Tatbestand

1

Beim Einheitswert für die Betriebsgebäude der Klägerin auf dem gemieteten Grundstück ist streitig, ob Abschläge wegen vertraglicher Abbruchverpflichtung zu berücksichtigen sind (§ 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG) oder aber vorauszusehen ist, dass die Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden (§ 94 Abs. 3 Satz 3 HS 2 BewG).

2

I. Mietgrundstück und Mieter-Gebäude

3

Auf dem gemieteten Grundstück betätigt die Klägerin sich in der industriellen Produktion von Lebensmitteln. Das vermietete Grundstück befindet sich im Hafengebiet, jedoch außerhalb des mit Wirkung ab 2013 aufgehobenen Freihafens. Verwaltet wurde das Hafengebiet früher behördlich und nach Errichtung der Hamburg Port Authority AöR (HPA) seit 2006 durch diese.

4

Das Grundstück liegt an einem Elbarm mit tideabhängiger Wassertiefe. Letztere reicht im Fahrwasser für Binnenschiffe aus. Das Ufer ist nicht als Kai ausgebaut. Ein bei Anmietung des Grundstücks 19.. ... erwogener Schuten-Anleger wurde nicht realisiert.

5

Das Hafengrundstück befindet sich im möglichen Überschwemmungsgebiet der Elbe. Bei Sturmflutvorhersagen über NN +6,50 m wird das gesamte Hafengebiet gesperrt. Bei der sogenannten Nikolaus-Sturmflut am 6. Dezember 2013 stand das Hochwasser bis wenige Zentimeter unterhalb der Deichkrone. Der Bau einer 7,80 m hohen Polderwand zwecks besseren Schutzes bei Sturmfluten war zum Feststellungszeitpunkt bzw. Bewertungsstichtag 2013 noch nicht abgeschlossen. Nach dem Stichtag wurde ein sechsgeschossiges Verwaltungsgebäude zum Ersatz bisheriger Pavillons gemäß Bauantrag und Genehmigung aus 2015 errichtet.

6

Auf dem Grundstück besteht kein Bahn- bzw. Hafenbahn-Anschluss.

7

Rohstoffe und Fertigwaren werden mit Lkw bzw. Last- oder Sattelzügen an- und ausgeliefert, die Verkehrs-, Rangier- und Abstellflächen benötigen. Einige Container-Wechselbrücken können vor Ort abgestellt werden. Aus Platzmangel werden mit Fertigwaren beladene Container zu einem externen Lager gebracht. Das bisher im Baustufenplan als Industriegebiet ausgewiesene Mietgrundstück ist neben den vorgenannten Flächen, Grünflächen und einem Mitarbeiterparkplatz nur teilweise bebaut.

8

Die am Stichtag 2013 vorhandenen Baulichkeiten befinden sich in einem gut unterhaltenen und gepflegten Zustand. ... Soweit aus seit 1968 noch vorhandenen Bauakten ersichtlich, liegen der Bebauung, ihren Erweiterungen und Änderungen seit Anmietung bis zum Stichtag mindestens 59 Bauantrags- und -genehmigungs-Vorgänge zugrunde.

9

Über die vorstehenden sowie die weiteren Einzelheiten der Bauteile einschließlich der Flächen, Raummaße und Baujahre, weiter einschließlich der den Gebäudeklassen und sonstigen Zu- und Abschlägen zugrunde liegenden Bauausführungen, weiter einschließlich der sonstigen Gegebenheiten und Außenanlagen sowie jeweils zusammenfassend über die sich daraus für die Einheitsbewertung ergebenden Bauteilswerte stimmen die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht überein, mit Ausnahme ab 2013 der Abschläge wegen Abbruchverpflichtung dem Grunde.

10

II. Mietvertrag

11

Die Klägerin mietete das Grundstück ursprünglich von der Stadt. ...

12

Im Wege der gesetzlichen Rechtsnachfolge gingen das vormalige Amt für Strom- und Hafenbau, zwischenzeitlich Amt Port Authority der Wirtschaftsbehörde, sowie das Hafenamt der Liegenschaftsverwaltung der Finanzbehörde der Stadt als Eigentümerin und Vermieterin auf die mit Wirkung ab 2006 als AöR errichtete Hamburg Port Authority (HPA) über. Gemäß HPA-Errichtungsgesetz "§ 11 Wirtschaftsführung" wird die HPA "nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt" (HmbGVBl 2005, 256).

13

Der das vorliegende Mietgrundstück nicht umfassende Freihafen wurde durch Gesetz von 2011 - mit Wirkung ab 2013 - aufgehoben (BGBl I 2011, 50). In diesem zeitlichen Zusammenhang war lange vor Vertragsablauf 2017 die Verlängerung und Neuverhandlung des Mietvertrags zwischen der HPA und der Klägerin ein "mehrjähriges Thema" mit "unverhältnismäßiger Anzahl und Dauer der Gespräche". Gegenüber der auslaufenden Miete von rund .... DM/qm p. a. wurde über einen neuen Mietpreis zwischen ... und ... Euro/qm p. a. verhandelt. Die Klägerin hatte im Übrigen die Alternative einer Umsiedlung vor Augen; nämlich vergleichbar mit dem seinerzeit durch einen Wettbewerber in der jetzigen Metropolregion Hamburg im benachbarten Bundesland neu errichteten Werk nach einem berichteten Grundstücks-Kaufpreis von ... Euro/qm.

14

Einen letzten Entwurf der 9. Nachschrift zum Mietvertrag erstellte und übersandte die HPA in 2012 - d. h. vor dem Bewertungsstichtag 01.01.2013 - mit u. a. folgendem Inhalt:

Ziffer 2

Verlängerung bis 31. März 2042;

Ziffer 3

Erweiterung auf ... qm gemäß Lageplan;

Ziffer 4 Abs. 1

(Nach in der 8. Nachschrift vorbehaltener Mietüberprüfung 2002) anstelle einer Mieterhöhung für 2007 - 2012 deren Abgeltung durch Einmalbetrag ... Euro (d. h. für die 6 Jahre zusammen insgesamt zusätzlich rd. ... Euro/qm);

Ziffer 4 Abs. 2

Mieterhöhung ab 2013 auf ... Euro Jahresmiete;

Ziffer 4 Abs. 3

Weitere jahresweise bis 2032 gestaffelte Mieterhöhungen bis auf ... Euro Jahresmiete;

Ziffer 5

Geltung der inzwischen von der HPA herausgegebenen Allgemeinen Vertragsbestimmungen für die Vermietung von Hafen- und Hafenindustriegrundstücken (AVB-HI) 2002 anstelle der AVB-HI 1992;

Ziffer 6

Ergänzungen zu den AVB-HI 2002.

15

In den AVB-HI 2002 heißt es auszugsweise:

"4.     

Bebauung ...

4.4     

Soweit in diesem Vertrag keine abweichenden Regelungen getroffen

sind, werden die vom Mieter errichteten Bauwerke und Anlagen nur zur Nutzung während der Mietzeit mit dem Grund und Boden verbunden; sie dienen also nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 Abs. 1 BGB. ...

19.     

Kündigung ...

19.1   

Fristlose Kündigung ...

19.2   

Außerordentliche Kündigung

19.2.1

Bei Verträgen mit fester Dauer ist die Vermieterin berechtigt, vor Vertragsablauf

das Mietverhältnis ... zu kündigen, wenn die Vermieterin das ... Mietobjekt ... für

-     Belange der Hafenentwicklung, ...

-     Zwecke des Gemeinbedarfs ... oder ...

dringend benötigt ... Die Kündigung kann bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nur mit einer Frist von 24 Monaten ... ausgesprochen werden.

19.3   

Ausschluss der stillschweigenden Verlängerung

Wird das Grundstück nach Ablauf der Mietzeit nicht vertragsgemäß herausgegeben, verlängert sich das Mietverhältnis abweichend von § 545 BGB nicht stillschweigend.

20    

Entschädigungsregelung bei außerordentlicher Kündigung

und Nichtverlängerung eines langfristigen Vertrags

20.1   

Der Mieter erhält eine Entschädigung,

wenn das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung beendet wird ...

oder der Vermieter dem Mieter das Mietobjekt nach Ablauf des auf mehr als 15 Jahre abgeschlossenen Vertrags aus den für die außerordentliche Kündigung geltenden Gründen (s. Nr. 19.2.1) nicht weiterhin zur Nutzung überlassen kann. Die Entschädigung wird gewährt für die mit Zustimmung der Vermieterin vertragsgemäß vom Mieter errichteten ... Bauwerke und Anlagen ...

Die Entschädigung wird bemessen nach

-     dem Verkehrswert der auf der herauszugebenden Mietfläche

vorhandenen mietereigenen Bauwerke, ...

        

Bei der Ermittlung der Verkehrswerte der Bauwerke ... wird - unabhängig von der Restlaufzeit des Mietvertrages - auf die technische bzw. wirtschaftliche Restnutzungsdauer der Bauwerke ... abgestellt.

21.     

Räumung

21.1   

Der Mieter hat das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses

geräumt und in einwandfreiem Zustand zurückzugeben. ... Er ist verpflichtet, das Mietobjekt von den in seinem Eigentum stehenden Bauwerken und Anlagen (einschließlich der unterirdischen Fundamente bzw. Kellermauern und -fußböden) ... restlos ober- und unterirdisch auf seine Kosten und - soweit nicht die Bestimmungen in Nr. 20 Anwendung finden - ohne Entschädigung freizumachen ...

21.2   

Die vorstehende Räumungsverpflichtung des Mieters gilt auch für den

Fall der ... vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses."

16

Zwischenzeitlich entworfene AVB-HI 2010 hatte die HPA zum Zeitpunkt des Entwurfs der 9. Nachschrift zum Mietvertrag bereits wieder zurückgezogen (vgl. Rechnungshof, Gutachtliche Äußerung "Entschädigungsleistungen für die Freimachung von Hafenflächen", Internet).

17

Ziffer 6 der von der HPA entworfenen 9. Nachschrift zum Mietvertrag enthält u. a. folgende Ergänzungen zu den AVB-HI 2002:
"...6.2 Zu Ziffer 2.3 AVB-HI - Veränderung der Miete bei Verträgen mit fester Laufzeit -

18

Ziffer 2.3 AVB-HI wird gestrichen und wie folgt ersetzt:
Die Miete verändert sich vom 01.01.2033 an jeweils nach Ablauf von einem Jahr um den Prozentsatz, um den sich der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Verbraucherpreisindex für Deutschland gegenüber dem Stand des Vorjahres verändert hat.

19

Alle Änderungen der Miete auf Basis des Verbraucherpreisindexes für Deutschland erfolgen unmittelbar und selbständig, ohne dass es hierzu weiterer Erklärungen oder Rechtshandlungen der Vertragsparteien bedarf.
Maßgeblich für die Anpassung der Miete ist einerseits der Indexstand für den Monat, mit dessen Ablauf die Mietfestsetzung ein Jahr gültig ist. Somit erfolgt die erste Anpassung mit dem Unterschied der Verbraucherpreisindices der Monate Dezember 2031 und Dezember 2032.
6.8          Zu Nr. 19 - Kündigung -
Die Nr. 19 wird um folgende Nr. 19.4 ergänzt:
Für den Fall, dass der Mieter seinen Geschäftsbetrieb ganz oder teilweise
-     aufgibt oder
-     verlagert,
hat er ein außerordentliches Kündigungsrecht, das mit einer Frist von 12 Monaten ... ausgeübt werden kann. Eine Entschädigung (Nr. 20 AVB-HI) wird nicht gewährt. Bei einer Anschlussverwertung des Mietobjekts wird die Vermieterin die Interessen des Mieters bezüglich eines möglichen Verkaufs seiner Gebäude und Anlagen berücksichtigen, soweit dies nicht ihren eigenen zuwider läuft.

20

Alternativ zur Ausübung des außerordentlichen Kündigungsrechts kann der Mieter der Vermieterin einen Nachfolgemieter vorschlagen. Diesen kann die Vermieterin nur aus wichtigem Grund ablehnen. Als wichtige Gründe gelten:
-     die Unvereinbarkeit der vom Nachfolgemieter beabsichtigten Nutzung mit den Bestimmungen des Hafenentwicklungsgesetzes
-     mangelnde Bonität des Nachfolgers oder berechtigte Zweifel an seiner Fähigkeit, seiner Verpflichtung zur Mietzahlung bis zum Vertragsende und / oder seiner Räumungsverpflichtung (Ziffer 21 AVB-HI) nachzukommen.
6.9     Ergänzung zu Nr. 20 - Entschädigungsregelung bei außerordentlicher Kündigung und Nichtverlängerung eines langfristigen Vertrages -
Die Vertragspartner verständigen sich bis spätestens zwei Jahre vor Ablauf des in Ziffer 2 dieser Niederschrift festgelegten Vertragszeitraums, ob eine Verlängerung erfolgen soll.

21

Endet das Vertragsverhältnis aus Gründen, die die Vermieterin zu vertreten hat, mit Ablauf des Vertragszeitraums, erhält der Mieter eine Entschädigung. Diese wird durch die Vermieterin oder den Nachfolgemieter geleistet. Vermieterin, Mieter und ggf. Nachfolgemieter verständigen sich bis spätestens ein Jahr vor Ablauf des Vertragszeitraumes über die Gebäude und Anlagen, die auf dem Mietobjekt verbleiben können und daher von der Räumungsverpflichtung nach Nr. 21 AVB-HI nicht erfasst sein sollen. Für diese Gebäude zahlt der Entschädigungsverpflichtete eine Entschädigung unter Gegenrechnung der entfallenden Räumungskosten. ..."

22

Mit Email vom 21. Dezember 2012 schrieb der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA an den Verhandlungspartner der Klägerin, das heißt an deren zweiten Geschäftsführer:
"Leider ist es mir nicht mehr gelungen, Sie in diesem Jahr telefonisch zu erreichen. Nachdem wir in den letzten Tagen zwischenzeitlich wirklich kurz das Gefühl hatten, dass wir uns geeinigt hätten und wir nun endlich das leidige Thema zum Abschluss bringen können, wurde dies nun nach mehreren Tagen des vergeblichen Wartens arg enttäuscht. Ich finde es wirklich langsam unerträglich, diesen Prozess ungesteuert weiter vor sich hin "eiern" zu lassen, und bitte Sie, mir im Januar möglichst in der 1. oder 2. Woche ein klares Signal zu geben, was Sie jetzt zu tun gedenken.

23

Da mir bewusst ist, dass Sie das gleiche Ziel verfolgen, gehe ich davon aus, im Januar etwas von Ihnen zu hören. Alles andere als eine zustimmende Botschaft wäre für mich eine schwer zu verstehende Situation. Ehrlich gesagt würde ich dann nicht mehr davon ausgehen, dass wir zu einem einvernehmlichen Ergebnis kommen können. ..."

24

Am 28. Dezember 2012 unterschrieb der Gesellschafter.

25

Mit erneuter Email vom 3. Januar 2013 schrieb der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA an den zweiten Geschäftsführer der Klägerin:
"... Ich habe heute die Vertragsnachschriften vorgefunden und möchte damit die ... geschriebene Mail vorbehaltlos zurückziehen und mich entschuldigen. Hat sich offensichtlich überschnitten ..."

26

Seitens der HPA erhielt die 9. Nachschrift zum Mietvertrag die Unterschrift des Leiters Finanzen und Steuern sowie eine weitere mit Datum 7. Januar 2013.

27

III. Mieten-Entwicklung im Hafen

28

Nach der Verlängerung des Mietvertrags der Klägerin mit der HPA durch die 9. Nachschrift heißt es in der Schriftlichen Kleinen Anfrage eines Bürgerschafts-Abgeordneten und in der Antwort des Senats vom 27. Mai 2016 wie folgt (Bü-Drs. 21/4527 S. 2):
"...4. Welches Mietniveau/Verpachtungsniveau wurde 2011 - 2016 jeweils durch Neuabschlüsse der HPA erreicht?
Die Abschlüsse des erfragten Zeitraums für unbebaute Hafengrundstücke liegen in der Regel zwischen 6 und 8 Euro/m2 und Jahr. ..."

29

IV. Verwaltungsverfahren

30

1. Über den allein streitigen Einheitswert auf den 1. Januar 2013 für die Gebäude der Klägerin auf dem gemieteten Hafengrundstück erließ das beklagte Finanzamt (FA) ursprünglich unter Nachprüfungsvorbehalt einen Wertfortschreibungs-Bescheid am 3. August 2012. Darin passte das FA wie in den Vorjahren bei den verschiedenen Bauteilen die Abschläge wegen Verpflichtung zum vorzeitigen Abbruch (§ 94 Abs. 3 Satz 3 BewG) an die kürzer werdende Restlaufzeit des Mietvertrags an, nunmehr noch von 2013 bis 2017 (vgl. Verlängerung des Mietvertrags ab 1987 bis 2017 mit 5. Nachschrift). Dabei verringerte sich der festgestellte Einheitswert von ... DM bzw. ... Euro auf ... DM bzw. ... Euro. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten, sondern bestandskräftig.

31

2. Nach Mitteilung der HPA an das FA vom 9. Januar 2013 über die Verlängerung des Mietvertrags mit der Klägerin bis 2042 setzte das FA den Einheitswert unter Aufrechterhaltung des Nachprüfungsvorbehalts mit Änderungsbescheid vom 23. Januar 2013 auf ... DM bzw. ... Euro herauf. Dabei berechnete das FA die Abbruchabschläge neu anhand der Restlaufzeit des Mietvertrags mit 29 Jahren bis 2042. Auch dieser Bescheid wurde nicht angefochten, sondern bestandskräftig.

32

3. Nach Anforderung des vollständigen aktuellen Vertragsinhalts seitens des FA und Übersendung durch die Klägerin im Juni 2014 kam das FA zu der Auffassung, dass aufgrund des am 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 geänderten Vertrags die Abbruchverpflichtung für den vom Mieter nicht beeinflussbaren Fall der Vertragsbeendigung durch den Vermieter eingeschränkt sei. Danach bestehe keine unabdingbare Abbruchverpflichtung mehr).

33

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 setzte das FA den Einheitswert unter Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts auf ... DM bzw. ... Euro herauf, indem es mit Hinweis auf den geänderten Vertrag keine Abschläge wegen Abbruchverpflichtung mehr berücksichtigte. Der Bescheid enthielt - wie die vorgenannten Bescheide - den Vermerk, dass die Feststellung des Einheitswerts gemäß § 165 Abs. 1 Nr. 3 AO vorläufig ist hinsichtlich der Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens verfassungsgemäß sind. Am selben Tag ergingen entsprechende Bescheide betreffend Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer.

34

4. Gegen den letzten Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 und die gleichzeitigen Bescheide über Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer 2013 legte die Klägerin am 14. August 2014 Einspruch ein, den sie am 11. September 2014 weiter begründete. Alleinige Beschwer sei die Nichtberücksichtigung der Abschläge wegen vertraglicher Abbruchverpflichtung. Die Bauwerke seien gemäß Nr. 4.4 AVB-HI 2002 nur vorübergehend i. S. v. § 95 BGB zur Nutzung während der Mietzeit mit dem Mietgrundstück verbunden. Die Räumungs- bzw. Abbruchverpflichtung gemäß Nr. 20-21 AVB-HI 2002 werde nicht berührt durch die in Ziffer 6.9 der Nachschrift vom 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 enthaltene Ergänzung zu Nr. 20 AVH-HI 2002 betreffend eine Verständigung über eine Verlängerung trotz fehlender Option der Klägerin.

35

5. Das FA führte unter dem 18. August 2014 aus, dass eine mittels Abschlag zu berücksichtigende Abbruchverpflichtung eindeutig und unabdingbar sein müsse, so dass dem Mieter bei Vertragsablauf keine Wahl bleibe. Nach der gemäß Ergänzung des Vertrags durch Ziffer 6.9 möglichen Einigung der Vertragsparteien über den Gebäude-Verbleib bestehe keine unabdingbare Abbruchverpflichtung.

36

6. Mit Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück: Gegen Abbruchabschläge spreche gemäß Abschn. 50 Abs. 3 BewRGr zu § 94 BewG eine Unsicherheit des Abbruchs, nachdem der Vertrag bereits verlängert worden sei. Die Abbruchverpflichtung stehe auch nicht (mehr) unabdingbar fest; weil nach der Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002 bei vom Vermieter zu vertretender Vertragsbeendigung eine Verständigung über den Gebäudeverbleib anstelle der entschädigungslosen Räumungsverpflichtung gemäß Nr. 21.1 AVB-HI 2002 möglich sei. Eine Option des Mieters sei dafür nicht erforderlich. Die Feststellung des Einheitswerts im Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid sei für die Bescheide über Grundsteuermessbetrag und Grundsteuer als Folgebescheide bindend.

37

Das FA übersandte die auf (Montag) den 20. Oktober 2014 vordatierte Einspruchsentscheidung an die die Klägerin vertretende Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und versah den vorgedruckten Absende-Vermerk
"Die Ausfertigungen werden abgesandt am:
mit einfachem Brief (Tag der Aufgabe zur Post = Datum des Schreibens)"
mit Datumstempel-Aufdruck "17.10.2014" und Namenszeichen.

38

V. Streitstand

39

1. Nach Eingang der Klage am Freitag 21. November 2014 trägt die Klägerin zur Begründung vor:
Die Verpflichtung zum Abbruch der von ihr, der Klägerin, auf dem gemieteten Hafengrundstück errichteten Gebäude bei Vertragsablauf sei auch nach den AVB-HI 2002 und deren Ergänzungen durch die 9. Nachschrift zum Mietvertrag vom 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 unverändert durch Abschläge gemäß § 94 Abs. 3 HS. 1 BewG zu berücksichtigen.

40

a) Die Mieter-Verpflichtung zum Gebäudeabbruch und zur Grundstücksräumung ohne Entschädigung bei Vertragsbeendigung sei "eindeutig und unbedingt" im Sinne der Rechtsprechung zu § 94 BewG; und zwar wie bereits nach der gesetzlichen Räumungs- und Rückgabeverpflichtung, zusätzlich gemäß ausdrücklicher vertraglicher Regelung in Nr. 21.1 AVB-HI 2002. Insbesondere sei dem Mieter im Vertrag oder in den AVB-HI 2002 keine Option, d. h. kein Wahlrecht zur Vertragsverlängerung eingeräumt. Die sich auf eine mieterseitige Verlängerungsmöglichkeit beziehende, vom FA angeführte Rechtsprechung sei daher nicht einschlägig. Insbesondere folge keine mieterseitige Abdingbarkeit der Räumungs- und Abbruchverpflichtung aus den vom FA angeführten vertraglichen Ausnahmeregelungen für die gemäß Nr. 20.1 AVB-HI 2002 entschädigungspflichtigen Fälle der vermieterseitigen außerordentlichen Kündigung durch die HPA oder Nichtverlängerung des Mietvertrags durch die HPA aus den in Nr. 19.2.1 AVB-HI 2002 genannten Gründen, von Belangen der Hafenentwicklung bis zu Zwecken des Gemeinbedarfs).

41

Geregelt sei damit nur die Erfüllung von in Ausnahmefällen nach BGB in Betracht zu ziehenden Ersatzansprüchen durch Mittel der öffentlichen Hand oder eines insoweit begünstigten Nachmieters gemäß Nr. 20.1 AVB-HI 2002 und der Nr. 20 ergänzenden Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift.

42

Auszugehen sei von dem normalerweise zu erwartenden Verlauf des Mietvertrags bis zum vertragsgemäßen Ablauf mit Abbruchverpflichtung ohne Entschädigung. Im Normalfall der Vertragsbeendigung durch Zeitablauf könne die Stadt einseitig über das Grundstück verfügen. In diesem Fall habe es der Mieter nicht in der Hand, ob die Gebäude abzureißen seien oder nicht, sondern bestehe für sie, die Klägerin, die vertragliche und konkrete Verpflichtung zum Abriss der Gebäude.

43

Gleichermaßen stehe diese Situation im Blickfeld der Banken und sei in der Praxis die Finanzierung mieterseitiger Gebäude mangels Investitionssicherheit problematisch. Der bewertungsrechtliche Abschlag wegen Abbruchverpflichtung setze im Übrigen nicht voraus, dass der Abbruch bald bevorstehe. Der Zeitpunkt der Räumungsverpflichtung schlage sich vielmehr in der Höhe des Abschlags nieder; nämlich nach dem Verhältnis des tatsächlichen Alters des Gebäudes zur verkürzten Gesamtlebensdauer.

44

b) Es sei auch nicht i. S. v. § 94 Abs. 3 HS. 2 BewG "vorauszusehen", dass es trotz der Abbruch- und Räumungs-Verpflichtung nicht zum Abriss komme.

45

Während durch die - vom FA angeführten - vermieterseitig in Ausnahmefällen möglichen Gestaltungen die Abbruchverpflichtung nicht mieterseitig abdingbar werde ließen diese Ausnahme-Möglichkeiten auch keinen Nichtabriss voraussehen. Davon abgesehen bedürfe es für die Voraussicht des Nichtabbruchs im Feststellungszeitpunkt einer "konkreten" Voraussehbarkeit gemäß der BFH-Rechtsprechung und entgegen der Verwaltungsauffassung in Abschn. 50 Abs. 3 letzter Satz BewRGr. Eine bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit genüge nicht, wie zuletzt auch vom FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14 (Juris) ausgeführt.

46

Dagegen sei hier umgekehrt das vertragsgemäße Abbruchszenario überwiegend wahrscheinlich. Dass die Vermieterin auf vereinbarten Abbruchverpflichtungen bestehe und die entschädigungslose Räumung durchsetze, habe die Stadt schon ihr, der Klägerin, gegenüber bei ihrem wachstumsbedingten Auszug von ihrem weiteren früheren Hafen-Standort in 1989 bewiesen. Grundsätzlich spreche mieterseitig die Unverkäuflichkeit eines Grundstücks dafür, dass der Vermieter sich die Möglichkeit einer anderen Nutzung offenhalte.

47

c) Insbesondere unterscheide sich der Streitfall von den seitens des FA angeführten BFH-Urteilen zur Voraussehbarkeit eines Nichtabbruchs nach stillschweigenden Verlängerungen; an solchen fehle es hier. Im Übrigen seien "stillschweigende Verlängerungen" hier sogar ausdrücklich gemäß Nr. 19.3 AVB-HI 2002 ausgeschlossen.

48

d) Dass zum Zeitpunkt des Auslaufens von befristeten Mietverträgen ohne Option bzw. ohne Wahlrecht des Mieters eine Verlängerung beiderseits vereinbart werden könne, führe nicht zur Voraussehbarkeit einer solchen Vereinbarung oder eines Nichtabbruchs der Gebäude.

49

Eine dergestalt nicht absehbare Vereinbarung sei weder mit einer stillschweigenden Verlängerung des Vertrags noch mit einem Mieterwahlrecht vergleichbar. Insbesondere liege eine solche Verlängerungs-Vereinbarung aus Sicht des Mieters schon nicht in seiner Hand oder Disposition; erst recht handele es sich nicht um einen Automatismus. Vielmehr erfordere eine Verlängerungs-Vereinbarung rechtzeitig weit vor Vertragsende einzuleitende, lange und harte beiderseitige Verhandlungen, wie hier zuletzt die 4 Jahre langen Bemühungen - einschließlich verschiedener, von der Klägerin nicht akzeptierter Entwürfe - vor der 9. Nachschrift gezeigt hätten. Ausgehend von einer Miete von ... DM/qm p. a. sei eine Einigung erst in mehrfacher Höhe zustande gekommen.

50

Während es früher der Stadt bei den Mieten für die Hafengrundstücke in erster Linie um Wirtschaftsförderung gegangen sei, vermiete jetzt die als AöR verselbständigte HPA ertragsorientiert. Zumindest bemühe sie sich, das Beihilfeverbot gemäß Art. 107 AEUV zu beachten und durch drastische Mieterhöhungen ihre laufenden Verluste zu verringern.

51

Sie, die Klägerin, beziehe sich auf die Erklärung des im Ortstermin als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass der Fall der Nichtverlängerung des Mietvertrags und der mieterseitigen Abrissverpflichtung durchaus praxisrelevant sei. Ferner sei nie auszuschließen, dass ein Vermieter zu einer Vertragsverlängerung nicht bereit sein werde, weil er - möglicherweise nicht offengelegte - andere Zwecke oder Interessen verfolge oder anderweitig disponieren wolle. Dann könne er eine mieterseitig gewünschte Vertragsverlängerung mittels besonders hoher Mietforderungen vermeiden. Fraglich sei beispielsweise, wie die Stadt sich verhalten werde, wenn bei Vertragsablauf die bis dahin wirtschaftlich gewichtigere Volksrepublik China ein Grundstück im Hafen haben wolle. Sofern die Stadt eine für sie vorteilhaftere Nutzung bei Vertragsende habe, werde sie diese nach Möglichkeit durchsetzen, wie auch als Vermieterin in der Hafencity.

52

e) Nicht absehbar sei eine Verlängerung des Mietvertrags zugleich vor dem Hintergrund zum einen der mieterseitig nicht abschätzbaren Entwicklungen von Standort-Kosten und zum anderen des Wettbewerbs auf dem für die eigenen Produkte maßgeblichen Markt.

53

Wie bei Errichtung eines neuen Werks durch einen Wettbewerber im Osten der Metropolregion Hamburg der dortige Grundstückskaufpreis gezeigt habe, habe dieser pro Quadratmeter nur rund das Doppelte ihrer, der Klägerin, jetzigen Jahresmiete betragen. Im Übrigen sei eine Vereinbarung über eine Verlängerung des für 2013 bis 2042 ausgehandelten Mietvertrags ab 2042 auch deswegen nicht voraussehbar, weil bisher für die noch nicht kalkulierbare Zeit danach nicht absehbar sei, ob der Betrieb dann noch wirtschaftlich fortgeführt werden könne oder welche anderen Gründe entgegenstünden. Inzwischen biete das Grundstück schon nicht mehr genügend Platz, wie die anderweitige Lagerung der Fertigwaren zeige. Bei weiterer Expansion sei immer offen, ob der Betrieb wegziehen müsse. Aufgrund der nachbarschaftlichen Situation an der Elbe mit beiderseits besetzten Grundstücken bestehe keine Möglichkeit zur Erweiterung.

54

f) Eine Übertragung des Mietvertrags oder der Gebäude auf einen Nachmieter - entgegen der Nr. 17 AVB-HI 2002 ergänzenden Ziffer 6.6 der 9. Nachschrift - durch allseitige Vereinbarung sei ebenso wenig voraussehbar wie ein Nichtabbruch aufgrund eigener Vertragsverlängerung.

55

Im Übrigen sei die zum Stichtag zu bewertende spezielle Bebauung des Grundstücks weder für einen Nachmieter noch für die Vermieterin verwendbar. Bei den wesentlichen Gebäuden mit dem wirtschaftlichen Wert, anders als beim Eingangsbereich an der Schranke und bei den Pavillons, handele es sich nämlich - wie besichtigt - um Spezialgebäude für die vorliegende ganz bestimmte Produktion. Einen zweiten Betrieb dieser Art gebe es nicht. Im Unterschied zum entschiedenen Fall aus Bremen betreffend nur Büro- und Lagergebäude (BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449) seien die hiesigen Produktionsgebäude noch weniger wahrscheinlich für irgendjemanden von Interesse. Deshalb werde die HPA bei Nichteinigung über eine Verlängerung des Mietvertrags oder über die dafür zu erwartende Mieterhöhung auf ihrer, der Klägerin, Abrissverpflichtung bestehen und werde sie, die Klägerin, die Produktionsgebäude, die Läger und Mischstation mit Sicherheit abreißen lassen.

56

Sie, die Klägerin, beziehe sich im Übrigen auf die weitere Erklärung des im Ortstermin als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass bei Nichtverlängerung des Mietvertrags wegen anderen Interesses der HPA in der Praxis eine Weiterverwendung der Gebäude nicht vorkomme oder so gut wie ausgeschlossen sei.

57

g) Die Möglichkeit eines früheren Zeitpunkts einer mieterseitigen außerordentlichen Kündigung wegen Aufgabe oder Verlagerung des Geschäftsbetriebs gemäß der durch Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift zu den AVB-HI 2002 ergänzten Nr. 19.4 mit der deshalb früheren Abbruchverpflichtung sei für sie, die Klägerin, weniger relevant.

58

Bis zum Ablauf der nach der 9. Nachschrift feststehenden Vertragsdauer könne sie, die Klägerin, nämlich die wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Entscheidungen selbst planen und letztere dementsprechend treffen, wie etwa bei Abwägung der Nutzung der Gebäude vor dem wirtschaftlichen Verbrauch. Genauer gesagt sei durch die am 28. Dezember 2012 / 7. Januar 2013 unterzeichnete Verlängerung deren Ungewissheit entfallen und habe sie, die Klägerin, danach aufgrund der bis 2042 gewonnenen Planungssicherheit in Anbetracht des hohen Schutzbedürfnisses für Mitarbeiter und Arbeitsplätze die Flutschutz-Polderwand bauen lassen und wegen der Mietsituation im städtischen Gebäude in der Hafencity den Verwaltungsneubau errichten lassen.

59

h) Die kaufmännische Einstellung der HPA werde auch deutlich durch deren Regelungen über die mieterseitig zu tragenden Abriss- und Räumungskosten, die wirtschaftlich zum mieterseitigen Wertverlust der Gebäude hinzukommen. Selbst die vom FA angeführte Gebäudewert-Entschädigung in den Ausnahmefällen vermieterseitiger Gestaltungen umfasse ausdrücklich in keinem Fall die aufgrund der vertraglichen Räumungsverpflichtung mieterseitig zu tragenden Abrisskosten, die dann nämlich, unabhängig vom tatsächlichen Abbruch, gegenzurechnen seien nach Nr. 21.3 AVB-HI 2002 und der Nr. 20 ergänzenden Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift. Dazu beziehe sie, die Klägerin, sich ergänzend auf die Bestätigung des als amtliche Auskunftsperson gehörten Leiters Finanzen und Immobilien der HPA, dass im Fall einer Entschädigung an den Mieter die Räumungskosten bei Nichtabriss von der Entschädigung abzuziehen seien.

60

i) Sie, die Klägerin, habe die Abrissverpflichtung auch in der Handelsbilanz gemäß Gutachten berücksichtigt.

61

j) Abgesehen von der Nichtanfechtung des ersten Einheitswert-Änderungsbescheids 2013 vom 23. Januar 2013 mit der Reduzierung der Abbruchabschläge gemäß der neuen Vertragslaufzeit bis 2042 und nach verschiedenem Vorbringen sowie betragsmäßiger Abbruchabschläge-Abstimmung mit dem FA sei sie, die Klägerin, im Übrigen der Meinung, dass gleichwohl die Vertrags-Verlängerung erst nach Gegenzeichnung durch die HPA vom 7. Januar 2013 in Kraft getreten sei; mithin nach dem Bewertungsstichtag 1. Januar 2013.

62

Wenngleich die 9. Nachschrift von der HPA entworfen worden sei, habe letztere das Dokument nach Unterschrift durch ihren, der Klägerin, Geschäftsführer vom 28. Dezember 2012 nach dem 1. Januar 2013 zumindest noch auf eventuell von ihr, der Klägerin, vorgenommene Änderungen prüfen müssen. Selbst wenn der Entwurf der HPA als Angebot angesehen werde, sei deren Bindung daraus bis zu ihrer, der Klägerin, Unterschrift zu bezweifeln. Vielmehr hätte sie, die Klägerin, - nach Erinnerung ihres Verhandlungsführers und zweiten Geschäftsführers - vor einer von der HPA bis Weihnachten gesetzten Deadline unterzeichnen müssen. Bei der HPA sei eine "Verärgerung dritten Grades"

63

Zu Grunde zu legen seien vor der Gegenzeichnung die Vertragsbedingungen nach dem Stand vor der 9. Nachschrift; mit anderen Worten weder Änderungen in der 9. Nachschrift noch Änderungen in den AVB-HI 2002, aus denen das FA die Erhöhung des Einheitswerts herleiten wolle.

64

2. Die Klägerin stellt ihre zunächst unter Anführung sowohl des letzten Einheitswert-Grundlagenbescheids als auch der Folgebescheide ohne ausdrücklichen Klageantrag erhobene Klage wie folgt klar durch ausdrücklich nur gegen den letzten Einheitswertbescheid gerichteten Klageantrag.

65

Die Klägerin beantragt,
den (letzten) Einheitswert-Änderungsbescheid auf den 01.01.2013 vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 aufzuheben.

66

Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.

67

3. Das FA trägt unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung ergänzend vor:
Die zu unterscheidenden beiden Voraussetzungen für einen Abbruchabschlag gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 und HS 2 BewG seien nach der Vertragslage zum Stichtag 1. Januar 2013 nicht mehr gegeben; nämlich erstens (HS 1), dass eine Abbruchverpflichtung bestehe, und zweitens (HS 2), dass ein Unterbleiben des vereinbarten Abbruchs nicht vorauszusehen sei.

68

a) Mit der ersten Voraussetzung, dass eine Abbruchverpflichtung bestehe, sei eine eindeutige und unabdingbare Räumungs- und Abbruchverpflichtung gemeint. Eindeutig und unabdingbar sei eine Abbruchverpflichtung nur, wenn dem Mieter bei Vertragsablauf keine Wahl bleibe oder wenn bei einem Wahlrecht des Vermieters der Mieter keinen Einfluss auf die Entscheidung des Vermieters habe, ob die vertragliche Abbruchverpflichtung zu erfüllen sei. Um keine solche unabdingbare Abbruchverpflichtung handele es sich bei einer vertraglichen Gestaltung, die Zweifel am Bestehen einer solchen Verpflichtung aufkommen lasse, die die Verpflichtung einschränke oder die es dem Mieter freistelle, das Gebäude abzubrechen oder stehen zu lassen.

69

Der Fall, dass ein Mieter allein mit der Abbruchverpflichtung belastet bleibe, sei zu unterscheiden von dem Fall einer Verkehrswertentschädigung für den Mieter bei Vertragsbeendigung, auch wenn dabei entfallende Abrisskosten möglicherweise bei der Berechnung der Entschädigung abzuziehen seien.

70

Die Abbruchverpflichtung gemäß Ziffer 21.1 AVB-HI 2002 sei nicht unbedingt, sondern eingeschränkt. Die Vermieterin HPA habe nicht die alleinige Entscheidungsgewalt, ob die Abbruchverpflichtung zum Tragen komme. Möglich seien - wie nachstehend  aufgezeigt - verschiedene Wege für den Mieter, bei Vertragsbeendigung einer Abbruchverpflichtung zu entgehen; er habe maßgeblichen Einfluss auf die Frage der Durchsetzung der Abbruchverpflichtung. Jede Variante, in der eine Abbruchverpflichtung zum Tragen komme, liege zumindest auch im Verantwortungsbereich des Mieters und nicht in der alleinigen Entscheidungsbefugnis der das Grundstück vermietenden HPA. Insofern unterscheide sich die vorliegende Situation von dem durch den BFH entschiedenen Fall aus dem städtischen Hafengebiet Bremen. Dort habe der Mieter keinen Einfluss auf das Entstehen der Abbruchverpflichtung gehabt. Bei Beendigung des dortigen Erbbaurechtsverhältnisses habe es im Ermessen des Vermieters gestanden, ob er die Baulichkeiten ohne Entschädigung übernehme oder auf der Abbruchverpflichtung bestehe (BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449).

71

Die Abbruchverpflichtung sei insoweit nicht eindeutig und unabdingbar, als der Mieter sich ihr bei eigener außerordentlicher Kündigung wegen Geschäftsaufgabe oder Verlagerung durch Stellung eines Nachmieters entziehen könne und die HPA die Mieterinteressen berücksichtige, soweit diese nicht ihren eigenen zuwiderliefen, Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19 AVB-HI 2002. Die Abbruchverpflichtung sei außerdem nicht eindeutig und unabdingbar, soweit bei einer außerordentlichen Kündigung seitens der HPA aus einem von ihr zu vertretenden Grund nach Nr. 19.2 AVB-HI 2002 dem Mieter eine Entschädigung gemäß Nr. 20 AVB-HI 2002 zustehe und er eine um die Abbruch- und Räumungskosten verringerte Entschädigung wählen könne; wie in der mündlichen amtlichen Auskunft des Leiters Finanzen und Immobilien der HPA bestätigt. Insoweit sei auch eine Einigung mit dem Nachmieter über einen etwaigen Gebäudeverbleib denkbar nach Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002.

72

Die Abbruchverpflichtung sei außerdem nicht eindeutig und unabdingbar, soweit bei Nichtverlängerung des Vertrags aus den von der HPA zu vertretenden Gründen der Mieter eine Entschädigung wie bei außerordentlicher Kündigung durch die HPA erhalte. Ein Jahr vor Vertragsablauf sei eine Verständigung der Vertragsparteien und gegebenenfalls eines Nachmieters über einen möglichen Gebäudeverbleib mit einer um die ersparten Abrisskosten verringerten Entschädigung vorgesehen gemäß Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002.

73

Allein wenn die Nichtverlängerung des Mietvertrags nicht von der HPA aus den Gründen nach Ziffer 6.9 der 9. Nachschrift in Ergänzung zu Nr. 20 AVB-HI 2002 zu vertreten und deshalb nicht entschädigungspflichtig sei, bestehe zwar grundsätzlich die Abbruchverpflichtung. Wenn die Nichtverlängerung nicht von der Vermieterin zu vertreten sei, könne es sich allerdings nur um Fälle handeln, in denen der Mieter grundsätzlich Einfluss auf eine Verlängerung habe und die Nichtverlängerung maßgeblich durch seine Abwägung und Entscheidung verursacht sei. Im Übrigen werde vorher darüber verhandelt und irgendwie eine Einigung angestrebt, wie der als amtliche Auskunftsperson gehörte Leiter Finanzen und Immobilien der HPA erklärt habe. Dementsprechend komme die Abbruchverpflichtung nicht zwangsläufig zum Tragen. Davon abgesehen könne sich der Mieter seiner Abbruchverpflichtung durch Stellung eines Nachmieters entziehen.

74

b) Selbst wenn die Abbruchverpflichtung nicht wie vorgetragen abbedungen werden könne, sei hier der Nichtabbruch zumindest voraussehbar.

75

Nach Verwaltungsauffassung in Abschn. 50 Abs. 3 letzter Satz BewRGr sei der Nichtabbruch i. S. v. § 94 Abs. 3 HS 2 voraussehbar, wenn der Vertrag bereits einmal verlängert worden sei und anzunehmen sei, dass er auch in Zukunft verlängert werde, ohne dass Gründe tatsächlicher Art für eine bevorstehende Beendigung des Pachtvertrags sprächen. Auch die Rechtsprechung sehe insbesondere in den Fällen bereits langlaufender und trotz mehrfacher Beendigungsmöglichkeit  langfristig verlängerter Mietverträge eine mehr als nur gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Abbruchverpflichtung nicht realisiert werde oder zumindest nicht innerhalb der üblichen Lebensdauer i. S. v. § 86 Abs. 3 BewG, wie der BFH wiederholt entschieden habe (Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61). Insoweit mache es im Ergebnis keinen Unterschied, ob - wie in den entschiedenen Fällen - der Vertrag sich stillschweigend verlängere oder ob wie hier eine zusätzliche Vereinbarung erforderlich sei. Die aktive Verlängerung stelle sogar ein deutliches "Mehr" bzw. stärkeres Indiz dafür dar, dass sich die Abbruchverpflichtung nicht realisiere. So seien die Vertragsparteien bei jeder Verlängerung gezwungen gewesen, aktiv zu werden; sie hätten jeweils rechtzeitig wieder neu zusammenfinden, ihre Position überdenken und Anpassungen und Änderungen vereinbaren müssen.

76

Bei den letzten Verhandlungen dokumentiere die Einigung nach der zunächst sehr weiten Differenz zwischen jährlich ... Euro und ... Euro/qm und trotz des alternativ möglichen Grundstückskaufs für ... Euro/qm im benachbarten Bundesland in besonderer Weise den Verlängerungswillen. Hierin sei ein weiteres Indiz dafür zu sehen, dass eine Realisierung der Abbruchverpflichtung unwahrscheinlich erscheine. Überdies sei der vorliegende Vertrag sogar schon zum dritten Mal und jeweils langfristig verlängert worden, nämlich ab 1977, ab 1987 und mit der 9. Nachschrift. Dementsprechend habe hier schon bisher die Gefahr des Abbruchs nie ernsthaft bestanden. Über die vorgenannten vom BFH entschiedenen Fälle mit 25 bzw. 55 Jahren Vertragslaufzeit hinaus erstrecke sich hier der Vertrag von 1968 mit zusammen 64 Jahren Verlängerungen bis 2042 auf 74 Jahre. In Relation dazu zeige die übliche Lebensdauer der Gebäude, dass ein Abbruch mehr als unwahrscheinlich sei. Davon abgesehen habe sich in der jetzigen Praxis der HPA seit Umstellung der Verhandlungen das Risiko der (entschädigungslosen) Nichtverlängerung noch nicht realisiert, sondern habe es, wie der Leiter Finanzen und Immobilien der HPA im Ortstermin berichtet habe, in allen Fällen des Vertragsauslaufs eine Verlängerung gegeben, soweit die HPA das Gelände nicht anderweitig gebraucht habe. Wenn dagegen die Klägerin ernsthaft mit einem Abbruch gerechnet haben sollte, hätte sie nicht die neueren Baumaßnahmen ergriffen wie Erweiterung des bisherigen Verwaltungsgebäudes in 2009, Überdachung der Verladerampe der Mischstation in 2011, Neubau des sechsgeschossigen Verwaltungsgebäudes.

...

Entscheidungsgründe

77
Nach Bestandskraft der vorangegangenen Einheitswertbescheide auf den Bewertungsstichtag 1. Januar 2013 vom 3. August 2012 betreffend Mietvertrags-Restlaufzeit bis 2017 und vom 23. Januar 2013 betreffend Mietvertrags-Restlaufzeit bis 2042 ist Verfahrensgegenstand gemäß klarstellendem Klageantrag nur noch der Einheitswert-Änderungsbescheid vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014.

78

Die Klage ist zulässig (I) und begründet (II).

79

I. Zulässig ist die am Freitag 21. November 2014 eingegangene Klage insbesondere hinsichtlich der einmonatigen Klagefrist gemäß § 47 FGO nach Bekanntgabe der auf den 20. Oktober 2014 vordatierten Einspruchsentscheidung mit unklarem Vermerk über die Aufgabe zur Post.

80

1. Nach der detaillierten und durch das FA nicht bezweifelten Darlegung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin geht der Senat aus vom dortigen Eingang der Einspruchsentscheidung am Dienstag 21. Oktober 2014 und dementsprechend von der Aufgabe zur Post am Vortag, das heißt am Tag des Bescheid-Datums Montag 20. Oktober 2014 als Beginn des Dreitage-Zeitraums für die Bekanntgabe gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, so dass die einmonatige Klagefrist erst mit Ablauf des Donnerstags 23. Oktober 2014 begann.

81

2. Im Übrigen wird bei einer Abweichung zwischen dem Absendevermerk-Datum und dem Bescheid-Datum - wie hier - nach überwiegender Auffassung das zeitlich jüngere (m. a. W. spätere) Datum für den Tag der Aufgabe zur Post und damit für den Beginn des Dreitage-Zeitraums und für die danach anschließende Klagefrist zugrunde gelegt (FG Nürnberg, Urteil vom 27.04.1978 III 156/76, EFG 1978, 575; Güroff in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 122 AO Rz. 38.2; Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rz. 370; Fritsch in Koenig, AO, 3. Aufl., § 122 Rz. 6; Frotscher in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 122 AO Rz. 116; Seybold, DStR 1982, 275, 277; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 122 AO Rz. 50).

82

3. Davon abgesehen wäre nach Klageeingang von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 Abs. 2 Satz 3 FGO zu gewähren, weil der Empfänger darauf vertrauen darf, dass nach der Verwaltungspraxis Einspruchsentscheidungen wie andere Bescheide grundsätzlich nicht vor dem angegebenen Bescheid-Datum zur Post gegeben werden, und weil die Umstände einer widersprüchlichen Vordatierung - hier des Postaufgabevermerks - nicht vom Empfänger verschuldet sind, sondern im Bereich des FA liegen (vgl. BFH, Urteil vom 20.11.2008 III R 66/07, BFHE 223, BStBl II 2009, 185, Juris Rz. 26 f., 30; DStR 2009, 103 m. Anm. Gr; OFD Frankfurt a.M. Verfügung vom 29.10.2014 Ziff. 3.8; Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 110 AO Rz. 14; Bauhaus, AO-StB 2009, 67 unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG; Güroff in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 122 AO Rz. 33; Dürr, JurisPR-SteuerR 10/2009 Anm. 1; Görke, BFH/PR 2009, 162; Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rz. 370).

83

4. Ansonsten ginge eine mangelnde Feststellbarkeit des Datums der Postaufgabe und damit des Dreitagezeitraums zu Lasten des FA (BFH, Urteil vom 09.12.2009 II R 52/07, BFH/NV 2010, 824, Juris Rz. 31 m. w. N.; Beschluss vom 26.06.2006 II B 99/05, BFH/NV 2006, 1860; Ratschow in Klein, AO, 13. Aufl., § 122 Rz. 54 f.).

84

II. Der Entscheidung über die Klage stehen nicht die zur Frage der Verfassungswidrigkeit von Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens beim BVerfG anhängigen Verfahren (insbes. 1 Bvl 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15) entgegen; die vorliegenden Bescheide wurden diesbezüglich gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO für vorläufig erklärt (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 30.08.2013 3 K 206/11, EFG 2014, 113, DStRE 2014, 799; Beschluss vom 26.11.2010 3 K 46/10, EFG 2011, 1051).

85

III. Die Klage ist begründet. Der ohne Abbruchabschlag verbösernde Einheitswert-Änderungsbescheid auf den 1. Januar 2013 vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 wird gemäß § 100 Abs. 1 FGO als rechtsverletzend aufgehoben; dadurch tritt der vorangegangene Einheitswertbescheid vom 23. Januar 2013 mit den Abbruchabschlägen wieder in Kraft.

86

Bei der Einheitsbewertung der Gebäude der Klägerin auf dem von der Port Authority gemieteten Hafengrundstück sind nämlich die Abbruchabschläge gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 BewG abzuziehen.

87

1. Bei den Gebäuden der Klägerin auf dem von der Port Authority gemieteten Hafengrundstück handelt es sich um Gebäude auf fremdem Grund und Boden i. S. v. § 94 BewG, die nicht Bestandteil des Grundstücks, sondern nur zu einem vorübergehenden Zweck gemäß § 95 BGB mit diesem verbunden sind, und zwar nur zwecks Nutzung während der Mietzeit (AVB HI 2002 Nr. 4.

88

2. Die für den Abbruchabschlag gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG vorausgesetzte Abbruchverpflichtung ist gegeben; nicht nur bei Vertragsablauf (a, b), sondern auch in den vertraglich geregelten Sonderfällen (d).

89

a) Die Abbruchverpflichtung liegt vor, wenn - wie hier - bei Ablauf der Mietzeit das Grundstück entsprechend der gesetzlichen Rückgabeverpflichtung nach § 546 BGB i. d. F. ab 2002 (vorher § 556 BGB a. F.) vom Mieter zu räumen und damit auch von seinen Bauwerken ober- und unterirdisch freizumachen ist (BFH, Urteile vom 03.07.1981 III R 102/80, BFHE 134, 41, BStBl II 1981, 761 m. w. N.; Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 79 ff.; zivilrechtlich vgl. Westermann in Ermann, BGB, 14. Aufl. § 546 Rz. 7 m. w. N.).

90

b) Neben der gesetzlichen Regelung liegt hier zugleich eine entsprechende ausdrückliche und eindeutige vertragliche Regelung der Verpflichtung des Mieters zum Abbruch auf seine Kosten vor (AVB HI 2002 Nr. 21.1, 21.2).

91

c) Unbedingte Abbruchverpflichtung bei Vertragsablauf

92

Bei dieser gesetzlichen und vertraglichen eindeutigen Regelung handelt es sich zugleich um eine unbedingte Verpflichtung des Mieters, das heißt um eine seinerseits nicht abdingbare bzw. nicht einseitig abwendbare Verpflichtung, im Unterschied zu einem Wahlrecht des Vermieters (vgl. BFH, Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61, 62; vom 03.07.1981 III R 102/80, BFHE 134, 48, BStBl II 1981, 764; 765; Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 80; vgl. parallel zum Wahlrecht des erbbauverpflichteten Grund- bzw. Hafeneigentümers BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 450).

93

Unberührt bleibt die vorliegende Abbruchverpflichtung durch die vorsorgliche vertragliche Regelung, dass die Vertragsparteien sich bis spätestens zwei Jahre vor Vertragsablauf verständigen, ob eine Vertragsverlängerung erfolgen soll (Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Derartige Verständigungen sind nicht nur sachgerecht und üblich (vgl. mündliche amtliche Auskunft, Protokoll OT 01.09.2015 S. 8 f., FG-A Bl. 95 ff., 102 f.), sondern im Übrigen hier im Fall angestrebter Vertragsverlängerung auch erforderlich; denn eine stillschweigende Vertragsverlängerung ist ausdrücklich abweichend von § 545 BGB ausgeschlossen (Nr. 19.3 AVB-HI 2002). Die theoretisch denkbare Möglichkeit, beiderseits gemeinsam im Rahmen der Vertragsfreiheit und beeinflusst durch jeweilige finanzielle Möglichkeiten Änderungen des Mietvertrags auszuhandeln oder sogar anderweitig über Gebäude oder Grundstücksflächen zu verfügen, ändert an dem Bestehen der für den Bewertungsstichtag zu beurteilenden Abbruchverpflichtung nichts.

94

d) Bei der mieterseits unabdingbaren Abbruchverpflichtung bleibt es auch unter Berücksichtigung vorliegender vertraglicher Regelungen für Sonderfälle, soweit demgemäß die Vermieterin nach außerordentlicher Kündigung des Mieters wegen Geschäftsaufgabe oder Verlagerung bei einverständlicher Anschlussverwertung (nachstehend aa) bzw. alternativ bei u. U. geeignetem Nachmieter-Vorschlag (nachstehend bb) auf den Abbruch verzichten kann oder die Vermieterin den Mieter für den Verlust seiner Gebäude entschädigt bei ihrerseits zu vertretender außerordentlicher Kündigung (nachstehend cc) oder Nichtverlängerung des Vertrags (nachstehend dd). Ein möglicher Unterschied in der älteren Rechtsprechung des früher befasst gewesenen III. Senats des BFH führt zu keinem anderen Ergebnis (nachstehend ee, ff).

95

aa) Zwar wird die Vermieterin im Sonderfall der außerordentlichen Kündigung des Mieters wegen Geschäftsaufgabe oder -Verlagerung ohne Entschädigung für die Gebäude bei einer Anschlussverwertung des Mietobjekts die Mieterinteressen bezüglich eines Verkaufs seiner Gebäude berücksichtigen, soweit dies nicht den eigenen Interessen zuwider läuft (Ziffer 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19.4 zu Nr. 19 AVB-HI 2002). Insoweit kann jedoch der Mieter nicht die Abbruchverpflichtung, den damit verbundenen Gebäude-Wertverlust (nebst Abbruchkosten) oder den aus dem drohenden Wertverlust bereits vorher resultierenden Minderwert abbedingen.

96

Gesetzliche Ansprüche des Mieters auf Aufwendungs- oder Wertersatz für seine aufgebauten Gebäude gegen die Vermieterin oder einen eventuellen Nachmieter bleiben ausgeschlossen (vgl. OLG München, Urteil vom 01.04.1993 1 U 5023/92, NJW-RR 1994, 1100; Horst in Lützenkirchen, Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl. Rz. 564d, 566, Münch in Herberger/Martinek/Rüßmann u. a., JurisPK-BGB Bd. 2, 8. Aufl., § 547 Rz. 12).

97

Anders als bei einem Wahlrecht betreffend die Abbruchverpflichtung kann der Mieter diese nicht abbedingen, sondern bleibt es seinem Risiko überlassen, ob ein Nachmieter gefunden wird, der zur Übernahme der Gebäude bereit ist, und inwieweit ein Kaufpreis in Kenntnis der Abbruchverpflichtung für die Gebäude erzielbar ist. Der Vermieter entscheidet über die Auswahl bzw. Akzeptanz des Nachmieters, und zwar unter Berücksichtigung seiner eigenen Interessen, evtl. einschließlich höherer Gewerbeflächen-Mietforderung gegenüber dem Nachmieter (vgl. AG Saarbrücken, Urteil vom 13.09.1994 36 C 402/94, WUM 1995, 312 Horst in Lützenkirchen, Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl., K III Rz. 421). Selbst wenn die Vermieterin einer dreiseitigen Vereinbarung mit einem solchen Nachmieter zustimmt, bleibt dieser als (ggf. Einzel-)Rechtsnachfolger mit der auf ihn übergehenden Abbruchverpflichtung belastet (vgl. Horst in Lützenkirchen Anwalts-Hdb. Mietrecht, 5. Aufl. K II 5 Rz. 211 a. E.).

98

bb) Vergleichbar oder ähnlich stellt sich die Situation für den Mieter im Sonderfall seiner Geschäftsaufgabe oder Verlagerung dar, soweit er alternativ anstelle der außerordentlichen Kündigung sogleich einen Nachmieter vorschlagen kann, den die Vermieterin aus näher bezeichneten wichtigen Gründen ablehnen kann, die der Mieter nicht beeinflussen kann; wie nämlich Unvereinbarkeit der beabsichtigten Nachfolgenutzung mit dem Hafenentwicklungsgesetz, mangelnde Bonität usw. (Ziff. 6.8 der 9. Nachschrift als Ergänzung Nr. 19.4 zu Nr. 19 AVB-HI 2002). Selbst wenn eine dreiseitige Vereinbarung mit dem Nachmieter zustande kommt, bleibt dieser als (ggf. Einzel-)Rechtsnachfolger mit der auf ihn übergehenden Abbruchverpflichtung belastet.

99

cc) Ebenso wenig kann der Mieter seine Abbruchverpflichtung abbedingen aufgrund der Regelungen über die außerordentliche Kündigung seitens der Vermieterin aus von ihr zu vertretenden bezeichneten Gründen gegen Entschädigung an den Mieter für den Verlust seiner Bauwerke (AVB HI 2002 Nr. 19.21, Nr. 20, Nr. 20.1 AVB HI 2002, ergänzt durch Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Die Vermieterseite entscheidet nämlich über ihre (ggf. aufgrund von Belangen der Hafenentwicklung u. a.) denkbare außerordentliche Kündigung und über ihr eventuelles Einverständnis mit einem u. U. möglichen Verbleib bestimmter Gebäude; letzterenfalls unter Gegenrechnung ersparter Räumungskosten.

100

In der Formulierung der Rechtsprechung ausgedrückt, kann der Mieter diese Entscheidungen der Vermieterin weder einseitig abwenden noch darauf mit rechtlichen Mitteln einwirken (vgl. BFH, Urteil vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61). Die Entschädigung bleibt aufschiebend bedingt von einer deshalb gemäß § 4 BewG nicht zu berücksichtigenden besonderen Erklärung der Vermieterin abhängig (vgl. BFH, Urteil vom 03.03.1972 III R 136/71, BFHE 106, 570, BStBl II 1972, 896, Juris Rz. 14).

101

dd) Vermieterseitig zu vertretende Nichtverlängerung des Vertrags

102

Zwar hat sich die Vermieterin über das dispositive gesetzliche Mietrecht hinaus verpflichtet, dem Mieter sogar nach Vertragsablauf eine Entschädigung zu zahlen bei Nichtverlängerung aus von ihr, der Vermieterin, zu vertretenden Gründen wie im vorbeschriebenen Sonderfall der außerordentlichen Kündigung durch sie, die Vermieterin, aus einem der bezeichneten Gründe (Belange der Hafenentwicklung u. a.; AVB HI Nr. 20.1 i. V. m. Nr. 19.21, Nr. 20 AVB HI 2002, ergänzt durch Ziff. 6.9 der 9. Nachschrift). Jedoch kann der Mieter bereits über den Eintritt der Voraussetzungen für diese Sonderregelung nicht disponieren und auch danach weder die Abbruchverpflichtung noch die ihn stets belastenden Abbruchkosten abbedingen (vgl. neben den vorbezeichneten Regelungen die mündlichen amtlichen Auskünfte). Genauer gesagt, beseitigt die am Stichtag bestehende tatsächliche Unsicherheit, ob die Vermieterin von der Regelung Gebrauch machen kann oder wird, die rechtlich bestehende Abbruchverpflichtung nicht (vgl. BFH, Urteil vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; BFH, Urteil vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61; zu der entsprechenden Regelung für Erbbaurechte BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146).

103

Im Übrigen hat der Mieter insoweit kein Wahlrecht, sondern seine Abbruchverpflichtung besteht auch im Fall der Entschädigung. Wenn der Mieter dieser Verpflichtung nicht selbst nachkommt, veranlasst die Port Authority den Abriss auf seine Rechnung, wie der Leiter Finanzen und Immobilien der Port Authority in der Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat.

104

ee) Selbst wenn in den vorbezeichneten Regelungen für Sonderfälle eine Einschränkung der Abbruchverpflichtung im Sinne der Auslegung durch den früher einschlägig befasst gewesenen III. Senat des BFH in dessen Urteilen von 1981 gesehen würde, bliebe es hier bei dem Ergebnis der unbedingten Abbruchverpflichtung.

105

Seinerzeit wurde ungeachtet des hier in § 94 BewG bewerteten Gebäude-Wertverlusts ohne Entschädigung im wirtschaftlichen Ergebnis entscheidend auf eine faktisch mögliche mieterseitige Abwahl der Abbruchkosten abgestellt. Eine unbedingte und unzweifelhafte Abbruchverpflichtung wurde nämlich verneint nach einer vertraglichen Regelung, dass bei Nichtabbruch binnen einer Dreimonats-Frist die Baulichkeiten in das Eigentum des Grundstückseigentümers und Vermieters übergehen (vgl. BFH, Urteile vom 03.07.1981 III R 102/80, Juris; III R 68/80, Juris; III R 97/79, BFHE 134, 51, BStBl II 1981, 759; III R 85/79, Juris; ferner III R 102/80, BFHE 134, 48, BStBl II 1981, 764). Damals waren die Abbruchkosten bewertungsrechtlich zugleich noch von Interesse für eine entsprechende Rückstellung bei der Einheitsbewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Vermögensteuer oder der Gewerbekapitalsteuer (vgl. BFH, Urteile vom 26.09.1975 III R 15/74, BFHE 117, 257, BStBl II 1976, 110; vom 31.01.1964 III 178/61 U, BFHE 78, 458, BStBl III 1964, 178, Juris Rz. 8; Erlass Finanzministerium Nordrhein-Westfalen vom 30.07.1982 S 3232, Juris).

106

Nach dem hier vorliegenden Mietvertrag und seinen vorbezeichneten Regelungen kann dagegen der Mieter auch die Abbruchkosten weder abbedingen noch durch eigene Disposition faktisch vermeiden.

107

ff) Da der vorliegende Vertrag keine Verlängerungsoption für den Mieter enthält, kann dahinstehen, inwieweit oder ob eine solche als aufschiebend bedingt entsprechend § 4 BewG erst nach Ausübung bei Prüfung der Abbruchverpflichtung zu berücksichtigen wäre (vgl. im letzteren Sinne Bay. LfSt 15.11.2013 S 3217, Juris Fachportal Steuerrecht; beim Erbbaurecht BFH, Urteil vom 05.03.1971 III R 130/68, BFHE 102, 102, BStBl II 1971, 481).

108

3. Der Abbruchabschlag unterbleibt im Streitfall nicht gemäß § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 2 BewG wegen Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs trotz der Abbruchverpflichtung i. S. v. HS 1 der Vorschrift.

109

a) Im Verhältnis zur Regel des Abbruchabschlags bei Abbruchverpflichtung i. S. v. § 94 Abs. 3 Satz 3 HS 1 BewG stellt HS 2 betreffend Unterbleiben des Abschlags bei Voraussehbarkeit des Nichtabbruchs eine Ausnahme dar, für die das FA die Feststellungslast trägt. Dementsprechend genügt bei der tatrichterlichen Einzelfall-Würdigung, dass ein Gebäude trotz Abbruchverpflichtung voraussehbar nicht abgebrochen und deshalb der Abschlag zu versagen ist, gemäß ständiger Rechtsprechung nicht die bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Nichtabbruchs. Es muss vielmehr in Bezug auf den einzelnen Fall und den Bewertungsgegenstand im Feststellungszeitpunkt "konkret voraussehbar" sein, dass es trotz der Abbruchverpflichtung nicht zum Abbruch der Gebäude kommen wird (Urteile FG Berlin-Brandenburg, vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris; FG Saarland vom 04.11.1993 2 K 192/90, Juris; FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, 174, BStBl II 1986, 449).

110

Bei der mietvertraglichen Abbruchverpflichtung der Klägerin sind theoretisch denkbare Fälle des Nichtabbruchs eines Gebäudes weder vorhersehbar noch konkret vorhersehbar, sondern teils ausgeschlossen (b) und im Übrigen ungewiss (c bis d).

111

b) Soweit aus der veröffentlichten Rechtsprechung ersichtlich, hat der BFH bisher nur in Ausnahmefällen mehrfacher stillschweigender Vertragsverlängerungen indiziell aus dem bisherigen Verhalten der Vertragsparteien einen Schluss auf einen vorhersehbaren Nichtabbruch anerkannt, und zwar bei mehrfacher fünfjähriger Verlängerung oder nach häufiger einjähriger Verlängerung (Urteile vom 14.10.1992 II R 110/89, BFH/NV 1993, 86; vom 07.11.1990 II R 186/87, BFHE 162, 378, BStBl II 1991, 61; vgl. Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG, § 94 BewG Rz. 101 f.).

112

Im Streitfall sind dagegen stillschweigende Verlängerungen des Vertrags nicht vorgekommen, erst recht nicht kurzfristige; sondern insgesamt umgekehrt ausdrücklich ausgeschlossen (AVB-HI 2002 Nr. 19.3).

113

c) Bisherige langfristige Verlängerungen zukünftig ungewiss.

114

aa) Zwar wird vertreten, dass aus einer vorherigen Vertragsverlängerung unter Umständen auf die zukünftige Entwicklung geschlossen werden kann (vgl. BMF, BewRGr Abschn. 50 Abs. 3 a. E., Mannek/Krause in Gürsching/Stenger, BewG/ErbStG § 94 BewG Rz. 99); speziell aus wiederholten langfristigen Verlängerungen von Verträgen des Vermieters gegenüber dem Mieter und zugleich anderen Mietern im Umfeld (vgl. FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris, Rev. II R 19/16).

115

bb) Andererseits genügen Erwägungen allgemeiner Art über die bisherige Behandlung bei Mietverhältnissen in ähnlichen Fällen nicht für die konkrete Voraussehbarkeit eines Nichtabbruchs (Urteile BFH vom 03.03.1972 III R 136/71, BFHE 106, 570, BStBl II 1972, 896; sinngemäß FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604). Dementsprechend reicht dafür auch nicht eine die Hafenwirtschaft fördernde städtische Mietpreispolitik in vergangenen Jahrzehnten gegenüber der Klägerin und anderen Mietern mit den damit seinerzeit zustande gekommenen Mietpreiseinigungen und Vertragsverlängerungen. Umgekehrt ergeben sich ebenso wenig verallgemeinernde Schlüsse auf zukünftige Entwicklungen im hier interessierenden Hafengebiet aus früherer Erfahrung der Klägerin bei entschädigungsloser Räumung einer anderen Immobilie nach wachstumsbedingtem Standortwechsel.

116

cc) Insbesondere kann aus vorangegangenen Vertragsverlängerungen und der sich daraus bisher ergebenden Gesamtlaufzeit nicht mehr auf den zukünftigen Verlauf danach geschlossen werden, wenn inzwischen neu eingetretene Umstände zu berücksichtigen sind (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23.09.2015 3 K 3097/14, Juris, Rev. II R 19/16).

117

aaa) Eine neue Situation besteht im Streitfall seit der Übertragung der städtischen Hafengrundstücke nebst Mietverhältnissen mit Wirkung ab 2006 auf die rechtlich verselbständigte Port Authority und aufgrund deren gesetzlicher Verpflichtung zur "Wirtschaftsführung nach kaufmännischen Grundsätzen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten".

118

bbb) Der Wandel der Mietpreispolitik aufgrund der Wirtschaftsführung der Port Authority hat sich bereits gezeigt in der bei Vertragsverlängerung geforderten Verdreifachung der Miete und in den statt "copy and paste" geführten mehrjährigen harten Verhandlungen mit "unverhältnismäßiger Anzahl und Dauer der Gespräche" beider Seiten vor der zum Jahreswechsel 2012/2013 zustande gekommenen Einigung; außerdem in der deswegen klägerseits bereits erwogenen Umsiedlung.

119

Wenngleich eine Verständigung der Vertragspartner spätestens zwei Jahre vor Vertragsablauf vorgesehen ist (9. Nachschrift Ziff. 6.9) und sich zuletzt beide um die Verlängerung bemüht und diese letztlich noch erreicht haben, bleibt es bei der deutlich gewordenen und für die Zukunft nicht ausgeräumten Unsicherheit. Zu rechnen ist nämlich wieder mit ergebnisoffenen, marktorientierten und deshalb möglicherweise schwierigen oder harten Verhandlungen. Unter solchen Umständen bleibt der Nichtabbruch der Gebäude auf dem gemieteten Hafengrundstück über eine vage Aussicht hinaus vor einem Verlängerungsangebot nicht greifbar, sondern künftig ungewiss (vgl. BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451, Juris Rz. 13).

120

ccc) Weiter bestätigt sich die gewandelte Wirtschaftsführung in den Ausschreibungen frei gewordener Hafenflächen durch die Port Authority und in dem parallel steigenden Hafenmieten-Niveau.

121
ddd) Dass für die Zukunft mit einer Fortsetzung der jetzigen kaufmännischen bzw. marktorientierten Vermietung zu rechnen ist und dementsprechende Verhandlungen mit ungewissem Ausgang zu erwarten sind, wird weiterhin deutlich in der eingehenden gesetzmäßigen Kontrolle von Verträgen der Port Authority mit Hafenmietern durch den Rechnungshof (vgl. z. B. Gutachtliche Äußerung 09.12.2014, Bü-Drs. 21/4300).

122

eee) Die Ungewissheit des Ausgangs zukünftiger marktorientierter Vertragsverhandlungen besteht erst recht mit Rücksicht auf das inzwischen ins politische und öffentliche Bewusstsein gerückte Verbot marktbeeinträchtigender staatlicher Beihilfe (State Aid {SA.}) gemäß Art. 107 ff. AUEV. Dieses wird zunehmend auch im Bereich der Hafenpolitik überwacht (vgl. z. B. in deutschen Häfen Europäische Kommission vom 20.07.2016, SA.44692; vom 04.05.2016, SA.44479; vom 20.04.2016 SA.SA.44846, C(2016) 2483 final; vom 01.10.2014, Press Release IP/14/1065); im Hamburger Hafen vom 09.4.2014 SA.37322, C(2014) 2231 final).

123

Auch der Vermeidung von Problemen mit dem EU-Beihilfeverbot dient daher die kaufmännische Praxis der Port Authority, dass sie freiwerdende Grundstücke ausschreibt und sich an dabei gebotenen und derzeit in ungewisser Höhe steigenden Marktpreisen bei ihren Verlängerungs-Verhandlungen orientiert. Eine vergleichbare Wirkung zeigt sich ferner zum Beispiel in dem Umstand, dass die hier zu beurteilende Frage der Abbruchabschläge für die Gebäude auf Hafengrundstücken nicht mehr behördenintern mit der Liegenschaftsverwaltung der Finanzbehörde wie früher als Vermieterin für alle Hafenmieter besprochen oder geklärt werden konnte.

124

dd) Aus Rechtsprechung und Kommentierung folgt die Auffassung, dass in Fällen einer langen oder zigjährigen (Rest-) Laufzeit von z. B. 20 Jahren keine Prognose über die Umsetzung oder Abwendung der Abbruchverpflichtung oder über einen Nachmieter möglich und deshalb ein Nichtabbruch nicht vorhersehbar ist (Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG § 94 Rz. 2); betreffend Hafengrundstück FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603). Die hier zu beurteilende Restlaufzeit beträgt sogar mehr als 29 Jahre.

125

ee) Ungewisse technische und wirtschaftliche Entwicklungen stehen einem Schluss auf Vorhersehbarkeit eines Nichtabbruchs entgegen.

126

Gegen die Vorhersehbarkeit einer Mietvertragsverlängerung oder eines Nichtabbruchs spricht insbesondere die Unvorhersehbarkeit technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen, die während langer Restlaufzeit das Verhalten der einen oder anderen Vertragspartei entscheidend beeinflussen können; auf der Seite des Mieters - wie auch potentieller Nachmieter - etwa
- dass die bisherigen Flächen und Gebäude auf dem Mietgrundstück wachstumsbedingt zu klein werden und nicht mehr ökonomisch genutzt werden können oder
- dass umgekehrt durch wirtschaftlichen Rückgang die Flächen nebst Gebäuden nicht mehr rentabel finanziert werden können, zumal vor dem Hintergrund unzureichender Beleihbarkeit der Gebäude auf fremdem Grund und Boden wegen Abbruchverpflichtung und fehlender Grundpfandrechte oder
- dass sich der Bedarf wandelt hinsichtlich Lage des Grundstücks oder benötigter Verkehrsmittelanschlüsse oder Ausgestaltung oder weiterer Bebaubarkeit oder Belastbarkeit der Grundstücksflächen oder Ausgestaltung der Gebäude.

127

Entsprechendes gilt insbesondere für die hier zum Stichtag zu bewertenden, im Wesentlichen zur hochspezialisierten Produktion kleinteilig ausgestalteten, weitgehend älteren Gebäude auf bereits logistisch beengter Fläche; wie für die sich insgesamt im Zeitablauf sichtbar wandelnde Hafenindustrie und Hafenlogistik und für die sich danach ändernde Verwendung von Hafengrundstücken (vgl. Urteile FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451 a. E.).

128

ff) Zwar kommt der (nach dem Stichtag errichtete und hier noch nicht zu bewertende) sechsgeschossige Büroneubau als Indiz für die Erwartung einer weiteren Vertragsverlängerung ab 2042 in Betracht. Im Unterschied zu den kleineren vorherigen Baumaßnahmen erfordert der Büroneubau nämlich ein in Relation zur Betriebsgröße bedeutendes und daher langfristig zu kalkulierendes Investitions-Volumen. Dennoch lässt der Büroneubau in der Gesamtwürdigung nicht auf eine Vertragsverlängerung oder auf den Nichtabbruch der hier für 2013 zu bewertenden Gebäude schließen. Wie die Klägerin schriftlich und mündlich nachvollziehbar und unwiderlegt ausgeführt hat, fiel die Entscheidung für den Neubau nämlich gerade aufgrund der rund dreißigjährigen Investitionssicherheit und Kalkulation nach der Vertragsverlängerung bis 2042.

129

gg) Zwar könnte die mietvertragliche Sonderregelung einer Entschädigung an den Mieter für seine Gebäude bei Nichtverlängerung des Vertrags aus vermieterseitig zu vertretenden Gründen (wie Belangen der Hafenentwicklung, AVB-HI 2002 Nr. 20.1 i. V. m. Nr. 19.2.1) auf den ersten Blick für eine prinzipielle Erwartung zukünftiger Vertragsverlängerungen sprechen. Diese Regelung widerlegt dennoch nicht die vorbeschriebenen Ungewissheiten (oben dd, ee); sie ermöglicht so über ihren Sonderfall-Regelungsgehalt hinaus keinen generellen Umkehrschluss auf zu erwartende Vertragsverlängerungen nach den marktorientierten Preisforderungen und kaufmännischen Verhandlungen der Port Authority bei gleichzeitiger Beachtung des EU-Beihilfeverbots (oben cc, aaa bis eee).

130

d) Im Übrigen sind die im Vertrag angesprochenen und bereits vorstehend benannten Sonderfälle als solche naturgemäß nicht von vornherein vorhersehbar und ist deshalb auch kein Nichtabbruch ihretwegen vor ihrem Eintritt vorhersehbar. Außerdem gelten für damit eventuell später anzustrebende Anschlussnutzungen oder Nachmieter-Vereinbarungen erst recht die vorbeschriebenen Ungewissheiten hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen; zumal im Hafengebiet (Urteile FG Baden-Württemberg vom 17.03.1987 I K 43/84, EFG 1987, 603, 604; BFH vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, 451 a. E.). Davon abgesehen kommt es zum Beispiel für die Fälle, in denen die Port Authority mittels außerordentlicher Kündigung oder Nichtverlängerung des Mietvertrags selbst ein anderes Interesse verfolgt, in der Praxis nicht vor oder ist es so gut wie ausgeschlossen, dass die Gebäude weiterverwendet werden können (Amtliche Auskunft).

131

4. Über die nach Aufhebung des angefochtenen letzten Einheitswert-Änderungsbescheids vom 30. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2014 durch dieses Urteil wieder in Kraft tretende Bewertung im vorherigen Änderungsbescheid vom 23. Januar 2013 besteht in betragsmäßiger Hinsicht kein Streit, sondern für den Fall der gerichtlichen Gewährung des Abbruchabschlags Übereinstimmung.

132

Nach klarstellender Formulierung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung besteht zugleich Übereinstimmung, dass der wieder in Kraft tretende Bescheid vom 23. Januar 2013 nicht angefochten wurde. Dementsprechend ist für die in diesem Bescheid wertmäßig bereits berücksichtigte Verlängerung bis 2042 nicht mehr über die Frage des Datums ihrer Gegenzeichnung durch die Port Authority zu entscheiden. Ohnehin wird deren Angebot mit Unterschrift der Klägerin aus 2012 bereits für die nachfolgende Bewertung 2013 zugrunde gelegt (zu der nach Angebot greifbaren Vorhersehbarkeit des Nichtabbruchs vgl. oben; BFH, Urteil vom 26.02.1986 II R 217/82, BFHE 146, 174, BStBl II 1986, 449, Juris Rz. 13; Protokoll 03.03.2016 S. 23).

133

IV. Nebenentscheidungen

134

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

135

Die Klage richtet sich gemäß auslegender Klarstellung und wie tenoriert allein gegen den letzten Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid.

136

Mit der Klarstellung erübrigte sich eine entsprechende amtswegige Auslegung (vgl. Urteile FG Hamburg vom 12.12.2013 3 K 28/13, Juris Rz. 51 ff.; BFH vom 25.04.1989 VIII R 294/84, BFH/NV 1990, 261) und kam es nicht mehr - kostenwirksam - auf die unterschiedlichen Auffassungen zur Zulässigkeit paralleler Grundlagen- und Folgebescheid-Klagen an (vgl. z. B. zur Zulässigkeit BFH, Urteil vom 09.11.2005 I R 10/05, BFH/NV 2006, 750, Juris Rz. 15 m. w. N.; Hardt, DStZ 1989, 179; zur Unzulässigkeit BFH, Urteile vom 25.08.1999 VIII R 76/95, BFH/NV 2000, 300; vom 11.05.1983 III R 20/80, Juris; jeweils m. w. N.).

137

2. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis entsprechen §§ 151, 155 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

138

Bei der Neufassung von § 708 Nr. 10 ZPO ("Berufungsurteile" statt "Urteile der Oberlandesgerichte") mit Wirkung vom 1. September 2004 durch das Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198) ist nach inzwischen übereinstimmender Auslegung anhand des Gesetzgebungsverfahrens davon auszugehen, dass keine Einschränkung, sondern eine Erweiterung von oberen Landesgerichten (wie OLG und FG) auf andere letztinstanzliche Tatsachengerichte gemeint ist (vgl. Urteile FG Baden-Württemberg vom 16.01.2012 6 K 4588/09, Juris; FG Nürnberg, vom 1. April 2008 IV 278/2005, Juris; FG München, Urteil vom 20. Januar 2005 3 K 4519/01, EFG 2005, 969; grundlegend FG Hamburg, Urteil vom 29. November 2004 III 493/01, EFG 2005, 1434).

139

3. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

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(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

Setzt der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt. Die Frist beginnt

1.
für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs,
2.
für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, in dem er von der Fortsetzung Kenntnis erhält.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

(1) Die Wertminderung wegen Alters bestimmt sich nach dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt und der gewöhnlichen Lebensdauer von Gebäuden gleicher Art und Nutzung. Sie ist in einem Prozentsatz des Gebäudenormalherstellungswertes auszudrücken. Dabei ist von einer gleichbleibenden jährlichen Wertminderung auszugehen.

(2) Als Alter des Gebäudes gilt die Zeit zwischen dem Beginn des Jahres, in dem das Gebäude bezugsfertig geworden ist, und dem Hauptfeststellungszeitpunkt.

(3) Als Wertminderung darf insgesamt kein höherer Betrag abgesetzt werden, als sich bei einem Alter von siebzig Prozent der Lebensdauer ergibt. Dieser Betrag kann nur überschritten werden, wenn eine außergewöhnliche Wertminderung vorliegt.

(4) Ist die restliche Lebensdauer eines Gebäudes infolge baulicher Maßnahmen verlängert, so ist der nach dem tatsächlichen Alter errechnete Prozentsatz entsprechend zu mindern.

(1) Die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf, in den Fällen des § 45 und in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts. Dies gilt für die Verpflichtungsklage sinngemäß, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(2) Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage bei der Behörde, die den angefochtenen Verwaltungsakt oder die angefochtene Entscheidung erlassen oder den Beteiligten bekannt gegeben hat oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig geworden ist, innerhalb der Frist angebracht oder zu Protokoll gegeben wird. Die Behörde hat die Klageschrift in diesem Fall unverzüglich dem Gericht zu übermitteln.

(3) Absatz 2 gilt sinngemäß bei einer Klage, die sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, wenn sie bei der Stelle angebracht wird, die zur Erteilung des Steuerbescheids zuständig ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuer eingetreten sind, kann sie vorläufig festgesetzt werden. Diese Regelung ist auch anzuwenden, wenn

1.
ungewiss ist, ob und wann Verträge mit anderen Staaten über die Besteuerung (§ 2), die sich zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken, für die Steuerfestsetzung wirksam werden,
2.
das Bundesverfassungsgericht die Unvereinbarkeit eines Steuergesetzes mit dem Grundgesetz festgestellt hat und der Gesetzgeber zu einer Neuregelung verpflichtet ist,
2a.
sich auf Grund einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union ein Bedarf für eine gesetzliche Neuregelung ergeben kann,
3.
die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist oder
4.
die Auslegung eines Steuergesetzes Gegenstand eines Verfahrens bei dem Bundesfinanzhof ist.
Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind anzugeben. Unter den Voraussetzungen der Sätze 1 oder 2 kann die Steuerfestsetzung auch gegen oder ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt werden.

(2) Soweit die Finanzbehörde eine Steuer vorläufig festgesetzt hat, kann sie die Festsetzung aufheben oder ändern. Wenn die Ungewissheit beseitigt ist, ist eine vorläufige Steuerfestsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären; eine ausgesetzte Steuerfestsetzung ist nachzuholen. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 4 endet die Ungewissheit, sobald feststeht, dass die Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden sind. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist.

(3) Die vorläufige Steuerfestsetzung kann mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung verbunden werden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

(1) Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem Gebäude oder anderen Werk, das in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden ist.

(2) Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den Bestandteilen des Gebäudes.

(1) Der Mieter ist verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

(2) Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermieter die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.

(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.

(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

(3a) Ein Glasfaserbereitstellungsentgelt nach § 72 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes hat der Mieter nur bei wirtschaftlicher Umsetzung der Maßnahme zu tragen. Handelt es sich um eine aufwändige Maßnahme im Sinne von § 72 Absatz 2 Satz 4 des Telekommunikationsgesetzes, hat der Mieter die Kosten nur dann zu tragen, wenn der Vermieter vor Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung soweit möglich drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2, Absatz 3 oder Absatz 3a abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

Setzt der Mieter nach Ablauf der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache fort, so verlängert sich das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht eine Vertragspartei ihren entgegenstehenden Willen innerhalb von zwei Wochen dem anderen Teil erklärt. Die Frist beginnt

1.
für den Mieter mit der Fortsetzung des Gebrauchs,
2.
für den Vermieter mit dem Zeitpunkt, in dem er von der Fortsetzung Kenntnis erhält.

Wirtschaftsgüter, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

Wirtschaftsgüter, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist.

(1) Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist der Bodenwert dem Eigentümer des Grund und Bodens und der Gebäudewert dem wirtschaftlichen Eigentümer des Gebäudes zuzurechnen. Außenanlagen (z. B. Umzäunungen, Wegebefestigungen), auf die sich das wirtschaftliche Eigentum am Gebäude erstreckt, sind unbeschadet der Vorschriften in § 68 Abs. 2 in die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes einzubeziehen. Für die Grundstücksart des Gebäudes ist § 75 maßgebend; der Grund und Boden, auf dem das Gebäude errichtet ist, gilt als bebautes Grundstück derselben Grundstücksart.

(2) Für den Grund und Boden ist der Wert nach den für unbebaute Grundstücke geltenden Grundsätzen zu ermitteln; beeinträchtigt die Nutzungsbehinderung, welche sich aus dem Vorhandensein des Gebäudes ergibt, den Wert, so ist dies zu berücksichtigen.

(3) Die Bewertung der Gebäude erfolgt nach § 76. Wird das Gebäude nach dem Ertragswertverfahren bewertet, so ist von dem sich nach den §§ 78 bis 80 ergebenden Wert der auf den Grund und Boden entfallende Anteil abzuziehen. Ist vereinbart, daß das Gebäude nach Ablauf der Miet- oder Pachtzeit abzubrechen ist, so ist dieser Umstand durch einen entsprechenden Abschlag zu berücksichtigen; der Abschlag unterbleibt, wenn vorauszusehen ist, daß das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Tenor

1. Der Kindergeldbescheid vom 13. Mai 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2009 wird insoweit aufgehoben, als darin gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Festsetzung von Kindergeld ab September 2008 über den Betrag von monatlich 5,11 EUR hinaus abgelehnt wurde, und die Beklagte wird verpflichtet, gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter Kindergeld für sie selbst für den Zeitraum von September 2008 bis Oktober 2009 in gesetzlicher Höhe festzusetzen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch einfache Erklärung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

Tatbestand

Streitig ist, ob die inzwischen verstorbene Mutter der als deren Rechtsnachfolgerin klagenden Tochter für die Zeit des Auslandsstudiums der Tochter Anspruch auf Kindergeld  ab September 2008 hat.
Die Klägerin ist am 13. September 1985 geboren und deutsche Staatsangehörige. Nachdem ihre Mutter, die frühere Klägerin X, am 2. November 2011 gestorben war, schlug der einziger Bruder der Klägerin, Y, geb. am 13. September 1985, am 16. Dezember 2011 gegenüber dem Nachlassgericht die Erbschaft aus. Nach dem gegenständlich beschränkten Erbschein des Nachlassgerichts vom 6. Dezember 2011 ist die Klägerin mit dem Tod ihrer Mutter deren Alleinerbin geworden. Zu ihrem Vater hat die Klägerin seit der Scheidung von ihrer Mutter in 1983 keinerlei Kontakt mehr.
Nach der mittleren Reife im Jahr 2003 besuchte die Klägerin zunächst bis Sommer 2006 die C-Schule (Fachgymnasium) und daran anschließend bis Sommer 2007 das einjährige Berufskolleg, das sie mit der Fachhochschulreife (Note 3,0) abschloss. Danach suchte sie zunächst ohne Erfolg einen Ausbildungsplatz.
Für das Wintersemester 2007/2008 bewarb sie sich – jeweils erfolglos – um einen Studienplatz in dem Studiengang „Tourismusbetriebswirtschaft“ an der Hochschule V, dem Studiengang „Mehrsprachige Kommunikation“ an der Fachhochschule O, dem Studiengang „Soziales“ an den Fachhochschulen O, S, F, D und G, dem Studiengang „BW/International/Business“ an der Hochschule J und dem Studiengang „Soziale Arbeit“ an der Fachhochschule K.
Ab September 2007 arbeitete sie zunächst bei Firma Z in H.
Für das Wintersemester 2008/2009 bewarb sie sich – jeweils erfolglos – um einen Studienplatz in den Studiengängen „Soziale Arbeit“ und „Wissenschaftsjournalismus“ an der Hochschule L und der Fachhochschule K, dem Studiengang „Soziale Arbeit“ an der Hochschule M, der Hochschule N, der Katholischen Fachhochschule P und der Hochschule Q, dem Studiengang „Mediamanagement“ an der Fachhochschule R sowie dem Studiengang „Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Interkulturelle Beziehungen“ an der Hochschule Q.
Zum Wintersemester 2008/2009 nahm die Klägerin im Fach Germanistik an der Ü Universität in A, Türkei, ein Studium auf. Nach der Bescheinigung der zuständigen türkischen Behörde vom 21. April 2009 (Bl. 418 der Kindergeldakte) begann dieses Studium am 1. September 2008 und nimmt die Arbeitskraft der Klägerin überwiegend in Anspruch. Laut Semesterplan der Ü Universität waren die folgenden Zeiten vorlesungsfrei (sog. Semesterferien): 31. Januar 2009 bis 19. Februar 2009, 27. Juni 2009 bis 23. September 2009, 1. Februar 2010 bis 15. Februar 2010 und 19. Juni 2010 bis 20. September 2010. Während des Studiums wohnte die Klägerin kostenlos im Haushalt ihrer Tante B in A.
Die Klägerin verbrachte die folgenden Zeiträume in der Wohnung ihrer Mutter: 29. September 2008 bis 6. Oktober 2008, 28. Januar 2009 bis 23. Februar 2009, 20. Juli 2009 bis 30. August 2009, 1. Februar 2010 bis 13. Februar 2010, 2. Juli 2010 bis Ende August 2010. In der Zeit vom 21. Juli 2009 bis 30. August 2009 sowie während der Sommersemesterferien 2010 arbeitete sie als Aushilfskraft (Verkäuferin) in H und erzielte hierbei in 2009 einen Bruttolohn von 1.749,33 EUR.
Auch während des Studiums war die Klägerin in der Zeit von September 2008 bis Januar 2011 in der Ä-Straße 1 in H polizeilich gemeldet.
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Die Mutter der Klägerin erhielt Kindergeld für die Klägerin bis einschließlich August 2008. Nachdem am 27. September 2008 die Mutter der Klägerin Kindergeld für ihre im Ausland studierende Tochter beantragte, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2009, der der Mutter der Klägerin per einfachem Brief übermittelt wurde, Kindergeld ab September 2008 in Höhe von 5,11 EUR fest unter Anwendung des deutsch-türkischen Abkommens über soziale Sicherheit.
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Gegen die in diesem Bescheid enthaltene Ablehnung von Kindergeld über die 5,11 EUR monatlich hinaus erhob die Mutter der Klägerin am 15. Juni 2009 Einspruch mit der Begründung, mangels Wohnsitzaufgabe habe sie auch während des Studiums ihrer Tochter in der Türkei einen Anspruch auf Kindergeld in gesetzlicher Höhe. Die Tochter habe nach ihrem Schulabschluss mehrere Monate vergeblich nach einem Studienplatz bzw. einem Ausbildungsplatz gesucht. Nachdem alle Bemühungen erfolglos verlaufen seien, habe sie in Absprache mit der Familienkasse den Entschluss gefasst, ein Studium in der Türkei anzugehen. Die Tochter habe in der Wohnung der Mutter ein eigenes Zimmer und habe ihren eigenen Wohnungsschlüssel. Sie suche die Wohnung im Inland bei jeder Gelegenheit und somit mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf, nämlich in den Winterferien, den Ramadan-Feiertagen und demnächst auch in den Sommersemesterferien. Dies erfolge jedoch nicht lediglich zu Besuchszwecken oder Erholungszwecken. Das aufgenommene Auslandstudium allein bedinge noch keine Wohnsitzaufgabe. Die Tochter sei allein aus dem Grund in die Türkei gegangen, um dort studieren zu können. Ein Studienplatz im Inland habe sie trotz erheblicher Anstrengungen nicht bekommen können. Es sei ihr daher nur die Möglichkeit verblieben, in der Türkei ein Studium aufzunehmen. Die Studienzeit betrage insgesamt vier Jahre, nach deren Ablauf eine Arbeitsaufnahme im Inland angestrebt werde. Der Aufenthalt der Tochter in der Türkei sei damit lediglich vorübergehend.
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Laut einem Aktenvermerk der Beklagten vom 24. August 2009 (Bl. 422 der Kindergeldakte) hatte die Klägerin seit ihrem Studium in der Türkei „keine Einnahmen“ außer dem Unterhalt ihrer Mutter.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2009 wies die Familienkasse den Einspruch als unbegründet zurück.
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Mit ihrer am 15. November 2009 bei Gericht eingegangenen Klage hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin zunächst die Festsetzung von Kindergeld in gesetzlicher Höhe begehrt für den Zeitraum ab September 2008. Zur Begründung der Klage trägt sie vor, die Tochter habe aufgrund der vergeblichen Bemühungen um einen Studienplatz nicht darauf vertrauen können, in Deutschland einen Studienplatz zu finden. Sie habe daher das Studium in A im Vertrauen darauf angetreten, dass ihre Mutter zur Finanzierung des Studiums Kindergeld in Deutschland erhalte. Erst nach Aufnahme des Studiums sei der Kindergeldantrag am 13. Mai 2009 negativ beschieden worden.
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Die Tochter habe von September 2008 bis einschließlich Januar 2011 in der ca. 75 qm großen Wohnung ihrer Mutter in H, Ä-Straße 1 gewohnt. Diese Wohnung habe über drei Zimmer, eine Küche und ein Bad/WC verfügt. Die Tochter habe ein ca. 20 qm großes eigenes Zimmer bewohnt, das mit einem Hochbett, einem Kleiderschrank, einem Bücherregal, einem Schubladenschrank, einem Schreibtisch, einem Wandspiegel und einer Couch ausgestattet gewesen sei.
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Von Februar 2011 bis April 2011 habe die Mutter der Klägerin in der I-Straße 2 in H in einer Einzimmerwohnung gewohnt. Die Klägerin habe dort kein eigenes Zimmer zur Verfügung gehabt, sondern während ihres Aufenthaltes in Deutschland ein Zimmer mit ihrer Mutter geteilt.
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Von Mai 2011 bis zu ihrem Tod sei die Mutter der Klägerin in einer ca. 65 qm großen Zweizimmerwohnung in der W-Straße 3 in H wohnhaft gewesen. Dort habe die Klägerin ebenfalls ein ca. 20 qm großes eigenes Zimmer zur Verfügung gehabt. Die Mutter der Klägerin habe sich in der Ö-Straße 4 in H eine Wohnung gekauft, in die sie aufgrund ihrer Erkrankung jedoch nicht habe einziehen können.
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Die Klägerin pflege weiterhin den Kontakt zu ihrem Freundeskreis in H und kehre in jeden Semesterferien und sonstigen studienfreien Zeiten, die eine Abwesenheit von mindestens einer Woche erlauben, nach H zurück. Im Sommer 2009 habe die Klägerin in dem Bekleidungsgeschäft „E“ in AH als Aushilfe gearbeitet. Nur aufgrund ihres Auslandstudiums halte sie sich überwiegend außerhalb Deutschlands auf. Der Aufenthalt im Inland beschränke sich aber nicht nur auf kurze und unregelmäßige Besuche, die dem Wiedersehen der Familienangehörigen oder sonstigen Besuchszwecken dienten. Vielmehr sei der Auslandsaufenthalt von vornherein zeitlich beschränkt auf die Dauer des Studiums, da die Klägerin von Anfang an beabsichtigt habe, nach Abschluss des Studiums wieder in H zu leben. Es sei geplant, das Auslandstudium bis Juni 2012 abzuschließen (Regelstudienzeit 8 Semester).
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Die Klägerin habe sich zunächst an mehreren Fakultäten beworben: Für Psychologie, Germanistik und Betriebswirtschaft an der AA Universität in A und für Kommunikation und Publizistik sowie Anglistik an der Ü Universität in A, und für Germanistik an der A Universität. Sie habe letztlich ein Studium im Fach Germanistik an der Ü Universität gewählt, weil diese Fakultät mit anderen europäischen Fakultäten zusammen arbeite und der Abschluss auch im europäischen Ausland und somit auch in Deutschland gut angesehen sei. Der Studienabschluss werde zwar nicht voll anerkannt, gelte jedoch als Vordiplom für ein Studium in Deutschland. Daher ermögliche das Studium an der Ü Universität die Annahme einer Lehrstelle an einer Privatschule in Deutschland, aber auch den direkten Einstieg in das Hauptstudium Deutsch auf Lehramt in Deutschland.
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Bis auf die Sommerferien 2009 habe die Klägerin sämtliche studienfreien Zeiten bei ihrer Mutter verbracht.
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Die Klägerin wohne während des Studiums nur deshalb im Haushalt ihrer Tante, weil  ihre Mutter finanziell nicht in der Lage gewesen sei, für die zusätzlichen anfallenden Unterkunftskosten in einem Studentenwohnheim oder einer Wohngemeinschaft aufzukommen. Dort verfüge sie über ein ca. 16 qm großes eigenes Zimmer, das mit einem Bett, einem Schreibtisch und einem Schrank ausgestattet sei. In den Semesterferien fänden zwar weder Prüfungen noch Arbeitsgemeinschaften oder Veranstaltungen statt, die Klägerin müsse jedoch in den Semesterferien immer ca. eine Woche vorher da sein, um die Einschreibung zu erledigen, da die Einschreibung immer eine Woche vor Ende der Semesterferien stattfänden.
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Die Klägerin beantragt, den Kindergeldbescheid vom 13. Mai 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 2009 insoweit aufzuheben, als damit gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Festsetzung von Kindergeld ab September 2008 über den Betrag von monatlich 5,11 EUR hinaus abgelehnt wurde, und die Beklagte zu verpflichten, gegenüber der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter Kindergeld für sie selbst für den Zeitraum von September 2008 bis Oktober 2009 in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
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Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung wird ausgeführt, die Klägerin habe ab September 2008 keinen Wohnsitz mehr im Inland gehabt. Von den 89 Tage andauernden Semesterferien im Sommer 2009 habe die Klägerin nur die Zeit vom 20. Juli 2009 bis 30. August 2009, als nur 42 Tage bei ihrer Mutter verbracht. Dies genüge nicht, um von einer Beibehaltung des dortigen Wohnsitzes auszugehen. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass die Klägerin am Studienort nicht in einem Studentenwohnheim oder einer Wohngemeinschaft, sondern bei ihrer Tante gewohnt habe. Diese verwandtschaftlichen Beziehungen sprächen dafür, dass der Aufenthalt in der Türkei sich nicht in Studienzwecken erschöpfe. Da die Klägerin weniger als die Hälfte der ausbildungsfreien Zeit im Sommer bei der Mutter verbracht habe, ist nicht von der Beibehaltung des Wohnsitzes auszugehen. Ein Aufenthalt in Deutschland zum Zwecke einer Ferienbeschäftigung sei auch nicht geeignet, einen Wohnsitz zu begründen oder aufrecht zu erhalten. Der Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Gründe für den kurzen Aufenthalt in Deutschland während der Semesterferien 2009  sei nicht immer stringent gewesen, sondern sei geändert und berichtigt worden.  Der Abschluss an der Ü Universität in A werde in Deutschland nicht für eine Beschäftigung im Lehramt anerkannt, sondern setze ein weiteres, ca. vier Semester umfassendes Studium in Deutschland voraus. Aus den Äußerungen zu einer weiteren Berufsplanung gehe nicht eindeutig hervor, welchen Weg die Tochter der Klägerin einschlagen wolle.
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Am 5. März 2010 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Akteneinsicht in den Räumen des Amtsgericht H genommen.
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Am 2. Mai 2011 ist die Sach- und Rechtslage vor der Berichterstatterin des Senats ausführlich erörtert worden.
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Mit Schreiben vom 13. Oktober 2011, das der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zusammen mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2011 per Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, hat die Berichterstatterin des Senats unter Setzung einer Ausschlussfrist gemäß § 79b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) die Prozessbevollmächtigte aufgefordert, alle Umstände anzugeben und vorzutragen, die auf einen Wohnsitz der Klägerin im Zeitraum ab September 2008 schließen lassen.
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Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 5. Dezember 2011 mitgeteilt, dass die Klägerin alleinige Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter geworden ist. Zugleich hat sie namens der Klägerin die Aufnahme des Rechtstreits erklärt.
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Mit Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2011 ist die Vernehmung der Klägerin als Beteiligte angeordnet worden.
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Auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Akten der Familienkasse sowie die Protokolle über den Erörterungstermin und der mündlichen Verhandlung mit der Parteivernehmung wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage ist zulässig.
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Die Klägerin ist nach Ausschlagung der Erbschaft durch ihren Zwillingsbruder Alleinerbin und damit Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter, der ursprünglichen Klägerin, geworden. Dies hat sie durch Vorlage des gegenständlich beschränkten Erbscheins in der mündlichen Verhandlung ausreichend nachgewiesen. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2011 hat die Klägerin gem. § 155 FGO i. V. m. § 239 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) den Rechtsstreit wirksam aufgenommen.
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II. Die Klage ist begründet.
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Die Klägerin hat als Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Oktober 2009 einen Anspruch auf Kindergeld in gesetzlicher Höhe. Nachdem die Rechtsvorgängerin der Klägerin ursprünglich die Festsetzung von Kindergeld ab September 2008 begehrt hatte, konkretisierte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihr Begehren auf den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Oktober 2009. Das entspricht dem Zeitraum bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung.
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Soweit die Beklagte Kindergeld für diesen Zeitraum über den Betrag von 5,11 EUR monatlich hinaus abgelehnt hat, ist der angefochtene Kindergeldbescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter in ihren Rechten. Da die Klage insoweit spruchreif ist, wird die Beklagte verpflichtet, für diesen Zeitraum Kindergeld für die Klägerin in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
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1. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) hat derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehaben. Die Türkei zählt nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten.
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Die Klägerin hat im Streitzeitraum ihren inländischen Wohnsitz in der mütterlichen Wohnung in der Ä-Straße 1 in H beibehalten.
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a) Bis einschließlich 5. Oktober 2008 hatte die Klägerin in dieser Wohnung ihren ausschließlichen Wohnsitz.
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Im Rahmen der Parteivernehmung hat die Klägerin glaubhaft vorgetragen, dass sie erst am 6. Oktober 2008 ihr Studium in der Türkei aufgenommen hat. Sie hat sich zwar schon im August 2008 in der Türkei aufgehalten, aber nur, um die Einschreibeformalitäten zu erledigen. Anschließend ist sie wieder nach Deutschland zurück gekehrt, um mit ihrer Ausreise am 6. Oktober 2008 ihr Studium in der Türkei aufzunehmen. Das Studium und damit die Ausbildung der Klägerin beginnt daher frühestens am 6. Oktober 2008. Erst ab diesem Zeitpunkt begründet sie einen weiteren Lebensmittelpunkt in der Wohnung ihrer Tante. Die Aufenthalte der Klägerin in der Türkei vor diesem Zeitpunkt dienen lediglich der Vorbereitung der Ausbildung und des damit zusammenhängenden späteren Aufenthalts ab 6. Oktober 2008 und haben daher nach Auffassung des Senats reinen Besuchscharakter.
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b) Für den Zeitraum ab 6. Oktober 2008 gilt Folgendes:
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Der Wohnsitzbegriff i.S. von § 8 Abgabenordnung (AO) setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht nicht aus (Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 243; und vom 22. April 1994 III R 22/91, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).
42 
Außer dem Innehaben einer Wohnung setzt der Wohnsitzbegriff zunächst Umstände voraus, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung durch den Inhaber beibehalten und als solche genutzt werden soll. Das Wesen eines Wohnsitzes im steuerrechtlichen Sinne besteht somit darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung steht und von ihm subjektiv zu entsprechender Nutzung auch bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (BFH-Urteile vom 26. Februar 1986 II R 200/82, BFH/NV 1987, 301, sowie vom 22. April 1994 III R 22/91, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).
43 
Das Innehaben der Wohnung muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass die Person die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Die gesetzliche Regelung geht dahin, aus äußeren objektiven Tatsachen Schlüsse auf das zukünftige tatsächliche Verhalten einer Person zu ziehen. Es handelt sich deshalb um eine Prognoseentscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 17. Mai 1995 I R 8/94, BFHE 178, 294, BStBl II 1996, 2).
44 
Im Einzelfall können auch zwei Wohnsitze nebeneinander bestehen (vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 2 AO), wenn nach den äußeren Umständen der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich zwei Wohnungen in verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. Eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen. Allein die mit einer Unterbringung in einer studentischen Wohngemeinschaft verbundene räumliche Trennung von den Eltern bedingt keine Auflösung der familiären Bindungen und bringt keine Verlagerung des Schwerpunkts der Lebensverhältnisse an den Ort des Studiums mit sich. Am Studienort oder in der Nähe des Studienortes in einem möblierten Zimmer oder Studentenheim wohnende Studenten behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern, soweit durch die auswärtige Unterbringung ihre Bindung zum Elternhaus bestehen bleibt. Dabei sind von der Rechtsprechung Zeiträume von drei und auch von fünf Jahren als unbedenklich angesehen worden. Dient ein Auslandsaufenthalt ausschließlich der Durchführung einer bestimmten Maßnahme (wie z.B. der Schul- oder Berufsausbildung), ist er deshalb von vornherein zeitlich beschränkt, und hat der Betroffene die Absicht, nach dem Abschluss der Maßnahme wieder an den bisherigen Wohnort oder gar in die elterliche Wohnung zurückzukehren, reicht dies allein jedoch nicht dafür aus, um vom Fortbestand des bisherigen Wohnsitzes während des Auslandsaufenthalts auszugehen. Die Feststellung der Rückkehrabsicht besagt grundsätzlich nichts darüber, ob der Inlandswohnsitz während des vorübergehenden Auslandsaufenthaltes beibehalten oder aber aufgegeben und nach der Rückkehr neu begründet wird. Der Inlandswohnsitz wird in solchen Fällen nur dann beibehalten, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort hat (keine Wohnsitzbegründung am Orte des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr hat, er aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse (zwei Wohnsitze) verfügt, von denen einer am bisherigen Wohnort liegt (BFH-Urteil vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001 m.w.N.).
45 
Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht dazu aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen. Zum einen müssen die objektiven Wohnverhältnisse so geartet sein, dass sie die Möglichkeit eines längeren Wohnens des Kindes in der Wohnung der Eltern bieten. Zum anderen darf die Anwesenheit des Kindes in der elterlichen Wohnung nicht nur Besuchscharakter haben, wie das bei Aufenthalten von jeweils zwei bis drei Wochen pro Jahr der Fall ist (BFH-Urteil vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001 m.w.N.).
46 
c) Im Streitfall ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und den Gesamtumständen davon überzeugt, dass die Klägerin auch während ihres Studiums in A – jedenfalls bis einschließlich Oktober 2009 – ihren Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat. Nach Überzeugung des Senats hatte die Klägerin in diesem Zeitraum zwei Wohnsitze inne: einen in Deutschland in der Ä-Straße 1 in H und einen in A im Haushalt ihrer Tante. Diese Überzeugung hat sich der Senat aufgrund der folgenden Umstände gebildet:
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aa) Nach dem Sachvortrag stand der Klägerin sowohl vor als auch während ihres Studiums in A in der Dreizimmerwohnung ihrer Mutter in der Ä-Straße 1 in H ein eigenes Zimmer zur Verfügung, das mit ihren persönlichen Gegenständen ausgestattet war. Wohnzimmer, Küche und Bad wurden von der Klägerin zusammen mit ihrer Mutter und zeitweise auch ihrem Bruder mitbenutzt. Das Zimmer der Klägerin  verfügte sowohl nach dem unbestrittenen klägerischen Vortrag, als auch nach den glaubhaften Angaben in der Parteivernehmung über eine Fläche von ca. 20 qm in der ca. 75 qm großen Wohnung und war mit einem Hochbett, einem Kleiderschrank, einem Bücherregel, einem Schubladenschrank, einem Schreibtisch, einem Wandspiegel und einer Couch eingerichtet.
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Hierzu vergleichbar wohnte die Klägerin während ihres Studienaufenthaltes in der Türkei im Haushalt ihrer Tante (der Schwester ihrer Mutter), wo sie auch Familienanschluss – vor allem zu ihrer fast gleichaltrigen Cousine – genoss. Innerhalb der ca. 110 qm großen Wohnung hatte die Klägerin ein 10 bis 16 qm großes Zimmer zur Verfügung. Dieses Zimmer war auch mit einem Bett, einem Schrank, einem Schreibtisch und einer kleinen Kommode ausgestattet.
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Damit sind die Wohnverhältnisse im Haushalt der Tante in A ungefähr mit den deutschen Wohnverhältnissen im Haushalt ihrer Mutter vergleichbar, mit Ausnahme der Tatsache, dass die Klägerin ihre persönlichen Gegenstände in der deutschen Wohnung aufbewahrte. Da die Klägerin in der Türkei ebenfalls Familienanschluss genoss und folglich auch in die dortigen Lebensverhältnisse integriert war, ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin in der Wohnung ihrer Tante ab Oktober 2008 einen Wohnsitz begründet hat.
50 
bb) Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin neben diesem ab Oktober 2008 in der Wohnung ihrer Tante neu begründeten Wohnsitz ihren bisherigen inländischen Wohnsitz in der mütterlichen Wohnung in H beibehalten hat.
51 
Für das Beibehalten des Wohnsitzes in der Wohnung ihrer Mutter unter Berücksichtigung der geschilderten Wohnverhältnisse der Klägerin in A spricht nach Auffassung des Senats vor allem die Tatsache, dass die Klägerin nur deshalb in der Türkei ein Studium aufgenommen hat, weil sie in Deutschland trotz mannigfaltiger Bewerbungen um einen Studienplatz in den verschiedensten Studiengängen – und nicht nur, wie die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck brachte, im sozialen Bereich – nur Absagen erhielt. Die Klägerin schilderte im Rahmen der Parteivernehmung glaubhaft und eindrücklich ihren Herzenswunsch, unbedingt  zu studieren. Da sie die deutsche Fachhochschulreife lediglich mit der Note 3,0 ablegte, konnte sie in den von ihr gewünschten Studiengängen keinen Studienplatz an einer Hoch- oder Fachhochschule erlangen. Ein Universitätsstudium, wie sie es nun in der Türkei durchführt, wäre der Klägerin mit diesem Schulabschluss in Deutschland verwehrt geblieben. Nur aufgrund des Tipps einer Cousine sei sie auf die Idee gekommen, in der Türkei zu studieren. Somit scheidet der unter jungen Erwachsenen häufig anzutreffende Beweggrund für ein Studium fern der Heimat, damit der elterlichen Aufsicht entfliehen zu können, im Streitfall aus.
52 
cc) Die Klägerin schilderte in der Parteivernehmung ihr enges Verhältnis zu ihrer Mutter, das sich vor allem an den täglichen Telefongesprächen im Streitzeitraum zeigt. Die Klägerin wählte einen Telefontarif (sog. Flatrate), der es ihr erlaubte, von der Türkei aus täglich kostenfrei mit ihrer Mutter zu telefonieren. Darin spiegelt sich die überaus enge persönliche Bindung der Klägerin zu ihrer Mutter, die jedenfalls bis Oktober 2009 erkennbar ist.
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dd) Auch während ihres Studiums in A behielt die Klägerin ihren Freundes- und Bekanntenkreis aus Schulzeiten im Wesentlichen bei. Sie schilderte in der mündlichen Verhandlung glaubhaft, dass sie sowohl in Deutschland, als auch in der Türkei Freunde hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, in H geboren ist und seit ihrer Geburt dort gelebt hat. Sie hat ihre ganze Schulzeit dort verbracht und ist daher in H verwurzelt. Das Gericht konnte die Überzeugung gewinnen, dass die Klägerin nicht nur sehr gut, sondern darüber hinaus auch akzentfrei deutsch spricht. Nach ihrer glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung hat sie den Kontakt zu Ihren deutschen Freunden und Bekannten vor allem über das Internet, ihr Mobiltelefon und die persönlichen Kontakte während ihrer Deutschlandaufenthalte aufrechterhalten. Sie hatte vor Beginn des Studiums in der Türkei einen Freund in Deutschland. Diese Beziehung ist zwar Ende des Jahres 2008 zerbrochen und sie ist später eine Beziehung zu einem Mann in der Türkei eingegangen. Aber auch diese Beziehung ist inzwischen beendet. Daher ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin – jedenfalls im Streitzeitraum – weiterhin umfangreiche persönliche Beziehungen zu Freunden und Bekannten in Deutschland gepflegt hat.
54 
ee) Die Klägerin hat im Rahmen der Parteivernehmung glaubhaft versichert, in der Türkei noch nie einen Arzt aufgesucht zu haben. Vielmehr nahm sie ausschließlich in Deutschland sämtliche Arztbesuche (Zahn- und Frauenarzt) war. Sie war auch nur in Deutschland krankenversichert.
55 
ff) Die Klägerin hat ausführlich und glaubhaft dargestellt, dass sie zu Beginn ihres Studiums die Absicht gehabt habe, nach Abschluss des Studiums wieder nach Deutschland zurück zu kehren, da das türkische Studium auf ein deutsches Vordiplom angerechnet werden kann. Sie hatte zwar keinen konkreten Pläne hierfür, habe aber die große Chance nutzen wollen, überhaupt studieren zu können. Ursprünglich habe sie sogar geplant, sich evtl. noch in Deutschland für einen Studienplatz zu bewerben. Sie schilderte ihren persönlichen Eindruck, wonach das tägliche Leben in A schwieriger sei als in Deutschland. In A sei alles teuer und es sei schwieriger, dort Geld zu verdienen.
56 
d) Aufgrund dieser objektiven und subjektiven Gesichtspunkte ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin im Streitzeitraum die Wohnung in H (Ä-Straße 1) nicht nur zu Besuchszwecken oder – wie die Beklagte meint zur Ausübung einer Ferienbeschäftigung – aufgesucht, sondern dort auch während ihres Studiums in der Türkei einen Lebensmittelpunkt hatte. Der Aufenthalt der Klägerin in der Türkei im Haushalt ihrer Tante diente vornehmlich dem Zweck, dort ein Studium durchzuführen, und nicht etwa, die frühere Heimat der Mutter kennenzulernen und sich längerfristig in die türkischen Lebensverhältnisse einzuleben. Der Senat gewann die Überzeugung, dass die Klägerin nur aus Kostengründen im Haushalt ihrer Tante gewohnt hat und nicht etwa, um sich dort längerfristig in den türkischen Kulturkreis einzuleben. Das damit verbundene zwangsweise Entstehen neuer Beziehungen führte nach Auffassung des Senats nicht zu einer Lockerung der bisher bestehenden Bindungen zu den deutschen Freunden und Bekannten. Somit hat die Klägerin ihr Zimmer in der mütterlichen Wohnung unter Umständen inne gehabt hat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen will.
57 
e) Demgegenüber reichen nach Auffassung des Senats die relativ kurzen Aufenthalte der Klägerin in der mütterlichen Wohnung in den Semesterferien von ca. 10 Wochen innerhalb des Zeitraums vom 6. Oktober 2008 bis 31. Oktober 2009 (ca. ein Jahr) aus, um den inländischen Wohnsitz aufrechtzuerhalten. Der Senat verkennt nicht, dass sich die Klägerin während dieses Streitzeitraums lediglich vom 28. Januar 2009 bis 23. Februar 2009 und von 20. Juli 2009 bis 30. August 2009 und somit lediglich 10 Wochen (69 Tage) in dieser Wohnung aufgehalten hat. Da die Klägerin – wie oben ausgeführt – erst ab 6. Oktober 2008 in A einen weiteren Wohnsitz innegehabt hat, sind die Aufenthaltszeiten der Klägerin in Deutschland vor dem 6. Oktober 2008 nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BFH sind nur die Dauer und die Häufigkeit der Inlandsaufenthalte während der Zeiträume maßgebend, in denen das Kind im Ausland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte (siehe BFH-Urteil vom 28. April 2010 III R 52/09, BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013).
58 
Damit hat die Klägerin nur die Semesterferien im Februar 2009 vollständig in der Wohnung ihrer Mutter in Deutschland verbracht. Von den 89 Tagen (ca. drei Monate) umfassenden Semesterferien im Sommer 2009 verbrachte die Klägerin 42 Tage in Deutschland. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin verpflichtet war, ca. eine Woche vor Ende der Semesterferien in A persönlich vor Ort zu sein, um sich zurückmelden zu können. Hierzu hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Vorfeld zwar widersprüchlich vorgetragen, indem sie zunächst mitteilte, die Klägerin habe in den Semesterferien auch Prüfungen ablegen müssen. Dieser Vortrag wurde nach Rücksprache mit der jetzigen Klägerin bereits vor der mündlichen Verhandlung dahingehend korrigiert, in den Semesterferien hätten weder Prüfungen oder Prüfungsanmeldungen stattgefunden, jedoch habe die Klägerin ca. einen Woche vor Ende der Semesterferien persönlich vor Ort sein müssen, um sich einschreiben zu können. Diesen Vortrag hat die Klägerin glaubhaft im Rahmen der Parteivernehmung bestätigt, so dass sich der Senat von der Richtigkeit dieses Vortrags überzeugen konnte.
59 
Eine Zeitspanne von ca. zwei Wochen nutzte die Klägerin, um einen preiswerten Flug in die Türkei zu bekommen. Aus diesem Grund ist sie schon ca. drei Wochen vor Ablauf der Semesterferien in die Türkei zurück gekehrt. Angesichts dieser Gesamtumstände führt der Aufenthalt von (nur) 42 Tagen im Rahmen der Semesterferien nicht zur Aufgabe des inländischen Wohnsitzes. Im Gegensatz zum Urteil des BFH vom 23. November 2000 VI R 165/99 (BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279), in dem nach Auffassung der BFH-Richter bei einem minderjähriges Kind Aufenthalte des Kindes in der elterlichen Wohnung von „insgesamt nicht einmal drei Monaten im Jahr“ bei einem auf annähernd neun Jahren angelegten Schulbesuch in der Türkei nicht ausreichend sind für ein Beibehalten des inländischen Wohnsitzes, ist die Klägerin im Streitfall volljährig. Sie hatte zu Beginn des Studiums am 13. September 2008 ihr 23. Lebensjahr vollendet, die gesamte Schulzeit in Deutschland verbracht und war entsprechend in Deutschland verwurzelt.
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Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Klägerin während der Sommersemesterferien einen dreiwöchigen Urlaub (von 27. Juni bis ca. 19 Juli 2009) nicht etwa im Haushalt ihrer Tante in A, sondern in VV, einem Badeort der Türkei nahe BB, verbracht hat. Dieser zusammen mit ihrer Cousine verbrachte Sommerurlaub, wie ihn viele andere deutsche Staatsbürger auch verbringen,  hat weder dazu geführt, dass die Klägerin tiefergehende Bindungen in den türkischen Kulturkreis erfahren hat, noch dazu, dass die bisher bestehenden Beziehungen zu Freunden oder Bekannten oder gar ihrer Mutter in Deutschland gelockert worden wären.
61 
f) In Abwägung der dargestellten Gesamtumstände ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin trotz der relativ kurzen Aufenthaltszeiten von ca. zehn Wochen innerhalb des Streitzeitraums ihren Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat. Dabei verkennt der Senat auch nicht, dass die ursprüngliche Rückkehrabsicht für sich allein nicht ausreicht, um einen weiteren Lebensmittelpunkt in Deutschland annehmen zu können. In Abwägung all der geschilderten Umstände ist der Senat aber zu der Auffassung gelangt, dass ein solcher Lebensmittelpunkt jedenfalls bis Oktober 2009 bestanden hat. Bis dahin war die Klägerin so stark in den deutschen Lebens- und Kulturkreis in Deutschland integriert, dass sie in der mütterlichen Wohnung in H ihren dortigen Lebensmittelpunkt beibehalten hat.
62 
2. Für den Monat September 2008 wurde die Klägerin zwar noch nicht für einen Beruf ausgebildet i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Die Klägerin hat aber den Tatbestand des § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG erfüllt. Sie hatte sich schon im Frühjahr 2008 für den Studienplatz in A beworben und in O eine entsprechende Vorprüfung abgelegt. Im September 2008 konnte sie diese Berufsausbildung (noch) nicht beginnen oder fortsetzen, weil sie den Semesterbeginn abwarten musste.
63 
Ab Oktober 2008 erfüllte die Klägerin den Tatbestand der Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG).
64 
3. Der Senat hat keinen Zweifel, dass die eigenen Einkünfte und Bezüge der Klägerin im Zeitraum von Oktober 2008 bis Oktober 2009 unter dem Grenzbetrag von jährlich 7.680 EUR lagen. Nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen erzielte die Klägerin aus ihrer Ferienbeschäftigung als Verkäuferin während ihres Deutschlandaufenthalts in den Sommersemesterferien 2009 einen Bruttolohn von 1.749,33 EUR.
65 
Die Klägerin schilderte im Rahmen der Parteivernehmung, dass sie in der Türkei „ab und zu“ Nachhilfe gegen Entgelt gegeben habe. Diese Einnahmen hätten aber einen nur geringen Umfang angenommen. Daneben habe sie außer dem Unterhalt ihrer Mutter keine weiteren Einnahmen erzielt.
66 
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
67 
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Sinn und Zweck der Vollstreckbarkeit von Kostenentscheidungen ist es, den siegreichen Beteiligten vor kostenmäßiger Benachteiligung für die Dauer des Revisionsverfahrens zu schützen (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1970 VI R 248/69, BFHE 101, 478, BStBl II 1971, 426). Davon ausgehend ist § 708 Nr. 10 ZPO "sinngemäß" auf Urteile des Finanzgerichts anwendbar, da auch gegen Urteile des Finanzgerichts nur die Revision statthaft ist (§ 115 FGO). Insoweit sind die Urteile der Finanzgerichte den Berufungsurteilen der Land- und Oberlandesgerichte vergleichbar (siehe auch FG Nürnberg, Urteil vom 1. April 2008 IV 278/2005, EFG 2009, 611; FG München, Urteil vom 20. Januar 2005 3 K 4519/01, EFG 2005, 969; FG Hamburg, Urteil vom 29. November 2004 III 493/01, EFG 2005, 1434). Das Interesse der Beklagten ist unabhängig von der Anwendung der alten oder neuen Version des § 708 Nr. 10 ZPO dadurch gewahrt, dass sie aufgrund der sinngemäßen Anwendung des § 711 Satz 1 ZPO durch einfache Erklärung die Vollstreckung abwenden darf. Einer Sicherheitsleistung oder Hinterlegung bedarf es nicht, wenn nicht der Kostengläubiger (Klägerin) vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Insoweit folgt der Senat der Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg im Urteil vom 26. Februar 1991 4 K 23/90 (EFG 1991, 338), auf das wegen der Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird.

Gründe

31 
I. Die Klage ist zulässig.
32 
Die Klägerin ist nach Ausschlagung der Erbschaft durch ihren Zwillingsbruder Alleinerbin und damit Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter, der ursprünglichen Klägerin, geworden. Dies hat sie durch Vorlage des gegenständlich beschränkten Erbscheins in der mündlichen Verhandlung ausreichend nachgewiesen. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2011 hat die Klägerin gem. § 155 FGO i. V. m. § 239 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) den Rechtsstreit wirksam aufgenommen.
33 
II. Die Klage ist begründet.
34 
Die Klägerin hat als Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Oktober 2009 einen Anspruch auf Kindergeld in gesetzlicher Höhe. Nachdem die Rechtsvorgängerin der Klägerin ursprünglich die Festsetzung von Kindergeld ab September 2008 begehrt hatte, konkretisierte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihr Begehren auf den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Oktober 2009. Das entspricht dem Zeitraum bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung.
35 
Soweit die Beklagte Kindergeld für diesen Zeitraum über den Betrag von 5,11 EUR monatlich hinaus abgelehnt hat, ist der angefochtene Kindergeldbescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihrer verstorbenen Mutter in ihren Rechten. Da die Klage insoweit spruchreif ist, wird die Beklagte verpflichtet, für diesen Zeitraum Kindergeld für die Klägerin in gesetzlicher Höhe festzusetzen.
36 
1. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) hat derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehaben. Die Türkei zählt nicht zu den in § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG genannten Staaten.
37 
Die Klägerin hat im Streitzeitraum ihren inländischen Wohnsitz in der mütterlichen Wohnung in der Ä-Straße 1 in H beibehalten.
38 
a) Bis einschließlich 5. Oktober 2008 hatte die Klägerin in dieser Wohnung ihren ausschließlichen Wohnsitz.
39 
Im Rahmen der Parteivernehmung hat die Klägerin glaubhaft vorgetragen, dass sie erst am 6. Oktober 2008 ihr Studium in der Türkei aufgenommen hat. Sie hat sich zwar schon im August 2008 in der Türkei aufgehalten, aber nur, um die Einschreibeformalitäten zu erledigen. Anschließend ist sie wieder nach Deutschland zurück gekehrt, um mit ihrer Ausreise am 6. Oktober 2008 ihr Studium in der Türkei aufzunehmen. Das Studium und damit die Ausbildung der Klägerin beginnt daher frühestens am 6. Oktober 2008. Erst ab diesem Zeitpunkt begründet sie einen weiteren Lebensmittelpunkt in der Wohnung ihrer Tante. Die Aufenthalte der Klägerin in der Türkei vor diesem Zeitpunkt dienen lediglich der Vorbereitung der Ausbildung und des damit zusammenhängenden späteren Aufenthalts ab 6. Oktober 2008 und haben daher nach Auffassung des Senats reinen Besuchscharakter.
40 
b) Für den Zeitraum ab 6. Oktober 2008 gilt Folgendes:
41 
Der Wohnsitzbegriff i.S. von § 8 Abgabenordnung (AO) setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht nicht aus (Urteile des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001, 243; und vom 22. April 1994 III R 22/91, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).
42 
Außer dem Innehaben einer Wohnung setzt der Wohnsitzbegriff zunächst Umstände voraus, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung durch den Inhaber beibehalten und als solche genutzt werden soll. Das Wesen eines Wohnsitzes im steuerrechtlichen Sinne besteht somit darin, dass objektiv die Wohnung ihrem Inhaber jederzeit (wann immer er es wünscht) als Bleibe zur Verfügung steht und von ihm subjektiv zu entsprechender Nutzung auch bestimmt ist. In dieser zur objektiven Eignung hinzutretenden subjektiven Bestimmung liegt der Unterschied zwischen dem bloßen Aufenthaltnehmen in einer Wohnung und dem Wohnsitz (BFH-Urteile vom 26. Februar 1986 II R 200/82, BFH/NV 1987, 301, sowie vom 22. April 1994 III R 22/91, BFHE 174, 523, BStBl II 1994, 887).
43 
Das Innehaben der Wohnung muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass die Person die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Die gesetzliche Regelung geht dahin, aus äußeren objektiven Tatsachen Schlüsse auf das zukünftige tatsächliche Verhalten einer Person zu ziehen. Es handelt sich deshalb um eine Prognoseentscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 17. Mai 1995 I R 8/94, BFHE 178, 294, BStBl II 1996, 2).
44 
Im Einzelfall können auch zwei Wohnsitze nebeneinander bestehen (vgl. auch § 19 Abs. 1 Satz 2 AO), wenn nach den äußeren Umständen der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich zwei Wohnungen in verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. Eine vorübergehende räumliche Trennung vom Wohnort steht der Beibehaltung eines Wohnsitzes nicht entgegen. Allein die mit einer Unterbringung in einer studentischen Wohngemeinschaft verbundene räumliche Trennung von den Eltern bedingt keine Auflösung der familiären Bindungen und bringt keine Verlagerung des Schwerpunkts der Lebensverhältnisse an den Ort des Studiums mit sich. Am Studienort oder in der Nähe des Studienortes in einem möblierten Zimmer oder Studentenheim wohnende Studenten behalten ihren Wohnsitz bei den Eltern, soweit durch die auswärtige Unterbringung ihre Bindung zum Elternhaus bestehen bleibt. Dabei sind von der Rechtsprechung Zeiträume von drei und auch von fünf Jahren als unbedenklich angesehen worden. Dient ein Auslandsaufenthalt ausschließlich der Durchführung einer bestimmten Maßnahme (wie z.B. der Schul- oder Berufsausbildung), ist er deshalb von vornherein zeitlich beschränkt, und hat der Betroffene die Absicht, nach dem Abschluss der Maßnahme wieder an den bisherigen Wohnort oder gar in die elterliche Wohnung zurückzukehren, reicht dies allein jedoch nicht dafür aus, um vom Fortbestand des bisherigen Wohnsitzes während des Auslandsaufenthalts auszugehen. Die Feststellung der Rückkehrabsicht besagt grundsätzlich nichts darüber, ob der Inlandswohnsitz während des vorübergehenden Auslandsaufenthaltes beibehalten oder aber aufgegeben und nach der Rückkehr neu begründet wird. Der Inlandswohnsitz wird in solchen Fällen nur dann beibehalten, wenn der Betroffene entweder seinen Lebensmittelpunkt weiterhin am bisherigen Wohnort hat (keine Wohnsitzbegründung am Orte des Auslandsaufenthalts) oder er zwar keinen einheitlichen Lebensmittelpunkt mehr hat, er aber nunmehr über zwei Schwerpunkte der Lebensverhältnisse (zwei Wohnsitze) verfügt, von denen einer am bisherigen Wohnort liegt (BFH-Urteil vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001 m.w.N.).
45 
Bei von vornherein auf mehr als ein Jahr angelegten Auslandsaufenthalten reichen kurzzeitige Besuche und sonstige kurzfristige Aufenthalte zu Urlaubs-, Berufs- oder familiären Zwecken, die nicht einem Aufenthalt mit Wohncharakter gleichkommen und daher nicht "zwischenzeitliches Wohnen" in der bisherigen Wohnung bedeuten, nicht dazu aus, um die Aufrechterhaltung des Inlandswohnsitzes anzunehmen. Zum einen müssen die objektiven Wohnverhältnisse so geartet sein, dass sie die Möglichkeit eines längeren Wohnens des Kindes in der Wohnung der Eltern bieten. Zum anderen darf die Anwesenheit des Kindes in der elterlichen Wohnung nicht nur Besuchscharakter haben, wie das bei Aufenthalten von jeweils zwei bis drei Wochen pro Jahr der Fall ist (BFH-Urteil vom 23. November 2000 VI R 107/99, BFHE 193, 558, BStBl II 2001 m.w.N.).
46 
c) Im Streitfall ist das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und den Gesamtumständen davon überzeugt, dass die Klägerin auch während ihres Studiums in A – jedenfalls bis einschließlich Oktober 2009 – ihren Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat. Nach Überzeugung des Senats hatte die Klägerin in diesem Zeitraum zwei Wohnsitze inne: einen in Deutschland in der Ä-Straße 1 in H und einen in A im Haushalt ihrer Tante. Diese Überzeugung hat sich der Senat aufgrund der folgenden Umstände gebildet:
47 
aa) Nach dem Sachvortrag stand der Klägerin sowohl vor als auch während ihres Studiums in A in der Dreizimmerwohnung ihrer Mutter in der Ä-Straße 1 in H ein eigenes Zimmer zur Verfügung, das mit ihren persönlichen Gegenständen ausgestattet war. Wohnzimmer, Küche und Bad wurden von der Klägerin zusammen mit ihrer Mutter und zeitweise auch ihrem Bruder mitbenutzt. Das Zimmer der Klägerin  verfügte sowohl nach dem unbestrittenen klägerischen Vortrag, als auch nach den glaubhaften Angaben in der Parteivernehmung über eine Fläche von ca. 20 qm in der ca. 75 qm großen Wohnung und war mit einem Hochbett, einem Kleiderschrank, einem Bücherregel, einem Schubladenschrank, einem Schreibtisch, einem Wandspiegel und einer Couch eingerichtet.
48 
Hierzu vergleichbar wohnte die Klägerin während ihres Studienaufenthaltes in der Türkei im Haushalt ihrer Tante (der Schwester ihrer Mutter), wo sie auch Familienanschluss – vor allem zu ihrer fast gleichaltrigen Cousine – genoss. Innerhalb der ca. 110 qm großen Wohnung hatte die Klägerin ein 10 bis 16 qm großes Zimmer zur Verfügung. Dieses Zimmer war auch mit einem Bett, einem Schrank, einem Schreibtisch und einer kleinen Kommode ausgestattet.
49 
Damit sind die Wohnverhältnisse im Haushalt der Tante in A ungefähr mit den deutschen Wohnverhältnissen im Haushalt ihrer Mutter vergleichbar, mit Ausnahme der Tatsache, dass die Klägerin ihre persönlichen Gegenstände in der deutschen Wohnung aufbewahrte. Da die Klägerin in der Türkei ebenfalls Familienanschluss genoss und folglich auch in die dortigen Lebensverhältnisse integriert war, ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin in der Wohnung ihrer Tante ab Oktober 2008 einen Wohnsitz begründet hat.
50 
bb) Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin neben diesem ab Oktober 2008 in der Wohnung ihrer Tante neu begründeten Wohnsitz ihren bisherigen inländischen Wohnsitz in der mütterlichen Wohnung in H beibehalten hat.
51 
Für das Beibehalten des Wohnsitzes in der Wohnung ihrer Mutter unter Berücksichtigung der geschilderten Wohnverhältnisse der Klägerin in A spricht nach Auffassung des Senats vor allem die Tatsache, dass die Klägerin nur deshalb in der Türkei ein Studium aufgenommen hat, weil sie in Deutschland trotz mannigfaltiger Bewerbungen um einen Studienplatz in den verschiedensten Studiengängen – und nicht nur, wie die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck brachte, im sozialen Bereich – nur Absagen erhielt. Die Klägerin schilderte im Rahmen der Parteivernehmung glaubhaft und eindrücklich ihren Herzenswunsch, unbedingt  zu studieren. Da sie die deutsche Fachhochschulreife lediglich mit der Note 3,0 ablegte, konnte sie in den von ihr gewünschten Studiengängen keinen Studienplatz an einer Hoch- oder Fachhochschule erlangen. Ein Universitätsstudium, wie sie es nun in der Türkei durchführt, wäre der Klägerin mit diesem Schulabschluss in Deutschland verwehrt geblieben. Nur aufgrund des Tipps einer Cousine sei sie auf die Idee gekommen, in der Türkei zu studieren. Somit scheidet der unter jungen Erwachsenen häufig anzutreffende Beweggrund für ein Studium fern der Heimat, damit der elterlichen Aufsicht entfliehen zu können, im Streitfall aus.
52 
cc) Die Klägerin schilderte in der Parteivernehmung ihr enges Verhältnis zu ihrer Mutter, das sich vor allem an den täglichen Telefongesprächen im Streitzeitraum zeigt. Die Klägerin wählte einen Telefontarif (sog. Flatrate), der es ihr erlaubte, von der Türkei aus täglich kostenfrei mit ihrer Mutter zu telefonieren. Darin spiegelt sich die überaus enge persönliche Bindung der Klägerin zu ihrer Mutter, die jedenfalls bis Oktober 2009 erkennbar ist.
53 
dd) Auch während ihres Studiums in A behielt die Klägerin ihren Freundes- und Bekanntenkreis aus Schulzeiten im Wesentlichen bei. Sie schilderte in der mündlichen Verhandlung glaubhaft, dass sie sowohl in Deutschland, als auch in der Türkei Freunde hat. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, in H geboren ist und seit ihrer Geburt dort gelebt hat. Sie hat ihre ganze Schulzeit dort verbracht und ist daher in H verwurzelt. Das Gericht konnte die Überzeugung gewinnen, dass die Klägerin nicht nur sehr gut, sondern darüber hinaus auch akzentfrei deutsch spricht. Nach ihrer glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung hat sie den Kontakt zu Ihren deutschen Freunden und Bekannten vor allem über das Internet, ihr Mobiltelefon und die persönlichen Kontakte während ihrer Deutschlandaufenthalte aufrechterhalten. Sie hatte vor Beginn des Studiums in der Türkei einen Freund in Deutschland. Diese Beziehung ist zwar Ende des Jahres 2008 zerbrochen und sie ist später eine Beziehung zu einem Mann in der Türkei eingegangen. Aber auch diese Beziehung ist inzwischen beendet. Daher ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin – jedenfalls im Streitzeitraum – weiterhin umfangreiche persönliche Beziehungen zu Freunden und Bekannten in Deutschland gepflegt hat.
54 
ee) Die Klägerin hat im Rahmen der Parteivernehmung glaubhaft versichert, in der Türkei noch nie einen Arzt aufgesucht zu haben. Vielmehr nahm sie ausschließlich in Deutschland sämtliche Arztbesuche (Zahn- und Frauenarzt) war. Sie war auch nur in Deutschland krankenversichert.
55 
ff) Die Klägerin hat ausführlich und glaubhaft dargestellt, dass sie zu Beginn ihres Studiums die Absicht gehabt habe, nach Abschluss des Studiums wieder nach Deutschland zurück zu kehren, da das türkische Studium auf ein deutsches Vordiplom angerechnet werden kann. Sie hatte zwar keinen konkreten Pläne hierfür, habe aber die große Chance nutzen wollen, überhaupt studieren zu können. Ursprünglich habe sie sogar geplant, sich evtl. noch in Deutschland für einen Studienplatz zu bewerben. Sie schilderte ihren persönlichen Eindruck, wonach das tägliche Leben in A schwieriger sei als in Deutschland. In A sei alles teuer und es sei schwieriger, dort Geld zu verdienen.
56 
d) Aufgrund dieser objektiven und subjektiven Gesichtspunkte ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin im Streitzeitraum die Wohnung in H (Ä-Straße 1) nicht nur zu Besuchszwecken oder – wie die Beklagte meint zur Ausübung einer Ferienbeschäftigung – aufgesucht, sondern dort auch während ihres Studiums in der Türkei einen Lebensmittelpunkt hatte. Der Aufenthalt der Klägerin in der Türkei im Haushalt ihrer Tante diente vornehmlich dem Zweck, dort ein Studium durchzuführen, und nicht etwa, die frühere Heimat der Mutter kennenzulernen und sich längerfristig in die türkischen Lebensverhältnisse einzuleben. Der Senat gewann die Überzeugung, dass die Klägerin nur aus Kostengründen im Haushalt ihrer Tante gewohnt hat und nicht etwa, um sich dort längerfristig in den türkischen Kulturkreis einzuleben. Das damit verbundene zwangsweise Entstehen neuer Beziehungen führte nach Auffassung des Senats nicht zu einer Lockerung der bisher bestehenden Bindungen zu den deutschen Freunden und Bekannten. Somit hat die Klägerin ihr Zimmer in der mütterlichen Wohnung unter Umständen inne gehabt hat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen will.
57 
e) Demgegenüber reichen nach Auffassung des Senats die relativ kurzen Aufenthalte der Klägerin in der mütterlichen Wohnung in den Semesterferien von ca. 10 Wochen innerhalb des Zeitraums vom 6. Oktober 2008 bis 31. Oktober 2009 (ca. ein Jahr) aus, um den inländischen Wohnsitz aufrechtzuerhalten. Der Senat verkennt nicht, dass sich die Klägerin während dieses Streitzeitraums lediglich vom 28. Januar 2009 bis 23. Februar 2009 und von 20. Juli 2009 bis 30. August 2009 und somit lediglich 10 Wochen (69 Tage) in dieser Wohnung aufgehalten hat. Da die Klägerin – wie oben ausgeführt – erst ab 6. Oktober 2008 in A einen weiteren Wohnsitz innegehabt hat, sind die Aufenthaltszeiten der Klägerin in Deutschland vor dem 6. Oktober 2008 nicht zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des BFH sind nur die Dauer und die Häufigkeit der Inlandsaufenthalte während der Zeiträume maßgebend, in denen das Kind im Ausland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte (siehe BFH-Urteil vom 28. April 2010 III R 52/09, BFHE 229, 270, BStBl II 2010, 1013).
58 
Damit hat die Klägerin nur die Semesterferien im Februar 2009 vollständig in der Wohnung ihrer Mutter in Deutschland verbracht. Von den 89 Tagen (ca. drei Monate) umfassenden Semesterferien im Sommer 2009 verbrachte die Klägerin 42 Tage in Deutschland. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin verpflichtet war, ca. eine Woche vor Ende der Semesterferien in A persönlich vor Ort zu sein, um sich zurückmelden zu können. Hierzu hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Vorfeld zwar widersprüchlich vorgetragen, indem sie zunächst mitteilte, die Klägerin habe in den Semesterferien auch Prüfungen ablegen müssen. Dieser Vortrag wurde nach Rücksprache mit der jetzigen Klägerin bereits vor der mündlichen Verhandlung dahingehend korrigiert, in den Semesterferien hätten weder Prüfungen oder Prüfungsanmeldungen stattgefunden, jedoch habe die Klägerin ca. einen Woche vor Ende der Semesterferien persönlich vor Ort sein müssen, um sich einschreiben zu können. Diesen Vortrag hat die Klägerin glaubhaft im Rahmen der Parteivernehmung bestätigt, so dass sich der Senat von der Richtigkeit dieses Vortrags überzeugen konnte.
59 
Eine Zeitspanne von ca. zwei Wochen nutzte die Klägerin, um einen preiswerten Flug in die Türkei zu bekommen. Aus diesem Grund ist sie schon ca. drei Wochen vor Ablauf der Semesterferien in die Türkei zurück gekehrt. Angesichts dieser Gesamtumstände führt der Aufenthalt von (nur) 42 Tagen im Rahmen der Semesterferien nicht zur Aufgabe des inländischen Wohnsitzes. Im Gegensatz zum Urteil des BFH vom 23. November 2000 VI R 165/99 (BFHE 193, 569, BStBl II 2001, 279), in dem nach Auffassung der BFH-Richter bei einem minderjähriges Kind Aufenthalte des Kindes in der elterlichen Wohnung von „insgesamt nicht einmal drei Monaten im Jahr“ bei einem auf annähernd neun Jahren angelegten Schulbesuch in der Türkei nicht ausreichend sind für ein Beibehalten des inländischen Wohnsitzes, ist die Klägerin im Streitfall volljährig. Sie hatte zu Beginn des Studiums am 13. September 2008 ihr 23. Lebensjahr vollendet, die gesamte Schulzeit in Deutschland verbracht und war entsprechend in Deutschland verwurzelt.
60 
Der Senat hat hierbei berücksichtigt, dass die Klägerin während der Sommersemesterferien einen dreiwöchigen Urlaub (von 27. Juni bis ca. 19 Juli 2009) nicht etwa im Haushalt ihrer Tante in A, sondern in VV, einem Badeort der Türkei nahe BB, verbracht hat. Dieser zusammen mit ihrer Cousine verbrachte Sommerurlaub, wie ihn viele andere deutsche Staatsbürger auch verbringen,  hat weder dazu geführt, dass die Klägerin tiefergehende Bindungen in den türkischen Kulturkreis erfahren hat, noch dazu, dass die bisher bestehenden Beziehungen zu Freunden oder Bekannten oder gar ihrer Mutter in Deutschland gelockert worden wären.
61 
f) In Abwägung der dargestellten Gesamtumstände ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin trotz der relativ kurzen Aufenthaltszeiten von ca. zehn Wochen innerhalb des Streitzeitraums ihren Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat. Dabei verkennt der Senat auch nicht, dass die ursprüngliche Rückkehrabsicht für sich allein nicht ausreicht, um einen weiteren Lebensmittelpunkt in Deutschland annehmen zu können. In Abwägung all der geschilderten Umstände ist der Senat aber zu der Auffassung gelangt, dass ein solcher Lebensmittelpunkt jedenfalls bis Oktober 2009 bestanden hat. Bis dahin war die Klägerin so stark in den deutschen Lebens- und Kulturkreis in Deutschland integriert, dass sie in der mütterlichen Wohnung in H ihren dortigen Lebensmittelpunkt beibehalten hat.
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2. Für den Monat September 2008 wurde die Klägerin zwar noch nicht für einen Beruf ausgebildet i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Die Klägerin hat aber den Tatbestand des § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG erfüllt. Sie hatte sich schon im Frühjahr 2008 für den Studienplatz in A beworben und in O eine entsprechende Vorprüfung abgelegt. Im September 2008 konnte sie diese Berufsausbildung (noch) nicht beginnen oder fortsetzen, weil sie den Semesterbeginn abwarten musste.
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Ab Oktober 2008 erfüllte die Klägerin den Tatbestand der Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG).
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3. Der Senat hat keinen Zweifel, dass die eigenen Einkünfte und Bezüge der Klägerin im Zeitraum von Oktober 2008 bis Oktober 2009 unter dem Grenzbetrag von jährlich 7.680 EUR lagen. Nach den vorgelegten Verdienstbescheinigungen erzielte die Klägerin aus ihrer Ferienbeschäftigung als Verkäuferin während ihres Deutschlandaufenthalts in den Sommersemesterferien 2009 einen Bruttolohn von 1.749,33 EUR.
65 
Die Klägerin schilderte im Rahmen der Parteivernehmung, dass sie in der Türkei „ab und zu“ Nachhilfe gegen Entgelt gegeben habe. Diese Einnahmen hätten aber einen nur geringen Umfang angenommen. Daneben habe sie außer dem Unterhalt ihrer Mutter keine weiteren Einnahmen erzielt.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
67 
IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO). Sinn und Zweck der Vollstreckbarkeit von Kostenentscheidungen ist es, den siegreichen Beteiligten vor kostenmäßiger Benachteiligung für die Dauer des Revisionsverfahrens zu schützen (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1970 VI R 248/69, BFHE 101, 478, BStBl II 1971, 426). Davon ausgehend ist § 708 Nr. 10 ZPO "sinngemäß" auf Urteile des Finanzgerichts anwendbar, da auch gegen Urteile des Finanzgerichts nur die Revision statthaft ist (§ 115 FGO). Insoweit sind die Urteile der Finanzgerichte den Berufungsurteilen der Land- und Oberlandesgerichte vergleichbar (siehe auch FG Nürnberg, Urteil vom 1. April 2008 IV 278/2005, EFG 2009, 611; FG München, Urteil vom 20. Januar 2005 3 K 4519/01, EFG 2005, 969; FG Hamburg, Urteil vom 29. November 2004 III 493/01, EFG 2005, 1434). Das Interesse der Beklagten ist unabhängig von der Anwendung der alten oder neuen Version des § 708 Nr. 10 ZPO dadurch gewahrt, dass sie aufgrund der sinngemäßen Anwendung des § 711 Satz 1 ZPO durch einfache Erklärung die Vollstreckung abwenden darf. Einer Sicherheitsleistung oder Hinterlegung bedarf es nicht, wenn nicht der Kostengläubiger (Klägerin) vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Insoweit folgt der Senat der Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg im Urteil vom 26. Februar 1991 4 K 23/90 (EFG 1991, 338), auf das wegen der Begründung im Einzelnen Bezug genommen wird.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.