebäude erzielbar ist. Der Vermieter entscheidet über die Auswahl bzw. Akzeptanz des Nachmieters, und zwar unter Berücksichtigung seiner eigenen Interessen, evtl. einschließlich höherer Gewerbeflächen-Mietforderung gegenüber dem Nachmieter (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 13.09.1994 36 C 402/94, WUM 1995, 312 Horst in Lützenkirchen, Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl., K III Rz. 421). Selbst wenn die Vermieterin einer dreiseitigen Vereinbarung mit einem solchen Nachmieter zustimmt, bleibt dieser als (ggf. Einzel-)Rechtsnachfolger mit der auf ihn übergehenden Abbruchverpflichtung belastet (vgl. Horst in Lützenkirchen Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl. K II 5 Rz. 211 a. E.).

98

bb) Vergleichbar oder ähnlich stellt sich die Situation für den Mieter im Sonderfall seiner Geschäftsaufgabe oder Verlagerung dar, soweit er alternativ anstelle der außerordentlichen Kündigung sogleich einen Nachmieter vorschlagen kann, den die Vermieterin aus näher bezeichneten wichtigen Gründen ablehnen kann, die der Mieter nicht beeinflussen kann; wie nämlich Unvereinbarkeit der beabsichtigten Nachfolgenutzung mit dem Hafenentwicklungsgesetz, mangelnde Bonität usw. (Ziff. 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19.4 zu Nr. 19 AVB-HI 2002). Selbst wenn eine dreiseitige Vereinbarung mit dem Nachmieter zustande kommt, bleibt dieser als (ggf. Einzel-)Rechtsnachfolger mit der auf ihn übergehenden Abbruchverpflichtung belastet.

99

cc) Ebenso wenig kann der Mieter seine Abbruchverpflichtung abbedingen aufgrund der Regelungen über die außerordentliche Kündigung seitens der Vermieterin aus von ihr zu vertretenden bezeichneten Gründen gegen Entschädigung an den Mieter für den Verlust seiner Bauwerke (AVB HI 2002 Nr. 19.21, Nr. 20, Nr. 20.1 AVB HI 2002, ergänzt durch Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Die Vermieterseite entscheidet nämlich über ihre (ggf. aufgrund von Belangen der Hafenentwicklung u. a.) denkbare außerordentliche Kündigung und über ihr eventuelles Einverständnis mit einem u. U. möglichen Verbleib bestimmter Gebäude; letzterenfalls unter Gegenrechnung ersparter Räumungskosten.

100

In der Formulierung der Rechtsprechung ausgedrückt, kann der Mieter diese Entscheidungen der Vermieterin weder einseitig abwenden noch darauf mit rechtlichen Mitteln einwirken (vgl. BFH, Urteil vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61). Die Entschädigung bleibt aufschiebend bedingt von einer deshalb gemäß § 4 BewG nicht zu berücksichtigenden besonderen Erklärung der Vermieterin abhängig (vgl. BFH, Urteil vom 03.03.1972 III R 136/71, BFHE 106, 570, BStBl II 1972, 896, Juris Rz. 14).

101

dd) Vermieterseitig zu vertretende Nichtverlängerung des Vertrags

102

Zwar hat sich die Vermieterin über das dispositive gesetzliche Mietrecht hinaus verpflichtet, dem Mieter sogar nach Vertragsablauf eine Entschädigung zu zahlen bei Nichtverlängerung aus von ihr, der Vermieterin, zu vertretenden Gründen wie im vorbeschriebenen Sonderfall der außerordentlichen Kündigung durch sie, die Vermieterin, aus einem der bezeichneten Gründe (Belange der Hafenentwicklung u. a.; AVB HI Nr. 20.1 i. V. m. Nr. 19.21, Nr. 20 AVB HI 2002, ergänzt durch Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Jedoch kann der Mieter bereits über den Eintritt der Voraussetzungen für diese Sonderregelung nicht disponieren und auch danach weder die Abbruchverpflichtung noch die ihn stets belastenden Abbruchkosten abbedingen (vgl. neben den vorbezeichneten Regelungen die mündlichen amtlichen Auskünfte). Genauer gesagt, beseitigt die am Stichtag bestehende tatsächliche Unsicherheit, ob die Vermieterin von der Regelung Gebrauch machen kann oder wird, die rechtlich bestehende Abbruchverpflichtung nicht (vgl. BFH, Urteil vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; BFH, Urteil vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61; zu der entsprechenden Regelung für Erbbaurechte BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146).

103

Im Übrigen hat der Mieter insoweit kein Wahlrecht, sondern seine Abbruchverpflichtung besteht auch im Fall der Entschädigung. Wenn der Mieter dieser Verpflichtung nicht selbst nachkommt, veranlasst die Port Authority den Abriss auf seine Rechnung, wie der Leiter Finanzen und Immobilien der Port Authority in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat.

104

ee) Selbst wenn in den vorbezeichneten Regelungen für Sonderfälle eine Einschränkung der Abbruchverpflichtung im Sinne der Auslegung durch den früher einschlägig befasst gewesenen III. Senat des BFH in dessen Urteilen von 1981 gesehen würde, bliebe es hier bei dem Ergebnis der unbedingten Abbruchverpflichtung.

105

Seinerzeit wurde ungeachtet des hier in § 94 BewG bewerteten Gebäude-Wertverlusts ohne Entschädigung im wirtschaftlichen Ergebnis entscheidend auf eine faktisch mögliche mieterseitige Abwahl der Abbruchkosten abgestellt. Eine unbedingte und unzweifelhafte Abbruchverpflichtung wurde nämlich verneint nach einer vertraglichen Regelung, dass bei Nichtabbruch binnen einer Dreimonats-Frist die Baulichkeiten in das Eigentum des Grundstückseigentümers und Vermieters übergehen (vgl. BFH, Urteile vom 03.07.1981 III R 102/80, Juris; III R 68/80, Juris; III R 97/79, BFHE 134, 51, BStBl II 1981, 759; III R 85/79, Juris; ferner III R 102/80, BFHE 134, 48, BStBl II 1981, 764). Damals waren die Abbruchkosten bewertungsrechtlich zugleich noch von Interesse für eine entsprechende Rückstellung bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Vermögensteuer oder der Gewerbekapitalsteuer (vgl. BFH, Urteile vom 26.09.1975 III R 15/74, BFHE 117, 257, BStBl II 1976, 110; vom 31.01.1964 III 178/61 U, BFHE 78, 458, BStBl III 1964, 178, Juris Rz. 8; Erlass Finanzministerium Nordrhein-Westfalen vom 30.07.1982 S 3232, Juris).

106

Nach dem hier vorliegenden Mietvertrag und seinen vorbezeichneten Regelungen kann dagegen der Mieter auch die Abbruchkosten weder abbedingen noch durch eigene Disposition faktisch vermeiden.

107

ff) Da der vorliegende Vertrag keine Verlängerungsoption für den Mieter enthält, kann dahinstehen, inwieweit oder ob eine solche als aufschiebend bedingt entsprechend § 4 BewG erst nach Ausübung bei Prüfung der Abbruchverpflichtung zu berücksichtigen wäre (vgl. im letzteren Sinne Bay. LfSt 15.11.2013 S 3217, Juris Fachportal Steuerrecht; beim Erbbaurecht BFH, Urteil vom 05.03.1971 III R 130/68, BFHE 102, 102, BStBl II 1971, 481).

108

3. Der Abbruchabschlag unterbleibt im Streitfall nicht gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 2 BewG wegen Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs trotz der Abbruchverpflichtung i. S. v. HS 1 der Vorschrift.

109

a) Im Verhältnis zur Regel des Abbruchabschlags bei Abbruchverpflichtung i. S. v. § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG stellt HS 2 betreffend Unterbleiben des Abschlags bei Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs eine Ausnahme dar, für die das FA die Feststellungslast trägt. Dementsprechend genügt bei der tatrichterlichen Einzelfall-Würdigung, dass ein Gebäude trotz Abbruchverpflichtung voraussehbar nicht abgebrochen und deshalb der Abschlag zu versagen ist, gemäß ständiger Rechtsprechung nicht die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichtabbruchs. Es muss vielmehr in Bezug auf den einzelnen Fall und den Bewertungsgegenstand im Feststellungszeitpunkt "konkret voraussehbar" sein, dass es trotz der Abbruchverpflichtung nicht zum Abbruch der Gebäude kommen wird (Urteile FG Berlin-Brandenburg, vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris; FG Saarland vom 04.11.1993 2 K 192/90, Juris; FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, 174, BStBl II 1986, 449).

110

Bei der mietvertraglichen Abbruchverpflichtung der Klägerin sind theoretisch denkbare Fälle des Nichtabbruchs eines Gebäudes weder vorhersehbar noch konkret vorhersehbar, sondern teils ausgeschlossen (b) und im Übrigen ungewiss (c bis d).

111

b) Soweit aus der veröffentlichten Rechtsprechung ersichtlich, hat der BFH bisher nur in Ausnahmefällen mehrfacher stillschweigender Vertragsverlängerungen indiziell aus dem bisherigen Verhalten der Vertragsparteien einen Schluss auf einen vorhersehbaren Nichtabbruch anerkannt, und zwar bei mehrfacher fünfjähriger Verlängerung oder nach häufiger einjähriger Verlängerung (Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61; vgl. Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 101 f.).

112

Im Streitfall sind dagegen stillschweigende Verlängerungen des Vertrags nicht vorgekommen, erst recht nicht kurzfristige; sondern insgesamt umgekehrt ausdrücklich ausgeschlossen (AVB-HI 2002 Nr. 19.3).

113

c) Bisherige langfristige Verlängerungen zukünftig ungewiss.

114

aa) Zwar wird vertreten, dass aus einer vorherigen Vertragsverlängerung unter Umständen auf die zukünftige Entwicklung geschlossen werden kann (vgl. BMF, BewRGr Abschn. 50 Abs. 3 a. E., Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG § 94 BewG Rz. 99); speziell aus wiederholten langfristigen Verlängerungen von Verträgen des Vermieters gegenüber dem Mieter und zugleich anderen Mietern im Umfeld (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris, Rev. II R 19/16).

115

bb) Andererseits genügen Erwägungen allgemeiner Art über die bisherige Behandlung bei Mietverhältnissen in ähnlichen Fällen nicht für die konkrete Voraussehbarkeit eines Nichtabbruchs (Urteile BFH vom 03.03.1972 III R 136/71, BFHE 106, 570, BStBl II 1972, 896; sinngemäß FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604). Dementsprechend reicht dafür auch nicht eine die Hafenwirtschaft fördernde städtische Mietpreispolitik in vergangenen Jahrzehnten gegenüber der Klägerin und anderen Mietern mit den damit seinerzeit zustande gekommenen Mietpreiseinigungen und Vertragsverlängerungen. Umgekehrt ergeben sich ebenso wenig verallgemeinernde Schlüsse auf zukünftige Entwicklungen im hier interessierenden Hafengebiet aus früherer Erfahrung der Klägerin bei entschädigungsloser Räumung einer anderen Immobilie nach wachstumsbedingtem Standortwechsel.

116

cc) Insbesondere kann aus vorangegangenen Vertragsverlängerungen und der sich daraus bisher ergebenden Gesamtlaufzeit nicht mehr auf den zukünftigen Verlauf danach geschlossen werden, wenn inzwischen neu eingetretene Umstände zu berücksichtigen sind (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris, Rev. II R 19/16).

117

aaa) Eine neue Situation besteht im Streitfall seit der Übertragung der städtischen Hafengrundstücke nebst Mietverhältnissen mit Wirkung ab 2006 auf die rechtlich verselbständigte Port Authority und aufgrund deren gesetzlicher Verpflichtung zur "Wirtschaftsführung nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten".

118

bbb) Der Wandel der Mietpreispolitik aufgrund der Wirtschaftsführung der Port Authority hat sich bereits gezeigt in der bei Vertragsverlängerung geforderten Verdreifachung der Miete und in den statt "copy and paste" geführten mehrjährigen harten Verhandlungen mit "unverhältnismäßiger Anzahl und Dauer der Gespräche" beider Seiten vor der zum Jahreswechsel 2012/2013 zustande gekommenen Einigung; außerdem in der deswegen klägerseits bereits erwogenen Umsiedlung.

119

Wenngleich eine Verständigung der Vertragspartner spätestens zwei Jahre vor Vertragsablauf vorgesehen ist (9. Nachschrift Ziff. 6.9) und sich zuletzt beide um die Verlängerung bemüht und diese letztlich noch erreicht haben, bleibt es bei der deutlich gewordenen und für die Zukunft nicht ausgeräumten Unsicherheit. Zu rechnen ist nämlich wieder mit ergebnisoffenen, marktorientierten und deshalb möglicherweise schwierigen oder harten Verhandlungen. Unter solchen Umständen bleibt der Nichtabbruch der Gebäude auf dem gemieteten Hafengrundstück über eine vage Aussicht hinaus vor einem Verlängerungsangebot nicht greifbar, sondern künftig ungewiss (vgl. BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451, Juris Rz. 13).

120

ccc) Weiter bestätigt sich die gewandelte Wirtschaftsführung in den Ausschreibungen frei gewordener Hafenflächen durch die Port Authority und in dem parallel steigenden Hafenmieten-Niveau.

121
ddd) Dass für die Zukunft mit einer Fortsetzung der jetzigen kaufmännischen bzw. marktorientierten Vermietung zu rechnen ist und dementsprechende Verhandlungen mit ungewissem Ausgang zu erwarten sind, wird weiterhin deutlich in der eingehenden gesetzmäßigen Kontrolle von Verträgen der Port Authority mit Hafenmietern durch den Rechnungshof (vgl. z. B. Gutachtliche Äußerung 09.12.2014, Bü-Drs. 21/4300).

122

eee) Die Ungewissheit des Ausgangs zukünftiger marktorientierter Vertragsverhandlungen besteht erst recht mit Rücksicht auf das inzwischen ins politische und öffentliche Bewusstsein gerückte Verbot marktbeeinträchtigender staatlicher Beihilfe (State Aid {SA.}) gemäß Art. 107 ff. AUEV. Dieses wird zunehmend auch im Bereich der Hafenpolitik überwacht (vgl. z. B. in deutschen Häfen Europäische Kommission vom 20.07.2016, SA.44692; vom 04.05.2016, SA.44479; vom 20.04.2016 SA.SA.44846, C(2016) 2483 final; vom 01.10.2014, Press Release IP/14/1065); im Hamburger Hafen vom 09.4.2014 SA.37322, C(2014) 2231 final).

123

Auch der Vermeidung von Problemen mit dem EU-Beihilfeverbot dient daher die kaufmännische Praxis der Port Authority, dass sie freiwerdende Grundstücke ausschreibt und sich an dabei gebotenen und derzeit in ungewisser Höhe steigenden Marktpreisen bei ihren Verlängerungs-Verhandlungen orientiert. Eine vergleichbare Wirkung zeigt sich ferner zum Beispiel in dem Umstand, dass die hier zu beurteilende Frage der Abbruchabschläge für die Gebäude auf Hafengrundstücken nicht mehr behördenintern mit der Liegenschaftsverwaltung der Finanzbehörde wie früher als Vermieterin für alle Hafenmieter besprochen oder geklärt werden konnte.

124

dd) Aus Rechtsprechung und Kommentierung folgt die Auffassung, dass in Fällen einer langen oder zigjährigen (Rest-) Laufzeit von z. B. 20 Jahren keine Prognose über die Umsetzung oder Abwendung der Abbruchverpflichtung oder über einen Nachmieter möglich und deshalb ein Nichtabbruch nicht vorhersehbar ist (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG § 94 Rz. 2); betreffend Hafengrundstück FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603). Die hier zu beurteilende Restlaufzeit beträgt sogar mehr als 29 Jahre.

125

ee) Ungewisse technische und wirtschaftliche Entwicklungen stehen einem Schluss auf Vorhersehbarkeit eines Nichtabbruchs entgegen.

126

Gegen die Vorhersehbarkeit einer Mietvertragsverlängerung oder eines Nichtabbruchs spricht insbesondere die Unvorhersehbarkeit technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen, die während langer Restlaufzeit das Verhalten der einen oder anderen Vertragspartei entscheidend beeinflussen können; auf der Seite des Mieters - wie auch potentieller Nachmieter - etwa
- dass die bisherigen Flächen und Gebäude auf dem Mietgrundstück wachstumsbedingt zu klein werden und nicht mehr ökonomisch genutzt werden können oder
- dass umgekehrt durch wirtschaftlichen Rückgang die Flächen nebst Gebäuden nicht mehr rentabel finanziert werden können, zumal vor dem Hintergrund unzureichender Beleihbarkeit der Gebäude auf fremdem Grund und Boden wegen Abbruchverpflichtung und fehlender Grundpfandrechte oder
- dass sich der Bedarf wandelt hinsichtlich Lage des Grundstücks oder benötigter Verkehrsmittelanschlüsse oder Ausgestaltung oder weiterer Bebaubarkeit oder Belastbarkeit der Grundstücksflächen oder Ausgestaltung der Gebäude.

127

Entsprechendes gilt insbesondere für die hier zum Stichtag zu bewertenden, im Wesentlichen zur hochspezialisierten Produktion kleinteilig ausgestalteten, weitgehend älteren Gebäude auf bereits logistisch beengter Fläche; wie für die sich insgesamt im Zeitablauf sichtbar wandelnde Hafenindustrie und Hafenlogistik und für die sich danach ändernde Verwendung von Hafengrundstücken (vgl. Urteile FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451 a. E.).

128

ff) Zwar kommt der (nach dem Stichtag errichtete und hier noch nicht zu bewertende) sechsgeschossige Büroneubau als Indiz für die Erwartung einer weiteren Vertragsverlängerung ab 2042 in Betracht. Im Unterschied zu den kleineren vorherigen Baumaßnahmen erfordert der Büroneubau nämlich ein in Relation zur Betriebsgröße bedeutendes und daher langfristig zu kalkulierendes Investitions-Volumen. Dennoch lässt der Büroneubau in der Gesamtwürdigung nicht auf eine Vertragsverlängerung oder auf den Nichtabbruch der hier für 2013 zu bewertenden Gebäude schließen. Wie die Klägerin schriftlich und mündlich nachvollziehbar und unwiderlegt ausgeführt hat, fiel die Entscheidung für den Neubau nämlich gerade aufgrund der rund dreißigjährigen Investitionssicherheit und Kalkulation nach der Vertragsverlängerung bis 2042.

129

gg) Zwar könnte die mietvertragliche Sonderregelung einer Entschädigung an den Mieter für seine Gebäude bei Nichtverlängerung des Vertrags aus vermieterseitig zu vertretenden Gründen (wie Belangen der Hafenentwicklung, AVB-HI 2002 Nr. 20.1 i. V. m. Nr. 19.2.1) auf den ersten Blick für eine prinzipielle Erwartung zukünftiger Vertragsverlängerungen sprechen. Diese Regelung widerlegt dennoch nicht die vorbeschriebenen Ungewissheiten (oben dd, ee); sie ermöglicht so über ihren Sonderfall-Regelungsgehalt hinaus keinen generellen Umkehrschluss auf zu erwartende Vertragsverlängerungen nach den marktorientierten Preisforderungen und kaufmännischen Verhandlungen der Port Authority bei gleichzeitiger Beachtung des EU-Beihilfeverbots (oben cc, aaa bis eee).

130

d) Im Übrigen sind die im Vertrag angesprochenen und bereits vorstehend benannten Sonderfälle als solche naturgemäß nicht von vornherein vorhersehbar und ist deshalb auch kein Nichtabbruch ihretwegen vor ihrem Eintritt vorhersehbar. Außerdem gelten für damit eventuell später anzustrebende Anschlussnutzungen oder Nachmieter-Vereinbarungen erst recht die vorbeschriebenen Ungewissheiten hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen; zumal im Hafengebiet (Urteile FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451 a. E.). Davon abgesehen kommt es zum Beispiel für die Fälle, in denen die Port Authority mittels außerordentlicher Kündigung oder Nichtverlängerung des Mietvertrags selbst ein anderes Interesse verfolgt, in der Praxis nicht vor oder ist es so gut wie ausgeschlossen, dass die Gebäude weiterverwendet werden können (Amtliche Auskunft).

131

4. Über die nach Aufhebung des angefochtenen letzten Einheitswert-Änderungsbescheids vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 durch dieses Urteil wieder in Kraft tretende Bewertung im vorherigen Änderungsbescheid vom 23. Januar 2013 besteht in betragsmäßiger Hinsicht kein Streit, sondern für den Fall der gerichtlichen Gewährung des Abbruchabschlags Übereinstimmung.

132

Nach klarstellender Formulierung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung besteht zugleich Übereinstimmung, dass der wieder in Kraft tretende Bescheid vom 23. Januar 2013 nicht angefochten wurde. Dementsprechend ist für die in diesem Bescheid wertmäßig bereits berücksichtigte Verlängerung bis 2042 nicht mehr über die Frage des Datums ihrer Gegenzeichnung durch die Port Authority zu entscheiden. Ohnehin wird deren Angebot mit Unterschrift der Klägerin aus 2012 bereits für die nachfolgende Bewertung 2013 zugrunde gelegt (zu der nach Angebot greifbaren Vorhersehbarkeit des Nichtabbruchs vgl. oben; BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, Juris Rz. 13; Protokoll 03.03.2016 S. 23).

133

IV. Nebenentscheidungen

134

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

135

Die Klage richtet sich gemäß auslegender Klarstellung und wie tenoriert allein gegen den letzten Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid.

136

Mit der Klarstellung erübrigte sich eine entsprechende amtswegige Auslegung (vgl. Urteile FG Hamburg vom 12.12.2013 3 K 28/13, Juris Rz. 51 ff.; BFH vom 25.04.1989 VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261) und kam es nicht mehr - kostenwirksam - auf die unterschiedlichen Auffassungen zur Zulässigkeit paralleler Grundlagen- und Folgebescheid-Klagen an (vgl. z. B. zur Zulässigkeit BFH, Urteil vom 09.11.2005 I R 10/05, BFH/NV 2006, 750, Juris Rz. 15 m. w. N.; Hardt, DStZ 1989, 179; zur Unzulässigkeit BFH, Urteile vom 25.08.1999 VIII R 76/95, BFH/NV 2000, 300; vom 11.05.1983 III R 20/80, Juris; jeweils m. w. N.).

137

2. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis entsprechen §§ 151, 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

138

Bei der Neufassung von § 708 Nr. 10 ZPO ("Berufungsurteile" statt "Urteile der Oberlandesgerichte") mit Wirkung vom 1. September 2004 durch das Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) ist nach inzwischen übereinstimmender Auslegung anhand des Gesetzgebungsverfahrens davon auszugehen, dass keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung von oberen Landesgerichten (wie OLG und FG) auf andere letztinstanzliche Tatsachengerichte gemeint ist (vgl. Urteile FG Baden-Württemberg vom 16.01.2012 6 K 4588/09, Juris; FG Nürnberg, vom 1. April 2008 IV 278/2005, Juris; FG München, Urteil vom 20. Januar 2005 3 K 4519/01, EFG 2005, 969; grundlegend FG Hamburg, Urteil vom 29. November 2004 III 493/01, EFG 2005, 1434).

139

3. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

(1) Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.

(2) Mehrere Wirtschaftsgüter kommen als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.

(3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit eine Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorgeschrieben ist.

(1) Einheitswerte werden für inländischen Grundbesitz, und zwar für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft (§§ 33, 48a und 51a), für Grundstücke (§§ 68 und 70) und für Betriebsgrundstücke (§ 99) festgestellt (§ 180 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung).

(2) (weggefallen)

(3) In dem Feststellungsbescheid (§ 179 der Abgabenordnung) sind auch Feststellungen zu treffen

1.
über die Art der wirtschaftlichen Einheit und bei Grundstücken auch über die Grundstücksart (§§ 72, 74 und 75) oder die Grundstückshauptgruppe (§ 32 der weiter anzuwendenden Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz vom 2. Februar 1935, RGBl. I S. 81, zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Durchführungsverordnung zum Vermögensteuergesetz, der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz und der Aufbringungsumlage-Verordnung vom 8. Dezember 1944, RGBl. I S. 338);
2.
über die Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit und bei mehreren Beteiligten über die Höhe ihrer Anteile.

(4) Feststellungen nach den Absätzen 1 und 3 erfolgen nur, wenn und soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.

(1) Zum Grundvermögen gehören

1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör,
2.
das Erbbaurecht,
3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 33) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99) handelt.

(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen

1.
Bodenschätze,
2.
die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.

(1) Jede wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens bildet ein Grundstück im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Ein Anteil des Eigentümers eines Grundstücks an anderem Grundvermögen (z. B. an gemeinschaftlichen Hofflächen oder Garagen) ist in das Grundstück einzubeziehen, wenn alle Anteile an dem gemeinschaftlichen Grundvermögen Eigentümern von Grundstücken gehören, die ihren Anteil jeweils zusammen mit ihrem Grundstück nutzen. Das gilt nicht, wenn das gemeinschaftliche Grundvermögen nach den Anschauungen des Verkehrs als selbständige wirtschaftliche Einheit anzusehen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 3 und 4).

(3) Als Grundstück im Sinne dieses Gesetzes gilt auch ein Gebäude, das auf fremdem Grund und Boden errichtet oder in sonstigen Fällen einem anderen als dem Eigentümer des Grund und Bodens zuzurechnen ist, selbst wenn es wesentlicher Bestandteil des Grund und Bodens geworden ist.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

(1) Zum Grundvermögen gehören

1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör,
2.
das Erbbaurecht,
3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 33) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99) handelt.

(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen

1.
Bodenschätze,
2.
die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

(1) Zum Grundvermögen gehören

1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör,
2.
das Erbbaurecht,
3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 33) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99) handelt.

(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen

1.
Bodenschätze,
2.
die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.



Tenor

I. Der Einheitswertbescheid auf den 01.01.2007 vom 11. Dezember 2007 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 02. Oktober 2008 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin und der Beklagte zu je ½ zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten zugunsten der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob ein Verkaufspavillon für die Einheitsbewertung zu grundsteuerlichen Zwecken als Gebäude auf fremdem Grund und Boden anzusehen ist.

2

Mit Antrag vom 03. August 2006 begehrte die Klägerin die Aufstellung eines Verkaufspavillons („Brezelhaus“) auf dem Flugplatz ... vor dem Terminal ... . Nach der Baubeschreibung handelt es sich um eine Außenwandkonstruktion aus beschichtetem Aluminiumsystemprofil mit Systemeck-Verbinder und Verschraubungen, Füllungen der Fassade aus wasserfest verleimtem Sperrholz, wasserfest verleimt mit Schichtstoff. Die Gesamtfläche beträgt ca. 8 m², der umbaute Raum 23 m³. Die Eingangstür ist in der Höhe zweigeteilt und getrennt voneinander zu öffnen. Das Oberteil ist verglast. Die Front beinhaltet eine verfahrbare Theke, das Seitenteil neben der Theke ist fest verglast. Der Verschluss erfolgt durch Aluminium- Panzerrollladen mit Hand- oder Elektrobetrieb. Unterhalb der Verglasung ist eine Drehtür eingebaut zum Verschluss eines von außen zugänglichen Stauraums. Die Seitenwände sind teilweise verglast. Die Rückwand besteht aus festen Füllungen und der Seitenbereich der Rückwand ist als Drehtür ausgebildet. An allen vier Hausecken sind Aluminium- Rundsäulen zu dekorativen Zwecken montiert. Die Bodenkonstruktion besteht aus Holzrahmenwerk mit Holzschutz lasiert. Der eigentliche Boden besteht aus einem dreischaligen Aufbau von wasserfest verleimtem Sperrholz. Hier kann eine Fußbodenerwärmung eingebracht und die gesamte Konstruktion mittels Stellfüßen ausgerichtet werden. Die Dachkonstruktion - Flachdach in Kastenbauweise - besteht aus wasserfestem Holzwerkstoff. Alle von außen sichtbaren Teile sind mit gekantetem Aluminiumblech (pulverbeschichtet) ummantelt. Die obere Dachfläche ist mit PVC – Schweißbahnen und zwei eingebrachten Dachabläufen belegt. Zur Dekoration befindet sich auf der Dachfläche eine Pyramide mit 4-seitiger Grundfläche aus gekantetem Aluminiumlochblech (pulverbeschichtet) und in der vorderen senkrechten Dachseite ist eine elektrische Tuchmarkise integriert. Das gesamte Dach wird von der Innenseite durch eine Stahlrohrschweißkonstruktion unterstützt. Die Inneneinrichtung besteht aus einer Arbeitsplattenwinkelanlage, einer Tischlerplatte, befestigt mit Aluminiumwinkeln und tragenden Seiten aus Holzwerkstoff. Ferner gibt es ein eingebautes Handwaschbecken, vorgesehen für den Anschluss von Frisch- und Abwasser oder Betreibung mittels elektrischer Pumpe und Frisch- und Abwasserkanister. Im Verkaufspavillon werden die für den Transport tiefgekühlten Teiglinge in einem speziellen Brezelofen frisch gebacken und an die Kundschaft warm verkauft. Ergänzend wird auf die Fotografie vom Verkaufspavillon Brezelhaus (Bl. 19 EW-A) Bezug genommen.

3

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 stellte der Beklagte den Einheitswert auf den 01.01.2007 auf 1.073 € (Nachfeststellung) und den Grundsteuermessbetrag auf den 01.01.2007 mit 3,75 € (Nachveranlagung) im Sachwertverfahren fest (Geschäftsgrundstück auf fremdem Grund und Boden).

4

Ihren Einspruch begründete die Klägerin damit, dass es sich nicht um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, sondern um einen „fliegenden Bau" (beweglicher Verkaufspavillon) auf dem Flugplatz ... handele. Dieser sei nicht mit dem Grund und Boden verbunden, sondern aus Einzelteilen zusammengeschraubt und zur einfachen Demontage vorgesehen. Die einzelnen Fertigteile bestünden aus kunststoffbeschichteten Holzwerkstoffplatten, die jederzeit an anderen Orten wieder aufgebaut werden könnten. Es handele sich somit nicht um ein Gebäude, sondern um eine Betriebsvorrichtung und somit um ein bewegliches Wirtschaftsgut. Der Kiosk sei so gebaut, dass er jederzeit versetzt werden könne. Vorrichtungen, die auf eine Ortsfestigkeit deuteten, seien nicht vorhanden. Zwar besitze jeder Gegenstand eine Eigenschwere, das allein sei jedoch kein Abgrenzungsmerkmal. Es müssten bauliche Vorkehrungen hinzutreten, die die für Gebäude notwendige feste Verbindung mit dem Grund und Boden ersetzten. Der Kiosk erfülle damit nicht die Merkmale eines Gebäudes und sei somit Betriebsvorrichtung. Die bauliche Gestaltung und Verwendung des Kiosks sei für stets wechselnde Verkaufsorte vorgesehen, sodass ihm das den Gebäudebegriff voraussetzende Merkmal der Ortsfestigkeit fehle. Der Kiosk sei versetzbar, transportabel und ohne Fundament.

5

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 2. Oktober 2008 als unbegründet zurück.

6

Nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes –BewG- gehörten zum Grundvermögen neben dem Grund und Boden die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, nicht aber die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehörten, auch wenn sie wesentliche Bestandteile seien (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Bei der Abgrenzung der Gebäude von den Betriebsvorrichtungen sei vom Gebäudebegriff auszugehen, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehörten und demgemäß ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten sei, nicht Betriebsvorrichtung sein könne. Als Gebäude sei ein Bauwerk anzusehen, das durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewähre, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatte, fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie von einiger Beständigkeit und standfest sei. Alle Bauwerke, die sämtliche dieser Begriffsmerkmale aufwiesen, seien ausnahmslos als Gebäude zu behandeln (Hinweis auf BFH-Urteil vom 15. Juni 2005 II R 67/04, BStBI II 2005, 688, m.w.N.). So liege der Streitfall. Denn, wie die Baubeschreibung zeige, gewähre der Kiosk durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse, er diene dem dauernden Aufenthalt von Menschen (Verkaufspersonal), er sei von Beständigkeit und standfest sowie mit dem Grund und Boden, wenn auch nicht durch Fundamente oder ähnliches verbunden, so doch darauf zumindest zwecks Standsicherheit befestigt. Insbesondere sei nach der Baubeschreibung und dem Mietvertrag (§ 7 Ziff. 9) der Anschluss an Frisch - und Abwasser und damit insoweit eine Verbindung mit dem Grund und Boden vorgesehen. Er beinhalte somit alle Merkmale eines Gebäudes i. S. d. vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die jederzeitige Versetzbarkeit hindere nicht die Annahme eines Gebäudes. So habe der BFH im Urteil vom 24. Mai 2007 II R 68/05 (BStBI II 2008, 12) ein Toilettenhäuschen als ein Gebäude im bewertungsrechtlichen Sinne angesehen (Geschäftsgrundstück).

7

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin hält daran fest, dass es sich bei dem von ihr auf fremdem Grund und Boden errichteten Verkaufspavillon nicht um ein Gebäude handelt. Der Verkaufspavillon sei mit dem Grund und Boden nicht fest verbunden. Eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden liege vor, wenn einzelne oder durchgehende Fundamente vorhanden seien, das Bauwerk auf diesen gründe und dadurch mit dem Grund - und Boden verankert sei. Der Begriff des Fundaments umfasse dabei jede gesonderte Einrichtung, die eine feste Verbindung des aufstehenden Bauwerks mit dem Grund und Boden bewirke und die nicht durch bloßen Abtransport wieder beseitigt werden könne. Eine solche Einrichtung, die eine feste Verbindung des Verkaufspavillons mit dem Grund und Boden bewirke, sei nicht vorhanden. Der Anschluss an Frisch- und Abwasser, auf den der Beklagte verweise, schaffe keine feste Verbindung, da er ohne Schwierigkeiten gelöst werden könne. Die Einzelteile, aus denen der Pavillon zusammengesetzt sei, seien einfach zu demontieren und könnten jederzeit an anderen Orten wiederaufgebaut werden. Bei dem Verkaufspavillon handele es sich daher nicht um ein Gebäude, sondern um eine Betriebsvorrichtung. Auch unter sonstigen Gesichtspunkten könne hier kein Gebäude angenommen werden. Es handele sich um ein in Leichtbauweise errichteten, jederzeit versetzbaren Pavillon, der weder in eine Gesamtanlage besonders integriert sei noch aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes den Charakter eines ortsfesten Bauwerks aufweise.

8

Die Klägerin beantragt, den Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid auf den 01.01.2007 vom 11. Dezember 2007 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 02. Oktober 2008 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Er verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor:

11

Der Sachverhalt sei identisch mit dem der BFH-Entscheidung vom 24. Mai 2007 in
BStBI II 2008, 12 zugrunde liegenden Bewertung eines Toilettenhäuschens. Dort habe der BFH auf die räumliche Umschließung, den Schutz gegen äußere Einflüsse und die Beständigkeit und Standfestigkeit abgestellt.

Entscheidungsgründe

12

I. Die Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

13

1. Soweit die Klägerin sich mit ihrer Klage (auch) gegen den Grundsteuermessbescheid wendet, ist die Klage unzulässig. Es fehlt insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin selbständige Einwände gegen den Grundsteuermessbescheid erhoben hätte. Wird – wie hier - lediglich geltend gemacht, der dem Messbescheid zugrunde liegende Einheitswert sei unzutreffend, kann dieser Einwand nach § 351 Abs. 2 AO nur in dem entsprechenden Grundlagenbescheid - dem gleichzeitig angefochtenen Einheitswertbescheid - nicht aber im Folgebescheid - dem Grundsteuermessbescheid - zulässigerweise geltend gemacht werden (vgl. dazu Finanzgericht München, Urteil vom 3. Dezember 1997, 4 K 130/95, Haufe-Index 952280; Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt , Beschluss vom 4. Februar 2002, 4 V 20078/00, EFG 2002, 593;Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteile vom 28. November 2008, 4 K 1648/06, n.v., und vom 22. Oktober 2009, 4 K 1697/08, n.v.). Eine  gleichwohl gegen den Folgebescheid gerichtete Klage ist unzulässig (wie hier: Gräber/von Groll, FGO, 7. Aufl., 2010, § 42 Rz 35 f. m.w.N.).

14

2. Die Klage gegen den Einheitswertbescheid hat dagegen Erfolg. Denn der Verkaufspavillon stellt kein Gebäude auf fremdem Grund und Boden dar. Der bewertungsrechtliche Begriff „Gebäude" setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH- ein Bauwerk voraus, das - durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, - den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, - fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie - von einiger Beständigkeit und - standfest ist (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 9. Juli 2009 II R 7/08, BFH/NV 2009, 1609; vom 9. Dezember 1998 II R 1/96, BFH/NV 1999, 909, und vom 20. November 1980 IV R 8/78, BStBl II 1981, 201). Dabei kommt es gemäß § 70 Abs. 3 BewG für die Einheitsbewertung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden nicht darauf an, ob das Gebäude zivilrechtlich im Sinne von § 95 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden oder im Sinne von § 94 BGB dessen wesentlicher Bestandteil geworden ist (Halaczinsky in Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, Kommentar, § 70 Rz 51; Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 20. April 2010, 3 K 18/10, Haufe-Index 2342190).

15

3. Nach Inaugenscheinnahme von Bl. 19 der EW-A und unter Zugrundelegung der Feststellungen des Bausachverständigen vom 8. November 2007 (Bl. 20 f EW-A) ist der Senat zu der Überzeugung gelangt (§ 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO-), dass der streitbefangene Verkaufspavillon kein Gebäude darstellt. Denn es fehlt an dem für ein Gebäude (§ 68 Abs. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 3, § 94 BewG) vorausgesetzten Begriffsmerkmal der "festen Verbindung mit dem Grund und Boden". Hieran ändert auch nichts daran, dass der Verkaufspavillon sowohl über eine Wasser- als auch über eine Stromzufuhr verfügt. Denn eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden wird nicht allein durch Installation von Versorgungsleitungen geschaffen, die – wie hier – ohne Schwierigkeiten wieder gelöst werden können (vgl. Mannek in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht BewG, ErbStG, Kommentar, § 68 BewG Rz 63).

16

a) Nach ständiger Rechtsprechung muss ein Gebäude die feste Verbindung mit dem Grund und Boden zwar nicht notwendig mittels eines gegossenen Fundaments haben, sondern es kann ausnahmsweise auch ausreichen, wenn das Bauwerk nur durch sein Eigengewicht auf dem Grund und Boden ruht (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 1978 II R 15/77, BStBl II 1979, 190, und vom 24. Mai 2007 II R 68/05, a.a.O. zu II 2 d; Halaczinsky in Rössler/Troll, a.a.O., § 68 Rz 79, 81, 82 m.w.N.). Für die entscheidende feste Verbindung mit dem Boden ist es nämlich unerheblich, wie die technische Frage gelöst wird, ob es erforderlich ist, das Bauwerk fest mit dem Boden zu verbinden oder ob es genügt, es nur lose aufzusetzen, weil es insbesondere infolge der Eigenschwere ohnehin auf einem Fundament ruht (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2000 II R 60/98, BFH/NV 2001, 581, Leichtbauhalle mit - auch gegen Seitenwindkräfte schützenden - Schraubverbindungen auf Streifenfundamenten) und so die Lasten in den Boden geleitet werden. Denn häufig hängt es nur von der Bodenbeschaffenheit ab, ob ein herkömmliches Fundament gewählt oder ob andere Trägerelemente als Auflagefläche gewählt werden.

17

b) Nur in den Ausnahmefällen des Ruhens auf dem Grund und Boden durch das Eigengewicht ohne feste Verbindung mit einem gegossenen Fundament bedarf es der Abgrenzung gegenüber lediglich auf dem Boden abgestellten beweglichen Sachen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juni 1988 III R 65/84, BStBl II 1988, 847 zu 3 a.E.). Als bloßes Hilfskriterium wird dann darauf abgestellt, ob das Bauwerk seiner individuellen Zweckbestimmung nach für eine dauernde Nutzung aufgestellt ist und die ihm zugedachte Ortsfestigkeit sich im äußeren Erscheinungsbild manifestiert (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 1996 III R 47/93, BStBl II 1996, 613 zu 1 b); wie etwa bei betrieblichen Büro- u.a. Containern oder Mobilheimen mit mindestens sechsjähriger Aufstelldauer auf lose verlegten Schwellen oder Kanthölzern (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 1988 III R 67/85, BStBl II 1989, 113 m.w.N; Halaczinsky in Rössler/Troll, a.a.O., § 68 Rd. 79, 81, 83; Nolte, Betriebsvorrichtung, Haufe-Index: 1633238; ABC der Betriebsvorrichtungen, Haufe-Index: 2137458), im Unterschied zu den für wechselnde Einsatzstellen vorgesehenen Baubaracken ohne Fundamentierung und den Baustellencontainern (BFH-Urteil vom 18. Juni 1986 II R 222/83, BStBl II 1986, 787). Das Kriterium der Ortsfestigkeit anhand des äußeren Erscheinungsbilds einschließlich der Nutzungsdauer dient insoweit jedoch nur als Hilfskriterium in den Fällen der fehlenden festen Verbindung mit einem Fundament, ohne jedoch deren Mindestvoraussetzung des Ruhens auf dem Grund und Boden aufgrund des Eigengewichts zu ersetzen.

18

c) Hiernach weist der Verkaufspavillon trotz entsprechender Standfestigkeit kein derartiges Gewicht auf, um so die Mindestvoraussetzung des Ruhens auf dem Grund und Boden aufgrund Eigenschwere annehmen zu können. Der in Fertigteilbauweise erstellte Systembau besteht vorrangig aus Holz-, Stahl- bzw. Aluminium-  und Glaselementen und erlangt nicht annähernd ein Gesamtgewicht von 3 t, worauf der BFH in dem von ihm entschiedenen Sachverhalt eines Toilettenhäuschens – neben der dortigen Fundamentierung -  abstellen konnte. Abgesehen davon ist vom Gesamtgewicht des Pavillons der auf die Inneneinrichtung, bestehend aus einer Arbeitsplattenwinkelanlage, dem Handwaschbecken und dem Brezelofen, entfallende Gewichtsanteil außen vor zu lassen, da diese als Betriebsvorrichtung einzustufen ist, steht sie doch in unmittelbarer Beziehung zur Ausübung des Gewerbebetriebes. Bei einem Eigengewicht eines leistungsfähigen Brezelofens, der bis zu 75 kg betragen kann (vgl. etwa http://cgi.ebay.de/Durchlaufofen-Brezelofen-Pizzaofen-kein-Impinger-/290541333401), und dem Gewicht der sonstigen Inneneinrichtung wären hiernach bereits über 100 kg vom Gesamtgewicht des Pavillons abzusetzen und können damit nicht bei dessen sog. Eigenschwere berücksichtigt werden.

19

d) Insoweit besteht – trotz aufwändigerer Konstruktion und Beschaffenheit – nach Einschätzung des erkennenden Senats eine Parallele zu einem Verkaufskiosk, der vom BFH (BFH-Urteil vom 01. Dezember 1970 VI R 180/69, BStBl II 1971, 161) ebenfalls nicht als Gebäude eingestuft wurde. Denn auch dort fehlte es nämlich mangels Fundamentierung oder vergleichbarer Verankerung bzw. Eigenschwere bereits an einer „festen Verbindung” mit dem Grund und Boden.

20

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

21

III. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung richtet sich nach §§ 151, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung –ZPO-.

22

IV. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe hierfür gemäß § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.

(1) Zum Grundvermögen gehören

1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör,
2.
das Erbbaurecht,
3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 33) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99) handelt.

(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen

1.
Bodenschätze,
2.
die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.



Tenor

I. Der Einheitswertbescheid auf den 01.01.2007 vom 11. Dezember 2007 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 02. Oktober 2008 werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin und der Beklagte zu je ½ zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten zugunsten der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob ein Verkaufspavillon für die Einheitsbewertung zu grundsteuerlichen Zwecken als Gebäude auf fremdem Grund und Boden anzusehen ist.

2

Mit Antrag vom 03. August 2006 begehrte die Klägerin die Aufstellung eines Verkaufspavillons („Brezelhaus“) auf dem Flugplatz ... vor dem Terminal ... . Nach der Baubeschreibung handelt es sich um eine Außenwandkonstruktion aus beschichtetem Aluminiumsystemprofil mit Systemeck-Verbinder und Verschraubungen, Füllungen der Fassade aus wasserfest verleimtem Sperrholz, wasserfest verleimt mit Schichtstoff. Die Gesamtfläche beträgt ca. 8 m², der umbaute Raum 23 m³. Die Eingangstür ist in der Höhe zweigeteilt und getrennt voneinander zu öffnen. Das Oberteil ist verglast. Die Front beinhaltet eine verfahrbare Theke, das Seitenteil neben der Theke ist fest verglast. Der Verschluss erfolgt durch Aluminium- Panzerrollladen mit Hand- oder Elektrobetrieb. Unterhalb der Verglasung ist eine Drehtür eingebaut zum Verschluss eines von außen zugänglichen Stauraums. Die Seitenwände sind teilweise verglast. Die Rückwand besteht aus festen Füllungen und der Seitenbereich der Rückwand ist als Drehtür ausgebildet. An allen vier Hausecken sind Aluminium- Rundsäulen zu dekorativen Zwecken montiert. Die Bodenkonstruktion besteht aus Holzrahmenwerk mit Holzschutz lasiert. Der eigentliche Boden besteht aus einem dreischaligen Aufbau von wasserfest verleimtem Sperrholz. Hier kann eine Fußbodenerwärmung eingebracht und die gesamte Konstruktion mittels Stellfüßen ausgerichtet werden. Die Dachkonstruktion - Flachdach in Kastenbauweise - besteht aus wasserfestem Holzwerkstoff. Alle von außen sichtbaren Teile sind mit gekantetem Aluminiumblech (pulverbeschichtet) ummantelt. Die obere Dachfläche ist mit PVC – Schweißbahnen und zwei eingebrachten Dachabläufen belegt. Zur Dekoration befindet sich auf der Dachfläche eine Pyramide mit 4-seitiger Grundfläche aus gekantetem Aluminiumlochblech (pulverbeschichtet) und in der vorderen senkrechten Dachseite ist eine elektrische Tuchmarkise integriert. Das gesamte Dach wird von der Innenseite durch eine Stahlrohrschweißkonstruktion unterstützt. Die Inneneinrichtung besteht aus einer Arbeitsplattenwinkelanlage, einer Tischlerplatte, befestigt mit Aluminiumwinkeln und tragenden Seiten aus Holzwerkstoff. Ferner gibt es ein eingebautes Handwaschbecken, vorgesehen für den Anschluss von Frisch- und Abwasser oder Betreibung mittels elektrischer Pumpe und Frisch- und Abwasserkanister. Im Verkaufspavillon werden die für den Transport tiefgekühlten Teiglinge in einem speziellen Brezelofen frisch gebacken und an die Kundschaft warm verkauft. Ergänzend wird auf die Fotografie vom Verkaufspavillon Brezelhaus (Bl. 19 EW-A) Bezug genommen.

3

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2007 stellte der Beklagte den Einheitswert auf den 01.01.2007 auf 1.073 € (Nachfeststellung) und den Grundsteuermessbetrag auf den 01.01.2007 mit 3,75 € (Nachveranlagung) im Sachwertverfahren fest (Geschäftsgrundstück auf fremdem Grund und Boden).

4

Ihren Einspruch begründete die Klägerin damit, dass es sich nicht um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, sondern um einen „fliegenden Bau" (beweglicher Verkaufspavillon) auf dem Flugplatz ... handele. Dieser sei nicht mit dem Grund und Boden verbunden, sondern aus Einzelteilen zusammengeschraubt und zur einfachen Demontage vorgesehen. Die einzelnen Fertigteile bestünden aus kunststoffbeschichteten Holzwerkstoffplatten, die jederzeit an anderen Orten wieder aufgebaut werden könnten. Es handele sich somit nicht um ein Gebäude, sondern um eine Betriebsvorrichtung und somit um ein bewegliches Wirtschaftsgut. Der Kiosk sei so gebaut, dass er jederzeit versetzt werden könne. Vorrichtungen, die auf eine Ortsfestigkeit deuteten, seien nicht vorhanden. Zwar besitze jeder Gegenstand eine Eigenschwere, das allein sei jedoch kein Abgrenzungsmerkmal. Es müssten bauliche Vorkehrungen hinzutreten, die die für Gebäude notwendige feste Verbindung mit dem Grund und Boden ersetzten. Der Kiosk erfülle damit nicht die Merkmale eines Gebäudes und sei somit Betriebsvorrichtung. Die bauliche Gestaltung und Verwendung des Kiosks sei für stets wechselnde Verkaufsorte vorgesehen, sodass ihm das den Gebäudebegriff voraussetzende Merkmal der Ortsfestigkeit fehle. Der Kiosk sei versetzbar, transportabel und ohne Fundament.

5

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 2. Oktober 2008 als unbegründet zurück.

6

Nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 des Bewertungsgesetzes –BewG- gehörten zum Grundvermögen neben dem Grund und Boden die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör, nicht aber die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehörten, auch wenn sie wesentliche Bestandteile seien (§ 68 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Bei der Abgrenzung der Gebäude von den Betriebsvorrichtungen sei vom Gebäudebegriff auszugehen, weil Gebäude grundsätzlich zum Grundvermögen gehörten und demgemäß ein Bauwerk, das als Gebäude zu betrachten sei, nicht Betriebsvorrichtung sein könne. Als Gebäude sei ein Bauwerk anzusehen, das durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewähre, den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatte, fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie von einiger Beständigkeit und standfest sei. Alle Bauwerke, die sämtliche dieser Begriffsmerkmale aufwiesen, seien ausnahmslos als Gebäude zu behandeln (Hinweis auf BFH-Urteil vom 15. Juni 2005 II R 67/04, BStBI II 2005, 688, m.w.N.). So liege der Streitfall. Denn, wie die Baubeschreibung zeige, gewähre der Kiosk durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse, er diene dem dauernden Aufenthalt von Menschen (Verkaufspersonal), er sei von Beständigkeit und standfest sowie mit dem Grund und Boden, wenn auch nicht durch Fundamente oder ähnliches verbunden, so doch darauf zumindest zwecks Standsicherheit befestigt. Insbesondere sei nach der Baubeschreibung und dem Mietvertrag (§ 7 Ziff. 9) der Anschluss an Frisch - und Abwasser und damit insoweit eine Verbindung mit dem Grund und Boden vorgesehen. Er beinhalte somit alle Merkmale eines Gebäudes i. S. d. vorgenannten höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die jederzeitige Versetzbarkeit hindere nicht die Annahme eines Gebäudes. So habe der BFH im Urteil vom 24. Mai 2007 II R 68/05 (BStBI II 2008, 12) ein Toilettenhäuschen als ein Gebäude im bewertungsrechtlichen Sinne angesehen (Geschäftsgrundstück).

7

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Klägerin hält daran fest, dass es sich bei dem von ihr auf fremdem Grund und Boden errichteten Verkaufspavillon nicht um ein Gebäude handelt. Der Verkaufspavillon sei mit dem Grund und Boden nicht fest verbunden. Eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden liege vor, wenn einzelne oder durchgehende Fundamente vorhanden seien, das Bauwerk auf diesen gründe und dadurch mit dem Grund - und Boden verankert sei. Der Begriff des Fundaments umfasse dabei jede gesonderte Einrichtung, die eine feste Verbindung des aufstehenden Bauwerks mit dem Grund und Boden bewirke und die nicht durch bloßen Abtransport wieder beseitigt werden könne. Eine solche Einrichtung, die eine feste Verbindung des Verkaufspavillons mit dem Grund und Boden bewirke, sei nicht vorhanden. Der Anschluss an Frisch- und Abwasser, auf den der Beklagte verweise, schaffe keine feste Verbindung, da er ohne Schwierigkeiten gelöst werden könne. Die Einzelteile, aus denen der Pavillon zusammengesetzt sei, seien einfach zu demontieren und könnten jederzeit an anderen Orten wiederaufgebaut werden. Bei dem Verkaufspavillon handele es sich daher nicht um ein Gebäude, sondern um eine Betriebsvorrichtung. Auch unter sonstigen Gesichtspunkten könne hier kein Gebäude angenommen werden. Es handele sich um ein in Leichtbauweise errichteten, jederzeit versetzbaren Pavillon, der weder in eine Gesamtanlage besonders integriert sei noch aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes den Charakter eines ortsfesten Bauwerks aufweise.

8

Die Klägerin beantragt, den Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid auf den 01.01.2007 vom 11. Dezember 2007 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 02. Oktober 2008 aufzuheben.

9

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Er verweist auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor:

11

Der Sachverhalt sei identisch mit dem der BFH-Entscheidung vom 24. Mai 2007 in
BStBI II 2008, 12 zugrunde liegenden Bewertung eines Toilettenhäuschens. Dort habe der BFH auf die räumliche Umschließung, den Schutz gegen äußere Einflüsse und die Beständigkeit und Standfestigkeit abgestellt.

Entscheidungsgründe

12

I. Die Klage ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

13

1. Soweit die Klägerin sich mit ihrer Klage (auch) gegen den Grundsteuermessbescheid wendet, ist die Klage unzulässig. Es fehlt insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin selbständige Einwände gegen den Grundsteuermessbescheid erhoben hätte. Wird – wie hier - lediglich geltend gemacht, der dem Messbescheid zugrunde liegende Einheitswert sei unzutreffend, kann dieser Einwand nach § 351 Abs. 2 AO nur in dem entsprechenden Grundlagenbescheid - dem gleichzeitig angefochtenen Einheitswertbescheid - nicht aber im Folgebescheid - dem Grundsteuermessbescheid - zulässigerweise geltend gemacht werden (vgl. dazu Finanzgericht München, Urteil vom 3. Dezember 1997, 4 K 130/95, Haufe-Index 952280; Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt , Beschluss vom 4. Februar 2002, 4 V 20078/00, EFG 2002, 593;Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteile vom 28. November 2008, 4 K 1648/06, n.v., und vom 22. Oktober 2009, 4 K 1697/08, n.v.). Eine  gleichwohl gegen den Folgebescheid gerichtete Klage ist unzulässig (wie hier: Gräber/von Groll, FGO, 7. Aufl., 2010, § 42 Rz 35 f. m.w.N.).

14

2. Die Klage gegen den Einheitswertbescheid hat dagegen Erfolg. Denn der Verkaufspavillon stellt kein Gebäude auf fremdem Grund und Boden dar. Der bewertungsrechtliche Begriff „Gebäude" setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs –BFH- ein Bauwerk voraus, das - durch räumliche Umschließung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, - den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet, - fest mit dem Grund und Boden verbunden sowie - von einiger Beständigkeit und - standfest ist (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 9. Juli 2009 II R 7/08, BFH/NV 2009, 1609; vom 9. Dezember 1998 II R 1/96, BFH/NV 1999, 909, und vom 20. November 1980 IV R 8/78, BStBl II 1981, 201). Dabei kommt es gemäß § 70 Abs. 3 BewG für die Einheitsbewertung eines Gebäudes auf fremdem Grund und Boden nicht darauf an, ob das Gebäude zivilrechtlich im Sinne von § 95 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden oder im Sinne von § 94 BGB dessen wesentlicher Bestandteil geworden ist (Halaczinsky in Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, Kommentar, § 70 Rz 51; Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 20. April 2010, 3 K 18/10, Haufe-Index 2342190).

15

3. Nach Inaugenscheinnahme von Bl. 19 der EW-A und unter Zugrundelegung der Feststellungen des Bausachverständigen vom 8. November 2007 (Bl. 20 f EW-A) ist der Senat zu der Überzeugung gelangt (§ 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO-), dass der streitbefangene Verkaufspavillon kein Gebäude darstellt. Denn es fehlt an dem für ein Gebäude (§ 68 Abs. 1 Nr. 1, § 70 Abs. 3, § 94 BewG) vorausgesetzten Begriffsmerkmal der "festen Verbindung mit dem Grund und Boden". Hieran ändert auch nichts daran, dass der Verkaufspavillon sowohl über eine Wasser- als auch über eine Stromzufuhr verfügt. Denn eine feste Verbindung mit dem Grund und Boden wird nicht allein durch Installation von Versorgungsleitungen geschaffen, die – wie hier – ohne Schwierigkeiten wieder gelöst werden können (vgl. Mannek in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht BewG, ErbStG, Kommentar, § 68 BewG Rz 63).

16

a) Nach ständiger Rechtsprechung muss ein Gebäude die feste Verbindung mit dem Grund und Boden zwar nicht notwendig mittels eines gegossenen Fundaments haben, sondern es kann ausnahmsweise auch ausreichen, wenn das Bauwerk nur durch sein Eigengewicht auf dem Grund und Boden ruht (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 1978 II R 15/77, BStBl II 1979, 190, und vom 24. Mai 2007 II R 68/05, a.a.O. zu II 2 d; Halaczinsky in Rössler/Troll, a.a.O., § 68 Rz 79, 81, 82 m.w.N.). Für die entscheidende feste Verbindung mit dem Boden ist es nämlich unerheblich, wie die technische Frage gelöst wird, ob es erforderlich ist, das Bauwerk fest mit dem Boden zu verbinden oder ob es genügt, es nur lose aufzusetzen, weil es insbesondere infolge der Eigenschwere ohnehin auf einem Fundament ruht (vgl. BFH-Urteil vom 20. September 2000 II R 60/98, BFH/NV 2001, 581, Leichtbauhalle mit - auch gegen Seitenwindkräfte schützenden - Schraubverbindungen auf Streifenfundamenten) und so die Lasten in den Boden geleitet werden. Denn häufig hängt es nur von der Bodenbeschaffenheit ab, ob ein herkömmliches Fundament gewählt oder ob andere Trägerelemente als Auflagefläche gewählt werden.

17

b) Nur in den Ausnahmefällen des Ruhens auf dem Grund und Boden durch das Eigengewicht ohne feste Verbindung mit einem gegossenen Fundament bedarf es der Abgrenzung gegenüber lediglich auf dem Boden abgestellten beweglichen Sachen (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juni 1988 III R 65/84, BStBl II 1988, 847 zu 3 a.E.). Als bloßes Hilfskriterium wird dann darauf abgestellt, ob das Bauwerk seiner individuellen Zweckbestimmung nach für eine dauernde Nutzung aufgestellt ist und die ihm zugedachte Ortsfestigkeit sich im äußeren Erscheinungsbild manifestiert (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 1996 III R 47/93, BStBl II 1996, 613 zu 1 b); wie etwa bei betrieblichen Büro- u.a. Containern oder Mobilheimen mit mindestens sechsjähriger Aufstelldauer auf lose verlegten Schwellen oder Kanthölzern (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 1988 III R 67/85, BStBl II 1989, 113 m.w.N; Halaczinsky in Rössler/Troll, a.a.O., § 68 Rd. 79, 81, 83; Nolte, Betriebsvorrichtung, Haufe-Index: 1633238; ABC der Betriebsvorrichtungen, Haufe-Index: 2137458), im Unterschied zu den für wechselnde Einsatzstellen vorgesehenen Baubaracken ohne Fundamentierung und den Baustellencontainern (BFH-Urteil vom 18. Juni 1986 II R 222/83, BStBl II 1986, 787). Das Kriterium der Ortsfestigkeit anhand des äußeren Erscheinungsbilds einschließlich der Nutzungsdauer dient insoweit jedoch nur als Hilfskriterium in den Fällen der fehlenden festen Verbindung mit einem Fundament, ohne jedoch deren Mindestvoraussetzung des Ruhens auf dem Grund und Boden aufgrund des Eigengewichts zu ersetzen.

18

c) Hiernach weist der Verkaufspavillon trotz entsprechender Standfestigkeit kein derartiges Gewicht auf, um so die Mindestvoraussetzung des Ruhens auf dem Grund und Boden aufgrund Eigenschwere annehmen zu können. Der in Fertigteilbauweise erstellte Systembau besteht vorrangig aus Holz-, Stahl- bzw. Aluminium-  und Glaselementen und erlangt nicht annähernd ein Gesamtgewicht von 3 t, worauf der BFH in dem von ihm entschiedenen Sachverhalt eines Toilettenhäuschens – neben der dortigen Fundamentierung -  abstellen konnte. Abgesehen davon ist vom Gesamtgewicht des Pavillons der auf die Inneneinrichtung, bestehend aus einer Arbeitsplattenwinkelanlage, dem Handwaschbecken und dem Brezelofen, entfallende Gewichtsanteil außen vor zu lassen, da diese als Betriebsvorrichtung einzustufen ist, steht sie doch in unmittelbarer Beziehung zur Ausübung des Gewerbebetriebes. Bei einem Eigengewicht eines leistungsfähigen Brezelofens, der bis zu 75 kg betragen kann (vgl. etwa http://cgi.ebay.de/Durchlaufofen-Brezelofen-Pizzaofen-kein-Impinger-/290541333401), und dem Gewicht der sonstigen Inneneinrichtung wären hiernach bereits über 100 kg vom Gesamtgewicht des Pavillons abzusetzen und können damit nicht bei dessen sog. Eigenschwere berücksichtigt werden.

19

d) Insoweit besteht – trotz aufwändigerer Konstruktion und Beschaffenheit – nach Einschätzung des erkennenden Senats eine Parallele zu einem Verkaufskiosk, der vom BFH (BFH-Urteil vom 01. Dezember 1970 VI R 180/69, BStBl II 1971, 161) ebenfalls nicht als Gebäude eingestuft wurde. Denn auch dort fehlte es nämlich mangels Fundamentierung oder vergleichbarer Verankerung bzw. Eigenschwere bereits an einer „festen Verbindung” mit dem Grund und Boden.

20

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

21

III. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung richtet sich nach §§ 151, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung –ZPO-.

22

IV. Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe hierfür gemäß § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.

(1) Zum Grundvermögen gehören

1.
der Grund und Boden, die Gebäude, die sonstigen Bestandteile und das Zubehör,
2.
das Erbbaurecht,
3.
das Wohnungseigentum, Teileigentum, Wohnungserbbaurecht und Teilerbbaurecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz,
soweit es sich nicht um land- und forstwirtschaftliches Vermögen (§ 33) oder um Betriebsgrundstücke (§ 99) handelt.

(2) In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen

1.
Bodenschätze,
2.
die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind.
Einzubeziehen sind jedoch die Verstärkungen von Decken und die nicht ausschließlich zu einer Betriebsanlage gehörenden Stützen und sonstigen Bauteile wie Mauervorlagen und Verstrebungen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen Erfolg.

2

Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Streitfall (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Ferner liegt ein i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO geltend gemachter Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könnte, nicht vor.

3

a) Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für ihre Beurteilung maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dies ist nur der Fall, wenn die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Juni 2010 XI B 88/09, BFH/NV 2010, 1875, m.w.N.).

4

An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen oder der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1875, m.w.N.).

5

Die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage, ob die Erhebung der Umsatzsteuer auf sexuelle Dienstleistungen von Prostituierten wegen eines bestehenden strukturellen Vollzugsdefizits gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoße, ist nicht klärungsbedürftig.

6

aa) Die aufgeworfene Rechtsfrage, die im Kern darauf zielt, ob die Steuer erhoben werden darf, wenn eine mangelhafte Durchsetzung die gleichmäßige Steuerbelastung in Frage stellt, kann anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BFH beantwortet werden.

7

(1) Es ist bereits geklärt, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für das Steuerrecht verlangt, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Eine durch Vollzugsmängel hervorgerufene Belastungsungleichheit führt zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung, wenn sich eine Erhebungsregelung gegenüber einem Besteuerungstatbestand in der Weise strukturell gegenläufig auswirkt, dass der Besteuerungsanspruch weitgehend nicht durchgesetzt werden kann, und dieses Ergebnis dem Gesetzgeber zuzurechnen ist (vgl. BFH-Beschluss vom 1. Juli 2010 V B 62/09, BFH/NV 2010, 2136, m.w.N.; BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654). Ein verfassungsrechtlich bedeutsames strukturelles Vollzugsdefizit ist jenseits eines solchen normativen Erhebungsdefizits nur denkbar, wenn die Besteuerung aus politischen Gründen nicht vollzogen wird oder in einer Anlaufphase erkennbare Umsetzungsprobleme nicht beseitigt werden (zum Kontenabrufverfahren vgl. BFH-Entscheidungen vom 19. Dezember 2007 IX B 219/07, BFHE 219, 353, BStBl II 2008, 382; vom 29. November 2005 IX R 49/04, BFHE 211, 330, BStBl II 2006, 178, unter II.2.d).

8

(2) Ein in diesem Sinne strukturelles Vollzugsdefizit besteht im Streitfall nicht. Es mag zwar für die Finanzämter rein tatsächlich schwierig sein, Umsätze aus sexuellen Dienstleistungen zu besteuern und Kenntnis von steuerrelevanten Sachverhalten zu erlangen. Die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen führt jedoch nicht ohne weiteres zur Gleichheitswidrigkeit (vgl. BFH-Urteile vom 22. April 2008 IX R 29/06, BFHE 221, 97, BStBl II 2009, 296; vom 4. Juni 1987 V R 9/79, BFHE 150, 192, BStBl II 1987, 653; BVerfG-Urteil vom 9. März 2004  2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56). Die Festsetzung der Steuer auf Umsätze aus sexuellen Dienstleistungen ist nicht --wie es etwa bei der Besteuerung von privaten Spekulationsgeschäften bei Wertpapieren in den Veranlagungszeiträumen 1997 und 1998 der Fall war-- aus einem Zusammenspiel ermittlungsbeschränkender und fehlender ermittlungsfördernder Normen geprägt (vgl. BVerfG-Urteil in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, unter C.III.3.). Das Gesetz enthält keinerlei Vorschriften, welche die Verifikation der auch in diesen Fällen zu erklärenden Umsätze hindern. Vielmehr ist nach der geltenden Gesetzeslage auch eine sexuelle Dienstleistung erbringende Prostituierte als Unternehmerin nach § 22 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes verpflichtet, zur Feststellung der Steuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Eine verfassungswidrige, nicht auf gleichmäßigen Belastungserfolg angelegte Gesetzeslage besteht somit selbst dann nicht, wenn die mit der Beschwerde vorgebrachte unzureichende steuerliche Erfassung sexueller Dienstleistungen empirisch zutreffen sollte. Anhaltspunkte für eine mangelnde Vollziehung der Besteuerungsregelungen im Bereich dieser Dienstleistungen aus politischen oder sonstigen, dem Gesetzgeber anzulastenden Gründen sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

9

bb) Neue Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung dieser Rechtsprechung erfordern würde, vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch der Hinweis der Klägerin auf das nach ihrem Vorbringen seit 2002, mithin im streitgegenständlichen Zeitraum zunehmend zur Anwendung kommende "Düsseldorfer Verfahren" gibt hierzu keinen Anlass. Dieses auf Vorauszahlung gerichtete vereinfachte Verwaltungsverfahren der Finanzbehörden zielt darauf ab, den Vollzug der Besteuerung im Bereich der Prostitution zu verbessern und zu vereinheitlichen (vgl. Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten --Prostitutionsgesetz--, BTDrucks 16/4146, S. 40). Soweit die Klägerin vorbringt, dieses Verwaltungsverfahren habe faktische Abgeltungswirkung, und sie hierdurch die an diesem Verfahren teilnehmenden Prostituierten untereinander je nach Region und gegenüber anderen ungleich bessergestellt sieht, ist darauf hinzuweisen, dass der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Anwendung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis und damit auf Gleichheit im Unrecht vermittelt (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 2136, m.w.N.).

10

b) Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO zuzulassen.

11

Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts ist nur erforderlich, wenn über bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfragen zu entscheiden wäre (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 2136, m.w.N.).

12

aa) Die mit der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist, wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt, als geklärt anzusehen.

13

bb) Dies gilt gleichermaßen, soweit die Klägerin im Zusammenhang mit dem Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung ferner die weitere Frage aufwirft, ob gerade der Umstand, dass Prostituierte trotz des BFH-Urteils aus dem Jahre 1987 (BFHE 150, 192, BStBl II 1987, 653) langjährig nicht und erst recht nicht im Regelverfahren besteuert worden seien, ein strukturelles Vollzugsdefizit begründe.

14

c) Der vermeintliche Verfahrensverstoß in Gestalt einer Überraschungsentscheidung liegt nicht vor.

15

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlangt von dem erkennenden Gericht vornehmlich, dass es die Beteiligten über den Verfahrensstoff informiert, ihnen Gelegenheit zur Äußerung gibt, ihre Ausführungen sowie Anträge zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 16. August 2005 III S 23/05, BFH/NV 2005, 2234, m.w.N.). Das rechtliche Gehör ist verletzt, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 22. April 2008 X S 3/08, Zeitschrift für Steuern und Recht --ZSteu-- 2008, R608, m.w.N.; vom 12. November 2008 V S 11/08, nicht veröffentlicht --n.v.--, juris, m.w.N.). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt jedoch nicht, dass das Gericht die maßgebenden rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten umfassend erörtert. Es ist grundsätzlich weder zu einem Rechtsgespräch noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in ZSteu 2008, R608, m.w.N.; vom 19. Dezember 2008 V S 44-46/07, n.v., juris, m.w.N.; vom 31. Januar 2007 III S 33/06, BFH/NV 2007, 953, m.w.N.).

16

Nach diesen Maßstäben war das Finanzgericht nicht gehalten, vor Erlass der angefochtenen Entscheidung auf seine Ansicht hinzuweisen, dass im Übrigen die Finanzämter auch bei anderen, am "Düsseldorfer Verfahren" teilnehmenden Prostituierten auf Maßnahmen zur Überwachung und Durchsetzung der steuerrechtlichen Pflichten nicht verzichten würden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Tatbestand

1

Beim Einheitswert für die Betriebsgebäude der Klägerin auf dem gemieteten Grundstück ist streitig, ob Abschläge wegen vertraglicher Abbruchverpflichtung zu berücksichtigen sind (§ 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG) oder aber vorauszusehen ist, dass die Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden (§ 94 Abs. 3 Satz 3 HS 2 BewG).

2

I. Mietgrundstück und Mieter-Gebäude

3

Auf dem gemieteten Grundstück betätigt die Klägerin sich in der industriellen Produktion von Lebensmitteln. Das vermietete Grundstück befindet sich im Hafengebiet, jedoch außerhalb des mit Wirkung ab 2013 aufgehobenen Freihafens. Verwaltet wurde das Hafengebiet früher behördlich und nach Errichtung der Hamburg Port Authority AöR (HPA) seit 2006 durch diese.

4

Das Grundstück liegt an einem Elbarm mit tideabhängiger Wassertiefe. Letztere reicht im Fahrwasser für Binnenschiffe aus. Das Ufer ist nicht als Kai ausgebaut. Ein bei Anmietung des Grundstücks 19.. ... erwogener Schuten-Anleger wurde nicht realisiert.

5

Das Hafengrundstück befindet sich im möglichen Überschwemmungsgebiet der Elbe. Bei Sturmflutvorhersagen über NN +6,50 m wird das gesamte Hafengebiet gesperrt. Bei der sogenannten Nikolaus-Sturmflut am 6. Dezember 2013 stand das Hochwasser bis wenige Zentimeter unterhalb der Deichkrone. Der Bau einer 7,80 m hohen Polderwand zwecks besseren Schutzes bei Sturmfluten war zum Feststellungszeitpunkt bzw. Bewertungsstichtag 2013 noch nicht abgeschlossen. Nach dem Stichtag wurde ein sechsgeschossiges Verwaltungsgebäude zum Ersatz bisheriger Pavillons gemäß Bauantrag und Genehmigung aus 2015 errichtet.

6

Auf dem Grundstück besteht kein Bahn- bzw. Hafenbahn-Anschluss.

7

Rohstoffe und Fertigwaren werden mit Lkw bzw. Last- oder Sattelzügen an- und ausgeliefert, die Verkehrs-, Rangier- und Abstellflächen benötigen. Einige Container-Wechselbrücken können vor Ort abgestellt werden. Aus Platzmangel werden mit Fertigwaren beladene Container zu einem externen Lager gebracht. Das bisher im Baustufenplan als Industriegebiet ausgewiesene Mietgrundstück ist neben den vorgenannten Flächen, Grünflächen und einem Mitarbeiterparkplatz nur teilweise bebaut.

8

Die am Stichtag 2013 vorhandenen Baulichkeiten befinden sich in einem gut unterhaltenen und gepflegten Zustand. ... Soweit aus seit 1968 noch vorhandenen Bauakten ersichtlich, liegen der Bebauung, ihren Erweiterungen und Änderungen seit Anmietung bis zum Stichtag mindestens 59 Bauantrags- und -genehmigungs-Vorgänge zugrunde.

9

Über die vorstehenden sowie die weiteren Einzelheiten der Bauteile einschließlich der Flächen, Raummaße und Baujahre, weiter einschließlich der den Gebäudeklassen und sonstigen Zu- und Abschlägen zugrunde liegenden Bauausführungen, weiter einschließlich der sonstigen Gegebenheiten und Außenanlagen sowie jeweils zusammenfassend über die sich daraus für die Einheitsbewertung ergebenden Bauteilswerte stimmen die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht überein, mit Ausnahme ab 2013 der Abschläge wegen Abbruchverpflichtung dem Grunde.

10

II. Mietvertrag

11

Die Klägerin mietete das Grundstück ursprünglich von der Stadt. ...

12

Im Wege der gesetzlichen Rechtsnachfolge gingen das vormalige Amt für Strom- und Hafenbau, zwischenzeitlich Amt Port Authority der Wirtschaftsbehörde, sowie das Hafenamt der Liegenschaftsverwaltung der Finanzbehörde der Stadt als Eigentümerin und Vermieterin auf die mit Wirkung ab 2006 als AöR errichtete Hamburg Port Authority (HPA) über. Gemäß HPA-Errichtungsgesetz "§ 11 Wirtschaftsführung" wird die HPA "nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt" (HmbGVBl 2005, 256).

13

Der das vorliegende Mietgrundstück nicht umfassende Freihafen wurde durch Gesetz von 2011 - mit Wirkung ab 2013 - aufgehoben (BGBl I 2011, 50). In diesem zeitlichen Zusammenhang war lange vor Vertragsablauf 2017 die Verlängerung und Neuverhandlung des Mietvertrags zwischen der HPA und der Klägerin ein "mehrjähriges Thema" mit "unverhältnismäßiger Anzahl und Dauer der Gespräche". Gegenüber der auslaufenden Miete von rund .... DM/qm p. a. wurde über einen neuen Mietpreis zwischen ... und ... Euro/qm p. a. verhandelt. Die Klägerin hatte im Übrigen die Alternative einer Umsiedlung vor Augen; nämlich vergleichbar mit dem seinerzeit durch einen Wettbewerber in der jetzigen Metropolregion Hamburg im benachbarten Bundesland neu errichteten Werk nach einem berichteten Grundstücks-Kaufpreis von ... Euro/qm.

14

Einen letzten Entwurf der 9. Nachschrift zum Mietvertrag erstellte und übersandte die HPA in 2012 - d. h. vor dem Bewertungsstichtag 01.01.2013 - mit u. a. folgendem Inhalt:

Ziffer 2

Verlängerung bis 31. März 2042;

Ziffer 3

Erweiterung auf ... qm gemäß Lageplan;

Ziffer 4 Abs. 1

(Nach in der 8. Nachschrift vorbehaltener Mietüberprüfung 2002) anstelle einer Mieterhöhung für 2007 - 2012 deren Abgeltung durch Einmalbetrag ... Euro (d. h. für die 6 Jahre zusammen insgesamt zusätzlich rd. ... Euro/qm);

Ziffer 4 Abs. 2

Mieterhöhung ab 2013 auf ... Euro Jahresmiete;

Ziffer 4 Abs. 3

Weitere jahresweise bis 2032 gestaffelte Mieterhöhungen bis auf ... Euro Jahresmiete;

Ziffer 5

Geltung der inzwischen von der HPA herausgegebenen Allgemeinen Vertragsbestimmungen für die Vermietung von Hafen- und Hafenindustriegrundstücken (AVB-HI) 2002 anstelle der AVB-HI 1992;

Ziffer 6

Ergänzungen zu den AVB-HI 2002.

15

In den AVB-HI 2002 heißt es auszugsweise:

"4.     

Bebauung ...

4.4     

Soweit in diesem Vertrag keine abweichenden Regelungen getroffen

sind, werden die vom Mieter errichteten Bauwerke und Anlagen nur zur Nutzung während der Mietzeit mit dem Grund und Boden verbunden; sie dienen also nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 Abs. 1 BGB. ...

19.     

Kündigung ...

19.1   

Fristlose Kündigung ...

19.2   

Außerordentliche Kündigung

19.2.1

Bei Verträgen mit fester Dauer ist die Vermieterin berechtigt, vor Vertragsablauf

das Mietverhältnis ... zu kündigen, wenn die Vermieterin das ... Mietobjekt ... für

-     Belange der Hafenentwicklung, ...

-     Zwecke des Gemeinbedarfs ... oder ...

dringend benötigt ... Die Kündigung kann bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nur mit einer Frist von 24 Monaten ... ausgesprochen werden.

19.3   

Ausschluss der stillschweigenden Verlängerung

Wird das Grundstück nach Ablauf der Mietzeit nicht vertragsgemäß herausgegeben, verlängert sich das Mietverhältnis abweichend von § 545 BGB nicht stillschweigend.

20    

Entschädigungsregelung bei außerordentlicher Kündigung

und Nichtverlängerung eines langfristigen Vertrags

20.1   

Der Mieter erhält eine Entschädigung,

wenn das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung beendet wird ...

oder der Vermieter dem Mieter das Mietobjekt nach Ablauf des auf mehr als 15 Jahre abgeschlossenen Vertrags aus den für die außerordentliche Kündigung geltenden Gründen (s. Nr. 19.2.1) nicht weiterhin zur Nutzung überlassen kann. Die Entschädigung wird gewährt für die mit Zustimmung der Vermieterin vertragsgemäß vom Mieter errichteten ... Bauwerke und Anlagen ...

Die Entschädigung wird bemessen nach

-     dem Verkehrswert der auf der herauszugebenden Mietfläche

vorhandenen mietereigenen Bauwerke, ...

        

Bei der Ermittlung der Verkehrswerte der Bauwerke ... wird - unabhängig von der Restlaufzeit des Mietvertrages - auf die technische bzw. wirtschaftliche Restnutzungsdauer der Bauwerke ... abgestellt.

21.     

Räumung

21.1   

Der Mieter hat das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses

geräumt und in einwandfreiem Zustand zurückzugeben. ... Er ist verpflichtet, das Mietobjekt von den in seinem Eigentum stehenden Bauwerken und Anlagen (einschließlich der unterirdischen Fundamente bzw. Kellermauern und -fußböden) ... restlos ober- und unterirdisch auf seine Kosten und - soweit nicht die Bestimmungen in Nr. 20 Anwendung finden - ohne Entschädigung freizumachen ...

21.2   

Die vorstehende Räumungsverpflichtung des Mieters gilt auch für den

Fall der ... vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses."

16

Zwischenzeitlich entworfene AVB-HI 2010 hatte die HPA zum Zeitpunkt des Entwurfs der 9. Nachschrift zum Mietvertrag bereits wieder zurückgezogen (vgl. Rechnungshof, Gutachtliche Äußerung "Entschädigungsleistungen für die Freimachung von Hafenflächen", Internet).

17

Ziffer 6 der von der HPA entworfenen 9. Nachschrift zum Mietvertrag enthält u. a. folgende Ergänzungen zu den AVB-HI 2002:
"...6.2 Zu Ziffer 2.3 AVB-HI - Veränderung der Miete bei Verträgen mit fester Laufzeit -

18

Ziffer 2.3 AVB-HI wird gestrichen und wie folgt ersetzt:
Die Miete verändert sich vom 01.01.2033 an jeweils nach Ablauf von einem Jahr um den Prozentsatz, um den sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex für Deutschland gegenüber dem Stand des Vorjahres verändert hat.

19

Alle Änderungen der Miete auf Basis des Verbraucherpreisindexes für Deutschland erfolgen unmittelbar und selbständig, ohne dass es hierzu weiterer Erklärungen oder Rechtshandlungen der Vertragsparteien bedarf.
Maßgeblich für die Anpassung der Miete ist einerseits der Indexstand für den Monat, mit dessen Ablauf die Mietfestsetzung ein Jahr gültig ist. Somit erfolgt die erste Anpassung mit dem Unterschied der Verbraucherpreisindices der Monate Dezember 2031 und Dezember 2032.
6.8          Zu Nr. 19 - Kündigung -
Die Nr. 19 wird um folgende Nr. 19.4 ergänzt:
Für den Fall, dass der Mieter seinen Geschäftsbetrieb ganz oder teilweise
-     aufgibt oder
-     verlagert,
hat er ein außerordentliches Kündigungsrecht, das mit einer Frist von 12 Monaten ... ausgeübt werden kann. Eine Entschädigung (Nr. 20 AVB-HI) wird nicht gewährt. Bei einer Anschlussverwertung des Mietobjekts wird die Vermieterin die Interessen des Mieters bezüglich eines möglichen Verkaufs seiner Gebäude und Anlagen berücksichtigen, soweit dies nicht ihren eigenen zuwider läuft.

20

Alternativ zur Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts kann der Mieter der Vermieterin einen Nachfolgemieter vorschlagen. Diesen kann die Vermieterin nur aus wichtigem Grund ablehnen. Als wichtige Gründe gelten:
-     die Unvereinbarkeit der vom Nachfolgemieter beabsichtigten Nutzung mit den Bestimmungen des Hafenentwicklungsgesetzes
-     mangelnde Bonität des Nachfolgers oder berechtigte Zweifel an seiner Fähigkeit, seiner Verpflichtung zur Mietzahlung bis zum Vertragsende und / oder seiner Räumungsverpflichtung (Ziffer 21 AVB-HI) nachzukommen.
6.9     Ergänzung zu Nr. 20 - Entschädigungsregelung bei außerordentlicher Kündigung und Nichtverlängerung eines langfristigen Vertrages -
Die Vertragspartner verständigen sich bis spätestens zwei Jahre vor Ablauf des in Ziffer 2 dieser Niederschrift festgelegten Vertragszeitraums, ob eine Verlängerung erfolgen soll.

21

Endet das Vertragsverhältnis aus Gründen, die die Vermieterin zu vertreten hat, mit Ablauf des Vertragszeitraums, erhält der Mieter eine Entschädigung. Diese wird durch die Vermieterin oder den Nachfolgemieter geleistet. Vermieterin, Mieter und ggf. Nachfolgemieter verständigen sich bis spätestens ein Jahr vor Ablauf des Vertragszeitraumes über die Gebäude und Anlagen, die auf dem Mietobjekt verbleiben können und daher von der Räumungsverpflichtung nach Nr. 21 AVB-HI nicht erfasst sein sollen. Für diese Gebäude zahlt der Entschädigungsverpflichtete eine Entschädigung unter Gegenrechnung der entfallenden Räumungskosten. ..."

22

Mit Email vom 21. Dezember 2012 schrieb der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA an den Verhandlungspartner der Klägerin, das heißt an deren zweiten Geschäftsführer:
"Leider ist es mir nicht mehr gelungen, Sie in diesem Jahr telefonisch zu erreichen. Nachdem wir in den letzten Tagen zwischenzeitlich wirklich kurz das Gefühl hatten, dass wir uns geeinigt hätten und wir nun endlich das leidige Thema zum Abschluss bringen können, wurde dies nun nach mehreren Tagen des vergeblichen Wartens arg enttäuscht. Ich finde es wirklich langsam unerträglich, diesen Prozess ungesteuert weiter vor sich hin "eiern" zu lassen, und bitte Sie, mir im Januar möglichst in der 1. oder 2. Woche ein klares Signal zu geben, was Sie jetzt zu tun gedenken.

23

Da mir bewusst ist, dass Sie das gleiche Ziel verfolgen, gehe ich davon aus, im Januar etwas von Ihnen zu hören. Alles andere als eine zustimmende Botschaft wäre für mich eine schwer zu verstehende Situation. Ehrlich gesagt würde ich dann nicht mehr davon ausgehen, dass wir zu einem einvernehmlichen Ergebnis kommen können. ..."

24

Am 28. Dezember 2012 unterschrieb der Gesellschafter.

25

Mit erneuter Email vom 3. Januar 2013 schrieb der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA an den zweiten Geschäftsführer der Klägerin:
"... Ich habe heute die Vertragsnachschriften vorgefunden und möchte damit die ... geschriebene Mail vorbehaltlos zurückziehen und mich entschuldigen. Hat sich offensichtlich überschnitten ..."

26

Seitens der HPA erhielt die 9. Nachschrift zum Mietvertrag die Unterschrift des Leiters Finanzen und Steuern sowie eine weitere mit Datum 7. Januar 2013.

27

III. Mieten-Entwicklung im Hafen

28

Nach der Verlängerung des Mietvertrags der Klägerin mit der HPA durch die 9. Nachschrift heißt es in der Schriftlichen Kleinen Anfrage eines Bürgerschafts-Abgeordneten und in der Antwort des Senats vom 27. Mai 2016 wie folgt (Bü-Drs. 21/4527 S. 2):
"...4. Welches Mietniveau/Verpachtungsniveau wurde 2011 - 2016 jeweils durch Neuabschlüsse der HPA erreicht?
Die Abschlüsse des erfragten Zeitraums für unbebaute Hafengrundstücke liegen in der Regel zwischen 6 und 8 Euro/m2 und Jahr. ..."

29

IV. Verwaltungsverfahren

30

1. Über den allein streitigen Einheitswert auf den 1. Januar 2013 für die Gebäude der Klägerin auf dem gemieteten Hafengrundstück erließ das beklagte Finanzamt (FA) ursprünglich unter Nachprüfungsvorbehalt einen Wertfortschreibungs-Bescheid am 3. August 2012. Darin passte das FA wie in den Vorjahren bei den verschiedenen Bauteilen die Abschläge wegen Verpflichtung zum vorzeitigen Abbruch (§ 94 Abs. 3 Satz 3 BewG) an die kürzer werdende Restlaufzeit des Mietvertrags an, nunmehr noch von 2013 bis 2017 (vgl. Verlängerung des Mietvertrags ab 1987 bis 2017 mit 5. Nachschrift). Dabei verringerte sich der festgestellte Einheitswert von ... DM bzw. ... Euro auf ... DM bzw. ... Euro. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten, sondern bestandskräftig.

31

2. Nach Mitteilung der HPA an das FA vom 9. Januar 2013 über die Verlängerung des Mietvertrags mit der Klägerin bis 2042 setzte das FA den Einheitswert unter Aufrechterhaltung des Nachprüfungsvorbehalts mit Änderungsbescheid vom 23. Januar 2013 auf ... DM bzw. ... Euro herauf. Dabei berechnete das FA die Abbruchabschläge neu anhand der Restlaufzeit des Mietvertrags mit 29 Jahren bis 2042. Auch dieser Bescheid wurde nicht angefochten, sondern bestandskräftig.

32

3. Nach Anforderung des vollständigen aktuellen Vertragsinhalts seitens des FA und Übersendung durch die Klägerin im Juni 2014 kam das FA zu der Auffassung, dass aufgrund des am 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 geänderten Vertrags die Abbruchverpflichtung für den vom Mieter nicht beeinflussbaren Fall der Vertragsbeendigung durch den Vermieter eingeschränkt sei. Danach bestehe keine unabdingbare Abbruchverpflichtung mehr).

33

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 setzte das FA den Einheitswert unter Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts auf ... DM bzw. ... Euro herauf, indem es mit Hinweis auf den geänderten Vertrag keine Abschläge wegen Abbruchverpflichtung mehr berücksichtigte. Der Bescheid enthielt - wie die vorgenannten Bescheide - den Vermerk, dass die Feststellung des Einheitswerts gemäß § 165 Abs. 1 Nr. 3 AO vorläufig ist hinsichtlich der Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens verfassungsgemäß sind. Am selben Tag ergingen entsprechende Bescheide betreffend Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer.

34

4. Gegen den letzten Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 und die gleichzeitigen Bescheide über Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer 2013 legte die Klägerin am 14. August 2014 Einspruch ein, den sie am 11. September 2014 weiter begründete. Alleinige Beschwer sei die Nichtberücksichtigung der Abschläge wegen vertraglicher Abbruchverpflichtung. Die Bauwerke seien gemäß Nr. 4.4 AVB-HI 2002 nur vorübergehend i. S. v. § 95 BGB zur Nutzung während der Mietzeit mit dem Mietgrundstück verbunden. Die Räumungs- bzw. Abbruchverpflichtung gemäß Nr. 20-21 AVB-HI 2002 werde nicht berührt durch die in Ziffer 6.9 der Nachschrift vom 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 enthaltene Ergänzung zu Nr. 20 AVH-HI 2002 betreffend eine Verständigung über eine Verlängerung trotz fehlender Option der Klägerin.

35

5. Das FA führte unter dem 18. August 2014 aus, dass eine mittels Abschlag zu berücksichtigende Abbruchverpflichtung eindeutig und unabdingbar sein müsse, so dass dem Mieter bei Vertragsablauf keine Wahl bleibe. Nach der gemäß Ergänzung des Vertrags durch Ziffer 6.9 möglichen Einigung der Vertragsparteien über den Gebäude-Verbleib bestehe keine unabdingbare Abbruchverpflichtung.

36

6. Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück: Gegen Abbruchabschläge spreche gemäß Abschn. 50 Abs. 3 BewRGr zu § 94 BewG eine Unsicherheit des Abbruchs, nachdem der Vertrag bereits verlängert worden sei. Die Abbruchverpflichtung stehe auch nicht (mehr) unabdingbar fest; weil nach der Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002 bei vom Vermieter zu vertretender Vertragsbeendigung eine Verständigung über den Gebäudeverbleib anstelle der entschädigungslosen Räumungsverpflichtung gemäß Nr. 21.1 AVB-HI 2002 möglich sei. Eine Option des Mieters sei dafür nicht erforderlich. Die Feststellung des Einheitswerts im Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid sei für die Bescheide über Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer als Folgebescheide bindend.

37

Das FA übersandte die auf (Montag) den 20. Oktober 2014 vordatierte Einspruchsentscheidung an die die Klägerin vertretende Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und versah den vorgedruckten Absende-Vermerk
"Die Ausfertigungen werden abgesandt am:
mit einfachem Brief (Tag der Aufgabe zur Post = Datum des Schreibens)"
mit Datumstempel-Aufdruck "17.10.2014" und Namenszeichen.

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V. Streitstand

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1. Nach Eingang der Klage am Freitag 21. November 2014 trägt die Klägerin zur Begründung vor:
Die Verpflichtung zum Abbruch der von ihr, der Klägerin, auf dem gemieteten Hafengrundstück errichteten Gebäude bei Vertragsablauf sei auch nach den AVB-HI 2002 und deren Ergänzungen durch die 9. Nachschrift zum Mietvertrag vom 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 unverändert durch Abschläge gemäß § 94 Abs. 3 HS. 1 BewG zu berücksichtigen.

40

a) Die Mieter-Verpflichtung zum Gebäudeabbruch und zur Grundstücksräumung ohne Entschädigung bei Vertragsbeendigung sei "eindeutig und unbedingt" im Sinne der Rechtsprechung zu § 94 BewG; und zwar wie bereits nach der gesetzlichen Räumungs- und Rückgabeverpflichtung, zusätzlich gemäß ausdrücklicher vertraglicher Regelung in Nr. 21.1 AVB-HI 2002. Insbesondere sei dem Mieter im Vertrag oder in den AVB-HI 2002 keine Option, d. h. kein Wahlrecht zur Vertragsverlängerung eingeräumt. Die sich auf eine mieterseitige Verlängerungsmöglichkeit beziehende, vom FA angeführte Rechtsprechung sei daher nicht einschlägig. Insbesondere folge keine mieterseitige Abdingbarkeit der Räumungs- und Abbruchverpflichtung aus den vom FA angeführten vertraglichen Ausnahmeregelungen für die gemäß Nr. 20.1 AVB-HI 2002 entschädigungspflichtigen Fälle der vermieterseitigen außerordentlichen Kündigung durch die HPA oder Nichtverlängerung des Mietvertrags durch die HPA aus den in Nr. 19.2.1 AVB-HI 2002 genannten Gründen, von Belangen der Hafenentwicklung bis zu Zwecken des Gemeinbedarfs).

41

Geregelt sei damit nur die Erfüllung von in Ausnahmefällen nach BGB in Betracht zu ziehenden Ersatzansprüchen durch Mittel der öffentlichen Hand oder eines insoweit begünstigten Nachmieters gemäß Nr. 20.1 AVB-HI 2002 und der Nr. 20 ergänzenden Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift.

42

Auszugehen sei von dem normalerweise zu erwartenden Verlauf des Mietvertrags bis zum vertragsgemäßen Ablauf mit Abbruchverpflichtung ohne Entschädigung. Im Normalfall der Vertragsbeendigung durch Zeitablauf könne die Stadt einseitig über das Grundstück verfügen. In diesem Fall habe es der Mieter nicht in der Hand, ob die Gebäude abzureißen seien oder nicht, sondern bestehe für sie, die Klägerin, die vertragliche und konkrete Verpflichtung zum Abriss der Gebäude.

43

Gleichermaßen stehe diese Situation im Blickfeld der Banken und sei in der Praxis die Finanzierung mieterseitiger Gebäude mangels Investitionssicherheit problematisch. Der bewertungsrechtliche Abschlag wegen Abbruchverpflichtung setze im Übrigen nicht voraus, dass der Abbruch bald bevorstehe. Der Zeitpunkt der Räumungsverpflichtung schlage sich vielmehr in der Höhe des Abschlags nieder; nämlich nach dem Verhältnis des tatsächlichen Alters des Gebäudes zur verkürzten Gesamtlebensdauer.

44

b) Es sei auch nicht i. S. v. § 94 Abs. 3 HS. 2 BewG "vorauszusehen", dass es trotz der Abbruch- und Räumungs-Verpflichtung nicht zum Abriss komme.

45

Während durch die - vom FA angeführten - vermieterseitig in Ausnahmefällen möglichen Gestaltungen die Abbruchverpflichtung nicht mieterseitig abdingbar werde ließen diese Ausnahme-Möglichkeiten auch keinen Nichtabriss voraussehen. Davon abgesehen bedürfe es für die Voraussicht des Nichtabbruchs im Feststellungszeitpunkt einer "konkreten" Voraussehbarkeit gemäß der BFH-Rechtsprechung und entgegen der Verwaltungsauffassung in Abschn. 50 Abs. 3 letzter Satz BewRGr. Eine bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit genüge nicht, wie zuletzt auch vom FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14 (Juris) ausgeführt.

46

Dagegen sei hier umgekehrt das vertragsgemäße Abbruchszenario überwiegend wahrscheinlich. Dass die Vermieterin auf vereinbarten Abbruchverpflichtungen bestehe und die entschädigungslose Räumung durchsetze, habe die Stadt schon ihr, der Klägerin, gegenüber bei ihrem wachstumsbedingten Auszug von ihrem weiteren früheren Hafen-Standort in 1989 bewiesen. Grundsätzlich spreche mieterseitig die Unverkäuflichkeit eines Grundstücks dafür, dass der Vermieter sich die Möglichkeit einer anderen Nutzung offenhalte.

47

c) Insbesondere unterscheide sich der Streitfall von den seitens des FA angeführten BFH-Urteilen zur Voraussehbarkeit eines Nichtabbruchs nach stillschweigenden Verlängerungen; an solchen fehle es hier. Im Übrigen seien "stillschweigende Verlängerungen" hier sogar ausdrücklich gemäß Nr. 19.3 AVB-HI 2002 ausgeschlossen.

48

d) Dass zum Zeitpunkt des Auslaufens von befristeten Mietverträgen ohne Option bzw. ohne Wahlrecht des Mieters eine Verlängerung beiderseits vereinbart werden könne, führe nicht zur Voraussehbarkeit einer solchen Vereinbarung oder eines Nichtabbruchs der Gebäude.

49

Eine dergestalt nicht absehbare Vereinbarung sei weder mit einer stillschweigenden Verlängerung des Vertrags noch mit einem Mieterwahlrecht vergleichbar. Insbesondere liege eine solche Verlängerungs-Vereinbarung aus Sicht des Mieters schon nicht in seiner Hand oder Disposition; erst recht handele es sich nicht um einen Automatismus. Vielmehr erfordere eine Verlängerungs-Vereinbarung rechtzeitig weit vor Vertragsende einzuleitende, lange und harte beiderseitige Verhandlungen, wie hier zuletzt die 4 Jahre langen Bemühungen - einschließlich verschiedener, von der Klägerin nicht akzeptierter Entwürfe - vor der 9. Nachschrift gezeigt hätten. Ausgehend von einer Miete von ... DM/qm p. a. sei eine Einigung erst in mehrfacher Höhe zustande gekommen.

50

Während es früher der Stadt bei den Mieten für die Hafengrundstücke in erster Linie um Wirtschaftsförderung gegangen sei, vermiete jetzt die als AöR verselbständigte HPA ertragsorientiert. Zumindest bemühe sie sich, das Beihilfeverbot gemäß Art. 107 AEUV zu beachten und durch drastische Mieterhöhungen ihre laufenden Verluste zu verringern.

51

Sie, die Klägerin, beziehe sich auf die Erklärung des im Ortstermin als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass der Fall der Nichtverlängerung des Mietvertrags und der mieterseitigen Abrissverpflichtung durchaus praxisrelevant sei. Ferner sei nie auszuschließen, dass ein Vermieter zu einer Vertragsverlängerung nicht bereit sein werde, weil er - möglicherweise nicht offengelegte - andere Zwecke oder Interessen verfolge oder anderweitig disponieren wolle. Dann könne er eine mieterseitig gewünschte Vertragsverlängerung mittels besonders hoher Mietforderungen vermeiden. Fraglich sei beispielsweise, wie die Stadt sich verhalten werde, wenn bei Vertragsablauf die bis dahin wirtschaftlich gewichtigere Volksrepublik China ein Grundstück im Hafen haben wolle. Sofern die Stadt eine für sie vorteilhaftere Nutzung bei Vertragsende habe, werde sie diese nach Möglichkeit durchsetzen, wie auch als Vermieterin in der Hafencity.

52

e) Nicht absehbar sei eine Verlängerung des Mietvertrags zugleich vor dem Hintergrund zum einen der mieterseitig nicht abschätzbaren Entwicklungen von Standort-Kosten und zum anderen des Wettbewerbs auf dem für die eigenen Produkte maßgeblichen Markt.

53

Wie bei Errichtung eines neuen Werks durch einen Wettbewerber im Osten der Metropolregion Hamburg der dortige Grundstückskaufpreis gezeigt habe, habe dieser pro Quadratmeter nur rund das Doppelte ihrer, der Klägerin, jetzigen Jahresmiete betragen. Im Übrigen sei eine Vereinbarung über eine Verlängerung des für 2013 bis 2042 ausgehandelten Mietvertrags ab 2042 auch deswegen nicht voraussehbar, weil bisher für die noch nicht kalkulierbare Zeit danach nicht absehbar sei, ob der Betrieb dann noch wirtschaftlich fortgeführt werden könne oder welche anderen Gründe entgegenstünden. Inzwischen biete das Grundstück schon nicht mehr genügend Platz, wie die anderweitige Lagerung der Fertigwaren zeige. Bei weiterer Expansion sei immer offen, ob der Betrieb wegziehen müsse. Aufgrund der nachbarschaftlichen Situation an der Elbe mit beiderseits besetzten Grundstücken bestehe keine Möglichkeit zur Erweiterung.

54

f) Eine Übertragung des Mietvertrags oder der Gebäude auf einen Nachmieter - entgegen der Nr. 17 AVB-HI 2002 ergänzenden Ziffer 6.6 der 9. Nachschrift - durch allseitige Vereinbarung sei ebenso wenig voraussehbar wie ein Nichtabbruch aufgrund eigener Vertragsverlängerung.

55

Im Übrigen sei die zum Stichtag zu bewertende spezielle Bebauung des Grundstücks weder für einen Nachmieter noch für die Vermieterin verwendbar. Bei den wesentlichen Gebäuden mit dem wirtschaftlichen Wert, anders als beim Eingangsbereich an der Schranke und bei den Pavillons, handele es sich nämlich - wie besichtigt - um Spezialgebäude für die vorliegende ganz bestimmte Produktion. Einen zweiten Betrieb dieser Art gebe es nicht. Im Unterschied zum entschiedenen Fall aus Bremen betreffend nur Büro- und Lagergebäude (BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449) seien die hiesigen Produktionsgebäude noch weniger wahrscheinlich für irgendjemanden von Interesse. Deshalb werde die HPA bei Nichteinigung über eine Verlängerung des Mietvertrags oder über die dafür zu erwartende Mieterhöhung auf ihrer, der Klägerin, Abrissverpflichtung bestehen und werde sie, die Klägerin, die Produktionsgebäude, die Läger und Mischstation mit Sicherheit abreißen lassen.

56

Sie, die Klägerin, beziehe sich im Übrigen auf die weitere Erklärung des im Ortstermin als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass bei Nichtverlängerung des Mietvertrags wegen anderen Interesses der HPA in der Praxis eine Weiterverwendung der Gebäude nicht vorkomme oder so gut wie ausgeschlossen sei.

57

g) Die Möglichkeit eines früheren Zeitpunkts einer mieterseitigen außerordentlichen Kündigung wegen Aufgabe oder Verlagerung des Geschäftsbetriebs gemäß der durch Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift zu den AVB-HI 2002 ergänzten Nr. 19.4 mit der deshalb früheren Abbruchverpflichtung sei für sie, die Klägerin, weniger relevant.

58

Bis zum Ablauf der nach der 9. Nachschrift feststehenden Vertragsdauer könne sie, die Klägerin, nämlich die wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Entscheidungen selbst planen und letztere dementsprechend treffen, wie etwa bei Abwägung der Nutzung der Gebäude vor dem wirtschaftlichen Verbrauch. Genauer gesagt sei durch die am 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 unterzeichnete Verlängerung deren Ungewissheit entfallen und habe sie, die Klägerin, danach aufgrund der bis 2042 gewonnenen Planungssicherheit in Anbetracht des hohen Schutzbedürfnisses für Mitarbeiter und Arbeitsplätze die Flutschutz-Polderwand bauen lassen und wegen der Mietsituation im städtischen Gebäude in der Hafencity den Verwaltungsneubau errichten lassen.

59

h) Die kaufmännische Einstellung der HPA werde auch deutlich durch deren Regelungen über die mieterseitig zu tragenden Abriss- und Räumungskosten, die wirtschaftlich zum mieterseitigen Wertverlust der Gebäude hinzukommen. Selbst die vom FA angeführte Gebäudewert-Entschädigung in den Ausnahmefällen vermieterseitiger Gestaltungen umfasse ausdrücklich in keinem Fall die aufgrund der vertraglichen Räumungsverpflichtung mieterseitig zu tragenden Abrisskosten, die dann nämlich, unabhängig vom tatsächlichen Abbruch, gegenzurechnen seien nach Nr. 21.3 AVB-HI 2002 und der Nr. 20 ergänzenden Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift. Dazu beziehe sie, die Klägerin, sich ergänzend auf die Bestätigung des als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass im Fall einer Entschädigung an den Mieter die Räumungskosten bei Nichtabriss von der Entschädigung abzuziehen seien.

60

i) Sie, die Klägerin, habe die Abrissverpflichtung auch in der Handelsbilanz gemäß Gutachten berücksichtigt.

61

j) Abgesehen von der Nichtanfechtung des ersten Einheitswert-Änderungsbescheids 2013 vom 23. Januar 2013 mit der Reduzierung der Abbruchabschläge gemäß der neuen Vertragslaufzeit bis 2042 und nach verschiedenem Vorbringen sowie betragsmäßiger Abbruchabschläge-Abstimmung mit dem FA sei sie, die Klägerin, im Übrigen der Meinung, dass gleichwohl die Vertrags-Verlängerung erst nach Gegenzeichnung durch die HPA vom 7. Januar 2013 in Kraft getreten sei; mithin nach dem Bewertungsstichtag 1. Januar 2013.

62

Wenngleich die 9. Nachschrift von der HPA entworfen worden sei, habe letztere das Dokument nach Unterschrift durch ihren, der Klägerin, Geschäftsführer vom 28. Dezember 2012 nach dem 1. Januar 2013 zumindest noch auf eventuell von ihr, der Klägerin, vorgenommene Änderungen prüfen müssen. Selbst wenn der Entwurf der HPA als Angebot angesehen werde, sei deren Bindung daraus bis zu ihrer, der Klägerin, Unterschrift zu bezweifeln. Vielmehr hätte sie, die Klägerin, - nach Erinnerung ihres Verhandlungsführers und zweiten Geschäftsführers - vor einer von der HPA bis Weihnachten gesetzten Deadline unterzeichnen müssen. Bei der HPA sei eine "Verärgerung dritten Grades"

63

Zu Grunde zu legen seien vor der Gegenzeichnung die Vertragsbedingungen nach dem Stand vor der 9. Nachschrift; mit anderen Worten weder Änderungen in der 9. Nachschrift noch Änderungen in den AVB-HI 2002, aus denen das FA die Erhöhung des Einheitswerts herleiten wolle.

64

2. Die Klägerin stellt ihre zunächst unter Anführung sowohl des letzten Einheitswert-Grundlagenbescheids als auch der Folgebescheide ohne ausdrücklichen Klageantrag erhobene Klage wie folgt klar durch ausdrücklich nur gegen den letzten Einheitswertbescheid gerichteten Klageantrag.

65

Die Klägerin beantragt,
den (letzten) Einheitswert-Änderungsbescheid auf den 01.01.2013 vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 aufzuheben.

66

Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.

67

3. Das FA trägt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung ergänzend vor:
Die zu unterscheidenden beiden Voraussetzungen für einen Abbruchabschlag gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 und HS 2 BewG seien nach der Vertragslage zum Stichtag 1. Januar 2013 nicht mehr gegeben; nämlich erstens (HS 1), dass eine Abbruchverpflichtung bestehe, und zweitens (HS 2), dass ein Unterbleiben des vereinbarten Abbruchs nicht vorauszusehen sei.

68

a) Mit der ersten Voraussetzung, dass eine Abbruchverpflichtung bestehe, sei eine eindeutige und unabdingbare Räumungs- und Abbruchverpflichtung gemeint. Eindeutig und unabdingbar sei eine Abbruchverpflichtung nur, wenn dem Mieter bei Vertragsablauf keine Wahl bleibe oder wenn bei einem Wahlrecht des Vermieters der Mieter keinen Einfluss auf die Entscheidung des Vermieters habe, ob die vertragliche Abbruchverpflichtung zu erfüllen sei. Um keine solche unabdingbare Abbruchverpflichtung handele es sich bei einer vertraglichen Gestaltung, die Zweifel am Bestehen einer solchen Verpflichtung aufkommen lasse, die die Verpflichtung einschränke oder die es dem Mieter freistelle, das Gebäude abzubrechen oder stehen zu lassen.

69

Der Fall, dass ein Mieter allein mit der Abbruchverpflichtung belastet bleibe, sei zu unterscheiden von dem Fall einer Verkehrswertentschädigung für den Mieter bei Vertragsbeendigung, auch wenn dabei entfallende Abrisskosten möglicherweise bei der Berechnung der Entschädigung abzuziehen seien.

70

Die Abbruchverpflichtung gemäß Ziffer 21.1 AVB-HI 2002 sei nicht unbedingt, sondern eingeschränkt. Die Vermieterin HPA habe nicht die alleinige Entscheidungsgewalt, ob die Abbruchverpflichtung zum Tragen komme. Möglich seien - wie nachstehend  aufgezeigt - verschiedene Wege für den Mieter, bei Vertragsbeendigung einer Abbruchverpflichtung zu entgehen; er habe maßgeblichen Einfluss auf die Frage der Durchsetzung der Abbruchverpflichtung. Jede Variante, in der eine Abbruchverpflichtung zum Tragen komme, liege zumindest auch im Verantwortungsbereich des Mieters und nicht in der alleinigen Entscheidungsbefugnis der das Grundstück vermietenden HPA. Insofern unterscheide sich die vorliegende Situation von dem durch den BFH entschiedenen Fall aus dem städtischen Hafengebiet Bremen. Dort habe der Mieter keinen Einfluss auf das Entstehen der Abbruchverpflichtung gehabt. Bei Beendigung des dortigen Erbbaurechtsverhältnisses habe es im Ermessen des Vermieters gestanden, ob er die Baulichkeiten ohne Entschädigung übernehme oder auf der Abbruchverpflichtung bestehe (BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449).

71

Die Abbruchverpflichtung sei insoweit nicht eindeutig und unabdingbar, als der Mieter sich ihr bei eigener außerordentlicher Kündigung wegen Geschäftsaufgabe oder Verlagerung durch Stellung eines Nachmieters entziehen könne und die HPA die Mieterinteressen berücksichtige, soweit diese nicht ihren eigenen zuwiderliefen, Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19 AVB-HI 2002. Die Abbruchverpflichtung sei außerdem nicht eindeutig und unabdingbar, soweit bei einer außerordentlichen Kündigung seitens der HPA aus einem von ihr zu vertretenden Grund nach Nr. 19.2 AVB-HI 2002 dem Mieter eine Entschädigung gemäß Nr. 20 AVB-HI 2002 zustehe und er eine um die Abbruch- und Räumungskosten verringerte Entschädigung wählen könne; wie in der mündlichen amtlichen Auskunft des Leiters Finanzen und Immobilien der HPA bestätigt. Insoweit sei auch eine Einigung mit dem Nachmieter über einen etwaigen Gebäudeverbleib denkbar nach Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002.

72

Die Abbruchverpflichtung sei außerdem nicht eindeutig und unabdingbar, soweit bei Nichtverlängerung des Vertrags aus den von der HPA zu vertretenden Gründen der Mieter eine Entschädigung wie bei außerordentlicher Kündigung durch die HPA erhalte. Ein Jahr vor Vertragsablauf sei eine Verständigung der Vertragsparteien und gegebenenfalls eines Nachmieters über einen möglichen Gebäudeverbleib mit einer um die ersparten Abrisskosten verringerten Entschädigung vorgesehen gemäß Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002.

73

Allein wenn die Nichtverlängerung des Mietvertrags nicht von der HPA aus den Gründen nach Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002 zu vertreten und deshalb nicht entschädigungspflichtig sei, bestehe zwar grundsätzlich die Abbruchverpflichtung. Wenn die Nichtverlängerung nicht von der Vermieterin zu vertreten sei, könne es sich allerdings nur um Fälle handeln, in denen der Mieter grundsätzlich Einfluss auf eine Verlängerung habe und die Nichtverlängerung maßgeblich durch seine Abwägung und Entscheidung verursacht sei. Im Übrigen werde vorher darüber verhandelt und irgendwie eine Einigung angestrebt, wie der als amtliche Auskunftsperson gehörte Leiter Finanzen und Immobilien der HPA erklärt habe. Dementsprechend komme die Abbruchverpflichtung nicht zwangsläufig zum Tragen. Davon abgesehen könne sich der Mieter seiner Abbruchverpflichtung durch Stellung eines Nachmieters entziehen.

74

b) Selbst wenn die Abbruchverpflichtung nicht wie vorgetragen abbedungen werden könne, sei hier der Nichtabbruch zumindest voraussehbar.

75

Nach Verwaltungsauffassung in Abschn. 50 Abs. 3 letzter Satz BewRGr sei der Nichtabbruch i. S. v. § 94 Abs. 3 HS 2 voraussehbar, wenn der Vertrag bereits einmal verlängert worden sei und anzunehmen sei, dass er auch in Zukunft verlängert werde, ohne dass Gründe tatsächlicher Art für eine bevorstehende Beendigung des Pachtvertrags sprächen. Auch die Rechtsprechung sehe insbesondere in den Fällen bereits langlaufender und trotz mehrfacher Beendigungsmöglichkeit  langfristig verlängerter Mietverträge eine mehr als nur gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Abbruchverpflichtung nicht realisiert werde oder zumindest nicht innerhalb der üblichen Lebensdauer i. S. v. § 86 Abs. 3 BewG, wie der BFH wiederholt entschieden habe (Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61). Insoweit mache es im Ergebnis keinen Unterschied, ob - wie in den entschiedenen Fällen - der Vertrag sich stillschweigend verlängere oder ob wie hier eine zusätzliche Vereinbarung erforderlich sei. Die aktive Verlängerung stelle sogar ein deutliches "Mehr" bzw. stärkeres Indiz dafür dar, dass sich die Abbruchverpflichtung nicht realisiere. So seien die Vertragsparteien bei jeder Verlängerung gezwungen gewesen, aktiv zu werden; sie hätten jeweils rechtzeitig wieder neu zusammenfinden, ihre Position überdenken und Anpassungen und Änderungen vereinbaren müssen.

76

Bei den letzten Verhandlungen dokumentiere die Einigung nach der zunächst sehr weiten Differenz zwischen jährlich ... Euro und ... Euro/qm und trotz des alternativ möglichen Grundstückskaufs für ... Euro/qm im benachbarten Bundesland in besonderer Weise den Verlängerungswillen. Hierin sei ein weiteres Indiz dafür zu sehen, dass eine Realisierung der Abbruchverpflichtung unwahrscheinlich erscheine. Überdies sei der vorliegende Vertrag sogar schon zum dritten Mal und jeweils langfristig verlängert worden, nämlich ab 1977, ab 1987 und mit der 9. Nachschrift. Dementsprechend habe hier schon bisher die Gefahr des Abbruchs nie ernsthaft bestanden. Über die vorgenannten vom BFH entschiedenen Fälle mit 25 bzw. 55 Jahren Vertragslaufzeit hinaus erstrecke sich hier der Vertrag von 1968 mit zusammen 64 Jahren Verlängerungen bis 2042 auf 74 Jahre. In Relation dazu zeige die übliche Lebensdauer der Gebäude, dass ein Abbruch mehr als unwahrscheinlich sei. Davon abgesehen habe sich in der jetzigen Praxis der HPA seit Umstellung der Verhandlungen das Risiko der (entschädigungslosen) Nichtverlängerung noch nicht realisiert, sondern habe es, wie der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA im Ortstermin berichtet habe, in allen Fällen des Vertragsauslaufs eine Verlängerung gegeben, soweit die HPA das Gelände nicht anderweitig gebraucht habe. Wenn dagegen die Klägerin ernsthaft mit einem Abbruch gerechnet haben sollte, hätte sie nicht die neueren Baumaßnahmen ergriffen wie Erweiterung des bisherigen Verwaltungsgebäudes in 2009, Überdachung der Verladerampe der Mischstation in 2011, Neubau des sechsgeschossigen Verwaltungsgebäudes.

...

Entscheidungsgründe

77
Nach Bestandskraft der vorangegangenen Einheitswertbescheide auf den Bewertungsstichtag 1. Januar 2013 vom 3. August 2012 betreffend Mietvertrags-Restlaufzeit bis 2017 und vom 23. Januar 2013 betreffend Mietvertrags-Restlaufzeit bis 2042 ist Verfahrensgegenstand gemäß klarstellendem Klageantrag nur noch der Einheitswert-Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014.

78

Die Klage ist zulässig (I) und begründet (II).

79

I. Zulässig ist die am Freitag 21. November 2014 eingegangene Klage insbesondere hinsichtlich der einmonatigen Klagefrist gemäß § 47 FGO nach Bekanntgabe der auf den 20. Oktober 2014 vordatierten Einspruchsentscheidung mit unklarem Vermerk über die Aufgabe zur Post.

80

1. Nach der detaillierten und durch das FA nicht bezweifelten Darlegung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin geht der Senat aus vom dortigen Eingang der Einspruchsentscheidung am Dienstag 21. Oktober 2014 und dementsprechend von der Aufgabe zur Post am Vortag, das heißt am Tag des Bescheid-Datums Montag 20. Oktober 2014 als Beginn des Dreitage-Zeitraums für die Bekanntgabe gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, so dass die einmonatige Klagefrist erst mit Ablauf des Donnerstags 23. Oktober 2014 begann.

81

2. Im Übrigen wird bei einer Abweichung zwischen dem Absendevermerk-Datum und dem Bescheid-Datum - wie hier - nach überwiegender Auffassung das zeitlich jüngere (m. a. W. spätere) Datum für den Tag der Aufgabe zur Post und damit für den Beginn des Dreitage-Zeitraums und für die danach anschließende Klagefrist zugrunde gelegt (FG Nürnberg, Urteil vom 27.04.1978 III 156/76, EFG 1978, 575; Güroff in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 122 AO Rz. 38.2; Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rz. 370; Fritsch in Koenig, AO, 3. Aufl., § 122 Rz. 6; Frotscher in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 122 AO Rz. 116; Seybold, DStR 1982, 275, 277; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 122 AO Rz. 50).

82

3. Davon abgesehen wäre nach Klageeingang von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO zu gewähren, weil der Empfänger darauf vertrauen darf, dass nach der Verwaltungspraxis Einspruchsentscheidungen wie andere Bescheide grundsätzlich nicht vor dem angegebenen Bescheid-Datum zur Post gegeben werden, und weil die Umstände einer widersprüchlichen Vordatierung - hier des Postaufgabevermerks - nicht vom Empfänger verschuldet sind, sondern im Bereich des FA liegen (vgl. BFH, Urteil vom 20.11.2008 III R 66/07, BFHE 223, BStBl II 2009, 185, Juris Rz. 26 f., 30; DStR 2009, 103 m. Anm. Gr; OFD Frankfurt a.M. Verfügung vom 29.10.2014 Ziff. 3.8; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 110 AO Rz. 14; Bauhaus, AO-StB 2009, 67 unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG; Güroff in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 122 AO Rz. 33; Dürr, JurisPR-SteuerR 10/2009 Anm. 1; Görke, BFH/PR 2009, 162; Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rz. 370).

83

4. Ansonsten ginge eine mangelnde Feststellbarkeit des Datums der Postaufgabe und damit des Dreitagezeitraums zu Lasten des FA (BFH, Urteil vom 09.12.2009 II R 52/07, BFH/NV 2010, 824, Juris Rz. 31 m. w. N.; Beschluss vom 26.06.2006 II B 99/05, BFH/NV 2006, 1860; Ratschow in Klein, AO, 13. Aufl., § 122 Rz. 54 f.).

84

II. Der Entscheidung über die Klage stehen nicht die zur Frage der Verfassungswidrigkeit von Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens beim BVerfG anhängigen Verfahren (insbes. 1 Bvl 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15) entgegen; die vorliegenden Bescheide wurden diesbezüglich gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig erklärt (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2013 3 K 206/11, EFG 2014, 113, DStRE 2014, 799; Beschluss vom 26.11.2010 3 K 46/10, EFG 2011, 1051).

85

III. Die Klage ist begründet. Der ohne Abbruchabschlag verbösernde Einheitswert-Änderungsbescheid auf den 1. Januar 2013 vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 wird gemäß § 100 Abs. 1 FGO als rechtsverletzend aufgehoben; dadurch tritt der vorangegangene Einheitswertbescheid vom 23. Januar 2013 mit den Abbruchabschlägen wieder in Kraft.

86

Bei der Einheitsbewertung der Gebäude der Klägerin auf dem von der Port Authority gemieteten Hafengrundstück sind nämlich die Abbruchabschläge gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG abzuziehen.

87

1. Bei den Gebäuden der Klägerin auf dem von der Port Authority gemieteten Hafengrundstück handelt es sich um Gebäude auf fremdem Grund und Boden i. S. v. § 94 BewG, die nicht Bestandteil des Grundstücks, sondern nur zu einem vorübergehenden Zweck gemäß § 95 BGB mit diesem verbunden sind, und zwar nur zwecks Nutzung während der Mietzeit (AVB HI 2002 Nr. 4.

88

2. Die für den Abbruchabschlag gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG vorausgesetzte Abbruchverpflichtung ist gegeben; nicht nur bei Vertragsablauf (a, b), sondern auch in den vertraglich geregelten Sonderfällen (d).

89

a) Die Abbruchverpflichtung liegt vor, wenn - wie hier - bei Ablauf der Mietzeit das Grundstück entsprechend der gesetzlichen Rückgabeverpflichtung nach § 546 BGB i. d. F. ab 2002 (vorher § 556 BGB a. F.) vom Mieter zu räumen und damit auch von seinen Bauwerken ober- und unterirdisch freizumachen ist (BFH, Urteile vom 03.07.1981 III R 102/80, BFHE 134, 41, BStBl II 1981, 761 m. w. N.; Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 79 ff.; zivilrechtlich vgl. Westermann in Ermann, BGB, 14. Aufl. § 546 Rz. 7 m. w. N.).

90

b) Neben der gesetzlichen Regelung liegt hier zugleich eine entsprechende ausdrückliche und eindeutige vertragliche Regelung der Verpflichtung des Mieters zum Abbruch auf seine Kosten vor (AVB HI 2002 Nr. 21.1, 21.2).

91

c) Unbedingte Abbruchverpflichtung bei Vertragsablauf

92

Bei dieser gesetzlichen und vertraglichen eindeutigen Regelung handelt es sich zugleich um eine unbedingte Verpflichtung des Mieters, das heißt um eine seinerseits nicht abdingbare bzw. nicht einseitig abwendbare Verpflichtung, im Unterschied zu einem Wahlrecht des Vermieters (vgl. BFH, Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61, 62; vom 03.07.1981 III R 102/80, BFHE 134, 48, BStBl II 1981, 764; 765; Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 80; vgl. parallel zum Wahlrecht des erbbauverpflichteten Grund- bzw. Hafeneigentümers BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 450).

93

Unberührt bleibt die vorliegende Abbruchverpflichtung durch die vorsorgliche vertragliche Regelung, dass die Vertragsparteien sich bis spätestens zwei Jahre vor Vertragsablauf verständigen, ob eine Vertragsverlängerung erfolgen soll (Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Derartige Verständigungen sind nicht nur sachgerecht und üblich (vgl. mündliche amtliche Auskunft, Protokoll OT 01.09.2015 S. 8 f., FG-A Bl. 95 ff., 102 f.), sondern im Übrigen hier im Fall angestrebter Vertragsverlängerung auch erforderlich; denn eine stillschweigende Vertragsverlängerung ist ausdrücklich abweichend von § 545 BGB ausgeschlossen (Nr. 19.3 AVB-HI 2002). Die theoretisch denkbare Möglichkeit, beiderseits gemeinsam im Rahmen der Vertragsfreiheit und beeinflusst durch jeweilige finanzielle Möglichkeiten Änderungen des Mietvertrags auszuhandeln oder sogar anderweitig über Gebäude oder Grundstücksflächen zu verfügen, ändert an dem Bestehen der für den Bewertungsstichtag zu beurteilenden Abbruchverpflichtung nichts.

94

d) Bei der mieterseits unabdingbaren Abbruchverpflichtung bleibt es auch unter Berücksichtigung vorliegender vertraglicher Regelungen für Sonderfälle, soweit demgemäß die Vermieterin nach außerordentlicher Kündigung des Mieters wegen Geschäftsaufgabe oder Verlagerung bei einverständlicher Anschlussverwertung (nachstehend aa) bzw. alternativ bei u. U. geeignetem Nachmieter-Vorschlag (nachstehend bb) auf den Abbruch verzichten kann oder die Vermieterin den Mieter für den Verlust seiner Gebäude entschädigt bei ihrerseits zu vertretender außerordentlicher Kündigung (nachstehend cc) oder Nichtverlängerung des Vertrags (nachstehend dd). Ein möglicher Unterschied in der älteren Rechtsprechung des früher befasst gewesenen III. Senats des BFH führt zu keinem anderen Ergebnis (nachstehend ee, ff).

95

aa) Zwar wird die Vermieterin im Sonderfall der außerordentlichen Kündigung des Mieters wegen Geschäftsaufgabe oder -Verlagerung ohne Entschädigung für die Gebäude bei einer Anschlussverwertung des Mietobjekts die Mieterinteressen bezüglich eines Verkaufs seiner Gebäude berücksichtigen, soweit dies nicht den eigenen Interessen zuwider läuft (Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19.4 zu Nr. 19 AVB-HI 2002). Insoweit kann jedoch der Mieter nicht die Abbruchverpflichtung, den damit verbundenen Gebäude-Wertverlust (nebst Abbruchkosten) oder den aus dem drohenden Wertverlust bereits vorher resultierenden Minderwert abbedingen.

96

Gesetzliche Ansprüche des Mieters auf Aufwendungs- oder Wertersatz für seine aufgebauten Gebäude gegen die Vermieterin oder einen eventuellen Nachmieter bleiben ausgeschlossen (vgl. OLG München, Urteil vom 01.04.1993 1 U 5023/92, NJW-RR 1994, 1100; Horst in Lützenkirchen, Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl. Rz. 564d, 566, Münch in Herberger/Martinek/Rüßmann u. a., JurisPK-BGB Bd. 2, 8. Aufl., § 547 Rz. 12).

97

Anders als bei einem Wahlrecht betreffend die Abbruchverpflichtung kann der Mieter diese nicht abbedingen, sondern bleibt es seinem Risiko überlassen, ob ein Nachmieter gefunden wird, der zur Übernahme der Gebäude bereit ist, und inwieweit ein Kaufpreis in Kenntnis der Abbruchverpflichtung für die Gebäude erzielbar ist. Der Vermieter entscheidet über die Auswahl bzw. Akzeptanz des Nachmieters, und zwar unter Berücksichtigung seiner eigenen Interessen, evtl. einschließlich höherer Gewerbeflächen-Mietforderung gegenüber dem Nachmieter (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 13.09.1994 36 C 402/94, WUM 1995, 312 Horst in Lützenkirchen, Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl., K III Rz. 421). Selbst wenn die Vermieterin einer dreiseitigen Vereinbarung mit einem solchen Nachmieter zustimmt, bleibt dieser als (ggf. Einzel-)Rechtsnachfolger mit der auf ihn übergehenden Abbruchverpflichtung belastet (vgl. Horst in Lützenkirchen Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl. K II 5 Rz. 211 a. E.).

98

bb) Vergleichbar oder ähnlich stellt sich die Situation für den Mieter im Sonderfall seiner Geschäftsaufgabe oder Verlagerung dar, soweit er alternativ anstelle der außerordentlichen Kündigung sogleich einen Nachmieter vorschlagen kann, den die Vermieterin aus näher bezeichneten wichtigen Gründen ablehnen kann, die der Mieter nicht beeinflussen kann; wie nämlich Unvereinbarkeit der beabsichtigten Nachfolgenutzung mit dem Hafenentwicklungsgesetz, mangelnde Bonität usw. (Ziff. 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19.4 zu Nr. 19 AVB-HI 2002). Selbst wenn eine dreiseitige Vereinbarung mit dem Nachmieter zustande kommt, bleibt dieser als (ggf. Einzel-)Rechtsnachfolger mit der auf ihn übergehenden Abbruchverpflichtung belastet.

99

cc) Ebenso wenig kann der Mieter seine Abbruchverpflichtung abbedingen aufgrund der Regelungen über die außerordentliche Kündigung seitens der Vermieterin aus von ihr zu vertretenden bezeichneten Gründen gegen Entschädigung an den Mieter für den Verlust seiner Bauwerke (AVB HI 2002 Nr. 19.21, Nr. 20, Nr. 20.1 AVB HI 2002, ergänzt durch Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Die Vermieterseite entscheidet nämlich über ihre (ggf. aufgrund von Belangen der Hafenentwicklung u. a.) denkbare außerordentliche Kündigung und über ihr eventuelles Einverständnis mit einem u. U. möglichen Verbleib bestimmter Gebäude; letzterenfalls unter Gegenrechnung ersparter Räumungskosten.

100

In der Formulierung der Rechtsprechung ausgedrückt, kann der Mieter diese Entscheidungen der Vermieterin weder einseitig abwenden noch darauf mit rechtlichen Mitteln einwirken (vgl. BFH, Urteil vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61). Die Entschädigung bleibt aufschiebend bedingt von einer deshalb gemäß § 4 BewG nicht zu berücksichtigenden besonderen Erklärung der Vermieterin abhängig (vgl. BFH, Urteil vom 03.03.1972 III R 136/71, BFHE 106, 570, BStBl II 1972, 896, Juris Rz. 14).

101

dd) Vermieterseitig zu vertretende Nichtverlängerung des Vertrags

102

Zwar hat sich die Vermieterin über das dispositive gesetzliche Mietrecht hinaus verpflichtet, dem Mieter sogar nach Vertragsablauf eine Entschädigung zu zahlen bei Nichtverlängerung aus von ihr, der Vermieterin, zu vertretenden Gründen wie im vorbeschriebenen Sonderfall der außerordentlichen Kündigung durch sie, die Vermieterin, aus einem der bezeichneten Gründe (Belange der Hafenentwicklung u. a.; AVB HI Nr. 20.1 i. V. m. Nr. 19.21, Nr. 20 AVB HI 2002, ergänzt durch Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Jedoch kann der Mieter bereits über den Eintritt der Voraussetzungen für diese Sonderregelung nicht disponieren und auch danach weder die Abbruchverpflichtung noch die ihn stets belastenden Abbruchkosten abbedingen (vgl. neben den vorbezeichneten Regelungen die mündlichen amtlichen Auskünfte). Genauer gesagt, beseitigt die am Stichtag bestehende tatsächliche Unsicherheit, ob die Vermieterin von der Regelung Gebrauch machen kann oder wird, die rechtlich bestehende Abbruchverpflichtung nicht (vgl. BFH, Urteil vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; BFH, Urteil vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61; zu der entsprechenden Regelung für Erbbaurechte BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146).

103

Im Übrigen hat der Mieter insoweit kein Wahlrecht, sondern seine Abbruchverpflichtung besteht auch im Fall der Entschädigung. Wenn der Mieter dieser Verpflichtung nicht selbst nachkommt, veranlasst die Port Authority den Abriss auf seine Rechnung, wie der Leiter Finanzen und Immobilien der Port Authority in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat.

104

ee) Selbst wenn in den vorbezeichneten Regelungen für Sonderfälle eine Einschränkung der Abbruchverpflichtung im Sinne der Auslegung durch den früher einschlägig befasst gewesenen III. Senat des BFH in dessen Urteilen von 1981 gesehen würde, bliebe es hier bei dem Ergebnis der unbedingten Abbruchverpflichtung.

105

Seinerzeit wurde ungeachtet des hier in § 94 BewG bewerteten Gebäude-Wertverlusts ohne Entschädigung im wirtschaftlichen Ergebnis entscheidend auf eine faktisch mögliche mieterseitige Abwahl der Abbruchkosten abgestellt. Eine unbedingte und unzweifelhafte Abbruchverpflichtung wurde nämlich verneint nach einer vertraglichen Regelung, dass bei Nichtabbruch binnen einer Dreimonats-Frist die Baulichkeiten in das Eigentum des Grundstückseigentümers und Vermieters übergehen (vgl. BFH, Urteile vom 03.07.1981 III R 102/80, Juris; III R 68/80, Juris; III R 97/79, BFHE 134, 51, BStBl II 1981, 759; III R 85/79, Juris; ferner III R 102/80, BFHE 134, 48, BStBl II 1981, 764). Damals waren die Abbruchkosten bewertungsrechtlich zugleich noch von Interesse für eine entsprechende Rückstellung bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Vermögensteuer oder der Gewerbekapitalsteuer (vgl. BFH, Urteile vom 26.09.1975 III R 15/74, BFHE 117, 257, BStBl II 1976, 110; vom 31.01.1964 III 178/61 U, BFHE 78, 458, BStBl III 1964, 178, Juris Rz. 8; Erlass Finanzministerium Nordrhein-Westfalen vom 30.07.1982 S 3232, Juris).

106

Nach dem hier vorliegenden Mietvertrag und seinen vorbezeichneten Regelungen kann dagegen der Mieter auch die Abbruchkosten weder abbedingen noch durch eigene Disposition faktisch vermeiden.

107

ff) Da der vorliegende Vertrag keine Verlängerungsoption für den Mieter enthält, kann dahinstehen, inwieweit oder ob eine solche als aufschiebend bedingt entsprechend § 4 BewG erst nach Ausübung bei Prüfung der Abbruchverpflichtung zu berücksichtigen wäre (vgl. im letzteren Sinne Bay. LfSt 15.11.2013 S 3217, Juris Fachportal Steuerrecht; beim Erbbaurecht BFH, Urteil vom 05.03.1971 III R 130/68, BFHE 102, 102, BStBl II 1971, 481).

108

3. Der Abbruchabschlag unterbleibt im Streitfall nicht gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 2 BewG wegen Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs trotz der Abbruchverpflichtung i. S. v. HS 1 der Vorschrift.

109

a) Im Verhältnis zur Regel des Abbruchabschlags bei Abbruchverpflichtung i. S. v. § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG stellt HS 2 betreffend Unterbleiben des Abschlags bei Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs eine Ausnahme dar, für die das FA die Feststellungslast trägt. Dementsprechend genügt bei der tatrichterlichen Einzelfall-Würdigung, dass ein Gebäude trotz Abbruchverpflichtung voraussehbar nicht abgebrochen und deshalb der Abschlag zu versagen ist, gemäß ständiger Rechtsprechung nicht die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichtabbruchs. Es muss vielmehr in Bezug auf den einzelnen Fall und den Bewertungsgegenstand im Feststellungszeitpunkt "konkret voraussehbar" sein, dass es trotz der Abbruchverpflichtung nicht zum Abbruch der Gebäude kommen wird (Urteile FG Berlin-Brandenburg, vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris; FG Saarland vom 04.11.1993 2 K 192/90, Juris; FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, 174, BStBl II 1986, 449).

110

Bei der mietvertraglichen Abbruchverpflichtung der Klägerin sind theoretisch denkbare Fälle des Nichtabbruchs eines Gebäudes weder vorhersehbar noch konkret vorhersehbar, sondern teils ausgeschlossen (b) und im Übrigen ungewiss (c bis d).

111

b) Soweit aus der veröffentlichten Rechtsprechung ersichtlich, hat der BFH bisher nur in Ausnahmefällen mehrfacher stillschweigender Vertragsverlängerungen indiziell aus dem bisherigen Verhalten der Vertragsparteien einen Schluss auf einen vorhersehbaren Nichtabbruch anerkannt, und zwar bei mehrfacher fünfjähriger Verlängerung oder nach häufiger einjähriger Verlängerung (Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61; vgl. Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 101 f.).

112

Im Streitfall sind dagegen stillschweigende Verlängerungen des Vertrags nicht vorgekommen, erst recht nicht kurzfristige; sondern insgesamt umgekehrt ausdrücklich ausgeschlossen (AVB-HI 2002 Nr. 19.3).

113

c) Bisherige langfristige Verlängerungen zukünftig ungewiss.

114

aa) Zwar wird vertreten, dass aus einer vorherigen Vertragsverlängerung unter Umständen auf die zukünftige Entwicklung geschlossen werden kann (vgl. BMF, BewRGr Abschn. 50 Abs. 3 a. E., Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG § 94 BewG Rz. 99); speziell aus wiederholten langfristigen Verlängerungen von Verträgen des Vermieters gegenüber dem Mieter und zugleich anderen Mietern im Umfeld (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris, Rev. II R 19/16).

115

bb) Andererseits genügen Erwägungen allgemeiner Art über die bisherige Behandlung bei Mietverhältnissen in ähnlichen Fällen nicht für die konkrete Voraussehbarkeit eines Nichtabbruchs (Urteile BFH vom 03.03.1972 III R 136/71, BFHE 106, 570, BStBl II 1972, 896; sinngemäß FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604). Dementsprechend reicht dafür auch nicht eine die Hafenwirtschaft fördernde städtische Mietpreispolitik in vergangenen Jahrzehnten gegenüber der Klägerin und anderen Mietern mit den damit seinerzeit zustande gekommenen Mietpreiseinigungen und Vertragsverlängerungen. Umgekehrt ergeben sich ebenso wenig verallgemeinernde Schlüsse auf zukünftige Entwicklungen im hier interessierenden Hafengebiet aus früherer Erfahrung der Klägerin bei entschädigungsloser Räumung einer anderen Immobilie nach wachstumsbedingtem Standortwechsel.

116

cc) Insbesondere kann aus vorangegangenen Vertragsverlängerungen und der sich daraus bisher ergebenden Gesamtlaufzeit nicht mehr auf den zukünftigen Verlauf danach geschlossen werden, wenn inzwischen neu eingetretene Umstände zu berücksichtigen sind (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris, Rev. II R 19/16).

117

aaa) Eine neue Situation besteht im Streitfall seit der Übertragung der städtischen Hafengrundstücke nebst Mietverhältnissen mit Wirkung ab 2006 auf die rechtlich verselbständigte Port Authority und aufgrund deren gesetzlicher Verpflichtung zur "Wirtschaftsführung nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten".

118

bbb) Der Wandel der Mietpreispolitik aufgrund der Wirtschaftsführung der Port Authority hat sich bereits gezeigt in der bei Vertragsverlängerung geforderten Verdreifachung der Miete und in den statt "copy and paste" geführten mehrjährigen harten Verhandlungen mit "unverhältnismäßiger Anzahl und Dauer der Gespräche" beider Seiten vor der zum Jahreswechsel 2012/2013 zustande gekommenen Einigung; außerdem in der deswegen klägerseits bereits erwogenen Umsiedlung.

119

Wenngleich eine Verständigung der Vertragspartner spätestens zwei Jahre vor Vertragsablauf vorgesehen ist (9. Nachschrift Ziff. 6.9) und sich zuletzt beide um die Verlängerung bemüht und diese letztlich noch erreicht haben, bleibt es bei der deutlich gewordenen und für die Zukunft nicht ausgeräumten Unsicherheit. Zu rechnen ist nämlich wieder mit ergebnisoffenen, marktorientierten und deshalb möglicherweise schwierigen oder harten Verhandlungen. Unter solchen Umständen bleibt der Nichtabbruch der Gebäude auf dem gemieteten Hafengrundstück über eine vage Aussicht hinaus vor einem Verlängerungsangebot nicht greifbar, sondern künftig ungewiss (vgl. BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451, Juris Rz. 13).

120

ccc) Weiter bestätigt sich die gewandelte Wirtschaftsführung in den Ausschreibungen frei gewordener Hafenflächen durch die Port Authority und in dem parallel steigenden Hafenmieten-Niveau.

121
ddd) Dass für die Zukunft mit einer Fortsetzung der jetzigen kaufmännischen bzw. marktorientierten Vermietung zu rechnen ist und dementsprechende Verhandlungen mit ungewissem Ausgang zu erwarten sind, wird weiterhin deutlich in der eingehenden gesetzmäßigen Kontrolle von Verträgen der Port Authority mit Hafenmietern durch den Rechnungshof (vgl. z. B. Gutachtliche Äußerung 09.12.2014, Bü-Drs. 21/4300).

122

eee) Die Ungewissheit des Ausgangs zukünftiger marktorientierter Vertragsverhandlungen besteht erst recht mit Rücksicht auf das inzwischen ins politische und öffentliche Bewusstsein gerückte Verbot marktbeeinträchtigender staatlicher Beihilfe (State Aid {SA.}) gemäß Art. 107 ff. AUEV. Dieses wird zunehmend auch im Bereich der Hafenpolitik überwacht (vgl. z. B. in deutschen Häfen Europäische Kommission vom 20.07.2016, SA.44692; vom 04.05.2016, SA.44479; vom 20.04.2016 SA.SA.44846, C(2016) 2483 final; vom 01.10.2014, Press Release IP/14/1065); im Hamburger Hafen vom 09.4.2014 SA.37322, C(2014) 2231 final).

123

Auch der Vermeidung von Problemen mit dem EU-Beihilfeverbot dient daher die kaufmännische Praxis der Port Authority, dass sie freiwerdende Grundstücke ausschreibt und sich an dabei gebotenen und derzeit in ungewisser Höhe steigenden Marktpreisen bei ihren Verlängerungs-Verhandlungen orientiert. Eine vergleichbare Wirkung zeigt sich ferner zum Beispiel in dem Umstand, dass die hier zu beurteilende Frage der Abbruchabschläge für die Gebäude auf Hafengrundstücken nicht mehr behördenintern mit der Liegenschaftsverwaltung der Finanzbehörde wie früher als Vermieterin für alle Hafenmieter besprochen oder geklärt werden konnte.

124

dd) Aus Rechtsprechung und Kommentierung folgt die Auffassung, dass in Fällen einer langen oder zigjährigen (Rest-) Laufzeit von z. B. 20 Jahren keine Prognose über die Umsetzung oder Abwendung der Abbruchverpflichtung oder über einen Nachmieter möglich und deshalb ein Nichtabbruch nicht vorhersehbar ist (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG § 94 Rz. 2); betreffend Hafengrundstück FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603). Die hier zu beurteilende Restlaufzeit beträgt sogar mehr als 29 Jahre.

125

ee) Ungewisse technische und wirtschaftliche Entwicklungen stehen einem Schluss auf Vorhersehbarkeit eines Nichtabbruchs entgegen.

126

Gegen die Vorhersehbarkeit einer Mietvertragsverlängerung oder eines Nichtabbruchs spricht insbesondere die Unvorhersehbarkeit technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen, die während langer Restlaufzeit das Verhalten der einen oder anderen Vertragspartei entscheidend beeinflussen können; auf der Seite des Mieters - wie auch potentieller Nachmieter - etwa
- dass die bisherigen Flächen und Gebäude auf dem Mietgrundstück wachstumsbedingt zu klein werden und nicht mehr ökonomisch genutzt werden können oder
- dass umgekehrt durch wirtschaftlichen Rückgang die Flächen nebst Gebäuden nicht mehr rentabel finanziert werden können, zumal vor dem Hintergrund unzureichender Beleihbarkeit der Gebäude auf fremdem Grund und Boden wegen Abbruchverpflichtung und fehlender Grundpfandrechte oder
- dass sich der Bedarf wandelt hinsichtlich Lage des Grundstücks oder benötigter Verkehrsmittelanschlüsse oder Ausgestaltung oder weiterer Bebaubarkeit oder Belastbarkeit der Grundstücksflächen oder Ausgestaltung der Gebäude.

127

Entsprechendes gilt insbesondere für die hier zum Stichtag zu bewertenden, im Wesentlichen zur hochspezialisierten Produktion kleinteilig ausgestalteten, weitgehend älteren Gebäude auf bereits logistisch beengter Fläche; wie für die sich insgesamt im Zeitablauf sichtbar wandelnde Hafenindustrie und Hafenlogistik und für die sich danach ändernde Verwendung von Hafengrundstücken (vgl. Urteile FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451 a. E.).

128

ff) Zwar kommt der (nach dem Stichtag errichtete und hier noch nicht zu bewertende) sechsgeschossige Büroneubau als Indiz für die Erwartung einer weiteren Vertragsverlängerung ab 2042 in Betracht. Im Unterschied zu den kleineren vorherigen Baumaßnahmen erfordert der Büroneubau nämlich ein in Relation zur Betriebsgröße bedeutendes und daher langfristig zu kalkulierendes Investitions-Volumen. Dennoch lässt der Büroneubau in der Gesamtwürdigung nicht auf eine Vertragsverlängerung oder auf den Nichtabbruch der hier für 2013 zu bewertenden Gebäude schließen. Wie die Klägerin schriftlich und mündlich nachvollziehbar und unwiderlegt ausgeführt hat, fiel die Entscheidung für den Neubau nämlich gerade aufgrund der rund dreißigjährigen Investitionssicherheit und Kalkulation nach der Vertragsverlängerung bis 2042.

129

gg) Zwar könnte die mietvertragliche Sonderregelung einer Entschädigung an den Mieter für seine Gebäude bei Nichtverlängerung des Vertrags aus vermieterseitig zu vertretenden Gründen (wie Belangen der Hafenentwicklung, AVB-HI 2002 Nr. 20.1 i. V. m. Nr. 19.2.1) auf den ersten Blick für eine prinzipielle Erwartung zukünftiger Vertragsverlängerungen sprechen. Diese Regelung widerlegt dennoch nicht die vorbeschriebenen Ungewissheiten (oben dd, ee); sie ermöglicht so über ihren Sonderfall-Regelungsgehalt hinaus keinen generellen Umkehrschluss auf zu erwartende Vertragsverlängerungen nach den marktorientierten Preisforderungen und kaufmännischen Verhandlungen der Port Authority bei gleichzeitiger Beachtung des EU-Beihilfeverbots (oben cc, aaa bis eee).

130

d) Im Übrigen sind die im Vertrag angesprochenen und bereits vorstehend benannten Sonderfälle als solche naturgemäß nicht von vornherein vorhersehbar und ist deshalb auch kein Nichtabbruch ihretwegen vor ihrem Eintritt vorhersehbar. Außerdem gelten für damit eventuell später anzustrebende Anschlussnutzungen oder Nachmieter-Vereinbarungen erst recht die vorbeschriebenen Ungewissheiten hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen; zumal im Hafengebiet (Urteile FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451 a. E.). Davon abgesehen kommt es zum Beispiel für die Fälle, in denen die Port Authority mittels außerordentlicher Kündigung oder Nichtverlängerung des Mietvertrags selbst ein anderes Interesse verfolgt, in der Praxis nicht vor oder ist es so gut wie ausgeschlossen, dass die Gebäude weiterverwendet werden können (Amtliche Auskunft).

131

4. Über die nach Aufhebung des angefochtenen letzten Einheitswert-Änderungsbescheids vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 durch dieses Urteil wieder in Kraft tretende Bewertung im vorherigen Änderungsbescheid vom 23. Januar 2013 besteht in betragsmäßiger Hinsicht kein Streit, sondern für den Fall der gerichtlichen Gewährung des Abbruchabschlags Übereinstimmung.

132

Nach klarstellender Formulierung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung besteht zugleich Übereinstimmung, dass der wieder in Kraft tretende Bescheid vom 23. Januar 2013 nicht angefochten wurde. Dementsprechend ist für die in diesem Bescheid wertmäßig bereits berücksichtigte Verlängerung bis 2042 nicht mehr über die Frage des Datums ihrer Gegenzeichnung durch die Port Authority zu entscheiden. Ohnehin wird deren Angebot mit Unterschrift der Klägerin aus 2012 bereits für die nachfolgende Bewertung 2013 zugrunde gelegt (zu der nach Angebot greifbaren Vorhersehbarkeit des Nichtabbruchs vgl. oben; BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, Juris Rz. 13; Protokoll 03.03.2016 S. 23).

133

IV. Nebenentscheidungen

134

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

135

Die Klage richtet sich gemäß auslegender Klarstellung und wie tenoriert allein gegen den letzten Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid.

136

Mit der Klarstellung erübrigte sich eine entsprechende amtswegige Auslegung (vgl. Urteile FG Hamburg vom 12.12.2013 3 K 28/13, Juris Rz. 51 ff.; BFH vom 25.04.1989 VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261) und kam es nicht mehr - kostenwirksam - auf die unterschiedlichen Auffassungen zur Zulässigkeit paralleler Grundlagen- und Folgebescheid-Klagen an (vgl. z. B. zur Zulässigkeit BFH, Urteil vom 09.11.2005 I R 10/05, BFH/NV 2006, 750, Juris Rz. 15 m. w. N.; Hardt, DStZ 1989, 179; zur Unzulässigkeit BFH, Urteile vom 25.08.1999 VIII R 76/95, BFH/NV 2000, 300; vom 11.05.1983 III R 20/80, Juris; jeweils m. w. N.).

137

2. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis entsprechen §§ 151, 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

138

Bei der Neufassung von § 708 Nr. 10 ZPO ("Berufungsurteile" statt "Urteile der Oberlandesgerichte") mit Wirkung vom 1. September 2004 durch das Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) ist nach inzwischen übereinstimmender Auslegung anhand des Gesetzgebungsverfahrens davon auszugehen, dass keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung von oberen Landesgerichten (wie OLG und FG) auf andere letztinstanzliche Tatsachengerichte gemeint ist (vgl. Urteile FG Baden-Württemberg vom 16.01.2012 6 K 4588/09, Juris; FG Nürnberg, vom 1. April 2008 IV 278/2005, Juris; FG München, Urteil vom 20. Januar 2005 3 K 4519/01, EFG 2005, 969; grundlegend FG Hamburg, Urteil vom 29. November 2004 III 493/01, EFG 2005, 1434).

139

3. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.